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Alternative Emanzipationsvorstellungen

in der DDR-Frauenliteratur (1971-1989)


Ein Diskussionsbeitrag zur Situation der Frau

von
Mechthild M. Matheja-Theaker

Verlag Hans-Dieter Heinz


Akademischer Verlag Stuttgart
1996
Digitized by the Internet Archive
in 2019 with funding from
Kahle/Austin Foundation

https://archive.org/details/alternativeemanzOOOOmath
STUTTGARTER ARBEITEN ZUR GERMANISTIK
herausgegeben von
Ulrich Müller, Franz Hundsnurscher und Cornelius Sommer

Nr. 309

Alternative Emanzipationsvorstellungen
in der DDR-Frauenliteratur (1971-1989)

Ein Diskussionsbeitrag zur Situation der Frau

von
Mechthild M. Matheja-Theaker

VERLAG HANS-DIETER HEINZ


AKADEMISCHER VERLAG STUTTGART
1996. Bornas y Bala L ibrary
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Die Reihe "STUTTGARTER ARBEITEN ZUR GERMANISTIK"
ist die neugermanistische Fortsetzung der Reihe
"GÖPPINGER ARBEITEN ZUR GERMANISTIK".
Kümmerle Verlag, Göppingen.
In den "GÖPPINGER ARBEITEN ZUR GERMANISTIK"
erscheinen ab Band 160 ausschließlich Veröffentlichungen aus
dem Gebiet der Altgermanistik und der Sprachgeschichte.
Die Reihe "Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik" steht in
keinem organisatorischen Zusammenhang mit
der Universität Stuttgart.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Matheja-Theaker, Mechthild M.:


Alternative Emanzipationsvorstellungen in der DDR-
Frauenliteratur (1971-1989): ein Diskussionsbeitrag zur
Situation der Frau / von Mechthild M. Matheja-Theaker. -
Stuttgart: Heinz, 1996
(Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik ; Nr. 309)
Zugl.: Diss.
ISBN 3-88099-313-0
NE: GT

Alle Rechte Vorbehalten, auch die des Nachdrucks von Auszügen,


der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung.

Verlag Hans-Dieter Heinz, Akademischer Verlag Stuttgart


D-70469 Stuttgart, Steiermärker Straße 132
Druck: Sprint-Druck GmbH, Stuttgart 30
ISBN 3-88099-313-0
Printed in Germany
1996
3

Vorwort

Angesichts der dramatischen Entwicklungen in der DDR in den Jahren 1989 und 1990
erscheinen einige einleitende Anmerkungen über die Entstehung und die
Rahmenbedingungen der folgenden Dissertation über "Alternative
Emanzipationsvorstellungen in der DDR unter Elonecker (1971-1990)” angebracht.
Die der vorliegenden Arbeit zugrundeliegenden Untersuchungen wurden in den
Jahren 1984-88 durchgeführt, alle hier gemachten Darstellungen und Folgerungen
gelten entsprechend für diesen Zeitraum. In der Zeitspanne, in der diese Studie
entstand, waren die gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen, die sich seit
Ende 1989 in der DDR abzeichneten und schon 1990 zur Wiedervereinigung mit
Westdeutschland führten, noch nicht vorauszusehen. Mitte der achtziger Jahre konnte
man bestenfalls einen kontinuierlichen Fortschritt auf dem Weg zu Reformen erwarten,
es waren nur graduelle Reformen zur Verbesserung der Situation der DDR-Frauen
abzusehen. Der Leser wird schnell erkennen, daß sich die internen Diskussionen über
Reformen im Rahmen dieser Erwartungen abspielten.
Angesichts der stark veränderten Situation zu Beginn der neunziger Jahre
könnte man heute zu dem Schluß kommen, daß die Schriftstellerinnen der DDR, deren
Werke hier untersucht wurden, nicht die Masse der DDR-Frauen repräsentierten. Ihr
erklärtes Ziel war es, Änderungen im Sozialismus herbeizufiihren, die die
Lebensumstände der Frauen (und auch Männer) verbessern sollten. Die
Wiedervereinigung und die Ergebnisse der ersten gesamtdeutschen Wahlen zeigen, daß
die Bevölkerung der ehemaligen DDR die Alternative des Kapitalismus der des "real¬
existierenden" Sozialismus vorzog und zu keinen weiteren Experimenten bereit war.
Diese Alternative hat es jedoch zu der Zeit, in der die hier diskutierten Werke
entstanden und veröffentlicht wurden, nicht gegeben. Das starke Interesse an der
Frauenliteratur in der Honecker Ära deutet darauf hin, daß sie die Ansichten einer
nicht zu unterschätzenden Anzahl von DDR-Frauen zum Ausdruck brachte. Auch
sollte man die Möglichkeit nicht übersehen, daß die DDR- Schriftstellerinnen
Überlegungen und Meinungen artikulierten, die auch von Frauen außerhalb ihres
Kreises angestellt und vertreten wurden. Im allgemeinen jedoch läßt sich festhalten,
daß der repräsentative Staats der kritischen Autorinnen - wie groß er auch immer
gewesen sein mag - hauptsächlich auf einem Konsensus im Negativen beruhte, nämlich
darauf, was Frauen nicht wollten. Damit befanden sich die Autorinnen in der gleichen
Position wie viele andere kritische DDR-Intellektuelle während der Umwälzung.
Von vielen Seiten wird heute die Meinung vertreten, daß die DDR-Forschung
durch die schnellen Entwicklungen komplizierter, wenn nicht gar unmöglich geworden
ist und daß der Beobachter sich mit neuen und unerwarteten Schwierigkeiten
konfrontiert sieht. Für das vorliegende Projekt hat die deutsche Wiedervereinigung
zwar Probleme aufgeworfen, andererseits kommen durch sie nun viele Informationen
ans Tageslicht, die die hier erarbeiteten Thesen unterstützen: Seit der Wende zeichnet
sich bei ostdeutschen Soziologen (so z.B. Eva Schäfer, Jutta Gysi, Hildegard Maria
Nickel u a.) die Tendenz ab, die kritischen Darlegungen der Autorinnen zu
unterstreichen und zu bestätigen. Die Gültigkeit der Folgerungen dieser Arbeit wird
4

von den rapiden Änderungen nicht gemindert. Die Studie ist historischer Natur und
untersucht die Aussagen und Forderungen der Frauenliteratur über einen Zeitraum von
zwanzig Jahren. Die in ihr formulierten sozialistischen Ansichten werden einerseits mit
den Überlegungen von Soziologen verglichen, andererseits den offiziellen Leitlinien
gegenübergestellt.
Abschließend noch ein Wort zum ungewöhnlichen Umfang dieser Arbeit. Die
Länge der Dissertation ergab sich teils aus den Wechselbeziehungen zwischen den hier
bearbeiteten Bereichen und teils aus dem bewußten Entschluß, ausführlich aus DDR-
Quellen zu zitieren. Letzterer beruht auf der Tatsache, daß die Beschaffung der
literarischen und auch soziologischen Originaltexte aus der DDR für den Leser in
Großbritannien stets mit großen Schwierigkeiten verbunden gewesen ist. Einerseits
waren die Artikel und Bücher häufig nur über Fernleihe aus der DDR selbst erhältlich
- ein Umstand, der grundsätzlich zu monatelangen und in einigen Fällen sogar
jahrelangen Wartezeiten führte. Andererseits sollten umstrittene und wenig rezensierte
Werke in größtmöglichem Umfang eingebracht werden, da solche Publikationen
generell nur in kleinen Auflagen erschienen, nicht selten schnell vergriffen waren und
dann nicht wieder aufgelegt wurden.
5

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort 3

Tabellenübersicht 7

Synopsis 9

Einleitung: Zur Situation der Frau in der DDR - 15


Stellungnahmen zur Gleichberechtigung
im Spiegel von Literatur und Politik

Kapitel 1 Literaturpolitik der Honecker-Periode - 25


Kulturpolitischer Hintergrund der Frauenliteratur

TEIL I ZIELE UND SELBSTVERSTÄNDNIS DER 41


DDR-SCHRIFTSTELLERINNEN

Kapitel 2 Frauenliteratur in der DDR 41

2.1 Zur Auswahl der Schriftstellerinnen und 51


ihrer Werke

2.2 Wer sind die Schriftstellerinnen ? 56

Kapitel 3 Warum Frauen schreiben 63

Kapitel 4 Schriftstellerisches Selbstverständnis 84


und Emanzipationsvorstellungen

Kapitel 5 Ziele der Frauenliteratur 114

Kapitel 6 Weibliche Ästhetik - oder: "Schreiben Frauen anders ?” 150

TEIL II ALTERNATIVEN ZUR TRADITIONELLEN EHE 173


UND FAMILIE:
ÜBERLEGUNGEN ZUR SELBSTVERWIRKLICHUNG
IM HÄUSLICHEN BEREICH

Kapitel 7 Gesetzliche Bestimmungen und politische 177


Leitsätze
6

Kapitel 8 Die Ehe als Basis des Zusammenlebens 183

Kapitel 9 Erziehungsziele von Staat und Familie - 191


Anleitung oder Anpassung ?
Ein Plädoyer für die Entwicklung
"freier, mündiger und schöpferischer Menschen"

Kapitel 10 Haushalt, Freizeit und Beruf - 212


Ist eine Vereinbarkeit möglich ?

Kapitel 11 Das "Jein" zum Kind - 255


Demographische Aspekte und Kinderwunsch

TEIL HI FREUND, PARTNER ODER EHEMANN ? 291


ZUR BEZIEHUNG ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN

Kapitel 12 "Meinen Wert als Frau hatte ich zu beweisen, 296


indem ich einwilligte, ein Mann zu werden”

Kapitel 13 "Jetzt wo ich selbem Kerl bin, 310


jetz kriekich die Ehmannzipatzjion"
Ein Plädoyer für Gleichberechtigung durch Freundschaft

Kapitel 14 "Als ich völlig begriffen hatte, 334


daß ich ein Mann geworden war, weinte
ich vor Schmach und Verzweiflung"
Partnerschaft und Sexualität

Kapitel 15 "Dem weiblichen Geschlecht bleibt überhaupt 348


nur ein Fluchtweg, der nach vom"
Alleinleben als Ausweg ?

Kapitel 16 "Wie können Frauen emanzipiert sein, 367


wenn die Männer es nicht sind ?"

Zusammenfassung und Schlußfolgerungen 383

BIBLIOGRAPHIE 401
T ABELLENUBERSICHT

TABELLE I Aufteilung der Hausarbeit in der


Familie

TABELLE II Einstellung 4- und 5jähriger Kinder


zu den häuslichen Tätigkeiten ihrer
Mutter und ihres Vaters

TABELLE III Einfluß des Krediterlasses auf die


Planung der Schwangerschaft nach
Anzahl der geborenen Kinder und nach
Qualifikation

TABELLE IV Zusammenstellung der wichtigsten


Gründe zur Schwangerschaftsunter¬
brechung
8
9

The University of Aston in Birmingham

Alternative Emanzipationsvorstellungen in der DDR


unter Honecker (1971-1990).
Ein Diskussionsbeitrag zur Rolle der Frau.

Mechthild Maria Matheja-Theaker


Submitted for the Degree of Doctor of Philosophy,
1991.

Synopsis

Over the last twenty years the Situation of women in the German Democratic Republic
has been the subject of a considerable number of studies. The approach has generally
been of a sociological or socio-political nature. In this thesis I propose to go one Step
further by examining the Information that may be gained from literary sources. In a
state where the media are subject to censorship, and thus controlled, one can refer to
literature as an acknowledged source of inside information. Literary works often
provide a forum for the formulation and discussion of ideas, which could not be aired
elsewhere. Chapter 1 shows, why literature, which had always been allocated a special
role by the GDR’s leading party, the SED, may be regarded as a reliable indicator of
everyday life in that country.
In this thesis I compare the findings of an analysis of women’s literature with
sociological data on the one hand and the portrayal of the ideal women in GDR
media and official writings on the other. The thesis takes an interdisciplmary approach
and draws on sources in political, legal, sociological, and cultural fields alike. This
constellation of sources allows me to show that the views that female writers expressed
in their works frequently coincide with sociological fmdings. Both of these sources
were frequently found to be at odds with Statements made in official writings and the
media. Such insights could not have been provided by a study conducted from within
one discipline.

Since the early sixties it was claimed in the GDR that the equality of women
had been fully established. The Head of State, Walter Ulbricht, declared in a speech
to the East German Volkskammer, that "even if our Republic had achieved nothing
but this actual emancipation of women, then this would already be sufficient to prove
its political and social superiority over West Germany". After the Second World War,
women were needed as workers for "the building of the first socialist state on German
soil". Special provision was made to enable and encourage them to join the workforce:
Childcare facilities were built, Services improved, and specific legal regulations
enacted The number of mothers who retumed to work after the birth of their children
was constantly increasing and Für Dich, the East German women’s weekly, published
portraits of women who happily and successfully combined work, further education,
10

family life, and social activities. The Western observer was shown a picture of women
who were fully integrated into the workforce as well as into society, the concept of
the "Superfrau" ("superwoman") had been established.
In the 1970s, however, soon after Erich Honecker became leader of the East
German Socialist Party (SED) and Head of State, a new "era of liberalisation" dawned
in GDR cultural policy. Chapter 1 examines the relevance of these changes for the
new "women’s literature", which had already begun to develop in the late 1960s,
when Christa Wolfs Nachdenken über Christa T. (1968) was published. Her book
casts a critical light on the GDR of the 1950s. The protagonist tries hard to uphold her
ideal that each individual is worthy of respect and self-respect, but is defeated by a
young generation of pupils who are prepared to renounce their individuality and
conform to set Standards. Against all pressure, Christa T. puts all her energies into
pursuing her aim: not to adapt for the sake of conformity, but to remain alive,
sensitive and capable ofchanging. Wolfs message comes across loud and clear: Don’t
stagnate, try to extend your own limits and experiment with life.
The motto of the book: "This coming to oneself: what is it?" was to become
one of the driving questions behind women’s literature in the GDR. The thesis
examines why women’s writing became a phenomenon of the 1970s and 80s. What
motivated so many of them to put pen to paper and to formulate - often for the first
time - their own ideas on emancipation, the upbringing of children, their relationships
with men? In Part I (Chapters 2 to 6) I attempt to establish who the women writers
actually are, their educational and Professional background, and how they perceive
themselves as women and as writers. They are found not to be a uniform group and
there appears to be little or no communication between them. Some of them see this
as a "lack of solidarity". Yet all of them are drawn to writing by their own Situation,
their experiences, their views on life, and their ideas for change. Not all of them have
language orientated jobs. Apart from the Germanists, librarians, actresses, joumalists
and secretaries quite a number of natural scientists, heads of laboratories,
mathematicians and economists are to be found. Many are in their forties, though
there is also a growing number of younger writers. Some are considerably older, like
Christa Wolf, Hedda Zinner and Elfriede Brüning.
I chose the works for analysis on a thematic basis. The size of their edition was
not the prime consideration as books people in the GDR thought worth reading, were
passed on amongst readers so that even small editions could achieve a wide
circulation. Journals like Neue deutsche Literatur. Weimarer Beiträge. Sonntag.
Temperamente, and Sinn und Form were taken as a guide to new publications and
preprints. In the interest of a broader spectrum, special attention was paid to first
works, though the discussion of detailed aspects of emancipation and self-realisation
are based heavily on thoughts expressed by older, more experienced writers (Wolf,
Morgner, Königsdorf, Schubert). Whatever their background, whether they are
working freelance or are still in employment, most of the female writers express the
intention to stay in touch with their readers and the reality outside their front door.
They do not see themselves as a group apart from the rest of society, as a privileged
few, who have no conception of life in "actually existing socialism".
11

Through their literature they hope to encourage people to Start thinking about
the lives they lead, concepts like "becoming a human being" ("Mensch-werdung") and
"becoming a subject" (Subjektwerdung") are brought into the discussion. The female
writers want to help their readers towards "seif- realisation" and to fight for their right
to be individuals. Their aim is the "development of the human potential" ("Entfaltung
des menschlichen Poten-tials"), and their readers are encouraged to question the rules
and regulations which restrict their lives. They are urged to develop their own
opinions and to stick to them, even under pressure, and thus become become
responsible and thinking human beings.
One of the main criticisms of women’s literature, levelled against it by GDR
literature critics, is that it is written "for women only" and directed against men. In
this way "dass struggle" is being reduced to a "struggle between the sexes". A
detailed analysis of the literature shows, however, that the female authors do not direct
their ideas exclusively at women. They are in fact very keen to reach a male audience
so that their writings can begin to play their part in promoting mutual understanding
between men and women. It is not least for this reason, that most of them reject the
term "women’s literature" to describe their work. They feel that this label has feminist
connotations and alienates them male readers. They are not interested in furthering any
misconceptions that men might have of women and viceversa. Instead, they wish to
break this circle of "ideal" male and female roles that has developed over hundreds
of years and is still socialised into the men and women of today’s generation. They
want women to "take their place in history" ("Eintritt in die Geschichte ), but have
no intention of attributing blame for women having been held back for so long and
deprieved of their rightful place.
It is the female writers’ opinion that women and men have been forced into
roles and both have suffered as a consequence: men have lost the "ability to care"
("Fähigkeit des Hegens") and are obsessed with rationality, their jobs, production
figures, Science and technology. They have lost sight of the things that really matter,
the emotional side of their being. Subsequently, they have steered the world near to
the end of its existence, threatened by nuclear war and ecological disasters. Women
have not been allowed to take part in these developments. They have been forced to
stay at home and as a result, have retained and perfected their caring abilities. These
are now known as "female qualities" and undervalued. If the world is to survive,
however, their worth has to be recognised by men and women alike: Men have to be
taught how to love and care once more.
Their concept of emancipation thus embraces men as well as women and and
is based on the idea that everyone, irrespective of gender, should be allowed to
develop into an individual personality with their own special abilities and talents.
Traditional gender roles should be discarded. The adaptation of women to male norms
is rejected by the female writers, but they do not strive for men to lose their male
identity either. Emancipation is the freedom to choose.

In Part II (Chapters 7 to 11) I explore the concept of emancipation as expressed


in official writings such as legal codes, party policy and official publications. Chapters
12

7 and 8 analyse the legal and socio-political position of women in the family sphere.
Here it becomes apparent that as far as the SED was concemed, the emancipation of
women basically meant enabling them to become part of the workforce. Once they
were fully integrated into life outside the home, emancipation would follow
automatically. Men would also, given time, adjust to the new Situation. Within the
home women were largely left to their own devices. It was they who had to convince
their partners to share in household chores, a male duty laid down in the Family
Code. If men were still slow to accept equal rights and duties in the home, women
were considered to be responsible, with no one to blame but themselves.
Child care provison and the improvement of Services were aimed at women,
they were to become workers while maintaining their traditional role in the home.
Marriage and children were expected of "socialist personalities", who also had to
carry out their functions at work. Not only were they relied upon to accept this double
shift, but within their professions they were also measured against male norms. To
succeed in the male orientated world outside the home, a world which had been
shaped by men and which was ruled by male Standards, they had to conform and
therefore deny their "femaleness" ("Weiblichkeit"). They had to "prove their value as
a woman by becoming a man". The thesis shows that this concept of emancipation was
irreconcilable with that of the female authors.
In Part III concentrate largely on the lives of women within the family. Firstly
because the Situation of women at work has already been analysed in some detail by
others, and secondly, because women’s literature provides insights into the private
sphere, to which access is generally much more restricted. The topics covered are thus
those that recur most frequently in women’s writing: education (Chapter 9), the
incompatibility of work and family life (Chapter 10), and the decision for or against
children (Chapter 11). In each chapter I contrast the official views with those of the
female writers, those aired in Für Dich, and the data and findings of sociological
surveys. In all these chapters I examine the social roles of women and men in the
GDR by comparing the role models conveyed in official writings with the ideas
outlined in literature
In chapters 9 to 11 it becomes apparent that the female authors appreciate the
government’s efforts at establishing equal rights for men and women. They feel,
however, that it has not gone far enough and that laws should not merely be directed
at women but at both sexes, so that men may feel just as involved and affected by
these measures. In their opinion emancipation cannot simply be reduced to being a
"women’s issue", but should be the concem of men and women alike.
One of their main concerns is the education of children: they plead for more
truthfulness and reject all those who trot along with mainstream thinking without
giving it any thought. Potential for change, they fear, is being buried. The authors
argue that state education subdues a child’s individualism and that parents should be
more critical of what takes place in the education System. They want more liberal
educational methods in schools as well as at home. Pressure to do well is too high and
results in a lack of solidarity amongst pupils. They argue that behaviour disorders,
apathy, drug and alcohol abuse, underachievement in school or at work as well as
13

anti-social behaviour and hooliganism follow from the way young people are treated.
These observations are discussed in women’s literature and not only coincide with
those made by the Evangelical Church, but are also supported by sociological and
psychological survevs.
The female writers do not criticise individual teachers, and they appreciate the
dilemma of the duty to the state and responsibility towards the next generation. Their
readers are encouraged to reconsider their own function as teachers and to reject any
attempt to have their own children turned into conformists. To be able to do this they
have to be truthful themselves and to leam to stand up for their own opinions and
convictions. They have to "fight against the wearing out of the soul in every day life"
("das Verbrauchtwerden der Seele im Alltag"). Society needs free, responsible, and
Creative people" ("freie, mündige und schöpferische Menschen").
All sources consulted see work as essential for emancipation, but criticise the
GDR as patriarchal. The incompatibility of work and family life was officially a
matter conceming only women rather than the whole of society. Proletarian solidarity
("Proletarische Solidarität") between the sexes did not exist. Legally guaranteed equal
rights are not the same as the actual equal distribution of duties. Women’s literature
shows that a solution cannot come from a "deus ex machina" (or from a male
dominated government), but that women themselves have to work at emancipation.
New ways of living together and bringing up children have to be found to achieve an
even distribution of tasks.
Children are often seen as the reason for women being held back, and in
chapter 11 I show how important the free decision for or against children is in the
eyes of the female authors. This choice is considered crucial but threatened by the
government’s pro-family Propaganda and policies. The writers fear that the low birth
rate may effectively bring back the prohibition of abortion. While official policy aims
to convince couples to have three children, the authors argue for only children who
are really wanted ("Wunsch-kinder") to be born. Population policies clash with what
is seen as every woman’s inherent right. Men’s rights are also brought into the
discussion, but this point remains without official resonance.

Part III offers a detailed analysis of women’s expectations and ideas of


emancipation within male/female relationships. Within the framework of the "sex
change Stories" (”Geschlechtertauschgeschichten”) published in Edith Anderson’s
anthology Blitz aus heiterm Himmel (1975) I draw together a whole number of
thoughts and concepts. The result is a surprisingly clear and comprehensive picture
of the way towards true emancipation for women, men and the whole of society, as
seen by the writers. While they are keen to support women’s independence and
establishment of their sense of being valued, they also insist that emancipation of
women alone is an impossibility. Women are not weak, they can live without men,
and this may be the perfect solution for some of them, but the general ideal should be
the pursuit of new relationships based on love, friendship and mutual respect.
Unlike the SED, the female writers urge their readers to think beyond the
apparently obvious progression from falling in love, to marriage, to having children.
14

They warn against getting married too young and too hastily. The question of marriage
is raised at length, the concept of a "socialist marriage” is regarded as boring and
unproductive. The authors offer alternatives for consideration: partnerships with men,
communal living with one or more other women, as well as life on one’ own. Readers
are to realise that they have a choice.
In my final chapters I show that the aims outlined in the literature can be
defined quite clearly and reflect the more theoretical ideas analysed in Part I. More
love and friendship is to be brought into relationships between men and women. The
female authors want men and women to be able "to live together as companions"
("kameradschaftliches Zusammenleben"), whether in marriage or not is irrelevant.
They never imply that the alternative ways of living they put forward in their writings
are guaranteed to be more successful than "socialist marriage" which is marred by a
high divorce rate. They show the pitfalls and difficulties through their protagonists,
but they set out to raise people’s awareness of these different options.
They aim to show that relationships between two partners of the same sex are
not marred by insistence on Privileges or superiority supposedly based on (sexual)
strength. It is this "friendship" which they like to see achieved between men and
women, this acceptance of one another as individuals.

GDR DDR
Women’s Literature Frauenliteratur
Emancipation Emanzipation
Equal Rights Gleichberechtigung
Gender Roles Geschlechtsrollen
15

Einleitung: Zur Situation der Frau in der DDR -


Stellungnahmen zur Gleichberechtigung im
Spiegel von Literatur und Politik

Seit Anfang der siebziger Jahre hatten Schriftstellerinnen in der DDR in poetischen und
publizistischen Schriften in vielen Tonlagen - "zornig, klagend und auch sarkastisch" -1 zur
Sprache gebracht, daß es mit der Emanzipation der Frau längst nicht so gut bestellt war,
wie in staatlichen Verlautbarungen behauptet wurde. Zweifel an der von der Regierung
betriebenen Frauenpolitik wurde laut, Forderungen nach Verbesserungen wurden formuliert.
Wie kam es zu dieser Entwicklung, was veranlaßte so viele Schriftstellerinnen unabhängig
voneinander zur Feder zu greifen und doch immer wieder und auf die verschiedenste Weise
das gleiche Thema zu bearbeiten? Wie war es wirklich um die Gleichberechtigung bestellt?

Ein erster Blick verschafft einen positiven Eindruck: Die Gleichberechtigung der Frau
war von Anfang an in der Verfassung festgeschrieben2 und Walter Ulbricht hatte bereits
1963 vor der Volkskammer der DDR erklärt, daß sie "voll" verwirklicht sei:

Selbst wenn unsere Republik nichts weiter geleistet hätte als diese reale
Emanzipation der Frau, dann würde das bereits ausreichen, um ihre politisch¬
soziale Überlegenheit gegenüber Westdeutschland zu begründen.3

In der Tat hatten die Situation der Frauen und die öffentliche Bewertung ihrer Rolle
sehr starken Umformungen unterlegen. Die westdeutsche Politologin Irma Hanke (1986)
spricht in diesem Zusammenhang von "einem ideologischen und einem praktischen" Grund.4
Der ideologische: Die Emanzipation der Frau zählte von Anbeginn zu den Zielen der
sozialistisch/kommunistischen Bewegungen; Emanzipation bedeutete hierbei die
Anerkennung der gleichwertigen Teilhabe am Arbeitsprozeß, vor allem bei der kollektiven
gesellschaftlichen Produktion - der Industriearbeit. Radikale Konzepte der
Frauenemanzipation, bis hin zur gemeinschaftlichen Erziehung der Kinder und zum Verzicht
auf die "bürgerliche” Institution der Ehe, spielten noch in den zwanziger Jahren eine große
Rolle. Es entsprach also sowohl deutschen Traditionen wie auch der Ideologie der
Besatzungsmacht, wenn bei Kriegsende in der SBZ die Gleichberechtigung der Frau sofort
als selbstverständlich proklamiert und die Aufforderung, sich am öffentlichen Leben zu
beteiligen, auch gefördert wurde. Wichtiger - so Hanke - war jedoch die ökonomische
Situation: Mehr noch als im Westen herrschte in der DDR-Nachkriegsgesellschaft ein
außerordentlicher Mangel an Männern im arbeitsfähigen Alter. Dieser konnte nur durch
Frauen ausgeglichen werden, durch Trümmerfrauen und Arbeiterinnen in der Produktion.
Mangel und bittere Not waren zunächst Anlaß für die wachsende Zahl der
berufstätigen Frauen. Die Betriebe begannen erst später Frauenförderungspläne einzuführen,
die ihnen die Qualifikation zum Vorarbeiter oder gar Meister ermöglichte. Die Westflucht
der fünfziger Jahre bis zum Mauerbau 1961 hinterließ abermals große Lücken.5 Auch für
die offenen Stellen in den oberen Rängen der gesellschaftlichen Hierarchie wurde unter
Frauen geworben, die Chancen des beruflichen Aufstiegs somit erleichtert. Berufstätigkeit
galt bald als selbstverständlich, berufliche Selbstverwirklichung als nicht mehr abhängig
vom Geschlecht. Die Frauen begannen, entsprechend selbstbewußt aufzutreten - in der
Öffentlichkeit wurde dieses Bild weiter gefördert. Überspielt wurde dabei allerdings häufig,
16

daß die Leistungen der Frauen mit größeren Anstrengungen erbracht werden mußten als die
der Männer, denn sie waren durch Beruf, Haushalt und Familie einer extremen
Mehrfachbelastung ausgesetzt.
Soziologische Erhebungen haben festgestellt, daß - obwohl 91 Prozent der Frauen
berufstätig waren - sie dennoch 75 Prozent aller im Haushalt anfallenden Arbeiten
erledigten.6 Die Belastung der Frauen war demnach durchschnittlich quantitativ höher als
die der Männer. Die weitere Verbreitung der Berufstätigkeit, die Engpässe bei Waren des
täglichen Bedarfs und der größere Zeitaufwand für den Haushalt bedingten entscheidende
Benachteiligungen der Frauen im Vergleich zu den Männern, was Freizeit und
Erholungsmöglichkeiten anbelangt. Die Überforderung spiegelt sich auch in der im
Vergleich zu Männern höheren Krankheitsrate.7
Das seit 1966 gültige Familiengesetzbuch der DDR (FGB) soll laut Präambel allen
Bürgern helfen, "ihr Familienleben bewußt zu gestalten". Die Gleichstellung von Mann und
Frau hat den Rang eines Grundprinzips: "Sie verpflichtet die Ehegatten, ihre Beziehungen
zueinander so zu gestalten, daß beide das Recht auf Entfaltung ihrer Fähigkeiten zum
eigenen und zum gesellschaftlichen Nutzen voll wahmehmen können. "8 Die Harmonisierung
von familiären und beruflichen Aufgaben berührt weite Bereiche des gesellschaftlichen
Lebens, die Variationsbreite politischer Eingriffsmöglichkeiten ist entsprechend groß
(Helwig, 1987).9 Ausbildung, Arbeitsbedingungen, gesundheits- und sozialpolitische
Maßnahmen spielten hier eine ebenso wichtige Rolle wie öffentliche
Betreuungseinrichtungen für Kinder. Seit Anfang der siebziger Jahre waren gerade auf
diesem Gebiet beachtliche Fortschritte zu verzeichnen. Die Förderung der Familie durch
direkte finanzielle Zuwendungen waren ebenso beträchtlich. Familiäre Belange blieben
allerdings stets dem Produktionssektor untergeordnet.
So wurde die Abtreibung erst 1972 freigegeben, die Antibabypille erst spät
propagiert: Frauen sahen sich einerseits als Gleichberechtigte gefordert und gefördert, im
Berufsleben weitgehend ernstgenommen, aber im familiären Bereich wurden sie nach wie
vor vernachlässigt. Gleichberechtigung galt hier als Privatproblem, zu dem sie eigene und
individuelle Lösungen zu finden hatten. Daß hier immer mehr Konflikte und Probleme
zutagetraten, die nicht zuletzt in der ständig wachsenden Scheidungsrate zum Ausdruck
kamen, kann somit kaum überraschen. Anzunehmen ist ebenso, daß auch die sexuelle
Emanzipation ihren Zoll einforderte. Frauen gewannen ein neues Bewußtsein, mehr
Selbstsicherheit, viele neue Möglichkeiten waren ihnen eröffnet worden. Der Alltag "am
häuslichen Herd" sah jedoch noch immer ganz anders aus. Je mehr sich eine Frau ihrer
Berufstätigkeit verschrieb, desto unerträglicher mußten ihr die Zwänge werden, die hier
herrschten (Hanke, 1986).10 Die von der Arbeitswelt geforderte rigide Zeiteinteilung ließ
sich nur schlecht mit dem Familienleben vereinbaren, das Gleichgewicht zwischen Mann
und Frau, Eltern und Kindern mußte neu austrahiert werden - ein konfliktreicher Prozeß.
Die hier entstehenden Konflikte motivieren einerseits zum Schreiben und werden
andererseits auch selbst zum Thema der Literatur.
Der vom Staat in Gang gesetzte Prozeß weiblicher Emanzipation begann eine
Eigendynamik zu entwickeln, die weit über die antizipierten Veränderungen hinausgriff.
Christa Wolf faßte diese Stimmung 1983 in ihrem Vorwort zu Maxie Wanders "Guten
Morgen, du Schöne" zusammen. Ihre Überlegungen stellen einen ersten wichtigen Schritt
der Abstreifung der Selbstzensur dar, und markieren den Beginn einer neuen Tradition
"authentisch geschriebener" DDR-Literatur (McPherson, 1987):"
17

Was sie erreicht haben und selbstverständlich nutzen, reicht ihnen nicht aus.
Nicht mehr was sie haben, fragen sie zuerst, sondern: wer sie sind. Sie
fühlen, wie ihre neue Rolle sich schon zu verfestigen beginnt, wie sie sich in
den Institutionen plötzlich nicht mehr bewegen können; ihre Lebenslust ist
groß, ihr Wirklichkeitshunger unersättlich. Also berühren sie, tastend noch,
die neuen Tabus.(...) Die Möglichkeit, die unsere Gesellschaft ihnen gab: zu
tun, was die Männer tun, haben sie, das war vorauszusehn, zu der Frage
gebracht. Was TUN die Männer überhaupt? Und will ich das eigentlich?12

Die Tatsache, daß Frauen sich selbst wichtig nehmen, ist neu, resümiert Hanke
(1986). Wohl hätte es in den Anfangsjahren der DDR einzelne vielgelesene Autorinnen
gegeben, die sich mit "Frauenfragen'' - meist im Sinne der Überzeugung des Sozialismus
- befaßten, und es habe bekannte Schriftstellerinnen wie Anna Seghers und Wolf gegeben,
aber erst seit etwa Mitte der siebziger Jahre fände sich eine Vielzahl von Schriftstellerinnen,
die sich ausdrücklich dem Thema "Frau" zuwendeten.13
Auch das Überdenken der von Regierungs- (und damit von männlicher) Seite
vorgegebenen Vorstellungen von Emanzipation ist neu. So stellt Wolf in Frage, ob Frauen
wirklich werden wollen wie die Männer, ob sie wirklich ihren Normen entsprechen, ob sie
"ihren Mann" stehen wollen. Frauen waren aus der vom Mann ökonomisch abhängigen
Existenz als Hausfrau und Mutter herausgetreten und hatten durch Berufstätigkeit eine
gewisse Selbständigkeit erlangt. Ihre Lebensbeziehungen, und -gewohnheiten, die sich ihnen
bietenden Möglichkeiten und an sie herangetragenen Anforderungen verlangten von ihnen
Veränderung. Theoretisch und in bestimmtem Maß auch praktisch begannen Frauen zu tun,
was Männer von jeher tun. Die Rolle des Mannes in der gesellschaftlichen Produktion
änderte sich hingegen kaum. "Das ist der tiefere Grund, warum Frauen in der Literatur seit
etwa zwanzig Jahren ihre eigene Lage, ihre Beziehungen zum Mann und die Beschaffenheit
der Gesellschaft so intensiv analysieren und gerade dadurch auch international große
Resonanz haben".14 Den Frauen soll die eigene Stimme wiedergegeben werden, das Recht,
ihre eigenen Gefühle zum Ausdruck zu bringen.15 Wolf formuliert hierzu (1983):

Das Buch von Maxie Wander belegt, ohne darauf aus zu sein, eine
bedeutsame Erscheinung: Erst wenn Mann und Frau sich nicht mehr um den
Wochenlohn streiten, um das Geld für eine Schwanger-schaftsunterbrechung,
darum, ob die Frau "arbeiten gehn" darf und wer dann die Kinder versorgt;
erst wenn die Frau für ihre Arbeit genauso bezahlt wird wie der Mann; wenn
sie sich vor Gericht selbst vertritt; wenn sie, wenigstens in der öffentlichen
Erziehung, als Mädchen nicht mehr auf "Weiblichkeit" dressiert wird, als
ledige Mutter nicht von der öffentlichen Meinung geächtet ist: erst dann
beginnt sie, belangvolle Erfahrungen zu machen, die sie nicht allgemein, als
menschliches Wesen weiblichen Geschlechts, sondern persönlich, als
Individuum betreffen.16

Es gilt, traditionelle und von Männern definierte Rollenvorstellungen zu hinterfragen,


dies wird als der erste Schritt zur Selbstverwirklichung gesehen.17 Ähnlich wie ihre
Schwestern in der BRD, die sich zunehmend - auch gerichtlich - gegen Diskriminierung zur
Wehr setzen, zeigten die Frauen in der DDR wachsendes Selbstbewußtsein bei der Lösung
18

ihrer Schwierigkeiten. Darauf weisen neben der hohen Anzahl der von Frauen beantragten
Scheidungen auch persönliche Gespräche hin. In Maxie Wanders Protokollen (1983)
überlegt eine 41jährige Dramaturgieassistentin, deren Mann immer "Chef im Ring" war,
nach ihrer Scheidung: "Vielleicht ist das Emanzipation, daß Dinge, die früher zu
Katastrophen geführt haben, heute kein Problem mehr sind. Daß eine Frau sagen kann:
Wenn du das nicht mitmachst, dann mach ich es alleine!" Und eine verheiratete Lehrerin
ist sich darüber klar, daß eine Frau, "die sich ihre Position erkämpft hat”, dazu beiträgt,
"daß der Mann (...) seine Rolle nicht mehr so ausüben kann wie mal im Bürgertum (...)
Neu ist die Situation auch für uns Frauen, aber wir sind stärker und ehrgeiziger, wir haben
nachzuholen".18
Begleitete die Literatur anfangs noch werbend das glückliche Bild der arbeitenden
Frau in der sozialistischen Gesellschaft, so setzt sie sich nun mit den praktischen und
grundsätzlichen Hemmnissen weiblicher Emanzipation auseinander. Innerhalb weniger Jahre
hat sich so das Bild der Frau in der Literatur grundlegend verändert: War Emanzipation
zunächst ein - wenn auch mühsames - Abenteuer, das neue Möglichkeiten der
Selbsterfahrung versprach, so entdeckten die Frauen jetzt, daß man nur das reibungslose
Einpassen in eine von Männern dominierte Welt von ihnen erwartet - und dagegen wehren
sie sich. Man versucht, in das Verständnis von Geschichte die weibliche Sichtweise mit
einzubeziehen oder sich "mittels Bericht oder Fabel, in witziger Paraphrase oder scheinbar
kunstlos aufgezeichneten Lebensläufen mit der derzeitigen Realität auseinanderzusetzen".19
In dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, was Emanzipation für die kritischen
Schriftstellerinnen wirklich bedeutet, inwiefern ihre Überlegungen und Darstellungen die
Situation der DDR-Durchschnittsfrau ausleuchten und inwieweit ihre Überlegungen von
denen der Männer abweichen. Sind sie nur "Mannweiber, die alles wissen und können",20
ihre Ausführungen nur "Emanzenintrigen",21 wie männliche Protagonisten immer wieder
behaupten? Wie sind die Beteuerungen vieler der hier zur Sprache kommenden Autorinnen
einzuschätzen, die die Bezeichnung "Frauenliteratur" für ihre Werke strikt ablehnen und
sich nicht als Feministinnen verstehen?22 Diese Fragen sollen hier einer Beantwortung
zugeführt werden.

Erich Honeckers Worte der "Liberalisierung" 1972 machten die Formulierung und
Veröffentlichung dieser neuen Literatur von Frauen möglich.23 Jetzt wurde nicht mehr
vorwiegend "aus der Produktion" berichtet, wo Frauen Schulter an Schulter mit den
Männern für den Aufbau des Sozialismus kämpfen, sondern persönlichere Aspekte wurden
aufgegriffen. Das Leben in der Familie, Gefühle, Liebesbeziehungen, Partnerschaften
fanden jetzt Erwähnung, auch kontroverse Themen wie z.B. Scheidung und Abtreibung
wurden bearbeitet. Das Individuum, der einzelne Mensch, gewann an Wichtigkeit.24
Dieses neue Selbstbewußtsein, das die Autorinnen mittels ihrer Schriften zu
vermitteln suchten, entsprach nicht den Vorstellungen der SED, die die Formulierung der
Forderungen einer Teilgruppe der Gesellschaft oder gar die Formierung einer
Frauenbewegung strikt ablehnte. Kuhrig/Speigner (1978) dazu: "Die Erkenntnis, daß das
Wesen der Frauenfrage nur als Teilfrage der sozialen Frage verstanden werden kann, gehört
seit Jahrzehnten zum gesicherten Arsenal der marxistisch-leninistischen Weltanschauung"
(Kuhrig/Speigner, 1978).25 Auf dieser Grundlage wurde - so die offizielle Version der DDR
- eine der größten Errungenschaften des Sozialismus, die Gleichberechtigung der Frau,
"sowohl gesetzlich als auch im Leben weitgehend verwirklicht... Kein kapitalistisches Land
19

der Erde kann gleiches von sich behaupten", heißt es auch noch 1975.26 Voraussetzung der
Gleichberechtigung war die volle Integration der Frauen in den gesellschaftlichen
Produktionsprozeß. Benachteiligungen, die sich vor allem aus der "Doppelrolle"
berufstätiger Mütter ergaben, galten als Relikte der kapitalistischen Vergangenheit.27
Grundsätzlich wurde davon ausgegangen, daß sich im Sozialismus die "persönlichen
Interessen mit den Interessen der Gesellschaft in Einklang befinden”.28 Die Teilnahme der
Frauen am Produktionsprozeß war nicht nur für die DDR-Wirtschaft lebenswichtig, sondern
brachte nach offizieller Propaganda auch für die Frauen nur Vorteile: Ökonomische
Unabhängigkeit, Beteiligung am gesellschaftlichen Leben, Entfaltung ihrer Fähigkeiten und
Talente.

Sie (die berufstätige Frau) steht mitten im Leben und kann daher ihre Kinder
besser, sachkundiger und bewußter erziehen (...) Es entsteht ein neues reiferes
Verhältnis zwischen Mutter und Kind, daß alle positiven Traditionen der
Mütterlichkeit mit einschließt.29

Das Leitbild der Frau in der DDR war damit klar Umrissen: Sie sollte eine fleißige
Arbeiterin, eine gute Hausfrau, verantwortungsvolle Mutter, liebende Ehefrau, sowie
überzeugte und aktive Sozialistin sein. Hohe Erwartungen wurden an sie herangetragen, die
vom Staat (und meistens auch die vom Partner) gegebene Unterstützung blieb jedoch bis
zuletzt mangelhaft.
Anfang der siebziger Jahre wurde der Geburtenrückgang auch in der DDR als
bedrohlich empfunden und beim VIII. Parteitag der SED "die Bevölkerungs- und
Familienentwicklung als eine Sache der ganzen Gesellschaft" deklariert.30 Partei und
Behörden propagierten seitdem das Glück der Mutterschaft und diskutieren die Frage,
warum der "natürliche" Wunsch der Frauen nach mehr Kindern nicht verwirklicht würde.
Diskussionen und Maßnahmen der Familienpolitik gingen eindeutig davon aus, daß die
Frauen für die Reproduktionssphäre verantwortlich seien und daß man ihnen helfen müsse,
"ihre berufliche Tätigkeit (...) mit ihren Aufgaben als Mütter und in der Familie
vereinbaren" zu können.31 Dies suchte man einerseits durch eine Vergesellschaftung der
Hausarbeit und Kindererziehung, ande-rerseits durch gezielte Unterstützung von Frauen und
Müttern bei der Ausbildung und im Beruf zu erreichen.3-
Die Autorinnen verweisen immer wieder darauf, daß die Emanzipation der Frau auf
einer Vorstufe stehengeblieben ist,33 daß das Erreichte zwar schon eine Entwicklung in die
richtige Richtung darstellt, aber noch ein langer Weg zurückzulegen ist. Ebenso darf die
Gleichberechtigung nicht einseitig nur als Sache der Frauen aufgefaßt werden. Die
Rollenstruktur, die beide Geschlechter betrifft, ist grundsätzlich in Frage zu stellen.
Stattdessen soll auf eine generelle Veränderung der Beziehungen zwischen Frau und Mann
zugearbeitet werden. "Wenn die Optik zu eng ist, wird der Blick nicht frei für die
umfassende Bedeutung dessen, was verkleinernd ’Frauenfrage’ genannt wird."34 Nicht nur
die Frauen müssen emanzipiert werden, auch die Männer sind von den Rollenzwängen zu
befreien. Diese Zielsetzung ist ein Kernstück der hier bearbeiteten Schriften.

Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, die in den Werken und auch persönlichen
Äußerungen vermittelten Auffassungen der Schriftstellerinnen, die in der Honecker-Periode
20

aktiv waren, darzustellen und zu analysieren. Kapitel I erläutert den kulturpolitischen


Hintergrund, vor dem diese "Frauenliteratur" entstehen konnte, Teil I (Kapitel 2 bis 6)
befaßt sich zunächst mit den Autorinnen selber: Wer sind sie, was hat sie zum Schreiben
bewogen, wie schätzen sie ihre eigene Rolle ein, welche Zielsetzungen verfolgen sie? Bilden
die Schriftstellerinnen eine vom Lesertum abgegrenzte Gruppe weiblicher Intellektueller?
Wie sehr sind sie mit ihren Rezipienten verbunden? Auch die Frage nach der Existenz einer
weiblichen Ästhetik wird hier gestellt: Gibt es 'weibliches Schreiben’?

Teil II setzt sich mit dem in der Literatur widergespiegelten DDR-Alltag auseinander,
insbesondere mit dem Familienbereich. Die Diskriminierung im Berufsleben wird dabei
weitgehend ausgespart, nicht zuletzt deshalb, weil sie bereits als Thema einer Anzahl
anderer Studien ausführlich bearbeitet worden ist.35 Hier wird anhand von Statistiken,
Gesetzen und politischen Leitlinien nachgewiesen, daß die Anzahl der Frauen in den
Machthierarchien der DDR stets unzureichend war, daß die DDR-Regierung und auch die
SED-Parteiführung vorwiegend "Männergremien" darstellten,36 und sich im Bildungswesen
trotz aller Bemühungen um eine ausgeglichenere Erziehung die Aufspaltung in die
traditionellen Männer- und Frauenberufe erhalten hatte, die auch eine Lohndiskriminierung
mit sich brachte.37
Eine Untersuchung des Familienbereichs erscheint auch aus anderen Gründen weitaus
ergiebiger. Hier kann die Literatur Eindrücke aus erster Hand vermitteln, die sich sonst nur
durch soziologische Studien vermuten lassen. Helwig unternimmt in ihrem Werk Jugend und
Familie in der DDR (1984) erstmals den Versuch, die von ihr mittels soziologischer Daten
und der Gesetzgebung erarbeiteten Überlegungen durch Aussagen in literarischen Werken,
Interviews und in der Literaturzeitschrift Weimarer Beiträge, der DDR-Frauenzeitschrift Für
Dich, der FDJ-Zeitung Junge Welt usw. zu untermauern.38 Die vorliegende Arbeit greift
diese Herangehensweise in gewisser Weise in ihrer Umkehrung auf: Hier soll versucht
werden, die in der Literatur dargelegten Meinungen herauszuarbeiten und diese mit der
Gesetzgebung, den politischen Leitlinien der SED und soziologischen Studien in Beziehung
zu setzen. Die vom Demokratischen Frauenbund herausgegebene Für Dich wird ebenso als
aufschlußreiche Quelle von Angaben zum DDR-Alltag herangezogen. Die
Gegenüberstellung dieser Materialien eröffnet durch die neuen Perspektiven, die die
Autorinnen einbringen (Magie, Geschlechter- und Rollentausch), Einblicke in noch erhaltene
traditionelle Strukturen.
In der Tat zeigt die Gegenüberstellung von offiziellen Regierungsaussagen,
sozialwissenschaftlichen Untersuchungen und der Frauenliteratur, daß soziologische Studien
sich mit den literarischen Darstellungen häufig im Einklang befinden, während die
offiziellen Verlautbarungen und auch Für Dich dazu tendieren, die Sachlage zu beschönigen
oder ganz zu ignorieren. Die Frauenzeitschrift hielt bis zur "Wende" 1989 an ihren
Frauenporträts fest, die in nahezu jeder ihrer Ausgaben zu finden waren. In den siebziger
Jahren fallen die hier beschriebenen Frauen in einfache Grundkategorien (Scheel, 1984,
1985)39: Einmal die ältere Kaderleiterin, deren Kindheit von den Leiden des Faschismus
geprägt war und die heute - ledig oder verwitwet allein lebend - alle Kraft für die
'gemeinsame Sache’ gibt. Ähnlich sind auch die Porträts jüngerer Kaderleiterinnen mit
Familie. Ihrer privaten Situation ist nicht mehr als ein kurzer Satz gewidmet: "Drei lange
Jahre hindurch gehörten die Wochenenden und ungezählte abendliche Stunden dem Studium.
Für Haushalt und Tochter blieb wenig Zeit." Diese Frauen sind mehr oder weniger mit
21

ihrer Arbeit "verheiratet". Von einer Vorarbeiterin am Fließband wird berichtet: "Die
würde ihr Bett mit ins Werk bringen, wenn sie wüßte, daß die drei Schichten nicht richtig
laufen," und sie haben hohe Leistungsmaßstäbe: "Sie verlangt vom Kollektiv nicht mehr,
als sie selber tut. Die Sache ist nur, daß sie selbst sehr viel tut."40
Als zweite Variante ist der Typ "Mädchen in Männerberuf" oder "Mädchen in rauher
Männerwelt" unverändert zu finden, als dritte die beruflich erfolgreiche und familiär
aufopferungsvolle Mutter. Diese verbindet das Nützliche mit dem Angenehmen, macht aus
dem Abwasch mit dem Ehemann "die liebsten Erzählstunden" und aus dem gemeinsamen
Einkauf "die liebsten Spaziergänge". Selbstaussagen haben in diesen Artikeln, die die
außergewöhnlichen Belastungen als leicht zu bewältigen darstellen, Belegfunktion ("Wir
erfahren, daß Anni Blöcher sich im Fernstudium an der Parteihochschule Karl Marx auch
noch auf ihr Staatsexamen vorbereitet. ’Sie staunen? Warum soll man seine guten
organisatorischen Fähigkeiten bei der Arbeit nicht auf das Privatleben übertragen? Ich me
es und habe dabei sogar Zeit, mitunter ins Theater zu gehen.”'), wirken jedoch gestanzt und
unpersönlich. Die Wortwahl wirkt hier ebensowenig authentisch wie die Beteuerung einer
Arbeiterin: "Unser Kollektiv hat vor geraumer Zeit, wie man so sagt, den Schritt vom Ich
zum Wir gemacht.”41
In Teil II werden die in Für Dich reflektierten Stereotypen untersucht und mit den
Darstellungen der Literatinnen verglichen. Die sich ergebenden Unterschiede zeigen Brüche
im Verständnis zur eigenen Rolle und im Bewußtsein der Frauen auf. Diese sollen hier
aufgezeigt und analysiert werden. Teil II erläutert auch die Erwartungen, die von der SED
an Frau und Familie herangetragen wurden, und wie diese sich auf den Familienalltag
auswirkten. Die Themenwahl ergibt sich aus der Frauenliteratur. Bearbeitet werden hier
nicht nur Theorien, sondern auch die weniger mondänen Aspekte, die jedoch für den
Frauenalltag nach wie vor von großer Relevanz sind: Kindererziehung, Arbeitsteilung im
Haushalt, die Frage nach der Anzahl der Kinder und das Pro und Contra der Abtreibung.

Teil III befaßt sich mit den Partnerbeziehungen. Anhand der von Christa Wolf,
Irmtraud Morgner, Sarah Kirsch und Edith Anderson in der Anthologie Blitz aus heiterm
Himmel (1975)42 veröffentlichten Geschlechtertauschgeschichten wird hier eine Analyse der
noch bestehenden traditionellen Rollenstruktur in der DDR unternommen und versucht, die
Vorstellungen und Pläne der Autorinnen zu ihrer Aufspaltung zu analysieren. Welche
Änderungen sind in den zwischenmenschlichen Beziehungen bereits erreicht worden, in
welche Richtung müssen die Entwicklungen auf diesem Gebiet weiter vorangetrieben
werden? Aus den Aussagen der Literatinnen läßt sich ein Konzept klar herauskristallisieren:
Emanzipation kann nicht gegen den Mann erreicht, sondern muß in Zusammenarbeit mit
ihm errungen werden. Nicht der Mann ist das Feindbild der nach Gleichberechtigung
strebenden Frauen, sondern die traditionelle Rollenverteilung, die beide Geschlechter nach
wie vor einengt und gefangenhält.

Die hier vorgenommene Zusammenstellung der verschiedenartigen Quellen aus


Literatur, Politik, Gesetzgebung, Soziologie, Medien und Sozialwissenschaften verleiht der
Aufarbeitung des Problemkreises eine Tiefenschärfe, die einer Studie, die ihre
Informationen und Daten nur aus einer dieser Quellen bezieht, vorenthalten bleiben mußte.
Eingebettet in einen Bezugsrahmen aus sozialpolitischen Fakten und Forschungsergebnissen
22

vermittelt die hier untersuchte Frauenliteratur einen Einblick in den "realexistierenden"


Alltag der DDR-Frau in der Honecker-Periode und legt die Überlegungen der
Schriftstellerinnen zum Thema Emanzipation dar. Die "Wende" 1989 und die
Wiedervereinigung 1990 ändern nichts an der Relevanz des hier diskutierten Sujets.
Irmtraud Morgner formulierte bereits 1984:

Es hat ein Jahr der Frau gegeben, ein Jahr! Es gibt nun ungefähr seit zehn
Jahren einen Zustand, in dem über die soziale Befindlichkeit der weiblichen
Existenz auch literarisch nachgedacht wird, und nun glauben gewisse Leute;
das war wirklich genug, die Sache ist erledigt, "das Problem ist geklärt".
Über die Befindlichkeit von Männern dachten und denken Männer seit
Jahrtausenden nach, und es gibt immer wieder neue Nachrichten,
selbstverständlich auch für Frauen, und die Sache ist nie erledigt. (...)
Emanzipation (nicht nur der Frau) ist kein Kampagnethema, sondern - nach
Marx - ein Epochenproblem. "Der gesellschaftliche Fortschritt läßt sich exakt
messen an der gesellschaftlichen Stellung des schönen Geschlechts", sagt
Marx. Und wenn der die Bedeutung dieser Stellung so hoch ansetzt, kann es
sich nicht um irgendeinen Nebenwiderspruch handeln. Oder gar um eine
Mode, heute "in", morgen "passe".43

Kapitel I analysiert die kulturpolitischen Hintergründe für das Entstehen der


Frauenliteratur in der DDR und versucht, die von der DDR-Literatur stets eingenommene
Sonderstellung herauszuarbeiten. Diese Untersuchung macht die gesellschaftliche Relevanz
literarischer Quellen eindeutig klar.

Fußnoten

1 Kaufmann, Eva: Und was ist mit den Frauen? Wochenpost. 1989, Nr. 49, Seite 3.
2 Schon in der Verfassung von 1949 (Artikel 7) wurde festgelegt: "Alle Gesetze und Bestimmungen, die
der Gleichberechtigung der Frau entgegenstehen, sind aufgehoben". Um die Durchsetzung dieser
Generalklausel zu sichern, enthält die Verfassung Einzelbestimmungen wie das Recht auf gleichen Lohn
und gleichen Zugang zu den Bildungseinrichtungen sowie die Gleichberechtigung von Frau und Mann in
der Familie. Am 1. April 1966 trat das Familiengesetzbuch in Kraft: Eine Reihe gesetzlicher Maßnahmen
soll die Chancengleichheit beider Geschlechter vor allem im Bildungswesen und im Berufsleben
gewährleisten, wobei man durch Sonderrechte für Frauen Benachteiligungen, die ihnen vor allem aus
ihren Aufgaben als Mütter entstehen, kompensieren will. Vgl. Grandke, Anita: Zur Entwicklung von Ehe
und Familie.-In: Zur gesellschaftlichen Stellung der Frau in der DDR. Sammelband. Herausgegeben vom
Wissenschaftlichen Beirat "Die Frau in der sozialistischen Gesellschaft" bei der Akademie der
Wissenschaften der DDR unter Leitung von Prof. Dr. Herta Kuhrig und Dr. sc. Wulfram Speigner.
Leipzig: Verlag für die Frau 1978. Seite 229-353. Hier Seite 233.
3 Neues Deutschland vom 1.August 1963. Zitiert nach Helwig, Gisela: Frau und Familie Bundesrepublik
Deutschland - DDR. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 1987. Seite 10. Im Text wird diese Quelle
mit einem ’a’ hinter der Jahreszahl gekennzeichnet.
4 Hanke, Irma: Von Rabenmüttern, Fabrikdirektorinnen und Hexen. Frauen schreiben über Frauen.-In:
Helwig, Gisela (Hrsg.): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel ihrer Literatur. Köln: Verlag Wissenschaft und
Politik 1986. Seite 133-161. Hier Seite 136.
5 ebenda, Seite 137
6 Kaufmann, Eva: Und was ist mit den Frauen? Wochenpost. 1989, Nr. 49, Seite 3.
23

7 In einer vom Ministerium für Gesundheitswesen der DDR angeregten Untersuchung von 1970 bis 1975,
die 3600 erwerbstätige Frauen erfaßte, gab nur ein Drittel der Befragten an, daß für sie Haushalt und
Beruf leicht zu vereinbaren seien. Frauen mit mehreren Kindern, hohen beruflichen Belastungen (z.B.
Mehrschichtarbeit, langen Wegezeiten) "klagten häufiger über Ermüdungserscheinungen und funktionelle
Beschwerden" und über "Nervosität und Unruhegefühle". Das Ausmaß der subjektiv empfundenen
Belastungen war zudem bei Frauen höher, die mit ihrer beruflichen Arbeit unzufrieden waren. Hinze,
Lieselotte / Rauer, Annemarie / Sälzler, Anneliese: Die Förderung und Erhaltung der Gesundheit von
Frauen und Müttern. Gesellschaftliche Voraussetzungen und Erfordernisse für einen wirksamen und
umfassenden Gesundheitsschutz.-In: Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram (Hrsg.): Wie emanzipiert sind
die Frauen in der DDR? Köln: Pahl-Rugenstein 1979. Seite 335-373. Hier Seite 358f., 362ff., 36ff. Vgl.
hierzu auch Deja-Lölhöffel, Brigitte: Freizeit in der DDR. Berlin (West): Verlag Gebr. Holzapfel 1986;
dies.: Frauen und Freizeit in der DDR. DDR-Report. 1986, 19. Jg., Nr. 1, Seite 1-5.
8 Helwig, Gisela: Frau und Familie. Köln: 1987. Seite 12.
9 ebenda
10 Hanke, Irma: Von Rabenmüttern...-ln: Helwig, Gisela (Hrsg.): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel ...
Köln: 1986. Seite 137. Vgl. hierzu auch Kapitel III. 15 über Partnerschaft und Sexualität.
11 McPherson, Kann: GDR women writers in the 1970s and 80s. Contemporary German Studies, Occasional
Papers. Nr. 3, 1987, Seite 37-52. Hier Seite 39.
12 Wolf, Christa: Berührung. Ein Vorwort.-In: Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Frauen in der
DDR. Protokolle. Sammlung Luchterhand. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 14.Auflage
1983. Seite 9-19. Hier Seite 16.
13 Hanke, Irma: Von Rabenmüttern...-In: Helwig, Gisela (Hrsg ): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel....
Köln: 1986. Seite 135. Siehe auch Emmerich, Wolfgang: Nachwort.-In: Kirsch, Sarah / Morgner,
Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch. Drei Geschichten über die Umwandlung der Verhältnisse.
Sammlung Luchterhand. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 3.Auflage 1983. Seite 101-127.
Seite 109ff.
14 Kaufmann, Eva: Und was ist mit den Frauen? Wochenpost, 1989, Nr. 49, Seite 3.
15 McPherson, Karin: GDR women writers... Contemporary German Studies, Occasional Papers, Nr. 3,
1987. p. 41.
16 Wolf, Christa: Berührung.-In: Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied:
1983. Seite 14.
17 McPherson, Kann: GDR women writers... Contemporary German Studies. Occasional Papers, Nr. 3,
1987, Seite 40.
18 Wander, Maxie "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 88 und 120.
19 Hanke, Irma: Von Rabenmüttern...-In: Helwig Gisela (Hrsg.): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel Köln:
1986. Seite 135.
20 Neuhaus, Barbara: Ich bitte nicht um Verzeihung. Vorabdruck in Für Dich, Fortsetzung Nr. 5.
Für Dich, 1983, Nr. 52, Seite 30-32. Hier Seite 31.
21 Grasmeyer, Christa: Verlieht auf eigene Gefahr. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 2.Auflage 1986.
Seite 117. .
22 McPherson, Karin: GDR women writers... Contemporary German Studies, Occasional Papers, No. 3,
1987 Seite 41 Vgl Stephan, Alexander: The Emancipation of Man. Christa Wolf as a Woman Writer.
GDR’Monitor. Winter 1979-80, No. 2, Seite 23-32; Love, Myra: Christa Wolf and Feminism. Breakmg
the Patriarchal Connection. New German Critique, Winter 1979, No. 16, Seite 32ff. Siehe auch die
Ausführungen in Kapitel II.4 dieser Arbeit.
23 Honecker sprach in seiner Rede auf der 4.Tagung des ZK der SED im Dezember 1971 von einer
Enttabuisierung der Literatur, eine Aussage, die in den folgenden Jahren als kulturpolitischer Freibrief
interpretiert wurde. Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 1.
24 Siehe hierzu Kapitel 1
Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram: Gleichberechtigung der Frau - Aufgaben und ihre Realisierung in
25
der DDR.-In dies. (Hrsg.): Zur gesellschaftlichen Stellung.... Leipzig: 1978. Seite 11-85. Hier Seite 18.
Honecker, Erich: Die Rolle der Arbeiterklasse und ihrer Partei in der sozialistischen Gesellschaft. Berlin
26
(DDR): Dietz Verlag 1975. Seite 87.
27 Panorama DDR: Die Frau in der DDR. Fakten und Zahlen. Dresden: Verlag Zeit im Bild 1975.
28 ebenda
24

29 Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram: Gleichberechtigung der Frau...-In dies. (Hrsg.): Zur
gesellschaftlichen Stellung... Leipzig: 1978. Seite 56.
30 Grandke, Anita: Zur Entwicklung von Ehe und Familie.-In Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram (Hrsg.):
Zur gesellschaftlichen Stellung.... Leipzig: 1978. Seite 229-253. Hier Seite 248.
31 Programm der SED. Dresden: Verlag Zeit im Bild 1976. Seite 47.
32 Die Frau im Sozialismus. Dresden: Verlag Zeit im Bild 1975. Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram:
Gleichberechtigung der Frau...-In dies. (Hrsg.): Zur gesellschaftichen Stellung.... Leipzig: 1978. Seite
11-85; Wiggershaus, Renate: Geschichte der Frauen und der Frauenbewegung in der BRD und in der
DDR nach 1945. Wuppertal: Hammer Verlag 1979.
33 Kaufmann, Hans: Gespräch mit Christa Wolf. Weimarer Beiträge. 1974, 20. Jg., Nr. 6, Seite 90-112.
Hier Seite 108.
34 Kaufmann, Eva: Und was ist mit den Frauen? Wochenpost. 1989, Nr. 49, Seite 3.
35 Gast, Gabriele: Die politische Rolle der Frau in der DDR. Düsseldorf: Bertelsmann Universitätsverlag
1973; Menschik, Jutta / Leopold, Evelyn: Gretchens rote Schwestern. Frauen in der DDR. Frankfurt
(Main): Fischer Verlag 1974; Helwig, Gisela: Zwischen Familie und Beruf. Die Stellung der Frau in
beiden deutschen Staaten. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 1974; dies.: Frau ’75. Bundesrepublik
Deutschland - DDR. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 1975; dies.: Frau und Familie in beiden
deutschen Staaten. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 1982; dies.: Die Rolle der Frau im
gesellschaftlichen Leben Deutschlands.-In: Ueberhorst, Horst (Hrsg ): Geschichte der Leibesübungen.
Teilband 2. Leibesübungen und Sport in Deutschland vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Berlin
(West): Bartels & Wernitz 1982. Seite 944-960; dies.: Frau und Familie. Köln: 1987. Seite 12; Schubert,
Friedei: Die Frau in der DDR. Ideologie und konzeptionelle Ausgestaltung ihrer Stellung in Beruf und
Familie. Forschungstexte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Band 4. Opladen: Leske und Budrich
1980; Pfister, Gertrud: Frauen in der Bundesrepublik und in der DDR. Anspruch und Wirklichkeit.-In:
Voigt, Dieter / Messing, Manfred (Hrsg.): Beiträge zur Deutschlandforschung. Band 1. Bochum:
Studienverlag Dr. Norbert Brockmeyer 1982. Seite 210-237.
36 Gast, Gabriele: Die politische Rolle der Frau.... Düsseldorf: 1973. Seite 211.
37 Staadt, Jochen: Konfliktbewußtsein und sozialer Anspruch in der DDR-Literatur. Zur Darstellung
gesellschaftlicher Widersprüche im Roman nach dem VIII.Parteitag der SED 1971. Berlin (West): Spiess
Verlag 1977.
38 Helwig, Gisela: Jugend und Familie in der DDR. Leitbild und Alltag im Widerspruch. Köln: Verlag
Wissenschaft und Politik: 1984. Vgl. auch Schmitz, Dorothee: Weibliche Selbstentwürfe und männliche
Bilder. Zur Darstellung der Frau in DDR-Romanen der siebziger Jahre. Europäische Hochschulschriften
Reihe 1, Band 676. Frankfurt (Main): Peter Lang 1983.
39 Scheel, Daniela: Zeitschriftenstrategien zur Entwicklung des Frauenleitbilds.-In: Lebensbedingungen in
der DDR. 17. Tagung zum Stand der DDR-Forschung in der BRD, 12.-15. Juni 1984. Köln: Verlag
Wissenschaft und Politik 1984. Seite 61-72; dies.: Zwischen Weitung und Wirkung DDR-
Zeitschriftenprofile 1950-1980 am Beispiel von Geschlechtsrollenproblematik und Frauenleitbild. Köln:
Verlag Wissenschaft und Politik 1985.
40 Zitiert nach Scheel, Daniela: Zeitschriftenstrategien... -In: Lebensbedingungen in der DDR. Köln: 1984.
Seite 70.
41 ebenda
42 Anderson, Edith (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: Hinsdorff Verlag 1975.
43 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite
1494-1514. Hier Seite 1501f.
25

Kapitel 1 Literaturpolitik der Honecker-Periode -


Kulturpolitischer Hintergrund der Frauenliteratur

Beobachter beiderseits der innerdeutschen Grenze stimmen heute darin überein, daß die
DDR-Literatur seit Mitte der sechziger Jahre gegenüber den ersten zwei Jahrzehnten der
Geschichte der DDR (hier ist die Zeitspanne von 1945 bis 49 als eingeschlossen zu
betrachten) als Thema eine "tiefere Analyse der Tnnenräume’ und der 'inneren Lebenszeit’
des Menschen" findet,1 wie sie vorher noch nicht zu Tage getreten ist. Befaßt man sich
davor noch mit der Faschismusanalyse und der Produktionsliteratur, wird die Haltung der
Künstler mit der "Stabilisierung des Sozialismus" schon in der ersten Hälfte der sechziger
Jahre prinzipiell "problemsensibler" und die Welt der menschlichen "Persönlichkeit" tritt
zunehmend in den Vordergrund. Diese Entwicklung setzt sich in den folgenden zwei
Jahrzehnten weiter fort.
In diese Periode fällt auch das Erscheinen erster Werke der hier untersuchten
Frauenliteratur,2 Christa Wolfs Erzählung Nachdenken über Christa T. (1968) wird
allgemein als richtungsweisend für dieses Genre betrachtet, das sich in den folgenden Jahren
weiter entwickelt. Der VIII. Parteitag der SED bildet eine Zäsur in der Kulturpolitk der
DDR und somit auch einen guten Ansatzpunkt für einen näheren Blick auf den literatur-
politischen Hintergrund, vor dem viele Frauen beginnen zu schreiben.

Der VIII.Parteitag der SED im Juni 1971 markierte den Beginn eines Verhältnisses
zwischen Künstlern und Partei, daß durch Begriffe wie "gegenseitiges Vertrauen" und
"schöpferische Atmosphäre" gekennzeichnet war. Schriftsteller und Künstler wurden zum
"offenen, sachlichen, schöpferischen Meinungsstreit" ermuntert und ihrer "schöpferischen
Suche nach neuen Formen volles Verständnis" zugesichert.3 Wenig später gab Erich
Honecker sein inzwischen schon berühmt gewordenes und vielzitiertes "Signalwort der
Liberalisierung":

Wenn man von den festen Positionen des Sozialismus ausgeht, kann es meines
Erachtens auf dem Gebiet von Kunst und Literatur keine Tabus geben. Das
betrifft sowohl die Fragen der inhaltlichen Gestaltung als auch des Stils - kurz
gesagt: die Fragen dessen, was man künstlerische Meisterschaft nennt.4

Diese Aussage des Parteisekretärs wurde als Startsignal für eine ausgesprochen
lebendige und kontroversenreiche Periode im Kulturbereich gesehen, die viele inspirierende
Aktivitäten mit sich bringen sollte. In diesem Zusammenhang muß man sich jedoch
klarmachen daß der Parteitag der SED diese Entwicklung nicht selbst hervorgebracht hatte,
sondern daß hier lediglich bereits in der Entfaltung und Verbreitung begriffenen Initiativen
eine Lizenz verschafft wurde. Denn, wie Emmerich (1981) methodologisch verallgemeinert:
es ist zumeist unsinnig, bestimmte qualitative Veränderungen in der Literatur selbst als
abhängig von veränderten literaturpolitischen Direktiven zu beschreiben. Es ist eine
anerkannte Tatsache, daß "das Neue" in der DDR-Literatur bereits in manchen Werken der
sechziger Jahre aufzufinden ist. . , ,
Ein wichtiges Faktum wurde diesen kulturpolitischen Klimaänderungen jedoch
Vorbehalten: Die SED hielt in den siebziger und achtziger Jahren nach wie vor an ihrer
führenden Rolle fest und versuchte, diese in allen gesellschaftlichen Bereichen so umfassend
26

und absolut wie möglich durchzu-setzen. Es war ihr allerdings ebenso klar, daß sie auf
Stimmungen und Tendenzen unter den Literaten eingehen mußte, daß gewisse Spielräume
eingeräumt und gewährt werden mußten, wenn der Anspruch einer Einheit zwischen
Künstlern und Partei überhaupt eingehalten werden sollte. Diese Zugeständnisse an die
Literaten wurden daher als "Resultate taktischer Reaktionen" gewertet (Becker, 1977),6 die
mehr oder weniger eng interpretiert werden konnten; sie waren zu jeder Zeit "von oben"
justierbar oder gar rückgängig zu machen.
Jurek Becker (1977) äußerte dazu, daß "beim Kampf um Spielräume nicht der
Spielraum gewährt wird, den die SED für angemessen hält, sondern der, den zu geben sie
nicht umhinkommt".7 In der Honecker-Periode war immer davon auszugehen, daß die SED
Entwicklungen jeglicher Art sofort Einhalt gebot, wenn sie ihre politische Führungsposition
bedroht sah. Diese Animosität auf seiten der politischen Leitung machte es den
Kulturschaffenden ausgesprochen schwer, wenn nicht gar unmöglich, stets den Rahmen des
Erlaubten genau zu kennen und ihn einzuhalten. Sarah Kirsch meinte hierzu in einer
Diskussion im Jahre 1982, daß sie und andere, ihr bekannte Literaten, Werke, die zunächst
nicht zur Publikation freigegeben wurden, immer wieder eingereicht hätten. Auf diese
Weise sei eine Reihe von Gedichtsammlungen und Romanen - wenn auch mit Verspätung
- doch noch veröffentlicht worden.8 Der Rahmen des Erlaubten war also keineswegs
statisch, die von ihm umschlossenen Grenzen wandelten sich stetig, einmal mehr, einmal
weniger offensichtlich und mit variierender Bedeutsamkeit.
Diese Atmosphäre bildete den Hintergrund für das Entstehen einer Flut von Werken
junger Literatinnen und häufig auch Schriftstellerinnen mittleren Alters, die jetzt für ihre
Thematik, die Alltagsrealität der Frauen in der DDR, kulturpolitisch Tür und Tor geöffnet
sahen. Sie drängten mit ihren Bearbeitungen dieses Sujets auf immer neue Weise an die
Öffentlichkeit, die Popularität ihrer Schriften ließ auf die Relevanz des Themas schließen,
um ein Publikum brauchten sie nie zu fürchten.9

Noch 1972 glaubte der BRD-Literaturtheoretiker Werner Brettschneider, die


Erwartungshaltung der politischen Führung der DDR gegenüber der Literatur ihres Landes
auf drei einfache Nenner bringen zu können:

1. Die DDR-Literatur soll die jeweilige Generallinie der Obrigkeit ausdrücken.


2. Sie soll die ihr genannten Inhalte propagieren und in den Köpfen der Massen
festigen; und
3. die Gesellschaft repräsentieren, insbesondere die Einheit von Führung und Volk, von
Politik und geistig-künstlerischem Leben.10

Während diese Feststellungen bis zur Wende im Jahre 1989 gewiß zutreffen, so
wirken sie doch vom heutigen Standpunkt der Betrachtung aus sehr vereinfacht und auch
oberflächlich. Sie basieren zu sehr auf Einstellungen der fünfziger und frühen sechziger
Jahre, d.h. auf Auffassungen, die während des kalten Krieges geprägt wurden. Den
Entwicklungen der folgenden Jahre, der selbständig entstehenden Alternative zur
Produktionsliteratur schenken sie keine, oder wenn, dann nur sehr ungenügende Beachtung.
Gerade diese "Literatur des Anwesendseins" (Emmerich, 1981)," deren Kern die jeweilige
Autorenerfahrung des Hier und Jetzt der unmittelbaren DDR-Gegenwart war und die die
Abschieds- und Ankunftsliteratur der früheren Jahre in Vergessenheit geraten ließ, ist jedoch
27

für die vorliegende Arbeit von besonderer Bedeutung.

Die Sonderstellung, die die Literatur in der DDR stets eingenommen hat, wird 1974
in Einheit besonders deutlich formuliert:

Es liegt im Wesen sozialistischer Literaturverhältnisse begründet, daß die


Beziehungen zwischen Literatur und Gesellschaft, die Rolle der Literatur
innerhalb der sozialistischen Kultur, das Aufeinanderbezogensein von
Autoren, Lesern und literarischen Werken nicht das Ergebnis von
Zufälligkeiten sind, sondern das Resultat bewußten Handelns der Beteiligten.
Die gesellschaftlich relevante Fixierung des jeweils erreichten Standes findet
sich in den Beschlüssen der Partei, der führenden und organisierenden Kraft
in der sozialistischen Gesellschaft. Hier sind Aufgaben der Literatur, ihre
Funktion in den Klassenkämpfen der Epoche und in den Aufbauphasen der
sozialistischen Gesellschaft organisiert.12

Man war von Anfang an bestrebt, der Kunst bestimmte, vom Staat festgelegte
Funktionen aufzulegen.13 Sommer u.a. (1978) haben sich um eine Auflistung dieser
Aufgaben bemüht und nennen in ihrer Studie die gesellschaftliche, die internationalistische,
die weltanschauliche und die soziale Integrationsfunktion, die sie der Literatur ihres Landes
zuordnen.14 Andere Abhandlungen erweitern diese Aufzählung noch, so daß man hier von
einer Polyfunktionalität der Literatur sprechen kann. Es muß jedoch ebenso festgestellt
werden, daß die verschiedenen Funktionen und Aufgaben ausgesprochen eng miteinander
verflochten sind. Genaue Beschreibungen mit festliegenden Abgrenzungen werden durch die
fließenden Übergänge unmöglich gemacht.
Das Wörterbuch zum sozialistischen Staat (1974) spricht dabei sogar von einer
"kulturell-erzieherischen Tätigkeit des sozialistischen Staates".15 Diese Tätigkeit ist auf die
wachsende ideologische und kulturelle Befähigung der Bürger zur Lösung der in der
jeweiligen Periode der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft zu verwirklichenden
Aufgaben gerichtet und dient besonders dazu, "die Bürger zu gebildeten und überzeugten
Erbauern des Sozialismus, zu sozialistischen Persönlichkeiten zu entwickeln". Ihre
Unterstützung der Förderung und Weiterentwicklung des gesamten intellektuellen, sittlichen
ästhetischen und emotionalen Entwicklungsniveaus des Menschen wird als "bedeutender
Beitrag" bezeichnet. Eine weitere wichtige Aufgabe dieser Tätigkeit des Staates besteht vor
allem darin, "das sozialistische Bewußtsein der Bürger zu festigen, die sozialistische
Lebensweise zu entwickeln, die Bürger immer besser zu befähigen, an der Leitung des
Staates und der Gesellschaft mitzuwirken...". Die hier gegebene Definition bestätigt den
politisch-ideologischen Charakter der kulturell-erzieherischen Tätigkeit und !aßt keinen
Zwei-fel an den Absichten, die nicht nur im kulturellen Bereich, sondern auch mit Hilfe des
Bildungswesens und der Wissenschaft in allen anderen Bereichen des gesellschaftlichen
Lebens verfolgt wurden.16 Die Literatur in der DDR bildete also nur einen Teilbereich eines
umfassenden Sozialisierungs- und Integrationssystems. Daß diese "Erziehung durch
ist ein offenes Geheimnis, das weder bestritten noch
Literatur angestrebt wurde,
verheimlicht wurde.17
daß es der Kunst möglich ist, bestimmte Aspekte der
Man ging davon aus,
des menschlichen Wesens anzusprechen, die anderen
menschlichen Persönlichkeit,
28

Kommunikationsbemühungen verschlossen bleiben.18 Auch das von Bahro beschriebene


"überschüssige Bewußtsein" der DDR-Bürger würde in diese Kategorie fallen.19 Der Teil
des Bewußtseins, der vom Staat nicht direkt für sich in Anspruch genommen werden kann,
wäre so von ihm doch noch auf eine indirektere Weise zu absorbieren. Durch das Mittel
der Literatur sieht sich die politische Führung in der Lage, ihr Sozialisations- und
Integrationssystem weiter auszubauen und zu perfektionieren.
Ein weiterer Kernpunkt für die hier versuchte Analyse ist die Feststellung, daß durch
die "künstlerischen Bilder" "sinnerfüllte und verallgemeinerte Wahrnehmungen und
Vorstellungen" weitergegeben werden, daß diese Verallgemeinerungen aber nicht auf
Extrem- oder Einzelfällen beruhen, sondern sich durchaus auf weitverbreitete und allgemein
bekannte Zustände beziehen. Das Kulturpolitische Wörterbuch führt dazu aus:

Das Bild gibt niemals nur das Einzelne, Zufällige wieder, sondern ist auf die
Einheit mit dem Allgemeinen, Gesetzmäßigen, Wesentlichen gerichtet... Diese
Verallgemeinerung ist künstlerisch (in den realistischen Methoden) nicht
Illustration einer außerbildlichen Idee. Sie ist Produkt einer Transformation
der Bilder mittels der schöpferischen Phantasie. Dabei geht mit der Erfindung
von Bildern im Prozeß der Verallgemeinerung der objektive Inhalt des
künstlerischen Abbildes keineswegs verloren, sondern wird gerade
angereichert, verstärkt. Der bildliche Gehalt eines Werkes kann so zum
Träger des Ideengehalts werden... (...) Jedes künstlerische Bild ist eine
dialektisch-widerspruchsvolle Einheit von objektivem Abbild und subjektiver
psychischer Reaktion auf diesen objektiven Bildinhalt, subjektiv wertender
Stellungnahme. Entfällt das subjektive Moment, wird das Bild zu einer Art
schlechter Photographie, einer kalten und mechanischen Spiegelung.
Umgekehrt ist das Überwuchern des Subjektiven meist ein Kennzeichen
künstlerischer Dekadenz...(...) Die Ausdruckskraft des Bildes ist subjektives
Moment der künstlerischen Verallgemeinerung, das den Bildern einen Sinn
gibt, der mehr als das enthält, was (z.B. in der Literatur) die Formulierung
eines Gedankens in einem allgemeinen Satz aussagt. Künstlerische
Einbildungs- und Ausdruckskraft enthalten die Tendenz zur Metapher, zur
Anwendung des Bildes in übertragener Bedeutung. Hier liegt eine der
wichtigsten Besonderheiten des künstlerischen Bildes, die einerseits auf seine
gewaltige Verallgemeinerungskraft hinweist, andererseits die Möglichkeit
eröffnet, sich vor der Wirklichkeit "aus dem Staube zu machen”.20

Wenn man Literatur so betrachtet, wie hier von offizieller Warte aus angeregt, dann
muß es gerechtfertigt sein, aus literarischen Werken Schlüsse zu ziehen, und diese dann auf
die gesamte DDR-Gesellschaft zu erweitern. Daß dabei die von den Künstlern festgelegten
Schwerpunkte erhalten bleiben, soll nicht als Negativum, sondern im Rahmen der hier
behandelten Thematik als weiterer Vorteil gewertet werden, als Möglichkeit, durch die
Augen einiger DDR-Frauen einen Blick auf ihr eigenes Land und ihre Lebensumstände zu
werfen. In der Tat ist das Bemühen um "subjektive Authentizität" gerade für die
Frauenliteratur von ausgesprochener Bedeutsamkeit. Teil I dieser Arbeit wird sich diesem
Punkt zuwenden, indem er die Schreibgründe und -ziele und auch die Eigenheiten
weiblichen Schreibens untersucht. Christa Wolf (1968) erwähnt die Relevanz des
29

"geographischen Orts", von dem aus der Autor schreibt. Er bestimmt die innere
Einstellung, die ein Literat in seine Arbeit einbringt, seine Lebensweise und auch sein
Geschlecht sind hier von unübersehbarer Konsequenz.21 Viele der Autorinnen, deren Werke
für diese Arbeit untersucht worden sind, sprechen von der "Zeitgenossenschaft" mit ihren
Lesern, die ihnen sehr am Herzen liegt und die sie unabdingbar für ihre Arbeit halten. Auch
diese Überlegung wird in Teil I detaillierter aufgegriffen.
Der Vorwurf der "Überwucherung des Subjektiven" wird dabei strikt abgelehnt. Wolf
(1974) äußert unmißverständlich, daß "aus Erfahrung schreiben nicht bedeutet: sich immer
nur selbst beschreiben (obwohl meist auch Selbstbeschreibung mit einfließen kann und soll).
Das heißt: Es bedeutet alles das eben nicht, was man 'schrankenlosen Subjektivismus’ zu
nennen pflegt und was anstatt zu einer Erhellung der Realität - von welcher der Autor ein
Teil ist - zu ihrer Verschleierung führen kann."22 Für Wolf sind es vielmehr "all jene
Empfehlungen, die dem Autor zumuten, von Wunschbildern und Konstruktionen anstatt von
seiner Erfahrung auszugehen", die mit einem "hemmungs-losen Subjektivismus" belastet
sind.23
Die weiblichen Schriftsteller bedienen sich entsprechend auch der sich seit Ende der
siebziger Jahre immer mehr verbreitenden Dokumentationsliteratur - wenn sie nicht gar die
Initiatoren dieser Gattung zu nennen sind. Die bekannteste Vertreterin dieses Gemes ist
wohl zweifelohne Maxie Wander, deren Frauenprotokolle sich unter dem Titel Guten
Morgen, du Schöne" seit 1977 eines weitreichenden Leserzuspruchs erfreuen. Wanders
Buch kann heute als ein Klassiker der DDR-Frauenliteratur bezeichnet werden. Mit ihren
Interviews wollte Wander Einblicke in Einzelleben geben:

Ich habe nicht nach äußerer Dramatik gesucht oder nach persönlicher
Übereinstimmung. Ich halte jedes Leben für hinreichend interessant, um
anderen mitgeteilt zu werden. Repräsentativen Querschnitt habe ich nicht
angestrebt.(...) Mich interessiert, wie Frauen ihre Geschichte erleben, wie sie
sich ihre Geschichte vorstellen. Man lernt dabei, das Einmalige und
Unwiederholbare jedes Menschenlebens zu achten und die eigenen Tiefs in
Beziehung zu anderen zu bringen. Künftig wird man genauer hinhören und
weniger zu Klischeemeinungen und Vorurteilen neigen.24

Fazit: Man muß den Menschen zuhören, sich auf den Einzelnen einstellen, um ihn
zu verstehen. Erst dann kann man von dessen Erfahrungen lernen. Und eine weitere Lehre:
Jeder Einzelne ist wichtig und ist wert, beschrieben zu werden.
DDR-Literaturtheoretikerin Berger (1983) verteidigt die Schriftstellerin gegen
Angriffe des Subjektivismus. Sie vertritt die Ansicht, daß durch die Auswahl der
Interviewpartnerinnen doch eine Materialauswahl stattgefunden habe.25 Das Auswahlpnnzip
"ob eine Frau die Lust oder den Mut hatte, über sich zu erzählen..." (Wander) sei
bedeutsam und schließe wesentliche Momente der Aussage und des Wertmaßstabes mit ein.
Mut und Lust zur Selbstaussage bedeuteten Vorstellen von Selbstbewußtsein, Versuc e,
ehrlich zu sein und eigene Meinungen zu formulieren. Das Auswahlpnnzip setze bereits
Individualität voraus. Diese Kriterien seien damit wesentliche Bedingungen einer
grundsätzlich bejahenden Wertung: Individualität, Ehrlichkeit, Selbstbewußtsein seien von
der Autorin hoch geschätzte Eigenschaften. Zu einer Zeit, da die meisten literarischen
Werke Recht auf Individualität und Pflicht zur Individualität zu einem der wichtigsten
30

Probleme der Gegenwart erkoren hätten, weise Wander mit ihren Dokumenten darauf hin,
welche Erscheinungsform sie in der Realität bereits angenommen hätten. Sie stelle
verschiedene Varianten vor, die im Detail unterschiedlich zu bewerten seien. Das Prinzip
jedoch - sich selbst genau sehen zu wollen, Mut zur Individualität -, gebe überall den
Ausschlag für eine eindeutige Bewertung.26 Berger schließt:

Akzeptiert der Leser diesen Maßstab, erhalten die Dokumente auf der Basis
dieses Einverständnisses Brisanz und Reiz, denn neunzehn unterschiedliche
Lebensschicksale offenbaren ungeheuer viele Meinungen. Da artikuliert sich
nicht ein Schicksal eines sozialistischen Individuums mit seinen Ansprüchen
an die Welt, sondern viele verschiedenartige Persönlichkeiten.27

Mit der Vorstellung mehrer unterschiedlicher Haltungen ohne Kommentierung ist,


so Berger, ein relativ großer Spielraum für Wertungsmöglichkeiten gegeben. Wander baut
auf das gewachsene Vermögen ihrer Leser, selbst das Für und Wider der vorgestellten
Lebenspositionen abwägen zu können, erfüllt aber gleichzeitig ihre eigene Forderung, nicht
mit engen und starren Meßwerten vorzugehen.28 Sie läßt keinen Zweifel daran, wie wichtig
es ihr ist, vor allem Anreger und Herausforderer zum Nachdenken zu sein, ohne daß das
Resultat vorgegeben ist: "Für die meisten Frauen, die das lesen, sind die Geschichten so
’Aha-Erlebnisse’ und Lockerungsübungen. 'Wenn die so offen sein können, müßte ich das
auch einmal probieren.’ Und:'Diese Frauen ersetzen mir die Freunde, ich unterhalte mich
mit ihnen.’ - 'Sie provozieren mich zu einer eigenen Meinung, zum Nachdenken über
mich.’ Na bitte (...), viel mehr wollte ich nicht."29
Für Berger wählte die Autorin die von ihr Portraitierten so geschickt aus, daß die
Beantwortung wesentlicher Fragen (wie z.B. nach dem gesellschaftlichen Engagement, nach
den Gesellschaftvorstellungen und den Glückserwartungen), doch "eine quantitative und
qualitative" soziale Repräsentanz traf.30 Weil die Autoren dokumentarischer Porträts um die
Beschränktheit der eigenen gestalterischen Weitungsmöglichkeiten wissen, ist für sie das
Kriterium ihrer Auswahl und der Gehalt des literarischen Bildes, das ihr
Wirklichkeitsmaterial gibt, von besonders großer Bedeutung. Die Interviews - so Berger -
verweisen auf die "Schönheiten und Schwierigkeiten von Persönlichkeitsbildung im
Sozialismus", die Ansprüche vieler einzelner Frauen an ihr Leben geben nicht nur Auskunft
über die jeweilige Individualität und den Entwicklungsstand ihrer Persönlichkeit, sondern
die Summe der Ansprüche weist zum einen auf die Qualität der Gesellschaft und zum
anderen wirft sie ein Licht auf die gewünschte Welt.31
Die Spannung, die sich aus den verschiedenen Ansichten von "persönlicher" oder
"individueller Darstellung", der "Subjektivismus"-Anklage und der von Berger formulierten
Argumentation, daß Literatur, obwohl bearbeitete und ausgewählte Stellungnahme einzelner
Individuen, einen allgemeingültigen, übertragbaren Einblick in die Lebensrealität und den
DDR-Alltag verschafft, ist der Hauptausgangspunkt der vorliegenden Arbeit. Literatur soll
hier als Spiegel der DDR-Gegenwart in der Honecker-Periode verstanden werden.
Gleichzeitig werden in den Werken und in Interviews und Aufsätzen von den
Schriftstellerinnen selbst Zukunftswünsche geäußert, die ebenfalls in die Untersuchungen
einfließen sollen.

