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Epocheneinordnung
- Impressionismus
- Jugendstil
- Symbolismus
- Dekadenz
- fin-de-siècle
- Literatur der Jahrhundertwende
- Zeitalter des Ästhetizismus
- Impressionismus, Symbolismus und Jugendstil bezeichnen eine literarische Epoche zwischen 1890 und
1910/1914
- Der Impressionismus löst den Naturalismus ab.
- Es wird Kritik an der „platten“ Abspiegelung von Wirklichkeit und an sozialkritischen Ambitionen geübt;
man wendet sich gegen naturalistische „Rinnsteinkunst“ und setzt die „Goldschmiedekunst des Wortes“
(Friedrich Nietzsche) dagegen
- Der Impressionismus ist geprägt durch ein Streben nach Verinnerlichung und neuer Romantik. Die Welt
wird sinnenreich erlebt: Eindruck und Empfindung verdrängen die Reflexion
- „Geheimnis“, „Schönheit“ und „Seele“ sind Schlüsselbegriffe
Gesellschaft und Politik
Es existieren unbefriedigende Herrschaftsverhältnisse:
- Deutschland wird von einem Monarchen regiert, der sich in einem hohen Maße durch
Selbstüberschätzung und hohle Machtdemostration auszeichnet
- das Parlament hat wenig Befugnisse
- das Bürgertum ist, obwohl zu Ansehen und ökonomischem Einfluss gekommen, von der Macht
ausgeschlossen
- es regiert der Militarismus, der alle Teile der Bevölkerung erfasst
- die Arbeiterparteien sind zur stärksten politischen Gruppierung aufgestiegen, aber ohne Machtbefugnis
- Die Macht lag in den Händen der feudalaristokratischen Junkerkaste. „Dieser Typ war gesellschaftlich
tonangebend. Seine führende Rolle fand ihren Ausdruck im Militarismus. Man kann diese Erscheinung
als die Übertragung militärischer Denk- und Verhaltensweisen auf zivile Lebensverhältnisse definieren.
Der Militarismus realisierte sich im Volksheer der Kaiserzeit, in dem nahezu jeder Bürger neben seinem
Beruf einen militärischen Rang als Reservist bekleidete, und nach diesem Rang – nicht nach seiner
Stellung im bürgerlichen Leben – bemaß sich seine gesellschaftliche Geltung.“ (Ulrich Karthaus)
- Die Folgen der gesellschaftlichen Entwicklung:
- Die Künstler geraten ins Abseits, werden zu Außenseitern in einer rein materiell wahrgenommenen
Umwelt
- Gemeinsam ist den Künstlern eine kritische Spannung zum wilhelminischen Kaiserreich, das eine
geistfeindliche, autoritäre und waffenstarre Fassade aufweist
- Philosophie und Geistesgeschichte
- bahnbrechend ist die Philosophie Friedrich Nietzsches, die eine „Umwertung aller Werte“fordert; man
glaubt, die Welt sei nur im Ästhetischen zu retten; der Dichter wird zum Erneuerer und Seher
- Aufkommen der Psychoanalyse (Siegmund Freud)
- „Verwissenschaftlichung der Welt“; Rationalismus und Positivismus
- Abkehr der Intellektuellen von der Politik (Thomas Mann in einem Brief, 1904):
- Tobt der Pöbel in den Gassen, ei, mein Kind, so lass ihn schrei’n.
- Denn sein Lieben und sein Hassen ist verächtlich und gemein!
- Während sie uns Zeit noch lassen, wollen wir uns Schönerm weih’n.
- Will die kalte Angst dich fassen, spül sie fort mit heißem Wein!
- Lass den Pöbel in den Gassen: Phrasen, Taumel, Lügen, Schein,
- Sie verschwinden, sie verblassen – Schöne Wahrheit lebt allein.
- (Hugo von Hofmannsthal, 1890, angesichts einer Arbeiterdemonstration in Wien)
- Aber für politische Freiheit habe ich gar kein Interesse.
- (Thomas Mann in einem Brief, 1904)
- Zustandsbeschreibung der Literatur um 1900
- Nie zuvor war die deutsche Literatur stilistisch und formal so vielgestaltig wie in den ersten zwei
Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts
- Das spezifische der Literatur der Jahrhundertwende ist - mehr als in jeder anderen literarischen Epoche
vielleicht - die Gleichzeitigkeitd des Ungleichzeitigen, das Nebeneinander verschiedenster Stilrichtungen
und literarischer Tendenzen, die sich schwerlich in die pauschalen Begriffe der obengenannten
"Epochen" einzwängen lassen.
