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DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades einer

Magistra der Rechtswissenschaften

an der rechtswissenschaftlichen Fakultät

der Karl-Franzens-Universität Graz

Die Insolvenzanfechtung von Zahlungsflüssen zum konzern-


weiten Liquiditätsausgleich in Cash-Pool-Systemen
eine Untersuchung des Anfechtungsgegenstands, des Anfechtungsgegners und der
Anfechtungsgrundlagen

Vorgelegt von
Carolina PANY

Begutachterin: Univ.-Prof. Dr. Bettina Nunner-Krautgasser

Institut für Zivilverfahrensrecht und Insolvenzrecht

Graz, Jänner 2023


EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich
und inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe.

Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder
ausländischen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende
Fassung entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Graz, am (Unterschrift)

I
Danksagung
Mein großer Dank gilt Univ.-Prof. Dr. Bettina Nunner-Krautgasser, die sich mit großem Interesse
meiner Diplomarbeit angenommen und mit wertvollen Ratschlägen sowie ihrer zuvorkommenden
Betreuung wesentlich zu dieser Lektüre beigetragen hat.

Ich bedanke mich auch sehr herzlich bei Herrn Mag. iur. Tobias Weidinger für die andauernde und
tatkräftige Hilfestellung hinsichtlich fachlicher und formaler Fragen bei der Erstellung der Diplom-
arbeit.

Für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit möchte ich mich bei der Graf Isola Rechtsanwälte
GmbH bedanken.

Ganz besonderer Dank gebührt meiner Familie, insbesondere meinen Eltern. Danke für eure Unter-
stützung, von der Volksschule bis hin zum Studium – einen Bildungsweg, den ihr mir nicht nur fi-
nanziell ermöglicht habt, sondern für den ihr auch stets mein Rückgrat wart.

Für den emotionalen Rückhalt während des Verfassens der Diplomarbeit und während des gesamten
Studiums möchte ich mich auch bei all meinen Freunden, vor allem bei Sebastian, bedanken.

II
Allgemeine Hinweise zur Diplomarbeit
Genderhinweis
Wenn in dieser Arbeit personenbezogene Bezeichnungen im Sinne einer besseren Lesbarkeit
in der männlichen Form verwendet werden, beziehen sich diese auf Frauen und Männer gleich-
ermaßen.

Zitierregeln
Die Zitierweise entspricht den „Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtsspra-
che und europarechtlicher Rechtsquellen – AZR“, herausgegeben von Peter Dax und Gerhard
Hopf im Auftrag des Österreichischen Juristentages, begründet von Gerhard Friedl und Herbert
Loebenstein, 8. Auflage (2019). Im Interesse der besseren Übersichtlichkeit wird die Zitier-
weise für Folgezitate auf sämtliche Zitate angewandt; auf die Verwendung der Zitierweise für
Erstzitate wird in der gegenständlichen Arbeit verzichtet.

Abkürzungen
Die Abkürzungen entstammen den „Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechts-
sprache und europarechtlicher Rechtsquellen – AZR“, herausgegeben von Peter Dax und
Gerhard Hopf im Auftrag des Österreichischen Juristentages, begründet von Gerhard Friedl
und Herbert Loebenstein, 8. Auflage (2019).

Folgende weitere Abkürzungen und wurden in der vorliegenden Diplomarbeit verwendet:

AnfG Anfechtungsgesetz RGBl 1884/36


BeckOK Beck'scher Online-Kommentar
BlgAH Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhau-
ses
BlgNR Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates
dt deutsch, -e, -er, -es
EAnm Entscheidungsanmerkung
EÜ Entscheidungsübersicht
GmbHR GmbH-Rundschau (deutsche Zeitschrift)
GWR Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (deutsche Zeitschrift)
HK Hamburger Kommentar
InsO Insolvenzordnung BGBl I 1994, Seite 2866 (Deutschland)

III
JUS Z JUS-Extra: Zivilrecht (Beilage zur Wiener Zeitung)
L Lehre
mMn meiner Meinung nach
MoMiG Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung
von Missbräuchen (MoMiG) BGBl I 2008/48
NZI Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht
RIRUG Restrukturierungs- und Insolvenz-Richtlinie-Umsetzungsgesetz BGBl I
2021/147
SRa Sozialrecht Aktuell (deutsche Zeitschrift)
T Beisatz zum Rechtssatz
va vor allem
zumind zumindest

IV
Inhaltsverzeichnis
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG ..................................................................................I

Danksagung.............................................................................................................................. II

Allgemeine Hinweise zur Diplomarbeit............................................................................... III

Genderhinweis ...................................................................................................................... III

Zitierregeln ........................................................................................................................... III

Abkürzungen ........................................................................................................................ III

Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................... V

1 Einleitung ........................................................................................................................... 1

1.1 Problemaufriss ............................................................................................................ 1

1.2 Forschungsgegenstand, Relevanz, Zielsetzung .......................................................... 2

1.3 Aufbau der Arbeit....................................................................................................... 4

2 Einführung in das Cash-Pooling...................................................................................... 5

2.1 Ziel und Zweck........................................................................................................... 5

2.2 Funktionsweise ........................................................................................................... 6

2.2.1 Ablauf ................................................................................................................... 6

2.2.2 Struktur ................................................................................................................. 7

2.2.3 Modelle................................................................................................................. 7

2.3 Rechtliche Grundlagen ............................................................................................. 10

2.3.1 Privatrechtliche Einordnung ............................................................................... 10

2.3.1.1 Vorbemerkung ............................................................................................ 10

2.3.1.2 Rechtsnatur von Cash-Pooling .................................................................... 10

2.3.1.3 Rechtsgrundlage der Zahlungsflüsse .......................................................... 11

2.3.2 Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit .................................................................. 16

2.3.3 Insolvenzrechtliche Aspekte .............................................................................. 17

3 Insolvenzanfechtung der Zahlungsflüsse zum Liquiditätsausgleich .......................... 19

3.1 Vorrang der Kapitalerhaltungsvorschriften, des Eigenkapitalersatzrechts und der


Aufrechnung nach §§ 19 f IO? ............................................................................................. 19

V
3.2 Anfechtungsgegenstand ........................................................................................... 21

3.2.1 Vorbemerkung .................................................................................................... 21

3.2.2 Allgemeine Anfechtungsvoraussetzungen ......................................................... 22

3.2.2.1 Rechtshandlung ........................................................................................... 22

3.2.2.2 Vermögenswirksamkeit .............................................................................. 26

3.2.2.3 Befriedigungstauglichkeit – Gläubigerbenachteiligung ............................. 29

3.2.3 Auserwählte besondere Anfechtungsvoraussetzungen ...................................... 33

3.2.3.1 Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ................................................... 33

3.2.3.2 Familia suspecta .......................................................................................... 40

3.2.3.3 Kenntnis und Kennenmüssen ...................................................................... 45

3.3 Anfechtungsgegner................................................................................................... 46

3.3.1 Vorbemerkung .................................................................................................... 46

3.3.2 Master-Company / Konzernmutter..................................................................... 47

3.3.3 Pool-Gesellschaften ............................................................................................ 48

3.3.4 Pool-Bank ........................................................................................................... 50

3.4 Anfechtungsgrundlage ............................................................................................. 53

3.4.1 Vorbemerkung .................................................................................................... 53

3.4.2 Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht (§ 28 Z 1–3 IO) ........................... 53

3.4.2.1 Allgemeines ................................................................................................ 53

3.4.2.2 Benachteiligungsabsicht der Master-Company / Konzernmutter bzw der


Pool-Gesellschaft? ........................................................................................................ 55

3.4.2.3 Kenntnis / Kennenmüssen der Benachteiligungsabsicht im Cash-Pool-


System? 57

3.4.3 Anfechtung wegen Vermögensverschleuderung (§ 28 Z 4 IO) ......................... 58

3.4.3.1 Allgemeines ................................................................................................ 58

3.4.3.2 Anwendbarkeit auf Cash-Pooling? ............................................................. 59

3.4.4 Anfechtung unentgeltlicher und ihnen gleichgestellter Verfügungen (§ 29 IO) 59

3.4.4.1 Allgemeines ................................................................................................ 59

VI
3.4.4.2 Liquiditätstransfer als unentgeltliche Verfügung? ...................................... 60

3.4.5 Anfechtung wegen Begünstigung (§ 30 IO) ...................................................... 64

3.4.5.1 Allgemeines ................................................................................................ 64

3.4.5.2 Befriedigung oder Sicherstellung durch liquiditätsausgleichende


Zahlungsflüsse im Kontokorrent? ................................................................................ 65

3.4.5.3 „Hin- und Herzahlungen“ beim Cash-Pooling als Zug-um-Zug-Leistungen?


67

3.4.5.4 Inkongruente Deckung durch Kontoeingänge beim Cash-Pooling? ........... 70

3.4.6 Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit (§ 31 IO) ...................... 73

3.4.6.1 Allgemeines ................................................................................................ 73

3.4.6.2 Kreditgewährungen und -rückzahlungen als Rechtsgeschäfte? .................. 74

3.4.6.3 Kenntnis bzw Kennenmüssen der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung


innerhalb eines Cash-Pool-Systems? ........................................................................... 78

4 Fazit .................................................................................................................................. 83

Literaturverzeichnis ..................................................................................................................I

Selbstständige Werke und Kommentare.................................................................................. I

Österreich ............................................................................................................................. I

Deutschland....................................................................................................................... IV

Beiträge in Zeitschriften, Festschriften und sonstigen Sammelwerken ................................ V

Österreich ........................................................................................................................... V

Deutschland.................................................................................................................... VIII

Gesetzesmaterialien .............................................................................................................. IX

Webseiten ............................................................................................................................. IX

Verzeichnis der zitierten Rechtsprechung ........................................................................... XI

Rechtsprechung des OGH .................................................................................................... XI

Rechtsprechung des VwGH................................................................................................ XV

Rechtsprechung des BGH ................................................................................................... XV

VII
1 Einleitung
1.1 Problemaufriss
Die Insolvenzanfechtung gilt als eines der wichtigsten Instrumente im Insolvenzverfahren.1 Ihre
Aufgabe ist es, die Insolvenzmasse gegen Vermögensverschiebungen, die den Bestand des
Schuldnervermögens vor Insolvenzeröffnung auf unbillige Weise verkleinern, zu immunisie-
ren. Indem solche Vermögensverschiebungen angefochten und schließlich rückgängig gemacht
werden, wird der Befriedungsfonds der Gläubiger vergrößert.2 Dadurch werden höhere Insol-
venzquoten erreicht; darüber hinaus wird im Falle einer Anfechtung nach §§ 30, 31 IO3 dem
zentralen Prinzip der Gläubigergleichbehandlung in der Insolvenz Rechnung getragen.4 Das
Anfechtungsrecht und seine bedeutende Funktion kommen freilich auch auf komplexe Kon-
zernfinanzierungsmethoden wie das Cash-Pooling5 zur Anwendung, selbst wenn in solchen
Fällen Rechtsanwender bei der Insolvenzanfechtung – der „Königsdisziplin des Insolvenz-
rechts“6 – vor große Herausforderungen gestellt werden.

Konzernweites Cash-Pooling verfolgt primär das Ziel des optimalen Liquiditätsausgleichs in-
nerhalb einer Unternehmensgruppe.7 Die am Cash-Pooling teilnehmenden Gesellschaften ver-
pflichten sich, ihre überschüssigen liquiden Mittel an die Konzernmutter bzw eine eigens ein-
gerichtete Betreibergesellschaft abzuführen; dort wird die gesamte Liquidität des Konzerns ge-
bündelt. Umgekehrt erhalten die eingebundenen Unternehmen Zahlungen aus dem Cash-Pool,
sofern deren finanzielle Lage es erfordert.8 Ist nun ein beteiligter Unternehmensträger insolvent,
ist der Insolvenzverwalter mit einer Vielzahl von Fragen und Schwierigkeiten rund um die An-
fechtung nach der IO konfrontiert: So finden zwischen der Mutter- bzw der Betreibergesell-
schaft und den einzelnen Cash-Pool-Teilnehmern idR bankarbeitstäglich vorgenommene Li-
quiditätsbewegungen statt.9 Diese können im Insolvenzfall eines Unternehmensträgers zu einer
Masseschmälerung und folglich zur Insolvenzanfechtung führen. Hierbei obliegt es dem

1
Vgl zur wirtschaftlichen Relevanz der Insolvenzanfechtung König/Trenker, Anfechtung6 Rz 1.5; Rebernig in
Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 4.
2
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 345; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 1.1.
3
Insolvenzordnung BGBl I 1997/114.
4
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 145.
5
Zum Cash-Pooling als Teil der Konzernfinanzierung siehe Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 863.
6
Gehrlein, DZWIR 2022, 73 (73).
7
Billek, Cash Pooling 5; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 4.
8
Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 5; Werdenich, Modernes Cash-Management 94.
9
Peschke in B. Polster, Handbuch 173; Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 875.

1
Insolvenzverwalter, die Anfechtungsvoraussetzungen zu prüfen, einen legitimierten und den
wirtschaftlich potentesten Anfechtungsgegner innerhalb eines Cash-Pool-Systems auszuwäh-
len10 und die geeignete(n) Rechtsgrundlage(n) heranzuziehen.11 Der Insolvenzverwalter kommt
dabei zum einen mit Sachverhalten einer der anspruchsvollsten Formen des Cash-Managements
in Berührung.12 Zum anderen ist er mit einer Thematik konfrontiert, die in der österreichischen
Rechtswissenschaft in Bezug auf die Insolvenzanfechtung nur wenig Beachtung gefunden hat
und somit viele Fragen offen lässt.

1.2 Forschungsgegenstand, Relevanz, Zielsetzung


Mit der gegenständlichen Diplomarbeit wird die Insolvenzanfechtung von Zahlungsflüssen
zum konzernweiten Liquiditätsausgleich innerhalb eines Cash-Pool-Systems untersucht. In An-
betracht der mannigfaltigen Gestaltungsmöglichkeiten von Cash-Pooling und der reichlich auf-
tretenden Problemstellungen konzentriert sich die Arbeit auf folgende drei Themenbereiche:
Anfechtungsgegenstand, Anfechtungsgegner und Anfechtungsgrundlage. Nicht Gegenstand
dieser Arbeit sind die Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs sowie detaillierte Ausfüh-
rungen zum Anfechtungsumfang; überdies bleiben Zahlungsflüsse innerhalb eines Cash-Pool-
Systems zu anderen Zwecken als dem Liquiditätsausgleich (zB Zinszahlungen, Abgabe von
Cash-Management-Gebühren, Zahlungsverkehr mit Dritten) außer Betracht. Im Rahmen der
Diplomarbeit soll vielmehr der zentralen Frage nachgegangen werden, ob Zahlungsflüsse zum
konzernweiten Liquiditätsausgleich in einem Cash-Pool-System nach §§ 27 ff IO anfechtbar
sind – und bejahendenfalls gegen wen und auf welcher Rechtsgrundlage. Der Forschungsbe-
reich wird hierbei auf österr Recht eingegrenzt, wenngleich die Zahlungen zumeist länderüber-
greifend durchgeführt werden.13 Unter der Voraussetzung einer vergleichbaren Rechtslage wird
zur Klärung str Fragen auf dt Jud und Lit zurückgegriffen, womit der Diplomarbeit ein rechts-
vergleichender Charakter verliehen wird.

Die Relevanz einer insolvenzrechtlichen Abhandlung über die Anfechtung von Liquiditätsbe-
wegungen innerhalb eines Cash-Pool-Systems zeigt sich va darin, dass hierzu

10
Eine Darstellung von allen in einem Cash-Pool-System involvierten Parteien enthält Kremslehner/S. Polster in
Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 125 f.
11
Vgl zur Anfechtungsbefugnis („Anfechtungsmonopol“) des Insolvenzverwalters Dellinger/Oberhammer/Kol-
ler, Insolvenzrecht4 Rz 166; Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 352.
12
Zum Cash-Pooling als Form des Cash-Managements Rieder in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 46.
13
Rieder in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 46.

2
höchstrichterliche Jud fehlt; Meinungen in der Lit sind ebenso rar.14 Zwar hat sich der OGH15
erstmals im Jahr 2019 zu Cash-Pooling geäußert und dessen gesellschaftsrechtliche Zulässig-
keit unter bestimmten Voraussetzungen bestätigt, die knappen Ausführungen zur Insolvenzan-
fechtung geben allerdings keinen Aufschluss über die anfechtungsrechtliche Beurteilung der
Zahlungsflüsse.16 Dabei kann die Insolvenzanfechtung in gewissen – im Rahmen der Diplom-
arbeit näher zu beleuchtenden – Fällen rechtliche Vorteile gegenüber der Berufung auf Kapi-
talerhaltungsvorschriften bringen. Während zB das Verbot der Einlagenrückgewähr gem § 82
GmbHG,17 § 52 AktG18 nur auf das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft beschränkt
ist, kann ein Anfechtungsanspruch nach §§ 27 ff IO auch gegenüber Dritten geltend gemacht
werden.19 Soll iZm Cash-Pooling bspw gegen ein Kreditinstitut vorgegangen werden, kann ein
Anfechtungsanspruch nach der IO nicht nur kumulativ oder wahlweise zu den Kapitalaufbrin-
gungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften geltend gemacht werden; vielmehr ist in solchen Fäl-
len die Insolvenzanfechtung sogar vorrangig.20 Eine Untersuchung der aktuellen Rechtslage zur
Insolvenzanfechtung von Zahlungsflüssen in Cash-Pool-Systemen ist aber nicht nur von rechts-
wissenschaftlicher, sondern auch von praktisch-wirtschaftlicher Bedeutung. Eine jüngere Sta-
tistik belegt, dass 88% der größten Unternehmen Europas mit einem Jahresumsatz von mindes-
tens einer Milliarde Euro sich Cash-Pooling zunutze machen.21

Obwohl Cash-Pooling iZm der Anfechtung nach der IO von der österr L nur am Rande aufge-
griffen worden ist, wirft es zahlreiche Fragen auf.22 Ziel dieser Diplomarbeit ist es, diese Fragen
und die mit ihnen in Verbindung stehenden Themenkomplexe aufzuarbeiten, um ihnen in der

14
Ausführungen zur Insolvenzanfechtung in Cash-Pool-Systemen finden sich für das österr Recht lediglich in
Billek, Cash Pooling 179–182; Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 171 f; Reisch, ZIK
2019, 122 (125); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.92.
15
OGH 17 Ob 5/19p.
16
Reisch, ZIK 2019, 122 (122).
17
GmbH-Gesetz RGBl 1906/58.
18
Bundesgesetz über Aktiengesellschaften (Aktiengesetz – AktG) BGBl 1965/98.
19
OGH 3 Ob 51/10m; zuletzt Abweisung der Revision aufgrund dessen in 17 Ob 5/19p; Trenker in Schopper 266.
20
OGH 3 Ob 51/10m; Scheuwimmer, ÖBA 2019, 743 (EAnm); Reisch, GesRZ 2019, 423 (424).
21
Wölfing/Moormann, Journal of Payments Strategy & Systems 2018, 343 (349); mit einem ähnlichen Ergebnis,
allerdings basierend auf Daten von in Frankreich ansässigen Unternehmen Le Lay (Redbridge Debt & Treasury
Advisory), Current European Trends in Cash Management, abrufbar unter [https://www.redbridgedta.com/wp-
content/uploads/2017/12/Redbridge_Trends_in_European_Cash_Management.pdf] (Stand 1.1.2023), wonach
70% der insgesamt 75 befragten Unternehmen 90% ihrer liquiden Mitteln in einem Cash-Pool halten.
22
Karollus in Leitner 124 spricht dabei von einem „Eldorado für schwierige Fragen der Insolvenzanfechtung“.

3
Folge mit eigenen Lösungsansätzen zu begegnen. Durch die Erkenntnisse der vorliegenden Ar-
beit soll ein Beitrag zum besseren Verständnis der anfechtungsrechtlichen Situation von Zah-
lungsflüssen eines Cash-Pool-Teilnehmers geleistet werden. Damit kann einerseits die anfech-
tungsfeste Gestaltung von Cash-Pool-Systemen erleichtert werden; andererseits kann dadurch
die bedeutenden Funktion der Insolvenzanfechtung auch in Verfahren mit komplexen Cash-
Pool-Sachverhalten aufrechterhalten werden.23

1.3 Aufbau der Arbeit


Für eine umfassende anfechtungsrechtliche Beurteilung von Zahlungsflüssen zum Liquiditäts-
ausgleich in Cash-Pool-Systemen bedarf es vorerst einer wissenschaftlichen Auseinanderset-
zung mit dem Zweck und der Funktionsweise sowie den rechtlichen Grundlagen von Cash-
Pooling selbst (Kapitel 2). Sodann wird auf die Insolvenzanfechtung in Cash-Pool-Systemen
eingegangen (Kapitel 3). Zuerst wird dargelegt, ob die Anfechtung nach der IO auf Cash-Pool-
Sachverhalte – trotz der Konkurrenz zu anderen auserwählten Rechtsvorschriften – Anwendung
findet (Kapitel 3.1). Danach wird hinsichtlich des Anfechtungsgegenstands (Kapitel 3.2) ge-
prüft, ob die beim Cash-Pooling auftretenden Liquiditätsverschiebungen die allgemeinen An-
fechtungsvoraussetzungen erfüllen und somit ein Anfechtungsanspruch nach der IO besteht
oder nicht. Darüber hinaus werden noch weitere (besondere) Anfechtungsvoraussetzungen un-
ter Berücksichtigung der Gegebenheiten in einem Cash-Pool-System erörtert. Hierbei werden
insb die Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung iSd §§ 30, 31 IO, die familia suspecta des § 32
IO und die positive Kenntnis bzw fahrlässige Unkenntnis nach §§ 28 Z 1–3, 30 Z 2, 3 sowie
§ 31 IO erläutert. Im Anschluss daran analysiert die gegenständliche Arbeit, wem innerhalb des
verflochtenen Gefüges in einem Cash-Pool-System die Passivlegitimation eines Anfechtungs-
gegners nach der IO zukommt (Kapitel 3.3). Letztlich wird dargestellt, welche Tatbestände
(§§ 28 ff IO) für die Insolvenzanfechtung von Zahlungsflüssen zum konzernweiten Liquiditäts-
ausgleich in Cash-Pool-Systemen einschlägig sind und welchen Tatbestandsmerkmalen beim
Cash-Pooling besondere Beachtung gebührt (Kapitel 3.4). Hierbei kann wegen des begrenzten
Umfangs der Diplomarbeit jedoch nur auf auserwählte Fragestellungen eingegangen werden.
Die wesentlichen Ergebnisse werden abschließend zu einem Fazit zusammengefasst.

23
Vgl dazu bereits Kapitel 1.1.

4
2 Einführung in das Cash-Pooling
2.1 Ziel und Zweck
Cash-Pooling ist das wohl begehrteste Instrument des Cash-Managements,24 das die effizien-
teste Steuerung liquider Mittel innerhalb eines Unternehmens bzw einer Unternehmensgruppe
zum Ziel hat.25 Mittels Cash-Pooling wird die überschüssige Liquidität verschiedener Konten
eines Unternehmens bzw mehrerer verbundenen Unternehmen zentral bei einem Zielkonto,
dem sog Master-Account, gebündelt. Im Gegenzug dafür werden bei Unterdeckung, also bei
Liquiditätsbedarf eines Kontos, liquide Mittel aus dem Cash-Pool gewährt.26 Durch das auto-
matische Zusammenfassen aller Kontostände findet ein kontenübergreifender – bei verbunde-
nen Unternehmen sogar ein konzernweiter – Liquiditätsausgleich statt,27 wodurch ein besseres
Zinsergebnis erreicht werden kann.28 Aus diesem Grund kann sich das Einrichten eines Cash-
Pool-Systems innerhalb nur eines einzelnen Unternehmens als vorteilhaft erweisen,29 allerdings
vergrößern sich die Einsparungspotenziale, je mehr Unternehmen am Cash-Pooling partizipie-
ren.30 Deshalb fokussiert sich die vorliegende Arbeit auf konzernweites Cash-Pooling, das sich
in der Praxis bereits fest etabliert hat.31

Ein solches unternehmensübergreifendes Cash-Pooling dient nicht nur der Zinsoptimierung;


vielmehr gewährleistet die Liquiditätsverschiebung zugunsten mittelloser Stellen32 auch die je-
derzeitige Zahlungsfähigkeit und die Sicherstellung der Rentabilität der am Cash-Pooling teil-
nehmenden Unternehmen.33 Zudem ist ein Rückgriff auf externes Fremdkapital erst dann von-
nöten, wenn der gesamte Konzern über keine liquiden Mittel mehr verfügt.34 Im Endeffekt geht

24
Werdenich, Cash-Management 94.
25
Mentz in Hasselbach/Nawroth/Rödding, Holding2 Teil C – Finanzierung Rz 148; Thewanger/Stefaner in B.
Polster, Handbuch 48.
26
Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 5; Werdenich, Cash-Management 94.
27
Billek, Cash Pooling 5; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 4.
28
Werdenich, Cash-Management 94.
29
Mentz in Hasselbach/Nawroth/Rödding, Holding2 Teil C – Finanzierung Rz 148.
30
Billek, Cash Pooling 1.
31
Mentz in Hasselbach/Nawroth/Rödding, Holding2 Teil C – Finanzierung Rz 148.
32
Billek, Cash Pooling 1.
33
Thewanger/Stefaner in B. Polster, Handbuch 48; Wehlen in Lutter/Scheffler/Schneider, Konzernfinanzierung
Rz 23.6; zu weiteren Vorteilen des Cash-Poolings siehe ua Billek, Cash Pooling 6 f sowie Obradovic/Wietrzyk in
Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.3 mwN; Thewanger/Stefaner in B. Polster, Handbuch 61 ff.
34
Kreuzer, CFO aktuell 2020, 239 (239); Moser, AR aktuell 2009 H 5, 23 (23).

5
es beim Cash-Pooling innerhalb eines Konzerns schlichtweg darum, „die richtige Liquidität
jederzeit und „just in time“ am richtigen Konto der richtigen Konzerngesellschaft zu haben,
überschüssige Liquidität optimal zu veranlagen und fehlende Liquidität günstig zu beschaf-
fen“.35

2.2 Funktionsweise
2.2.1 Ablauf
Beim konzerninternen Cash-Pooling werden laufend Zahlungen zwischen Konten der am Cash-
Pooling teilnehmenden Unternehmen (Pool-Gesellschaften)36 und einem vertraglich vereinbar-
ten Bankkonto,37 dem Master-Account, getätigt.38 Diese Zahlungen können in Cash-Pool-Sys-
temen sowohl up-stream, von Unterkonten hinauf zum Master-Account, als auch down-stream,
vom Master-Account zugunsten der Pool-Gesellschaften, fließen.39 Weist das Pool-Konto ei-
nen Habensaldo auf, so wird dieser bzw ein Teil davon auf den Master-Account überwiesen
(Sweeping); es erfolgt eine up-stream-Leistung. Besteht dagegen ein Sollsaldo auf dem Unter-
konto, so wird der Fehlbetrag mit einer down-stream-Zahlung vom Master-Konto ausgeglichen
(Topping).40 Der Master-Account einerseits nimmt die Funktion eines „aufnehmenden“ Kontos
ein, während die Konten der Pool-Gesellschaften (Unterkonten, Pool-Konten)41 andererseits als
„abgebende“ Konten qualifiziert werden. Die Einordnung in aufnehmende und abgebende Kon-
ten bezieht sich allerdings nicht – wie man leichtfertig vermuten könnte – auf die an der Kon-
zernstruktur gemessenen Richtung, in welche die Zahlungsströme fließen. Die Einteilung in
aufnehmende und abgebende Konten gibt lediglich Aufschluss über die hierarchische Ordnung
innerhalb eines Cash-Pool-Systems.42 Die in der vorliegenden Arbeit verwendeten Begrifflich-
keiten (aufsteigend / up-stream bzw absteigend, down-stream) beziehen sich deshalb auf die
Struktur des Cash-Pool-Systems und nicht auf die Stellung im Konzern.

35
Rieder in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 45.
36
Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 125.
37
Mentz in Hasselbach/Nawroth/Rödding, Holding2 Teil C – Finanzierung Rz 156.
38
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.10.
39
Billek, Cash Pooling 6.
40
Billek, Cash Pooling 9; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.8 ff mwN; Wimmer in
Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 865.
41
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.8.
42
Rieder in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 47.

6
2.2.2 Struktur
Inhaber des Master-Accounts muss nicht zwingend die Muttergesellschaft sein. Vielmehr wird
in der Praxis eine eigens für das Cash-Pooling zuständige Betreibergesellschaft (Master-Com-
pany) gegründet, für die der Master-Account eingerichtet wird.43 Aus diesem Grund wird in der
vorliegenden Arbeit die Master-Company als die das Cash-Pooling abwickelnde Stelle (Pool-
Führer) betrachtet und primär Bezug auf diese genommen.44 Die Master-Company steht an der
Spitze der Pooling-Struktur,45 ist aber dennoch eine Tochtergesellschaft.46 Sie ist der „Treasu-
rer“ des gesamten Cash-Pools.47 Zur Durchführung der Transaktionen bedient sich die Master-
Company eines Kreditinstituts,48 der Pool-Bank, die Vertragspartner der Master-Company ist.49

Innerhalb einer solchen Pooling-Struktur können – je nach Größe und Organisation des Kon-
zerns – auch unternehmensübergreifende Liquiditätsausgleiche auf untergeordneter Ebene
stattfinden; sie sind der Verrechnung beim Master-Account vorgeschaltet.50 Dadurch kommt es
zu einem mehrstufigen (kaskadierenden) Cash-Pooling,51 das Cash-Pool-Kreise unterschiedli-
cher Ebenen erfasst.52

2.2.3 Modelle
Beim Cash-Pooling wird zwischen zwei Modellen, dem effektiven und dem fiktiven Cash-Poo-
ling, unterschieden.53 In der Praxis am häufigsten anzutreffen ist das effektive Cash-Pooling
(Cash Concentrating),54 bei dem die Salden der einbezogenen Konten physisch abgeglichen

43
Billek, Cash Pooling 6; Mentz in Hasselbach/Nawroth/Rödding, Holding2 Teil C – Finanzierung Rz 156; B.
Polster/Winder in B. Polster, Handbuch 127; aA Klampfl, Cash Pooling 196.
44
Ergeben sich rechtliche Besonderheiten aus dem Umstand, dass die Muttergesellschaft anstelle einer eigens
gegründeten Finanzierungsgesellschaft als Pool-Führerin auftritt, wird in der Arbeit gesondert darauf hingewiesen.
45
Billek, Cash Pooling 6.
46
Klampfl, Cash Pooling 57.
47
Klampfl, Cash Pooling 40.
48
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.5 mwN.
49
Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 125.
50
Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 6.
51
Prager/Simek/Waxenecker in B. Polster, Handbuch 5.
52
Billek, Cash Pooling 5.
53
Billek, Cash Pooling 5; Korts, Cash Pooling 3, 9.
54
Korts, Cash Pooling 9.

7
werden,55 es also zu tatsächlichen Geldflüssen kommt.56 Die Salden werden idR bankarbeits-
täglich,57 zumeist abends nach Erledigung der Einzelanweisungen, automatisch58 beim Konto
der Master-Company verrechnet.59 Die Konten der Pool-Gesellschaften hingegen dienen nur
mehr der Durchführung des Zahlungsverkehrs; sie sind bloße Durchlaufkonten.60

Das effektive Cash-Pooling kann auf zwei Arten betrieben werden, als Zero-Balancing oder als
Target-Balancing.61 Beim Zero-Balancing werden mittels des Liquiditätsausgleichs bei der
Master-Company sowohl positive als auch negative Salden der Unterkonten glattgestellt,62 dh
auf Null gebracht.63 Folgende Abbildung soll den Saldenausgleich beim effektiven Cash-Poo-
ling mit Zero-Balancing veranschaulichen:

Beispiel entnommen aus Prager/Simek/Waxenecker in Polster, Handbuch 7.

Im Gegensatz zum Zero-Balancing wird beim Target-Balancing ein im Vorhinein festgelegter


Wert (Target, Ziel- bzw Mindestsaldo) vereinbart, der nach Saldierung den Pool-Gesellschaften

55
Billek, Cash Pooling 9.
56
Prager/Simek/Waxenecker in B. Polster, Handbuch 3.
57
Peschke in B. Polster, Handbuch 173.
58
Rieder in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 50, 52.
59
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.5 mwN.
60
In Bezug auf Cash-Pooling Billek, Cash Pooling 9; zum Cash-Management allgemein Schneider in Lutter/Scheff-
ler/Schneider, Konzernfinanzierung Rz 25.6.
61
Billek, Cash Pooling 10; Korts, Cash Pooling 9.
62
Holzborn in Holzborn/Vietinghoff, Haftung Rz 253.
63
Klampfl, Cash Pooling 43; Korts, Cash Pooling 9.

8
verbleiben soll.64 Nur wenn ein solcher Sockelbetrag überschritten wird, kommt es zu einem
Kontenausgleich durch die Master-Company.65

Anders als beim effektiven Cash-Pooling findet beim fiktiven Cash-Pooling (Notional Pooling)
kein tatsächlicher Liquiditätstransfer statt. Stattdessen wird lediglich ein Gesamtsaldo am Mas-
ter-Account fingiert, auf dessen Grundlage die Zinsen berechnet werden und somit ein Zins-
vorteil erlangt wird.66 Da beim fiktiven Cash-Pooling keine liquiden Mitteln real, sondern bloß
virtuell übertragen werden, kann mit diesem Modell keine konzernweite Liquiditätsbündelung
bzw -verteilung erreicht werden; es dient nur der Zinsoptimierung.67 Wegen der fehlenden tat-
sächlichen Zahlungsflüsse wirft das fiktive Cash-Pooling im Vergleich zum effektiven Cash-
Pooling auch weniger rechtliche Probleme auf.68

Cash-Pooling ist vom sog Netting, auch als Konzern-Clearing bezeichnet,69 zu unterscheiden,70
wird aber meist iVm diesem betrieben.71 Im Wesentlichen handelt es sich bei Netting um eine
Verrechnung konzerninterner Forderungen und Verbindlichkeiten, die in Form eines Konto-
korrents geführt wird.72 Im Gegensatz zum Netting werden beim „typischen“ Cash-Pooling
aber nicht wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten in periodischen Abständen sal-
diert, sondern Liquidität zwischen Konzernunternehmen ausgeglichen.73 Aus diesem Grund er-
weist sich Cash-Pooling auch problematischer als Netting, das hauptsächlich der Vereinfachung
des Zahlungsverkehrs dient.74 Da es sich bei Cash-Pooling und Netting folglich um zwei zu

64
Holzborn in Holzborn/Vietinghoff, Haftung Rz 253; Klampfl, Cash Pooling 43; Kurzmann/Eckart in
Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 983.
65
Klampfl, Cash Pooling 43.
66
Billek, Cash Pooling 12; Klampfl, Cash Pooling 44; Prager/Simek/Waxenecker in B. Polster, Handbuch 18;
Rieder in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 59.
67
Billek, Cash Pooling12; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 10.
68
Korts, Cash Pooling 9; aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht Artmann, Insolvenz-Forum 2009, 131 (132);
Karollus in Leitner 121 sowie OGH 17 Ob 5/19p bezugnehmend auf Foglar-Deinhardstein in Foglar-Deinhard-
stein/Abrumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG § 82 GmbHG Rz 133 mwN; Koppensteiner/Rüffler, Kommentar3
§ 82 GmbHG Rz 17c.
69
Rittscher, Cash-Management-Systeme 28 (FN 47).
70
Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 13.
71
Billek, Cash Pooling 5; Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 134 f.
72
Rittscher, Cash-Management-Systeme 28.
73
Billek, Cash Pooling 33; Faßbender, Cash Pooling 26; Klampfl, Cash Pooling 59; Rittscher, Cash-Management-
Systeme 28; vgl dazu bereits Kapitel 2.2.1.
74
Billek, Cash Pooling 4.

9
trennende Vorgänge handelt, wird auf anfechtungsrechtliche Fragestellungen iZm Netting in
der gegenständlichen Arbeit nur am Rande – sofern für die Beurteilung von Cash-Pooling not-
wendig – Bezug genommen.

2.3 Rechtliche Grundlagen


2.3.1 Privatrechtliche Einordnung
2.3.1.1 Vorbemerkung

Um die für den konzernweiten Liquiditätsausgleich vorgenommenen Zahlungsflüsse einer


gründlichen anfechtungsrechtlichen Untersuchung unterziehen zu können, ist eine Auseinan-
dersetzung mit den rechtlichen Grundlagen von Cash-Pooling unerlässlich. Bei der privatrecht-
lichen Einordnung von Cash-Pooling wird zwischen zwei Vorgängen, die jeweils einer geson-
derten rechtlichen Beurteilung bedürfen, unterschieden. Zum einen sind die zahlreichen Rechts-
beziehungen zur Ein- und Durchführung von Cash-Pooling auf eine gesetzliche Grundlage zu
stellen; zum anderen muss die rechtliche Basis der einzelnen Zahlungsströme eruiert werden.75

2.3.1.2 Rechtsnatur von Cash-Pooling

Ein Cash-Pool-System besteht aus einem „vielfältigen Geflecht von Rechtsbeziehungen“76 zwi-
schen der Master-Company, den Pool-Gesellschaften und der Pool-Bank.77 Als Grundlage für
das Vertragsverhältnis zwischen der Master-Company und den Pool-Gesellschaften dienen in
der Praxis allerdings keine Einzelverträge,78 sondern eine Rahmenvereinbarung (interner Cash-
Pool-Vertrag).79 Diese wird von der hM80 als Bevollmächtigungsvertrag iSd §§ 1002 ABGB
mit Dienstvertragselementen qualifiziert. Die Pool-Gesellschaften räumen der Master-Com-
pany darin eine Vollmacht zum Abschluss von Verträgen mit den anderen Cash-Pool-Teilneh-
mern ein. Außerdem wird im internen Cash-Pool-Vertrag der Master-Company der Auftrag zur
Abwicklung des gesamten Cash-Poolings (Geschäftsbesorgung) – im Interesse und auf

75
Billek, Cash Pooling 29; Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 871.
76
Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 125.
77
Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 871.
78
Schneider in Lutter/Scheffler/Schneider, Konzernfinanzierung Rz 25.14; Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser,
Konzern 871.
79
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.25.
80
Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 872; zurückzuführen auf Billek, Cash Pooling 15; Klampfl, Cash
Pooling 58; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.25; Schneider in Lutter/Scheffler/Schnei-
der, Konzernfinanzierung Rz 25.14.