In offiziellen Schriften wird auch die Möglichkeit angesprochen, mittels der Literatur
31

aus der Wirklichkeit zu fliehen und sich in eine andere - wahrscheinlich positivere oder
annehmbarere Welt - zu flüchten.32 Sommers (1978) Ablehnung dieser "utopischen
Funktion" läßt schließen, daß diese Entwicklung in der DDR von offizieller Seite nicht
begrüßt wird.33 Diese Reaktion kann nicht überraschen, entspricht sie doch so gar nicht den
Erwartungen der politischen Führung. Da Utopie und märchenhafte Erzählungen in den
siebziger und achtziger Jahren in der DDR-Literatur stark zugenommen und auch in der
Frauenliteratur ihren Einfluß geltend gemacht haben,34 muß angenommen werden, daß auch
diese "Fluchtfunktion" der Kunst, das "Sich vertiefen" in eine andere Welt, erheblich an
Relevanz gewonnen hat.35 Anzumerken ist hier auch, daß es sich bei den "utopischen
Anwandlungen" in der Frauenliteratur nicht um eine Flucht in Phantasien handelt, die kaum
Bezug zur Realität besitzen oder die über deren Unzulänglichkeiten hinwegtäuschen sollen.
Den Autorinnen geht es erklärterweise darum, anhand ihrer manchmal zweifelsohne recht
phantasievollen Erzählungen auf gegenwärtige Mißstände hinzuweisen und ihre Rezipienten
zum Hinterfragen dieser Zustände anzuregen.36 Durch diesen Verfremdungseffekt gelingt
es ihnen, neue Einblicke in Verhaltensmuster zu gewähren.
Während die Frauenliteratur auf Problemkreise hindeuten und zu deren Lösung
anregen will, ordnet der westdeutsche Literaturwissenschaftler Weisbrod (1980) der
DDR-Literatur der Honeckerjahre eine "Konfliktabsorbtionsfunktion" zu. Sie diente nicht,
wie es die Schriftstellerinnen anstreben, zur Aktivierung, sondern wurde von
Regierungsseite zur Pazifizierung benutzt. Die Konfliktabsorbtionsfunktion erlaubte zwar
keine Flucht aus oder vor den bestehenden Zuständen, eröffnete aber eine Plattform für die
Äußerung und Erörterung von innergesellschaftlichen Konflikten.37 In der DDR, so
Weisbrod, seien soziale Konflikte häufig in den Kultursektor verlagert worden.
Gesellschaftliche Konfliktsituationen konnten in diesem Feld so absorbiert werden, daß die
Stabilität der bestehenden Sozialordnung nicht gefährdet wurde. Weisbrod weist daraufhin,
daß ein breit angelegter, vielschichtiger und zur Mitwirkung anregender Kulturbetrieb eine
weitere wichtige Aufgabe erfüllt: Er kann in besonderem Maße soziales Konfliktpotenzial
absorbieren bzw. in systemkonforme Wege leiten, wenn er - wie begrenzt auch immer -
Freiräume zur Austragung von Konflikten zur Verfügung stellt und einen Rahmen schafft,
in dem gesellschaftliche Widersprüche, politische Kontroversen und von der offiziellen Lime
abweichende Meinungen diskutiert und überprüft werden können. Diese These stützt er auf
die seit 1971 von der SED häufig wiederholten Aufforderungen zum Meinungsstreit, die
Belebung wissenschaftlicher und kunstkritischer Diskussion und den Versuch, den
administrativen Druck auf den Kulturbetrieb zu lockern.
In der DDR, so schließt Weisbrod, hatte sich die Überzeugung durchgesetzt, daß
Konflikte und Meinungsverschiedenheiten nicht durch administrative Maßnahmen gelöst und
hinwegdekrediert werden konnten, sondern daß diese innerhalb eines produktiven und
vertrauensvollen Diskussionsklimas auszufechten seien.38 Während diese Ausführung den
Entwicklungen der frühen siebziger Jahre durchaus gerecht wird, trifft sie seit spätestens
Oktober 1976 kaum in dem Maße zu, wie von Weisbrod beschrieben. Biermanns
Ausbürgerung und die ihr folgenden Ereignisse, die sich über Jahre hinwegzogen und deren
Nachwirkungen auch bis weit in die achtziger Jahre hinein noch zu spuren waren, können
kaum als Ergebnisse einer "vertrauensvollen und produktiven Diskussion" aufgefaßt werden.
Obwohl Weisbrods Beobachtungen nicht bestrit-ten werden oder gar falsch zu nennen sind
so scheint es doch, daß er den Rahmen für die Auseinandersetzung mit Konflikten und
Meinungsverschiedenheiten zu weit ansetzt und darum als zu großzügig interpretiert. Die
32

Geschehen um den November 1976 und ihr Umfeld machen deutlich, daß der Rahmen für
die "Konfliktabsorbtion" nach wie vor von der politischen Führung genaustem beobachtet
wurde. Die Grenzlinien waren auch hier von den "Positionen des Sozialismus" bestimmt,
das Koordinatensystem enger - und die Kontrolleure empfindlicher - als Weisbrods These
vermuten läßt.
Dennoch sind seine Ausführungen prinzipiell richtig. Sie werden durch die in den
siebziger und achtziger Jahren in sozialwissenschaftlichen und philosophischen Debatten
vertretene Auffassung gestützt, daß der in der DDR bestehende Sozialismus keine
Gesellschaft darstellt, in der Widersprüche nur als Randerscheinungen und als Überreste des
Kapitalismus aufzufinden sind, sondern daß auch die sozialistische Entwicklung durch
tiefgreifende Widersprüche gekennzeichnet ist.39 Der BRD-Soziologe P.C. Ludz
kommentierte 1973 diese Entwicklung so: "Reale Konflikte werden heute nicht mehr so
schöngefärbt oder schlicht verschwiegen, sondern sie werden - in einem weit stärkeren
Maße als in der Zeit bis zum Frühjahr 1971 - beim Namen genannt."40 Obwohl sich diese
Entwicklung nur wenig später (1974) als wieder rückläufig heraussteilen sollte,41 kann
dennoch festgehalten werden, daß sich das Konfliktbewußtsein in der DDR seit dem VIII.
Parteitag gegenüber vorausgegangenen literaturpolitischen Phasen nicht unbeträchtlich
erhöhte. Maxie Wander interpretierte diese Entwicklung 1977 als positiv:

Wir können um eigentlich nicht wundem, daß in der sozialistischen


Gesellschaft Konflikte am Licht kommen, die jahrzehntelang im Dunkeln
schmorten und Menschenleben vergifteten. Konflikte werden um erst bewußt,
wenn wir um leisten können, sie zu bewältigen.42

Der Literatur war es nun durchaus möglich, Themen, die der Bevölkerung offiziell
vorenthalten wurden, in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Es schien, daß das, was gedruckt
und rezensiert worden war, nun auch in Diskussionen erwähnt werden durfte. Auf diese
Weise wurden Themen aus der Familie, aus den eigenen vier Wänden herausgenommen und
in die Öffentlichkeit getragen. Der sich bereits entwickelnden Frauenliteratur wurden damit
thematisch Tür und Tor geöffnet. Die Probleme von Frauen, bisher auf den
Produktionsbereich reduziert, konnten nun auch dem Privatbereich entnommen werden
Beziehungsprobleme zwischen den Geschlechtern, Probleme mit der angeblich vollzogenen
Gleichstellung der Frau, Erziehungsprobleme - all diese Themen traten nun in einer nicht
enden wollenden Flut ans Tageslicht. Und auch die Frau als Einzelmensch, als Individuum
das lang vernachlässigte "Ich" wurde jetzt zum vielbeschriebenen und analysierten Sujet’
Allgemeine Beschreibungen des Alltags der DDR-Frauen wechselten sich ab mit den
Darstellungen frustrierter und geplagter alleinstehender oder von ihren Männern nur
mangelhaft unterstützter Frauen. Auch Tabuthemen wie z.B. Scheidung, Sexualität und
Schwangerschaftsabbruch fanden jetzt Erwähnung.
Die Frauenliteratur ist in der DDR wiederholt bezichtigt worden, den
gesellschaftlichen Zielen den Rücken zuzukehren, vom gemeinsamen Streben für eine
sozialistische Zukunft abgespalten zu sein. Die Schriftstellerinnen selber haben ihre Rolle
jedoch stets als mit der DDR-Gesellschaft eng verbunden und sich selbst als integralen Teil
der Weiterentwicklung eben dieser Gesellschaft verstanden. Die Rolle der Frauenliteratur
und das Selbstverständnis der Autorinnen werden in Teil I einer genaueren Untersuchung
zugeführt. 6
33

Immer lauter und deutlicher meldeten sich die Frauen zu Wort, nicht alles wurde
veröffentlicht, vieles fiel der Zensur zum Opfer, doch das einmal gewonnene Moment hielt
bis zum Ende der achtziger Jahre vor. Berger (1983) kommentiert:

Das Individuum als widersprüchliches, auf die gesellschaftlichen Bedingtheiten


höchst unterschiedlich reagierendes Wesen erhielt im verstärkten Maße die
Aufmerksamkeit der Kunst der siebziger Jahre, und das erschöpfte sich dann
nicht mehr allein in der Weiterführung der Tradition der Gestaltung des
"produktiven" Menschen. Auch ein Mensch, der sich in unserer
Gesellschaft überflüssig vorkommt, gewinnt in der Literatur an Interesse.
Das mit resignativen Zügen behaftete Konzept des kleinen Mannes wird
wiederbelebt, und Wamfiguren verschiedenster Prägung erhalten Gewicht.43

Die von der Literatur behandelten Themen zeigen jetzt also auch Menschen, die nicht
den offiziellen Vorstellungen der sozialistischen Persönlichkeit entsprechen. Ihre
Bearbeitung durch die Kunst macht ihre Existenz akzeptabler. Der Mensch, behaftet mit
seinen Problemen, Mängeln und Schäden, rückt nun in den Vordergrund der Darstellung.
Berger (1983) greift nach "Jahren der Abstinenz" in der DDR die Frage nach der
Rolle des literarischen Helden wieder auf.44 In der Gestalt eines bestimmten Helden, einer
erfundenen oder gefundenen Figur sieht sie "besonders günstige Möglichkeiten, bestimmte
Wertvorstellungen bewußt zu machen" und zu debatieren. 5 Der Held eines literarischen
Werkes ist für Berger ein "Schnittpunkt", durch den und mit dem Wertvorstellungen vom
Menschen und seiner Haltung zur Welt besonders prägnanten literarischen Ausdruck finden.
Berger schlägt vor, die alten Begriffe "positiver / negativer Held" mit "bejahter Held" und
"verneinter Held” zu ersetzen. Sie rückt dadurch das Verhältnis der Autoren zu ihren
Figuren, den Grad von Zustimmung oder Ablehnung, den sie ihnen aus politischen oder
moralischen Gründen entgegen-bringen, in den Mittelpunkt ihrer Konzeption. Dabei wird
in Rechnung gesetzt, daß die vom Autor ausgehende Bejahung bzw. Verneinung der
literarischen Gestalten in einem Prozeß aktiver geistiger Auseinandersetzung durch die Leser
akzeptiert und auch verworfen werden kann.
Berger läßt jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, welche Fragestellung ihren
Untersuchungen zugrunde liegt: Wie kann Literatur noch wirksamer im Sinne sozialistischer
Überzeugungen und kommunistischer Ideale in die geistigen Auseinandersetzungen der
Gegenwart eingreifen? Mit dem Begriff des Helden sind immer bestimmte historisch und
klassenmäßig bedingte Wertvorstellungen verbunden,46 er transportiert immer bestimmte
Wertvorstellungen des Autors.47 Noch deutlicher wird ihre Argumentation, wenn sie sich
auf folgende Formulierung stützt: "Im moralischen Antlitz der künstlerischen Figur erhält
die moralisch bedeutsame Intention ihren sinngefälligsten Ausdruck."48 Eingebracht wird
hier eine moralische Funktion der Literatur, die bisher kaum Erwähnung gefunden hatte.
Diese arbeitet durch die Wertevermittlung und wird laut Berger durch den literarischen
Helden am anschaulichsten wiedergegeben.
In den Werken der in den folgenden Kapiteln zur Sprache kommenden Autorinnen
klingt immer wieder an, daß sie sich gegen eine Vorbildwirkung der Literatur wehren.
Ihnen geht es nicht darum, Modelle "für eine ansprechende Lebensweise" zu propagieren
oder mit fertigen Lösungen für alle Lebensprobleme aufzuwarten. Die Schriftstellerinnen
haben sich der Aktivierung ihrer Leserinnen und Leser verschrieben, sie wollen sie
34

aufrütteln und zum Denken und zu Eigeninitiativen in bezug auf ihr Leben ermuntern. Hier
stoßen einander scheinbar völlig gegensätzliche Konzeptionen aufeinander, Teil I versucht,
diesem Konflikt auf den Grund zu gehen.

Mit den drei wichtigsten Literaturzeitschriften Neue deutsche Literatur. Weimarer


Beiträge und Sinn und Form wurde der Raum abgesteckt, in dem eine Diskussion über
Literatur, die ihr verwandten Themen und Meinungen stattfinden durfte. Während Neue
deutsche Literatur sich als Organ des Schriftstellerverbandes kaum bemerkenswerte
Experimente gestattete und in ihrer Kritik zumeist die Parteilinie reflektierte, erlaubten sich
die Weimarer Beiträge nicht zuletzt deshalb eine größere Bandbreite, weil hier Themen aus
Ästhetik und Kulturtheorie mit zum Publikationsprogramm gehörten. Am häufigsten sind
wirkliche Kontroversen jedoch in der auflagenschwächsten Sinn und Form zu finden, wo
z.B. der ganze Jahrgang 1973 vom Streit um Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W.
(1972) beherrscht wurde und in den Jahren 1977 bis 1978 trotz ebenfalls abgedruckter,
oftmals diffamierender Angriffe, auch die deutlichste Parteinahme für Christa Wolfs
Kindheitsmuster publiziert wurde. Eine ähnlich rege Diskussion gab es 1984 um ihren
Roman Kassandra (1983) und die "Frankfurter Vorlesungen" (1983). Es war nachweislich
immer wieder Sinn und Form die Vorabdrucke heikler Texte beinhaltete, was häufig dazu
führte, daß die Veröffentlichung exklusiv blieb wie z.B. bei Volker Brauns Unvollendeter
Geschichte (1975) und Gabriele Eckarts So sehe ick die Sache (1984).49

Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß alle hier beschriebenen Funktionen


im wesentlichen als Teilelemente der gesellschaftlichen Funktion der Literatur verstanden
werden können, da sie immer in diesem Bereich wirken. Ohne Ausnahme beinhalten sie
pädagogische und erzieherische Elemente, die auf eine Sozialisierung und eine darauf
aufbauende Integrierung der Rezipienten abzielen.
Die Obliegenheiten der DDR-Literatur in der Honecker-Periode stellen eine
Weiterentwicklung und Verfeinerung der Ziele der Agitation und Propaganda dar, die bis
in die sechziger Jahre hinein die Haupttriebkraft der Literaturpolitik verkörperten. Aufgrund
der aber weiterbestehenden einengenden Kontrolle, die von Honeckers "Positionen des
Sozialismus" ausgeübt wurde, konnte sich ein kritischer Meinungsstreit trotz fortwährender
Propa-gierung von offizieller Seite nicht richtig entfalten. Aus diesem Grund bildete sich
eine literarische Öffentlichkeit heraus, die parallel zur inszenierten politischen Öffentlichkeit
existierte. Wie man aus plötzlichen und oftmals unerwarteten zensorischen Maßnahmen
schließen konnte, wurde diese zwar auch genaustem; beobachtet, dennoch bildete sie einen
gewissen Freiraum für kritische Äußerungen. Dies geschah nicht zuletzt auch im Interesse
der SED (Weisbrod, 1980),50 und wirkte wie eine Art Sicherheitsventil: Was einmal
geschrieben und publiziert worden war, war "Schnee von gestern" und damit harmloser als
das, was unterdrückt wurde und unvergessen weitergärte. So war Veröffentlichung auch
längst nicht immer mit Verbreitung gleichzusetzen, der Staat hatte verschiedene recht
effektive Mittel an der Hand, durch die er ein bereits gedrucktes Werk "verschwinden"
lassen konnte. Verzögertes Erscheinen, niedrige Auflagen, Mangel an Rezensionen,
Besprechungen und Lesungen, Ablehnung von Neuauflagen, mangelhafte Distribution und
auch die Ablehnung weiterer Werke des gleichen Autors zur Veröffentlichung bilden alle
wirkungsvolle Methoden, die eingesetzt werden konnten und wurden, um unliebsamen
Werken jegliche Leserresonanz vorzuenthalten.51
35

Aus der Diskussion der hier umrissenen Literaturfunktionen in den siebziger und
achtziger Jahren sind einige Punkte hervorgegangen, die für die vorliegende Arbeit von
großer Bedeutung sind. So konnte festgestellt werden, daß durch die Gesamtstruktur eines
Werkes, das künstlerische Bild, in das die Ansichten der Literaten einfließen und auch den
Helden und/oder Heldinnen der Handlung Wertvorstellungen und Realitätsauffassungen
vermittelt werden. Es sollte darum möglich sein, diese herauszuarbeiten und dem offiziellen
Realitätsverständnis des real-existierenden Sozialismus gegenüberzustellen, zumal von seiten
der SED immer wieder betont wurde, daß Literatur die Wirklichkeit widerspiegele.
Entsprechend ist der Beobachter dann auch berechtigt, die Konflikte und Problemkreise, die
sich in der Literatur abzeichnen, als gegeben zu verstehen und diese mit den Ansprüchen
der DDR-Ideologie zu vergleichen, zumal in dem hier zu untersuchenden Zeitraum von der
Literatur die Produktion von Ideologie erwartet wurde. In diesem Sinne muß dem
westdeutschen Literaturwissenschaftler Emmerich (1981) Recht gegeben werden, wenn er
die Literatur als "Seismograph gesellschaftlicher Beben" bezeichnet.52 Ähnlich argumentierte
auch der DDR-Wirtschaftshistoriker Jürgen Kuczynski (1980), in einem in Neue deutsche
Literatur veröffentlichten Brief an Hermann Kant:

Vielleicht weißt Du, daß ich oft gesagt und geschrieben habe, daß für künftige
Historiker die Lektüre unserer Gegenwartsromane viel wichtiger sein wird als
die der meisten gesellschaftswissenschaftlichen Schriften, die wir heute
herausbringen. Denn unsere Romane schildern den sich bei uns entwickelnden
Sozialismus real, mit allen seinen Widersprüchen und Ärgernissen, auf dem
großen Hintergrund einer sich entfaltenden neuen Welt, während unsere
Gesellschaftswissenschaftler zwar vom realen Sozialismus sprechen, aber in
ihren konkreten Beschreibungen der Realität so oft der Neigung zur
Schönfärberei verfallen.53

Wolf formulierte (1983), daß in jedem industrialisierten Land Literatur eine völlig
andere Sprache spreche als jegliche öffentliche Verlautbarung, so als gebe es jedes Land
zweimal:"Als gebe es jeden Bewohner zweimal: einmal als ihn selbst und als mögliches
Subjekt einer künstlerischen Darstellung; zweitens als Objekt der Statistik, der Publizistik,
der Agitation, der Werbung, der politischen Propaganda. "54 Einen ähnlichen Gedanken hatte
sie in ihrer Büchner-Preis-Rede 1980 schon einmal aufgegriffen:

Die Sprache der Literatur scheint es merkwürdigerweise zu sein, die der


Wirklichkeit des Menschen heute am nächsten kommt, die den Menschen am
besten kennt, wie immer Statistiken, Zahlenspiegel, Normierungs- und
Leistungstabellen dagegen angehen mögen. Vielleicht weil immer moralischer
Mut des Autors - der zur Selbsterkenntnis - in Literatur eingeht.55

Unter den besonderen Bedingungen der DDR kann Literatur, wie schon häufig
festgestellt wurde, gesellschaftliche Wirklichkeit benennen und beurteilen (Förtsch, 1986).56
Der oder die Schreibende will dann nicht nur etwas für sich selbst bewältigen, sondern auch
- für sich und für andere - blinde Flecken aufhellen (Wolf). Wo Presse in aller Regel
gesellschaftliche Konflikte, aber auch individuelle Wünsche, Hoffnungen, Ängste,
Erfahrungen und dergleichen mit großen Worten zudeckt, hat Literatur Öffentlichkeit
36

herzustellen und zu vertreten. Wo es keine politische Kultur des Widerspruchs gibt, müssen
sich Schriftsteller als Kritiker sozialer Probleme betätigen und das Wort für den einzelnen
ergreifen. Dieser Anspruch und die Fähigkeit der Belletristik, mit ästhetischen Mitteln der
sozialen und existenziellen Wahrheit des Individuums näherzukommen als die
Wissenschaften, gilt im besonderen Maße für die Literatur eines Staates, in dem der freie
öffentliche Diskurs räsonierender Individuen und konkurrierender Gruppen grundsätzlich
der Autorität staatlicher Institutionen untergeordnet ist (Schachtsiek-Freitag, 1986). Unter
diesen Bedingungen hat die durch ihre Fiktionalität und Polyvalenz "geschützte"
DDR-Belletristik auch die antizipatorische Funktion, eine Öffentlichkeit über jene
gesellschaftlichen Tabus herzustellen, die etwa in der Journalistik und in der Wissenschaft
eher doktrinär als kritisch abgehandelt werden.57
Die Beobachtung, daß "Literatur heute wie schon zu Zeiten Schillers schneller auf
gesellschaftliche Widersprüche reagiere, als dies andere gesellschaftliche Bereiche,
insbesondere die Philosophie, vermögen",58 hat wohl auch mit einem Perspektivenwechsel
bei Autoren in der DDR zu tun. Nicht mehr der positive, sozial aktive und aktivierende
Held, wie ihn die amtliche Kunstdoktrin und die zentrale Kulturpolitik gern sähen, ist
Gegenstand und Zweck der Literatur. Die Bewußtseinslage namhafter Schriftsteller (Wolf,
Morgner, Braun und Hacks), so heißt es in der Deutschen Zeitschrift für Philosophie
(1985), habe sich zu einer "Dominanz von Fragestellungen menschheitsgeschichtlichen
Ausmaßes", zu moralischem Suchen nach Zukunftsperspektiven des Menschen hin
verschoben.59 Förtsch schließt aus dieser Beobachtung, daß die DDR als sozialer Raum für
literarische Gestalten und Themen "zu eng" geworden sei: "Zwar lassen sich an ihr die
wichtigen Fragen und Antworten entwickeln und demonstrieren, aber zugleich sind das
Fragen, die über die DDR hinausreichen."60
Ähnlich konstatierte Helga Königsdorf auf dem X. Schriftstellerkongreß der DDR
1987:

Die Gattung Mensch ist dabei, die Grundlagen ihrer Existenz zu erschüttern.
Die Welt rückt zusammen, die Ressourcen werden knapp, die ökologischen
Schäden mehr und mehr global und unumkehrbar. Angaben über das
angehäufte Vemichtungspotential kann man zwar zur Kenntnis nehmen, aber
es entzieht sich dem Vorstellungsvermögen.(...)
Wenn es hier um Literatur geht, erhält diese Frage ihre eigene Brisanz. Von
Literatur wird in unseren Ländern sehr viel erwartet, zu viel, könnte man
sagen, aber das wäre bereits ein Zurückweichen. Ich glaube, die vornehmste
Aufgabe von Literatur heute ist, zu ermutigen. Ich denke dabei nicht an den
erschreckend weit verbreiteten irrationalen Optimismus, der aus Verdrängung
entsteht, sondern vielmehr an eine neue Kassandrafigur von Literatur. Wobei
ich auch hier das Wort "neu” betonen möchte. Nicht die Kassandra, die das
Unheil weissagt und die keinen Glauben findet, sondern eine Kassandra, die
nichts beschönigt und die trotzdem ermutigt, sich gegen das Unheil zu
wehren.61

Das schier Unmögliche dieses Anspruchs sei ihr bewußt, aber vielleicht verhelfe
gerade die Tatsache, daß der Literat dem Leser nichts voraushabe, zur Glaubwürdigkeit.
Als Schriftsteller fühle man sich ebenso ausgeliefert und machtlos wie er, brauche man,
37

genau wie er, Trost. Man werde genauso beargwöhnt, Stabilität zu gefährden. Auch da, wo
Stabilität nicht mehr angebracht sei. Man bleibe, wie er, Erziehungsobjekt, werde also nie
ganz erwachsen. Informationen erhalte man dosiert, eine Meinung frei Haus. "Das ist auch
irgendwie bequem. Es war bequem. Man hatte sich schon eingerichtet."
Aber in solchen Zeiten wie den unsrigen kommt, so fährt Königsdorf fort, kommt
unweigerlich der Moment, in dem man "Ich” sagen muß. Dann kann es geschehen, man
stellt fest, man hat es nie gelernt und es gebricht einem an Mut. Es ist immer verlockend,
auf eine eigene Identität zu verzichten und in eine kollektive einzutauchen. "Aber was ist
eine kollektive Identität ohne eine Identität, die Tch’ einbringt?" Unsere Welt, so schließt
sie, braucht "Ich" "bei Strafe des Untergangs", gerade das mache das Leben heute, trotz
der unbeschreiblichen Gefährdung andererseits, "atemberaubend interessant".

Schreiben heißt für mich nicht: besser wissen, nicht: belehren. Wenn sich
Aufklärerisches nicht vermeiden läßt, hat das außerliteraische Gründe.
Schreiben heißt für mich, um ästhetische Formen ringen, die heutiges
Weltbewußtsein mitteilbar machen. Das ist in höchster Weise nicht trivial.
Und nicht zuletzt heißt Schreiben für mich auch, gemeinsam mit dem Leser
"Ich" zu sagen. Und "Ich" sogleich wieder in Frage zu stellen. Es erneut, auf
neue Weise also, mit kollektiver Identität zu konfrontieren und diese
gegebenenfalls auch verändern. Das ist ein unbequemer Vorgang, und in
diesem Sinn soll und muß meiner Meinung nach Literatur unbequem sein,
muß unbequeme Literatur unter die Leute, auch in unbequemen Zeiten. Dann
erst recht.10

Fachleute verschiedenster Bereiche sehen in der DDR-Gegenwartsliteratur eine


Möglichkeit, einen realistischen und unverfärbten Einblick in die Alltagsrealität dieses
Landes zu gewinnen. Auf diese Auffassung baut die vorliegende Arbeit auf. Die Aussagen
der hier herangezogenen Schriftstellerinnen und ihrer Literatur sollen mit offiziellen
Verlautbarungen verglichen werden. Um der Gefahr der Schwarz- / Weißmalerei
vorzubeugen, sollen jedoch auch die vom DFD herausgegebene Frauenzeitschrift Für Dich
herangezogen werden, ebenso wie soziologische und gesellschaftswissenschaftliche Studien,
mittels derer Daten und Fakten in die Diskussion eingebracht werden können.
Emanzipation, das Hauptthema vieler weiblicher Autoren in der DDR steht hier im
Vordergrund der Debatte. Eine genauere Untersuchung der Literatinnen, die in der
Honecker-Periode verstärkt zur Feder griffen, erscheint darum als erster wichtiger Schritt.
Wer sind diese Autorinnen? Was veranlaßt sie zum Schreiben? Wie sehen sie ihre eigene
Rolle? Sind sie an der ihnen zugeordneten pädagogischen Funktion interessiert? Verstehen
sie sich als Teil des Sozialisations- und Integrationssystems? Wollen sie "überschüssiges
Bewußtsein" (Bahro) auffangen? Verfolgen sie mit ihren Schriften irgendwelche Ziele und
wenn ja - welche? Letztendlich stellt sich auch die Frage nach der Existenz einer weiblichen
Ästhetik. Schreiben Frauen anders als Männer?
38

Fußnoten

1 Vgl. Scharfschwerdt, Jürgen: Literatur und Literaturwissenschaft in der DDR. Stuttgart: Kohlhammer
1982. Seite 139. Und Hartinger, Walfried: Die Fragen und Antworten unserer Literatur. Resultate und
Probleme ihrer wissenschaftlichen Erforschung.-ln: Diersch, Manfred / Hartinger, Walfried (Hrsg.):
Literatur und Geschichtsbewußtsein. Entwicklungstendenzen der DDR-Literatur in den sechziger und
siebziger Jahren. Berlin (DDR) und Weimar: Aufbau Verlag 1976. Seite 5-50. Siehe auch
Autorenkollektiv: Literatur der DDR. Leitung: Jürgen Geerdts. Berlin (DDR): Volk und Wissen 1976.
Vgl. Seite 29, 187, 493, 780. Schlenstedt, Dieter: Wirkungsästhetische Analysen Die neuere
DDR-Literatur und ihre Leser. Herausgegeben von der Akademie der Wissenschaften, Zentralinstitut für
Literaturgeschichte. Berlin (DDR): Akademie Verlag 1979.
2 Siehe hierzu die Ausführungen zum Konzept ”Frauenliteratur'’ in Kapitel 1.2.
3 Zitiert nach Ludz, Peter Christian (Wiss. Leitung): DDR-Handbuch. Herausgegeben vom
Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 2 Auflage
1979. Seite 631.
4 Honecker, Erich: "Hauptaufgabe umfaßt auch weitere Erhöhung des kulturellen Niveaus". Schlußwort
auf der 4. Tagung des ZK der SED, Dezember 1971. Zitiert nach Rüß, Gisela: Dokumente zur Kunst-.
Literatur und Kulturpolitik der SED 1971-1974. Stuttgart: Seewald Verlag 1976. Seite 287f Hier Seite
287.
5 Emmerich, Wolfgang: "Jenseits der Tabus?"-In: Blumensath, Hans (Hrsg.): Einführung in Hip
DDR-Literatur der 70er Jahre. Ergebnisse einer Lehrerfortbildungsveranstaltung. Pädagogisches Zentrum
Berlin, Abteilung V (Oberstufe). Berlin (West): 1981. Seite 6-35. Hier Seite 9.
6 Becker, Jurek: "Ich glaube, ich war ein guter Genosse". Schriftsteller Jurek Becker über die
Nach-Biermann-Ära in der DDR. Der Spiegel. 1977, 31. Jg., Nr. 30, Seite 128-133. Hier Seite 131.
7 ebenda, Seite 129.
8 Kirsch, Sarah: Diskussion mit Lesern im Rahmen einer Lesung. 1982 in Oldenburg (BRD).
9 Vgl. hierzu Kapitel 1.2.1
10 Brettschneider, Werner: Zwischen literarischer Autonomie und Staatsdienst. Die Literatur in der DDR
Berlin (West): Erich Schmidt Verlag 1972. Seite 263f.
11 Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte der DDR. Sammlung Luchterhand. Darmstadt und
Neuwied: Luchterhand Verlag 1981. Seite 141.
12 Küche, Dieter / Lenzer, Rosemarie: Die Funktion der Uteratur in der sozialistischen Gesellschaft
Einheit. 1974, 29. Jg., Nr. 8, Seite 966-975. Hier Seite 966.
13 Vgl. hierzu z.B.: Entschließung der Ersten Zentralen Kulturtagung der SED, 5.-8. Mai 1948.-In:
Schubbe, Elimar (Hrsg.): Dokumente zur Kunst-, Literatur- und Kulturpolitik der SED 1946-1970.
Stuttgart: Seewald Verlag 1972. Seite 91. Abusch, Alexander: Die Diskussion in der Sowjetliteratur und
bei uns. Einige Bemerkungen anläßlich des Schriftstellerkongresses (4,Juli 1950) -In- ebenda Seite
144-148. Hier Seite 145. Ulbricht, Walter: Der XXII. Parteitag der KPdSU und die Aufgaben derDDR.
Rede auf dem 14. Plenum des ZK der SED, 23.-26. November 1961 .In. ebenda, Seite 742-745, Besonders
Seite 742. Wagner, Siegfried: Auf dem Bitterfelder Weg weiter voran. Der VI.Parteitag der SED
Probleme der sozialistischen Kunst und Literatur. Einheit. 1965, 18. Jg., Nr. 2, Seite 68-81. Besonders
Seite 80f. Historisch-inhaltliche Konzeption der Geschichte der deutschen Literatur von der Aufklärung
bis zur Gegenwart. Weimarer Beiträge, 1971, 17. Jg., Nr. 2, Seite 54-86. Besonders Seite 80f.
14 Sommer, Dieter u.a.: Funktion und Wirkung. Berlin und Weimar: 1978. Seite 11, 45, 46 50
15 Wörterbuch zum sozialistischen Staat. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1974. Seite 170.
16 ebenda, Seite 170f. Vgl. hierzu Scharfschwerdt, Jürgen: .Literatur und Literaturwissenschaft Stmtnor,
1982. Kapitel 3. - 6 '
17 So waren die erzieherischen Potentiale von Literatur auch Diskussionsthema einer im Oktober 1979
abgehaltenen Konferenz mit dem Titel "Literaturunterricht und kommunistische Erziehung der
Schuljugend . Lehrer, Literaturwissenschaftler und Mitarbeiter der literaturvermittelnden Einrichtungen
berieten über Möglichkeiten zur optimalen Nutzung des erzieherischen Potentais der Literatur zur
ästhetischen Emehung der Jugend. Hauptsprecher Koch erklärte, daß die Erz.ehungsideale der Schulen
in d.er ^DR bls'n dlef etnzelnc Unterrichtsstunde hinein aus den objektiv begründeten Erfordernissen und
Zielen der gesellschaftlichen Vorwärtsbewegung abzuleiten seien. So verstanden sie ästhetische Erziehung
weit mehr als eine unentbehrliche spezielle Seite sozialistischer Persönlichkeitsbildung. Sie besitze den
Rang einer ihrer tragenden Grundlagen, ausgezeichnet durch eine ebenso spezifisch wirksame wie
39

umfassende weltanschauliche Bedeutung. "Die erzieherischen Potentiale von Literatur". Umschau. Neue
deutsche Literatur. 1980, 28. Jg., Nr. 8, Seite 168-170.
18 Autorenkollektiv: Zur Theorie. .. Berlin (DDR): 1974. Seite 387.
19 Bahro, Rudolf: Die Alternative. Zur Kritik des real-existierenden Sozialismus. Köln: Europäische
Verlagsgesellschaft 1977. Ders.: Ich werde meinen Weg fortsetzen. Köln: Europäische
Verlagsgesellschaft 1979.
20 Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1978. Seite 428f.
21 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In: Dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Sammlung
Luchterhand. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1985. Seite 43. Vgl. hierzu auch besonders
Kapitel 4 und 6 dieser Arbeit, lrmtraud Morgner macht z.B auf die nahezu unüberwindbaren
Schwierigkeiten aufmerksam, denen ein Mann beim Schreiben von "Frauenliteratur" gegenübersteht.
Gleichzeitig gibt sie zu, daß es ihr ebenso unmöglich ist, die innersten Gefühle eines Mannes zu
beschreiben. Morgner, lrmtraud: Die Hexe im Landhaus. Gespräch in Solothurn. Zürich und Villingen:
Rauhreif Verlag 2.Auflage 1986. Seite 85f. Vgl auch Dies.: Amanda. Ein Hexenroman. Sammlung
Luchterhand. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1984. Seite 271.
22 Kaufmann, Hans: Gespräch mit Christa Wolf. Weimarer Beiträge, 1974, 20. Jg., Nr. 6., Seite 96f.
23 ebenda, Seite 97
24 Wander, Maxie: Vorbemerkung.-In: Dies.: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadtund Neuwied: 1983.
Seite 7f. Hier Seite 8.
25 Berger, Christel: Recht auf Individualität - Pflicht zur Individualität. Gestaltungsweise, Heldenwahl und
Funktionsauffassung bei Maxie Wander.-In: Dies: Der Autor und sein Held. Berlin (DDR). Dietz Verlag
1983. Seite 145-150. Hier Seite 147f.
26 ebenda, Seite 146 und 148
27 ebenda, Seite 147
28 ebenda, Seite 148
29 Wander, Maxie: "leben war’ eine prima Alternative". Tagebuchaufzeichnungen und Briefe.
Herausgegeben von Fred Wander. Sammlung Luchterhand. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag
22. Auflage 1986. Seite 210f.
30 Berger, Christel: Recht auf Individualität....-In: Dies.: Der Autor und sein Held. Berlin (DDR): 1983.
Seite 149.
31 ebenda
32 Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 104.
33 Sommer, Dieter u.a.: Funktion und Wirkung. Berlin und Weimar: 1978. Seite 4L
34 Vgl. hierzu z.B. die Werke Morgners, die Geschlechtertauschgeschichten Wolfs und Kirschs und auch
den Roman von Elke Willkomm: Hexensommer. Roman. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1984.
Seite 225 Eine umfangreiche Sammlung ähnlicher Schriften einer ganzen Anzahl verschiedener
Autorinnen wird in die Diskussionendes DDR-Alltags aus weiblicher Sicht in Teü II und die Analyse von
Partnerbeziehungen in Teil III eingebracht.
35 Vgl. hierzu Teil I dieser Arbeit .
36 Morgner, lrmtraud: Ieben und Abenteuer der Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura.
Roman in dreizehn Büchern nd sieben Intermezzos. Berlin und Weimar: 8. Auflage 1987. Seite 149.
Weisbrod, Peter: literarischer Wandelm der DDR. Untersuchungen zur Entwicklung der Erzählliteratur
37
in den siebziger Jahren. Heidelberg: Julius Groos Verlag 1980. Seite 241.
38 ebenda, Seite 243 . _
Ludz, Peter Christian: Widerspruchstheorie und entwickelte sozialistische Gesellschaft. Deutschland
39
Archiv. 1973, 6. Jg., Nr. 5, Seite 506-518.
40 ebenda, Seite 507
41 Vgl hierzu die Ausführungen am Anfang dieses Kapitels
Wander, Maxie: "Unten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 7^ Entsprechend lehnt
42
auch Sommer ( 1978) Blochs Theorie, nach der jede Ideologie die Funktion hat, die bestehende schlechte
Wirklichkeit zu versöhnen und also zu verschönen, strikt ab. Er fordert die Bearbeitung der sozialistischen
Gegenwart mit ihren Widersprüchen - oder zumindest einigen akzeptablen (d.h. wahrscheinlich solchen,
deren Lösung entweder möglich oder deren Unlösbarkeit erklärbar sind). Sommer, Dieter u.a.: Funktion
und Wirkung. Berlin und Weimar: 1978. Seite 4L
43 Berger, Christel: Der Autor und sein Hejd. Berlin (DDR): 1983. Seite 47.
Berger, Christel: "Wer oder was ist ein Held?" Neue deutsche Literatur, 1983, 31. Jg., Nr. 1, Seite
44
40

111-124. Hier Seite 111.


45 Dies.: Der Autor und sein Held. Berlin (DDR): 1983. Seite 9.
46 ebenda, Seite 17f.
47 ebenda, Seite 19
48 ebenda, Seite 20
49 Braun, Volker: 'Die unvollendete Geschichte’. Sinn und Form. 1975, 27. Jg., Nr. 5, Seite 941-973.
Eckart, Gabriele: Zwei Tonbandprotokolle aus dem Havelobst. Sinn und Form 1984 36 Io Nr 7
Seite 290-313. ’
50 Weisbrod, Peter: Literarischer Wandel.... Heidelberg: 1980. Seite 241 ff.
51 Vgl. hierzu Loest, Erich: Der vierte Zensor. Vom Entstehen und Sterben eines Romans in der DDR.
Edition Deutschland Archiv. Köln: Verlag Wissenschaft und Politik 1984. Siehe auch die Ausführungen
zur Veröffentlichung von Edith Andersons Anthologie Blitz aus heiterm Himmel. (Rostock: 1975) in Teil

52 Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte..,. Darmstadt und Neuwied: 1981. Seite 146.
53 Kuczynski, Jürgen: Brief an Hermann Kant. Neue deutsche Literatur. 1980 28 Je Nr 10 Seite
156-165. Hier Seite 158. 6’
54 Wolf, Christa: Voraussetzuneen einer Erzählune: Kassandra. Frankfurter Poetikvorlesungen. Sammlung
Luchterhand. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 8.Auflage 1984. Seite 114.
55 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 319-332
Hier Seite 330.
56 Förtsch, Eckart: Fragen "menschheitsgeschichtlichen Ausmaßes" - Wissenschaft, Technik, Umwelt.-In:
Helwig, Gisela: (Hrsg.): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel.... Köln: 1986. Seite 85-112. Hier Seite 86.
57 Schachtsiek-Freitag, Norbert: "Ich werde unbequem sein müssen". Lehrerporträts in neuerer
DDR-Prosa.-In: Helwig, Gisela (Hrsg.): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel. Köln: 1986. Seite 113-125
Hier Seite 113.
58 Reinhard Opitz in einem Referat zum Thema "Widerspruchsdialektik und Gegenwartsliteratur" Zitiert
nach einem Konferenzbericht von Buhtz, Rainer: Dialektischer Widerspruch und literarischer Konflikt als
Gegenstand gesellschaftstheoretischer und literaturwissenschaftlicher Analyse. Deutsche Zeitschrift für
Philosophie, 1985, 33. Jg., Nr. 9, Seite 840-843. Hier Seite 840.
59 ebenda, Seite 840f.
60 Förtsch, Eckart: Fragen "menschheitsgeschichtlichen Ausmaßes”.-In: Helwig, Gisela (Hrsg.): Die
DDR-Gesellschaft im Spiegel.... Köln: 1986. Seite 87.
61 Königsdorf, Helga: Aus der Diskussion. Sonntag. 1987, 4L Jg., Nr. 49. Seite 3
62 ebenda
TEIL I ZIELE UND SELBSTVERSTANDNIS DER
DDR-SCHRIFTSTELLERINNEN

1.2 Frauenliteratur in der DDR

Nachdem im letzten Kapitel die theoretischen Hintergründe der Funktionen der DDR-
Literatur analysiert worden sind, soll sich dieser Teil der Arbeit nun mit den Autorinnen
und ihren Schriften befassen. An dieser Stelle muß somit auch eine genauere Eingrenzung
des bisher noch recht offenen Themenfeldes vorgenommen werden.
Zunächst ergibt sich die Frage der Definition der hier untersuchten Literatur.
"Literatur der Frauen" - das besagt zunächst nicht mehr als: von Frauen verfaßt. Es
bedeutet sodann aber auch: Frauen betreffend, sie als ihre Sache angehend. Soweit dies
inhaltlich, thematisch gemeint ist, hat sich, nicht erst in den letzten Jahren, die knappe
Form "Frauenliteratur" durchgesetzt. Auf diese Weise ergibt sich eine recht klare
Unterscheidung von anderen Werken des gleichen Zeitraums, d.h. einerseits von den von
Männern geschriebenen, und andererseits auch von den von Frauen mit anderen Intentionen
verfaßten Schriften. Gerti Tetzner bringt ihren Zuspruch für diese Argumentation in einem
Interview mit Christel Hildebrandt (1984)1 zum Ausdruck, wenn sie anmerkt, daß für sie
nicht der geringste Zweifel daran bestünde, daß es in der DDR eine spezielle Literatur von
Frauen gebe und daß diese notwendig sei. Tetzners Überlegungen gehen aber noch weiter:
Für sie sind es nicht die biologischen, sondern die sozialen Unterschiede, die verschiedenen
Schreibweisen, andere Themenschwerpunkte und eine unterschiedliche Art der
Darstellungen bedingen.2 Diese Gedankenfolge wirft für die vorliegende Arbeit zwei Fragen
auf, die in diesem Teil untersucht werden sollen: Verfolgt die Frauenliteratur einen Zweck
und, wenn ja, welchen? Und: Schreiben Frauen anders als ihre männlichen Kollegen und
worin unterscheiden sich ihre Werke?

Frauenliteratur war in der DDR bis in die siebziger Jahre hinein ein
disqualifizierender Begriff. Im Verhältnis zur menschlichen wurde eine solche weibliche
Perspektive als beschränkt angesehen. Mitte der fünfziger Jahre wird der Frauenroman
in Neue deutsche Literatur von Ruth Römer als ein "mit Modergeruch umgebenes Gespenst"
bezeichnet.3 Diese "meist verkrüppelten Kinder der Muse”4 sollten im Jungen Deutschland
bis ins 20 Jahrhundert hinein dazu dienen, die der Frau entgegenstehenden
Erziehungsschranken, die Grenzpfähle ihres Wirkungsbereichs, "die Bretter von den Köpfen
der Männer" zu beseitigen.5 Die Emanzipation der Frau von gesellschaftlichen Vorurteilen,
von aufgezwungener, jahrtausendelang konservierter Unfreiheit hätte so begonnen. Da die
meisten Autorinnen sich mehr der Agitation als der Kunst verschrieben hätten, seien unter
ihren Produkten "minderwertige, hysterische, geschmacklose und heute lächerlich
erscheinende Machwerke" zu verzeichnen.6 Trotz ihrer qualitativen Mängel gesteht Römer
diesen Werken allerdings zu, daß sie eine große Sache vorangetrieben und an der
"Aufhebung der umfassendsten Sklaverei der Weltgeschichte" mitgewirkt hätten. Als
Frauenroman habe anfangs ein von einer Frau geschriebener Roman gegolten, da die
Romanschreiberinnen des vorigen Jahrhunderts aber begreiflicherweise meist
Frauenschicksale und Familienverhältnisse behandelten, übertrug sich der Begriff auf
Romane, deren Hauptperson eine Frau ist. Später begann man, den Frauenroman als etwas
42

zu bezeichnen und zu empfinden, was für Frauen geschrieben worden sei. In dieser
Verwaschenheit werde der Begriff heute gebraucht, allerdings würden meist die zwei
jüngsten Zutaten der Mischung betont: Roman, geschrieben über eine Frau oder für die
Frauen.
Die dritte Bezeichnung sei, so Römer, die gefährlichste, es gälte, sie auzumerzen.
Sie warnt vor den immer wieder auftauchenden Bemühungen, den Begriff beizubehalten und
die Sache selbst zu fördern. In ihrer Argumentation wendet sie sich vornehmlich gegen die
(leider ungenannte) Autorin eines Artikels im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel
(1953),8 die neue Frauenromane verlangt und "scharf gegen jeden (polemisiert), der eine
Geschlechtertrennung in der Kunstaufnahme nicht anerkennen will”. Den Tod des
bürgerlichen Frauenromans bescheinige sie, aber sie erhoffe auch die "Auferstehung des
Frauenromans in sozialistischem Gewände”. Römer wendet sich gegen die Aussage der
Autorin, daß der für die Frau geschriebene Roman zu allen Zeiten seine
Existenzberechtigung habe, denn das Leben werde immer Aufgaben an die Menschen
stellen, die die Frau anders erfüllten als den Mann - "denn die Gleichberechtigung der Frau
bedeutet nicht Gleichmachung von Mann und Frau". Römer lehnt diese Auffassung mit der
Feststellung ab, daß es ja auch keine Männerromane gebe und andere Kunstrichtungen sich
auch nicht getrennt an die Geschlechter richteten. Man wende nicht ein, die Frau bedürfe
in der DDR-Gesellschaft besonderer Aufklärung und Erziehung, denn der Mann bedürfe
dieser nicht minder. Ebenso dürfe nicht argumentiert werden, daß es den Frauenroman
geben müsse wie z.B. das Kinder- und das Jugendbuch. Damit würden die Frauen als eine
besondere Gruppe unter Unmündigen angesehen. Auch gebe es in Kunstdingen keinen
Geschmacksunterschied zwischen Männern und Frauen. Wenn es noch einen gebe, so sei
er anerzogen, "ein trauriges Erbteil". "Heute soll die werktätige Frau sich im’Buche
wiederfinden, soll "ihr Kampf um die reale Gleichberechtigung im Buch gestaltet sein".
Römers Ablehnung einer spezifischen Literatur von und für Frauen findet ihre
Parallele in der offiziellen Frauenpolitik der DDR dieses Zeitraums, die unter
Gleichberechtigung mithin eine einfache Gleichstellung von Mann und Frau im
ökonomischen Bereich versteht. Abgesehen von den biologischen Unterschieden konzentriert
man sich hier auf eine "Gleichmacherei" zwischen den Geschlechtern. Erst in den siebziger
Jahren wird entdeckt, daß der andere Blickwinkel zum Vorteil gereichen kann. Frauen
bekennen sich nun dazu, daß sie die Welt anders erfahren und andere Wünsche, Träume
und Ansprüche haben: Es beginnt die Suche nach der Identität der Frau 9 Nicht ohne Stolz
formuliert Ursula Heukenkamp (1985): "Das Thema der Frauenliteratur ist die Frau in der
sozialistischen Gesellschaft".10 Ohne den Sozialismus, so Heukenkamp, wäre diese Literatur
undenkbar, denn das einmalige Selbstbewußtsein, das dort zum Ausdruck käme, spiegele
natürlich die reale soziale Lage, die weit vorangeschrittene Emanzipation. Ohne die
Umwälzung der traditionellen Rollenbeziehungen wäre jenes Heraustreten aus der
traditionellen Sichtweise, das die Frauenliteratur aufweise, unmöglich. Erst die
Chancengleichheit in Bildung und Ausbildung, die Bewährungsmöglichkeit in diversen
Berufen und die Mitwirkung im politischen Leben hätten jene Selbsteinschätzung
ervorgebracht, die dann die Unzufriedenheit am schon Erreichten auslösen konnte. Ähnlich
argumentiert auch Christa Wolf (1979) wenn sie anmerkt, daß das, was schon erledigt sei
wie z.B. die Gleichberechtigung im ökonomischen Bereich, als Anspruch nicht wieder neu
formuliert werden wurde: "Aber die Maßlosigkeit der Ansprüche bleibt und bezieht sich auf
neue, wichtigere - die eigentlich wichtigen - Gebiete, die man allerdings erst formulieren
43

kann, wenn das andere geschehen ist."11 Mit dieser Erklärung tritt sie auch nachdrücklich
jenen Kritikern entgegen, die in der Frauenliteratur der siebziger und achtziger Jahre die
Berufstätigkeit als "lediglich eine Verdoppelung der Pflichten und Anforderungen"
dargestellt sehen, anstatt als eine Chance die eigenen Kräfte zu entwickeln und als
Voraussetzung wirklicher Emanzipation überhaupt.12
Die von Römer 1956 mit Vehemenz zurückgewiesene "Auferstehung des
Frauenromans im sozialistischen Gewand" hat also dennoch stattgefunden. Einer der Punkte,
gegen die sie sich richtete, wird allerdings auch nach den Beschlüssen des Bitterfelder
Weges und bis heute aufrecht erhalten: Eine speziell an Frauen adressierte Literatur soll es
im DDR-Sozialismus nicht geben. 1966 stellt Ingeborg Kunze, Wissenschaftliche
Mitarbeiterin am Institut für Ästhetik und Kulturtheorie fest, daß unter Anerkennung der
erzieherischen Funktion der Kunst und Bejahung der gleichen Bildung und Erziehung für
beide Geschlechter, eine "Sonderliteratur" für Frauen, d.h. eine im Hinblick auf den
Konsumenten geschaffene Literatur prinzipiell abzulehnen sei.13 Im Gegensatz zu Römer
räumt Kunze allerdings gleichfalls ein, daß ein Zusammenhang existiere, dank dessen
sowohl Kunstproduzenten als auch -konsumenten durch ihre Geschlechtszugehörigkeit
Einfluß auf den Charakter der künstlerischen Gestalten nehmen könnten. "So drängt es
jeden Künstler, seine Problematik, seine unmittelbaren Erlebnisse, seine Erfahrungen
mitzuteilen. Er kann dabei im Schaffensprozeß bis zur äußerlichen Ähnlichkeit seiner
Figuren mit sich selbst gelangen. ” In der schönen Literatur, so Kunze weiter, sei Objektives
mit der künstlerischen Subjektivität und Emotionalität dialektisch verbunden und in die
Sphäre des gesellschaftlich Allgemeinen erhoben. Deshalb sei es möglich, daß Leserinnen
in den Lebensumständen und Verhaltensweisen einer Heldin eine engere Verwandschaft mit
ihrem eigenen Wesen entdeckten, vielseitigere Assoziationen bildeten und leichter bestimmte
Entscheidungen für eigenes gesellschaftlich-praktisches Verhalten in ähnlichen Situationen
treffen könnten.
Sozialistische Frauenbrigaden und DFD-Gruppen nutzten diesen Umstand bei
literarischen Veranstaltungen häufig, indem sie Werkausschnitte wählten, in denen Frauen
Hauptträger der Handlung seien. Kunze wendet sich gegen diese Praktiken, "weil die
Unmittelbarkeit der Wirkung in solchen Fällen nicht als Prozeß aufgefaßt wird, sondern
weil die Wunschvorstellung von einer Art 'ideologischem Schock’, von einer temporär
unmittelbaren Wirkung besteht".14 Gleichzeitig sieht sie aber gerade hier auch "die großen
Möglichkeiten und Verpflichtungen aller Schriftsteller", die sozialistische Literatur durch
bedeutende Frauengestalten zu bereichern. Von einer unterschiedlichen, durch verschiedene
Erlebnissphären der beiden Geschlechter bedingten Widerspiegelung in der Literatur könne
also nur in bezug auf diese spezifische ästhetische Wirksamkeit gesprochen werden. Tiefe
gesellschaftliche Konflikte provozierten immer den ganzen Menschen zum Kampf, sie
erfaßten die Totalität seiner gesellschaftlich-politischen, privaten und intimen Beziehungen.
Eine "bloße Frauenliteratur” verliere diese Totalität, da sie notwendig abseits vom Fluß der
großen Ereignisse verliefe, und somit an gesellschaftlicher Bedeutung verliere. Und Kunze
schließt:

Doch noch nie in der menschlichen Geschichte ist das Schicksal aller Frauen
so eng mit dem Kampf einer Klasse verbunden gewesen wie heute, da Frau
und Arbeiterklasse in ihrer historischen Zielstellung völlig übereinstimmen.
Ein "Sonderdasein" der Frau in der Gesellschaft ist deshalb gegenwärtig erst
44

recht undenkbar. (...) Eine "Sonderliteratur'' die die Frau aus ihrer
organischen Verbindung mit dem gesellschaftlichen Leben in der
künstlerischen Widerspiegelung herauslöst, zeugt von einer ahistorischen
Auffassung der Wirklichkeit.
Die Aufgabe unserer sozialistischen Gegenwartsliteratur in dieser Beziehung
muß und kann nur darin bestehen, die vielseitigen neuen Beziehungen,
Probleme und Konflikte, die mit der gleichberechtigten Teilnahme der Frau
am umfassenden Aufbau des Sozialismus verbunden sind, als Bestandteile des
gesellschaftlichen Gesamtprozesses zu sehen, sie aufzugreifen und gleichzeitig
die Richtung zu zeigen, in der sich die Frau dem Ideal, dem sozialistischen
Menschenbild nähert.15

Die von DDR-Schriftstellerinnen verfaßte Literatur der siebziger und achtziger Jahre
wird den von Kunze gestellten Ansprüchen durchaus gerecht. Sie greifen
Emanzipationsprobleme und -konflikte auf, und beschäftigen sich mit den sich im Umbruch
befindlichen Geschlechterbeziehungen. Ihnen geht es nicht darum, eine von der
Arbeiterklasse abgetrennte Frauenbewegung ins Leben zu rufen, die sich, wie in westlichen
Ländern üblich, durch ihre eigenen Unternehmungen und auch Literatur auszeichnet. Keine
der Autorinnen behauptet von sich, nur für Leserinnen zu schreiben, viele erhoffen sich
auch ein männliches Publikum. Für die meisten von ihnen gilt, was Hoyer (1982) in einer
Rezension formuliert:"... ein solches Buch (...) sollte von Männern gelesen werden, damit
sie Frauen besser begreifen.'"6 Die Ziele einer großen Anzahl von Schriftstellerinnen sind
noch umfassender, sie werden von Irmtraud Morgner pointiert zum Ausdruck gebracht.
Morgner schafft in ihren Werken Gegenbilder und Modelle zur Realität, nicht um über die
Gegenwart den Stab zu brechen, sondern um sie weiterzubringen, um sie vollkommener,
besser zu machen. Besser heißt: eine Gesellschaft zu schaffen, in der alle Menschen, nicht
nur die Männer, ihre schöpferischen Kräfte entfalten können, eine Gesellschaft, "die es dem
Menschen erlaubt, sowohl seine Talente zu entwickeln, als auch seine’ Schwächen
auszuleben", eine Gesellschaft also, in der Frauen auch stark und Männer auch mal schwach
sein dürfen und in der die Hierarchien und somit die Kämpfe und Kriege mit der Zeit
verschwinden. Über ihren Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz... (1974)
äußert Morgner:

Diese Art von Revolution der Sitten ist etwas ganz Langandauerndes: ein
schöpferischer Prozeß der ganzen Gesellschaft. Insofern ist mein Buch
überhaupt kein Buch für Frauen, sondern es ist ein Buch, daß ein
Menschheitsproblem anfaßt.16

Die DDR-Frauenliteratur scheint sich heute vielmehr durch Thematik und Gehalt als
durch Geschlecht des Erstellers und des Rezipienten auszuzeichnen. Daß es sich bei diesen
Werken längst nicht nur um Frauenproblematik handelt, d.h. nicht um Frauenromane im
althergebrachten Sinn, wurde auch von der Berichterstatterin einer Wissenschaftlichen
Studentenkonferenz an der Karl-Marx-Universität (1977) festgehalten. Autorinnen wie
Morgner, Tetzner, Wolf und Reimann berichteten von Emanzipationsschwierigkeiten und
-erfolgen, von der Sehnsucht nach einer erfüllten individuellen Existenz: "Im Nachdenken
der Autorinnen über ihre Geschlechterproblematik werden Fragen des menschlichen
45

Zusammenlebens in der gegenwärtigen Phase unserer Entwicklung deutlich".18 Den


Ausführungen Hermann Kählers in einer Rezension zu Irmtraud Morgners Amanda (1984)
ist zu entnehmen, daß die Begriffe "Frauenliteratur" und auch "Frauenroman" in der
Literaturszene der DDR in den siebziger Jahren eine neue und grundsätzlich positive
Umwertung bezüglich ihres Gehaltes und der in ihnen demonstrierten literarischen Fähigkeit
erfahren haben. Kähler schreibt:

Er ist ein Frauenroman, wenn wir diesen Terminus nicht in seiner flachen
Begrifflichkeit verwenden, sondern etwas mit dem Senkblei ausloten,
inwieweit er dem Anwachsen der von Frauen geschriebenen Prosa in der
DDR-Literatur seit den siebziger Jahren gerecht wird, der Prosa von Seghers,
Zinner, Brüning, Wolf, Morgner, Wander, Tetzner, Königsdorf,
Morgenstern, Schubert u.a. Er spricht von Unterschieden der Geschlechter
und von besonderen Fähigkeiten, die von den Frauen, jahrhundertelang
beschränkt auf die häusliche Sphäre, bewahrt wurden, die aber ebenso den
Männern gut täten. Und er ist ein Roman, der sich unmißverständlich
polemisch gegen eine feministische Verschiebung der allgemeinen
menschlichen sozialen und politischen Probleme wendet, ein antifeministischer
Roman.19

Frauenliteratur befaßt sich also mit einer bestimmten Thematik, namentlich mit der
Geschlechterproblematik und allen damit verbundenen Bereichen. Eine Aussage des
Präsidenten des Schriftstellerverbandes mag hier weiteren Aufschluß über Stellung und
Würdigung der Autorinnen im literarischen Bereich geben. Schriftstellerinnen, so Hermann
Kant (1981), unterschieden sich schon rein äußerlich von ihrem männlichen Gegenstück.
Setze man ein Halbdutzend Autoren in ein beliebiges Gartenlokal, so habe man eine
beliebige Männergruppe in einem Gartenlokal. - Bei Schriftstellerinnen sei dies anders.
"Schriftstellerinnen sind auffällig schön oder schön auffällig."20 Neben den bekannten
Unterschieden gebe es jedoch auch weniger augenfällige: Die Schriftstellerinnen in der DDR
unterschieden sich als Gruppe durch eine "energischere, kritischere, unduldsamere Literatur.
Das hat wahrscheinlich mit jener Gleichberechtigung zu ton, von der unsere Autorinnen
wissen, daß sie machbar, aber noch längst nicht gemacht ist."
Mehrere DDR-Autorinnen haben in Interviews zu verstehen gegeben, daß das
Schreiben für sie einen Emanzipationsvorgang darstellt.21 Es geht also nicht nur darum, sich
über Gleichberechtigung und damit verbundene Themen zu äußern, die Literatinnen
verfolgen auch eigennützigere Ziele, die dann aber durch ihre Schriften auf andere Frauen
und damit in die Gesellschaft rückwirken. Frauenliterator im hier diskutierten Sinn
beschäftigt sich mit der "Frauenfrage", mit der Erkenntnis des frauenspezifischen Schicksals
der Hemmung und Benachteiligung und der Notwendigkeit, sich zur Wehr zu setzen, sich
nicht mehr anzupassen, sich selbst zu verwirklichen und die eigene Identität zu erkunden.
Stephan (1980) beobachtet in seinen Ausführungen zum Werk Christa Wolfs ganz richtig
daß sie keine "Frauenschriftstellerin" im Sinne der militanteren (westlichen)
"Frauenbeweglerinnen" vorstelle.22 Eine neue Körperlichkeit und Sexualität sei ihre Sache
ebensowenig wie der Wunsch, "die Welt möge am weiblichen Wesen genesen . Sie bleibt
nicht bei der "ungeheuer schlichten Zweiteilung der Welt in die Prinzipien mamüich und
’weiblich’" stehen, kommentiert auch Emmerich (1978).24 Wolf - und ihre Ansichten treffen
46

auf eine große Anzahl ihrer Mitstreiterinnen ebenso zu - verwechselt Emanzipation nie mit
der Angleichung an die Männerwelt oder mit einem Abstieg in ein
"ahistorisch-organizistisches Frauenbild".25 Den gesellschaftlichen Verhältnissen der DDR
entsprechend, sind zumindest ihre frühen Frauenfiguren problemlos in den
Produktionsprozeß eingegliedert. Und ohne umständliche Rechtfertigung zieht sie als
Lebensverband die Kleinfamilie der Alternativen Kommune und gleichgeschlechtlichen
Gemeinschaft vor.
Bei der Diskussion der hier umrissenen Thematik besteht offensichtlich die Gefahr,
den Autorinnen ungewollt ein bestimmtes Rollenverständnis zu unterstellen, dieses ist jedoch
nicht die Absicht des vorliegenden Textes. Es soll vielmehr eine der Aufgaben dieses Teils
der Arbeit sein, eine genauere Ergründung eben dieses Rollenverständnisses zu erstellen und
dem Leser zugänglich zu machen. So beschäftigen sich z.B. Christa Wolfs Bücher nicht
primär mit Problemen der Frau, mit einer spezifisch weiblichen Wirklichkeitsaneignung
oder einer spezifisch weiblichen Ästhetik (sofern es diese bereits gibt), noch sind sie speziell
für Frauen geschrieben. Wolfs fiktive oder authentische Frauenfiguren verhandeln deshalb
nicht "klassische" Emanzipationsthemen, sondern die Bedrohung der Identität und
Individualität aller Menschen durch Informationsexplosionen und wissenschaftlich-technische
Revolution, durch Arbeitsteilung, Bürokratisierung und ’Konsumentenhaltung’, durch
Entfremdung, Vereinzelung, Rollenspiel und Sprachverlust.26
Frauenliteratur ist also nicht nur einfach "Literatur von Frauen, über Frauen und für
Frauen", es gehört mehr als das einfache Frausein dazu, Frauenliteratur zu produzieren. Für
Magdalene Heuser (1983) muß ein Einfühlungsvermögen für die Situation der Frau
hinzukommen, das nicht nur deren historische Ursachen, sondern auch ihre momentane
Zielrichtung und mögliche Entwicklung mit einschließt:

Entscheidend ist, daß alle Themenbereiche aus der Perspektive von Frauen
dargestellt werden, die zunehmend lernen, ihre eigenen Wahrnehmungen und
Erfahrungen zu machen, wie sie durch ihre Lebenszusammenhänge und ihr
geschichtlich geprägtes Selbstbewußtsein geprägt sind, den Prozessen ihres
Denkens und Empfindens zu folgen und dafür nach adäquaten, ihnen
entsprechenden Ausdrucksmöglichkeiten zu suchen.27

Diese Definition trifft für die Frauenliteratur in Ost und West in gleichem Maße zu.
Weiterhin muß stets bedacht werden, daß Frauen sich zwar durch ihre Funktion in der
Familie und durch die traditionell an sie herangetragenen Rollenmuster auch als
Künstlerinnen in einer speziellen Situation befinden - nicht ohne Grund zeigt die
Themenauswahl der Schriftstellerinnen in BRD und DDR viele Ähnlichkeiten in Ost und
West wird man sich des patriarchalischen Herrschaftssystems zunehmend bewußt und sagt
diesem den Kampf an, der Entwicklungsprozeß des weiblichen Selbstbewußtseins in der
DDR ist jedoch von anderen Schwerpunkten abhängig und diesen entsprechend ausgerichtet
obwohl Überlegungen diesseits und jenseits der innerdeutschen Grenze durchaus aufeinander
rückwirken.28

Die Schriften der DDR-Autorinnen, von Gisela Helwig als "Emanzipationsliteratur"


bezeichnet, stellen überkommene Verhaltensmuster in Frage, zeigen Ursachen von
Frustrationen und Ängsten auf, aber sie bieten keine eilfertigen Lösungen an: sie gewähren
47

Spielraum für individuelle Schlußfolgerungen und fordern so den Rezipienten zum


Mitdenken auf. Dies wird in der vorliegenden Arbeit, besonders in Teil I und II wiederholt
nachgewiesen. Das Grundthema - immer wieder auf neue Weise variiert und bearbeitet -
ist die Diskrepanz zwischen der seit 1946 formal garantierten Gleichberechtigung und einem
weit dahinter zurückbleibenden Bewußtsein beider Geschlechter, die "Diskrepanz zwischen
Gesetzen und Sitten".30
Im Verlauf der siebziger Jahre stellen Schriftstellerinnen in der DDR zunehmend die
Frage nach der Wünschbarkeit der ihnen von offizieller Seite vorgegebenen - also
größtenteils von Männern definierten und umrissenen - Emanzipation. Die realen
Lebensbedingungen der ihnen angebotenen Gleichberechtigung, die lediglich auf eine
gesellschaftliche Gleichstellung mit den Männern hinauslaufen, entsprechen nicht den
Zielvorstellungen der Schriftstellerinnen (und vielleicht auch ihrer Leserinnen) und stimmen
sie somit unzufrieden. Einerseits ist ihnen ein gewisser Status zugestanden worden, sie
dürfen - und sollen - beruflich und auch im gesellschaftlichen Leben - ihren Mann stehen ,
andererseits sind sie nach wie vor von Familie und Kindern beansprucht und gefordert, was
zu der weithin bekannten Doppelbelastung durch die "zweite Schicht" führt. Wenn auch
wirtschaftliche Unabhängigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben unerläßliche
Voraussetzungen für die Emanzipation der Frau sind - d.h. für die Möglichkeit, eine dem
Mann gleichgestellte Position einzunehmen - so sind sie, solange sie den privaten Bereich
nicht berücksichtigen, unzureichend, denn die Pflichten und unbefriedigten Bedürfnisse der
Frauen bleiben weiterhin bestehen. In den siebziger und achtziger Jahren fordern die Frauen
konkret ein, was der neue Staat ihnen abstrakt verheißen hatte: die Selbstverwirklichung
aller Individuen entsprechend ihren Bedürfnissen.31 Dabei zeigen sie in ihren Schriften
immer wieder auf, daß Gesetze alleine nicht genügen, um die "wahre" Emanzipation zu
erlangen.

Die Autorinnen, die diese Frauenliteratur in der DDR verfassen, kennen die Situation
der berufstätigen Frau und Mutter, sie schreiben nicht als Intellektuelle, als Außenstehende
über die werktätige Frau, sondern viele von denen, deren Arbeiten in dieser Arbeit
analysiert werden, sind mehr oder weniger in einen Arbeitsprozeß integriert, der außerhalb
des Schreibens liegt. Somit glauben sie, die Mehrzahl der Frauen in der DDR repräsentieren
zu können, sie schreiben über Erfahrungen, die auch die Leserinnen tagtäglich selbst
machen.32 ’ Entsprechend setzen sich die Romane und Erzählungen mit der
geschlechtsspezifischen Rollendefinition auseinander und stellen die Funktionen der
herkömmlichen Rolleneinteilung in Frage. Die Veränderung dieser Normen wird
beschrieben und durchgespielt, Alternativen werden entworfen und häufig auch wieder
verworfen. Die einmal begonnene Entwicklung scheint jedoch unaufhaltsam, die Frage
"Was wäre, wenn...” wurde abgelöst von der Feststellung "So wird es sein, wenn...ist .
Darstellung und Bearbeitung ihrer Probleme reichen weit über das Niveau seichter
Unterhaitungsliteratur hinaus.

Zustimmung hierzu kommt auch vom Stellvertretenden Minister für Kultur, Klaus
Höpcke (1987).33 Obwohl auch er betont, daß Romane, die sich für Gleichberechtigung
einsetzen, durchaus auch von Männern geschrieben sein können, so glaubt er doch, daß es
ebenso Aspekte gibt, die nur Schriftstellerinnen einbringen können: "Für die Literatur ist
entscheidend, wie sie künstlerisch überzeugende Gestalt gewinnen. (...) (Die)
48

hervorragendsten Werke entstammen nicht selten der Feder von Frauen." Höpcke macht
auch auf die weiterreichenden Implikationen dieser Entwicklung aufmerksam: Wenn der
Marx’sehe Gedanke stimme, daß an der Befreiung der Frau die Freiheit der Menschen
insgesamt ablesbar sei, so könne man analog sagen, daß die freie Entfaltung schöpferischer
Kraft von Schriftstellerinnen in der sozialistisch-realistischen Literatur der DDR etwas
aussage über die freie Entfaltung von künstlerischer Schöpferkraft in dieser Literatur
überhaupt.34
Für Kulturtheoretikerin Irene Dölling (1980) vermittelt die Frauenliteratur "wichtige
Anstöße für die Theoriebildung", indem sie auf die Vielschichtigkeit und
Widersprüchlichkeit der angesprochenen Probleme verweise.35 Sie dokumentiere
Alltagserfahrung, künstlerische Reflexion individuellen Erlebens und praktischen
Bewältigens von Gesellschaftlichkeit im Sozialismus und Situationen des Aufbruchs, die die
bisherige Entwicklung sozialistischer Verhältnisse zur Voraussetzung haben und in denen
sich Neues erst unklar abzeichne. Für die Kulturtheorie als die Wissenschaftsdisziplin, die
Entwicklungsmöglichkeiten von Individuen in historischen Gesellschaften, insbesondere im
Sozialismus, erforsche, gäben die in diesen Formen des gesellschaftlichen Bewußtseins
öffentlich gemachten Erfahrungen von Frauen eine Reihe von Hinweisen auf Veränderungen
in den Geschlechterbeziehungen als Aspekt der Lebensweise der Individuen.

Frauenliteratur im hier diskutierten Sinn bezeichnet also eine sich mit "von Frauen
formulierten Fragen" und dem Leben von Frauen beschäftigende Literatur, die aber
keinesfalls nur an Frauen gerichtet ist. Die Schriftstellerinnen, die in den folgenden Kapiteln
zur Sprache kommen werden, sehen ihre Zielsetzungen und Ansichten nicht als spezifisch
weiblich, sondern als über Geschlechterfragen weit hinausreichende, die nicht nur für die
sozialistische Gesellschaft, in der sie leben, sondern letzen Endes für die gesamte
Menschheit, unabhängig von politischen und geographischen Grenzen, von unmittelbarer
Relevanz sind. Selbstverständnis und Ziele der Autorinnen werden in den Kapiteln dieses
ersten Teils detaillierter analysiert werden.

Fußnoten

Hüdebrandt, Christel: Zwölf schreibende Frauen in der DDR. Zu den Schreibbedingungen von
Schriftstellerinnen in der DDR in den 70er Jahren. Berlin (West): Frauenbuchvertrieb 1984 Seite 109f
Hildebrandt will in ihrer Studie zeigen, wie "eine große, in Vita, Lebensstil und Arbeitsform heterogene
Gruppe von Literatinnen", die unter gleichen geschlechts- und sozialspezifischen Bedingungen lebt und
arbeitet, und ob und wie diese Schreibbedingungen sich in ihren Werten mederschlagen. Hildebrandt
schrieb zwanzig Autorinnen an, erklärte ihnen ihr Interesse, ihr Vorhaben und bat um ein Gespräch Viele
reagierten positiv. Hildebrandt führte "sehr offene" Gespräche ohne Interviewbogen und
Kassettenrekorder. Sie erhielt dadurch leichter "ein Gesamtbild" ihrer Gesprächspartnerinnen und konnte
aus Schilderungen Beispielen und Argumenten "ein umfassendes Portrait" erstellen, (vgl. ebenda Seite
34’ l73) Aus dlesen "Tiefenmterviews" wird hier und im folgenden Text zitiert
2
Ähnliche Überlegungen werden auch von Christa Wolf und Irmtraud Morgner angestellt Vergleiche
hierzu den Abschnitt über weibliche Ästhetik. ' g
3
Römer, Ruth: Was ist ein Fauenroman? Neue deutsche Literatur. 1956, 4. Jg., Nr. 6, Seite 115-120 Hier
Seite 115.
4 ebenda, Seite 116
5 ebenda
6 ebenda
49

7 ebenda
8 ebenda, Seite 118
9 Vgl. hierzu Wander, Maxie: Guten Morgen, du Schöne. Darmstadt und Neuwied: 1983.
10 Heukenkamp. Ursula: Frauen in der Literatur der DDR und die "Frauenliteratur". Germanistische
Mitteilungen, 1985. Heft 21, Seite 37-45. Hier Seite 38.
11 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit. Gespräch mit Wilfried F. Schoeller.-Indies.:
Die Dimension des Autors. Essays und Aufsätze, Reden und Gespräche. Darmstadt und Neuwied:
Luchterhand Verlag 1987. Seite 865-877. Hier Seite 876f.
12 Vgl. z.B. Hirdina, Kann: Die Schwierigkeit, ich zu sagen. Sonntag. 1981, 35. Jg., Nr. 45, Seite 4. Und
dies.: Frauen in der Literatur der DDR.-In: Formen der Individualität. Mitteilungen aus der
kulturwissenschaftlichen Forschung Nr. 11. Theorie der gesellschaftlichen und historischen Formen der
Individualität im Verhältnis zur marxistisch-leninistischen Kulturtheorie und Kulturgeschichte: Materialien
des X.Kulturtheoretischen Kolloqiums am 19. und 20. November 1981 an der Humboldt-Universität zu
Berlin. Berlin (DDR): Manuskriptdruck des Lehrstuhls Kulturtheone der Sektion Ästhetik und
Kunstwissenschaftender Humboldt-Universität 1982. Seite 87-95.
13 Kunze, Ingeborg: Zum Frauenbild in der Literatur des "Bitterfelder Weges". Wissenschaftliche Zeitschrift
der Karl-Marx-Universität Leipzig. Gesellschafts-und Sprachwissenschaftliche Reihe, 1966, 15. Jg., Nr.
4/5, Seite 687-697. Hier Seite 687.
14 ebenda, Seite 688
15 ebenda
16 Hoyer, Gisela: Ein Buch, auch für Männer geschrieben. Dea Trier Morchs "Innenstadt", ein Roman über
den Alltag, die Liebe und den Kommunismus. Der Morgen, 1982, 38. Jg., Nr. 232, 2,/3. Oktober, Seite
4. Vgl. z.B. eine Aussage Ruth Werners zu dieser Problematik. Hähnel, Ingrid / Rönisch, Siegfried
(Hrsg.): Auskünfte 2. Werkstattgespräche mit DDR-Autoren. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1984.
Seite 256. Siehe hierzu auch Kapitel 1.4 dieser Arbeit.
17 Zitiert nach Obermüller, Klara: Irmtraud Morgner.-In: Puknus, Heinz (Hrsg.): Neue Literatur der Frauen.
Deutschsprachige Autorinnen der Gegenwart. München C.H. Beck Verlag 1980. Seite 178-185.
18 Firlus, M.: Wissenschaftliche Studentenkonferenz zur Frauenproblematik in der jüngeren DDR-Literatur
5.6. 1977. Wissenschafüiche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig. Gesellschafts- und
Sprachwissenschaftliche Reihe, 1978, 27. Jg., Nr. 3, Seite 13 (Beilage).
19 Kähler, Hermann: Widersprüchliches zu "Amanda". Sinn und Form, 1984, 33. Jg., Nr. 1, Seite 177-185.
Hier Seite 177f.
20 Kant, Hermann: Unterlagen zu Literatur und Politik. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1981.
Seite 112.
21 Vergleiche hierzu die Diskussion im Abschnitt über das Selbstverständnis der weiblichen Autoren.
Aussagen dieser Art werden z.B. von Irmtraud Morgner, Rita Ionescu, Charlotte Worgitzky u.a. gemacht.
22 Stephan, Alexander: Christa Wolf.-In: Puknus, Heinz (Hrsg.): Neue Literatur der Frauen. München:
1980. Seite 149-158. Hier Seite 150.
23 Ploetz, Dagmar: Vom Vorteil, eine Frau zu sein. Zitiert nach ebenda, Seite 150.
24 Emmerich, Wolfgang: Identität und Geschlechtertausch. Notizen zur Selbstdarstellung der Frau in der
neuen DDR-Literatur.-In: Grimm, R. / Hermand, Jost (Hrsg.): Basis 8.- Jahrbuch für deutsche
Gegenwartsliteratur. Frankfurt (Main): Suhrkamp Verlag 1978. Seite 127-154. Hier Seite 150.
25 Stephan, Alexander: Christa Wolf.-In: Puknus, Heinz (Hrsg.): Neue Literatur der Frauen. München:
1980. Seite 150. J . , _ _
;benda, Seite 151. Vgl. Hierzu auch McPherson, Karin: Christa Wolf - An Introduction.-In: The Fourth
26
Dimension Interviews with Christa Wolf. London: Verso 1988. Pp. vii-xxv.
Heuser Magdalene Literatur von Frauen / Frauen in der Literatur. Feministische Ansätze in der
27
Literaturwissenschaft. In: Pusch. Luise F. (Hrsg.): Feminismus. Inspektion einer Herrenkultur. Ein
Handbuch. Frankfurt (Main): Suhrkamp Verlag 1983. Seite 117-148. Hier Seite 122.
Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion an der Ohio State University. Gespräch mit
28
Christa und Gerhard Wolf.-In: Wolf, Christa: Die Dimension des Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987
Seite 896-911. Hier Seite 91 Of. j
Helwig, Gisela: Auf dem Weg zu sich selbst. Frauen in der DDR. Deutschland Archiv, 1978, 11. Jg..
29
Heft 4, Seite 409-415. Hier Seite 409. Vgl. hierzu auch McPherson, Karin: GDR women writers...
Contemporary German Studies. Occasional Papers, 1987, No. 3., p.37.
50

30 Huffzky, Karin: "Produktivkraft Sexualität souverän nutzen". Ein Gespräch mit der DDR-Schriftstellerin
Irmtraud Morgner. Frankfurter Rundschau. 16. August 1975. Seite III.
31 Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte.... Darmstadt und Neuwied: 1981. Seite 200.
32 Vgl. Hierzu Kapitel 1.3 dieser Arbeit. Siehe auch Hanke, Irma: Von Rabenmüttern... -In: Helwig, Gisela
(Hrsg.): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel.... Köln: 1986. Seite 136.
33 Hammer, Hannelore: Bücher, unsere Liebe. Exklusiv-Interview vor dem Schriftstellerkongreß mit Klaus
Höpke, Stellvertreter des Ministers für Kultur. Für Dich. 1987, Nr. 47, Seite 20-23. Hier Seite 20.
34 ebenda
35 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse von Geschlechterbeziehungen. Weimarer Beiträge. 1980,
26. Jg., Nr. 1, Seite 59-88. Hier Seite 61 f.
51

1.2.1 Zur Auswahl der Schriftstellerinnen und ihrer Werke

Es ist nicht möglich, alle Romane und Erzählungen, die in dem genannten Zeitabschnitt
publiziert worden sind, in dieser Arbeit zu berücksichtigen. Eine solche "mechanisch"
anmutende Vorgehensweise erscheint neben ihren notwendig mamuthaften Ausmaßen auch
weitaus weniger interessant als eine auf bestimmte, aus thematischen und anschaulichen
Gründen relevante Werke konzentrierte Studie, die sich zum Ziel setzt, emanzipatorische
Grundmotive in den Schriften der DDR-Autorinnen aufzuzeigen und weiterzuverfolgen. Aus
diesem Grund wird auch eine detaillierte Untersuchung einiger weniger Bände, wie sie z.B
von Schmitz (1983)1 angewendet wurde, als unangebracht und zu stark einschränkend
abgelehnt.
Als Leitfaden bei der Beschaffung diente vor allen Dingen die
DDR-Literaturzeitschrift Neue deutsche Literatur, aber auch Sinn und Form. Weimarer
Beiträge. Temperamente und Sonntag wurden regelmäßig konsultiert. Maßgebend waren die
dort abgedruckten Rezensionen, Vorabdrucke von Romankapiteln und Erzählungen und
natürlich die Rubriken über Neuveröffentlichungen. Die Auswahl der in die vorliegende
Arbeit eingebrachten Werke basiert auf dem im vorigen Abschnitt umrissenen Genre der
Frauenliteratur, das heißt, sie folgt den oben aufgestellten thematischen und
geschlechtsspezifischen Eingrenzungen. Ausgewählt wurden Texte, die aufgrund ihrer
inhaltlichen Prägung oder als Ergebnis von Aussagen ihrer Verfasserin für die fortlaufende
Diskussion um die Gleichberechtigung und Emanzipation der Frau in der DDR von
besonderem Interesse sind.
Ich habe mich bemüht, Erstlingswerke2 sowie die von erfahrenen und bekannten
Schriftstellerinnen veröffentlichten Publikationen (die im Westen meist ohne große
Schwierigkeiten erhältlich sind) in gleichem Maße zu berücksichtigen. Weithin bekannte
Werke wie z.B. Franziska Linkerhand von Brigitte Reimann (1977), Gerti Tetzners 1974
erschienener Roman Karen W. oder auch Irmtraud Morgners Leben und Abenteuer der
Trobadora Beatriz nach Zeugnissen ihrer Spielfrau Laura (1974),3 die schon ausführlich in
vielen anderen Arbeiten interpretiert und analysiert worden sind, sollen hier zwar nicht
ausgeschlossen, aber doch zugunsten anderer, weniger bearbeiteter Werke in den
Hintergrund treten. Weiterhin war ich bestrebt, unbekanntere Schriften mit in diese Studie
aufzunehmen, da - wie in der Einleitung festgestellt werden konnte - es häufig gerade die
weniger rezensierten, die mit Schweigen bedachten Schriften sind, die den offiziellen
Ansichten und Einstellungen am kritischsten gegenüberstehen. Aus eben diesem Grunde sind
die "totgeschwiegenen" Werke für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse.
Auflagenzahlen, so auch der Autor de Bruyn (1976), werden zu häufig mit Literaturwirkung
gleichgesetzt, aber keine Statistik sage etwas über die Exemplare aus, die als Prämien
verschenkt und nie gelesen würden, die in Bibliotheken verstaubten, aus Prestigegründen
nur Bücherwände zierten, obwohl niemand wüßte, wen ihr Inhalt abstoße oder zu
entgegengesetzten Gedanken provoziere; "obwohl sicher ist, daß Bücher mit geringen
Auflagen manchmal größere Wirkungen haben können, wenn zum Beispiel Lehrer,
Pastoren, Agitatoren, Schriftsteller sie lesen und ihren Inhalt tausendfach verbreiten”.4 Und
Christa Wolf (1983) kommentierte:

Die letzten Bücher seit "Christa T." sind in der DDR in den Medien wenig
diskutiert worden. (...) Die Wirkung lief oft unter der Oberfläche. Sie ist sehr
52

intensiv; ich habe über mangelndes Echo nie zu klagen gehabt. Ich habe mich
auch deshalb in Zeiten, in denen mein Name nicht öffentlich genannt wurde,
nie isoliert gefühlt.5

Die so entstandene Sammlung aus Romanen, Erzählungen, Kurzgeschichten,


Gedichtbänden, Anthologien und auch theoretischen Abhandlungen beläuft sich gegenwärtig
auf ungefähr 150 Bände, die von rund 50 Autorinnen aller Altersklassen erstellt worden
sind. Auffallend ist zunächst, daß die Schriftstellerinnen sich immer häufiger der epischen
Kurzformen bedienen. Abgesehen von Morgners umfangreicheren Werken Trobadora
Beatriz und Amanda (1983), Elfriede Brünings Wie andere Leute auch (1983) und Christa
Wolfs Kindheitsmuster (1976),6 erscheinen die Bände schon äußerlich recht schlank, kaum
einer ist mehr als 200 Seiten stark. Nur ungefähr die Hälfte beinhalten Romane oder längere
Erzählungen, der Rest setzt sich aus Kurzgeschichten, Protokollen, Reportagen, Interviews
und Feuilletons7 zusammen. Bemerkenswert ist hierbei auch, daß über ein Viertel der
Romane von älteren Autorinnen (d.h. von den vor 1930 Geborenen) verfaßt worden ist, daß
es also insgesamt gesehen die jüngeren Schriftstellerinnen sind, die sich der Kurzwerke
bedienen. Gründe für diese Bevorzugung werden von diesen selbst genannt:
Brigitte Martin will keine längeren Werke schreiben, weil ihrer Meinung nach Frauen
neben Beruf und Familie gar nicht die Zeit aufbringen können, um langatmige Werke zu
lesen.8. Und auch in Amanda heißt es: "Frauen lesen heute keine dicken Bücher mehr."9
Aber es sind nicht nur die Leserinnen, denen es aus Zeitgründen nicht möglich ist, sich
ausführlich mit längeren Werken zu beschäftigen. So schreibt Angela Stachowa zuerst und
vorwiegend Erzählungen, weil sie durch ihre äußeren Umstände als Hausfrau und Mutter
einfach nicht den langen Atem für größere Projekte hat und sich nicht in der Lage fühlt,
über Jahre hinweg in die Zukunft zu planen.10 Auch Irmtraud Morgner spricht von der
Warte der Schriftstellerinnen aus wenn sie feststellt, daß der "operative Montageroman"11
die Romanform der Zukunft" sei. Ähnlich wie für Gerti Tetzner sind es für Morgner
kulturelle - nicht biologische - Unterschiede zwischen den Erwartungen an die Geschlechter
und deren Auswirkung auf die Art der künstlerischen Arbeit, die die Schriften der
weiblichen Autoren beeinflussen. In der Trobadora Beatriz führt sie aus:

Für Beatriz ist Schreiben ein experimenteller Vorgang. Kurze Prosa ist
Preßluft, heftig und sehr angestrengt gearbeitet. Abgesehen vom
Temperament, entspricht kurze Prosa dem gesellschaftlich, nicht biologisch
bedingten Lebensrhythmus einer gewöhnlichen Frau, die ständig von
haushaltsbedingten Abhaltungen zerstreut wird. Zeitmangel und nicht
berechenbare Störungen zwingen zu schnellen Würfen ohne mähliche
Einstimmung, ich kann nur voll ansetzen oder nicht.12

Zeitmangel und nichtberechenbare Störungen zwingen zu schnellen Würfen." Hier


wird also aus der Not eine Tugend gemacht und die Schwierigkeiten der Frauen beim
Schreiben durch eine besondere Arbeitstechnik gelöst. Der von Morgner angesprochene
Aspekt der biologischen und kulturellen Unterschiede zwischen Schriftstellern und
Schriftstellerinnen auf ihr kulturelles Wirken wird im letzten Kapitel dieses Teils der Arbeit
analysiert, an dieser Stelle soll nur festgehalten werden, daß es in den Augen vieler
53

Autorinnen die Lebensumstände der weiblichen Produzenten und auch Rezipienten sind, die
für den Vorzug der epischen Kurzformen verantwortlich zu machen sind. Aus diesem Grund
zeichnen sich wohl auch Morgners längere Romane durch eine ausgefeilte und vielschichtige
Strukturierung aus, die das Lesen "in Häppchen" ermöglicht und sehr vereinfacht. Anhand
ihrer Aussage "Pausenloses Fortschreiben ist unerträglich”13 kann man schließen, daß sich
auf diese Weise vielleicht auch die Autorin das Schreiben erleichtert hat. Morgner
argumentiert unter Berufung auf Goethe, daß es viel nützlicher und vor allem viel gesünder
sei, kleine Stücke zu produzieren: "Alle meine Bücher sind tatsächlich viele Bücher."14 Sie
selbst konstatiert, daß die orthodoxe Romanform das Festhalten an einer Konzeption über
mehrere Jahre verlangt und daß dies angesichts heftiger politischer Bewegungen in der Welt
und einer ungeheuerlichen Informationsflut heute nur "trägen und sturen Naturen" gelingen
könne.15
Die Autorinnen aber wollen alles andere als träge und stur sein. So äußerte Gabriele
Eckart 1983 in einem Interview in der Neuen Zeit, daß sie eine "authentische Prosa", ( für
sie heißt dies Protokolle, Portraits usw.) vorziehe, "weil man dadurch vielleicht am ehesten
etwas verändern kann von den Dingen, die man benennt".16 Und in Amanda (1983) heißt
es, "daß sich der Essay dann und dort in Bewegung zu setzen pflegt, wo es um allzu
komplexe, in einer Analyse schwer faßbare, vielleicht auch um übergroße Themen und
Gegenstände geht, deren systematische Erkundung eine Vielzahl von Jahren und Kräften
beanspruchen würde, über die aber von den Betroffenen schon im gegenwärtigen Moment
eine Orientierung erwünscht ist."17 Und: "Vielleicht kann auch ein bescheidenes Buch eines
weiblichen Wesens ein wenig aus dem Trott bringen."18

Die Beliebtheit ihrer Schriften scheint den Schriftstellerinnen Recht zu geben: die
epischen Kurzformen sind gern gelesen und kommen dem kurzatmigen Leben der
Rezipienten sehr entgegen. Neben den weit über die Landesgrenzen der DDR hinaus
bekannten Bestsellerproduzentinnen Seghers, Wolf und Morgner finden auch andere
Autorinnen großen Zuspruch. So sind z.B. Angela Stachowas erste Bücher in jeweils drei
Auflagen erschienen, Helga Schütz’ Julia oder Erziehung zum Chorgesang wurde 1986
ebenfalls zum dritten Mal aufgelegt, Schuberts Lauter Leben wird im gleichen Jahr zum
fünften Mal neu verlegt und Helga Königsdorfs Ungehörige Träume erreichten schon 1984
ihre vierte Auflage.19 Und auch die älteren Autorinnen scheinen dieser Entwicklung mit
ihren neusten Werken entsprechen zu wollen. So ist z.B. eins von Elfriede Brünings neueren
Werken, Partnerinnen.20 das zuerst 1978 erschien, ein leicht zugänglicher Erzählband, der
aus vier eng miteinander verflochtenen Kurzgeschichten besteht. Thematisch hätte Brüning
ohne weiteres einen Roman aus ihrem Material gestalten können, sie zog aber bewußt die
Aneinanderreihung von einzelnen Geschichten, die wie Kapitel eines zusammengehörenden
Werkes anmuten, vor. Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch für die Schriften von
Margarete Neumann und Ruth Kraft machen.21 Da auch eine entsprechende thematische
Anpassung an die Literatur der jüngeren Schriftstellerinen zu verzeichnen ist, kann man
davon ausgehen, daß es sich bei diesen Entwicklungen nicht um reine Zufälle handelt. Die
jüngeren Autorinnen scheinen also in gewissen Maße Sujet und Stil der neueren Literatur
vorzugeben, auch männliche Literaten zeigen sich beeindruckt und versuchen mitzuziehen.
Schriften von Autoren über Frauen und deren spezifische Probleme, vor allen Dingen auf
dem Gebiet der Geschlechterbeziehungen sind immer häufiger zu verzeichnen.“
54

Die für diese Arbeit zusammengestellte Buchsammlung wies auch auf die Existenz
einer im Westen weniger bekannten aber in der DDR dennoch sehr populären literarischen
Form hin: gemeint ist hier der historische Roman. Während auch hier zweifelsohne Frauen
für ein weibliches (und auch männliches) Publikum schreiben, so sind die Autorinnen dieser
Werke wohl mehr daran interessiert, ihre Leser zu unterhalten, als - wie z.B. Wolf und
Morgner - Frauen und auch Männern beim Auffmden ihrer Lebenszusammenhänge zur Seite
zu stehen, die zugrundeliegende Intention entspricht also nicht der, die für diese Arbeit
vorausgesetzt wird.

Fußnoten

1 Schmitz, Dorothee: Weibliche Selbstentwürfe... Frankfurt (Main): 1983. Schmitz beschränkt ihre
Untersuchung auf fünf Romane (drei von weiblichen Autoren, zwei von männlichen) und vergleicht die
in diesen Werken wiedergegebenen Portraits.
2 Den Begriff "Erstlingswerk" gibt es laut Christa Wolf überhaupt nicht. Die frühen Produkte vieler
Autoren ruhen ihrer Ansicht nach in einem sicheren Versteck, der Schritt an die Öffentlichkeit wird nie
mit dem tatsächlichen ersten Werk gemacht: "Immer noch frühere Versuche in immer noch jüngeren
Jahren fallen einem ein, von halb und dreiviertel ausgeführten Roman- und Dramenplänen über
Tagebücher, politische und private Gelegenheitsdichtungen, gefühlsgesättigte Briefwechsel mit
Freundinnen bis hin zu den kindlichen Märchenerfindungen...". Vgl. hierzu Wolf, Christa: Über Sinn
und Unsinn von Naivität, in: Eröffnungen, Schriftsteller über ihr Erstlingswerk. Hrsg, von Gerhard
Schneider, Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1974.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung.
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 56-67. Hier Seite 57f. Trotz dieser sicherlich richtigen Beobachtung
Christa Wolfs soll der Begriff "Erstlingswerk” sich im vorliegenden Text - wie allgemein üblich - auf das
erste publizierte Werk einer Autorin oder eines Autors beziehen.
3 Reimann, Brigitte: Franziska Linkerhand. Roman. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 1977; München:
Deutscher Taschenbuch Verlag 1977. Tetzner, Gerd: Karen W,. Roman. Halle (Saale) und Leipzig:
Mitteldeutscher Verlag 1974; Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1975. Morgner, Irmtraud:
Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1984 (8. Auflage 1987); Darmstadt
und Neuwied: Luchterhand Verlag 1976.
4 De Bruyn, Günter: Geschlechtertausch.-In: Wolff, Lutz-W.: Frauen in der DDR 20 Erzählungen.
München: Deutscher Taschenbuch Verlag 4.Auflage 1979. Seite 198-223. Hier Seite 216.
5 Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion. ..-In: Wolf, Christa: Die Dimension des
Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 911.
6 Morgner, Irmtraud: Amanda. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1983. (4. Auflage 1985); Darmstadt und
Neuwied: 1984. Brüning, Elfriede: Wie andere Leute auch. Roman. Halle (Saale) und Leipzig:
Mitteldeutscher Verlag 2.Auflage 1983. Wolf, Christa: Kindheitsmuster. Roman. Berlin und Weimar-
Aufbau Verlag 1984.
7 Daniela Dahn, die sich dieser literarischen Form verschrieben hat, beschreibt diese Gattung so- "Die mir
gemäße Form (...) ist eben vorerst und vielleicht überhaupt, das Feuilleton. Die Vorstellungen von dem,
was und wie ein Feuilleton sei, sind zwar nach wie vor höchst unterschiedlich. An der Sektion Journalistik
wird wie zu meiner Zeit immer noch "wissenschaftlich" nach Knoblochs 1962 erschienenem Vom Wesen
des Feuilletons gelehrt. Er unterteilt darin in literarische, operative, positive, negative, in Tatsachen-
Problem- und Anspielungsfeuilletons (heute nennt er das ganze Buch eine Jugendsünde). Mir scheint ein
gutes Feuilleton muß vor allem etwas haben, um nicht langweilig, nicht undialektisch zu sein ’ Ich
jedenfalls begann nach der bekannten Regel: Auf einer Glatze Locken drehen. Also aus nichts etwas zu
machen." Und sie kommt am Ende ihrer Abhandlung zu dem Schluß: "Deshalb gefällt mir auch die
wörtliche Übersetzung von Feuilleton nicht, nämlich "Blättchen". Ich würde es lieber mit
"Gedankensptele” übersetzen. "Spiel" weist daraufhin, daß alles erlaubt ist, auch auf die Leichtigkeit
Gedanken" auf die Substanz. Dahinter steckt natürlich Anspruch. Aber was wäre eine literarische
Programmerklärung ohne die Formulierung eines Anspruches an sich selbst " Dahn Daniela
Gedanken-Spiele. Neue deutsche Literatur, 1980, 28. Jg., Nr.7, Seite 79-89. Hier Seite 80f. Frauen
55

beginnen überhaupt, mit neuen literarischen Formen zu experimentieren. McPherson, Karin: GDR women
writers.... Contemporary German Studies. Occasional Papers. 1987, No. 3, p. 37.
8 Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt.-ln: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 58.
9 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 366.
10 Angela Stachowa im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen....
Berlin (West): 1984. Seite 114.
11 Der "operative Montageroman" ist eine neue, von Irmtraud Morgner geschaffene literarische Gattung,
die Bezeichnung bezieht sich auf die ausgesprochen ausgefeilte und wohldurchdachte Strukturierung ihrer
Werke. Ihr Roman über die Trobadora Beatriz besteht aus "dreizehn Büchern und sieben Intermezzos",
der sich über 533 Seiten erstreckende Roman "Amanda" aus einem "griechischen Vorspiel", 139 Kapiteln
und einem "Silvestemachspiel". Als Lesehilfe wird auch ein Personenverzeichnis am Anfang des Buches
mitgeliefert, so daß man den Faden der Erzählung schnell wieder aufgreifen kann, wenn man ihn verloren
hat. Obwohl die Werke sich durch große Komplexität auszeichnen, macht die Strukturierung das Lesen
- auch in Ausschnitten - durchaus möglich.
12 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 261.
13 Kaufmann, Eva: Gespräch mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1513.
14 ebenda, Seite 1508 und 1495
15 Obermüller, Klarea: "Die Perlen des Phantastischen." Irmtraut Morgner: Ein Gespräch über die
"Trobadora Beatriz", die Frauen in der DDR und anderswo. Die Weltwoche, 30. März 1977, Nr. 13,
Seite 35.
16 Köhler, Regina: "Über das eigene Ich hinausgehen." Begegnung mit der Schriftstellerin Gabriele Eckart.
Neue Zeit. 30. Mai 1983, 39. Jg., Nr. 125, Seite 5.
17 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 287.
18 ebenda, Seite 468
19 Schütz, Helga: Julia oder Erziehung zum Chorgesang, Roman. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1980;
in der BRD veröffentlicht unter dem Titel Erziehung zum Chorgesang.. München: Deutscher Taschenbuch
Verlag 1983. Schubert, Helga. Lauter Leben. Geschichten. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1976.
Königsdorf, Helga. Meine ungehörigen Träume. Geschichten. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1978.
20 Brüning, Elfriede: Partnerinnen. Erzählungen. Halle (Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1978;
Frankfurt (Main): Fischer Taschenbuch Verlag 1982.
21 Neumann, Margarete: Ein ungewöhnlicher Nachmittag. Geschichten aus unserer Zeit. Berlin und Weimar:
Aufbau Verlag 1983. Kraft, Ruth: Die Kunst. Damen zu empfangen. Erzählung. Berlin (DDR):
Buchverlag Der Morgen 1983.
22 Vgl. z.B. Hein, Christoph: Der fremde Freund. Novelle. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1982; in
der BRD veröffentlicht unter dem Titel Drachenblut. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1983.
(5.Auflage 1984). Wenig, Emst: Manchmal die Männer, immer die Frauen. Kurze Prosa. Halle (Saale)
und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1984. Kruschel, Heinz: Leben. Nicht allein. Roman. Halle (Saale)
und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1982. Lietz, Hans-Georg: Das Hexenhaus. Roman. Rostock:
Hinstorff Verlag 1984. Erpenbeck, John: Der blaue Turm. Roman. Halle (Saale) und Leipzig:
Mitteldeutscher Verlag 2. Auflage 1980.
56

1.2.2 Wer sind die Schriftstellerinnen ?

Es ist nicht nur die ständig wachsende Quantität der Frauenliteratur, die in den siebziger
und der ersten Hälfte der achtziger Jahre diesen Bereich des Kulturlebens der DDR so
interessant macht, vielmehr sind auch die Autorinnen selber zu einer beachtenswerten
Gruppe geworden, teils als Individuen, teils als Segment der Literatur: Es sind längst nicht
mehr nur einzelne Persönlichkeiten wie Anna Seghers und Christa Wolf, die als Beispiel
für "die Schriftstellerin" gelten können, sondern die Mehrzahl der Generation der nach 1940
geborenen Autorinnen prägen heute die Literaturszene mit.1 Das Alter einer Schriftstellerin
soll hier aber in keiner Weise als absolutes Auswahl- oder gar Ausschlußkriterium benutzt
werden, denn wie oben schon festgestellt wurde, läßt sich auch bei den vor 1930 Geborenen
eine den jüngeren Autorinnen thematisch und stilistisch vergleichbare Tendenz beobachten.
Ob es sich hierbei um eine einfache Anpassung an das offensichtlich Erfolgreiche oder um
eine tiefergehende Erkenntnis handelt, muß offen bleiben. Die Tatsache, daß z.B. Christa
Wolf (geb. 1929) Frauenliteratur verfaßt, wird wohl kaum ernsthaft bestritten werden
können. Alter ist auch hier oder vielleicht gerade hier in der Literatur nicht immer mit
"überholt" und "veraltet" gleichzusetzen, sondern auch mit "wegbereiten", "Grundstein
legen” und "Vorarbeit leisten". Die Zugehörigkeit zur "Alten Garde" der Emigrantinnen
und/oder zu den frühen Mitgliedern der KPD und dann SED entspricht nicht immer
unbedingt absoluter Linientreue, Kritiklosigkeit und Verschlossenheit neuen Entwicklungen
gegenüber. In ihrem Roman Wie andere Leute auch (1983) erklärt Brüning, warum sie sich
erst heute der Frauenliteratur zugewendet hat.

