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Natur in Wort, Bild und Wissenschaft

7. „Das Dasein nach eigenen Gesetzen“ – Natur und Kultur bei Schiller
8. „Die lebenden Teile als solche erkennen“ – Goethe und die
Morphologie
9. „Da erschienst du, Seele der Natur!“ – Friedrich Hölderlin und die Liebe
als Naturerlebnis
10. Die „innere Musik der Natur“ – Novalis und die Natur als
Universalanalogie
11. „Im Herzen tief da rauscht der Wald“ – romantische
Landschaftsmalerei und Naturlyrik der Hochromantik
7. „Das Dasein nach eigenen Gesetzen“ –
2 Natur und Kultur bei Schiller

EPOCHE: Weimarer Klassik


AUTOREN: Goethe, Schiller
GATTUNG: Elegie
KONZEPTE: Natur vs. Kultur

Leitfrage: Warum ist die Natur naiv


und die Kultur sentimental?

Max Stieler: Schiller auf der Flucht mit seinem Freund


Andreas Streicher (um 1850)

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Friedrich Schiller (1759-1805)
3

Unbekannt: Immanuel
Kant

Philipp Friedrich von


Hetsch: Schiller als
Regimentsarzt
(1781/82) Anton Graff: Schiller (1791)
Ludovike Simanowiz: Schiller (1794)

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Schillers Naturbegriff
4

„Daher mag es kommen, daß sich bei den weisen "Dieses nicht selten zum Bedürfnis erhöhte
Alten die Poesie sowohl als die bildende Kunst nur Interesse ist es, was vielen unserer Liebhabereien
im Kreise der Menschheit aufhielten, weil ihnen für Blumen und Tiere, für einfache Gärten, für
nur die Erscheinungen an dem (äußern und Spaziergänge, für das Land und seine Bewohner,
innern) Menschen diese Gesetzmäßigkeit zu für manche Produkte des fernen Altertums u.dgl.
enthalten schienen. [...] Das Reich bestimmter zum Grunde liegt".
Formen geht über den tierischen Körper und das
menschliche Herz nicht hinaus, daher nur in „Es sind nicht diese Gegenstände, es ist eine
diesen beiden ein Ideal aufgestellt werden kann. durch sie dargestellte Idee, was wir in ihnen
Über dem Menschen (als Erscheinung) gibt es lieben. Wir lieben in ihnen das stille schaffende
kein Objekt für die Kunst mehr, obgleich für die Leben, das ruhige Wirken aus sich selbst, das
Wissenschaft; denn das Gebiet der Dasein nach eignen Gesetzen, die innere
Einbildungskraft ist hier zu Ende.“ Notwendigkeit, die ewige Einheit mit sich selbst“
(Über Matthissons Gedichte) (Über naive und sentimentalische Dichtung)

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


5 Schillers Naturbegriff in
Über naive und sentimentalische Dichtung

"Solange der Mensch noch reine Natur ist, wirkt er als "Dieser Weg, den die neueren Dichter gehen, ist
ungeteilte sinnliche Einheit und als ein übrigens derselbe, den der Mensch überhaupt
harmonisierendes Ganze. Sinne und Vernunft, sowohl im einzelnen als im ganzen einschlagen muß.
empfangendes und selbsttätiges Vermögen, haben Die Natur macht ihn mit sich eins, die Kunst trennt
sich in ihrem Geschäfte noch nicht getrennt, viel und entzweiet ihn, durch das Ideal kehrt er zur
weniger stehen sie im Widerspruch miteinander. ... Ist Einheit zurück„.
der Mensch in den Stand der Kultur getreten, und hat
die Kunst ihre Hand an ihn gelegt, so ist jene sinnliche
Harmonie in ihm aufgehoben, und er kann nur noch "Der elegische Dichter sucht die Natur, aber in ihrer
als moralische Einheit, d.h. als nach Einheit strebend Schönheit, nicht bloß in ihrer Annehmlichkeit, in ihrer
sich äußern." Übereinstimmung mit Ideen, nicht bloß in ihrer
Nachgiebigkeit gegen das Bedürfnis. Die Trauer über
verlorne Freuden, über das aus der Welt
verschwundne goldene Alter, über das entflohene
Glück der Jugend, der Liebe usw. kann nur alsdann
der Stoff zu einer elegischen Dichtung werden,
wenn jene Zustände sinnlichen Friedens zugleich als
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissens Gegenstände moralischer Harmonie sich vorstellen
lassen".
Friedrich Schiller: Der Spaziergang (1795/1799)
6

Versmaß der Elegie

Hexameter:
6hebig, auftaktloser Beginn, daktylisch am Ende
Trochäus; Daktylen können teilweise durch Trochäus
ersetzt werden

/--/--/--/--/--/-

Pentameter:
6hebig, keine Senkung nach dritter und sechster
Hebung; Zäsur nach dritter Hebung feststehend

/--/--/ /--/--/
Illustration (1871)

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Friedrich Schiller: Der Spaziergang (1795/1799)
7
Sei mir gegrüßt, mein Berg mit dem rötlich strahlenden Gipfel!
Sei mir, Sonne, gegrüßt, die ihn so lieblich bescheint!
Dich auch grüß ich, belebte Flur, euch, säuselnde Linden,
Und den fröhlichen Chor, der auf den Ästen sich wiegt,
Ruhige Bläue, dich auch, die unermeßlich sich ausgießt
Um das braune Gebirg, über den grünenden Wald,
Auch um mich, der endlich entflohn des Zimmers Gefängnis
Und dem engen Gespräch freudig sich rettet zu dir.
Deiner Lüfte balsamischer Strom durchrinnt mich erquickend,
Und den durstigen Blick labt das energische Licht.
Kräftig auf blühender Au erglänzen die wechselnden Farben,
Aber der reizende Streit löset in Anmut sich auf.
Frei empfängt mich die Wiese mit weithin verbreitetem Teppich,
Durch ihr freundliches Grün schlingt sich der ländliche Pfad,
Um mich summt die geschäftige Bien, mit zweifelndem Flügel
Wiegt der Schmetterling sich über dem rötlichen Klee.
Glühend trifft mich der Sonne Pfeil, still liegen die Weste,
Nur der Lerche Gesang wirbelt in heiterer Luft.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Friedrich Schiller: Der Spaziergang (1795/1799)
8
Aber plötzlich zerreißt der Flor. Der geöffnete Wald gibt
Überraschend des Tags blendendem Glanz mich zurück.
Unabsehbar ergießt sich vor meinen Blicken die Ferne,
Und ein blaues Gebirg endigt im Dufte die Welt.
Tief an des Berges Fuß, der gählings unter mir abstürzt,
Wallet des grünlichten Stroms fließender Spiegel vorbei.
Endlos unter mir seh ich den Äther, über mir endlos,
Blicke mit Schwindeln hinauf, blicke mit Schaudern hinab.
Aber zwischen der ewigen Höh und der ewigen Tiefe
Trägt ein geländerter Steig sicher den Wandrer dahin.