10
Rechnung81 der Pool-Gesellschaften als Auftraggeber82 – erteilt.83 Zu diesem Zweck wird im
internen Cash-Pool-Vertrag die Verpflichtung der Pool-Gesellschaften, ihre überschüssige Li-
quidität im Falle eines Habensaldos abzuführen (Sweeping),84 festgelegt. Liegt dementgegen
ein Sollsaldo vor, berechtigt sie die Rahmenvereinbarung, die Deckung des Fehlbetrags von der
Master-Company zu fordern (Topping)85 – dies jedoch nur bis zu der zwischen den Pool-Ge-
sellschaften und der Master-Company vereinbarten Kreditlinie.86 Darüber hinaus werden im
internen Cash-Pool-Vertrag Zinsregelungen, ggf die Besicherung der Forderungen, Kündi-
gungsfristen sowie Informationsrechte und -pflichten vereinbart.87 Die Rahmenvereinbarung
ist demzufolge jenes zentrale Vertragswerk,88 das die wechselseitigen Rechte und Pflichten
zwischen den Pool-Gesellschaften und der Master-Company auf Dauer festlegt;89 ein „Bündel
an Dauerschuldverhältnissen“90 wird damit begründet. Neben dem internen Cash-Pool-Vertrag
wird eine Rahmenvereinbarung zwischen der Master-Company und den externen Kreditinsti-
tuten zur praktischen Durchführung des Zahlungsverkehrs getroffen (externer Cash-Pool-Ver-
trag). Diese Rahmenvereinbarung ist ebenso als Geschäftsbesorgungsauftrag in Gestalt eines
Dauerschuldverhältnisses konzipiert; die Pool-Gesellschaften treten diesem Vertrag entweder
bei oder ermächtigen die Master-Company zum Vertragsabschluss im fremden Namen.91

2.3.1.3 Rechtsgrundlage der Zahlungsflüsse

Wie die realen Zahlungsflüsse zum konzernweiten Liquiditätsausgleich beim effektiven Cash-
Pooling zivilrechtlich einzuordnen sind, war lange umstritten92 und wurde seit der Einführung

81
Zum angemessenen Entgelt der Master-Company gem §§ 1004 ff ABGB, § 354 Abs 1 UGB vgl Klampfl, Cash
Pooling 61.
82
Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1002 ABGB Rz 4.
83
Billek, Cash Pooling 16.
84
Vgl dazu bereits Kapitel 2.2.1.
85
Vgl dazu bereits Kapitel 2.2.1.
86
Billek, Cash Pooling 16 f; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.26 f.
87
Billek, Cash Pooling 17; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.27; Wimmer in
Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 872.
88
Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 871 bezeichnet die Rahmenvereinbarung als „maßgebliche
Rechtsbasis des Finanzierungssystems“.
89
Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 872.
90
Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 129.
91
Billek, Cash Pooling 24 f; Klampfl, Cash Pooling 61 f; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht
Rz 12.47.
92
Klampfl, Cash Pooling 46, die nach damaliger Rechtslage von einer „Uneinigkeit“ in der österr L spricht.

11
des DaKRÄG93 nur noch vereinzelt und nicht im Detail von der Lit aufgegriffen.94 Mindermei-
nungen gehen von einem Verwahrungsvertrag,95 einer Einlage96 oder einem Vertrag sui gene-
ris97 als Rechtsgrundlage der Liquiditätsbewegungen aus. Mittlerweile hat sich jene Ansicht,
wonach die Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling als Darlehen bzw als Kredite klassifiziert wer-
den, durchgesetzt.98 Der Meinungsstreit, ob Cash-Pool-Zahlungen als Darlehen oder Kredite zu
qualifizieren sind, hat sich seit der Einführung des DaKRÄG aufgelöst.99 Mit dessen Inkraft-
treten wurde einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Darlehens- und Kreditvertrag be-
seitigt, indem nunmehr auch der Darlehensvertrag – ebenso wie der Kreditvertrag – ex lege ein
Konsensualvertrag ist.100 Der Kreditvertrag ist infolgedessen nun eine Unterform des Darle-
hensvertrags,101 nämlich ein entgeltlicher Darlehensvertrag über Geld (§ 988 ABGB). Gegen-
stand des Kreditvertrags kann sowohl Bar- als auch Buchgeld sein; 102 das Entgelt wird beim
Cash-Pooling in Form von Zinsen geleistet.103 Dementsprechend sind nach derzeitiger Rechts-
lage die Bestimmungen zum Kreditvertrag auf die beim Cash-Pooling stattfindenden Zahlungs-
flüsse anzuwenden;104 diese genießen in ihrem Anwendungsbereich als leges speciales Vorrang
vor den allgemeinen Vorschriften zum Darlehen.105 Im dt Recht hingegen ist weiterhin der Be-
griff des „Darlehens“ für die Zurverfügungstellung von Geld gebräuchlich; in concreto ist dabei

93
Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetz BGBl I 2010/28.
94
So bspw von Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.29.
95
Eichholz in Hadding/Schneider 43, letztendlich allerdings ablehnend.
96
B. Rieder/Hörlsberger in B. Polster, Handbuch 116 führen dies als denkbare Möglichkeit an.
97
Billek, Cash Pooling 31 f; Klampfl, Cash Pooling 52 mwN; Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash
Pooling2 132 mit Argumenten dafür.
98
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.29 mwN.
99
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.30; B. Rieder/Hörlsberger in B. Polster, Handbuch
116.
100
Liebel/Perner in Schwimann/Kodek, Praxiskommentar VI5 (2021) § 983 ABGB Rz 2.
101
Aichberger-Beig in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03§ 988 ABGB Rz 1 f.
102
Liebel/Perner in Schwimann/Kodek, Praxiskommentar VI5 § 988 ABGB Rz 4.
103
Zum Cash-Pooling Billek, Cash Pooling im Konzern 106; im Allgmeinen Liebel/Perner in Schwimann/Kodek,
ABGB Praxiskommentar VI5 3 § 988 ABGB Rz 4; vgl dazu auch Kapitel 3.4.4.2.
104
Abgeleitet aus der Argumentation von Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.30 f.
105
Zur angewandten Rechtsmethodik F. Bydlinski/P. Bydlinski, Grundzüge3 34; zum Kredit als Spezialfall der
Darlehensgewährung Liebel/Perner in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar VI5 § 983 ABGB Rz 5.

12
von einem Gelddarlehen im Gegensatz zum Sachdarlehen die Rede.106 Den allgemeinen dt Vor-
schriften zum Darlehensvertrag ist der Begriff „Kredit“ unbekannt.107

Gegen die Einordnung der Zahlungsflüsse als Darlehens- bzw nunmehr Kreditgewährungen
und -rückzahlungen wird vorgebracht, dass die Zahlungen beim Cash-Pooling nicht hauptsäch-
lich der Verzinsung wegen geleistet werden, sondern um liquide Mittel bei Bedarf zu erhalten
und konzernweit zinsoptimierend auszugleichen.108 Dem entgegnet Billek mE zu Recht, dass
es ein „Charakteristikum eines Kreditvertrags“ sei, finanzielle Mittel bei Bedarf abzurufen.109
Ebenso wenig vermag mMn zu überzeugen, dass die Verwendung finanzieller Mittel zum
Zweck des Liquiditätsausgleichs einer Einstufung als Kreditvertrag entgegenstehe. Zwar ist so-
wohl beim Kredit- als auch beim Darlehensvertrag eine Zweckwidmung zulässig, keinesfalls
jedoch ein zwingendes Merkmal eines Darlehens-/Kreditvertrags.110 § 983 ABGB stellt klar,
dass der Darlehensnehmer „über die Sachen nach seinem Belieben verfügen kann“. Demzu-
folge ist es mE unerheblich, ob die ausgezahlten Kreditvaluta im Interesse der einzelnen Pool-
Gesellschaften, bspw für den Kauf einer großen Betriebsanlage, verwendet werden oder ob sie
dem gesamten Konzern, zB durch einen konzernweiten Liquiditätsausgleich, zugutekommen
sollen. Auch wenn Cash-Pooling nicht der klassischen Konzeption des Kreditvertrags entspre-
chen mag,111 sprechen mE die soeben angeführten Argumente dennoch für eine Einstufung der
Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling als Kreditgewährungen bzw -rückzahlungen.

Damit die Pool-Gesellschaften bei Liquiditätsbedarf jederzeit Leistungen aus dem Cash-Pool
in Anspruch nehmen können, werden Krediteröffnungsverträge geschlossen.112 Diese zählen
gem § 988 S 1 HS 2 ABGB ebenfalls zu Kreditverträgen, wenngleich die Geldbeträge bloß
„zum Abruf zur Verfügung gestellt“ werden. Mit solchen Krediteröffnungsverträgen wird den

106
Berger in Säcker et al, MünchKomm BGB III7 § 488 BGB Rz 1; Rohe in Bamberger et al, Bürgerliches Ge-
setzbuch II4 § 488 BGB Rz 1.
107
Zu dieser Erkenntnis kam die Verfasserin nach eingehender Analyse des dt Gesetzestexts.
108
Klampfl, Cash Pooling 48; Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash Pooling2 132, die allerdings
darauf hinweisen, dass die privatrechtliche Einordnung noch weiterer Untersuchung, insb im Hinblick auf die
unsichere L und Rsp, bedarf.
109
Billek, Cash Pooling 32.
110
Stabentheiner, ÖJZ 2010, 935 (937); ErläutRV 650 BlgNR 24. GP 8; zust Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol,
Bankvertragsrecht IV2 Rz 1/49; Liebel/Perner in Schwimann/Kodek, Praxiskommentar VI5 § 983 ABGB Rz 23.
111
Damals noch in Bezug auf das Darlehen Klampfl, Cash Pooling 48; Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et
al, Cash Pooling2 132.
112
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.30.

13
Pool-Gesellschaften als Kreditnehmerinnen ein Gestaltungsrecht eingeräumt; sie dürfen liquide
Mittel bis zur gegenseitig eingeräumten Kreditlinie113 beziehen.114 Die Pool-Gesellschaften
sind aber nicht nur auf eine einmalige Abrufmöglichkeit der Darlehensvaluta beschränkt (Ein-
malkredit).115 Vielmehr dürfen sie den vereinbarten Kreditrahmen aufgrund von untereinander
abgeschlossenen Kontokorrentabreden gem § 355 UGB116 beliebig oft ausnützen.117 Kann der
Kreditnehmer jederzeit sowohl debetmindernde Rückzahlungen leisten als auch Beträge bis zur
vereinbarten Kreditlinie beziehen, wird von einem revolvierenden Kontokorrentkredit gespro-
chen.118 Auch in Deutschland entspricht es mittlerweile der hA,119 dass den Zahlungsflüssen
beim Cash-Pooling ein revolvierendes Gelddarlehen zugrunde liegt, dessen Leistungen in Kon-
tokorrentform geführt werden. Dabei tritt nicht nur die Master-Company als Kreditgeberin auf.
Auch Pool-Gesellschaften, die ihre überschüssige Liquidität abführen, können die Rolle des
Kreditgebers einnehmen; die Master-Company wird zur Kreditnehmerin.120 Wer hinsichtlich
welcher Transaktionen als Kreditgeber bzw -nehmer auftritt, dürfte mE den internen Verrech-
nungskonten, auf denen sämtliche Zahlungsflüsse zwischen der Master-Company und den
Pool-Gesellschaften erfasst werden,121 zu entnehmen sein.

Im Allgemeinen ermöglicht das Kontokorrent gem § 355 ff UGB, auch als „laufende Rech-
nung“ bezeichnet, allen voran die Vereinfachung des Zahlungs- und Abrechnungsverkehrs.
Schließlich wird in einem Kontokorrentverhältnis nicht jeder Geschäftsfall einzeln verrechnet,
sondern es werden beidseitige Leistungen einer Verrechnungsperiode zusammengefasst und

113
Vgl dazu interner Cash-Pool-Vertrag (Kapitel 2.3.1.2).
114
Aichberger-Beig in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 988 ABGB Rz 3; Liebel/Perner in Schwimann/Kodek,
ABGB Praxiskommentar4 (2014) § 988 ABGB Rz 5.
115
Zum Einmalkredit Aichberger-Beig in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 988 ABGB Rz 4.
116
Unternehmensgesetzbuch dRGBl 1897, 219
117
Billek, Cash Pooling 33; Faßbender, Cash Pooling 38; Kremslehner/S. Polster in Polster-Grüll et al, Cash
Pooling2 130 f; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 7.
118
Im Allgemeinen Aichberger-Beig in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 988 ABGB Rz 4; Liebel/Perner in
Schwimann/Kodek, Praxiskommentar VI5 § 988 ABGB Rz 6; RIS-Justiz RS0032627; hingegen in Bezug auf Cash-
Pooling Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.30, 12.35.
119
Mentz in Hasselbach/Nawroth/Rödding, Holding2 Teil C – Finanzierung Rz 249; Reuter, NZI 2011, 921 (921);
Rittscher, Cash-Management-Systeme 32; Thomas, ZInsO 2007, 77 (78); Marwyk, ZInsO 2015, 335 (338); krit
hingegen Heckschen in Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht3 Rz 1198 f; Zahrte, NZI 2010, 596 (598).
120
Klampfl, Cash Pooling 59.
121
Liedtke in B. Polster, Handbuch (2015) 38; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.10.

14
am Ende einer Gesamtabrechnung unterzogen.122 Dies hat zur Folge, dass die in das Kontokor-
rent einbezogenen Geschäftsfälle nicht mehr selbstständig durchgesetzt werden können. Ledig-
lich der Saldo eines Vertragspartners kann am Ende der Verrechnungsperiode geltend gemacht
werden.123 Des Weiteren erfüllt das Kontokorrent eine Sicherungsfunktion, weil in der Insol-
venz des Vertragspartners die offenen Forderungen im Ausmaß der eigenen Verbindlichkeiten
gesichert sind. Die Forderung wird durch das Erlöschen der eigenen Verbindlichkeiten befrie-
digt.124 Demnach werden beim Cash-Pooling die wechselseitigen Forderungen auch nicht be-
sichert,125 weshalb in der vorliegenden Arbeit von einem ungesicherten Kontokorrentkredit aus-
gegangen wird.

Ob beim Cash-Pooling ein Kontokorrentverhältnis nur zwischen den Pool-Gesellschaften und


der Master-Company oder auch zwischen den Pool-Gesellschaften untereinander besteht, hängt
von der Ausgestaltung des Cash-Pools ab.126 Ist der Cash-Pool sternförmig strukturiert, werden
die Rechtsbeziehungen zwischen den Pool-Gesellschaften über die Master-Company geregelt.
Forderungen und Verbindlichkeiten werden nur mit der Master-Company eingegangen; gegen-
über den anderen Pool-Gesellschaften kann ein Vertrag zugunsten Dritter aufgesetzt werden.127
Beim vernetzt strukturierten Cash-Pool hingegen stehen die Pool-Gesellschaften auch unterei-
nander in einem Kontokorrentverhältnis.128 Es kommt zum sog Netting,129 wobei die Master-
Company die Funktion der Clearingstelle einnimmt.130 In der vorliegenden Arbeit wird jedoch
– wie bereits in Kapitel 2.2.3 erwähnt – primär auf die anfechtungsrechtliche Situation der Zah-
lungsflüsse beim sternförmig strukturierten Cash-Pooling (ohne Netting) eingegangen.

122
Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II2 Rz 2/1 f.
123
RIS-Justiz RS0034275; Dullinger in Artmann, Kommentar I3 § 355 UGB Rz 10; Feltl, UGB § 355 UGB E 3;
Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, WK UGB I § 355 UGB Rz 14.
124
Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II2 Rz 2.2; Schuhmacher in Torggler, Kommentar3 § 355 UGB
Rz 1.
125
Vgl Kapitel 2.3.3.
126
Klampfl, Cash Pooling 60 f; B. Rieder/Hörlsberger in B. Polster, Handbuch 117 f.
127
B. Rieder/Hörlsberger in B. Polster, Handbuch 118 f.
128
B. Rieder/Hörlsberger in B. Polster, Handbuch 119 f.
129
Vgl Kapitel 2.2.3.
130
Billek, Cash Pooling 4 f; Klampfl, Cash Pooling 60; B. Rieder/Hörlsberger in B. Polster, Handbuch 120.

15
2.3.2 Gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit
Obwohl ein Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Vorschriften, wie das Verbot der Einlagen-
rückgewähr oder das EKEG,131 der Insolvenzanfechtung nicht abträglich ist,132 ist es dennoch
von Vorteil, sich für die anfechtungsrechtliche Beurteilung von Vorgängen innerhalb eines
Cash-Pool-Systems mit seiner gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit auseinanderzusetzen.
Nicht selten führt in der Praxis die Insolvenzanfechtung nämlich zur Aufdeckung gesellschafts-
rechtlich unzulässiger Zahlungen.133

Im Jahre 2019 wurde der OGH134 erstmals mit dem Thema Cash-Pooling befasst und urteilte,
dass Cash-Pooling grds zulässig sei, wenn nicht gegen allgemeine kapitalerhaltungsrechtliche
Grundsätze, wie sie für konzerninterne Darlehen bzw Sicherheitenbestellungen gelten, versto-
ßen werde. Maßgeblich ist jedoch, dass für die Teilnahme am Cash-Pooling eine betriebliche
Rechtfertigung vorliegt. Diese kann angenommen werden, wenn sich eine Verbesserung der
Liquidität des Unternehmens erwarten lässt.135 Entsprechend der Business Judgement Rule haf-
ten die Vorstandsmitglieder einer AG bzw die Geschäftsführer einer GmbH allerdings nicht für
den Eintritt des Erfolges, sondern lediglich für das Treffen einer sorgfältigen Entscheidung.136
Dazu hat der OGH – trotz mangelnder Entscheidungsrelevanz137 – folgende Leitlinien als obiter
dictum entwickelt. Demgemäß sei Cash-Pooling aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht für eine
österreichische Pool-Gesellschaft, die zugleich eine Tochtergesellschaft ist, bedenklich, wenn
- ein Ausfallrisiko übernommen wird,
- eine (faktische) Bindung an die Weisungen der Master-Company bzw der Konzernmut-
ter besteht, wie Pool-Gesellschaften mit Liquiditätsüberschüssen umgehen sollen,
- existenzbedrohende Risiken, zB aufgrund einer negativen Bonität der Master-Com-
pany, übernommen werden,
- Einsichts- und Informationsrechte mangelnd ausgestaltet bzw ausgeübt werden und /
oder

131
Eigenkapitalersatz-Gesetz BGBl I 2003/92.
132
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 3.12 („das Anfechtungsrecht moralisiert nicht“); vgl dazu Kapitel 3.1.
133
Foglar-Deinhardstein, NZ 2019, 227 (EAnm), dem zufolge die Geltendmachung von Verstößen gegen das
Verbot der Einlagenrückgewähr inzwischen zu den „schärfsten Waffen des Insolvenzverwalters“ zählt.
134
OGH 17 Ob 5/19p.
135
So interpretiert von Edel/Welten, GesRZ 2019, 346 (EAnm).
136
Ausführlich zur Business Judgement Rule Reich-Rohrwig in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 25 GmbHG
Rz 68 ff mwN.
137
Edel/Welten, GesRZ 2019, 347 (EAnm).

16
- Kündigungsmöglichkeiten, sei es vertraglich oder praktisch mittels interner Weisung
durch die Muttergesellschaft, verwehrt werden.
Wenngleich die E des OGH zum fiktiven Cash-Pooling erging, lassen sich diese Aussagen auch
auf effektives Cash-Pooling übertragen.138 Dafür spricht, dass im besprochenen Fall Cash-Poo-
ling gar nicht in fiktiver Form betrieben wurde.139 Die tatsächliche Durchführung legt ein ef-
fektives Cash-Pooling nahe; der Cash-Pool-Vertrag „verkommt zu einer Fassade“.140 Deswe-
gen ist Vorsicht geboten – unabhängig davon, ob effektives oder fiktives Cash-Pooling betrie-
ben wird. Die jüngst ergangene höchstgerichtliche Entscheidung ist keinesfalls ein „Freibrief
für kapitalerhaltungsschädliches Cash-Pooling“,141 zumal nicht von der per se-Zulässigkeit
von Cash-Pooling ausgegangen werden darf.142 Vielmehr sind die Ein- und Durchführung von
Cash-Pooling für dessen kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit stets an den vom OGH auf-
gestellten Kriterien zu messen.

2.3.3 Insolvenzrechtliche Aspekte


Auch wenn der OGH aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht die zentrale Bündelung liquider
Mittel mehrerer Konzerngesellschaften für zulässig erachtet, gilt im Gesellschafts- sowie im
Insolvenzrecht weiterhin das Trennungsgebot. Für das Insolvenzrecht bedeutet dies, dass auch
in einem Konzernverbund für jede Konzerngesellschaft die materielle Insolvenz isoliert beur-
teilt werden muss. Für jede Konzerngesellschaft ist ein gesondertes Insolvenzverfahren abzu-
wickeln. Der Konzern iSd § 115 GmbHG, § 15 AktG selbst ist mangels Rechtsfähigkeit nicht
insolvenzfähig.143 Trotz dieses strikten Trennungsgebots kann die materielle Insolvenz einer
einzelnen Konzerngesellschaft auch andere verbundene Gesellschaften bzw den gesamten Kon-
zern in eine finanzielle Schieflage bringen – dies umso mehr beim Cash-Pooling aufgrund der
besonderen wirtschaftlichen Risiken.144 Kann bspw der Liquiditätsbedarf anderer Pool-Gesell-
schaften von der nunmehr mittellosen Master-Company nicht mehr gedeckt werden, laufen die

138
Foglar-Deinhardstein, NZ 2019, 230 (EAnm); zust Scheuwimmer, ÖBA 2019, 744 (EAnm).
139
Scheuwimmer, ÖBA 2019, 744 (EAnm).
140
Scheuwimmer, ÖBA 2019, 744 (EAnm).
141
Engin-Deniz, ecolex 2019, 751 (753).
142
Aburumieh, ecolex 2020, 1073 (1076); Scheuwimmer, ÖBA 2019, 744 (EAnm).
143
RIS-Justiz RS0127329; vgl dazu auch Nunner-Krautgasser/Anzenberger, ZIK 2012 2 f (EAnm); Reisch,
GesRZ 2019, 423 (423); Riel in Artmann/Rüffler/Torggler, 51 (51).
144
Kirchlechner/Klewan, CFO aktuell 2013, 118 (120); einen guten Überblick über die wirtschaftlichen Risiken
bieten Billek, Cash Pooling 8; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.4.

17
Pool-Gesellschaften Gefahr, in die Insolvenz zu schlittern – es kommt zum Dominoeffekt.145
Dieser wird beim effektiven Cash-Pooling insb dadurch verstärkt, als mit der Abfuhr überschüs-
siger Liquidität eine gewisse finanzielle Unselbstständigkeit und Abhängigkeit von der Master-
Company einhergehen.146 Infolgedessen können sich Krisen einzelner Pool-Gesellschaften
leicht auf den gesamten Konzern auswirken.147 Diese unglückliche Lage wird beim effektiven
Cash-Pooling durch das sog Klumpenrisiko verschärft.148 Indem die liquiden Mittel zentral bei
der Master-Company gebündelt sind, unterbleibt eine Risikostreuung, wie sie zB bei Kreditin-
stituten erforderlich ist.149 Darüber hinaus wird die abgeführte Liquidität beim Cash-Pooling
im Regelfall auch nicht besichert.150 Sicherheiten, wie sie va für externe Kreditaufnahmen er-
forderlich sind, werden von der Konzernmutter bzw den Pool-Gesellschaften selbst geleistet,
denn die Master-Company hält als bloße Holdinggesellschaft idR keine Vermögenswerte.151
Aus diesem Grund übernehmen Pool-Gesellschaften regelmäßig eine betragsmäßig be-
schränkte, gesamtschuldnerische Haftung für Debetsalden am Master-Account.152 Das Ausfall-
risiko der Master-Company wird somit – zumind faktisch – zu einem großen Teil von den Pool-
Gesellschaften selbst getragen.153

Umso wichtiger ist in solchen Systemen mit engen wirtschaftlichen Verflechtungen sowie er-
heblichen Insolvenzrisiken aufgrund des Konzernverhältnisses und eines gemeinsamen Cash-
Managements das Instrument der Insolvenzanfechtung. Dieses gewährleistet auch innerhalb ei-
nes Konzernverbunds die Korrektur unrechtmäßiger Vermögensverschiebungen im Vorfeld der
Insolvenz eines Unternehmensträgers.154

145
Billek, Cash Pooling 8; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 27 ff.
146
Billek, Cash Pooling 8.
147
Billek, Cash Pooling 8 (FN 46).
148
Billek, Cash Pooling 8; Schneider in Lutter/Scheffler/Schneider, Konzernfinanzierung Rz 25.52, 25.56 ff; Vet-
ter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 19, 26.
149
Billek, Cash Pooling 8 (FN 48); Klampfl, Cash Pooling 38.
150
Altmeppen, NZG 2010, 361 (361); Holzborn in Holzborn/Vietinghoff, Haftung Rz 309.
151
Ammelung/Kaeser, DStR 2003, 655 (660); Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.4.
152
Billek, Cash Pooling 25; Faßbender, Cash Pooling 40; Schneider in Lutter/Scheffler/Schneider, Konzernfinan-
zierung Rz 25.54; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 22.
153
Billek, Cash Pooling 100 ff; Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.4.
154
Vgl Nunner-Krautgasser/Anzenberger, ZIK 2012 3 f (EAnm).

18
3 Insolvenzanfechtung der Zahlungsflüsse zum Liquiditätsaus-
gleich
3.1 Vorrang der Kapitalerhaltungsvorschriften, des Eigenkapitalersatz-
rechts und der Aufrechnung nach §§ 19 f IO?
Bevor sich die Arbeit der Insolvenzanfechtung der Zahlungsflüsse zum Zweck des Liquiditäts-
ausgleichs beim Cash-Pooling widmet, soll in diesem Kapitel dargelegt werden, ob die Kon-
kurrenz zu anderen Rechtsvorschriften, in concreto dem Verbot der Einlagenrückgewähr, dem
EKEG und der Aufrechnung nach §§ 19 f IO, der Insolvenzanfechtung noch Raum für deren
Anwendbarkeit lässt. Die enge Verknüpfung von Cash-Pooling mit dem Gesellschaftsrecht
könnte nämlich Zweifel hinsichtlich der Anwendbarkeit der Insolvenzanfechtung aufkommen
lassen, wenn die beim Cash-Pooling stattfindenden Zahlungsflüsse bereits von gesellschafts-
rechtlichen Vorschriften (Verbot der Einlagenrückgewähr gem § 82 GmbHG sowie § 52 AktG,
Eigenkapitalersatzrecht) erfasst sind. Ebenfalls zu prüfen ist das Konkurrenzverhältnis zwi-
schen der Insolvenzanfechtung und der Aufrechnung nach §§ 19 f IO, weil – wie zuvor darge-
legt155 – die kontokorrentgebundenen Forderungen in regelmäßigen Abständen verrechnet wer-
den. Die Verrechnung gem § 355 Abs 3 UGB stellt einen Anwendungsfall der freiwilligen Auf-
rechnung, deren Zulässigkeit sich nach den §§ 19 f bestimmt, dar.156 Von einer umfassenden
Erörterung der Konkurrenzen iZm der Insolvenzanfechtung von Zahlungsflüssen beim kon-
zernweiten Cash-Pooling wird in dieser Arbeit jedoch abgesehen; im Mittelpunkt dieses Kapi-
tels steht primär die Frage nach der Anwendbarkeit der Insolvenzanfechtung.

Prima vista könnte angenommen werden, dass Rechtshandlungen, die infolge eines Verstoßes
gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr ohnehin nichtig sind,157 nicht mehr insolvenzrecht-
lich angefochten und in der Folge für unwirksam erklärt werden können. Nach Ansicht der
Rsp158 schließt die Nichtigkeit einer Rechtshandlung die Insolvenzanfechtung grds nicht aus.
Liegt ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vor und erfüllt die Rückgewähr
ebenso die Voraussetzungen des § 27 IO und einen Anfechtungstatbestand, steht dem

155
Vgl Kapitel 2.3.1.3.
156
RIS-Justiz RS0062334.
157
Foglar-Deinhardstein in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG § 83 GmbHG
Rz 38 ff.
158
OGH 5 Ob 509/95; zust König/Trenker, Anfechtung6 Rz 24.1.

19
Insolvenzverwalter sowohl die kumulative als auch die alternative Geltendmachung offen.159
Eine Verletzung des Verbots der Einlagenrückgewähr muss freilich von Amts wegen berück-
sichtigt werden.160 Eine Berufung auf diese Anspruchsgrundlage bietet auch Vorteile im Hin-
blick auf die Verjährung (§ 83 Abs 5 GmbHG, § 56 Abs 4 AktG).161 Außerdem erfordert sie –
im Gegensatz zu den meisten Tatbeständen der Insolvenzanfechtung – keine subjektiven Ele-
mente seitens des Anfechtungsgegners.162 Die Insolvenzanfechtung wiederum erweist sich insb
hinsichtlich des Kreises der passiv Anfechtungslegitimierten als vorteilhafter163 und ermöglicht
– anders als das Verbot der Einlagenrückgewähr – auch eine Rückforderung von gutgläubig
erhaltenen Gewinnanteilen eines Gesellschafters.164 Eine kumulative oder wahlweise Rechts-
durchsetzung besteht auch iZm EKEG. Im Vergleich zu dieser Rechtsvorschrift ermöglicht die
Insolvenzanfechtung die Rückforderung eigenkapitalersetzender Darlehen und Sicherungen
gem §§ 14 f EKEG.165 Bei erfolgreicher Anfechtung ist allerdings § 57a IO zu beachten, wo-
nach die eigenkapitalersetzenden Forderungen des Anfechtungsgegners in der Insolvenz nach-
rangig sind.166 Ebenso wenig steht die Aufrechnung nach §§ 19 f IO der Anwendbarkeit der
Insolvenzanfechtung entgegen; vielmehr kommt es zu einem „Nebeneinander“ beider Bestim-
mungen.167

Da das Verbot der Einlagenrückgewähr, das EKEG sowie die Aufrechnung nach § 19 f IO nicht
in ausschließender Konkurrenz zur Insolvenzanfechtung stehen, ist die Anwendbarkeit der In-
solvenzanfechtung auf die zum Zweck des Liquiditätsausgleichs vorgenommenen Zahlungs-
flüsse beim Cash-Pooling zu bejahen. Dementsprechend werden nun in den folgenden Kapiteln
der Anfechtungsgegenstand, der Anfechtungsgegner und die Anfechtungsgrundlagen in Bezug
auf die Liquiditätsbewegungen beim Cash-Pooling erläutert.

159
Astner/Hermann/Pateter in Clavora/Kapp/Lödl 259 (274); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 24.8; damals noch
abl mangels Befriedigungstauglichkeit Astner, Anfechtung 145.
160
Foglar-Deinhardstein in Foglar-Deinhardstein/Abrumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG § 83 GmbHG Rz 38;
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 24.8.
161
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 24.8/3.
162
Trenker in Schopper 266.
163
Trenker in Schopper 266; vgl dazu Kapitel 1.2.
164
Astner/Hermann/Pateter in Clavora/Kapp/Lödl 259 (276); Trenker in Schopper 257.
165
Astner/Hermann/Pateter in Clavora/Kapp/Lödl 259 (284).
166
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 24.9.
167
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 14.4; OGH 6 Ob 288/66.

20
3.2 Anfechtungsgegenstand
3.2.1 Vorbemerkung
Aufgrund des begrenzten Rahmens wird in der Diplomarbeit – dem Titel entsprechend – primär
auf die Anfechtung der Zahlungsein- und -ausgänge zum Zweck des Liquiditätsausgleichs ein-
gegangen. Das entspricht auch der gängigen Praxis zur Anfechtung revolvierender Kontokor-
rentkredite, wobei der Insolvenzverwalter idR die in der kritischen Frist geleisteten Kreditge-
währungen und -rückzahlungen anficht.168 Die Anfechtung anderer iZm den Zahlungsflüssen
stehenden Rechtshandlungen, wie bspw der ihnen zugrundeliegenden Rahmenvereinbarung zur
Krediteröffnung, der unterlassenen Kündigung des Kreditverhältnisses oder im Falle eines be-
sicherten Kontokorrentkredits der Bestellung der Sicherheiten,169 ist – sofern nicht notwendig
für die anfechtungsrechtliche Beurteilung der Zahlungsflüsse zum Liquiditätsausgleich – nicht
Gegenstand der folgenden Ausführungen. Im Vordergrund steht vielmehr die Frage, ob die Li-
quiditätsbewegungen beim Cash-Pooling die allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen erfül-
len. Im dt Recht hat sich mittlerweile die hL170 durchgesetzt, dass die beim Cash-Pooling statt-
findenden Kreditgewährung und -rückführungen nach der InsO171 anfechtbar sind. Dieser An-
sicht hat sich der BGH172 angeschlossen. Laut ihm seien masseschmälernde Vermögensver-
schiebungen in einem Cash-Pool-System zwischen den Konzerngesellschaften mittels Anfech-
tung auszugleichen, womit von der Erfüllung der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen
ausgegangen werden kann. Ob diese Ansicht ebenso auf das österr Recht zutrifft, wird in den
folgenden Kapiteln untersucht. Im Anschluss daran werden weitere, besondere Anfechtungs-
voraussetzungen ausgewählt, die für alle bzw für die meisten Anfechtungstatbestände von Be-
deutung sind und va im Hinblick auf das Cash-Pooling näherer Betrachtung bedürfen.

168
Schummer, ÖBA 2002, 173 (177).
169
Einen Überblick über die anfechtbaren Rechtshandlungen beim Kontokorrentkredit bieten Schummer, ÖBA
2002, 173 (177) und Widhalm, Kontokorrentkredit 5.
170
Gehrlein in Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MünchKomm InsO4 § 135 InsO Rz 16; Heckschen in
Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht3 Rz 1197; Hirte in Uhlenbruck, InsO15 § 135 InsO Rz 12a; Holzborn
in Holzborn/Vietinghoff, Haftung 284 ff; Thomas, ZInsO 2007, 77 (78); Marwyk, ZInsO 2015, 335 (335, 337 f);
hingegen abl Reuter, NZI 2011, 921 (925 f).
171
Insolvenzordnung BGBl I 1994, 2866 (Deutschland).
172
BGH IX ZR 259/12.

21
3.2.2 Allgemeine Anfechtungsvoraussetzungen
3.2.2.1 Rechtshandlung

Gem § 27 IO sind Rechtshandlungen anfechtbar, die vor Insolvenzeröffnung vorgenommen


wurden und das Vermögen des Schuldners betreffen. Innerhalb eines Cash-Pool-Systems mit
einer Vielzahl von eng verflochtenen Rechtsbeziehungen muss allerdings zuerst Klarheit dar-
über herrschen, welche Rechtshandlung(-en) angefochten werden soll(en). Beim Cash-Pooling
kommen insb die Rahmenvereinbarungen (Cash-Pool-Vertrag) sowie die einzelnen Zahlungs-
flüsse als anzufechtende Rechtshandlungen in Betracht,173 wovon nun letztere näher beleuchtet
werden.

Unstrittig ist, dass Ein- und Auszahlungen im Rahmen eines Kontokorrentkredits Rechtshand-
lungen iSd § 27 IO sind.174 Darunter sind alle Handlungen zu verstehen, die rechtliche Wirkun-
gen hervorrufen.175 Eine umfassende Begründung, weshalb es sich bei den einzelnen Zahlungs-
ein- und -ausgängen beim Kontokorrentkredit um Rechtshandlungen iSd IO handelt, lässt sich
weder in L noch Rsp finden. Diese Schlussfolgerung wird nach ausgiebiger Rechtsrecherche
von der Verfasserin gezogen und ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass von der Rsp176
teilweise nicht die einzelnen Zahlungen, sondern die Saldosenkung als Anfechtungsgegenstand
betrachtet wird. Eine Erläuterung der Klassifizierung von Kreditein- und -auszahlungen als
Rechtshandlungen ist mE – insb aufgrund der besonderen Umstände beim Kontokorrent – aber
dennoch angezeigt.

Kontokorrentgebundene Leistungen, beim Kontokorrentkredit sohin die einzelnen Kreditge-


währungen und -rückzahlungen, können selbst keine Tilgungswirkung mehr entfalten177 und
auch nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden.178 Ihnen kommt mE allerdings insofern
rechtliche Wirkung zu, als sie die Berechnungsgrundlage des kausalen Saldos, der strikt von

173
So für das dt Recht Rittscher, Cash-Management-Systeme 167.
174
Schummer, ÖBA 2002, 173 (177 f); Widhalm, Kontokorrentkredit 64 ff; so auch die Rsp, die bereits mehrfach
über die Insolvenzanfechtung von Zahlungseingängen und Kreditausnützungen beim Kontokorrentkredit urteilte
OGH 3 Ob 150/15b; 3 Ob 204/17x; RIS-Justiz RS0112125; RS0111459, wonach „sämtliche Eingänge auf dem
Kontokorrentkreditkonto anfechtbar“ sind.
175
RIS-Justiz RS0050539.
176
Vgl dazu OGH 3 Ob 68/02z.
177
Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II2 Rz 2/24; Dullinger in Artmann, Kommentar I3 § 355 UGB
Rz 14; Schuhmacher in Torggler, Kommentar3 § 355 UGB Rz 6.
178
Vgl dazu Kapitel 2.3.1.3.