Der Verlag wollte einen Roman von mir haben, der vorwiegend Probleme der
Frauen behandelt. Warum versuchte ich nicht, über das zu schreiben, was ich
selber erlebte? Ich fürchtete meine Befangenheit. Ich kam mir vor wie
jemand, der durch ein starkes Vergrößerungsglas blickt. Er sieht zwar die
Gegenstände, die das Glas heranholt, ungewohnt scharf, aber alles andere
verschwimmt im ungewissen Nebel. Um schreiben zu können, muß man nicht
nur Gutes und Böses erlebt haben. Der Autor muß vor allem den richtigen
Blickwinkel finden, unter dem er das Erlebte betrachtet, die Schnur, an der
er die Erlebnisse aufreiht, die tragende Idee - ich dagegen hatte Angst, im
Subjektiven steckenzubleiben. Vielleicht hätte ich dennoch den Versuch
machen sollen. Aber damals war die Zeit der Betriebsromane. Statt meine
Handlung auf eigenen Erlebnissen und Erfahrungen aufzubauen, machte ich
meine Hauptfigur zur Aktivistin, und auch ihre Probleme waren vorwiegend
betrieblicher Art.2

Brüning hielt sich also zunächst an das Schreiben von Frauenromanen im Sinne der
Aufbauliteratur. Die bearbeitete Problematik ist auf das Arbeitsleben beschränkt und spielt
nur selten in den Privatbereich hinein. Es ging darum, Frauen den Einstieg in die
Arbeitswelt zu erleichtern und ihre Mitarbeit am Aufbau des sozialistischen Staates als
Notwendig- und auch Selbstverständlichkeit darzustellen. Brüning hatte jedoch auch
persönliche Gründe, warum sie sich auf eine Thematik einließ, die ihr im Grunde fremd
war. Sie hatte inzwischen ihre Redaktionsstellung aufgegeben und arbeitete freiberuflich.
Das geplante Sujet gab ihr die Möglichkeit, in Betriebe zu gehen, Studien zu machen, neue
57

Menschen kennenzulernen. "Ich wollte der bedrückenden Atmosphäre, der ich zu Hause
erlag, wenigstens für Stunden entgehen."3
So waren es also auch schon zur Zeit der Aufbauliteratur in der DDR die äußeren
Umstände, die das Schreiben der Frauen ausschlaggebend beeinflußten. Was allerdings
Brüning von der Bearbeitung familiärer und spezifischer Frauenprobleme in Beruf und Heim
abhielt, ist - wie im nächsten Kapitel nachgewiesen wird - heute eher ein Beweggrund zum
Schreiben. Subjektivität ist gang und gäbe und wird nicht mißbilligt, neue "Sehraster"
(Wolf, 1980) haben sich entwickelt und verlangen nach neuen Schreibweisen.4 Ähnlich
konstatiert z.B. auch Charlotte Worgitzky, daß Frauen sich von ihren Erfahrungen und
Problemen freischreiben, dieses oftmals auch ohne den Anspruch, "hohe Literatur" zu
verfassen, einfach aus dem Bedürfnis heraus, einen inneren Druck zu bewältigen. Darum
sind es jetzt auch häufig Frauen um die vierzig, die ihr erstes Werk veröffentlichen; vorher
hatten sie gar mcht die Zeit und Kraft und vielfach auch nicht das Bedürfnis. Sie erleben
erst im Laufe ihres Lebens, daß sie etwas zu sagen haben, was sie nicht nur privat angeht.5
Auch diese Vorstellung wird in den folgenden Kapiteln genauer untersucht. Es wird der
Frage nachzugehen sein, was bei den schreibenden Frauen heute in ihrer schriftstellerischen
Problemlage anders ist und welche Anzeichen es gibt, das spezielle Autobiographische, das
vom ehemalig oder noch immer Erlebten zeugt, in ein auf Dauer gestelltes Werkbedürfnis
einmünden zu lassen.
Brüning ist bezichtigt worden, die Frauenliteratur durch die Darstellung von
Klischees in Verruf zu bringen. Es sei hier in diesem Zusammenhang aber angemerkt, daß
auch die jüngeren Autorinnen (wie z.B. Gerti Tetzner oder auch Monika Helmecke) solchen
Angriffen nicht gefeit sind. Es ist anzunehmen, daß Brünings manchmal leicht pathetischer
Schreibstil für diese Kritik mitverantwortlich zu machen ist. Dadurch, daß die älteren
Schriftstellerinnen heute die von ihren jüngeren Kolleginnen aufgeworfenen Themen
aufgreifen, erwachsen diesen zweifelsohne auch Vorteile. Durch ihre gesicherte und über
Jahre hinweg etablierte Position in der Gesellschaft der DDR verleihen sie den aufgezeigten
Problemen Gewicht, Glaubwürdig- und auch Dringlichkeit. Es mag ihnen auch gelingen,
dem gesamten Unterfangen "Frauenliteratur" eine gewisse Legitimität zu verschaffen, es als
eine natürliche Progression von der während der Aufbauphase des Sozialismus propagierten
Literatur für Frauen darzustellen, die vor allem zum Mitaufbau der sozialistischen
Gesellschaft aufrief.
Obwohl sich nicht schlüssig nachweisen läßt, ob es den erfahreneren Autorinnen
möglich ist, den ihnen nachfolgenden den Weg zur Publikation durch Fürsprache oder
Einflußnahme zu ebnen, so läßt sich doch feststellen, daß sie offensichtlich gern bereit sind,
praktische Hilfestellung zu leisten, wenn sie um Kritik und Hinweise angegangen werden.
Als ausführliches und ausgesprochen anschauliches Beispiel mag hier die Korrespondenz
zwischen Christa Wolf und Gerti Tetzner gelten, die in den frühen und mittsechziger Jahren
stattfand. Wolf erteilt der jungen Autorin - obwohl sie ihr nicht persönlich bekannt ist - in
ihren Briefen nicht nur praktische Ratschläge, sondern sie versucht auch immer wieder, sie
zu ermutigen und wird nie müde, ihr nicht nur die verbesserungswürdigen, sondern auch
die gelungenen Aspekte ihrer Schreibversuche aufzuzeigen.6 Das Ergebnis ihrer
Bemühungen ist der 1974 erschienene Roman Karen W,
Von offizieller Seite werden solche Vermutungen immer negiert. 1975 empfahl Wolf
dem Aufbau Verlag die Texte von Ingeborg Arlt, aber die Lektoren brauchten dennoch drei
Jahre zur Begutachtung. Erst 1987 erschien deren erste Erzählung Das kleine Leben, die
58

der Autorin dann das von der Akademie der Künste verliehene Anna-Seghers-Stipendium
einbrachte. "Trotz bester Empfehlung also ein mühevoller Weg", kommentierte Sonntag
(1987).7 Helga Schubert wiederum berichtet über ihren eigenen literarischen Werdegang,
daß sie jahrelang Gedichte geschrieben und Tagebuch geführt habe, bevor sie mit
Geschichten begann. "Und zufällig hab ich mal alles der Sarah Kirsch gezeigt. Die hat
gesagt, das muß veröffentlicht werden und hat’s zum Verlag gebracht und hat mir
unheimlich geholfen.”8 Schuberts erster Erzählband erschien 1975, d.h. in der gelockerten
kulturpolitischen Atmosphäre, die die Zeit vor der Ausbürgerung Wolf Biermanns
charakterisierte. Es ist somit zu vermuten, daß der Einfluß bereits etablierter Autorinnen
auf die Auswahl von Werken von Debütantinnen von kulturpolitischen und vielleicht auch
verlagstechnischen Gegebenheiten (wie z.B. dem immer wieder angeführten Papiermangel)
aufgehoben werden kann.
Gemeinsamkeiten zwischen jung und alt zeigen sich auch in anderen
Zusammenhängen. So sagte z.B. Anna Seghers von sich, daß sie mit zwanzig, als Studentin
der Kunstgeschichte und Sinologie, die ihre ersten kurzen Arbeiten in Zeitungen
veröffentlicht, sich sicher geworden sei, daß sie nur schreiben sollte. "Es gab dabei zwei
Linien: erzählen, was mich heute erregt, und die Farbigkeit von Märchen. Das hätte ich am
liebsten vereint und wußte nicht, wie."9 Viele jüngere Autorinnen haben anscheinend
ähnliche Vorstellungen: Einige von ihnen schreiben nicht nur für Erwachsene, sondern
haben auch im Kinderbuchverlag der DDR publiziert (so z.B. Schubert, Tetzner,
Seidemann, Liebmann, Reimann), andere verarbeiten Träume, Märchen und Wünsche in
ihren Werken für Erwachsene, eine Beobachtung, die in den folgenden Kapitel erneut
aufgegriffen und diskutiert werden soll. Festzuhalten ist hier, daß zwischen älteren und
jüngeren Schriftstellerinnen durchaus Parallelen bestehen, die nicht ohne weiteres ignoriert
werden sollten.

An dieser Stelle soll es nicht darum gehen, Schriftstellerinnen als eine bestimmte
Bevölkerungsgruppe zu analysieren, es ist vielmehr Ziel dieses Teils der Arbeit, ihre
Beweggründe, Ziele und Absichten aufzuzeigen und dann (in Teil II und III) - unter
Berücksichtigung der einschlägigen soziologischen Daten - Schlüsse für die Situation der
Frau in der DDR zu ziehen. Das Problem, das sich dabei stellt, ist bei der jüngeren
Generation der Frauen, daß eine klare Unterscheidung zwischen dem Schreiben als einem
spontanen Verlangen, die angestauten Erschütterungen über eine kurze Phase hin öffentlich
zu machen, und dem Schreiben als einer professionellen Aufgabe, sich mit dichterischen
Mitteln am geistigen Verarbeitungsprozeß der gesellschaftlichen wie individuellen
Problemlagen langfristig zu beteiligen, nur andeutungsweise vorgenommen werden kann.
Es ist aber zu bedenken, daß sich früher oder später mit aller Wahrscheinlichkeit alleine
schon aufgrund ihrer Vorbildung in den meisten Schriftstellerinnen eine professionelle
Einstellung zu dieser Tätigkeit entwickeln wird.
Wie sicherlich generell vermutet wird, haben viele der hier berücksichtigten
Autorinnen ein abgeschlossenes Germanistikstudium hinter sich, so z.B. Waldtraut Lewin
Eva Strittmatter und auch Christa Wolf, es befinden sich aber auch viele Frauen mit
Philosophie- (Anna Seghers, Gabriele Eckart), Psychologie- (Helga Schubert), Pädagogik-
(Hannelore Fritzke, Jutta Schlott) und Sprachabschlüssen (Christine Wolter, Irina Liebmann)
unter ihnen. Buchhandel und Bibliothekswesen, Theater-, Schauspiel- und auch Büroarbeit
bilden einen weiteren häufigen Hintergrund für die literarisch Tätigen. Irma Hildebrandt
59

stellt in ihrer Studie Warum schreiben Frauen? (1980) für die BRD fest, was sicherlich in
gewisser Weise auch auf die DDR übertragen werden kann:

In den Instituten der Germanisten sitzen mehr Studentinnen als Studenten, und
da kann es nicht ausbleiben, daß sich nicht alle ausschließlich auf den Beruf
der Lehrerin oder Bibliothekarin konzentrieren, sondern sich am literarischen
Leben in einer zugleich breiteren wie zugespitzteren Weise zu beteiligen
versuchen. Manches bleibt da Episode. Doch hier und da, und die Summe ist
schließlich beachtlich, kommt es zu ernsthafteren und auch beständigeren
Bemühungen, und so schälen sich jene aus der Menge heraus, die ihre Studien
in die Praxis der Literatur überzuleiten verstehen.10

Nicht zuletzt aufgrund entsprechender beruflicher Ausbildungen haben Frauen häufig


das Bedürfnis, mit Sprache produktiv umzugehen und gute Arbeit auf einem Gebiet zu
leisten, das für Frauen Tradition hat und wo außerdem Leistungen und
Leistungssteigerungen von Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts eher honoriert werden
als in Politik, Verwaltung, Forschung oder Wirtschaft. Und natürlich macht sich, hat man
erst einmal mit dem Schreiben begonnen, eine die Schreiblust entscheidend fördeme
Wechselwirkung zwischen den Autorinnen und ihrem Publikum bemerkbar. Je
zustimmender und/oder anregender das Echo von Lesern, Kritikern, preisverleihenden
Institutionen und Medien, desto unmittelbarer erhöht sich das Bedürfnis auf seiten der
Autorinnen, die Qualität ihrer literarischen Produktion professionell zu verbessern, um die
auf ein neues Werk und neue Leseproblematik wartenden Rezipienten nicht zu enttäuschen.
Das geht so weiter, bis sich im günstigsten Fall internationale Anerkennung einstellt und
sich im eigenen Land eine feste "Gemeinde" bildet; eines der besten Beispiele hierfür ist
Christa Wolf.
Die oben genannten Betätigungsfelder sind für Schriftstellerinnen kaum ungewöhnlich
zu nennen, sie entsprechen eher den allgemeinen Erwartungen. Aber auch hier können die
Autorinnen mit einem weiteren Überraschungseffekt aufwarten: Ein wachsender Anteil der
Autorinnen verfügt über eine traditionell frauenuntypische, d.h. naturwissenschaftliche oder
ökonomische Ausbildung. Es finden sich Biologinnen (Helga Schütz, Sarah Kirsch, Petra
Werner), Mathematikerinnen (Helga Königsdorf, Regina Röhner), Finanzwirtschafterinnen
(Monika Helmecke) und Laborleiterinnen (Monika Nothing).11
Die Frauen, die heute in der DDR zur Feder greifen, sind also bei weitem nicht nur
diejenigen, die von Anfang an sprachlich oder literarisch inkliniert waren,12 festzuhalten ist
jedoch, daß nahezu alle - vor allem in der jüngeren Generation - einen ausgesprochen hohen
Bildungsgrad erreicht haben. Die Mehrheit hat die Abiturprüfung entweder als direkten
Schulabschluß oder nach einer Lehre mit Facharbeiterabschluß abgelegt, rund die Hälfte
haben studiert. Diese Feststellung ist weniger erstaunlich wenn man bedenkt, daß in der
DDR mehr und mehr Frauen den Facharbeiterabschluß und generell höhere
Ausbildungsziele erreichen, eine Entwicklung, die nicht zuletzt auf die von offizieller Seite
angestrebte Gleichberechtigung im Bildungsbereich zurückzuführen ist. Für die vorliegende
Untersuchung bedeutet dies, daß die Autorinnen und die in anderen gesellschaftlichen
Bereichen tätigen Frauen der Bevölkerung auch bildungsmäßig einen vergleichbaren
Hintergrund haben. In der Gruppierung der Schriftstellerinnen spiegeln sich somit
allgemeine Tendenzen unter den Frauen in der DDR wider, man kann davon ausgehen, daß
60

sie wissen, wovon sie sprechen, wenn sie diese und ihre Probleme in der Literatur
beschreiben, daß ihr gesellschaftlicher Hintergrund auch der ihrer Rezipientinnen ist. Um
sich dieses Verständnis zu erhalten, arbeiten viele der Autorinnen wenigstens zeitweise
außer Haus. Helga Schubert, die neben ihrer literarischen Arbeit weiterhin als Therapeutin
tätig ist, erklärte 1986:

Ich hab’ immer gedacht, das trenne ich, das sind verschiedene Schubladen.
Aber das ist natürlich Quatsch.(,..)Ich arbeite ja (...) mit unheimlich vielen
dokumentarischen Einzelheiten, mache mir etwa bei Sitzungen, Konferenzen
seitenlange Notizen, um die genaue Art eines Menschen zu studieren. (...)
Mich interessiert unheimlich, was ist. Und das möchte ich gerne so
aufsammeln und zeigen. Auch immer so die Absurdität von etwas zeigen.
Manchmal denk’ ich, ich hab’ mein ganzes Leben darauf trainiert, Absurdes
zu entdecken, und daß ich da wirklich etwas mitteilen kann: etwas als endlich
anzusehen, als nicht so unabänderlich. (...) Natürlich kann ich viele
Lebensumstände aus dem nehmen, was mir erzählt wird. Und es ist
unheimlich, was man in einem Stadtbezirk wie Berlin-Mitte alles hört. Das ist
ein richtiges Reservoir, ein Geschenk vom Schicksal. Da kommt jede Stunde
ein anderer und erzählt etwas, wonach sich mancher Schriftsteller die Finger
lecken würde. Und manche sagen auch: Kann man bei dir nicht hospitieren?13

Aber auch die freiberuflichen Autorinnen sind den anderen Frauen durch viele
Gemeinsamkeiten verbunden. Irmtraud Morgner äußerte dazu 1984 in einer
Podiumsdiskussion:

In dieser Beziehung weiß ich, wovon ich rede. Ich beschreib’ meine Situation.
Ich lebe wie jede normale, berufstätige Frau mit zwei Schichten, nur daß ich
eben nicht ins Glühlampenwerk gehe. Auf meinem Schreibtisch ist alles
durcheinander, die Schreibtischsachen und der ungeheure Wust von
Banalitäten, der erledigt werden muß, und zwar genau. Die Listen, die ich
habe - Socken einkaufen gehen, Brot fehlt, die Turnschuhe sind nicht da -, das
hab’ ich alles in Listen auf meinem Schreibtisch. Ich glaube, das Groteske der
Situation, das lebe ich auch, nur vielleicht ein bißchen besser.14

Zwar erlaubt die freischaffende Tätigkeit ihnen, Beruf und Familie besser
miteinander zu verbinden, die An- und Heimfahrzeiten zum Arbeitsplatz entfallen, man ist
zu Hause, wenn man gebraucht wird. Allerdings wird man dadurch auch anfälliger für
Alltagsprobleme, die einen von der eigentlichen Arbeit abhalten. Man darf in diesem
Zusammenhang auch nicht vergessen, daß Schreiben schließlich Heimarbeit ist und
Heimarbeit - nicht zuletzt aus den genannten Gründen - immer in erster Linie eine Domäne
der Frauen war. Denn abgesehen von einer Spitzengruppe, könnte man auch die
Schriftstellerei nüchtern als eine Nebenerwerbstätigkeit bezeichnen, die sich durchaus in
geordneter und sinnvoller Weise mit dem Hauptberuf des Ehemanns oder Lebensgefährten
verbinden läßt. Manche Frauen können deshalb ihren Rollenhader und alles, was damit
verbunden ist, nur literarisch anschaulich darstellen, vermögen das nur publizistisch
wirksam zu tun, weil sie andererseits noch in ihrem alltäglichen Leben die traditionelle
61

Rollenaufteilung der Geschlechter, wenigstens im Grundmuster, weiter praktizieren. Daß


sich aber gerade aus dieser Situation unerwartete und auch vorauszusehende Schwierigkeiten
ergeben, wird von der Mehrzahl der Autorinnen immer wieder betont. Haushalt,
vertragliche Verpflichtungen und auch die dem Mann und vor allem den Kindern gegenüber
müssen ständig gegeneinander abgewogen und Prioritäten gesetzt werden. Auch der von der
eigenen Wohnung aus arbeitenden Autorin wird nur zu klar sein, wie eine Frau sich fühlt,
die sich durch ihre Verantwortung für Familie und Beruf zerissen fühlt.
Eine große Anzahl der Schriftstellerinnen sind über journalistische Tätigkeiten und
Arbeit für Rundfunk und Fernsehen zum Schreiben gekommen. Warum dieses Bedürfnis
in ihnen erwuchs, was sie zum Schreiben brachte, soll im nächsten Kapitel untersucht
werden. Gisela Steineckert (1982) berichtet aus eigener Erfahrung, daß sie in der täglichen
Anforderung, die ihr nicht erlaubte, literarische Vorhaben auf den "Sankt-Nimmerleins-Tag"
zu verschieben, bald herausfand, was sie nicht besonders gut konnte, aber auch, was ihr
besser lag als anderen. Die Gespräche, die Kommunikation mit journalistisch tätigen
Kollegen haben ihr Relationen vermittelt, die sie allein vielleicht nie gefunden hätte. Bei der
Zeitschriftenarbeit ist ihr bewußt geworden, "daß Politik dabei einen sehr großen Anteil
haben muß”. Zusätzlich aber auch, "daß Journalismus für den Tag zum Teil meine Vorliebe
bleiben wird, daneben aber das andere, das Poetische doch wohl den größten Teil
beansprucht".15
Daniela Dahn (1980) nennt in ihren "Gedanken-Spielen" einen weiteren
ausgesprochen interessanten Grund für diesen Übergang:

Die Literatur lebt vom Ausmalen der Konflikte, unser Journalismus (trotz
gegenseitiger Beschlüsse) vom Übermalen. Diese kuriose Spanne zwischen
beiden die Wirklichkeit widerspiegelnden Bereichen auszunutzen ist ein
Schreibantrieb für mich. Das scheint mir auch der Grund, warum - soweit ich
das beobachten kann - immer mehr Debütantinnen aus irgendwelchen
Redaktionen kommen, während immer mehr Literaten journalistische
Gegenstände mit einbeziehen.16

Journalismus und Literatur nähern sich also immer mehr aneinander an. Die
Funktionen, die Wolf (1968) für die Literatur schon lange an die Massenmedien verloren
sah,17 scheinen langsam aber sicher zu ihr zurückzukommen: "In einem Land, in dem selbst
die Journalisten die Kunst des Fragens verlernt haben",18 bildet die Literatur mehr und mehr
die "Öffentlichkeit", die in den staatlich kontrollierten Medien nicht geduldet wird.

Fußnoten

1 Hildebrandt, Christel: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 7.


2 Brüning, Elftede: Wie andere Leute auch. Halle (Saale) und Leipzig: 1983. Seite 76f.
3 ebenda, Seite 77
4 Wolf. Christa: Büchner-Preis-Rede.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 319-332. Hier Seite 326f.
5 Hildebrandt Christel: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 86.
6 Gerti Tetzner - Christa Wolf. Ein Briefwechsel.-In: Wolf, Christa: Materialienbuch. Hrsg, von Klaus
Sauer. Neue, überarbeitete Auflage. Sammlung Luchterhand. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand
62

Verlag 2. Auflage 1985. Seite 39-56. Siehe auch McPherson, Karin: GDR women writers_
Contemporary German Studies. Occasional Papers, 1987, No. 3, p. 43.
7 B., L.: Christa Wolf. Sonntag. 1987, 41. Jg., Nr. 43, Seite 1.
8 Thomalla, Ariane: Schriftstellerin und Psychotherapeutin in der DDR. Gespräch mit Helga Schubert.
Deutschland Archiv. 1986, 19. Jg., Nr. 10, Seite 1104-1110. Hier Seite 1106.
9 Zitiert nach Wolf, Christa: Glauben an Irdisches.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung.
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 115-143. Hier Seite 116.
10 Vgl. hierzu Jarmatz, Ingrid: Zwischentöne.-In: Günther, Eberhard / Liersch, Werner / Walther, Klaus
(Hrgb.): Kritik 86. Rezensionen zur DDR-Literatur. Halle (Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag
1987. Seite 212-214. Richter, Karin: Gerti Tetzner - Maxie. Weimarer Beiträge. 1982, 28. Jg., Nr.l,
Seite 132-140. Liebmann, Irina: Ich bin ein komischer Vogel. Berlin (DDR): Altberliner Verlag 1989.
Reimann, Brigitte: Kinder von Hellas. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 1989.
11 Hildebrandt, Irma: Warum schreiben Frauen ? Befreiungsnotstand - Rollenhader - Emanzipation im
Spiegel der modernen Literatur. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder 1980. Seite 13f.
12 Vgl. hierzu Hanke, Irma: Von Rabenmüttern...-In: Helwig, Gisela (Hrgb.): Die DDR-Gesellschaft im
Spiegel.... Köln: 1986. Seite 136. Pawlowitz, Ingrid: Kein Duft von wilder Minze. Weimarer Beiträge.
1982, 28. Jg., Nr.9, Seite 137-145. Hier Seite 140.
13 Thomalla, Ariane: Schriftstellerin und Psychotherapeutin in der DDR. Deutschland Archiv. 1986, 19. Jg.,
Nr. 10, Seite 1106f.
14 Morgner, Irmtraud: Die Hexe im Landhaus. Zürich und Villingen. 1986. Seite 74.
15 Winzer, Klaus-Dieter: "Du mußt die anderen zu dir holen!" Gespräch mit Gisela Steineckert.
Gewerkschaftsleben. 1982, Heft 10, Seite 36f. Hier Seite 36.
16 Dahn, Daniela: Gedanken-Spiele. Neue deutsche Literatur. 1980, 28. Jg., Nr. 7, Seite 79.
17 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 14ff.
18 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 283.
63

Ich fühle auf einmal, daß es böse endet,


wenn man alle Schreie frühzeitig in sich
erstickt.1

1.3 Warum Frauen schreiben

Einige der Gründe, die Frauen dazu bewegen, literarisch produktiv zu werden, sind im
vorausgegangenen Abschnitt schon angesprochen worden. Hierzu zählt z.B. die berufliche
Ausbildung und auch die Lebenssituation der Frau selbst, die auch heute noch mehr als der
Mann an Heim und Herd gebunden ist. Eine solche Zusammenfassung muß jedoch
unbefriedigend bleiben, solange man sich nicht deutlich macht, daß bei einer Autorin
zumeist mehrere Gründe mitspielen, die sie sich dem Schreiben zuwenden lassen.
Hinzukommen selbstverständlich auch die verschiedenen Stimmungslagen und
Persönlichkeitsstrukturen der Schriftstellerinnen. Versucht man jedoch, diese in eine
Untersuchung mit einzubeziehen, stößt man schnell an die Grenze eines systematisierten
Vorgehens und muß sich mehr oder weniger auf die persönlichen Aussagen, das Schreiben
betreffend, verlassen. Diese Näherungsweise scheint jedoch nicht nur die interessanteste,
sondern in gewisser Weise auch die vielversprechendste zu sein, nicht zuletzt deshalb, weil
so die Autorinnen - soweit sie sich zum Thema ausgelassen haben und diese Äußerungen
erhältlich sind - selbst zu Wort kommen. Die in diesem Kapitel wiedergegebenen Aussagen
entstammen alle in Zeitschriften, Zeitungen und anderweitig publizierten Interviews sowie
auch Werken der Autorinnen. Da auf diese Weise nur Äußerungen eines Teils der in dieser
Arbeit berücksichtigten Schriftstellerinnen gefunden werden konnten, dürfen die auf diesen
basierenden Einordnungsraster nicht als starre Grenzziehungen, sondern nur als
Schwerpunktsetzungen angesehen werden.

Zunächst stellt sich in einer Untersuchung der Schreibmotivationen die Frage, ob die
Produzentinnen eine auf einem Einvernehmen basierende oder gar abgesprochene
feministische Mission verfolgen, oder ob es sich bei der thematischen und auch stilistischen
Übereinstimmung ihrer Texte, die in den vorausgegangenen Abschnitten besprochen worden
sind, mehr um Entwicklungen handelt, die in mehreren voneinander unabhängig arbeitenden
Einzelpersonen gleichzeitig zum Durchbruch kam.

Die meisten der Schriftstellerinnen begannen schon als Jugendliche zu schreiben,


einige wenige ließen sich von diesem Weg nicht abbringen, studierten künstlerische,
literarische oder mit Journalismus verbundene Fachrichtungen an Universitäten und
Fachschulen. Als Beispiele für diese Gruppierung lassen sich Christa Wolf, Irmtraud
Morgner, Eva Strittmatter, Beate Morgenstern, Daniela Dahn, Erika Paschke, Ursula
Püschel und auch Rosemarie Zeplin nennen. Andere - und das sind wohl die meisten -
wurden zunächst von ihrem eigentlichen Vorhaben abgelenkt oder es fehlte ihnen ganz
einfach der Mut, ihre ersten Ambitionen weiterzuverfolgen. So war z.B. auch Charlotte
Worgitzky früh klar, daß sie künstlerisch arbeiten wollte. Zunächst wollte sie Komponistin
werden sah aber bald in dieser von Männern dominierten Sparte keine Zukunft für sich und
wandte sich darum der Schauspielerei zu. Dieser Beruf lag ihr sehr und sie übte ihn lange
Jahre aus bis ihr mit der Zeit immer weniger Rollen angeboten wurden, die sie
64

interessierten. Daraufhin versuchte sie sich in der Schriftstellerei - mit Erfolg.2


Königsdorf, selbst über den Umweg einer naturwissenschaftlichen Ausbildung zum
Schreiben gekommen, beschreibt diese Erfahrung, die sie mit vielen anderen Autorinnen,
wie z.B. Helga Schubert, Daniela Dahn, Gerti Tetzner, und auch Gabriele Eckart teilt, nicht
ohne Ironie im Nachsatz zu ihren Ungehörigen Träumen (1978):

Schreiben wollte ich bereits als Kind. Da ich damals noch keinem
Leistungskomplex unterlag, gestattete ich mir nach meinem schriftstellerischen
Debüt im Familienkreis eine längere schöpferische Pause. Mit sechzehn
verfaßte ich ein blutrünstiges Drama, worüber alle gewaltig lachten. Es
mangelte mir an menschlicher Reife, denn ich begriff nicht, daß mir damit
etwas sehr Schwieriges gelungen war.
Ich wandte mich anderen Dingen zu, über denen ich meine schriftstellerische
Berufung aus den Augen verlor. Ich unterzog mich willig sämtlichen
Frauenförderungsmaßnahmen, erwarb fast alle Abzeichen "Für gutes Wissen"
und leistete meinen Beitrag zur Reproduktion der DDR-Bevölkerung.
Als ich mein Vorhaben längst endgültig vergessen hatte, brachen die
vorliegenden Geschichten völlig ungerufen aus mir heraus. Fast ist mir, als
ob ich nur ein Medium war, und ich staune selbst, wie ungeschminkt sie
sind.3

Königsdorfs Schreiben wurde also weder von einer bewußten Entscheidung, noch von
einem bewußten Motiv ausgelöst. Ihre Anmerkungen werden von vielen Seiten unterstützt.
So vertrat z.B. Werner Liersch in einem 1972 in Sonntag veröffentlichten
Rundtisch-Gespräch die Ansicht,4 daß man erst eine Biographie haben müsse, ehe man
schreiben könne und auch Christa Wolf stellt in Lesen und Schreiben fest, daß sehr junge
Menschen nur sehr selten Prosa schreiben können, weil man, bevor man schreiben kann,
gelebt haben muß. Diese Beobachtung wird ihrer Meinung nach oft für banal gehalten,
obwohl sie doch für beide Geschlechter zutreffend ist. "Die Frauen", so fährt sie fort,
"lebten lange, ohne zu schreiben; dann schrieben sie - wenn die Wendung erlaubt ist - mit
ihrem Leben und um dir Leben . Das tun sie Wolfs Ansicht nach bis heute, oder heute
wieder.5
Auch Irmtraud Morgner kann dieser Entwicklung nur Positives abgewinnen. Sie hält
die Tatsache, daß weibliche Schriftsteller Nachricht vom Menschen geben, indem sie
beschreiben, was Frauen zustößt, für nichts Außerordentliches, sondern für völlig normal.
Wundem würden sich die Menschen nur darüber, weil man in der Literatur bisher
überwiegend Männergegenstände gewöhnt ist und Frauen so erscheinen, wie ein Mann sich
vorstellt, daß eine Frau sein sollte. Jetzt aber sei der Vorgang umgekehrt: Frauen werden
von Frauen als ganz unromantischer Gegenstand beschrieben, und die Männer erscheinen
als Bilder, die sich die Frauen von ihnen machen. Beide Optiken können ihrer Ansicht nach
zur Wahrheitsfindung beitragen.6
Tanja Stern wollte laut eigener Aussage niemals über Frauenprobleme schreiben Ihr
gefallen die vielen literarischen Loblieder auf den weiblichen Mut, die weibliche Sensibilität
und Selbstverwirklichung nicht. Sie war überzeugt davon, daß sie eine solche Geschichte
nicht aus der Feder bringen könnte:
65

Und nicht allein mein Oppositionsgeist würde mich, so glaubte ich, davor
bewahren, mit diesem breiten attraktiven Strom zu schwimmen, sondern auch
und vor allem die Tatsache, daß mir der ganze Streit um die
Geschlechterfrage, all das Gerede über Feminismus, weibliches Gefühlsleben
und Frauenemanzipation im Grunde fremd und gleichgültig ist.7

Natürlich gebe es auch für sie Momente der Wut über männlichen Chauvinismus,
doch sie habe sich immer davor gehütet, in diesem Punkt allzu hellhörig zu sein. Mit
solchem Verhalten konfrontiert, habe sie stets die Gründe in den jeweiligen Umständen
gesucht, "nicht in meinem und ihrem Geschlecht":

Wie albern, hinter jeder menschlichen Gemeinheit eine männliche


Diskriminierung zu wittern! Wo die Frauen so viel Wirbel um sich machen,
da müssen einem doch die Männer fairerweise fast schon wieder leid tun. Ich
wollte nicht zu den schreibenden Frauen zählen, die von allen Seiten und ohne
Ende das Spezifisch Weibliche bespiegeln. Ich hielt es nicht für
bemerkenswert, daß ich als Mädchen auf die Welt gekommen war. Ich fand
es wichtiger, ein Mensch als eine Frau zu sein.
So dachte ich.8

Dem Leser dürfte an dieser Stelle schon klar geworden sein, daß es der Autorin
entgegen ihren eigenen Erwartungen nicht gelungen ist, das Thema für sich auszuschließen.
Ihre zunächst abweisende Einstellung mag darauf zurückzuführen sein, daß sie - erst 1952
geboren - zu den jüngsten der hier herangezogenen Schriftstellerinnen zählt und
entsprechend in den sechziger und siebziger Jahren ihre einschlägige Prägung von dem
erhielt, was der real-existierende Sozialismus den Frauen auf dem Papier und auch im
Alltag zu bieten hat. Die Probleme, die viele Frauen zum Schreiben veranlassen, mögen sie
in diesem Zeitraum noch nicht berührt haben. Erst heute, Ende der achtziger Jahre, sieht
auch sie sich gezwungen, Stellung zu beziehen.
In dem hier zitierten Aufsatz stößt Stern sich an der "Herzchen"-Erzählung von
Tschechow, in der die als "Herzchen" bezeichnete Frau sich stets den Bedürfnissen ihres
jeweiligen Ehemannes problem- und überlegungslos fügt. Diese blinde Anpassung erzeugt
den Widerspruch der Schriftstellerin. Aber sie weiß: "Das Herzchen, meine Lieben, steckt
in uns allen, auch wenn wir es noch so sehr verfluchen."9 Auch wenn man mittlerweile
ohne Ärztinnen, Telegrafistinnen, Advokatinnen, Wissenschaftlerinnen und
Schriftstellerinnen nirgendwo mehr auskommen könne, "es muß da etwas Urweibliches
geben, gegen das nicht Fortschritt noch Vernunft uns helfen, eine Art innere
patriarchalische Zuchtrute, einen unbewußten, überlieferten Gehorsam vor der Autorität des
Stärkeren, einen Drang nach Anlehnung und Bezwungenwerden...".
Natürlich gebe es auch männliche Herzchen, diese seien aber die Ausnahme.
Wendungen wie: Ich will jemandem gehören, mich ihm hingeben, ein Teil von ihm sein,
seien, auch wenn sie altmodisch klängen, lebendig, und hätten heute wie damals eine
weibliche Färbung.10 Der Ruf nach starken, streitbaren Persönlichkeiten werde in der
Theorie "auffallend oft" erhoben und "natürlich" sehnten sich die Männer nach
selbstbewußten Partnerinnen - "so aufrichtig, wie sich die Gesellschaft nach aneckenden
Rebellen sehnt", fügt Stern sarkastisch an. Aber die selbstbewußten Frauen, so beklagten
66

sich diese Männer, waren zufällig immer nur zänkische Weiber, die sie gar nicht richtig
liebhaben konnten, und so erkennen sie nun aufatmend, seufzend, daß die Fähigkeit sich
anzupassen, im Zusammenleben wichtiger ist als Anspruch, Selbstbewußtsein und Niveau.
Stern hütet sich bewußt davor, am Ende ihrer Überlegungen ein endgültiges Fazit zu
formulieren, ihr geht es darum, daß Bewußtsein ihrer Rezipienten zu heben: Anpassung
muß ja nicht immer nur von einer Seite kommen und was einen Menschen in einer
Partnerbeziehung glücklich macht, trifft längst nicht auf alle zu.11

Christa Wolf (1968) gelingt nur eine Teilantwort auf die Frage, was einen Menschen
zwingen kann, literarisch produktiv zu sein. Ihr scheint es, als ob dem Schreibenden (egal,
ob männlichen oder weiblichen Geschlechts) in seiner literarischen Arbeit "eine Kurve
gelingt, die intensiver, leuchtender, dem wahren, wirklichen Leben näher ist als die
mancherlei Abweichungen ausgesetzte Lebenskurve". Aber es ist nicht nur, daß ein Stück
Prosa dem Leben häufig näher erscheinen kann, als das Leben selbst, sondern auch, daß das
"nackte bloße Leben” nicht ohne weiteres mit sich selber fertig wird, nicht ohne
beschrieben, überliefert, gedeutet und reflektiert zu werden.12 In gewisser Weise stimmt
diese Ansicht mit der in Kapitel 1 von offizieller Seite vertretenen Einstellung überein, daß
der Autor dem Leser als eine Art Lehrer, in einer wegweisenden Funktion
gegenüberzutreten habe.13 Es stellt sich bei dieser Überlegung aber die Frage, inwieweit die
Schriftstellerinnen bereit sind, die von ihnen verlangte Darstellungs- und Deutungsfunktion
zu übernehmen. Diesem Problem wird im Kapitel über die Ziele und Absichten der
Autorinnen nachzugehen sein.
Deutung, Beschreibung, Überlieferung und Reflexion stellen also Gründe zum
Schreiben - und sicherlich auch zum Lesen - dar. Auffällig ist hier, daß es sich gerade um
die Funktionen zu handeln scheint, die für die Literatur zunächst als an den Journalismus
verloren galten, die sie nun aber - zumindest in den Augen der Schriftstellerinnen der DDR
- zurückgewonnen zu haben scheint. Weiterhin birgt die Beobachtung, daß das Leben nicht
ohne weiteres "mit sich selber fertig werden kann", daß ein Hinterfragen und ein Suchen
nach Erklärungen - nicht zuletzt mittels der Literatur - nötig und auch nützlich ist, eine
unmittelbare Assoziation zum Konzept "Lebenshilfe" in sich. Bei diesem Phänomen, das
für westliche Beobachter nur schwer vorstellbar ist, da es im Westen in ähnlicher oder
vergleichbarer Weise nicht existiert, handelt es sich um eine mehr oder weniger freiwillig
gegebene Dienstleistung der Schriftsteller dem Leser gegenüber, die in der DDR an
Wichtigkeit gewonnen hat. Festzuhalten wäre, daß die Schriftstellerinnen durch ihre
Beschreibung des Gegebenen Reflexionen auszulösen suchen, nicht nur in sich selbst,
sondern auch in den Rezipienten, die an Probleme - und vielleicht auch deren Lösung -
heranführen sollen.

Auf der Grundlage dieser Feststellung kann es nicht überraschen, daß häufig
Ausnahmesituationen und Veränderungswünsche Anlaß der Geschichten sind. Elfriede
Brüning schreibt, wie sie in einem Interview anläßlich ihres 70. Geburtstags (1980) erklärte
"um zu verändern", Irmtraud Morgner (1978) spricht von "Veränderungen, die leise
beginnen”, und Brigitte Reimann hält 1962 in einem Brief an das Neue Deutschland fest'
"Bücher helfen verändern - das ist eine der schlichten Wahrheiten, die ich entdeckt oder
wieder entdeckt habe."14 Daniela Dahn formulierte 1982:
67

Es wäre natürlich schön, wenn Literatur Leben verändern könnte. Ich würde
schreibend liebend gern eine Welt mitgestalten, in der Frieden herrscht, im
großen wie im kleinen. In der die Menschen nicht einander Feind sind,
sondern sich - nicht zuletzt befähigt durch eine blühende Kunst und Kultur -
mit hohen moralischen Ansprüchen begegnen: großzügig und tolerant,
kameradschaftlich und uneigennützig, gebildet, ungenügsam und
vorwärtsdrängend.(...) Man kann das Leben wohl nur verändernd ertragen.
Schreiben und Lesen helfen dabei manchmal.13

Solche Überlegungen mögen den westlichen Beobachter wirklichkeitsfremd anmuten, aber


erfahrene Autorinnen, wie z.B. Christa Wolf (1979), sehen gerade im Schreiben eine
Möglichkeit, Utopie - "Elemente der Hoffnung" überhaupt noch einzuführen.16 Sie glaubt
zwar nicht, daß Literatur auf zentrale politische Entscheidungen einen wesentlichen Einfluß
hat, aber es gebe ja "den merkwürdigen psychologischen Mechanismus der Verdrängung
und Milderung von Einsichten", die sehr bedrohlich seien, es gebe "die Zähigkeit von
Hoffnung". "Auf diese Hoffnungen hin schreibe ich, versuche ich, den Wurzeln der
Widersprüche zu entgehen, in denen unsere Zivilisation jetzt steckt."17
Auch die Sirene Beatriz in Morgners Hexenroman Amanda (1984) kommt zu dem
Schluß, daß es um die Verwandlung der Sehnsucht, "der Hoffnung nach hinten", in
"Hoffnung nach vorn und Tatenmut" geht: "Mein Treiben auf ein undeutliches Ziel zu
endete dort, wo ich begriff: Auch ein Buch könnte Mittel zur Bekanntmachung von
Hindernissen sein, die überwunden werden müssen, soll die Menschheit nicht zugrunde
gehen."18 In der schriftlichen Sirenenstimme sieht Beatriz zwar keine überwältigende Form
der Mitteilung, im Vergleich zum Sirenengesang sei sie "nur von bescheidener
Wirkungskraft", aber dafür stand ihr diese sofort zur Verfügung: "Worte gegen die
Zündung von Tonnen Sprengstoff pro Kopf Erdbevölkerung mögen weniger sein als ein
Hauch. Aber ich konnte das wenige sofort einsetzen."19 Morgner selbst betont in einem
Interview (1975) wiederholt, daß geschichtliche Veränderung nur langsam vor sich geht und
daß Literatur allein keinen sozialen Umschwung herbeiführen kann.20 Diese realistischeren
und bescheideneren Einschätzungen der Literaturwirkung werden von Herminghouse (1979)
als Basis der neuen artistischen Freiheit gesehen, die das Ergebnis eines veränderten
Verständnisses von Literatur in der DDR sei.21 Entsprechend heißt es auch in einer
Diskussion in Sinn und Form (1976) : "...indes wird man gewahr, das literarische Werke
den Leser häufig nicht direkt, zum Teil sogar auf geheimnisvolle Art beeinflussen. Mit
diesem Phänomen haben sich die Autoren vertraut gemacht (und ich glaube, auch die
politische Führung)."22 Ähnlich äußert auch Morgner:

Man kann die Sitten nur ändern, indem man sie als seltsam und unangemessen
ins Bewußtsein hebt, zum Beispiel mit der Literatur, indem man den Leser
anregt zu einem schöpferischen Prozeß des Nachdenkens und der
Verwunderung über sich selbst. Eine Änderung der Sitten ist ein Prozeß der
Gesellschaft und jedes einzelnen, ein Prozeß, der Entdeckungen bringt.23

In ihrem Roman Amanda (1983) führt sie weiter aus:

Die Philosophen haben die Welt bisher nur männlich interpretiert. Es kommt
68

aber darauf an, sie auch weiblich zu interpretieren, um sie menschlich


verändern zu können.24

Veränderungen werden also von den meisten der Schriftstellerinnen angestrebt, viele
erwarten sie, einige wagen nur zu hoffen, aber alle sind willens, ihren Beitrag zu einer
solchen Entwicklung zu leisten. Es geht darum, die Rezipienten zum Nachdenken über ihre
gegenwärtige Lebenssituation anzuregen. Mißstände im privaten, beruflichen und auch
weltpolitischen Bereich sollen aufgezeigt werden und eine "weibliche Interpretation" zur
Schaffung einer menschlicheren Welt beitragen. Bei dieser Aufgabe darf man den Mut nicht
sinken lassen, denn "Literatur braucht Zukunft" und ist eine langsam wirkende Stimme:
"Ein literarisches Werk kann nur reifen und ausreifend zu Stimmgewalt kommen, wenn es
in solcher Zukunftsgewißheit geschrieben wird.”25

Diese Veränderungswünsche entsprechen prinzipiell der Aufgabenstellung des


sozialistischen Realismus, der der Kunst bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen
Gesellschaft eine "konstruktive, mitgestaltende Funktion bei der Verwirklichung des
sozialistischen Humanismus" einräumt und von ihr erwartet, am ästhetischen "Vergnügen
an der Meisterungsmöglichkeit des menschlichen Schicksals durch die Gesellschaft"
teilzuhaben.26 Die künstlerisch-kritische Behandlung von Erscheinungen des Lebens im
Sozialismus wird als ein Teil der mitgestaltenden Rolle der Kunst und Literatur "in und für
die Gesellschaft" verstanden und soll zur Ausbildung sozialistischer Eigenschaften der
Persönlichkeit beitragen. Aus diesem Grunde wird von der Kunst nicht nur
Volksverbundenheit, sondern auch sozialistische Parteilichkeit verlangt, d.h. daß
Veränderungen innerhalb des bereits im einleitenden Kapitel dieser Arbeit beschriebenen
Koordinatensystems möglich und unter Umständen sogar erwünscht sind, wenn sie den
Vorstellungen der politischen Führung genügen.
Veränderungs wünsche und -bemühungen mittels der Literatur werden also, solange
sie im genannten Rahmen bleiben, als durchaus geraten eingeschätzt und sogar befürwortet.
Die vorgreifende und ankündigende Funktion der Literatur ist in diesem Zusammenhang als
die wesentlichste genannt worden, die entsprechend auch niemals in Abrede gestellt worden
sei.27 Man habe den Schriftstellern immer das Recht zugestanden, Probleme aufzuwerfen,
die die Politiker noch nicht aufgeworfen hatten. Dabei habe es sich aber immer nur um die
gleichen Probleme gehandelt, die in der Literatur vielleicht ein wenig früher als in der
Politik zur Sprache kamen, um gewisse Fehler an Formen zu signalisieren, unter denen die
sozialistische Gesellschaft eingerichtet und angeleitet wurde. Man habe von den
Schriftstellern gewissermaßen verlangt, daß sie "ehrenamtliche Helfer der Politiker" seien.
Nun aber habe die gewonnene Eigenständigkeit der Literatur zur Folge, daß Autoren und
Politiker nicht mehr ein und dieselben Probleme aufgreifen. Heute behandele man
verschiedene Probleme auf unterschiedlichen Ebenen.
Im Phantastischen wird eine Reaktion auf das gesehen, was man als "giftige
Niederschläge des Mythos von der technischen Revolution" bezeichnen könnte.28 Dieses
Element, das sich direkt gegen die Wissenschaft richtet, die - so fühlt man - schlecht
verwendet wird und die menschlichen Beziehungen erkalten läßt, ist in vielen Romanen und
Erzählungen zu finden.29 Ebenso auch die Rückgriffe auf Märchen: bei Christa Wolf findet
man das zum Denken fähige Tier, das mit kritischem Blick die Welt der Forscher
betrachtet, in der es lebt.30 Eine differenzierte Betrachtung der Umwelt und neuer
69

Entwicklungen wird somit häufig zum Schreibanlaß, es geht um "die Umwandlung der
Verhältnisse".31
Die Autorinnen nennen ihre genaueren Veränderungsvorstellungen jedoch längst nicht
immer geradeheraus, sie kleiden sie in Beschreibungen des Alltags, die des eigenen und die
anderer, und thematisieren sie so auf immer wieder neue Weise. In fast allen Fällen dienen
eigene Erfahrungen als Ausgangspunkt. Die Schwierigkeit, selbst mit bestimmten Problemen
fertigzuwerden, bildet die Basis und das Reservoir für viele literarische Werke weiblicher
Autoren. Helga Schubert stellt im Nachwort zu ihrem Geschichtenband Blickwinkel (1984)
fest:

Geschichten, die mich beeindrucken, passieren mir jeden Tag, Zusätzlich höre
ich noch schlimme, mutige, absonderliche, skurrile und hoffnungsvolle Sätze
von meinen Patienten. Und das auch jeden Tag.
Das Problem ist für mich bisher noch nicht das Schreiben, sondern das
Aushalten der vielen Schwierigkeiten, von denen ich höre und in denen ich
selbst lebe. Das Aufschreiben ist ein kleiner Klärungsversuch. Bisher
funktionierte er. Vieles konnte ich so zu meinen inneren Akten legen.
Aber sehr viel ist noch unerledigt, und täglich kommt Neues hinzu.32

Erfahrungen werden also aus dem eigenen Leben und auch aus dem anderer
gesammelt, Schubert erwähnt in diesem Zusammenhang ihre Patienten als Zubringer, aber
diese sind sicherlich problemlos für andere Autorinnen durch Nachbarinnen,
Arbeitskolleginnen und Freundinnen ersetzbar. Auf diese Weise vermischt sich
Selbsterlebtes mit den Erlebnissen anderer, eigenes Empfinden mit dem Verständnis für die
beschriebene Situation. Gelebte Erfahrung ist auch für Irmtraud Morgner von extremer
Wichtigkeit, sie ist für sie das Fundament der Kreativität.33 Morgner kann nur über Dinge
schreiben, die sie selbst erlebt, gesehen, angefaßt hat. Dieses Postulat erscheint erstaunlich,
wenn man an ihre Geschichten denkt, die sich doch gerade durch phantastische Bilder,
Magie und utopische Szenen auszeichnen. Doch Morgner vertritt die Ansicht, daß das
Konkrete künstlerisch bearbeitet werden kann und muß, damit aus dem Erlebten
weiterführende Perspektiven entwickelt werden können. Es genüge nicht, Realität allein
wiederzugeben, sie muß das Fundament bilden für den Entwurf weiterführender Bilder.
Selbsterlebtes darf nicht unterschätzt werden: Eine Protagonistin Dorothea Kleines (1986)
formuliert: "Ehrliche Bücher machen wach, machen ehrlich."34 Ähnlich heißt es auch bei
Morgner (1980): "Die größten Einblicke in unbekannte Welten eröffnen Menschen
Menschen, die sich eröffnen."35
Aber nicht allen Autorinnen ist es möglich, sich den Lesern zu offenbaren, eigene
Erfahrungen auch als solche darzustellen. DDR-Literaturkritikerin Sigrid Töpelmann
kommentiert in der Nachbemerkung zu Beate Morgensterns Jenseits der AUee (1979), daß
diese ersten Erzählungen alle vordergründig wenig mit der Autorin selbst zu tun haben.

Ungewöhnlich ist an diesem Band, daß keine der Geschichten icherzählt wird
und daß die Autorin eigene Lebensprobleme, Konflikte, an denen sie selbst
unmittelbar beteiligt ist, in den frühsten Geschichten durchweg ausspart. Sie
erzählt dort von Menschen, die sie an der Peripherie ihres Lebensumkreises
kennengelernt haben könnte, und gibt mit detailgenauen, stimmigen
70

Beobachtungen deren Portrait, macht fremde Lebenserfahrungen und


Verhaltensweisen zugänglich.36

Aufgrund ihrer disziplinbetonten und zur Selbstaufgabe auffordemden Erziehung im


Elternhaus offenbart Morgenstern nur sehr zögernd Teile ihres Ich. In den ersten
Erzählungen schreibt sie das scheinbar von der eigenen Person abgetrennt, obwohl in die
Art des Schreibens, in das dargestellte Umfeld und in die geschilderte Konfliktbewältigung
sehr viel eigenes Empfinden mit einfließt. Das Schreiben bietet so für sie eine Möglichkeit,
ihre Sozialisation zu überdenken, die festgeschriebenen Normen zu relativieren und neue
zu erproben. Frauengestalten tauchen erst in den späteren Erzählungen verstärkt auf, häufig
bildet die eigene Arbeitswelt den Rahmen. Sie beschreibt Situationen, die zunächst sehr
harmonisch erscheinen, erst beim genauen Hinhören werden feine Unebenheiten
detektierbar, vermischt mit einer sanften Melancholie (Hildebrandt, 1984).37
In Bezug auf die Erzählung Nachdenken über Christa T. (1968) bekennt z.B. auch
Christa Wolf sich zu einem ganz subjektiven Antrieb: Ein Mensch, der ihr nahe war, starb
zu früh. Sie wehrte sich gegen diesen Tod und suchte nach einem Mittel, sich wirksam
wehren zu können: "Ich schreibe suchend. Es ergibt sich, daß ich eben dieses Suchen
festhalten muß, so ehrlich wie möglich, so genau wie möglich."38
Das Thema menschlicher Vergänglichkeit wird auch von Helga Schubert mit
ähnlichen Absichten aufgegriffen. In ihrer Erzählung "Knoten"39 beschreibt sie nicht nur die
Ängste und Sorgen, die ihre eigene Krebserkrankung mit sich brachte, sondern auch die
Schwierigkeiten, die mit der Ausarbeitung dieses Stoffes Zusammenhängen. Immer wieder
nimmt sie sich vor, die Geschichte zu schreiben, legt sie ihre Materialien und
Schreibutensilien zurecht und immer wieder findet sie neue Ausreden, Ausflüchte und (nur
zu willkommene und geradezu gesuchte) Ablenkungen, um sich weiterhin der
selbstgestellten, darum aber nicht leichteren, Aufgabe zu entziehen. Selbst wenn es ihr
gelingt, sich zum Schreiben zu zwingen, enden diese Versuche in Texten, die das Thema
zwar anschneiden, es aber gleichzeitig auch umgehen: So schreibt Schubert eine
Kurzgeschichte über den Tod ihrer Großmütter, die - fast wie ein Dokument - im gleichen
Erzählband mitpubliziert worden ist. Nach seitenlangen Abschweifungen (die die
Schwierigkeit der Abhandlung des Themas aber auf sehr beeindruckende Weise beschreiben)
kommt sie schließlich zu der dem Leser schon länger ersichtlichen Erkenntnis: "Ich hatte
vergessen, daß ich solche Angst hatte vor dieser Geschichte."40
Schubert tastet sich auf diese Weise an ihre eigene Geschichte heran, sie nimmt sich
Zeit, berichtet von ihrem Alltag, Erinnerungen, Träumen, einer Freundin, die an Krebs
gestorben ist. Erst auf den letzten Seiten der Kurzgeschichte ist sie schließlich fähig über
ihre eigenen Ängste zu sprechen. Am Ende der Erzählung stellt sie fest daß ein
verständnisvoller, sympathisierender Zuhörer manch leidvolle Stunde wesentlich erleichtern
kann. Da war einer, der die Last mit auf sich nahm. So war sie nicht so schwer "4I Gerade
indem sie ihre eigene Schwierigkeit, mit dem Problem fertig zu werden, beschreibt, mag
es ihr möglich sein, anderen zu helfen, sie wissen zu lassen, daß viele Menschen mit
ähnlichen Bedrängnissen konfrontiert sind und daß es auch ihnen nicht leicht fällt diese
hinzunehmen und mit ihnen zu leben.
.... ,^s ,st. nicht nur das Teilen eines Problems mit den Angehörigen und Freunden, das
hilfreich sein kann, es ist sicher auch das Sich-dem-Leser-mitteilen, daß für den
Schreibenden / die Schreibende von Bedeutung ist. Aber auch der Leser profitiert, auch ihm
71

wird durch die Beschreibung der Lasten anderer Menschen beigestanden und vieles
verständlicher und auch ertragbarer. Auch hier sollte die Auseinandersetzung mit dem
Konzept Lebenshilfe, das im Kapitel über die Ziele der Autorinnen diskutiert werden wird,
weitere Einblicke in diesen Aspekt ermöglichen.

Die Frauen beginnen also oft aus Einsamkeit42 und auch aus einem gewissen
Leidensdruck heraus zu schreiben, der eine Entwicklung des Bewußtseins nicht nur zur
Grundlage, sondern auch zum Ergebnis hat. Die Problembeschreibung erhält dadurch, daß
sie schriftlich festgehalten wird, eine größere Intensität und wird so stärker und bewußter
erfahren.43 So spricht Helga Schütz davon, daß ihre Geschichten zunächst von ihr fort
weisen, sie sollten nicht zur Klärung eigener Probleme dienen, sondern eher das eigene
Selbstbewußtsein stärken, indem sie sich ihrer Herkunft bewußt werden wollte.44 Ähnlich
äußert sich auch Beate Morgenstern, die nach einer christlichen, pietististischen Erziehung
im Haus ihrer Eltern im Schreiben unter anderem eine Möglichkeit sieht, ihre Sozialisation
zu reflektieren, die festgeschriebenen Normen zu relativieren und neue zu erproben.45 Als
ein weiterer, sehr persönlicher Schreibanlaß kann für Schütz sicherlich die Tatsache
gewertet werden, daß ihre 1963 geborene Tochter behindert ist und es ihr deshalb schwer
fiel, außerhalb des Hauses zu arbeiten: Schreiben erscheint somit als akzeptable und
durchführbare Alternative zur direkten Interaktion mit der Außenwelt.
Auch Helga Schubert stellt für sich fest, daß sie nicht immer nur für den Leser,
sondern auch manchmal nur für sich selbst schreibt, um zu lernen, um sich selbst und
Dinge für sich selbst zu erkunden:

Zur Zeit (...) sitze ich ganz allein an der Schreibmaschine. Kein Leser im
Nacken. Ich schreibe für meine eigene Bilanz und wundere mich, auch heute,
daß man mir zuhört. Ich will den anderen nichts erklären. Also sollen sie
nicht älter oder jünger sein. Ich will, daß sie ihre eigenen Erfahrungen
wiederfinden. Also sollen sie möglichst aus dem eigenen Land sein, der
gleichen großen Stadt. Die gleiche Wellenlänge, ein Spiegel, ein Echo, etwas
Verwandtes, Hoffnungsvolles, Unernstes.46

Eine wichtige Beobachtung, die aus dieser Feststellung abgeleitet werden kann, ist,
daß Schubert - und somit wahrscheinlich auch andere Autorinnen - die breite Masse der
Rezipienten ansprechen, auch wenn sie manchmal zunächst nur für sich selbst und über sich
selbst schreiben. Sie schreibt für ihre "eigene Bilanz" und erreicht doch ein weites Publikum
das willens ist, ihr zuzuhören, diese gesellschaftliche Resonanz läßt auf eine
gesellschaftliche Relevanz ihrer Aussagen und Texte schließen.
Die bisherige Verdrängung der in der Frauenliteratur bearbeiteten Themen sei
"allemal auch Leiden", argumentiert Annemarie Auer in ihrem Nachwort zur Anthologie
Blitz aus heiterm Himmel (1975).47 Aber auch Leiden könne zum revolutionären Antrieb
werden, sobald sich erweise, daß es historisch überfällig und zu beseitigen sei. Allerdings,
so fügt Worgitzky (1978) in einer ihrer Erzählungen an, ließen sich die meisten Menschen
zu Neuem, Ungewöhnlichem, zu Aufruhr nur mitreißen, "wenn genügend Starke
vorausgegangen sind, sie sich in der schützenden Mitte Gleichgesinnter fühlen.''4"
Schubert versucht, Teile ihrer eigenen Biographie aufzuarbeiten, eigene, private
Erlebnisse und Empfindungen möglichst unverfälscht zu Papier zu bringen. Sie schreibt über
72

sich selbst, seitdem sie schreibt: "Zunächst mit zwanzig, die erste Erzählung, gleich in die
Schreibmaschine, eine ganze Nacht lang". Es wurde ein böses Geburtstagsgeschenk für
einen ungetreuen Mann. Einen Adressaten haben ihre Geschichten, Gedichte, Portraits
seitdem immer gehabt, auch wenn dieser manchmal mit der Absenderin identisch ist.49
Schubert möchte mit ihren Geschichten auch dokumentieren, sie beharrt darauf
aufzuschreiben, was sie erlebt, auch wenn es, wie z.B. in der Erzählung "Das verbotene
Zimmer", die 1984 in ihrer Kurzgeschichtensammlung Blickwinkel erschien, leicht
phantastisch anmutet, denn, wie sie dort selbst feststellt: "So eine dumme Ausrede glaubt
mir niemand."50
Helga Königsdorf führt in der Kurzgeschichte "Hochzeit in Pizunda" (1978), folgende
Ansichten über das Schreiben aus:

Ich schreibe jetzt, weil ich schreiben muß. Das ist nicht einfach die Folge
einer unbefriedigenden Ehe. Ich habe hastig gelebt. Ich habe Verhaltensmuster
akzeptiert, die mir aufgeschwatzt worden sind. Ich habe Talent bewiesen, alles
zu tun, was man von mir erwartete. Nur eines habe ich darüber vergessen.
Ich weiß nicht mehr, wer ich bin.
Ich wage jetzt das große Abenteuer. Ich begebe mich auf die Suche nach mir
selbst.
In meiner Liebe zu dir suche ich mich. In dem, was ich schreibe, suche ich
mich. Ich habe endlich begriffen, daß ich ein Recht darauf habe. Ich war
einsam, weil ich meine Identität verloren hatte. Denke nicht, ich werde in
deine Arme kommen und darüber die Welt vergessen. Je mehr ich zu mir
selbst finde, um so mehr werde ich zu sagen haben. Ob ich es gut genug
kann, ist eine offene Frage, die aber zur Zeit überhaupt keine Rolle spielt.
Ruhe und Bequemlichkeit kann ich dir nicht bieten, aber interessant würde es
sein mit mir.
Ich werde meinen Weg gehen: mit dir, ohne dich, gegen dich.51

Königsdorfs Protagonistin, die sich gerade nach zwanzigjähriger Ehe dazu


entschlossen hat, ihren Mann zu verlassen, schreibt aus dem Bedürfnis heraus, sich von den
ihr bisher auferlegten und von ihr allzu willig akzeptierten Zwängen frei machen zu wollen.
Durch ihre literarische Tätigkeit will sie sich selbst finden und hofft, auch ihre Identität zu
erkunden.
Diese Möglichkeit wird jedoch nicht von allen Autorinnen anerkannt. So schreibt
z.B. Daniela Dahn (1980), "um das Leben selbst zu bewältigen", findet aber die öfter
formulierte Auffassung einiger Debütanten, daß ihr Schreibmotiv die Suche nach dem
eigenen Ich sei, "merkwürdig", denn es würde dabei davon ausgegangen, daß irgendwo ein
(wahrscheinlich recht idealer) Entwurf des eigenen Ich existiere, den zu finden das Problem
sei. Dahn befürchtet, daß man nie neben seinem Ich leben, daß man seine Identität keine
Sekunde verlieren oder abstreifen könne. Denn selbst wenn man eine Tätigkeit ausübe, von
der man meint, sie entspräche nicht seinen Neigungen, so gehöre eben dieses Unbehagen
zur Identität. Wenn man sich opportunistisch verhielte, obwohl man fühle, es entspräche
seinem Ich vielmehr, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, dann gehöre auch dieses
schlechte Gewissen zur Identität, und wenn man überhaupt nicht mehr wisse, wie und wer
man eigentlich sei, so diese Unsicherheit:
73

Ich halte die Suche nach dem eigentlichen Ich für uninteressant, weil
unmöglich. Denn bevor ich noch ankommen kann, bin ich doch - gezeichnet
durch die Strapazen des Weges - schon wieder eine andere. Das Ich fließt
genauso wie der bekannte Fluß von Heraklit. Ein Glück auch - ist doch gerade
das unsere Chance. Deshalb schreibe ich nicht, um mein Ich zu suchen,
sondern um mein Ich zu verlieren; um ein anderes, reiferes, vollkommeneres
anzunehmen, eins, das dem Leben besser gewachsen ist und das ich dennoch
wieder verlieren werde. Und ich hoffe dabei, der Leser wird es für sich
nachvollziehen können.52

Dahn geht also davon aus, daß die Identität eines Menschen von vornherein gegeben
und unabänderlich, von äußeren Umständen vorgegeben ist, während sein Ich, seine
Persönlichkeit, der Verbesserung und Entwicklung fähig ist. In dieser Entwicklungsfähigkeit
des individuellen Ich sieht sie die Chance, Gegebenes zum Positiven hin zu verändern. Die
Lehre, die sie aus dieser Beobachtung zieht, könnte man etwa so zusammenfassen: Man
darf nie stehenbleiben, muß sich ständig weiterentwickeln und danach streben, sich zu
vervollkommnen.
Auch für Gabriele Eckart bildet das Schreiben von Prosa vor allem die Möglichkeit,
über das eigene Ich hinauszugehen, einerseits, um in Schicksale und Ansichten anderer
Menschen hineinzuleuchten und andererseits, um auch von sich selbst differenzierter
sprechen zu können.53
Es scheint, daß es sich bei dieser Diskrepanz zwischen dem "Sich-selbst-finden" und
der "Entwicklung des Ich" mehr um eine Frage der Definition als um eine der prinzipiellen
Einstellung handelt. Wenn Königsdorf davon spricht, daß es ihr beim Schreiben darum
gehe, "sich selbst zu finden", so kann man ihr aufgrund ihrer mehrfach an anderen Stellen
formulierten Absichten nicht vorwerfen, daß sie dabei auf ein statisches Selbst abziele. Es
ist vielmehr anzunehmen, daß es sich hierbei um eine der eigentlichen - d.h. der von Dahn
umschriebenen Selbstentwicklung vorausgehende Rückorientierung auf die eigene Person
handelt, ein Prozeß, den viele Frauen nach der jahrhundertelangen Unterdrückung ihres
Geschlechts zweifelsohne nötig haben (Morgner, 1984),54 um den zur Weiterentwicklung
nötigen Ausgangspunkt und auch die entsprechende Einstellung zum eigenen Ich und auch
zu den (männlichen und weiblichen) Mitmenschen zu finden. Folglich scheint es sich hier
um zwei aufeinander folgende Phasen zu handeln, die Frauen, die schreibenden und auch
die nichtschreibenden, zu durchlaufen haben: Zunächst die der erneuten oder gar
erstmaligen Konzentration auf sich selbst, der Wiederfindung der eigenen Interessen und
Wünsche, dann die der Weiterentwicklung, die, wenn irgendmöglich, kontinuierlich bis ans
Lebensende weiterlaufen sollte. Beide Entwicklungsabschnitte sind von entscheidender
Wichtigkeit, sie bauen aufeinander auf und sind füreinander unabdingbar.
Bei Hannelore Fritzke in Über den Wolken scheint immer die Sonne (1978) heißt es
hierzu:

Nicht sich verändern lassen. Sich selbst verändernd ändern. Wenn du


bedenkst, wozu dein bißchen Kraft gebraucht wird. (...) Schon wenn du nicht
annimmst, wenn du dich nicht stellst, hast du verloren.55
74

Joachim Walther schreibt in Bezug auf Christa Wolf, daß Schreiben "kein
berechenbares Wörter-Reihen nach mehr oder weniger kunstvollen Regeln", sondern
vielmehr als "der Ausdruck eines unverwechselbaren Ich, Summe der Person, die schreibt"
zu verstehen sei.56 Auf diese Weise kann Literatur also der Selbstfindung, -entwicklung und
auch dem Ausdruck der Persönlichkeit des Schreibenden dienen. Letztere ist jedoch
keinesfalls als statisch aufzufassen, denn ein Autor, so Wolf, befindet sich ständig "in einer
Strömung und sieht alles, was er schreibt, als einen vorübergehenden Haltepunkt in einem
Prozeß". "Ich würde doch kein Buch später wieder genauso schreiben können."57
Seit der Publikation von Nachdenken über Christa T wisse sie, daß es zwar Leser
gebe, die diese bestimmte Art von Literatur, wie sie sie glauben verstehen zu können,
"zelebrieren". Diese Rezipienten sähen ihre Werke nicht als Herausforderung oder Anstoß,
sondern als Bestätigung für ein augenblickliches Befinden, in dem sie sich gerne festmachen
möchten. Als Autorin empfindet sie es darum "manchmal als gespenstisch", wenn nach
Jahren starke Reaktionen auf sie zurückkommen, nachdem sie sich kaum mehr an die eigene
Befindlichkeit in der Zeit des Schreibens erinnern kann.58 Die kontinuierliche
Weiterentwicklung des Ich, der Persönlichkeit, steht somit im Vordergrund der Bemühungen
vieler Schriftstellerinnen und wird häufig als Schreibmotiv genannt. Die Produktion von
Literatur wird als ein "Mittel der Selbstbehauptung, Selbstbestätigung und ebenso als
Sehnsuchtsorgan" verstanden, denn: "Schreiben kann auch Therapie sein."59
Eine Protagonistin Elke Willkomms (1984) formuliert ähnlich:

Möglich, besser, wahrscheinlich, daß ich manches noch immer zu einseitig


sehe, daß ich mich noch nicht herausgeschrieben habe aus dieser Enge, in der
ich so lange, viel zu lange, gelebt hatte. An einem darfst du aber nicht
zweifeln, Tina: Ich mußte dies alles aufschreiben. Um frei davon zu werden.
Um zu verstehen, was da in mir, mit mir, um mich geschehen war.60

Anneliese Löffler, Professorin in der Sektion Germanistik der Humboldt-Universität,


wußte diese Entwicklung bereits 1974 zu kritisieren. Im Vorwort zu ihrem
Interview-Sammelband Auskünfte gibt sie recht deutlich zu verstehen, daß für sie das
Interesse für Fragen des Individuums, das manche als neue Phase "unserer Entwicklung,
vorrangig natürlich der Kunstentwicklung" darstellten und es vom Interesse für die großen
gesellschaftlichen Bezüge abgrenzten, wenig Verständnis hat, daß sie eine solche
Vorstellung für "mechanisch" hält.61 Gesellschaftlich weitgreifende Literatur, so Löffler,
habe niemals ohne die voll ausgebildete Subjektivität der im Werk dargestellten Menschen
gelebt. Sie räumt zwar ein, daß das Erfassen des neuen Gegenstandes, d.h. der
sozialistischen Gesellschaft und der in ihr lebenden und sie gestaltenden Menschen, zuweilen
den Eindruck habe erwecken können, "als ob es allein auf den gesellschaftlichen Vorgang
ankäme". Die Aufgabe bestünde aber gerade darin, mit den gesellschaftlichen Beziehungen
auch die besondere Individualität zu erfassen, denn "eines sei ohne das andere nicht
denkbar". Es seien nicht die Kunstwerke, die das Individuum, "wie gelöst von historischem
Herkommen und gesellschaftlicher Bindung an die Gegenwart vorführen", die über einen
langen Zeitraum hinweg wirkten, sondern vielmehr jene, wo "Einzelschicksal und
Epochenproblematik aufs engste verbunden" seien. Zugleich habe die sozialistische
Entwicklung - im realen Leben und in den Werken der Kunst - entsprechend den
sozialistischen Zielen zu einem tieferen Interesse und auch zu einem tieferen Verständnis
75

und Begreifen der Individualität geführt.62


Der spätbürgerliche Individualismus kehre, so Löffler, Persönlichkeit und
Individualität "lautstark" hervor, aber er betone die Abkehr vom "anderen", von der
Gesellschaft, und fördere die Konzentration auf das egozentrisch gesehene Ich. Die Isolation
des einen Leben vom anderen, die Abwehr gegen alles außerhalb des Individuums Liegende
lasse es gar nicht zu Fragen kommen, die für die Entwicklung der Persönlichkeit von
entscheidender Bedeutung seien. Solche Fragen könnten im vollen Umfang erst gestellt
werden, wenn man das Gegeneinander zu durchbrechen suche.63 Löffler verwahrt sich also
gegen die individuelle Rückorientierung auf das eigene Ich, für sie ist die Entwicklung der
Persönlichkeit so eng mit der der Gesellschaft verbunden, daß sie nicht voneinander zu
trennen sind, also nicht unabhängig stattfinden können. Sie weist die auf das eigene Ich
konzentrierte Offenbarung eines Menschen anderen gegenüber rundweg ab und spricht sich
für Kunstwerke aus, die Einzelschicksale mit Epochenproblematik verbinden.
Somit sind den Autorinnen auch hier wiederum Grenzen gesetzt worden: eine auf
sich selbst konzentrierte "Nabelschau" wird nicht gestattet, es gilt, Mißstände innerhalb der
gesellschaftlichen Gegebenheiten aufzuzeigen und zu bearbeiten. Die Schriftstellerinnen
scheinen jedoch beiden Ansprüchen - den eigenen und den der offiziellen Literaturkritik und
-Zensur - mühelos genügen zu können. In ihren Geschichten beschreiben sie
Einzelschicksale, häufig ihr eigenes Leben, ihre eigenen Erfahrungen, sie machen ihre
eigene Suche nach "sich selbst" deutlich, aber sie verschweigen auch nicht das
gesellschaftliche Umfeld, das ihre Entwicklung - ob auf positive oder negative Weise -
mitbestimmt. Andererseits halten sie ihre Rezipienten dazu an, es ihnen gleich zu tun, und
entziehen sich auf diese Weise dem oben gemachten Vorwurf der Isolation durch ein
Aufgreifen der Ideen des spätbürgerlichen Individualismus.
Die Frage nach dem Ich, nach den eigenen Wünschen und Zielen ist innerhalb dieses
so eng definierten Freiraums weitaus explosiver, als man zunächst annimmt. Der - wenn
auch noch zaghafte - Ausbruch des Individuums aus der für es vorgesehenen Rolle kann
tiefgreifende Entwicklungen nach sich ziehen, denen die sozialistische Gesellschaft nicht
unbedingt gewachsen ist. Die Frage nach dem Ich, nach dem "Was bin / soll / will ich?"
wird von den Autorinnen aber immer wieder mit Geschick gemeistert. Auch ihre
männlichen Kollegen vertreten vergleichbare Meinungen, betonen aber (was den
Publikationsmöglichkeiten für Äußerungen und Texte dieser Art sicherlich recht dienlich
ist), daß die Bedeutung der Konzentration der Kunst auf das Individuum für die weitere
Entwicklung der Gesellschaft unerläßlich ist. So formulierte z.B. Volker Braun in einem
Interview:

(Man) ...muß das Individuum in seinen wirklichen Möglichkeiten zeigen, wo


es sich entwickelt oder wo und inwiefern es noch Objekt ist von Beschlüssen,
denen es sich lediglich stellen kann; es geht also um das Verhältnis von freiem
und erzwungenem Verhalten. Wir müssen Leute vorführen in ihrer
gemeinsamen Anstrengung auf dem Feld ihrer begrenzten Möglichkeiten, ihre
gesellschaftlichen Ziele so zu realisieren, daß die Bedingungen kommender
Arbeit günstiger und menschlicher werden, das heißt, daß sie als Individuen
reicher und kräftiger werden und zugleich die Gesellschaft ungezwungener
und kollektiver wird.64
76

Die Überlegung, wie relevant diese auf sich selbst konzentrierten literarischen
Bemühungen für die Leser sind, wird ebenso regelmäßig angesprochen. C. Wolf wollte
durch das Schreiben von Nachdenken über Christa T etwas erfahren, was sie vorher noch
nicht wußte, sie ist sich aber nie sicher, ob auch andere an ihren Versuchen interessiert
sind. "Ich kann nur darauf vertrauen, daß mein ganzes Leben, meine Erfahrung aus der
intensiven Anteilnahme an der Entwicklung unserer Gesellschaft Probleme und Fragen in
mir wecken, die auch anderen Menschen wichtig sind. Vielleicht lebenswichtig, aber das
wage ich nicht vorauszusagen.1,65 Wolf bringt mit dieser Aussage die individuellen und
gesellschaftlichen Aspekte ihrer Bemühungen zusammen - was für den einzelnen relevant
und von Bedeutung ist, muß auch für die Gesellschaft von Belang sein. Weiterhin stellt sie
klar heraus, daß es sich bei der von ihr behandelten Thematik um "Fragen und Probleme"
handelt, die ihr selbst, anderen Menschen und damit auch für die Gesellschaft im
allgemeinen von Wichtigkeit sind. In einem Interview zusammmen mit ihrem Mann (1983)
argumentieren sie beide gegen die Anklage der neuen "ahistorischen und apolitischen
Subjektivität":

C.Wolf: Auch Heiner Müller hat gesagt: "Man kann jetzt nicht mehr
schreiben, ohne sich selbst als Autor einzubringen." Daß es gerade in unserer
Zeit geschieht, hat historische Gründe. Die Autoren tun das nicht im
Gegensatz zur Geschichte, sondern es ist wieder eine neue Art, sich der
Geschichte zu nähern und sich mit ihr auseinanderzusetzen.
G. Wolf: Wenn von Subjektivismus die Rede ist, kann der DDR-Autor es nicht
als Ich-Bezogensein verstehen, denn der gesellschaftliche Kontext ist
übermächtig. Es wurde höchste Zeit, daß man einmal definierte, was das Ich
im Verhältnis zur Gesellschaft bedeutete. Da versucht man auch sich nach
rückwärts zu versichern.66

Wolfs Ansichten stoßen auf weitverbreitete Zustimmung: So ist Brüning der


Meinung, daß sie als Schriftstellerin anderen Gesetzen unterläge, sie müsse schreiben, was
sie schreiben muß, wozu es sie im Innersten dränge, ohne Rücksicht auf andere. Kleinliche
Bedenken lehnt sie ab: "Ich habe mir schon manche Menschen zu Feinden gemacht, die sich
in einer meiner Erzählungen wiederzufinden meinten und sich zu negativ behandelt
glaubten. Aber woher sollen wir Schriftsteller die Stoffe nehmen, wenn nicht aus dem
Leben, das uns umgibt?"67 Die Erfahrung vermittelt so zwischen der objektiven Realität und
dem Subjekt Autor, "und es ist hoch wünschenswert, daß es sich um gesellschaftlich
bedeutsame Erfahrung handele, deren Determinanten nicht ’im Unsichtbaren’ liegen".68
"Das Thema", sagte schon Anna Seghers, "ist etwas mit dem Autor unlösbar Verbundenes,
nichts Zufälliges, sondern ein Bindeglied zwischen dem Autor und der Gesellschaft."69
Die erfahrenen Autorinnen sind häufig aufgrund ihrer erworbenen Praxis und der
bereits geernteten Lorbeeren unbeängstigter und haben ihre Prioritäten gesetzt. So ist für
Brigitte Martin Schreiben Aufarbeitung von Selbsterlebtem in der Spiegelung
gesellschaftlicher Verhältnisse. Sie will nicht in erster Linie Kunst produzieren, Inhalte sind
ihr wichtiger als etablierte Stilfragen.70 Irene Oberthür hat in der Rehabilitationstätigkeit mit
Kranken Anstoß zum Schreiben gefunden,71 Maria Seidemann wiederum formuliert ihre
Motivation als Frage: Wie gehen wir in unserer Gesellschaft miteinander um? Ihre Texte
sieht sie als Angebot zur Kommunikation.72 Auch Helga Schütz sieht in der Gegenwart ihren
77

Ausgangspunkt und ihren Schreibanlaß, sie beschreibt heutige Konflikte, nicht die der
Weltpolitik, sondern Probleme, die das tägliche Leben beeinflussen.73 Betont wird also
immer wieder die Relevanz der Probleme des einzelnen im Alltag, die unmittelbar in die
Gesellschaft rückwirken und auf die auch die Gesellschaft selbst einwirken sollte. Was im
Kleinen aufgedeckt und diskutiert wird, ist somit für die Gesellschaft als Gesamtheit von
großer Bedeutung.
Dieses Bestreben findet den Zuspruch des Chefredakteurs der Weimarer Beiträge.
Siegfried Rönisch (1987). Er bezieht sich auch auf eine ganze Anzahl weiblicher Autoren
(z.B. Morgner, Wolf, Strittmatter), wenn er über die Verfasser der "neueren
DDR-Literatur” äußert:

...alle streben sie irgendwie danach, die schwer faß- und begreifbaren
Erscheinungen und Zusammenhänge unserer Zeit zu diagnostizieren,
ungenügend Bedachtes und Erforschtes, wenig Beachtetes und Verdrängtes
sichtbar zu machen und überhaupt die neuen, weithin noch ungelösten
Lebensfragen des Menschen zu erkunden und zu benennen. Wenngleich nun
diese individuellen Schreibmotivationen in sehr unterschiedlichen
Begründungszusammenhängen stehen und hierbei auch verschiedene
Verständnisse und literarische Ambitionen wirksam sind, der Sinn des
Schreibens wird von ihnen weitgehend gesellschaftlich motiviert. Offenkundig
korrespondiert er mit jenem sich aus der objektiven Dialektik von geistiger
und praktischer Weltanschauung ergebenden Bedürfnis, unentwegt und
unbeirrbar nach einem tieferen und umfassenderen Verstehen heutiger Welt
und Wirklichkeit zu streben.74

Aber nicht alle Schriftstellerinnen haben ein Selbstvertrauen, das schon ausgeprägt
und gefestigt genug ist, um eine solch freimütige Position einzunehmen. Obwohl sie in der
Neuen deutschen Literatur für die sichere Anwendung ihrer erzählerischen Stilmittel gelobt
wurde ("Bauform und Stil ihrer Texte verraten jenes Maß an Schreibkultur, durch das
Aufgeschriebenes erst Literatur wird"),75 sieht Rosemarie Zeplin sich selbst im Vergleich
zu anderen Autoren, für die Schreiben ständig selbstverständliche Lebensäußerung ist und
die für diese Tätigkeit keiner besonderen Selbstdisziplinierung bedürfen, nicht als "richtige
Schriftstellerin". Zwischen ihrem Bedürfnis zu schreiben und der Arbeit am Manuskript
liegen für sie viele Barrieren, die viel mit Unsicherheit zu tun haben, mit einem
Widerspruch zwischen eigenen Ansprüchen und Möglichkeiten. Sie bewertet ihre eigene
Arbeit als unwichtig.76 Wie in der Analyse der Arbeitsbedingungen der weiblichen Autoren
im letzten Kapitel dieses Teils der Arbeit dargestellt werden wird, sehen sich auch viele
ihrer Kolleginnen arbeitstechnischen Problemen gegenübergestellt, die auch
Selbstdisziplinierung nicht immer aus der Welt schaffen kann und die den Arbeitswillen
nicht selten untergraben. Zeplin scheint daher eher von einem natürlichen
Minderwertigkeitskomplex betroffen zu sein, dem wohl viele Schriftsteller, die gerade ihr
erstes Buch veröffentlicht haben - seien sie nun männlich oder weiblich - unterworfen sind.

In Bestandsaufnahme, den 1976 von B. Böttcher veröffentlichten "Literarischen


Steckbriefen", analysiert Charlotte Worgitzky selbst ihre Beweggründe und ihre persönliche
Einstellung zur schriftstellerischen Tätigkeit:
78

Was unterscheidet mich eigentlich von der Mehrzahl der Schreibenden? Ich
bin eine Frau. Ich war Schauspielerin. Ich schreibe über Emanzipation - der
Frauen und Kinder. Und diese drei Unterscheidungen gehören zusammen,
beeinflussen, bedingen einander: seit ich nicht mehr Theater spiele, schreibe
ich, und ich spiele nicht mehr Theater, weil es mir schwerfällt, meine
künstlerischen Ideen denen anderer - Dramatiker, Regisseure - zu opfern. Und
weil die Mehrzahl der Dramatiker, wie der Schreibenden überhaupt, Männer
sind, werden auf der Bühne vor allem ihre Probleme dargestellt (...) Das hat
dazu geführt, daß in einem Stück auf eine Frau im Durchschnitt vier Männer
kommen; ein Grund mehr, über die Befreiung der Frauen aus
jahrtausendealter Verdammung in die ungeistigen Bereiche des Lebens zu
schreiben. Und die Kinder? Je länger ich darüber nachdenke, desto
überzeugter bin ich, daß nur, wenn sie die Möglichkeit haben, von klein auf
vorurteilsfrei alle ihre Fähigkeiten zu entfalten, eines Tages Männer und
Frauen gleichberechtigt miteinander und füreinander leben können.77

Worgitzky schreibt also erklärterweise für die Emanzipation der Frau und sie steht
dabei bei weitem nicht allein. Neben den für ihre in ähnliche Richtung gehenden Aussagen
bekannten Kolleginnen Wolf und Morgner sieht auch die 1941 geborene Rosita Ionescu
nicht nur ihr individuelles, sondern auch das Schreiben vieler Frauen ihrer Generation als
ein Mittel der Emanzipation und als einen Beweis für die eigenen Fähigkeiten. Dabei betont
sie wie auch Worgitzky immer wieder die gegenseitige Abhängigkeit der Geschlechter.78
Dies bedeutet jedoch keineswegs, daß eigene Ideen wie bisher den Männern, die bis
vor kurzem den Literaturbereich und noch immer die meisten anderen dominieren,
unterworfen werden. In ihren Günderrode-Abhandlungen stellt Christa Wolf überzeugend
dar, daß Frauen sich seit langem mit der Frage auseinandergesetzt haben, ob sie wie
Männer schreiben sollen, oder ob es angebrachter ist, dem eigenen Gespür und den eigenen
Ausdruckswünschen zu folgen, "ob man in Philosophie, Geschichte, Kunst von sich selber
absehen muß oder kann, ob man Denken und Schreiben als Mittel braucht, sich selber
hervorzubringen, oder als Zweck, ein Ding zu verfertigen - Werk, System -, das sich am
Ende gegen seinen Produzenten kehrt''.79 Den Frauen geht es offensichtlich darum, "sich
selbst hervorzubringen", es seien die Männer, die Literatur in der Vergangenheit häufig zu
einem Mittel zum Zweck reduziert haben. Frauen aber wollen mittels der Kunst dem
Leben der Menschen etwas Notwendiges und Neues hinzufügen.80 Für Wolf ist es unter
anderem auch der Mangel an wirklich interessanter und auch relevanter Literatur, der die
Frauen heute in der DDR zur Feder greifen läßt. Sie formuliert:

(Ich finde)... doch als Leser unter unseren Romanen selten einen (...), der
mich trifft. ... ich befürchte stark, daß unsere Prosaliteratur die
Lebensprobleme vieler Menschen, ganzer Schichten in unserem Land gar
nicht zur Sprache bringt. Dabei: Gut Geschriebenes, sauber Gearbeitetes,
kunstvoll Gemachtes finde ich immer häufiger. Aber ein Buch, das mich
brennen würde wie das Leben mich brennt - das nicht."81

Aus den hier angesammelten Äußerungen kann man schließen, daß die schreibenden
Frauen intensiv darüber nachdenken, was das Schreiben für sie bedeutet. Vielleicht beruht
79

diese Tatsache darauf, daß die Frauen so lange "zum Schweigen verurteilt waren",82 daß
ihnen das Sprechen an der Öffentlichkeit und auch in der Literatur - wenn man von den
wenigen Ausnahmen absieht - für Jahrhunderte verwehrt war. Die Vielfältigkeit der hier
zusammengesteliten Schreibanlässe und -motivationen läßt darauf schließen, daß es keine
(weder von offizieller Seite, noch von einer internen Frauenbewegung) vorgegebene oder
von einer abgesprochenen Basis ausgehende Entwicklung war, die diese literarischen
Produktionen der weiblichen Autoren, die heute als Frauenliteratur verstanden werden,
hervorgebracht hat. Auch die Feststellung, daß die Autorinnen sich in ihren Schriften häufig
auf sich selbst konzentrieren, zunächst einmal über und für sich selbst schreiben, spricht für
diese These. Es ist daher eher anzunehmen, daß es sich hier um eine thematische und
stilistische Kristallisierung handelt, die auf die gesellschaftlichen Zustände, d.h. auf die
Stellung der Frau und der von ihr angetroffenen Schwierigkeiten und Probleme im täglichen
Leben zurückzuführen ist. Daß diese Thematik von einer so großen Anzahl weiblicher
Literaten - in fast totaler Unabhängigkeit voneinander83 - aufgegriffen wurde, macht diese
Entwicklung um so interessanter, nicht zuletzt deshalb, weil sich hier eine gesellschaftliche
Dimension und Relevanz auftut, die in Teil II und III weiter untersucht werden soll.
Die Tatsache, daß es sich bei den Autorinnen vor allen Dingen um Frauen einer
bestimmten Altersgruppe, der Vierzigjährigen, die in der DDR aufgewachsen sind, handelt,
läßt die oben gemachten Überlegungen noch glaubhafter erscheinen. Die Frauenliteratur der
DDR wäre somit als ein unmittelbares Produkt der real-existierenden sozialistischen
Gesellschaftsform aufzufassen, die über die offiziell an sie gerichteten Ansprüche weit
hinausreicht.
Hier schreiben Frauen aus einem inneren Druck, sie wollen sich selbst und auch
anderen Denkanstöße geben, wollen Veränderungen bewerkstelligen. Sie sind auf der Suche
nach Erklärungen für die ihnen unverständlichen Aspekte des Lebens, sie wollen sich selbst
verstehen lernen, indem sie ihre Herkunft und ihre Vergangenheit aufarbeiten. Viele suchen
nach dem eigenen Ich, sie sprechen von "Identitätssuche" und der Entwicklung eines
"reiferen und vollkommneren Ich". Es geht darum, das Leben zu bewältigen, über die
Banalität und die Begrenztheit der Zeit hinauszugelangen".84

Beim Lesen der von den Schriftstellerinnen formulierten Gründe für ihr Schreiben
gewinnt man den Eindruck, daß Produktion und Rezeption dieser Frauenliteratur
ausgesprochen eng miteinander verflochten sind. Das mag einerseits an der die Literatinnen
wie die Leserinnen gleichmäßig betreffenden Thematik liegen, andererseits scheint auch ein
tiefes Verständnis der Autorinnen für ihre Adressatinnen vorzuliegen, sie lassen sie an
ihren in der Literatur durchgespielten gedanklichen Versuchen teilhaben, zwischen den
Zeilen meint man lesen zu können: "So geht es mir. Ich schreibe, um damit fertig zu
werden. Was tust du?”
Wie die Autorinnen ihre eigene Rolle einschätzen, was sie von sich selbst erwarten
und was sie mit ihrer Literatur zu erreichen hoffen, soll in den folgenden zwei Abschnitten
erarbeitet werden.