- Die Zeit der homogenen Epochenstile in der deutschsprachigen Literatur ist endgültig vorbei. Die
deutschsprachige Literaturszene um 1900 ist unübersehbar und weist eine bis dahin ungekannte
Pluralität der Stilrichtungen auf.
- Ein Spezifikum der Dichtung ist die Sprachskepsis:
- Nach 1886 setzen radikale Zweifel an der Sprache selbst ein; die Frage nach der Genauigkeit und
Unmittelbarkeit der Sprache rückt in den Vordergrund:
- "Eine völlig exakte Reproduzierbarkeit der Natur durch die Kunst ist ein Ding der absolutesten
Unmöglichkeit, - und zwar (...) aus dem einfachen (...) Grunde, weil das betreffende
Reproduktionsmaterial, das uns Menschen nun einmal zu Verfügung steht, stets unzulänglich war, stets
unzugänglich ist und stets unzulänglich bleiben wird" (Arno Holz)
- "Ist es möglich, denkt er, daß man noch nichts Wirkliches und Wichtiges gesehen, erkannt und gesagt
hat" (Rilke)
- Bedeutende Vertreter der Epoche
- (Lyrik)
- Symbolismus: Stefan George, Hugo von Hofmannsthal
- Impressionismus: Detlev von Liliencron, Max Dauthendey, Richard Dehmel, Christian Morgenstern,
Julius und Heinrich Hart, Peter Hille....
- (Drama)
- Frank Wedekind (Frühlings Erwachen)
- Arthur Schnitzler (Der Reigen)
- (Prosa)
- Hugo von Hofmannsthal, Peter Altenberg, der frühe Hermann Hesse, der frühe Thomas Mann, Rainer
Maria Rilke, Otto Julius Bierbaum...
- Der Symbolismus gewinnt in Deutschland zuerst um 1890 durch die Dichtung Baudelaires und Verlaines
Einfluss. Er ist vor allem eine Reaktion gegen den Naturalismus. Die Kunst hat nicht Sachverhalte
mitzuteilen oder gar Lehren zu vermitteln, sondern soll mit Hilfe einer bewusst gestalteten Sprache, die
symbolische Kraft und Musikalität vereint, eine tiefere Wirklichkeit erschließen.
- In Deutschland sind George, Rilke und Hofmannsthal die bedeutendsten Vertreter. Unter dem Einfluss
der Franzosen bekennt sich Stefan George zu einer strengen Form, zur Distanz vom Alltäglichen und
Gemeinen, und stellt den Alltagsjargon der Naturalisten eine hochartifizielle, gestelzte Sprache
entgegen.
Mein garten bedarf nicht luft und nicht wärme
Der garten den ich mir selber erbaut
Und seiner vögel leblose schwärme
Haben noch nie einen frühling erschaut
Von kohle die stämme von kohle die äste
Und düstere felder am düsteren rain
Der früchte nimmer gebrochene läste
Glänzen wie lava im pinienhain
„Er fühlte sie (4 Diener) leben, stärker, eindringlicher, als er sich selbst leben fühlte. [...] Wie das Grauen
und die tödliche Bitterkeit eines furchtbaren, beim Erwachen vergessenen Traumes lag ihm die Schwere
ihres Lebens, von der sie selber nichts wußten, in den Gliedern.“
„Aber da keine Krankheit in ihm war, so war der Gedanke (an den Tod) nicht grauenhaft, eher hatte er
etwas Feierliches und Prunkendes ...“
„Er hasste seinen vorzeitigen Tod so sehr, dass er sein Leben hasste, weil es ihn dahin geführt hatte.“
ARTHUR SCHNITZLER (1862-1931)
Liebelei
Die Personen
Hans Weiring (Violinspieler am Josefstädter Theater)
Christine Weiring (seine Tochter)
Mizi Schlager (Modistin)
Katharina Binder (Frau eines Strumpfwirkers)
Lina (ihre neunjährige Tochter)
Fritz Lobheimer (junger Mann)
Theodor Kaiser (junger Mann)
Ein Herr (Ehemann der Geliebten)
Inhalt
Theodor, der mit Mizi liiert ist, hat seinem Freund - als Erholung von einer strapaziösen "Liebestragödie"
mit einer verheirateten Frau - eine unverbindliche "Liebelei" mit Christine Weiring verordnet.