22
der Saldoanerkennung zu trennen ist,179 darstellen.180 Die einzelnen Kreditgewährungen
und -rückzahlungen können den kausalen Saldo verändern;181 überhaupt wird erst durch sie
eine Verrechnung wechselseitiger Leistungen ermöglicht. Mit der Verrechnung tritt Tilgung
ein; der infolge der Verrechnung entstandene kausale Saldo gewährt schließlich einen einklag-
baren Zahlungsanspruch, falls der Saldo nicht in die nächste Rechnungsperiode vorgetragen
wird. Wird mangels (wirksamer) Saldoanerkennung dieser kausale Saldo nun geltend gemacht,
müssen die einzelnen Rechnungsposten, also die konkreten Ein- und Auszahlungen, bewiesen
bzw bestritten werden.182 Hierbei ist für die Verjährung, den Erfüllungsort, den Gerichtsstand
und dergleichen ausschlaggebend, aus welchen Einzelforderungen sich der kausale Saldo zu-
sammensetzt,183 womit den einzelnen Zahlungsflüssen beim Kontokorrentkredit sehr wohl –
auch unmittelbare – rechtliche Wirkung zukommt. Der Begriff der Rechtshandlung iSd § 27 IO
ist somit erfüllt. Da den Zahlungsflüssen beim Cash-Pooling ein Kontokorrentverhältnis zu-
grunde liegt,184 sind mE die tatsächlichen Zahlungsein- und -ausgänge beim Cash-Pooling
ebenso als Rechtshandlungen iSd § 27 IO zu qualifizieren. Diese Schlussfolgerung steht auch
im Sinne der Rsp,185 wonach alle Handlungen anfechtbar sind, die „in irgendeiner Weise“ recht-
liche Wirkungen hervorrufen. Der Begriff der Rechtshandlung sei bewusst weit gegriffen,186
um die insolvenzrechtliche Zielsetzung der Gläubigergleichbehandlung durchzusetzen.187 Zum
selben Ergebnis – jedoch für das dt Recht und ohne weiteren Ausführungen – kommt Ritt-
scher,188 der in jeder einzelnen (realen) Vermögensverschiebung beim Cash-Pooling eine an-
fechtbare Rechtshandlung sieht. Da im dt Recht das Vorliegen einer Rechtshandlung iSd InsO

179
Dullinger in Artmann, Kommentar I3 § 355 UGB Rz 15; Schuhmacher in Torggler, Kommentar3 § 355 UGB
Rz 11.
180
Schuhmacher in Torggler, Kommentar3 § 355 UGB Rz 7.
181
Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, WK UGB I § 355 UGB Rz 17.
182
Dullinger in Artmann, Kommentar I3 § 355 UGB Rz 15; Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, WK UGB I
§ 355 UGB Rz 19 f; Schuhmacher in Torggler, Kommentar3 § 355 UGB Rz 7.
183
Dullinger in Artmann, Kommentar I3 § 355 UGB Rz 18; Schuhmacher in Straube/Ratka/Rauter, WK UGB I
§ 355 UGB Rz 21.
184
Vgl Kapitel 2.3.1.3.
185
OGH 3 Ob 168/11v.
186
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 149; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 3.2.
187
OGH 3 Ob 168/11v (Anmerkung der Verfasserin: Diese Begründung dürfte wohl nur auf die Anfechtung nach
den §§ 30, 31 IO zutreffen).
188
Rittscher, Cash-Management-Systeme 167.

23
ebenso an das Auslösen einer rechtlichen Wirkung knüpft,189 kann mE – aufgrund der ver-
gleichbaren Rechtslage – auf die dt L zurückgegriffen werden.

Fraglich ist, ob auch virtuelle Liquiditätsströme, wie sie beim fiktiven Cash-Pooling erfolgen,
Rechtshandlungen iSd § 27 IO sind. Beispielsweise sind reine Umbuchungen, die keine Rechts-
folgen auslösen und nur zur korrekten buchmäßigen Erfassung vorgenommen werden, nicht als
Rechtshandlungen zu werten.190 In diesem Zusammenhang darf mE jedoch nicht verkannt wer-
den, dass beim fiktiven Cash-Pooling die virtuelle Übertragung von Liquidität sehr wohl recht-
liche Wirkungen zeitigt. Mittels fiktivem Cash-Pooling kann nämlich ein besseres Zinsergebnis
erreicht werden;191 der virtuelle Liquiditätstransfer geht über eine reine Umbuchung zum
Zweck der richtigen buchmäßigen Erfassung hinaus. Demzufolge stellen mE auch virtuelle
Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling Rechtshandlungen iSd § 27 IO dar.

Aufgrund des weit auszulegenden Begriffs der Rechtshandlung sind nicht nur Verpflichtungs-,
sondern auch Verfügungsgeschäfte anfechtbar.192 Freilich ist iZm Cash-Pooling zu prüfen, ob
die dabei vorgenommenen Zahlungsflüsse als Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäfte zu
qualifizieren sind. Die Unterscheidung in Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte ist in zwei-
erlei Hinsicht relevant. Zum einen müssen infolge der Anfechtung des Verpflichtungsgeschäfts
auch sämtliche dazugehörige Verfügungen zurückgewährt werden, weil gem § 39 IO vom An-
fechtungsgegner alles zu leisten ist, was dem Vermögen des Schuldners durch die anfechtbare
Handlung entgangen ist.193 Zum anderen wirkt sich die Einteilung in Verpflichtungs- und Ver-
fügungsgeschäfte auf den Fristenlauf bei der Insolvenzanfechtung aus, und zwar insofern, als
Verfügungsgeschäfte auch gesondert (vom Verpflichtungsgeschäft unabhängig) angefochten
werden können.194

Nach der sog Trennungstheorie ist der Krediteröffnungsvertrag aufgrund des darin eingeräum-
ten Gestaltungsrechts, die Kreditvaluta jederzeit abrufen zu dürfen, als Optionsvertrag zu

189
Kayser/Freudenberg in Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MünchKomm InsO II4 § 129 InsO Rz 6 ff;
Rogge/Leptien in Schmidt, HK InsO9 § 129 InsO Rz 3; BGH IX ZR 86/08.
190
Fruhstorfer, ÖBA 2007, 664 (EAnm); Koziol, ÖBA 1997, 552 (EAnm); Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze
§ 27 IO Rz 65; Widhalm, Kontokorrentkredit 128; aA König/Trenker, Anfechtung6 Rz 3.5, die reine Umbu-
chungen, selbst wenn sie verschiedene Kontoinhaber betreffen, als Rechtshandlungen qualifizieren.
191
Vgl Kapitel 2.2.3.
192
RIS-Justiz RS0050710.
193
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 12.
194
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 12; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 3.5; RIS-Justiz RS0050710.

24
werten. Dieser ist jedoch von den Kreditgewährungen als Hauptverträge, die mit der Ausübung
des Gestaltungsrechts entstehen, zu unterscheiden.195 Der Krediteröffnungsvertrag hat die künf-
tige Kreditgewährung zum Gegenstand, wohingegen die einzelnen Kreditinanspruchnahmen
(Kreditgeschäfte) auf die zeitweise Überlassung von Kapital gerichtet sind.196 Ein Kontokor-
rentverhältnis bestünde demnach aus einer Vielzahl von einzelnen Kreditverträgen.197 Deren
Inhalt wird zwar durch den Krediteröffnungsvertrag mitbestimmt, allerdings können sie ein ei-
genes rechtliches Schicksal haben.198 Wird dieser Auffassung für das Anfechtungsrecht gefolgt,
so hätte die ausschließliche Anfechtung des Krediteröffnungsvertrags, also beim Cash-Pooling
der Rahmenvereinbarung, mE keinerlei Auswirkungen auf die Zahlungsflüsse. Nicht die Rah-
menvereinbarung mit dem Krediteröffnungsvertrag sei nämlich das Verpflichtungsgeschäft,
mit dem ebenso die dazugehörigen Verfügungen rückzustellen sind. Vielmehr wird die Ver-
pflichtung zur Rückzahlung der einzelnen Kredite erst durch das Abrufen der Kreditvaluta
selbst begründet. Jede einzelne Kreditausnützung würde dieser Auffassung nach ein Verpflich-
tungsgeschäft begründen, weil nicht bloß wie beim Verfügungsgeschäft auf ein bestehendes
Recht durch Übertragung, Aufhebung oder Beschränkung unmittelbar eingewirkt, sondern die-
ses erst durch die (Wieder)Ausnutzung geschaffen wird.199 Diese Ansicht fand jedoch für das
Anfechtungsrecht weder in der Rsp200 noch in der L201 Anklang. Eine solche Zergliederung
steht nämlich der in der Insolvenzanfechtung gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise
entgegen. Darüber hinaus ist die Auffassung, dass jede einzelne Kreditausnutzung ein eigen-
ständiges Kredit- und somit ein Verpflichtungsgeschäft sei, in Anbetracht der von der Rsp202
vorgenommenen Begrenzung des Anfechtungsrahmens dogmatisch nicht haltbar.203 Anderes
gilt für die Überziehung des Kreditrahmens beim revolvierenden Kontokorrentkredit;204 darauf

195
Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht IV2 Rz 1/147 mwN; Liebel/Perner in Schwimann/Kodek,
Praxiskommentar VI5 § 988 ABGB Rz 5; Widhalm, Kontokorrentkredit 2, 60 f; RIS-Justiz RS0019429.
196
Bollenberger in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht IV2 Rz 1/147.
197
Schummer, ÖBA 2002, 173 (178).
198
RIS-Justiz RS0019429.
199
Vgl zur Definition von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27
IO Rz 66; Rummel in Rummel/Lukas, Kommentar4 § 859 ABGB Rz 21; zum Verfügungsgeschäft Welser/Kletečka,
Bürgerliches Recht I15 Rz 385.
200
OGH 4 Ob 306/98y; RIS-Justiz RS0112125.
201
Ablehnend Schummer, ÖBA 2002, 173 (178); in diesem Sinne beispielsweise auch Rebernig in Konecny, In-
solvenzgesetze § 27 IO Rz 119 ff.
202
RIS-Justiz RS0111459; RS0111461.
203
Schummer, ÖBA 2002, 173 (178).
204
RIS-Justiz RS0112125, zuletzt OGH 3 Ob 204/17x.

25
kann im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht mehr eingegangen werden. Da die einzelnen
Kreditgewährungen und -rückzahlungen beim Kontokorrentkredit und sohin beim Cash-Poo-
ling keine Schuldverhältnisse begründen, sondern lediglich auf bestehende Rechte einwirken,
sind sie als Verfügungsgeschäfte einzuordnen.205 Die gesonderte Anfechtbarkeit der Verfü-
gungsgeschäfte ermöglicht dem Insolvenzverwalter, die einzelnen Kontoein- und -ausgänge
beim Cash-Pooling anzufechten, wenn die Rahmenvereinbarung mit dem darin enthaltenen
Krediteröffnungsvertrag bereits einige Zeit vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossen wurde
und somit nicht mehr der Anfechtung nach der IO unterliegt.206

3.2.2.2 Vermögenswirksamkeit

Die Rechtshandlungen müssen das insolvenzunterworfene Vermögen des Schuldners betref-


fen;207 dh vermögensrechtliche Wirkungen auf die Masse zur Folge haben.208 Da es beim ef-
fektiven Cash-Pooling zu einer tatsächlichen Abfuhr finanzieller Mittel209 und infolgedessen
sogar zu einer Minderung des insolvenzunterworfenen Vermögens kommt, ist der Vermögens-
bezug bei diesem Cash-Pool-Modell mE jedenfalls zu bejahen. Das trifft mMn sowohl auf up-
stream-Leistungen (Sweeping) in der Insolvenz der Pool-Gesellschaften als auch auf down-
stream-Zahlungen (Topping) in der Insolvenz der Master-Company zu.210 Nach Krasno-
polski211 wäre nicht einmal eine Verkleinerung des Schuldnervermögens erforderlich, weil
Rechtshandlungen, die „das Vermögen des Schuldners betreffen“ nicht mit Rechtshandlungen,
die das Vermögen des Schuldners mindern, gleichzusetzen sind. Vielmehr ist jede Veränderung
an der Rechtslage des Vermögens zu berücksichtigen.

Beim Topping könnte in der Insolvenz der Master-Company mMn jedoch eingewandt werden,
dass die Verrechnung der Salden der Pool-Gesellschaften einer Zahlung mit fremden Mitteln
gleichkäme und die Zahlungsflüsse somit nicht das Vermögen der insolventen Master-Com-
pany beträfen.212 Die Master-Company würde demnach den Liquiditätsbedarf einer Pool-

205
Mit dem gleichen Ergebnis Billek, Cash Pooling 182.
206
Billek, Cash Pooling 182; zum dt Recht Rittscher, Cash-Management-Systeme 167.
207
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 13; Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 149.
208
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 13; Krasnopolski, Anfechtungsrecht 10.
209
Kapitel 2.2.3.
210
Vgl zu Sweeping und Topping Kapitel 2.2.1.
211
Krasnopolski, Anfechtungsrecht 10; aA Menzel, Anfechtungsrecht 63, der eine Vermögensminderung voraus-
setzt.
212
Zur Zahlung mit fremden Mitteln Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 15.

26
Gesellschaft mit jenen fremden Mitteln decken, welche die Pool-Gesellschaften auf den Mas-
ter-Account zum Liquiditätsausgleichs transferiert haben – ohne dass die liquiden Mitteln je-
mals dem Vermögen der Master-Company zugeordnet gewesen wären. Ob ein Anfechtungsge-
genstand der Insolvenzmasse zugehörig ist, bestimmt sich der Rsp213 zufolge va danach, ob der
Insolvenzschuldner Einfluss auf den Anfechtungsgegenstand nehmen, also darüber verfügen
konnte. So könnte vorgebracht werden, dass die Pool-Gesellschaften der Master-Company le-
diglich anweisen würden, deren Liquidität untereinander mittels Saldierung der positiven und
negativen Beträge der Unterkonten auf dem Master-Account auszugleichen.214 Da die Salden
bzw beim Netting zusätzlich die Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Pool-Ge-
sellschaften direkt verrechnet werden und die Master-Company demzufolge nie Einfluss auf
die Zahlungsflüsse gehabt hätte,215 wären die Mittel aus den Zahlungen mithin nie dem schuld-
nerischen Vermögen der Master-Company zugehörig gewesen; es läge kein Bezug zum Ver-
mögen der Insolvenzschuldnerin vor. Nach dieser Auffassung wären die Zahlungsflüsse als
Verfügungen über fremdes Vermögen nicht anfechtbar.216 Hierbei darf mE aber nicht verkannt
werden, dass beim Topping die Master-Company nicht nur über fremdes Vermögen verfügt,
indem sie die Salden der Unterkonten ausgleicht.217 Vielmehr ist sie wirtschaftliche und somit
idR auch zivilrechtliche Eigentümerin218 der durch das Cash-Pooling entstandenen Konzern-
forderungen und -verbindlichkeiten,219 um – ähnlich wie eine Bank – den Liquiditätsbedarf
einer bzw mehrerer Pool-Gesellschaft(en) mit dem Überschuss an finanziellen Mitteln anderer
Pool-Gesellschaften decken zu können.220 Für die Zuordnung der Zahlungsflüsse zum Vermö-
gen der Master-Company streitet mE außerdem Folgendes: Nur die Master-Company kann als
abwickelnde Finanzierungsgesellschaft über die Zahlungsflüsse disponieren und die Verrech-
nung der Salden bestimmen, weil nur ihr und ggf der Konzernmutter detaillierte Informationen
über die Liquiditätslage der Pool-Gesellschaften vorliegen; Pool-Gesellschaften demgegenüber

213
OGH 3 Ob 79/12g.
214
Angelehnt an das Bsp zur Zahlung mit fremden Mitteln in Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 15.
215
OGH 3 Ob 79/12g, wonach eine direkte Leistung an einen Dritten eine Einflussnahme vereitelt.
216
Zur Unanfechtbarkeit von Verfügungen über fremdes Vermögen Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO
Rz 15; OGH 3 Ob 188/12m.
217
Vgl dazu Kapitel 2.2.1.
218
Die Schlussfolgerung, dass der wirtschaftliche Eigentümer grds auch rechtlicher Eigentümer ist, wurde von der
Verfasserin in Anlehnung an folgende abgabenrechtliche Rsp gezogen: VwGH 2002/14/0009.
219
Klampfl, Cash Pooling 135.
220
B. Polster/Winder in B. Polster, Handbuch 152.

27
nicht.221 Dass ein Wirtschaftsgut jemand anderem zu einem späteren Zeitpunkt übertragen wird,
führt nicht zu einem Auseinanderfallen von wirtschaftlichem und zivilrechtlichem Eigentum.222
Überdies spricht nach der Rsp223 auch ein Rückzahlungsanspruch gegen den Insolvenzschuld-
ner für die Zugehörigkeit zum schuldnerischen Vermögen. Einen solchen können Pool-Gesell-
schaften gegen die Master-Company – spätestens beim Ausscheiden aus dem Cash-Pool-Sys-
tem – in der Höhe der von ihnen abgeführten Liquidität geltend machen. 224 Für eine solche
Rückerstattungsverpflichtung der Master-Company seien insb die je nach Saldo zu leistenden
Zinsen ins Treffen zu führen. Aus diesen Ausführungen ist zu schließen, dass im Falle der In-
solvenz der Master-Company die Vornahme von Topping eine Rechtshandlung darstellt, die
das schuldnerische Vermögen betrifft. Dennoch wäre mE eine Klarstellung über den Vermö-
gens-/Eigentumsübergang der liquiden Mittel von den Unterkonten der Pool-Gesellschaften auf
das Zielkonto der Master-Company im internen Cash-Pool-Vertrag angebracht, um Unsicher-
heiten bei der Insolvenzanfechtung zu vermeiden.

Schwierig zu beurteilen ist die Frage nach der Vermögenswirksamkeit bei fiktivem Cash-Poo-
ling mangels realer Vermögensverschiebungen. Hierbei könne mE die Auffassung vertreten
werden, dass ein Vermögensbezug nicht gegeben sei, weil rein fiktives Cash-Pooling lediglich
Zinseinsparungen225 zur Folge hätte, aber insgesamt keine nachteiligen Wirkungen auf das Ver-
mögen zeitigte.226 Dabei ist freilich zu beachten, dass Cash-Pooling zwar insgesamt betrachtet
Zinsvorteile mit sich bringt, aber die Pool-Gesellschaften sowie der Pool-Führer auch unterei-
nander die Bereitstellung der Liquidität verzinsen müssen. Ansonsten wäre eine Teilnahme am
Cash-Pooling aufgrund des Verbots der Einlagenrückgewähr unzulässig.227 Bei gesonderter Be-
trachtung der einzelnen Rechtshandlungen ist daher Vermögenswirksamkeit mE sehr wohl zu
bejahen. Überdies ist sowohl beim effektiven als auch beim fiktiven Cash-Pooling eine Vergü-
tung für dessen Abwicklung an die Master-Company zu leisten;228 für die Verrechnung realer
sowie virtueller Liquiditätsströme fallen sog Cash-Management-Gebühren an. Aus alldem ist

221
Vgl zu den Informationrechten und -pflichten in Kapitel 3.4.6.3.
222
VwGH 2002/14/0009.
223
OGH 3 Ob 79/12g.
224
Obradovic/Wietrzyk in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 12.34 f; Schluck-Amend/Schwarzer, NZI 2018, 753
(EAnm).
225
Billek, Cash Pooling 6.
226
Ähnliche Argumentation bei Reuter, NZI 2011, 921 (925 f), allerdings zur Nachteiligkeit.
227
Ausführlich dazu Billek, Cash Pooling 106 ff.
228
Billek, Cash Pooling 116.

28
mE zu schließen, dass auch für bloß virtuelle Zahlungsflüsse beim fiktiven Cash-Pooling Ver-
mögenswirksamkeit – wenn auch nur in mittelbarer Form über die zu leistenden Zinsen und die
Cash-Management-Gebühren – gegeben ist. Ob ein solcher mittelbarer Vermögensbezug be-
reits ausreichend ist, ist jedoch ungewiss.

3.2.2.3 Befriedigungstauglichkeit – Gläubigerbenachteiligung

Da das Anfechtungsrecht keinen Strafcharakter hat, sondern nur darauf abzielt, ungerechtfer-
tigte Beeinträchtigungen des Befriedigungsfonds zu beseitigen, sind die Befriedigungstauglich-
keit sowie die Gläubigerbenachteiligung weitere Voraussetzungen jeder Anfechtung.229 Die
Rsp230 und ehemals die überwiegende L231 setz(t)en die Befriedigungstauglichkeit mit der Gläu-
bigerbenachteiligung gleich. Nunmehr handelt es sich nach dem herrschenden Meinungsstand
in der Lit232 um unterschiedliche Anfechtungsvoraussetzungen, mögen sie sich dennoch „weit-
gehend überlagern“.233 Der Unterschied liegt va darin, dass die Befriedigungstauglichkeit sich
auf die Anfechtung selbst bzw dessen Ergebnis bezieht, wohingegen die Nachteiligkeit sich an
der konkret angefochtenen Rechtshandlung misst.234

Eine Anfechtung ist befriedigungstauglich, wenn durch sie die Befriedigungsaussichten der
Gläubiger verbessert werden, indem zumind eine teilweise Befriedigung herbeigeführt, erleich-
tert oder beschleunigt wird.235 Im Allgemeinen wird mit der Insolvenzanfechtung jener Zustand
der Masse wiederhergestellt, in dem sich die Masse ohne der angefochtenen Handlung be-
fände.236 Wird von der Anfechtbarkeit der masseschmälernden Zahlungsflüsse beim Cash-Poo-
ling ausgegangen, sind im Falle deren Anfechtung Rückzahlungen vom Anfechtungsgegner zu

229
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 150; Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 365.
230
RIS-Justiz RS0064354, zuletzt OGH 3 Ob 182/17m, 17 Ob 6/19k, 17 Ob 6/21p, 17 Ob 2/22a.
231
Karollus, ÖBA 1989, 34 (37); Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht I4 § 27 KO
Rz 43 (FN 94); Koziol, JBl 1982, 57 (57); Menzel, Anfechtungsrecht 62; Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenz-
recht 303.
232
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 27; Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 151; Ko-
dek, Insolvenzrecht2 Rz 365; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 81; abl hingegen König/Trenker,
Anfechtung6 Rz 5.3.
233
OGH 4 Ob 39/99k; 6 Ob 167/99y (jedoch jeweils zur AnfO); zust Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenz-
recht4 Rz 151; Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 365; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 81.
234
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 27; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 81, 151.
235
RIS-Justiz RS0050591.
236
RIS-Justiz RS0050372.

29
leisten. Diese sind idR geeignet, die Befriedigung der Gläubiger eines insolventen Cash-Pool-
Teilnehmers zu fördern; Befriedigungstauglichkeit ist sohin gegeben.

Obwohl die Nachteiligkeit lediglich in § 31 IO als Tatbestandsmerkmal genannt wird, ist sie
Voraussetzung sämtlicher Anfechtungstatbestände der IO.237 Unter Nachteiligkeit ist eine Ver-
schlechterung im Sinne einer Erschwerung, Gefährdung, Verzögerung, Verminderung oder
Vereitelung der Befriedigungsaussichten der Altgläubiger (zB Verkürzung der Aktivmasse,
Vergrößerung der Passivmasse) zu verstehen.238 Davon ist nicht nur eine unmittelbare Benach-
teiligung, bei der die Benachteiligung in der Rechtshandlung selbst liegt, sondern auch eine
mittelbare Benachteiligung erfasst.239 Eine solche liegt vor, wenn „rechtshandlungsfremde Fak-
toren“240 zu einer Verkleinerung des Befriedigungsfonds geführt haben. Bei der mittelbaren
Benachteiligung ist entscheidend, dass das angefochtene Rechtsgeschäft zwar äquivalent ist,
aber ein „danach eintretendes weiteres Ereignis“ zur Folge hat, dass die Gläubiger einen Nach-
teil erleiden.241 Sowohl bei der unmittelbaren als auch bei der mittelbaren Benachteiligung ist
erforderlich, dass die angefochtene Rechtshandlung kausal für die eingetretene Gläubigerbe-
nachteiligung ist.242

Von einem Teil der dt L243 wird Gläubigerbenachteiligung beim Cash-Pooling bejaht, weil die
Befriedigungsaussichten der Gläubiger ohne dem Abführen liquider Mittel besser stünden. Ritt-
scher244 führt für das dt Recht aus, dass nicht nur Kreditrückzahlungen, sondern auch Kredit-
gewährungen innerhalb eines Cash-Pool-Systems gläubigerbenachteiligend sein können.245 Bei
letzteren handle es sich um einen Fall der mittelbaren Gläubigerbenachteiligung, weil infolge
der Kreditgewährung der Befriedigungsfonds der Gläubiger verkleinert wird, wenn der Kredit

237
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 366; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 78.
238
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 150; Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 366; Rebernig in Konecny,
Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 78 mwN.
239
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 21 mwN; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 5.33.
240
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 5.33.
241
OGH 6 Ob110/00w.
242
Bollenberger in KLS, Kommentar § 27 IO Rz 21; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 5.34, 5.38; OGH 9 Ob
10/07x; 6 Ob 110/00w.
243
Heckschen in Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht3 Rz 1197; Rittscher, Cash-Management-Systeme 167;
abl Reuter, NZI 2011, 921 (925 f).
244
Rittscher, Cash-Management-Systeme 167.
245
Zustimmend zur Anfechtbarkeit von Kreditgewährungen und -rückzahlungen beim Cash-Pooling Holzborn in
Holzborn/Vietinghoff, Haftung Rz 286.

30
nicht vor Insolvenzeröffnung über den kreditgebenden Cash-Pool-Teilnehmer zurückgezahlt
wird.246 Unabhängig davon, ob die Master-Company an eine Pool-Gesellschaft einen Kredit
gewährt und vor Kreditrückzahlung insolvent wird oder umgekehrt, ist in beiden Konstellatio-
nen die Kreditgewährung eine mittelbar gläubigerbenachteiligende Handlung.247 Diese Ansicht
steht mE im Einklang mit der österr Rechtslage, denn eine Kreditgewährung selbst ist nicht
unmittelbar nachteilig, sofern sie kein Hinausschieben der Insolvenzeröffnung zulasten der
Gläubiger („Weiterwursteln“248 trotz materieller Insolvenz) ermöglichte.249 Der Umstand, dass
(noch) keine Rückzahlung des Kredits erfolgte, ist als die nachteilige Folgewirkung einer an
sich äquivalenten Rechtshandlung, der Kreditgewährung, und somit als mittelbare Benachteili-
gung zu werten.250 Die nachteilige Wirkung der Kreditvergabe tritt umso mehr in jenen Kons-
tellationen in Erscheinung, in denen die Pool-Gesellschaft einen Kredit von der nunmehr insol-
venten Master-Company erhalten hat und über diese Pool-Gesellschaft ebenso die Insolvenz
eröffnet wird, weswegen sie den Kredit nicht mehr an die Master-Company zurückzahlen kann.
In diesem Fall muss sich der Insolvenzverwalter der Master-Company nicht nur mit einer Quote
begnügen; überdies ist seine Forderung, sofern die Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling unter das
EKEG fallen, nur nachrangig gem § 57a IO zu befriedigen.251 Auch der kausale Zusammenhang
zwischen Rechtshandlung und Nachteiligkeit ist gegeben, weil die Gläubigerbenachteiligung
auf die Auszahlungshandlung zurückzuführen ist252 – die Kreditgewährung ist eine Bedingung,
die nicht weggedacht werden kann, ohne dass die Gläubigerbenachteiligung eingetreten wäre
(condictio sine qua non).253

Allerdings ist bei der Prüfung der Gläubigerbenachteiligung – sei es nun hinsichtlich der Kre-
ditgewährungen oder -rückzahlungen beim Cash-Pooling – nach österr Recht stets zu beachten,
dass die Rechtshandlung nicht isoliert betrachtet werden kann. Vielmehr ist anhand des Ergeb-
nisses des korrespondierenden Leistungsaustauschs insgesamt zu beurteilen, ob die

246
Rittscher, Cash-Management-Systeme 167 (zur aufsteigenden Kreditvergabe), 190 (zur absteigenden Kredit-
vergabe).
247
Vgl dazu Kapitel 2.3.1.3, wonach sowohl die Master-Company als auch Pool-Gesellschaften Kreditnehmer und
-geber beim Cash-Pooling sein können.
248
OGH 6 Ob 110/00w; RIS-Justiz RS0006361.
249
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 366.
250
Vgl Rittscher, Cash-Management-Systeme 167.
251
Vgl zum dt Recht Rittscher, Cash-Management-Systeme 190.
252
Rittscher, Cash-Management-Systeme 167.
253
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 5.38; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 90 ff.

31
Rechtshandlung unmittelbar oder bloß mittelbar nachteilig ist.254 Wird die Benachteiligung bis
zum Schluss der Verhandlung erster Instanz beseitigt und der Befriedigungsfonds somit wie-
derhergestellt, liegt keine anfechtbare Rechtshandlung vor – dies judizierte der OGH255 erst-
mals iZm dem revolvierenden Kontokorrentkredit. Hierbei seien nach der Rsp die vollständigen
Kreditrückzahlungen, also die Abdeckung des Kredits, eines materiell insolventen Kreditneh-
mers Voraussetzung für eine neuerliche Kreditgewährung an ihn. Diese „saniere“ die vorange-
gangene Schmälerung des Befriedigungsfonds durch die Kreditrückführung.256 Reuter257 ver-
tritt deswegen den Standpunkt für das dt Recht, dass Zahlungsflüsse im Rahmen eines Konto-
korrentkredits keine Nachteiligkeit für den Haftungsfonds einer am Cash-Pooling teilnehmen-
den Gesellschaft mit sich brächten. Wird der Kontokorrentkredit durch Rückzahlungen aufge-
stockt und neuerlich wiederausgenutzt, erlitten die Gläubiger keinen Nachteil, sondern profi-
tierten nur von den Zinsvorteilen beim Cash-Pooling. Dies erkannte auch der OGH und judiziert
in stRsp,258 dass Auszahlungen, die über Einzahlungen „finanziert“ werden, keine neuen Kre-
ditgewährungen sind. Insoweit Auszahlungen nur nach Maßgabe der Eingänge durchgeführt
werden, wird dem Kreditnehmer aus wirtschaftlicher Sicht lediglich sein eigenes Geld wieder
zur Verfügung gestellt. Der OGH entschied sich aber – im Gegensatz zu Reuter – nicht für eine
gänzliche Unanfechtbarkeit aufgrund vermeintlich fehlender Gläubigerbenachteiligung. Viel-
mehr begrenzte er den Anfechtungsumfang, denn nur soweit sich die Quote verschlechtert,
ergibt sich eine Gläubigerbenachteiligung.259 Beim ungesicherten Kontokorrentkredit ohne
Überziehung des Kreditrahmens kann demzufolge nur die Saldosenkung (Debetminderung),
die Differenz zwischen dem Höchststand des Kredits innerhalb der kritischen Frist und dem
niedrigeren Stand im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, angefochten werden.260

254
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 86; so auch OGH 6 Ob 110/00w.
255
OGH 3 Ob 68/02z, welcher der Ansicht von Rebernig, Konkursanfechtung Rz 129 folgt.
256
Ausführlich dazu in der L Bollenberger, ÖBA 2000, 15 (23); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 5.48, krit in
Rz 10.3/2; Rebernig, ZIK 2000, 74 (79) mwN auf das deutsche Recht in FN 73, zum Teil krit in Rz 77 f; Rebernig
in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO Rz 119 ff.
257
Reuter, NZI 2011, 921 (925 f); abl Heckschen in Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht3 Rz 1197, der für
eine Außerbetrachtlassung der insgesamten Vorteilhaftigkeit (zinsschonende Wirkung) von Cash-Pooling plädiert,
weil die Gläubigerbenachteiligung an der konkreten Rechtshandlung zu bewerten sei.
258
RIS-Justiz RS0111990 (zwar nicht zu Cash-Pooling, aber bezogen auf den Betriebsmittelkredit, bei dem die
wechselseitigen Leistungen üblicherweise ebenso in Kontokorrentform geführt werden).
259
OGH 3 Ob 68/02z.
260
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 409; RIS-Justiz RS0112125 (T1); RIS-Justiz RS0117945, zuletzt OGH 3 Ob
204/17x; abw RIS-Justiz RS0111990, wonach der Anfechtungsumfang auf den vereinbarten Kreditrahmen zu

32
Nachdem in den obigen Ausführungen festgestellt worden ist, dass die tatsächlichen Kreditge-
währungen und -rückführungen unter Zugrundelegung einer gesamtheitlichen Betrachtungs-
weise in der Tat gläubigerbenachteiligend sind, stellt sich nun die Frage nach der Nachteiligkeit
beim fiktiven Cash-Pooling mit bloß virtuellen Liquiditätsübertragungen. Wie bereits in den
vorigen Kapiteln 3.2.2.1 und 3.2.2.2 erläutert, hat auch der rein fiktive Transfer von liquiden
Mitteln (mittelbar) vermögensrechtliche, masseschmälernde Wirkungen (Zinszahlungen, Ab-
gabe von Cash-Management-Gebühren), womit mE Gläubigerbenachteiligung – wenn auch nur
in mittelbarer Form – gegeben ist. An der Kausalität wird es ebenso nicht mangeln, weil der
fiktive Liquiditätstransfer condicio sine qua non für die Zahlung der Zinsen und der Cash-Ma-
nagement-Gebühren ist – ohne die Vornahme fiktiver Zahlungsflüsse würden auch die Zins-
zahlungen und die Gebühren für deren Verrechnung entfallen.

3.2.3 Auserwählte besondere Anfechtungsvoraussetzungen

3.2.3.1 Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

3.2.3.1.1 Allgemeines

Liegt Zahlungsunfähigkeit (§ 66 IO) oder Überschuldung (§ 67 IO) vor, ist der Schuldner ma-
teriell insolvent und somit zur Stellung eines Insolvenzantrags gem § 69 Abs 2 IO verpflich-
tet.261 Der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung kommt aber über ihre Eigenschaft als In-
solvenzgrund und Relevanz für die (zivilrechtliche) Insolvenzverschleppungshaftung hinaus
Bedeutung zu.262 Indem es sich bei der Zahlungsunfähigkeit sowie der Überschuldung um ob-
jektive Tatbestandsmerkmale der Anfechtung nach §§ 30, 31 IO handelt, sind die Insolvenz-
gründe auch von anfechtungsrechtlicher Relevanz.263 Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit be-
stimmt sich im Anfechtungsrecht nämlich ebenso nach § 66 IO.264 Obwohl §§ 30, 31 IO ledig-
lich von der Zahlungsunfähigkeit sprechen, ist ihr die Überschuldung gem § 67 Abs 2 IO

begrenzen ist; ausf zum umstrittenen Anfechtungsumfang König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.102 ff, 11.105 ff;
Koziol, ÖBA 2022, 331 (333 ff).
261
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 206, 208.
262
Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 66 KO Rz 3; Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenz-
recht4 Rz 75.
263
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 4, 7.
264
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 5.

33
gleichgestellt.265 Das gilt nach hA auch für das Anfechtungsrecht, wenn die Überschuldung
Insolvenzgrund ist.266

Im Folgenden wird zuerst die Zahlungsunfähigkeit und sodann die Überschuldung einer Pool-
Gesellschaft unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten innerhalb eines Cash-Pool-
Systems analysiert. Dabei wird insb darauf eingegangen, welche Forderungen und Vermögens-
werte bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung miteinzubeziehen sind, um
die rechtzeitige und richtige Feststellung der materiellen Insolvenz einer Pool-Gesellschaft zu
erleichtern. Die Bestimmung des genauen Zeitpunkts, ab wann Zahlungsunfähigkeit bzw Über-
schuldung eingetreten ist, ist für die Insolvenzanfechtung insofern von Bedeutung, als von die-
sem Zeitpunkt an (bzw bei § 30 IO schon während des Verdachtsstadiums) Rechtshandlungen
nach §§ 30, 31 IO angefochten werden können.267 Nicht erörtert werden demgegenüber die Be-
sonderheiten von Cash-Pooling iZm der drohenden Zahlungsunfähigkeit, weil sie kein Tatbe-
standsmerkmal eines Anfechtungstatbestands ist.268 Ebenso wenig wird wegen des beschränk-
ten Umfangs der Arbeit die Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Master-Company er-
läutert, wobei die Feststellung der materiellen Insolvenz der Pool-Gesellschaften mE – auf-
grund der ihnen von der Master-Company zugesicherten Liquiditätsausstattung und der damit
verbundenen Fragestellungen – ohnehin die rechtlich problematischere ist.

Die Frage nach der Berücksichtigung fiktiver Cash-Pool-Mittel bei der Überprüfung der Zah-
lungsunfähigkeit bzw der Überschuldung kann sich mE freilich nicht stellen. Lediglich virtuelle
Zahlungsflüsse können nicht als „Zahlungsmittel“ betrachtet bzw als Aktiva angesetzt werden.

3.2.3.1.2 Zahlungsunfähigkeit einer Pool-Gesellschaft

Mangels gesetzlicher Definition wurde in stRsp269 judiziert, dass Zahlungsunfähigkeit immer


dann vorliegt, „wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, (alle)
seine fälligen Schulden zu bezahlen, und sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich
auch nicht alsbald verschaffen kann.“270 In einem „gesunden“ System mit effektivem Cash-
Pooling stellt sich die Frage, ob eine solche Zahlungsunfähigkeit bei den Pool-Gesellschaften

265
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 7.
266
Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 4 mwN.
267
Vgl dazu den Wortlaut der §§ 30, 31 IO sowie Gamerith, RdW 1985, 364 (375).
268
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.6.
269
RIS-Justiz RS0052198; RIS-Justiz RS0064528.
270
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 61.