Lachend fliehen an mir die reichen Ufer vorüber,


Und den fröhlichen Fleiß rühmet das prangende Tal.
Jene Linien, sieh! die des Landmanns Eigentum scheiden,
In den Teppich der Flur hat sie Demeter gewirkt.
Freundliche Schrift des Gesetzes, des menschenerhaltenden Gottes,
Seit aus der ehernen Welt fliehend die Liebe verschwand,

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Friedrich Schiller: Der Spaziergang (1795/1799)
9
Nachbarlich wohnet der Mensch noch mit dem Acker zusammen,
Seine Felder umruhn friedlich sein ländliches Dach,
Traulich rankt sich die Reb empor an dem niedrigen Fenster,
Einen umarmenden Zweig schlingt um die Hütte der Baum.

Glückliches Volk der Gefilde! noch nicht zur Freiheit erwachet,


Teilst du mit deiner Flur fröhlich das enge Gesetz.
Deine Wünsche beschränkt der Ernten ruhiger Kreislauf,
Wie dein Tagewerk, gleich, windet dein Leben sich ab!

Aber wer raubt mir auf einmal den lieblichen Anblick? Ein fremder
Geist verbreitet sich schnell über die fremdere Flur!

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Friedrich Schiller: Der Spaziergang (1795/1799)
10

Bin ich wirklich allein? In deinen Armen, an deinem


Herzen wieder, Natur, ach! und es war nur ein Traum,
Der mich schaudernd ergriff mit des Lebens furchtbarem Bilde,
Mit dem stürzenden Tal stürzte der finstre hinab.
Reiner nehm ich mein Leben von deinem reinen Altare,
Nehme den fröhlichen Mut hoffender Jugend zurück!
Ewig wechselt der Wille den Zweck und die Regel, in ewig
Wiederholter Gestalt wälzen die Taten sich um.
Aber jugendlich immer, in immer veränderter Schöne
Ehrst du, fromme Natur, züchtig das alte Gesetz,
Immer dieselbe, bewahrst du in treuen Händen dem Manne,
Was dir das gaukelnde Kind, was dir der Jüngling vertraut,
Nährest an gleicher Brust die vielfach wechselnden Alter;
Unter demselben Blau, über dem nämlichen Grün
Wandeln die nahen und wandeln vereint die fernen Geschlechter,
Und die Sonne Homers, siehe! sie lächelt auch uns.

Leitfrage: Warum ist die Natur naiv und die Kultur sentimental?

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


11 8. „Die lebenden Teile als solche erkennen“ – Goethe
und die Morphologie

EPOCHE: Weimarer Klassik, Sturm und Drang


GATTUNG: Erlebnislyrik
KONZEPTE: Organismus-Modell, Metamorphose,
Gestaltlehre

Leitfrage: Warum ist die Natur die „einzige Künstlerin“?


Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
Johann Wolfgang Goethe (1749-1832)
12

Johann Joseph
Schmeller, 1834

Kurz vor Beginn der Studienzeit,


Anton Johann Kern

Joseph Karl Stieler, 1821


Georg Oswald May,
1779

Gerhar von Kügelgen,


Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
1808/09
Johann Wolfgang Goethe (1749-1832)
13

Von dem hingegen, was eigentlich


äußere Natur heißt, hatte ich keinen
Begriff, und von ihren sogenannten drei
Reichen nicht die geringste Kenntnis. Von
Kindheit auf war ich gewohnt, in
wohleingerichteten Ziergärten den Flor
der Tulpen, Ranunkeln und Nelken
bewundert zu sehen....An exotische
Pflanzen wurde nicht gedacht, noch viel
weniger daran, Naturgeschichte in der
Schule zu lehren.

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, Goethe in der Campagna,


1787

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


„Die Natur. Fragment“ (Autorschaft umstritten, 1781)
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Natur. Wir sind von ihr umgeben und umschlungen Sie hat keine Sprache noch Rede, aber sie schaft
– unvermögend aus ihr heraus zu treten und Zungen und Hertzen durch die sie fühlt und spricht.
unvermögend tiefer in sie hinein zukommen.
Ihre Krone ist die Liebe. Nur durch sie kommt man
Ungebeten und ungewarnt nimmt sie uns in den ihr nahe. Sie macht Klüffte zwischen allen Wesen
Kreißlauf ihres Tanzes auf und treibt sich mit uns und alles will sich verschlingen. Sie hat alles isoliret
fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arme entfallen. um alles zusammen zuziehen. Durch ein paar Züge
Sie schaft ewig neue Gestalten was da ist, war aus dem Becher der Liebe hält sie für ein Leben
noch nie, was war kommt nicht wieder – Alles ist voll Mühe schadlos.
neu und doch immer das Alte.
Sie ist gantz und doch immer unvollendet. So wie
Wir leben mitten in ihr und sind ihr fremde. Sie sies treibt, kann sies immer treiben.
spricht unaufhörlich mit uns und verrath uns ihr
Geheimniß nicht. Wir wircken beständig auf sie Jedem erscheint sie in einer eigenen Gestalt. Sie
und haben doch keine Gewalt über sie. verbirgt sich in tausend Nahmen und Termen und
ist immer dieselbe.
Sie scheint alles auf Individualität angelegt zu
haben und macht sich nichts aus den Individuen. Ich vertraue mich ihr. Sie mag mit mir schalten. Sie
Sie baut immer und zerstört immer und ihre wird ihr Werck nicht haßen. Ich sprach nicht von
Werckstätte ist unzugänglich. ihr. Nein! was wahr ist und was falsch ist alles hat
sie gesprochen. Alles ist ihre Schuld, alles ist ihr
Verdienst.
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
Mailied (1771)
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Wie herrlich leuchtet O Lieb, o Liebe! So liebt die Lerche


Mir die Natur! So golden schön, Gesang und Luft,
Wie glänzt die Sonne! Wie Morgenwolken Und Morgenblumen
Wie lacht die Flur! Auf jenen Höhn! Den Himmelsduft,

Es dringen Blüten Du segnest herrlich Wie ich dich liebe


Aus jedem Zweig Das frische Feld, Mit warmem Blut,
Und tausend Stimmen Im Blütendampfe Die du mir Jugend
Aus dem Gesträuch. Die volle Welt. Und Freud und Mut

Und Freud und Wonne O Mädchen, Mädchen, Zu neuen Liedern


Aus jeder Brust. Wie lieb ich dich! Und Tänzen gibst.
O Erd, o Sonne! Wie blickt dein Auge! Sei ewig glücklich,
O Glück, o Lust! Wie liebst du mich! Wie du mich liebst!

