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Sturm und Drang.

Der Sturm und Drang ist eine Strömung in der Literaturepoche der Aufklärung. Er
umfasst die Jahre von etwa 1767 bis 1785. Die Jugendbewegung war geprägt vom
Protest gegen die reine Vernunft der Aufklärung und vom Geniedenken. Bekannte
Vertreter waren Herder, Goethe und Schiller. Das 18. Jahrhundert war eine Zeit des
gesellschaftlichen und kulturellen Umbruchs. Infolge der bürgerlichen Revolution
entstand auch ein neues Bild des Dichters. Eine wesentliche Errungenschaft
der Aufklärung war formale Freiheit. Es entwickelte sich der Typus des »freien
Schriftstellers«, der nur sich selbst verpflichtet ist.
Besonders in Deutschland setzten sich junge Dichter mit dem Weltbild ihrer Väter
auseinander und suchten nach eigenen Standpunkten. Sie forderten zum einen
politische Veränderungen, zum anderen die künstlerische Freiheit des schöpferischen,
empfindsamen Dichter-Genies. Dies brachte der Epoche auch den
Namen Geniezeit ein. Ihre Vertreter rebellierten gegen die Werte der Aufklärung.
Diese wurden oft als zu vernunftbetont und nützlichkeitsorientiert empfunden.
Geniezeit. Die Epoche des Sturm und Drang ist auch als Geniezeit oder Genieepoche
bekannt. Das »Originalgenie« galt als Urbild des schöpferischen Menschen. Es folgt
seinem Herzen und seinem Gefühl mit dem Ziel der freien Selbstentfaltung. Seine
Kunst drückt seine Erlebnisse und Empfindungen unmittelbar aus. Ein Genie
unterwirft sich weder Autoritäten noch bestehenden Regeln. William
Shakespeare war das verehrte Vorbild jener Epoche. Die Helden seiner großen
Tragödien wurden von den Stürmern und Drängern bewundert.
Der Sturm und Drang war eine der ersten Jugendprotestbewegungen in Europa. Er
wird häufig als Gegenbewegung zur Aufklärung verstanden. Dabei hat letztere erst
die Voraussetzungen für den Sturm und Drang geschaffen. Die Ablehnung des
Feudalismus indes ist sogar eine Gemeinsamkeit der beiden Epochen. Tatsächlich
gingen die jugendlichen Stürmer und Dränger über die Ziele der Aufklärung hinaus.
Forderte die Aufklärung den Einsatz der menschlichen Vernunft, so verlangte der
Sturm und Drang den Einsatz des ganzen Menschen mit all seinen Gefühlen,
Leidenschaften und Trieben.
Der Philosoph Johann Gottfried Herder (1717–1772) gilt als Wegbereiter des
Sturm und Drang: Er übte Kritik an der Arroganz der bürgerlichen Aufklärung und
ihrer mangelnden Nähe zum »einfachen Volk«. Seine »Fragmente über die neuere
deutsche Literatur« von 1767 werden als Initialzündung des Sturm und Drang
angesehen.
Ihren Namen verdankt die Literaturepoche des Sturm und Drang einem Schauspiel
des deutschen Dichters Friedrich Maximilian Klinger (1752–1831) aus dem Jahr
1776. Allerdings wurde sie erst ab den 1820er Jahren so genannt. Die zeitgenössische
Bezeichnung war Genieperiode.
Merkmale des Sturm und Drang. Die Stürmer und Dränger wandten sich gegen
überkommene Werte ebenso wie gegen Grundsätze der Aufklärung. Zu letzteren
zählten insbesondere Vernunft und Maßhalten in allen Dingen. Darauf sollte sich das
gesellschaftliche Handeln ebenso gründen wie philosophisches und literarisches
Denken. Dies lehnen die jungen Literaten entschieden ab. Der Mensch habe vielmehr
das Recht und die Pflicht, auch seine Gefühle und Leidenschaften sowie seine
natürliche Nähe zu Natur und Schöpfung auszuleben.
Wichtige Merkmale des Sturm und Drang. Jugendbewegung: Die Autoren sind
junge und freie Dichter. Ihre Mehrheit war zwischen 20 und 30 Jahren alt. Sie
protestierten gegen Autorität und Tradition im politischen und gesellschaftlichen
Leben sowie in der geistigen und dichterischen Welt.
Betonung des Gefühls und der schöpferischen Kraft des Individuums: Zentrale
Motive jedes geistigen und literarischen Schaffens im Sturm und Drang sind Gefühl
(Emotio) und Empfindung. Eine besondere Rolle spielt das unmittelbare Erleben der
Natur. Die vernunftbetonte Epoche der Aufklärung dagegen war vom Verstand
(Ratio) beherrscht.
Leidenschaft als Wert an sich: Nach Auffassung der Stürmer und Dränger kann der
Einzelne Regeln und Normen außer Acht lassen, um Bedeutsames zu leisten. Die
Leidenschaft de Stürmer und Dränger stellt das Charakteristische und Ursprüngliche,
das Originalgenie, über das Schöne und in der Form Gebändigte.
Gefühlsüberschwang in der Sprache: Die Sprache des Sturm und Drang ist
jugendlich überschwänglich und verständlich. Man ließ sich nicht länger in das
Regelwerk des Barock oder der Aufklärung zwingen. Die jungen Autoren setzten den
alten Zwängen eine ausdrucksstarke Wiedergabe eigener Erfahrungen und
Empfindungen entgegen. Dies führte zum häufigen Gebrauch von Halbsätzen,
Kraftausdrücken oder volkstümlichen Wendungen. Die Protagonisten ihrer Werke
zeigen übersteigerte Gefühlsausbrüche oder führen revolutionäre Reden.
Kritik am Feudalismus: Erklärtes Ziel der Stürmer und Dränger ist die
Überwindung des feudalen Systems. Ebenso wie zuvor die Aufklärer lehnen sie den
Absolutismus und die Adelsherrschaft ab. Ihre Kritik richtet sich aber auch gegen
Klerus und Bürgertum.
Das Drama als Hauptform der Dichtung: Von allen literarischen Gattungen eignet
sich das Drama am besten für die gefühls- und ausdrucksstarke Sprache des Sturm
und Drang. Die Rebellion gegen die bestehende Weltordnung konnte im Schauspiel
durch Ausrufe, halbe Sätze und derbe Wendungen wirkungsvoll in Szene gesetzt
werden.
Autoren des Sturm und Drang
Kennzeichnend für den Sturm und Drang ist, dass er von Dichtern im Alter zwischen
20 und 30 Jahren getragen wurde. Seither verwendet man für diese Lebensphase
umgangssprachlich die Bezeichnung »Sturm- und Drang-Periode«. Deshalb
verwundert es nicht, dass Themen wie Freundschaft, Mut und Verwegenheit,
leidenschaftliche Liebe, emphatische Gefühle sowie Auflehnung und Rebellion gegen
starre Autoritäten im Mittelpunkt der Werke stehen.
Der Sturm und Drang wird auch »Geniezeit« genannt. In dieser Epoche wurde der
Begriff des »Genies« geprägt. Theoretisch erörtert wird er bei Herder
(»Shakespeare«, 1773), Goethe (»Zum Shakespeare Tag«, 1771) und Jakob Michael
Reinhold Lenz (»Anmerkungen übers Theater«, 1774). Das »Genie« bezeichnet einen
Künstler, der nur seinem Gewissen und seinen eigenen ästhetischen Ansprüchen
verpflichtet ist. Kein Regelwerk kann sein schöpferisches Tun begrenzen, er findet
alles in seiner eigenen Seele und seinen eigenen Empfindungen. Dabei ist er vital und
kraftvoll – das Ideal ist keineswegs der sensible Einzelgänger, sondern der »ganze
Kerl«, der mutig gegen die Obrigkeit rebelliert und mit Gleichgesinnten kämpft. Das
Inbild eines solchen Dichters sah man in den großen Vorbildern Homer
und Shakespeare.
Wichtige Autoren und Werke des Sturm und Drang: 1) Gottfried August Bürger
(1747–1794): »Leonore«; 2) Heinrich Leopold Wagner (1747–1779): »Die
Kindermörderin«; 3) Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832): »Die Leiden des
jungen Werther«, »Götz von Berlichingen«, »Prometheus«; 4) Johann Gottfried
Herder (1717–1772): »Von deutscher Art und Kunst«, »Über die neuere Deutsche
Literatur«; 5) Friedrich Maximilian Klinger (1752–1831): »Sturm und Drang«; 6)
Jakob Michael Reinhold Lenz (1751–1792): »Die Soldaten«, »Der Hofmeister«; 7)
Friedrich Schiller (1759–1805): »Die Räuber«, »Kabale und Liebe«.
„Erlkönig“. Johann Wolfgang von Goethes »Erlkönig« aus dem Jahre 1782 ist eine
der bekanntesten deutschen Balladen. Im Gegensatz zu vielen anderen Werken
des Sturm und Drang geht es im »Erlkönig« nicht um Liebe; Goethe thematisiert hier
zum ersten Mal die magische Macht der Natur. Die Handlung ist in einer dunklen,
unruhigen Nacht angesiedelt. Die Protagonisten, Vater und Sohn, reagieren
unterschiedlich auf die sie umgebenden Naturmächte: Der Erwachsene begegnet der
Bedrohung mit Vernunft, das Kind dagegen verliert sich in einer irrationalen
Fantasiewelt.
Einleitung (Strophen 1 – 2). Ein Erzähler führt in die Situation ein: Ein Vater reitet
mit seinem Sohn in den Armen durch die stürmische Nacht. Der Junge meint die
mythische Gestalt des Erlkönigs zu sehen und ist verängstigt. Der Vater will ihn
beruhigen; er hält die Erscheinung für Nebelschwaden.