34
überhaupt eintreten kann, zumal sie ohnehin stets liquide Mittel von der Master-Company er-
hält, sofern Bedarf besteht.271 Nach dieser Auffassung würden die Pool-Gesellschaften in einem
funktionierenden Cash-Pool-System immer über „Zahlungsmittel“ verfügen, wodurch der Ein-
tritt der Zahlungsunfähigkeit faktisch ausgeschlossen scheint.272 Diese Ansicht ist allerdings zu
kurz gegriffen. Einerseits lässt sie wirtschaftliche Verhältnisse außer Betracht;273 andererseits
bedarf es einer rechtlichen Untersuchung, ob die (Rück-)Zahlungsansprüche auf Liquiditätsge-
währung aus dem Cash-Pool als „Zahlungsmittel“ zu berücksichtigen sind.274

Gegen das Vorliegen einer faktisch immer gegebenen Zahlungsfähigkeit einer Pool-Gesell-
schaft spricht, dass die Ausschöpfung der gegenseitig eingeräumten Kreditlinie275 zu einem
Zahlungsstopp der Master-Company führen kann. Überdies können auch wirtschaftliche
Gründe, wie zB die Veräußerung einer Pool-Gesellschaft infolge von unwirtschaftlicher Unter-
nehmensführung, die Beendigung der Liquiditätsausstattung bewirken.276 Die faktische Zah-
lungsunfähigkeit einer Pool-Gesellschaft ist folglich wirtschaftlich möglich.277

Aus rechtlicher Sicht wird für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit einer Pool-Gesellschaft
ausschlaggebend sein, ob es sich bei den Zahlungsansprüchen auf liquide Mittel aus dem Cash-
Pool um „bereite“ bzw um solche Zahlungsmittel handelt, die sich „alsbald verschaffen“ las-
sen.278 Diese Frage wurde weder von der österreichischen279 noch von der dt Rsp280 beantwor-
tet.

Unter bereite Zahlungsmittel fallen neben Bargeld und Buchgeld va auch offene Kreditlinien.281
Da die Master-Company wie eine Art Bank im Cash-Pool-System fungiert, können die von ihr
auszuzahlenden Liquiditätszuschüsse wie eine offene Kreditlinie einer Bank behandelt

271
Vgl Kapitel 2.1 sowie 2.2.1.
272
Ausführlich diesbezüglich zum dt Recht Taras, Cash-Pooling 39 ff.
273
Taras, Cash-Pooling 47.
274
Taras, Cash-Pooling 40 ff.
275
Vgl Kapitel 2.3.1.2.
276
Taras, Cash-Pooling 47.
277
Taras, Cash-Pooling 48.
278
Taras, Cash-Pooling 41 ff.
279
Zu dieser Schlussfolgerung kam die Verfasserin nach umfassender Recherche.
280
Saenger/R. Koch, GmbHR 2010, 113 (115).
281
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 § 66 KO Rz 9.

35
werden.282 Dagegen wird von einem Teil der (dt) L283 vorgebracht, dass der Konzern nicht die-
selbe finanzielle Sicherheit wie ein Kreditinstitut bieten könne, weswegen die Mittel aus dem
Cash-Pool nicht als vorhandene Zahlungsmittel angesehen werden dürfen. Die Liquiditätszu-
schüsse der Master-Company dürften somit lediglich als Forderungen bei der Prüfung der Zah-
lungsunfähigkeit unter bestimmten Umständen berücksichtigt werden.284 Allerdings ist nach
österr Recht auch leicht verwertbares Vermögen, bspw fällige und einbringliche Forderungen,
als bereites Zahlungsmittel zu berücksichtigen, wenn es sich jederzeit in verfügbares Geld um-
wandeln lässt.285 Dementsprechend geht das KFS/BW 7 Gutachten des Fachsenats für Betriebs-
wirtschaft der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zur Zahlungsunfähigkeit davon
aus, dass aus dem Cash-Pooling resultierende Forderungen als bereite Zahlungsmittel zu werten
sind, wenn der (zukünftige) Insolvenzschuldner darüber so verfügen kann wie über das eigene
Bankguthaben oder offene Kreditlinien.286 Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, können Zah-
lungsansprüche gegen die Master-Company die insolvenzgefährdete Pool-Gesellschaft den-
noch vor der Zahlungsunfähigkeit bewahren. Dafür ist erforderlich, dass die Forderungen gegen
die Master-Company konkrete Aussichten287 geben, dass die Illiquidität der Pool-Gesellschaft
„alsbald“ beseitigt werde. Die Zahlungsunfähigkeit iSd § 66 IO ist nämlich von der bloßen
Zahlungsstockung, einem vorübergehenden Mangel an Zahlungsmitteln, zu unterscheiden. Die
Zahlungsstockung stellt keinen Insolvenzgrund dar.288 Eine solche Zahlungsstockung wird von
der Rsp289 dann angenommen, wenn der Schuldner 95% oder mehr seiner fälligen Verbindlich-
keiten binnen drei Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit290 begleichen kann. Die 5%-Grenze
an Unterdeckung sowie die Drei-Monats-Frist dienen jedoch nur als Orientierungshilfe; es be-
darf stets einer Einzelfallbetrachtung.291 Demzufolge qualifiziert Schopper292 – im Einklang mit

282
Erne, GWR 2009, 387 (389).
283
Rittscher, Cash-Management-Systeme 63.
284
Göcke/Rittscher, DZWIR 2012, 355 (358) mwN; Taras, Cash-Pooling 44.
285
Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 66 KO Rz 9.
286
Fachsenat für Betriebswirtschaft der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Fachgutachten zur Zah-
lungsunfähigkeit (KFS/BW 7), Rz 50, abrufbar unter [https://www.ksw.or.at/PortalData/1/Resources/fachgutach-
ten/peschke-aenderungen270918/KFSBW7_23042019_RF2a.pdf] (Stand 1.1.2023).
287
Zeitler, ZIK 2013, 92 (95 f).
288
Schumacher in KLS, Kommentar § 66 IO Rz 18.
289
OGH 3 Ob 99/10w; RIS-Justiz RS0126560.
290
Eine noch längere als dreimonatige Frist erfordert eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, vgl dazu
OGH 3 Ob 99/10w.
291
Schumacher in KLS, Kommentar § 66 IO Rz 7, 21.
292
Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 16.54.

36
der hA der dt L293 – (Rück-)Zahlungsansprüche auf Liquiditätsgewährung durch die Master-
Company nur dann als bereite oder voraussichtliche Zahlungsmittel iSd § 66 IO, wenn die Mas-
ter-Company leistungswillig und -fähig ist und diese Ansprüche kurzfristig durchsetzbar sind.
Als „kurzfristig“ durchsetzbar gelten alle Forderungen, die innerhalb der grundsätzlichen Drei-
Monats-Frist eine Liquiditätsausstattung erwarten lassen.294

Im Allgemeinen sind die aus dem Cash-Pooling entstandenen Forderungen und Verbindlich-
keiten – ebenso wie alle anderen Forderungen und Verbindlichkeiten – in den Finanzplan zur
Feststellung der Zahlungsunfähigkeit einzubeziehen.295 Ist der von der Master-Company an die
Pool-Gesellschaft gewährte Kredit aber eigenkapitalersetzend, ist dieser außer Betracht zu las-
sen. Da die Master-Company den eigenkapitalersetzenden Kredit nicht bis zur Sanierung der
Pool-Gesellschaft gem § 14 EKEG rückfordern darf, ist der Kredit mangels Fälligkeit auch
nicht zu berücksichtigen.296

3.2.3.1.3 Überschuldung einer Pool-Gesellschaft

Neben der Zahlungsunfähigkeit ist bei juristischen Personen und Rechtsträgern ohne natürliche
Person mit unbeschränkter Haftung der Insolvenzgrund der Überschuldung (§ 67 IO) zu beach-
ten. Dieser tritt idR früher ein als die Zahlungsunfähigkeit, was zu einer Vorverlegung der In-
solvenzeröffnung führen soll.297 Dadurch werden va die bestmögliche Befriedigung und
Gleichbehandlung der Gläubiger gewährleistet und die Sanierungsmöglichkeiten des Unterneh-
mens gefördert.298 Da auch zur Überschuldung iSd § 67 IO eine Legaldefinition fehlt,299 setzt
die Rsp300 für dessen Vorliegen zum einen eine rechnerische Überschuldung und zum anderen
eine negative Fortbestehensprognose voraus.301 Rechnerische Überschuldung liegt vor, wenn

293
Mock in Uhlenbruck, InsO15 § 17 InsO Rz 64; Saenger/R. Koch, GmbHR 2010, 113 (116 f); Salm-Hoogstraeten
in Braun, Insolvenzordnung9 § 17 InsO Rz 31; Wolfer in Fridgen/Geiwitz/Göpfert, BeckOK Insolvenzrecht28 § 17
InsO Rz 16.
294
Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 16.54.
295
Fachsenat für Betriebswirtschaft der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Fachgutachten zur Zah-
lungsunfähigkeit (KFS/BW 7), Rz 50, abrufbar unter [https://www.ksw.or.at/PortalData/1/Resources/fachgutach-
ten/peschke-aenderungen270918/KFSBW7_23042019_RF2a.pdf] (Stand 1.1.2023).
296
Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 16.61.
297
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 220.
298
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 72.
299
Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 67 KO Rz 1.
300
RIS-Justiz RS0064962.
301
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 75.

37
die Aktiva alle fälligen und nicht fälligen Passiva übersteigen.302 Die Aktiva sind dabei mit
deren Liquidationswerten in den Überschuldungsstatus aufzunehmen.303 Zu den Aktiva zählen
iZm Cash-Pooling auch Ansprüche auf (Rück-)Zahlung liquider Mittel. Sind diese jedoch ei-
genkapitalersetzend, hat die Aktivierung zu unterbleiben.304 Grund dafür ist, dass Forderungen
als immaterielle Vermögenswerte nur aktiviert werden dürfen, wenn sie einbringlich sind. Die
Einbringlichkeit ist bei Forderungen, die der Rückzahlungssperre gem § 14 EKEG unterliegen,
allerdings zu verneinen.305 Auch wenn kein konsolidierter Überschuldungsstatus aufzustellen
ist,306 veranschaulicht bereits die Untersuchung der rechnerischen Überschuldung, dass – trotz
des strikten Trennungsgebots im Konzern307 – die Besonderheiten zwischen den verbundenen
Unternehmen zu berücksichtigen sind.308 Dies trifft umso mehr beim Cash-Pooling zu, was sich
auch bei der Erstellung der Fortbestehensprognose zeigt.309

Die Fortbestehensprognose soll rechnerisch überschuldeten, aber noch lebensfähigen Unter-


nehmensträgern ihr Weiterwirtschaften ermöglichen. Nur das kumulative Vorliegen von rech-
nerischer Überschuldung und negativer Fortbestehensprognose löst die Insolvenzantragspflicht
des § 67 IO aus.310 Eine negative Fortbestehensprognose erfordert einerseits die Wahrschein-
lichkeit einer künftigen Zahlungsunfähigkeit, die im laufenden oder im folgenden Geschäfts-
jahr einzutreten droht (Primär- bzw Zahlungsfähigkeitsprognose).311 Andererseits muss in ei-
nem zweiten Prüfschritt die Zahlungsfähigkeit des Unternehmensträgers über einen längeren
Zeitraum hinweg, in concreto dessen Überlebensfähigkeit, dargelegt werden (Sekundärprog-
nose).312 Bei der Primär- sowie der Sekundärprognose muss die Situation des Gesamtkonzerns
berücksichtigt werden. Hierbei können die einzelnen Gesellschaften innerhalb eines Cash-Pool-
Systems sowohl einen positiven als auch einen negativen Effekt auf die Fortbestehensprognose
eines Unternehmensträgers haben.313 In einem „gesunden“ Cash-Pool-System wird die

302
Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 67 KO Rz 1; RIS-Justiz RS0064962.
303
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 77.
304
Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 16.37.
305
Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 16.37; Schumacher in KLS, Kommentar § 67 IO Rz 38.
306
Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 67 KO Rz 6.
307
Vgl dazu Kapitel 2.3.3.
308
Dellinger in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 67 KO Rz 6.
309
Ausführlich dazu Eichenlaub/Küting, GmbHR 2014, 169.
310
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 78.
311
Schumacher in KLS, Kommentar § 67 IO Rz 7.
312
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 81; Schumacher in KLS, Kommentar § 67 IO Rz 15.
313
Vgl zur Fortbestehensprognose im Konzern im Allgemein Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 16.47.

38
Liquiditätsausstattung durch die Master-Company idR den Eintritt einer künftigen Zahlungs-
unfähigkeit abwenden, womit die Überlebenschancen der Pool-Gesellschaft gesteigert werden.
Bei der Erstellung der Fortbestehensprognose ist indes zu beachten, dass die Widerstandsfähig-
keit einer Pool-Gesellschaft gegen wirtschaftliche Risiken grds größer als bei Gesellschaften
ohne Cash-Pooling ist.314 Die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Cash-Pool-System kann den
Pool-Gesellschaften aber auch zum Nachteil gereichen.315 Besteht beispielsweise für eine Pool-
Gesellschaft eine negative Fortbestehensprognose, müssen die Ansprüche gegen die Konzern-
mutter berichtigt, und zwar mit Abschlägen versehen werden. Da eine negative Fortbestehens-
prognose einer Pool-Gesellschaft den Wert der Beteiligung der Mutter- an einer Pool-Gesell-
schaft, die zugleich ihre Tochter ist, senkt, werden dadurch auch die Forderungen der Pool-
Gesellschaft gegen die Konzernmutter in ihrer Werthaltigkeit beeinträchtigt.316 Des Weiteren
ist mE die von der Master-Company versprochene Liquiditätssicherung bei der Fortbestehens-
prognose zu berücksichtigen. Hierbei kann auf die Lit317 und Rsp318 zur Berücksichtigung von
Finanzierungen innerhalb eines Konzerns verwiesen werden, zumal es sich bei Cash-Pooling
um eine Form der Konzernfinanzierung handelt.319 Der OGH setzt bei Finanzierungen durch
Gesellschafter oder außenstehende Dritte idR eine rechtsverbindliche Zusage voraus; eine bloß
erhoffte Finanzierungszusage ist außer Betracht zu lassen.320 Eine rechtsverbindliche Zusage
ergibt sich mE bereits aus dem internen Cash-Pool-Vertrag. Allerdings kann auch ohne eine
rechtsverbindliche Zusage die Berücksichtigung einer Finanzierung gerechtfertigt sein, wenn
von vorangegangenen Finanzierungen auf zukünftige Unterstützung geschlossen werden
kann.321

Schließlich sind bei der Überschuldungsprüfung die Besonderheiten eines Konzernverhältnis-


ses und des Cash-Poolings zu beachten,322 wozu neben der Liquiditätsversorgung und den

314
Taras, Cash-Pooling 53.
315
Vgl dazu bereits Kapitel 2.3.3.
316
Rittscher, Cash-Management-Systeme 75.
317
Ausführlich dazu Karollus/Huemer, Fortbestehensprognose2 116, 121 f; Konezny, Insolvenz-Forum 2017, 189
(203 ff).
318
RIS-Justiz RS0095128.
319
Wimmer in Ruhm/Kerbl/Bernwieser, Konzern 863; vgl auch Kapitel 1.1.
320
Ausführlich dazu Kammer der Wirtschaftstreuhänder/WKÖ/KMU Forschung Austria, Leitfaden Fortbeste-
hensprognose, 26 f, abrufbar unter [https://news.wko.at/news/oesterreich/Fortbestehensprognose2016.pdf] (Stand
1.1.2023) sowie Konezny, Insolvenz-Forum 2017, 189 (204) mwN.
321
OGH 1 Ob 144/01k.
322
Eichenlaub/Küting, GmbHR 2014, 169 (176); Taras, Cash-Pooling 55.

39
Wertberichtigungen mE auch der beim Cash-Pooling verschärft auftretende Domino-Effekt und
das Klumpenrisiko mitzuberücksichtigen sind.323

3.2.3.2 Familia suspecta

3.2.3.2.1 Allgemeines

§ 32 IO definiert den Kreis der „nahen Angehörigen“ (familia suspecta), auf den sich ua die
Normen § 28 Z 3, § 29 Z 2, § 30 Abs 1 Z 2 und § 31 Abs 1 Z 1 IO des Anfechtungsrechts be-
ziehen. Fällt eine Person in den Kreis der nahen Angehörigen, gilt für sie iZm den Insolvenz-
tatbeständen eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Herkunft des Entgelts (§ 29 Z 2 IO) sowie
der Kenntnis bzw des „Kennenmüssens“ der Benachteiligungs- oder Begünstigungsabsicht
(§ 28 Z 3, § 30 Abs 1 Z 2 IO), der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung des Schuldners bzw
des Insolvenzantrags über sein Vermögen (§ 31 Abs 1 Z 1 IO) und ggf der objektiven Vorher-
sehbarkeit der Nachteiligkeit bei mittelbar nachteiligen Rechtsgeschäften (§ 31 Abs 1 Z 1
IO).324 Diese Verschiebung der Beweislast bewirkt allerdings für einen Angehörigen iSd § 32
IO eine Verschlechterung seiner prozessualen Stellung, die letztlich entscheidend sein kann.325
Dennoch erscheint die Beweislastumkehr gerechtfertigt, zumal nahen Angehörigen idR ein In-
formationsvorsprung zugutekommt.326 Dieser gründet sich auf der Annahme einer persönlichen
und wirtschaftlichen Verbundenheit mit dem Insolvenzschuldner.327 Für das Vorliegen eines
Angehörigenstatus ist jener Zeitpunkt relevant, in dem die anzufechtende Rechtshandlung vor-
genommen wird.328 Zu den nahen Angehörigen einer juristischen Person zählen gem § 32 Abs 2
IO die Mitglieder des Leitungs- oder Aufsichtsorgans (Z 1), die unbeschränkt haftenden Ge-
sellschafter (Z 2) sowie die Gesellschafter im Sinne des EKEG (Z 3). Ferner werden gem § 32
Abs 2 letzter S auch jene Personen erfasst, auf welche die Eigenschaften der Z 1–3 im letzten
Jahr vor Insolvenzeröffnung (richtigerweise: vor Vornahme der Rechtshandlung)329 zugetrof-
fen haben. Ebenso zu den nahen Angehörigen einer juristischen Person gehören ex lege alle in

323
So auch Vetter in Lutter/Bayer, Holding-Handbuch Rz 11.45, wonach der Domino-Effekt und das Klumpenri-
siko bereits bei der Bewertung des (Rück-)Zahlungsanspruchs berücksichtigt werden müssen; vgl zum Domino-
Effekt und Klumpenrisiko Kapitel 2.3.3.
324
Bollenberger in KLS, Kommentar § 32 IO Rz 1; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.65.
325
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.39.
326
RIS-Justiz RS0050755.
327
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.57; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 32 IO Rz 4.
328
Bollenberger in KLS, Kommentar § 32 IO Rz 2; OGH 2 Ob 662/86.
329
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.63; zust Bollenberger in KLS, Kommentar § 32 IO Rz 12; krit hingegen
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 32 IO Rz 19.

40
§ 32 Abs 1 IO aufgelisteten natürlichen Personen, bei denen ein Angehörigenverhältnis zu einer
in § 32 Abs 2 IO genannten Person besteht.330

In der Regel wird eine Angehörigeneigenschaft der Cash-Pool-Teilnehmer aufgrund von deren
Stellung als Gesellschafter iSd EKEG (§ 32 Abs 2 Z 3 IO) begründet werden. Im Vordergrund
dieser Abhandlung steht eine ergebnisorientierte Prüfung, ob und welche Cash-Pool-Teilneh-
mer als Gesellschafter iSd EKEG und folglich als Angehörige iSd § 32 IO zu qualifizieren sind.
Auf eine ausführliche Erörterung eigenkapitalersatzrechtlicher Fragen iZm Cash-Pooling wird
in der Diplomarbeit verzichtet, weil Cash-Pooling im Lichte des Eigenkapitalersatzrechts be-
reits Gegenstand umfassender Werke wurde;331 auf diese wird an geeigneter Stelle in den Fuß-
noten verwiesen. Vorerst muss geklärt werden, ob sich der Anwendungsbereich des EKEG
auch auf Cash-Pooling erstreckt. Unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung der Zah-
lungsflüsse beim Cash-Pooling332 kann dessen kreditierender Charakter, zumind beim effekti-
ven Cash-Pooling, nicht abgesprochen werden.333 Auch ist beim Cash-Pooling nicht von einem
Überbrückungskredit gem § 3 Abs 1 Z 1 EKEG (Geldkredit für nicht mehr als 60 Tage) auszu-
gehen, welcher der Anwendung des EKEG entgegensteht. Vielmehr handelt es sich um einen
Kettenkredit, der als materielles Eigenkapital in der Krise einer Gesellschaft zu betrachten ist.334
Die Anwendbarkeit des EKEG auf Sachverhalte mit tatsächlichen Zahlungsflüssen kann somit
bejaht werden.335 Auf das fiktive Cash-Pooling findet das EKEG hingegen mangels tatsächli-
cher Kreditgewährung keine Anwendung.336 Deshalb darf mE eine Angehörigeneigeneigen-
schaft der Mutter-, Betreiber- und Poolgesellschaft nur im Falle von § 32 Abs 2 Z 2 IO ange-
nommen werden; eine Gesellschafterstellung gem § 32 Abs 2 Z 3 IO scheidet dementgegen
aus.

Im Zusammenhang mit Cash-Pooling ist näher zu prüfen, welche Cash-Pool-Teilnehmer (Kon-


zernmutter, Master-Company, Pool-Gesellschaften) Teil der familia suspecta sind und wem
somit im Anfechtungsverfahren die Last obliegt, die gesetzliche Vermutung des § 29 Z 2 IO zu
widerlegen bzw sich von der Kenntnis / dem „Kennenmüssen“ der subjektiven

330
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.59.
331
Vgl dazu Billek, Cash Pooling 147 ff; Frotz in B. Polster, Handbuch 92 ff; Klampfl, Cash Pooling 119 ff.
332
Vgl Kapitel 2.3.1.3.
333
Klampfl, Cash Pooling 120.
334
Frotz in B. Polster, Handbuch 94 (FN 77); Klampfl, Cash Pooling 154 mwN.
335
Ausführlich dazu Frotz in B. Polster, Handbuch 95; Klampfl, Cash Pooling 120, 154.
336
Frotz in B. Polster, Handbuch 95, wonach sich das EKEG „naturgemäß“ nur beim effektiven Cash-Pooling
auswirke.

41
Tatbestandsmerkmale der § 28 Z 3, § 30 Abs 1 Z 2 und § 31 Abs 1 Z 1 IO frei zu beweisen. In
den folgenden Ausführungen wird zur vereinfachten Darstellung von einem einzigen Pool-
Kreis, dh von einem Cash-Pool-System ohne vorgeschaltete Liquiditätsausgleiche,337 ausge-
gangen.

3.2.3.2.2 Konzernmutter

Als unbeschränkt haftende Gesellschafterin gem § 32 Abs 2 Z 2 IO wird mE nur die Konzern-
mutter in Betracht kommen – dies lediglich dann, wenn die Pool-Gesellschaft, ihre Tochter, in
der Form einer OG oder einer KG geführt wird.338 Dass auch Personengesellschaften herr-
schende oder beherrschte Unternehmen sein können, hat sich mittlerweile zur hA339 entwickelt.
Pool-Gesellschaften hingegen werden in der Insolvenz der Muttergesellschaft nicht als ihre na-
hen Angehörigen behandelt; das Verhältnis kann aufgrund des klaren Wortlauts des § 32 Abs 2
Z 2 IO nicht umgekehrt werden.340

Neben § 32 Abs 2 Z 2 IO kann eine Angehörigeneigenschaft der Konzernmutter auch aufgrund


von § 32 Abs 2 Z 3 IO (Gesellschafter iSd EKEG) begründet werden. Da die Konzernmutter
an den Pool-Gesellschaften unmittelbar oder zumind mittelbar beteiligt ist,341 wird sie idR als
Gesellschafterin gem § 5 EKEG oder § 8 EKEG zu qualifizieren sein.342 Gesellschafter gem
§ 5 EKEG ist, wer an einer Gesellschaft kontrollierend (Abs 1 Z 1, Abs 2) oder mit einem An-
teil von zumind 25% (Abs 1 Z 2) beteiligt ist bzw diese tatsächlich beherrscht (Abs 1 Z 3).343
Nach neuer Rechtslage gelten aber nicht nur die von § 5 EKEG erfassten Gesellschafter als
nahe Angehörige iSd § 32 IO. Mit Einführung des Art 2 Z 2 RIRUG wurde für Insolvenzver-
fahren, die nach dem 16.7.2021 eröffnet oder wiederaufgenommen worden sind,344 der Anwen-
dungsbereich des § 32 IO auf alle Gesellschafter iSd EKEG erstreckt.345 Ist die Muttergesell-
schaft nicht unmittelbar wie in § 5 EKEG, sondern nur mittelbar iSd § 8 EKEG an einer Pool-
Gesellschaft beteiligt, ist sie nunmehr ebenso – trotz bloß mittelbarer Beteiligung – nahe

337
Vgl dazu Kapitel 2.2.2.
338
Im Allgemeinen dazu Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 32 IO Rz 22.
339
Torggler in Haberer/Krejci, Konzernrecht Rz 2.1 mwN.
340
Bollenberger in KLS, Kommentar § 32 IO Rz 11; Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insol-
venzrecht I4 § 32 KO Rz 20; OGH 3 Ob 573/86.
341
Klampfl, Cash Pooling 196.
342
Billek, Cash Pooling 161 f; ausf dazu Klampfl, Cash Pooling 197 ff (zu § 5 EKEG), 206 ff (zu § 8 EKEG).
343
Schopper/Vogt in KLS, Kommentar § 5 EKEG Rz 2.
344
Art 2 Z 2 iVm Z 33 RIRUG.
345
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 32 IO Rz 25.

42
Angehörige iSd § 32 IO.346 Dafür ist erforderlich, dass die Konzernmutter einer Pool-Gesell-
schaft einen Kredit gewährt (down-stream-loan) und an dieser eine mittelbar kontrollierende
Beteiligung (Z 1), eine mittelbare Kapitalbeteiligung von 33% (Z 2) oder an einer Gesellschaft,
die ihrerseits mit zumind 25% iSd § 5 Abs 1 EKEG an der Kredit nehmenden Gesellschaft
beteiligt ist, eine unmittelbar oder mittelbar kontrollierende Beteiligung (Z 3) hält.347

3.2.3.2.3 Master-Company

Beim (effektiven) Cash-Pooling wickelt aber idR eine eigens eingerichtete Betreibergesell-
schaft, die Master-Company, die Zahlungsflüsse zum konzerninternen Liquiditätsausgleich
ab.348 In einer solchen Konstellation kann die Konzernmutter mE Gesellschafterin gem § 5
EKEG, nicht aber iSd § 8 EKEG sein. Dafür müsste die Kreditvergabe durch die Muttergesell-
schaft selbst erfolgen und nicht durch die Master-Company. Da die Master-Company an den
Pool-Gesellschaften nicht beteiligt ist,349 kann sie weder von § 5 EKEG noch von § 8 EKEG
als Gesellschafterin erfasst werden. Abhilfe verschafft § 9 EKEG.350 Dabei handelt es sich um
eine Sonderregelung für Konzerne, wonach auch Kreditgewährungen zwischen Schwesterge-
sellschaften iwS auf Weisung einer gemeinsamen Muttergesellschaft dem Eigenkapitalersatz-
recht unterliegen sollen.351 § 9 Abs 1 EKEG setzt voraus, dass das weisungserteilende Kon-
zernmitglied (idR Muttergesellschaft) zum einen an der kreditgewährenden Konzerngesell-
schaft unmittelbar oder mittelbar kontrollierend beteiligt sein muss (Abs 1 Z 1) und zum ande-
ren Gesellschafterin iSd EKEG der kreditnehmenden Gesellschaft ist (Abs 1 Z 2).352 § 9 EKEG
findet somit Anwendung auf Cash-Pool-Systeme, in denen die Liquiditätssteuerung nicht von
der Konzernmutter, sondern von der Master-Company übernommen wird. Zwischen der Mas-
ter-Company und den Pool-Gesellschaften kommt es zu horizontalen Zahlungsflüssen, wobei
jeweils beide als kreditgebende sowie kreditnehmende Gesellschaften auftreten können.353 Der

346
Zur Erweiterung des Anwendungsbereichs des EKEG auf bloß mittelbare Beteiligungen durch § 8 EKEG
Schopper/Vogt in KLS, Kommentar § 8 EKEG Rz 1, 3.
347
Schopper/Vogt in KLS, Kommentar § 8 EKEG Rz 1, 3, 7, 9.
348
Vgl Kapitel 2.2.2.
349
Klampfl, Cash Pooling 218; vgl dazu auch Kapitel 2.2.2.
350
Ausführlich zu § 9 EKEG iZm Cash-Pooling Billek, Cash Pooling 163 f; Klampfl, Cash Pooling 217 ff.
351
Schopper/Vogt in KLS, Kommentar § 9 EKEG Rz 1, 4.
352
Schopper/Vogt in KLS, Kommentar § 9 EKEG Rz 4.
353
Billek, Cash Pooling 163 f; Klampfl, Cash Pooling 217 f.

43
Begriff der Weisung ist nach hA354 weit auszulegen. Die Weisung wird beim Cash-Pooling
demzufolge aus der Rahmenvereinbarung, dem internen Cash-Pool-Vertrag, abgeleitet.355

3.2.3.2.4 Pool-Gesellschaften

Ob auch Pool-Gesellschaften Gesellschafter iSd EKEG sind, wurde – nach bestmöglich ermit-
teltem Kenntnisstand – von der österr L bisher noch nicht erörtert. Meiner Meinung nach wird
im zweistufigen Konzern Pool-Gesellschaften grds keine Gesellschafterstellung nach § 5
EKEG zukommen, weil sie bereits die letzte Konzernebene darstellen. Dagegen können in ei-
nem Konzern mit mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen Pool-Gesellschaften sehr wohl un-
mittelbar an anderen, ihnen untergeordneten Pool-Gesellschaften beteiligt sein bzw faktisch
beherrschen. In solchen Konstellationen können folglich auch Pool-Gesellschaften als Gesell-
schafter iSd § 5 EKEG in Frage kommen. Eine Gesellschafterstellung nach § 8 EKEG kann
beim Cash-Pooling mit nur einem einzigen Pool-Kreis und der Konzernmutter als abwickelnde
Gesellschaft jedoch nicht begründet werden, weil aufsteigende Kredite nicht von § 8 EKEG
erfasst sind.356 Allerdings können in Cash-Pool-Systemen, in denen eine Master-Company mit
der Durchführung von Cash-Pooling beauftragt ist, die Pool-Gesellschaften mE als Gesellschaf-
ter iSd § 9 EKEG infrage kommen, wenn sie als Kreditgeber auftreten. Zwar sind die Pool-
Gesellschaften nicht an der Master-Company als Finanzierungs- und Schwestergesellschaft der
Pool-Gesellschaften beteiligt, gewähren aber dennoch auf Weisung der gemeinsamen Konzern-
mutter (interner Cash-Pool-Vertrag) Kredite an die Master-Company. Da die Konzernmutter
an den Pool-Gesellschaften idR unmittelbar bzw mittelbar kontrollierend beteiligt ist (§ 9 Abs 1
Z 1 EKEG) und auch Gesellschafterin des Kreditnehmers, der Master-Company, ist (§ 9 Abs 1
Z 2 EKEG), sind die Voraussetzungen des § 9 EKEG auch bei Kreditvergaben von den Pool-
Gesellschaften an die Master-Company erfüllt. Zusammengefasst erlangen Pool-Gesellschaften
eine Angehörigeneigenschaft iSd § 32 IO grds dann, wenn sie Gesellschafter gem § 5 EKEG
in einem mehrstufigen Konzern sind oder innerhalb eines Cash-Pool-Systems mit Abwicklung
durch die Master-Company einen Kredit an diese unter den Voraussetzungen des § 9 EKEG
gewähren.

354
Karollus in Buchegger, Insolvenzrecht § 9 EKEG Rz 18 mwN; Schopper/Vogt in KLS, Kommentar § 9 EKEG
Rz 11.
355
Frotz in B. Polster, Handbuch 95; Klampfl, Cash Pooling 228; abl hingegen Billek, Cash Pooling 165.
356
Billek, Cash Pooling 166; Karollus, ÖBA, 105 (111); Schopper/Vogt in KLS, Kommentar § 8 EKEG Rz 1.

44
3.2.3.3 Kenntnis und Kennenmüssen

§§ 28 Z 1–3, 30 Z 2, 3 sowie § 31 IO beinhalten den subjektiven Tatbestand der „Kenntnis“


bzw des „Kennenmüssens“ des Anfechtungsgegners von einer Absicht des Schuldners (§§ 28
Z 1–3, 30 Z 2, 3 IO) bzw dessen Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung oder des Insolvenzan-
trags über sein Vermögen (§ 31 IO).357 Positive Kenntnis kann in solchen Fällen bejaht werden,
in denen ein Indizienbeweis erbracht werden kann. Waren dem Anfechtungsgegner genügend
verdächtige Tatsachen bekannt, die zwingend auf eine Benachteiligungs- /Begünstigungsab-
sicht bzw eine Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung oder einen Insolvenzantrag schließen las-
sen, ist von der Kenntnis des Anfechtungsgegners auszugehen.358 Von der Kenntnis zu unter-
scheiden ist das Kennenmüssen, die schuldhafte Unkenntnis.359 Wohingegen die Kenntnis eine
Tatsachenfrage darstellt, handelt es sich beim Kennenmüssen um eine Rechtsfrage.360 Für deren
Beurteilung ist bei allen oben angeführten Anfechtungstatbestanden maßgeblich, ob die gehö-
rige Sorgfalt außer Acht gelassen wurde. Dabei genügt bereits das Vorliegen leichter Fahrläs-
sigkeit.361 Diese kann dann angenommen werden, wenn bekannte Tatsachen unrichtig gedeutet
wurden oder Tatsachen nicht bekannt waren, obwohl sie bekannt sein mussten.362 Bestehen
konkrete Umstände, die eine Nachforschungspflicht begründen, der aber nicht nachgekommen
wird, kann dem Anfechtungsgegner fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden.363 Ob fahr-
lässige Unkenntnis vorliegt und wie weit die Nachforschungspflicht reicht, hängt freilich vom
Einzelfall ab.364

Im Hinblick auf das Cash-Pooling ist näher zu erörtern, ob stets von der positiven Kenntnis bzw
des Kennenmüssens eines Cash-Pool-Teilnehmers im Anfechtungsverfahren ausgegangen

357
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 20 f.
358
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.40; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 24, § 30 IO Rz 181,
§ 31 IO Rz 51; RIS-Justiz RS0086362.
359
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 21; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.52; Rebernig in Konecny,
Insolvenzgesetze § 31 IO Rz 9, 50.
360
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 21 mwN; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 181.
361
Bollenberger in KLS, Kommentar § 28 IO Rz 14, § 31 IO Rz 21; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.54; Reber-
nig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 181, § 31 IO Rz 53; OGH 7Ob 2/99s.
362
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 25.
363
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.54, 10.148, 11.27 ff; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 25,
§ 31 IO Rz 58 ff; OGH 3 Ob 92/17a.
364
Zur fahrlässigen Unkenntnis Bollenberger in KLS, Kommentar § 28 IO Rz 14; Rebernig in Konecny, Insol-
venzgesetze § 31 IO Rz 56; RIS-Justiz RS0101976; zur Reichweite der Nachforschungspflicht König/Trenker,
Anfechtung6 Rz 7.54; RIS-Justiz RS0101976 (T2).

45
werden darf. Innerhalb eines Cash-Pool-Systems gelten nämlich strenge Informationspflichten
und weitreichende Informationsrechte zwischen den Beteiligten.365 Der Informationsaustausch
über Liquidität, Bonität, Vermögens- und Ertragslage sowie Risikovorsorge ist wegen der er-
höhten Insolvenzrisiken366 und mangels externer Kontrolle in einem Cash-Pool-System uner-
lässlich.367 Bei welchen Beteiligten eines Cash-Pool-Systems Informationsrechte und -pflichten
bestehen und ob diese Tatsachen darstellen, die auf positive Kenntnis schließen lassen bzw
Nachforschungspflichten auslösen, deren Verletzung fahrlässige Unkenntnis begründet, wird
bei den jeweiligen Anfechtungstatbeständen untersucht. Dabei werden insb die Kenntnis bzw
die schuldhafte Unkenntnis der Benachteiligungsabsicht (§ 28 Z 1–3 IO) in Kapitel 3.4.2.3 so-
wie die Kenntnis bzw das „Kennenmüssen“ der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung des
Schuldners (§ 31 IO) im Kapitel 3.4.6.3 beleuchtet. Die in diesem Abschnitt getätigten allge-
meinen Ausführungen zur Kenntnis bzw zur fahrlässigen Unkenntnis sind dabei stets zu beden-
ken.