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


16 Goethes „Urpflanze“

Wir gelangten zu seinem Hause, das Gespräch


lockte mich hinein, da trug ich die Metamorphose
der Pflanzen lebhaft vor, und ließ, mit manchen
charakteristischen Federstrichen, eine
symbolische Pflanze vor seinen Augen entstehen.
Er vernahm und schaute das alles mit großer
Teilnahme, mit entschiedener Fassungskraft; als
ich aber geendet, schüttelte er den Kopf und
sagte, das ist keine Erfahrung, das ist eine Idee.
Ich stutzte, verdrießlich einigermaßen; denn der
Punkt der uns trennte, war dadurch aufs strengste
bezeichnet. [...] ich nahm mich aber zusammen
und versetzte: das kann mir sehr lieb seyn, daß ich
Ideen habe ohne es zu wissen und sie sogar mit
Augen sehe.
Gespräch mit Schiller, 1794
Pierre Jean Francois Turpin,
Urpflanze nach Goethe, 1837
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
Morphologie
17
Das Unternehmen wird entschuldigt

Wenn der zur lebhaften Beobachtung aufgeforderte Mensch mit der Natur einen Kampf zu bestehen
anfängt, so fühlt er zuerst einen ungeheuern Trieb, die Gegenstände sich zu unterwerfen. Es dauert aber
nicht lange, so dringen sie dergestalt gewaltig auf ihn ein, daß er wohl fühlt, wie sehr er Ursache hat, auch
ihre Macht anzuerkennen und ihre Einwirkung zu verehren. Kaum überzeugt er sich von diesem
wechselseitigen Einfluß, so wird er ein doppelt Unendliches gewahr, an den Gegenständen die
Mannigfaltigkeit des Seins und Werdens und der sich lebendig durchkreuzenden Verhältnisse, an sich selbst
aber die Möglichkeit einer unendlichen Ausbildung, indem er seine Empfänglichkeit sowohl als sein Urteil
immer zu neuen Formen des Aufnehmens und Gegenwirkens geschickt macht. Diese Zustände geben einen
hohen Genuß und würden das Glück des Lebens entscheiden, wenn nicht innre und äußre Hindernisse dem
schönen Lauf zur Vollendung sich entgegenstellten. Die Jahre, die erst brachten, fangen an zu nehmen;
man begnügt sich in seinem Maß mit dem Erworbenen, und ergetzt sich daran um so mehr im stillen, als von
außen eine aufrichtige, reine, belebende Teilnahme selten ist.

Wie wenige fühlen sich von dem begeistert, was eigentlich nur dem Geist erscheint. Die Sinne, das Gefühl,
das Gemüt üben weit größere Macht über uns aus, und zwar mit Recht: denn wir sind aufs Leben und nicht
auf die Betrachtung angewiesen.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Morphologie (1817)
18
Die Absicht eingeleitet

Wenn wir Naturgegenstände, besonders aber die lebendigen dergestalt gewahr werden, daß wir uns eine
Einsicht in den Zusammenhang ihres Wesens und Wirkens zu verschaffen wünschen, so glauben wir zu einer
solchen Kenntnis am besten durch Trennung der Teile gelangen zu können; wie denn auch wirklich dieser
Weg uns sehr weit zu führen geeignet ist. Was Chemie und Anatomie zur Ein- und Übersicht der Natur
beigetragen haben; dürfen wir nur mit wenig Worten den Freunden des Wissens ins Gedächtnis zurückrufen.

Aber diese trennenden Bemühungen, immer und immer fortgesetzt, bringen auch manchen Nachteil
hervor. Das Lebendige ist zwar in Elemente zerlegt, aber man kann es aus diesen nicht wieder
zusammenstellen und beleben. Dieses gilt schon von vielen anorganischen, geschweige von organischen
Körpern.

Es hat sich daher auch in dem wissenschaftlichen Menschen zu allen Zeiten ein Trieb hervorgetan, die
lebendigen Bildungen als solche zu erkennen, ihre äußern sichtbaren, greiflichen Teile im Zusammenhange
zu erfassen, sie als Andeutungen des Innern aufzunehmen und so das Ganze in der Anschauung
gewissermaßen zu beherrschen. Wie nah dieses wissenschaftliche Verlangen mit dem Kunst- und
Nachahmungstriebe zusammenhänge, braucht wohl nicht umständlich ausgeführt zu werden.

Man findet daher in dem Gange der Kunst, des Wissens und der Wissenschaft mehrere Versuche, eine Lehre
zu gründen und auszubilden, welche wir die Morphologie nennen möchten.
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
Morphologie (1817)
19
Gestalt

Der Deutsche hat für den Komplex des Daseins eines wirklichen Wesens das Wort Gestalt. Er abstrahiert
bei diesem Ausdruck von dem Beweglichen, er nimmt an, daß ein Zusammengehöriges festgestellt,
abgeschlossen und in seinem Charakter fixiert sei.
Betrachten wir aber alle Gestalten, besonders die organischen, so Enden wir, daß nirgend ein
Bestehendes, nirgend ein Ruhendes, ein Abgeschlossenes vorkommt, sondern daß vielmehr alles in
einer steten Bewegung schwanke. Daher unsere Sprache das Wort Bildung sowohl von dem
Hervorgebrachten, als von dem Hervorgebrachtwerdenden gehörig genug zu brauchen pflegt.
Wollen wir also eine Morphologie einleiten, so dürfen wir nicht von Gestalt sprechen; sondern, wenn wir
das Wort brauchen, uns allenfalls dabei nur die Idee, den Begriff oder ein in der Erfahrung nur für den
Augenblick Festgehaltenes denken.
Das Gebildete wird sogleich wieder umgebildet, und wir haben uns, wenn wir einigermaßen zum
lebendigen Anschaun der Natur gelangen wollen, selbst so beweglich und bildsam zu erhalten, nach
dem Beispiele mit dem sie uns vorgeht.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Morphologie (1817)
20
Teil-Ganzes

Jedes Lebendige ist kein Einzelnes, sondern eine Mehrheit; selbst insofern es uns als Individuum
erscheint, bleibt es doch eine Versammlung von lebendigen selbständigen Wesen, die der Idee, der
Anlage nach gleich sind, in der Erscheinung aber gleich oder ähnlich, ungleich oder unähnlich werden
können. Diese Wesen sind teils ursprünglich schon verbunden, teils finden und vereinigen sie sich. Sie
entzweien sich und suchen sich wieder und bewirken so eine unendliche Produktion auf alle Weise und
nach allen Seiten.
Je unvollkommener das Geschöpf ist, desto mehr sind diese Teile einander gleich oder ähnlich, und
desto mehr gleichen sie dem Ganzen. Je vollkommner das Geschöpf wird, desto unähnlicher werden
die Teile einander. In jenem Falle ist das Ganze den Teilen mehr oder weniger gleich, in diesem das
Ganze den Teilen unähnlich. Je ähnlicher die Teile einander sind, desto weniger sind sie einander
subordiniert. Die Subordination der Teile deutet auf ein vollkommneres Geschöpf.