Hauptteil (Strophen 3 – 7). Die Stimme des Erlkönigs umwirbt das Kind und will es
verführen, ihm in ein Sehnsuchtsland zu folgen. (3) Der Erlkönig lockt den Knaben
zunächst mit seinen feenhaften Töchtern. (5) Schließlich droht er dem verzweifelten
Kind mit Gewalt, falls es ihm nicht folgt. (7)

Das Kind wendet sich hilfesuchend an seinen Vater. Der bemüht sich, es zu
beruhigen. Die Stimme, die das Kind hört, erklärt er mit dem Rascheln des Windes.
(4) Dunkle, graue Weiden erkennt der Vater dort, wo das Kind die Töchter des
Erlkönigs ausmacht. Schluss (Strophe 8). In der grauenvollen Ahnung, seinen Sohn
an die Naturmächte verloren zu haben, erreicht der Vater den rettenden Hof. Sein
Sohn ist tot.

Der Stoff des »Erlkönig« stammt aus dänischem Liedgut und wurde von Johann
Gottfried Herder (1744–1803) ins Deutsche übersetzt. Goethe nahm das Thema auf
und entwarf die Ballade zunächst als Eröffnung für sein Singspiel »Die Fischerin«.
Während die 1782 in Tiefurth bei Weimar uraufgeführte Operette jedoch in
Vergessenheit geriet, hat der »Erlkönig« seinen Platz im Kanon der deutschen Lyrik
gefunden.