Fußnoten
1 Christa Wolf zitiert nach Serke, Jürgen: Frauen schreiben. Ein neues Kapitel deutschsprachiger Literatur.
Hamburg: Grüner und Jahr 2. Auflage 1979. Seite 164.
80
2 Vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 75f.
3 Königsdorf, Helga: Meine ungehörigen Träume. Berlin und Weimar: 1984. Seite 133.
4 Giesecke, Almut: Haben wir eine neue Schriftstellergeneration? Rundtisch-Gespräch mit Marianne
Schmidt, Walter Lewerenz und Werner Liersch. Sonntag. 1972, 26. Jg., Nr. 49, Seite 6. Ähnlich
berichtet auch Ingeborg Ruthe in einem Porträt über die Schriftstellerin und Künstlerin Christine Perthen:
"Christine Perthens erstes Buch, Papierliebe. Hinstorff Verlag 1987, ist vergriffen. Demnach wollen
Leser, was in dem schmalen Band steht: Bekenntnisse. Sich bekennen, das ist für sie ein großes Wort.
Damit sollte man behutsam umgehen, sagt sie. Weil Bekenntnis von Haltung und Erfahrung kommt.
Beides aber müsse erst wachsen. Wenn ein Künstler mit dem, was er schafft, Ernsthaftigkeit
vorausgesetzt, an die Öffentlichkeit geht, offenbart er damit bereits seine Haltung: zu den Dingen in der
Welt, zu dem Land, in dem er lebt, zu den Menschen." Ruthe, Ingeborg: Herb und sensibel. Die Berliner
Künstlerin Christine Perthen. Für Dich. 1988, Nr. 49, Seite 12-17. Hier Seite 13.
5 Wolf, Christa: Der Schatten eines Traumes. Karoline von Günderrode - ein Entwurf. Ein Vorwort zu:
Karoline von Günderrode. Der Schatten eines Traumes.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue .Sammlung
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 225-283. Hier Seite 225.
6 Morgner, Irmtraud: "Aber die großen Veränderungen beginnen leise". I.Morgner gibt Auskunft Für
Dich. 1978, Nr. 21, Seite 18f.
7 Stern, Tanja: Herzchen ’88. Gedanken zu einer Tschechow- Erzählung.-In: Hildebrandt, Christel (Hrsg.):
Liebes- und andere Erklärungen. Texte von und über DDR-Autorinnen. Bonn: Verlag Kleine Schritte
1988. Seite 23-33. Hier Seite 23.
8 ebenda, Seite 23f.
9 ebenda, Seite 29
10 ebenda
11 ebenda, Seite 28 und 32f.
12 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 13.
13 Bei der Gründung des Schriftstellerverbandes der DDR 1952 wurden seine Mitglieder aufgefordert, sich
"das Rüstzeug" der Sowjetliteratur anzueignen.1 Alexander Abusch verwies in seiner Ansprache auf Stalin,
der Schriftsteller als "Ingenieure der menschlichen Seele"2 bezeichnet hatte und zitierte A.A.Shdanov, der
das Leitmotiv für literarisches Schaffen so definierte: "Die Literatur ist nicht nur dazu berufen, sich auf
dem Niveau der Ansprüche des Volkes zu halten, sondern sie ist darüber hinaus verpflichtet, seine
Ansprüche zu steigern, es mit neuen Ideen, die das Volk vorwärtsbringen, zu bereichern. "3 Spätestens
zu diesem Zeitpunkt wurde offensichtlich, daß die Führung der SED von Anfang an die Absicht hatte,
die gesellschaftliche Rolle der Schriftsteller nicht nur für sich zu nutzen, sondern auch sie zu definieren
und somit zu kontrollieren. Ulbrich äußerte auf dem 14. Plenum des ZK der SED im November 1961, nur
wenige Monate nach dem Berliner Mauerbau, daß Literatur und Kunst berufen seien, das geistige Antlitz
des sozialistischen Menschen, seine Ethik und Moral, seine Charakterzüge zu formen: "Unsere
sozialistische Kulturarbeit soll das ganze Volk im Geiste des Sozialismus erziehen, seine Schöpferkraft
wecken, seine Talente fördern, Lebensfreude und Kampfbereitschaft unserer Werktätigen stärken. "4 Vom
Künstler wurde im Rahmen des totalen Führungsanspruchs der SED "Parteilichkeit" verlangt und die
Unterstützung der Partei in einer ihrer wichtigsten Aufgaben: der Entwicklung des sozialistischen
Bewußtseins der Bevölkerung. Diese Elemente sind bis zuletzt in der offiziellen DDR-Kulturpolitik
erhalten geblieben.6
' Ludz, Peter Christian: -DDR-Handbuch-, Köln: 1979. Seite 685.
Die Diskussion in der Sowjetliteratur und bei uns. Einige Bemerkungen anläßlich des
Schriftstellerkongresses von Alexander Abusch, 4.Juli 1950.-In: Schubbe, Elimar (Hrsg ) Dokumente
Stuttgart: 1972. Seite 144-145. Hier Seite 144. -
3 ebenda, Seite 145.
Ulbricht, Walter: Der XXII.Parteitag der KPdSU und die Aufgaben der DDR.-In: Schubbe Elimar
(Hrsg.): Dokumente. Stuttgart: 1972. Seite 742-745. Hier Seite 742.
5 "Es gibt keine ideologische Koexistenz". Stellungnahme von Einheit. Februar 1963 -In Schubbe Elimar
(Hrsg.): Dokumente. Stuttgart: 1972. Seite 822-824. Hier Seite 824
6 VS‘ Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 620f. (Stichwort: Schriftstellerverband
der DDR).
14 Zimmermann Anna Luise: "Schreiben, um zu verändern". Engagiert für die Widersprüche im Alltag.
Die Schriftstellerin Elfriede Brüning feiert ihren 70. Geburtstag. Der Morgen. 7. November 1980, 36.
81

Jg., Nr. 263, Seite 7. Morgner, Irmtraud: "Aber die größten Veränderungen...”. Für Dich. 1978, Nr.
21, Seite 18f. Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Tagebücher und Briefe.
Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1986. Seite 151-154. Hier Seite 154.
15 Pawlowitz, Ingrid: "Verändernd ertragen". Die Autorin Daniela Dahn. Sonntag. 1982, 36. Jg., Nr. 40,
Seite 4.
16 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit. Gespräch mit Wilfried F. Schoeller.-Indies.:
Die Dimension des Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 865-877. Hier Seite 867.
17 Wolf, Christa: Zum Erscheinen des Buches "Kassandra". Gespräch mit Brigitte Zimmermann und Ursula
Fröhlich.-Indies.: Die Dimension des Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 929-940. Hier Seite
929f. Risch-Kohl, Heidemarie: Nachdenken über und selbst. Zur "Frauenliteratur" in der DDR. IFG
(Institut Frau und Gesellschaft) Frauenforschung, 1988, Heft 1/2, Seite 5-26. Hier Seite 20. Vgl. auch
Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 870: "Literatur (...) gibt mir - und ich weiß, daß ich da kein
Ausnahmemensch bin - eine Tiefe, eine zusätzliche Dimension im Leben, die es mir überhaupt möglich
macht, mich auf der. nächsten Tag zu freuen. Dieses scheint mir denn doch eine Art von Wirkung, die
gar nicht überschätzt werden kann - nur eben auch nicht gemessen."
18 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 210.
19 ebenda
20 Zitiert nach Herminghouse, Patricia A.: Die Frau und das Phantastische in der neueren DDR-Literatur.
Der Fall Irmtraud Morgner.-In: Paulsen, Wolfgang (Hrsg.): Die Frau als Heldin und Autorin. Neue
kritische Ansätze zur deutschen Literatur. Bern und München: Francke Verlag 1979. Seite 248-266. Hier
Seite 259.
21 ebenda
22 Pariser Gespräch über die Prosa der DDR. Sinn und Form. 1976, 28. Jg., Nr. 6, Seite 1164-1192. Hier
Seite 1175. Beitrag von G.Badia.
23 Zitiert nach Herminghouse, Patricia A.: Die Frau und das Phantastische...-InPaulsen, W. (Hrsg.): Die
Frau als Heldin und Autorin. Bern und Münschen: 1979. Seite 259.
24 Morgner, Irmtraud: Amanda Darmatdt und Neuwied: 1984. Seite 253.
25 ebenda, Seite 243
26 Kulturpolitisches Wörterbuch. Stichwort: "Realismus, sozialistischer". Berlin (DDR): 1978. Seite
591-598. Besonders Seite 592ff.
27 Pariser Gespräch über die Prosa der DDR. Sinn und Form. 1976, 28. Jg., Nr. 6, Seite 1177. Beitrag von
A. Gisselbrecht.
28 ebenda, Beitrag von M.Tailleur
29 Vgl. Hierzu z.B. Wolf, Christa: Selbstversuch. Traktat zu einem Protokoll.-In: Kirsch / Sarah, Morgner,
Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 65-100. Maron,
Monika: Flugasche. Roman. Frankfurt (Main): S.Fischer Verlag 1981. Dieser Roman blieb in der DDR
bis 1990 unveröffentlicht. Vgl. hierzu auch Kapitel III. 12 "Meinen Wert als Frau hatte ich zu beweisen,
indem ich einwilligte, ein Mann zu werden".
30 Wolf, Christa: Lebensansichten eines Katers.-In dies.: Erzählungen. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag:
1985. Seite 101-128. Die Erzählung stammt von 1970.
31 Untertitel der unter dem Titel Geschlechtertausch veröffentlichten Sammlung von Erzählungen von
C.Wolf, I.Morgner und S.Kirsch. Siehe Fußnote 30 dieses Kapitels.
32 Schubert, Helga: Über mich selbst. Geschichten. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1984. Seite 184f.
Hier Seite 185.
33 Irmtraud Morgner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen^.
Berlin (West): 1984. Seite 90.
34 Kleine, Dorothea: Das schöne bißchen Leben. Rostock: Hinstorff Verlag 2. Auflage 1986. Seite 54.
35 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen.-In: Kisch, Sarah / Morgner, Irmtraud
/ Wolf, Christa: Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 25-63. Hier Seite 56.
36 Töpelmann, Sigrid: Nachbemerkung zu Beate Morgensterns Jenseits der Allee. Geschichten. Berlin und
Weimar: Aufbau Verlag 2.Auflage 1981. Seite 195-199. Hier Seite 198.
37 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 63f.
38 Wolf, Christa: Selbstinterview, in: Kürbiskem, München, 1968, Nr. 4.-In dies.: Lesen und. Schreiben.
Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 51-55. Hier Seite 51.
39 In: Schubert, Helga: Blickwinkel. Berlin und Weimar: 1984. Seite 58-74.
82
40 ebenda, Seite 59f.
41 ebenda, Seite 61
42 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel Rostock: 1975.
Seite 129-167. Hier Seite 131.
43 Vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.,,. Berlin (West): 1984. Seite 86.
44 Helga Schütz im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 125.
45 Beate Morgenstern im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen....
Berlin (West): 1984. Seite 63.
46 Schubert, Helga: Eine Schriftstellerlesung.-In: Blickwinkel. Berlin und Weimar: 1984. Seite 119.125.
Hier Seite 123f.
47 Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In Anderson, E. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel
Rostock: 1975. Seite 237-284. Hier Seite 273.
48 Worgitzky, Charlotte: Spielen.-In: Vieräugig oder blind. Erzählungen. Berlin (DDR): Buchverlag Der
Morgen 1978. Seite 146-164. Hier Seite 155.
49 Schubert, Helga: Über mich selbst.-In: Blickwinkel. Berlin und Weimar: 1984. Seite 185.
50 Schubert, Helga: Das verbotene Zimmer.-In: ebenda, Seite 126-144. Hier Seite 144.
51 Königsdorf, Helga: Hochzeit in Pizunda. -In: Meine ungehörigen Träume. Berlin und Weimar: 1984. Seite
112-132. Hier Seite 118.
52 Dahn, Daniela: Gedanken-Spiele. Neue deutsche Literatur. 1980, Seite 79.
53 Regina Köhler: "Über das eigene Ich hinausgehen'’. Neue Zeit. 30. Mai 1983, 39 Jg Nr 125 Seite
5.
54 Vgl. hierzu Irmtarud Morgners Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende
Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 87-98. Besonders Seite 88 und 90. Morgner betont immer wieder,
daß Frauen sich ihren Eintritt in die Geschichte" auf ihren eigenen Fundamenten schaffen müssen. Vgl.
z.B. Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite
104, 166, 296f. Vgl. hierzu auch Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.:
Die Dimension des Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 874f.
55 Fritzke, Hannelore: Über den Wolken scheint immer die Sonne. Rostock: Hinstorff Verlag 3 Auflage
1982. Seite 20.
56 Walther, Joachim: Persönlich werden - In Wolf, Christa: Materialienbuch. Neue, überarbeitete Auflage.
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 24-29. Hier Seite 24f.
57 Wolf, Christa: "Kultur ist, was gelebt wird". Gespräch mit Frauke Meyer-Gosau.-Inebenda, Seite 67-81.
Hier Seite 77.
58 ebenda
59 ebenda, Seite 79 und Christa Wolf in einem Interview mit Joachim Walther.-In Walther, Joachim (Hrsg.):
Meinetwegen Schmetterlinge. Gespräche mit Schriftstellern. Berlin (DDR): Bucherverlag Der Morgen
1973. Seite 114-134. Hier Seite 125.
60 Willkomm, Elke: Hexensommer. Berlin (DDR): 1984. Seite 5.
61 Löffler, Anneliese: Vorwort.-In dies. (Hrsg.): Auskünfte. Werkstattgespräche mit DDR-Autoren Berlin
und Weimar: Aufbau Verlag 1974. Seite 5-13. Hier Seite 12.
62 ebenda
63 ebenda
64 Schlenstedt. Silvia: Das Wir und das Ich. Interview mit Volker Braun.-In ebenda, Seite 319-334 Hier
Seite 331.
65 Wolf, Christa: Selbstinterview.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 53. Vgl. hierzu auch dies.: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies ■ Die
Dimension des Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 871. —
66 Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion... -In: Wolf, Christa' Die Dimension des
Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 905. --
67 Brüning, Elfriede: Wie andere Leute auch. Halle (Saale) und Leipzig- 1983 Seite 257
68 WoK Christa: Die Dimension des Autors.-In dies.: Ixsen und Schreiben Neue Sammlung. Darmstadt
und Neuwied: 1985. Seite 68-99. Hier Seite 78.
69
NeuwieCdhT9^5GSeheei2T Ird‘SCheS 'In dieS : und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
70
Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt. -In: Hildebrandt, C.: Zwölf schre.bende Frmen . Berlin
83

(West): 1984. Seite 60.


71 Hammer, Hannelore: Mut zu Leben. Irene Oberthür und ihr Erzählbericht "Mein fremdes Gesicht". Für
Dich. 1984, Nr. 43, Seite 30f. Hier Seite 30.
72 Schriftsteller geben Auskunft: Maria Seidemann. Für Dich. 1983, Nr. 21, Seite 21-23. Hier Seite 22.
73 Helga Schütz im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In- Hildebrandt. C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 130.
74 Römsch, Siegfried: Auf schmalem Grat ins Unerforschte. Vom gesellschaftlichen Umgang mit neuer
DDR-Lneratur. Sonntag. 1987, 41. jg., Nr.38, Seite 3.
75 Dahne, Gerhard: "Schwierigkeiten bei der Einübung der Emanzipation". Rosemarie Zeplin: Schattenriß
eines Liebhabers. Neue deutsche Literatur. 1981, 29. Jg., Nr. 4, Seite 131-134. Hier Seite 131 f.
76 Rosemarie Zeplin im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen ...
Berlin (West): 1984. Seite 134f.
77 Charlotte Worgitzky in Böttcher, Brigitte (Hrsg.): Bestandsaufnahme. Literarische Steckbriefe. Halle
(Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1976. Seite 120f.
78 Rosita Ionescu im Gespräch mit C. Hildebrandt. -In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 147. Vgl. hierzu auch Kapitel 16 "Wie können Frauen emanzipiert sein, wenn die
Männer es nicht sind?"
79 Wolf, Christa: "Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an." Ein Brief über die Bettine. Nachwort
zu : Bettina von Arnim- Die Günderrode. Leipzig: Insel Verlag 1980.-In dies.: Lesen und Schreiben.
Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 284-318. Hier Seite 312.
80 Wolf, Christa: Selbstinterview.-In ebenda, Seite 54.
81 Wolf, Christa: Die Dimension des Autors.-In ebenda, Seite 70.
82 Vgl. hierzu Wolf, Christa: Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra. Darmstadt und Neuwied: 1984.
Seite 115f.; und Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In Anderson, E. (Hrsg.): Blitz aus
heiterm Himmel. Rostock: 1975. Seite 254.
83 Die Kommunikation zwischen den Autorinnen scheint sehr beschränkt zu sein, denn während z.B. Tetzner
Wolf um Hilfe angeht und sie über die Bearbeitungswürdigkeit des von ihr gewählten Themas befragt und
auch eine generelle thematische Anpassung an die bereits Erfolgreichen oder die Verfasser als positiv
empfundener Werke nicht auszuschließen ist, läßt doch Gerti Tetzners Klage über die mangelnde
Solidarität unter den Schriftstellerinnen vermuten, daß eine Bewegung als solche nicht besteht - auch wenn
manche diese vielleicht für nützlich oder gar notwendig hielten. Vgl. Hierzu Gerti Tetzner im Gespräch
mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 110.
84 Wolf, Christa: "Kultur ist, was gelebt wird" .-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue, überarbeitete Ausgabe.
Dannstadt und Neuwied: 1985. Seite 75.
84

1.4 Schriftstellerisches Selbstverständnis und


Emanzipationsvorstellungen

Im letzten Kapitel über die Beweggründe der Frauen zum Schreiben konnte festgestellt
werden, daß die Frauen häufig aus einem ihnen eigenen Bedürfnis heraus zu diesem Mittel
greifen, teils um sich mitzuteilen, teils um sich ihre eigenen Lebensumstände und auch die
anderer zu erforschen. Die Thematik der so entstandenen Schriften muß daher
gedrungenermaßen frauenspezifisch sein, in gewissen Maße autobiographische Züge
aufweisen.
In Anlehnung an Beobachtungen über vergleichbare Literatur im Westen und ihre
Produzentinnen könnte man leicht aus den oben gemachten Feststellungen schließen, daß
auch die Literatinnen in der DDR bewußt auf ein weibliches Publikum abzielen, sich als
Sprachrohr ihres Geschlechts verstehen. Immer wieder wird kritisiert, daß sie eine gewisse
Ablehnung den Männern gegenüber - wenn nicht sogar einen ausgesprochenen "Männerhaß"
- an den Tag legen,1 wie er z.B. von ihren Geschlechtsgenossinnen mittels ihrer
Frauenbuchläden und Frauencafes (um nur einige augenscheinliche Beispiele zu nennen),
zu denen Männer keinen Zugang haben, zur Schau getragen wurde. Solche Schlüsse wären
jedoch trügerisch, sie würden jeder Basis entbehren, denn, wie im vorausgegangenen
Kapitel bereits mehrfach angeklungen ist, lassen die Schriftstellerinnen keinen Zweifel daran
aufkommen, daß sie auch an einem männlichen Publikum interessiert sind und es keinesfalls
ausschließen wollen. So stellt z.B. Brigitte Martin (1984) ausdrücklich fest, daß prinzipielle
Änderungen an der Situation der Frau sich noch immer "nur über den Mann erreichen
lassen,2 angestrebt wird also ein Für- und Miteinander. Diese Reflexionen sind untrennbar
mit denen zur eigentlichen Emanzipation - in ihrer bestehenden und in ihrer angestrebten
Form - verbunden.3 Einige theoretische Überlegungen der Literatinnen zu dieser Thematik
sollen im vorliegenden Kapitel über Selbstverständnis und Emanzipationsvorstellungen
untersucht werden, während Teil II und III dieser Arbeit die hier genannten Aspekte einer
detaillierteren Analyse zuführen werden.

Helga Schubert stellt sich als ihr Publikum ihre Altersgenossen, die 40jährigen, vor.
Für sie ist nicht das Urteil ihrer Schriftstellerkolleginnen das primär Relevante, sondern
vielmehr das gleichaltriger Leser und Leserinnen. Das Geschlecht ist ihr dabei nicht
wichtig, sie legt stattdessen großen Wert auf die Allgemeingültigkeit ihrer Werke.4 Auch
Brigitte Martin will nicht explizit für ein weibliches Publikum schreiben und Angela
Stachowa betont sogar, daß sie keine "Frauenliteratur" schreibe (es ist anzunehmen, daß
ihre Definition von "Frauenliteratur" männliche Adressaten ausschließt) und sowieso viel
lieber mit Männern zusammenarbeite, sie spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer
"Kaffeekränzchenmentalität" unter weiblichen Autoren, die ihr nicht zusagt.5 Waltraut
Lewin beantwortet die Frage, ob ihr das Etikett "Frauenliteratur" Zusage, mit der einfachen
Aussage: "Ich schreibe Menschenliteratur."6 Die hier diskutierten, in den siebziger und
achtziger Jahren entstandenen Werke zielen also keinesfalls auf ein nur weibliches Publikum
ab. Lediglich Charlotte Worgitzky stellt ausdrücklich fest, daß sie über die Emanzipation
der Frauen und Kinder in der Gesellschaft der DDR schreibe, während sie dabei die Männer
ihrer eigenen Generation aus ihren Bemühungen indirekt ausläßt, bezieht sie die Kinder, die
zukünftigen Erwachsenen männlichen und weiblichen Geschlechts ohne Vorbehalte mit ein.7
Ob ihr männliche Altersgenossen als Rezipienten ihrer Schriften nicht genehm sind, muß
85

hier offen bleiben, es ist aber zu bezweifeln.


Irmtraud Morgner wiederum betont immer wieder die Miteinbeziehung der Männer
in den Emanzipationsvorgang der Frau bzw. der Menschen, spielt in ihren Romanen aber
gerade eine befristete Ausgrenzung des männlichen Geschlechts durch.8 Ob ihre
Bemühungen zur Aufklärung theoretischer Eventualitäten dienen, direkte Aufforderung sein
oder die negativen Aspekte männerfeindlicher Einstellungen aufzeigen sollen, muß dabei der
Spekulation überlassen bleiben. Die letzte Möglichkeit erscheint dabei allerdings am
unwahrscheinlichsten, da die Frauen in ihren literarischen Texten über kurz oder lang stets
vorteilhafte und zukunftsträchtige Ergebnisse erzielen. Die Tatsache, daß die Autorinnen
den in ihren Werken vorkommenden Protagonisten nicht selten ausgesprochen kritisch -
manchmal sogar feindlich - gegenüberstehen, läßt eine scheinbare Abweichung von ihren
in theoretischen Überlegungen immer wieder formulierten Pro-Männer-Haltung ernennen.
Dieser Aspekt soll hier genauer untersucht werden.

Die Einstellung vieler Literatinnen dem männlichen Leserpotential gegenüber ist wohl
am pointiertesten von Renate Apitz formuliert worden. Sie äußerte über das Manuskript
ihrer "dutzend Dutzendgeschichten’', die 1981 unter dem Titel Evastöchter erschienen:

Dieses Buch sollten Frauen Männern zum Frauentag schenken, damit sie
lernen, mit wem sie es zu tun haben!9

Aus diesen Worten spricht eine unüberhörbare Sicherheit, eine gewisse Angriffslust
scheint zwischen den Zeilen mitzuschwingen: Wir haben keine Angst vor euch, die Zeiten
sind vorbei. Heute wissen wir, was wir wollen, also habt Acht! Nicht übersehen werden
darf hier allerdings der indirekt anklingende Wunsch nach dem Erkanntwerden, nach der
Anerkennung des weiblichen Wesens als eigenständige und vom Mann unabhängige
Persönlichkeit.10
Wollen die Männer sich überhaupt mit der Frauenliteratur befassen? Christa Müller
verneint zwar die Frage nach einer geschlechtsspezifischen Aufnahme ihrer Geschichten in
ihrem Interview mit Christel Hildebrandt, aber sie erzählt, daß ihr erster Lektor im Aufbau
Verlag die Geschichte "Candida”, in der sie die ersten sieben Lebensjahre ihrer Tochter,
die Probleme, die Mutter und Kind miteinander haben, schildert, ablehnte, ohne ihr seine
Beweggründe zu erörtern, während seine Nachfolgerin von der Erzählung begeistert war.1'
Ein Mangel an Verständnis und Einfühlungsvermögen scheint also durchaus zu existieren,
denn während der männliche Lektor der Thematik offensichtlich wenig abgewinnen konnte,
fiel seiner Kollegin ihre Relevanz sofort ins Auge.
Müller scheint mit dieser Erfahrung nicht allein zu stehen. Eine ähnliche Situation
wird von Helga Königsdorf in ihrer Kurzgeschichte "Ehrlich, ich will nie wieder schreiben"
(1982) dargestellt:

Die Redakteurin, der ich meine beiden Gedichte anbot, begeisterte sich vor
allem für meine Liebeslyrik. Ich vermute, auch diese Frau trug geheime
unerfüllte Wünsche mit sich herum. Sie legte mein Manuskript dem
Chefredakteur mit dem Vermerk "Emanzipationslyrik" vor, woraufhin dieser
angewidert die Nasenflügel blähte und, ohne zu lesen, "einverstanden"
darunter schrieb. Später muß er es dann aber doch gelesen haben, denn die
86

Redakteurin wurde in die Abteilung "Verkehrsunfälle" versetzt, was der


schnellen Verbreitung meiner Gedichte nicht zum Nachteil gereichte.12

Auch der Mann der Protagonistin, Robert, ist über diese Entwicklung nicht gerade
glücklich. Zunächst meint er, noch verständnisvoll, daß, auch wenn sie Probleme habe, er
doch keinen zwingenden Grund dazu sehe, diese unter die Leute zu bringen. Offensichtlich
fühlt er sich durch die veröffentlichten Ansichten seiner Frau unterminiert und steigert seine
Kritik zu der Aussage, daß er es für eine Zumutung halte, andere Leute mit seinem
ungeordneten Seelenleben zu belästigen. Seine Frau verteidigt sich mit dem Argument, daß
Dichter aller Zeiten nichts anderes getan hätten. Darauf erhält sie die Antwort: "Ja Dichter!
Aber du! Du bist meine Frau!"13
Ähnlich ergeht es auch der Schriftsteller-Protagonistin in Dorothea Kleines Roman
Das schöne bißchen Leben (1986). Ihr Buch soll nicht zum zweiten Mal aufgelegt werden,
"schlimm genug, daß es überhaupt auf dem Buchmarkt erschienen war".14 Ein Autor lebe
von den Nachauflagen, wirft sie ein. Als Antwort werden ihr unkontroverse Themen für
zukünftige Werke nahegelegt:

Dein Problem, meine Liebe. Warum schreibst du so was. Schreib was


anderes. Schreib Geschichten über die Genossenschaftsgründerjahre. Schreib
Sachen aus der Zeit um die FÜNFUNDVIERZIG herum. Aufbauzeit. Da
mußt du keine Wertung vornehmen, da ist alles historisch eingeordnet.15

Diese fiktiven Beschreibungen sind aus dem Leben gegriffen: Der Leiter des
Verlages Neues Leben, Hans Bentzien, bezeichnete Brigitte Reimanns Protagonistin
Linkerhand als "nörglerisch",16 und es gibt auch viele Anzeichen dafür, daß von den
Werken oft auf die Literatinnen rückgeschlossen wird. In ihrem Roman Leben und
Abenteuer der Trobadora Beatriz... (1974) beschreibt Morgner eine der Reaktionen, mit
denen Schriftstellerinnen sich in den Verlagen konfrontiert sehen:

"Bist du etwa unter die Frauenrechtlerinnen gegangen", fragte mein


Verlagsleiter neulich, "hast du das nötig?" Der Umgang mit den Zeugnissen
baut mein Ansehen systematisch ab, Blaustrümpfe werden bereits unter
meinen langen Hosen vermutet. Herren durchforschen mein Gesicht nach
häßlichen Anhaltspunkten. Und dunkler Stil ist sowieso unverkäuflich.
Erschwerniszulage hätte ich verdient unter diesen Bedingungen.17

Reimann wiederum berichtet in ihren Tagebüchern und Briefen von einer


Schriftstellerin "D.", von der man sage, sie sei "ohne Skrupel und 'kalt wie Hundeschnau¬
ze’".18 Anders, so fügt die Autorin in ihren Überlegungen an, könne sich eine Frau jedoch
nicht durchsetzen in einer Männerwelt, "gegen eine skrupellose und kalte Konkurrenz".
Auf mich wirkte sie eher still und bescheiden", ihr wäre sie sogar interessanter gewesen,
wenn sie diesem Bild entspräche: "Männer wundem sich tot, wenn eine Frau Ellenbogen
gebraucht. Schon wär’s ohne, aber so schön und edel ist die Welt noch nicht."19
Männer, vor allem die, die in Verlagen als Lektoren beschäftigt sind, scheinen der
Frauenliteratur der letzten zwanzig Jahre also nach wie vor mit Skepsis gegenüberzustehen.
Obwohl lobende Rezensionen durchaus zu finden sind,20 scheinen sie vor der Thematik
87

zurückzuschrecken und sich hinter abwertenden Bemerkungen und Einstellungen zu


verstecken.21
Wie im vorausgegangenen Kapitel bereits nachgewiesen werden konnte, ist das
Schreiben für Morgner eine Form der Emanzipation, in der sie neue Rechte und
Ausdrucksmöglichkeiten erfahren und testen kann. Die Tatsache, daß immer noch weniger
Frauen als Männer schreiben, ist für sie in den divergierenden Produktionsbedingungen
begründet. Ihrer Meinung nach wird es bei einem Mann viel eher akzeptiert, daß er Ruhe
und Muße braucht, um sein Talent zu entfalten, während die anderen Orientierungen einer
Frau wie Haushalt und Familie ihr diese Absonderung erschweren und eine kreative
Leistung daher von ihr sehr viel mehr Kraft erfordert. Aber nicht nur diese Feststellung
erklärt die Übermacht der Männer auf literarischem Gebiet. Morgner geht noch weiter,
indem sie kritisiert, daß jedes kleine männliche Talent gefördert, unterstützt und in einem
Freiraum gezüchtet wird, der von der sorgenden Ehefrau auch noch mitgestaltet und
mitbehütet wird. Entsprechend stellen die veröffentlichten Produktionen weiblicher Autoren
nur die Spitze eines Eisberges dar, hier erst zeigen sich die außergewöhnlichen Talente, die
sich ihre Position mühsam erkämpft haben. Alle mittleren, so Morgner, seien im
alltäglichen Kampf schon aufgerieben.22 Auch Worgitzky berichtet in ihrer Erzählung
"Quäze" (1970), daß ihr Freund Bern aufgrund seiner Hörspiele, die den Lektoren des
Verlages noch nicht einmal bekannt und von denen sie nur durch sein Begleitschreiben
unterrichtet waren, von ihnen als Autor behandelt und sein Manuskript aufmerksamer und
wohlwollender gelesen wurde. "Wenn Quäze etwas einschickte, bekam sie es stets mit
Bedauern zurück, ihr Anliegen wäre zu aggressiv vorgetragen, es wäre zu autobiographisch,
unverständlich und nicht typisch."23
Worgitzky spricht hier indirekt einen weiteren Grund für eine mögliche Ablehnung
der Texte weiblicher Autoren von männlichen Rezipienten an, der auch von Ruth Werner
festgehalten wird. In einem Gespräch mit Elisabeth Simons resümierte die Schriftstellerin
1984:

Alle meine Bücher werden bis auf Sonjas Report vorwiegend von Frauen und
Mädchen gelesen. Ich habe auch das nicht beabsichtigt, aber leider gibt es bei
uns noch so etwas wie "Frauenliteratur", und da klingt eine Art Abwertung
mit. Ich habe eben den Kippenberg von Dieter Noll gelesen, (...) in dem die
Frauen weniger profiliert gezeichnet sind als die Männer, (...). Würden
Frauen nun sagen, das Buch lege ich weg, das ist ja ' Männerliteratur ? Wenn
aber jemand über ein Buch sagt, das ist "Frauenliteratur , dann kreist das nur
die Frauen als Leser ein, und das scheint uns natürlich. Dagegen wehre ich
mich.24

Und es ist nicht nur die Thematik, die Männer Abstand halten läßt. Erwähnung fand
bereits der "zu aggressive" Schreibstil und auch die starken autobiographischen Züge.
Brigitte Martin äußert kritisch über ihre eigenen Schriften:

Leider habe ich den Ton nicht gefunden, der mir das männliche Publikum
erschließt; denn für die Frau ändert sich nur etwas prinzipiell in ihrem Leben
über den Mann und durch ihn.25
88

So steht in ihrem Erzählband Der rote Ballon (1978), in dem sie sehr direkt und
drastisch ihren Alltag beschreibt, in der Kurzgeschichte "Amon und die Waschmaschine”26
die Ich-Person,Brigge Bern, Situationen gegenüber, die durch ihr Geschlecht bestimmt sind
und entsprechend für einen Mann so nicht erlebbar wären. Auf diese Weise ergibt sich ein
Text, den ein Mann nicht ohne ein gewisses Maß an Einfühlungsvermögen (und auch -
willen!) nachvollziehen kann. Martin liegt offensichtlich etwas daran, auch ein männliches
Publikum anzusprechen, da sie darin die Chance zu möglichen Veränderungen in den
Geschlechterbeziehungen sieht. Den Vorwurf, den sie sich selber macht, kann man jedoch
nur begrenzt gelten lassen. Morgner geht z.B. davon aus, daß niemand Situationen
beschreiben kann, die er / sie gar nicht erlebe, unter solchen Umständen könne man
höchstens "Binsenwahrheiten" verbreiten.27 "Das erste, was man als Autor lernen muß:
Sachen nicht anfassen, von denen man keine Ahnung hat. Ich kann einen Mann nur von
außen beschreiben. Was er macht und wie er sich verhält. Aber von innen, da hätte ich
Hemmung..."28 Die Autorinnen können somit von Erfahrungsfeldem berichten, die den
Männern verschlossen sind. Und das diese noch zu beschreibenden Bereiche mehr umfassen
als das altbekannte KKK-Dreieck ("Kinder, Küche, Kirche", von der westdeutschen
Politologin Ulrike Enders für die DDR sinnig in "Kinder, Küche, Kombinat" umgetauft),29
zeigt Morgner in ihren Werken.
Den Autorinnen geht es gerade darum, Verständnis in ihren männlichen (und auch
weiblichen) Lesern zu erwecken, denn es sind bei weitem nicht immer nur die Männer
abwertende Vorstellungen und Beobachtungen, die von ihnen bearbeitet werden. Dennoch
wird den Schriftstellerinnen von Literaturwissenschaftlern und -kritikem Männerfeindlichkeit
vorgeworfen. Einer der bekanntesten Angriffe dürfte der von Wilhelm Gimus gegen Christa
Wolf sein. Girnus veröffentlichte 1983 eine umfassende Kritik zu einem Artikel der Autorin
("Aus den 'Frankfurter Vorlesungen’") in Sinn und Form, in der er sie nicht nur der
"Ungenauigkeit und Fehldeutung" ihrer Quellen und der Verwendung "banausischer
Übersetzungen" bezichtigt, sondern auch einer totalen Fehlinterpretation der von ihr
angestrebten Darlegung der Rolle der Frau in der Geschichte.30

Dadurch (...), daß Christa Wolf untergründig das Problem der unterdrückten
Frau überdies auf mir unverständliche Weise mit dem "mörderischen Wer -
Wen" verknüpft, wird dem Leser - möglicherweise ungewollt - der Eindruck
suggeriert, die Geschichte sei nicht in ihrem tiefsten Grunde der Kampf
zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten, sondern zwischen Männern und
Frauen, ja noch grotesker: zwischen "männlichem" und "weiblichem"
Denken, sozusagen zwischen kausalem und akausalem, rationalem und
emotionalem.31

Daß "so ein blühender Unsinn" in einem sozialistischen Land das Licht der Welt
erblicke, "das könne doch nicht wahr sein", ereifert sich Girnus weiter. Daß zwischen
Mann und Frau gewisse Unterschiede - auch in der Art und Weise der Aufnahme der Welt
und der Hinwendung zu ihr - bestünden und immer bestehen werden, könnten "nur
Schwachsinnige" bestreiten. Darauf aber die grundlegende Dialektik des
Geschichtsprozesses herleiten zu wollen, und sei es auch nur andeutungsweise oder
untergründig, habe mit der Wirklichkeit so viel zu tun "wie Kaffeesatz mit dem Satz des
Pythagoras”.32 Ein "Kampf Männer wider Frauen, Frauen wider Männer" sei
89

"hirnverbrannter Selbstmord'1.31 "Die arbeitende Frau gegen die schmarotzende, der


arbeitende Mann gegen den schmarotzenden", das sei die echte Front.34
Wolf verteidigt sich lediglich durch Anführung eines Zitates von Friedrich Engels
gegen Gimus Beschuldigungen: "Der erste Klassengegensatz, der in der Geschichte auftritt,
fällt zusammen mit der Entwicklung des Antagonismus von Mann und Weib in der
Einzelehe, und die erste Klassenunterdrückung mit der des weiblichen Geschlechts durch
das männliche". Wolfs einziger Kommentar: "Soviel zur Beschuldigung unzulässiger
'Verknüpfung’. Alles übrige: geschenkt!"35 In Sinn und Form veröffentlichte
Leserzuschriften an Gimus übernehmen die von Wolf offensichtlich nicht für notwendig
befundene Verteidigung. Hier wird sein Artikel als "fahrlässige Polterei" und
"Denunziation” bezeichnet.36 "Daß wir noch immer eine Männergesellschaft sind und dies
solange bleiben, wie der Maßstab für den Emanzipationsgrad der Frau eben der Mann ist,
wird niemand bestreiten wollen", heißt es da. Und: "Sie malen einen Teufel an die Wand,
um desto besser andere Gedanken verteufeln zu können."37 Der Artikel versuche
zuzuschütten, was nicht zugeschüttet werden dürfe, was nicht zuzuschütten sei. Gemeinsam
mit der Frage nach dem Überleben stehe auch die Frage nach dem Wie.38 Vielleicht sei es
gerade die Frau, die in der Geschichte eine untergeordnete Rolle gespielt hat, die in der
Lage sei, neue Werte hervorzubringen, argumentiert eine Leserin.39 Sie bemerke keinen
Aufruf zum Kampf Frauen wider Männer. Die geschichtliche Dialektik werde arg
versimpelt, wenn man aus ihr den Kampf der Arbeitenden gegen die Schmarotzer mache.
Was zu tun bleibe, sei die positive Selbstfindung der Frau, die Freilegung weiblicher
Produktivität, Rationalität, Emotionalität, Sexualität etc. Dazu auch der Gang in die
Geschichte bzw. 'Vorgeschichte': Den Frauen zu zeigen, daß es nicht immer so war und
daß es anders werden kann:

In den Anmerkungen eines Studenten zu diesem Text lese ich, daß dieser
Selbstfindungsprozeß des weiblichen Geschlechts nicht auf die Frau beschränkt
werden kann und darf. Zwar nimmt sie sicherlich die aktivere Position darin
ein, an diesem Prozeß muß aber die gesamte Gesellschaft beteiligt sein. - Ich
füge hinzu, daß zwangsläufig die gesamte Gesellschaft betroffen ist, weil, und
nicht nur, weil allein zahlenmäßig die Frauen mehr als die Hälfte der
Menschheit ausmachen.(...) Ich kann, angesichts meiner Erfahrung und vieler
Gespräche mit Zeitgenossen beiderlei Geschlechts, nur darauf aufmerksam
machen, daß mehr Ernsthaftigkeit in diesem Thema, welches wie kaum ein
anderes mit Traditionen, Emotionen, Unwissenheit belastet ist, eine
Notwendigkeit ist.40

Der Vorwurf der Männerfeindlichkeit wird somit von den Schriftstellerinnen selbst
und auch von (den meisten) ihrer Rezipienten zurückgewiesen. Den Schriftstellerinnen geht
es erklärterweise immer wieder darum, Frauen und Männer für ihre Zielsetzungen und
Vorstellungen zu gewinnen. Teil III dieser Arbeit wird die Einstellungen der Autorinnen zu
den Beziehungen zwischen den Geschlechtern genauer untersuchen.41
Aber die Literatinnen sind nicht gegen alle Kritik auf diesem Gebiet gefeit. Marianne
Krumrey macht in einem Für Dich-Literaturforum mit dem Titel "Alter Adam - Neuer
Adam. Männergestalten in der DDR-Literatur” (1986) darauf aufmerksam, daß auf seiten
der Männer bereits "viel Solidarität, Fürsorglichkeit, Sorge um familiäre Angelegenheiten"
90

zu finden sei. Feste Aufgaben bei der Bewältigung des alltäglichen Lebens gehörten zur
Selbstverständlichkeit.42 In der Literatur sei von diesem Prozeß jedoch noch wenig zu lesen,
kritisiert Krumrey. Die Männer träten hier vor allem in Form verschiedener problematischer
Grundtypen auf: der Streber, der arm ist an Gefühl und Sinnlichkeit, der feige Versager,
der mit sich selbst im Zweifel liegt, der "Aussteiger", der sich selbst entlassen hat aus dem
Leistungsdruck, der verantwortungsvolle Leiter, der vor lauter Anspannung die andere Seite
des Lebens vergessen hat, oder der Künstlertyp, der ganz auf sich konzentriert ist, alle
Sinne und Genüsse auslebt. Jedenfalls würden Männer vor allem in der Arbeit gezeigt.
Diese sei ihnen wichtigster Lebensinhalt und Hauptfeld ihrer Selbstbestätigung. Hier seien
Sachlichkeit, Energie und Entscheidungskraft ihre Stärken. Daraus resultierten Haltungen,
die dem alten, überkommenen Männerbild entsprächen, wie Dominieren, Überlegenfühlen.
Egoismus und Bequemlichkeit. "Dieser Verlust an Menschlichkeit, Vielfalt der
Persönlichkeit und Sinnlichkeit wird sowohl von weiblichen als auch männlichen Autoren
kritisiert. Gefragt sind Männer, die ihre Seele und Gefühle zeigen, die Familiensinn und
Zeit für Gemeinsamkeit haben. ”43
Auch Für Dich-Leserin Erika Kern verwehrt sich gegen literarische
Schwarzweißdarstellungen:

In unserer neueren Literatur werden die Männer vor allem des Egoismus und
der Gefühlsarmut bezichtigt, und wenn sie trotzdem mal Herz zeigen, dann
ist es zu weich, und sie zerfließen vor Selbstmitleid, so daß sie von keiner
Frau, die etwas auf sich und ihre Selbstverwirklichung hält, erhört werden.
Wollte man den Büchern glauben, dann machen die Männer alles falsch und
die Frauen alles richtig. Doch manchmal denke ich, wir Frauen merken gar
nicht, daß der alte Adam sich längst gehäutet hat und wir ihm eigentlich
helfen müßten, mit der alten Haut nicht auch sein Selbstwertgefühl
abzustreifen.44

Helga Schubert wurde 1978 auf dieses Thema angesprochen. Warum kämen die
Männer in ihren Geschichten meist schlechter weg als die Frauen, warum versagten sie
öfter in den zwischenmenschlichen Beziehungen? Sei dies der Ausdruck einer allgemeinen
Erscheinung? Schubert mag hier für viele ihrer Kolleginnen sprechen, wenn sie formuliert:

Es sind immer nur bestimmte Männer, die schlecht wegkommen; die Männer,
die nicht gefühlvoll, nicht warmherzig sind. Ich kenne viele sehr liebenswerte
Männer (...). Aber ich habe nicht soviel Grund über die Männer zu schreiben,
mich interessieren mehr die Schwierigkeiten der Frauen - und die haben nicht
mit den herzlichen Männern Probleme. Ich habe etwas gegen Menschen, die
auf Kosten anderer leben - das meine ich nicht nur im materiellen Sinne. Nach
meiner Erfahrung trifft das mehr auf Männer als auf Frauen zu, was zum Teil
sicher auch in überlebten Traditionen begründet ist.45

Allerdings läßt sich auch diese Konzentration auf "Problemänner” dahingehend


interpretieren, daß die Literatinnen eine männerfeindliche Haltung vertreten. Andere
Rezipienten sehen die Aussagen der Literatinnen jedoch in positiverem Licht. Männer in der
DDR-Literatur verlören mehr oder minder ihre altgewohnten bürgerlichen Attribute, d.h.
91

Härte, Überlegenheit, Unwiderstehlich- und Unbesiegbarkeit, schreibt Leserin Pamela


Freytag. Sie seien keineswegs "Alleskönner, sondern hätten ihre Probleme mit der
Entwicklung ihrer Persönlichkeit, mit den Frauen, "die oft berechtigtes, manchmal
übertriebenes Emanzipationsstreben" an den Tag legten, mit den Kindern. Die
Anforderungen, in denen Männer wie Frauen sich täglich zu behaupten hätten, wüchsen.
"Und mit den vielfältigen Aufgaben und den ansteigenden Ansprüchen an eine Partnerschaft
wächst auch die Notwendigkeit, immer wieder aufgeschlossen aufeinander zuzugehen. Dafür
kann und muß Literatur stets aufs neue Mut machen.46
Es gibt Anzeichen dafür, daß die Autorinnen sich auf diesem Gebiet profilieren.
Morgner (1986) berichtet, daß ihre Lesungen von ebenso vielen Männern wie Frauen
besucht würden. Briefe bekäme sie zwar häufiger von Frauen, aber wenn sie welche von
Männern erhalte, dann seien diese sehr lang: "Na ja, da freu’ ich mich eigentlich, das sind
Leute, die versuchen, emanzipierte Menschen zu sein, die sich auch mit solchen Sachen
herumschlagen. Sie sind darüber unterrichtet, was ihnen widerfährt, sie kennen die Sache,
aber weniger natürlich. "47 Wenn Morgner dann noch männliche Leser mitteilen, daß sie sich
mit ihrer Protagonistin Laura identifizieren können,48 so scheint ihr doch schon ein
beachtlicher Durchbruch auf dem Weg zur Verbesserung des Verständnisses zwischen den
Geschlechtern gelungen zu sein.
Auch die "Männerprotokolle" von Christine Müller finden gerade bei männlichen
Lesern erheblichen Anklang. Endlich kämen einmal die Männer zu Wort, redeten
unverblümt und ungeschminkt über ihren Alltag, ihre Erfahrungen, Sehnsüchte und
Wünsche. Es sei beachtenswert, daß auch Männer über Gefühle reden könnten,
Klischeevorstellungen würden damit hoffentlich zerstört.49 Es stellt sich in diesem
Zusammenhang die Frage, warum es weiblichen Schriftstellern überlassen geblieben ist, den
Männern zu diesem so wichtigen Thema zur Äußerung zu verhelfen. Die bereits zitierte
Gimus-Kritikerin Waligora scheint Recht mit ihrer Annahme zu haben, daß bei der
Neubestimmung der Geschlechter die Frau die aktivere Position einnimmt. Männer haben
nach wie vor Schwierigkeiten, sich freimütig zu äußern,50 vielleicht fühlen sich gerade aus
diesem Grund viele von ihnen durch die Frauenliteratur angegriffen oder ziehen es vor, sich
von ihr femzuhalten. Ihre Emanzipation ist aber genauso wichtig wie die der Frau,
vielleicht sogar noch wichtiger, kommentiert Morgner (1986): "Die beiden Menschenhälften
müssen miteinander auskommen."51

Das anzustrebende Ziel sollte also ein Miteinander und Füreinander sein, nicht aber
ein Gegeneinander. Gerade diese Ansicht wird von vielen der Autorinnen vertreten.52 So
kritisiert z.B. Brigitte Martin eine männerfeindliche Tendenz bei einigen Frauen, die in
kapitalistischen Ländern ihrer Meinung nach eventuell gerechtfertigt wäre, in der DDR
jedoch die Frauen zu den gleichen Fehlem verleitet, die die Männer ihnen vorgelebt haben
oder noch Vorleben. Darunter versteht sie die Tendenz, eigene Werte zu stark zu betonen
und traditionelle Normen von vornherein abzulehnen. Während Martin radikal die eigene
Entscheidungsfreiheit der Frau fordert, will sie gleichzeitig die Frau sehr bewußt in die
Gesellschaft integrieren, verschiedene Formen der Lebenserfüllung in der sozialistischen
Gesellschaft nebeneinander bestehen lassen und nicht eine Norm gegen eine andere
austauschen.53 "Dennoch”, so lobt Monika Melchert in Sonntag (1982), "entgeht sie der
Gefahr, einseitige Bewußtseinsreflexe wiederzugeben", und so "in ein frauenrechtlerisches
Fahrwasser zu geraten", denn "mit dem Schlagwort Emanzipationsstreben wäre für das
92

Verständnis der Erzählung noch gar nichts gewonnen". Martin dagegen mache deutlich, daß
es eben nicht nur die Frauen betreffe, wenn sie überfordert sind und dann in beiden
Bereichen nicht das leisten, wozu sie eigentlich imstande wären, sondern daß es sogar in
erster Linie ein gesellschaftliches Problem sei.54
Diese Meinung stimmt mit der von offizieller Seite vertretenen überein, wie sie z.B.
von Norbert Madloch in Horizont (1986) dargelegt wird. Madloch lobt die autonomen bzw.
feministischen Fraueninitiativen, die sich in den imperialistischen Staaten gebildet haben,
um "der Verschärfung der Widersprüche in der kapitalstischen Welt entgegenzutreten".
Aber er warnt davor, diesem Beispiel zu folgen und macht darauf aufmerksam, daß auch
die westlichen Feministinnen von ihren ehemaligen Einstellungen Abstand genommen
haben:

Zugleich entwickelten die Feministinnen aber auch Theorien, nach denen die
Ursachen der Frauenunterdrückung weniger in den sozialen Verhältnissen zu
suchen seien, als vielmehr in einer allgemeinen Männerherrschaft, dem
Patriarchat. Mit einem daraus abgeleiteten Aufruf zum Geschlechterkampf
wird objektiv die Gefahr der Desorientierung und auch die Tendenz einer
Entpolitisierung in die Frauenbewegung getragen, ln der Zwischenzeit ist
allerdings bei nicht wenigen Feministinnen infolge der Erfahrungen in ihrem
Kampf für die Gleichberechtigung der Frauen eine gewisse Ernüchterung
eingetreten. Sie sehen ein, daß mit der Parole "Alles ohne den Mann" keine
größeren Erfolge erreichbar sind. Bei Frauen, die in den vergangenen Jahren
viele Frauenselbsthilfegruppen, Frauenhäuser für drangsalierte Frauen, einige
Verlage, Zeitschriften, Frauenkommunikationszentren und ähnliche geschaffen
hatten, gibt es daher mannigfache neue Überlegungen, wie man den Kampf
für die Gleichberechtigung und die Persönlichkeitsentfaltung der Frauen
wirkungsvoller führen könnte.55

Madloch warnt also nachdrücklich vor einer Anpassung an die


Emanzipationsbemühungen im Westen, indem er auf deren Erfolglosigkeit verweist. Für
eine autonome Frauenbewegung in der DDR sieht er keine Grundlage.
Auch Christa Wolf bestätigt meinem Interview (1983) zunächst, daß die Erfahrungen
in der BRD und in der DDR sehr unterschiedlich sind.56 Allerdings glichen sich die Systeme
insofern, als es sich in beiden Fällen um patriarchalische Gesellschaften handele. In der
DDR sei allerdings die Generation, zu der sie gehöre, von Anfang an in den Aufbauprozeß
miteinbezogen worden: "Es war eine Vereinnahmung dabei, indem wir das Gleiche tun
konnten wie ein Mann. (...) Erst seit zirka zehn Jahren fangen wir uns an zu fragen. Wollen
wir das überhaupt?" Seit 1968 habe die Frauenbewegung in der BRD mit ihren
Fragestellungen sehr auf intellektuelle Frauen in der DDR zurückgewirkt und Fragen
aufgeworfen, die man sich dort noch nicht gestellt hatte. Und Wolf konstatiert, daß heute
viele Frauen wirklich anders sein wollen als Männer, und sie stellten dieser
Männergesellschaft Fragen, die "sehr unangenehm sind und die sie sehr abwehrt". "Die
Männer ziehen das ganze Register auf, womit sie immer versucht haben, Frauen unmöglich
zu machen: von der Diffamierung und der Lächerlichmachung bis zur direkten
Unterdrückung ihrer Äußerungen. Damit müssen wir einfach rechnen."57 Der Einfluß der
westlichen Frauenbewegung komme öffentlich nur wenig zur Sprache, aber er werde in
93

Kreisen von Frauen diskutiert, die sich treffen. Sie merke an Leserbriefen, daß es nicht
wenige seien und es handele sich um Frauen , "von denen man es wegen ihres Alters oder
ihres Lebensmilieus nicht erwarten würde".58
Die Frauen in der DDR hatten langsam versucht, sich darüber klar zu werden, in
welcher Stellung sie sich befanden und dies, zum Beispiel mit Literatur, zu formulieren,
konstatiert Morgner (1986). Die Gesetze seien schon da. Aber gesetzlich könne man Sitten
nicht ändern:

Und die Leute, die daran besonders interessiert sind, die Frauen, müssen das
auch spüren. Ich glaube, nur soviel Wahrheit, wie Menschen durchsetzen,
setzt sich durch. Und nur soviel Rechte, wie Frauen erkämpfen, werden sie
auch finden. Geschenkt wird nichts. Feminismus halte ich mit Marx für
vollkommen vereinbar. Wie der alte Marx schon gesagt hat: Der
gesellschaftliche Fortschritt läßt sich exakt messen an der gesellschaftlichen
Stellung der Frau. Daß heißt also nicht, daß die sozial benachteiligte Stellung
der Frau ein Nebenwiderspruch ist, sondern was Wichtiges, auch ein Zeichen
für etwas anderes, Ganzgesellschaftliches. Feminismus, das ist ein weites Feld

Es geht darum, aus der privaten Diskussion eine öffentliche zu machen, die Männer -
und d.h. somit die gesamte Gesellschaft - mit einzubeziehen. Morgner möchte, daß die
Rezipienten ihre "geistigen Filzlatschen" ausziehen und aus ihrem bequemen
"Denkschlummer” erwachen.60 Nötig seien Klarkeit, Aussprechen, Ins-Bewußtsein-Heben
von Zuständen, sie nicht verschleiern oder sich ihrer etwa gar schämen: "Wir haben keinen
Grund, uns dieser Widersprüche zu schämen. Wir haben eher Grund, stolz auf sie zu sein.”
Und sie erteilt ihren Kritikern eine klare Absage: Wer die Dialektik preise und
unterschreibe, daß der Widerspruch die Triebkraft der Entwicklung sei, der könne sich nicht
gleichzeitig solcher Widersprüche schämen. Man solle lernen, gelassen in Spiegel sehen zu
können, in private und in öffentliche. Dies sei eine Lehre für beide Geschlechter, denn
Frauen erwüchsen ja keineswegs nur Nachteile aus den patriarchalischen Traditionen,
sondern auch gewisse Vorteile, wie z.B. Rückzugsmöglichkeiten bei Bequemlichkeit, Angst
vor Verantwortung oder der Last von Entscheidungszwängen. Die Versuchung, sich bei
Schwierigkeiten auf die traditionelle Weibchenrolle zurückzuziehen, in die selbst von Marx
geschätzte "weibliche Schwäche" zu fliehen, sei groß. Dies gälte ebenso für die Legende,
die immer "Zustände" dafür verantwortlich mache, wenn im Leben "etwas nicht aufgeblüht"
sei, die solange den "Umständen" die Schuld zuschiebe, bis die Legendenbildnerinnen selbst
glaubten, sie wären gewaltige Talente, nur die Umstände waren nicht danach. Zum Teil
seien die Umstände tatsächlich widrig, aber zum Teil werde da auch Selbstbelügung
betrieben. Und Morgner kommt zu dem Schluß: "Kurzum: Emanzipation (nicht nur der
Frau) ist kein Kampagnethema, sondern - nach Marx - ein Epochenproblem."61
Wenn Christa Wolf versucht, weibliche Geschichte sichtbar zu machen, verschüttete
weibliche Geschichte auszugraben, um der Emanzipationsstrategie der Anpassung an den
Mann ein weibliches Selbstbewußtsein entgegenzusetzen, so verzichtet sie auf die
Konstruktion einer idealen matriarchalischen Urgesellschaft. Auch sie widersteht dem
Wunsch, das eigene Selbst in Idealbildern wiederzufinden, sie behält den Blick für
Widersprüche, Fragwürdiges und Ungeklärtes.6'' Wolf sammelt die Scherben aus Geschichte
94

und Vorgeschichte, die Anzeichen eines weiblichen Selbstbewußtseins im Mythos, in der


Antike, bis hin zu den Romantikerinnen und schließlich zu Ingeborg Bachmann. Dabei
werden auch Widersprüche sichtbar. Frauen sind nicht die Inkarnation des Guten. "Wolf
widersteht der Verlockung als Gegenbild zum ’Weib als Hure’, als ’Hort des Bösen’ die
Frau als Hort des Guten, sozusagen befreit von der Erbsünde darzustellen", kommentiert
auch die westdeutsche Beobachterin Risch-Kohl (1988).63 Nicht zuletzt hierin zeige sich sehr
deutlich ihre Herkunft aus dem Kulturbetrieb der DDR, die sie empfindlich gemacht hat
gegen die allzu idealen Bilder. Frauen werden kaum ein eigenständiges Bewußtsein
gewinnen, wenn sie den "positiven Helden" durch die "positive Heldin" ersetzen. Gerade
das eindimensionale Denken muß überwunden werden.
Wolf teilt die Meinung Virginia Woolfs, daß nur der Eintritt in das Berufsleben den
Frauen Unabhängigkeit verschaffen kann. Aber sie stimmt ihr ebenso zu, wenn diese
konstatiert, daß beruflich erfolgreiche Männer anscheinend ihre Sinne verlieren, ihre
Sprache und ihre Gesundheit. Beide finden, daß "die beträchtliche Kompetenz der gebildeten
Männer keinen allgemein erstrebenswerten Zustand der Dinge in der zivilisierten Welt zur
Folge gehabt hat" und sie fragen: "Wie können wir in das Berufsleben eintreten und
trotzdem zivilisierte Menschen bleiben; das heißt Menschen, die den Krieg verhindern
wollen.64 Es scheine, so resümiert Wolf, daß heute bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr
eindeutig und ausschließlich einem bestimmten Geschlecht zugeordnet seien, und sie könne
nicht umhin, darin, wie auch in progressiven Ehe- und Familiengesetzen, einen Fortschritt
zu sehen. Die Frage Woolfs werde dadurch jedoch keinesfalls aufgehoben und tausende von
emanzipierten Frauen würden sie sich täglich stellen.65
Die Frauen sind aber an dem Platz, an den sie das Patriarchat gestellt hat, nicht
Spezialistinnen der Zerstörung geworden, sie mußten oder sie durften sich auf die andere
Seite ausrichten. Angekommen in einer historischen Situation, in der aus immer neuen
Kämpfen, die immer neue Waffen gebaren, die Mittel zur Vernichtung der gesamten
Menschheit geschaffen sind, besteht ein ungeheurer Bedarf an diesen "anderen Fähigkeiten".
So ruft die Autorin dazu auf, die Waffen fortzuwerfen,66 auch weil sie nicht glaubt, daß
dieses andere, auf das es ankommt, sich mit Waffen verteidigen läßt.67 Es geht darum, eine
menschlichere Welt für beide Geschlechter zu schaffen:

Und auch wir werden eher einen Schrecken erfahren als eine Antwort, oder
sollen wir darauf gestoßen werden, daß dieser Schrecken für diese unsere Zeit
die Antwort ist, namenloses Entsetzen, und daß wir - Männer und Frauen -
nicht fortschreiten, uns nicht lossprechen, uns nicht emanzipieren werden,
wenn wir dieses Entsetzen nicht durchleben, wenn wir uns um dieses Grauen
herumdrücken wollen?68

Die Autorinnen scheinen also generell nicht daran interessiert zu sein, die schon
bestehenden Fronten zwischen den Geschlechtern zu erweitern oder weiter zu verhärten,
stattdessen streben sie eine gemeinsame Front beider Geschlechter zur Befreiung aller von
jeglicher Unterdrückung und Einschränkung an.69 Dieses immer wieder - manchmal
unterschwellig, manchmal aber auch sehr deutlich - anklingende politische Interesse, das
über die oben bereits angedeuteten soziologischen Umstände hinausreicht, ist zweifellos von
großer Bedeutung, wie immer man zu den einzelnen Positionen stehen mag. Frauen, die
sich politischen Fragestellungen zuwenden, machen sich frei von der Fixierung auf das
95

enge, eigene Schicksal oder das ihres Geschlechts, und das Moment der Verantwortung für
das Allgemeine tritt in den Vordergrund.
Als ein weiteres Beispiel dafür, wie hoch die Verpflichtung individueller Literatinnen
ihren ideologischen Einstellungen gegenüber sein kann, mag Bettina Wegner gelten, die
1968 aufgrund ihres Protestes gegen den Einmarsch sowjetischer Truppen in die CSSR
inhaftiert und von der Schauspielschule in Berlin exmatrikuliert wurde. Ähnliches gilt auch
für Monika Maron, deren Roman Flugasche 1980, der neben den Schwierigkeiten einer
alleinstehenden Mutter, die um ihre Selbständigkeit bemüht ist, auch die schweren
Umweltbelastungen im Raum Bitterfeld thematisiert, in der DDR nicht publiziert wurde.
Das gleiche trifft auf ihre anderen Werke zu.70 Ausreiseanträge zu Lesungen in der BRD
wurden bis Mitte 1988 immer wieder abgelehnt. Im Juni 1988 erhielt sie schließlich ein drei
Jahre geltendes Visum für einen Arbeitsaufenthalt in Westdeutschland. Auch Sarah Kirsch,
die nach der Biermannaffäre die DDR verließ, wäre in diesem Zusammenhang zu nennen.
Auch literarisch gesehen ist es keineswegs immer leicht, den einmal gewählten Weg
konsequent weiterzuverfolgen. In ihrer Erzählung "Knoten" (1984) läßt Helga Schubert die
Leser und Leserinnen an ihren Kämpfen zwischen Selbstbetrug und eigenem Anspruch an
Ehrlichkeit teilhaben:

Es ist schade um das gute weiße Papier, nimm schlechteres. Nimm


angeschmutztes. Das du für Briefe nicht mehr gebrauchen kannst.
Schreib mit einem Durchschlag, damit du noch etwas hast, wenn du das
Geschriebene durchstreichst, wegschneidest, neu zusammenklebst.
Schreib nachts, wenn alles schläft. Dann ist nichts Wichtigeres zu tun.
Schreib tags, wenn du dich verkrochen hast vor den Vernünftigen. Wenn die
Vernünftigen nichts von dir wollen.
Warte nicht auf dich, denn du kommst zu dir.
Schalte die Lampe an, eine freiwillige Grenze zum Dunkeln, zum Bewegten
um dich. Hör dir zu, vertrau dir, nimm dich ernst.71

Das Bemühen der Schriftstellerinnen um Ehrlichkeit wird von männlicher Seite


bestätigt. Egon Günther, Helga Schütz’ Lebensgefährte, lobt in seiner Erzählung Reitschule
(1981) das "ausgeprägte strikte Verhältnis zur Wahrheit" seiner Partnerin, seins dagegen
sei manchmal leicht gebrochen: "Bei ihr ist zwei mal zwei immer vier, bei mir in fast allen
Fällen, und hin und wieder stelle ich es schlicht in Abrede."72
Wolf stellte 1968 fest, daß sie nur über etwas schreiben könne, was sie beunruhige,73
und qualifizierte diese Aussage an anderer Stelle weiter: "Zu schreiben kann erst beginnen,
wem die Realität nicht mehr selbstverständlich ist."74 Hat man diesen Punkt aber erreicht,
muß ohne Zögern gehandelt werden, eine selbstauferlegte Pflicht ruft und Fehler der
Vergangenheit dürfen nicht wiederholt werden.

Bücher können brennen: Die Lehre sitzt tief. Doch die an sich selbst
verzweifelnde, ihrer selbst überdrüssige Literatur muß - Selbstverzweiflung,
Selbstekel aufhebend - bleiben. Wenn sie nicht ausfällt, indem ihre Autoren
weggehn: in ein anderes Land, in einen anderen Beruf, einen anderen Namen,
in eine Krankheit, den Wahnsinn, den Tod - alle Metaphern für Schweigen,
96

wenn es Schriftstellern widerfährt: Zum Schweigen gebracht werden.


Schweigen wollen. Schweigen müssen. Endlich schweigen dürfen.74

Der Versuchung, sich treiben zu lassen, zu verstummen, darf man in einer solchen
Situation unter keinen Umständen erliegen, denn, wie Anna Seghers formulierte: "Das
Schweigen der Schriftsteller ist am furchtbarsten. Denn sie sind durch Natur und
Gesellschaft ausdrücklich bestimmt, nicht zu schweigen."75 In Morgners Amanda (1983)
konstatiert die Sirine Sappho, daß sie sich mit ihrer Stimme zunächst an die Frauen großer
Politiker wenden wolle. Massenbewegungen wüchsen nicht von heute auf morgen und da
für Wachstum kaum Zeit sei, würde sie "die Kunst der Einbläserei" wiederbeleben.76 Und
Wolf, "mehr denn je" beunruhigt von den "untergründigen Verflechtungen von Schreiben
und Leben, von Verantwortung und Schuld, welche die Person, die schreibend lebt, lebend
schreibt, hervorbringen und im gleichen Arbeitsgang zu zerreißen drohen”,77 weiß sehr
wohl, daß es einfacher wäre, wenn äußere Umstände einen hindern könnten, "alles" zu
sagen, was man weiß:

Denn wenn auch wahr ist, daß geschrieben wird, um bisher Unbekanntes
auszusprechen, so kann man doch auch in jeglicher Literatur - selbst großer
Autoren - nachweisen, daß sie dazu gebraucht wurde, manches zu verdecken.
Und gerade diese Auseinandersetzung des Autors mit sich selbst, die zwischen
den Zeilen, hinter den Sätzen stattfindet: an die Grenze des ihm Sagbaren zu
kommen, um sie womöglich an einer unvorhersehbaren Stelle zu
überschreiten, und es doch nicht zu können, nicht zu dürfen, weil er ein
selbstgesetztes Tabu nicht ungestraft berühren kann, gegen das jedes Verbot
eines Zensors belanglos wird: diese Hochspannung macht den Reiz des
Schreibens aus und, wenn man sie erst entdeckt hat, den Reiz des Lesens,
auch wenn sich der Leser nicht bewußt werden muß, was ihn, über die
Schicksale der Romanfigur hinaus, so mitgenommen hat.79

Der von Heym beschworene "innere Zensor"80 hat also nachweislich schon immer
existiert und es gibt ihn laut Wolf auch heute noch, aber er ist keineswegs immer von
äußeren Umständen aufgezwungen, sondern wird manchmal auch von persönlichen
Grenzziehungen im Innern des Schreibenden beherrscht. Wodurch diese Grenzen wiederum
definiert werden, wird von den individuellen Einstellungen der Literaten abhängig zu
machen sein, einerseits von ihren ideologischen und moralischen Zielen und Auffassungen,
und andererseits auch immer wieder von ihrer selbstdefinierten Verantwortung sich selbst
und auch ihrem Publikum gegenüber. Dieser innere Konflikt bestimmt die Arbeit und das
Aufgabenverständnis des einzelnen Schriftstellers.81
Charlotte Worgitzky spricht einen Aspekt der Literatur von Frauen an, der eine
weitere Schwelle für ihr literarisches Schaffen bedeutet: Schreiben ist nur ein Teil der
literarischen Produktion, der zweite, den viele Frauen scheuen, besteht im Verkauf des
Werkes. Aber ohne Veröffentlichung ist es noch keine Literatur, sondern reine Privatsache.
Auch das Erkämpfen der Veröffentlichung, des Mutes, die eigene Produktion als wichtig
anzusehen, ist ein Prozeß der Emanzipation.82 Worgitzky selbst hat diese Hemmschwelle
überwunden. In ihrer Schlüsselerzählung "Quäze" (1978),83 die das Dilemma der
schreibenden Frau in der DDR darstellt, wird offensichtlich, wie schwierig es nach wie vor
97

ist, die eigene Produktion kompromißlos durchzusetzen. Während die äußeren Bedingungen
geschaffen sind, fehlt es noch immer an der inneren Bereitschaft, ihre Fähigkeit, Kreativität
und Stärke zu akzeptieren, sich selbst etwas zuzutrauen. So findet sich diese
"selbstverständliche" Übernahme althergebrachter Normen nicht nur beim Mann, sondern
auch bei der Frau. Sie ist noch zu sehr in ihrem alten Rollenmuster verfangen, als daß sie
das freie, neue, der Zeit und auch das den äußeren Umständen Gemäße suchen könnte. An
dieser Stelle zeigt sich auch wiederum die enge Verbundenheit zwischen weiblichem Leser
und Schriftstellerin: die Probleme, denen sie sich gegenüber gestellt sehen, sind die
gleichen, gegenseitiges Verständnis muß daher nicht erst erarbeitet und mühevoll erstellt
werden, es existiert von vornherein. Gemeinsames Schicksal verbindet, und auch das
Sprichwort "Geteiltes Leid, ist halbes Leid" mag hier zutreffen und sollte nicht
unterbewertet werden.
Wolf ist sich durch die Beschäftigung mit den früheren Kulturen der Tatsache bewußt
geworden, "daß Frauen seit dreitausend Jahren in unserer Kultur keine Stimme haben".84
Sie versucht nun, an die erste überlieferte Stimme, eben Kassandra, anzuknüpfen, und
versucht, "die ganze männliche Überlieferung, die auf diese Stimme gelegt wurde,
abzukratzen".85 So konstituiere sie selbst wieder eine Figur aus ihrer Erfahrung, daß in der
heutigen Zivilisation jede Frau, wenn sie versucht, in den gegebenen Institutionen tätig zu
werden, zum Objekt gemacht werde. Ob es dafür Hilfe gebe und daraus einen Ausweg seien
jetzt ihre Hauptfragen. "Ich bin jetzt endlich soweit, daß ich mir diese Fragen stelle und
nicht mehr in ihnen ertrinke, weil sie mir nicht bewußt sind. 86
Heute gebe es viele Frauen, die das Schreiben als Instrument der
Selbstverwirklichung betrachten und dabei zum Teil auch kompromißloser seien als Männer.
Eine polnische Professorin hatte ebenso kommentiert: "Wir Frauen sind mehr zur
Ehrlichkeit veranlagt." Das habe historische Gründe. Die Bedingungen in der DDR sind für
Frauen günstiger geworden, auch auf dem Gebiet der Literatur, das man den Frauen immer
abgesprochen hat. "Daß sie sich dieses Gebiet erobern und daß sie sich darin bewegen
können, ist klar".87
Für Worgitzky und auch Morgner ist die Beobachtung, daß viele Frauen um die
vierzig zu schreiben beginnen, ein Zeichen der Emanzipation von herkömmlichen Wertbe¬
griffen. Auch Tetzner vertritt die Ansicht, daß es Frauen erst heute möglich ist, aus der
üblichen weiblichen Rolle auszubrechen, und sich nicht mehr allein für Haushalt und Kinder
verantwortlich zu fühlen, sie kann erst dann deutlich ihre Wünsche artikulieren.88 Im
Gegensatz zu früher wird eine 40jährige Frau heute nicht mehr als uninteressant angesehen.
Zwar wird sie in diesem Lebensabschnitt noch immer sichtbar älter, aber ihre Kinder sind
herangewachsen und daher weniger abhängig. Daß diese Frauen generell ein neues
Selbstbewußtsein errungen haben, zeigt sich heute auch z.B. in den Scheidungsstatistiken.
Von 1960 bis 1987 ist in der DDR der Anteil der von Frauen angestrebten Scheidungen von
55 auf 69 Prozent gestiegen.89 In einem Alter, in dem eine Frau noch vor wenigen
Jahrzehnten froh sein mußte, wenn ihr Mann sie nicht verließ, entscheiden sich viele von
ihnen selbst für die entgültige Trennung. So wird die Zeit, in der die Kinder erwachsen
sind für Frauen zu einem neuen Lebensabschnitt.90
Was früher als Beginn des Lebensendes galt, wird so zu einem neuen, interessanten
und auch lebenswerten Zeitabschnitt. Kreativität wird durch diese neu gefundene Freiheit
natürlich sehr erleichtert, wenn nicht gar gefördert. Hier sieht Wolf auch das Potential für
zukünftige Entwicklungen:
98

In dem Moment, in dem diese Frauen, ausgehend von den neuen


Möglichkeiten, die sie haben und die sie ganz selbstverständlich nutzen,
anfangen, diese Möglichkeiten selbst wieder zu befragen nach ihrem
Charakter und ihrem Wert, also ein Wertsystem einbringen, daß nicht
unbedingt übereinstimmt mit dem, das ihnen ihre Entwicklung ermöglicht
hat.91

Die von den Schriftstellerinnen umrissenen - und laut Wolf von vielen Frauen
angestrebten - Veränderungen, die bereits im letzten Kapitel angesprochen wurden, basieren
somit auf einer Hinterfragung der bestehenden Gegebenheiten in Beruf und im Privatleben
und dem Suchen nach besseren, "lebbareren" Alternativen.
Ist der "innere Zensor" bezwungen, so bedeutet das jedoch noch längst nicht, daß alle
Hürden genommen sind, denn die Publikation ist keinesfalls selbstverständlich. Auch diese
muß erkämpft werden, "weil nämlich, wenn so ein Buchuntemehmen begonnen wird,
unabsehbar ist, in welche politischen, auch weltpolitischen und kulturpolitischen
Landschaften es gerät und entsprechend empfangen wird". Dies sei ganz unabwägbar,
kommentiert Morgner (1984), aber man dürfe während der Arbeit möglichst nicht daran
denken. Allerdings "dräune" im Hintergrund schon manchmal "ein unangenehmes Gefühl".
Sie selbst habe bei dem Buch Amanda viele Federn gelassen, "eigentlich zu viele".92 Auch
Helwig (1986) berichtet von "vertrauensvollen Gesprächen" zwischen Verlag und Autor,
bei denen Veränderungen und Streichungen mit mehr oder weniger Druck durchgesetzt
werden. Sie bilden die erste Stufe möglicher Zensurmaßnahmen; am Ende der Skala steht
die Verweigerung der Druckgenehmigung durch das Ministerium für Kultur.93 Gelegentlich
wird die angebliche "Gefährlichkeit" eines Buches auch erst nach der Auslieferung erkannt -
dann "greift aus dem Dunkel höherer Sphären, außerhalb der Normalität, drastisch ein
vierter Zensor [nach der bereits verinnerlichten Selbstzensur, dem Verlag und dem
Ministerium für Kultur - M.M.T.] ein, um bemerkenswerte, publikumswirksame Bücher
im vollen Lauf zu stoppen”.94 Als Betroffener hat Erich Loest das "Entstehen und Sterben"
seines Romans Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene (1978) anschaulich
geschildert.95

Bedacht werden muß im hier diskutierten Zusammenhang auch, daß zwischen


Literatur und gesellschaftlicher Moral eminente Beziehungen existieren, aber die
gesellschaftliche Moral eines Autors sollte sich, so Wolf, nicht darin erschöpfen, "daß er
seiner Gesellschaft möglichst vorenthält, was er von ihr weiß; obwohl es doch eine Zeit
gab, (...), da gewisse, nach vorgefertigten Rezepten hergestellte Abziehbilder unter dem
Stempel "Parteilichkeit" laufen konnten und wir, Anwesende immer eingeschlossen, uns an
einen recht fahrlässigen Gebrauch dieses Stempels gewöhnten".96 Wie in Kapitel 3 bereits
dargelegt werden konnte, sind die Autorinnen und auch Autoren immer weniger dazu bereit,
dem Anspruch der "Parteilichkeit" von offizieller Seite vorbehaltlos zu genügen.97 Die
"absolute Vereinheitlichung des Denkens" wird von Morgner (1984) als "vollkommene
Verarmung" bezeichnet. Reichtum sei immer auch geistiger Reichtum. Ein Politiker müsse
daran interessiert sein, daß eine größtmögliche Anzahl von Leuten gleich dächten, denn so
ließe es sich leichter regieren. Aber Schriftsteller wären unnötig, wenn sie das Gleiche
wollten: "Und gute Politiker wissen auch, daß sie die Schriftsteller brauchen, die ihnen
Unbequemlichkeiten machen."98
99

Auch Christa Wolf lehnt die Vorstellung, daß ein Autor sich beim Arbeiten auf eine
"abstrakte Moral", einer "über den Wassern schwebenden Instanz" berufen könne, ab. Sie
wendet sich entschieden gegen "eine solche Voyeurhaltung" und strebt stattdessen an, daß
der Autor sich selbst in die Widersprüche hineinbegibt. Allerdings teilt sie auch nicht die
Verachtung einiger Marxisten für den Begriff der "Moral" - und zwar, weil sie sich nicht
auf einen blanken historischen Determinismus, der in Individuen, Schichten, Klassen,
Völkern nur die Objekte einer sich unumstößlich durchsetzenden historischen
Gesetzmäßigkeit sieht und dem eine vollkommen fatalistische Geschichtsphilosophie
entspricht, einlassen kann und will. Ebensowenig aber liegt ihr ein "öder Pragmatismus, der
in der Moral von Klassen und Individuen nichts sieht als ein Mittel zum Zweck, beliebig
manipulierbar, beliebig ignorierbar, mal nützliches, mal unnützes Vehikel".99
Dies alles habe jedoch nichts mit den christlichen Antinomien von Gut und Böse zu
tun, mit der starren Gegenüberstellung von Denken und Tun, "nichts mit abstrakten,
unfruchtbaren und letztlich lähmenden Integritätsforderungen". Denn:

Auch unsere Irrtümer können "moralisch" sein, wenn sie uns immer wieder
und immer neu auf die produktive Seite unserer Widersprüche bringen.
Unmoralisch ist dagegen alles, was uns, was die Massen hindert, vom Obiekt
zum Subjekt der Geschichte zu werden. Und, davon ausgehend - warum sollte
sich nicht auch der sozialistische Autor als "Moralist" begreifen?100

Die Menschen sollen ihren Platz in der Geschichte einnehmen, sich nicht mehr blind
leiten lassen, sollen aktiv ihr Schicksal mitentscheiden. Im hier diskutierten Zusammenhang
bedeutet dies, daß es nicht möglich ist, sich von anderen "emanzipieren zu lassen", jeder
einzelne muß sich, im Verbund mit seinen Mitmenschen, selbst emanzipieren. Die
Problematik, die in diesem Themenkreis steckt, auch der ganz persönliche Konfliktstoff,
reicht - so Wolf - für die Literatur einer ganzen Epoche, nicht nur für die Werke, die sie
selbst gerne noch in Angriff nehmen möchte.

Wolf beklagt in diesem Zusammenhang auch, daß Prosa auf Nüchternheit und
Souveränität angewiesen ist und für Naivität keine Verwendung zu haben scheint.
Gleichzeitig lebt die Kunst aber aus ihrem in der Kindheit begründeten "Vorrat an
ursprünglichem Verhalten" und wird durch "spontanes, direktes, rücksichtsloses Reagieren,
Denken, Fühlen, Handeln" und ein "unbefangenes (eben doch "naives"), ungebrochenes
Verhältnis" zu sich selbst und zu ihrer eigenen Vergangenheit und Entwicklung bedingt.
Hierbei handelt es sich laut Wolf um einen ursprünglichen Zusammenhang, den die Kunst
eingebüßt hat, aber es ist dennoch gerade der Widerspruch zwischen diesen
Zusammenhängen und dem heutigen Anspruch auf Nüchternheit und Souveränität, der
Leben und Schreiben mitbestimmt. Ob man nun versucht, ihn zu ignorieren oder zu
leugnen, ihn zu verharmlosen oder zu überspielen, sich gegen ihn zu versteifen, ihn zu
beklagen und zu verfluchen, ob man sich vor ihm in unproduktive Lebensmechamsmen
flüchtet und an ihm zerbricht, auch ohne es selbst zu wissen, es gibt kein Entrinnen. Denn
wie man es (oder sich) auch drehen und wenden mag,

"ein freies, schöpferisches Verhältnis zu unserer Zeit ist nur aus der
Verarbeitung dieses Konflikts zu gewinnen, der das Zeug in sich hat zu
100

modellhaften Darstellungen, da er ja nicht nur eine Generation betrifft. Nicht,


um unnötigerweise gesellschaftliche Kräfte an die Vergangenheit zu binden,
sondern um sie produktiv zu machen für die Gegenwart, hat eine andauernde
unerschrockene Arbeit gerade an jenen Vergangenheitskomplexen
stattzufinden, deren Berührung schmerzt. Ein Vorgang, der, mit Konsequenz
betrieben, zu literarischen Entdeckungen führen könnte, auf die wir nicht
gefaßt sind."101

Es geht also darum, aus der Vergangenheit zu lernen, sie für die Gegenwart nutzbar
zu machen. Alte Komplexe können so abgebaut, neue Erkenntnisse errungen werden.
Allerdings muß man bei diesem Unterfangen eine freie Hand haben, darf sich nicht von
vornherein zu sehr einschränken lassen, weder von sich selbst, noch von anderen. Man darf
aber auch nicht nur den eigenen Erwartungen folgen, das zu bestätigen suchen, was man
selbst schon lange vermutet oder was einem von anderer Stelle aufdiktiert wurde, denn es
gilt, Neues zu erstellen. Irmtraud Morgner (1978) konstatiert in diesem Zusammenhang, da
man nichts erkunden könne, wenn vor Arbeitsbeginn festliege, was man finden wolle: "Und
wenn ein echtes Dokument unangenehm ist, muß nicht das Dokument, sondern die Realität,
über die es berichtet, geändert werden."102
Ob angenehm oder unangenehm, den Autorinnen ist es offensichtlich wichtig, das zu
sagen, was ihnen am Herzen liegt, ob es sich dabei um "heiße Eisen" handelt oder nicht.
Diese Ansicht entspricht den Erwartungen der offiziellen Kulturpolitik, die sich, wie in
Kapitel 1 bereits ausgeführt werden konnte, nachdrücklich für eine Bearbeitung von
gesellschaftlichen Konflikten ausspricht. Allerdings erwartet sie auch eine Auflösung dieser
Konflikte und diese wird von den Autorinnen nur sehr bedingt geliefert, wie im nächsten
Abschnitt über die Ziele der Frauenliteratur nachzuweisen sein wird. In einem gewissen
Maße erfüllen die hier zu Wort kommenden Schriftstellerinnen also die an sie gerichteten
Ansprüche, sie behalten sich aber auch eigene Einstellungen vor, von denen sie nicht
abrücken. Das trifft für die Aufarbeitung des Faschismus ebenso zu wie für die
Auseinandersetzung mit Problemen des gegenwärtigen real-existierenden Sozialismus. In
ihrem Roman Kindheitsmuster (1976) zeigt Wolf z.B. auf,103 wie unheilvolle
Kindheitsmuster unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen überwunden werden
können. Sie verknüpft verschiedene zeitliche Ebenen des Erzählens, um immer wieder "das
Trennende zwischen Heutigem und Vergangenem anzugreifen und sich mit rücksichtsloser
Suche nach der Wahrheit den inneren Strukturen einer Zeit zu nähern, die heute
unbegreiflich scheint", wie es in einer Rezension in Der Morgen heißt.104
Die Bearbeitung von Lebenserfahrungen, egal, ob sie nun selbst erlebt oder
zugetragen worden sind, bindet den Produzenten somit nicht nur an seine Gesellschaft,
sondern auch an seine Rezipienten und das Land, in dem sie leben. Die Zeitgenossenschaft
ist in diesem Sinne ein ausgesprochen wichtiger Faktor, der bei den Schriftstellerinnen
immer wieder Erwähnung findet.105 Es ist im vorausgegangenen Kapitel schon mehrmals
angesprochen worden, daß es den Autorinnen um ein enges Verhältnis zu ihren Lesern geht.
Obwohl die Produktionsbedingungen und Lebensweise eines literarisch Schaffenden die
Gefahr in sich zu bergen scheinen, den Schriftsteller zu vereinzeln,106 stellt Hildebrandt
(1984) für die zwölf von ihr interviewten Literatinnen eindeutig fest: "Keine der Frauen
meint, in einem "Elfenbeinturm" zu leben, in unterschiedlicher Art engagieren sich alle in
Staat und Gesellschaft."107 Welt- und Realitätsverbundenheit sind für die meisten Autorinnen
101

ausgesprochen wichtig. Schubert z.B. sagt selbst, daß - obwohl sie von Auftragsarbeiten,
d.h. Kinderbüchern, Hörspielen und Filmszenarien, gut leben könnte - ihr die teils bissigen,
teils melancholischen Episoden aus ihrer Stadt, Berlin, aus ihrem Land, ein besonderes
Anliegen sind. Und trotz zeitweiliger Ablehnung ihres zweiten Buches Blickwinkel, das erst
1984 im Aufbau Verlag erscheinen konnte, ist sie sich doch der Tatsache bewußt, daß diese
Art des Schreibens die ihr wichtige und angemessene ist.108
Brigitte Martin richtet sich ausdrücklich gegen Schriftsteller, die saturiert leben und
trotzdem das Regime und die Gesellschaft kritisieren. Diese existieren abgehoben vom Volk
und suchen nicht nach neuen Werten in einer neuen Gesellschaft, sondern orientieren sich
am Westen, ihre Kritik ist somit nicht konstruktiv und ohne jeden Nutzen. So hat sie z.B.
bewußt nicht zur Ausweisung Biermanns Stellung genommen, weil sie dessen Position nicht
kritiklos unterstützen kann.109 Martin selbst will bewußt keine privilegierte Stellung, damit
sie, wie sie Hildebrandt 1984 in einem Brief mitteilte, für "die Durchschnittsfrau" - oder
besser gesagt: für ihre Leserinnen - sprechen, aus ihrer Lage als berufstätige Mutter
berichten kann. Andere literarische Frauengestalten sind ihr

...in ihrer Verzichthaltung übersensibilisiert oder männlich eingeschränkt in


dem Sinne, daß sie auf ein Ziel gerichtet sind, das nicht mit der Sinngebung
der Frau zu tun hat: Kinder. Ohne die keine Reproduktion der Gesellschaft
möglich ist.110

Martin grenzt sich auch ganz bewußt von anderen Schriftstellern und
Schriftstellerinnen ab, sie ist nicht Mitglied im Schriftstellerverband wie die meisten ihrer
Kolleginnen, sie sieht sich in erster Linie als Mutter und will ihre Rolle als Mensch unter
Menschen behalten, obwohl sie weiß, wie stark sie dadurch verletzbar ist. Durch die
Zeitbelastung ist ihr Engagement zwangsläufig stark eingeschränkt. Sie schreibt, wenn die
Kinder schlafen und teilt sich so zwischen ihren verschiedenen Arbeitsbereichen auf.111
Brigitte Martin sucht demnach den Anschluß und die unmittelbare Verbindung zur
werktätigen "DDR-Durchschnittsfrau", auf Kontakte mit privilegierten Intellektuellen und
anderen schreibenden Frauen scheint sie wenig Wert zu legen. Sie braucht den Kontakt zu
der Umwelt und ihren Mitbürgern, über die sie berichtet. Um dies zu erreichen, um sich
die Quelle zu erhalten, grenzt sie sich bewußt von jeglicher Vorzugsposition ab.
Die Frage der Privilegierung stellt sich auch anderen Autorinnen. Nicht immer läßt
diese sich leicht mit dem Anspruch der Zeitgenossenschaft und der Gleichstellung mit den
Mitbürgern verbinden. In einem Interview (1986) nimmt Schubert - wie sie selbst sagt - zu
diesem Punkt "einmal konkret Stellung":

Ich bin Mitglied des Schriftstellerverbandes und, wenn ich eine, dem
Schriftstellerverband der DDR seriös erscheinende und nicht gegen die DDR
gerichtete Einladung habe aus einem anderen Land, von einer Universität oder
in einem ganz bestimmten Zusammenhang mit einer Lesereise für ein Buch,
(...) dann bekomme ich für diese Zeit ein Ausreisevisum. Und da bin ich
schon privilegiert gegenüber Menschen, die diese Städte auch gerne sehen
würden. Und ich bin mir dieser Sache bewußt. Es gibt also ganz verschiedene
Möglichkeiten, wie man darauf reagieren könnte. Ich denke und habe die
Hoffnung, daß die politischen Verhältnisse sich eben so gestalten, daß dies
102

kein Privileg mehr ist. Sonst könnte man damit schlecht leben gegenüber den
Mitbürgern in der DDR.112

Auch Gerti Tetzner hat - wie ihre Protagonistin Karen W. - nicht nur aus finanzieller
Notwendigkeit ihre Arbeit, z.B. in einer Spinnerei angenommen, sie sah darin vielmehr eine
neue Erfahrungsmöglichkeit. Nach einem halben Jahr dort versteht sie, warum die Frauen
so wenig Interesse an Problemen haben, die über ihren Alltag hinausreichen. Sie selbst war
abends zu erschöpft, um noch Streitfragen zu erörtern, dennoch war sie erschreckt, wie
wenig die Frauenemanzipation die Lage dieser Frauen beeinflußt hatte. Obwohl sie
selbstsicherer geworden sind, hinterfragen sie nicht die "zweite Schicht" nach Feierabend.113
Das Verständnis, das den Werken der Frauenliteratur zu Grunde liegt, ist also aus eigenen
Erfahrungen gewachsen, die Autorinnen wissen nur zu genau, was in den Betrieben und in
den Familien vor sich geht, welche Probleme und Schwierigkeiten immer wieder auftreten.
Sie sind nicht von ihren Rezipienten isoliert, haben sich nicht in ein Intellektuellendasein
geflüchtet.114
Selbst die heute freiberuflich Tätigen haben ihre Herkunft nicht vergessen. Ursula
Hörig z.B. hat früher in einem Kaufhaus gearbeitet, heute ist Schreiben ihr Beruf und
Handwerk. Wenn ihre ehemaligen Kolleginnen aus dem Kaufhaus sie fragen, ob sie vor
Weihnachten nicht mal wieder dort arbeiten wolle, weil die Arbeit sich häufe und sie ja
doch nur "so ein bißchen schreibe", "so erzählt sie das lachend - und voll Verständnis für
die Frauen, die nur ihre eigene Arbeit als Maßstab nehmen”.115 Wolf (1979) sagt von sich,
daß sie die Realität noch genauso scharf, vielleicht in mancher Hinsicht noch schärfer als
früher erfahre. Sie sieht sich nicht als Außenseiterin und möchte es nicht werden. Sie ist
entschlossen, "radikal und so umfassend wie möglich mit dem Verständnis auch für den
anderen" zu schreiben. Sie verstehe, warum Menschen, die ein völlig anderes Leben führten
als sie und ihre Kollegen so oft an ihnen Anstoß nähmen. Dennoch hofft sie, sich die
Brücke zwischen der Alltagsnormalität und dem Leben, daß sie führen muß, zu erhalten.
Sie habe noch "eine Reserve an Zutrauen", von Produktivitätsantrieb aus der starken
Identifikation mit dieser Gesellschaft und aus der starken Betroffenheit von allem, was diese
Gesellschaft betrifft: "Ich kann mich nicht herausziehen. Und dieses Auf-alle-Fälle-
Mitbetroffen-Sein gibt neben vielem, was manchmal bis zur Verzweiflung reichen kann,
auch diesen Produktivitätsschub."116
Wie erfolgreich die Autorinnen in ihren Bemühungen um Zeitgenossenschaft sind,
läßt sich an den Zuschriften zu Für Dich-Literaturforen ablesen. Hier wird immer wieder
bestätigt, daß Leserinnen - und häufig auch Leser - sich von den in der neuen
Frauenliteratur aufgegriffenen Themen angesprochen fühlen und daß sie dort ihr eigenes
Leben reflektiert sehen. So schreibt eine Leserin in bezug auf Königsdorfs
Geschichtensammlung Der Lauf der Dinge (1982) und Wanders "Guten Morgen, du
Schöne" (1978), daß sie Frauengestalten möge, "die mir etwas zu sagen haben, mit denen
ich mitfühlen kann".117 Und in einer weiteren Zuschrift heißt es, daß die Bücher von Maxie
Wander durch ihre "Härte und provozierende Klarheit" unweigerlich dazu führten, sich mit
den dort aufgeworfenen Problemen ganz persönlich auseinanderzusetzen.118 Es mag als
bezeichnend gewertet werden, daß auch Wolf in ihrem Vorwort zu den Wander-Protokollen
kommentiert: "Dies ist ein Buch, dem sich jeder selbst hinzufugt."119 Auch Daniela Dahn
wird mit Lob bedacht. Spitzenzeit (1980) zeuge "von guter Kenntnis unseres Lebens” und
103

die Art, wie sie "mit leichter Ironie und spitzer Feder über uns schreibt" fordere heraus.120
Brünings Romane finden Anklang, weil sie so "lebensnah" sind,121 die Schriftstellerinnen
der neueren Gegenwartsliteratur schreiben "sehr ehrlich" und offenbaren das Denken und
Fühlen von Frauen "oft in verblüffender Offenheit", heißt es an anderer Stelle.1"2 Eine
Auflistung der Zusprüche ließe sich endlos fortsetzen.
Wie nah die Autorinnen oftmals an die Ansichten und Erlebnisse ihrer Rezipientinnen
kommen, läßt sich an einem Brief von Eveline Timme ablesen:

Gleich zu Beginn des Aufbaus des Sozialismus war die rechtliche


Gleichstellung der Frau hergestellt worden, ohne daß zu diesem Zeitpunkt
bereits Erfahrungen bezüglich der Auswirkungen dieser grundlegenden
Veränderung Vorgelegen hatten. Deshalb wurde, dies ist mein persönlicher
Eindruck, vielfach allein die Berufstätigkeit der Frauen als Emanzipation
verstanden. Es lag darin die Gefahr, daß die Leistungen der Frauen im
Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit eine höhere gesellschaftliche
Wertung erfuhren als ihre Bemühungen um die Erziehung der Kinder. Da
selbst bis zum heutigen Zeitpunkt die Haushaltsführung in vielen Familien die
Frauen stärker belastet als die Ehemänner, bin ich sicher, daß sich nicht nur
die Frauen in der Literatur überfordert und schuldig fühlen, sondern daß sich
vielmehr die Alltagserfahrungen in der Literatur niederschlagen.123

In der Darstellung von Alltagserfahrungen sieht die Leserin einen "ganz wesentlichen
Schritt", weil hierdurch der Leser in ehrlicher Form angehalten werde, seine Umgebung im
weiteren und auch im engeren Umkreis bewußter zu erleben, "was unbedingt einen Einfluß
auf die Entwicklung persönlicher Haltungen und Erkenntnisse hat".124 Timme gelingt es hier
in wenigen Worten, die von den Literatinnen beschriebenen Überlegungen
zusammenzufassen. Emanzipation ist nicht einfach mit Berufstätigkeit gleichzusetzen und
läßt sich auch nicht einfach "von oben” implementieren. Weibliche Werte müssen
Anerkennung finden, die Kunst des "Hegens"125 allgemein bekundet werden.
Die Schriftstellerinnen bemühen sich also um einen guten Rapport mit ihrem
Publikum und dieses scheint ihnen auf breiter Basis zu gelingen. Auch hier scheinen die
Autorinnen aus eigenem Antrieb geschafft zu haben, was schon vorher von offizieller Seite
aus implementiert werden sollte, aber nur sehr begrenzte Ergebnisse erzielte: Die
Bitterfelder Konferenzen, auf denen gefordert wurde, Schriftsteller in die Betriebe zu
schicken um die Gefahr der gedanklichen Selbstisolierung zu verringern, hatten nur sehr
mäßige Erfolge zu verzeichnen. Obwohl kein Konzempförtner die Autoren am Betreten
großer Betriebe und wissenschaftlicher Institute hinderte, war die Resonanz unter den
Schriftstellern nur gering. Bei den Forderungen der Bitterfelder Konferenz scheint es sich
bis zum heutigen Tag häufig immer noch mehr um einen frommen Wunsch zu handeln.
Sevopel (1982) berichtet in seinen Erinnerungen über die von ihm verbrachte Zeit in der
DDR daß das Publikum bei Schriftstellerlesungen in den Betrieben nahezu ausgewahlt
erschien und sich weniger aus der eigentlichen Belegschaft, als aus Verwaltungsangestellten
und in den Büros Tätigen zusammensetzte.126
Das starke Leserecho, daß manche Werke hervorrufen, scheint die Literatinnen
manchmal selbst zu überraschen.127 In Morgners Trobadora Beatnz (1974) gesteht Laura
den Teilnehmerinnen einer Lesung, daß sie die eben von ihr vorgetragene Geschichte am
104

Wickeltisch, zwischen den Mahlzeiten ihres Sohnes Wesselin, geschrieben habe. Die
Reaktion der Frauen ist vielsagend, das Bekenntnis bringt ihr zum Abschied zwei
Umarmungen ein.128
Das lebendige, fordernde Interesse einer selbstbewußten Leserschaft stimuliert, nur
darf man sich nicht der Illusion hingeben, "für alle" schreiben zu wollen.129 Schubert
berichtet in Blickwinkel (1984) von einer ihrer Lesungen, alles wurde vorher vereinbart,
nichts dem Zufall überlassen:

Sie können lesen, was Sie wollen. Könnten Sie mir bitte vorher sagen, was
sie lesen wollen. Lesen Sie bitte höchstens zwanzig Minuten, es ermüdet sonst
zu sehr. Die Mütter mit Kleinkindern müssen um sechzehn Uhr gehen,
wundern Sie sich nicht, wenn die früher aufstehen. Vielleicht können wir dann
anschließend noch zu einer Aussprache kommen. Das wird ja die meisten
interessieren. Wir hatten schon Herrn Sowieso und Frau Sowieso hier, das ist
dann noch sehr nett und lustig geworden, nicht?130

Auch ihre Gefühle und Gedanken während der Lesung sind für die hier behandelte
Thematik von Interesse und lassen Rückschlüsse über die Autorinnen zu:

Dann soll ich anfangen und sehe in die müden Gesichter, in die geduldigen,
traurigen, freundlichen Augen.(...) Alle schweigen, und ich zögere. Ich weiß
plötzlich nicht, ob die anderen das interessieren wird, was ich da
aufgeschrieben hab. Ob sie nicht schon längst alles wissen. Aber vielleicht
freuen sie sich, wenn sie hören, was sie schon wissen, was sie nur noch nicht
gesagt haben. Vielleicht wußten sie nicht, daß es noch einen Menschen gibt,
der ähnlich denkt.
Und ich beginne meine Geschichte zu lesen.(...) Ich blicke auf und sehe in
interessierte Augen. Da freue ich mich, daß ein anderer Mensch ähnlich
denkt, daß ein anderer Mensch versteht, wovon ich schreibe, und daß ich in
diesem Moment nicht mehr allein bin. Ich werde mutig und lese nun etwas,
was ich noch nie vorgelesen habe.(...) Aber einige weichen meinem Blick aus,
sehen mich oder die andren von der Seite an. Plötzlich werde ich unsicher und
denke: Ich stehe ganz allein da mit dieser Angst, dieser Bedrückung, dieser
Bewunderung. Vielleicht sehe ich wirklich vieles einseitig, mit dem
Vergrößerungsglas, (...). Vielleicht weiß ich nicht mehr, was wirklich passiert.
Vielleicht steh ich draußen und diese alle sind drinnen?131

Aus Schuberts Beschreibung einer Lesung in einem Betrieb wird klar, wie sehr die
Schriftstellerinnen eine Isolierung von ihrer potentiellen Leserschaft vermeiden wollen Sie
brauchen den Kontakt zu den Menschen, für und über die sie schreiben, sie wollen
verstanden werden und auch den Rezipienten dieses Gefühl vermitteln.
Aus den hier zusammengetragenen Ansichten der Autorinnen wird recht deutlich, daß
sie von ihrer Warte, von der DDR aus, für Frauen in ihrem eigenen Land schreiben Der
geographische Ausgangsort darf bei der Untersuchung dieser Literatur nie vergessen werden
(Wolf, 1968).132 Zweifellos besteht die Gefahr, daß ein Leser oder eine Leserin dieser
Literatur in der BRD ein Werk, das in der DDR und für die DDR geschrieben wurde,
105

aufnimmt, als sei es an ihn/sie gerichtet. Die hier geäußerte Kritik, der erzählte Alltag und
die literarische Ausformung der Zukunft werden spontan angenommen und nicht weiter
hinterfragt, da ja - scheinbar - in der gleichen Sprache gesprochen wird und diese somit
wörtlich verständlich ist. Das aber zum wirklichen Verständnis ein Einarbeiten in die
Literatur, den Alltag, die Entwicklung und die politischen Vorstellungen unerläßlich ist,
wird dabei selten bedacht. Mißverständnisse sind also zu erwarten und äußerste Vorsicht
ist daher geboten. Die Ausarbeitung des Selbstverständnisses und der erklärten Ziele der
Schriftstellerinnen in dieser Arbeit stellt eine Maßnahme dar, die Fehlinterpretationen dieser
Art ausschließen helfen soll. Hildebrandt stellt in diesem Zusammenhang folgendes fest:

In der Bundesrepublik geht man leicht davon aus, daß alle - zumindest alle
"guten" - Schriftsteller und Schriftstellerinnen der DDR gegen ihr
Regierungssystem eingestellt seien. Und darauf basierend werden positive
Bewertungen der DDR-Gesellschaft schnell skeptisch aufgenommen oder
Kritik an einzelnen Phänomenen verallgemeinert.133

Aus solchen Erfahrungen heraus ist es dann laut Hildebrandt nur zu verständlich, daß
Autoren und Autorinnen in der DDR der westdeutschen Vereinnahmung skeptisch
gegenüberstehen. - Nicht nur Wolf Biermann sprach vom Applaus von der falschen Seite,
der mehr schade, als daß er nütze.