Daß nun das, was der Idee nach gleich ist, in der Erfahrung entweder als gleich, oder als ähnlich, ja
sogar als völlig ungleich und unähnlich erscheinen kann, darin besteht eigentlich das bewegliche
Leben der Natur, das wir in unsern Blättern zu entwerfen gedenken.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


21 Die Metamorphose der Pflanzen (1798/1817)
Nirgends wollte man zugeben, daß Wissenschaft und Poesie vereinbar
seien. Man vergaß daß Wissenschaft sich aus Poesie entwickelt habe,
man bedachte nicht daß, nach einem Umschwung von Zeiten, beide
sich wieder freundlich, zu beiderseitigem Vorteil, auf höhrer Stelle, gar
wohl wieder begegnen könnten. Freundinnen, welche mich schon früher
den einsamen Gebirgen, der Betrachtung starrer Felsen gern entzogen
hätten, waren auch mit meiner abstrakten Gärtnerei (den botanischen
Studien und Ideen) keineswegs zufrieden. ... Da versuchte ich diese
wohlwollenden Gemüter durch eine Elegie zu locken, der ein Platz hier
gegönnt sein möge, wo sie im Zusammenhang wissenschaftlicher
Darstellung verständlicher werden dürfte als eingeschaltet in eine Folge
zärtlicher und leidenschaftlicher Poesien,

 …

Höchst willkommen war dieses Gedicht der eigentlich Geliebten, welche


das Recht hatte, die lieblichen Bilder auf sich zu beziehen; und auch ich
fühlte mich sehr glücklich, als das lebendige Gleichnis unsere schöne
vollkommene Neigung steigerte und vollendete, von der übrigen Christiane Vulpius, 1788/89 von
Goethe gezeichnet
liebenswürdigen Gesellschaft aber hatte ich viel zu erdulden.
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
22 Metamorphose der Pflanzen

Es mag nun die Pflanze sprossen, blühen oder


Früchte bringen, so sind es doch nur immer
dieselbigen Organe, welche, in vielfältigen
Bestimmungen und unter oft veränderten
Gestalten die Vorschrift der Natur erfüllen.
Dasselbe Organ welches am Stengel als Blatt sich
ausgedehnt und eine höchst mannigfaltige
Gestalt angenommen hat, zieht sich nun im
Kelche zusammen, dehnt sich im Blumenblatte
wieder aus, zieht sich in den
Geschlechtswerkzeugen zusammen, um sich als
Frucht zum letzten Mal auszudehnen

Pierre Jean Francois Turpin,


Urpflanze nach Goethe, 1837
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
23 Metamorphose der Pflanzen

Parabase

Freudig war vor vielen Jahren


Eifrig so der Geist bestrebt,
Dich verwirret, Geliebte, die tausendfältige Mischung
Zu erforschen, zu erfahren,
Dieses Blumengewühls über dem Garten umher;
Wie Natur im Schaffen lebt.
Viele Namen hörest du an, und immer verdränget
Und es ist das ewig Eine,
Mit barbarischem Klang einer den andern im Ohr.
Das sich vielfach offenbart;
Alle Gestalten sind ähnlich, und keine gleichet der andern;
Klein das Große, groß das Kleine,
Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz,
Alles nach der eignen Art.
Auf ein heiliges Rätsel. Oh, könnt ich dir, liebliche Freundin,
Immer wechselnd, fest sich haltend,
Überliefern sogleich glücklich das lösende Wort!
Nah und fern und fern und nah;
So gestaltend, umgestaltend -
Zum Erstaunen bin ich da.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


24 Metamorphose der Pflanzen

Werdend betrachte sie nun, wie nach und nach sich die Pflanze,
Stufenweise geführt, bildet zu Blüten und Frucht.
Aus dem Samen entwickelt sie sich, sobald ihn der Erde
Stille befruchtender Schoß hold in das Leben entläßt
Und dem Reize des Lichts, des heiligen, ewig bewegten,
Gleich den zärtesten Bau keimender Blätter empfiehlt.
Einfach schlief in dem Samen die Kraft; ein beginnendes Vorbild
Lag, verschlossen in sich, unter die Hülle gebeugt,
Blatt und Wurzel und Keim, nur halb geformet und farblos;
Trocken erhält so der Kern ruhiges Leben bewahrt,
Quillet strebend empor, sich milder Feuchte vertrauend,
Und erhebt sich sogleich aus der umgebenden Nacht.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


25 Metamorphose der Pflanzen

Aber einfach bleibt die Gestalt der ersten Erscheinung;


Und so bezeichnet sich auch unter den Pflanzen das Kind.
Gleich darauf ein folgender Trieb, sich erhebend, erneuet,
Knoten auf Knoten getürmt, immer das erste Gebild.
Zwar nicht immer das gleiche; denn mannigfaltig erzeugt sich,
Ausgebildet, du siehst's, immer das folgende Blatt,
Ausgedehnter, gekerbter, getrennter in Spitzen und Teile,
Die verwachsen vorher ruhten im untern Organ.
Und so erreicht es zuerst die höchst bestimmte Vollendung,
Die bei manchem Geschlecht dich zum Erstaunen bewegt.
Viel gerippt und gezackt, auf mastig strotzender Fläche,
Scheinet die Fülle des Triebs frei und unendlich zu sein.
Doch hier hält die Natur, mit mächtigen Händen, die Bildung
An und lenket sie sanft in das Vollkommnere hin.
Mäßiger leitet sie nun den Saft, verengt die Gefäße,
Und gleich zeigt die Gestalt zärtere Wirkungen an.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Metamorphose der Pflanzen
26
Stille zieht sich der Trieb der strebenden Ränder zurücke,
Und die Rippe des Stiels bildet sich völliger aus.
Blattlos aber und schnell erhebt sich der zärtere Stengel,
Und ein Wundergebild zieht den Betrachtenden an.
Rings im Kreise stellet sich nun, gezählet und ohne
Zahl, das kleinere Blatt neben dem ähnlichen hin.
Um die Achse gedrängt, entscheidet der bergende Kelch sich,
Der zur höchsten Gestalt farbige Kronen entläßt.