»Erlkönig«-Vertonungen. Franz Schubert (1797–1828) hat Goethes Gedicht


»Erlkönig« 1815 für Klavier und Singstimme vertont. Das Kunstlied wurde 1821 in
Wien uraufgeführt. Eine frühere Vertonung durch Johann Friedrich
Reichardt erfolgte bereits im Jahre 1794, eine weitere 1797 durch Friedrich Zelter.
Bekannt ist auch die Komposition von Carl Loewe aus dem Jahre 1818.
„Die Leiden des jungen Werther“. Die Leiden des jungen Werthers ist ein
Briefroman der deutschen Schriftstellers und Dichters Johann Wolfgang von Goethe
aus dem Jahre 1774. „Die Leiden des jungen Werthers“ wurde sehr erfolgreich und
gilt verantwortlich für den Durchbruch und die Berühmtheit von Johann Wolfgang
von Goethe.
Der Roman Die Leiden des jungen Werthers war sofort ausgesprochen erfolgreich.
Die erste Auflage mit 1500 Exemplaren war schnell verkauft, 1775 folgte die zweite
mit 3000 Stück. So ergibt sich allein für diesen kurzen Zeitraum eine Gesamtauflage
von 9.000 Stück, ein Bestseller für die damaligen Maßstäbe. Bis zu Goethes Tod
erschienen auf dem internationalen Buchmarkt insgesamt 55 Auflagen seines
Briefromans, so erschien zum Beispiel 1775 in Frankreich die erste Übersetzung,
1779 in England, 1781 in Italien. Die Autoren würdigten die literarische Qualität des
Romans.
Auch der orthodoxe Klerus, etwa Johann Melchior Goeze (1717–1786), kritisierte
den Briefroman auf das Schärfste. Besonders Werthers Verteidigung des
Selbstmordes lehnt er kategorisch ab, schließlich handelt es sich hier um eine
Todsünde. Aber auch die Tatsache, dass Werther die Frau eines anderen begehrt, ist
skandalös. Damit nicht genug: Schon der Titel des Romans ist eine theologische
Provokation, denn er spielt auf die Leidensgeschichte Jesu an. Goethe verhandelt
nicht die Leiden Christi, sondern Werthers.
Merkmale. Das Romangeschehen wird – bis auf den Kommentar des fiktiven
Herausgebers – ausnahmslos aus Werther monologischer Sicht dargestellt. Er spricht
deshalb in der ersten Person über sich. Schon der erste Satz des Romans ist aus seiner
egozentrierten Perspektive formuliert: »Wie froh bin ich, dass ich weg bin!" Werther
verwendet im ersten Brief vom 4. Mai 1771 vierundzwanzigmal das
Personalpronomen »ich«. Auch der Name Werther, der sich von ›Werth‹ (Flussinsel)
ableiten lässt, zeigt, dass er eine isolierte, inselähnliche Existenz führt: »Ich kehre in
mich selbst zurück, und finde eine Welt! «Werther ist ein Unangepasster, der nur aus
seinen Gefühlen heraus lebt und mit gesellschaftlichen Konventionen
Schwierigkeiten hat.
Inhalt. In dem Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ von Johann Wolfgang
von Goethe hat der Leser die Möglichkeit von Mai 1771 bis Dezember 1772 an dem
Leben des jungen Werther teilzuhaben. Dieser flüchtet als recht isoliert lebender
Sonderling vor dem wirren Stadtleben aufs Land und sucht Ruhe in „Wahlheim“. Der
junge Mann ist von der Natur begeistert und hält seine Gedanken hin und wieder
durch Zeichnungen und Geschriebenes fest. Einziger näherer zwischenmenschlicher
Kontakt besteht zu Wilhelm, den er durch seine Briefe an seinem (Gefühls)leben
teilnehmen lässt. Während seines Aufenthaltes in „Wahlheim“ lernt er auf dem Weg
zu einer Tanzveranstaltung Lotte kennen und ist spontan von ihr begeistert. Er
verliebt sich in sie, als er Seelenverwandtschaft und enge Verbundenheit zu ihr
feststellt. Zunächst hat Werther hohe Erwartungen auf eine Beziehung mit Lotte,
doch nach und nach macht er sich der Hoffnungslosigkeit bewusst, denn Lotte ist
beinahe verlobt. Werther flüchtet aus dem Dorf und findet wieder realistische
Ansätze in seiner Bewertung der Beziehung. Ihm wird bewusst, dass er Lotte
vergessen muss. Doch trotz einiger Zeit des Abstands zu Lotte vermag er die
Enttäuschung nicht zu überwinden. Selbst die aufgenommene Arbeit am Hofe eines
Adeligen zeigt ihm keine neue Lebensorientierung. Da er sich auch diesen
menschlichen Kreisen nicht zugehörig fühlt und er keinerlei Beziehungen aufbauen
kann, gerät er in eine noch tiefere Isolation. Dann beginnt er sich zu langweilen und
kehrt nach Walheim in die Nähe von Lotte zurück. Obwohl Lotte dort bereits
verheiratet ist, besucht er sie weiterhin. Am Sonntag vor Weihnachten ermahnt Lotte
Werther sich ein wenig mehr zurückzuhalten und sie bis Weihnachten nicht mehr
aufzusuchen. Werther ist verstört, geht frühzeitig nach Hause und verfasst einen
Abschiedsbrief: "Ich will sterben", schreibt er an Lotte. Er kommt zu der bitteren
Einsicht, dass sich einer von ihnen opfern muss, damit die anderen beiden in Frieden
weiterleben können. „Ich habe mir schon manchmal vorgenommen, sie nicht so oft
zu sehn. Ja, wer das halten könnte!“ Am nächsten Tag regelt Werther seine
Hinterlassenschaften und kehrt, entgegen ihrem ausdrücklichen Wunsch, zu Lotte
zurück. Albert ist abwesend und Werther liest ihr aus einigen Gesängen des Barden
Ossian vor, die er zuvor übersetzt hat. Die düsteren Naturbeschreibungen und der
melancholische Tonfall der gälischen Heldendichtung wühlt die beiden auf. Sie
erkennen darin ihr eigenes grausames Schicksal. Lotte bricht unter Tränen
zusammen, Werther drückt sie an sich und küsst sie. Fassungslos weist sie ihn von
sich und droht, dass sie ihn nie wieder sehen will. Werther kauert eine Weile in ihrem
Zimmer. Dann verlässt er das Haus ohne Abschied und beendet seinen Brief an Lotte.
Tags darauf schickt er einen Boten zu Albert und erbittet sich von ihm unter einem
Vorwand die Pistolen. Am nächsten Morgen findet der Diener Werther in seiner
Stube. Er hat sich um Mitternacht, in voller Montur mit blauem Frack und gelber
Weste, eine Kugel durch den Kopf geschossen. Auf seinem Schreibtisch liegt
Lessings bürgerliches Trauerspiel Emilia Galotti aufgeschlagen. Die herbeigerufenen
Ärzte können für Werther nichts mehr tun. Albert ist bestürzt. Lotte sinkt in
Ohnmacht. Auf Werthers Wunsch hin lässt ihn Lottes Vater zwischen den beiden
Linden in Walheim begraben.
„Die Räuber“. Friedrich Schillers Drama »Die Räuber« wurde im Jahre 1781
zunächst anonym veröffentlicht, im Folgejahr dann in Mannheim uraufgeführt. Das
während der Zeit des Sturm und Drang entstandene Schauspiel ist in fünf Akte
gegliedert, welche jeweils in mehrere Szenen unterteilt sind. Es handelt von der
Rivalität zweier Brüder, Karl und Franz von Moor. Der hässliche Franz ist der
zweitgeborene Sohn und hat sich zeitlebens ungeliebt gefühlt, im Gegensatz zu
seinem Bruder Karl, der sich zum Studium in Leipzig aufhält. Franz versucht durch
Intrigen seinen Bruder auszuspielen, um an das Erbe seines Vaters, des Grafen
Maximilian von Moor, heranzukommen.