Alle von Hildebrandt interviewten Schriftstellerinnen sind ihrem Selbstverständnis


nach Sozialistinnen und äußern ihre Kritik am Staat, am Leben in der sozialistischen
Gesellschaft auf der Grundlage der Theorie des Kommunismus.134 Stefan Heym erklärt in
einem Artikel in der New York Times (1973), daß er keinen Schriftsteller in der DDR
kenne, der nicht auf Seiten des Sozialismus stünde.135 Er habe bei der Zusammenstellung
einer Anthologie von 35 Texten feststellen können, daß kaum einer der Autoren den
Sozialismus besonders zu verteidigen für notwendig hielt: sie nahmen ihn als Tatsache des
Lebens und beschäftigten sich auf eine sehr zum Nachdenken anregende Weise mit seinen
verschiedenen Aspekten, seinen täglichen Konflikten. Die marxistische Philosophie gehört
erklärterweise zu Christa Wolfs Grunderfahrungen und bestimmt somit die Auswahl als
auch die Bewertung neuer Erfahrungen entscheidend mit. Wolf selbst betont allerdings, daß
"ein Autor in Zeiten, in denen er seine Lebensweise frei wählen kann, eine Verantwortung
für den Inhalt seiner Erfahrung hat; und daß aus Erfahrung schreiben nicht bedeutet: sich
immer nur selbst beschreiben (obwohl meist auch Selbstbeschreibung mit einfließen wird
und soll).136 Wolfs Erzählung Nachdenken über Christa T. wird entsprechend von
außenstehenden Beobachtern als ein "von Grund auf sozialistischer Roman bezeichnet.
Auch Irmtraud Morgner ist Sozialistin und kämpft in diesem Rahmen für eine
stärkere Beachtung weiblicher Bedürfnisse und Interessen. Diese Qualität der politischen
Sozialisation beeinflußt die Forderungen hinsichtlich der Rolle der Frau permanent.138
Morgner konzipiert einen Gegenentwurf nicht zur sozialistischen Gesellschaft, sondern zur
sozialistischen Leistungsgesellschaft, wie sie von Männern geschaffen worden ist. Ein
Sozialismus aber, der die Männervorherrschaft nicht abschafft, kann keinen Kommunismus
aufbaun.”139 An den Grundideen des Sozialismus aber hält sie fest:

.eine Frau mit Charakter kann heute nur Sozialistin sein. Und sie muß in die
106

Politik eintreten, wenn sie für sich menschliche Zustände erreichen will. Vor
allem in Italien und ähnlichen Ländern muß sie zuerst in die Politik eintreten,
alles andere ist Emanzipationsmode. Sittliche Verhältnisse lassen sich nur
revolutionieren nach der Revolutionierung der ökonomischen Verhältnisse.
Man kann den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun. In der DDR ist der
erste Schritt längst getan. Jetzt beschäftigt uns der zweite, sela.140

In der DDR ist der erste Schritt in Richtung Emanzipation getan, Morgner stimmt
hier mit Wolf überein,141 aber man darf sich auf dem bereits Erreichten nicht ausruhen.
"Erst im Prozeß sozialistisch-kommunistischer Entwicklung wird die Überwindung tradierter
Arbeits- und Rollenteilung möglich", postuliert denn auch Karin Hirdina in Sonntag und
folgert, die Schwierigkeit "ich" zu sagen sei keine alleinige Frauenfrage und Emanzipation
nur bei einer Bewußtwerdung von Frau und Mann möglich.142
Auch andere Schriftstellerinnen sprechen sich fiir Veränderungen im Rahmen des
real-existierenden Sozialismus aus, sie sind also nicht an einem Umsturz der Regierung
interessiert und können nicht als prinzipielle Systemgegner bezeichnet werden. Daß
revolutionäre Veränderung der Gesellschaft nicht nur abstrakt die Umwälzung der
ökonomischen Basis und des politisch-ideologischen Überbaus bedeute, sondern - da diese
Veränderungen an die Aktion der Individuen gebunden sind - auch alle Lebensäußerungen
beeinflusse, werde hier zur gelebten Erfahrung (Dölling, 1980).143 In Amanda stellt
Oberteufel Kolbuk dennoch fest: "Emanzipierte Frauen sind alle potentielle Dissidenten".144
Morgner scheint hier auf die von offizieller Seite nicht selten demonstrierte Skepsis
gegenüber der Frauenliteratur und ihres feministischen - und damit als aufrührerisch
verstandenen - Potentials anzuspielen. Feministinnen, die diese Sprengkraft besessen hätten,
sind rechtzeitig ausgebürgert worden oder haben die DDR freiwillig verlassen. Hildebrandt
(1986) nennt in diesem Zusammenhang Christa Reinig, Helga Novak und Sarah Kirsch.145
Aber die Autorinnen selbst verstehen sich weder als Dissidenten im Sinne von
"Umstürzler" noch als Aufrührer. Ihnen geht es darum, neben den Diskrepanzen im
Zusammenleben zwischen den Geschlechtern auf die Fehlentwicklungen in der
Hochleistungszivilisation, die Umweltzerstörung und die Machtmechanismen aufmerksam
zu machen. Morgner äußert in einem Interview, daß es sicher kein Zufall sei, daß ihr
Roman Amanda im gleichen Jahr wie Wolfs Kassandra (1983) von sich reden machte. Sie
seien beide unabhängig voneinander zu ganz ähnlichen Einsichten gekommen, die sie
literarisch verwerteten. Beide hätten erkannt, "daß der einseitige männliche Rationalismus
im Begriffe sei, die Welt zu zerstören". Die Frauen seien das Hoffnungspotential der
Menschheit, sie müßten die Welt "instandsetzen".146 Beide Schriftstellerinnen verbindet die
Angst vor einer nuklearen Katastrophe, die Angst auch, immer stärker in die Vorbereitung
zu einem Krieg hineingezogen zu werden. Dies ist sicherlich keine nur frauenspezifische
Reaktion, sie wird aber durch Wolfs Kassandra, die trojanische Seherin und Wamerin
eindrucksvoll dargestellt. Wie lassen sich in einer Welt, in der das männliche Prinzip
dominiert, weibliche Gegenkräfte fruchtbar machen? Eine Frage, die nicht nur Morgner
immer wieder stellt, sondern die auch von Wolf in ihren Frankfurter Vorlesungen, in denen
sie die Entstehungsgeschichte ihres Romans aufzeigt, bearbeitet wird.147

Zusammenfassend kann hier für das Selbstverständnis der Schriftstellerinnen


festgehalten werden, daß die Literatinnen erklärterweise mehr für ihre Generation als
107

geschlechtsspezifisch schreiben. Einerseits lassen sich prinzipielle Änderungen an der


Situation der Frau noch immer "nur über den Mann" ereichen, andererseits bedarf auch der
Mann selbst der Emanzipation. Die Frauen übernehmen zwar die führende Rolle im
Emanzipationsstreben der Geschlechter, aber sie versuchen nicht, sich gegen den Mann zu
emanzipieren. Obwohl der Vorwurf des "Männerhasses" ihnen von offizieller Seite immer
wieder gemacht wird, wird eine solche Einstellung von allen Autorinnen, von denen sich
Äußerungen zu diesem Thema auffinden lassen konnten, strikt abgelehnt, auch wenn Helga
Königsdorf im Nachsatz zu ihren Ungehörigen Träumen (1978) ironisch anmerkt, daß sie
nach der Publikation ihrer Geschichten ihrem "unvermeidlichen Schicksal, ein unbemanntes
Dasein fristen zu müssen, gefaßt ins Auge" sehe.148
Von zahlreichen Literatinnen wird auch der Begriff "Frauenliteratur" rundweg als
unnötig oder gar diskriminierend abgelehnt,149 oftmals verbunden mit dem Hinweis, daß
gesamtgesellschaftlich gesehen an eine Emanzipation der Frauen ohne eine Emanzipation
der Männer nicht zu denken sei. Teilweise mag dies auch aus Furcht vor einer weiteren
Marginalisierung der Literatur von Frauen geschehen. Der Feminismus galt in der DDR als
eine westliche Angelegenheit, die nur unter den Bedingungen kapitalistischer Verhältnisse
Sinn hat.150
Die Reaktion der Männer auf Frauenliteratur scheint nach wie vor "durchwachsen"
zu sein; den Auflagenziffem läßt sich zwar entnehmen, daß eine große Anzahl der
Schriftstellerinnen sich großer Beliebtheit erfreuen,151 aber eine solche Feststellung mag in
einzelnen Fällen (Wolf, Brüning, Morgner) mehr auf ihre über lange Zeit etablierte
literarische Position zurückzuführen sein, als auf ihr Interesse für die Emanzipation der
Frau. Einzelne Episoden, wie die im obigen Abschnitt von Christa Müller berichtete, lassen
vermuten, daß die Aufnahme nicht immer in positiven Bahnen verläuft. Es ist anzunehmen,
daß der Zuspruch zu einer Literatin parallel zu ihrer Etablierung wächst, daß - je mehr
Schriftstellerinnen es gelingt, sich in der noch immer männlich dominierten Literaturszene
durchzusetzen -ihr Gefolge und ihre Einflußmöglichkeiten zunehmen. Anfang und Mitte der
achtziger Jahre läßt sich auch eine vermehrte Anzahl der von Männern eingesandten
Zuschriften zu Literaturdiskussionen von Frauenliteratur verzeichnen, mehr und mehr fühlen
sich von der Thematik und den dort bearbeiteten Problemen angesprochen. Morgner,
Schubert, Königsdorf, Tetzner, Reimann und auch Wander haben somit bereits einen großen
Beitrag dazu geleistet, ihren Geschlechtsgenossinnen mehr Gehör zu verschaffen.
Es handelt sich also bei den literarisch produzierenden Frauen keineswegs um
Systemgegner per se, auch wenn sie von westlichen Beobachtern - wie Hildebrandt (1984)
belegt152 - gern als solche betrachtet werden. Den Autorinnen geht es jedoch darum, über
"Dinge, die ihnen nicht mehr selbstverständlich sind" zu schreiben, ihrer Unruhe über die
sie umgebenden Realitäten Ausdruck zu verleihen. Dabei legen sie großen Wert auf
Ehrlichkeit Mißstände sollen und müssen aufgezeigt werden, die persönlichen Opfer sind
hier manchmal recht beeindruckend. Man riskiert Inhaftierung, aber auch
Nichtveröffentlichung seiner Werke, vom Kampf mit dem nach wie vor existierenden
"inneren Zensor" ganz abgesehen.
Die Schriftstellerinnen wollen keine "abstrakte Moral" verbreiten, sie schreiben aus
einem Pflichtgefühl heraus, aus einer selbstauferlegten Verantwortung sich selbst und auch
ihren Rezipienten gegenüber. Sie leisten Vergangenheitsaufarbeitung und auch
Gegenwartsanalyse, beide basieren immer auf Erfahrungen aus erster (und manchmal auch
aus zweiter) Hand. Es gilt, neue Wege zu suchen, den Impetus der einmal von der
108

Regierung in Gang gesetzten Emanzipationsentwicklung wieder zu beleben und zu erhalten.


Die Voraussetzungen, Bedingungen und das Ziel der Emanzipation wird neu und teilweise
recht kritisch durchdacht. Die genannten (und auch weitere) Autorinnen machen darauf
aufmerksam, "daß die naiven und schematischen Gleichheitsvorstellungen korrektur- und
ergänzungsbedürftig" sind, daß "auf neue Weise von notwendigen Ungleichheiten geredet
werden (muß), von den Unterschieden der Geschlechter und von den besonderen
Fähigkeiten der Frauen".153 Ihre Thematik ist stets ihre Umwelt, ihre Mitbürger und -
bürgerinnen, sie legen Wert auf Zeitgenossenschaft. Das Verständnis, das zwischen ihnen
und ihren weiblichen Rezipienten besteht, wollen sie sich unter allen Umständen erhalten,
viele von ihnen sind neben der literarischen Arbeit auch in Betrieben und Instituten tätig,
auf diese Weise hoffen sie, den Zusammenhang zwischen Leben und Schreiben nicht zu
verlieren.
Was sie nun mit ihrer Literatur zu erreichen suchen, soll Thema des folgenden
Abschnitts über die Ziele der Frauenliteratur sein.

Fußnoten

1 Dieser Aspekt wird weiter unten in diesem Kapitel ausführlicher diskutiert. Siehe auch Fußnoten 30ff.
2 Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.. Berlin
(West): 1984. Seite 58.
3 Siehe hierzu auch: Berger, Doris: Vom Optimismus der Aufbruchszeit zu Alltagsproblemen und Magie.
Die Entwicklung der Frauenliteratur in der DDR.-In: Hildebrandt, Christel (Hrsg.): Liebes- und andere
Erklärungen. Bonn: 1988. Seite 123-136. Hier Seite 123.
4 Helga Schubert im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.
Berlin (West): 1984. Seite 42.
5 Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt.-Inebenda, Seite 58. Angela Stachowa im Gespräch mit
C. Hildebrandt.-In ebenda, Seite 115.
6 Müller, Klaus: DDR: Abschied vom Puritanismus? Ein Interview mit der DDR-Schriftstellerin Waltraut
Lewin.-In: Hildebrandt, C. (Hrsg.): Liebes- und andere Erklärungen. Bonn: 1988. Seite 102-112. Hier
Seite 106. Vgl. hierzu auch Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 82.
7 Charlotte Worgitzky in Böttcher, Brigitte (Hrsg.): Bestandsaufnahme Halle (Saale) und Leipzig- 1976
Seite 120f.
8 Vgl. ebenda und Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg.,
Nr. 9, Seite 1499. Ebenso: Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatritz.... Berlin
und Weimar: 1987. Seite 150f.
9 Apitz, Renate: Evastöchter. Ein Dutzend Dutzendgeschichten. Rostock: Hinstorff Verlag 1981.
Umschlagtext.
10 Wolf, Christa: Selbstversuch. Traktat zu einem Protokoll.-In: Kirsch, Sarah / Morgner. Irmtraud / Wolf,
Christa: Geschlechtertausch. Drei Geschichten über die Wandlung der Verhältnisse. Sammlung
Luchterhand, Band Nr. 315. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 3. Auflage 1980. Seite 65-100.
Hier Seite 87.
11 Christa Müller im Gespräch mit C. Hüdebrandt. -In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 74.
12 Königsdorf, Helga: Ehrlich, ich will nie wieder schreiben.-In: Der Lauf der Dinge Geschichten Berlin
und Weimar: Aufbau Verlag 1982. Seite 7-20. Hier Seite 12.
13 ebenda, Seite 13
14 Kleine, Dorothea: Das schöne bißchen Lehen. Rostock: 1986. Seite 22.
15 ebenda
16 Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Tagebücher und Briefe. Sammlung
Luchterhand, Band Nr. 646. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1986. Seite 268. Datiert vom
109

28.5.1967.
17 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz_Berlin und Weimar: 1987. Seite 42.
18 Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 233.
Datiert vom 31.10.1964
19 ebenda
20 Vgl. z.B. W:E:: Kleine, leise Porträts. "Jenseits der Allee", Geschichten von Beate Morgenstern.
Nationalzeitung. 1979, 32. Jg., Nr. 267, Seite 8. (12.11.1979)
21 Wenn sich eine Frau mit einem männlichen Charakter identifiziert, ist es - so Morgner - sozial gesehen
ein Schritt nach oben, zum gehobenen Geschlecht, eine Stufe höher. Wenn sich indessen ein Mann mit
einer Frau identifiziert, ist es, sozial gesehen, ein Schritt nach unten, eine Stufe tiefer. Denn der Mann
ist eigentlich das umworbene Geschlecht: "So hat also der Grund, weshalb Männer eine gewisse Scheu
empfinden, sich instinktiv mit einer weiblichen Gestalt zu identifizieren, Tradition." Morgner, Irmtraud:
Die Hexe.... Zürich und Villmgen 1986. Seite 83. Siehe hierzu auch die Ausführungen zur Bezeichnung
"Emanze" in Kapitel 16.
22 Irmtraud Morgner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen....
Berlin (West): 1984. Seite 94.
23 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1978.

Seite 19-68. Hier Seite 37f.


24 Hähne!, Ingrid / Rönisch, Siegfried: Auskünfte 2. Berlin und Weimar 1984. Seite 256.

25 Brigitte Martin in einem Brief an C. Hildebrandt. Zitiert nach Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende

Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 58.


26 Martin, Brigitte: Der rote Ballon. Geschichten um Brigge Bern. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen
1978. Amon und die Waschmaschine.-In: ebenda, Seite 34-55.

27 Irmtraud Morgner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen..^.

Berlin (West): 1984. Seite 90.


28 Mnrgner Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen 1986. Seite 85.
Enders, Ulrike: Küche, Kinder, Kombinat - Frauen in der DDR.-In: Aus Politik und Zeitgeschichte,
29
Beilage zur Wochenzeitschrift Das Parlament, 1986, B 6/7, 8.2.1986, Seite 26-37.
Gimus, Wilhelm: Wer baute das siebentorige Theben? Sinn und Form, 1983, 35. Jg., Nr. 2, Seite
30
439-447. Hier Seite 439.

31 ebenda, Seite 442


32 ebenda, Seite 443
33 ebenda, Seite 445
34 ebenda Seite ^ ^14
Wolf, Christa: Zur Information. Sinn und Form, 1983, 35. Jg., Nr. 4, Seite 863-866. Hier Seite 865.
35
Berg, Heinz: Zuschriften an Wilhelm Gimus. Sinn und Form, 1983, 35. Jg., Nr. 5, Seite 1094-1096.
36
Hier Seite 1095. , „ .
Engelmann, Gebhard: Zuschriften an Wilhelm Gimus. Sinn und Form, 1983, 35. Jg., Nr. 5, Seite
37
1087-1089. Hier Seite 1088.

38 ebenda, Seite 1089 . c c .


Waligora, Melitta: Zuschriften an Wilhelm Gimus. Sinn und Form, 1983, 35. Jg., Nr. 5, Seite
39
1090-1093. Hier Seite 1092.

40 ebenda, Seite 1092 und 1093

41 Vgl. hierzu besonders Kapitel 16


Krumrey, Marianne: Für Dich-Literaturforum: "Alter Adam - Neuer Adam Mannergestalten in der
42
DDR-Literatur. Für Dich, 1986, Nr. 24, Seite 10-11.

43
Kern"! EiS'^serzuschrift zum Für Dich-Literaturforum: "Alter Adam - Neuer Adam". Für Dich, 1986,
44
Nr. 28, Seite lOf. . T , „.. v,
Michaelis Julia: Gespräch mit der Schriftstellerin Helga Schubert. Ihr Material: Uuter Leben. Für Dich
45
1978 Nr’ 12 Zitiert nach Liebezeit, Margaret: Internationaler Hochschulferienkurs für Germamstik
Mehrkräfte) Materialien zur Arbeit mit DDR-Literatur (Kurzprosa).2. Helga Schubert. Heft 1: Texte.
Humboldt-Umversitätzu Berlin, Sektion Fremdsprachen, WissenschaftsbereichDeutschals Fremdsprache.
Berlin (DDR): 1985. Seite 9-13. Hier Seite 9.
Freytag, Pamela: Keine Alleskönner. Leserzuschrift zum Für Dich- Literaturforum: Alter Adam - Neuer
46
Adam". Für Dich. 1986, Nr. 44, Seite 22f.
11

47 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 81.
48 ebenda, Seite 83
49 Fabisch, Peter: Klischees zerstört. Leserzuschrift zum Für Dich- Literatur-forum: "Alter Adam - Neuer
Adam". -Für Dich-, 1986, Nr. 44, Seite 22f.
50 Vgl. hierzu z.B. Lessing, Julius: Distanz zu groß? Ebenda.
51 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 64f.
52 Vgl. hierzu Kapitel 16
53 Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 57. Morgners Protagonistin Laura zitiert dazu aus Lenins Buch "Der Linke
'Radikalismus’, die Kinderkrankheit des Kommunismus'': "Das sicherste Mittel, eine neue politische (und
nicht allein eine politische) Idee zu diskreditieren und ihr zu schaden, besteht darin, daß man sie zwar
verficht, sie aber bis zur Absurdität treibt. Denn jede Wahrheit kann man, wenn man sie exorbitant macht
(...), wenn man sie übertreibt, wenn man sie über die Grenzen ihrer wirklichen Anwendbarkeit hinaus
ausdehnt zur Absurdität machen, ja sie wird unter diesen Umständen unvermeidlich zur Absurdität."
Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 255.
54 Melchert, Monika: Nach Freude anstehen. Sonntag. 1982, 36. Jg., Nr. 5, Seite 4.
55 Madloch, Norbert: Neue demokratische Bewegungen in den imperialistischen Ländern. Horizont. 1986,
Nr. 6, Seite 12 und 29. Vgl. hierzu auch Mohrmann, Heinz: "Emma" und die Frauenpartei. Der
Weltbühne. 1980, 75. Jg., Nr. 14, Seite 433f.
56 Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion... -In: Wolf, Christa: Die Dimension des
Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 910f.
57 ebenda, Seite 911
58 ebenda. Vgl. auch Berger, Doris: Vom Optimismus der Aufbruchszeit...-In: Hildebrand, C. (Hrsg.):
Liebes- und andere Erklärungen. Bonn: 1988. Seite 126. Berger weist nach, daß es sich bei den ersten
Büchern von DDR-Autorinnen, in denen die Suche nach weiblicher Identität und Kritik an der
patriarchalisch strukturierten Gesellschaft thematisiert werden, keinesfalls um Adaptionen des westlichen
Feminismus handelt, was mit verstärkter Diskussion um die Frauenliteratur den Autorinnen zur Abwehr
ihrer Kritik innerhalb der DDR vorgeworfen wurde. Siehe auch Kähler, Hermann: Widersprüchliches zu
"Amanda". Sinn und Form. 1984, 33. Jg., Nr. 1, Seite 184.
59 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 89f.
60 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraid Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1501.
61 ebenda, Seite 1501f.
62 Risch-Kohl, Heidemarie: Nachdenken über uns selbst. IFG, 1988, Heft 1/2, Seite 19.
63 ebenda
64 Wolf, Christa: Krankheit und Liebesentzug. Fragen an die psychosomatische Medizin.-In: Erpenbeck,
John (Hrsg.): Windvogelviereck. Schriftsteller über Wissenschaften und Wissenschaftler. Berlin (DDR)’:
Buchverlag Der Morgen 1987. Seite 167-186. Hier Seite 184f.
65 ebenda, Seite 185
66 Wolf, Christa: Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra. Darmstadt und Neuwied: 1984, Seite 88.
67 Risch-Kohl, Heidemarie: Nachdenken über uns selbst. IFG, 1988, Heft 1/2, Seite 20.
68 Wolf, Christa: 'Aus den Frankfurter Vorlesungen'. Sinn und Form. 1983, 35. Jg., Nr. 1, Seite 38-62.
Hier Seite 59f.
69 Vgl. hierzu Kapitel 16
70 Maron, Monika: Flugasche. Roman. Frankfurt (Main): 1981; Das Mißverständnis 4 Erzählungen und
1 Stück. Frankfurt (Main): S.Fischer Verlag 1982; Die Überläuferin Roman. Frankfurt (Main): S. Fischer
Verlag 1986. Vgl. auch Menge, Marlies: Das Mißverständnis. Visum in den Westen verweigert - soll die
Schriftstellerin Monika Maron aus der DDR gegrault werden? Die Zeit. 28.11.1986, Nr. 49, Feuilleton,
Seite 55. Schoeller, Wilfried F.: Eine Beleidigung - auch für uns. Die DDR-Autorin Monika Maron darf
nicht reisen. Süddeutsche Zeitung, 26.3.1987, Nr. 71, Seite 37. dpa: Visum für Monika Maron.
DDR-Schriftstellerin ausgereist. Nordwest Zeitung. 6.6.1988, Seite 5.
71 Schubert, Helga: Knoten.-In: Blickwinkel. Berlin und Weimar 1984. Seite 58-74. Hier Seite 61.
72 Günther, Egon: Reitschule. Eine Erzählung. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1981. Seite 161.
73 Wolf, Christa: Die Dimension des Autors.-In dies.: Lesen und Schreiben Neue Sammlung. Darmstadt
und Neuwied: 1985. Seite 69.
74 Wolf Christa: Lesen und Schreiben.-In ebenda, Seite 37.
75 Wolf Christa: Büchner-Preis-Rede - In ebenda, Seite 330.
111

76 Zitiert nach Wolf, Christa: GLauben an Irdisches.-In ebenda, Seite 132.


77 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied 1984. Seite 480. Vgl. auch ebenda, Seite 12.
78 Wolf, Christa: Büchner-Preis-Rede.-ln dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 319.
79 Wolf, Christa: Über Sinn und Unsinn von Naivität.- In ebenda, Seite 63.
80 Stefan Heym auf dem IV.Schriftstellerkongreß 1955:"Der Schriftsteller kann sich nicht die Augen
verschließen, vor dem was ist", aber solange der "Zensor im Herzen des Schriftstellers" das Geschehen
nach Schaden und Nutzen für die Partei sondere, nütze es wenig, wenn man sich die Augen nicht
verschließe.
81 Siehe hierzu auch Kapitel 9 dieser Arbeit: Erziehungsziele von Staat und Familie - Anleitung oder
Anpassung?
82 Charlotte Worgitzky im Gespräch mit C. Hildebrandt.-ln: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen....
Berlin (West): 1984. Seite 86f. Vgl. hierzu auch Irmtraud Morgners Ansichten zum "Eintritt der Frau
in die Geschichte" und Christa Wolfs Beobachtungen zum Erstlingswerk.
83 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 19-68.
84 Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion... -In: Wolf, Christa: Die Dimension des
Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 903. Vgl. hierzu auch McPherson, Karin: Introduction.-In:
The Fourth Dimension. London: 1988. Seite x and xxii ff.
85 ebenda
86 ebenda
87 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 865-877. Hier Seite 874.
88 Gerti Tetzner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen... Berlin
(West): 1984. Seite 108.
89 DDR-Frauen ehemüde. dpa-Meldung: Nordwest Zeitung. 2.11.1988. Seite 2.
90 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 95f.
91 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 874.
92 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge, 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1495.
93 Helwig, Gisela: Einleitung.-Indies. (Hrsg.): Die DDR-Gesellschaft im Spiegel.. Köln: 1986. Seite 7-20.
Hier Seite 15. Die Verlage müssen alle Manuskripte der "Hauptverwaltung Verlage und Buchhandlungen"
des Ministeriums für Kultur zur Erteilung einer Druckgenehmigung vorlegen. Ob Lizenzen ins Ausland
gegeben werden, entscheidet das "Büro für Urheberrechte". Seit der Strafrechtsänderung von 1979 ist
jeder mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren bedroht, der "unter Umgehung der Rechtsvorschriften"
Manuskripte ins Ausland befördert.
94 Loest, Erich: Der vierte Zensor. Köln: 1984. Seite 49. "Solcher Druck", so fährt Loest an gleicher Stelle
fort, "entmutigt wohl auf lange Zeit Verleger wie Autoren, kritische Texte vorzulegen; letztere drängt
er auf Ausweichen vor und idyllisierendes Glätten von Konflikten, die sie in unserer Geselschaft entdeckt
haben und zu deren Nutzen zur Sprache bringen wollen - also auf Harmonisierung, Schönfärberei. Oder
Autoren schreiben für die Schublade - schwer, wenn man über 50 ist -, vielleicht im Hinblick auf
Veröffentlichung im Westen; das kann aber allenfalls mal ein Überdruckventil, doch kaum Sinn der Arbeit
eines DDR-Autors sein, so gern das Büro für Urheberrechte auch Valuta transferiert." Vgl. auch Kaiser,
Carl-Christian: "Sisyphos? Lieber nicht!" Der vierte Zensor hat einen langen Arm. Die Geschichte vom
Entstehen und Sterben eines Romans in der DDR. Die Zeit, 19.10. 1984, Nr. 43, Seite 78.
95 Loest, Erich: Es geht seinen Gang oder Mühen in unserer Ebene. Roman. Gütersloh: Lizenzausgabe mit
Genehmigung der Deutschen Verlagsanstalt Stuttgart für die Bertelsmann Club GmbH 1978.
96 Wolf, Christa: Über Sinn und Unsinn von Naivität.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung.
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 61.
97 Vgl. hierzu Z.B. Pariser Gespräch über die Prosa der DDR. Sinn und Form, 1976, 28. Jg., Nr. 6, Seite
1177.
98 Morgner, Irmtraud: Die Hexe. .. Zürich und Villingen: 1986. Seite 63.
Wolf, Christa: Die Dimension des Autors.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt
99
und Neuwied: 1985. Seite 98.
100 ebenda, Seite 98f.
101 Wolf Christa- Über Sinn und Unsinn von Naivität.-In ebenda, Seite 65f.
Morgner, Irmtraud: Rede auf dem VIII. Schriftstellerkongreß 1978 (29.-31. Mai). Neue deutschg
102
112

Literatur. 1978, 26. Jg., Nr. 8, Seite 30-32. Hier Seite 31 f.


103 Wolf, Christa: Kindheitsmuster. Berlin und Weimar: 1984.
104 Funke, Christoph: Tiefe der Erinnerung - Raum für die Zukunft. Der Morgen. 14./15. Mai 1977, 33.
Jg., Nr. 114, Seite 7. Vgl. hierzu auch Kapitel 9: Erziehungsziele von Staat und Familie - Anleitung oder
Anpassung ? und: Willkomm, Elke: Hexensommer. Berlin (DDR): 1984. Kunze, Reiner: Der Film: 'Die
wunderbaren Jahre’. Lesefassung des Drehbuchs. Frankfurt (Main): S.Fischer Verlag 1979.
105 Vgl. z.B. Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung.
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 31.
106 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 316.
107 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 11
108 Helga Schubert im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In ebenda, Seite 50
109 Brigitte Martin in einem Brief an C. Hildebrandt. Abgedruckt in ebenda, Seite 57. Vgl hierzu auch
Kapitel 11: Das "Jein” zum Kind - Demographische Aspekte und Kinderwunsch.
110 ebenda
111 ebenda, Seite 59
112 Thomalla, Ariane: Schriftstellerin und Psychotherapeutin in der DDR. Deutschland Archiv. 1986, 19. Jg.,
Nr. 10, Seite 1109.
113 Gerti Tetzner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 109. Thomalla, Ariane: Schriftstellerin und Psychotherapeutin in der DDR.
Deutschland Archiv. 1986, 19. Jg., Nr. 10, Seite 1107 und 1109.
114 Heukenkamp, Ursula: Ohne den Leser geht es nicht. Ursula Heukenkamp im Gespräch mit Gerd Adloff,
Gabriele Eckart, Uwe Kolbe, Bernd Wagner. Weimarer Beitäee. 1979, 25. Jg., Nr. 7, Seite 41-52. Hier
Seite 48.
115 C. Hildebrandt über Ursula Hörig.-In Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984.
Seite 123. Als bezeichnend mag hier auch die Aussage von Angela Krauß gelten, die sich in einem Brief
an Eberhard Günther mit ihrem Problem auseinandersetzt, einerseits als Schriftsteller in einem Betrieb
unerkannt bleiben zu wollen, andererseits aber den Mitmenschen offen, ehrlich und auf gleicher Basis
gegenüberzutreten: "Wahrscheinlich ist mein Problem überhaupt, daß ich ihnen nicht fremd bleiben
möchte. Jemanden, den ich kennen will, von dem möchte ich gekannt sein.” Krauß, Angela: Erneuter
Versuch, darüber zu reden.-In: Günther, Eberhard / Einhorn, Hinnerk (Hrsg.): Positionen 2.
Wortmeldungen zur DDR-Literatur. Halle (Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1986. Seite 82-86.
Hier Seite 83.
116 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 865, 868f., 871.
117 Hausdorf, B.: Mitfühlen. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum Bücher von Frauen - Frauen in Büchern.
Herausforderung und Bestätigung. Für Dich. 1983, Nr. 34, Seite 18.
118 Gärtner, Saskia: Klarheit. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum. Ebenda.
119 Wolf, Christa: Berührung.-In: Wander, Maxie: Guten Morgen, du Schöne. Darmstadt und Neuwied:
1983. Seite 9.
120 Meißner, Gundula: Nachdenken. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum: Bücher von Frauen - Frauen in
Büchern. Herausforderung und Bestätigung. Für Dich. 1983, Nr. 34, Seite 18.
121 Müller, Gerda: Nachempfunden. Beitrag zum Für Dich- Literaturforum. Ebenda.
122 John, Ursula-Christa: Verblüffende Offenheit. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum: Bücher von Frauen
- Frauen in Büchern. Über Amanda und Andere. Für Dich. 1983, Nr. 37, Seite 10.
123 Timme, Eveline: Wichtige Alltagserfahrungen. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum. Für Dich. 1983,
Nr. 34, Seite 11.
124 ebenda
125 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 445. Hier heißt es: "Die Unfähigkeit
zu Hegen - eine durch Kultur erworbene Männereigenschaft - kann plötzlich nicht mehr als Kavaliersdelikt
hingenommen werden wie gewohnt. Plötzlich kann an dieser Unfähigkeit die Erdenwelt zerscheitem.
Plötzlich wird die Fähigkeit zu Hegen - eine durch die Spezialisierungskultur bisher allein bei Frauen
hochentwickelte Eigenschaft für private Zwecke - für die größten öffenüichen Zwecke unentbehrlich."
Siehe auch Morgner, Irmtraud: Die Hexe..,. Zürich und Villingen: 1986. Seite 21.
126 Seyppel, Joachim: Ich bin ein kaputter Typ. Bericht über Autoren in der DDR. Wiesbaden: Limes Verlag
1982. Seite 48-53. Besonders Seite 49.
127 Vgl. hierzu z.B. Hammer, Hannelore: Mut zu Leben. Irene Oberthür und ihr Erzählbericht "mein fremdes
113

Gesicht". Für Dich. 1984, Nr. 43, Seite 30f. Hier Seite 30.
128 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.,,. Berlin und Weimar: 1987. Seite 227.
129 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 44. Vgl. auch Morgner, Irmtraud: Die Hexe. .. Zürich und Villingen: 1986. Seite
64.
130 Schubert. Helga: Eine Schriftstellerlesung.-ln: Blickwinkel. Berlin und Weimar 1984. Seite 119-125. Hier
Seite 119.
131 ebenda, Seite 122f.
132 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 43. Vgl. auch Schubert, Helga: Eine Schriftsteilerlesung.-In: Blickwinkel. Berlin
und Weimar 1984. Seite 124. Und: Steineckert, Gisela: "Ermutigung für drei Leben". Gedanken einer
Schriftstellerin. Für Dich. 1978, Nr. 50, Seite 23.
133 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 159.
134 ebenda, Seite 159f.
135 Heym, Stefan: Zwei Alternativen. New York Times, 24. Mai 1973.-In der.: Wege und Umwege.
Streitbare Schriften aus 5 Jahrzehnten. München: C.Bertelsmann Verlag 1980. Seite 326-343. Hier Seite
42 f.
136 Wolf, Christa: Die Dimension des Autors.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Dannstadt
und Neuwied: 1985. Seite 77.
137 Pariser Gespräch über die Prosa der DDR. Sinn und Form. 1976, 28. Jg., Nr. 6, Seite 1172. Beitrag von
G.Badia.
138 Vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 89.
139 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 447. Vgl. auch Hildebrandt, Irma:
Emanzipation Ost - Frauenliteratur in der DDR. Deutsche Studien, 1986, 24. Jg, Nr. 94, Seite 121-132.
Hier Seite 124.
140 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 594.
141 Vgl. hierzu Wolf, Christa: Die Dimension des Autors.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung.
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 93.
142 Hirdina, Karin: Die Schwierigkeit, ich zu sagen. Sonntag. 1981, 35. Jg., Nr. 45, Seite 4.
143 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge, 1980, 26. Jg., Nr 1, Seite 59.
144 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 370.
145 Hildebrandt, Irma: Emanzpation Ost... Deutsche Studien, 1986, 24. Jg., Nr. 94, Seite 126f.
146 Irmtraud Morgner. Interview mit Sigrid Löffler. Zitiert nach ebenda, Seite 124.
147 Hildebrandt, Irma: Emanzipation Ost... Deutsche Studien, 1986, 24. Jg., Nr. 94, Seite 124.
148 Königsdorf, Helga: Nachsatz.-In: Meine ungehörigen Träume. Berlin und Weimar 1984. Seite 133.
149 In diesem Sinn äußerte sich jüngst noch Sigrid Grabner in einem Interview mit Jürgen Engler. Engler,
Jürgen: Die Wahrheit finden. Gespräch mit Signd Grabner. Neue deutsche Literatur, 1987, 35. Jg., Nr.
3, Seite 38-44.
150 Vgl. hierzu: Berger, Doris: Vom Optimismus... -In: Hildebrandt, Cristel: Liebes- und andere
Erklärungen. Bonn: 1988. Seite 123.
151 Vgl. hierzu die bereits angeführten Leserbriefe an Für Dich - Literturforen und auch Morgner, Irmtraud:
Die Hexe ... Zürich und Villingen: 1986. Seite 97f.:"Als es erschien [Leben und Abenteuer der
Trobadora Beatriz.... MMT], dreißigtausend Auflage, war es in einer Woche weg. Und es war noch keine
Rezension veröffentlicht. (...) Jetzt war das Buch einige Jahre lang nicht auf dem Markt, weil Papier
fehlte; nun wieder eine Auflage von fünfzehntausend. In meiner Buchhandlung bestellten sie dreihundert
Stück und kriegten sechzig, die waren in einem Tag weg."
152 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 159
153 Kaufmann, Eva: Schreibende Frauen in der DDR. Connaissance de la RDA, 1981, Nr. 13, Seite 15.
Zitiert nach Hähnel. Ingrid / Kaufmann, Hans: Eine Literatur der achtziger Jahre? Prosawerke der DDR
am Beginn des Jahrzehnts. Zeitschrift für Germanistik, 1985, Nr. 6, Seite 18-34. Hier Seite 24.
114

Wahrhaben, was ist - wahrmachen, was


sein soll. Mehr hat Dichtung sich nie zum
Ziel setzen können.1

1.5 Ziele der Frauenliteratur

Beweggründe. Scheibanlaß, Verständnis der eigenen Rolle der Schriftstellerinnen sind


natürlich eng miteinander verbunden, häufig sogar identisch und auch die Ziele der
Literatinnen lassen Parallelen zu den bereits formulierten Stellungnahmen erkennen. Diese
Feststellung sollte nicht sonderlich überraschen, kann doch die innere Einstellung eines
Menschen (sein Selbstverständnis) ihn dazu leiten, seine Meinungen schriftlich
niederzulegen, teils, um sich damit anderen mitzuteilen, teils um Dinge und Beobachtungen
festzuhalten, die ihm (oder ihr) von besonderem Interesse zu sein scheinen. Welche Ziele
suchen die Literatinnen der DDR mit ihren Werken zu erreichen, was wollen sie den
Rezipienten mit Hilfe der Frauenliteratur vermitteln, zu welchen Überlegungen sollen sie
angehalten und worauf aufmerksam gemacht werden?

Christa Wolf unternimmt es, die Frage nach dem, was die Literatur den Lesern gibt,
nach ihrer Wirkung, durch folgenden Versuch zu beantworten: Sie schlägt ein
Gedankenexperiment vor, das, obwohl sie in Gedanken davor zurückschreckt, in
Wirklichkeit an ihrer Generation verübt worden ist.2 Sie stellt sich vor, daß eine nicht näher
zu bezeichnende Kraft wie durch Zauberschlag jede Spur, die sich durch das Lesen von
Prosabüchem in ihrem Kopf eingegraben hat, auslösche. Dann stellt sie sich die Frage: Was
würde mir fehlen? "Die Antwort", so schließt sie, "ist nicht nur mörderisch; sie ist auch
unmöglich. Wenn einer sie geben könnte, wüßte man Genaueres über die Wirkungen von
Literatur." Nach längeren Überlegungen erkennt sie:

Ich bin am Ende. Mit den Wurzeln ausgerissen, ausgelöscht in mir eines der
großen Abenteuer, die wir haben können, vergleichend, prüfend, sich
abgrenzend allmählich sich selbst sehen lernen. Sich messen an den
deutlichsten Gestalten aller Zeiten. Nichts davon. Verblaßt das Zeitgefühl, da
es nicht wirklich geweckt wurde. Die eigenen Konturen, anstatt deutlicher zu
werden, lösen sich auf; das Bewußtsein, anstatt sich zu klären, verschwimmt.3

Aber man muß das Experiment noch weiter verfolgen, denn es gilt,

die feineren, schwer beweisbaren Wirkungen...auszutilgen, die dauernder


Umgang mit Büchern hervorbringt: die Übung und Differenziemg des
psychischen Apparats; Schärfung der Sinne; Erweckung der Beobachtungslust,
der Fähigkeit, Komik und Tragik von Situationen zu sehen; Heiterkeit aus
Vergleich mit Vergangenem zu ziehen; das Heroische als die Ausnahme zu
würdigen, die es darstellt; und das Gewöhnliche, das sich immer wiederholt,
gelassen zur Kenntnis zu nehmen und womöglich zu lieben. Vor allem aber-
zu staunen; unaufhörlich zu staunen über seinesgleichen und sich selbst. Aber
ich habe nicht gelesen. Nicht nur meine Vergangenheit ist mit einem Schlag
115

geändert: meine Gegenwart ist dieselbe nicht mehr. Nun bleibt das Letzte zu
tun: auch die Zukunft zu opfern. Ich werde niemals ein Buch lesen. Der
Schrecken, der in diesem Satz steckt, berührt mich, den Nicht-Leser nicht.
Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich.4

Literatur ist für Christa Wolf also ein Erlebnis, aus dem man lernen kann, sie
verleitet zum Vergleich und hilft Eigenes zu entwickeln. Ohne Literatur bleiben alle von
Wolf aufgezählten Fähigkeiten, die wohl ein jeder Mensch in sich trägt, ungeweckt,
ungefördert und verkümmern, das Potential des Menschen erstickt, ohne sich je entfaltet zu
haben. Die Wirkung der Literatur auf den Einzelnen wird von Wolf offensichtlich als
ausgesprochen weitreichend wenn nicht gar allumfassend eingeschätzt. Daß sie mit dieser
Meinung nicht alleine steht, konnte in Kapitel 1 bereits detailliert ausgeführt werden. Man
könnte ihre Ansicht zusammenfassen in den Worten: Ohne Literatur kann der Mensch nicht
zum Menschen werden. Sie selbst drückt es dann an anderer Stelle auch ähnlich aus: Die
Literatur "unterstützt das Subjektwerden des Menschen"5 - und genau darum geht es auch
den Schriftstellerinnender hieruntersuchten Frauenliteratur. Diese "Menschwerdung" oder
"Subjektwerdung" steht im Mittelpunkt ihrer Bemühungen, sie bedienen sich der Prosa, weil
das Schreiben, wie Kömgsdorf formulierte, die "maximale Kommunikation" darstellt, und,
um noch einmal auf Schlenstedt (1979) zurückzukommen, "ein Vorgang zwischen Leuten"
ist.6

Selbstverwirklichung ist nicht nur einer der Hauptbeweggründe zum Schreiben,


sondern er ist auch das, was die Literatinnen für ihre Leserinnen - und erklärterweise auch
für ihre Leser - erreichen wollen. Sie verteidigen, was dem Menschen am nächsten ist, sein
Recht auf Individualität und Entfaltung seiner Persönlichkeit, seine Sehnsucht nach Freiheit.
Die Produktion einer neuen Qualität, so Morgner in einem Gespräch (1984), könne nicht
Sache weniger Leute sein.

Was ein Schreiber tun kann, ist nur, sich selbst zu ermutigen und zu
versuchen, ein Beistand für das Individuum zu sein, daß es nicht die
schöpferischen Kräfte in sich abtöten läßt, die ein Wachsen dieses
Bewußtseins überhaupt notwendig machen. Die Einebnung, zum Beispiel
durch die Massenmedien, hätte zur Folge, daß gar nichts mehr publiziert,
sondern nur noch gefressen würde, was vorgesetzt wird. Die nivellierenden,
vereinheitlichenden, ungeheuren, mit Sprache verbundenen Kräfte, deren sich
die Massenmedien bedienen und die über Völkerschaften herfallen und
Individuen einebnen, walzen die Besonderheiten der Individuen nieder, so daß
die Menschen einander immer mehr gleichen. Es wird immer schwerer ein
Original zu sein. Doch je origineller ein Mensch, desto wunderbarer.7

Auch Helga Schubert (1978) vertraut auf die Bereitschaft des Lesers, Assoziationen
herzustellen. Ihr ist bewußt, daß sie viel von ihren Rezipienten verlangt, weil sie erkennt,
wie viel leichter das Publikum Dinge in den Massenmedien aufnehmen kann. Aber sie
könne ihre Schreibweise deshalb nicht ändern. Bei Lesungen in Brigaden, LPG’s und vor
Schulkindern habe sie jedoch beobachtet, daß ihre Arbeiten durchaus verständlich seien,
auch für Zuhörer, die von allein ihr Buch vielleicht nicht lesen würden. Aber es mache
116

ihnen Vergnügen, Teile des eigenen Lebens wiederzuerkennen: "Sie beginnen, Leute.
Vorgänge, Redensarten genauer zu betrachten. Und sie empfinden das Wichtigste - daß
etwas wie ein Appell enthalten ist. Eigentlich ist diese Lektüre gar nicht so schwer - es wird
nur eine aktive Haltung verlangt."8 Jeder Mensch sei unwiederholbar und einmalig,
argumentiert auch Morgner (1984), aber gerade diese Einmaligkeit gehe ihm im Verlauf
seines Lebens meistens verloren. Es sei das Poetische, das verloren ginge. Aufgabe des
Schriftstellers sei es darum, den Einzelnen zu ermutigen, das Individuelle in ihm, auch
wenn es ihm im Alltag vielleicht Schwierigkeiten mache, nicht abzutöten.9 Der Autor müsse
das Charakterpotential, das in Persönlichkeiten stecke, deutlich machen, um den Leser zu
ermutigen, eigenes Potential an Möglichkeit in sich nicht zu ersticken.10
Ähnlich erkennt auch Gerti Tetzners Hauptfigur aus dem bekannten Roman Karen W,
(1974),11 wenn auch nach vielen Mühen und fehlgeschlagenen Versuchen, daß sie sich allein
ihrer Identität bewußt werden muß. Sie verläßt zeitweilig ihren Mann Peters, flieht in ihre
Heimatstadt, um dem festgelegten Kreislauf ihrer Ehe zu entgehen. Karen ist enttäuscht von
ihrem Leben, sie sieht ihre Ideale in Alltäglichkeiten versinken, sie versucht, alte
Entscheidungen zu revidieren, fähig zu werden, neue, richtige zu treffen. Zwar kehrt sie
zu Peters zurück, nimmt aber gleichzeitig eine Stelle in einem Hühnerzuchtbetrieb an und
setzt sich so von seiner beruflichen Anspannung durch eine eigene Erfahrungswelt ab.
Karen ist entschlossen, an der Produktion gesellschaftlicher Werte mitzuwirken, sie will
nicht mehr nur zu deren Verwaltung - Karen W. ist, wie auch Gerti Tetzner, ausgebildete
Juristin - noch in deren Reproduktion - als Ehefrau und Mutter - dienen.

Durch die Wahl dieses Mittels zur Problemlösung steht Karen zwar in der Tradition
der DDR-Literatur, aber der Weg, den sie einschlägt, ist anders, neu und auch
provozierend. 12 Tetzners Protagonistin löst sich vom allseits angepriesenen Leitbild der
emanzipierten Frau, die alle Probleme mühelos meistert. Sie entspricht nicht der offiziell
propagierten sozialistischen Persönlichkeit, die genau weiß, was sie will. Im Gegenteil,
Karens Entwicklung ist nicht gradlinig, oft läßt sie ihre Gefühle über ihre Handlungen
walten, ruft sich dann aber auch selbst zur Ordnung und hinterfragt ihre Entscheidungen.
Auch ihr Verhältnis zu ihrem Beruf ist für DDR-Verhältnisse ungewöhnlich: Karen verläßt
ihre Stelle als Juristin, weil sie dort entgegen ihren Vorstellungen mehr mit Akten als mit
Menschen zu tun hat und wünscht sich, nur mit Peters und mit ihrer Tochter zu leben, sie
hofft, durch die Person ihres Mannes Sicherheit und den richtigen Weg zu sich selbst zu
finden. So gelingt es ihr erst nach langer, schmerzlicher Suche, ihre eigenen Bedürfnisse
zu erkennen und einen Weg zu finden, um sich selbst zu verwirklichen, ohne sich von
anderen (männlichen) Menschen abhängig zu machen.
Daß man dabei nicht immer unbedingt verlieren muß, sondern auch durch einen
Ausbruch aus dem Alltag gewinnen kann, wird in Doris Paschillers Die Würde (1980)
klargestellt.13 Johanna heiratet sehr jung, weil sie von ihrem Freund ein Kind erwartet, auf
das sie sich freut. Aber je mehr Johanna in den Alltag von Ehe, Kindererziehung, Beruf und
Haushalt hineinwächst, um so bedrohlicher scheint sich dieser Alltag, nur vom Urlaub
unterbrochen, zu verengen. Johanna fürchtet, daß dieser kleine Kreis ihres Lebens, die
unzureichende Wohnung, ihre Liebe zu Robert und ihr brennendes Verlangen nach mehr
Leben auf ein Maß herabwürdigt, das sie umbringen könnte. Die Angst, das
Zusammenleben mit Robert und der Tochter Henriette könnte sich in Pflicht und Banalität
erschöpfen, läßt sie ausbrechen. Einer Freundin erklärt sie:
117

Ich habe dir schon mal gesagt, daß ich das alles nicht aus Spaß mache...(...)
Und ich werde mich nicht damit einverstanden erklären, daß ich in einem
Dreckloch hausen muß und so weiter und so fort. Die Welt besteht zwar auch,
aber deshalb noch lange nicht nur aus Kompromissen. Es besteht wahrhaftig
kein Grund dazu, sich alles gefallen zu lassen. Hier weiß ja niemand mehr,
was man nun noch machen darf. Er hat zu mir gesagt, ich hätte ja sowieso
keine Übersicht Und das ist wahrscheinlich das Schlimmste, daß man nicht
mal mehr in der Familie eine Feststellung machen kann, ohne angezweifelt zu
werden. Es wird schon alles richtig sein, was gemacht wird, wird schon alles
seinen Grund haben.14

Gegen diesen Gleichmut, diese übermäßige Bereitschaft, alles hinzunehmen, wollen


die Schriftstellerinnen kämpfen. Paschillers Johanna kämpft um die Ausweitung ihres
individuellen Lebensbereiches und gewinnt letzen Endes Robert zurück, der positive
Ausgang der Geschichte könnte fast wie eine Aufforderung an die Leser aufgenommen
werden.
Die Literatinnen versuchen auch selbst, ihren eigenen Empfehlungen entsprechend
zu leben. So ist Gerti Tetzner zwar Mitglied des Schriftstellerverbandes, aber nicht mehr
im Bezirksverband dieser Organisation, weil sie die Resolution gegen den Ausschluß von
neun Autoren mitunterzeichnet hat.15 Diese Handlung brachte ihr scharfe Kritik von einigen
Kollegen, für sie selbst war die ganze Angelegenheit ein Akt konstruktiver Kritik; der
Kampf gegen Unmenschlichkeit und Heuchelei ist für sie nicht nur literarisches Thema, sie
versucht vielmehr, auch in ihrem eigenen privaten und öffentlichen Leben nach den von ihr
propagierten Vorstellungen zu leben.16 Was sie von sich und anderen erwartet, formulierte
sie in Bestandsaufnahme (1976):

Unbestechliches Hinblicken und Hinhören erlernen.


Denken statt funktionieren.
Nachdenken, zurückdenken, umdenken.
Realen Raum abtasten für menschliches Maß. Immer wieder.17

Helga Schütz (1976) äußert ähnliche Überlegungen: Es geht darum, Fragen zu


stellen, eigene Meinungen zu entwickeln und diese dann auch zu verteidigen. In diesem
Zusammenhang bezeichnet Morgner es als ausgesprochen notwendig für Frauen, ihre eigene
Geschichte als Gegenstück zur patriarchalischen Version der Historie aufzuarbeiten und
neue Formen und Möglichkeiten auszuprobieren. Im "Eintritt der Frau in die Historie" sieht
sie ihr zentrales Thema.19 Für Morgner kann erst der seine eigene Zukunft mitbestimmen,
der seine eigene Geschichte kennt Dazu gehören nicht nur Daten und Fakten, sondern auch
die kulturellen Traditionen, das Wissen um die weibliche Kunst im weitesten Sinne, um
Mythen und frühere Stärke. Eine solche Aufgabe kann ihrer Ansicht nach nur von einer
Frau bewältigt werden, denn die Historie ist bisher "ein männliches Meer von Egoismus”.
Die Forderung nach einer "Neuschreibung der Geschichte auf weibliche Art" zieht sich wie
nin roter Faden durch die meisten Schriften. Romane und auch Interviews mit Irmtraud
Morgner In ihrem "lügenhaften Roman mit Kommentaren" Die wundersamen Reisgn
Gustavs des Weltfahrers (1972) heißt es dazu z.B :
118

In einem anderen Brief behauptete die Verfasserin [die fiktive Bele M.],
Frauen hätten ein schwach entwickeltes Geschichtsbewußtsein, weil sie
wesentlich noch nicht in die Geschichte eingetreten wären. Um als Menschen
zu leben, das heißt in die Historie einzutreten, müßten sie aus der Historie
austreten: sich Natur aneignen, zuerst ihre eigene.21

Und in einem Gespräch mit Karin Huffzky, das 1975 im Norddeutschen Rundfunk
gesendet wurde, erklärte sie:

...weil ich ja glaube, daß nicht nur geschriebene Geschichte Geschichte ist,
sondern daß auch die Frauen, die eigentlich geschichtslos gemacht wurden,
die man expropriiert hat von der Geschichte, Geschichte gemacht haben, nur,
sie wurden nicht als würdig befunden, aufgezeichnet zu werden in den
Geschichtsbüchern. Was die Sklaven geschafft haben, das ist anonym
geblieben, aber man kann sie heute noch sehen, in den großen Bauwerken
zum Beispiel. Aber die Arbeit der Sklaven der Sklaven, das heißt der Frauen
der Sklaven, die ist unsichtbar geblieben. Aber das heißt doch nicht, daß sie
nicht Geschichte gemacht haben.22

Realität lasse sich nicht anschaffen oder wegschaffen mit Worten, allerdings lasse sie
sich verschweigen. Dieses Schweigen müsse gebrochen und ein "legendäres
Geschichtsbewußtsein" geschaffen werden.23 Die Frage nach dem Eintritt der Frau in die
Geschichte stellen, heiße in ihrem Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz...
(1974) vor allem, den gegenwärtigen Stand der Emanzipation möglichst genau und
differenziert zu analysieren und dabei den Kontext zu jahrhundertelanger belastender
Vorgeschichte mit sichtbar zu machen (Eva Kaufmann, 1984).24

Im Roman selbst wird festgestellt, daß "ein Zusammenhang besteht zwischen


Geschichtsbewußtsein und Selbstbewußtsein". Darum sei es unzureichend, den
Expropriierten nur ihr materielles Eigentum zurückzugeben.25 Diese Auffassung findet die
Zustimmung der Kulturtheoretikerin Dölling. In einem Aufsatz in den Weimarer Beiträgen
kommentiert sie 1980, daß die Suche nach neuen Lebensweisen, nach dem eigenen Wert,
die Entwicklung von Selbstbewußtsein als Bedingung mit einschließe. Selbstbewußtsein aber
habe immer eine historische Dimension und individuelle Geschichte könne nur aufgearbeitet
werden, wenn sie als Moment der gesellschaftlichen Geschichte verstanden werde.26 Dölling
liefert hier ein weiteres Argument für die enge Verbundenheit der Bemühungen der Frauen
mit der sozialistischen Gesellschaft und wehrt somit Angriffe aufgrund "feministischer" und
damit angeblicher von der Gesellschaft unabhängiger Entwicklungen, wie sie z.B. von
Anneliese Löffler (1974) hervorgebracht werden, ab.27
Auch für den westdeutschen Historiker Rüsen (1984) stellt das Geschichtsbewußtsein
einen notwendigen Faktor der menschlichen Identitätsbildung dar. Darauf müsse um so
mehr hingewiesen werden, da in der einschlägigen soziologischen und sozialpsychologischen
Literatur zum Thema 'Identität’ "die Rolle des Geschichtsbewußtseins und die ihm eigene
Art sinnbildlicher Tätigkeit weitgehend im dunkeln gelassen wird".28 In diese öffentliche
Verständigung müssen die Künste und die Theorie in spezifischer Weise eingreifen
argumentiert auch Dölling (1980). Sie müssen die Frage nach den heute geltenden Männer-
119

und Frauenbildern stellen. In dieser Hinsicht sei z.B. von der Literatur mehr ins
gesellschaftliche Bewußtsein eingebracht worden als von der Theorie.29 Unter dem Boden
der Historie hin sucht und findet die Emotionalität der Frau, der bis in die Physiologie
hinunter ein eigenes Sein bestritten war, wieder bis zu jenen Quellen, aus denen ihr
ruiniertes Selbstbewußtsein sich regenerieren könne, resümiert auch Annemarie Auer
(1975). Aber weniger noch als mechanische Gleichmacherei wäre die Vertiefung, ja
Verabsolutierung der Geschlechtsunterschiede ein Weg, um den Frauen ihren Wert
wiederzugeben. Das Subjektwerden der Frau habe keine andere Bedingung als die, welche
überhaupt ein Subjektwerden des Menschen begründe: ihren Wiedereintritt in die
gesellschaftliche Produktion und Geschichte.30
Man könnte somit schließen, daß die Autorinnen versuchen eine Lücke zu schließen,
die von Politikern und Soziologen bisher weitgehend offengelassen worden ist. Entsprechend
konstatiert auch Dölling, daß für die "welthistorische Niederlage des weiblichen
Geschlechts" wichtige kulturgeschichtliche Forschungen noch ausstünden. Diese aber
bildeten die Voraussetzung für die Bewältigung des gegenwärtig beginnenden
Umwälzungsprozesses der Geschlechterbeziehungen.31 In Individuum und Kultur (1986)
erläutert sie, daß die Kulturwissenschaft sich mit der Untersuchung des Prozesses und der
Resultate individueller Vergesellschaftung als Kulturprozeß einem spezifischen Aspekt der
gesellschaftlichen Reproduktion zuwende. Es seien die vielfältigen, zum Teil scheinbar ganz
zufälligen und unwesentlichen Beziehungen und Bedingungen, in denen sich die Individuen
als gesellschaftliche produzierten und reproduzierten. Der Schein der Zufälligkeit
verflüchtige sich aber, wenn man dem Systemzusammenhang nachginge. Dies erfordere
allerdings eine "mühselige, oft nicht bis ins letzte zu leistende kulturgeschichtliche
Rekonstruktion" ,32
Bei Morgner und auch bei Christa Wolf war das Thema Frau von Anfang an mit
einer geschichtsphilosophischen Fragerichtung verbunden. Bei der "Berliner Begegnung der
Schriftsteller für den Frieden" (1981) spricht Wolf davon, daß es ihre Geschichte nicht sei,
vor deren katastrophalen Konsequenzen man jetzt stünde. Sie schlägt vor, den Entwurf einer
möglichen anderen Geschichte wenigstens gedanklich gegen die Zwangsläufigkeit solcher
Vorgänge wie des Rüstungswettlaufes zu setzen. Wunder, so heißt es bei Christa Wolf,
wären dazu nötig. Aber ohne Glauben an Wunder sähe sie überhaupt keinen Ausweg. An
anderer Stelle betont sie, daß ein Ausweg nur dann zu erhoffen sei, wenn der andere, bis
jetzt ausgeschlossene Teil der Menschheit in die Geschichte einträte. Mit solchen Ideen
greife sie auf Anregungen Walter Benjamins und über ihn auf die deutsche Geschichte
zurück, Wolf aber suche nach einer Geschichte, die es nicht gegeben habe, weil sie mit dem
Beginn der patriarchalischen Ordnung abgebrochen sei (Heukenkamp, 1985).34 In ihren
Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra (1982) - so Heukenkamp weiter -gebe sie
Rechenschaft über diese andere Geschichte. Sie meine nicht den Umsturz mit dem Ziel einer
Herrschaft der Frauen über die Männer, sondern sie rufe die Überreste der minoischen
Kultur ebenso wie die älteren Schichten der griechischen Mythologie zu Zeugen für die
Möglichkeiten, auf andere Art zusammenzuleben als jetzt üblich. Unterdrückung der Frau
und Selbstunterdrückung des Mannes seien in Wolfs Überlegungen zwei Seiten einer Sache.
Zwar sei diejenige Kultur und Zivilisation, die die europäische genannt werden kann, durch
diese Unterdrückung hervorgebracht worden, aber eben deshalb sei sie auch gezeichnet und
trage den Fehler an sich, daß sie auf Zerstörung des Anderen und des Selbst beruhe. Diesen
Teufelskreis aufzubrechen brauche es soziale Phantasie, d.h. die Fähigkeit, sich diese
120

andere Art des Miteinanderlebens vorzustellen.35


In dem Bemühen, "historisch gerecht"36 zu verfahren, soll weder dem einzelnen
Mann noch der einzelnen Frau oder der sozialistischen Gesellschaft angelastet werden, was
gegenwärtig bei allen Errungenschaften als unzulänglich oder gar unerträglich empfunden
wird. Morgners kritische Analyse ist darauf gerichtet, für entschiedenes Weitertreiben der
Entwicklung Mut und Lust zu machen; die Richtung, in der gedacht werden soll, ist in die
Formel gefaßt "weder patriarchalisch..., noch matriarchalisch, sondern menschlich."37 Die
Männer sollen nicht aus der zukünftigen Geschichte verbannt werden, wie das etwa die
westliche Radikalfeministin Valerie Solanas in ihrem "Manifest zur Vernichtung der
Männer" postuliert. Alice Schwarzer, Emma-Redakteurin und führender Kopf der Neuen
Frauenbewegung in der BRD, sieht Morgner im Kontext ihrer ideologischen Einbindung,
wenn sie über den Trobadora-Roman schreibt: "Dieses Buch ist ein kühner Schritt nach
vorn auf dem Weg zur Selbstfindung der Frauen, ist eine Infragestellung männlich geprägter
Normen in der Literatur und offensive Einbringung von 'Weiblichkeit’ - ohne dem so
gefährlichen Mythos der Weiblichkeit zu verfallen, vor dem die Marxistin Morgner bestens
gefeit ist.”38
Mit dem Spott auf schematisches Entweder-oder-Denken, das der Realität gegenüber
versagt, ist es Morgner in der Tat bitter ernst: "Die Anfrage, ob diese Reisegeschichte für
oder gegen die Gleichberechtigung der Frau zu verstehen wäre, kann ich nur als lächerlich
bezeichnen. Sie ist selbstverständlich gegen Männergesellschaften und Frauengesellschaften
zu verstehen. ”39 Auch konzentriert sich die Autorin nicht ausschließlich auf das Verhältnis
zwischen den Geschlechtern, sondern läßt dieses in ihrem Beatriz-Roman, wie Kaufmann
(1984) aufzeigt, gleichrangig neben ihren anderen Lebensbeziehungen erscheinen, hier tritt
es sogar hinter die Beziehung zu Kind und Beruf zurück.40

Auch für Brigitte Martin ist die Entscheidungsfreiheit eine der ihr wichtigsten
Forderungen, dieses Ziel beinhaltet für sie aber auch gleichzeitig, daß einmal getroffene
Beschlüsse auch mit all ihren Konsequenzen getragen werden.41 Ähnlich taucht auch in
vielen von Christa Müller geschriebenen Erzählungen häufig der Wunsch auf, selbst einen
Standpunkt zu finden, die eigene Person zu erkennen, sich gegen festgefügte Dogmen zu
wehren. Sie fordert Handlungsfreiheit und auch Sympathie und Vertrauen für die
heranwachsende Jugend.42 Angela Stachowas Protagonistinnen versuchen ebenfalls, nach
ihrer Vernunft zu leben, sie versuchen, die an sie gestellten Forderungen und Erwartungen
zu bewältigen. Diese Erwartungen sind hoch, die Frauen verlangen viel von sich und auch
von ihrem Partner. Nicht immer läuft alles nach Plan, ab und zu schleichen Emotionalität
und Sehnsucht in ihren Alltag, sie verlieben sich Hals über Kopf und werfen das rationale
Denken - wenigstens für eine Weile - über Bord. Und hier zeigt sich die Diskrepanz, die
es für Angela Stachowa zu beseitigen gilt: Die Frau zwischen 25 und 35 Jahren hat den
Weg zur Emanzipation bereits beschritten und ein Stück begangen, sie hat gelernt, ihre
Ansprüche zu artikulieren. Aber noch umfassen diese Ansprüche nicht ihr ganzes Leben,
sind zu häufig zunächst nur auf ihre berufliche Entwicklung, dann auf das praktische Leben
begrenzt. Zu lernen, daß zum erfüllten Leben nicht nur das rationale Handeln gehört, ist
der nächste Schritt der Emanzipation; und das gilt, wie auch im vorausgegangenen Kapitel
bereits nachgewiesen werden konnte, nicht nur für die Frau.43
Das "weibliche Element" sei in den Industriegesellschaften ebensowenig vorhanden
wie das "geistige Element", stellt Wolf fest (1982).44 Sie sieht diese Entwicklung historisch
121

begründet. Männer, so argumentiert sie, wurden durch die Arbeitsteilung und die
patriarchalische Struktur der bürgerlichen Gesellschaft mehr als anderthalb Jahrhunderte in
die Anpassung und die Selbstunterdrückung getrieben. So haben sie die Werte, die ihnen
die Industriegesellschaft aufgezwungen hat, voll verinnerlicht. Was Frauen nicht so stark
mußten, die einerseits starker unterdrückt, in den häuslichen Bereich hineingetrieben
wurden, andererseits aber nicht gezwungen waren, diese Art von Werten voll zu
akzeptieren.45

Und mir scheint (das hat wohl überhaupt keine biologischen Ursachen,
sondern historische), daß Frauen jetzt eher in der Lage sind, an Werte
anzuknüpfen, die sie als "natürlich" empfinden, die ihnen menschengemäßer
Vorkommen - daß sie es da einfach leichter haben. Und daß auch dieses Ich-
sagen, obwohl für den einzelnen ungeheuer schwer, für sie als Gesamtheit
leichter wird. Bestimmt wird bei uns nicht der Trend eintreten, daß Frauen
gegen Männer eine Front bilden. Es kann eine Periode kommen, in der
Frauen den Männern in diesem mit Zahlen nicht zu messenden Bereich, wo
es nicht um Produktionsziffern geht - nämlich bei der Frage, wie man
miteinander lebt - helfen können.46

Rationalität, die Besessenheit mit Berufstätigkeit, Produktionsziffern, Wissenschaft


und neuen Technologien sind also Elemente des von offizieller (und männlicher) Seite
definierten Emanzipationskonzepts, gegen das die Literatinnen sich wehren und vor dem sie
auch warnen.4 Es gilt, die bisherige Definition des Konzepts neu zu überdenken und um
wahrhaft weibliche Werte zu erweitern.
Die Tendenz, sich gegen die Miteinbeziehung der Männer in die Ausarbeitung oder
gar Definition der Form der Emanzipation zu wehren, wird von vielen Schriftstellerinnen
und auch anderen Frauen in der DDR artikuliert.48 Sie weigern sich gegen eine Form der
Emanzipation, die ihnen einerseits das Recht zubilligt, sich in verschiedenen Bereichen, in
Beruf und Familie zu verwirklichen, andererseits aber von ihnen ebenfalls selbstverständlich
verlangt, in beiden Bereichen eine vom Mann bestimmte Position einzunehmen. Sie
verfassen Frauenliteratur, einerseits, weil sie über Frauen im Sinne der offiziellen
Kulturpolitk schreiben, andererseits, weil sie eine eigene Lösung für die von ihnen
definierten Probleme und Schwierigkeiten suchen. Damit erfüllen sie, so Annemarie Auer
(1975), eine wichtige Aufgabe. Bis heute - dem Kundigen entlocke dies ein Lächeln
wären Bücher. Filme, Theaterstücke und Forschungen über Frauen, "über die neue Frau",
vorwiegend von Männern verfaßt worden. Sie hätten Spaß daran gefunden. Doch Auer
warnt: "Solange die Frauen sich in eigener Sache kaum zu Wort melden, geht es ruhig in
uralter Weise fort."49

Als ihr 1974 in einem Interview die Frage nach der Beziehung der Geschlechter als
einem Thema ihrer Kurzgeschichte "Selbstversuch" gestellt wurde, gab Christa Wolf mit
Temperament und Indignation folgende Antwort:

Jetzt werde ich mich zügeln müssen, denn wir kommen auf eines der Themen,
bei denen mir leicht die Galle überläuft, eben weil der radikale Ansatz, von
dem wir ausgegangen sind ("Befreiung der Frau"), steckenzubleiben droht in
122

der Selbstzufriedenheit über eine Vorstufe, die wir erklommen haben und von
der aus neue radikale Fragestellungen uns weiterbringen müßten.
Fragestellungen der Art (...): Ist es denn das Ziel der Emanzipation, kann es
überhaupt erstrebenswert sein, daß die Frauen "werden wie die Männer", also
dasselbe tun dürfen, dieselben Rechte wie sie bekommen und immer mehr
auch wahrnehmen können, wo doch die Männer es so sehr nötig hätten, selbst
emanzipiert zu werden?50

Hier zeigt sich erneut, was in den vorausgegangenen Kapiteln bereits erarbeitet
wurde: Wolf und Morgner vertreten die Meinung, daß die Emanzipation der Frau in der
DDR "in den Kinderschuhen steckengeblieben" ist, daß zwar viele der notwendigen
Veränderungen in der Gesellschaft durchgeführt worden sind, diese alleine aber nicht
ausreichen, um die wahre Emanzipation (für Mann und Frau) zu erzielen.51 Die Traditionen
und Gewohnheiten der Menschen beiden Geschlechts lassen und können sich nicht von heute
auf morgen ändern, aber man darf sich auch nicht zurücklehnen und abwarten. Es geht
darum, Einsatz zu zeigen und die Schriftstellerinnen können hier ihren Beitrag leisten. Die
Kunst muß sich - so Wolf -dazu aufschwingen, dem Zeitgenossen, den vielen anderen, an
die sie sich wendet, große Fragen zu stellen, nicht locker zu lassen in ihren Forderungen
an ihn. Ihn zu ermutigen, er selbst zu werden - das heißt, sich dauernd, sein Leben lang
durch schöpferische Arbeit zu verwandeln.52
Diese Fragestellungen gehen auch über das Ich hinaus. So sieht Ursula Heukenkamp
(1985) in Morgners Roman Amanda (1983), in dem die Autorin den "hexischen
Hintergrund" der Frauen aufarbeitet, "die engste Verbindung zwischen der katastrophalen
Entwicklung des Rüstungswettlaufes und der Frauenemanzipation".53 Hier verbünde sich
alles Weibliche miteinander, um die Welt zu retten. Im Gegensatz zu Wolf erwarte Morgner
das Wunder jedoch nicht von den Frauen, wie sie sind, sie müssen erst wieder sie selbst
werden. Das Buch melde keine Siege, aber es ermutige, sich anzustrengen: "Das weibliche
Prinzip, welches der Überlegenheit entsagen kann, weil es nicht auf Unterwerfung und
Herrschaft ausgeht, muß mit den Kräften alltäglicher Menschen, also auch der der Frauen
durchgesetzt werden."54 Morgner selbst kommentiert (1984) daß es darum gehe, "die
Menschenkultur vom Kopf auf die Füße zu stellen", d.h. die tradierte Gewohnheit, große
Meinungsverschiedenheiten kriegerisch auszutragen, zu verlassen, Auseinandersetzungen
friedlich zu fuhren, den Krieg zu tabuisieren.55
Es gebe noch eine Reserve für den Kampf um Frieden und Zukunft (Morgner, 1984).
Eine Reserve, die riesig sei und gerade darum leicht übersehen werde: die Hälfte der
Menschheit. Die weibliche Hälfte, die sich bisher als politische Kraft noch gar nicht
wesentlich geben konnte. Insofern sei das Darübernachdenken, ob Frauen in der DDR ihren
Beruf und dann noch die zweite Schicht erledigen mußten oder in anderen Ländern gänzlich
an Haushalt und Kindererziehung gefesselt seien, keineswegs nur ein "Weiberproblem" oder
gar "eine Mode, gestern bißchen erlaubt, heute passe":

In diesem Weltzustand ist der Kampf um das, was man Emanzipation der
Frauen nennt, auch ein Kampf dafür, daß sie die Möglichkeit erringen,
kraftvoll aus ihrer Privatsphäre zu treten, aus der Reserve, um ihr politisches
Gewicht schnellestens in die weltpolitischen Auseinandersetzungen einbringen
zu können.56
123

Eine solche Entwicklung muß auch gleichzeitig dazu fuhren, daß "der Scheißkrieg
zwischen den Geschlechtern" aufhört.57 Einen Lösungsvorschlag brauche man nicht zu
erfinden, der sei längst gemacht und heiße "proletarische Solidarität auch im Privatleben".
Das sei alles:

Und als wir antraten und diese schlichte Losung auf unseren Fahnen stand,
dachten wir: einfache Sache, sieht jeder vernünftige Mensch ein, jeder
Sozialist sowieso. Nun stellt sich raus, die einfache Sache ist ungeheuer
langwierig. Es geht also keineswegs darum, in Büchern wieder und wieder die
"einfache Sache” vorzuschlagen, sondern Menschen zu inspirieren, diese
"einfache Sache" so zu bewältigen, daß sie auch Vergnügen daran haben,
Vorteil, Spaß; daß da nicht nur etwas ansteht, was "leider" gemacht werden
muß - denn der Mensch macht erst dann etwas wirklich gut, wenn er spürt,
das "bringt" was. Darum gehts.58

Und Morgner ereifert sich über einen in Für Dich erschienenen Artikel, in dem
argumentiert wurde, daß in der "Kampfzeit"59 auch in Für Dich fifty-fifty - also
proletarische Arbeitsteilung im Haushalt und bei der Kindererziehung - gefordert worden
wäre. Aber das hätte auch nichts erbracht - so die Zeitschrift - und inzwischen hätte man
eingesehen, es gehe nicht darum, sondern es gehe um "Liebe und Verständnis". Das habe
sie (Morgner) erschüttert. Und sie entwirft eine Szene vor ihrem geistigen Auge: Eine Frau
hat den soziologisch ermittelten Durchschnitt von achtzig Prozent der zweiten Schicht auf
dem Buckel, und der Mann sagt zu ihr "Ruh dich doch mal aus" oder "Streng dich doch
nicht so an" oder "Ich finde es wirklich großartig, wie du das alles machst". Nein, schließt
die Autorin, es gehe wirklich um fifty-fifty, um proletarische Solidarität. Jetzt erst recht.
Schon aus politischen Gründen, weil der unvorstellbar bedrohliche Weltzustand die Aktivität
der Frauen, ihre politische Kampfkraft, brauche. "Dann aber auch, weil nach Marx die
Freizeit der eigentliche Reichtum des Menschen ist. In dieser Beziehung sind Frauen arm
dran. Aber ein Mensch kann keine Persönlichkeit werden, wenn er keine Zeit hat, über sich
nachzudenken."60
Interessant ist in diesem Zusammenhang eine ähnliche Argumentation über Freizeit,
die nur wenige Jahre zuvor formuliert wurde. Jürgen Kuczynski und andere argumentierten
1978 in einer Debatte, daß das Anwachsen der Freizeit eine Möglichkeit darstelle,
gesellschaftlichen Fortschritt zu messen. Indirekt sagten sie damit aus, daß die Bedingungen
zur eigenen Erfüllung in einer sozialistischen Gesellschaft nicht am Arbeitsplatz zu finden
seien. Kuczynski wurde bezichtigt, nicht den Unterschied zu erkennen zwischen Arbeit im
Kapitalismus (wo Selbsterfüllung gänzlich unmöglich sei) und Arbeit im Sozialismus, dem
man immerhin zugute halten könne, den "neuen sozialistischen Menschen" hervorgebracht
zu haben.61 Morgners Feststellungen greifen diesen strittigen Punkt abermals auf und lassen
systemkritische Erwägungen erkennen.

Nach solchen Überlegungen kann es kaum überraschen festzustellen, daß die


Doppelrolle der Frauen und die nach wie vor bestehende Überbelastung in Haushalt und
Kindererziehung ein häufig und von nahezu allen Autorinnen intensiv bearbeitetes Thema
darstellt.62 Daß heißt jedoch nicht, daß sie sich mit dem Beklagen der bestehenden
Mißstände zufrieden geben oder darin gar ihr Hauptziel sehen. So ist Martins
124

"Lebensthema" - oder besser: ihr "Lebensunterthema, allerdings, weil leichter, zuerst


behandelt" zwar das Problem der berufstätigen Frau mit Kindern, ihr eigentliches Thema
definiert sie in einem Brief an Hildebrandt (1984) als "Frieden im Sinne einer
Harmonisierung der Gesellschaft".63 Aus ihren Erzählungen spricht der intensive Wunsch
nach Glück, der Ton wird nicht durch Aufgabe und Resignation bestimmt, sondern durch
die immer wieder ausgedrückte Hoffnung auf Harmonie, nach der Möglichkeit eines
Gleichgewichts der verschiedenen Interessen und Vorstellungen, die im Alltag, im
Privatbereich angesiedelt seien, von dort jedoch über ihn hinausreichen sollen. Harmonie
wirkt also von innen nach außen, von der "kleinsten sozialistischen Einheit" in die
sozialistische Gesellschaft, und kann entsprechend nicht - ebenso wenig wie die
Emanzipation - von der Regierung implementiert werden.
Irmtraud Morgners Laura erfährt die DDR als eine Basis für emanzipiertes Leben,
ihr wird aber auch schnell klar, daß dieses Fundament bei weitem noch nicht perfekt ist,
daß noch viel verändert und weiterentwickelt werden muß. Hierzu - so Morgners eingebaute
Botschaft - ist es notwendig, daß Frauen lernen, für ihre Interessen einzutreten, um so
letzten Endes eine menschlichere Gesellschaft zu ermöglichen.64 Auch Morgners
Protagonistin Valeska aus ihrer Geschlechtertauschgeschichte "Gute Botschaft der Valeska
in 73 Strophen" (1974), die zum Mann wird, als sie männliche Eigenschaften an sich
wahmimmt, spricht von der nötigen "Vermenschlichung des Menschen".65 Für sie ist der
Vollzug des Geschlechtertausches eine Chance für die Veränderung der Situation der
anderen "zurückgelassenen" Frauen und für eine allgemeine Humanisierung der
Gesellschaft. Und auch Christa Wolfs Anders, ein weiteres Opfer einer
Geschlechtsumwandlung (Selbstversuch, 1975), stellt fest, daß die Worte "männlich" und
"menschlich" zwar den gleichen Ursprung haben, sich jedoch unweigerlich voneinander
entfernen.66
Es geht den Literatinnen um eine "Vermenschlichung" des Lebens, sie wollen erkannt
und auch gekannt werden. Gekannt werden, der inständige Wunsch von Frauen, die nicht
durch den Mann, sondern durch sich selber leben wollen, setzt sich fort bis heute und ist -
so Wolf - auch heute "noch seltener erfüllt als unerfüllt", weil das Losungswort
"Persönlichkeit", unter dem das Bürgertum angetreten war, von der Masse der Produzenten
niemals eingelöst werden konnte. Morgner (1978) vertritt eine ähnliche Auffassung, wenn
sie das Ziel neuer Geschlechterbeziehungen in den Bereich des nahezu Nichterreichbaren
einordnet:

Eine kühne Idee, zwischen Mann und Frau könnten andere Beziehungen
walten als die von Herrschaft, Unterordnung, Eifersucht, Besitz:
gleichberechtigte, freundschaftliche, hilfreiche Schwester sein, Freund (die
männliche Form!) - unerhörte Angebote. Beweis dafür, daß Not und
Bedrängnis zu phantastischen Einfällen führen, die niemals zu verwirklichen,
doch auch niemals mehr ganz und gar aus der Welt zu schaffen sind.67

Aber sie stellt ebenso klar: "Man kann den Leuten kein neues Bewußtsein einreden,
Jeder muß es selbst produzieren".68 Denn obwohl sie nicht bestreitet, daß der Mensch nicht
ohne seine Gewohnheiten leben kann, ist sie doch der Ansicht, daß es außer nützlichen
Gewohnheiten auch noch solche gibt, die sich überlebt haben. Mitunter genüge ein äußerer
Anlaß, um eine Tradition als veraltet zu erkennen, dazu gehörten z.B. die vielen
125

verständnisvollen Maßnahmen, die den Frauen helfen, die Rechte, die sie in der DDR
haben, auch wirklich in Anspruch nehmen zu können. Aber auch den Männern müßte von
offizieller Seite aus unter die Arme gegriffen werden. Morgner wünscht sich, daß sich
einmal eine gesellschaftliche Autorität darum bemühen würde, die Männer moralisch zu
unterstützen, damit sie ihre berufliche Tätigkeit noch erfolgreicher mit ihren Aufgaben als
Väter und in der Familie vereinbaren können. Denn es ist eben noch nicht so, daß die
Mühen im Haushalt, bei der Erziehung der Kinder und die vielen Erledigungen, die nötig
sind, damit der Mensch physisch und psychisch gesund bleibt, als bedeutende
gesellschaftliche Arbeit empfunden und geschätzt werden.
Entsprechend ihren Einstellungen als Sozialistinnen fordern Morgner und auch Wolf
nicht eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft als Basis der Selbstverwirklichung
der Frau, sondern vielmehr eine Fortentwicklung.69 Der erste fundamentale Schritt, der
Aufbau eines sozialistischen Staates, ist bereits vollzogen, für Morgner ist nur in ihm eine
Emanzipation der Geschlechter, die Entwicklung einer menschlichen Ordnung möglich. Es
ist also die ökonomische und juristische Gleichstellung von Mann und Frau in der DDR,
die die Basis für ein gleichberechtigtes Zusammenleben der Geschlechter auf allen Ebenen
bildet. Auf diese Weise wird auch die Möglichkeit zu wirklicher Liebe erstellt: "Liebe (ist)
eigentlich nur unter Gleichen möglich (...). Man kann seinen Unterdrücker nicht lieben,
nicht wirklich lieben, Erotik verlangt Freundschaft, Kameradschaftlichkeit, Solidarität und
Sehnsucht danach...”70 Allerdings werden die ökonomische und juristische Gleichstellung
allein als unzulänglich empfunden. Von dieser Vorstufe aus muß die Gesellschaft
weiterentwickelt werden.71
Auch sind sich längst noch nicht alle Frauen (und auch Männer) der Rechte bewußt,
die ihnen die sozialistische Rechtsordnung einräumt. So stellt Helga Schubert (1986) in
einem Interview fest, daß den Frauen gesetzlich zwar schon viele Selbständigkeiten
garantiert wurden, sie aber "mit diesen vielen Freiheiten, die sie theoretisch jetzt haben,
noch nicht so richtig souverän umgehen. Sie müssen erst richtig checken, was sie eigentlich
alles machen können".72 Elke Büttner, deren Tagebuch 1987 in einem
dokumentarliterarischen Werk veröffentlicht wurde, formuliert eben diese Problematik und
die dadurch entstehende Verunsicherung vom Standpunkt einer "DDR-Durchschnittsfrau”:

Wie ist das mit der Gleichberechtigung? Ja, sie ist rechtlich festgelegt und
gesichert, laut Gesetz. Aber wie gehen wir persönlich damit um? Von unseren
Eltern haben wir es nicht gelernt.(...)
Ich erinnere mich, Vater ordnet an. Mutter sagt ja, und heimlich macht sie’s,
wie sie will. Oder: Mutter sagt nein und macht doch, was Vater will. Als
Kind habe ich nie begriffen, daß dahinter ein Geheimnis steckt.
Bin ich vorbelastet?
Laufen wir nicht Gefahr, die Gleichberechtigung zur Gleichmacherei
herabzuziehen, und stoßen dabei auf biologische Probleme? Heißt
Gleichberechtigung für die Frau auch frei sein?
Geht das, wenn Liebe im Spiel ist?
Wie ist das mit der Gleichberechtigung für eine geschiedene Frau?
Wie will sie gleichberechtigt sein, wenn sie die Kinder allein großziehen muß?
Ungleich verteilte Lasten. Wie wäre mein Leben verlaufen ohne die Kinder?
Wie, wenn der Mann um seine Gleichberechtigung kämpft, um die Kinder
126

großzuziehen? Wäre ich so glücklich und voller Tatendrang gewesen, würde


ich noch immer im Schlepptau hängen? (...)
Wie, wenn mir meine Freizeit selbst gehört? Wenn ich dann aber keine
Beachtung mehr finde? Wenn ich den Anforderungen an die "Weiblichkeit"
nicht mehr genüge, nicht mehr den Streß ertrage, jung und dynamisch zu
wirken? Wenn das Make-up nicht mehr ausreicht, Falten zu verstecken? Wenn
mich diese innere Spannung nicht mehr wachhält und stimuliert? In der Mitte
des Lebens, wo man manchmal das Gefühl hat, jetzt geht es abwärts, alles
geht langsamer?73

Neben den Fragen zur Gleichberechtigung wird hier ebenso deutlich, daß es nicht
leicht ist, sich der Selbstverwirklichung zu verschreiben, daß auch nicht immer klar ist, was
damit eigentlich gemeint ist und wie der einzelne Mensch damit zurechtkommt. Die Angst
vor Einsamkeit schwingt hier unterschwellig mit an, eine Befürchtung, die von der
Regierung seit Ende der achtziger Jahre verstärkt für ihre "Pro-Ehe-Propaganda" ausgenutzt
wird.
Den Autorinnen ist bewußt, daß viel Mut von Nöten ist, um sich dieser -größtenteils
selbstgestellten, weil ja über die von offizieller Seite definierte "Verwirklichung" weit
hinausreichenden - Aufgabe zu stellen. Es geht nicht darum, sich gegen alles Bestehende
aufzulehnen. "Es kommt viel weniger darauf an, auf sich selbst zu bestehen, als darauf, sich
seiner selbst bewußt zu werden", heißt es in einem Roman von Elke Willkomm (1984).74
Das bedeute aber auch, sich Veränderungen bewußt zu werden, die mit und um einen
herum ständig vor sich gehen. Selbstverwirklichung ist somit auch hier nicht nur
Rückorientierung, sondern Herauskristallisierung einer neuen Persönlichkeit in einer ebenso
neuen Gesellschaft. In Wanders Protokollen kommentiert eine Frau entsprechend: "Der Sinn
meines Lebens ist erfüll, ich hab mich in meinen Kindern verwirklicht. Wie ist denn das
mit der Selbstverwirklichung, die in aller Munde ist? Ich glaube daran, daß so etwas
möglich ist, sonst würde ich nicht aufstehen in der Früh. Ich sehe Selbstverwirklichung des
Einzelnen aber nur in einem sinnvollen Verhältnis zur gesellschaftlichen
Selbstverwirklichung. ”75
Die Selbstverwirklichung der Frau führt somit zu der des Mannes, die des Einzelnen
zu der der gesamten Gesellschaft. Das von den Autorinnen angestrebte Ziel hat also
weitreichendere Konsequenzen, als es zunächst den Anschein hat. Und in der Frauenliteratur
der achtziger Jahre findet man, wie es in einer Rezension zu Helga Königsdorfs Erzählung
Respektloser Umgang (1986) heißt, "statt Satire und Ironie - Ernsthaftigkeit und Rigorosität,
statt pointierter Geschichten und Frauen, die sich aus ihrer Haut wünschen - das kritischere
Umgehen mit sich selbst, die schärfere Selbstkritik, Despektierlichkeit der Frau zur Frau. ”76

Charlotte Worgitzky fordert für die Frauen eine Wahlfreiheit, die Frau soll sich
aussuchen können, wie sie leben möchte, ob als Mutter oder als Werktätige, jeglicher
Zwang soll ausgeschlossen werden. Ob diese Forderung jedoch in einem Staat, der sowohl
auf die Arbeitskraft der Frau als auch ihre reproduktiven Fähigkeiten angewiesen ist,
verwirklicht werden kann, ist fraglich.77
Für Anderson (1975) ist es erst die Freiheit von der Ehe, die eine Frau "ganz Frau"
sein läßt.78 Ursula Hörig wiederum, die von sich sagt, daß sie sich selbst erst spät
emanzipiert habe, spricht sich nicht gegen eine Partnerschaft mit Männern aus, appelliert
127

aber gegen die gegenseitige Festschreibung und Einengung.79 Sie schreibt

Liebesgeschichten im weitesten Sinne. Als Auftakt Geschichten, in denen das


menschliche Verhältnis negativ ist oder sich negativ entwickelt, in der Folge
Geschichten, die einen positiven Ausgang haben. Der Versuch also,
zwischenmenschliche Beziehungen der Leute in unserem Lande zu
versinnbildlichen. Vorrangig geht es mir um die Entwicklung der Frau zur
selbständigen Persönlichkeit.80

Auch Anders Freundin Anna in Christa Wolfs "Selbstversuch" hat erkannt, daß die
Emanzipation der Frauen von ihnen selbst ausgehen muß, daß sie nicht den Männern und
Institutionen überlassen werden darf. Es gilt, um dieses Recht selbst zu kämpfen, es sich
nicht schenken zu lassen.81 Charlotte Worgitzky will, wie ihre Protagonistinnen, nicht nur
auf Veränderungen reagieren, sondern aktiv an der Veränderung der Gesellschaft
mitarbeiten. Das bedeutet für sie, Stellung zu beziehen, und Auseinandersetzungen
standzuhalten. Und daß ihr das nicht immer leichtfallen kann, ist besonders bei der von
Worgitzky gewählten Thematik - der Abtreibungsproblematik - gut zu verstehen.82
Allerdings steht sie mit ihren Auffassungen nicht allein. Helga Schubert faßte
ähnliche Überlegungen für sich in einem Interview 1983 so zusammen:

Mir geht es immer so, daß ich bis zuletzt denke: Wenn man will, kann man
es ändern, oder höchstens: Naja, man kann es noch nicht ändern. Auch wenn
mir jemand sagt, du bist verrückt. So hab ich auch unsere Kinder erzogen,
und so stehe ich sämtlichen Leuten, die zu uns in die Eheberatung kommen,
gegenüber: Das Leben, das du führst, willst du, sonst würdest du es ändern.83

Wie aber wollen die Schriftstellerinnen diese selbstauferlegte Aufgabe lösen? Wie
können sie Veränderungen und auch andere Ziele erreichen? Auch Wolf fragt in diesem
Zusammenhang, wie Literatur dazu beitragen könne, eine "in ihrem Fortschrittswahn
gefangene Realität - sprich: Leserschaft zu befreien. Ist ihr das überhaupt möglich? Wolf
weiß diese Frage nicht zu beantworten, denn "auch Literaten sind nicht immun gegen
irgendeine Art von Wahn, ebensowenig wie gegen Mutlosigkeit, Angst oder Resignation".
Vorausgesetzt aber, es gelänge immer wieder, selbst bei Verstand zu bleiben und den Mut
aufzurichten - müßte man dann nicht neu nachdenken, mit welcher Art von Schlüssel man
Menschen heutzutage ihre tiefverschlüsselte - "entfremdete" - Realität aufschließen kann?