Aber die Herrlichkeit wird des neuen Schaffens Verkündung;


Ja, das farbige Blatt fühlet die göttliche Hand,
Und zusammen zieht es sich schnell; die zärtesten Formen,
Zwiefach streben sie vor, sich zu vereinen bestimmt.
Traulich stehen sie nun, die holden Paare, beisammen,
Zahlreich ordnen sie sich um den geweihten Altar.
Hymen schwebet herbei, und herrliche Düfte, gewaltig,
Strömen süßen Geruch, alles belebend, umher.
Nun vereinzelt schwellen sogleich unzählige Keime,
Hold in den Mutterschoß schwellender Früchte gehüllt.
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
Metamorphose der Pflanzen
27
Und hier schließt die Natur den Ring der ewigen Kräfte;
Doch ein neuer sogleich fasset den vorigen an,
Daß die Kette sich fort durch alle Zeiten verlänge
Und das Ganze belebt, so wie das Einzelne, sei.

Wende nun, o Geliebte, den Blick zum bunten Gewimmel,


Das verwirrend nicht mehr sich vor dem Geiste bewegt.
Jede Pflanze verkündet dir nun die ew'gen Gesetze,
Jede Blume, sie spricht lauter und lauter mit dir.
Aber entzifferst du hier der Göttin heilige Lettern,
Überall siehst du sie dann, auch in verändertem Zug.
Kriechend zaudre die Raupe, der Schmetterling eile geschäftig,
Bildsam ändre der Mensch selbst die bestimmte Gestalt!

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Metamorphose der Pflanzen
28

O gedenke denn auch, wie aus dem Keim der Bekanntschaft


Nach und nach in uns holde Gewohnheit entsproß,
Freundschaft sich mit Macht aus unserm Innern enthüllte,
Und wie Amor zuletzt Blüten und Früchte gezeugt.
Denke, wie mannigfach bald die, bald jene Gestalten,
Still entfaltend, Natur unsern Gefühlen geliehn!
Freue dich auch des heutigen Tags! Die heilige Liebe
Strebt zu der höchsten Frucht gleicher Gesinnungen auf,
Gleicher Ansicht der Dinge, damit in harmonischem Anschaun
Sich verbinde das Paar, finde die höhere Welt.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Metamorphose der Pflanzen
29

Epirrhema

Müsset im Naturbetrachten
Immer eins wie alles achten;
Nichts ist drinnen, nichts ist draußen:
Denn was innen, das ist außen.
So ergreifet ohne Säumnis
Heilig öffentlich Geheimnis.

Freuet euch des wahren Scheins,


Euch des ernsten Spieles:
Kein Lebendiges ist ein Eins,
Immer ist's ein Vieles.

Leitfrage: Warum ist die Natur die „einzige Künstlerin“?

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9. „Da erschienst du, Seele der Natur!“ – Friedrich
30 Hölderlin und die Liebe als Naturerlebnis

Franz Karl Hiemer, 1792

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Leitfrage: Wie hängen Natur und Liebe zusammen?
31 Ein Zwischenspiel: Hölderlin, An die Natur (1795)

Da ich noch um deinen Schleier spielte, Wenn im Tale, wo der Quell mich kühlte,
Noch an dir, wie eine Blüte, hing, Wo der jugendlichen Sträuche Grün
Noch dein Herz in jedem Laute fühlte, Um die stillen Felsenwände spielte
Der mein zärtlichbebend Herz umfing, Und der Aether durch die Zweige schien,
Da ich noch mit Glauben und mit Sehnen Wenn ich da, von Blüten übergossen,
Reich, wie du, vor deinem Bilde stand, Still und trunken ihren Othem trank
Eine Stelle noch für meine Tränen, Und zu mir, von Licht und Glanz umflossen,
Eine Welt für meine Liebe fand, Aus den Höhn die goldne Wolke sank -

Da zur Sonne noch mein Herz sich wandte, Wenn ich fern auf nackter Heide wallte,
Als vernähme seine Töne sie, Wo aus dämmernder Geklüfte Schoß
Und die Sterne seine Brüder nannte Der Titanensang der Ströme schallte
Und den Frühling Gottes Melodie, Und die Nacht der Wolken mich umschloß,
Da im Hauche, der den Hain bewegte, Wenn der Sturm mit seinen Wetterwogen
Noch dein Geist, dein Geist der Freude sich Mir vorüber durch die Berge fuhr
In des Herzens stiller Welle regte, Und des Himmels Flammen mich umflogen,
Da umfingen goldne Tage mich. Da erschienst du, Seele der Natur!

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


32 Hölderlin, An die Natur (1795)

Oft verlor ich da mit trunknen Tränen Tot ist nun, die mich erzog und stillte,
Liebend, wie nach langer Irre sich Tot ist nun die jugendliche Welt,
In den Ozean die Ströme sehnen, Diese Brust, die einst ein Himmel füllte,
Schöne Welt! in deiner Fülle mich; Tot und dürftig, wie ein Stoppelfeld;
Ach! da stürzt ich mit den Wesen allen Ach! es singt der Frühling meinen Sorgen
Freudig aus der Einsamkeit der Zeit, Noch, wie einst, ein freundlich tröstend Lied,
Wie ein Pilger in des Vaters Hallen, Aber hin ist meines Lebens Morgen,
In die Arme der Unendlichkeit. - Meines Herzens Frühling ist verblüht.

Seid gesegnet, goldne Kinderträume, Ewig muß die liebste Liebe darben,
Ihr verbargt des Lebens Armut mir, Was wir lieben, ist ein Schatten nur,
Ihr erzogt des Herzens gute Keime, Da der Jugend goldne Träume starben,
Was ich nie erringe, schenktet ihr! Starb für mich die freundliche Natur;
O Natur! an deiner Schönheit Lichte, Das erfuhrst du nicht in frohen Tagen,
Ohne Müh und Zwang entfalteten Daß so ferne dir die Heimat liegt,
Sich der Liebe königliche Früchte, Armes Herz, du wirst sie nie erfragen,
Wie die Ernten in Arkadien. Wenn dir nicht ein Traum von ihr genügt.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


10. Die „innere Musik der Natur“ – Novalis und die Natur
33 als Universalanalogie
 EPOCHE: Frühromantik
 AUTOR: Novalis
 TOPOS: Buch der Natur
 KONZEPT: Naturmystik

„Die romantische Poesie ist eine progressive Universalpoesie.


Ihre Bestimmung ist nicht bloß, alle getrennten Gattungen der
Poesie wieder zu vereinigen und die Poesie mit der Philosophie
und Rhetorik in Berührung zu setzen. Sie will und soll auch
Poesie und Prosa, Genialität und Kritik, Kunstpoesie und
Naturpoesie bald mischen, bald verschmelzen, die Poesie
lebendig und gesellig und das Leben und die Gesellschaft
poetisch machen“ (Friedrich Schlegel)

Leitfrage: Was hält die Natur zusammen?