I. Akt. Franz fälscht einen Brief von einem Kameraden seines Bruders, in dem dieser
von angeblichen Gräueltaten Karls in Leipzig erzählt. Den eigentlichen Brief, in dem
Karl seinen Vater um Vergebung bittet, hat Franz verbrannt. Enttäuscht entschließt
der Vater sich dazu seinen Sohn zu enterben. Er bittet Franz darum eine Antwort zu
verfassen, die entgegen den Wünschen des Vaters ausgesprochen hart ausfällt.

Karl erhält und liest den Brief in einer Leipziger Studentenkneipe. Nachdem auch
seine Freunde den Brief gelesen haben, überredet Spiegelberg sie dazu eine
Räuberbande zu gründen. Er hofft darauf selbst Hauptmann zu werden, doch die
Gruppe wünscht, dass Karl ihr Anführer wird. Im Glauben vom Vater verstoßen
worden zu sein willigt er ein.
Im Schloss wirbt Franz um Karls Geliebte Amalia. Diese steht dem falschen Spiel
von Franz jedoch misstrauisch gegenüber. Daraufhin zeigt Franz sein wahres Gesicht
und Amalia schwört ihm Rache.
II. Akt. Um herrschen zu können, muss Franz seinen Vater umbringen. Er zieht den
Bastard Hermann auf seine Seite und weist ihn an sich als Kamerad Karls auszugeben
und dem Grafen zu erzählen, Karl sei umgekommen.

Als der verkleidete Hermann dem Vater die falsche Nachricht überbringt, gibt dieser
sich selbst die Schuld am Tod seines Sohnes. Der Graf bricht scheinbar tot
zusammen. Franz freut sich sichtlich darüber und sinniert über seine Zukunft als
Herrscher.

In den böhmischen Wäldern führt Karl zur gleichen Zeit das Leben eines
Räuberhauptmannes. Als die Bande davon hört, dass der Räuber Roller in einer
nahegelegenen Stadt gehängt werden soll, setzt die Räuberbande die Stadt in Brand
und Karl befreit Roller. Bei der Einäscherung kommen jedoch viele Unschuldige zu
Tode. Spiegelberg erfreut sich am Leid dieser Menschen, während Karl der Sache
kritisch gegenüber steht. Er spielt mit dem Gedanken die Räuberbande zu verlassen,
als diese von Militär umzingelt wird. Ein Pater wird geschickt, der die Auslieferung
Karls verhandeln soll, doch die Räuber stellen sich hinter ihren Hauptmann und
ziehen mit dem Ruf ›Tod oder Freiheit‹ euphorisch in den Kampf.

III. Akt. Franz wirbt weiterhin um Amalia und möchte nun um ihre Hand anhalten.
Nachdem sie ihn zum wiederholten Male abweist, droht er ihr damit sie in ein Kloster
zu schicken. Sie erwidert, dass ihr das lieber sei als sich mit ihm zu vermählen.
Daraufhin versucht er sie gewaltsam vor den Traualtar zu zerren und wird daraufhin
von ihr geohrfeigt. Schließlich täuscht sie eine Versöhnung vor, greift dann jedoch
nach seinem Degen, woraufhin er die Flucht ergreift. Von Hermann erfährt Amalia
dass sowohl der Graf als auch Karl noch am Leben sind.

In den böhmischen Wäldern möchte sich Kosinsky der Räuberbande anschließen.


Karl warnt ihn davor. Für ihn komme das nur in Frage, wenn sich sonst kein anderer
Ausweg mehr böte. Kosinsky erzählt Karl von seinem Leben und es zeichnen sich
Ähnlichkeiten zwischen den beiden ab. Auch Kosinsky hat eine Geliebte mit dem
Namen Amalia. Karl beschließt daraufhin zum Schloss zurückzukehren und die
Räuber folgen ihm.

IV. Akt. Karl gibt Kosinsky die Anweisung ihn als Graf von Brand auf dem Schloss
anzukündigen. Als Amalia dem verkleideten Karl, ohne zu ahnen wer sich tatsächlich
unter dem Kostüm verbirgt, die Ahnengalerie zeigt, wird ihm klar dass sie ihn noch
liebt. Franz jedoch ahnt, um wen es sich tatsächlich handelt und befiehlt dem Diener
Daniel den vermeintlichen Grafen zu vergiften. Franz philosophiert über das Dasein
als Mensch.

Als Daniel sich Karl zu erkennen gibt, erfährt dieser vom linken Treiben seines
Bruders. Er wünscht sich Amalia noch ein letztes Mal zu sehen und möchte dann das
Schloss wieder verlassen.
Amalia und der Graf von Brand erzählen einander von ihren Geliebten in der Ferne.
Er erklärt ihr, dass er nicht zu seiner Geliebten zurückkehren könne, da er schlimme
Taten begangen habe. Amalia erfreut sich daran, dass ihr Karl noch am Leben ist und
ein rechtes Leben in der Ferne führt. Karl kann mit der Situation nicht umgehen und
flieht zu seiner Räuberbande.

Spiegelberg versucht unterdessen Anführer der Bande zu werden und macht


Andeutungen Karl töten zu wollen, woraufhin Schweizer ihn ersticht.
Selbstmordgedanken steigen in Karl hoch, doch er unterdrückt sie. Als Hermann
nachts in den Wald geht, um den in einem Turm eingesperrten Grafen von Moor mit
Essen zu versorgen, befreit Karl diesen ohne sich zu erkennen zu geben. Er erfährt
was sein Bruder ihrem Vater angetan hat und beschließt das Schloss anzugreifen. Er
gibt Schweizer die Anweisung ihm seinen Bruder lebend herbei zu schaffen.

V. Akt. Franz träumt vom jüngsten Gericht und bekommt es mit der Angst zu tun. Er
lässt sich von Daniel einen Pastor herbeirufen. Dieser erklärt ihm, dass die
schlimmsten Sünden der Vater- und der Brudermord seien. Er hört, wie sich die
Räuber dem Schloss nähern. Verzweifelt versucht er zu beten, was ihm jedoch nicht
gelingt. Daniel weigert sich ihm dabei zu helfen und so erdrosselt sich der
verzweifelte Franz selbst mit seiner Hutschnur. Schweizer bemerkt, dass er sein
Versprechen Franz lebend zu Karl zu bringen nicht erfüllen kann und erschießt sich.