3.3 Anfechtungsgegner
3.3.1 Vorbemerkung
Die Auswahl des Anfechtungsgegners ist für den (wirtschaftlichen) Erfolg der Insolvenzan-
fechtung entscheidend. Zum einen kann die Legitimation des Anfechtungsgegners für den Aus-
gang des Verfahrens ausschlaggebend sein; zum anderen ist, insofern mehrere Anfechtungs-
gegner infrage kommen, der wirtschaftlich stärkste zu belangen, um die Einbringlichkeit des
Anfechtungsanspruchs zu sichern. Bemerkenswert ist, dass trotz des hohen Stellenwerts der
Passivlegitimation weder in der IO noch in der InsO eine Legaldefinition des Anfechtungsgeg-
ners zu finden ist – und das, obwohl § 38 IO die Überschrift „Anfechtungsgegner“ trägt.368
Zugunsten des Gläubigerschutzes ist jedoch der Kreis aller möglichen Anfechtungsgegner nicht
zu eng zu ziehen, denn eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist geboten.369 Nach hA370
kommt als primärer Anfechtungsgegner derjenige infrage, „zu dessen Gunsten die

365
Ausführlich dazu Billek, Cash Pooling 17 ff.
366
Vgl Kapitel 2.3.3.
367
Billek, Cash Pooling 17 f; Vetter/Stadler, Haftungsrisiken Rz 234.
368
König, JBl 2018, 545 (545 f, 555).
369
König, JBl 2018, 545 (545); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.2; OGH 3 Ob 116/08t.
370
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.2; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 38 IO Rz 3; einschränkend Bol-
lenberger in KLS, Kommentar § 38 IO Rz 1, der die Passivlegitimation bei bloßer Beteiligung nur bei der An-
fechtung auf Grundlage von § 28 IO bejaht.

46
angefochtene Rechtshandlung vorgenommen wurde und der aus ihr einen Vorteil erlangt hat“371
oder an der Rechtshandlung mitgewirkt hat.

Innerhalb eines Cash-Pool-Systems kommen bei der Anfechtung der Zahlungsflüsse zum Li-
quiditätsausgleich insb 1) die das Cash-Pooling abwickelnde Gesellschaft, also die Konzern-
mutter oder die Master-Company, 2) die Pool-Gesellschaften und / oder 3) die Pool-Bank als
Anfechtungsgegner in Betracht.372 Aufgrund der Vielzahl an möglichen Anfechtungsgegnern
und des begrenzten Umfangs der Diplomarbeit wird die Frage nach der Passivlegitimation auf
den Insolvenzfall der Konzernmutter / Master-Company und einer Pool-Gesellschaft einge-
schränkt. Nicht untersucht wird, wer in der Insolvenz der Pool-Bank passivlegitimiert ist.

3.3.2 Master-Company / Konzernmutter

Wer aus einer Rechtshandlung einen unmittelbaren Vermögensvorteil erlangt hat, ist zweifellos
als Anfechtungsgegner zu qualifizieren, wenn sich aus allfälligen Einschränkungen der jewei-
ligen Anfechtungstatbestände nichts Gegenteiliges ergibt.373 Die das Cash-Pooling abwi-
ckelnde Gesellschaft, in manchen Fällen die Konzernmutter, idR aber die Master-Company, ist
Empfängerin der Liquiditätsüberschüsse; diese gehen in ihr wirtschaftliches und rechtliches
Eigentum über,374 um damit schließlich das Cash-Pooling abwickeln zu können. Darüber hin-
aus ist sie Vertragspartnerin der Pool-Gesellschaften, beim sternförmig strukturiertem Cash-
Pooling375 sogar die einzige innerhalb dieses Liquiditätsmodells.376 Abgesehen von der zins-
schonenden Wirkung, die allen Cash-Pool-Teilnehmern zugutekommt, ist daher der Pool-Füh-
rer derjenige, der einen unmittelbaren Vermögensvorteil aus den aufsteigenden Zahlungsflüs-
sen zieht und zu dessen Gunsten das Sweeping vorgenommen wird. Aus diesen Gründen ist in
der Insolvenz einer Pool-Gesellschaft die das Cash-Pooling abwickelnde Gesellschaft (Konzer-
mutter / Master-Company) mE als primäre Anfechtungsgegnerin der up-stream-Zahlungsflüsse
zu qualifizieren.

371
RIS-Justiz RS0064554.
372
Vgl Rittscher, Cash-Management-Systeme 167 ff (Konzernmutter / Master-Company als Anfechtungsgegner),
190 ff (Pool-Gesellschaften als Anfechtungsgegner), 196 ff und 210 ff (Pool-Bank als Anfechtungsgegner), wobei
eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Anfechtungsgegner fehlt.
373
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.3; RIS-Justiz RS0064554.
374
Vgl Kapitel 3.2.2.2.
375
Vgl Kapitel 2.3.1.3.
376
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.4, wonach der Vertragspartner oder der Empfänger einer Leistung als An-
fechtungsgegner anzusehen ist.

47
3.3.3 Pool-Gesellschaften
Die Pool-Gesellschaften erhalten bei Liquiditätsbedarf finanzielle Mittel vom Pool-Führer
(Topping).377 Den Pool-Gesellschaften erwächst aus diesen absteigenden Zahlungsflüssen ein
unmittelbarer Vermögensvorteil, mit dem sie deren Defizit am Konto decken können. Da die
Liquiditätsausstattung also zu deren Gunsten vorgenommen wurde,378 sind die Pool-Gesell-
schaften – im Hinblick auf die down-stream-Zahlungsflüsse – mE primäre Anfechtungsgegner
in der Insolvenz der das Cash-Pooling abwickelnden Gesellschaft.

Fraglich ist, ob die Pool-Gesellschaften auch Anfechtungsgegner anderer Pool-Gesellschaften


sein können. Dafür kann mE ins Treffen geführt werden, dass – entgegen den obigen Ausfüh-
rungen379 – nicht erstrangig die Master-Company bei der Anfechtung von up-stream-Zahlungs-
flüssen belangt werden solle; vielmehr seien beim Sweeping die Pool-Gesellschaften als pri-
märe Anfechtungsgegner anzusehen. Als Argument dafür kann vorgebracht werden, dass der
unmittelbare Vermögensvorteil der Liquiditätsüberschüsse nicht der Master-Company, sondern
in Wirklichkeit den anderen Pool-Gesellschaften zufließe, weil diese deren Liquiditätsbedarf
mit den finanziellen Mitteln anderer Pool-Gesellschaften decken. Die aufsteigenden Zahlungs-
flüsse der Pool-Gesellschaften würden zugunsten anderer (liquiditätsbedürftigen) Pool-Gesell-
schaften vorgenommen werden; sie seien die wahren Empfänger der Zahlungsflüsse und somit
auch des Vermögensvorteils. Die Master-Company hingegen diene lediglich als Durchlauf-
stelle, durch welche die finanziellen Mittel durchgeschleust werden. Nach einer solchen Auf-
fassung fungiere die Master-Company lediglich als „Strohmann“, womit ein Durchgriff auf die
„Hintermänner“ als primäre Anfechtungsgegner aufgrund der gebotenen wirtschaftlichen Be-
trachtung gerechtfertigt sei.380 Ein Strohmann-Geschäft liegt va dann vor, wenn jemand mit
unlauterer Absicht vorgeschoben wird, um im Interesse bzw im Auftrag eines anderen ein Ge-
schäft abzuschließen (mittelbare Stellvertretung, Auftrag, Treuhandschaft).381 Dabei handelt es
sich um Umgehungsgeschäfte, für die nicht selten eine offene oder verdeckte Gesellschaft ge-
gründet wird, eine sog „Zweckgesellschaft“.382 Diese ist, abgesehen von ihren

377
Vgl Kapitel 2.1sowie 2.2.1.
378
Vgl zur Definition des primären Anfechtungsgegners Kapitel 3.3.1.
379
Vgl Kapitel 3.3.2.
380
König, JBl 2018, 545 (552 f); vgl zur Durchgriffswirkung beim Strohmann OGH 6 Ob 13/09v; 8 Ob 124/07d;
8 Ob 104/07p.
381
König, JBl 2018, 545 (552, FN 73).
382
König, JBl 2018, 545 (553); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.31; so auch zum dt Recht Thole, Gläubigerschutz
675.

48
Rechtsgeschäften auf Umwegen, idR vermögenslos.383 Wird das Cash-Pooling von der Master-
Company als eigens gegründete Finanzierungsgesellschaft geführt, könne infolgedessen ihre
Eigenschaft als Strohmann bejaht werden. Die Master-Company erhält mittels eines Bevoll-
mächtigungsvertrags gem § 1002 ABGB den Auftrag und die Vollmacht der Pool-Gesellschaf-
ten zur Abwicklung von Cash-Pooling;384 sie wurde nur zu diesem Zweck errichtet.385 Die Mas-
ter-Company hält, abgesehen von den Mitteln im Cash-Pool, idR auch keine Vermögens-
werte.386 Demzufolge könne – ohne Durchgriffswirkungen auf die Pool-Gesellschaften – das
Risiko der Anfechtung der aufsteigenden Zahlungsflüsse auf die Master-Company überwälzt
werden.387 Diese (mE theoretisch korrekte) Auffassung dürfte jedoch auf praktische Schwie-
rigkeiten stoßen. Im Cash-Pool werden nämlich sämtliche Liquiditätsüberschüsse der Pool-Ge-
sellschaften am Master-Account gebündelt, womit voraussichtlich eine Vermengung der auf-
steigenden Zahlungsflüsse – eventuell noch mit Kreditbeträgen aus externer Finanzierung –
stattfindet. Werden diese vermischten liquiden Mittel nun an eine bzw an mehreren liquiditäts-
bedürftigen Pool-Gesellschaft(en) ausgezahlt, so wird idR nicht mehr feststellbar sein, welche
Pool-Gesellschaft(en) die angefochtene(n) Zahlung(en) bzw Teile davon erhalten hat/haben.
Da der Vermögenswert infolge der Vermengung und folglich auch der Anfechtungsgegner
nicht mehr identifizierbar sind, scheiden mE Pool-Gesellschaften sowohl als primäre als auch
als sekundäre Anfechtungsgegner gem § 38 Abs 2 IO bei der Anfechtung aufsteigender Zah-
lungsflüsse aus.388 Ein anderes Ergebnis ließe sich mE nur mit sorgfältiger Buchführung zu den
vorgenommenen Verrechnungen erzielen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Betrachtungsweise, dass Pool-Gesellschaften


als Anfechtungsgegner des Insolvenzverwalters anderer Pool-Gesellschaften in Betracht kä-
men, weder von der österr noch von dt Rsp oder L in Erwägung gezogen wurde. Eine Klärung
dieser Rechtsfrage ist insofern wünschenswert, als Pool-Gesellschaften, insb bei der Abwick-
lung von Cash-Pooling durch eine eigens gegründete Finanzierungsgesellschaft (Master-Com-
pany), einem erheblichen Anfechtungsrisiko ausgesetzt sind.

383
König, JBl 2018, 545 (553).
384
Vgl Kapitel 2.3.1.2.
385
Vgl Kapitel 2.2.2.
386
Altmeppen, NZG 2010, 361 (361).
387
BGH IX ZR 32/12, wonach es Gesellschaftern durch solche Konstrukte nicht möglich sein soll, „auf dem Rü-
cken der Gläubiger zu spekulieren und das Anfechtungsrisiko auf sie abzuwälzen“.
388
Zum Ausschluss des sekundären Anfechtungsgegners bei Vermengung des angefochtenen Vermögenwerts Kö-
nig/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.18; Trenker in Schopper 124; Trenker, GesRz 2014, 10 (18).

49
3.3.4 Pool-Bank
Als potenzieller Anfechtungsgegner kommt neben der Master-Company bzw Konzernmutter
und den Pool-Gesellschaften die Pool-Bank in Betracht. Eine gegen die Pool-Bank gerichtete
Anfechtungsklage bringt für die Cash-Pool-Teilnehmer den erheblichen Vorteil mit sich, dass
auf konzernexternes Vermögen zur Erfüllung der Anfechtungsansprüche zurückgegriffen wer-
den kann. Darüber hinaus verfügen Kreditinstitute meist über eine gute Bonität und stellen den
wohl wirtschaftlich stärksten Anfechtungsgegner dar.389

In der erst kürzlich zum Cash-Pooling ergangenen Rsp des OGH390 urteilten die Unterinstanzen,
dass die Pool-Bank in ihrer Funktion als Dienstleisterin keine Gläubigerstellung erlangt habe
und eine Anfechtungsklage demnach fehlgehe. Fungiert die Pool-Bank nämlich nur als Zah-
lungs- bzw Leistungsmittlerin, so ist sie lediglich in Ausnahmefällen als Anfechtungsgegnerin
zu belangen. Ein solcher besonderer Fall liegt vor, wenn einzelne Gläubiger begünstigt werden,
indem zB ein kollusives Zusammenwirken mit dem Insolvenzschuldner vorliegt oder die kon-
toführende Bank zugunsten bestimmter Gläubiger nach eigenen Vorstellungen Überweisungen
durchführt.391 Im Regelfall sind jedoch die mit Überweisungen beauftragten Kreditinstitute
nicht als Anfechtungsgegner zu qualifizieren, weil insb bei der praxisrelevanten Anfechtung
wegen Begünstigung (§ 30 IO) die angewiesene Bank durch die Überweisung nichts an De-
ckung erhalten hat, was sie an die Masse zurückstellen müsste.392 Der OGH selbst äußerte sich
in der E 17 Ob 5/19p zur Passivlegitimation der Pool-Bank im Anfechtungsverfahren nicht.
Das Höchstgericht versagte den Erfolg der Revision hingegen aus dem Grund, dass das von
dem Kreditinstitut erlangte Absonderungsrecht lediglich im Hinblick auf den Verstoß der Ein-
lagenrückgewähr, nicht jedoch mit der Insolvenzanfechtung bestritten wurde.

Reisch393 kritisiert die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, weil der BGH,394 an dessen E
sich das Erstgericht vermutlich orientierte, zwischen der Umbuchung der Gutschriften von den
Unterkonten der Pool-Gesellschaften auf das Zielkonto der Master-Company einerseits und der
anschließenden Verrechnung der umgebuchten Beträge andererseits unterscheidet. Die

389
Rittscher, Cash-Management-Systeme 196.
390
OGH 17 Ob 5/19p.
391
König, JBl 2018, 545 (548 f); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.4, 4.8; BGH IX ZR 289/14.
392
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 28; einschränkend König/Trenker, Anfechtung6 Rz 4.4,
wenn der Angewiesene einen Vorteil erlangt hat oder mit Benachteiligungsabsicht handelte (OGH 4 Ob 259/98m).
393
Reisch, ZIK 2019, 122 (126).
394
BGH IX ZR 259/12.

50
Umbuchung und die Verrechnung seien getrennte Rechtshandlungen, deren Anfechtbarkeit ge-
sondert zu prüfen ist. Ob dieser formale Standpunkt der im österr Anfechtungsrecht gebotenen
wirtschaftlichen Betrachtungsweise standhält, bezweifelt Reisch.395 Darüber hinaus habe der
BGH die Funktion der Pool-Bank als bloße Leistungsmittlerin nur hinsichtlich des ersten
Schrittes, der Umbuchung, bejaht. Dies führt der BGH darauf zurück, dass die Umbuchungen
nicht zugunsten der Pool-Bank, sondern zugunsten der Obergesellschaft geleistet wurden. Die-
ser Ansicht schließt sich Rittscher396 an, der hinsichtlich der Umbuchungen die Passivlegitima-
tion der Pool-Bank im Anfechtungsverfahren aufgrund ihrer Rolle als bloße Zahlstelle verneint.
Der Anfechtungsanspruch habe sich gegen den Zahlungsempfänger zu richten,397 womit bei
up-stream-Leistungen die Master-Company und bei down-stream-Leistungen die Pool-Gesell-
schaften als Anfechtungsgegner zu belangen sind. Allerdings könnte die Pool-Bank in Bezug
auf die Verrechnung der umgebuchten Salden – zumind der Ansicht des BGH398 zufolge – sehr
wohl Adressatin einer Anfechtungsklage sein. Ob im Hinblick auf die Verrechnung der Auf-
fassung des BGH für das österr Recht gefolgt werden kann, der Pool-Bank also das Privileg als
Leistungsmittlerin zukommt oder sie als Anfechtungsgegnerin beim Saldenausgleich zu quali-
fizieren ist, wird im Kapitel 3.4.5.3 näher erörtert.

Kreditinstitute kommen als potenzielle Anfechtungsgegner nicht nur wegen ihrer Rolle als
„Leistungsmittler“ des Schuldners in Betracht; vielmehr kann ihre Passivlegitimation auch auf-
grund ihrer Funktion als „Geldempfangsmittler“ des Gläubigers begründet werden.399 Innerhalb
eines Cash-Pool-Systems wird für alle am Cash-Pooling Beteiligten idR dasselbe Kreditinstitut,
die Pool-Bank, tätig,400 weshalb es sich beim Leistungsmittler des Schuldners und beim Geld-
empfangsmittler des Gläubigers grds um ein und denselben Anfechtungsgegner handelt.401 Im
Allgemeinen kann die kontoführende Bank als Geldempfangsmittler des Gläubigers im An-
fechtungsverfahren dann in Anspruch genommen werden, wenn beispielsweise Zahlungen an
die Bank des Gläubigers, dessen Konto debitorisch geführt wird, geleistet werden und der Wille
des Insolvenzschuldners auf eine Befriedigung der Bank gerichtet ist. Dies muss für die Pool-

395
Reisch, ZIK 2019, 122 (126).
396
Rittscher, Cash-Management-Systeme 197.
397
BGH IX ZR 204/98.
398
BGH IX ZR 259/12.
399
Zum Geldempfangsmittler im Allgemeinen König, JBl 2018, 545 (549); konkret auf Cash-Pooling bezogen
Rittscher, Cash-Management-Systeme 204 f.
400
Billek, Cash Pooling 24 ff; Klampfl, Cash Pooling 62 f; vgl dazu bereits Kapitel 2.2.2.
401
Rittscher, Cash-Management-Systeme 204.

51
Bank auch erkennbar sein.402 Neben der Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht (§ 28 IO)
ist in solchen Fällen ebenso eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Verfügungen (§ 29 IO)
möglich, wonach die Zahlungen als mittelbare, unentgeltliche Zuwendungen an die Bank zu
werten sind. Nicht zielführend hingegen ist eine Anfechtung wegen Gläubigerbefriedigung auf
der Grundlage von § 30 IO oder § 31 IO, weil der Gläubiger der Kontoinhaber und nicht das
Kreditinstitut ist.403

Beim Cash-Pooling kann insb folgende Konstellation, in der die Pool-Bank in ihrer Eigenschaft
als Empfängerbank belangt werden kann, angedacht werden: Tätigt beim Cash-Pooling die
Master-Company Überweisungen an eine mittellose Pool-Gesellschaft zur Deckung ihres Li-
quiditätsbedarfs, könne darin eine unentgeltliche Zuwendung an die Empfängerbank gesehen
werden. Die Master-Company leistet auf eine nicht werthaltige Forderung der Pool-Bank, damit
diese den negativen Saldo am Unterkonto der Pool-Gesellschaft mit dem positiven Betrag der
kreditgewährenden Master-Company ausgleichen kann.404 Schließlich ist eine erbrachte Leis-
tung an einen Zuwendungsempfänger als unentgeltlich gem § 29 IO einzustufen, wenn der In-
solvenzschuldner ihm gegenüber eine Zuwendung zur Tilgung einer Forderung erbringt, der
Zuwendungsempfänger jedoch mangels Werthaltigkeit keine Gegenleistung mehr erbringen
kann.405 Im Falle einer werthaltigen Forderung liegt die nach § 29 IO erforderliche Gegenleis-
tung darin, dass der Zuwendungsempfänger, in conreto beim Cash-Pooling die Pool-Bank, die
Forderung gegen den Dritten, der Pool-Gesellschaft, verliert.406 Kann die Pool-Bank allerdings
keine Gegenleistung, ein sog „Vermögensopfer“407 mangels werthaltiger Forderung erbringen,
liegt eine unentgeltliche Verfügung nach § 29 IO vor.408

Diese Betrachtungsweise geht Rittscher409 zufolge allerdings fehl. Es werde verkannt, dass
nicht die Bank die Empfängerin der unentgeltlichen Leistung ist. Die Master-Company leistet
wirtschaftlich betrachtet nicht Ausgleichszahlungen an das Kreditinstitut; ebenso wenig kommt
es dadurch zu einer Tilgung dessen Forderungen gegen die Pool-Gesellschaft. Die Pool-Bank
ist lediglich für die technische Umsetzung der konzerninternen Liquiditätssteuerung zuständig.

402
König, JBl 2018, 545 (549); BGH IX ZR 207/13; BGH IX ZR 177/05.
403
König, JBl 2018, 545 (549).
404
Rittscher, Cash-Management-Systeme 204 f.
405
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.8; OGH 2 Ob 534/92; BGH IX ZR 84/05.
406
BGH IX ZR 84/05, allerdings nicht in Bezug auf Cash-Pooling.
407
RIS-Justiz RS0064294.
408
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.8.
409
Rittscher, Cash-Management-Systeme 204 f.

52
Sie wird nicht schon deshalb zur Empfängerin einer unentgeltlichen Zuwendung, indem sie die
Gelegenheit aufgrund ihrer vertraglichen Pflichten hatte, zum Zweck des Toppings Guthaben
der Master-Company mit einem Debet einer Pool-Gesellschaft zu verrechnen. Meines Erach-
tens ist dem beizupflichten. In einem ersten Schritt wäre zuallererst zu prüfen, inwiefern die
Pool-Bank überhaupt eine Forderung gegen die Pool-Gesellschaften erwirbt, wenn sie ohnehin
nur für die technische Durchführung von Cash-Pooling zuständig ist. Wird ein Forderungsrecht
der Pool-Bank gegenüber den Pool-Gesellschaften bejaht, ist sie mMn dennoch nicht als Geld-
empfangsmittlerin zu belangen. Indem die Pool-Bank verpflichtet ist, den von der Master-Com-
pany an sie geleisteten Betrag zur Deckung des Liquiditätsbedarfs der Pool-Gesellschaften zu
verwenden, wird ihr nämlich jede Möglichkeit verwehrt, selbst eine Zuwendung zu erhalten.
Letztlich wird im Normalfall der Wille der Master-Company als zukünftige Insolvenzschuld-
nerin eben nicht – wie für die Inanspruchnahme des Anfechtungsgegners als Geldempfangs-
mittler erforderlich – auf die Befriedigung der Bank gerichtet sein.

3.4 Anfechtungsgrundlage
3.4.1 Vorbemerkung
In diesem Teil der Diplomarbeit werden die Anfechtungstatbestände der §§ 28–31 IO kurz vor-
gestellt, insoweit die einzelnen Tatbestandsmerkmale noch nicht bei den Anfechtungsvoraus-
setzungen410 erörtert worden sind. Ziel dieses Kapitels ist keine allgemeine, umfassende Dar-
stellung der Anfechtungstatbestände; vielmehr soll auf auserwählte Fragestellungen eingegan-
gen werden, welche die Insolvenzanfechtung innerhalb eines Cash-Pool-Systems mit sich
bringt. Die Ausführungen beschränken sich dabei auf das effektive Cash-Pooling, weil dieses
Modell zum einen mehr rechtliche Fragen als das fiktive Cash-Pooling aufwirft.411 Zum ande-
ren ist vor einer eingehenden Untersuchung der Anfechtungsgrundlagen beim fiktiven Cash-
Pooling wünschenswert, dass Rechtssicherheit betreffend der allgemeinen Anfechtungsvoraus-
setzungen von lediglich virtuellen Zahlungsflüssen besteht.

3.4.2 Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht (§ 28 Z 1–3 IO)


3.4.2.1 Allgemeines

Die Absichtsanfechtung setzt in seiner schärfsten Ausgestaltung zum einen die Absicht des
Insolvenzschuldners, durch die Rechtshandlung seine Gläubiger zu benachteiligen, und zum

410
Vgl Kapitel 3.2.
411
Vgl Kapitel 2.2.3.

53
anderen die Kenntnis dieser Absicht beim Vertragspartner voraus. Hierbei handelt es sich um
den „stärksten“412 Anfechtungstatbestand, bei dem die darunterfallenden Rechtshandlungen als
besonders verwerflich gelten. Deshalb erscheint eine kritische Anfechtungsfrist von bis zu zehn
Jahren vor Insolvenzeröffnung gerechtfertigt (§ 28 Z 1 IO).413 Die Anfechtungsfrist verkürzt
sich auf zwei Jahre, wenn dem anderen Teil die Benachteiligungsabsicht fahrlässig unbekannt
war (§ 28 Z 2 IO).414 Leichte Fahrlässigkeit ist nach Ansicht des OGH415 – wie bei allen gleich-
gearteten Anfechtungstatbeständen416 – bereits ausreichend.417 Wurde innerhalb der letzten
zwei Jahre eine Rechtshandlung gegenüber oder zugunsten eines nahen Angehörigen iSd § 32
IO gesetzt, gilt eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Benachteiligungsabsicht und der Kennt-
nis bzw des Kennenmüssens von dieser (§ 28 Z 3 IO).418 Zur Erörterung, welche Cash-Pool-
Teilnehmer der familia suspecta iSd § 32 IO zugehörig sind, wird auf das Kapitel 3.2.3.2 ver-
wiesen.

Unter Benachteiligung ist – ebenso wie bei der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzung der
Nachteiligkeit – eine Vereitelung, Erschwerung oder Verzögerung der Befriedigungsaussichten
der Gläubiger zu verstehen,419 wobei mittelbare Benachteiligung genügt.420 Bereits bedingter
Vorsatz (dolus eventualis) kann die „Absicht“, die im Endeffekt nichts anderes als Vorsatz
meint, begründen.421 Sowohl der Benachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners als auch die
Kenntnis bzw das Kennenmüssen des Vertragspartners hiervon muss im Zeitpunkt der Vor-
nahme der Rechtshandlung gegeben sein.422 Maßgeblicher Zeitpunkt bei der Anfechtung der

412
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 373.
413
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.1/1.
414
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 152.
415
RIS-Justiz RS0064379; RS0064672.
416
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.54.
417
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 375; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.54.
418
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.52; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 32; RIS-Justiz
RS0064269 (T1).
419
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.24; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 12; RIS-Justiz
RS0064163.
420
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 374; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.57; RIS-Justiz RS0050681.
421
Bollenberger in KLS, Kommentar § 28 IO Rz 2; Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 373; König/Trenker, Anfechtung6
Rz 7.26; RIS-Justiz RS0064166.
422
Zum Benachteiligungsvorsatz König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.36; OGH 1 Ob 616/83; zur Kenntnis bzw
schuldhaften Unkenntnis Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze §28 IO Rz 27; RIS-Justiz RS0064273.

54
Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling ist infolgedessen jener der Gewährung der liquiden Mit-
tel.423

Wird Cash-Pooling nach den Best-Practise-Grundsätzen durchgeführt, ist idR bei der Zahlung
liquider Mittel keine Benachteiligungsabsicht anzunehmen. Gibt es jedoch Anzeichen, dass ein
Cash-Pool-Teilnehmer bzw das gesamte Cash-Pool-System in eine finanzielle Schieflage gerät
und werden dennoch Zahlungen vorgenommen, für die der Insolvenzschuldner einen Nachteil
seiner Gläubiger zumind in Kauf nahm, können die Vermögensverschiebungen der Anfechtung
nach § 28 Z 1-3 unterliegen.424 Beim Cash-Pooling stellt sich hierbei va die Frage, wann Gläu-
bigerbenachteiligungsabsicht eines insolventen Cash-Pool-Teilnehmers vorliegt und wie an-
dere Beteiligte davon Kenntnis erlangen können bzw ob ihnen schuldhafte Unkenntnis vorge-
worfen werden kann.

3.4.2.2 Benachteiligungsabsicht der Master-Company / Konzernmutter bzw der


Pool-Gesellschaft?

Für den Nachweis der Benachteiligungsabsicht ist es nach österr Recht nicht ausreichend, dass
der zukünftige Insolvenzschuldner über seinen statu cridae Bescheid weiß.425 Handelt er – in
Kenntnis seiner Krise – nämlich noch in der Hoffnung, sich sanieren und seine Gläubiger voll
befriedigen zu können, liegt lediglich Begünstigungs-, nicht aber Benachteiligungsabsicht vor.
Hat der zukünftige Insolvenzschuldner hingegen den Glauben an seine Sanierung verloren und
einen Gläubiger zur Gänze befriedigt, handelt er mit Benachteiligungsvorsatz.426

Um Benachteiligungsabsicht bei der Auszahlung der Kreditvaluta in einem Cash-Pool-System


bejahen zu können, fordert Rittscher427 darüber hinaus Kenntnis des kreditgebenden Cash-Pool-
Teilnehmers von einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers. Der Vorsatz, an-
dere Gläubiger benachteiligen zu wollen, könne einem Kreditgeber nämlich nur dann unterstellt
werden, wenn er vorsätzlich in Kauf nimmt, dass der gewährte Kredit nicht mehr zur Gänze
zurückgezahlt werden kann. Dafür ist allerdings Kenntnis bzw schuldhafte Unkenntnis des

423
Rittscher, Cash-Management-Systeme 168 für das dt Recht aufgrund vergleichbarer Rechtslage; vgl dazu im
Allgemeinen Kayser/Freudenberg in Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MünchKomm InsO II4 § 133 InsO Rz
17.
424
Rittscher, Cash-Management-Systeme 168.
425
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.28; RIS-Justiz RS0107957.
426
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 374; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.28; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze
§ 28 IO Rz 16; RIS-Justiz RS0064185.
427
Rittscher, Cash-Management-Systeme 167, 190.

55
zukünftigen Insolvenzschuldners über den statu cridae des Kreditnehmers erforderlich.428 Tritt
die Konzernmutter bzw die Master-Company als Kreditgeber auf, so ist ihr die Kenntnis einer
allfälligen (drohenden) Zahlungsunfähigkeit einer Pool-Gesellschaft vorwerfbar.429 Allerdings
könnte sie in einem solchen Fall auch in der Absicht gehandelt haben, die Pool-Gesellschaft
vor der Insolvenz zu bewahren und somit einen größeren Verlust für ihre eigenen Gläubiger
durch die Entwertung von Gesellschaftsanteilen und bereits bestehender Kredite abzuwen-
den.430 Hierbei darf die Konzernmutter / Master-Company die Benachteiligung der Gläubiger
allerdings nicht erwartet haben;431 sie muss in der festen Überzeugung, trotzdem all ihre Gläu-
biger voll befriedigen zu können, gehandelt haben – ansonsten ist Benachteiligungsabsicht zu
bejahen.432 Im umgekehrten Fall, wenn die Pool-Gesellschaft einen Kredit an die Master-Com-
pany / Konzernmutter gewährt, muss sich die Pool-Gesellschaft ebenso Kenntnis bzw schuld-
hafte Unkenntnis der Krise ihres Kreditnehmers zuschulden kommen lassen, damit ihr vorsätz-
liches Handeln zum Nachteil ihrer Gläubiger vorgeworfen werden kann.433 Pool-Gesellschaften
werden idR Kenntnis eines statu cridae der Master-Company bzw der Konzernmutter erlan-
gen.434 Gewähren die Pool-Gesellschaften trotz dieser Kenntnis einen Kredit an die Master-
Company bzw gestatten sie ihr die wiederholte Kreditausnutzung, ist Benachteiligungsvorsatz
der Pool-Gesellschaften zu bejahen. Um eine schuldhafte Unkenntnis auszuschließen, ist es für
Pool-Gesellschaften unerlässlich, auf eine Inkenntnissetzung über eine konkrete Gefährdung
des Cash-Pools zu beharren. Ansonsten berge jeder einzelne Liquiditätstransfer, sofern es sich
dabei um eine nicht (vom Kontokorrent) gesicherte Kreditgewährung handelt, das Risiko einer
Anfechtung nach § 28 IO.435

Werden die angefochtenen Zahlungsflüsse als Kreditrückzahlungen eingestuft und wird der im
Kapitel 3.4.5.4 vertretenen Auffassung gefolgt, dass die für das Cash-Pooling vorgenommenen
Kreditrückführungen außerhalb der Insolvenz des Kreditnehmers als kongruente Deckungen zu

428
Vgl für das österr Recht Widhalm, Kontokorrentkredit 25.
429
Vgl Kapitel 3.4.6.3.1 sowie 3.4.6.3.2.
430
Rittscher, Cash-Management-Systeme 190.
431
Borries/Hirte in Uhlenbruck, InsO15 § 133 InsO Rz 35; zust für das österr Recht Rebernig in Konecny, Insol-
venzgesetze § 28 IO Rz 12; in Bezug auf Cash-Pooling Rittscher, Cash-Management-Systeme 190 f.
432
Borries/Hirte in Uhlenbruck, InsO15 § 133 InsO Rz 37; zust für das österr Recht Rebernig in Konecny, Insol-
venzgesetze § 28 IO Rz 14.
433
Rittscher, Cash-Management-Systeme 168.
434
Vgl Kapitel 3.4.6.3.3.
435
Rittscher, Cash-Management-Systeme 168 f.

56
qualifizieren sind, sind diese Leistungen wie die Tilgung normaler Verbindlichkeiten zu behan-
deln. Es ergeben sich im Hinblick auf das Cash-Pooling keine Besonderheiten.436 Im Allgemei-
nen sind – im Gegensatz zur Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 IO – auch kongruente Deckungen
von der Absichtsanfechtung erfasst.437 Allerdings müssen für die Anfechtbarkeit kongruenter
Deckungen vor Eintritt der materiellen Insolvenz, die im Übrigen kein Tatbestandsmerkmal des
§ 28 IO ist,438 zusätzliche Indizien vorliegen, denn gebührende Deckung ist ein Indiz für feh-
lenden Benachteiligungsvorsatz.439 Um kongruente Deckungen außerhalb der materiellen In-
solvenz anfechten zu können, muss es der Pool-Gesellschaft bzw der Master-Company als zu-
künftige Insolvenzschuldnerin mehr auf die Schädigung ihrer Gläubiger als auf die Erfüllung
ihrer vertraglichen Pflichten ankommen.440 Dafür müssen spezifische Hinweise vorliegen.441
Ein solch strenger Maßstab ist für kongruente Leistungen nach wissentlichem Eintritt der ma-
teriellen Insolvenz natürlich nicht mehr geboten.442

3.4.2.3 Kenntnis / Kennenmüssen der Benachteiligungsabsicht im Cash-Pool-Sys-


tem?

Ist Benachteiligungsabsicht des zukünftigen Insolvenzschuldners gegeben, erfordert § 28 IO


zudem Kenntnis (Z 1) bzw schuldhafte Unkenntnis (Z 2) des anderen Teils darüber. § 133 Abs 1
S 2 InsO statuiert eine gesetzliche Vermutung der Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes,
wenn der andere Teil über die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und die gläubi-
gerbenachteiligende Wirkung seiner Handlung wusste. Wurde der Anfechtungsgegner kongru-
ent befriedigt, kommt die gesetzliche Vermutung erst bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit
zum Tragen (§ 133 Abs 3 S1). Im österr Recht besteht eine solche Beweiserleichterung,
wodurch die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit mit der Kenntnis des Benachteiligungsvorsat-
zes gleichgesetzt wird, nicht.443 Aus diesem Grund kann – anders als nach dt Recht444 – in einem
Cash-Pool-System auch nicht die Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht allein anhand der
Kenntnis über eine drohende bzw bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit beurteilt werden.

436
Rittscher, Cash-Management-Systeme 170.
437
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.16 mwN; RIS-Justiz RS0050757.
438
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.3; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 1; RIS-Justiz
RS0114578.
439
Bollenberger in KLS, Kommentar § 28 IO Rz 4; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.17; RIS-Justiz RS0050696.
440
BGH IX ZR 149/90.
441
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.17; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 17.
442
Bollenberger in KLS, Kommentar § 28 IO Rz 4; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.18; OGH 1 Ob 156/05f.
443
Diese Schlussfolgerung wurde von der Verfasserin nach eingehender Analyse des § 28 IO selbst gezogen.
444
So für das dt Recht Rittscher, Cash-Management-Systeme 169 f, 191.

57
Von der Kenntnis einer bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners darf nicht
ohne Weiters auf die Kenntnis von Benachteiligungsabsicht geschlossen werden.445 Allerdings
kann die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit ein wichtiges Indiz für die Annahme der Kenntnis
der Benachteiligungsabsicht sein.446 Waren beispielsweise der Master-Company / Konzernmut-
ter infolge ihrer gesetzlichen bzw vertraglichen Informationsrechte Umstände, die einen
Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit einer Pool-Gesellschaft zulassen, bekannt und gibt es
keine Hinweise darauf, dass die Pool-Gesellschaft mit einer Verbesserung ihrer finanziellen
Notlage rechnen durfte, wird aufgrund des Indizienbeweises die Master-Company / Konzern-
mutter Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes treffen.447 Dasselbe gilt mE für Pool-Gesell-
schaften, die Kenntnis über die Zahlungsunfähigkeit der das Cash-Pooling abwickelnden Ge-
sellschaft (Konzernmutter / Master-Company) infolge der Auskunftspflicht der Konzernmutter
erlangen. Strittig ist, ob die bloß fahrlässige Unkenntnis über die Zahlungsunfähigkeit bzw
Überschuldung die fahrlässige Unkenntnis von Benachteiligungsabsicht begründet.448

3.4.3 Anfechtung wegen Vermögensverschleuderung (§ 28 Z 4 IO)

3.4.3.1 Allgemeines

Gem § 28 Z 4 IO sind Kauf-, Tausch- und Lieferungsverträge anfechtbar, sofern sie im letzten
Jahr vor Insolvenzeröffnung vom Schuldner abgeschlossen worden sind und darin eine „die
Gläubiger benachteiligende Vermögensverschleuderung“ liegt. Von dieser muss der Vertrags-
partner des zukünftigen Insolvenzschuldners Kenntnis oder zumind schuldhafte Unkenntnis ha-
ben.449 Unter Vermögensverschleuderung ist ein erhebliches Missverhältnis zwischen Erhalte-
nem und Gegebenem zu verstehen (objektives Element), wobei zudem ein leichtsinniges Han-
deln des zukünftigen Insolvenzschuldners erforderlich ist (subjektives Element).450

445
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.40; RIS-Justiz RS0111463, bereits OGH 4 Ob 306/98y.
446
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 7.40; anders noch OGH 4 Ob 306/98y; 1 Ob 136/03m.
447
Vgl dazu, jedoch ohne Bezug auf Cash-Pooling, BGH IX ZR 72/20; zust für das österr Recht Rebernig in
Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 24.
448
Verneinend Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 25; OGH 6 Ob 101/97i; bejahend König/Tren-
ker, Anfechtung6 Rz 7.54/2.
449
Das ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut; ausf dazu König/Trenker, Anfechtung6 Rz 8.10; Rebernig in
Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 37.
450
Ausf dazu König/Trenker, Anfechtung6 Rz 8.5 ff mwN; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 28 IO Rz 36.