Die vier Freunde verbringen gerade einen stimmungsvollen Abend, als der Gatte der ehemaligen
Geliebten erscheint und Fritz in einem Gespräch unter vier Augen zu einem Duell herausfordert. Am
darauf folgenden Tag gibt Fritz gegenüber Christine vor für kurze Zeit auf ein Gut zu verreisen. Christine
erfährt zwei Tage später von Theodor, dass Fritz im Duell für eine andere Frau getötet wurde und
bereits begraben ist. Voller Verzweiflung stürzt sich Christine aus dem Fenster.
Sprache und Stil
THEODOR: Kannst du nicht warten, bis wir alle trinken? … Also Kinder, bevor wir uns so feierlich
verbrüdern, wollen wir auf den glücklichen Zufall trinken, der der … und so weiter…
MIZI: Ja, ist schon gut!
…
LINA: Guten Tag, Fräul’n Mizi.
MIZI: Servus, kleiner Fratz!
CHRISTINE: Nein, es ist gar nicht schön, dass du mir nie was von dir erzählst… Schau, mich interessiert ja
alles, was dich angeht, ach ja… alles – ich möcht’ mehr von dir haben als die eine Stunde am Abend, die
wir manchmal beisammen sind. Dann bist du ja wieder fort, und ich weiß gar nichts… Da geht dann die
ganze Nacht vorüber und ein ganzer Tag mit den vielen Stunden – und nichts weiß ich. Darüber bin ich
oft so traurig.
…
CHRISTINE Was nicht geahnt? – Dass ich ihn geliebt habe?! -
Weiring zieht sie an sich
CHRISTINE sich von Weiring losmachend Führen Sie mich zu seinem Grab!
WEIRING Nein, nein –
MIZI Geh nicht hin, Christin’ –
THEODOR Christine… später… morgen… bis Sie ruhiger geworden sind –
CHRISTINE Morgen? – Wenn ich ruhiger sein werde?! – Und in einem Monat ganz getröstet, wie? – Und
in einem halben Jahr kann ich wieder lachen, was-?! Auflachend Und wann kommt denn der nächste
Liebhaber? ...
Reigen
Die Personen
Die Dirne
Der Soldat
Das Stubenmädchen
Der junge Herr
Die junge Frau
Der Ehegatte
Das süße Mädl
Der Dichter
Der Schauspieler
Der Graf
Inhalt
In zehn Dialogen gestaltet Schnitzler die Gespräche von Paaren vor und nach dem Geschlechtsakt. Jeder
Dialog beschreibt das Zusammentreffen von zwei Personen, die meist unterschiedlichen
Gesellschaftsschichten entstammen.
Immer in dem darauf folgenden Dialog wird jeweils ein Partner ausgetauscht, bis sich beim
Zusammentreffen der letzten mit der ersten Person der “Reigen” schließt
Die Epoche des Naturalismus (1880-1900)
Sprache und Stil
Keine Namen
Keine Beschreibungen der Personen
Figuren reden im Dialekt und nach der Schrift
Soldat - Stubenmädchen Szene:
vor dem Geschlechtsakt:
…
STUBENMÄDCHEN: Aber mit der blonden mit dem schiefen Gesicht haben S’ doch mehr ’tanzt als mit
mir.
SOLDAT: Das ist eine alte Bekannte von einem meinigen Freund.
STUBENMÄDCHEN: Von dem Korporal mit dem auf’drehten Schnurrbart?
SOLDAT: Ah nein, das ist der Zivilist gewesen, wissen S’, der im Anfang am Tisch mit mir g’sessn ist, der
so heis’rig red’t.
STUBENMÄDCHEN: Ah, ich weiß schon. Das ist ein kecker Mensch.
SOLDAT: Hat er Ihnen was ’tan? Dem möchte’ ich’s zeigen! Was hat er Ihnen ’tan?
…
nach dem Geschlechtsakt:
…
STUBENMÄDCHEN: Ich hab’ halt ’dacht, Herr Franz, Sie werden mich z’ Haus führen.
SOLDAT: Z’ Haus führen? Ah!
STUBENMÄDCHEN: Gehn S’, es ist so traurig, allein z’ Haus gehen.
…
SOLDAT: Ja, ja, ist schon gut. Aber tanzen werd’ ich doch noch dürfen.
…
STUBENMÄDCHEN: Ja, ich werd’ warten.