Amalia wird zu Karl gebracht und er gibt sich ihr als Räuberhauptmann zu erkennen.
Entsetzt vom Treiben seines Sohnes scheidet der alte Moor dahin. Als Karl Amalia
erklärt, dass er nicht zu ihr zurückkehren könne, weil er den Räubern ewige Treue
geschworen habe, bittet sie ihn darum sie zu töten. Zunächst verwehrt er ihr diesen
Wunsch, doch als sich andere Räuber anbieten diese Aufgabe zu übernehmen, willigt
er letztendlich ein. Um seine Schuld zu begleichen, beschließt er sich einem
Tagelöhner auszuliefern, der mit dem auf Karl ausgesetzten Kopfgeld seine Familie
ernähren kann.

Schiller hat die abstrakten Konzepte von Recht, Gerechtigkeit und Schuld in ein
spannendes Drama verpackt, das in seinem Aufbau typisch für die Zeit des »Sturm
und Drang« ist. Der Klassiker der deutschen Literatur bricht mit der aristotelischen
Tradition der Einheit von Ort, Zeit und Handlung: Das Drama spielt an mehreren
Orten über einen Zeitraum von zwei Jahren. Auf das von ihnen begangene Unrecht
reagieren die beiden Brüder unterschiedlich: Der von den Räubern bedrängte Franz
nimmt sich das Leben. Karl dagegen will seine Taten zu sühnen, indem er sich der
Justiz ausliefert. Nach der Veröffentlichung dieses Werkes wurde Schiller schlagartig
berühmt.

Die Weimarer Klassik (1786–1832) bezeichnet eine an den Idealen


Weimarer Klassik.
der Aufklärung angelehnte literarische Epoche, als deren zentrale Vertreter Johann
Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller in Erscheinung getreten sind.
Die Weimarer Klassik (1786–1832) bezeichnet eine an den Idealen
der Aufklärung angelehnte literarische Epoche, als deren zentrale Vertreter Johann
Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller in Erscheinung getreten sind. Die
zeitliche Abgrenzung trägt allerdings allein Goethes herausgehobener Stellung
Rechnung: So wird dessen erste Italienreise im Jahr 1786 als Beginn der deutschen
Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod im Jahr 1832 ihr Ende nimmt.
Der Epochenbegriff. Der Begriff Klassik führt auf mehrere Bedeutungen zurück, die
allesamt für das Verständnis der Literaturepoche bedeutsam sind. So spiegelt sich in
der Ableitung des lateinischen Wortes »classicus«, welches die römischen Bürger der
höchsten Steuerklasse bezeichnete, der elitäre Anspruch der einschlägigen Werke
wider. Zugleich wird mit dieser Begrifflichkeit auf die antiken Vorbilder der
deutschen Klassiker verwiesen, die insbesondere in der griechischen Gesellschaft die
Ideale von Harmonie und Vollkommenheit verwirklicht sahen.
Als »Klassiker« werden im alltäglichen Sprachgebrauch zu guter Letzt auch große
künstlerische Leistungen von zeitloser Wirkung verstanden: Folglich macht die
Begrifflichkeit Klassik deutlich, dass diese Epoche die Blütezeit der deutschen
Nationalliteratur markiert. Weil mit Goethe, Schiller, Herder und Wieland alle
maßgeblichen Literaten jener Strömung im Fürstentum Sachsen Weimar und
Eisenach tätig waren, wird hier aus Gründen der eindeutigen Zuordnung oftmals auch
von der Weimarer Klassik gesprochen.
Wichtige Autoren und Werke der Klassik: 1) Johann Wolfgang von
Goethe (1749–1832): »Iphigenie auf Tauris«, »Egmont«, »Der Zauberlehrling«,
»Wilhelm Meisters Lehrjahre«; 2) Friedrich Schiller (1759–1805): Die Bürgschaft«,
»Wilhelm Tell«, »Maria Stuart«, »Wallenstein«; 3) Christoph Martin Wieland (1733–
1813): »Alceste«, »Oberon«.
Merkmale der Klassik. Die Klassik ist maßgeblich von den Erfahrungen der
Französischen Revolution (1789) beeinflusst worden. Brachten dem Volksaufstand
zunächst auch die Weimarer Künstler grundsätzliche Sympathie entgegen, wendete
dann die folgende Terrorherrschaft der Jakobiner das Blatt. In der Folge wurde von
den Literaten die Auffassung vertreten, dass sich politische Veränderungen nicht mit
einem gewaltsamen Umsturz, sondern nur durch eine permanente evolutionäre
Vervollkommnung der Gesellschaft bewerkstelligen lassen. Mit diesem Programm
setzten sich Goethe und Schiller klar von ihren der Sturm-und-Drang-Zeit
zuzurechnenden Frühwerken ab.
Gingen die literarischen Helden des Sturm und Drang – ebenso wie die Protagonisten
der Französischen Revolution – zumeist an dem Widerspruch zwischen egoistischem
Gefühl und allgemeingültiger Vernunft zugrunde, steht bei der Klassik nunmehr das
Streben nach Harmonie, Sittlichkeit und menschlicher sowie ästhetischer Vollendung
in Mittelpunkt. Der Literatur kommt dabei die Aufgabe zu, die Menschheit zu
Humanität zu erziehen: Der unvollkommenen Gegenwart sollte die Kunst das Ideal
einer besseren Welt vor Augen führen.
Da nach dem Dafürhalten der Weimarer Literaten die griechische Antike diesem
Ideal besonders nahe kam, griff die Klassik zahlreiche Stil- und Gestaltungsmittel der
Antike wieder auf: So erlebten unter anderem die Hymne und die an strenge formale
Kriterien gebundene Ode eine neue Blütezeit. Ebenso ist die verstärkte Hinwendung
zur dramatischen Form wohl nur mit Verweis auf die griechischen Vorbilder zu
verstehen.
Während Schiller in seinen Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen vor
allem die Kunst als »Vorschein« des angestrebten Idealzustandes proklamierte, hat
unter anderem Goethe das harmonische Zusammenspiel sämtlicher Kräfte zudem
bereits in der Natur als verwirklicht angesehen. Auf die Begeisterung an der hier
erkannten Harmonie ist es zurückzuführen, dass sich der »Dichterfürst der deutschen
Literatur« auch als Naturforscher einen Namen machte.
„Der Handschuh“. In einem Brief vom 18. Juni 1797 bezeichnet Friedrich Schiller
seine Ballade „Der Handschuh“ als ein kleines Nachstück zum Taucher. Dieses
„Nachstück“ gehört zu den bekanntesten Balladen Schillers überhaupt, die er selbst
als Erzählung einordnete. Eine Anekdote in St. Foix Essay sur Paris hatte Schiller
hierzu aufgemuntert. Unter der Überschrift „Rue des Lions, pres Saint-Paul“ teilt
nämlich St. Foix in dem genannten Werk einen Vorfall mit, den Schiller in seiner
Ballade aufgreift. Drei Tage nach der Ballade „Der Taucher“ hatte Schiller auch
den Handschuh fertig, wobei sich der Handschuh mit einem ähnlichen Thema
auseinandersetzt wie die andere Ballade. Das Besondere im Handschuh ist der
schwungvolle Versbau Schillers.
1.Franz I., König von Frankreich (1515-1547), liebte glänzende Lustbarkeiten und
kostspielige Feste, und hatte seine besondere Freude an Tierkämpfen und
Löwengärten. 
2.Ludwig XII. hatte als erster Monarch die adeligen Frauen an den Hof gezogen, und
schon unter seinem Nachfolger Franz I. wurde der französische Hof der Mittelpunkt
des Landes. 
3.Der Vers lautete ursprünglich: „Und leckt sich die Zunge.“ Als aber Goethe dem
Freund schrieb: „Bei ihrem Handschuh hat man den Zweifel erregt, ob man sagen
könne, ein Thier lecke sich die Zunge; ich habe wirklich darauf nicht bestimmt zu
antworten gewußt“ – wandelte Schiller „leckt sich“ in „recket“ um. 
4.Leu ist ein poetischer Ausdruck für Löwe. 
5.Ein Altan ist ein abgestützter Austritt an einem Gebäude, auch als Söller
bezeichnet. 
6.So schrieb Schiller den Vers ursprünglich nieder, gab ihm jedoch beim Abdruck
des Gedichtes im Musenalmanach von 1798 folgende Form: „Und der Ritter sich tief
verneigend spricht:“. Körner billigte er die Änderung und schrieb: „dass du den
Schluss des Handschuhs geändert hast, ist, däucht mich, ein Gewinn, theils wegen
des Rittercostüms, theils weil dadurch die letzte Zeile mehr gehoben wird.“ Später
hatte der Dichter wieder andere Ansichten, und stellte, seiner Quelle folgend, aus der
er geschöpft hatte, die ursprüngliche Fassung des Verses wieder her.