58
3.4.3.2 Anwendbarkeit auf Cash-Pooling?

Ob eine Anfechtung der beim Cash-Pooling stattfindenden Zahlungsflüsse zum Liquiditätsaus-


gleich nach § 28 Z 4 IO (Anfechtung wegen Vermögensverschleuderung) möglich ist, ist mE
aus folgenden Gründen zu verneinen. Bei der nach § 28 Z 4 IO anfechtbaren Rechtshandlung
muss es sich um einen Kauf-, Tausch- oder Lieferungsvertrag handeln.451 Eine Subsumtion der
Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling unter § 28 Z 4 IO wird mE bereits an der Erfordernis eines
„Vertrags“ als zwei- oder mehrseitiges Rechtsgeschäft scheitern.452 Dem Abrufen der Kredit-
valuta beim Kontokorrentkredit liegt ein Gestaltungsrecht zugrunde, womit lediglich ein ein-
seitiges Rechtsgeschäft begründet wird. Dieses kommt durch die Willenserklärung nur einer
Partei zustande.453 Für die Kreditrückzahlungen bedarf es ebenso wenig einer übereinstimmen-
den Willenserklärung von zumind zwei Parteien,454 weil die Kreditnehmer beim Kontokorrent-
kredit jederzeit zur Debetminderung berechtigt sind.455 Überdies ist die rechtliche Grundlage
der Liquiditätsbewegungen beim Cash-Pooling ein Kontokorrentkreditvertrag.456 Dieser fällt
nicht in den eng abgegrenzten Anwendungsbereich der Anfechtung wegen Vermögensver-
schleuderung, der lediglich Kauf-, Tausch- und Lieferungsverträge erfasst. Schließlich ist die-
ser Anfechtungstatbestand ohnehin für die Praxis nur von geringer Bedeutung.457

3.4.4 Anfechtung unentgeltlicher und ihnen gleichgestellter Verfügungen (§ 29


IO)
3.4.4.1 Allgemeines

Auf Grundlage von § 29 IO können unentgeltliche (Z 1) bzw ihnen gleichgestellten Verfügun-


gen (Z 2), die in den letzten zwei Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den
Schuldner vorgenommen wurden, angefochten werden. Dieser Norm liegt das althergebrachte
Prinzip, dass ein unentgeltlicher Erwerb weniger Vertrauensschutz genieße als ein entgeltlicher

451
So bereits der Gesetzeswortlaut; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 8.2.
452
Vgl zum Vertrag als zwei- oder mehrseitiges Rechtsgeschäft Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I15 Rz 364.
453
Zum Gestaltungsrecht als einseitiges Rechtsgeschäft im dt Recht Bötticher, Gestaltungsrecht 1; Kayser/Freu-
denberg in Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MünchKomm InsO II4 § 132 InsO Rz 9; zur Definition des einsei-
tigen Rechtsgeschäfts Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I15 Rz 363; zum Gestaltungsrecht als einseitiger Wil-
lensentschluss RIS-Justiz RS0013923; RS0115633.
454
Vgl zur Defintion ein- und zweiseitiger Rechtsgeschäfte Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I15 Rz 363 f.
455
Vgl Kapitel 2.3.1.3.
456
Vgl Kapitel 2.3.1.3.
457
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 8.1/1, die diesen Anfechtungstatbestand sogar als „Flop“ in der Rechtspraxis
bezeichnen.

59
Erwerb, zugrunde. Deshalb können unentgeltliche und ihnen gleichgestellte Verfügungen auch
unabhängig davon, ob materielle Insolvenz eingetreten ist oder nicht, nach § 29 IO angefochten
werden.458 Des Weiteren setzt dieser Anfechtungstatbestand – zumind ex lege, allerdings nicht
unumstritten – keine subjektiven Elemente wie Absicht des Schuldners oder Kenntnis davon
beim Anfechtungsgegner voraus, weswegen § 29 IO als objektiver Anfechtungstatbestand be-
zeichnet wird.459

3.4.4.2 Liquiditätstransfer als unentgeltliche Verfügung?

Beim Cash-Pooling ist iZm der Anfechtung nach § 29 IO näher zu untersuchen, ob bzw unter
welchen Umständen die Übertragung liquider Mittel als unentgeltliche Leistung einzustufen ist.
Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich dabei auf den Liquiditätstransfer in Form von
Kreditgewährungen, wobei zuerst auf die Entgeltlichkeit beim Cash-Pooling im Allgemeinen
eingegangen wird.

Maßgeblich für das Vorliegen von Unentgeltlichkeit und somit einer Anfechtbarkeit nach § 29
IO ist das fehlende Entgelt. Der Anfechtungsgegner muss eine (angemessene) Gegenleistung
erbracht haben, was sich zum einen nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise460 und zum
anderen nach dem Parteiwillen461 bestimmt.462 Beim Cash-Pooling besteht das Entgelt einer-
seits in Form von Zinsen für die Bereitstellung der Liquidität und andererseits in sog Cash-
Management-Gebühren, die von den Pool-Gesellschaften an die Master-Company zu leisten
sind.463 Entgeltlichkeit ist bei einem rechtmäßig durchgeführten Cash-Pooling demzufolge ge-
geben. Dies gilt auch, wenn lediglich Verfügungsgeschäfte wie die Zahlungsflüsse zum

458
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.1/1 mwN und Verweis auf EB zur RV des AnfG 1884, 256 BlgAH 9. Sess
16; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 1; vgl dazu auch den mittlerweile materiell derogierten
§ 953 ABGB.
459
Zu § 29 IO als objektiver Tatbestand Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 2, allerdings in Wi-
derspruch zu seinen folgenden Ausführungen (zB in § 29 IO Rz 6 f, 25); RIS-Justiz RS0050230; abl hingegen
Bollenberger in KLS, Kommentar § 29 IO Rz 2 f; krit König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.9 ff; RIS-Justiz
RS0064328, zuletzt 3 Ob 244/09t, wonach in § 29 IO sehr wohl ein subjektives Moment einfließt.
460
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.5; OGH 6 Ob 167/99y; 3 Ob 2/09d; BGH IX ZR 207/15.
461
RIS-Justiz RS0064328.
462
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.3; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 4; RIS-Justiz
RS0050235.
463
Ausf Billek, Cash Pooling 106 ff (zu den Zinsen) sowie 116 (zu den Cash-Management-Gebühren).

60
Liquiditätsausgleich angefochten werden, weil sich die Entgeltlichkeit nach dem Verpflich-
tungsgeschäft bemisst.464

Wird demgegenüber kein bzw unangemessenes Entgelt geleistet, zB infolge von unterlassener
bzw unangemessener Verzinsung der Kredite, könnte die Auffassung vertreten werden, dass
die Zahlungsflüsse zum Liquiditätsausgleich stets auf Grundlage der Schenkungsanfechtung in
die Masse zurückgeführt werden können. Aus der Zurverfügungstellung des Kapitals kann der
Anfechtungsgegner als Kreditnehmer nämlich Nutzungsvorteile ziehen, denen eine Gegenleis-
tung gegenüberstehen muss.465 An der Unentgeltlichkeit ändert auch nichts ein Rückzahlungs-
anspruch, der einem Kreditgeber im Gegensatz zu einem Geschenkgeber zusteht. Unentgeltli-
che Leistungen gewinnen nicht bereits dadurch einen entgeltlichen Charakter, dass der Anfech-
tungsgegner einem Rückforderungsanspruch ausgesetzt ist.466 Wird das Cash-Pooling unrecht-
mäßig, also ohne bzw mit unangemessener Verzinsung der Kredite, durchgeführt, ist nicht so-
gleich auf die Unentgeltlichkeit der Kreditgewährungen zu schließen, denn Entgeltlichkeit iSd
§ 29 IO kann sich in vielen Erscheinungsformen äußern.467 Entgelt kann jeder erlangte wirt-
schaftliche Vorteil sein;468 es muss keine geldwerte Gegenleistung erbracht werden.469 Nach
stRsp470 ist es bereits ausreichend, wenn der zukünftige Insolvenzschuldner „ein Interesse an
einem bestimmten Verhalten“ des Anfechtungsgegners hat. Dementsprechend hält Rittscher471
für das dt Recht mit gleichartigem Anfechtungstatbestand (§ 134 InsO – Anfechtung unentgelt-
licher Leistungen, allerdings mit einer kritischen Frist von vier Jahren) eine zinslose Abgabe
der Liquiditätsüberschüsse der Pool-Gesellschaften für entgeltlich, weil die idR von der Master-
Company versprochene Absicherung der Liquidität als Gegenleistung zu werten sei.472 Die

464
Allerdings nicht iZm Cash-Pooling König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.6; Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pol-
lak/Buchegger, Insolvenzrecht I4 § 29 KO Rz 10; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 14; OGH 3
Ob 16/08m.
465
BGH IX ZR 229/17; zust für das österr Recht König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.27; ebenso in der dt L Rittscher,
Cash-Management-Systeme 171 mit konkretem Bezug auf Cash-Pooling.
466
Zu Entgeltlichkeit bei Rückforderungsansprüchen König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.14/1; Rebernig in
Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 8; zum Cash-Pooling Rittscher, Cash-Management-Systeme 171.
467
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.7; vgl auch § 917 ABGB.
468
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 5; RIS-Justiz RS0050235, bereits OGH 1 Ob 785/82.
469
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 5; RIS-Justiz RS0018852, bereits OGH 5 Ob 2/60.
470
RIS-Justiz RS0018852.
471
Rittscher, Cash-Management-Systeme 171.
472
Zust für das österr Recht, wonach die Zusage einer Kreditgewährung von einer Gesellschaft als Entgelt anzu-
sehen ist König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.7 mit Verweis auf BGH IX ZR 22/97.

61
Pool-Gesellschaften „erkaufen“ sich eine Systemsicherung, die auch „am Mark ihren Preis“
hätte.473 Geht diese Sicherungsfunktion verloren, zB im Falle einer Krise des gesamten Kon-
zerns, entfalle laut Rittscher474 ebenfalls die Gegenleistung. Eine Liquiditätssicherung könne
von der Master-Company nicht mehr gewährleistet werden. Wusste die Pool-Gesellschaft dar-
über Bescheid und gewährte dennoch einen Kredit bzw duldete eine wiederholte Kreditausnüt-
zung, wäre die Leistung als unentgeltlich einzustufen. Beide Parteien seien sich dessen bewusst,
dass die Gegenleistung wertlos ist, womit die Pool-Gesellschaft einen Kredit bzw dessen Wie-
derausnutzung aus Freigiebigkeit gewährt.475 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass nach
stRsp476 bereits eigenwirtschaftliches Interesse genügt, um Unentgeltlichkeit iSd § 29 IO aus-
zuschließen. Dieses eigenwirtschaftliche Interesse der Pool-Gesellschaften liegt mE in der Er-
haltung des Cash-Pool-Systems, das für alle Beteiligten wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt.
In Anbetracht des eigenwirtschaftlichen Interesses kann der Schluss gezogen werden, dass im
umgekehrten Fall, in dem die Master-Company an einer in der Krise befindlichen Pool-Gesell-
schaft einen Kredit gewährt, Unentgeltlichkeit ebenso zu verneinen ist. Beim Cash-Pooling tritt
hinzu, dass die gegenseitig gewährten Kredite aufgrund der Stellung der Konzernmutter, der
Master-Company und wohl auch der Pool-Gesellschaften als Gesellschafter iSd EKEG477 ei-
genkapitalersetzend sind;478 der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens ist gem § 57a IO nur
nachrangig zu befriedigen und besteht „in vielen Fällen nur am Papier“.479 Doch selbst in dieser
Konstellation sind die Kreditvergabe sowie die Zinsforderung nicht als unentgeltlich einzustu-
fen, weil bei einem Gesellschafter, der mittels Kapital seine Gesellschaft vor dem wirtschaftli-
chen Ruin zu retten versucht, eigenwirtschaftliches Interesse idR zu bejahen sein wird. Die

473
Rittscher, Cash-Management-Systeme 171.
474
Rittscher, Cash-Management-Systeme 171 f.
475
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 6 mit Verweis auf Kayser/Freudenberg in Stürner/Eiden-
müller/Schoppmeyer, MünchKomm InsO II4 § 134 InsO Rz 20.
476
RIS-Justiz RS0050235.
477
Vgl Kapitel 3.2.3.2.
478
Zur Entgeltlichkeit eigenkapitalersetzender Kreditgewährungen im Allgemeinen Dellinger, ZIK 1996, 149
(151 f); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.27; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 19; Trenker in
Schopper 244 f; konkret zum Cash-Pooling Rittscher, Cash-Management-Systeme 191 f, allerdings noch zur alten
Rechtslage (vor Neufassung des nun mehr anwendbaren Sonderanfechtungstatbestands des § 135 InsO).
479
Trenker in Schopper 244.

62
Kreditvergabe erfolgt zum Zweck der Sanierung, beruht dementsprechend auf causa societatis
und nicht auf Freigiebigkeit.480

Meiner Meinung nach ist der Ansicht, dass ein eigenwirtschaftliches Interesse Unentgeltlich-
keit ausschließt, insb unter dem Gesichtspunkt zuzustimmen, dass sich die Entgeltlichkeit nach
den Umständen im Zeitpunkt der Vornahme der Verfügung bestimmt.481 Im Zeitpunkt der Kre-
ditgewährung handelte die Master-Company in der Hoffnung, die Pool-Gesellschaft sanieren
zu können und die Rückzahlung des Kredits zu erhalten. Es ist nicht auf die Unentgeltlichkeit
der Verfügung zu schließen, nur weil die erhoffte Gegenleistung, die Kreditrückzahlung, ex
post doch nicht eingetreten ist. Nach der Rsp482 ist nämlich bereits eine bloß kausale Verknüp-
fung zwischen Hingegebenen und Erhaltenem notwendig; nicht zwingend erforderlich ist eine
konditionale Verknüpfung, bei der die Gegenleistung Bedingung der Leistung ist.483 Meines
Erachtens eröffnet jedoch die Ansichtsweise, dem Schuldner bei jeder hingegebenen Leistung,
die in irgendeiner Weise einen wirtschaftlichen Vorteil bietet, ein eigenwirtschaftliches Inte-
resse zu unterstellen, eine nicht unerhebliche Umgehungsmöglichkeit des § 29 IO. Deshalb ist
mMn – wie auch von Rebernig484 und dem BGH485 vertreten – eine Einschränkung des eigen-
wirtschaftlichen Interesses dahingehend angezeigt, als dieses nur dann vorliegen kann, wenn
der Rückzahlungsanspruch nicht schon bei Kreditgewährung wirtschaftlich völlig wertlos ist.
Ansonsten wäre Freigiebigkeitsabsicht bereits im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung
zu bejahen. Für das Cash-Pooling würde dies mE Folgendes bedeuten: Ein Kredit wird von der
Master-Company / Konzernmutter oder von einer Pool-Gesellschaft an einen in der Krise be-
findlichen anderen Cash-Pool-Teilnehmer nur dann in eigenwirtschaftlichem Interesse gewährt
und somit von der Anfechtbarkeit nach § 29 IO ausgeschlossen, wenn die Sanierung des Kre-
ditnehmers und folglich die Kreditrückzahlung zum Zeitpunkt der Kreditvergabe nicht völlig

480
Dellinger, ZIK 1996, 149 (151); Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht I4 § 29 KO
Rz 23; Trenker in Schopper 244 f.
481
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 13; RIS-Justiz RS0050241.
482
RIS-Justiz RS0064338.
483
Vgl auch König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.3; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 4 mwN;
Schubert in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4 § 938 ABGB Rz 16.
484
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 19.
485
BGH IX ZR 167/18.

63
aussichtslos scheinen. In diesem Fall wird es mE auch am Unentgeltlichkeitsbewusstsein beim
Kreditgeber sowie beim Kreditnehmer mangeln.486

3.4.5 Anfechtung wegen Begünstigung (§ 30 IO)


3.4.5.1 Allgemeines

§ 30 IO bildet gemeinsam mit § 31 IO das „Kernstück der Insolvenzanfechtung“.487 Beide tra-


gen dem Prinzip der Gläubigergleichbehandlung (par condicio creditorum) Rechnung, indem
sie bestimmte Rechtshandlungen bereits ab dem Zeitpunkt der materiellen Insolvenz bzw schon
im Verdachtsstadium, nämlich 60 Tage vor Stellung des Insolvenzantrags und nach hA488 auch
vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, für anfechtbar erklären. Der Schuld-
ner ist somit ab seiner Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung bzw 60 Tage davor zu einer gleich-
mäßigen Befriedigung seiner Gläubiger verpflichtet, um keinen Anfechtungsansprüchen nach
§§ 30, 31 IO ausgesetzt zu sein.489 Zu beachten ist, dass eine Anfechtung nach § 30 IO ausge-
schlossen ist, wenn die Begünstigung früher als ein Jahr vor Insolvenzeröffnung eingetreten ist
(§ 30 IO Abs 2 IO; absolut „kritische“ Frist).490

§ 30 IO beinhaltet zwei Anfechtungstatbestände, zum einen die objektive und zum anderen die
subjektive Begünstigung. Bei der objektiven Begünstigung hat der Insolvenzgläubiger eine Si-
cherstellung oder Befriedigung erlangt, die „inkongruent“ ist, weil er sie weder in der Art noch
in der Zeit zu beanspruchen hatte (§ 30 Abs 1 Z 1 IO). Die subjektive Begünstigung hingegen
verlangt eine Begünstigungsabsicht seitens des Schuldners, die der Anfechtungsgegner kannte
bzw die ihm bekannt sein musste (§ 30 Abs 1 Z 2 und 3 IO).491 Hinsichtlich der familia sus-
pecta492 kommt dem Insolvenzverwalter wieder eine Beweislastumkehr zugute (§ 30 Abs 1 Z 2

486
Ausführlich zum Unentgeltlichkeitsbewusstsein König/Trenker, Anfechtung6 Rz 9.9 ff; Rebernig in Konecny,
Insolvenzgesetze § 29 IO Rz 6.
487
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 1; so auch König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.1/1, wonach
§§ 30, 31 IO „unbestritten die Hauptrolle“ bei der Insolvenzanfechtung einnehmen.
488
Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 6; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.46; Rebernig in Konecny,
Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 14; krit Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht I4 § 30
KO Rz 7; dem zust Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 158.
489
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.1/1 mwN; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 1; RIS-Justiz
RS0064417.
490
Ausführlich dazu König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.47; Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 191 f.
491
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 156, 159 f; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.1/1; Reber-
nig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 3.
492
Vgl Kapitel 3.2.3.2.

64
IO). Hierbei wird ex lege der dolus des Schuldners, die Begünstigungsabsicht, sowie die culpa
des Anfechtungsgegners, seine Kenntnis bzw schuldhafte Unkenntnis von der Begünstigungs-
absicht, vermutet.493 Da die Rsp494 für den Beweis der Begünstigungsabsicht es meist schon
ausreichen lässt, wenn der Schuldner sich über die eigene Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung
bewusst ist und dennoch eine Befriedigung oder Sicherstellung eines Gläubigers ermöglicht,495
wird im Folgenden nicht näher auf die subjektive Begünstigung bei Anfechtungen innerhalb
eines Cash-Pool-Systems eingegangen. Vielmehr soll in den nachstehenden Unterkapiteln er-
örtert werden, ob durch die beim Cash-Pooling geleisteten Kreditgewährungen bzw -rückzah-
lungen überhaupt eine Gläubigerdeckung iSd § 30 IO erlangt werden kann und ob – bejahen-
denfalls – die Kreditrückzahlungen das Tatbestandsmerkmal der Inkongruenz (§ 30 Abs 1 Z 1
IO) erfüllen.

3.4.5.2 Befriedigung oder Sicherstellung durch liquiditätsausgleichende Zahlungs-


flüsse im Kontokorrent?

Nach § 3O IO sowie nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils 1. Fall, IO sind nur jene Rechtshand-
lungen anfechtbar, die zu einer Sicherstellung oder Befriedigung, einer sog „Deckung“, eines
Gläubigers führen.496 Ob die Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling zu einer solchen Befriedigung
oder Sicherstellung führen können, bedarf in Anbetracht der Besonderheiten des Kontokorrent-
kredits genauerer Untersuchung.

Die Rsp497 behandelt beim Kontokorrentkredit debetmindernde Zahlungseingänge (Kreditrück-


zahlungen) meist als Befriedigungen des Gläubigers.498 Eine Befriedigung liegt vor, wenn die
Forderung durch Erfüllung oder deren Surrogate getilgt wird.499 Dem Kontokorrentkredit, der
die rechtliche Grundlage der Zahlungsflüsse zum Liquiditätsausgleich innerhalb eines Cash-
Pool-Systems bildet,500 ist jedoch immanent, dass die einzelnen Kreditgewährungen und -

493
Holzhammer, Insolvenzrecht5 89; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.54 f.
494
RIS-Justiz RS0064495, zuletzt 6 Ob 222/18t.
495
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 160; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.133/1; Rebernig in
Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 173.
496
Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 8; Koziol/Bollenberger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenz-
recht I4 § 30 KO Rz 13; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 18.
497
OGH 5 Ob 312/81; 7 Ob 690/83; 7 Ob 671/84.
498
Widhalm, Kontokorrentkredit 66.
499
Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 9; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 21; RIS-
Justiz RS0064722.
500
Kapitel 2.3.1.3.

65
rückzahlungen keine Tilgungswirkung mangels Selbstständigkeit mehr entfalten können.501
Demzufolge führen nach Ansicht der L502 nicht die einzelnen Zahlungseingänge zu einer Be-
friedigung; diese wird erst durch die anschließende Verrechnung erlangt. Dabei handelt es sich
um eine Befriedigung durch Aufrechnung iSd §§ 19 f IO, die der Anwendbarkeit der Insolvenz-
anfechtung nicht entgegensteht.503 Allerdings kommt den Kreditrückzahlungen insofern an-
fechtungsrechtliche Bedeutung zu, als sie Rechtshandlungen darstellen, durch die eine Auf-
rechnungslage geschaffen werden kann. Erst die Zahlungseingänge auf dem Kreditkonto er-
möglichen eine Aufrechnungslage zugunsten des Gläubigers, der sich schließlich durch Ver-
/Aufrechnung befriedigen kann. Da nach stRsp504 auch die Herbeiführung einer Aufrechnungs-
lage anfechtbar ist, weil damit eine Sicherstellung, die dem Gläubiger die Durchsetzung seines
Anspruchs erleichtert,505 erreicht werden kann,506 unterliegen die einzelnen debetmindernden
Kreditrückzahlungen der Anfechtbarkeit nach§ 3O IO sowie nach § 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils
1. Fall, IO.507 Meines Erachtens ist diese Ansicht aber nicht nur auf debetmindernde Zahlungs-
eingänge, also Kreditrückzahlungen, zu beschränken. Vielmehr tragen – aufgrund der gebote-
nen wirtschaftlichen Betrachtungsweise – mMn auch Zahlungsausgänge, also Kreditgewährun-
gen, die vom Insolvenzschuldner geleistet werden, zur Herstellung einer Aufrechnungslage bei
und unterliegen somit der Begünstigungsanfechtung, weil ohne sie kein Betreiben des Konto-
korrents und folglich auch keine Ver-/Aufrechnung mit anschließender Befriedigung möglich
ist. Wesentlich für die Erlangung einer Deckung ist selbstverständlich die Tatsache, dass sich
nach der Ver-/Aufrechnung ein Guthaben zugunsten des Anfechtungsgegners ergibt, weil er
ansonsten keine Sicherstellung bzw nach der Ver-/Aufrechnung keine Befriedigung erlangen
kann.508

501
Vgl dazu bereits Kapitel 3.2.2.1.
502
Widhalm, Kontokorrentkredit 66 f; Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 10.
503
Vgl dazu bereits Kapitel 3.1.
504
RIS-Justiz RS0064265.
505
Zur Definition der Sicherstellung siehe Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 20 mit Verweis auf
die dt L Kayser/Freudenberg in Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MünchKomm InsO II4 § 130 InsO Rz 8;
Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO III10 § 130 InsO Rz 21.
506
Ausführlich dazu König/Trenker, Anfechtung6 Rz 14.11.
507
Widhalm, Kontokorrentkredit 66 f.
508
Zutreffend für das dt Recht und iZm Cash-Pooling Rittscher, Cash-Management-Systeme 174.

66
3.4.5.3 „Hin- und Herzahlungen“ beim Cash-Pooling als Zug-um-Zug-Leistungen?

§ 30 IO setzt ebenso wie § 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils 1. Fall, IO (Gläubigertatbestände) vo-


raus, dass der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der Deckung bereits Gläubiger des Insolvenz-
schuldners war.509 Mangels dieser Gläubigerstellung unterliegen Zug-um-Zug-Geschäfte auch
nicht der Anfechtung nach § 30 IO sowie § 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils 1. Fall, IO.510 Im Zu-
sammenhang mit dem Kontokorrentkredit judizierte der OGH,511 dass die vorgenommenen
Zahlungseingänge und Wiederausnutzungen bis zum vereinbarten Kreditrahmen in einem Zug-
um-Zug-Verhältnis stünden, weshalb lediglich die Saldosenkung, also der Überschuss der Aus-
über die Einzahlungen innerhalb der kritischen Frist, nach den Gläubigertatbeständen anfecht-
bar sei.512 Ob der Ansicht des Höchstgerichts gefolgt und ob diese auf die „Hin- und Herzah-
lungen“ zum konzernweiten Liquiditätsausgleich beim Cash-Pooling übertragen werden kann,
wird nun erläutert.

Dass Zug-um-Zug-Leistungen nicht von den Gläubigertatbeständen erfasst sind, ist zum einen
darauf zurückzuführen, dass wegen des Zug-um-Zug-Prinzips die Gläubigerstellung ohnehin
zu verneinen ist, weil der Zeitpunkt des Forderungserwerbs mit jenem der Deckung zusammen-
fällt.513 Zum anderen ist der anfechtungsrechtliche Gläubigerbegriff vom schuldrechtlichen zu
unterscheiden. Zwar deckt sich der schuldrechtliche Gläubigerbegriff im Wesentlichen mit je-
nem des Anfechtungsrechts,514 allerdings unterliegt der anfechtungsrechtliche Gläubigerbegriff
folgender Einschränkung: Nach hA515 sind nur diejenigen Gläubiger iSd Gläubigertatbestände,
die ein Insolvenzrisiko in Kauf nahmen und trotz materieller Insolvenz (im Verdachtsstadium)
volle Befriedigung anstelle einer Quote erlangten. Das Risiko, nicht gänzlich befriedigt bzw im
Falle einer Deckung der Insolvenzanfechtung ausgesetzt zu sein, möchte ein Gläubiger, der ein
Zug-um-Zug-Geschäft abschließt, gerade nicht eingehen. Er erbringt vereinbarungsgemäß

509
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.34; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 18; § 31 IO Rz 3;
Rebernig, ZIK 2000, 74 (74); Widhalm, ZIK 1999, 39 (39); RIS-Justiz RS0064412; RS0064426.
510
Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 14, § 31 IO Rz 7; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.3/1, 11.34;
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 71; RIS-Justiz RS0064726, zuletzt OGH 17 Ob 12/22x.
511
OGH 4 Ob 306/98y.
512
Vgl dazu bereits Kapitel 3.2.2.3.
513
Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 14; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.34; Rebernig in Konecny,
Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 71; Widhalm, ZIK 1999, 39 (39 f); OGH 8 Ob 627/91.
514
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 66.
515
Bollenberger, ÖBA 2000, 15 (22); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.3; Rebernig, Konkursanfechtung Rz 96
f; Rebernig, ZIK 2000, 74 (74 f); Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 67 ff; Widhalm, ZIK 1999,
39 (39 f).

67
seine Leistung nur unter der Bedingung des Erhalts der Gegenleistung. Da ein solcher Gläubi-
ger durch die Vereinbarung eines Zug-um-Zug-Geschäfts eben nicht ohne Absicherung kredi-
tieren möchte, ist er allen anderen Gläubigern auch nicht gleichzustellen.516 Dies ist insb für
jene Fälle relevant, in denen eine Gläubigerstellung aufgrund des time-lags zwischen dem Leis-
tungsaustausch in Betracht kommt, weil sich hier der Zeitpunkt der Forderungsbegründung sehr
wohl, wenn auch nur minimal, von jenem der Befriedigung unterscheidet.517 Um dennoch das
Vorliegen eines Zug-um-Zug-Geschäfts bejahen zu können, muss – neben der allgemeinen Vo-
raussetzung der Vereinbarung einer Zug-um-Zug-Abwicklung – ein enger zeitlicher und wirt-
schaftlicher Zusammenhang gegeben sein.518 Dieser fehlt bereits dann, wenn ein Darlehen nicht
binnen sechs Wochen zurückbezahlt wird,519 wenngleich sich die zu tolerierende Länge des
time-lags nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung
bemisst.520 Folgen dementsprechend Zahlungseingängen über längere Zeit keine Auszahlun-
gen, ist ein Zug-um-Zug-Geschäft nicht mehr anzunehmen, sondern eine Deckung und eine
neuerliche Kreditgewährung, womit von der Anfechtbarkeit nach § 30 IO sowie § 31 Abs 1 Z 1
und 2, jeweils 1. Fall, IO ausgegangen werden kann.521 Aus der Formulierung des OGH522
(„über längere Zeit“) schließen König/Trenker523 sowie Kodek,524 dass bei der Beurteilung des
zeitlichen Zusammenhangs beim Kontokorrentkredit kein strenger Maßstab anzulegen sei. Im
Vordergrund stehe der „Gesamteindruck eines laufend wiederkehrenden Zahlungsverkehrs“.525
Dieser ist nach Ansicht des BGH526 jedenfalls gegeben, wenn die Ein- und Auszahlungen in-
nerhalb von zwei Wochen stattfinden; die genaue Reihenfolge der Kontoein- und -ausgänge ist
hingegen unerheblich.

516
Bollenberger, ÖBA 2000, 15 (22); König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.3; Rebernig in Konecny, Insolvenzge-
setze § 30 IO Rz 68; Widhalm, ZIK 1999, 39 (39).
517
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.6; Widhalm, ZIK 1999, 39 (40).
518
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.6; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 72; Widhalm, ZIK
1999, 39 (40); RIS-Justiz RS0064633.
519
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.7; OGH 3 Ob 137/16t.
520
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 72; RIS-Justiz RS0064633 (T1), (T2).
521
OGH 6 Ob 110/00w; zust Schummer, ÖBA 2002, 173 (177).
522
OGH 6 Ob 110/00w.
523
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.9.
524
Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 390.
525
So bereits Kirchhof in Stürner/Eidenmüller/Kirchhof, MünchKomm InsO II3 § 142 InsO Rz 18a; zust für das
österr Recht König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.9.
526
BGH IX ZR 6/00; BGH IX ZR 223/01.

68
Dass die Zahlungseingänge und Wiederausnutzungen im Rahmen des Kontokorrentkredits idR
als Zug-um-Zug-Leistungen zu qualifizieren sind, begründete der OGH527 damit, dass die Mög-
lichkeit der Wiederausnutzung von zuvor erfolgten Zahlungseingängen abhängig ist. Dem Kre-
ditnehmer steht nur dann das Recht auf Wiederausnutzung bis zum vereinbarten Kreditrahmen
zu, wenn er davor das aushaftende Debet mittels Zahlung(en) minderte. Diese Ansicht löste in
der L528 teils Kritik aus. So führt Rebernig529 an, dass die Zahlungseingänge nicht Vorausset-
zung für eine nachfolgende Wiederausnutzung seien, weil die Bank dem Kreditnehmer auf-
grund einer Vereinbarung, dem Krediteröffnungsvertrag, und nicht wegen vorangegangener
Zahlungen kreditiere. Darüber hinaus kann der Kredit innerhalb des Kreditrahmens beliebig oft
ausgenützt werden. Wurde der Kreditrahmen folglich nicht überzogen, sind – entgegen der
Meinung des OGH – die Wiederausnutzungen nicht von den Zahlungseingängen abhängig, wo-
mit auch kein Zug-um-Zug-Verhältnis vorliegt. Daran könne auch eine „periodenübergreifende
Betrachtungsweise“ nichts ändern. Diese Auffassung vertritt auch Widhalm,530 die weiters ins
Treffen führt, dass dem Kreditgeber keine rechtliche Verpflichtung zur Gewährung der Wie-
derausnutzung trifft, denn im Falle drohender Insolvenz des Kreditnehmers ist er dazu berech-
tigt, den Kredit zu kündigen. Überdies kann der Kreditgeber einen erfolgten Zahlungseingang
auch zurückweisen, sofern dieser anfechtungsbedroht ist. Das Argument des OGH, dass die
Zahlungseingänge und Wiederausnutzungen in einem Zug-um-Zug-Verhältnis stünden, geht
diesen Autoren zufolge fehl. Dem ist mE in Anbetracht der vorgebrachten Argumente und insb
aufgrund des folgenden Gedankens Widhalms531 zuzustimmen. Ihrer Ansicht nach ergibt sich
schon aus der Natur des ungesicherten Kontokorrentkreditvertrags, dass den Zahlungseingän-
gen und Wiederausnutzungen kein Zug-um-Zug-Charakter zu unterstellen ist. Wird ein Kredit-
vertrag in Kontokorrentform ohne Bestellung von Sicherheiten abgeschlossen und schüttet ein
Kreditgeber die Valuta aus, so hat er das Insolvenzrisiko des Schuldners in Kauf genommen.
Dem „Club der ungesicherten Gläubiger“532 kann ein Kreditgeber nicht einfach deshalb aus-
treten, indem er Befriedigung erhält, was für ihn lediglich Motiv für die Gewährung weiterer
Wiederausnutzungen ist. Ein solcher Gläubiger, der sich auf das Insolvenzrisiko infolge unge-
sicherter Kreditierung einlässt, soll eben nicht von der Insolvenzanfechtung verschont bleiben.

527
OGH 4 Ob 306/98y.
528
Rebernig, ZIK 2000, 74 (77 f); Widhalm, ZIK 1999, 39 (41 f, 45); aA (dem OGH zustimmend) Bollenberger,
ÖBA 2000, 15 (24); Schummer, ÖBA 2002, 173 (177).
529
Rebernig, ZIK 2000, 74 (77).
530
Widhalm, ZIK 1999, 39 (41 f).
531
Widhalm, ZIK 1999, 39 (41 f).
532
Widhalm, ZIK 1999, 39 (42).

69
Wird diese Auffassung geteilt, ist für die Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling, denen ein Konto-
korrentkreditverhältnis zugrunde liegt, mMn zu schlussfolgern, dass die einzelnen Kreditrück-
zahlungen und -gewährungen bzw das Gestatten der Wiederausnutzung mangels Zug-um-Zug-
Charakters sehr wohl der Anfechtung nach § 30 IO sowie § 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils 1. Fall,
IO unterliegen. Insbesondere beim Cash-Pooling ist eine Abhängigkeit der Wiederausnutzun-
gen von den Zahlungseingängen zu verneinen, zumal eine vertragliche Verpflichtung zur Ab-
fuhr von Liquiditätsüberschüssen bzw zur Liquiditätsausstattung besteht – unabhängig davon,
ob davor die liquiden Mittel wieder rückgeführt wurden.533

Selbstverständlich ist eine Beschränkung des Anfechtungsumfangs beim Kontokorrentkredit


vonnöten, weil die Anfechtbarkeit sämtlicher Kreditein- und -auszahlungen, die in Summe den
vereinbarten Kreditrahmen bei Weitem übersteigen können, zu einem unbilligen Ergebnis füh-
ren würde.534 Eine Begrenzung des Anfechtungsumfangs lässt sich allerdings auf der Grundlage
von § 39 IO535 bzw aus der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzung der Nachteiligkeit536 ablei-
ten, nicht aber von einem vermeintlichen Zug-um-Zug-Leistungsaustausch.

3.4.5.4 Inkongruente Deckung durch Kontoeingänge beim Cash-Pooling?

Wird der oben dargelegten Auffassung gefolgt, dass die Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling
nach den § 30 IO sowie § 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils 1. Fall, IO anfechtbar sind, stellt sich
iZm der objektiven Begünstigung (§ 30 Abs 1 Z 1 IO) die Frage nach der Inkongruenz.

Ob debetmindernde Zahlungseingänge zu einer inkongruenten Gläubigerdeckung führen, ist


insb beim Kontokorrentkredit strittig, wenn auch bereits höchstgerichtlich entschieden. Wird
ein ungesicherter Kredit vor dessen Kündigung rückgezahlt, handle es sich dabei nach stRsp537
um inkongruente Leistungen, weil der Kreditgeber während der Laufzeit des Kredits keinen
Anspruch auf Kreditrückführungen habe. Ein klagbarer, materiell-rechtlicher Zahlungsan-
spruch entstehe in einem Kontokorrentkreditverhältnis ohne Überschreitung des Kreditrahmens
erst mit dem aus der Verrechnung resultierenden kausalen Saldo oder der Kündigung des Kre-
dits.538 Der Kreditnehmer durfte bis zu diesem Zeitpunkt zwar schon leisten, musste aber nicht,

533
Vgl dazu bereits Kapitel 2.2.1 sowie 2.3.1.2.
534
Bollenberger, ÖBA 2000, 15 (18); RIS-Justiz RS00111459.
535
Widhalm, ZIK 1999, 39 (43 ff).
536
Rebernig, ZIK 2000, 74 (80); vgl bereits Kapitel 3.2.2.3.
537
RIS-Justiz RS0064420, bereits iZm Kontokorrentkrediten OGH 5 Ob 312/81; 7 Ob 690/83; 7 Ob 671/84; 3 Ob
573/90; 2 Ob 128/99h.
538
Vgl dazu bereits Kapitel 3.2.2.1.