Wie spricht die Natur?
Caspar David Friedrich, Der Wanderer
über dem Nebelmeer
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
34 Romantik als Epoche

 Von romance (engl.): romanhaft, abenteuerlich


 Zwischen frz. Revolution und den napoleonischen
Kriegen
 Begeisterung für das christliche Mittelalter
 Ziel ist Romantisierung der Welt
 Früh-, Hoch- und Spätphase
 Ideal der Gattungsmischung
 Konzept der progressiven Universalpoesie

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


35 Novalis, Die Lehrlinge zu Sais (1798)

Mannigfache Wege gehen die Menschen. Wer sie verfolgt und vergleicht, wird
wunderliche Figuren entstehen sehn; Figuren, die zu jener großen Chiffernschrift zu
gehören scheinen, die man überall, auf Flügeln, Eierschalen, in Wolken, im Schnee, in
Kristallen und in Steinbildungen, auf gefrierenden Wassern, im Innern und Äußern der
Gebirge, der Pflanzen, der Tiere, der Menschen, in den Lichtern des Himmels, auf
berührten und gestrichenen Scheiben von Pech und Glas, in den Feilspänen um den
Magnet her, und sonderbaren Konjunkturen des Zufalls, erblickt. In ihnen ahndet man
den Schlüssel dieser Wunderschrift, die Sprachlehre derselben, allein die Ahndung will
sich selbst in keine feste Formen fügen, und scheint kein höherer Schlüssel werden zu
wollen. Ein Alkahest scheint über die Sinne der Menschen ausgegossen zu sein. Nur
augenblicklich scheinen ihre Wünsche, ihre Gedanken sich zu verdichten. So
entstehen ihre Ahndungen, aber nach kurzen Zeiten schwimmt alles wieder, wie
vorher, vor ihren Blicken.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


36 Die Lehrlinge zu Sais (1798)

Von weitem hört ich sagen: die Unverständlichkeit sei Folge nur des
Unverstandes; dieser suche, was er habe, und also niemals weiter
finden könne. Man verstehe die Sprache nicht, weil sich die Sprache
selber nicht verstehe, nicht verstehen wolle; die echte Sanskrit spräche,
um zu sprechen, weil Sprechen ihre Lust und ihr Wesen sei.
Nicht lange darauf sprach einer: »Keiner Erklärung bedarf die heilige
Schrift. Wer wahrhaft spricht, ist des ewigen Lebens voll, und
wunderbar verwandt mit echten Geheimnissen dünkt uns seine Schrift,
denn sie ist ein Akkord aus des Weltalls Symphonie.«

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


37 Die Lehrlinge zu Sais (1798)
Von unserm Lehrer sprach gewiß die Stimme, denn er versteht die Züge zu versammeln, die überall zerstreut
sind. Ein eignes Licht entzündet sich in seinen Blicken, wenn vor uns nun die hohe Rune liegt, und er in unsern
Augen späht, ob auch in uns aufgegangen ist das Gestirn, das die Figur sichtbar und verständlich macht.
Sieht er uns traurig, daß die Nacht nicht weicht, so tröstet er uns, und verheißt dem emsigen, treuen Seher
künftiges Glück. Oft hat er uns erzählt, wie ihm als Kind der Trieb die Sinne zu üben, zu beschäftigen und zu
erfüllen, keine Ruhe ließ. Den Sternen sah er zu und ahmte ihre Züge, ihre Stellungen im Sande nach. Ins
Luftmeer sah er ohne Rast, und ward nicht müde seine Klarheit, seine Bewegungen, seine Wolken, seine
Lichter zu betrachten. Er sammelte sich Steine, Blumen, Käfer aller Art, und legte sie auf mannigfache Weise
sich in Reihen. Auf Menschen und auf Tiere gab er acht, am Strand des Meeres saß er, suchte Muscheln. Auf
sein Gemüt und seine Gedanken lauschte er sorgsam. Er wußte nicht, wohin ihn seine Sehnsucht trieb. Wie
er größer ward, strich er umher, besah sich andre Länder, andre Meere, neue Lüfte, fremde Sterne,
unbekannte Pflanzen, Tiere, Menschen, stieg in Höhlen, sah wie in Bänken und in bunten Schichten der Erde
Bau vollführt war, und drückte Ton in sonderbare Felsenbilder. Nun fand er überall Bekanntes wieder, nur
wunderlich gemischt, gepaart, und also ordneten sich selbst in ihm oft seltsame Dinge. Er merkte bald auf
die Verbindungen in allem, auf Begegnungen, Zusammentreffungen. Nun sah er bald nichts mehr allein. – In
große bunte Bilder drängten sich die Wahrnehmungen seiner Sinne: er hörte, sah, tastete und dachte
zugleich. Er freute sich, Fremdlinge zusammenzubringen. Bald waren ihm die Sterne Menschen, bald die
Menschen Sterne, die Steine Tiere, die Wolken Pflanzen, er spielte mit den Kräften und Erscheinungen, er
wußte wo und wie er dies und jenes finden, und erscheinen lassen konnte, und griff so selbst in den Saiten
nach Tönen und Gängen umher.
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
38 Die Lehrlinge zu Sais (1798)

»Nur die Dichter haben es gefühlt, was die Natur den Menschen sein kann«, begann ein schöner Jüngling,
»und man kann auch hier von ihnen sagen, daß sich die Menschheit in ihnen in der vollkommensten
Auflösung befindet, und daher jeder Eindruck durch ihre Spiegelhelle und Beweglichkeit rein in allen
seinen unendlichen Veränderungen nach allen Seiten fortgepflanzt wird. Alles finden sie in der Natur.
Ihnen allein bleibt die Seele derselben nicht fremd, und sie suchen in ihrem Umgang alle Seligkeiten der
goldnen Zeit nicht umsonst. Für sie hat die Natur alle Abwechselungen eines unendlichen Gemüts, und
mehr als der geistvollsten lebendigste Mensch überrascht sie durch sinnreiche Wendungen und Einfälle,
Begegnungen und Abweichungen, große Ideen und Bizarrerien. Der unerschöpfliche Reichtum ihrer
Phantasie läßt keinen vergebens ihren Umgang aufsuchen. Alles weiß sie zu verschönern, zu beleben, zu
bestätigen, und wenn auch im Einzelnen ein bewußtloser, nichtsbedeutender Mechanismus allein zu
herrschen scheint, so sieht doch das tiefer sehende Auge eine wunderbare Sympathie mit dem
menschlichen Herzen im Zusammentreffen und in der Folge der einzelnen Zufälligkeiten. […] Man
beschuldigt die Dichter der Übertreibung, und hält ihnen ihre bildliche uneigentliche Sprache gleichsam
nur zugute, ja man begnügt sich ohne tiefere Untersuchung, ihrer Phantasie jene wunderliche Natur
zuzuschreiben, die manches sieht und hört, was andere nicht hören und sehen, und die in einem
lieblichen Wahnsinn mit der wirklichen Welt nach ihrem Belieben schaltet und waltet; aber mir scheinen
die Dichter noch bei weitem nicht genug zu übertreiben, nur dunkel den Zauber jener Sprache zu ahnden
und mit der Phantasie nur so zu spielen, wie ein Kind mit dem Zauberstabe seines Vaters spielt. Sie wissen
nicht, welche Kräfte ihnen untertan sind, welche Welten ihnen gehorchen müssen. «
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"
39 Paul Klee, Zeichnungen
"Ich suche einen entlegenen schöpfungsursprünglichen
Punkt, wo ich eine Art Formel ahne für Mensch, Tier, Pflanze,
Erde, Feuer, Wasser, Luft und alle kreisenden Kräfte zugleich"