SODAT: Wissen S’, Fräul’n Marie, ein Glas Bier lassen’s Ihnen geben. Zu einer Blonden sich wendend, die
eben mit einem Burschen vorbeitanzt, sehr hochdeutsch Mein Fräulein, darf ich bitten?-
Traumnovelle (1907)
Sprache und Stil
Die Menschen, die dort zurückgeblieben waren, die lebendigen gerade so wie der Tote, waren ihm in
gleicher Weise gespensterhaft unwirklich. Er selbst erschien sich wie entronnen; nicht so sehr einem
Erlebnis als vielmehr einem schwermütigen Zauber, der keine Macht über ihn gewinnen sollte. Als
einzige Nachwirkung empfand er eine merkwürdige Unlust, sich nach Hause zu begeben…)
fragte er zweifelnd und hoffnungsvoll zugleich: „Was sollen wir tun, Albertine?“ Sie lächelte, und nach
kurzem Zögern erwiderte Sie: „Dem Schicksal dankbar sein, glaube ich, dass wir aus allen Abenteuern
heil davongekommen sind – aus den wirklichen und aus den geträumten.“
a) das Programm
b) historischer Hintergrund
c) literarische Formen
d) Vertreter
e) Themen
f) verschiedene Werke
g) Kunst
h) Quellen der gesamten Ausarbeitung
a) das Programm
möglichst getreue Wiedergabe der Natur, geprägt durch exakte Beschreibungen
Naturwissenschaften als Grundlage
Hang zum »Modernen« (beschrieben in den Kritischen Waffengängen (Hart))
Gesellschaftskritik, Aufruf zu Humanität und Toleranz, Interesse am Sozialismus, aber mehr aus
Solidarität mit dem Proletariat und den verbotenen Parteien
b) historischer Hintergrund
Deutsch-französischer Krieg 1870-71
1871 - Gründung des deutschen Reiches in Versailles
Wilhelm I. als erster Kaiser
1873 - Weltwirtschaftkrise
1878 - Bismarcks Sozialistengesetz
1883-89 - Sozialgesetzgebung
1888 - Drei-Kaiser Jahr
Wilhelm I.
Friedrich III.
Wilhelm II.
historischer Hintergrund
Industrialisierung
Elend der Menschen
Hunger
Armut
Vermassung in den Großstädten
Schlechte Arbeitbedingungen
Entstehung einer Arbeiterklasse
c) literarische Formen
experimentelle Prosa, geprägt durch Dialekt und Alltagssprache, exakte Erfassung von Mienenspiel und
feinsten Bewegungen, Zeitdeckung, Sekundenstil
ausführliche Regieanweisungen über Pausen, Sprechtempo, Lautstärke beim Drama
Revolution der Lyrik (Holz)
Objektivität
Exakte Beschreibung
Dialekt
Zustände zeigen
Formregeln unwichtig
Vertreter
Arno Holz (1863-1929) und
Johannes Schlaf (1862-1941)
Papa Hamlet (1889)
Die Familie Selicke (Drama, 1890)
Gerhart Hauptmann (1862-1946)
Dramen
Vor Sonnenaufgang (1889)
Die Weber (1892)
Der Biberpelz (1893)
Die Ratten (1911)
Epik
Bahnwärter Thiel
("Novellistische Studie", 1888)
e) Themen
Großstadtleben
Hunger
Kinder
Armut
Not und Elend
Prostitution
Alkoholsucht
Thomas Mann „Buddenbrooks“ (1901) - Buddenbrooks: Verfall einer Familie
Motive und Symbole
Das übergreifende Motiv des Romans bezeichnet der Untertitel „Verfall einer Familie“. Von Generation
zu Generation schwinden Tatkraft, Unternehmensgeist und Gesundheit. Dem ökonomischen Niedergang
der Firma Buddenbrook geht der Verlust von Vitalität und naiver Selbstsicherheit der Familienmitglieder
voraus.
Die Einheit, ja gleichsam Synonymität von Familie und Firma ist verankert in der Identität von Wohn-
und Geschäftshaus. Erst Thomas Buddenbrook bricht mit dieser paradigmatischen Tradition von
„wirtschaftlichem Unterbau und kulturellem Überbau.“ Gleichwohl bleibt das Haus in der Mengstraße,
Zentrum der Familie.
Die ideelle Bedeutung des Hauses für die Mitglieder der Familie Buddenbrook imitiert den Stellenwert
fürstlich-dynastischer Stammsitze für den Hochadel, wie ja auch die ständige Rückbesinnung auf die
Reihe der Vorfahren einen adligen Stammbaum ersetzen soll.
Das Leben ist ein bevorzugtes Thema von Tony Buddenbrook. Ihre Behauptung, sie kenne „das Leben“,
widerlegt sie selbst durch ihre fehlgeschlagenen Ehen und mit einem geschäftlichen Ratschlag, der für
die Firma katastrophale Folgen hat: der spekulative Kauf des Pöppenrader Getreides vor Einbringung der
Ernte.