70
weshalb der Kreditgeber mangels Fälligkeit eine Deckung erlangte. Diese hätte der Anfech-
tungsgegner nach der Rsp nicht in der Zeit zu beanspruchen; die Deckung sei somit inkongru-
ent.

Diese Problematik ist auch beim Cash-Pooling präsent, wie Billek539 verdeutlicht. Der Kredit-
geber – sei es nun die Master-Company oder die Pool-Gesellschaft je nach Saldo auf dem in-
ternen Verrechnungskonto – ist einem nicht unerheblichen Anfechtungsrisiko ausgesetzt, wenn
sämtliche Zahlungseingänge, wenn auch in begrenztem Umfang, innerhalb der kritischen Frist
mangels Fälligkeit im Sinne von Klagbarkeit anfechtbar sind. Deshalb steht die L540 der Jud
hinsichtlich der (In-)Kongruenz der Zahlungseingänge beim Kontokorrentkredit ablehnend ge-
genüber, wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen: So wird Fälligkeit im Sinne von Er-
füllbarkeit vertreten,541 die Lösung im Einredebeweis des § 30 Abs 1 Z 1 letzter Satz IO ge-
sucht,542 die Inkongruenz mangels „Verdächtigkeit“ abgelehnt543 oder ein vertraglicher An-
spruch auf Aufrechnung bereits in der Kontokorrentabrede gesehen.544 Hat der Kreditgeber
nämlich einen vertraglichen Anspruch auf Herstellung der Aufrechnungslage, geht der OGH545
von Kongruenz aus. Ein vertraglicher Anspruch des Kreditgebers wird von der Jud546 bspw
dann bejaht, wenn der Kreditnehmer aufgrund einer sog „Konzentrationsklausel“547 verpflichtet
ist, seinen gesamten Zahlungsverkehr – oder zumind im Ausmaß seines offenen Debetsaldos –
über den Kreditgeber abzuwickeln. Ein solcher vertraglicher Anspruch ist Rittscher548 zufolge
beim Cash-Pooling im internen Cash-Pool-Vertrag zu sehen. Daraus ergebe sich zwar nicht die
Fälligkeit des Kredits, sehr wohl aber die Verpflichtung der Pool-Gesellschaften, deren über-
schüssige Liquidität an die Master-Company / Konzernmutter abzugeben. Dementsprechend
sind die Kreditrückführungen der Pool-Gesellschaften an die Master-Company auch als kon-
gruente Leistungen zu werten, weil ihr bereits auf Grundlage des internen Cash-Pool-Vertrags
ein klagbarer Anspruch auf Kreditrückführung zusteht. Meines Erachtens besteht ein solcher

539
Billek, Cash Pooling 179 f.
540
Ausführlich dazu Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 24; Bollenberger, ÖBA 2000, 152 (154 ff);
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.99 ff; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 30 IO Rz 163.
541
Schumacher, ÖBA 1982, 337 f (EAnm).
542
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 10.100, 10.127 ff.
543
Astner, Anfechtung 198; Fink, ÖBA 1991, 289 (EAnm).
544
Koziol, JBl 1982, 384 (EAnm).
545
OGH 7 Ob 690/83.
546
OGH 10 Ob 93/15x mwN.
547
Bollenberger in KLS, Kommentar § 30 IO Rz 24.
548
Rittscher, Cash-Management-Systeme 175.

71
fälliger, klagbarer Anspruch jedoch nur dann, wenn die Pool-Gesellschaften tatsächlich einen
Liquiditätsüberschuss erwirtschaften. Dies trifft mMn ebenso auf den umgekehrten Fall zu, in
dem die Pool-Gesellschaften die Rolle der Kreditgeber einnehmen, weil auch ihnen im Nor-
malfall ein vertraglicher Anspruch auf Gewährung liquider Mittel bei Bedarf zusteht (Topping).
Dass auf die dt Meinung Rittschers für das österr Recht zurückgegriffen werden kann, ist mE
mit der Gleichartigkeit des § 131 InsO und der ähnlich gelagerten dt Rsp zur inkongruenten
Deckung zu rechtfertigen. So judiziert der BGH in stRsp,549 dass ein Kreditnehmer nur dann
zur Saldorückführung im Zuge der Verrechnung berechtigt ist, wenn der Kredit gekündigt oder
fällig ist. Lediglich in solchen Fällen liegt eine kongruente Sicherung oder Befriedigung eines
Kreditgebers vor.

Allerdings können nicht nur die Master-Company /Konzernmutter oder die Pool-Gesellschaf-
ten als Anfechtungsgegner auf Grundlage von § 30 Abs 1 Z 1 IO belangt werden. Vielmehr
kommt auch die Pool-Bank als Anfechtungsgegnerin wegen objektiver Begünstigung hinsicht-
lich der Verrechnung, nicht aber der Umbuchung der Gutschriften, in Betracht.550 Jedoch ist
auch im Falle der Anfechtung der Verrechnung ein inkongruenter Erwerb der Pool-Bank nach
der Meinung von Rittscher551 zu verneinen. Debetmindernde Kreditrückzahlungen würden
nicht ausreichen, um Inkongruenz bejahen zu können, weil es an deren Verdächtigkeit fehle.
Dass in einem Kontokorrentverhältnis der Kredit, selbst ohne Fälligkeit, rückgeführt und an-
schließend verrechnet wird, entspricht der „Natur eines Kontokorrents“ und begründe noch
keine Inkongruenz – dies umso mehr, wenn die Leistung zur fremdnützigen Erfüllung von Ver-
tragspflichten diene. Werden Leistungen nicht zur Deckung eigener Forderungen empfangen,
kann es dem BGH552 zufolge für die Beurteilung der Kongruenz nicht mehr darauf ankommen,
ob der Empfänger die Gläubigerdeckung zu beanspruchen hatte. Diese Argumentation erinnert
an jene von Fink,553 der die Bedeutung der Inkongruenz, nämlich die „Auffälligkeit“ der
Rechtshandlung und somit die Schutzunwürdigkeit des Anfechtungsgegners, ins Bewusstsein
ruft. Auffälligkeit liege bei Kreditrückzahlungen als unverdächtige Vorgänge im Rahmen der
Abwicklung eines Kontokorrentkredits gerade nicht vor. Wird dementgegen – wie von der Rsp
vertreten – von inkongruenten Deckungen ausgegangen, führt dies zu dem unbefriedigenden
Ergebnis, dass ein argloser Kreditgeber, so zB die Pool-Bank, die angebotene Leistung bei

549
BGH IX ZR 223/01; IX ZR 2/01; IX ZR 140/08.
550
Vgl dazu bereits Kapitel 3.3.4.
551
Rittscher, Cash-Management-Systeme 201 f.
552
BGH IX ZR 223/01.
553
Fink, ÖBA 1991, 289 f (EAnm).

72
sonstiger Anfechtbarkeit nach § 30 Abs 1 Z 1 IO zurückweisen muss. Dadurch begibt sie sich
jedoch in die Gefahr des Annahmeverzugs. Der Leistungsempfänger ist mit dem Dilemma „An-
fechtung oder Annahmeverzug“ konfrontiert.554

3.4.6 Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit (§ 31 IO)


3.4.6.1 Allgemeines

Die Anfechtung wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit (§ 31 IO) enthält zwei Anfechtungs-
fälle. Einerseits ist – ebenso wie nach § 30 IO – eine Befriedigung oder Sicherstellung eines
Insolvenzgläubigers (Deckung) anfechtbar (§ 31 1. Fall IO); andererseits sind ebenso nachtei-
lige Rechtsgeschäfte von der Kenntnisanfechtung erfasst (§ 31 2. Fall IO).555 Beide Anfech-
tungsfälle setzen im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung die materielle Insolvenz des
Schuldners bzw die Stellung des Insolvenzantrags voraus.556 Davon muss der Anfechtungsgeg-
ner Kenntnis bzw schuldhafte Unkenntnis haben (subjektiver Tatbestand).557 Für die familia
suspecta kommt hinsichtlich beider Anfechtungsfälle wieder eine Beweislastumkehr zum Tra-
gen (§ 31 Abs 1 Z 1 IO).558 Die „absolut kritische Frist“ beträgt bei der Kenntnisanfechtung
sechs Monate; dh die Rechtshandlung muss für deren Anfechtbarkeit ein halbes Jahr vor Eröff-
nung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sein (§ 31 Abs 2 IO).559

§ 31 IO 1. Fall (Befriedigung oder Sicherstellung eines Insolvenzgläubigers) überschneidet sich


weitgehend mit § 30 IO, bildet jedoch den Auffangtatbestand für Deckungen, die nicht nach
dem „stärkeren“ Tatbestand, der Begünstigungsanfechtung, anfechtbar sind. § 31 IO 1. Fall
verlangt nämlich weder Inkongruenz noch Begünstigungsabsicht bzw die (schuldhafte
Un-)Kenntnis von dieser. Vielmehr ist schon die Kenntnis bzw das Kennenmüssen der materi-
ellen Insolvenz des Schuldners ausreichend.560 Aufgrund der Ähnlichkeit des ersten Anfech-
tungsfalls der Kenntnisanfechtung mit § 30 IO kann in Bezug auf die Anfechtung der

554
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 159; Fink, ÖBA 1991, 289 (EAnm); König/Trenker, An-
fechtung6 Rz 10.98, 10.100 mwN.
555
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 162; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.1/1; Rebernig in
Konecny, Insolvenzgesetze § 31 IO Rz 1; RIS-Justiz RS0064846.
556
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 2; Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 162; Re-
bernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 31 Rz 8; ergibt sich zudem bereits aus dem Wortlaut des § 31 Abs 1 IO.
557
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.18; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 31 IO Rz 9, 50 ff.
558
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 23; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.131.
559
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 2; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 31 IO Rz 20.
560
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 RZ 163.

73
Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling auf die Ausführungen in den Kapiteln 3.4.5.2 und 3.4.5.3,
die zum einen das Vorliegen einer Befriedigung oder einer Sicherstellung und zum anderen die
Einordnung der liquiditätsausgleichenden Zahlungen als Zug-um-Zug-Leistungen erörtern,
verwiesen werden. Ein Leistungsaustausch nach dem Zug-um-Zug-Prinzip ist weder nach § 30
IO noch nach § 31 1. Fall IO anfechtbar, kann aber sehr wohl der Anfechtung nach dem zweiten
Fall der Kenntnisanfechtung (nachteiliges Rechtsgeschäft) angefochten werden.561 Nach die-
sem Anfechtungsfall können nicht nur unmittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte (§ 31 Abs 1 Z 1
und 2 IO), sondern auch mittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte (§ 31 Abs 1 Z 1 und 3 IO) ange-
fochten werden. Für die Anfechtung mittelbar nachteiliger Rechtsgeschäfte ist zusätzlich erfor-
derlich, dass für den Anfechtungsgegner der Eintritt des Nachteils für die Insolvenzmasse ob-
jektiv vorhersehbar war.562

Beim Cash-Pooling ist allerdings zuerst zu prüfen, ob die Zahlungsflüsse zum Liquiditätsaus-
gleich überhaupt als Rechtsgeschäfte iSd § 31 Abs 1 IO zu qualifizieren sind. Im Anschluss
daran wird untersucht, welche Beteiligten innerhalb eines Cash-Pool-Systems Kenntnis bzw
schuldhafte Unkenntnis der materiellen Insolvenz eines anderen Cash-Pool-Teilnehmers vor-
werfbar ist. Untenstehendes zur Kenntnis bzw zum Kennenmüssen kann mE auch auf fiktives
Cash-Pooling übertragen werden – allerdings mit dem Unterschied, dass die Beweislast für
diese subjektiven Tatbestandsmerkmale im Regelfall den Insolvenzverwalter trifft. Eine Ange-
hörigeneigenschaft gem § 32 Abs 2 Z 3 IO scheidet beim fiktiven Cash-Pooling nämlich aus.563

3.4.6.2 Kreditgewährungen und -rückzahlungen als Rechtsgeschäfte?

Im Kapitel 3.2.2.1 wurde bereits festgestellt, dass es sich bei den Kontoein- und -ausgängen
beim Cash-Pooling um Verfügungsgeschäfte handelt. Ob Verfügungsgeschäfte unter Rechts-
geschäfte zu subsumieren sind, wodurch diese nicht nur nach § 31 1. Fall IO, sondern auch nach
§ 31 2. Fall IO anfechtbar wären, ist in der L564 seit jeher str.

561
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 7, 13; König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.34; RIS-Justiz
RS0064426.
562
Dellinger/Oberhammer/Koller, Insolvenzrecht4 Rz 164; Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 410; ausf zur objektiven
Vorhersehbarkeit König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.80 ff; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 31 IO
Rz 38 ff; RIS-Justiz RS0065154.
563
Vgl Kapitel 3.2.3.2.1.
564
Ausführlich zu diesem Meinungsstreit König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.56 mwN; Rebernig, Konkursanfech-
tung Rz 170 ff mwN.

74
Der Rsp565 und dem herrschenden Meinungsstand der L566 zufolge sind Verfügungsgeschäfte
nicht als Rechtsgeschäfte iSd § 31 2. Fall IO zu qualifizieren; darunter fallen lediglich Ver-
pflichtungsgeschäfte. Diese Ansicht wird insb vor dem Hintergrund vertreten, dass – bei ge-
genteiliger Auffassung – die freiwillige Befriedigung eines Nicht-Insolvenzgläubigers bzw ei-
nes voll gesicherten Absonderungsgläubigers als nachteiliges Rechtsgeschäft angefochten wer-
den könne, obwohl seine Befriedigung aus dem ihm nicht haftenden Vermögen erfolgte. Dies
führe zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass jeder Pfandgläubiger freiwillige Zahlungen bei
sonstiger Gefahr der Anfechtung ablehnen und auf Exekutionsweg sein Wertrecht geltend ma-
chen müsse. Für den Schuldner bringt diese Vorgehensweise überdies den Nachteil, dass sein
Vermögen durch die Kosten für das Exekutionsverfahren weiter geschmälert wird. Dement-
sprechend wird va von Koziol567 nach Lösungsansätzen gesucht, Befriedigungen und Sicher-
stellungen als Verfügungsgeschäfte vom Begriff des „Rechtsgeschäfts“ auszunehmen. Das
wird zum einen mit dem argumentum e contrario begründet, wonach – in systematischer Aus-
legung – Erfüllungen bereits gem § 31 1. Fall IO anfechtbar sind und deshalb nicht mehr der
Anfechtung nach dem zweiten Fall der Kenntnisanfechtung unterlägen. Zum anderen lasse die
grammatikalische Interpretation eine Einordnung der Verfügungsgeschäfte als Rechtsgeschäfte
nicht zu, weil Erfüllungen nicht „eingegangen“ werden können.568 König/Trenker569 sind je-
doch aA und vertreten unter historischen sowie teleologischen Gesichtspunkten, dass das argu-
mentum e contrario den Ausschluss von Verfügungsgeschäften vom § 31 2. Fall IO keinesfalls
rechtfertige. Meiner Meinung nach ist den Argumenten von König/Trenker den Vorzug zu ge-
ben, weil das Anfechtungsrecht mittels des argumentum e contrario um seine Wirksamkeit ge-
bracht werden könnte, obwohl es „sorgsam alle Wendungen vermieden (habe), die auch für das
neue Recht zu einer Anwendung dieser unrichtigen Schlußfolgerung [Abgrenzung der Anfech-
tungstatbestände aufgrund des argumentum e contrario, sodass sie als einander ausschließend
angesehen wurden; Anm. der Verfasserin] führen könnten. Sie stelllt, wie gar nicht zu

565
RIS-Justiz RS0112191.
566
B. Koch/Koziol in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht III2 Rz 1.172; Bollenberger in KLS, Kommentar § 31
IO Rz 13; Hoyer, ÖJZ, 376 (383); Kodek, Insolvenzrecht2 Rz 384; Koziol, JBl 1982, 57 (66 ff); Rebernig, Kon-
kursanfechtung Rz 170 ff; Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 31 IO Rz 6, 21 ff; Widhalm, Kontokorrent-
kredit 44 f; Zöchling-Jud/Kogler, ÖBA 2012, 428 (441).
567
Koziol, JBl 1982, 57 (66 ff).
568
Ähnliche Argumentation bei Kayser/Freudenberg in Stürner/Eidenmüller/Schoppmeyer, MünchKomm InsO
II § 132 InsO Rz 9: Der Gesetzgeber unterscheide bewusst zwischen „vorgenommenen“ und „eingegangenen“
4

Rechtshandlungen, weil letztere nur zweiseitige Rechtgeschäfte des Schuldners erfassen.


569
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.56.

75
verkennen ist, teilweise übergreifende Tatbestände auf […], um Lücken im Gesetze zu vermei-
den.“570 Dass auch Verfügungsgeschäfte von § 31 2. Fall IO erfasst sind, würde demzufolge
dem Willen des Gesetzgebers entsprechen Dieser wollte dem Anfechtungsrecht einen mög-
lichst weiten Anwendungsbereich beimessen. Damit soll dem Anfechtungsrecht zur Verwirk-
lichung seines Zwecks verholfen werden.571 Des Weiteren wird mE mit dem Argument, dass
eine Rechtshandlung bereits von einem Anfechtungstatbestand erfasst ist, weshalb für dessen
Unanfechtbarkeit nach einem anderen Tatbestand plädiert wird, der Grundsatz der freien An-
spruchsgrundlagenkonkurrenz in der Insolvenzanfechtung torpediert. Nach diesem Prinzip
schließen – im Sinne eines möglichst weiten Anwendungsbereichs des Anfechtungsrechts –
mehrere Anfechtungstatbestände nicht einander aus, wenn die Rechtshandlung unter mehreren
Tatbestände subsumiert werden kann.572 Bereits aus diesem Grund sind mMn systematischen
Überlegungen, die auf einer ausschließenden Auslegung der Tatbestände gründen, im Anfech-
tungsrecht wenig Bedeutung zuzumessen. Für die Ansicht, dass Verfügungsgeschäfte als
Rechtsgeschäfte zu qualifizieren sind, spricht darüber hinaus, dass das AnfG 1884573 für die
Befriedigung eines zur Gänze gedeckten Absonderungsgläubigers Anfechtungsfreiheit nor-
mierte;574 diese Rechtsfolge aber – wohl absichtlich – nicht in die KO575 / IO übernommen
worden ist.576

Letztlich wird für die Anfechtbarkeit von Verfügungsgeschäften nach § 31 2. Fall IO mE jedoch
entscheidend sein, ob das konkret angefochtene Verfügungsgeschäft ein bloßer Realakt oder
ein Rechtsgeschäft ist.577 Realakten kommt im Gegensatz zu Rechtsgeschäften keine Erklä-
rungsbedeutung zu; sie sind nicht darauf gerichtet, etwas kundzutun. Darüber hinaus sind sie
Ausdruck eines lediglich faktischen Willens, der auf tatsächliche Handlungen, nicht aber auf
Rechtshandlungen gerichtet ist, wenngleich das Gesetz Rechtsfolgen an die tatsächlichen

570
Friedlaender, Konkursordnung 74.
571
So König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.56 mwN.
572
Zum Grundsatz der freien Anspruchsgrundlagenkonkurrenz Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 27 IO
Rz 26; RIS-Justiz RS0050619.
573
Anfechtungsgesetz RGBl 1884/36.
574
Menzel, Anfechtungsrecht 185 f (FN 28).
575
Konkursordnung RGBl 1914/337.
576
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.56 mit Verweis auf Petschek/Reimer/Schiemer, Insolvenzrecht 315 (FN
15).
577
Anderer Ansicht Rebernig, Konkursanfechtung Rz 170, der Verfügungsgeschäften Realakten gleichgestellt.

76
Handlungen knüpft. Realakte haben demnach weder Kundgabezweck noch Geschäftswillen.578
Bei der Anfechtung der Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling ist mMn eine gesonderte Betrach-
tung der Kreditaus- und -rückzahlungen für die Einordnung als Realakte bzw Rechtsgeschäfte
angezeigt. Dem Abrufen der Kreditvaluta liegt ein Gestaltungsrecht zugrunde. Der Kreditneh-
mer bewirkt mittels einseitiger Willenserklärung die Kreditgewährung der Bank. Infolgedessen
ist dem Abrufen der Kreditvaluta einerseits ein auf Rechtsfolgen gerichteter Wille inhärent (Be-
gründung der Pflicht der Bank zur Auszahlung der Kreditvaluta); andererseits erfüllt es einen
Kundgabezweck (Willenserklärung). Meiner Meinung nach ist allerdings nicht nur in der Kre-
ditausnützung, sondern auch in der Kreditrückzahlung im Rahmen des Kontokorrentkredits ein
Gestaltungsrecht mit Kundgabezweck und Geschäftswillen zu sehen. Der Kreditnehmer kann
beim Kontokorrentkredit jederzeit Rückzahlungen tätigen und so sein Debet mindern,579
wodurch er seine Pflicht zur Rückführung der Kreditvaluta der Höhe nach einseitig ändern
kann. Ein Geschäftswille, ein auf rechtliche Folgen gerichteter Wille, ist mithin zu bejahen.
Den Kreditrückführungen kommt mE auch Erklärungsbedeutung zu – dies ist insb beim Cash-
Pooling zu erkennen, bei dem die Master-Company zur Durchführung der Liquiditätssteuerung
und Erfassung sämtlicher Zahlungen im internen Verrechnungskonto Kenntnis der einzelnen
Zahlungsvorgänge haben muss. Schließlich sind Kreditausnutzungen sowie Kreditrückführun-
gen mMn nicht bloß als Realakte, sondern als Rechtgeschäfte zu qualifizieren, womit der An-
wendungsbereich des § 31 2. Fall IO eröffnet ist.

Beim Kontokorrentkredit und mithin beim Cash-Pooling ist allerdings zudem Folgendes zu be-
achten: Nach höchstgerichtlicher Rsp580 wird – entsprechend der gebotenen wirtschaftlichen
Betrachtungsweise – in der „Aufrechterhaltung“ des Kontokorrentkreditverhältnisses ein
Rechtsgeschäft iSd § 31 2. Fall IO gesehen. Statt der Kündigung des Kreditverhältnisses und
der anschließenden Verrechnung geht der Kreditgeber trotz zumind erkennbarer materieller In-
solvenz weitere Rechtsgeschäfte mit dem Insolvenzschuldner ein.581 Gegen diese Ansicht wen-
det Koziol582 ein, dass nicht die Zahlungseingänge, sondern nur die Aufrechterhaltung des Kon-
tokorrentkredits unter ein Rechtsgeschäft iSd Kenntnisanfechtung zu subsumieren ist.

578
Welser/Kletečka, Bürgerliches Recht I15 Rz 327; Wiebe in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 859 ABGB
Rz 21.
579
Vgl Kapitel 2.3.1.3.
580
OGH 6 Ob 110/00w; 9 Ob 24/04a; 6 Ob 72/06s.
581
Zustimmend König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.103; krit hingegen Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze
§ 31 IO Rz 23 f, § 39 IO Rz 60.
582
Koziol, ÖBA 2022, 331 (333 f).

77
Schummer583 entgegnet weiters, dass nicht einmal in der Aufrechterhaltung des Kontokorrent-
kreditverhältnisses ein Rechtsgeschäft gesehen werden könnte, denn in Wirklichkeit handelt es
sich hierbei um die Unterlassung der Kündigung des Kontokorrentkredits. Unterlassungen seien
aber keine zweiseitigen Rechtsgeschäfte, weshalb sie auch nicht zu einem nachteiligen Rechts-
geschäft iSd § 31 2. Fall IO zählen. Meiner Meinung nach ist Koziol insofern beizupflichten,
als die Kreditrückführungen und -gewährungen als von der Aufrechterhaltung des Kreditge-
schäfts gesonderte Rechtshandlungen zu betrachten sind. So warnt bspw Riss584 davor, dass die
wirtschaftliche Betrachtungsweise als „Allheilmittel“ genutzt wird, um vielschichtige Sachver-
halte, wie sie in der Praxis häufig anzutreffen sind, als vermeintlichen Gesamtsachverhalt zu
bezeichnen. Dieser wird sodann einer pauschalen anfechtungsrechtlichen Beurteilung unter-
worfen. Diese Vorgehensweise birgt das Risiko, „die vom Gesetz aufgestellten Tatbestands-
merkmale in nicht legitimer Weise zu verwässern und damit im Ergebnis die dahinterstehenden
Wertungen zu übergehen“.585 Vor diesem Hintergrund ist mE einer dogmatisch „sauberen“ Lö-
sung, wonach die Zahlungsein- und -ausgänge und die Aufrechterhaltung des Kreditverhältnis-
ses als getrennte Rechtshandlungen zu werten sind, den Vorrang zu geben. Konkret für das
Cash-Pooling würde dies bedeuten, dass neben der „Aufrechterhaltung“ des Kreditverhältnisses
auch die einzelnen Zahlungsflüsse zum Liquiditätsausgleich anfechtbar sind. Mittels eigener
Lösungsansätze wurde dargelegt, dass die Kreditgewährungen und -rückzahlungen als Rechts-
geschäfte einzuordnen sind. Nach der mE zutreffenden Auffassung von König/Trenker, die sich
aber gegen die hL und teils der Rsp stellt, sind Verfügungsgeschäfte ohnehin unter Rechtsge-
schäfte iSd § 31 2. Fall zu subsumieren. Dem folgend unterliegen die Zahlungsein- und -aus-
gänge beim Cash-Pooling der Anfechtung nach diesem Fall.

3.4.6.3 Kenntnis bzw Kennenmüssen der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung in-


nerhalb eines Cash-Pool-Systems?

3.4.6.3.1 (Schuldhafte Un-)Kenntnis der Konzernmutter

Wird die Muttergesellschaft als Anfechtungsgegnerin in der Insolvenz einer ihrer Tochterge-
sellschaften, sohin beim Cash-Pooling der Pool-Gesellschaft oder der Master-Company, be-
langt, muss sie – für eine erfolgreiche Anfechtung nach § 31 IO – Kenntnis bzw zumind

583
Schummer, ÖBA 2002, 173 (179).
584
Riss, RdW 2008, 42 (44).
585
Riss, RdW 2008, 42 (44).

78
schuldhafte Unkenntnis von der materiellen Insolvenz bzw der Stellung eines Insolvenzantrags
über das Vermögen ihrer Tochtergesellschaft treffen.586

In einem Konzern sind gem § 247 Abs 3 UGB die Tochtergesellschaften verpflichtet, ihre Jah-
resabschlüsse, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte und ggf die Prüfungs-
berichte und Zwischenabschlüsse der Konzernmutter zur Verfügung zu stellen. In einer GmbH
bestehen Informations- und Einsichtsrechte der Muttergesellschaft gem § 22 Abs 2 GmbHG
aber auch unabhängig von dem Vorliegen eines Konzernverhältnisses.587 Indizieren die in § 247
Abs 3 UGB und § 22 Abs 2 GmbHG genannten Unterlagen Zahlungsunfähigkeit bzw Über-
schuldung, stellt dies mE eine Tatsache dar, die einen Rückschluss auf die Zahlungsunfähigkeit
/ Überschuldung des Schuldners zulässt. Da die gesetzlichen Informationsrechte und -pflichten
der Muttergesellschaft einen umfassenden Überblick über die finanzielle Lage ihrer Tochterge-
sellschaft verschaffen, wird der Konzernmutter idR positive Kenntnis iSd § 31 IO vorwerfbar
sein.588 Als nahe Angehörige iSd § 32 IO589 obliegt ihr der Beweis des Gegenteils.590 Dennoch
sind mMn Konstellationen denkbar, in denen die Konzernmutter trotz gesetzlicher Auskunfts-
rechte keine positive Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung einer ihrer Toch-
tergesellschaften erlangen konnte. Das ist bspw der Fall, wenn die finanzielle Schieflage einer
ihrer Pool-Gesellschaften erst nach Erstellung und Vorlage des Jahresabschlusses und des La-
geberichts im Laufe des Geschäftsjahres eingetreten ist und kein Frühwarnsystem eingerichtet
worden war bzw dessen Funktion versagt hat. Mithilfe eines solchen Frühwarnsystems sollen
regelmäßig Mitteilungen über die Lage der einzelnen Cash-Pool-Teilnehmer sowie Eilmeldun-
gen bei Überschuldung, der Vergabe eigenkapitalersetzender Kredite oder bei sonstigen außer-
gewöhnlichen Risiken erfolgen.591

Wird positive Kenntnis der Konzernmutter aus diesen Gründen ausgeschlossen, kann ihr aber
schuldhafte Unkenntnis wegen einer allfälligen Verletzung ihrer Nachforschungspflichten vor-
geworfen werden. Welche Nachforschungen anzustellen sind, entscheidet sich nach den „zu
Gebote stehenden Auskunftsmittel, in dem Maß ihrer vernunftgemäß zumutbaren Heranziehung

586
Vgl bereits Kapitel 3.4.6.1
587
Billek, Cash Pooling 44.
588
Vgl Rittscher, Cash-Management-Systeme 176 zu § 130 Abs 1 Z 1 InsO.
589
Vgl Kapitel 3.2.3.2.2.
590
Bollenberger in KLS, Kommentar § 31 IO Rz 23; iZm Cash-Pooling Rittscher, Cash-Management-Systeme
176.
591
Ausführlich zum Frühwarnsystem Decker, ZGR 2013, 392 (401 f); Rittscher, Cash-Management-Systeme 45;
Vetter in Lutter/Bayer, Holding-Handbuch Rz 11.131.

79
und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung“.592 Je konkreter die Verdachtsgründe sind und
je leichter sich Nachforschungen anstellen lassen, umso weitreichender ist die Nachforschungs-
pflicht.593 Daraus ergibt sich, dass dort, wo sich Informationen leichter einholen lassen (zB bei
Banken), ein strengerer Maßstab angelegt werden kann.594 Dieser gilt mE auch für die Kon-
zernmutter, weil sie zum einen im Falle eines installierten Frühwarnsystems leicht an Informa-
tionen über ihre Tochtergesellschaften gelangt. Zum anderen ist ihre Funktion mit jener der
Bank vergleichbar, wenn sie das Cash-Pooling abwickelt.595 Ebenso wie eine Bank kann näm-
lich auch die das Cash-Pooling betreibende Konzernmutter – im Gegensatz zu anderen Anfech-
tungsgegnern – leichter Einblick in die wirtschaftliche Lage des Insolvenzschuldners erhal-
ten.596 Demzufolge wird mMn der Konzernmutter idR zumind schuldhafte Unkenntnis vor-
werfbar sein – va in jenen Cash-Pool-Systemen, in denen ein Informationssystem eingerichtet
ist bzw die Konzernmutter das Cash-Pooling betreibt, weil hierbei ein besonders strenger Maß-
stab anzulegen ist. Natürlich ist auch in diesem Zusammenhang zu beachten, dass das Vorliegen
konkreter Verdachtsgründe sowie die Reichweite der Nachforschungspflichten stets im Einzel-
fall zu beurteilen sind.597

3.4.6.3.2 (Schuldhafte Un-)Kenntnis der Master-Company

Ist eine Master-Company mit der Liquiditätssteuerung betraut, wird auch sie Informationen
über die Liquiditätslage der Konzernunternehmen haben. Ansonsten wäre ihr das Betreiben von
effektivem Cash-Pooling gar nicht möglich.598 Da die Master-Company aber idR keine Anteile
an den Pool-Gesellschaften hält, stehen ihr von Gesetzes wegen keine Informationsrechte zu.
In Betracht kommt allerdings die vertragliche Einräumung von Auskunftsrechten, die regelmä-
ßig im internen Cash-Pool-Vertrag enthalten sind.599 Bereits der Umstand, dass die Master-
Company stets Informationen über die Liquidität und Bonität aller Beteiligten für die Abwick-
lung von Cash-Pooling erhält, ist mE als Tatsache zu werten, die positive Kenntnis der materi-
ellen Insolvenz eines Cash-Pool-Teilnehmers begründet. Wird eine gegenteilige Ansicht ver-
treten, könnte zumind eine Verletzung von Nachforschungspflichten vertreten werden; die

592
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.25; RIS-Justiz RS0064672 (T1).
593
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 31 IO Rz 64.
594
RIS-Justiz RS0064794 (T6).
595
Marwyk, ZInsO 2015, 335 (338) mwN.
596
Vgl zur Rechtfertigung des strengen Maßstabs bei Banken RIS-Justiz RS0064794 (T6).
597
Rebernig in Konecny, Insolvenzgesetze § 31 IO Rz 58; RIS-Justiz RS0065136, RS0042837.
598
Billek, Cash Pooling 21.
599
Billek, Cash Pooling 22.

80
Master-Company trifft sodann schuldhafte Unkenntnis. Bestehen vertraglich begründete Aus-
kunftsmittel, müssen diese nämlich ausgeschöpft werden.600 Auch bei der Master-Company
wird die Kenntnis bzw die schuldhafte Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit / Überschul-
dung gem § 31 Abs 1 Z 1 IO iVm § 32 Abs 2 Z 3 IO, § 9 EKEG gesetzlich vermutet.601

3.4.6.3.3 (Schuldhafte Un-)Kenntnis der Pool-Gesellschaften

Fraglich ist, ob auch Pool-Gesellschaften die Kenntnis bzw das Kennenmüssen einer allfälligen
Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung anderer Cash-Pool-Teilnehmer vorgeworfen werden
kann. In den folgenden Ausführungen wird zum Zweck einer verständlichen Aufarbeitung von
einem zweistufigen Konzern ausgegangen; die Pool-Gesellschaften halten hierbei keine Betei-
ligungen an anderen Pool-Gesellschaften.

Der BGH hat in der „Bremer-Vulkan-Entscheidung“602 judiziert, dass in Cash-Pool-Systemen


eine Aufklärungspflicht der Konzernmutter gegenüber allen Beteiligten eines solchen Liquidi-
tätsausgleichsystems besteht. Infolgedessen könnte davon ausgegangen werden, dass den Pool-
Gesellschaften die Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung anderer Cash-Pool-Teilnehmer wo-
möglich bekannt war bzw bekannt sein musste. Obwohl sich die österr Jud zu Informations-
rechten und -pflichten in einem Cash-Pool-System bisweilen noch nicht geäußert hat, scheint
auch im österr Recht eine solche Aufklärungspflicht geboten.603 Diese lässt sich zum einen als
Treuepflicht aus dem besonderen Vertrauensverhältnis durch die Einrichtung eines Cash-Pool-
Systems ableiten.604 Zum anderen legen auch kapitalerhaltungsrechtliche Vorschriften eine In-
formationspflicht der Konzernmutter gegenüber den Pool-Gesellschaften nahe. Ihnen muss eine
sorgfältige Überprüfung ihrer Teilnahme am Cash-Pool-System jederzeit möglich sein.605

Unklar ist jedoch, wie umfassend die Informationspflicht ist; Einschränkungen können sich aus
der (lediglich dispositiven) Verschwiegenheitspflicht iZm dem Geschäftsbesorgungsauftrag er-
geben.606 In der „Bremer-Vulkan-Entscheidung“ sah der BGH607 die Konzernmutter nur unter

600
König/Trenker, Anfechtung6 Rz 11.27/1.
601
Vgl dazu Kapitel 3.2.3.2.3.
602
BGH II ZR 178/99.
603
Billek, Cash Pooling 19.
604
Billek, Cash Pooling 18; BGH II ZR 178/99.
605
Billek, Cash Pooling 23 mwN.
606
Im Zusammenhang mit Cash-Pooling Billek, Cash Pooling 19 f; ausf zur Verschwiegenheitspflicht beim Ge-
schäftsbesorgungsauftrag Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 1009 ABGB Rz 55 ff.
607
So auch BGH II ZR 178/99.

81
der Voraussetzung, dass eine Verschlechterung der Vermögens- und Liquiditätslage des ge-
samten Konzerns eintritt, zur Auskunft gegenüber den Pool-Gesellschaften verpflichtet. Ande-
renfalls käme es zu einer Schädigung der Pool-Gesellschaften, weil ansonsten die Rückzahlun-
gen der von ihr eingezahlten Beträge gefährdet seien. Billek608 vertritt für das österr Recht
ebenso die Auffassung, dass die Informationspflicht der Konzernmutter den Pool-Gesellschaf-
ten ermöglichen müsse, rechtzeitig Kenntnis von einer konkreten Gefährdung des Cash-Pools
zu erlangen. Infolgedessen werden – sofern die Auskunftspflicht der Muttergesellschaft wahr-
genommen worden ist – die Pool-Gesellschaften idR Kenntnis über die materielle Insolvenz
der das Cash-Pooling abwickelnden Gesellschaft (Konzernmutter / Master-Company) haben.
Allerdings wird es mE Pool-Gesellschaften grds nicht möglich sein herauszufinden, welche(s)
zahlungsunfähige bzw überschuldete Konzernunternehmen die Krise im Konzern auslöste(n).
Die Informationspflicht der Konzernmutter reiche nach der Auffassung von Billek609 nämlich
nicht so weit, dass detaillierte Unternehmenskennzahlen über die übrigen Pool-Gesellschaften
bereitgestellt werden müssen. Dementsprechend werden Pool-Gesellschaften idR keine posi-
tive Kenntnis von einer bereits bestehenden Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung einer ande-
ren Pool-Gesellschaft erhalten. Meiner Meinung nach wird auch schuldhafte Unkenntnis der
Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung grds auszuschließen sein. Dies ist jedoch abhängig da-
von, ob die Errichtung eines Cash-Pool-Systems einen Umstand begründet, der eine Pflicht der
Pool-Gesellschaften zur Nachforschung über die finanzielle Situation anderer Cash-Pool-Teil-
nehmer nahelegt.