Sollte Literatur der Selbstmaskerade so vieler Menschen ihrerseits zu


begegnen suchen, indem sie sich immer weiter maskiert, unkenntlich macht,
in Kostüme flüchtet, mit Bildern, Gleichnissen, Mythen arbeitet? Sich "in
Verkleidung" einschleicht hinter die Abwehrpanzerung ihrer Leser? Oder
sollte sie, im Gegenteil, der Kodifizierung der Welt unverstellt entgegentreten,
nackt und bloß, auf die Strukturen weisen und in dürren Worten sagen, was
ist? Solche Fragen stellen heißt, sie nicht beantworten zu können. Alle Mittel,
scheint mir, sind erlaubt, alte wie neue, wenn wir sie unter eine strenge
Selbstkontrolle stellen: daß sie nicht der Manipulation dienen; das heißt, daß
nicht auch in unsere Arbeit jenes Gift eindringt, das Zwecke verschwinden
128

läßt und Mittel mißbraucht.84

Wolf scheint also jedes literarische Mittel recht zu sein, um ans Ziel zu gelangen.
Man kann deutlich werden, aber es besteht kein Zwang dazu. Wozu auch immer der Literat
sich entschließt, die zu vermittelnde Botschaft ist am wichtigsten. Häufig werden
"unrealistische Schreibweisen" gerade zu dem Zweck eingesetzt, der vermeintlichen
"Normalität" des Wirklichen zu Leibe zu rücken, ihr durch Fremdmachen, Verfremden,
Historisieren näherzukommen, "das Wundem zu erleichtern", wie Morgner es ausdrückt
(Emmerich, 1981).85 Das bedeutet jedoch nicht, daß die Literatur für niedere und
eigennützige Zwecke mißbraucht werden darf. Wolf und auch andere Autorinnen86 betonen
immer wieder - einmal mehr, einmal weniger deutlich - daß die Literatur sich unter keinen
Umständen gängeln lassen darf, so wie es z.B. zur Zeit des Nationalsozialismus und auch
in den frühen kulturpolitischen Entwicklungsphasen in der DDR gang und gäbe war.
Es konnte in diesem Abschnitt schon festgestellt werden, daß die Geschichten dazu
dienen sollen, die Leser dazu anzuhalten, die Realität zu hinterfragen, sie sollen nicht
fertige Lösungen erwarten, sondern ihre eigenen finden. Diese Einstellung mag als ein
Mittel gelten, den alten Fehlem vorzubeugen. Entsprechend erklärt Schütz im Nachsatz zu
Festbeleuchtung (1973):

Fragezeichen gleich hinter den ersten Sätzen einer Geschichte, einer


Vorgeschichte, schon für den zweiten Satz gibt es Möglichkeiten, schon auf
der ersten Seite wird eine Figur, eine Erfindung, zum Sprecher außer mir.
Daß es der Zeilen bedarf, um zwischen den Zeilen lesen zu können, bleibt
unbenommen.87

Angestrebt wird eine "Prosa der uneingepaßten Subjektivität" (Emmerich, 1981), die
sich weigert, die technischökonomische Rationalität als einziges Bewegungsgesetz der
Gesellschaft anzuerkennen, oder die dieses Gesetz sogar, wie Christa Wolf, vollständig in
Frage stellt. Das neue Subjekt wehrt sich gegen alle Pädagogisierung und eine von außen
oder oben vorgegebene Teleologie. Die Regel- und Rechenhaftigkeit einer in der materiellen
Arbeit auf- und untergehenden Gesellschaft wird abgelehnt. Die Literatur der DDR wird
gesellschaftlich innovativ, kritisiert festgefahrene Normen, stellt bestimmte Fragen zuerst
und unternimmt als erste bestimmte Analysen.88
Die Literatur der DDR wird so "Seismograph gesellschaftlicher Beben" (Emmerich,
1981), häufig auch zum in die Gesellschaft eingreifenden Faktor, indem sie den Lesern neue
Impulse gibt, sich ihrer eigenen Lage bewußt zu werden - jedoch nicht mehr gemäß dem
Vorbild dieses oder jenes literarischen Helden - aber gemäß dem Modell, nach dem in der
Literatur Selbst- und Wirklichkeitsbefragung stattfindet. Auftretende Widersprüche werden
nicht mehr stereotyp im Happy End aufgelöst, auch eine bleibende Dissonanz, ein Scheitern,
ein eben Nicht-Ankommen kann als Herausforderung an den Leser am Ende stehen. Sie will
keine "Nachtrab-Literatur" (Günter Kunert) mehr sein, die den Leser pädagogisch an die
Hand nimmt und in einem vorgegebenen gesellschaftlichen Verwendungszusammenhang
unmittelbar aufgeht.89 Die Autoren und Autorinnen sehen sich als Partner ihrer Rezipienten,
nicht aber als deren Lehrer.
Diese Ansicht findet unter den in dieser Arbeit berücksichtigten Schriftstellerinnen
ausgesprochen großen Zuspruch: Brigitte Martin zeigt nicht für jedes Problem einen
129

Lösungsweg oder eine Lösung auf, in ihren Geschichten gibt es Situationen, die nicht mit
Verordnungen und finanzieller Unterstützung gelöst werden können, das Gefühl der
Einsamkeit ist z.B. nicht durch Selbstbeherrschung oder gar durch Beschluß zu bewältigen.
Stattdessen bekennt sich die Autorin zu ihrer Trauer um die gescheiterte Beziehung, sie
akzeptiert ihre eigenen Gefühle und auch die bitteren Erinnerungen. Sie berichtet ihre
Empfindungen kaum verschlüsselt, aber sie beginnt nicht sofort, jedes Detail zu analysieren
und zu reflektieren. Ihre Protagonistin Brigge Bern wird nicht als gefestigter, schlüssiger
Mensch präsentiert, sondern als eine Frau, die trotz aller Widrigkeiten ihren individuellen
Weg sucht, die ihr Recht auf Glück nicht aufgeben will.90 Auch Gerti Tetzner will in ihrem
Roman Karen W. keine fertigen Lösungen und Ideale zeigen. Ihr geht es vielmehr darum,
den Lesern Mut zu machen, Entscheidungen zu hinterfragen und ein bewußtes,
selbstbestimmtes Leben zu führen. Zu viel erscheint ihr automatisch, gelangt gar nicht mehr
ins Bewußtsein. Wer von der Norm abweicht, bekommt seine Fremdheit in der Gesellschaft
zu spüren. So hat denn Karen W. ein grundlegendes Problem, daß dem Brigge Berns recht
ähnlich ist: sie weigert sich, permanent Stellung zu beziehen, sie nimmt für sich das Recht
in Anspruch, eine Phase der Ungewißheit und Entscheidungsfindung zu durchleben.
Allerdings ist Brigge Bern aufgrund ihrer extremeren Lebenssituation nicht fähig, den
äußeren Zwang zur Rationalität und zur Entscheidung nach landläufigen Verhaltensmustem
so konsequent wie Karen W. zu kritisieren und abzulehnen, sie ist gezwungen, sich mit den
Gegebenheiten zu arrangieren und kann nicht wie ihre Leidensgefährtin intensiv um die
Anerkennung ihres Status kämpfen. Tatsache ist jedoch, das keine der Geschichten darauf
abzielt, die angeschnittene Problematik voll zu entwickeln (Hildebrandt, 1984).91
Bei beiden Erzählungen handelt es sich um offene Werke, die den Leserinnen die
Möglichkeit geben, ihre eigene Entwicklung, ihr Verhalten nachzuverfolgen, ohne
inkonsequentes Verhalten verleugnen zu müssen. Helga Schütz’ Protagonistin Julia in Julia
oder Erziehung zum Chorgesang (1980)92 weiß auch am Ende des Romans noch immer
nicht, was sie will und was sie schon erreicht hat. Die Antworten der Autorin sind nicht
immer überzeugend, aber sie begibt sich auch nie in die Position des Allwissers, sondern
probiert anhand ihrer Titelgestalt, Antwortmöglichkeiten anzubieten. Diese müssen dem
Leser nicht unbedingt plausibel sein, denn jeder Mensch ist anders, reagiert anders. Es geht
nicht darum, einen ’Tdealmenschen", ein Rollenmodell, zu entwerfen. Ähnliche
Feststellungen lassen sich über die Werke Margarete Neumanns (Der grüne Sajon, 1973),
Elfriede Brünings (Partnerinnen. 1978); Wie andere Leute auch. 1981) und Hedda Zinners
(Katja. 1979; Die Lösung. 1981) machen.93 Angela Stachowa schildert Grundprobleme
junger Frauen, aber auch sie zeigt dabei keinen leicht gangbaren Weg, sie will schon durch
das Aufzeigen der Probleme beim Leser eine höhere Sensibilität erreichen. Sie macht auf
die nur äußerlich starken Frauen aufmerksam, zeigt ihre innere Zerrissenheit. Identifikation
mit ihren Protagonistinnen ist nicht leicht.94
Entsprechend will Angela Stachowa ihre eigene Person über die Geschichten hinaus
nicht offenbaren. Die Sensibilität, die sie in ihren Erzählungen zeigt, vertraut sie den
Rezipienten an, damit gibt sie ihnen aber nicht gleichzeitig die Erlaubnis, sie über das
Geschriebene hinaus für sich zu beanspruchen. Auch Helga Schütz stellt sich in ihren
Erzählungen zeitweilig deutlich neben das Handlungsgeschehen, um Hypothesen hinsichtlich
des Fortgangs der Erzählung aufzustellen. Sie greift als Erzählerin in die Handlung ein und
macht den Rezipienten durch abrupte Brüche oder vorweggenommene Andeutungen des
kommenden Geschehens deutlich, daß sie nicht das wahre Leben sehen, sondern ein
130

Kunstprodukt.95 Ähnlich verfährt auch Christa Wolf. Sie verleiht ihrer Erzählung "Christa
T." dadurch, daß sie relativierende Kommentare wie z.B. "sie [Christa T.] ist als Beispiel
nicht beispielhaft" d.h. sie ist ein Individuum, und "so kann es gewesen sein, aber ich
bestehe nicht darauf',96 in das Geschehen einflicht, einen interpretierbaren und offenen
Ausgang. Diese Literatur soll offensichtlich nicht dazu dienen, Beispiele oder Ideale zu
schaffen und zu verbreiten, wie z.B. die in Für Dich vorgestellten Portraits der von
offizieller Seite als erfolgreich angesehenen Frauen. Die Gefahren solcher Darstellungen in
der Literatur sind für Wolf zu groß:

Ein Modell?- das könnte widrig sein. Zu häufig hat unsere Generation sich
modeln lassen sollen. Dies ist nun gerade ihre Sache nicht. Leere
Bewunderung, Abhängigkeit, Unterwerfung wäre das Letzte, was sie brauchen
würde. Ihre Autorität ist stark, doch nicht überwältigend (sie selbst, übrigens
Autorität respektierend, ist wohl auf Zeit zu täuschen, zu überwältigen ist sie
nicht durch fremde Autorität).97

Man sollte sich fragen, so Wolf, ob nicht das Aufkommen eines neuen
Gesellschaftstyps gerade den Schriftsteller, der sich bewußt für diese Gesellschaft engagiert,
vor radikal andere Aufgaben stellt, als die der inhaltlichen Modifikation alter
Literaturmuster. Ob nicht eindringliche, radikale Fragestellungen nötig sind, deren erste
Ergebnisse vorläufig und schwer formulierbar sein werden:

Ob nicht Aussagen, bei deren Wiederholung nichts anderes im Bewußtsein des


Lesers aufleuchtet als ein Lämpchen mit der Beschriftung "falsch" oder
"richtig" - ob nicht solche Aussagen in andere Bereiche gehören und die
Literatur, die Prosa von der hier die Rede ist, den Mut haben muß, auf
Erkundung zu gehen. Noch scheuen wir dieses Abenteuer. Wir klammem uns
an die Konventionen, wir befestigen mehr alte Denkinhalte, als daß wir nach
neuen suchen. Anstatt zu beunruhigen und zu aktivieren, beschwichtigen wir.
Es scheint, die Prosa ist noch nicht angekommen im wissenschaftlichen
Zeitalter. Das sollte man beklagen, nicht den möglichen Untergang des
Romans: untergehen wird nur, was nicht wirklich gebraucht wird. Gebraucht
wird aber eine unbestechliche und zugleich verständnisvolle Begleiterin auf
einer kühnen und gefährlichen Expedition.98

Im Gegensatz zu den in Massenpublikationen (Für Dich. Neues Deutschland!


veröffentlichten Darstellungen von idealen "sozialistischen Persönlichkeiten", die sich trotz
aller persönlichen Schwierigkeiten und Hindernisse nicht von ihren Bemühungen für ihre
Brigade, ihren Wohnort, den Sozialismus abbringen lassen, soll Literatur den Menschen den
Weg zur eigenen Persönlichkeit ebnen. Mit dieser Zielstellung entfernen sich die Autorinnen
deutlich von der von offizieller Seite an sie herangetragene Aufgabe, dem Leser als
Pädagogen gegenüberzutreten. Sie sehen sich als Wegweiser, wollen Gedankenanstöße
geben, nehmen aber von jeder Indoktrinierungsabsicht Abstand.99
So nimmt Christa Müller Partei für Benachteiligte, nicht aus einem
Sendungsbewußtsein heraus, sondern weil sie als alleinerziehende berufstätige Mutter bei
diesem Thema "mitreden" kann. Meist erzählt sie, ohne eine eigene Wertung einfließen zu
131

lassen. Das Aufzeigen von Fragen, auf die es keine offensichtliche und leichte Antwort gibt,
ist ihr dabei wichtiger als das Finden von passenden Antworten. In ihren Schriften nimmt
sie ein anderes Wertsystem, das der Kinder, ernst, ein Versuch, der als ernsthafte Kritik
an der Gesellschaft angesehen wird.100
Die Werke der Frauen sind aus diesem Grund von Willi Predel in der Neuen
deutschen Literatur (1980) ironisch als "keine redseligen Bücher" bezeichnet worden, vor
allen Dingen deshalb, weil die Autorinnen "die Leser auf keinen Fall zu etwas überreden
wollen".101 Sie verstünden ihre Funktion offensichtlich weit eher seismisch, also im Sinne
des An- und Aufzeigens. Sie bemühten sich zwar um eine Diagnose, "scheren sich aber
kaum um die Therapie, weder um die vorbeugende, noch um die heilende". Ihre
"Diagnosen" trügen sie, so Predel, durchaus folgerichtig im Stil der lakonischlapidaren
Bekanntgabe vor. Bilanzen, Protokolle, Rechenschaftsablegungen erschienen ihnen als die
gemäßen Darstellungsformen, und wo das subjektive Pathos dennoch nach vorne zu drängen
sich anschicke, suchten sie "bewußt gesetzte Unterkühlungseffekte dem zu begegnen".
Verglichen mit vielen erfolgreichen Büchern der fünfziger und sechziger Jahre, in denen
durchaus "redselig" die Absicht verfolgt wurde, die Leser von etwas zu überzeugen (und
gegebenenfalls auch zu überreden), sei diese Art zu schreiben durchaus etwas Neues. Predel
geht noch weiter indem er davon spricht, wie leicht sich "Neues” in "Modisches" wandle,
und dann "nicht mehr so sehr wahr als chic" sei.
Der Versuch, die DDR-Frauenliteratur auf diese Weise zu diskreditieren, sie als
seichte Modewelle hinzustellen, scheint aber wenig Effekt auf die Produzentinnen dieser
Literatur zu haben, sie teilen offensichtlich die von Wolf formulierte Ansicht, daß man mit
Diffamierungen und Lächerlichmachungen von männlicher Seite einfach rechnen müsse.102
Wolfs und Müllers oben wiedergegebenen Ansichten finden bei vielen Schriftstellerinnen
Zuspruch und Unterstützung. Wie auch Worgitzky und Morgner, wertet Gerti Tetzner ihre
eigene Verwurzelung im Alltag als eine Möglichkeit, mehr Solidarität zu leben, mehr Mut
zur eigenen Entscheidung zu entwickeln.103 Während ihre Rezensenten die fehlende
Zielsicherheit ihrer Protagonistin Karen W. kritisieren, ist diese für die Autorin gerade der
wichtigste Faktor. Für sie steht nicht das möglichst schnell und schmerzlos erreichte Ziel
im Mittelpunkt ihres Interesses, sondern der Weg dorthin und die Suche nach den Kriterien,
die ihn bestimmen. Wer kann wissen, welcher Weg der richtige ist, welches Ziel das
angebrachteste? Selbstgemachte und -erarbeitete Erfahrungen sind einer konstruktiven
Auseinandersetzung mit dem Staat und den in ihm herrschenden Gegebenheiten eher
dienlich, als die Darsteilung einer linearen und problemlosen Integration der Protagonistin
(Tetzner, 1984). Die orthodoxe Abbild- bzw. Widerspiegelungstheorie - Richtschnur der
fünfziger und größtenteils noch der sechziger Jahre - ist damit außer Kurs gesetzt
(Emmerich, 1981).104
Entsprechend verteidigt auch Ruth Werner Eva Strittmatters Mai in Piestany (1987).
Es bewege sie, "zum Denken (...) und zum Vergleichen mit eigenen Reaktionen".105
Strittmatters Eingehen auf Ehekonflikte empfinde sie als mutig. Das Thema sei nicht neu:
Die Frau, die bisher viel geopfert hat, damit der Mann sein Werk vollenden kann,
entscheidet sich zum eigenen Beruf; "ein Zustand, der dem dominiergewohnten Partner
schwerfaut zu akzeptieren . Wie gelingt es Dir, so sauber, gerecht, ohne Banalität darüber
zu schreioen, und vor allem ohne jeden Emanzipationskrampf? Werner führt dieses
Geiingen auf Strittmatters literarische Qualitäten und ihre "verinnerlichte Ehrlichkeit
zurück und bemängelt die Ansichten eines (männlichen) Rezensenten, "der scheinbar nicht
132

recht weiß, was er mit dem Buch anfangen soll". Er bestätige zwar "Einfühlsamkeit", halte
aber gleichzeitig "die Befragung eigener Erfahrungen" für "nicht konsequent genug
vorgenommen", verschiedene Schlußfolgerungen bezeichneten "nicht mehr als eine
allgemeine wenig faßbare Unzufriedenheit". Werner kontert daraufhin, daß auch gerade
darin Ehrlichkeit zugegeben werde, daß im eigenen Leben eben nicht alles "wie
zweimalzwei gleich vier" aufgehe.
Und es ist nicht nur die Modellpropagierungsfunktion, die von den Schriftstellerinnen
so vehement abgelehnt wird, sie wenden sich gleichfalls gegen das ihr nur zu nah verwandte
Mitläufertum. Helga Schütz z.B. geht in ihrem Buch Julia oder Erziehung zum Chorgesang
den damit verbundenen Fragen nach: Wie kann sich das Individuum inmitten aller
gesellschaftlichen Zwänge und Notwendigkeiten behaupten? Welches Maß an Anpassung
ist erforderlich, und geschieht diese Anpassung nicht allzuoft aus rein egoistischen Gründen,
um des eigenen Vorteils und der Bequemlichkeit willen? Warum gibt es noch solche
"destruktiven Haltungen"106 und wie können sie abgebaut werden?
In ihrem Buch schildert Schütz Geschehnisse in der heutigen Gesellschaft, so z.B.
die Befragung ihres Sohnes Robert bei der Musterung:

Robert läßt den Tonarm aufspringen. Das war’s, Mutter Julia, und nun höre.
Ich bin abgelehnt, ich bin ungeeignet. (...) Die ihr eure Wahrheiten sagt, ihr
seid heiß. Und weißt du warum, weil ich während meiner Musterung auf die
Frage eines Offiziers der Volksarmee, ob ich an der Grenze Dienst tun will,
geantwortet habe: Nein! Und auf seine zweite Frage, warum nicht - weil ich
nicht schießen könnte, nicht schießen würde, wenn einer über die Mauer rüber
will. Der Offizier, er muß ungefähr genau so alt wie du gewesen sein,
Mutter, ja, er war in deinem Alter, der hat mich angesehen, als wollte er
mich zu Kleinholz machen. Und der Direktor saß dabei und hat auch einen
Blick abgekriegt. So was kommt von ihrer Schule! Einen Blick, der aussah,
als könnte er nicht nur Prämien streichen, sondern auch Renten kürzen. Der
Direktor hat diesen Rente kürzenden Blick, diesen Wohnung verweigernden,
die Fachgruppenleitung verwehrenden weitergegeben an meine
Klassenlehrerin, und die ist auf günstige Blicke wirklich angewiesen. (...) Sie
sollte mir klarmachen, daß ich schnellstens in Schönschrift meine Aussagen
bedauere. Die anderen sagen doch auch nicht so was. Frau Bäcker hat mir
versucht beizubringen, daß meine Meinung ein Stück Klassenkampf wäre, und
ich habe sie gefragt, wie sie mein Gewissen stückeln wolle, wenn ihr
Wladimir in ein paar Jahren auf den Gedanken käme, aus Überzeugung oder
aus Leichtsinn die Mauer zu übersteigen, und ich müßte tun, was meine
Pflicht sein soll. He Junge, dreimal, nach dem dritten Anruf laden, spannen,
schießen. Frau Bäcker fing an zu heulen. (...) Jedenfalls hat sie in mein
Zeugnis geschrieben, daß ich zum Medizinstudium nicht geeignet wäre, und
der Direktor hat unterschrieben."107

Schütz’ Protagonistin Julia äußert sich nicht direkt zu Roberts Schilderung, sie läßt
weder Kritik noch Zustimmung verlauten. Stattdessen akzeptiert sie seine Einstellung, da
er sie offensichtlich durchdacht hat und begründen kann; er hängt keiner falschen Ideologie
an, sondern hat sich seine Meinung selbst gebildet. Es ist dieser letzte Punkt, der Helga
133

Schütz so wichtig ist: die eigene unabhängige Meinungsbildung. Julia will Robert zwar
unterstützen, aber nicht um jeden Preis, wie auch die Autorin von ihren Lesern fordert Julia
von ihrem Sohn eine eigene Entscheidung:

Du bist du. Laß dir die Mützen, die Gefühle und Gedanken, laß die Worte
und dein Tun nicht von anderen aufdrängen. Mach Dich zu einer Person. Zieh
nicht die Hosen an, die alle tragen, und zieh auch nicht deswegen eine Hose
an, weil sie niemand trägt. Sieh zu, herauszufinden, was du selber von den
Dingen hältst. Von Hosen wie von Liedern und Menschen.108

Für Hildebrandt (1984) ist Julia oder Erziehung zum Chorgesang der Knotenpunkt,
in dem die anderen Werke von Helga Schütz zusammenlaufen: Sie zeigen, wozu Anpasserei
und Mitiäufertum führen können. Der Faschismus, zweifellos eines der negativsten
Beispiele, zu dem solch rückgradloses Verhalten in der Vergangenheit geführt hat, muß in
Zukunft unter allen Umständen vermieden werden.109
Christa Wolfs Kindheitsmuster (1976) beschreibt, wie im vorigen Kapitel ausgeführt
wurde, ähnliche Geschehnisse und Handlungen und legt damit den Finger in eine Wunde,
die vom Verheilen noch weit entfernt ist. Kindheitsmuster ist in der DDR nicht nur wenig
freundlich aufgenommen worden, weil es thematisch wunde Punkte der Vergangenheit
wieder aufleben läßt, sondern weil die Protagonistin Nelly Jordan "die flaggenhaft
demonstrative Belobigung der dort herrschenden Gesellschaftsordnung" zwar nicht
verweigert, aber doch nicht deutlich genug gezeigt hat.110
Indem sie die negativen Aspekte vorgegebenen Rollenverhaltens, des Vorgebens und
kritiklosen Annehmens propagierter Modelle und gedankenlosen Mitläufertums im Rahmen
einer Beschreibung der faschistischen Gesellschaftsordnung anprangert, gelingt es Wolf,
mögliche Parallelen mit der Gegenwart ins Bewußtsein zu rufen und als ablehnungswürdig
darzustellen. Laut Wolf nimmt sich die Literatur, wie auch die DDR-Gesellschaft, gerade
der Unruhigen an. Menschen darzustellen, denen diese Unruhe fremd ist: Selbstzufriedene,
Platte, allzu Anpassungsfähige, das erscheint ihr langweiliger und unergiebiger.111 Es kann
allerdings nötig sein. Zum Beispiel, um den Hintergrund zu zeigen, von dem ein unruhiger,
produktiver Mensch sich abhebt, oder um die besondere Qualität seiner Unruhe
herauszuarbeiten. Auch um die Gründe zu finden, warum seine Unruhe steckenbleibt, wenn
dies der Fall sein sollte; warum sie nicht aus sich heraustreten und sich voll verwirklichen
kann."112 Bettina Wegner (1976) hat ihre Ansichten zu diesem Thema in einem Lied
zusammengefaßt:

Kinder

Sind so kleine Hände


winzge Finger dran.
Darf man nie drauf schlagen
die zerbrechen dann.
Sind so kleine Füße
mit so kleinen Zehn.
Darf man nie drauf treten
könn sie sonst nicht gehn.
134

Sind so kleine Ohren


scharf, und ihr erlaubt.
Darf man nie zerbrüllen
werden davon taub.
Sind so schöne Münder
sprechen alles aus.
Darf man nie verbieten
kommt sonst nichts mehr raus.
Sind so klare Augen
die noch alles sehn.
Darf man nie verbinden
könn sie nichts verstehn.
Sind so kleine Seelen
offen und ganz frei.
Darf man niemals quälen
gehn kaputt dabei.
Ist son kleines Rückgrat
sieht man fast noch nicht,
darf man niemals beugen
weil es sonst zerbricht.
Grade, klare Menschen
wärn ein schönes Ziel.
Leute ohne Rückgrat
hab’n wir schon zu viel.113

Das Mitläufertum wird von den Schriftstellerinnen offensichtlich mit Nachdruck


abgelehnt. Während Literaten (ob männlich oder weiblich) von offizieller Seite als Lehrer
und Erzieher angesehen werden, verstehen sie sich selbst mehr als Partner dem Leser
gegenüber. Karl-Heinz Jakobs z.B. bindet die Vorstellung vom offenen Werk und von der
Aktivität des Lesers in ein forciert antipädagogisches Programm ein. Der Schriftsteller, so
heißt es, ist kraft seines öffentliches Amtes zwar aufgerufen, freimütig seine Meinung zu
sagen, doch soll er nicht der "Besserwisser der Nation" sein. Jakobs sagt über sich selbst:
"Ich stelle mich als Verfasser von Büchern nicht über die anderen und erziehe nicht an
ihnen herum". Seiner Meinung nach hat der Autor den denkenden Leser mit einzurechnen
- und die Art seines Partners prägt auch ihn. Er hat in den Zustand der Kommunikation als
jemand einzutreten, der selbst auf der Suche ist "nach Wegen in weglosen Gebieten". Und
er hat dabei - ein "Fachmann der Beschreibung" - nicht zu kritisieren, er hat darzustellen,
er hat Zustände zu signalisieren.114

In diesem Zusammenhang wird immer wieder das oben schon mehrmals


angesprochene Konzept der "Lebenshilfe" erwähnt, auch dies trifft auf Autoren beiden
Geschlechts zu. Männliche Vertreter dieser Theorie sind zum Beispiel Plenzdorf, Becker,
Seyppel, Kunert und auch der Literaturtheoretiker Schlenstedt, weibliche hingegen Probst,
Seghers, Wolf und Morgner, um nur einige zu nennen. Plenzdorf faßte dieses Phänomen
wie folgt zusammen:
135

Irgendwann habe ich begriffen, daß sich da zwei Gruppen helfen, zu leben:
Die eine Gruppe artikuliert in Form von Literatur, was die andere Gruppe
denkt, fühlt, äußert. Lind wenn die eine Gruppe wirklich im Stande war, die
Erfahrungen der anderen Gruppe genau und gut als Literatur zu verarbeiten,
dann stößt sie auf Gegenliebe, auf ein starkes Echo.115

Lebenshilfe ist also keinesweg ein einseitiger Prozeß, sondern ein gegenseitiger.
Schriftsteller teilen sich mit, erörtern ihre eigenen Probleme und Lebensschwierigkeiten,
viele Frauen schreiben, um sich ihrer eigenen Identiät bewußt zu werden, um sich
weiterzuentwickeln. Aber auch der Leser arbeitet an dem Buch, das er liest, mit, denn, wie
Kant es ausdrückt: "Wer sich hier ans Schreiben macht, gründet - im Verständnis mit der
Öffentlichkeit - einen volkseigenen Betrieb, wird von der Gesellschaft als eine Institution
im Besitze der Gesellschaft verstanden, und das hat Folgen.”116 Daß die Schriftsteller als
Teil des Volkes "Schulter an Schulter mit den Arbeitern, den Genossenschaftsbauern, der
Jugend" tätig werden und daß viele Menschen auf zuständige Art im Literaturprozeß
mitwirken - das wird immer mehr, auch von offizieller Seite, als der zweifache
Ausgangspunkt der neuen Literatur und ihrer Leistung in der gesellschaftlichen Realität
angesehen.117 Fritz Selbmann z.B., der selbst eher als ein Repräsentant des älteren
Kunstkonzepts zu charakterisieren wäre, formulierte in Auskünfte (1974) folgendes:

Im Sozialismus, der nicht mehr von antagonistischen Gegensätzen aufgerissen


ist, können Schriftsteller und Leser, Dramatiker und Zuschauer,
Literaturproduzent und -konsument sich zum einheitlichen Literaturprozeß
verbinden. Diese Literaturgesellschaft ist seit der ersten Bitterfelder Konferenz
zu einem festen Kern unserer ganzen Gesellschaft geworden. Diese
Literaturgesellschaft ist selbstschöpferisch, sie schafft selbst literarische
Neuwerte. Aus ihren Manifestationen, den unzähligen Foyergesprächen,
Leserdiskussionen, Kulturplangesprächen, Volkskunstabenden, den Zuschriften
an Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, ergeben sich unablässig Anregungen
und Anstöße für den Literaturschaffungsprozeß.118

Kant stellte dazu fest, daß die Gesellschaft ihre Bedürfnisse anmelde und sage,
welche Probleme und Wünsche, welche Sehnsüchte und Vorstellungen sie habe, "sie fordert
uns auf, davon in unseren Büchern Vorkommen zu lassen".119 Schon Anfang der sechziger
Jahre bietet sich in Anna Seghers Überlegungen ein in diese Richtung gewandeltes Bild. Das
Verhältnis vieler Menschen zur Literatur habe sich verändert, "an der
Bewußtseinsveränderung der Leser hat die Literatur ihren Anteil, den wir weder übertreiben
noch untertreiben wollen". Sie notiert, daß die lesenden Menschen, die, die ohne Bücher
nicht leben wollen, aufgeschlossener geworden sind und präzisere Wünsche äußern: "Sie
fordern Bücher, die ihnen helfen, die Welt zu verstehen, in der sie leben; die Bücher sollen
ihnen auch helfen, Fragen zu lösen..."120 Diese Aufgabe wollen die Autorinnen erfüllen,
aber sie wollen auch neue Denkanstöße geben. Wolf weiß, daß Literatur, "wenn sie diesen
Namen verdient", wenn sie gewohnte Denkgrenzen überschreitet, sehr unbequem sein kann
und auf Widerspruch stößt, "...ich habe immer, wenn ein Buch erschienen war, erlebt, wie
das Publikum sich spaltete und wie mit der Zeit die Zahl der Leser größer wurde, die bereit
war, sich auf meine Fragestellungen einzulassen."121
136

Mit wachsender Bekanntheit eines Autoren wachse auch die Zahl der Menschen, die
ein berufliches, persönliches oder gesellschaftliches Anliegen an ihn habe, kommentiert die
Autorin weiter, aber sie möchte den intensiven Kontakt, den sie mit Lesern durch Briefe,
Besuche und Lesungen habe, nicht missen. Er bringe nicht nur eine große Menge von
Informationen nicht äußerlich-faktischer Art, die sie auf keine andere Weise bekommen
könne, er vermittele auch das Gefühl, gebraucht zu werden und damit Schreibmotivation.122
In der DDR scheint es durchaus alltäglich zu sein, als Literat von fremden Menschen
besucht, auf der Straße angesprochen oder antelephoniert zu werden. Manchmal wollen die
Leute nur sehen, wie der Mensch, der hinter diesen Büchern steht, nun wirklich aussieht,
wie und wo er lebt,123 aber häufig geht es auch darum, mit wirklichen Lebensproblemen
konfrontiert zu werden, der oder die Schreibende wird dann als eine Art "Seelentröster"
oder gar "Büro für Ratschläge" angesehen. Wolf spricht sogar davon, daß Literaten zu einer
"moralischen Instanz" werden können, diese Stellung sei ihr jedoch beim Schreiben weitaus
weniger bewußt als bei der Durchsicht ihrer Post oder wenn sie z.B. direkt darauf
angesprochen wird.124
Eine solche Position ist nicht immer leicht und wird von manchen Autoren mit einem
schmerzlichen Lächeln ertragen, von anderen aber kategorisch abgelehnt. "Schriftsteller
scheinen eine Art Beichtväter für andere Menschen zu sein", resümierte Brigitte Reimann
bereits 1960 in ihrem Tagebuch.125 Für Annemarie Probst, Mitglied der DDR-CDU und mit
einem Pfarrer verheiratet, kann Literatur "auch etwas wie Seelsorge" sein. Das sei nicht
vordergründig gemeint, ein Autor dürfe keineswegs predigen oder lehrhaft den Zeigefinger
heben, aber es gehe darum, "ein Miteinander spürbar zu machen, von dem der einzelne
sogar im tiefsten Schmerz noch getragen" wird. Aus Briefen und Gesprächen weiß sie, wie
viele Leser sich gerade in dieser Hinsicht von ihr angesprochen und von ihren Texten
angerührt fühlen.126 Angela Stachowa hingegen möchte zwar mit ihren Geschichten den
Menschen Mut machen, ist aber keinesfalls bereit, eine intensive Auseinandersetzung mit
ihrer eigenen Geschichte, den eigenen Empfindungen zuzulassen. Dieses Medium und diese
Zielsetzung sollen von den Lesern und Leserinnen akzeptiert werden, sie will kein
Seelenbetreuer oder Heilsverkünder sein. Von Briefen, in denen persönliche Probleme
dargestellt werden, fühlt sie sich überfordert und auch schlicht als falsche Adressatin. Sie
vertritt eine ähnliche Position wie Helga Königsdorf, die ihre Geschichten für sich sprechen
lassen und ihre eigene Person darüber hinaus nicht offenbaren will.127
Ob diese Rolle so einfach abgelehnt werden kann, bliebe zu untersuchen, denn wie
Anna Seghers formulierte: "Weil wir die Macht der Kunst kennen, ist unsere Verantwortung
so groß".128 Auch Morgner berichtet davon, um Hilfe angegangen zu werden, eine Aufgabe,
die ihrer Meinung nach den Schriftsteller überfordert, denn mehr als sein Buch könne er
nicht geben. Aber sie fragt auch, warum Leser sich an Autoren wenden, als wären sie auch
Psychologen, Psychiater, Beichtväter oder -müt-ter. Dieses Verhalten signalisiere einen
Mangel. Der Marxismus sei eine junge Wissenschaft und habe sich bisher hauptsächlich mit
gesellschaftlichen Gegenständen beschäftigt, weniger mit privatmenschlichen. Aber gerade
diese Gegenstände, mit der sich bis heute nur die Religion befasse, sind für das Individuum
unabweisbar: Tod, Krankheit, Zufall, tragische Verstrickung. Mit diesen müsse auch der
Atheist leben, sie bewältigen, "irgendwie mit 'Eigenbau’". Selbst in einer idealen, optimal
gerechten Gesellschaft, in der für den Menschen bestens gesellschaftlich gesorgt wäre, daß
heißt für den "äußeren" Menschen, könnte der "innere” Mensch nicht automatisch glücklich
sein, denn bestimmte Erlebnisse des Individuums, Zusammenstöße, Träume,
137

Unglücklichsein aus privaten Gründen, auch aus physischen Gründen, könnten "eine
ebensolche Wucht haben" wie schwierige gesellschaftliche Realitäten.129

Der Schriftsteller ist der Anwalt des Individuums. Das spüren sichtlich die
Leute, die sich einem zuwenden und Hilfe suchen. Schriftsteller lieben die
individuellsten Individuen am meisten, die Originale, weil sie das
Wunderbare, das Einmalige der menschlichen Erscheinung besonders deutlich
zeigen. Und letztlich besteht der Reichtum einer Gesellschaft ja auch aus der
Summe solcher wunderbarer Einzigartigkeiten.130

Ähnlich argumentiert auch Eva Strittmatter (1987):

Wir wissen nichts, oder fast nichts über das Leben, weil alle das Bestreben
haben, zu glätten, zu beschönigen, zu verschweigen, und damit zu lügen...
Nichts über die Einsamkeit der Krankheit, nichts über die Schwermut des
Alters... Dabei geschehen die Katastrophen ständig neben und mit uns. Wir,
’bei uns im Sozialismus’, schweigen über Dramen und Schicksale der
Menschen, weil es in unsere (so ehrenhafte Utopie) nicht hineinpaßt, daß das
Menschliche so schwer beherrschbar ist, daß mit der Regelung sozialer
Beziehungen das Menschliche seine Schrecken nicht verliert...131

Diese Tabuisierung menschlicher Erfahrung wird in der Literatur der achtziger Jahre
von Autorinnen und Betroffenen gebrochen. Ingrid Johannis veröffentlicht das Tagebuch
einer Alkoholkranken, die gesund werden will,132 Irene Oberthür berichtet in fiktiven
Briefen von den Folgen einer schrecklichen Gesichtsverletzung.133
Morgner spielt dieses Problem in Amanda (1983) durch.134 Protagonistin Laura
schreibt einen Brief an die Redaktion der Zeitschrift "Neue philosophische Blätter", weil
sie mit dem "Problem Tod" alleine nicht fertig werden kann. Die "Deutsche Zeitschrift für
Philosophie" behandele dieses Thema nicht, und auch die Bibel könne ihr als Atheistin nicht
helfen. Sie sei somit auf die "Neuen philosophischen Blätter" gekommen, habe aber wohl
falsch gedacht. Auch hier werde das fragliche Gebiet nicht bearbeitet. "Und deshalb frag
ich Euch, liebe Genossen, wer hilft unsereinem?" Gott sei abgeschafft, schön und gut, aber
wie lassen sich die Wechselfälle des Lebens eigenverantwortlich meistern? Wer ohne Gott
lebe, könne Verantwortung nicht delegieren, müsse diese Last immer allein tragen. Bei
Entscheidungen könne er den Zweifel über deren Richtigkeit nicht loswerden, indem er sich
mit der Vorsehung beruhige: "Schwer ist das, liebe Genossen, wenn man nicht vom Glück
begünstigt bleibt. Unsere Oberwelt haben wir ganz gut im Blick. Aber die Unterwelt..." Sie
habe den Eindruck, daß "unsere Philosophen" solche Gegenstände bevorzugten, die die
Klassiker schon mal angefaßt oder doch wenigstens berührt hätten, und daß Philosophie für
Fachleute geschrieben werde von Fachleuten, "von ’Berufsdenkem’ grob gesagt".

Aber wir brauchen auch Philosophie oder etwas, wofür ich bisher keinen
Namen weiß, für Nichtfachleute. Über täglich zu bewältigende, unabweisbare,
elementare Lebensereignisse. Daß diese Gegenstände außer von Literatur
kaum öffentlich verhandelt werden, heißt ja nicht, daß sie nur von einigen
Schriftstellern bedacht werden. Kein Mensch kann leben, ohne diese
138

Gegenstände irgendwie zu bewältigen. Irgendwie. Ja, möchtet Ihr nicht auch


wissen, wie dieses 'irgendwie’ aussieht, wie, erstmals in der Geschichte der
Menschheit, einfache Leute, deren Leben nicht nur von körperlicher, sondern
auch von Bücherlesen und anderer geistiger Arbeit geprägt ist, das Problem
Leben bedenken.135

Laura deutet hier an, was wohl von vielen Schriftstellerinnen und auch deren
Rezipienten empfunden wird: Die offizielle Philosophie beschäftigt sich mit Themen, die
die Weltgeschichte betreffen, den "kleinen Mann" mit seinen alltäglichen Lebensproblemen
aber kaum berühren und ihm entsprechend keine Hilfestellung geben. Die Literatur bietet
diese Lebenshilfe, indem sie die von der Philosophie ausgesparten Themen anspricht und
zur Diskussion stellt. Der Leser soll jedoch nicht zu "geistiger Bequemlichkeit" verleitet,
sondern ermuntert werden, sich die Schätze der Weltkultur, die bisher den Expropriierten
vorenthalten waren, anzueignen. "Lesen soll schöpferische Arbeit sein: Vergnügen."
(Morgner, 1984)136 Morgner strebt ein Einverständnis mit dem Leser an, dies bedeute, "daß
ich mich auf gleicher Ebene bewege, nicht von der Höhe spreche, auf keinem Thron sitze
und herabpredige".137 Sie bemüht sich um einen "aktiven Leser”.
Einige Leserinnen vertreten die Ansicht, daß es zu viel Beschränken auf Sichtbares
und Bekanntes gebe, daß das "Loten in die Tiefe, das Sichtbarmachen von
Zusammenhängen, aber auch der hoffnungsvolle Ausblick in die Zukunft" in der
Frauenliteratur noch häufig fehle.138 Für Dich-Leserin Elfriede Göldner wiederum plädiert
für konkrete Hinweise für Partnerbeziehungen. Das Scheitern solcher Beziehungen würde
vielfach als bloßer Fakt registriert, ohne Wertung. Selten werde geschildert, ob und wie
sich die Partner bemühten, ihre Konflikte und Schwierigkeiten zu überwinden. Allenfalls
fände man Darstellungen darüber, wie man leben möchte und welche Anforderungen man
an den Partner gestellt werden, ohne aber das eigene Verhalten einzuschätzen. "Für den
Leser wäre es aber wichtig, glaubhaft zu erleben, inwieweit ein entsprechendes Ringen
erfolgreich sein kann. Erfährt er z.B. wie der gemeinsam durchstandene komplizierte
Prozeß die Partner letztlich reifer und reicher gemacht hat, könnte dies für ihn und andere
nachahmensfähig sein. ”139 Solch detaillierte Ratschläge wollen die Schriftstellerinnen jedoch
nicht erteilen, sie wollen zum eigenen Denken anregen.

Wolf (1982) spricht von Lesern, die Bücher "als Arbeitsangebote" nehmen, die nicht
konsumieren, die sie als eine Art Mitarbeiter empfindet. Deren Briefe seien für sie
wesentlich, nicht nur als Echo für ihre Arbeit, sondern "weil sie an sich etwas
dazugeben".140 In einem Interview mit Helen Fehervary (1983), einer "aktiven Leserin",
ergab sich entsprechend folgender Wortwechsel:

H.F.:Mich interessiert nicht in erster Linie, daß ich deine Erzählungen


"einwandfrei" interpretiere, sondern daß ich mich an diesem Prozeß beteilige,
den du durchmachst. Ich finde mich im Prozeß wieder, ich arbeite mit, ich
versuche, mitzudenken. An sich ist das ein Gespräch. Ich will dieses
Netzwerk...
C.W.:...um einen weiteren Knoten und eine weitere Masche erweitern. Das
ist wirklich eine Art Zusammenarbeit, und das finde ich viel anregender als
dieses Beurteiltwerden.141
139

Alle Autorinnen scheinen bereit zu sein, durch ihre Werke dem Leser bei der
Bewältigung seines Lebens zu helfen, ihm bei Entscheidungen mit ihren eigenen Ansichten
(aber nicht vorgefertigten Antworten!) zur Seite zu stehen. Gisela Steineckert spricht zum
Beispiel davon, daß sie viele Mädchenportraits schreibe, weil das Stadium zwischen Frau
und Kind eine Entwicklungsphase sei, in der das menschliche Wesen besonderen Gefahren
gegenüberstehe und Hilfe brauche.142 Auch Irmtraud Morgner will dazu mit ihren Werken
beitragen. Ihre Heldin Beatriz de Dia, eine Trobadora aus dem 12. Jahrhundert, wird aus
achthundertjährigem Schlaf geweckt und bricht auf, um die Welt zu erkunden. Sie hört von
der DDR als einem Land, wo das verwirklicht sein soll, wonach sie sich in ihrem
Erdenleben vergeblich gesehnt hatte: die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau.143
Sie beschließt, dort zu leben. An einer Vielzahl von Personen, alle in irgendeiner Weise
Beatriz zugeordnet und unter sich durch Liebes-, Ehe- und Verwandtschaftsbeziehungen
verbunden, stellt Morgner dar, wie gesetzlich verankerte Gleichberechtigung im wirklichen
Leben der Menschen aussieht. Daß Anschauungen sich rascher und leichter ändern als
Gewohnheiten ist eine Binsenwahrheit; aber eben diese Binsenwahrheit ist im Grunde
Thema ihres Buches. Es handelt von Menschen, Männern und Frauen, die, jeder auf seine
Weise, hinter den Gesetzen Zurückbleiben, die Mühe haben, Erwartung und Realität in
Einklang zu bringen. Es handelt von der Spannung, die daraus resultiert, daß man schon
weiß, wie das Leben sein müßte, und sieht, daß es noch nicht ist. Es handelt von Utopie,
es schafft Gegenbilder und Modelle, nicht, um über die Gegenwart den Stab zu brechen,
sondern um sie weiterzubringen, um sie vollkommener zu machen.
"Utopische Spannung", heißt es einmal, "ist eine Art Lebenshilfe, aber eine aktive,
nicht vergleichbar mit Religion oder Religionsersatz".144 Aus dieser Spannung lebt Morgners
Optimismus, ihre Hoffnung. Denn obwohl Beatriz erkennen muß, daß achthundert Jahre
Schlaf und eine große Revolution nicht ausreichten, die Menschen von Grund auf zu
verändern, schimmert doch überall die Hoffnung auf eine bessere Zukunft durch. In Teil
II und III dieser Arbeit werden die Vorstellungen der Autorinnen und die DDR-Realität
einander gegenübergestellt. Obwohl viele der Grundlagen bereits geschaffen sind, kann doch
noch keinesfalls vom tatsächlichen Bestehen einer Emanzipation gesprochen werden. Das
Erlassen von entsprechenden Gesetzen stellt einen ersten Schritt in die richtige Richtung
dar, aber man kann es nicht dabei bewenden lassen.145
In einem Artikel in der Neuen deutschen Literatur (1980), in dem Wolf sich mit
Bettina von Bretano und ihren Lebensumständen beschäftigt, stellt diese fest, daß die Bettina
ein tapferer Mensch gewesen sei, der sich selbst versprochen hat, sich niemals für
unglücklich zu halten. Wenn die ideale Lebensform auch nicht zu haben wäre, so war sie
entschlossen, das Leben, das sich ihr bietet, anzunehmen und es sich so weit wie möglich
anzuverwandeln. Ungleich ihrer Freundin Günderrode, die in ihrer Verzweiflung
Selbstmord begeht, geht es der Bettine - und auch Wolf - darum, nicht im Selbstmitleid zu
ersticken, sondern durch Taten aktiv an der Veränderung des Lebens teilzunehmen, egal,
wie unmöglich dies am Anfang erscheint.146 Ähnlich will Angela Stachowa den Erzählstoff
ihm gemäß darstellen, es ist nicht ihr Ziel, eigene Erfahrungen schreibend zu verarbeiten.
Mitleid und Ablehnung fordert sie gerade durch die nüchterne Beschreibung der Zustände:

"Immer fotographiere ich euch", ruft sie halblaut.


Einmal knickt sie um in nassen Sand, der Mann und der Sohn sehen das nicht,
zielstrebig laufen sie dem Wasser zu. Der Frau bleibt nichts übrig, als ihr
140

Tempo zu beschleunigen.
Stolpernd läuft sie den beiden hinterher.
"Jedes Jahr fotographiere ich euch. Weshalb fotographiert mich nie
jemand?"147

Einerseits hat man Mitleid mit der Protagonistin, andererseits fragt man sich: Warum
läßt sie sich so behandeln? Warum läßt sie sich ins Abseits drängen? Warum wehrt sie sich
nicht? Und: Würde ich mir das gefallen lassen? Und wahrscheinlich sind es gerade diese
Fragen, die sie in ihren Leserinnen erwecken will. Alltägliches Verhalten muß in Frage
gestellt, nach neuen Maßstäben gesucht werden.
Wolf zeigt sich beeindruckt von der von Bettina von Bretano formulierten
"Schwebereligion", die diese mit Karoline Günderrode begründen wollte. Hier lassen sich
beeindruckende Parallelen zu den von vielen DDR-Autorinnen vertretenen Ansichten
feststellen, man baut also auf Traditionen. Das oberste Prinzip dieser "Schwebereligion"
sollte sein, "daß wir keine Bildung gestatten - das heißt, kein angebildetes Wesen, jeder soll
neugierig sein auf sich selber und soll sich fördern wie aus der Tiefe ein Stück Erz oder ein
Quell, die ganze Bildung soll drauf ausgehen, daß wir den Geist ans Licht hervorlassen".
"’Neugier’ also, 'Phantasie’ - und nicht nur in der verächtlichen Schimpfform
'Phantasterei’" kommentiert Christa Wolf mit Enthusiasmus,

Welche Sprache schlagen sie an, welche beglückende Anmaßung, welch


aufsässiger Geist! Welche Herausforderung an unsere verschüttete Fähigkeit,
Wörter als Botschafter unserer Sinne, auch unsere Sinnlichkeit aufzunehmen,
in Sätzen uns selbst hervorzubringen und unsere Sprache nicht zur
Verhinderung von Einsichten, sondern als Instrument der Erkundung zu
gebrauchen. Welche Gelegenheit auch, unsere eigene Lage zu begreifen.148

Die Schriftstellerinnen fordern von ihrem Staat gezielt und nachdrücklich eine
bestimmte Veränderung: In dem sie vom Individuum schreiben und dessen Kampf für seine
Rechte und Selbstverwirklichung schildern, sprechen sie sich klar und deutlich für eine
größere Selbständigkeit des Einzelnen aus. Sie schildern die große Verantwortung, die eine
Frau für ihr Kind hat, die Notwendigkeit, schwerwiegende Entscheidungen zu treffen und
kritisieren die geringe Hilfe, die ihr von gesellschaftlichen Gruppen und Instanzen zuteil
werden kann. Sie vertreten immer wieder die Ansicht, daß die wichtigsten Entscheidungen
letzten Endes nur von der Mutter getroffen werden können und erweitern ihre Forderungen,
die auf dieser Mutter-Kind-Situation basieren, häufig auf die Bevölkerung im allgemeinen.
Sie verlangen mehr Entscheidungsfreiheit für den einzelnen Bürger, bestehen auf der
Ausweitung von den bisher gegebenen Möglichkeiten und erheben den staatlichen
Institutionen gegenüber Anspruch auf mehr Vertrauen in die Mündigkeit des Einzelnen.149
Die Literatur befähigt den Menschen, sein Potential zu erkennen und zu entwickeln,
ein Prozeß der als "Menschwerdung" oder "Subjektwerdung" bezeichnet wird. Anhand der
Protagonistinnen wird gezeigt, daß es wert ist, für Selbstverwirklichung zu kämpfen, auch
wenn dazu ein (zeitweiliger) Ausbruch aus den gegenwärtigen Umständen nötig ist.
Rationales Handeln stellt keine Garantie für ein erfülltes Leben dar, man muß sich
Emotionen gestatten, die Rücksichtnahme auf die Gefühle anderer und auch auf die eigenen
sind in den von Männern dominierten Gesellschaften bereits zu lange unterbewertet, verpönt
141

und - wie könnten Männer auch anders reagieren - als "unrealistisch" bezeichnet (Wolf,
1978).'511 Dadurch, daß das Glück im kleinen, eigenen Rahmen geschaffen wird, soll eine
Harmonisierung und Humanisierung der Gesellschaft erzielt werden. Die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf, eine der Hauptbedingungen der Emanzipation der Frau, ist jedoch -
entgegen der von offizieller Seite vertretenen Ansicht - nicht möglich. Die Autorinnen
argumentieren hier nachdrücklich, daß es sich dabei um eine von der Gesellschaft zu
lösende Aufgabe handele, die nicht in den Privatbereich abgedrängt werden dürfe.151
Obwohl die ökonomischen und juristischen Basen für ein gleichberechtigtes
Zusammenleben, das eine wirkliche Liebe zwischen den Geschlechtern ermöglicht,
geschaffen worden sind, ändern sich die Gewohnheiten und Traditionen nur langsam.
Männerfeindliche Einstellungen werden allerdings strikt zurückgewiesen, was auch der
offiziellen Ablehnung feministischer Bestrebungen genügt. Andererseits wird jedoch
festgestellt, daß Mann und Frau sich gegenseitig nicht einschränken dürfen, daß die
Emanzipation der Frau von dieser selbst ausgehen muß und nicht den Männern oder
Institutionen überlassen werden darf.
Morgners Werk Amanda stellt klar heraus, daß, wenn die Existenz der Erde bedroht
ist, die Frage nach der Selbstverwirklichung der Frauen einen neuen Platz erhält. Probleme
der Rüstung und des Weltfriedens, die Reaktion der verschiedenen Lager auf die Bedrohung
der Welt, Fragen der Ökologie und der Wissenschaftsentwicklung beschäftigen die Autorin,
die Sirene Beatriz und die Triebwagenführerin Laura ebenso wie die Suche nach
Möglichkeiten für ein menschenwürdiges Zusammenleben mit dem Partner, mit dem Sohn
unter heutigen Bedingungen. Die Fähigkeit zum Hegen und Bewahren wird als Gegensatz
zum Zerstören und Vernichten dargestellt, die weibliche Fähigkeit des Hegens haben die
Männer im Laufe patriarchalischer Weltenlenkung verloren und der ihr gebührende Platz
muß ihr nun wieder zuerkannt werden.152
Aufgrund der historischen Entwicklung - also nicht biologisch bedingt, daher auch
nicht absolut - haben die Frauen, nur in seltenen Fällen an der Macht beteiligt, bei der
Arbeitsteilung zwischen Machtausübung durch technische-kriegerische Eroberung der Welt
und der Befriedigung der unmittelbaren und der emotionalen Bedürfnisse der Menschen, die
letztere Aufgabe erhalten. In diesem Rahmen haben sie die Fähigkeit zum liebevollen und
schonenden Umgang mit Mensch und Natur bewahren und ausbilden müssen. Mit diesen
Fähigkeiten blieben sie im Schatten der Geschichte. Ihre eigene Historie wurde nicht
tradiert, sie verlor sich, ist nur noch im Mythos aufzufinden und die Frau erscheint
geschichtslos. Das ist der Grund, warum Frauen so wenig Authentisches über sich wissen.
Sie waren immer gezwungen, von Männern geschaffene Bilder von sich anzunehmen. Den
Autorinnen geht es heute darum, die bisherige Entwicklung auszugleichen und Frau und
Mann den Eigenwert der Frau vor Augen zu führen.153
Literatur muß jedes Mittel recht sein, um die Rezipienten (männliche und weibliche)
für die Bewältigung dieser Aufgabe zu gewinnen. Allerdings werden keine vorgefertigten
Lösungen für Einzelprobleme angeboten, diese soll der Leser sich selbst erarbeiten. Die
Autorinnen geben nur Hinweise und weiterführende Bilder, sie wollen keine Leitbilder
entwickeln. Mit dieser Ansicht erteilen sie der frühen Kulturpolitik der DDR, die auch heute
noch in den traditionelleren Kreisen der Literaturszene vertreten wird, eine deutliche
Absage. Statt dessen setzen die Schriftstellerinnen Fragezeichen, sie wollen zum
Hinterfragen der Realität anregen. Sie wenden sich gegen jegliche Form des Mitläufertums,
"Leute ohne Rückgrat" gibt es schon zu viel. Das Leben zur Zeit des Faschismus aber auch
142

das im real-existierenden Sozialismus werden unter diesem Aspekt dargestellt und kritisiert,
Parallelen als Abschreckmittel benutzt.
Frauen müssen daher lernen, Entschlüsse, wie z.B. die für oder gegen die Familie,
Ehe, Kind, Beruf bewußt zu treffen, sie müssen ihre eigenen Interessen denen des Partners
und auch denen der Gesellschaft gegenüberstellen und überlegt abwägen, um diese
Entwicklung in die Wege zu leiten. Viele Schriftstellerinnen versuchen, ihnen dabei
Hilfestellung zu leisten und solche Alternativen zu fördern. Sie thematisieren Tabus wie das
Mutterdasein als einzige Möglichkeit der Erfüllung eines Frauenlebens und stellen es in
ihren Werken bewußt in Frage, um den Leserinnen ihre eigenen persönlichen
Entscheidungswege aufzuzeigen.
Hildebrandt kam aufgrund ihrer Interviews zu dem Schluß, das zwar nicht alle
Autorinnen ein derart ausgefeiltes Programm verfolgen, daß sie jedoch alle mehr oder
weniger stark diese Intention vertreten. Sie folgert:

Das ist nicht nur vom individuellen Stil abhängig, eine Autorin, die jahrelang
mit einem "Regimekritiker" zusammenlebte, wird sich auch heute in konkreter
Kritik zurückhalten und neue, ihr wichtige Bereiche suchen, um unabhängig
von der politischen Polarisierung ihre eigene Position zu finden. Eine
lesbische Autorin entwickelt eine andere Form der Kritik als eine Mutter eines
behinderten Kindes oder eine alleinerziehende berufstätige Mutter. Doch für
Leser und Leserin bietet diese breite Auswahl epischer Texte, die sich häufig
mit ähnlicher Thematik und vergleichbarer Problemstellung befassen, die
Chance der Gegenüberstellung.154

Um, wie Morgner es nennt, in die Geschichte einzutreten, genügt nicht eine einfache
Beschreibung der Situation der Frau, diese dann als unzulänglich zu konstatieren und
utopische Modelle zu entwickeln. Die Aufarbeitung der individuellen und der kollektiven
Geschichte der Frau muß mit einbezogen werden.

Die Veränderungsprozesse, denen Frauen als Gruppe im Laufe der Geschichte


passiv unterworfen waren, aber auch die Veränderungen, die sie selbst durch
die Frauenbewegung aktiv hervorgebracht haben (z.B. Erringung des
Frauenwahlrechts), haben sie sich noch nicht subjektiv angeeignet. (...) Das
hat dazu geführt, daß es mehrere Frauenbewegungswellen im Laufe der letzte
hundert Jahre gegeben hat, die Geschichte dieser Kämpfe (...) aber kaum Teil
des kollektiven Frauenbewußtseins geworden ist. Auf diese Weise machen
Frauen zwar Geschichte, aber sie eignen sich ihre eigene Geschichte nicht
als Subjekte an. Doch diese subjektive Aneignung der Geschichte der eigenen
Kämpfe, Leiden und Entwürfe kann erst zu so etwas wie kollektivem
Frauenbewußtsein (in Analogie zu Klassenbewußtsein) führen.155

Hildebrandt konstatiert, daß Mies die Morgnersche Forderung nach der Aneignung
der Geschichte durch die Frau in einer Konsequenz weiterführt, die dem gegenwärtigen
Diskussions und Literaturstand in der DDR weit vorausgreift.156 Dennoch lassen gerade
Morgner und Wolf in ihren neusten Werken genau diese Tendenz nachvollziehen: Die
traditionelle Kultur, vor allem Mythologie und Geschichte werden nicht nur unter neuen
143

Fragestellungen betrachtet, gleichzeitig wird in Amanda und auch Kassandra versucht, sie
unter feministischem Blickwinkel neu zu schreiben, es wird an vergessene Werte und
Traditionen der Frauen erinnert und diese in neue Zusammenhänge gestellt. Beide Werke
fragen nach den Errungenschaften, die Frauen erkämpft haben, die heute so dringend von
ihnen (und vielleicht sogar von der gesamten Menschheit) benötigt werden. Der Rückgriff
auf den Mythos bedeute, daß die Autorinnen sich vergewissern wollen, was an weiblichen
Bildern überhaupt existiert (Risch-Kohl, 1988).157 Die Emanzipationsbewegung der Frau,
die sich zunächst als defizitäres Wesen begreifen mußte, hatte daher zunächst einen starken
Zug zur Anpassung an den Mann. Die Schriftstellerinnen unternehmen nun den mühseligen
Versuch, Teile der weiblichen Geschichte zu rekonstruieren, denn die Unterdrückung des
weiblichen Geschlechts werde als Versuch des Patriarchats angesehen, das Weibliche als
eigenständige Kraft auszurotten, es ausschließlich in der für Männer brauchbaren Seite
zuzulassen. Ursache sei die Angst vor dem Anderen, die das schwache, instabile "Ich" dazu
verführe, das andere auszugrenzen, zu vernichten.158 Die im vorausgegangenen Kapitel
ausführlich dargelegte negative Einstellung der DDR-Regierung zu einer autonomen
Frauenbewegung, die nicht in den Klassenkampf eingebunden ist, mag hier als Beispiel
gelten.
Während die Modellfunktion der Literatur vehement abgelehnt wird, sind die
Schriftstellerinnen und auch ihre männlichen Kollegen durchaus bereit, "Lebenshilfe" zu
geben, es konnte festgestellt werden, daß es sich dabei um einen wechselseitigen Prozeß
handelt, bei dem Produzent und auch Rezipient durch ihre Kommunikation - teils durch
Bücher, teils auf persönlicher Basis - sich gegenseitig unterstützen. Auf diese Weise
entwickelt sich viel Verständnis und Anteilnahme, was wieder beflügelnd auf die
Schreibenden zurückwirkt. Es ist argumentiert worden,159 daß diese Schriftstellerinnen
eventuell Wesentlicheres und Existentielleres auszusagen haben als viele ihrer dichtenden
Kollegen, weil sie neben der allgemeinen gesellschaftlichen und seelischen Unruhe des
gegenwärtigen Zeitalters auch noch ihre ureigenen schmerzlichen und schwierigen
gruppenspezifischen, ihre Persönlichkeitsstruktur und soziale Bestimmung von Grund auf
umwälzenden Emanzipationsprobleme zu verarbeiten haben.
An dieser Stelle kann man daher zu dem Schluß kommen, daß dieses Konzept der
"Lebenshilfe" gleichzeitig Schreibgrund und auch Ziel der Frauenliteratur darstellt; es steht
weder für "Seelentrost" noch für "Leitbild", aber es soll helfen, den Realitäten ins Auge zu
sehen und diese im positiven Sinne zu verändern suchen: Darum schreiben Frauen, und
darum wird Frauenliteratur gelesen. Ihr Schreiben charakterisiert sich als Provokation, die
Bequemlichkeit und Selbstgewißheit zerstören, Gefährdung bewußt machen will (Bock,
1980). Klar und offenen Auges, ohne Selbsttäuschung und Illusion, bereit die Widersprüche
jeglicher Entwicklung zu sehen und mitzudenken, soll der Leser in sein Zeitalter eintreten,
um aus dieser Klarheit die notwendige Handlungsfreiheit gegen Krieg und atomverseuchte
Erde zu gewinnen. So verstanden, kommentiert Bock, ist es jedem Leser möglich, mit der
Lektüre auch "sein Gehör zu schärfen" für die Fragen unserer Tage, nachzudenken über
bislang ungelöste Probleme. Das durch den Schriftsteller vorgeführte neue Suchen, das
Verharren in der Frage, kann so produktiv gemacht werden.160
Dieter E. Zimmer wagt darüber hinaus die Behauptung, daß die schreibenden Frauen
kraft ihrer Intellektualität in Verbindung mit ihrem Engagement und der Fähigkeit, in ihren
Werken allgemeine, die Frauen berührende Probleme mit literarischen Mitteln anschaulich
zu machen, eine stärkere Wirkung haben und eine größere Integrationskraft aufweisen als
144

die unmittelbar politisch Kämpfenden.161 Sie befreien nicht nur sich selbst, indem sie
schreiben, sondern sie erreichen auch viele, weil sie Zeitgeschichte - und das schließt
gegenwärtige Bewußtseins- und Empfindungsentwicklungen ein - in Geschichten umzusetzen
verstehen. Ob und wie sie sich von der Literatur der Männer unterscheidet, soll im nächsten
Abschnitt untersucht werden.

Fußnoten

1 Wolf, Christa: Die zumutbare Wahrheit. Prosa der Ingeborg Bachmann.-ln dies.: Lesen und Schreiben.
Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 172-185. Hier Seite 172.
2 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben. In ebenda, Seite 20.
3 ebenda, Seite 18
4 ebenda, Seite 23
5 ebenda, Seite 47
6 vgl. Kapitel 1 dieser Arbeit und Königsdorf, Helga: Hochzeit in Pizunda.-In: Meine ungehörigen Träume.
Berlin und Weimar: 1984. Seite 119. Schlenstedt, Dieter: Wirkungsästhetische Analysen. Berlin (DDR):
1979. Seite 13.
7 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 61f.
8 Michaelis, Julia: Gespräch mit der Schriftstellerin Helga Schubert. Für Dich. 1978, Nr. 12. Zitiert nach
Liebezeit, Margaret: Internationaler Hochschulferienkurs für Germanistik (Lehrkräfte). Heft 2.1. Berlin
(DDR): 1985. Seite 12f. Vgl. auch Heukenkamp, Ursula: Ohne den Leser geht es nicht. Weimarer
Beiträge. 1979, 25. Jg., Nr. 7, Seite 43. Beitrag von Gabriele Eckart: "Wenn z.B. das Publikum die
Geduld erst einmal nicht aufbringt, auch bei einem komplizierteren Gedicht, genau hinzuhören, aber
trotzdem irgendwie gepackt ist und Lust hat und sich Mühe gibt, sich gemeinsam aufzuschließen,
nachzuvollziehen, womit ich mich hier herumschlage, dann ist mir das eine Befriedigung. Dann steckt
der Stachel, der mich zum Schreiben des Gedichts brachte, auch ein bißchen in den andern, meine Unruhe
über den Gegenstand, mit dem ich nicht fertig bin."
9 ebenda, Seite 62
10 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1499.
11 Tetzner, Gerti: Karen W.. Darmstadt und Neuwied: 1983.
12 vgl. hierzu Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 107.
13 Paschiller, Doris: Die Würde. Erzählung. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1980.
14 Zitiert nach einem Auszug abgedruckt in: Sonntag. 1980, 34. Jg., Nr. 4, Seite 6.
15 Im Rahmen der Auseinandersetzungen zwischen Schriftstellern und Kulturfunktionären nach der
Ausbürgerung Wolf Biermanns richteten die Literaten Bartsch, Becker, Endler, Loest, Poche, Schlesinger,
Dieter Schubert und Martin Stade 1979 einen Brief an Erich Honecker, in dem es u.a. hieß: "Immer
häufiger wird versucht, engagierte kritische Schriftsteller zu diffamieren, mundtot zu machen oder, wie
unseren Kollegen Stefan Heym, strafrechtlich zu verfolgen... Durch die Kopplung von Zensur und
Strafgesetzen soll das Erscheinen kritischer Werke verhindert werden." Der Berliner Bezirksverband des
Schriftstellerverbandes unter seinem Vorsitzenden Günter Görlich nahm diesen Brief zum willkommenen
Anlaß, mit den ihm angehörenden Unterzeichnern des Protestbriefs und gleich noch mit einigen anderen
mißliebigen Autoren abzurechnen. Am 7.Juni 1979 wurden die Briefautoren Bartsch, Endler, Poche,
Schlesinger und Schubert sowie außerdem Heym, Jakobs, Rolf Schneider und Joachim Seyppel aus dem
Schriftstellerverband ausgeschlosssen. Becker und Stade konnten nicht ausgeschlossen werden, weil sie
schon länger keine Verbandsmitglieder mehr waren. Loest kam in Leipzig seinem Ausschluß zuvor, indem
er 'freiwillig’ austrat. Siehe hierzu Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte. Darmstadt und
Neuwied: 1981. Seite 192f.
16 vgl. hierzu Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 111.
17 Gerti Tetzner in: Böttcher, Brigitte (Hrsg.): Bestandsaufnahme. Literarische Steckbriefe. Halle (Saale)
und Leipzig: 1976. Seite 106f. Hier Seite 107.
18 Schütz, Helga: Lebenszeichen - Fragezeichen.-In: Festbeleuchtung. Darmstadt und Neuwied Luchterhand
Verlag 1982. Seite 121-122. Hier Seite 122.
19 Walther, Joachim: Interview mit Irmtraud Morgner. Der Weltbühne. 1972, 62. Jg., Nr. 32, Seite 1011.
145

Zitiert nach Kaufmann, Eva: Der Hölle die Zunge rausstrecken... Der Weg der Erzählerin Irmtraud
Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1515-1532. Hier Seite 1522.
20 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 39.
21 Morgner; Irmtraud: Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers. Lügenhafter Roman mit
Kommentaren. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1972; Frankfurt(Main): Fischer Taschenbuch Verlag
1975. Seite 157.
22 Huffzky, Karin: Nachdenken über August Bebels Traum. Zum Frauenbild in der neuen DDR-Literatur.
Unveröffentlichtes Manuskript des Norddeutschen Rundfunks. Hamburg 1975. Zitiert nach Hildebrandt,
C.: Zwölf schreibende Frauen.,,. Berlin (West): 1984. Seite 92.
23 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 104.
24 Kaufmann, Eva: Der Hölle die Zunge raus strecken... Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite
1522.
25 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 166.
26 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge, 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 61.
27 Vgl. hierzu Kapitel 3: Warum Frauen schreiben. Löffler, Anneliese: Vorwort.-In: dies. (Hrsg.):
Auskünfte. Berlin und Weimar: 1974. Hier Seite 12. Dölling selbst kommentiert 1986 genauer: "Das
Erkenntmsinteresse der Kulturwissenschaft an der individuellen Vergesellschaftung als einem spezifischen
Moment des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses ist der theoretische Ausdruck für das
weltanschauliche Interesse an der Entwicklung einer neuen Lebensweise der Menschen, neuer
Verhaltensstrukturen (’Persönlichkeitseigenschaften’)im Prozeß der revolutionären Veränderung der Welt,
beim Aufbau des Sozialismus.-In Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): Dietz Verlag
1986. Seite 39.
28 Rüsen, Jörn: Geschichtsbewußtsein und menschliche Identität. Gefahren und Chancen der
Geschichtsschreibung. Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitschrift Das Parlament.
13.10.1984, Nr. 41, Seite 3-10. Hier Seite 6.
29 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 79.
30 Auer, Annemarie: Mythen und Möglichhkeiten.-In: Anderson, Edith (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel.
Rostock: 1975. Seite 251.
31 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge, 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 69.
32 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 38.
33 Wolf, Christa: Ein Brief.-In: Krüger, Ingrid (Hrsg.): Mut zur Angst. Schriftsteller für den Frieden.
Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1982. Seite 152-159. Hier Seite 152 und 154f. Vgl. auch
Wolf, Christa: Zum Erscheinen des Buches "Kassandra".-Indies.: Die Dimension des Autors. Darmstadt
und Neuwied: Luchterhand Verlag 1987. Seite 929.
34 Heukenkamp. Ursula: Frauen in der Literatur der DDR und die "Frauenliteratur". Germanistische
Mitteilungen. 1985, Heft 21, Seite 43.
35 ebenda
36 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 333.
37 ebenda, Seite 29
38 Zitiert nach Hildebrandt, Irma: Emanzipation Ost... Deutsche Studien, 1986, 24. Jg., Heft 94, Seite 122.
39 Morgner, Irmtraud: Die wundersamen Reisen Gustavs des Weltfahrers. Frankfurt (Main): 1975. Seite 57.
40 Kaufmann, Eva: Der Hölle die Zunge rausstrecken... Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite
1523.
41 Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt. -In Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 60f.
42 Christa Müller im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In ebenda, Seite 73.
43 vgl. Hildebrandt, Christel in ebenda, Seite 116.
44 Wolf, Christa: Projektionsraum Romantik. Gespräch mit Frauke Meyer-Gosau.-In Wolf, Christa: Die
Dimension des Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 878-895. Hier Seite 880.
45 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In ebenda, Seite 875f.
46 ebenda, Seite 876
47 Siehe hierzu Kapitel 12 "Meinen Wert als Frau hatte ich zu beweisen, indem ich einwilligte, ein Mann
zu werden"
48 Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: Kirsch. Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
Seite 97. Vgl. hierzu auch Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 27f.
49 Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In: Anderson, E.: Blitz aus heiterm Himmel. Rostock:
146
1975. Seite 256.
50 Kaufmann, Hans: Gespräch mit Christa Wolf. Weimarer Beiträge. 1974, 20. Jg., Nr. 6, Seite 108.
51 ln Irmtraud Morgners Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz... heißt es dazu in einem Gespräch
zwischen der Autorin und der fiktiven Laura Salman: "(LS): (...) Im Fluge wurde die Ausbeutung des
Menschen durch den Menschen abgeschafft... (IM): ...und die Ausbeutung der Frau durch den
Menschen... (LS): ...fiel in der Eile nicht auf." Siehe ebenda, Berlin und Weimar: 1987. Seite 40. Vgl.
hierzu auch Teil III dieser Arbeit.
52 Wolf, Christa: Selbstinterview.-In dies: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 54.
53 Heukenkamp, Ursula: Frauen in der Literatur der DDR und die "Frauenliteratur". Germanistische
Mitteilungen. 1985, Nr. 21, 45.
54 ebenda, Seite 46
55 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1497.
56 ebenda
57 ebenda, Seite 1500
58 ebenda
59 Morgner bezieht sich damit auf "so um die Zeit, als ich 'Beatriz’ schrieb", sie spricht also von den späten
sechziger / frühen siebziger Jahren. Siehe ebenda.
60 ebenda. In Morgners Roman Amanda formuliert Beatriz: "Denn Menschen brauchen Luftraum für ihre
Gedanken, damit die flott werden und erst einmal ein wenig kreuz und quer segeln können, bevor sie auf
den Hafen halten. Einzelmenschen wie Völker bedürfen wohl eines reichlich neutralen Bodens zwischen
einander, was heute nur noch in Ausnahmefällen möglich ist. Morgner, Irmtraud: Amanda. Ein
Hexenroman. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 81.
61 Vgl. Hierzu Woods, Roger: Opposition in the GDR under Honecker 1971-85. An Introduction and
Documentation. London: Macmillan 1986. Seite 51.
62 Vgl. Kapitel 11.10 Haushalt, Freizeit und Beruf - Ist eme Vereinbarkeit möglich?
63 Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt. -In Hildebrandt. C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 69.
64 Vgl. Obermüller, Klara: "Die Perlen des Phantastischen". Die Weltwoche. 30. März 1977, Nr. 13, Seite
35.
65 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 23-63.
66 Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: ebenda, Seite 86.
67 Wolf, Christa: Der Schatten eines Traumes.. .-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt
und Neuwied: 1985. Seite 244f.
68 Morgner, Irmtraud: "Aber die großen Veränderungen...". Für Dich. 1978, Nr. 21, Seite 18.
69 Siehe hierzu die Ausführungen über angestrebte Veränderungen in Kapitel 1.3.
70 Huffzky, Karin: "Ich habe mir den Weg selbstgesucht". Irmtraud Morgner im Gespräch mit Karin
Huffzky, Norddeutscher Rundfunk, Redaktion 'Kulturelles Wort’, Unkorrigiertes Exemplar der Sendung
vom 5.10. 1976. Seite 7. Zitiert nach Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen...-. Berlin (West):
1984. Seite 95. Eine detailliertere Ausführung von Morgners Auffassungen zu dieser Thematik befindet
sich in Kapitel 16.
71 Kaufmann, Hans: Gespräch mit Christa Wolf. Weimarer Beiträge-, 1974, 20. Jg., Nr. 6, Seite 108. Und:
Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 876f.
72 Thomalla, Ariane: Schriftstellerin und Psychotherapeutin in der DDR. Deutschland Archiv. 1986 19 Jg
Nr. 10, Seite 1105.
73 Büttner, Elke: Zeit - schwer und schön.-In: Rüdenauer, Erika (Hrsg ): Dünne Haut. Tagebücher von
Frauen aus der DDR. Köln: Pahl-Rugenstein Verlag 1988. Seite 11-58. Hier Seite 57f.
74 Willkomm, Elke: Hexensommer. Berlin (DDR): 1984. Seite 136. Eine ausführliche Diskussion dieses
Werkes befindet sich in Kapitel 9 dieser Arbeit.
75 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: Seite 30. Siehe auch Seite 26.
76 Melchert, Rulo: Respektloser Umgang. Erzählung von Helga Königsdorf, Aufbau Verlag. Sonntag. 1987,
4L Jg., Nr. 19, Seite 4.
77 Charlotte Worgitzky im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen
Berlin (West): 1984. Seite 87.
147
78 Anderson. Edith: Dein für immer oder nie.-In: dies (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel Rostock: 1975.
Seite 145.
79 Ursula Hörig tm Gespräch mit C. Hildebrandt.-In Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen Berlin
(West): 1984. Seite 122.
80 Ursula Hörig in: Böttcher, Brigitte (Hrsg.): Bestandsaufnahme. Halle (Saale) und Leipzig: 1976. Seite
50f. Hier Seite 51.
81 Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
Seite 96f.
82 vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 85.
83 Michaelis, Julia: Gespräch mit der Schriftstellerin Helga Schubert. Zitiert nach Liebezeit, Margaret:
Internationaler Hochschulferienkurs für Germanistik (Lehrkräfte-). Heft 2.1. Berlin (DDR): 1985. Seite
14.
84 Wolf, Christa: Beispiele ohne Nutzanwendung.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung.
Dannstadt und Neuwied: 1985. Seite 106-112. Hier Seite Ulf.
85 Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte.... Darmstadt und Neuwied: 1981. Seite 219.
86 Bei Kleine heißt es zum Beispiel über einen Arzt: "Er findet für jeden Kranken Worte. Immer neue,
immer andere Worte. Es ist das Wort, an das sich der Kranke halten kann. An nichts sonst. Die Macht
der Worte. Wenn das stimmt, treiben wir Schriftsteller gelegentlich Machtmißbrauch." Kleine, Dorothea:
Das schöne bißchen Leben. Rostock: 1986. Seite 6.
87 Schütz, Helga: Lebenszeichen - Fragezeichen.-In: Festbeleuchtung. Darmstadt und Neuwied: 1982. Seite
121.
88 Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte.... Darmstadt und Neuwied: 1981. Seite 137, 144, 146.
89 ebenda, Seite 146, 219.
90 Vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen..,. Berlin (West): 1984. Seite 54.
91 ebenda, Seite 180
92 Schütz, Helga: Erziehung zum Chorgesang. München: 1983. Originaltitel: Julia oder Erziehung zum
Chorgesang. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1980.
93 Neumann, Margarete: Der grüne Salon. Roman. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1973. Brüning,
Elfriede: Partnerinnen. Frankfurt (Main): Fischer Taschenbuch Verlag 1982. Dies.: Wie andere Leute
auch. Halle (Saale) und Leipzig: 1983. Zinner, Hedda. Katja. Roman. Berlin (DDR): Buchverlag Der
Morgen 1979. Dies.: Die Lösung. Roman. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1981.
94 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen...-. Berlin (West): 1984. Seite 117.
95 vgl. ebenda, Seite 128f.
96 Wolf, Christa: Nachdenken über Christa T. Halle (Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1968;
Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 12.Auflage 1979. Seite 46 und 104.
97 Wolf, Christa: Fortgesetzter Versuch.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 151-157. Hier Seite 155.
98 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In ebenda. Seite 36f.
99 Vgl. hierzu Wallace, Ian: Teacher or Partner? The Role of the Writer in the GDR. New German Studies.
1982, Vol. 10, No. 1 (Spring), Seite 1-20.
100 Vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen. .. Berlin (West): 1984. Seite 75.
101 Predel, Wolfgang: "Problematische Naturen". Monika Helmecke: Klopfzeichen. Neue deutsche Literatur.
1980, 28. Jg., Nr. 7, Seite 118-124. Hier Seite 118f.
102 Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion... -In Wolf, Christa: Die Dimension des
Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 911.
103 Gerti Tetzner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 111.
104 Emmerich, Wolfgang: Kleine Literaturgeschichte.... Darmstadt und Neuwied: 1981. Seite 219.
105 Werner, Ruth: Ehrlich. Zu Eva Strittmatters Buch "Mai in Piestany". Sonntag, 1987, 41. Jg., Nr. 28,
Seite 2.
106 Mischke, Roland: "Herausforderung zur Lebenserkundung". Julia oder Erziehung zum Chorgesang. Neue
Zeit. 31. August 1981, 37. Jg., Nr. 205, Seite 4.
107 Schütz, Helga: Erziehung zum Chorgesang. München: 1980. Seite 155f.
108 ebenda, Seite 88f.
109 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.,.. Berlin (West): 1984. Seite 131 f.
148

110 Böll, Heinrich: Wo habt ihr bloß gelebt? Außenansichten I.-In Wolf, Christa: Materialienbuch. Darmstadt
und Neuwied: 1985. Seite 7-15. Besonders Seite 9f. und 12f. Vgl. hierzu auch: Herminghouse, Patricia:
Vergangenheit als Problem der Gegenwart: Zur Darstellung des Faschismus in der neueren
DDR-Literatur.-In Hohendahl. Peter U. / Herminghouse, Patricia (Hrsg.): Literatur der DDR in den
siebziger Jahren. Edition Suhrkamp. Frankfurt (Main): Suhrkamp Verlag 1983. Seite 259-294. Hier
besonders Seite 273f.
111 vgl. hierzu Helga Schubert, die in ihrer Geschichte "Innenhöfe" festhält: "Ich habe immer voller
Faszination Übertreter betrachtet. Diejenigen, die nicht im Geschirr liefen. Die sich umgebracht haben
oder die verrückt geworden sind. Die Untreuen. Die Unentschuldigten. Die sich entziehen. Die im
Innenhof. "-In: Blickwinkel. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1984. Seite 9-20. Hier Seite 16.
112 Wolf, Christa: Selbstinterview.-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 53. Vergleiche hierzu auch Kapitel 9 dieser Arbeit.
113 Wegner, Bettina: Wenn meine Lieder nicht mehr stimmen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenverlag
1979. (86 - 97. Tausend April 1982). Seite 59f.
114 Karl-Heinz Jakobs in einem Interview mit Joachim Walther.- In: Walther, Joachim (Hrsg.): Meinetwegen
Schmetterlinge. Gespräche mit Schriftstellern. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1973. Seite 23-32.
Hier Seite 29. Kaufmann, Eva: Interview mit Karl-Heinz Jakobs. Weimarer Beiträge. 1975, 21. Jg., Nr.
5, Seite 57-79. Hier Seite 70.
115 Felz, Susanne: Gespräch mit Ulrich Plenzdorf.-In: Connaissance de la RDA. 1980, Nr. 11. Zitiert nach:
Wallace, Ian: Teacher or Partner? New German Studies. 1982, Vol. 10, No. 1, Seite 12.
116 Kant, Hermann: Referat auf dem VII. Schriftstellerkongreß. Zitiert nach Schlenstedt, Dieter:
Wirkungsästhetische Analysen. Berlin (DDR): 1979. Seite 73.
117 Kant, Hermann: Diskussionsbeitrag auf dem VII.Schriftstellerkongreß. Zitiert nach ebenda, Seite 67.
118 Selbmann, Fritz: Das Bekenntnis zur aktiven Bewältigung des Lebens.-In Löffler, Annemarie (Hrsg.):
Auskünfte. Berlin und Weimar: 1974. Seite 175-200. Hier Seite 195.
119 Kant, Hermann: Vom Wert der Geschichte.-In ebenda, Seite 273-218. Hier Seite 288.
120 Seghers, Anna: Rede auf dem V. Schriftstellerkongreß. Zitiert nach Schlenstedt, Dieter:
Wirkungsästhetische Analysen. Berlin (DDR): 1979. Seite 62.
121 Wolf, Christa: Zum Erscheinen des Buches "Kassandra”.-Indies.: Die Dimension des Autors. Darmstadt
und Neuwied: 1987. Seite 937f.
122 ebenda, Seite 940. Vgl. hierzu auch Heller, Gisela: Liebeserklärung an meine Brigade. Für Dich. 1986.
Nr. 3, Seite 12-15.
123 vgl. Seyppel, Joachim: Ich bin ein kaputter Tvt?. Wiesbaden und München: 1982. Seite 48.
124 Wolf, Christa: Zum Erscheinen des Buches "Kassandra”.-Indies.: Die Dimension des Autors. Darmstadt
und Neuwied: 1987. Seite 931.
125 Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 84.
Datiert vom 2.4.1960.
126 Meier, Manfred: "Ein bißchen Lebenshilfe geben". Begegnung mit der Schriftstellerin Unionsfreundin
Anneliese Probst. Neue Zeit. 2. April 1983, 39. Jg., Nr. 77, Seite 5.
127 Helga Königsdorf in einem Brief an C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen..
Berlin (West): 1984. Seite 114.
128 Zitiert nach Wolf, Christa: Glauben an Irdisches.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung.
Darmstadt und Neuwied: 1985. Seite 140.
129 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1503f.
130 ebenda, Seite 1504
131 Strittmatter, Eva: Mai in Piestanv. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1986. Seite 198.
132 Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Aus dem Tagebuch einer Alkoholkranken. Berlin (DDR):
Verlag Neues Leben 1986.
133 Oberthür, Irene: Mein fremdes Gesicht. Erzählbericht. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1984.
134 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 123f.
135 ebenda, Seite 124
136 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1504.
137 ebenda, Seite 1505
138 Büchner, Eva: Beschränkung auf Bekanntes. Beitrag zum Für Dich-Literaturfomm "Erwartungen-
Widerspruch-Zuspruch". Für Dich. 1983, Nr.45, Seite lOf. Hier Seite 10.
149
139 Göldner. Elfriede: Ermutigung ist wichtig. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum: "Über lautlosen
Aufbruch und Angekommensein ”, Für Dich. 1983, Nr.43, Seite lOf. Hier Seite 11.
140 Wolf, Christa: Projektionsraum Romantik.-In dies.: Die Dimension des Autors. Darmstadt und Neuwied:
1987. Seite 890.
141 Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion. ..-Inebenda, Seite 901.
142 Winzer, Klaus-Dieter: "Du mußt die anderen zu dir holen!" Gespräch mit Gisela Steineckert.
Gewerkschaffsleben. 1982, Nr. 10, Seite 37.
143 Obermüller, Klara: "Die Perlen des Phantastischen". Die Weltwoche. 30. März 1977, Nr. 13, Seite 35.
144 ebenda
145 Kaufmann, Hans: Gespräch mit Christa Wolf. Weimarer Beiträge. 1974, 20. Jg., Nr. 6, Seite 108. Und:
Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 876f. Vgl. hierzu besonders Kapitel 10.
146 Wolf, Christa: "Nun ja! ...".-In ebenda, Seite 284f.
147 Stachowa, Angela: Schwarz-weiß, sieben mal zehn.-In: Kleine Verführung. Halle (Saale) und Leipzig:
Mitteldeutscher Verlag 2. Auflage 1983. Seite 54-63. Hier Seite 63.
148 Wolf Christa: Der Schatten eines Traumes.. .-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt
und Neuwied: 1985. Seite 232.
149 Vgl. hierzu die Ausführungen in Teil II der vorliegenden Arbeit, vor allem in Kapiteln 10 (Haushalt,
Freizeit und Beruf - ist eine Vereinbarkeit möglich?) und 11 (Das "Jein" zum Kind - Demographische
Aspekte und Kinderwunsch).
150 Wolf Christa: Der Schatten eines Traumes...-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt
und Neuwied: 1985. Seite 262.
151 Vgl. hierzu Kapitel 10
152 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 445. Vgl. hierzu auch Kapitel 8 (Die
Ehe als Basis des Zusammenlebens).
153 Risch-Kohl, Heidemarie: Nachdenken über uns selbst. IFG, 1988, Heft 1/2, Seite 18.
154 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin West): 1984. Seite 38.
155 Mies, Maria: Methodische Postulate zur Frauenforschung - dargestellt am Beispiel der Gewalt gegen
Frauen, beiträee zur feministischen theorie und Praxis. Frauenforschung oder feministische Forschung
?, 1984, 7. Jg., Nr. 11, Seite 7-25. Hier Seite 15. Hervorhebungen von M. Mies.
156 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 171f.
157 Risch-Kohl, Heidemarie: Nachdenken über uns selbst. IFG. 1988, Heft 1/2, Seite 18f.
158 ebenda
159 Hildebrandt, Irma: Warum schreiben Frauen ? Freiburg im Breisgau: 1980. Seite 12.
160 Bock, Sigrid: Christa Wolf - Kein Ort. Nirgends. Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 5, Seite
143-157. Hier Seite 153.
161 Zitiert nach Hildebrandt, Irma: Warum schreiben Frauen ? Freiburg im Breisgau: 1980. Seite 15.
150

1.6 Weibliche Ästhetik - oder "Schreiben Frauen anders?"

In den vorausgegangenen Kapiteln konnte bereits festgestellt werden, daß die Literatinnen
durch ihre Geschlechtszugehörigkeit mit der von ihnen bearbeiteten Thematik ausgesprochen
eng verbunden sind. Die Diskussion um Schreibgründe, Selbstverständnis und auch
Aufgaben und Ziele läßt immer wieder Einblicke in diese nahezu untrennbar erscheinenden
Zusammenhänge zu. Andere Schreibweisen und Themen, ein angeblich aggressiver
Schreibstil mit starken autobiographischen Zügen charakterisieren den "Frauenroman im
sozialistischen Gewand".1 Adressaten sind jedoch keinesfalls nur Frauen, auch das
männliche Publikum soll sich angesprochen fühlen.
An die Frage: Wer schreibt? schließt sich meist direkt die Folgefrage: Unter welchen
Bedingungen entsteht diese Literatur? an; eine genauere Untersuchung der
Schreibbedingungen, d.h. der Produktionsbedingungen gibt weitere Aufschlüsse über die
Autorinnen und über ihre Leserinnen. Auch bei nur oberflächlicher Betrachtung lassen sich
viele Parallelen zwischen Produzent und Rezipient finden.
Obwohl männliche und weibliche Autoren rein äußerlich zunächst von vergleichbaren
Positionen ausgehen können,2 lassen sich bei genauerer Untersuchung doch mehrere
ausgesprochen signifikante Unterschiede aufzeigen, die die Situation der schreibenden Frau
nicht unerheblich beeinflussen und unter Umständen auch beeinträchtigen.