Die Romantik. Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst
und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur
bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Romantik kennzeichnet eine Abkehr
vom Rationalismus der Aufklärung und von jeglicher klassischer Form. Wichtige
Merkmale der Romantik waren Weltflucht, die Freiheit des Individuums und seines
schöpferischen Tuns sowie eine Vorliebe für das Dunkle und Rätselhafte.
Merkmale der Romantik. Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge
politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche um die Wende des 18.
Jahrhunderts zum 19. Jahrhundert. In ganz Europa fand ein Übergang von der
feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches
Selbstbewusstsein heraus.

Den Romantikern ging es weniger um Gesellschaftskritik als um eine Ablehnung der


Wirklichkeit mit ihrem Fokus auf den Regeln der Vernunft. Sie waren gegen den
ausschließlichen Rationalismus der Aufklärung. Sie werteten Intuition und Ahnungen
höher als die aufblühenden Naturwissenschaften und stellten die Schönheit und
Rohheit der Wildnis über die vorindustrielle Ästhetik des Nützlichen.

Die romantischen Dichter sehnten sich nach der Einheit von Geist und Natur, wie es
der Philosoph Wilhelm Schelling (1775–1854) im Jahr 1797 gefordert hatte.
Auch Johann Gottlieb Fichte (1762–1814) war ein Vordenker der Romantik.
Überhaupt hatte die Philosophie starken Einfluss auf das Weltbild und die Dichtung
der Romantiker.

Wichtige Merkmale der Romantik: 1) Hinwendung zur Natur und Streben nach
einer Ganzheitskultur: Die Aufklärung hatte ein neues Menschenbild geschaffen. Der
aufgeklärte Mensch galt aufgrund seines Verstandes und den Erkenntnissen der
Wissenschaft als Herrscher über die Natur. Die Romantiker dagegen sahen den
Menschen als Teil der Natur, während der Verstand der Ergänzung durch die Seele
bedarf. Fasziniert waren die Romantiker insbesondere von der Natur in ihrer wilden
und ungebändigten Form. Sie bildete den Gegenpol zur (vermeintlichen)
Lebensfeindlichkeit der Städte; 2) Rückzug in Fantasie- und Traumwelten: Die im
18. Jahrhundert beginnende Industrialisierung führte zu einem gesellschaftlichen
Wandel. Der Kapitalismus wurde zur herrschenden Wirtschafts- und
Gesellschaftsordnung. Eine Landflucht in die Städte setzte ein. Menschen wurden vor
allem nach ihrer Nützlichkeit bewertet. Viele Romantiker reagierten darauf mit
Flucht vor der Wirklichkeit, sie träumten sich zurück in vorkapitalistische Zeiten; 3)
Entdeckung des Unbewussten und Irrationalen: Die Romantiker hatten eine
besondere Vorliebe für das Dunkle und Abgründige im Menschen. Der Schlaf und
die Träume sind Möglichkeiten, den Geheimnissen der Seele auf den Grund zu
gehen. Traum- und Fantasiewelten erschienen den Romantikern gleichermaßen
unergründlich und unerschöpflich. Demgegenüber war die Wirklichkeit mit all ihren
Begrenzungen abzulehnen; 4) Wiederentdeckung des Mittelalters: Die Romantiker
entwickelten eine neue Haltung gegenüber dem Mittelalter als der letzten
Ganzheitskultur vor der Aufklärung. Das von christlicher Mystik ebenso wie von
Mythen und Sagen geprägte mittelalterliche Leben wurde verklärt. Es wurde als beste
Zeit der Menschheitsgeschichte idealisiert; 5) Ablehnung des Etablierten: Die
Romantiker sahen sich im Gegensatz zum Bürgertum. Sie lehnten seine Moral, die
politische Angepasstheit und sein Streben nach wirtschaftlicher Sicherheit ab. Der
besondere Spott der Romantiker traf die sogenannten Spießbürger; 6) Unstillbare
Sehnsucht als Grundstimmung: Die Freiheit des Individuums spielte eine zentrale
Rolle für die Romantiker. Eigene Wahrnehmungen und Empfindungen waren von
hohem Wert. Das dichterische Ich stand im Zentrum ihrer Weltbetrachtung. Das
Streben der Romantiker galt dem Verschmelzen von Sinneswahrnehmungen und
Erkenntnisebenen.