608
Billek, Cash Pooling 21, 23 f.
609
Billek, Cash Pooling 23.

82
4 Fazit
Konzernweites Cash-Pooling ist ein Instrument des Cash-Managements, mit dem der optimale
Liquiditätsausgleich innerhalb einer Unternehmensgruppe erreicht werden kann. Zu diesem
Zweck finden zwischen der Konzernmutter bzw der Master-Company als eigens eingerichtete
Betreibergesellschaft und den Pool-Gesellschaften (idR bankarbeitstäglich vorgenommene)
Zahlungsflüsse statt. In der gegenständlichen Arbeit wurde die Anfechtbarkeit, der Anfech-
tungsgegner und die Anfechtungsgrundlagen dieser Zahlungsflüsse nach §§ 27 ff IO beleuchtet.
Die wesentlichen Ergebnisse dieser Untersuchung werden nun zu einem Fazit zusammenge-
fasst.

Hinsichtlich der privatrechtlichen Einordnung ist zwischen den Rechtsbeziehungen zur Ein-
und Durchführung von Cash-Pooling und den dabei stattfindenden Zahlungsflüssen zum Liqui-
ditätsausgleich zu unterscheiden. Als Rechtsgrundlage zur Ein- und Durchführung von Cash-
Pooling dient einerseits ein interner Cash-Pool-Vertrag, der die Rechtsbeziehungen zwischen
der Master-Company und den Pool-Gesellschaften regelt, und andererseits ein externer Cash-
Pool-Vertrag. Letzterer dient der praktischen Durchführung des Zahlungsverkehrs und wird
zwischen der Master-Company und externen Kreditinstituten abgeschlossen. Sowohl der in-
terne als auch der externe Cash-Pool-Vertrag sind nach hM als Bevollmächtigungsvertrag iSd
§§ 1002 ABGB zu qualifizieren und als Rahmenvereinbarung konzipiert. Die Zahlungsflüsse
zum Liquiditätsausgleich sind hingegen – seit Einführung des DaKRÄG – als Kredite, in con-
creto als revolvierende Kontokorrentkredite, einzuordnen. Diese berechtigen den Kreditnehmer
zum jederzeitigen Abruf der Kreditvaluta sowie zu deren jederzeitigen Rückzahlung. Beim
Cash-Pooling können – je nach Saldo am internen Verrechnungskonto – die Master-Company
sowie die Pool-Gesellschaften die Rolle des Kreditgebers bzw des Kreditnehmers einnehmen.
Da die wechselseitigen Forderungen beim Cash-Pooling idR nicht besichert werden, wird in
der Arbeit von einem ungesicherten Kontokorrentkredit ausgegangen.

Vor der anfechtungsrechtlichen Analyse der Zahlungsflüsse zum Liquiditätsausgleich beim


Cash-Pooling wurde die Anwendbarkeit der Insolvenzanfechtung trotz der Konkurrenz zu an-
deren Rechtsnormen bejaht. Anfechtungsansprüche nach §§ 27 ff IO können kumulativ oder
alternativ zum Verbot der Einlagenrückgewähr, zum EKEG und zur Aufrechnung nach § 19 f
IO geltend gemacht werden. Gegenüber dem Verbot der Einlagenrückgewähr erweist sich die
Insolvenzanfechtung insb bezüglich des Kreises der Anfechtungsgegner als vorteilhafter; zu-
dem können auf Grundlage der Insolvenzanfechtung auch gutgläubig bezogene Gewinnanteile
von Gesellschaftern rückgefordert werden.

83
Untersuchter Anfechtungsgegenstand sind – entsprechend der Praxis zur Anfechtung revolvie-
render Kontokorrentkredite – die Zahlungsein- und -ausgänge, die zwischen der Master-Com-
pany und den Pool-Gesellschaften zum Zweck des konzernweiten Liquiditätsausgleichs inner-
halb eines Cash-Pool-Systems vorgenommen werden. Die allgemeinen Anfechtungsvorausset-
zungen sind hierbei gegeben. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der hL in Deutschland, der
sich der BGH angeschlossen hat. Obwohl die Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling als kontokor-
rentgebundene Leistungen keine Tilgungswirkung mehr entfalten können und ihre Selbststän-
digkeit verlieren, rufen sie dennoch rechtliche Wirkungen hervor. Sie sind die Berechnungs-
grundlage des kausalen Saldos; diesem kommt überdies unmittelbare rechtliche Wirkung zu,
wenn eine (wirksame) Saldoanerkennung unterbleibt. Die Zahlungsflüsse sind infolgedessen
sowohl beim effektiven als auch beim fiktiven Cash-Pooling als Rechtshandlungen iSd § 27 IO
zu qualifizieren. Diese sind als Verfügungsgeschäfte einzuordnen, weil die Trennungstheorie,
wonach jede Kreditausnützung ein eigenes Kredit- und somit Verpflichtungsgeschäft begrün-
det, für das Anfechtungsrecht aufgrund der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht
aufrechterhalten werden kann. Des Weiteren betreffen die einzelnen Zahlungsflüsse – jeden-
falls beim effektiven Cash-Pooling – das insolvenzunterworfene Vermögen des Schuldners.
Deckt die Master-Company den Liquiditätsbedarf einer Pool-Gesellschaft mit Mitteln aus dem
Cash-Pool, könnte dies einer Zahlung mit fremden Mitteln gleichkommen, womit Vermögens-
wirksamkeit in der Insolvenz der Master-Company aufgrund der Verfügung über fremdes, nicht
aber eigenes Vermögen zu verneinen wäre. Meiner Meinung nach sind die an die Master-Com-
pany geleisteten Mittel jedoch sehr wohl ihrem Vermögen zugehörig, weil sie wirtschaftliche
und somit idR auch zivilrechtliche Eigentümerin der durch das Cash-Pooling entstandenen
Konzernforderungen und -verbindlichkeiten ist. Dass die von den Pool-Gesellschaften abge-
führte Liquidität in das Vermögen der Master-Company übergeht, bestärkt darüber hinaus ein
Rückzahlungsanspruch der Pool-Gesellschaften. Vermögenswirksamkeit ist mE auch beim fik-
tiven Cash-Pooling gegeben, insofern ein bloß mittelbarer Vermögensbezug in Form von Zins-
abgaben und Cash-Management-Gebühren für ausreichend erachtet wird. Ebenso ist die Be-
friedigungstauglichkeit der Anfechtung und die Gläubigerbenachteiligung durch die Zahlungs-
flüsse zu bejahen. In der vorliegenden Arbeit wurde in Anlehnung an die dt Lehre veranschau-
licht, dass die Zahlungsflüsse nicht nur in Form von Kreditrückzahlungen für die Befriedi-
gungsaussichten der Gläubiger nachteilig sind, sondern auch Kreditgewährungen. Diese sind
mittelbar nachteilig, wenn infolge der Insolvenz des Vertragspartners eine Rückzahlung nicht
mehr getätigt werden kann. Allerdings können bei der Insolvenzanfechtung nach österr Recht
die Kreditgewährungen und -rückzahlungen nicht isoliert betrachtet werden; vielmehr ist eine

84
wirtschaftliche Betrachtungsweise einzunehmen. Demzufolge kann beim Kontokorrentkredit
ohne Überziehung des Kreditrahmens nur die Saldosenkung, die Differenz zwischen dem
Höchststand des Kredits innerhalb der kritischen Frist und dem niedrigeren Stand im Zeitpunkt
der Insolvenzeröffnung, angefochten werden.

Als besondere Anfechtungsvoraussetzungen wurden insb die Zahlungsunfähigkeit und die


Überschuldung als objektive Tatbestandsmerkmale der §§ 30, 31 IO auserwählt und – einge-
schränkt auf die Insolvenz einer Pool-Gesellschaft – in Bezug auf die Besonderheiten beim
Cash-Pooling erörtert. Aus rechtlicher Sicht wurde va geprüft, ob die (Rück-)Zahlungsansprü-
che auf liquide Mittel aus dem Cash-Pool „bereite“ bzw solche Zahlungsmittel sind, die sich
„alsbald verschaffen“ lassen und somit bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit positiv zu be-
rücksichtigen sind. Dies ist zu bejahen, sofern die Master-Company leistungsfähig sowie leis-
tungswillig ist und die Ansprüche kurzfristig, also binnen der Drei-Monats-Frist, durchsetzbar
sind. Für die Durchsetzbarkeit der (Rück-)Zahlungsansprüche beim Cash-Pooling ist mE – an-
gelehnt an die Rsp zur Konzernfinanzierung – eine rechtsverbindliche Finanzierungszusage er-
forderlich. Diese ist mE aus dem internen Cash-Pool-Vertrag abzuleiten. Betreffend der Über-
schuldung sind die (Rück-)Zahlungsansprüche auf tatsächliche (nicht fiktive), liquide Mittel als
Aktiva im Überschuldungsstatus anzusetzen, wenn sie nicht eigenkapitalersetzend sind. Außer-
dem sind bei der Erstellung der Fortbestehensprognose die Besonderheiten beim Cash-Pooling,
wie zB die starke, wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit der Pool-Gesellschaften und deren wirt-
schaftliche Abhängigkeit von der Master-Company, zu berücksichtigen. Ein Hauptaugenmerk
bei den besonderen Anfechtungsvoraussetzungen wurde darauf gelegt, welche Cash-Pool-Teil-
nehmer Teil der familia suspecta iSd § 32 IO sind. Im Regelfall wird ein Angehörigenverhältnis
der Cash-Pool-Teilnehmer aufgrund deren Stellung als Gesellschafter iSd EKEG begründet
(§ 32 Abs 2 Z 3 IO). Da die tatsächlichen Zahlungsflüsse beim Cash-Pooling als Kettenkredite
zu klassifizieren sind und demnach nicht von der Ausnahme des § 3 Abs 1 Z 1 EKEG (Über-
brückungskredit) erfasst sind, ist das EKEG auf das effektive Cash-Pooling, nicht jedoch auf
das fiktive, anwendbar. Mit der Einführung des Art 2 Z 2 RIRUG wurde der Anwendungsbe-
reich des § 32 IO auf alle Gesellschafter iSd EKEG erstreckt; nunmehr sind nicht mehr aus-
schließlich Gesellschafter nach § 5 EKEG Teil der familia suspecta. Dies führte auch beim
Cash-Pooling zu grundlegenden Änderungen bezüglich der Begründung einer Angehörigenei-
genschaft. Die Konzernmutter wird grds auf Grundlage von § 5 EKEG (unmittelbare Beteili-
gung) und nach § 8 EKEG (mittelbare Beteiligung) nahe Angehörige iSd § 32 IO sein. Wickelt
jedoch nicht die Konzernmutter, sondern – wie in der Praxis üblich – die Master-Company das
Cash-Pooling ab, ist diese hingegen als Gesellschafterin gem § 9 EKEG zu qualifizieren. Die

85
Master-Company ist Kreditgeberin horizontaler Zahlungsflüsse auf Weisung einer gemeinsa-
men Muttergesellschaft und somit Gesellschafterin sowie nahe Angehörige gem § 32 Abs 2 Z 3
IO iVm § 9 EKEG. Dasselbe trifft auf Pool-Gesellschaften zu, wenn sie als Kreditgeber auftre-
ten. Die Weisung wird aus dem internen Cash-Pool-Vertrag abgeleitet.

Als Anfechtungsgegner ist bei aufsteigenden Zahlungsflüssen zum Liquiditätsausgleich mMn


die das Cash-Pooling abwickelnde Gesellschaft, die Master-Company bzw Konzernmutter, zu
belangen. Werden hingegen liquide Mittel aus dem Cash-Pool an die Pool-Gesellschaften zur
Beseitigung deren Liquiditätsdefizits geleistet, sind mE die Pool-Gesellschaften in der Insol-
venz der Master-Company im Anfechtungsverfahren passivlegitimiert. In der Insolvenz einer
Pool-Gesellschaft sind mMn jedoch andere Pool-Gesellschaften im Normalfall nicht Adressa-
ten des Anfechtungsanspruchs. Eine solche Ansicht setzt voraus, dass die Master-Company als
eigens gegründete Zweckgesellschaft zur Überwälzung von Insolvenzrisiken angesehen wird.
Sie fungiere als „Strohmann“, wodurch ein Durchgriff auf die „Hintermänner“, die Pool-Ge-
sellschaften, zulässig wäre. Diese mE korrekte Auffassung stößt jedoch auf praktische Schwie-
rigkeiten, weil infolge der beim Master-Account stattfindenden Vermengung der Zahlungsmit-
tel die Pool-Gesellschaften weder als primäre noch als sekundäre Anfechtungsgegner gem § 38
Abs 2 IO identifiziert werden können. Die Pool-Bank wird im Anfechtungsverfahren nur in
Ausnahmefällen zu belangen sein. Als bloße Leistungsmittlerin kommt sie nur dann als An-
fechtungsgegnerin infrage, wenn zB ein kollusives Zusammenwirken mit dem Insolvenz-
schuldner vorliegt oder sie zugunsten bestimmter Gläubiger nach eigenen Vorstellungen Über-
weisungen durchführt. Ihre Passivlegitimation kann aber nicht nur aufgrund ihrer Funktion als
Leistungsmittlerin des Schuldners, sondern auch wegen ihrer Rolle als Geldempfangsmittlerin
des Gläubigers begründet werden. Hierbei kann sie nur dann in Anspruch genommen werden,
wenn beispielsweise Zahlungen an die Bank des Gläubigers geleistet werden und der Wille des
Insolvenzschuldners auf eine Befriedigung der Bank gerichtet ist; dies muss für die Bank auch
erkennbar sein. Eine unentgeltliche Zuwendung an die Pool-Bank in ihrer Funktion als Geld-
empfangsmittlerin kann beim Cash-Pooling, wenn beispielsweise die Master-Company Über-
weisungen an eine mittellose Pool-Gesellschaft zur Deckung ihres Liquiditätsbedarfs tätigt,
ebenso verneint werden.

Wird ein Anfechtungsanspruch auf § 28 IO gestützt, wird für die Annahme von Benachteili-
gungsabsicht bei der Kreditgewährung innerhalb eines Cash-Pool-Systems erforderlich sein,
dass der Kreditgeber Kenntnis bzw schuldhafte Unkenntnis von dem statu cridae des Kredit-
nehmers hatte. Benachteiligungsabsicht kann dem Kreditgeber nämlich nur dann unterstellt

86
werden, wenn er vorsätzlich in Kauf nimmt, dass der gewährte Kredit nicht mehr zur Gänze
zurückgezahlt werden kann. Bei der kongruenten Rückzahlung von Kreditvaluta außerhalb der
Insolvenz müssen weitere Indizien gegeben sein, um Benachteiligungsabsicht bejahen zu kön-
nen. Gebührende Deckung ist nämlich ein Indiz für fehlenden Benachteiligungsvorsatz. In sol-
chen Fällen muss es dem zukünftigen Insolvenzschuldner mehr auf die Schädigung seiner Gläu-
biger als auf die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ankommen, wofür spezifische Hin-
weise vorliegen müssen. Im Gegensatz zum dt Recht besteht in Österreich keine gesetzliche
Vermutung der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatzes des Schuld-
ners, wenn der Anfechtungsgegner zugleich Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit
und der gläubigerbenachteiligenden Wirkung der Rechtshandlung hatte. Von der Kenntnis der
Zahlungsunfähigkeit eines Cash-Pool-Teilnehmers darf nach österr Recht nicht ohne Weiters
auf die Kenntnis von Benachteiligungsabsicht geschlossen werden. Nichtsdestotrotz ist die
Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit ein wichtiges Indiz für die Annahme der Kenntnis der Be-
nachteiligungsabsicht.

Eine Anfechtung der Zahlungsflüsse auf der Grundlage von § 28 Z 4 IO ist mE auszuschließen,
weil die beim Cash-Pooling stattfindenden Kreditaus- und -rückzahlungen nicht vom engen
Anwendungsbereich der Vermögensverschleuderung erfasst sind.

Bei rechtmäßig durchgeführtem Cash-Pooling, wenn also Entgelt in Form von Zinsen für die
Bereitstellung der Liquidität und Cash-Management-Gebühren für die Abwicklung geleistet
worden sind, wird eine Anfechtung der Kreditgewährungen als unentgeltliche Verfügungen
gem § 29 IO grds scheitern. Doch auch wenn keine Zinszahlungen und Cash-Management-
Gebühren erbracht worden sind, selbst wenn die Liquiditätssicherung der Master-Company
verloren geht und sie als Anfechtungsgegnerin belangt wird, wird eine Anfechtung nach § 29
IO ins Leere gehen. Unentgeltlichkeit ist nämlich bereits dann ausgeschlossen, wenn ein eigen-
wirtschaftliches Interesse gegeben ist – dies liegt beim Cash-Pooling in der Erhaltung eines
Cash-Pool-Teilnehmers bzw des gesamten Cash-Pools. Allerdings ist – um eine ausufernde
Umgehung nach § 29 IO zu verhindern – mE eine Einschränkung des eigenwirtschaftlichen
Interesses angezeigt. Demzufolge wird ein Kredit an einen in der Krise befindlichen Cash-Pool-
Teilnehmer nur dann in eigenwirtschaftlichem Interesse gewährt und somit von der Anfecht-
barkeit nach § 29 IO ausgeschlossen, wenn die Sanierung des Kreditnehmers und folglich die
Kreditrückzahlung zum Zeitpunkt der Kreditvergabe nicht völlig aussichtslos scheinen.

Im Hinblick auf die Begünstigungsanfechtung (§ 30 IO) wurde in der gegenständlichen Arbeit


festgestellt, dass mit den debetmindernden Zahlungseingängen sowie mMn auch mit den
87
Zahlungsausgängen zwar keine Befriedigung, sehr wohl aber eine Herstellung der Aufrech-
nungslage und sohin eine Sicherstellung erreicht werden kann. Wohingegen der OGH die Zah-
lungseingänge und Wiederausnutzungen beim Kontokorrentkredit als Zug-um-Zug-Leistungen
qualifiziert und deshalb nur die Debetminderung anfechtbar sei, liegt nach einem TdL sowie
mMn kein Zug-um-Zug-Verhältnis vor. Dementsprechend sind die Kreditausnutzungen und -
rückführungen beim Cash-Pooling gem § 30 IO sowie § 31 Abs 1 Z 1 und 2, jeweils 1. Fall, IO
anfechtbar, weil eine insolvenzrechtliche Gläubigerstellung im Sinne dieser Normen gegeben
ist. Diese Ansicht ist va darauf zurückzuführen, dass Kreditauszahlungen nicht von vorherigen
Kreditrückführungen abhängen, wenn der Kreditrahmen nicht überzogen wird. Ein anderes Er-
gebnis, nämlich ein Zug-um-Zug-Verhältnis, lasse sich mE nur begründen, wenn eine neuerli-
che Kreditgewährung erst dann erfolgt, wenn der Kredit rückgeführt worden ist (Vorleistung).
Hierbei ist allerdings fraglich, ob der Zweck von Cash-Pooling, die jederzeitige Liquiditätszu-
führung bei Bedarf bzw im Falle von Überschüssen, erreicht werden kann. Darüber hinaus müs-
sen die Kreditgewährungen und -rückzahlungen innerhalb eines engen zeitlichen Zusammen-
hangs erfolgen; eine Rückzahlung binnen sechs Wochen nach Kreditgewährung ist der österr
Rsp zufolge jedenfalls zu spät. Rückzahlungen eines ungesicherten Kontokorrentkredits vor
dessen Kündigung werden von der stRsp als inkongruente Leistungen gewertet, weil der Kre-
ditgeber während der Laufzeit des Kredits keinen Anspruch auf die Kreditrückführungen hat.
Beim Cash-Pooling besteht jedoch ein vertraglicher Anspruch auf Abgabe der Liquiditätsüber-
schüsse der Pool-Gesellschaften bzw auf Deckung deren Liquiditätsbedarfs durch die Master-
Company aus dem internen Cash-Pool-Vertrag. Aus diesem Grund geht Rittscher – mE zutref-
fend – von der Kongruenz der Kreditrückzahlungen aus. Dies ist nach Rsp des BGH umso mehr
anzunehmen, wenn die Leistung zur fremdnützigen Erfüllung von Vertragspflichten diene.
Demgemäß ist ein inkongruenter Erwerb der Pool-Bank jedenfalls ausgeschlossen, weil es beim
Empfang fremder Forderungen nicht mehr darauf ankomme, ob der Empfänger die Gläubiger-
deckung zu beanspruchen hatte.

Bei der Kenntnisanfechtung gem § 31 IO wurde insb darauf eingegangen, ob die Kreditgewäh-
rungen und -rückzahlungen als Rechtsgeschäfte einzuordnen sind. Für die Einordnung der Zah-
lungsflüsse beim Cash-Pooling als Rechtsgeschäfte sprechen va historische und teleologische
Argumente sowie der Umstand, dass Kreditausnützungen und -rückführungen mMn nicht le-
diglich Realakte darstellen. Der Anwendungsbereich des zweiten Anfechtungsfalls des § 31 IO
ist schließlich eröffnet. § 31 verlangt zudem Kenntnis bzw Kennenmüssen des Anfechtungs-
gegners von der Zahlungsunfähigkeit / Überschuldung bzw der Stellung eines Insolvenzantrags
über das Vermögen des Schuldners. Kenntnis wird bei der Konzernmutter aufgrund der ihr

88
zustehenden gesellschaftsrechtlichen Auskunftsrechte und im Falle eines eingerichteten Früh-
warnsystems im Regelfall zu bejahen sein. Anderenfalls wird sie zumind schuldhafte Unkennt-
nis infolge einer Verletzung ihrer Nachforschungspflichten treffen. Dabei ist ein strenger Maß-
stab anzulegen, weil es ihr idR leicht möglich ist, Informationen über die Liquiditätslage ihrer
Tochtergesellschaften (Master-Company, Pool-Gesellschaften) einzuholen. Kenntnis bzw
schuldhafte Unkenntnis der materiellen Insolvenz eines Cash-Pool-Teilnehmers wird auch der
Master-Company vorwerfbar sein. Um das Cash-Pooling abwickeln zu können, wird auch sie
Informationen über die Liquiditätslage der Konzernunternehmen haben. Ebenso werden Pool-
Gesellschaften im Regelfall Kenntnis bzw schuldhafte Unkenntnis von der materiellen Insol-
venz der das Cash-Pooling abwickelnden Gesellschaft (Konzernmutter, Master-Company) ha-
ben, weil – in Anlehnung an die „Bremer-Vulkan-Entscheidung“ des BGH – eine Auskunfts-
pflicht der Konzernmutter gegenüber den Pool-Gesellschaften über eine konkrete Gefährdung
des Cash-Pool auch im österr Recht geboten ist. Diese reicht allerdings idR nicht so weit, dass
die Pool-Gesellschaften wissen, welche(s) zahlungsunfähige bzw überschuldete Konzernunter-
nehmen die Liquiditätskrise auslöste(n). Während positive Kenntnis der Pool-Gesellschaften
von der Insolvenz einer anderen Pool-Gesellschaft zu verneinen ist, kann die Errichtung eines
Cash-Pool-Systems einen Umstand begründen, der eine Nachforschungspflicht, also schuld-
hafte Unkenntnis bei Verletzung dieser, nahelegt.

Abschließend ist festzuhalten, dass die Insolvenzanfechtung innerhalb eines Cash-Pool-Sys-


tems viele anspruchsvolle, aber auch spannende Fragen aufwirft. Die gegenständliche Arbeit
konzentriert sich auf die Insolvenzanfechtung von Zahlungsflüssen zum konzernweiten Liqui-
ditätsausgleich innerhalb eines Cash-Pool-Systems, wobei komplexe rechtliche Fragestellun-
gen mithilfe der dt Lit und Jud aufgearbeitet und eigene Lösungsansätze entwickelt wurden.
Allerdings besteht weiterhin Forschungsbedarf, der einer Arbeit in größerem Umfang vorbe-
halten bleibt. So konnte aufgrund des begrenzten Rahmens der Diplomarbeit beispielsweise
nicht mehr die anfechtungsrechtliche Situation von Zahlungsflüssen zu anderen Zwecken als
dem Liquiditätsausgleich, wie zB Zinszahlungen oder der Zahlungsverkehr mit Dritten (insb
beim untypischen Cash-Pooling iVm Netting), erörtert werden. Ebenso wenig konnte der seit
jeher umstrittene Anfechtungsumfang beim Kontokorrentkredit unter Berücksichtigung der Be-
sonderheiten beim Cash-Pooling detailliert erläutert werden. Dennoch wäre – wie eingangs dar-
gelegt – eine weiterführende Untersuchung der Insolvenzanfechtung innerhalb eines Cash-
Pool-Systems nicht nur von wissenschaftlicher, sondern auch von praktischer Relevanz.
Dadurch kann einerseits die bedeutende Funktion der Insolvenzanfechtung auch in

89
vielschichtigen Konzernsachverhalten sichergestellt und andererseits die anfechtungsfeste Ge-
staltung von Cash-Pool-Systemen erleichtert werden.

90
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V
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IX
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X
Verzeichnis der zitierten Rechtsprechung
Rechtsprechung des OGH
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OGH 6 Ob 288/66 15.3.1967 SZ 40/35
OGH 5 Ob 312/81 10.11.1981 JBl 1982, 380
OGH 1 Ob 785/82 23.2.1983 SZ 56/30
OGH 1 Ob 616/83 29.6.1983 JBl 1984, 495
OGH 7 Ob 690/83 17.11.1983 SZ 56/168
OGH 7 Ob 671/84 13.12.1984 SZ 58/213
OGH 2 Ob 662/86 24.2.1987 WBl 1987, 158
OGH 3 Ob 573/86 18.3.1987 WBl 1987, 157
OGH 5 Ob 509/95 14.3.1995 HS 26.914 = HS 26.922 = HS 26.928 = ÖBA 1995,
899 = RdW 1995, 302 = SZ 68/53 = ZIK 1995, 187
OGH 6 Ob 2086/96z 4.7.1996 ecolex 1997, 83 = HS 27.690 = HS 27.851 = ÖBA
1997, 205 = ÖBA 1997, 984 = RdW 1997, 404 =
ZIK 1997, 225
OGH 4 Ob 259/98m 15.12.1998 ÖBA 1999/808 = JUS Z/2721 = SZ 71/209 = ZIK
1999, 97
OGH 4 Ob 306/98y 15.12.1998 ÖBA 1999/793 (Bollenberger) = ÖJZ-LSK
1999/114 = ÖJZ-LSK 1999/115 = ÖBA 1999, 477
= RdW 1999, 317 (König) = RdW 1999, 350 = SZ
71/210 = ZIK 1999, 24
OGH 2 Ob 534/92 27.5.1992 ecolex 1992, 697
OGH 6 Ob 101/97i 19.6.1997 ZIK 1998, 131
OGH 4 Ob 39/99k 13.9.1999 ÖBA 2000/865 (Bollenberger) = ÖJZ-LSK 2000/22
= NZ 2001, 158 = ZIK 1999, 211
OGH 7 Ob 2/99s 20.10.1999 ecolex 2000/116 = JBl 2000, 450 = ÖBA 2000/888
= RdW 2000/137 = ZIK 2000/113
OGH 6 Ob 167/99y 15.12.1999 ÖBA 2000/904 = ZIK 2000/225
OGH 6 Ob 110/00w 23.11.2000 ecolex 2001, 369 (Widhalm) = ÖBA 2002, 173
(Schummer) = ÖBA 2002/1016 = RdW 2001/320 =
SZ 73/182 = RdW 2001/321 = ZIK 2001/269

XI
OGH 1 Ob 144/01k 26.2.2002 AR 2005 H 1, 26 (Gruber) = ecolex 2003/22 =
ecolex 2003, 524 (Kapsch/Grama) = GeS 2002, 26
(Fantur) = GesRZ 2002, 86 = GesRZ 2002, Kurz-
info X = JUS Z/3342 = JUS Z/3343 = RdW
2002/350 = RWZ 2002/58 (Wenger) = SZ 2002/26
= wbl 2002/227 =ZIK 2002/135
OGH 3 Ob 68/02z 24.6.2003 ecolex 2003/335 (Schumacher) = JBl 2004, 56 (Kö-
nig) = ÖBA 2003/1149 (Bollenberger) = RdW
2003/633 = RdW 2008/404 (Wöber) = SZ 2003/71
= ZIK 2003/235
OGH 1 Ob 136/03m 1.07.2003 ZIK 2004/126
OGH 9 Ob 24/04a 17.11.2004 ZIK 2005/150 = ÖBA 2005, 683 (Bollenberger) =
ÖBA 2005/1301
OGH 1 Ob 156/05f 18.10.2005 ecolex 2006/119 = JBl 2006, 326 = RZ 2006, 99 =
SZ 2005/146 = ZIK 2006/116
OGH 6 Ob 72/06s 9.11.2006 ecolex 2007/76 = ÖBA 2007/1430 (Fruhstorfer) =
ÖJZ-LS 2007/15/16 = RdW 2007/425= RdW
2008/404 (Wöber) = ZIK 2007/37 = ZIK 2007/65
(Richter)
OGH 8 Ob 104/07p 22.11.2007 ÖBA 2008/1487 = VR 2011/3 (Koziol) = Zak
2008/91
OGH 8 Ob 124/07d 17.12.2007 AnwBl 2008, 431 = ecolex 2008/159 = GeS 2008,
62 (Fantur) = GesRZ 2008, 159 (Luschin) = HS
38.063 = HS XXXVIII/8 = RWZ 2008/25 (Wenger)
= JBl 2008, 455 = ÖJZ EvBl 2008/77 = RdW
2008/216 = RZ 2008/EÜ 307/308 = SZ 2007/200 =
ZIK 2008/223
OGH 3 Ob 16/08m 10.4.2008 ecolex 2008/266 = HS 39.437= HS 39.421 = JUS
Z/4502 = NZ 2009/14= ÖBA 2008/1521 = ÖJZ-LS
2008/53 = RZ 2008/EÜ 412 = ZIK 2009/333
OGH 9 Ob 10/07x 7.5.2008 ecolex 2008/305 = ÖBA 2008/1509 (Bartlmä ) =
RdW 2008/552 = ZIK 2009/322
OGH 3 Ob 116/08t 19.11.2008 ecolex 2009/140 = HS 39.415= HS 39.416 = HS
39.417 = HS 39.423 = ÖBA 2009/1563 = RdW

XII
2009/373 = SZ 2008/168 = ZIK 2010/31 = ZIK
2010/7 (Zepke)
OGH 6 Ob 13/09v 19.2.2009
OGH 3 Ob 2/09d 19.5.2009 AnwBl 2009/8211 (Giesinger) = ecolex 2009/290 =
HS 40.337 = HS 40.338 = HS 40.339= JBl 2009,
795 = MietSlg 61.790 = NZ 2010/8, 25= ÖBA
2009/1584 = ÖJZ EvBl-LS 2009/132 = RdW
2009/733 (Doralt) = ZIK 2009/227 (Reisenhofer) =
ZIK 2009/253
OGH 3 Ob 51/10m 26.5.2010 AnwBl 2011, 6 = AnwBl 2011, 356 = AnwBl 2011,
407 = ecolex 2010/401 = GBU 2010/09/04 = GES
2010, 174 = GES 2010, 210 (Zollner) = HS 41.031
= HS 41.083 = HS 41.316 = JUS Z/4879 = NZ
2012/138 (Trenker) = ÖBA 2011/1719 (Karollus) =
ÖJZ EvBl-LS 2010/139 = RdW 2010/729 = RZ
2011/EÜ 3 = SZ 2010/59 = wbl 2010/224 = ZIK
2010/242 (Rebernig/Schmidsberger) = ZIK
2010/286
OGH 3 Ob 99/10w 19.1.2011 JBl 2011, 458 = ÖBA 2011/1747 (Bartlmä)= ÖBA
2012, 816 (Schumacher) = ÖBA 2019, 188 (Aig-
ner/Fellner) = ÖJZ EvBl 2011/105 (EvBl-Redaktion
/Konecny) = RdW 2011/430 = RZ 2011/EÜ 100 =
RZ 2011/EÜ 101/102/103 = Sachverständige 2015,
18 (Bachl) = SZ 2011/2 = ZIK 2011/124 (Widhalm-
Budak) = ZIK 2011/152 = ZIK 2013/128 (Reber-
nig/Zeitler) = ZIK 2021/189 (Pleninger) = ZWF
2017, 206 (Siart/Rieder) = ZWF 2021, 99 (Si-
art/Neuhold/Rieder) = ZWF 2021, 144 (Siart/Neu-
hold/Rieder)
OGH 3 Ob 168/11v 18.1.2012 JBl 2012, 316 = ÖBA 2012/1820 = ÖJZ EvBl
2012/72 (EvBl-Redaktion /Widhalm-Budak) = RdW
2012/435 = ZIK 2012/119 (Widhalm-Budak) = ZIK
2012/148

XIII
OGH 3 Ob 79/12g 08.8.2012 GesRZ 2013, 58 (Trenker) = JBl 2012, 804 (König)
= ÖBA 2012/1872 = RdW 2013/35 = ZIK 2013/6
(Fichtinger) = ZIK 2013/39
OGH 3 Ob 188/12m 19.12.2012 ÖBA 2013/1944 = RdW 2013/284 = ZIK 2013/94
OGH 3 Ob 150/15b 20.1.2016 ecolex 2016/139 = ÖBA 2016/2255 (Bollenberger)
= RZ 2016/EÜ 189 = SZ 2016/3 = ZIK 2016/137
OGH 10 Ob 93/15x 22.2.2016 ecolex 2016/265 = ÖBA 2016/2235 = RdW
2016/413 = ZIK 2016/306
OGH 3 Ob 137/16t 24.8.2016 ÖBA 2017/2316 = RdW 2017/84 = ZIK 2017/39
OGH 3 Ob 92/17a 30.8.2017 ARD 6607/16/2018 = ÖBA 2017/2414 = RdW
2017/560 = ZIK 2018/33 = ZFR 2018/14
OGH 3 Ob 182/17m 25.10.2017 ecolex 2018/179 = JBl 2018, 263 = ÖBA
2018/2452 = ZIK 2018/60 (Schneider) = ZIK
2018/88
OGH 3 Ob 204/17x 22.11.2017 ecolex 2018/107 = JBl 2018, 401 = ÖBA
2018/2451 = RdW 2018/182 = ZIK 2018/186 =
ZFR 2018/91 (Wolfbauer)
OGH 17 Ob 5/19p 2.5.2019 AnwBl 2019/234 = AR 2019/5 (Barnert) =DJA
2020/42 (Arnold/Pflug/Androsch) = ecolex
2019/321 (Welten) = ecolex 2019, 751 (Engin-
Deniz) = ecolex 2020, 1073 (Aburumieh) = GES
2019, 190 = GesRZ 2019, 344 (Edel) = JAP
2019/2020/4 (Rauter) = NZ 2019/74 (Foglar-Dein-
hardstein) = ÖBA 2019/2605 (Scheuwimmer) =
RdW 2019/539 = RWZ 2019/61 (Wenger) = taxlex-
SRa 2019/150 = wbl 2020/34 = ZIK 2019/197 =
ZIK 2019/153 (Reisch) = ZFR 2019/198 (Obrado-
vic/Demian) = ZFR 2019/207
OGH 17 Ob 6/19k 17.6.2019 ecolex 2019/376 (Grubhofer) = GesRZ 2020, 66
(Rastegar) = JBl 2019, 789 (König) = JUS Z/6562
= ÖBA 2019, 795 (Spitzer/Wilfinger) = ÖBA
2019/2614 = ÖJZ EvBl 2020/22 = RdW 2019/528 =
RZ 2019/EÜ 207 = VbR 2020/105 (Nunner-Kraut-
gasser) = Zak 2019/459 = ZIK 2019/206 (Trenker)

XIV
= ZIK 2019/235 = ZFR 2019/250 (Kepplin-
ger/Pichler)
OGH 17 Ob 6/21p 19.5.2021 ecolex 2021/480 = ÖBA 2021/2789 = ÖJZ EvBl
2021/137 (Weixelbraun-Mohr/Schneider) = RdW
2021/448 = ZIK 2022/29 = ZFR 2021/247
OGH 17 Ob 2/22a 14.3.2022 ecolex 2022/311 = JUS Z/6740 = Zak 2022/311 =
ZIK 2022/118 = ZFR 2022/197

Rechtsprechung des VwGH


VwGH 2002/14/0009 26.07.2005 GesRZ 2005, 261 = JUS F/2073 = ÖStZB 2006/39 =
ÖStZ 2006/74 = SWK 2006, R 15 = SWK 2006, 357

Rechtsprechung des BGH


BGH IX ZR 149/90 18.4.1991

BGH IX ZR 22/97 19.3.1998

BGH IX ZR 204/98 16.9.1999

BGH II ZR 178/99 17.9.2001

BGH IX ZR 6/00 25.1.2001

BGH IX ZR 223/01 7.3.2002

BGH IX ZR 2/01 17.6.2004

BGH IX ZR 84/05 30.3.2006

BGH IX ZR 177/05 28.2.2008

BGH IX ZR 140/08 7.5.2009

BGH IX ZR 86/08 9.10.2009

BGH IX ZR 32/12 21.2.2013

XV
BGH IX ZR 259/12 13.6.2013

BGH IX ZR 207/13 9.7.2015

BGH IX ZR 289/14 19.10.2017

BGH IX ZR 207/15 1.3.2018

BGH IX ZR 229/17 15.11.2018

BGH IX ZR 167/18 27.6.2019

BGH IX ZR 72/20 6.5.2021

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