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, teilt Brigitte Martin sich zwischen ihren
verschiedenen Arbeitsbereichen auf, sie schreibt, wenn ihre Kinder schlafen.3 Aus ähnlichen
Gründen bezeichnet auch Morgner ihre Schreibbedingungen als "absurd", da sie immer
wieder aus ihrer Arbeit gerissen werde und ihre Arbeitszeit genau planen müsse. Die
Stunden, in denen ihr Sohn in der Schule sei, seien ihr kostbar, sie könne und wolle sich
nicht auf seine Kosten einen Freiraum schaffen - "Ich kann ihn doch nicht so unbehaust
stehen lassen."4 Ähnlich stellt sich auch Helga Schütz’ Arbeitstag dar:

Frühstück. Ein bißchen Wäsche. Die Kinder versorgt. Krankengeld abgeholt.


Telephoniert, ein Szenarium betreffend, das ich für das DEFA-Filmstudio
geschrieben habe. Ein Pferd im Regen photographiert. Eingekauft. Gekocht.
In Büchern, die ich gestern gekauft habe, geblättert und gelesen. Einen
Küchenstuhl weiß gestrichen. Mit dem Großen die neuen Schulbücher
angesehen. Aus France-soir einen Artikel übersetzt. Telephoniert. Nach vier
Wochen Unterbrechung ein Manuskript aufgeschlagen, gelesen, korrigiert,
eine Seite in die Maschine gespannt, nichts geschrieben, Küchenarbeit. Essen.
Das Mittagessen für den nächsten Tag vorbereitet: Pilze geputzt.5

Künstlerische und akademische Arbeiten lassen sich also auch von den
DDR-Literatinnen nur schwer auf einen gemeinsamen Nenner mit Hausarbeit, elterlicher
Verantwortung und Pflichtgefühl bringen. Sind Kleinkinder in der Familie, wird die
Situation noch schwieriger, da für die Mutter noch weniger Freiraum bleibt. Monika
Helmecke beschreibt in ihrer von Predel (1981) verständnislos als "soziologische Studie
ohne wesentlichen Kunstwert"6 bezeichneten Kurzgeschichte ”30. September" den Alltag
einer literarisch freiberuflich arbeitenden Mutter:
151

Und dann beginnt der Tag. Das Mädchen weiß, früh ist keine Zeit zum
Spielen, zum gemeinsamen Spielen. Früh muß die Mutter arbeiten.
Abwaschen von drei Mahlzeiten, Betten machen, aufräumen. Manchmal
maschineschreiben. Heute nicht. Sie spielt allein... Hin und wieder muß ich
es mir ansehen. 10.00 Uhr, das Baby. Die zweite Flasche. (...)
Mittag machen. Apfelreis. Nein, es gibt nichts mehr zu naschen.
Höchstens einen Apfel. Dann einen Riesenberg Äpfel säubern, ausschneiden,
zerkleinern. Das Mädchen hilft. Reicht Äpfel zu, ist böse, greif ich allein
nach den Früchten. Den großen Safttopf auf den Herd. In zwei Stunden werde
ich Flaschen bürsten, Korken auskochen. Aber bis dahin ist noch Zeit.
Essenszeit. Sprech- und Fragezeit. Auch Kleckerzeit. Der Staubsauger kommt
bei mir nicht zur Ruhe. Wenn es nur Tüten gäbe! Mittag. Die Kinder schlafen
oder tun zumindest so. Meine Zeit. Liege- oder Schlafzeit. Schreibzeit. Heute
nur Denk- und Träumzeit. Träume von Dingen, die nie wahr werden. Wie
üblich.^

Für die eigene Arbeit bleibt der Mutter bei einem solchen oder ähnlichen Tagesablauf
kaum Zeit. Tatsächlich zeichnen sich einige Geschichten Helmeckes durch eine gewisse
Kurzatmigkeit aus. Die zugrundeliegende Idee ist stets interessant, aber der Leser hat oft
den Eindruck, daß es ihr an Zeit gemangelt habe, diese Ideen gründlich durch- und
auszuarbeiten. Letzten Endes unterstreicht die Autorin aber gerade durch diese etwas abrupt
wirkende Art ihres Schreibens die inhaltliche Aussage ihrer Texte. Extremer Zeitmangel,
dem nur durch eine straffe Organisation des Tages beizukommen ist, scheint die
Literatinnen ebenso wie ihre Rezipientinnen zu plagen.8
Es kann daher nicht überraschen, wenn vor allem Frauen ihren Schreibwunsch in die
Zukunft verlegen, wenn ihre Kinder etwas größer sind.9 Ihnen fehlt die Portion Egoismus,
die zum Schreiben notwendig ist. Nicht nur, daß von den Frauen mehr Anteilnahme
verlangt wird, sie fügen sich auch selbst zu bereitwillig in die Rolle des Zuarbeitenden,
bewerten die Arbeit des Mannes höher als die eigene.10 Sie schreiben privater, ohne den
Anspruch, die Welt zu analysieren. Häufig sind sie derart in ihre Probleme verstrickt, daß
ihr Primärbedürfnis darin besteht, von diesen zu berichten.11
Tetzner bekundet ein großes Interesse an den Formen weiblichen Schreibens.
Allerdings beklagt sie den Mangel an Solidarität unter den schreibenden Frauen und plädiert
für einen stärkeren Zusammenhalt und ein größeres Problembewußtsein untereinander. Die
Autorinnen scheinen die gleichen Probleme mit der einer Frauenbewegung unabdingbaren
Solidarität zu haben wie andere Frauen in der DDR.12 So bejaht z.B. Angela Stachowa eine
gewisse Frauenspezifik im Schreiben, besonders im Stil. Prinzipiell stimmt sie Hildebrandts
(1984) These zu, daß Frauen die eigene Person häufiger sehr viel angreifbarer darstellen,
während Männer mit der eigenen Person beim Schreiben schroffer umgehen. Die
Diskussion um eine frauenspezifische Form des Schreibens ist ihr jedoch fremd, der
Widerspruch zwischen den Geschlechtern ist für sie ein Nebenwiderspruch, ein Thema, daß
ihr nicht wichtig ist, da es für die Schriftsteller in der DDR andere Punkte gibt, die sie zur
Stellungnahme herausfordern.13 Auch Helga Schütz stimmt der These zu, daß Frauen mehr
auf sich zu schreiben, sich stärker verletzlich darstellen, während Männer sich eher als Teil
der äußeren Welt beschreiben und das Gebäude einer Gesellschaft aufbauen wollen. Dieser
Unterschied sei jedoch vor allem durch die realen Verhältnisse bedingt, eine Frau habe
152

sicher gleiche literarische Pläne wie ein Mann, nur könne sie durch ihre Lebensbedingungen
hierfür kaum den langen Atem entwickeln.14
Nur Helga Schubert wehrt die These, daß es geschlechtsspezifische Formen in der
Literatur gebe, rundweg ab. Sie gibt zwar zu, daß die durchlaufene Sozialisation
unterschiedlich ist, lehnt aber das Argument, daß Frauen durch ihr Pflichtgefühl hinsichtlich
der Hausarbeit oder der Organisation des täglichen Lebens am Schreiben gehindert werden
können, ab. Sowohl Schubert als auch ihr Mann relativieren diese Auffassung dahingehend,
daß dieses "Jammern" eher ein Aufhänger für andere Probleme sei und die
Hausfrauenbelastung nur vorgeschoben werde, während ein Mann in diesem Fall andere
Verpflichtungen benennt und im kreativen Bereich fördere doch der nichtschreibende
Partner den schreibenden. Sicher, wenn Kinder vorhanden seien, sei die Belastung der Frau
höher, aber Schubert sieht dieses Problem dennoch als nicht so weitreichend, nicht als ein
gültiges Argument für die größeren Schwierigkeiten einer Frau, kreativ zu arbeiten.15
Schuberts Behauptungen wirken allerdings nicht mehr ganz so überzeugend, wenn
man sie mit den Aussagen ihrer Werke vergleicht. Denn, wie Hildebrandt (1984) feststellt,
schildert Schubert in ihrer Erzählung "Heute abend" (Blickwinkel. 1984) unter anderem eine
Frau, die erst nach dem Tod ihres Mannes zu malen beginnt, da er es ihr nun nicht mehr
verbieten kann. Diese Frau wird als scheu und bescheiden beschrieben, Wärme und
Gemütlichkeit ausstrahlend, das Bild einer lieben alten Frau, die ihr Leben ihrem Mann
gewidmet hat. Sie hat sich in ihr Schicksal gefugt und zufrieden in seinem Schatten gelebt.
Erst durch den Tod ihres Ehepartners hat sie eine Befreiung und Selbsterkenntnis ihrer
Fähigkeiten erlangt. Sie stellt beispielhaft das Bild einer Frau dar, die durch ihren Mann,
durch die von ihm diktierte gesellschaftliche Rolle, am Ausleben ihrer Kreativität gehindert
wird.16
Daß Frauen anders schreiben als Männer, ist keine offene Frage für Gerti Tetzner.17
Für sie steht fest, daß Männer viel eher auf ein Ziel reduziert, z.B. auf ihren Beruf,
gerichtet leben und denken können; ihr Leben ist nicht so komplex, denn eine Frau muß im
allgemeinen nicht nur ihren Beruf meistern, sondern sich darüber hinaus auch Gedanken um
ihr Kind, um den Haushalt, um ihren Mann machen. - Damit, so Tetzner, wird ihr Denken
zwangsläufig erweitert, was nicht als negativ, sondern sogar als Gewinn anzusehen ist. Die
Frau lebt im Alltag, der ihr wichtig ist, sie wird durch die Realität gebunden und kann gar
nicht in die Höhenflüge eines Mannes ausbrechen.
Frauen schreiben also aufgrund ihrer andersartigen Lebens- und daher auch
Schreibbedingungen nicht so wie ihre männlichen Kollegen, sie müssen notgedrungen ihre
Prioritäten anders setzen. Die negativen Aspekte der oben geschilderten Situation sind nur
zu offensichtlich: ständiger Zeitmangel und -druck sind als zwei der stärksten Hemmnisse
bereits mehrmals erwähnt worden. Hinzukommen können Kontaktmangel (obwohl die
Literatinnen diesen Nachteil bewußt auszugleichen oder gar von vornherein auszuschließen
versuchen), geistige und körperliche Erschöpfung, Frustration und natürlich auch der
Mangel an Anerkennung und Unterstützung. Morgner (1984) konstatiert, daß bei den
Männern selbst das kleinste Talent sofort und ausgiebig unterstützt werde, nicht zuletzt von
der Partnerin, während eine Frau sich gegen Vorurteile im literarischen und auch im
Privatbereich durchsetzen müsse.18 Worgitzky berichtet in ihrer Erzählung "Quäze" (1978)
ausführlich über die Schwierigkeiten, mit denen sich eine Literatin, die mit einem
Schriftsteller verheiratet ist, konfrontiert sehen kann. Zum Erscheinen seines ersten Buches
läd Quäzes Mann Bern seine beiden Lektoren zu sich in die Wohnung ein. Quäze ist
153

gezwungen, die von ihr erwartete Hausfrauenrolle zu übernehmen.

Bern goß Kognak in die Gläser und fragte, ob die Herren etwas essen wollten.
Herr Hansen spitzte zustimmend seinen Mund, Herr Horn meinte, wenn die
Hausfrau etwas in petto habe, hätte er nichts dagegen einzuwenden. Quäze
wäre am liebsten sitzengeblieben, doch Bern sah sie so bittend an, daß sie in
die Küche ging. Als sie wieder hereinkam, musterte Herr Horn ihre Beine.
"Ich habe gar nicht gewußt, daß sie so eine charmante Frau haben", sagte er
zu Bern. Der lächelte verlegen. (...) Er habe gehört, Quäze schreibe auch?
fragte Herr Horn kauend. Bern bejahte. Saufen, dachte Quäze, ordentlich
saufen. Worüber sie denn da so schreibe, fragte Herr Horn unbeirrt weiter,
(...). Darüber, wie man Kerlen wie dir eine runterhaut, hätte Quäze am
liebsten gesagt, doch Bern übernahm wieder die Antwort. "Frauenprobleme",
sagte er. Dussel, dachte Quäze. "Ach", sagte Herr Horn. Herrn Hansen
schien das zu interessieren. Es gebe viel zu wenig Literatur, in der die Frau
in beruflicher Auseinandersetzung dargestellt sei, sagte er. Dabei wäre das
doch dringend notwendig. Er entwickelte vor Quäze eine Theorie über das
Hinterherhinken der Literatur bei bestimmten gesellschaftlichen Prozessen.
Quäze trank, Herr Hansen füllte ihr das Glas immer wieder von neuem.19

Schließlich bieten die Lektoren Bern an, seine Frau etwas zu protegieren, sie solle
unter ihrem Ehenamen, also seinem, schreiben - und wenn ihre Texte dann nicht zu bissig
seien...20
Während die Thematik also auch von den männlichen Lektoren als der Bearbeitung
würdig empfunden wird (zumindest in Gegenwart von hübschen Schriftstellerinnen, die man
näher kennenlernen möchte), werden den Werken der sie bearbeitenden Frauen aufgrund
ihres Geschlechts keine Anerkennung zugezollt, obwohl es um die Analyse
geschlechtsspezifischer Probleme geht. Die Beine der Literatin (von denen dann auch gleich
auf ihre Persönlichkeit rückgeschlossen wird) erzeugen mehr Aufmerksamkeit und
Zustimmung als ihr literarisches Bemühen. Es besteht kein Zweifel daran, daß die beiden
Lektoren sich mit Quäze aufgrund ihrer äußeren Erscheinung und ihres Geschlechts
abgeben, auf beruflicher Basis zeigen sie nur oberflächliches, höfliches Interesse, das
Thema dient nur als Aufhänger, um sich ihr zu nähern.
Daß Frauen unter diesen Einstellungen der Männergesellschaften und des bis heute
von Männern dominierten literarischen Bereichs stets gelitten haben, ist auch von Christa
Wolf in ihren Erkundungen und Studien über Bettina von Arnim und Karoline von
Günderode bestätigt worden. Sie zeigt auf, daß aus diesen Nachteilen, aus der einfachen
Tatsache eine Frau zu sein, den weiblichen Autoren auch Vorteile erwachsen, die von ihnen
durchaus mit Erfolg genutzt werden können. So berichtet Wolf über Bettina von Arnim:

Nicht ohne geheime Genugtuung sieht man ihr zu, wie sie den Vorteil zu
nutzen weiß, der in dem Nachteil, Frau zu sein, in Männergesellschaften
zeitweilig verborgen ist - falls die Betreffende und Betroffene es aushält, für
leicht verrückt zu gelten. Darin hat sie sich (...) beizeiten geübt. "Närrisch"
hat sie sich oft selbst genannt. In ernsten Zeiten kann es ein Schutz sein, nicht
ganz ernstgenommen zu werden, Gutzkows Stoßseufzer aus Anlaß von
154

Bettinens "Königsbuch" belegt es: "Traurig genug, daß nur ein Weib das
sagen durfte, was jeden Mann würde hinter Schloß und Riegel gebracht
haben." Wer, (...), sperrt eine Sybille, einen Kobold, eine Pythia ein?21

Wie unzuverlässig die Schonung war, die Bettina von Arnim durch ihr Ansehen in
weitesten Kreisen, durch Polizei und Zensur genoß, war ihr natürlich überscharf bewußt;
der Spielraum war ihr ja nicht geschenkt worden, sie hatte ihn sich durch Kühnheit,
manchmal Tollkühnheit, erobert und erweitert. Man wußte nicht recht: War sie naiv? Stellte
sie sich so? Oder paßte womöglich ihre Art, nach Gutdünken zu handeln, einfach nicht in
die Kategorien des sich selbst zensierenden Untertanendenkens?22 Und Bettina selbst
kommentiert:

Da sieht man doch, daß falsche Politik einen Scharfsinn verleiht.- Und
Metternich, der zu den hannövrischen Deputierten sagt: Wir geben Ihnen zu,
daß sie moralischerweise im Recht sind, allein, unsere Politik ist nun einmal
so, daß wir gegen Sie sein müssen.- Und auf solche Gesinnung stützt sich
Preußen, die dem Staat nicht länger Dauer verleiht als der Eintagsfliege... Ich
weiß wohl, daß Du so nicht würdest zu dem König reden; denn einem Fürsten
die Fehler mitteilen, die in seiner Regierung vorfallen, oder ihm einen
höheren Standpunkt zuweisen, das wäre wider die Politik der Ehrfurcht, mit
der Ihr die Fürsten behandelt wie die Automaten, ja Ihr getraut Euch selbst
nicht zu denken und verbergt Euch vor der Wahrheit wie vor einem
Gläubiger, den man nicht bezahlen kann. Ihr haltet den Fürsten nur die
Reden, auf die sie eingerichtet sind, zu antworten ohne aufzuwachen.23

Den Frauen ist also von jeher eine gewisse "Narrenfreiheit" eingeräumt worden, sie
können es sich erlauben, ein wenig den Eulenspiegel zu spielen, d.h. offener zu sein als ihre
männlichen Kollegen. Auch ist Kritik an einem Narren - oder vielmehr einer Närrin -
verpönt, man würde sich ja nur selbst lächerlich machen. Auf diese Weise entsteht ein
Freiraum, in dem die weiblichen Autoren sich bewegen können. Hier wäre wieder an das
von offizieller Stelle definierte, kontrollierte und stets veränderbare Koordinatensystem zu
denken, das in Kapitel 1 erläutert wurde.
"Der gewichtigsten Autorin des deutschen Sprachraums” werde ein nicht geringer
Vertrauens Vorschuß eingeräumt, resümiert Irma Hildebrandt (1986). Christa Wolf könne
es sich auch nach dem Tod ihrer Gönnerin und Beschützerin Anna Seghers leisten, das zu
artikulieren, was ihr, der Sozialistin, am real-existierenden Sozialismus ihres Staates nicht
paßt - mit Einschränkungen allerdings. So formuliert sie in einem Interview mit der
DDR-Zeitschrift Wochenpost: "Es hat aus meiner Sicht bei uns jahrelang eine Anmaßung
von Kritik und Theorie gegenüber Schreibenden und ihren Arbeiten gegeben. Es ist aber
das eine, dämm zu wissen, und etwas anderes, mit schwerwiegenden persönlichen
Vorwürfen fertigzuwerden. Bei mir hat das dazu geführt, daß ich das eine oder andere Buch
weniger geschrieben habe. Und dazu, daß ich mich auf das besann, was ich wirklich will
und muß."24
Die Publikationsschwierigkeiten anderer Literatinnen sind bereits in
vorausgegangenen Kapiteln untersucht worden. Schubert, Maron und auch Christa Moog
ist dieses Schicksal widerfahren. Zum Verlassen der DDR entschlossen sich u.a. Sarah
155

Kirsch, Bettina Wegner, Helga Novak und auch Christa Reinig, die in einem Gedicht
schrieb: Es war die Schreibmaschine / die mich befreit hat / diese hämmernde wut gegen
den chef / das war schon das maschinengewehr."25 Der Druck eines Werkes, so auch
Morgner (1984), sei längst nicht garantiert, dies hänge immer von den "weit- und
kulturpolitischen Landschaften" ab, in die es gerate und von denen die Rezeption abhängig
sei. Dies sei ganz unabwägbar. "Aber daran darf man während der Arbeit möglichst nicht
denken. ”26
Im Kapitel über Frauenliteratur konnte bereits aufgezeigt werden, daß besonders
männliche Lektoren dieser Literatur besonders kritisch gegenüberstehen. Viele Männer
nehmen die Arbeiten von Autorinnen nur bedingt ernst. Häufig noch werden sie in der
Tradition des Frauenromans vorausgegangener Jahrhunderte gesehen und nicht als Werke
der Gegenwart, die sich mit heutigen Problemen und Konfliktsituationen auseinandersetzen.
Und auch im persönlichen Bereich erwachsen den Schriftstellerinnen nicht selten Nachteile.
In Amanda (1984) erklärt eine Protagonistin, daß sie den Beruf einer Facharbeiterin dem
der Dichterin entschieden vorziehe, "weil eine Facharbeiterin gute Arbeitsergebnisse privat
nicht fürchten müßte".27 Ihrem ersten Mann hätten ihre Veröffentlichungen
Minderwertigkeitskomplexe versetzt, "von denen ich ihn erlösen mußte, indem wir uns
freundschaftlich trennten". Ihr zweiter Mann las ihre Werke nicht, ihr dritter fühlte sich von
den literarischen Gestalten ihrer Romane verfolgt. Und sie schließt: "Eine Frau, die dichtet
oder dergleichen, muß mit gnadenloser Einsamkeit rechnen. "28

Aus der männlichen Überheblichkeit (obwohl sich hinter dieser sicherlich oft auch
eine große Verunsicherung verbirgt, wie Morgners Protagonistin belegt) kann sich ein
indirekter Vorteil ergeben, der von den Schriftstellerinnen erkannt und ausgenutzt werden
kann. Durch die geschlechtsspezifischen Produktionsbedingungen, die zeitliche Einengung,
den besonderen Sozialcharakter der Frau und die ihr aufgrund ihres Geschlechts
zugestandene Narrenfreiheit kann sich eine weibliche Art des Schreibens herausbilden, eine
weibliche Ästhetik, die sich von der der männlichen Autoren unterscheidet. In westlichen
Ländern gibt es zu den Fragestellungen über Männlichkeit und Weiblichkeit eine große
Anzahl von Untersuchungen, die vorwiegend von Wissenschaftlerinnen und Frauen aus der
Frauenbewegung erstellt worden sind. Ähnlich wie bei Morgner und Wolf in der DDR wird
in diesen Studien versucht, die Geschichte des künstlerischen Schaffens von Frauen
aufzuarbeiten, die Produktions- und Rezeptionsbedingungen von schreibenden Frauen zu
analysieren und eine Theorie der weiblichen oder feministischen Ästhetik zu entwickeln und
in der künstlerischen Praxis nachzuweisen. Eine Definition der Ästhetik, die den Zuspruch
der DDR- Schriftstellerinnen bekommen würde, wurde von Silvia Bovenschen (1979)
formuliert:

...der sinnliche Zugang, das Verhältnis zu Stoff und Material, die


Wahrnehmung, die Erfahrung und Verarbeitung taktiler, visueller und
akustischer Reize, die Raumerfahrung und der Zeitrhythmus - und das ist
etwas, was Ästhetik einem alten Modell zufolge als Theorie der sinnlichen
Wahrnehmung ja auch einmal meinte.29

In diesem Zusammenhang muß wieder auf den Anfang dieses Teils der Arbeit verwiesen
werden, auf die dort gestellte Frage nach einer Definition des Begriffs "Frauenliteratur".
156

An dieser Stelle wird nun deutlich, was ein Autor braucht, um Frauenliteratur zu verfassen.
Benötigt wird ein inneres Verhältnis zur Situation der Frau, zu den Umständen, in denen
sie lebt. Erfahrung ihres Lebens am eigenen Leibe, leben am gleichen "geographischen Ort"
(Wolf) verbunden mit unabdingbarer Zeitgenossenschaft. Diese Bedingungen schließen nicht
von vornherein die Möglichkeit auch für einen Mann aus, Frauenliteratur in diesem Sinne
zu verfassen. Verlangt werden würde jedoch ein ausgesprochen hoher Grad an Verständnis,
Einfühlungsvermögen und auch eine ausgeprägte Beobachtungsgabe gekoppelt mit der
Fähigkeit, seine eigene Rollenprägung wenigstens kurzzeitig völlig auszuschalten.
Solche Anforderungen dürften für männliche Autoren beachtliche Hürden darstellen,
auch wenn Hanke (1986) unter Beispielnahme auf Günter de Bruyn von einer "Literatur
liebevoller Anerkennung und Einsicht" spricht.30 Einer Frau werden die nötigen
Erfahrungen und Einstellungen durch das Leben nahezu aufgezwungen, nur wenigen gelingt
es, sich diesen zu entziehen. So steht z.B. Brigitte Martins sehr femininen Sichtweise die
klare einfache Sprache gegenüber, mit der sie ihr Leben - literarisch aufgearbeitet,
beschreibt. Die Situation ihrer Protagonistin Brigge Bern ist durch ihr Geschlecht bestimmt,
ihre Probleme wären so für einen Mann nicht erlebbar.3’ Literatur von Frauen über Frauen
will sich also gegenüber einer Literatur von Männern über Frauen durch größere
Authentizität in der Darstellung und höhere Sensibilität auszeichnen. Morgner (1984)
bekundet, daß sie stets davon Abstand nehmen würde, einen Mann "von innen" zu
beschreiben - "da hätte ich Hemmung".32 "Was in Männern vorgeht, die in dieser Zeit, jetzt
leben und mit dieser Umbruchsituation zu tun haben - das weiß ich einfach nicht. Und
deshalb warte ich darauf, eine Stimme zu vernehmen. Und ich hoffe nach wie vor. Und ich
denke, der erste, der das macht und der das gut macht, der wird Weltruhm erlangen,
wahrlich."33
Von offizieller Seite wird eine solche Argumentation nicht anerkannt. Sigrid
Töpelmann, Leiterin des Lektorats für DDR-Literatur beim Aufbau Verlag bestätigt 1987,
daß ein stärkeres Nachdenken über die Rolle der Frau und die Beziehungen der
Geschlechter zunächst von weiblichen Autoren ausgelöst worden sei. Heute beschäftigten
sich aber auch zunehmend männliche Autoren mit diesem wichtigen Thema.34 Sie führt
dieses Interesse darauf zurück, "daß die hergebrachten Rollen immer mehr in Frage gestellt
werden". Nicht Konflikte dominierten, es werde vielmehr erzählt, was soziale
Gleichberechtigung in der DDR erreicht habe. Ungewollt scheint Töpelmann hier doch auf
einen großen Unterschied zwischen der Literatur vieler männlicher und weiblicher Autoren
hinzudeuten: Männer halten sich mit der Beschreibung des bereits Erreichten auf, Frauen
weisen auf die noch bestehenden Mißstände hin und verlangen nach einer Weiterentwicklung
des Begonnenen.
Wenn männliche Autoren emanzipierte, nicht mehr männlich definierte Frauen
darstellten, so Emmerich (1980), dann sprächen sie nicht von sich selbst. Vielmehr
projizierten sie ihre Ideale, ihr progressives, aber nicht reales Überlch auf diese
Frauengestalten, während ihr bleibendes, reales Männer-Ich in die problematischen
Männerfiguren ihrer Texte und Stücke eingehe. Solche literarische Phantasiearbeit sei
trotzdem nicht überflüssig. Sie könne Rollenstereotype und erstarrte ideologische
Fixierungen, was und wie eine Frau oder ein Mann zu sein habe, aufbrechen. Sie könne
jedoch nicht die "erzählerische Kolonisierung des weiblichen Schweigens", "das historische
Schweigen der Frau angesichts männlich-identifizierter Geschichte, Produktion und
Technologie" durchbrechen (Helen Fehervary). Dies könnten nur die Frauen selbst tun.35
157

Es stellt sich nun die Frage, ob es ein "weibliches Thema" und eine "weibliche Art"
der Themenbehandlung, wie z.B. die Schilderung der Grundprobleme junger Frauen geben
kann. In den vorausgegangenen Kapiteln ist bereits angesprochen worden, daß die
Autorinnen Frauen als "unromantischen Gegenstand" beschreiben. Es geht ihnen darum,
deren besondere Fähigkeiten herauszustellen und Themen zur Sprache zu bringen, die bisher
in der Literatur tabuisiert worden sind. Dabei gehen sie sogar so weit, eine weibliche
Philosophie zu fordern, um mit diesen bisher verdrängten Aspekten des Lebens fertig zu
werden. Letzteres soll jedoch auch hier nicht heißen, daß die Männer als Rezipienten
ausgeschlossen sind, denn die von Frauen geschriebene Literatur sei "Menschenliteratur".36
Christa Wolf glaubt an individuelle Unterschiede zwischen Autoren, die
geschlechtsunabhängig sind. Es sei ein Irrtum, sich so etwas wie Stoffbänke vorzustellen
("Die Stoffe liegen doch auf der Straße!"), auf denen die Stoffe bereitliegen, um sich von
jedem beliebigen Autor nach Hause tragen zu lassen. Für einen bestimmten Autor gebe es
in einem bestimmten Augenblick nur einen einzigen Stoff. Ist der Autor fleißig und
kenntnisreich, wird er das Material finden, das nötig ist, ihn zu realisieren; ist er genügend
besessen, wird der Einfall sich einstellen, der das Material organisieren kann; die Stärke
des Talents entscheidet über die Intensität der Vortäuschung einer neuen Realität. Wenn
seine Vision kühn, seine Erfindung phantastisch, erregend und "wahr" genug ist, wird er
Leser finden, die bereit sind, an ihr teilzuhaben, sie aktiv mitzutragen, sich ihr mit der
ganzen Person zu stellen und so "das hauchdünne Fädchen zwischen Wirklichkeit und
Erfindung, das bisher nur der Autor selbst, oft zweifelnd, in der Hand hielt, fester,
sicherer, dauerhafter zu machen".37

Was Angelika Mechtel für die westdeutsche Literaturszene der siebziger Jahre
feststellt, trifft auch auf die DDR zu:

Weibliche Autoren sind (...) keine Ausnahmeerscheinungen und


Renomierfrauen mehr im ansonsten von Männern beherrschten
Literaturbetrieb, und sie haben sich neue literarische Ausdrucksdimensionen
erschlossen.36

Überlegungen zum Kunstschaffen der Frau sind bisher vorwiegend von Künstlerinnen
angestellt worden, die sich dabei meist auf einzelne konkrete Beispiele beziehen. Wie schon
mehrmals erwähnt, reflektiert Christa Wolf nicht nur in Essays zu Bettina von Arnim und
Karoline von Günderrode, Ingeborg Bachmann und auch Maxie Wander über weibliches
Schreiben, sondern - wie auch Morgner - in Ausführungen zur eigenen Produktion. Hier
lassen sich Ansätze zu einer Abgrenzung von den (literarischen) Werken der Männer finden,
die jedoch dazu dienen sollen, ein Eigenwertgefühl zu entwickeln und dieses
herauszustellen. Verallgemeinerungen über weibliches Schreiben werden selten und auch
dann nur mit größter Vorsicht ausgesprochen. Wolf formulierte in Kassandra.
Voraussetzungen einer Erzählung (1983):

Inwieweit gibt es wirklich "weibliches" Schreiben? Insoweit Frauen aus


historischen und biologischen Gründen eine andere Wirklichkeit erleben als
Männer... Insoweit Frauen nicht zu den Herrschenden, sondern zu den
Beherrschten gehören, jahrhundertelang..., insoweit sie aufhören, sich an dem
158

Versuch abzuarbeiten, sich in die herrschenden Wahnsysteme zu integrieren.


Insoweit sie, schreibend und lebend, auf Autonomie aus sind... Autonome
Personen, Staaten und Systeme können sich gegenseitig fördern, müssen sich
nicht bekämpfen wie solche, deren innere Unsicherheit und Unreife andauernd
Abgrenung und Imponiergebärden verlangen.39

All dies klänge logisch, kommentiert Königsdorf (1987). Sie wüßte nichts dagegen
einzuwenden. Dennoch steige bei diesen Überlegungen Mißstimmung in ihr auf: "Wenn das
wirklich so ist, möchte ich dem weiblichen Dasein abschwören, denn es verletzt meinen
Stolz. Da empfinde ich nicht einmal mehr Solidarität." Bei diesem Geschehen gebe es
immer zwei Seiten: den Angriff, das Objektemachen, als Machtmittel inszeniert, und die
andere, die als Subjekt ihre Autonomie bewahre. "Sind die Mechanismen tatsächlich so
effektiv, daß es kein Entrinnen gibt?"40 Königsdorf verwahrt sich hier ausdrücklich gegen
die mögliche Auffassung, daß eine bewußte Abgrenzung vom Mann und von seinen
(literarischen) Werken angestrebt wird. Schuld an der Situation ist nicht nur der
Unterdrücker, der "Objektemacher", schuldig sind auch diejenigen, die sich zu Objekten
machen lassen. Auch hier findet sich die klare Absage an bloßes Lamentieren. Es geht
darum, aktiv an einer Veränderung der Gegebenheiten zu arbeiten.

Daß Frauen zu der Kultur, in der wir leben, über die Jahrhunderte hin offiziell und
direkt so gut wie nichts beitragen durften, ist für Wolf nicht nur "eine entsetzliche,
beschämende und skandalöse Tatsache für Frauen" es ist, "diejenige Schwachstelle der
Kultur, aus der heraus sie selbstzerstörerisch wird, nämlich ihre Unfähigkeit zur Reife".41
Die Konsequenzen der langjährigen Versuche, Frauen vom künstlerisch-produktiven Bereich
fernzuhalten, sind noch heute in den Werken weiblicher Autoren erkennbar. Da sie in der
Entfaltung ihrer Talente gehemmt werden, werden ihre Werke manchmal als unzulänglich
bezeichnet, ein Befund, der dann auch wieder als Beweisstück für mangelnde schöpferische
Fähigkeitenumgemünzt wird. Verschüttetes Traditionsbewußtsein und Behinderungen führen
einerseits zu einer fast vollständigen Traditions- und Geschichtslosigkeit für die Autorinnen,
andererseits zu der nur allzu verständlichen Orientierung am Vorhandenen, d.h. an der
Kunst der Männer. An dieser Situation beginnt sich erst Ende der sechziger Jahre etwas zu
ändern, denn die Frauen beginnen zunehmend ihre Tradition zu erforschen und künstlerisch
selbständig zu werden.
Wie dieses weibliche Schreiben aussieht, was das spezifisch Weibliche an Form und
Inhalt ist, kann aufgrund der Vielfalt nur durch Einzelbeispiele belegt werden. Morgner
stellt in diesem Zusammenhang sehr treffend fest, daß es für die weibliche Ästhetik noch
keine Normen und Muster geben kann, da diese erst entwickelt werden müssen.42 Denn
während die Männer auf eine jahrhundertealte Tradition zurückgreifen können, müssen
Frauen diese erst aufbauen. Obwohl einzelne Frauen Literatur produziert haben, haben sie
sich in den früheren Jahrhunderten dabei immer dem männlichen Kulturbetrieb, seinen
Definitionen und Forderungen unterworfen. Entweder sahen sie ihre eigene Kunst als
minderwertiger als die der Männer an, oder sie befaßten sich mit von Männern als pejorativ
bezeichneten Genres wie Tagebuch oder Briefroman und trugen auch inhaltlich zumindest
vordergründig das tradierte Bild der Frau mit. Heute ist, wie eingangs aufgezeigt werden
konnte, eine Bevorzugung der epischen Kurzformen zu beobachten. Hinzukommt ein
Verschwimmen der Gattungsgrenzen, bei der neueren Frauenliteratur gibt es Erzählgedichte,
159

Hörromane, Textmontagen, Kurztexte, die als Roman bezeichnet werden, umfangreiche


Beschreibungen, die gerade nicht Roman genannt werden sollen. Interessant ist in diesem
Zusammenhang auch die Beobachtung, daß diese Feststellungen auf die Frauenliteratur in
Ost und West zutrifft, daß sich also diese Entwicklung über Landes- und auch ideologische
Grenzen hinwegsetzt. Eine mögliche Erklärung wäre die Überlegung, daß die Bevorzugung
der Kurzprosa arbeitstechnisch bedingt ist, daß die Schriftstellerinnen, da sie neben dem
Schreiben auch Haushalt und Kinder zu versorgen haben, gedanklich so stark vom Alltag
in Beschlag genommen werden, daß sie nicht nur nicht fähig, sondern auch gar nicht willens
sind, sich komplizierten literarischen Unternehmungen zu widmen, die ihnen nicht jederzeit
ein energiesparendes Aussteigen erlauben. Daß auch die Rezipientinnen zeitlich stark
eingeschränkt sind, ist bereits erwähnt worden und soll zur weiteren Unterstützung der hier
angestellten Mutmaßungen nochmals eingebracht werden.
Die westdeutsche Germanistin Schmitz-Köster (1988) konstatiert, daß eine ganze
Reihe von Texten, besonders die von jungen Autorinnen, in der Tradition des realistischen
Erzählens steht - einer Schreibweise, die in der Literatur der DDR lange als einzig mögliche
galt. Diese Texte sprechen die Alltagssprache, erzählen meist linear, auf einer Zeitebene
und gehen mit Bildern recht sparsam um.43 Neben den Erzählungen und Geschichten
erscheinen in den achtziger Jahren auch einige kurze Romane.44 Diese erzählen ebenfalls
realistisch, sind aber bildhafter und in ihrer Struktur komplizierter. Grundtenor dieser
längeren Texte ist der Wunsch der Frauen nach Autonomie und das Bemühen, diese
Autonomie durchzusetzen, gegen andere, aber auch gegen eigene innere Widerstände. Die
Frauengestalten seien nicht nur dichter und komplexer, kommentiert Schmitz-Köhler,
sondern auch "positiver" als in den kürzeren Texten. Während die Protagonistinnen dort oft
in depressiven Stimmungen verharrten, gelinge es den Frauen in den Romanen meist, sich
aus solchen Stimmungen wieder zu befreien.45
Genres und Schreibweisen, deren Verhältnis zur Wirklichkeit sehr eng ist, werden
von Schmitz-Köster als Super'realistisches Erzählen" bezeichnet. Diese Texte sind nicht
fiktional und haben häufig dokumentarischen Charakter. Das Bemühen der Autorinnen um
Ehrlichkeit und Zeitgenossenschaft mag so zum Ausdruck kommen. Christa Wolf spricht
am Beispiel von Wanders Frauenprotokollen von "Vorformen der Literatur".46 In der DDR
wird diese neue Literaturform emstgenommen. Regina Scheer stellt im Sonntag (1987) fest:
"Die scheinbar kunstlose, spröde Form des Protokolls hat seit Maxie Wander in der
Literatur unseres Landes immer da Aufmerksamkeit gefunden, wo es um neue
Fragestellungen ging, um Probleme, die so nicht im Bewußtsein der Öffentlichkeit waren.47
An anderer Stelle wendet Scheer sich auch nachdrücklich gegen das unter Lesern,
Rezensenten und "leider auch unter manchen Autoren" verbreitete Vorurteil, daß
Tonbandliteratur sich gleichsam von allein schreibe, mehr eine technische Angelegenheit
sei und der Schriftsteller höchstens die Aufgabe eines redigierenden Endredakteurs habe.
Diese Abwertungen seien fragwürdig, das Interesse an Tonbandprotokollen könne vielmehr
positiv als Interesse an der Wirklichkeit gedeutet werden.
Autorin Ursula Püschel schreibt in ihrem Aufsatz "Dreizehn arbeitende Menschen
oder Betrachtungen, die neuere dokumentarische Literatur betreffend" (1987), daß der
weltweite Prozeß der Emanzipation des Menschen vom historischen Objekt zum Subjekt
neue Bedingungen für die Literatur schafft. Es gebe "mehr neue Fragen im letzten halben
Jahrhundert als zuvor seit dem Entstehen der Bibel":
160

Demokratie und Emanzipation des Menschen zum historischen Subjekt hängen


voneinander ab und miteinander zusammen. Und hier ist das Feld, in dem
Dokumentarliteratur in ihren Spielarten sowohl nötig als auch möglich ist, und
zwar jetzt. Die Sprachlosigkeit aufzuheben,(...) ist eine Voraussetzung der
Publizität.48

Scheer teilt die Auffassung Püschels, nach der besonders solche Menschengruppen
aus ihrer "Wortunmächtigkeit" befreit werden, die in diesem Entwicklungprozeß vom
historischen Objekt zum Subjekt begriffen sind, "die dabei sind, ihre Fesseln mühsam zu
sprengen und abzustreifen".49
Genannt werden hier besonders die Frauen und die "einfachen Menschen", deren
Emanzipation eine Umwälzung von Verhaltens- und Denkweisen bewirke, die alle Gebiete
des Lebens betreffe. Der Schwerpunkt der Protokollbände, in denen Individuen direkt zu
Wort kommen, liegt auf der Auseinandersetzung mit den Geschlechterverhältnissen. Im
Licht des vorausgegangenen Klärungsversuchs über Frauenliteratur und an wen diese sich
eigentlich richte mag es bezeichnend sein, daß in den achtziger Jahren zwei Bände mit
Männer-Protokollen erschienen. Nicht nur die ihnen zugrunde liegende Idee ging von einer
Frau, Maxie Wander, aus, auch ihre Durchführung ist Autorinnen, Christine Müller und
Christine Lambrecht (James Dean lernt kochen. 1986; Männerbekanntschaften. 1986),
zugute zu halten. Beide Sammlungen dokumentieren die Last der Tradition, den alten
Männlichkeitswahn und die alten Frauenbilder in den Köpfen der Männer.50 "Die
Veränderungen im Denken und Verhalten wirken dagegen wie zarte Pflänzchen",
kommentiert Schmitz-Köster.51 Christine Barckhausen veröffentlichte sechs Protokolle von
Frauen aus Spanien, Portugal und Südamerika (Schwestern. 1985), Gabriele Eckarts So sehe
ick die Sache (1984) und Irina Liebmanns Berliner Mietshaus (1982) beschäftigen sich mit
dem alltäglichen Leben auf dem Lande bzw. in einem Stadtbezirk Berlins.52 Bisher
existierende "Leerstellen in der Literatur" (Schmitz-Köster, 1988) werden hier
geschlossen.53
Im Gegensatz zu Erika Rüdenauers "Tagebüchern von Frauen aus der DDR", die
1988 unter dem Titel Dünne Haut erschienen, sind Wanders (1980) und Brigitte Reimanns
(1984) Tagebücher und Briefe wohl kaum zur Publikation gedacht gewesen und wurden
posthum veröffentlicht.54 Eva Strittmatters Mai in Piestanv (1986)55 ist das Tagebuch eines
Kuraufenthaltes in Ungarn - und der Versuch der Lyrikerin, das Dichtergattinendasein hinter
sich zu lassen, eine eigene Standortbestimmung vorzunehmen. Die Lebenssituation Eva
Strittmatters ist vielleicht extrem - obwohl sie selbst auf historische Parallelen verweist, von
den Problemen künstlerisch arbeitender und ambitionierter Frauen berichtet, die auch
Künstler waren.56 Trotzdem ist dieser Ausnahmefall verallgemeinbar, weil er doch von den
Schwierigkeiten schreibender Frauen in der DDR zeugt.57
Wie fließend die Grenzen der sogenannten Dokumentarliteratur sind, zeigt Gerda
Juns Kinder, die anders sind. Dieses Buch erschien nicht in einem belletristischen Verlag,
sondern seit 1981 in bereits fünf Auflagen bei Volk und Gesundheit. Die Autorin
veröffentlicht darin Protokolle von Elternberichten über das Leben mit einem geschädigten
Kind in der DDR-Gesellschaft und kommentiert diese Berichte knapp, informativ und
einfühlsam aus ihrer Sicht als Fachärztin. "Dieses Buch sagt so viel über unser Land,
unseren Alltag, über die Mühen der Emanzipation des Menschen, wie es nur gute Literatur
vermag. Es wird jedoch allenfalls als Sachbuch von der Literaturwissenschaft vermerkt",
161

bedauert Scheer (1987).58 Auch andere Autorinnen brechen in den achtziger Jahren das Tabu
gegenüber Krankheit, Alter und Tod. Ingrid Johannis veröffentlicht 1986 mit Das siebente
Brennnesselhemd das Tagebuch einer Alkoholkranken, die sich um Heilung bemüht; Irene
Oberthür berichtet in fiktiven Briefen unter dem Titel Mein fremdes Gesicht (1984) von
einem schweren Unfall und den bleibenden Gesichtsverletzungen der Protagonistin; und
Wilhelm und Elfriede Thom beschreiben in Rückkehr ins Leben (1989) das Schicksal eines
Mannes, der nach einem Unfall für immer an den Rollstuhl gefesselt ist. Der Gelähmte ist
hier der Autor selbst.59
Charlotte Worgitzky schreibt ein Buch über Schwangerschaftsabbruch (Meine
ungeborenen Kinder, 1982) und eins über den Krebstod (Heute sterben immer nur die
anderen, 1986), Helga Königsdorf verfaßt eine Erzählung über das Leben mit der eigenen
Parkinsonschen Krankheit (Respektloser Umgang. 1986).60 Christa Wolf resümiert 1987:

Nicht zuviel - zu wenig haben wir gesagt, und das Wenige zu zaghaft und zu
spät. Und warum? Aus banalen Gründen. Aus Unsicherheit, aus Angst. Aus
Mangel an Hoffnung. Und, so merkwürdig die Behauptung ist: auch aus
Hoffnung. Trügerische Hoffnung, welche das gleiche Ergebnis zeitigt wie
lähmende Verzweiflung.61

Die Dokumentarliteratur - auch hier bietet sich wieder die Ersatzfunktion der
Literatur für den stark eingeschränkten Journalismus an - ist also zu einem Genre geworden,
das gerade von den Autorinnen genutzt wird. Einerseits sagt ihnen wohl die Kürze dieser
literarischen Form zu, andererseits erlaubt sie auch die Bearbeitung von Themen, die ihnen
besonders am Herzen liegen und die sich so knapp, ehrlich und auf den Punkt zu an den
Leser herantragen lassen.

Die literarischen Anfänge Irmtraud Morgners, einer Autorin, die in der Honecker-
Zeit auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze für ihre unverblümten Aussagen bekannt
war, liegen in einer Zeit, in der die Begriffe "Frauenliteratur" oder "weibliches Schreiben"
noch nicht in der heutigen Form verwandt wurden. Sie suchte nach neuen Formen, einem
ihr und ihrem Thema angemessenen Stil, ohne auf irgendwelche Traditionen zurückgreifen
zu wollen. Morgners erstes, 1968 veröffentlichtes Werk Hochzeit in Konstantinopel bedient
sich daher einer äußerst ungewöhnlichen Erzählform.62 Im gleichen Jahr erscheint auch
Wolfs Nachdenken über Christa T.: "Zeichen," so formuliert Hildebrandt (1984), "daß sich
zwei Autorinnen zu Wort melden, die nicht mehr dem männerdiktierten Literaturkanon
zuarbeiten, sondern eigene Entwürfe entgegensetzen.1,63
Von ihrem Erstlingswerk an ist Morgners literarische Entwicklung bis zur Amanda
(1983) hin verfolgbar, sie zielt immer wieder auf den "Eintritt der Frau in die Geschichte",
auf die Notwendigkeit, neue Inhalte, d.h. den Vormarsch weiblicher Qualitäten zulasten
überholter männlicher Herrschaftsforderungen ins Licht zu setzen. Ihr Vorhaben ist komplex
und fordert damit bei umfassender Bearbeitung komplexe Formen, so daß sich der Umfang
ihrer letzten Bücher zwangsläufig ergeben hat.64 Die Art des Schreibens ist nicht nur ein
äußeres Kennzeichen der Literatur, Morgner selbst spricht in diesem Zusammenhang von
der Notwendigkeit, neue Inhalte in neuer Form darzustellen, denn: andere
Produktionsbedingungen bedingen auch andere Schreibformen.
162

Und unterschiedliche Lebensformen müssen unterschiedliche literarische


Zeugnisse hervorbringen, denn: Der Stil ist der Mensch. Man kann Stil nicht
machen. Er wächst. Die literarischen Formen, die Männer über Jahrhunderte
entwickelt haben, sind gewachsen. Frauen können diese Formen bewundern,
nicht als Muster übernehmen. Sie müssen ihre eigenen Formen entwickeln.
Das kann man nicht erzwingen, das dauert, das verlangt Arbeit von
Generationen. Der Anfang kann keine streng geschlossene Form bringen, er
braucht die streng offene Form. Der Anfang ist notwendigerweise
experimentell. Die Form muß den Prozeß der Wahrheitsfindung mit zeigen
können. Eine geschlossene Form setzt bei Arbeitsbeginn große Übersicht über
das Material voraus - Vorarbeiten anderer. Den Frauen hat niemand
vorgearbeitet. Sie müssen ihre Wahrheit finden und ihre Form, gleichzeitig,
vielleicht einige Jahrhunderte lang.65

Da in der Beschreibung der Geschichte aus weiblicher Sicht kaum eine Tradition
existiert, da es auch keine etablierte althergebrachte weibliche Philosophie, weibliche
Literatur etc. gibt, muß - so Morgner - ganz von vorne angefangen werden. Aus diesem
Grund kann auch nicht auf anderen Werken aufgebaut werden, es gilt, ein neues Fundament
zu schaffen. Mit diesen Ansichten erklärt die Autorin ihre eigene, nicht ausdrücklich linear
zu nennende Herangehensweise. Sie nähert sich dem Thema von verschiedenen Seiten und
geht dabei innerhalb eines Werkes von verschiedenen Aspekten aus, eine literarische
Methode, die ihre Werke ausgesprochen komplex werden läßt.
So werden z.B. fiktive und realistische Beschreibungen untrennbar miteinander
verknüpft und auch die Einflechtung einer anderen Textgattung, wie z.B. die des
wissenschaftlichen Berichts oder die des Interviews bürgen nicht für Authentizität. Aber es
ist nicht die überprüfbare Echtheit der Texte, die der Autorin am Herzen liegt. Sie will es
dem Rezipienten ermöglichen, fiktive Schilderungen als möglich, als in das patriarchalische
System integrierbar zu erkennen und reale Begebenheiten als märchenhaft und
mythenträchtig zu betrachten. In Amanda erneuert sie durch diese "aufdeckende
Verwirrung"66 die Tradition weiblicher subversiver Kämpferinnen in Gestalt von Hexen,
Sirenen und anderer Fabelgestalten. Phantasien und Märchen sind keine Fluchtwege oder
Zeichen für Kapitulation, sondern werden als Zeichen von "souveränem Wirtschaften mit
den Gegenständen der Realität" gewertet.67 Sie dienen dem Verständnis der heutigen Zeit
und bilden die einzige Chance, das festgefahrene Erdenschicksal zu verändern, die
Menschheit vor dem vorherzusehenden Untergang zu retten. Utopien, so erklärt auch Wolf
(1979), seien "Elemente der Hoffnung".68
Christa Wolf machte bereits 1968 in "Lesen und Schreiben" die Feststellung, daß das
Bedürfnis, auf eine neue Art zu schreiben - wenn auch mit Abstand - einer neuen Art in der
Welt zu sein folgt. Diese Erfahrung beschreibt Wolf so:

In Zeitabständen, die sich zu verkürzen scheinen, hört, sieht, riecht, schmeckt


"man" anders als noch vor kurzem. Ein Wechsel der Weltempfindung ist vor
sich gegangen, der sogar die unantastbare Erinnerung antastet; wieder einmal
sehen wir "die Welt" - aber was heißt das: "die Welt"? - in einer anderen
Beleuchtung; auch Lebensgefühle scheinen heutzutage weniger dauerhaft als
in früheren Zeiten: die Unruhe ist beträchtlich.69
163

Das Bedürfnis, diese neue Weitempfindung zu artikulieren, ist mächtiger als die
Versuchung, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen. Die neuen, noch ungewohnten und wohl
auch noch nicht formulierten Ansichten drängen sich in den Vordergrund und wollen be-
und verarbeitet sein. Wolf beruft sich auf die Entdeckung Büchners, daß der erzählerische
Raum vier Dimensionen habe; die drei fiktiven Koordinaten der erfundenen Figuren und die
vierte "wirkliche" des Erzählers. "Das ist die Koordinate der Tiefe, der Zeitgenossenschaft,
des unvermeidlichen Engagements, die nicht nur die Wahl des Stoffes, sondern auch seine
Färbung bestimmt. Sich ihrer bewußt zu bedienen, ist eine Grundmethode moderner
Prosa."70

Während es im Westen Bemühungen um eine formalistisch neue oder auf andere


Weise als weiblich erkennbare Schreibweise gegeben hat, sind solche oder ähnliche
Versuche aus der DDR bisher nicht bekannt. So ist in den westlichen deutschsprachigen
Ländern die durchgängig kleinbuchstabige Schreibweise oft ein Erkennungszeichen der
Feministinnen, andererseits wird auch versucht, wie z.B. von Verena Stefan, eine
"weibliche Sprache" ohne Hervorhebung bestimmter Herrschaftswörter, einzuführen.
Auch Elfriede Jelinek achtet streng auf die Kleinschreibung, kein Substantiv soll
mehr Wert haben als die kleinen Wörter. Außerdem soll die für das Auge ungewohnte
Schreibweise eine Erschwernis des blinden Zeilenkonsums bilden. Inzwischen sind ihr
jedoch Zweifel gekommen, ob diese Lesehürde unbedingt nötig ist und ob nicht gerade
dadurch Leute vom Lesen abgeschreckt werden. In einem Interview für mamas pfirsiche.
einer feministischen Literaturzeitschrift, distanziert sich die Wienerin auch von den
Feministinnen, die nach wie vor eine Antimännerhaltung vertreten:

Ich seh das als eine Gefahr bei der neuen Frauenliteratur, einfach zu klagen
und über ihre Situation zu jammern und Männer zu beschimpfen. Sie müßten
versuchen, sich auch ästhetisch ihre Mittel zu erarbeiten und ein bißchen
weiter zu kommen...71

Diese, von einer Autorin des Westens formulierten Vorstellungen entsprechen den
Zielen, die in der vorliegenden Arbeit als die der DDR-Literatinnen herausgearbeitet
worden sind. Feministinnen, d.h. an einer Neuwertung weiblicher Qualitäten interessierte
Frauen, versuchen beiderseits der innerdeutschen Grenze, sich Gehör zu verschaffen und
ihre Ideen in die Realität umzusetzen. Dabei schotten sie sich jedoch nicht voneinander ab,
sondern sind sich sehr wohl der Entwicklungen im jeweils anderen Land bewußt, sie
orientieren sich an und lernen von den Erfahrungen von Frauen in anderen Ländern.72 In
Bezug auf die Ästhetik formulierte Wolf (1979):

Ich muß über die List unserer Sprache lächeln, die "Literatur" und "Ästhetik”
- Instanzen, denen wir uns doch insgeheim unterwerfen - zu Wörtern
weiblichen Geschlechts macht, obwohl der Anteil der Frauen an ihnen gering
ist und obwohl, wie sie es schmerzhaft an sich selbst erfahren, eine Frau, die
es auf sich nimmt, ihre Eigenart hervorzubringen, sich nicht ungezwungen in
ihrem großartigen Regelsystem bewegt. Denn eine der Errungenschaften
dieser Ästhetik, zur Zeit der Romantiker eben durch die Klassik ausgebaut
und befestigt, ist ja die Methode, das "Werk" von seinem Hervorbringer zu
164
trennen und es, losgelöst von den Lebenszusammenhängen, aus denen heraus
es entstand, in eine andere Sphäre, die der Kunst, entschwinden zu lassen.73

Diese, von Männern festgelegte Vorstellung der Ästhetik, entspricht aber nicht den
Vorstellungen der Frauen, deren Schriften hier zur Diskussion stehen. Diesen Frauen geht
es um Zeitgenossenschaft und Realitätsverbundenheit, das Geschriebene soll Leser und auch
Autorin neue Ansichten und Auffassungen vermitteln. Aus diesem Grnnde sehen sich die
Frauen also auch praktisch gezwungen, sich eine neue, ihnen eigene Ästhetik zu schaffen,
die sich von der althergebrachten und auf Traditionen bauenden der Männer unterscheiden
muß.
So ist die Mischform, die sich der Bettina von Arnim in ihrem Buch über die
Günderrode aufdrängt, laut Wolf am ehesten imstande, Bewegungen mitzumachen, wie die
beiden Frauen sie aneinander und miteinander erleben, und die Personen ganz,
inkommensurabel und widersprüchlich zu zeigen, wo die geschlossene Romanform hätte
reduzieren, beurteilen, einteilen und richten müssen. "Hier können sie etwas über den
Widerstand gegen die Vorherrschaft des Formenkanons lesen, dessen sich die beiden nicht
nur bewußt sind; dem sie sich, besonders die Günderrode, auch als Maßstab unterwerfen,
da doch 'bedeutend’ werden als Dichter heißt, ihn zu bedienen."74 Aber gilt dies auch für
Dichterinnen?
Wolf schreibt, daß die Günderode sich nur ganz hingeben oder ganz verweigern
kann, sie will Geliebte und Dichterin sein. So stellt sie sich in ein Gesetzeswerk, das, am
männlichen "Werk"- und "Genie"-Begriff orientiert, ihr auferlegt, was sie nicht leisten
kann: ihre Arbeit trennen von ihrer Person; Kunst schaffen auf Kosten des Lebens; die
Distanz und Kühle in sich erzeugen, die "das Werk" hervorbringt, doch die unmittelbare
Beziehung zu anderen Menschen tötet, weil sie sie zu Objekten macht. "Könnte nicht", so
fragt Wolf, "der öfter, manchmal heuchlerisch beklagte Mangel an weiblichen Kunst-
fernes" außer mit den Lebensumständen der Frauen auch mit ihrer Untauglichkeit
Zusammenhängen, sich dem auf den Mann zugeschnittenen Geniebild einzupassen?"75
Warum, so muß man sich hier fragen, wählt Wolf den Begriff "Untauglichkeit"? Warum
spricht sie stattdessen nicht von einer "Unwilligkeit", ein Ausdruck, der die bewußte
Ablehnung der männlchen Ansichten klarer heraussteilen würde, handelt es sich hier doch
nicht um ein Fehlverhalten oder eine Unfähigkeit, sondern um eine Einstellung, die den
Literatinnen zusteht und die ihnen nicht streitig gemacht werden sollte. Es mag der Autorin
darum gehen, die Absurdität dieses Unterfangens von vornherein klarzustellen. Frauen sind
für das männliche Geniebild untauglich - ein eckiger Bolzen paßt nicht in ein rundes Loch.
Allein der Versuch ist unsinnig. "Untauglich" vielleicht auch mehr aus der Sicht der
Männer, weil sie sich an deren Idealen zunächst nicht messen lassen, heute schon nicht
mehr messen lassen wollen.
Indem sie auf Bettina von Arnim und Karoline von Günderrode zurückgreift, verleiht
Wolf der Literatur weiblicher Autoren ein gewisses Maß an Tradition und vor allem auch
Kontinuität. Ahnlche Beobachtungen lassen sich auch für die Werke Morgners, Renate Feyls
und auch Waltraut Levins machen.76 Die heutige Frauenliteratur ist insofern nichts neues,
sie ist aber ein weiterer und zweifellos ausgesprochen wichtiger Schritt an die
Öffentlichkeit, denn, wie in dieser Studie schon festgestellt werden konnte, Frauen
schreiben nicht nur, um ihre Probleme zu formulieren, sie verfolgen konrete Ziele und
hoffen auf positive Reaktionen. Letztere konnten Arnim und Günderrode nicht einmal bei
165

günstigster Rezeption erwarten. Wolfs Versuch untergräbt daher auch in keiner Weise
Morgners Auffassung, daß Frauen sich den Eintritt in die Geschichte noch zu erarbeiten
haben. Ihr Unterfangen kann vielmehr als ein Beitrag zu der von Morgner formulierten
Aufgabe gewertet werden, die Geschichte vom weiblichen Standpunkt aus neu zu schreiben,
die Bedeutung von Frauen für die Geschichte erstmals grundlegend zu erkunden.

Der Vorschlag, sich um eine "epische Prosa” zu bemühen, scheint - so Wolf -


zunächst ein Unsinn zu sein und doch müßte es sie geben. Eine Gattung, die den Mut hat,
sich selbst als Instrument zu verstehen - scharf, genau, zupackend, veränderlich -, und die
sich als Mittel nimmt, nicht als Selbstzweck. Als ein Mittel, Zukunft in die Gegenwart
hinein vorzuschieben, und zwar im einzelnen; denn Prosa wird vom einzelnen Leser
gelesen, der sich, alle Verführungen der modernen Technik außer acht lassend, mit einem
Buch allein zurückzieht. Die epische Prosa sollte eine Gattung sein, die es unternimmt, auf
noch ungebahnten Wegen in das Innere dieses Prosalesers einzudringen, "dorthin, wo der
Kern der Persönlichkeit sich formt und festigt”.77 Diese Region kann die Stimme eines
anderen Menschen, kann Prosa erreichen, sie kann durch die Sprache berührt und
aufgeschlossen werden - jedoch "nicht, um sich ihrer zu bemächtigen, sondern um seelische
Kräfte freizusetzen, die an Gewalt mit den im Atom gebundenen Energien zu vergleichen
sind." Mit stolzer Unbescheidenheit stellt auch Morgner fest:

Die orthodoxe Romanform verlangt Festhalten an einer Konzeption über


mehrere Jahre. Das kann angesichts heftiger politischer Bewegungen in der
Welt und einer ungeheuerlichen Informationsflut heute nur trägen und sturen
Naturen gelingen. Was ich anbiete, ist die Romanform der Zukunft.

Diese Romanform der Zukunft, der Montageroman, wie Morgner es nennt, ist "ein
geradezu ideales Genre zum Reinreden". Morgner und Wolf befürworten die These, daß
die Prosa sich nur mit gedanklichen Strömungen und gesellschaftlichen Bewegungen
verbinden kann, die der Menschheit eine Zukunft geben, die frei sind von der
jahrhundertealten und den brandneuen Zauberformeln der Manipulierung und selbst das
Experiment nicht scheuen. "Das heißt, ich sehe eine tiefe Übereinstimmung zwischen dieser
Art zu schreiben mit der sozialistischen Gesellschaft."79 Morgners Montageroman mag in
diesem Zusammenhang als ein Versuch aufgefaßt werden, auf diese neue Art zu schreiben
und den neuen Ansprüchen an das Geschriebene gerecht zu werden. Mit einem Buch voller
Sprünge und Brüche, voller Träume und Phantastereien will sie den Frauen zu emem
legendären Geschichtsbewußtsein verhelfen. Sie macht es ihren Lesern und Leserinnen nicht
leicht, denn sie holt weit aus und mißachtet die Gesetze von Raum und Zeit. Sie habe
zunächst "natürlich" ein schlankes Buch schreiben wollen, ein dickes Buch, gar eine
Trilogie, sei nicht geplant gewesen. Erst als sie das Potential des Stoffes erkannt habe, habe
sie Mut gefaßt: "Ich habe mich der Herausforderung gestellt in dem Bewußtsein, daß man
derartige Kraftakte nur in einem bestimmten Lebensalter durchstehen kann. Nicht zu früh,
da fehlen die Kenntnisse und Erfahrungen; nicht zu spät, da fehlt einem die Kondition. "
Die meisten Kapitel eines operativen Montageromans zeichneten sich durch eine
größere Geschlossenheit aus als im herkömmlichen Roman, sie hätten eine größere Strenge,
oft auch eine Pointe, die Spannung löse. Nach so einer Pointe sei die Pause mitgeschrieben,
die dem Denkvergnügen des Lesers gewidmet sei. "Pausenloses Fortlesen wäre unerträglich,
166

pausenloses Fortschreiben auch. Nicht nur zwischen den Worten, auch zwischen den
Kapiteln ist Spannung, Energie vom Untertext, der mitgenommen werden sollte. "8I Morgner
sieht in dieser Romanform eine konstruktive Entwicklung und wehrt sich gegen Kritiken,
die auf Mißinterpretationen beruhen:

Die ewige Kolportierung des Begriffs "Montageroman" als Aussage des


Autors über die Struktur seines Romans erscheint mir über die Jahre geradezu
deprimierend. Im Buch ’Beatriz’ steht aber nicht "Montageroman", sondern
"operativer Montageroman". Den Begriff benutzt eine Romanfigur, die einem
Verlag ein Buch mit gängigem, das heißt angepaßtem Etikett andrehen will.
Ein hintersinniger Begriff also, der seither in Rezensionen platt weitergereicht
wird. "Montage" platt verstehen heißt sie pejorativ verstehen: als Flickwerk.
(...) Der Begriff "Montage" hat einen technizistischen Beiklang, weshalb er
in der Kunst besser in Anführungsstriche gesetzt werden sollte. Kunst ist
etwas Gewachsenes, nicht Machwerk. Der Begriff "Montage" hat keinen
Damm gegen respektlose, träge Kunstrichterei.82

Dieser "bunte Funkenregen, hochgeschossen vom Geist-Pulver der ganzen


Menschheitsgeschichte" ist von Christoph Funke (1983) in seiner Rezension zu Amanda
kritisiert worden. Da werde Verwunderliches im alltäglichen Treiben beleuchtet, aber nach
dem Verlöschen des hexischen Halogenlichts bliebe manches im Dunkeln. Wer nachfasse,
um einmal auf "Derb-Wirkliches" zu kommen, sehe sich mit sorgfältig erforschten Details
konfrontiert, aber immer nur mit Stücken.83 Der Rezensent erwartet offensichtlich klare
Antworten und Stellungnahmen zu den im Roman aufgeworfenen Problemen, die Literatin
ist aber nicht bereit, diese zu geben. Im Kapitel über die Zielsetzungen der Autorinnen
konnte ja bereits festgestellt werden, daß ihnen wenig an der Erstellung von klaren
Antworten auf jedwelche Fragen liegt. Aber auch Funke erkennt den Wert des Werkes
letzten Endes an. Zwar stellt er noch einmal fest: "...wer das sortieren, ordnen, Überblick
erhalten und also gewinnen will, hat seine liebe Not", dann aber kommt er zu dem Schluß:
"Aber, so scheint mir, gerade auf diese Not kommt es der Morgner an, sie ist ihre Tugend,
da sitzt ihr Vergnügen, und deshalb empfehle ich, die Anstrengung zu wagen, mit ihr dieses
Vergnügen zu teilen".

Nicht allen Autorinnen sind solche Überlegungen über Stil und Erzählformen wichtig.
Vielen Frauen, die um die Vierzig beginnen zu schreiben, geht es weniger darum, sich
stilistisch zu profilieren und Hervorragendes zu leisten, sie interessiert mehr der Inhalt der
von ihnen produzierten Literatur. Theoretische Überlegungen und Untersuchungen, wie sie
vor allem von Wolf und Morgner - im kleineren Rahmen auch von Tetzner und Stachowa -
angestellt werden, stoßen bei anderen (jüngeren) Schriftstellerinnen zwar nicht auf
Ablehnung, werden jedoch als nicht unbedingt notwendig erachtet. Beate Morgenstern z.B.
will erzählen, sie benötigt beim Lesen und Schreiben eine Fabel und betont auch den
Unterhaltungswert eines Buches. Sie bezeichnet den Schreibstil Christa Wolfs als
"männlich”, da ihr zu intellektuell. Dort werde viel reflektiert, "Bei Christa Wolf läuft alles
über den Kopf". Sie ist zwar fasziniert von deren Büchern - besonders von Kindheitsmuster,
möchte und könnte Wolfs Art des Schreibens jedoch nicht übernehmen, da er ihr passiv und
aktiv nicht so liege.84
167

Morgenstern, siebzehn Jahre jünger als Wolf, erscheint durch diese Einschätzung der
Bemühungen ihrer älteren Kollegin im Vergleich zu dieser ein wenig unreif. Zunächst ist
ihre Einstellung recht gut zu verstehen: Frauen ihres Alters stehen entweder noch mitten im
Familienleben oder sie machen gerade erste Erfahrungen mit der wiedergewonnenen
Freiheit, da ist es verständlich, daß sie zunächst nicht mit theoretischen
Auseinandersetzungen und Problemen konfrontiert werden wollen. Warum der
reflektierende Schreibstil einer reifen und weitaus erfahreneren Frau jedoch als "männlich,
da zu intellektuell" abgetan werden soll, ist nicht so leicht zu verstehen. Man muß
annehmen, daß Morgenstern hier den Ausdruck "Intellektueller" in seiner negativen
Interpretation ausgelegt sehen will, d.h. daß sie Wolf unterstellen will, wie viele - oder gar
die meisten - Männer ein Mensch zu sein, der nur nach dem Verstand lebt, sich nur von
diesem leiten läßt und seine Gefühle vernachlässigt. Eine solche Unterstellung erscheint im
Licht der in diesem und auch in den bereits vorausgegangenen Kapiteln referierten und
analysierten Aussagen der Autorin absurd. Es soll hier aber nicht darum gehen, eine
Verteidigungsrede für Christa Wolf und ihre Arbeiten zu halten, an dieser Stelle ist es
vielmehr ausgesprochen wichtig festzuhalten, daß unter den weiblichen Autoren viele Punkte
betreffend noch keine Einigkeit besteht. Man könnte vielleicht argumentieren, daß Wolf und
auch Morgner versuchen, die Männer mit ihren eigenen Waffen zu schlagen - oder besser:
durch die Anwendung und Verbesserung ihrer eigenen Mittel zu überzeugen -, daß sie
danach streben, sich die ihnen stellenden Probleme nicht nur durch praktische Arbeit "an
der Front", sondern auch durch theoretische Überlegungen zu lösen und zu untermauern.
Da es den Autorinnen generell um die Emanzipation des Menschen, d.h. also von Mann
und Frau, geht, sollten sie sich hier auch selbst von traditionellen Rolleneingrenzungen
freimachen. Es geht darum, die Männer auch auf ihrer eigenen Ebene zu treffen und sich
um Kommunikation zwischen den Geschlechtern für das Wohlergehen der Geschlechter zu
bemühen, eine Einsicht, die den jüngeren Autorinnen vielleicht noch nicht immer ganz so
gegenwärtig ist.
Alle Texte Morgners, Wolfs, Morgensterns, Tetzners, Schütz’, Worgitzkys usw.,
melden im Kampf um Emanzipation Skepsis gegen die Emanzipation an. Das klingt
zunächst paradox, weil es auf einer paradoxen Erfahrung beruht. Christa Wolf hat sie in
ihrer Büchner-Preis-Rede (1980) so beschrieben:

Nach den Kriegen, als sie (die Frau) sich in seiner Produktions- und
Vernichtungsmaschinerie bewährt, als sie den Mann ersetzt hat, erfährt sie als
äußerstes Zugeständnis: Sie sei wie er. Dies wird sie ihm nun beweisen. Sie
arbeitet wie ein Mann, das ist der Fortschritt. Und es ist ein Fortschritt. Steht
Tag und Nacht neben ihm an der Maschine. Sitzt neben ihm im Hörsaal, an
Beratungs- und Vorstandstischen (dort natürlich in der Minderzahl). Schreibt,
malt, dichtet wie er: Da gibt es die ersten feinen Risse, die man ihrer
Überempfmdlichkeit zugute schreibt; oder auch nicht. Einigermaßen hält sie
sich an die Denk- und Sehraster, die er ausgebildet hat. An die Formen, in die
er sein Weltgefühl, auch seinen Weltschmerz faßt. So tritt sie aus dem blinden
Fleck, wird entdeckt. Druckwürdig. Ein "Talent". Ein Name. Unter
Umständen preiswürdig...85

Wolf meldet Skepsis an gegen die Emanzipation, die nichts ist als symmetrische
168

Konkurrenz der Frau mit dem Mann: im gleichen Beruf mit dem gleichen Erfolg und dem
gleichen Verhalten. Sie meldet Skepsis an, obwohl sie auch sieht, daß dies ein wichtiger
Entwicklungsschritt war. Die Hoffnungen, die in diese Form der Gleichheit gesetzt worden
waren, haben sich nicht erfüllt. Der Begriff des "blinden Flecks" und das Mißtrauen gegen
die "männlichen Denk- und Sehraster" sind zwei wesentliche Elemente, die in allen
Diskussionen und Theorien über weibliches Schreiben, über weibliche Ästhetik und auch
über die Emanzipation immer wiederkehren. Die in der Frauenliteratur der DDR
reflektierten weiblichen "Denk- und Sehraster", die die Realität des Alltags und auch die
Beziehungen zwischen den Geschlechtern betreffen, sollen in den folgenden Teilen dieser
Untersuchung erarbeitet werden.

Für die weibliche Ästhetik läßt sich anhand der oben angestellten Überlegungen
festhalten, daß die meisten DDR-Schriftstellerinnen die Existenz einer Art des Schreibens,
die sich von der ihrer männlichen Kollegen unterscheidet, befürworten. Verantwortlich zu
machen für diese Entwicklung ist zunächst der die Frauen ständig drängende Zeitmangel,
der aus ihrer Doppelrolle, gegen die auch die Schriftstellerinnen nicht immun sind, entsteht.
Die Änderung ihrer Rolle in der Gesellschaft, die ihnen von Männern Vorgesetzte
Emanzipation hat ihren spezifischen Sozialcharakter in den letzten 40 Jahren stark verändert,
die daraus entstehenden positiven und auch noch unzulänglichen Entwicklungen haben das
Bewußtsein und die Erwartungen der Frauen verändert und können auch im literarischen
Bereich nicht ohne Konsequenzen bleiben. Aus diesem Grunde gibt es, wie Tetzner festhält,
eine spezielle Literatur von Frauen in der DDR, diese beruht jedoch nicht auf biologischen,
sondern auf den angeführten soziologischen Unterschieden zwischen den Geschlechtern und
bedingt wiederum andere Schreibweisen, Themenauswahl und Darstellungsarten. Während
Morgner und Wolf sich nicht nur im praktischen, sondern auch im theoretischen Bereich
um neue Ausdrucksformen und eine Auseinandersetzung mit den von Männern dominierten
Bereichen bemühen, vernachlässigen einige der Autorinnen diesen Aspekt und konzentrieren
sich zunächst noch auf die inhaltliche Aussage ihrer Texte. Obwohl keine Einigkeit darüber
besteht, wieviel Wichtigkeit dem theoretischen oder praktischen Teil ihres Berufs zugezollt
werden sollte, sind doch bei allen in dieser Arbeit berücksichtigten Autorinnen gewisse
thematische und formale Entwicklungen festzustellen, die auf das Entstehen einer weiblichen
Ästhetik schließen lassen. Zusammenfassend lassen sich die folgende Punkte formulieren:

1. Die in dieser Arbeit behandelten Frauen schreiben über ihren eigenen


Erfahrungsbereich, über ihr eigenes Leben als Frau, wie sie es als Frau sehen und
empfinden. So läßt sich z.B. aus Morgners Äußerungen immer wieder ablesen, daß
es ihrer Meinung nach für einen Mann nahezu unmöglich sein dürfte, ähnliche
Schriften zu verfassen, da die hier wiedergegebenen Beobachtungen zu
geschlechtsspezifisch sind.
2. Die Autorinnen bedienen sich dabei vorwiegend der epischen Kurzformen, wobei die
Entwicklung noch unbekannter Mischformen zwischen verschiedenen Gattungen
ständig zunimmt. Seit Ende der siebziger Jahre erfreut sich die Dokumentarliteratur
besonderer Beliebtheit, auch Morgners "operativer Montageroman" ist hier zu
nennen. Es wird angenommen, daß arbeitstechnische Gründe und auch
Rücksichtnahme auf die potentiellen Rezipientinnen diese Entwicklung nicht
unerheblich beeinflußt und unterstützt haben.
169

3. Da Frauen so lange aus dem literarischen Bereich ferngehalten worden sind, fehlt es
ihnen heute an eigenen Traditionen. Nachdem sie sich über Jahrhunderte an den
Beispielen der Männer orientieren mußten, versuchen sie nun, neue Ausdrucksweisen
zu erarbeiten. Auch hier geht es um den "Eintritt der Frau in die Geschichte".
4. Eine "andere Art zu schreiben", beruht einerseits auf den ungleichen
Produktionsbedingungen, andererseits auf einer "neuen Art, auf der Welt zu sein".
Frauen haben durch die gesellschaftliche Umstrukturierung schon die Anfänge eines
neuen Bewußtseins entwickelt, "jammern" genügt ihnen heute nicht mehr, es geht
ihnen darum. Praktisches zu leisten, um an der Emanzipation von Mann und Frau
mitzuwirken, sie in die richtigen Bahnen zu lenken.

Die Literatinnen wollen die Literatur nicht zum Selbstzweck werden lassen.
Stattdessen versuchen sie, die "Zukunft in die Gegenwart hinein vorzuschieben" (Wolf), sie
wollen zeigen, wie die Welt, die Gesellschaft sein könnte. Ihre Leser und Leserinnen sollen
zum Nachdenken und Hinterfragen ihrer gegenwärtigen Umstände angehalten werden.
Sie nehmen die Gesetze ihres Landes, sehr weitgehende Gesetze, was die
Gleichberechtigung der Geschlechter betrifft, und versuchen, die Spannung, die aus dem
Wissen entsteht, wie das Leben sein könnte, und gleichzeitig sieht, wie es noch ist,
fruchtbar werden zu lassen. Was Klara Obermüller (1980) über Morgners Leben und
Abenteuer der Trobadora Beatriz... formuliert, trifft auf die gesamte hier bearbeitete
Frauenliteratur zu:

(Der Roman) ist eine Art Science fiction der Frauenbewegung, eine Science
fiction allerdings, der es sehr ernst ist mit ihrem Gegenstand: dem Frau-Sein
in der heutigen Zeit, dem Frau-Sein unter all den widersprüchlichen und das
Leben erschwerenden Bedingungen einer Übergangszeit, der noch das Alte in
den Knochen sitzt - und im Gewissen - und die doch schon eine Ahnung
davon hat, wohin der Weg führt.87

Diese Spannung zeigt sich zunächst am deutlichsten im Alltag, in der Rolle der Frau
in Haushalt, Kindererziehung und Beruf. Im folgenden Teil der vorliegenden Arbeit (Teil
II) werden diese, das Leben einer Frau definierenden Lebensbereiche genauer untersucht
und die Aussagen der DDR-Frauenliteratur offiziellen Verlautbarungen gegenübergestellt.
Teil III schließlich wendet sich unter ähiüichen Gesichtspunkten den Beziehungen zwischen
den Geschlechtern zu.

Fußnoten
Vgl. Römer, Ruth: Was ist ein Frauenroman7 Neue deutsche Literajur, 1956, 4. Jg., Nr. 6, Seite 118.
Vgl. Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt
und Neuwied: 1985. Seite 42ff; und Seyppel, Joachim: Ich bin ein kaputter Typ. Wiesbaden und
München: 1982. Seite 228-235. _ .
Brigitte Martin im Gespräch mit C.Hildebrandt:-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen^. Berlin
(West): 1984. Seite 60.
4 Irmtraud Morgner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: ebenda, Seite 89f.
Menge Marlies: "Liebt das Leise". Ein Gespräch mit der Schriftstellerin Helga Schutz. Die Zeit. 20.Juni
5
1975, Seite 23.
170

6 Predel, Wolfgang: “Problematische Naturen". Neue deutsche Literatur. 1980, 28. Jg., Nr. 7, Seite 122.
7 Helmecke, Monika: 30. September.-In: Klopfzeichen. Erzählungen und Kurzgeschichten. Berlin (DDR):
Verlag Neues Leben 3.Auflage 1982. Seite 91-97. Hier Seite 92.
8 Beate Morgenstern im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen....
Berlin (West): 1984. Seite 66.
9 vgl. Hildebrandt, C., ebenda, Seite 76.
10 Gerti Tetzner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: ebenda, Seite 108.
11 Ursula Hörig im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: ebenda, Seite 122.
12 Gerti Tetzner im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: ebenda, Seite 109f.
13 Angela Stachowa im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: ebenda, Seite 115.
14 Helga Schütz im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: ebenda, Seite 133.
15 vgl. Hildebrandt, C., ebenda, Seite 42.
16 Schubert, Helga: Blickwinkel. Berlin und Weimar: 1984. Seite 178-184.
17 Tetzner, Gerti: Karen W.. Halle (Saale) und Leipzig: 1974. Seite 206, 216.
18 Irmtraud Morgner im Gespräch mit C.Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen....
Berlin (West): 1984. Seite 94.
19 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1978.
Seite 67f.
20 Wolf kommentiert hierzu: "Veröffentlichen unter eigenem Namen, das geht (...) selbstverständlich erst
in diesem Jahrhundert. Wobei sich auch heute noch, wie ich immer wieder höre, Frauen stärker mit
diesem Problem auseinandersetzen müssen als Männer. Da sie sich sehr oft als Person eröffnen, wenn
sie schreiben, und dann in diesem Sinne 'erkennbar* geworden sind. Das merkt man dann auch an den
Rezensionen und Kritiken, daß sie anscheinend verletzbarer sind. Das ist wohl historisch bedingt..."
Meyer-Gosau, Frauke: Projektionsraum Romantik.-In Wolf, Christa: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 887.
21 Wolf, Christa: "Nun ja!...".-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 294.
22 ebenda, Seite 296
23 ebenda, Seite 308.
24 Hildebrandt, Irma: Emanzipation Ost... Deutsche Studien. Juni 1986, 24. Jg., Nr. 94, Seite 124f.
25 Zitiert nach ebenda, Seite 126
26 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1495.
27 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 30f.
28 ebenda, Seite 31
29 Bovenschen, Silvia: Über die Frage: Gibt es eine weibliche Ästhetik ? - welche seit kurzem im Umlauf
die feministischen Gemüter bewegt - gelegentlich auch umgewandelt in die Frage nach den Ursprüngen
und Möglichkeiten weiblicher Kreativität.- In Dietze, Gabriele (Hrsg.): Die Überwindung der
Sprachlosigkeit. Texte aus der neuen Frauenbewegung. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag
1979. Seite 82-115. Hier Seite 110.
30 Hanke, Irma: Von Rabenmüttern... -In Helwig, Gisela (Hrsg ): Die DDR im Spiegel. .. Köln: Verlag
Wissenschaft und Politik 1986. Seite 136. Vgl. z.B. Günter de Bruyns Kurzgeschichte
"Geschlechtertausch".-In: Wolff, Lutz-W. (Hrsg.): Frauen in der DDR. München: 1983. Seite 198-223.
31 Brigitte Martin im Gespräch mit C. Hildebrandt. -In: Hildebrandt. C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin
(West): 1984. Seite 60.
32 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 85.
33 ebenda, Seite 86. Vgl. Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 271.
34 Hammer; Hannelore: Liebesgeschichten heute. Ein Gespräch mit Dr. Sigrid Töpelmann. Für Dich. 1987,
Nr. 46, Seite 18.
35 Emmerich, Wolfgang: Nachwort.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite Ulf.
36 Vgl. hierzu Müller, Klaus: DDR: Abschied vom Puritanismus? Ein Interview mit der DDR-Schriftstellerin
Waltraut Lewin.-In: Hildebrandt, Christel (Hrsg.): Liebes- und andere Erklärungen Bonn: 1988. Seite
106. Siehe auch Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 82.
37 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 4L
38 Mechtel, Angelika: Die schreibende Frau im Literaturbetrieb. Der weiße Rabe hat fliegen gelernt. Die
171

Zeit. 16. September 1977, Nr. 39, Seite 49.


39 Wolf, Christa: Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 114.
40 Königsdorf, Helga: Respektloser Umgang. Erzählung. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag
1986. Seite 54.
41 Wolf, Christa: Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 115
42 vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 27f.
43 Schmitz-Köster, Dorothee: "Nicht zu viel - zu wenig haben wir gesagt." Schreiben über Verdrängtes.-In:
Hildebrandt, C. (Hrsg.): Liebes- und andere Erklärungen Bonn: 1988. Seite 113-122. Hier Seite 113.
44 ebenda, Seite 115
45 ebenda, Seite 115f.
46 Wolf, Christa: Berührung.-In Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied:
1983. Seite 12.
47 Scheer, Regina: Begierde nach Wirklichkeit. Was leistet die Dokumentarliteratur? Sonntag. 1987, 4L Jg.,
Nr. 33. Seite 4.
48 Püschel, Ursula: Dreizehn arbeitende Menschen oder Betrachtungen, die neuere dokumentarische Literatur
betreffend Neue deutsche Literatur. 1987, 35. Jg., Nr. 1, Seite 72-91. Hier Seite 75.
49 Scheer, Regina: Begierde nach Wirklichkeit. Sonntag. 1987, 41. Jg., Nr. 33, Seite 4.
50 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Männer in der DDR. Protokolle. Darmstadt und Neuwied.
Luchterhand Verlag 1986. Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften. Freimütige Protokolle. Halle
tSaaie) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1986. Vgl. hierzu auch McPherson, Karin: GDR women
writers.. . Contemporrav German Studies. Occasional Papers, 1987, No. 3, Seite 39. "Whatever the
relative literary merit of this kind of writing may be, it serves an important function in breaking with the
more stereotyped concept of roles which, in spite of the high degree of legislative equality in public life,
is still operative within the private sphere throughout the 1970s and beyond."
51 Schmitz-Köster, Dorothee: "Nicht zu viel - zu wenig haben wir gesagt. "-In: Hildebrandt, C. (Hrsg.):
Liebes- und andere Erklärungen. Bonn: 1988. Seite 119.
52 Barckhausen, Christiane: Schwestern. Tonbandprotokolle aus sechs Ländern. Berlin (DDR): Verlag der
Nationen 2. Auflage 1985; Eckart, Gabriele: So sehe ick die Sache. Protokolle aus der DDR. Köln:
Kiepenheuer und Witsch 1984; Liebmann, Irene: Berliner Mietshaus Begegnungen und Gespräche. Halle
(Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1982.
53 Schmitz-Köster, Dorothee: "Nicht zu viel - zu wenig haben wir gesagt. "-In: Hildebrandt, C. (Hrsg.):
Liebes- und andere Erklärungen. Bonn: 1988. Seite 119.
54 Rüdenauer, Erika: Dünne Haut. Köln: 1988; Wander, Maxie; "Leben wär’ eine prima Alternative".
Dannstadt und Neuwied: 1986; Reimann, Brigitte: -Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Darmstadt und
Neuwied' 1986
55 Strittmatter, Eva: Mai in Piestanv. Berlin und Weimar: 1987.
56 Strittmatter, Eva: Briefe aus Schulzenhof. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1977. Vgl. hierzu auch
Feyl, Renate. Der lautlose Aufbruch. Frauen in der Wissenschaft. Dannstadt und Neuwied: Luchterhand
Verlag 1983, dies. Idylle mit Professor. Roman Berlin (DDR). Verlag Neues Leben 1986.
5‘7 Schmitz-Köster, Dorothee: "Nicht zu viel - m wenig haben wir gesagt."-In: Hildebrandt., C. (Hrsg.):
Liebes- und andere Erklärungen Bonn 1988 Seite 120
58 Juns Gerda: fcTmbpr iie anders sind. Berlin (DDR): Verlag Volk und Gesundheit 1981. Scneer. Regina:
Begierde nach Wirklichkeit. Sonntag. 1987, 4L Jg.. Nr 33, Seite 4 Vgl. auch Wolter, Manfred: Frank,
Umweg ins Leben. Protokolle. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1987.
59 Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Berlin (DDR)- '986; Oberthür, Irene: Mein fremdes
Gericht, Berlin (DDR): 1984. Vgl. hierzu auch eine Rezension von Astrid Böhme: Schwerer Weg zu
einern~neuen Platz im Leben. Neues Deutschland, 5./6. Januar 1985 Seite 14. Thorn, Wilhelm und
El friede: Rückkehr ins Leben. Ein Bericht. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 6. Auflage 1989
60 Worgitzky, Charlotte: Meine angeborenen Kinder. Roman. Berlin (DDR). Buchverlag Der Morgen 1982;
■<ie- ’ Ht ii: neu en immer nur die ander— Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1986; Königsdorf,
Helga Respektloser Umgang Darmstadt und Neuwied: 1986
61 Wolf Christa: Störfall Nachrichten eines Tages. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1987.

62 Morgner, Irmtraud: Hochzeit in Konstanünopel. Roman. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1968;
Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1979.
63 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 88.
172
64 ebenda, Seite 88f.
65 Zitiert nach Huffzky, Karin: ''Produktivkraft Sexualität souverän nützen". Frankfurter Rundschau,
16.August 1975, Seite III.
66 vgl. Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 98.
67 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 332.
68 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 867.
69 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 9.
70 ebenda, Seite 32
71 Zitiert nach: Hildebrandt, Irma: Warum schreiben Frauen ? Freiburg im Breisgau: 1980. Seite 67f.
72 Fehervary, Helen / Schmidt, Henry: Aus einer Diskussion... -In: Wolf, Christa: Die Dimension des
Autors. Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 910f.
73 Wolf, Christa: "Nun ja!...".-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 310. Vgl. auch Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite
82. "Wenn es um Kunst und Theorie geht, meinen immer die Männer, sie wären Experten."
74 Wolf, Christa: "Nun ja!..."-Indies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 310.
75 ebenda, Seite 316f.
76 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz... Berlin und Weimar: 1987; dies.:
Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984; Feyl, Renate: Der lautlose Aufbruch. Darmstadt und Neuwied:
1983; dies.: Idylle mit Professor. Berlin (DDR): Lewin, Waldtraut: Die Ärztin von Lakros. Roman.
Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 1977.
77 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 35f.
78 Zitiert nach Obermüller, Klara: "Die Perlen des Phantastischen". Die Weltwoche. 30.März 1977, Nr. 13,
Seite 35.
79 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 35f.
80 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1512.
81 ebenda, Seite 1513
82 ebenda, Seite 1511
83 Funke, Christoph: Flugbesen im Luftraum. "Amanda", ein Hexenroman von Irmtraud Morgner, im
Aufbau Verlag erschienen. Der Morgen. 23./24. April 1983, 39. Jg., Nr.97, Seite 4.
84 Beate Morgenstern im Gespräch mit C. Hildebrandt.-In: Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen....
Berlin (West): 1984. Seite 67.
85 Wolf, Christa: Büchner-Preis-Rede.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 326f.
86 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 83ff.
87 Obermüller, Klara: Irmtraud Morgner.-In: Puknus, Heinz (Hrsg.): Neue Literatur der Frauen. München:
1980. Seite 181.
173

TEIL II ALTERNATIVEN ZUR TRADITIONELLEN EHE UND FAMILIE:


ÜBERLEGUNGEN ZUR SELBSTVERWIRKLICHUNG IM
HÄUSLICHEN BEREICH

Die Werke der Autorinnen beschäftigen sich mit allen Lebensbereichen der Frau, die
vorliegende Arbeit richtet die Aufmerksamkeit jedoch auf das Familienleben und die darin
bestehenden Konflikte und Diskrepanzen. Dieser Bereich ist aus verschiedenen Gründen für
die hier angestrebte Diskussion von besonderer Relevanz.
So erklärt die Kulturtheoretikern Irene Dölling (1986), daß Engels’ vielzitierter Satz:
"Der erste Klassengegensatz, der in der Geschichte auftritt, fällt zusammen mit der
Entwicklung des Antagonismus von Mann und Weib in der Einzelehe, und die erste
Klassenunterdrückung mit dem des weiblichen Geschlechts durch das männliche”1 und seine
Feststellung, daß der "wirkliche Inhalt der proletarischen Gleichheitsforderung"2 die
Aufhebung der Klassen sei, oftmals verkürzt so interpretiert würde, "als sei mit der
Beseitigung des Klassengegensatzes und der ökonomischen, politischen und rechtlichen
Gleichstellung der Frauen in der sozialistischen Gesellschaft das Problem der sozialen
Gleichheit der Geschlechter weitgehend gelöst" ,3 Demgegenüber erscheinen die tatsächlichen
Ungleichheiten in den Lebensbedingungen von Männern und Frauen (z.B. in der
tendenziellen Zuordnung zu bestimmten Tätigkeiten innerhalb der gesellschaftlichen
Produktion, in den daraus folgenden Unterschieden in Einkommen und Zeitbudget, den
Möglichkeiten, bestimmte gesellschaftliche und Leitungsfunktionen wahrzunehmen, sich
weiterzubilden usw.) und daraus resultierend auch die unterschiedlichen Möglichkeiten für
die Ausbildung und Betätigung von Bedürfnissen und Fähigkeiten dann ein weniger
gravierendes Problem. Eine möglichst genaue Bestimmung gegenwärtig vorhandener
Unterschiede - so Dölling - ist aber notwendig, um entscheiden zu können, ob ihr Abbau
beziehungsweise ihre Reproduktion als Triebkraft für den weiteren ökonomischen und
sozialen Fortschritt wirkt.4
Und auch DDR-Soziologin Irene Runge (1985) stellt fest: "Ich halte es für eine
wichtige, politische, soziale und nicht zuletzt kulturelle Aufgabe, den Familienalitag in der
DDR genauer zu untersuchen, zu beschreiben, was sich an der Oberfläche abzeichnet, und
zugrunde liegenden Prozessen nachzuspüren. "5 Eine Analyse des Familienbereichs erscheint
somit von besonderem Interesse zu sein, Runge legitimiert mit ihrer Aussage auch indirekt
die von den Autorinnen formulierte Zielsetzung, in ihren Werken Fehlentwicklungen in der
Realität aufzuzeigen und die Leser zum Durchdenken bestehender Gegebenheiten
anzuhalten. Die Literatur kann hier Eindrücke aus erster Hand vermitteln, die sich sonst nur
durch soziologische Studien vermuten lassen.
Nicht zuletzt ist der Arbeitsbereich auch von vielen Studien bereits ausruhrltch
bearbeitet worden (Gast, 1973; Helwig, 1974. 1982, 1987; Hanke, 1984),6 er wird daher
hier weitgehend ausgeklammert. Bezug auf die Situation in dieser Sphäre soll nur
genommen werden, wenn es sich von der behandelten Thematik aus anbietet, wie z.B. wenn
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufgegntten wird.
Und noch weitere Grunde sprechen für die Bearbeitung des genannten Teilbereichs.
Die DDR hat große Anstrengungen unternommen, um in Ausbildung und Beruf für Frauen
und Männer gleiche Voraussetzungen zu schatten. Den Statistischen Jahrbüchern ist zu
entnehmen, daß seil Jahren jeweils rund die Hälfte aller Lehrlinge, Abiturienten und
174

Studenten weiblich ist, daß es in den Altersgruppen bis zu 40 Jahren keine


geschlechtsspezifischen Qualifikationsunterschiede mehr gibt. Mit Hilfe einer gezielten
Berufslenkung hat sich auch das Spektrum der von Frauen ausgeübten Tätigkeiten deutlich
verbreitert.7 Dennoch findet man ein Übergewicht an Männern in den Führungspositionen
der DDR-Gesellschaft. Wirken hier nur Traditionen und Vorurteile nach, die sich allmählich
abbauen lassen, oder werden überkommene Rollenbilder ständig aufs neue reproduziert?
Helwig (1987) geht davon aus, daß beide Faktoren eine Rolle spielen und einander sogar
bedingen. Die DDR weist ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen eindeutig
patriarchalische Züge auf. Männer beherrschen die Theorie und Praxis, machen die Gesetze,
entscheiden über den Einsatz von Leitungskadern und bestimmen dementsprechend auch
darüber, wo und inwieweit Frauen gleiche Chancen eingeräumt werden.8
Im Februar 1987 kritisierte auch SED-Generalsekretär Erich Honecker den
resultierenden geringen Anteil weiblicher Führungskräfte in Partei, Staatsapparat, Industrie
und Landwirtschaft. Die bisherigen Ergebnisse seien "mehr als bescheiden" und er forderte,
"energischer den unterschiedlichen Vorbehalten entgegenzutreten, die den Einsatz von
Frauen in verantwortlichen Funktionen (...) erschweren oder gar unmöglich machen".9
Während der Bildungsrückstand dem Mann gegenüber durch Förderungsmaßnahmen
deutlich verringert werden konnte, stießen alle Ermutigungen und Unterstützungen dort, wo
die niemals in Frage gestellte Zuständigkeit der Frau für die Belange der Familie ihren
Tribut in Form von Zeit, Nerven, Kraft und Gedanken fordert, auf schwer überwindbare
Grenzen. Im Zuge der Einbeziehung der Frau in das Berufsleben wurde ihr eine neue Rolle
zuerkannt, ihre traditionelle blieb ihr jedoch ebenso und ungeschmälert erhalten (Enders,
1984).10 Die daraus hervorgehende Doppelbelastung der Frau geriet erst dann ins offizielle
Blickfeld, als unerwünschte Entwicklungen, wie z.B. die zunehmende Teilzeitarbeit, die
hohe Scheidungsrate und die fallende Geburtenrate, Reaktionen forderten. Allein die
Implementierung der seit Anfang der siebziger Jahre eingeführten sozialpolitischen
Maßnahmen (finanzielle Unterstützung, Babyjahr usw.) bezeugen, daß die Gründe für diese
Fehlentwicklungen im häuslichen Bereich gesucht wurde und man hoffte, sie durch
Hilfestellungen von außen zu beseitigen. Die Tatsache, daß die Neuregulierungen nahezu
ohne Ausnahme an die Frauen gerichtet waren, kann einerseits als indirekte Anerkennung
der zentralen Rolle der Frauen in der Familie aufgefaßt werden. Andererseits bestätigen sie
jedoch die traditionelle Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau, indem sie weit über das
biologisch bedingte Maß hinaus einseitig Mütter für das "Funktionieren" der Familie als
Auflage zuordnen (Helwig, 1987).11
Einerseits wird die Frau durch die von den Gesetzgebern getroffenen Maßnahmen
für das Familienleben verantwortlich gemacht, andererseits wird sie aber auch für die
dadurch entstehende Doppelbelastung kritisiert. Inge Lange, Sekretär für Frauenfragen im
ZK der SED, sprach von einer "falschen Grundeinstellung", die zu einer unnötigen
Ausdehnung der Hausarbeit führe, und von höheren Ansprüchen bei Speisezubereitung,
Wohnkomfort, Hygiene usw.12 Eine 1985 in Ost-Berlin veröffentlichte Studie wiederum
stellt fest, daß die rund 3,3 Stunden Hausarbeit, die täglich in den Familien verrichtet
würden, ”im eindeutigsten Sinne des Wortes 'Frauenarbeit”' seien. Bei allem kritischen
Nachdenken über diese Frage müßten immer die "Realitäten des Familienalltags", der
"Bewußtseinsstand" der Männer und Frauen und die "gesellschaftlichen Bedingungen"
gesehen werden.13 Den Frauen wird somit ein großes Maß der Schuld an den bestehenden
Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zugesprochen. Überhöhte Ansprüche und
175

mangelndes Bewußtsein - allerdings beider Partner - werden hier verantwortlich gemacht.