Berühmte Autoren und Werke der Romantik. Das große Verdienst der
romantischen Schriftsteller war die Überwindung traditioneller Denkmuster und
klassischer Grenzen. So setzten sich die Autoren über wissenschaftliche Erkenntnisse
und starre Regeln hinweg und ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Noch heute hat die
deutsche Romantik Auswirkungen auf die zeitgenössische Literatur, aber auch auf die
Kunst. Zahlreiche Liedtexte zeitgenössischer Pop- und Wavesongs knüpfen direkt
und indirekt an romantische Werke und Motive an.

Wichtige Autoren und Werke der Romantik; 1) Clemens Brentano (1778–1842):


»Des Knaben Wunderhorn« (Volkslieder); 2) Joseph von Eichendorff (1788–1857):
»Das Marmorbild« (Märchennovelle), »Aus dem Leben eines Taugenichts«
(Novelle); 3) Jacob Grimm (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859):
»Kinder- und Hausmärchen«; 4) Karoline von Günderrode (1780–1806): Gedichte; 5)
E. T. A. Hoffmann (1776–1822): »Die Elixiere des Teufels« (Roman), »Der
Sandmann« (Erzählung); 6) Friedrich von Hardenberg alias Novalis (1772–1801):
»Hymnen an die Nacht« (Lyrik), »Heinrich von Ofterdingen« (Roman); 7) Friedrich
Schlegel (1772–1829): »Athenäums-Fragmente«; 8) Ludwig Tieck (1773–1853):
»Der gestiefelte Kater« (Komödie), »Der blonde Eckbert« (Kunstmärchen), »Der
Runenberg« (Märchennovelle); Friedrich de la Motte Fouqué (1777–1843):
»Undine« (Märchen-Erzählung).

Geschichtliche Hintergründe der Romantik. Die Epoche war geprägt von der
Französischen Revolution (1789–1799) und ihren Nachwirkungen. 1803 wurde in
Deutschland die Säkularisierung geistlicher Fürstentümer und die Aufhebung von
Kleinstaaten beschlossen. Der Sieg Napoleons über Preußen (1806) führte zu einer
grundlegenden Modernisierung des Staates. Die Preußischen Reformen (1807–1814)
hatten einschneidende Folgen. 1806 löste Napoleon das Heilige Römische Reich
Deutscher Nation auf; der Rheinbund wurde gegründet.
1813 setzte die letzte Phase der Befreiungskriege ein, die im selben Jahr in der
Völkerschlacht bei Leipzig zur Schwächung Napoleons und 1815 in der Schlacht von
Waterloo zum Sieg über den Kaiser der Franzosen führte. Der Wiener Kongress legte
1814/15 den Grundstein für die politische Neuordnung Europas. Faktisch wurde
jedoch die vorrevolutionäre Ordnung wiederhergestellt. Unterdessen hatte die
Industrialisierung von England aus auch Deutschland erreicht. Tradierte
Lebensformen begannen für immer zu verschwinden.

Der Epochenbegriff. Der Begriff Romantik entstammt dem Französischen. Er wurde


im 17. Jahrhundert aus dem franz. romantique (von franz. roman) übernommen.
»Romantisch« ist ursprünglich gleichbedeutend mit »romanisch«. Es bezeichnete
zunächst die Dichtung in der Volkssprache eines romanischen Landes. Damit
unterschied sie sich von Werken in klassischem Latein, das nur wenigen Gebildeten
zugänglich war. Aus der lingua romana (»romanische Sprache«) entwickelte sich das
Wort Roman.

Der Romantikbegriff stellt stets das Sinnliche, Fantastische, die Abwendung von den
Klassikern und der Antike sowie die Hinwendung zur Natur, zur Empfindsamkeit
und die Kritik an der Vernunft ins Zentrum des Schaffens.

Die drei Phasen der Romantik. Als Literaturepoche der Romantik wird die Zeit von
1795 bis 1835 angesehen. Die Literaturwissenschaft unterscheidet drei Phasen, die
Frühromantik, die Hochromantik und die Spätromantik. Ihre geistigen Zentren waren
die Städte Jena, Heidelberg, Berlin und Tübingen.

Frühromantik (Jenaer Romantik). Die Frühromantik, auch Jenaer


Romantik genannt, dauerte von 1798 bis 1804. Ihr geistiges Zentrum war die kleine
Universitätsstadt Jena in der Nähe von Weimar. Hier kamen Philosophen, Literaten,
Dichter und Naturwissenschaftler zusammen und schufen das Weltbild der Romantik.
Vor dem Hintergrund des Zeitgeschehens entstand die literarische Strömung der
Frühromantik. Berühmtester Dichter dieser Zeit ist Friedrich von Hardenberg
alias Novalis (1772–1801).

Als wichtigste Theoretiker gelten August Wilhelm Schlegel (1767–1845)


und Friedrich Schlegel (1772–1829). In Literaturzeitschriften publizierten sie nicht
nur ihre eigenen Texte, sondern auch Übersetzungen der Weltliteratur. August
Wilhelm kommt unter anderem das Verdienst zu, gemeinsam mit seiner damaligen
Frau Caroline die Werke Shakespeares ins Deutsche übersetzt zu haben. Sein Bruder
Friedrich entwarf das Konzept einer »progressiven Universalpoesie«: Inhaltlich
wurden unterschiedliche Wissensgebiete verbunden; formal entstanden Mischformen
verschiedener Literaturgattungen. Progressiv meinte, dass Dichtung ständiger
Veränderung unterworfen, dauerhaft im Werden sei.
Universalpoesie. Der Begriff der Universalpoesie wurde von Friedrich Schlegel
geprägt. Inhaltlich werden unterschiedliche Wissensgebiete verbunden, die Literatur
mit Philosophie oder die Kunst mit Wissenschaften. Die dichterische
Einbildungskraft sollte die unsichtbare Welt und die Wirklichkeit, Poesie und das
gesellschaftliche Leben in einen Wechselbezug setzen. Formal entstanden
Mischformen sämtlicher Literaturgattungen. Lyrik, Drama und Prosa in ihren
unterschiedlichsten Erscheinungen wurden in einem Werk zusammengeführt.
Friedrich Schlegel entwickelte seine Theorie zusammen mit dem frühromantischen
Dichter Novalis und seinem Bruder August Wilhelm Schlegel. Veröffentlicht wurden
die Ideen in der Zeitschrift Athenäum.