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


40 Novalis, Astralis

Robert Fludd, Der Mensch als Mikrokosmos

Paracelsus, Kupferstich von


Augustin Hirschvogel, 1540

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


41 Novalis, Astralis

An einen Sommermorgen ward ich jung


Da fühlt ich meines eignen Lebens Puls
Zum erstenmal - und wie die Liebe sich
In tiefere Entzückungen verlohr,
Erwacht' ich immer mehr und das Verlangen
Nach innigerer gänzlicher Vermischung
Ward dringender mit jedem Augenblick.
Wollust ist meines Daseyns Zeugungskraft.
Ich bin der Mittelpunkt, der heilge Quell,
Aus welchem jede Sehnsucht stürmisch fließt
Wohin sich jede Sehnsucht, mannichfach
Gebrochen wieder still zusammen zieht.
Ihr kennt mich nicht und saht mich werden -
Wart ihr nicht Zeugen, wie ich noch
Nachtwandler mich zum ersten Male traf
An jenem frohen Abend? Flog euch nicht
Ein süßer Schauer der Entzündung an? -

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


42 Novalis, Astralis
Versunken lag ich ganz in Honigkelchen.
Ich duftete, die Blume schwankte still
In goldner Morgenluft. Ein innres Quellen
War ich, ein sanftes Ringen, alles floß
Durch mich und über mich und hob mich leise.
Da sank das erste Stäubchen in die Narbe,
Denkt an den Kuß nach aufgehobnen Tisch.
Ich quoll in meine eigne Fluth zurück -
Es war ein Blitz - nun konnt ich schon mich regen,
Die zarten Fäden und den Kelch bewegen,
Schnell schossen, wie ich selber mich begann,
Zu irrdischen Sinnen die Gedanken an.
Noch war ich blind, doch schwankten lichte Sterne
Durch meines Wesens wunderbare Ferne,
Nichts war noch nah, ich fand mich nur von weiten,
Ein Anklang alter, so wie künftger Zeiten.
Aus Wehmuth, Lieb' und Ahndungen entsprungen
War der Besinnung Wachsthum nur ein Flug,

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


43 Novalis, Astralis
Und wie die Wollust Flammen in mir schlug,
Ward ich zugleich vom höchsten Weh durchdrungen.
Die Welt lag blühend um den hellen Hügel,
Die Worte des Profeten wurden Flügel,
Nicht einzeln mehr nur Heinrich und Mathilde
Vereinten Beide sich zu Einem Bilde. -
Ich hob mich nun gen Himmel neugebohren,
Vollendet war das irrdische Geschick
Im seligen Verklärungsaugenblick,
Es hatte nun die Zeit ihr Recht verlohren
Und forderte, was sie geliehn, zurück.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


44 Novalis, Astralis
Es bricht die neue Welt herein
Und verdunkelt den hellsten Sonnenschein,
Man sieht nun aus bemooßten Trümmern
Eine wunderseltsame Zukunft schimmern
Und was vordem alltäglich war
Scheint jetzo fremd und wunderbar.
'Eins in allem und alles im Einen
Gottes Bild auf Kräutern und Steinen
Gottes Geist in Menschen und Thieren,
Dies muß man sich zu Gemüthe führen.
Keine Ordnung mehr nach Raum und Zeit
Hier Zukunft in der Vergangenheit.
Der Liebe Reich ist aufgethan
Die Fabel fängt zu spinnen an.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


45 Novalis, Astralis
Das Urspiel jeder Natur beginnt
Auf kräftige Worte jedes sinnt
Und so das große Weltgemüth
Überall sich regt und unendlich blüht.
Alles muß in einander greifen
Eins durch das Andre gedeihn und reifen;
Jedes in Allen dar sich stellt
Indem es sich mit ihnen vermischet
Und gierig in ihre Tiefen fällt
Sein eigenthümliches Wesen erfrischet
Und tausend neue Gedanken erhält.

Die Welt wird Traum, der Traum wird Welt


Und was man geglaubt, es sey geschehn
Kann man von weiten erst kommen sehn.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


46 Novalis, Astralis

Frey soll die Fantasie erst schalten,


Nach ihrem Gefallen die Fäden verweben
Hier manches verschleyern, dort manches entfalten,
Und endlich in magischen Dunst verschweben.
Wehmuth und Wollust, Tod und Leben
Sind hier in innigster Sympathie -
Wer sich der höchsten Lieb' ergeben,
Genest von ihren Wunden nie.
Schmerzhaft muß jenes Band zerreißen
Was sich ums innre Auge zieht,
Einmal das treuste Herz verwaisen,
Eh es der trüben Welt entflieht.
Der Leib wird aufgelöst in Thränen,
Zum weiten Grabe wird die Welt,
In das, verzehrt von bangen Sehnen,
Das Herz, als Asche, niederfällt.

Leitfrage: Was hält die Natur zusammen? Wie spricht die Natur?

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


47 11. „Im Herzen tief da rauscht der Wald“ –
Landschaftsmalerei und Naturlyrik der Hochromantik

 EPOCHE: Hochromantik
 AUTOREN: Ludwig Tieck, Clemens
Brentano, Joseph von
Eichendorff
 GATTUNG: Sonett, Volkslied

Leitfrage: Warum wird die Natur dunkel?

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Caspar David Friedrich (1774-1840)
48

J. L. Lund, 1800
Georg Friedrich Kersting, Friedrich in
seinem Atelier, 1811 Johann Karl Ulrich Bähr, 1836

„Die einzig wahre Quelle der Kunst ist unser Herz, die Sprache eines reinen kindlichen Gemütes. Jedes
echte Kunstwerk wird in geweihter Stunde empfangen und in glücklicher geboren, oft dem Künstler
unbewusst aus innerem Drange des Herzens. Schließe dein leibliches Auge, damit du mit dem geistigen
Auge zuerst siehst dein Bild. Dann fördere zutage, was du im Dunkeln gesehen, dass es zurückwirke auf
andere von außen nach innen“

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Caspar David Friedrich: Mönch am Meer (1808-1810)
49

"Nichts kann trauriger und


unbehaglicher sein, als diese
Stellung in der Welt: der einzige
Lebensfunke im weiten Reiche
des Todes, der einsame
Mittelpunkt im einsamen Kreis.
Das Bild liegt, mit seinen zwei
oder drei geheimnisvollen
Gegenständen, wie die
Apokalypse da, als ob es
Youngs Nachtgedanken hätte,
und da es, in seiner
Einförmigkeit und Uferlosigkeit,
nichts, als den Rahmen zum
Vordergrund hat, so ist es,
wenn man es betrachtet, als
ob einem die Augenlider
weggeschnitten wären."