Hochromantik (Heidelberger Romantik). Zentrum der Hochromantik zwischen


1804 bis 1815 war Heidelberg, als Nebenzentren gelten Berlin und München. Den
politischen Wirren jener Zeit setzten viele Dichter der Heidelberger Romantik die
Wertschätzung nationaler Traditionen und das Bemühen um geistige Einheit
entgegen. Diese Haltung spiegelt sich in ihrem Interesse an aller Art von
Volkspoesie. Alte Stoffe wie Sagen, Märchen, Fabeln und Volkslieder wurden
gesammelt, zum Teil überarbeitet und neu publiziert.

Veröffentlichungen wie die Liedersammlung »Des Knaben Wunderhorn« von Achim


von Arnim (1781–1831) und Clemens Brentano (1778–1842) oder die »Grimms
Märchen« erreichten ein großes Publikum. Zu den Heidelberger Romantikern (auch:
Jüngere Romantiker) zählen neben Arnim und Brentano die Brüder und
Volksmärchen-Sammler Jacob (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859),
Joseph Görres (1776–1848) sowie der berühmte Dichter Joseph von Eichendorff.

Spätromantik (Berliner Romantik). Ihren Abschluss fand die literarische Epoche


der Romantik mit der Berliner Romantik, die auch Spätromantik genannt wird und
von 1816 bis 1835 andauerte. München, Wien und Tübingen gelten als Nebenzentren
der Spätromantik. In den Salons der heutigen Hauptstadt versammelten sich neben
Rahel Varnhagen, E. T. A. Hoffmann, Bettina von Arnim und Ludwig Tieck viele
weitere literarische Größen dieser Zeit zu Diskussionen und Debatten.

In der Literatur ist eine zunehmende Hinwendung zur Mystik und zum Unheimlichen
festzustellen. Vorbild ist der aus England stammende Schauerroman (Gothic Novel).
Ein bekanntes Werk der Schauerliteratur ist die Erzählung »Der Sandmann« von E.
T. A. Hoffmann. Ab 1815 geht die Spätromantik in das Biedermeier über.

Die romantische Lyrik. Viele lyrische Werke der Romantik gehören heute zu den
Klassikern der deutschen Literatur. Zu den bekanntesten Lyrikern zählen Ludwig
Uhland, Joseph von Eichendorff, Eduard Mörike und Adelbert von Chamisso, die
eher volkstümlich orientiert waren. Eine volksliedhafte Einfachheit prägte ihre
Werke, die bei einem breiten Publikum Anklang fanden. Auch die »Geistlichen
Lieder« sowie die »Hymnen an die Nacht« von Novalis werden als wichtige lyrische
Werke der deutschen Romantik noch heute gelesen. Die Texte von Novalis zeichnen
sich durch ein Höchstmaß an sprachlicher Kunst aus.

Das Drama in der Romantik. Die strengen Gesetzmäßigkeiten der Textgattung


Drama ließen sich nur schwer mit den Vorstellungen der Romantiker vereinbaren.
Brentano, Ludwig Tieck und Joseph von Eichendorff setzten sich dennoch mit dem
Drama auseinander. Sie verfassten umfangreiche Lesedramen, die jedoch kaum zur
Aufführung kamen. An Shakespeare fanden die Romantiker jedoch Gefallen, sie
schätzten seine Methode, geschichtliche Stoffe als Komödien zu inszenieren. »Der
gestiefelte Kater« von Ludwig Tieck gilt als eine der wenigen nennenswerten
Komödien der deutschen Romantik. In den Dramen, aber auch in der Prosa der
Romantik findet sich immer wieder das Motiv der Ironie. Dieses wurde als
eigenständige literaturtheoretische Position von Friedrich Schlegel vertreten.

Romantische Prosa. Schon Ende des 18. Jahrhunderts wurde Volksdichtungen


immer beliebter. Bekannte Romantiker griffen hierin Volkslieder, Sagen und
Märchen auf, erzählten sie neu und dichteten die alten Texte um. So entstanden in
dieser Zeit beispielsweise die Märchensammlung der Gebrüder Grimm sowie die
Liedersammlung des Knaben Wunderhorn von Arnim und Brentano.

Der romantische Roman fand sein literarisches Vorbild in den Meisterwerken


von Goethe. Allerdings mischten die Romantiker gern die Gattungen und brachten
Gedichte, Lieder und Erzählungen in einem Text unter. Während der Romantik
entwickelte das Publikum ein gesteigertes Interesse an Trivialliteratur – der
Schauerroman wurde geboren. In der Romantik waren epische Kurzformen oft
beliebter als lange Romane. So fanden Märchen, Novellen und Erzählungen großen
Anklang bei den Lesern.

Klassik und Romantik. Lange Zeit wurden Romantik und Klassik als


Literaturepochen voneinander abgegrenzt. In jüngerer Zeit vertreten
Literaturwissenschaftler eine andere Meinung. Danach wird die Klassik als eine
Strömung der Romantik betrachtet. Beide Epochen beschäftigen sich mit denselben
Themen, nämlich

 Entfremdung des Menschen von der Natur,


 Verlust der Ganzheit,
 Verhältnis zwischen Dichtung und Lebenswirklichkeit.

Sowohl Klassik als auch Romantik sehen in der Kunst bzw. Dichtung eine
Möglichkeit, die verlorene Ganzheitlichkeit wiederzuerlangen. Allerdings
unterscheiden sie sich in ihren Antworten auf die Problematik.
Klassik

 sieht in der Kunst den Ausgleich zu einer unzulänglichen Wirklichkeit,


 strebt nach vollendeter Schönheit und Harmonie,
 sucht nach Gesetzmäßigkeiten, nach einer gültigen und geschlossenen Form,
 lehnt gedankliche Unklarheit und Fantastisches ab.

Romantik

 will mit Hilfe von Kunst das Bewusstsein für den Verlust der Ganzheit
schärfen,
 hält die Probleme für nicht lösbar, lehnt Scheinlösungen ab und flüchtet sich in
eine Welt jenseits der Wirklichkeit,
 sehnt sich nach maßlosem Gefühl und Leidenschaft,
 glaubt an die Unendlichkeit schöpferischer Fantasie des Einzelnen,
 sprengt alle formalen und inhaltlichen Grenzen.

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