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Caspar David Friedrich: Abtei im Eichenwald
50 (1809/1810)

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


Theodor Körner: Friedrichs Totenlandschaft (1815)
 1 51
2
Die Erde schweigt mit tiefem, tiefem Trauern,
Und plötzlich hör ich süße Harmonieen,
Vom leisten Geisterhauch der Nacht umflüstert;
Wie Gottes Wort, in Töne ausgegossen,
Horch, wie der Sturm in alten Eichen knistert,
Und Licht, als wie dem Crucifix entsprossen,
und heulend braus't durch die verfall'nen Mauern!
Und meines Sternes Schimmer seh ich glühen;
Auf Gräbern liegt, als wollt' er ewig dauern,
Da wird mir's klar in jenen Melodieen:
Ein tiefer Schnee, der Erde still verschwistert,
Der Quell der Gnade ist in Tod geflossen,
und finst'rer Nebel, der die Nacht umdüstert,
Und jene sind der Seligkeit Genossen,
Umarmt die Welt mit kalten Todesschauern.
die durch das Grab zum ew'gen Lichte ziehen. –
Es blickt der Silbermond, in bleichem Zittern,
So mögen wir das Werk des Künstlers schauen;
Mit stiller Wehmut durch die öden Fenster;
Ihr führte herrlich zu dem höchsten Ziele
Auch seiner Strahlen sanftes Licht verglüht!
Der holden Muse süße, heil'ge Gunst.
Und leis' und langsam nach des Kirchthors Gittern,
Hier darf ich kühn dem eignen Herzen trauen;
Still, wie das Wandern nächtlicher Gespenster,
Nicht kalt bewundern soll ich, - nein, ich fühle
Ein Leichenzug mit Geisterschritten zieht.
Und im Gefühl vollendet sich die Kunst.

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


52 Ludwig Tieck (1773-1853)

Wer in den Blumen, Wäldern, Bergesreihen,


Im klaren Fluß, der sich mit Bäumen schmücket,
Joseph Karl Stieler, 1838
Nur Endliches, Vergängliches erblicket,
Der traure tief im hellsten Glanz des Mayen.

Nur der kann sich der heil'gen Schöne freuen,


Den Blume, Wald und Strom zur Tief' entrücket,
Wo unvergänglich ihn die Blüht' entzücket,
Dem ew'gen Glanze keine Schatten dräuen.

Noch schöner deutet nach dem hohen Ziele


Des Menschen Blick, erhabene Gebehrde,
Des Busens Ahnden, Sehnsucht nach dem
Frieden.

Seit ich sich sah, vertraut' ich dem Gefühle,


Du mußtest von uns gehn und dieser Erde.
Du gingst: fahr wohl; wir sind ja nicht geschieden.
Caspar David Friedrich, Der Morgen im Erzgebirge
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft" (1810)
53 Clemens Brentano (1778-1842)

Wald

O kühler Wald Im Herzen tief,


Wo rauschest Du, Da rauscht der Wald
In dem mein Liebchen geht, In dem mein Liebchen geht,
O Widerhall In Schmerzen schlief
Wo lauschest Du Der Widerhall,
Der gern mein Lied versteht. Die Lieder sind verweht.

O Widerhall, Im Walde bin


O sängst Du ihr Ich so allein,
Die süßen Träume vor, O Liebchen wandre hier,
Die Lieder all, Verschallet auch
O bring' sie ihr, Manch Lied so rein,
Die ich so früh verlor. - Ich singe andre Dir. Wilhelm Hensel, 1819

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


54 Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

Nachts

Ich wandre durch die stille Nacht,


Da schleicht der Mond so heimlich sacht
Oft aus der dunklen Wolkenhülle,
Und hin und her im Tal
Erwacht die Nachtigall,
Dann wieder alles grau und stille.

O wunderbarer Nachtgesang:
Von fern im Land der Ströme Gang,
Leis Schauern in den dunklen Bäumen -
Wirrst die Gedanken mir,
Mein irres Singen hier
Ist wie ein Rufen nur aus Träumen.
Caspar David Friedrich, Mann und Frau den 1841
Mond betrachtend, 1835

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"


55
Joseph Freiherr von Eichendorff (1788-1857)

Im stillen Grund Eine Nixe auf dem Steine


Flocht dort ihr goldnes Haar,
Der Mondenschein verwirret Sie meint' sie wär alleine,
Die Täler weit und breit, Und sang so wunderbar.
Die Bächlein, wie verirret,
Gehn durch die Einsamkeit. Sie sang und sang, in den Bäumen
Und Quellen rauscht' es sacht
Da drüben sah ich stehen Und flüsterte wie in Träumen
Den Wald auf steiler Höh, Die mondbeglänzte Nacht.
Die finstern Tannen sehen
In einen tiefen See. Ich aber stand erschrocken,
Denn über Wald und Kluft
Ein Kahn wohl sah ich ragen, Klangen die Morgenglocken
Doch niemand, der es lenkt, Schon ferne durch die Luft.
Heinrich Füssli, Die Rheintöchter warnen
Das Ruder war zerschlagen, Hagen,
Das Schifflein halb versenkt. Und hätt ich nicht vernommen
Den Klang zu guter Stund,
Wär nimmermehr gekommen
Aus diesem stillen Grund.
Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft" Leitfrage: Warum wird die Natur dunkel?
56 Eichendorff-Parodie:
Friedrich Detjen: Abschied vom Wald

Abschied vom Walde

Wer hat dich, du schöner Wald,


Abgeholzt so hoch dadroben?
Deine Sänger sind zerstoben,
Dumpfer Äxtehieb erschallt;
Nimmer froh ihr Lied erschallt –
Wo noch irgend Stämme ragen,
Lebe wohl,
Hört man sägen, hört man schlagen,
Lebe wohl – du schöner Wald!
Und die Fuhrmannspeitsche knallt –
Lebe wohl,
Kühl und leer sind Flur und Hald‘,
Lebe wohl – du schöner Wald!
Kaum bedeckt mit dürrem Rasen,
Statt des Waldhorns frohem Blasen
Dampfgepfeife schrill verhallt –
Lebe wohl,
Lebe wohl – du schöner Wald!

Vorlesung "Natur in Wort, Bild und Wissenschaft"

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