Wenn dann die renomierte Familienrechtlerin Anita Grandke (1986) zusätzlich konstatiert,
daß "nur die Partner seihst ihre Gemeinschaft erfolgreich entwickein” können/4 wird
deutlich, daß die DDR-Regierung sich nicht - oder nur sehr bedingt - für eine konsequente
Einführung und Unterstützung der Gleichberechtigung ?m häuslichen Bereich pflichtschuldig
hält. Mißstände sir.d bei den Eheleuten selbst zu suchen und sind auch von diesen im
Alleingang zu beheben.
Allgemein wird von offizieller Seite argumentiert, daß die grundlegenden
gesellschaftlichen Veränderungen, die sich in der DDR vollzogen haben, auch zu
grundlegenden Veränderungen in den materiellen, geistigen und moralischen Grundlagen
von Ehe und Familie und damit in der gesamten Art und Weise des Familienlebens geführt
haben.15 In den folgenden Kapiteln wird aufgezeigt, daß es tatsächlich schon Anzeichen
dafür gab. daß sich die traditionelle Familienstruktur - wie auch in den westlichen
Industrieländern - im Umbruch befand. Fortschritte wurden jedoch nur sehr zaghaft
gemacht. Es konnte in Teii I bereits aufgezeigt werden, daß die Autorinnen die Frauen
längst ment an der bestehenden Situation schuldlos sprechen, ebenso aber auch, daß sie sich
eine Weiterentwicklung nicht nur von den Frauen - gemeinsam mit den Männern - sondern
auch von der Gesellschaft erwarten. Ihnen geht es darum, neue Alternativen zu den
bestehenden Lebensformen zu Enden.16
In der DDR gehen die Gesetzgeber davon aus, mittels der von ihnen vorgelegten
Leitbilder und Regelungen selbst eine Alternative zur traditionellen Familienform zu
schaffen. Die ersten beiden Kapitel dieses Teils der Arbeit sollen zunächst die rechtliche
und sozialpolitisch Situation der Frau in der Familie deutlich machen. Kapitel II.9 bis II. 11
beschäftigen sich dann mit detaillierten Einzeiaspekten des privaten Lebensbereichs, denen
in der Frauenliteratur verstärktes Interesse entgegengebracht wird. Hier sollen zunächst die
von den Literatmnen dargelegten Standpunkte zusammengestellt und diese dann den aus
offiziellen und auch soziologischen Quellen verlautbarten Einstellungen gegenübergestellt
werden. Ziei ist es die sozialen Rollen von Mann und Frau :n der DDR zu untersuchen und
die im offiziellen Schrifttum und :n der Fraueniiteramr vermittelten Leit- und auch ’Leid"-
bilder miteinander zu vergleichen.

Fußnoten
Engels, Friedrich: Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates.-in; MEW, Bd. 21,
Seite 68. Zitiert nach Dölling, Irene. Individuum und Kultur. Berlin ( DDR): Dietz Verlag 1986. Seite 86
Engels, Friedrich: Herrn Eugen Dühnngs Umwälzung der Wissenschaft ("Anti-Dühnng'; -in: MEW, 3d.
20, S.99. Zitiert nach Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR). 1986 Seite 86.
Dölling. Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite S6f
ebenda, Seite 87
Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1985. Seite 8.
Gast, Gabriele: Die politische Rolle ... Düsseldorf: 1973, Helwig, Gisela: Zwischen Familie und Beruf.
Köln: 1974; dies. Frau und Familie Köln: 1982: dies Frau und Familie Köln: 1987; Hanke. Irma.
Probleme berufstätiger Frauen mit Kindern als Thema der DDR-Literatur. Ein Literaturbericht.-In
i^bensbedmeunger. in der DDP.. Köln: 1984. Seite lil-lul ^
Vgl. hierzu Helwig, Gisela: Emanzipation und Famihenpoiitik. Deutschland Aren,y, 1987. J) .g., Nr.
9, Seite 897-900. Hier Seite S97:.
ebenda, Seite 3Q8 *7 Ist O .CQ^
176

Zitiert nach ebenda, Seite 897.


10 Enders, Ulrike: ".. .damit sie ihre Pflichten als Berufstätige, Ehefrau und Mutter immer besser vereinbaren
kann." Zu einigen Aspekten der Lebensbedingungen von Frauen in der DDR.-In: Lebensbedingungen in
der DDR. Köln: 1984. Seite 37-48. Hier Seite 41.
11 Helwig, Gisela: Emanzipation und Familienpolitik. Deutschland Archiv. 1987, 20. Jg., Nr. 9, Seite 898.
12 Helwig, Gisela: Frau und Familie. - Köln: 1987. Seite 105.
13 ebenda, Seite 109
14 Grandke, Anita: Familienförderung als gesellschaftliche und staatliche Aufgabe. Berlin (DDR):
Staatsverlag der DDR 1986. Seite 23.
15 Kulmmolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 187ff. und 252f.
16 Vgl. hierzu auch Teil III dieser Arbeit.
177

II.7 Gesetzliche Bestimmungen und politische Leitsätze

In diesem Kapitel sollen die Aspekte des rechtlichen und politischen Gefüges untersucht
werden, auf die sich die Autorinnen in ihren Schriften besonders konzentrieren.
Die Familie steht häufig im Mittelpunkt ihrer Ausführungen: "Die Familie ist die
kleinste Zelle der Gesellschaft", lautet der erste Satz des 1965 in Kraft getretenen
Familiengesetzbuches der DDR (FGB).1 Und: "Die DDR ist ein stark familienorien-tiertes
Land"2 lesen wir schon in den Vorbemerkungen zu Irene Runges Buch Ganz in Familie
(1985). Ihre Studie sei - so Runge selbst - ein Versuch, Gedanken zu einem Thema zu
äußern, "das bis heute von unserer Wissenschaft eher stiefmütterlich behandelt worden ist" .3
Das Familienleben, so stellt sie fest, gehöre zu den Selbstverständlichkeiten des sozialen
Daseins in der DDR. Die Familie sei das Normale, das im täglichen Leben Bewährte: "Eine
Familie zu gründen und zu haben ist das wichtigste Ziel der meisten DDR-Bürger."4 Die
Familie sei nicht schlechthin die "kleinste Zelle der Gesellschaft", sie sei Institution und
Organisationsform des sozialen Bereichs, aus dem täglich Männer, Frauen und Kinder
"entlassen" würden, um zu arbeiten, einzukaufen, zu lernen, sich zu vergnügen und sich
letztlich wieder einzufinden. Die Familie erscheine als ein Synonym für Hoffnungen,
Ansprüche und Zukunft, als hinge dies allein von den Mitgliedern der jeweiligen Familien
ab. Die Familie genieße in der DDR den Schutz der Gesellschaft. Soziale Sicherheit und
sozialpolitische Maßnahmen machten es objektiv möglich, daß das Familienleben "normal"
ablaufe, daß Existenzsorgen nicht entstünden, daß Männer und Frauen gleiche Rechte
verwirklichen könnten und allen Kindern des Volkes gleiche Chancen offenstünden.
Tatsächlich ist der Schutz der Familie nicht nur in der Präambel des FGB, sondern auch in
der Verfassung der DDR verankert. Hier wird unmißverständ-lich formuliert:

Jeder Bürger der DDR hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung
seiner Ehe und Familie.5
und:
Das Familiengesetzbuch lenkt die Aufmerksamkeit der Bürger, der
sozialistischen Kollektive und der gesellschaftlichen Organisationen auf die
große persönliche und gesellschaftliche Bedeutung von Ehe und Familie und
auf die Aufgaben jedes einzelnen und der gesamten Gesellschaft, zum Schutz
und zur Entwicklung jeder Familie beizutragen.6

Die Institution Familie ist also von den offiziellen Stellen als auch von jedem
einzelnen Bürger nach besten Kräften zu unterstützen. Grandke (1986) bezeichnet die
Achtung von Ehe- und Familie sogar als "eine Verhaltensnorm der sozialistischen Moral".7
Der Begriff "Förderung" wurde für die Familie erstmals irn FGB ausdrücklich rechtlich
verwendet, er beinhaltet weit mehr als "Schutz", denn er ist nicht schlechthin aut die
Erhaltung des Bestehenden, sondern auf die Entwicklung und Festigung der Beziehungen
und ihres Inhalts ausgerichtet.8 Die Zielsetzungen der "Erhaltung des Bestehenden und
"Festigung der Beziehungen" geben zu Zweifeln an der beabsichtigten "Entwicklung"
Anlaß, wenn sie in Zusammenhang mit den von Helmut Hanke (1980) dargelegten
Überlegungen zu Traditionen in der Lebensweise in der DDR gesehen werden Hanke
bezeichnet em stark familienbezogenes Leben als "nationale Tradition" der DDR, "familiäre
Geborgenheit, häusliche Behaglichkeit und Bequemlichkeit" seien hochgeschätzte Werte.9
178

Diese Beschreibung erinnert unwillkürlich an die althergebrachte "Filzpantoffelmentalität"


im familiären Bereich, die es in einer sozialistischen Version desselben abzustreifen gilt.
Dieses Gefühl muß auch den Autor selbst befallen haben, denn er fährt fort:

Zu den familiären Traditionen gehören die Feste und Feiern zu den


Geburtstagen der Familienmitgliedern, zur Schuleinführung, zur Jugendweihe,
zur Hochzeit, zum Jahreswechsel, Ostern, Pfingsten und Weihnachten. Diese
Traditionen spielen eine stabilisierende Rolle im Familienleben, sie zeigen,
wie in der sozialistischen Lebensweise überkommene Verhaltensweisen und
Wertorientierungen weitergeführt werden.10

Es stellt sich somit die Frage, wie weit es in der DDR tatsächlich gelungen ist, sich
vom traditionellen Familienideal zu befreien, denn, da Familien- und Frauenentwicklung
untrennbar miteinander verbunden sind,11 muß die Rollenkonzeption und Aufgabenverteilung
beider Geschlechter im privaten Bereich über den tatsächlichen Entwicklungsgrad der
Gleichberechtigung und der entsprechenden Gleichverpflichtung von Mann und Frau
Aufschluß geben.

In diesem Zusammenhang hat sich der sowjetische Familiensoziologe Nicolai


Solowjow in seinem Buch Ehe und Familie, das 1980 in der DDR im Verlag der Frau unter
der Redaktion Herta Kuhrigs erschien (und dadurch offiziellen Charakter gewinnt), mit der
Rolle und den Aufgaben der Familie in der sozialistischen Gesellschaft auseinandergesetzt.
Solowjows Untersuchung, so Kuhrig in ihrem Vorwort zur deutschsprachigen Ausgabe,
gehe von der Erkenntnis aus, daß der Sozialismus, die von Ausbeutung und Unterdrückung
des Menschen durch den Menschen freie Gesellschaftsordnung, seinem Wesen nach auch
neue Beziehungen zwischen Gesellschaft und Familie und eine neue, höhere Form der
Beziehungen zwischen Mann und Frau, zwischen Eltern und Kindern hervorbringe. Sie fügt
aber gleich einschränkend hinzu, daß es sich hierbei um einen konfliktreichen, für den
einzelnen nicht immer ohne Schwierigkeiten verlaufenden Prozeß handele, denn die
Entstehung alles Neuen würde sich nicht ohne "Geburtswehen" durchsetzen können. Es
ginge darum, das Verantwortungsbewußtsein des einzelnen für Ehe und Familie sowie auch
die Bereitschaft, Konflikte zu meistern, weiter zu erhöhen.12
Die Veränderung und Entwicklung der Produktionsverhältnisse wirken sich auf das
gesamte gesellschaftliche System und damit auch auf die Familie als dessen kleinste Zelle
aus. Geplant sei - so Solowjow - ein Übergang zur kleinen monogamen, gleichberechtigt¬
demokratischen Familie, der mit den ersten Anfängen der Entwicklung der Großindustrie
begann, seitdem ständig zunehme und zuweilen auch "stürmisch" verlaufe, dieser Vorgang
gälte jedoch keineswegs als abgeschlossen.13 Die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse hätten
bereits auf die soziale Rolle der Ehegatten untereinander und auch auf die der erwachsenen
Kinder eingewirkt, neue Arten der Beziehungen zwischen den Ehegatten mit hohen
Ansprüchen an sich selbst und auch an den Partner seien entstanden, denn "die zunehmende
Freiheit der Persönlichkeit und die Rolle des subjektiven Faktors ließen eine Vielzahl neuer
Probleme und Widersprüche im Familienleben entstehen". Diese sind jedoch als positive
Aspekte aufzufassen, denn das persönliche und das familiäre Leben würde dadurch reicher
und komplizierter.14
Solowjow und auch Kuhrig nehmen mit ihren Aussagen also indirekt Abstand von
179

der seit Ulbrichts Rede offiziell vertretenen Ansicht, die Gleichberechtigung der Frau in der
DDR sei bereits erreicht. Ihnen ist klar, daß es sich dabei um ein noch zu erreichendes Ziel
handelt, auf das man sich unter Mühen zubewegen muß. Damit sind sie im Einvernehmen
mit der kritischen Schriftstellerin Annemarie Auer (1975), die betont, daß der Umbau der
Beziehungen durch die sozialistische Revolution zwar eingeleitet wurde, aber erst begonnen
habe.15 Und auch Morgners Protagonistin Valeska philosophiert über ihr Leben mit
Ehemann Robert: "Die gesetzlichen, rechtlichen Gegebenheiten seines Staates haben die
gewohnheitsdenkerischen nicht nur der männlichen Bewohner bereits beträchtlich
überholt."16 In der SED schien sich diese Erkenntnis jedoch nicht durchgesetzt zu haben.
Im Aufruf des ZK zum 35. Jahrestages der Gründung der DDR fand die "verwirklichte
Gleichberechtigung der Frau" nach wie vor Erwähnung.17 Wie weit die Entwicklung dieser
"gewohnheitsdenkerischen Gegebenheiten" beider Geschlechter in Richtung ihrer
Gleichberechtigung schon fortgeschritten ist, welche von der Gesetzgebung vorgegebenen
Ziele bereits erreicht und ob diese in ihrer augenblicklichen Formulierung ausreichen, um
die Emanzipation von Mann und Frau zu verwirklichen, wäre hier zu untersuchen.

Zunächst fällt auf, daß die Mehrheit der gesetzlichen Bestimmungen zur Förderung
der Familie auf die Frau und Mutter zugeschnitten sind. Wie bereits erwähnt, verweisen
u.a. Grandke (1978, 1982), Walther (1979) und auch Gysi (1984) auf einen engen
Zusammenhang zwischen Frauen und Familienentwicklung.18 Lampert (1981) bezeichnet die
Familienpolitik der DDR, gerade weil sie in erster Linie an der Veränderung der
Lebenslage der Frau ansetzt, als "in starkem Maße Emanzipationspolitik".19 Diese
Zuordnung des Familienbereichs zur Frau mutet jedoch weniger emanzipatorisch als
traditionell an, der Wunsch nach einem ausgeglichenerem Bild der Rechte und Pflichten
entsteht. Jutta Gysi (1984) betont in diesem Zusammenhang, daß frauen- und
familienpolitische Maßnahmen stets eine zweidimensionale Wirksamkeit aufweisen, daß sie
wechselseitige Effekte setzen. Jede frauenfördernde Maßnahme, egal ob sie die Funktion
im Arbeitsprozeß oder als Mutter beträfe, berühre stets "in irgendeiner Weise" auch die
gesamte Familie, deren Lebensbedingungen, Lebensweise und Entwicklungsmöglichkeiten.
Ebenso seien die familienpolitischen Maßnahmen hochgradig an der Rolle der Frau in
Gesellschaft und Familie ausgerichtet, deshalb auch oft an sie addressiert.20 Diese Erklärung
kann jedoch nicht überzeugen; sie stellt nur klar, daß Frau und Familie in den Augen der
Politiker, Gesetzgeber und Soziologen nach wie vor eine untrennbare Einheit darstellen, die
eine kann nur über die andere erreicht oder beeinflußt werden, die Frau als Einzelperson -
in dem Sinne wie es einem Mann ohne Aufhebens zugestanden wird - tritt in den
Hintergrund.
Konsequent wäre der Versuch, auch dem Mann in seiner Rolle als Familienvater
rechtliche und finanzielle Unterstützung oder Privilegien im Arbeitsbereich zuzugestehen.
Es sei dringend notwendig, so argumentiert Morgner (1984), daß Institutionen mit der
Autorität ihrer Worte den werktätigen Vätern helfen, ihren Beruf besser mit ihren Pflichten
im Haushalt und bei der Kindererziehung zu bewältigen. Solcher Beistand würde die
Männer, die das bereits versuchten, unterstützen, und sie würden die entmutigenden
Widerstände der Tradition weniger heftig zu spüren bekommen. "Wir brauchen eine bessere
Väterlichkeit."21 Solche Maßnahmen würden der Familie und auch den Frauen
zugutekommen. Die Einführung der verkürzten Arbeitszeit für die Väter von Kleinkindern
oder kinderreichen Familien zur Kontaktverbesserung und Übernahme der die Frau
180

belastenden Pflichten wäre durchaus angebracht. Ein zusätzlicher Bonus wäre der hierbei
bewußt angelegte Versuch, die in den Familien noch immer bestehende und an die Kinder
weitervermittelte traditionelle Rollenfixierung zu durchbrechen:

Mitunter genügt ein äußerer Anlaß, um eine Tradition als veraltet zu


erkennen. Verständnisvolle Maßnahmen, die helfen, daß Frauen die Rechte,
die sie in der DDR haben, auch wirklich in Anspruch nehmen können, gibt
es viel. Ich erinnere an die bereits festgefügte Sprachbildung zur Begründung
solcher praktischer Hilfen: Damit die Frauen ihre berufliche Tätigkeit noch
erfolgreicher mit ihren Aufgaben als Mutter und in der Familie vereinbaren
können. Ich wünsche mir nun, daß mal von einer gesellschaftlichen Autorität
zu hören wäre: Man muß die Männer moralisch unterstützen, damit sie ihre
berufliche Tätigkeit noch erfolgreicher mit ihren Aufgaben als Väter und in
der Familie vereinbaren können. Es muß nämlich viel passieren, ehe ein Vater
"Rabenvater" genannt wird. Versäumnisse auf diesem Gebiet werden
landläufig noch als Kavaliersdelikte gewertet. Aber wie schnell ist eine Frau
eine "Rabenmutter" oder eine "Schlampe”...22

In der DDR scheint diese Kritik, die ja auch von anderen Schriftstellerinnen immer
wieder mehr oder weniger direkt formuliert wird,23 auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein.
Grandke macht in ihrem neuesten Werk (1986) deutlich, daß diese Regelungen in der
Zukunft weiterer Änderungen bedürften, um auch hier eine wirkliche Gleichberechtigung
und auch -Verpflichtung zu schaffen. Hier stellt sie klar, daß Staat und Gesellschaft aufgrund
der biologischen Bedingungen Mutterschutz und Förderung der Frauen bei Schwangerschaft
und Geburt immer zu ihren Aufgaben zählen werden, daß der historische Aspekt der
Mutterförderung dagegen vorübergehender Natur sei. So lange die Frauen den Hauptteil der
familiären Belastungen trügen, so lange müsse die Familienförderung bestimmte Leistungen,
wie z.B. die Verkürzung der gesetzlichen Arbeitszeit im Interesse der Familie an die Frauen
adressieren. Je mehr die besondere Belastung der Frau im Vergleich zum Mann zurückgehe,
um so mehr werde sich die Familienförderung an beide Eltern wenden können. Letztlich
würden gleiche Rechte für Vater und Mutter, die ihrer eigenen Disposition unterlägen, die
Beziehungen zwischen den Geschlechtern allgemein und zwischen Mann und Frau als
Partner und in der Ehe weiter vertiefen.24 Diese Erkenntnis kommt einer Weiterentwicklung
und - wenn auch in die Zukunft verwiesenen - Abstandnahme von den früheren Theorien,
daß einerseits die Gleichberechtigung schon verwirklicht sei, andererseits Frauen- und
Familienpolitik immer aneinander gekoppelt sein müßten, gleich.

Runge und Solowjow betonen, daß die neue soziale Stellung der Frau mehr als alle
anderen Veränderungen das Familienleben beeinflußt habe. Durch ihre Berufstätigkeit und
die außerhäusliche Betreuung der Kinder sei nun die Möglichkeit gegeben, die
Familienbande "massenhaft auf gleichberechtigter Basis zu festigen und die Persönlichkeit
der Frau, des Mannes und der Kinder zu achten". Die dadurch entstehenden
Konfliktpotentiale bedürften eines täglichen Ausbalancierens: "Es wäre naiv, wollte man
hiervon abstrahieren und eine Idylle mit dem Namen Familienalltag für die DDR
annehmen", stellt Runge fest.25 An dieser Stelle ist es ausgesprochen interessant
festzustellen, daß Solowjow die Organisation des Familienlebens und auch des Haushalts
181

nach wie vor der Frau anheimstellt. Dieser Auffassung entspricht die von den Autorinnen
dargestellte und kritisierte DDR-Alltagsrealität: Immer wieder sind es die Frauen, denen die
Planung und Einteilung obliegt. Es ist aber absehbar, daß diese Aufgabe, wenn sie immer
von ein und derselben Person erfüllt wird oder werden muß, diese sich bald versucht oder
gar genötigt fühlen wird - um des Friedens willen oder gar der Einfachheit halber -
nachzugeben und selbst zurückzustecken. Genau diese Situation wird von Charlotte
Worgitzky in ihrer Erzählung "Quäze" (1978) beschrieben:

Quäze hatte Bedingungen gestellt: daß jeder sein Zimmer selbst in Ordnung
hielte und säuberte, Bern den Korridor dazu, sie Küche und Bad (eigentlich
viel mehr Arbeit, aber na ja, bei ihr ging es sicher schneller) Kohlen aus dem
Keller holen er, kochen sie, abwaschen er, einkaufen abwechselnd, jeder sein
Zimmer heizen, seine Wäsche waschen und ausbessem. Bern hatte
versprochen, alles zu tun, was sie ihm auftrüge.26

Ein solches Nachgeben, egal aus welchen Gründen, birgt in sich aber die Gefahr, die
einem einmal zugestandenen Rechte, Privilegien und auch Partnerschaft (vor allem in
Haushaltsdingen) zu verlieren. In der Für Dich-Umfrage "Was uns fördert - was uns
hemmt" (1986) wurde von Leserinnen immer wieder kritisiert, daß ihre Ehemänner nach
Beendigung des Babyjahres, in dem sie viele - wenn nicht gar alle - Haushalts- und
Kinderpflichten freiwillig übernommen hatten, um der Familie, sich selbst und auch ihren
Männern die größtmögliche Freizeit einzuräumen, diese ihre ehemaligen Pflichten regelrecht
"verlernt" hätten und nun nur sehr ungern dazu bereit wären, ihren Anteil zu übernehmen.
Eine Leserin formuliert: "Ich wurde von Jörg entbunden und er von der Hausarbeit."27
Auch Berns Versprechen "alles zu tun, was sie ihm auftrüge", weist seiner Partnerin Quäze
die Organisation des gemeinsamen Haushaltes zu. Ähnliche Beobachtungen werden in den
Werken der Schriftstellerinnen immer wieder gemacht und werden darum in Kapitel 11.10
ausführlich diskutiert.

Fußnoten
FhP nnH Familie: Eine Sammlung gesetzlicher Bestimmungen mit Anmerkungen und Sachregister.
Herausgegeben vom Ministerium der Justiz. Berlin (DDR): Staatsverlag der DDR 1981. Seite 11-38.
Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 9
ebenda, Seite 15
ebenda, Seite 6
Verfassung der DDR vom 7. Oktober 1974, Artikel 38 (1)
Präambel des FGB
nrsnrtVr Anita- Familienförderung.... Berlin (DDR): 1986. Seite 20ff.
Grandke, Anita: Zur Entwicklung von Ehe und Familie.-In: Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram (Hrsg.).
Zur gesellschaftlichen Stellung.... Leipzig: 1978. Seite 246.
Hanke, Helmut: Zur Rolle von Traditionen in Lebensweise und Kultur. Weimarer Beitrage, 1980, 26.
Jg., Nr. 1, Seite 35-58. Hier Seite 47.
10 ebenda, Seite 48
Vel Grandke Anita: Zur Entwicklung von Ehe Und Familie.-In Kuhng, Herta / Speigner, Wulfram
11
(Hrsg.): Zur ppsellsr.haftlichen Stellung ... Leipzig: 1978. Seite 229 und 247; Walther, Rosemarie
Leiterin des Bereichs Familienpädagogik in der Sektion Pädagogik der Humboldt-Universität).
Familienbeziehungen und Erziehung der Kinder. Einheit, 1979, 34. Jg., Nr. 11, Seite 1157-1165. Hier
182
Seite 1159; Gysi, Jutta: Frauen- und Familienentwicklung als Gegenstand sozialistischer Politik.-In:
Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1984. Berlin (DDR): Akademie Verlag 1984. Seite 95-109. Hier
Seite 95-100.
12 Solowjow, Nicolai: Ehe und Familie heute. Leipzig: Verlag für die Frau 1980. Seite 7.
13 ebenda, Seite 9 und 189
14 ebenda, Seite 10
15 Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In: Anderson, Edith (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel.
Rostock: 1975. Seite 243f.
16 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: Seite 52.
17 siehe Fußnote 11
18 Gysi, Jutta: Frauen- und Familienentwicklung als Gegenstand sozialistischer Politik.-In: Jahrbuch für
Soziologie und Sozialpolitik 1984. Berlin (DDR): 1984. Seite 100.
19 Lampert, Heinz: Leitbild und Maßnahmen der Familienpolitik in der DDR. -In Schweitzer, Rosemarie von
(Hrsg.): Leitbilder für Familie und Familienglück. Festgabe für Helga Schmucker. Beiträge zur Ökonomie
von Haushalt und Verbrauch. Berlin (West): Duncker und Humblot 1981. Seite 63-88. Hier Seite 65.
20 Gysi, Jutta: Frauen- und Familienentwicklung als Gegenstand sozialistischer Politik.-In: Jahrbuch für
Soziologie und Sozialpolitik 1984. Berlin (DDR): 1984. Seite 100.
21 Kaufmann, Eva: Interview mit Irmtraud Morgner. Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 9, Seite 1501.
22 Morgner, Irmtraud: Aber die großen Veränderungen... Für Dich. 1978, Nr. 21, Seite 18.
23 Vgl. z.B. Charlotte Worgitzkys Kritik an der Benennung der ''Mütterberatungsstellen” in: Aus den Akten
der Hölle.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 83-105. Hier Seite 102
24 Grandke, Anita: Familienförderung.... Berlin (DDR): 1986. Seite 76f. In diese Richtung scheinen auch
die neuesten Überlegungen der Soziologen zu gehen, die Gysi (1987) in einem Interview auseinanderlegt.
Hier erkennt sie an, daß mit den größeren zeitlichen Vergünstigungen für die Frau auch die Gefahr
einhergeht, "die ohnehin ungleiche Verteilung der häuslichen Pflichten festzuschreiben". Die
Inanspruchnahme des Babyjahrs durch die Mutter führe häufig dazu, daß sie sich nach Aufnahme ihrer
Berufstätigkeit eine gerechte Verteilung der häuslichen Pflichten erneut erkämpfen müsse. Und sie kommt
zu dem Schluß: "Heute, auf dem erreichten hohen Niveau der Gleichberechti-gung der Geschlechter, geht
es mehr und mehr um die Vereinbarung von Berufstätigkeit und Elternschaft." Die Gleichstellung von
Vater und Mutter in Bezug auf Übernahme des Babyjahres und Arbeitsfreistellung bei Krankheit eines
Kindes sind für Gysi "anschaulicher Beweis" für die staatlichen Bemühungen. Schwarz, Gislinde: Typisch
Frau? Typisch Mann? Ein Gespräch mit Dr. Jutta Gysi, Leiterin der Forschungsgruppe "Familie" am
Institut Soziologie und Sozialpolitik der Akademie der Wissenschaften der DDR. Für Dich. 1987, Nr.
25, Seite 27-29.
25 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 7.
26 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In Vieräueig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 32.
27 Nur fürs Baby da sein ? Beiträge zur Für Dich-Leserdiskussion "Beruf und Familie - was uns fördert, was
uns hemmt". Beitrag von Judith Z.: Ehestreit nach dem Babyjahr. Für Dich. 1986, Nr. 50, Seite 20-23.
Hier Seite 22. Vgl. auch Schwarz, Gislinde: Die verflixten fünf. Für Dich. 1988, Nr. 2, Seite 6-9. Hier
Seite 8f.
183

II.8 Die Ehe als Basis des Zusammenlebens

In den Gesetzbüchern der DDR und der einschlägigen Literatur muten Ehe und Familie wie
Synonyme füreinander an: Familie ohne Ehe, Ehe ohne Familiengründung erscheinen
undenkbar. Schon der zweite Satz der Präambel des FGB statuiert, daß die Familie auf "der
für das Leben geschlossenen Ehe" beruhe und aus den "besonders engen Bindungen, die
sich aus den Gefühlsbeziehungen zwischen Mann und Frau und den Beziehungen
gegenseitiger Liebe, Achtung und gegenseitigen Vertrauens zwischen allen
Familienmitgliedern” ergebe. Die Verfassung der DDR 1 garantiert den Schutz von Ehe und
Familie und gibt zusätzlich konkrete Richtlinien vor, die ein recht klar umrissenes Leitbild
schaffen. Das Gleichheitsprinzip wird als wesentliches Fundament der ehelichen
Beziehungen hervorgehoben und zusammen mit der familiären Sozialisation primär unter
dem Gesichtspunkt gesamtgesellschaftlicher Erfordernisse gesehen. Man geht davon aus,
daß die Frauen und Männer, die heute in der DDR den "Bund fürs Leben" schliessen, unter
dem Einfluß von Verhaltensnormen aufgewachsen sind, die sozialistische
zwischenmenschliche Beziehungen nicht nur ermöglichen, sondern auch fordern und
fördern. Als entscheidende Grundbedingung wird hier die Gleichberechtigung der Frau in
allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens genannt. Die Ansprüche an den Partner seien
gewachsen, die Ehe werde mit hohen Erwartungen eingegangen. "Den Partner, den man
liebt, zu heiraten, eine Familie mit Kindern zu gründen ist für diese Menschen ein
erstrebenswertes Ziel", konstatiert Irene Zickenrott (1982) in Einheit.2 Einerseits entspreche
dieser Entschluß ihrem ganz persönlichen Bedürfnis, andererseits gründe er sich auf der
Erfahrung, daß Ehe und Familie von der sozialistischen Gesellschaft geachtet, geschützt und
auf vielfältige Weise gefördert werden.
Diese, von offizieller Seite immer wieder vertretene und propagierte Ansicht steht
in offensichtlichem Gegensatz zu der von vielen Literatinnen vertretenen Meinung, daß die
Ehe mit Skepsis zu betrachten ist. So formulierte z.B. Morgner (1984):

Man erzwingt (...) das Glück, nämlich in der Form, daß man sich einem
Menschen anbindet, der einem die Welt ersetzt, ersetzen muß. Das ist
unmöglich, diese Art von Partnerschaft. Und das trifft besonders Frauen,
Männer auch, aber nicht so schlimm, weil Männer sich traditionell besser
bewegen konnten. Die traditionelle Art der Frauen jedoch zu heiraten, das
war das wichtigste Ereignis, und dann mußte der Mann für die Frau die Welt
ersetzen. Das ist schier unmöglich, das ist für kein Wesen möglich, das muß
scheitern.3

Angesichts dieser Kritik stellt sich die Frage, wie groß das von Zickenrott erwähnte
"ganz persönliche Bedürfnis" tatsächlich ist, ob sich Unterschiede in verschiedenen Alters¬
und vielleicht auch Geschlechtsgruppen ergeben. Eine Untersuchung der von der politischen
Führung implementierten "Ehemotivierungssmaßnahmen und ihrer Effektivität erscheint
daher zunächst angebracht. In den folgenden Kapiteln und auch in Teil III dieser Arbeit soll
versucht werden, einige der tatsächlichen Beweggründe und auch Ablehnungsmotive zu
analysieren.
Neben den direkten Maßnahmen zur Förderung der Eheschließung kann auch der
Tatbestand, daß die auch in der DDR steigende Zahl der eheähnlichen
184

Lebensgemeinschaften aus generellen und sozialpolitischen Gründen nicht mit der Ehe
gleichgestellt wurden, als eine indirekte Förderung interpretiert werden. Begründet wurde
diese Ansicht damit, daß nur durch die Ehe als freiwilliger Gemeinschaft die aus der Ehe
folgenden gegenseitigen Rechte und Pflichten begründet werden können, daß also bei
unterbliebener Eheschließung die Rechtsfolgen der Ehe nicht eintreten können, mit der
weiteren Folge, daß dann "der Staat die Frau und Mutter nicht auf die Solidarität der
Partnerbeziehungen verweisen kann".5 Die Ehe, so kann man aus dieser Argumentation
folgern, besteht also zum Schutz der Frau, zu ihrer rechtlichen Absicherung. Entsprechend
argumentiert auch Solowjow (1980), daß die juristischen Beziehungen durch "die Sorge des
Staates um die Festigung der Familie, durch den Schutz der Interessen von Mutter und Kind
sowie durch die Politik der Sozialisation der heranwachsenden Generation" hervorgerufen
würden.6 Kuhrig (1982) bestätigt, daß es auf offizieller Seite oftmals "Überraschung und
Verwunderung" auslöse, wenn trotz der sozialen Sicherheit, unter der Ehe und Familie im
Sozialismus gedeihen könnten, nicht wenige Ehen vor dem Scheidungsrichter endeten; die
Zahl der Frauen zunehme, die sich für die Geburt eines Kindes entscheiden, ohne vorher
zu heiraten und daß Partner es vorzögen, in Lebensgemeinschaft zu leben, ohne eine Ehe
zu schließen. Entwicklungen dieser Art scheinen in der DDR Erstaunen zu erregen und auch
auf Unverständnis zu stoßen. Kuhrig hält "umfangreiche Analysen" und "Vergleiche mit
wissenschaftlichen Ergebnissen unserer sozialistischen Bruderländer" für notwendig, um die
Ursachen und die Wechselwirkungen "verschiedener Faktoren" aufzudecken.7

Mit der Heirat wird aber auch die Disziplinierung nicht auf die juristische Basis,
sondern auch in anerkannte Bahnen und auf den Ehealltag eingeleitet. Denn: "Wäre die Ehe
nicht Basis der Familie, so wäre sie ebensowenig Gegenstand der Gesetzgebung, als es etwa
die Freundschaft ist" ,8 Die "Kulturleistung Ehedisziplin" wird von Generation zu Generation
weitergegeben. Sie ist als alltägliches Eheverhalten notwendig. Durch die Aneignung von
Ehedisziplin wird die Dauereinheit von Liebe und Sexualität in der Ehe untermauert.9 Die
monogame Ehe, der unter anderem auch die Funktion der sexuellen Befriedigung der
Ehepartner auferlegt wird, ist das anzustrebende Ziel. "Sexualität gehört zu den
Grundelementen einer Ehe", wird in Sozialismus und Ethik (1984) formuliert,10 denn die
Liebe, verstanden als die Gesamtheit gefühlsmäßiger Beziehungen zwischen Mann und
Frau, die auf Geschlechtsliebe beruht, bildet im Sozialismus die "moralisch anerkannte
Grundlage für Ehe und Familie”.11 Persönlichkeitsentwicklung im Sozialismus erfasse auch
Lebensfreude, Lebenskraft und Lebensgenuß durch ein erfülltes Liebesieben.
Tatsächlich wird die Familie als "ein Zentrum außerordentlich wichtiger menschlicher
Bedürfnisse gesehen (in erster Linie sexueller, ökonomischer, emotional-moralischer,
ästhetischer und psychologischer Bedürfnisse sowie Bedürfnisse hinsichtlich der Zeugung),
die sie selektiv stabil und sich wiederholend befriedigen kann.12 Zu diesem Problem heißt
es in einem Aufsatz des sowjetischen Soziologen Igor Kon (1982):

Die Sexualität des Menschen reduziert sich bekanntlich nicht auf die
Reproduktion der Art, sie bildet einen wichtigen Bereich des gesellschaftlichen
und persönlichen Lebens, ohne den weder die Funktionsveränderungen in der
Familie noch die sittlichen Einstellungen der Menschen und auch nicht die
Dynamik der Bevölkerungsproduktion zu begreifen sind. Die Sexualität ist
nicht nur ein universeller biologischer Instinkt, sondern eine komplizierte
185

sozio-kulturelle Erscheinung...13

Und sie habe, so fügt Runge (1985) hinzu, nicht zuletzt mit Kommunikation, Lust,
Genuß und Lebensfreude zu tun.14 Leidenschaft an sich aber sei noch keine Liebe, die
Pflicht soll vor Unbeherrschtheit im Sexualleben, moralischem Zerfall und der
Ausschweifung der Gefühle schützen:15 "Selbstbeherrschung, Selbstdisziplin, ist nicht
Sklaverei, auch nicht in der Liebe".16 Dies heiße natürlich nicht, daß die "natürliche" (d.h.
die körperliche) Grundlage der Liebe ignoriert werden soll, denn das, so befürchtet
Solowjow, führe zu Asketismus und Egoismus, jedoch dürften die geistigen Bedürfnisse
nicht vernachlässigt werden.17 Und auch das Kulturpolitische Wörterbuch (1978) tut eine
vergleichbare Auffassung kund:

Erst durch die Gerichtetheit auf eine bestimmte Person, die nicht mehr nur als
Geschlechtswesen, sondern als Persönlichkeit im umfassenden Sinn begehrt
wird, durch das Verlangen, mit dem erstrebten Partner auch über den Vollzug
sexueller Handlungen hinaus Kontakt und Gemeinschaft zu pflegen, und das
Vermögen, das auf Partnerschaft gerichtete Handeln bewußt zu steuern und
auch moralisch zu kontrollieren, wird der Sexualtrieb zur Liebe.18

Was in all diesen Überlegungen mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck kommt,
ist die von offizieller Seite vertretene Ansicht, daß das Bedürfnis der Menschen nach einem
gesunden Sexualleben durchaus akzeptabel ist, daß diese sich jedoch nach Möglichkeit in
einem moralisch anerkannten Rahmen, d.h. der Ehe, abzuspielen hat. Diese Einstellung
schließt vor- oder gar zwischeneheliche Beziehungen nicht aus,19 Treulosigkeit in der Ehe
ist jedoch ein anerkannter Scheidungsgrund und muß daher als inakzeptabel aufgefaßt
werden. Der Ehepartner ist die Person, von der man sich sexuelle Befriedigung erwarten
darf. Das geht sogar soweit, daß Siegfried Schabl in seinem Werk Mann und Frau intim
(1974) die Auffassung vertritt, daß ein Mensch, der die "persönliche Reife" erlangt habe,
bald einen festen "Liebesbund" knüpfen sollte, "nicht nur, um häufigen Partnerwechsel,
sondern auch, um Perversion zu verhüten". Vorehelicher Verkehr sei besser als Askese, die
das "Risiko der Entgleisung des Libidos auf Abartigkeiten" in sich berge. "Wo immer es
möglich ist und die Partner sich lange genug - auch in etwaigen besonderen Neigungen -
kennen, sollte die Eheschließung nicht allzulange hinausgezögert werden."20

Es ist allerdings abzusehen, daß die - häufig unter Männern - verbreitete Ansicht,21
eine der wichtigsten Errungenschaften der Emanzipation der Frauen sei ihnen das Erringen
ihrer sexuellen Freiheit, von den Frauen selbst nicht so verstanden wird, auch wenn hin und
wieder einige sich auf diesen "Abweg" drängen lassen. Einerseits, weil sie sich von den von
Männern geprägten Vorstellungen nur schwer lösen können und andererseits, weil sie auf
der Suche nach Liebe sind.22 In ihrem Roman Meine ungeborenen Kinder (1982) beschreibt
Worgitzky diese Situation, "diese öde Gier, die einen glauben macht, alle vernünftigen
Männer (oder Frauen) seien ’in festen Händen’, und die einen manchmal nach so dürftigen
Strohhalmen greifen läßt, daß einem hinterher schaudert bei dem Gedanken, mit was für
einem mittelmäßigen Kerl man sich aus lauter Verzweiflung abgegeben hat":

Ich glaube, es ist oft gerade das Dilemma der "emanzipierten" Frauen: Von
186

einer lieblosen, gar unterdrückenden Ehe befreien sie sich, aber da sie nicht
alleinbleiben wollen, auch einen Mann zum Schlafen brauchen (oft behaupten
sie, nur das letztere zu benötigen, das klingt so emanzipatorisch und modern;
in Wirklichkeit sehnen sie sich nach Liebe, nach einem Menschen, mit dem
sie reden können, wenn sie sich freuen oder Sorgen haben), lassen sie sich in
Beziehungen ein, die weit unwürdiger sind als die Ehe, die sie verlassen
haben. Manche studieren dann eifrig die einschlägigen Annoncen, und es
kommt zu Treffs, nach denen sie aussortiert werden, oder sie lernen einen
Mann kennen, den sie beim besten Wunsch und Willen nicht lieben können.
Aber da er zäh hinter ihnen her ist und sie selbst keinen anderen haben, gehen
sie gewissermaßen seufzend mit ihm ins Bett, sind enttäuscht, gehen trotzdem
wieder mit ihm ins Bett, sie reden aneinander vorbei, gewöhnen sich an die
Treffs, wie man sich an Regentage gewöhnt, sie sind permanent unzufrieden,
reden sich aber ein, "freier" zu sein als in der Ehe.23

Der von den kritischen Autorinnen formulierte weibliche Wunsch nach Emanzipation
ist also nicht mit dem Wunsch nach sexueller Freizügigkeit gleichzusetzen und kommt
entsprechend nicht mit den oben umrissenen Definitionen der sozialistischen Moral in
Konflikt. Die Ehe wird auch als ein wirksames Mittel gegen die Einsamkeit propagiert,
obwohl gleichzeitig zugegeben wird, daß nichts schlimmer sei, als die "Einsamkeit zu
zweit", wenn eine Beziehung zwischen zwei Menschen gestorben ist (Solowjow, 1980).24
An dieser Stelle läßt sich festhalten, daß sich an die materiellen und juristischen
Motivierungsversuche auch noch die gesellschaftlichen anschließen, d.h. der nicht zu
unterschätzende soziale Druck zu Anpassung und konformem Verhalten. So argumentiert
z.B. Bern, der Freund der Protagonistin Quäze in Worgitzkys gleichnamiger Erzählung, für
eine Eheschließung, denn er habe einen Ferienplatz für sie in Budapest bekommen, ein
Zweibettzimmer in einem Hotel, aber nur wenn sie verheiratet wären. Und er erläutert:

Als ob es darauf ankäme, verheiratet oder nicht verheiratet, das sei doch nur
für die Öffentlichkeit, ansonsten wohnten sie ja sowieso zusammen. Steuerlich
wären sie übrigens dadurch auch begünstigt; wenn einem von ihnen mal etwas
passieren sollte, wäre es auch besser, wenn sie verheiratet wären, ein Ja, eine
Unterschrift, und fertig.25

Soziologinnen (Hauptmann, 1985; Belwe, 1987) bestätigen, daß der Druck auf
Frauen, sich in den Ehestand zu begeben, ausgesprochen hoch ist.26 Ähnliches stellt auch
eine von Königsdorfs Protagonistinnen fest:

Eine Frau in meinem Alter, die keinen Mann vorzeigen kann, wird als
wandelnder Mißerfolg eingestuft. Man braucht nur einmal alleine
spazierenzugehen. Sofort glotzen einen alle mit aufdringlicher Neugier an.
Das steht man nicht durch.27

Morgenstern läßt eine Frau erzählen, daß sie einfach verheiratet sein müsse, "sonst
fühl ich mich nicht wohl",28 und ein Artikel über das Buch Frauen - ein Weltbericht zitiert
einen weiblichen Kommentar aus der Sowjetunion: "Wenn man nicht verheiratet ist, ist man
187

einsam und elend".29


Die Autorinnen sind sich der einerseits sehr verlockend wirkenden Eheschließung nur
zu bewußt, ihnen geht es darum, vor einem unachtsamen Hineinrutschen in die Ehe zu
warnen, auch hier wollen sie zum gründlichen Nachdenken anhalten. Die Protagonistinnen,
die nahezu vorbehaltlos oder aus Bequemlichkeit an der Ehe festhalten, werden als schwach,
ihr Handeln als unüberlegt und leichtfertig - und damit eben auch als kritikwürdig -
dargestellt. So erklärt die oben bereits aus einer Erzählung Morgensterns zitierte Frau an
anderer Stelle kategorisch: "Immer raus mit den Männern, wenn sie Schwierigkeiten
machen."30 Irmtraud Morgner führt ihre eigenen Vorstellungen über die Rolle der Ehe in
ihrer Geschlechtertauschgeschichte "Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen" aus:
"Konnte Valeskas zweite Heirat ihr ausdrücklicher Wunsch sein?", fragt sie. "Schließlich
lebte sie wunderbar erleichtert allein mit ihrem Sohn, seitdem die Scheidung ihr alle Mühen
des Daseins auch offiziell allein zu tragen erlaubte." Valeskas erster Ehemann hatte diese
also in keiner Weise erleichtert, keine auf sich genommen. "Valeska litt nämlich unter
einem heftigen Widerwillen gegen praktische Vorschläge und Ratschläge, wenn die von
praktisch untätigen Leuten erteilt wurden. Sie verneinte strikt deren Kompetenz. Vorzüglich
schweigend."31 Diese Aussage mutet wie ein Aufruf gegen die gesellschaftlichen
Gegebenheiten an. Das, was am praktischsten oder als der leichtere Weg erscheint, muß
nicht unbedingt der richtige sein. Bloß weil Valeska ein Kind hat, läßt sie sich von diesem
Umstand nicht in eine zweite traditionelle Ehe zwingen. Sie hat Rudolf zwar geheiratet, ist
aber nicht Willens, mit ihm und ihrem Sohn in einer Wohnung zu leben. Valeska verläßt
sich dabei auf den Mangel an Drei-Personen-Wohnungen in Berlin und gibt sich keine
Mühe, eine zu finden. So hat sie ihrem Sohn zwar eine Vaterfigur und sich selbst eine von
der Gesellschaft akzeptierte und propagierte Lebensgemeinschaft verschafft, lebt aber nach
wie vor wie eine alleinstehende Mutter. So lebt sie äußerlich auf eine allseits gebilligte und
gutgeheißene Weise, während sie sich innerhalb der Beziehung einen großen Freiraum
erhalten hat. Die Erzählerin kommentiert dazu innerhalb ihrer Berichterstattung, daß es
zwar auch heute in der DDR für eine Frau noch nicht möglich sei, sich ohne Opportunismus
durchzubeißen, daß aber Valeskas "lebensfrommes Baun" auf die Ehe, "dieses charakter-
und gesundheitsschädigende Mittel", geradezu als fahrlässig zu bezeichnen sei,32 vor
Nachahmungen aus ähnlichen Gründen wird also gewarnt.
Aber auch in den Erzählungen anderer Autorinnen ist es immer wieder der Mann,
der primär an einer Heirat interessiert ist. An aus Liebe geschlossene Ehen mögen sie oft
nicht glauben und gegen Vemunftehen verwehren sie sich gleichermaßen. So versucht z.B.
Andersons Alyda nach ihrer Geschlechtsumwandlung ihre Freundin Ottilie ("sie war zu gut
für sterbliche Männer")33 für eine echte Partnerschaft, eine "menschenwürdige" Liebe zu
gewinnen.34 Aber es gelingt ihr nicht, diese zu überzeugen. Ottilie hält sich nicht für Alydas
eigentliche Liebe und ist an einer Ehe aus Verstandesgründen nicht interessiert:

Sowenig wie du es früher warst. Warum müssen Männer kopflos nach einem
Unterschlupf umherjagen? Wie kann es unter solchen Umständen Freundschaft
geben?35

Damit, so meinen Damm und Engler in den Weimarer Beiträgen (1975) - und die
westdeutsche Kritikerin Gisela Bahr (1979) stimmt ihnen zu - werde in dieser Erzählung die
partnerschaftliche Liebe zwischen Mann und Frau zum zweiten Mal als unmöglich
188

dargestellt.36 Auf diese Weise "werden die Unterschiede und Spannungen zwischen den
Geschlechtern unterhand wieder zu ewigen und unveränderlichen Antinomien".37 Dieser
Ansicht soll hier jedoch wiederspochen werden. Es geht in der vorliegenden Erzählung nicht
um die Nichtdurchführbarkeit einer "partnerschaftlichen Liebe", wie behauptet wird,
sondern um die auf Freundschaft und Partnerschaft gegründete Beziehung zwischen Mann
und Frau im Rahmen der traditionellen Ehe und den in dieser Institution noch immer
bestehenden männlichen Überlegenheitsansprüchen, die sich, wie oben bereits erwähnt, auf
sexuellem Gebiet nach wie vor am ausgeprägtesten äußern. Auch in nichtehelichen
Beziehungen bildet der erotische Aspekt aus gleichen Gründen immer wieder den
Stolperstein. Mann und Frau sind durchaus zur partnerschaftlichen Beziehung fähig, aber
Anderson läßt immer wieder anklingen, daß die traditionelle Ehe dieser Entwicklung häufig
im Wege steht, wenn sie diese nicht sogar unmöglich macht, Männer suchen nach wie vor
den Unterschlupf in dieser gesetzlich gesicherten und anerkannten Verbindung, Frauen
scheinen eher bereit zu sein, nach Alternativen zu suchen und diese auszuprobieren, eine
Tatsache, deren Alyda erst durch die Abweisung durch ihre Freundin Ottilie richtig gewahr
wird. In Teil III werden die Ziele und Überlegungen der Autorinnen auf diesem Gebiet
genauer analysiert.
Es kann wohl davon ausgegangen werden, daß die verschiedenen Quellen in der
Tatsache übereinstimmen, daß der gesellschaftliche und soziale Druck auf Frauen zu
heiraten nach wie vor sehr groß ist. Wie eh und je werden sie in die Rolle der Ehefrau und
Mutter sozialisiert, obwohl natürlich die von offizieller Seite ausgehende "pro-Familien-
Propaganda" auch an männlichen Wesen nicht total Vorbeigehen kann. Das neue Konzept
der Vaterschaft (d.h. der Vater als aktiver und gleichberechtigter und -verpflichteter
Elternteil), das von einer erheblich erweiterten Beteiligung der Väter an der Erziehung ihrer
Kinder ausgeht, mag in manchem Mann den Wunsch nach eigenen Kindern hervorrufen.38
Als vorläufiges Ergebnis ist zu konstatieren, daß die Autorinnen der vom Staat
propagierten Familienpolitik, die an der traditionellen Kleinfamilie sozialistischer Prägung
festhält, Zweifel entgegenbringen. Die sich in den achtziger Jahren anhäufenden
sozialwissenschaftlichen Untersuchungen und Veröffentlichungen zum Thema Ehe und/oder
Lebensgemeinschaft und auch die recht heftigen Reaktionen offizieller Stellen machen auf
die Bedeutung der oben umrissenen Entwicklungen innerhalb der DDR aufmerksam.39 Im
folgenden Kapitel soll aufgezeigt werden, wie die DDR-Regierung am Konzept der
sozialistischen Familie festhält und wo die Unterschiede zwischen ihren und den von den
kritischen Autorinnen formulierten Einstellungen liegen. Untersucht werden soll auch, ob
dieser althergebrachten Lebensform auf gesellschaftliche Veränderungen, die die
Beziehungen zwischen den Geschlechtern beeinflussen (z.B. die Einbeziehung der Frau in
den sozialistischen Produktionsprozeß) reagiert und Neues ausprobiert wird.40 Es bleibt zu
untersuchen, ob auch traditierte Formen wie die juristisch fixierte Ehe inhaltlich
Modifizierungen erfahren, die beim bloßen Konstatieren der Formen und ihres
Weiterbestehens nicht wahrgenommen werden können. Die gerade bei jungen Leuten
zunehmende Beteiligung der Männer an der Erziehung und Betreuung der Kinder könnte
ein Beispiel für solche Veränderungen im traditionellen Rahmen sein. Die Reaktionen der
Literatinnen auf die von offizieller Seite verfolgten Funktionen steht im Mittelpunkt dieses
Teils der Arbeit.
189

Fußnoten

1 Verfassung der DDR vom 7.Oktober 1974, Artikel 38.


2 Zickenrott, Irene : Förderung junger Ehen und Familien. Einheit. 1982, 37. Jg., Nr. 3, Seite 317-321.
Hier Seite 317.
3 Morgner, Irmtraud: Die Hexe..,. Zürich und Villingen: 1986. Seite 97f.
4 Gemeint sind hier u.a. die Kredite zu Sonderbedingungen bis zur Höhe von 7000 DM, die Einräumung
eine Hausarbeitstages für vollbeschäftigt werktätige, verheiratete und alleinstehende Frauen mit eigenem
Haushalt (§ 185 AGB) und die den Betrieben in § 232 AGB gemachte Auflage, "entsprechend ihrer
Möglichkeiten" vor allem Familien mit Kindern und junge Eheleute bei der Verbesserung ihrer
Wohnverhältbisse zu unterstützen.
5 Grandke, Anita / Gysi, Jutta / Orth, Klauspeter: Wirksamkeit und Entwicklung der Grundsätze des FGB
und der Bestimmungen über die eheliche Gemeinschaft. Neue Justiz. 1976, 30. Jg., Nr. 5, Seite 544-547.
Hier Seite 545.
6 Solowjow, N.: Ehe und. .. Leipzig: 1980. Seite 18.
7 Kuhrig, Herta: Liebe und Ehe im Sozialismus. Einheit. 1982, 37. Jg., Nr. 7/8, Seite 800-808. Hier Seite
804.
8 Karl Marx, zitiert nach Solowjow, N.: Ehe und. .. Leipzig: 1980. Seite 88
9 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 71.
10 Bradter, Wolfgang / Schmollack, Jürgen / Weiler, Wolfgang (Red ): Sozialismus und Ethik. Einführung.
Herausgegeben von der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED. Berlin (DDR):
Dietz Verlag 1984. Seite 255.
11 ebenda, Seite 253
12 Solowjow, N.: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 16.
13 Kon, Igor: Soziologische Aspekte des sexuellen Verhaltens. Sowietwissenschaft.
Gesellschaftswissenschafliche Beiträge, 1982, 35. Jg., Nr. 6, Seite 903-913. Hier Seite 903.
14 Runge, Irene: Ganz in Familie, Berlin (DDR): 1985. Seite 113.
15 Solowjow, N.: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 116.
16 Zetkin, Clara: Erinnerungen an Lenin. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1957. Seite 75.
17 Solowjow, N.: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 117.
18 Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 454f.
19 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 43.
20 Schnabl, Siegfried: Mann und Frau intim. Berlin (DDR): Verlag Volk und Gesundheit 1974. Zitiert nach
Bronnen, Barbara / Henny, Franz: Liebe, Ehe. Sexualität in der DDR. Interviews und Dokumente.
München: R. Piper & Co. Verlag 1975. Seite 120.
21 Hein, Christoph: Drachenblut. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1982; Jakobs, Karl-Heinz:
Quedlinburg.-In: Anderson, Edith (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975. Seite 209-236.
22 Vgl. z.B. Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Berlin (DDR): 1986.
23 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 234.
24 Solowjow, N.: Ehe und. .. Leipzig: 1980. Seite 151.
25 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 61.
26 Hauptmann, Christiane: Zur sozialen Stellung alleinstehender Frauen und Mütter in der sozialistischen
Gesellschaft. Informationen zur soziologischen Forschung in der Deutschen Demokratischen Republik,
1985, Nr. 4, Seite 44-50. Belwe, Katharina: Zur Situation alleinstehender Frauen mittleren Alters in der
DDR. Deutsche Studien, 1987, 25. Jg., Märzausgabe, Seite 46-58. Vgl. Hierzu Kapitel III.15.
27 Königsdorf, Helga: Die Wahrheit über Schorsch.-In: Der Lauf der Dinge. Berlin und Weimar: 1982.
Seite 41-50. Hier Seite 50.
28 Morgenstern, Beate: Der Anruf.-In: Jenseits der Allee. Berlin und Weimar: 1981. Seite 52-59. Hier Seite
55. Vgl. auch Leonardt, Rudolf Walter: Treulich geführt in Weiß. Der sozialistische Weg in die unheilige
Ehe. Die Zeit. 21.11.1986, Nr. 48, Seite 75 (Modernes Leben). Der Autor kommt zu dem Schluß, daß
in der DDR, vor allen Dingen in den Kleinstädten, die Mädchen ausgesprochen heiratslustig sind. Sie
seien es, die normalerweise ihre Freunde "mit sanftem Druck dahin kriegen".
29 Kischke, Martina I.: "Wenn man nicht verheiratet ist, ist man einsam und elend". Frankfurter Rundschau.
30.08.1986, Frau und Gesellschaft, Seite ZB 5.
30 Morgenstern, Beate: Der Anruf.-In: Jenseits der Allee. Berlin (DDR) und Weimar: 1981. Seite 56.
31 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
190

Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 29.


32 ebenda. Seite 34f.
33 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 164.
34 ebenda, Seite 165
35 ebenda, Seite 166
36 Damm, Sigrid / Engler, Jürgen: Notate des Zwiespalts und Allegorien der Vollendung. Weimarer
Beiträge. 1975, 21. Jg., Nr. 7, Seite 37-69. Bahr, Gisela: Blitz aus heiterm Himmel. Ein Versuch zur
Emanzipation in der DDR.-In: Wolfgang Paulsen (Hrsg.): Die Frau als Heldin und Autorin. Bern und
München: 1979. Seite 223-236. Hier Seite 236.
37 Damm, S. / Engler, J.: Notate des Zwiespalts. Weimarer Beiträge. 1975, 21. Jg., Nr. 7, Seite 57.
38 Vgl. z.B. Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 23-41.
39 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Zusammenleben heute. Ein Gespräch mit Jutta
Gysi. Sonntag. 1987, Nr. 34, Seite 7-8. Schwarz, Gislinde: Typisch Frau? Typisch Mann? Für Dich.
1987, Nr. 25, Seite 27-29. Kuhrig, Herta: Liebe und Ehe im Sozialismus. Einheit. 1982, 37. Jg, Nr. 7/8,
Seite 800-808. Weitere Literaturhinweise sind Teil III dieser Arbeit zu entnehmen.
40 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 81.
191

II.9 Erziehungsziele von Staat und Familie -


Anleitung oder Anpassung ?
Ein Plädoyer für die Entwicklung "freier, mündiger und
schöpferischer Menschen"1

In Teil I ist bereits mehrmals angesprochen worden, wie hoch die Autorinnen die
Ehrlichkeit des Einzelnen sich selbst - und auch anderen - gegenüber einschätzen. Aufrufe
gegen das Mitläufertum und gegen Duckmäuserei finden sich in ihrer Literatur häufig, denn
"Leute ohne Rückgrat" gibt es schon zu viel, wie Bettina Wegner (1979) resümierte.2 Sich
selbst finden, man selbst bleiben, sich nicht durch Außendruck oder durch Umstände von
dem, was man eigentlich als richtig empfindet abbringen zu lassen. Diese Forderungen
werden immer wieder aufs neue thematisiert. Es geht darum, sich selbst Gedanken zu
machen und diese auch zu äußern und zu ihnen zu stehen, nicht zum Jasager zu werden.
Ein "Doppelleben" - nach außen hin sozialistische Persönlichkeit, am eigenen Herd voller
Kritik und zu ängstlich, diese öffentlich kundzutun - wird als Ausweg abgelehnt.
Bemerkenswert ist zudem, daß die Frauenliteratur zu dieser Thematik keinesfalls
geschlechtsspezifisch ist, daß Kritiken und Hinweise auf Frauen und Männer bezogen
werden können und auch an beide Geschlechter gerichtet sind. Die Literatinnen wollen
Menschen ansprechen, "Menschenliteratur"3 verfassen. Die Kreativität, "das Originale" am
Menschen muß ihm in seinem eigenen Interesse und auch im Interesse der Gesellschaft
erhalten bleiben und seine Entwicklung unterstützt werden.4 Dies gilt auch - und vielleicht
ganz besonders - für die Erziehung der nächsten Generation.
Rosi S., eine von Maxie Wanders Interviewpartnerinnen, äußerte dazu:

Irgendwo hab’ ich gelesen von einem, der auf der Suche ist nach einem
unverbildeten Menschen... Diesen unverbildeten Menschen hab’ ich vorläufig
in meiner Tochter, und ich will alles tun, um zu verhindern, daß sie verbogen
wird. Meine Eltern haben das mit mir genauso gemacht, ihnen habe ich alles
zu verdanken... Du weißt, daß es Eltern gibt, die in bester Absicht ihren
Kindern raten, alles mitzumachen, um nicht unangenehm aufzufallen, das ist
unverantwortlich. Meine Eltern sagten immer: Du darfst nichts tun und nichts
sagen, was du nicht ehrlich meinst. Sie haben mich gegen die Heuchelei
erzogen. Meine Schwierigkeiten bewegten sich in den Grenzen des
Zumutbaren, da mein Vater ein alter Kommunist war, über jede
Verdächtigung erhaben. Insofern habe ich es leichter gehabt als andere, die
brauchten mehr Zivilcourage.5

Es stellt sich hier die Frage, wie und auf welcher Basis die so stark angeprangerten
Verhaltensweisen entstehen und wie die Autorinnen in ihren Werken gegen sie Vorgehen.
Ein kurzer Blick auf die gesetzlich festgelegten Leitbilder und damit auch Ansprüche, die
von offizieller Seite an die Familie als Erzieher herangetragen werden, sollte hier Aufschluß
geben.
Die immer wieder betonte große gesellschaftliche Bedeutung, die der Familie in der
DDR nicht zuletzt durch den bereits in Kapitel II.8 angeführten Schutz und die Förderung
der staatlichen Organe zugesprochen wird, läßt bereits vermuten, daß der Staat selbst sich
von der Institution Familie die Erfüllung einiger ihm wertvoller Gegenleistungen verspricht.
192

In der Familiensoziologie der DDR werden heute vor allem drei Funktionskomplexe
zusammengefaßt:

die biologisch-soziale Funktion;


die ökonomische Funktion; und
die geistig kulturelle Funktion.5

Als Hauptfunktion der Familie im Sozialismus wird ihr Beitrag zur sozialistischen
Persönlichkeitsentwicklung sowohl der Partner als auch der Kinder aufgefaßt. Festzuhalten
ist hier, daß die Familienerziehung ihren klar umrissenen Platz im sozialistischen
Bildungssystem hat. Die Vorgabe der Erziehungsziele - die Entwicklung allseitig gebildeter
Persönlichkeiten, "die ihre Fähigkeiten und Begabungen zum Wohle der sozialistischen
Gesellschaft entfalten, sich durch Arbeitsliebe und Verteidigungsbereitschaft, durch
Gemeinschaftsgeist und das Streben nach hohen kommunistischen Idealen auszeichnen"7 -
gilt wegen der angenommenen Interessenübereinstimmung nicht als Einschränkung des
Elternrechts.8 Grandke (1986) spricht hier von einer "gemeinsamen Zielstellung".9 Die enge
Verknüpfung von juristischen Regelungen und moralischen Postulaten unterstreicht die
pädagogische Funktion des Familienrechts in der DDR. Dies wird gerade in den
Anforderungen an die "elterliche Erziehung" besonders deutlich (Helwig, 1984).10 Das FGB
gibt dafür folgenden Orientierungsrahmen vor:

Das Ziel der Erziehung der Kinder ist, sie zu geistig und moralisch
hochstehenden und körperlich gesunden Persönlichkeiten herauszubilden, die
die gesellschaftliche Entwicklung bewußt mitgestalten. Durch
verantwortungsbewußte Erfüllung ihrer Erziehungspflichten, durch eigenes
Vorbild und durch übereinstimmende Haltung gegenüber den Kindern erziehen
die Eltern ihre Kinder zur sozialistischen Einstellung zum Lernen und zur
Arbeit, zur Achtung vor den arbeitenden Menschen, zur Einhaltung der
Regeln des sozialistischen Zusammenlebens, zur Solidarität, zum
sozialistischen Patriotismus und Internationalismus.“

Das FGB, das Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem,12 und das
Jugendgesetz13 sind unter dem Gesichtspunkt ihrer pädagogischen Aufgabenstellung als
Einheit zu sehen (Helwig, 1984).14
Daß die Anschauungen von Eltern und Gesellschaft jedoch bei weitem nicht immer
deckungsgleich sind, wird von Walther (1979) klargestellt, wenn sie formuliert:

Wenngleich das individuelle Anliegen der Eltern in der sozialistischen


Gesellschaft zumeist dem gesellschaftlichen Erziehungsziel entspricht, so ist
doch zu beachten, daß Umfang und Qualität der Erziehungsaufgaben in den
Familien noch in unterschiedlicher Weise erkannt und realisiert werden.15

Dennoch wird nach wie vor von der "entscheidenden" und auch "wachsenden"
Verantwortung der Familie für die Erziehung der Kinder gesprochen.16 Entsprechend
behandelt auch Für Dich praktisch in jeder Ausgabe Themen aus dem Bereich
Familienerziehung. Bei manchen Fragen, wie z.B. Vereinbarkeit von Studium und
193

Familienpflichten, werden die Leser auch zu Stellungnahmen aufgefordert. In den


abgedruckten Zuschriften überwiegen dann natürlich die gewünschten Erfahrungsberichte
und Argumente.17 Drei Kriterien werden für die Erfüllung dieser Aufgabe als entscheidend
angesehen: Gegenseitige Liebe, die sich in dem fortbestehenden Bedürfnis der Partner zum
Zusammenleben äußert, Gleichberechtigung und bewußte Elternschaft. Letztere wurde 1978
von Grandke noch als "Mitgestaltung bei der Persönlichkeitsentwicklung" bezeichnet.18 Der
in ihrem neuen Werk bevorzugte, nicht zuletzt auch "benutzerfreundlichere" Begriff der
"bewußten Elternschaft" beinhaltet nicht nur Erziehung und Unterhalt der Kinder, sondern
schließt die bewußte Entscheidung der Eltern zum Kind als Ausdruck ihrer Vorstellungen
von einem sinnerfüllten Leben und ihres Vertrauens in die Gesellschaft mit ein.19 So sind
von 100 in der DDR geborenen Kindern schätzungsweise 60 Wunschkinder, die übrigen
sind zwar nicht geplant, werden dann aber doch wie solche angenommen.20 Auch Walther
(1979) konstatiert, daß der Grad der Bewußtheit der Elternschaft wachse, nicht nur bei den
Eltern selbst, sondern auch bei den Soziologen und Sozialpolitiken!.21
Solowjow (1980) wird in seinen Aussagen noch deutlicher, wenn er formuliert, daß
es sich bei den Aufgaben, die die Familie bisher erfüllt und auch weiter erfüllen werde, um
die demographische (die Erhaltung der Art) und die soziale ("die Reproduktion des
Menschen einer bestimmten sozialen Qualität") handele.22 Auf den demographischen Aspekt
wird in einem der folgenden Kapitel (11.11) genauer einzugehen sein, festgehalten werden
soll hier jedoch, daß das Moment der notwendigen Reproduktion der menschlichen Art von
Solowjow als eine der Hauptfunktionen der Familie angesehen wird, denn "sie stellt das
wichtigste methodologische Prinzip der Definition der Familie als Zelle der Gesellschaft
dar".23 Im System der vielgestaltigen sozialen Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen,
die systematisch auf die Formung der Persönlichkeit einwirken, wird der Familie ebenfalls
eine besonders wichtige Rolle zugeordnet, die durch zwei Umstände bedingt sei: durch die
unersetzliche spezifische Einwirkung des Familienkollektivs und die erstrangige Rolle der
frühen Kindheit bei der allseitigen Entwicklung der Persönlichkeit.24 Auch hier schließt
Walther (1979) sich an, wenn sie feststellt:

Gerade die Familie besitzt durch ihre spezifischen Eigenschaften die


Voraussetzung für besondere soziale Beziehungen zwischen Eltern und
Kindern, die gekennzeichnet sind durch Gefühlsbetontheit, Dauerhaftigkeit,
Stabilität, hohen Intimitätsgrad und durch die Gewißheit des Kindes, in der
Familie geborgen zu sein, sich mit allen Fragen und Problemen vertrauensvoll
an seine Eltern wenden zu können. In der Familie sammeln die Kinder die
ersten sozialen Erfahrungen, werden die Grundlagen für ihr sittliches und
moralisches Verhalten gelegt. Besondere Bedeutung für die Entwicklung
dieser Beziehungen, für die Formung des Charakters der Kinder hat die
elterliche Liebe, denn sie trägt wesentlich dazu bei, den Kindern die
emotionale, geistige und intellektuelle Lebenssphäre zu erschließen und sie zu
bereichern.25

Diese Einstellung entspricht der eines Gesprächsteilnehmers in einer Diskussion zum


Thema "Was ist eine Familie", die 1984 von Radio DDR II gesendet wurde, und die
allgemeine Zustimmung fand: "Die Erziehung der eigenen Kinder dürfte zu den allerersten
staatsbürgerlichen Pflichten der Eltern gehören."26 Die Motivation, die hinter dieser,
194

scheinbar identischen Zielstellung steht, muß jedoch keineswegs immer die gleiche sein.
Solowjows Bemühungen sind politischer Art, ihm geht um die frühe Sozialisation der
Kinder in die Gesellschaft und die Verinnerlichung ihrer Ziele, auch bei dem
Gesprächsteilnehmer der Radiodiskussion kann man eine solche, den offiziellen
Vorstellungen nahe Einstellung vermuten, zumal seine Aussage nahezu wörtlich den
Formulierungen der §§ 3 und 42 FGB entspricht.
Auch die DDR-Autorinnen sprechen dieses Thema immer wieder an, sie berichten
von den positiven Aspekten der Kinderaufzucht, von der Charakterbildung, die sich da vor
den Augen der Eltern vollzieht, aber sie kommen auch ebenso häufig auf den Einfluß der
staatlichen Erziehung zu sprechen, der, wie sie glauben, den individuellen Charakter bricht,
ihn in das System einzuordnen, ihn zu normieren sucht und ihn letzten Endes zum
apathischen Mitläufer werden läßt. Martha, die Ich-Erzählerin in Worgitzkys Meine
ungeborenen Kinder (1982) erklärt in einer Familiendiskussion, daß niemand mehr an ein
wirkliches Gemeinschaftsleben gewöhnt sei: "Die Kinder sollen lernen, sich einzuordnen,
indem sie von der Krippe an alle das gleiche tun, aber statt Achtung vor den individuellen
Unterschieden kriegen sie von kleinauf mit, daß als mehr gilt und belohnt wird, wer den
Normen besser entspricht." Darauf kommt die Bestätigung einer im Kreis anwesenden
Schülerin: "Statt Solidarität lernen sie unter dem Namen Wettbewerb
Konkurrenzverhalten."27 In ihrer Erzählung "Verdorbene Jugend" läßt die Autorin die
allseits erfolgreiche und beliebte Abiturientin Barbara zu folgenden Überlegungen über ihren
zu Hause und in der Schule mißverstandenen und ständig falsch behandelten Freund Ulrich
kommen:

Nie würden die Eltern sagen: Warum hast du dir denn ausgerechnet so einen
ausgesucht? Auch wenn sie etwas Ähnliches dachten. So einen. Ja, warum
hatte sie sich ausgerechnet so einen ausgesucht? Was war das überhaupt, so
einer? Einer, der schlechte Zensuren kriegte, der die Lehre schmiß, der
auskniff von zu Hause. Ein Rowdy. Nein! Ulrich war der behutsamste,
zärtlichste, rücksichtsvollste, liebste Mensch, den sie kannte. Wenn sie an all
die glatten Jungs in ihrer Schule dachte, denen war so eine Liebe nicht
zuzutrauen. Glatt. War sie nicht selbst bisher so eine Glatte gewesen, glatter
womöglich als die meisten? Wie gut hatte sie sich gefunden, wenn sie ihre
Einsen einsteckte oder reibungslos eine FDJ-Versammlung abhielt. Sie sah
sich stehen vor der Klasse, großartig, sicher, knapp - sie dehnte nichts bis zur
Langeweile. Wie dürftig, ja lächerlich kam ihr diese Barbara jetzt vor.28

Barbara ist bisher im Strom der staatlichen Erziehung mitgeschwommen, hat sich
dem Leistungsdruck in der Schule angepaßt und wurde entsprechend allseits als
Musterschülerin angesehen. Sie kommt aus einem heilen Elternhaus, ihre Eltern haben sie
nie bevormundet, sondern versucht, sie zu einem verantwortungsbewußten Menschen zu
erziehen, ihr ist jede erdenkliche Förderung zuteil geworden. Der Familienhintergrund ihres
Freundes ist jedoch weitaus weniger erfreulich, denn Ulrichs Eltern bringen wenig
Verständnis für ihren Sohn auf, sie konzentrieren ihre Besorgnis auf seine kranke kleine
Schwester. Sein jugendliches Fehlverhalten in Schule und Familie wird mit Streit und
Schlägen des Vaters geahndet. Barbaras Eltern hingegen sind verständnisvoll und einsichtig,
sie behandeln ihre Tochter und auch Ulrich als ihnen ebenbürtig. Barbaras Mutter versucht
195

sogar, zwischen Ulrich und seinem Vater zu vermitteln, letzterer besteht jedoch auf seinen
autoritären und überaltet erscheinenden Erziehungsmethoden, zumal er sie auch in der
Berufs- und Umwelt bestätigt findet:

"...für mich gibt es jedenfalls bestimmte Grundsätze, bestimmte Spielregeln,


an die hat er sich zu halten. Und wenn er das nicht tut, ist eben was fällig. So
’ne moderne Erziehung, wo die Kinder alles dürfen, gibt’s bei mir nicht.(...)
Später können sie ja auch nicht machen, was sie wollen, da müssen sie sich
genauso unterordnen." "Einordnen", korrigierte ihn Frau Bohout vorsichtig.
"Ich meine, sie müssen lernen, sich einzuordnen."(...) Herr Kaiser ließ sich
nicht gern von Frauen belehren, und das schien ja eine ganz Kluge zu sein.
Seine Frau schwieg. "Ach, wissen Sie”, sagte er, "das hört sich immer so
schön an: einordnen statt unterordnen. Wie sieht’s denn in Wirklichkeit aus:
In der Schule müssen sie sich dem Lehrer unterordnen, in der Armee schon
dem Unteroffizier - und als Elektriker, denken Sie, da kann er immer so
schön demokratisch mit seinem Vorgesetzten diskutieren, wenn ihm was nicht
paßt? Nee, da muß er auch machen, was der von ihm verlangt. Anders
funktioniert das doch auch gar nicht, das ist jedenfalls meine Meinung."29

Worgitzky stellt liberale und autoritäre Erziehungmethoden einander gegenüber, dem


Leser wird schnell klar, daß die autoritäre Einstellung oftmals falsch und zu inflexibel ist.
Die offensichtlich im Privatbereich immer noch weitverbreitete Vorstellung, dem Mann
stünde die Position des unumstrittenen Familienoberhaupts zu, wird ebenso angekreidet,
Ulrichs Mutter wird durch Blicke ihres Mannes zum Schweigen gebracht.30 Diese
Unterwürfigkeit wird mit dem mutigen und selbstsicheren Auftreten Frau Bahouts
kontrastiert, die sich vom groben und verbohrten Auftreten Herrn Kaisers nicht
einschüchtem läßt und unbeirrt die Interessen seines Sohnes gegen ihn vertritt. Sie erreicht
mit ihren Bemühungen zwar keine väterliche Einsicht, es kommt aber doch zu einem von
beiden Seiten respektierten "Waffenstillstand", der das Zusammenleben für alle Beteiligten
wenigstens etwas erträglicher macht.
Worgitzky beschränkt ihre Kritik jedoch nicht nur auf die systemkonformen
Erziehungsverfahren in der Familie. Kaisers Rede macht auch deutlich, daß er sich um eine
Fortsetzung der in Schule und im Berufsalltag geltenden Regeln bemüht, daß er seinem
Sohn die Fähigkeiten anerziehen will, die ihm im Leben Erfolg bringen sollen. Dadurch
wird angedeutet, daß Schule und Berufswelt in der DDR ein Übermaß an Unterordnung
verlangen und somit den Jugendlichen häufig jegliche Freude am Lernen vergällen. Dieser
Aspekt ist den Literatinnen besonders wichtig, nicht zuletzt deshalb, weil er Ansprüche
reflektiert, die von der Regierung an die Familie herangetragen werden. In einem Interview
mit Bronne / Henny (1975) erklärte der siebzehnjährige EOS-Schüler Pit auf die Frage nach
dem Lehrer-Schüler-Verhältnis: "Ach die sind absolut, wie soll ich sagen, das ist ’ne
Hierarchie."31 Und zum Thema Leistungsdruck: "Du mußt Höchstleistungen bringen,
entweder 25. Jahrestag oder 30 Jahre Befreiung oder irgendwas, immer noch besser, immer
noch besser, wenn du schon auf 1,7 bist, dann auf 1,3 und dann auf 1,0. Naja, so ist das
praktisch, das hat einfach keinen Sinn."32 Und Schülerin Gudrun R. in Wanders Guten
Morgen, du Schöne (1978) fügt an:
196

Unser Verhältnis zu den Lehrern haut überhaupt nicht hin. Die haben mit uns
keine Schwierigkeiten. Die interessiert nur ihr Stoffgebiet, darüber sehen sie
nicht hinaus. Und wir, wir sind einfach eingestellt auf das Konsumieren von
Wissen. Früher waren die Zensuren die Hauptsache, heute ist es der Stoff.
Das ist gut, man muß sich aber mit dem Wissen auseinandersetzen und seine
Phantasie spielen lassen. Zusammenhänge begreifen, sonst hat das Lernen
keinen Sinn. Ein Trott ist das: noch ein Jahr und noch ein Jahr, das spüren
wir schon gar nicht mehr.33

Dieser Leistungsdruck verursache einen Mangel an Zusammenhalt, bringe die Schüler


häufig dazu, einander zu denunzieren, fährt EOS-Schüler Pit fort. Und nicht selten handele
es sich bei diesen Übeltätern nicht nur um die erfolggierigsten, sondern auch gerade um die,
von denen man eigentlich ein solidarischeres Verhalten hätte erwarten müssen: "In unserer
Klasse ist das, da haben wir ziemlich sichere Beweise dafür, der FDJ-Sekretär und der
Stellvertreter, das sind die beiden größten Schweine."34
Häufiger als der SED-Regierung lieb sein kann, führt dieser übermäßige Druck und
der Mangel an individueller Freiheit auf Abwege. Helwig (1984) berichtet, daß nach
emstzunehmenden Schätzungen rund 10-15% aller Jugendlichen in der DDR erhebliche
Verhaltensstörungen aufweisen.35 Die Flucht in Apathie und Verweigerung nimmt ebenso
zu wie der Mißbrauch von Alkohol und Medikamenten, wie "Schul- und Arbeitsbummelei",
"Asozialität" und "Rowdytum". Da jedoch alle negativen Verhaltensweisen als dem
Sozialismus "wesensfremd" zu gelten haben, tut man sich mit der Ursachenforschung
schwer. Aufarbeitungsversuche aus inoffiziellen Kreisen werden allerdings ebenso vehement
unterdrückt: "Alkoholismus ist ein Problem, doch macht man ein Lied darüber oder
überhaupt über die Hoffnungslosigkeit der Jugend, ist das schon staatsfeindlich. Wie reagiert
eine Jugend, wenn von ihr nur Jasagen verlangt wird und wenn die einzigen
Demonstrationen, an denen sie teilnehmen kann, vom Staat organisiert werden, wobei die
erlaubten Losungen vorher in der Zeitung stehen?"36
1983 hielt Adolf Kossakowski, Direktor des Instituts für Pädagogische Psychologie,
Lehrer dazu an, Außenseitern besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Sie hätten kaum
Gelegenheit, sich zu bewähren, und könnten deshalb in einen Teufelskreis von
Schwierigkeiten, Mißerfolgserlebnissen, Gehemmtheit, Mutlosigkeit, Kritik und Strafe
gelangen.37
Kritik kommt auch von der theologischen Studienabteilung beim Bund der
evangelischen Kirchen der DDR.38 In einem gesellschaftlichen System, das nicht mehr
ständisch geordnet sei, wo also die individuelle Leistung nicht auf einen Status beschränkt
bliebe, sondern die jeweilige Leistung den Ausschlag gebe für die Teilhabe an den
Errungenschaften des Wohlstands und über die Achtung und Anerkennung durch die
Gesellschaft, entstehe bereits in der Schule ein starker Leistungsdruck. Die Chance
"aufzusteigen" mache nämlich gleichzeitig leistungsab-hängig. Eltern, die ihren Kindern eine
gute Ausgangsbasis für gesellschaftlichen Erfolg sichern wollten, sähen sich daher aus
innerem Antrieb und auch von Erziehern und Lehrern gedrängt und vor die Entscheidung
gestellt, entweder stellvertretend für ihre Kinder auf gesellschaftliche Aufstiegsmöglichkeiten
zu verzichten, oder ihren Kindern schon sehr frühzeitig normierte Leistungen
abzuverlangen. Den eigenen Ehrgeiz auf die Entwicklung ihrer Kinder übertragend, machten
viele Eltern ihr Verhalten zu den Kindern von deren Erfolgen in Schule und
197

Berufsausbildung abhängig. Obwohl noch manche Lehrer - aus ihrer Sicht - mangelndes
Interesse der Eltern an den Belangen der Schule beklagten, dominierten doch die
Schulfragen sehr häufig in den familiären Beziehungen; sie würden sogar über die
Aussprachen in den Brigaden in den Arbeitsbereich hineingetragen. Da die Eltern selbst
durch ihre Berufstätigkeit in das gesellschaftlich wirksame Leistungsprinzip eingespannt
seien, hielten sie es oft für ganz selbstverständlich, daß ihre eigene Erziehungsarbeit von
der Schule überwiegend als Motivations- und Durchsetzungshilfe für die schulischen
Leistungsziele verstanden und beansprucht würden.

Weil Eltern und Lehrer selbst einem ständigen Leistungsnachweis ausgesetzt


sind, liegt eine kritische Auseinandersetzung mit der Leistungsschule gar nicht
in ihrem Vorstellungsbereich. Für ein völlig zweckfreies Spielverhalten,
spontanes Rollenspiel oder die Realität transzendierende Phantasie und
ähnliches für Kinder typisches Lernverhalten bringen sie daher wenig
Verständnis auf. Hier müßten eher die Erwachsenen wieder von den Kindern
lernen, wenn nicht die normierte Lemleistung allmählich jedes
Veränderungspotential im Menschen verschütten soll.39

Helwig (1984) erwähnt in diesem Zusammenhang, daß es kaum ein Geheimnis sein
dürfte, daß karrierebewußte Eltern ihren Kindern von klein auf beibringen, auf jede Frage
eine "passende" Antwort parat zu haben. "Wie viele junge Menschen durch solchen Zwang
zur Anpassung in ernste Konflikte getrieben werden, steht auf einem anderen Blatt.
Kuhrig (1975), die übrigens auch das "Sich-einfügen-Können" als ein wichtiges Ziel
der Familienerziehung herausstreicht, verzeichnet ein wachsendes Interesse an Elternaktiven
usw,41 die Propagierung der "bewußten Elternschaft" bringt offensichtlich Erfolge. Das
Interesse der Eltern "an allen Fragen der Erziehung" habe sehr zugenommen, Beweise dafür
seien die hohe Beteiligung an den Elternvertreterwahlen und die sachkundigen Diskussionen
in Elternversammlungen. Maxie Wander beschreibt in ihren Tagebuchaufzeichnungen eine
solche Zusammenkunft.42 Ein Studienrat erläutert das besondere Problem vieler
Kindergartenkinder, nur schwer zuhören zu können und unfähig zu sein, eine elementare
Forderung, die an die Klasse gestellt sei, auf sich zu beziehen. Würden sie aufgefordert,
"die Fibel" (Wander ereifert sich über diesen überalterten Ausdruck in ihren Ausführungen,
er läßt Einblicke in die pädagogische Grundhaltung des Referenten zu. "Wo hat er nur
diesen Ausdruck her? Aus dem Jahre Schnee?”) herauszuholen, würden sie diese auch
gleich aufschlagen, fordere man sie auf einen Strich zu malen, malten sie in ihrem Eifer
gleich drei. "Der Schulmeister meint, das Verhalten müsse besser gesteuert werden. Sich
beherrschen lernen, nicht dazwischen reden! Sauberer Umgang mit Arbeitsmaterialien, gute
Gewohnheiten zu Hause anerziehen."
Obwohl nach diesem Vortrag "wie gewöhnlich" (die von Kuhrig beschriebenen
"sachkundigen Diskussionen" scheint Maxie Wander im DDR-Alltag nicht erlebt zu haben!)
alle verstummen, überwindet sich die Autorin zur Äußerung ihrer Einwände:

...Wissen Sie, ich versuche mich in die Lage eines Kindes zu versetzen, daß
voller Eifer und Freude Striche malt... Disziplin ist ja ganz schön und
sicherlich wichtig. Aber ich sehe da einen Zusammenhang mit der Tatsache,
daß man sich später wundert, wie wenig Initiative, Aktivität und schöpferische
198

Interessen die Kinder in den höheren Klassen zeigen. Nun ja, diese
'elementaren Forderungen’, von denen Sie reden, haben nichts mit
vernünftiger Disziplin zu tun. Die Kinder reagieren dann nur noch auf
Befehle...43

Wander beschreibt die Auswirkungen ihrer Rede im Saal, die schweigenden


Erzieherinnen, die sich ducken und schwitzen. Der Studienrat ("er ist übrigens nicht alt,
vielleicht Anfang Vierzig”) lächelt "ein wenig von oben herab" und erklärt dann
"unmißverständlich, deutlich und abweisend", daß Disziplin von klein auf anerzogen werden
müsse. Sie habe ihn schon verstanden, hätte es aber für sich behalten, resümiert Wander.
Ihm wäre es nicht darauf angekommen, die Kinder zu freien, mündigen und schöpferischen
Menschen zu erziehen, sondern zu gut funktionierenden, angepaßten Konformisten und
Jasagern. Und sie fragt sich: "Was machen die mit Wissen vollgestopften Kinder später
ohne Initiative?"44 In dieser Kritik kommt ein weiterer Aspekt des Begriffs des Hegens, wie
er von den Autorinnen formuliert wurde, zum Ausdruck.

Klagen über Disziplinlosigkeit bei Jugendlichen, Schul- und Arbeitsbummelei,


Herumgammeln in der Freizeit und rowdyhaftes Benehmen sind in den letzten Jahren in der
DDR immer häufiger geworden.45 Als Reaktion hört man gewöhnlich, solchen
Erscheinungen sei am wirksamsten mit Zucht und Ordnung in Schule und Jugendverband
zu begegnen. Die Frage, warum in der DDR so viele Jugendliche sich entweder in eine
Apathie flüchten, nach alternativen Lebensformen suchen, dem Alkohol und
Drogenmißbrauch frönen und ein "asoziales Verhalten" an den Tag legen, blieb in den
DDR-Medien unbeantwortet. Die Diagnose wird hinter verschlossenen Türen gestellt, in die
Öffentlichkeit dringen nur die Reaktionen: forcierte Militarisierung aller Lebensbereiche,
Forderungen nach mehr Disziplin, stärkerer Reglementierung der Freizeit und - nicht zuletzt
- nach Einflußnahme auf die Familienerziehung (Helwig, 1984). Diese Einengung des
Bewegungsspielraums liefert den Anstoß für punktuelle oder pauschale Kritik an einer
Führung, die den Bürgern vorschreiben will, wie sie zu leben und was sie zu denken haben.
Die Warnungen der Pädagogen vor zu viel "Gängelei" vermitteln vorwiegend den Eindruck,
daß man die Symptome kurieren will, ohne den Ursachen auf den Grund zu gehen.46
Diese Meinung wird auch von Maja Wiens Protagonistin Nina vertreten. In
Traumgrenzen (1983) heißt es:

Etwas ist nicht in Ordnung, es konnte doch nicht nur an den einzelnen liegen.
War diese Aggressivität, die sich auch in ihrem Wohngebiet stärker
bemerkbar machte, diese Aggressivität gegen Personen und Sachen, nur ein
Produkt der Einflüsse von der anderen Seite?
Zerstörte Briefkästen, Kellerfenster und Laternen, Anpöbeleien, Schlägereien,
Diebstähle und Gewalttaten. Man darf nicht anfangen, sich daran zu
gewöhnen, dachte Nina. Verstärkte Sicherheitsmaß-nahmen und höhere
Strafen sind keine Lösungen. Wir sind verantwortlich.47

Die Pädagogin eines Lehrlingswohnheims sieht in dieser Situation einen der Gründe,
warum so viele Jugendliche sich der Kirche zuwenden. Da werde in Ruhe über Dinge
gesprochen, über Liebe, den Sinn des Lebens, für die die im Heim Arbeitenden sich nicht
199

die Zeit nehmen können: "Wir fangen immer erst zu reden an, wenn das Kind in den
Brunnen gefallen ist. Was sollen wir also dagegen haben, solange wir nichts Besseres bieten
können?"48
Imke, ein siebzehnjähriger Lehrling, gibt ihr Recht:

Aber die Kirche...ich war in der Bibelstunde. Darf keiner wissen, bin ja FDJ-
Sekretär... Aber ich will mich weiterbilden, weeßte? Wer das nicht versteht,
tut mir leid. Die denken doch einfach so vollkommen anders. Na ja, ist
eigentlich verückt, Glaube! Da darfste nicht fragen: Wieso? Und Warum?
Aber es ist etwas anderes und nicht mit soviel Zwang verbunden, soviel
Organisation und Unpersönlichkeit. Und freundlich ist’s da... ist das einzige
Wort, das mir dafür einfällt. Als ich zum ersten mal dort war, dachte ich:
Häh? und hab die angekiekt. Die reden mich einfach so an. Mensch, man
kriegt fast ein schlechtes Gewissen, wenn die Leute mal zu einem freundlich
sind. Ist das nicht schlimm?
Unser Erzieher, Herr H., sagt immer bloß: DAS IST EIN
SOZIALISTISCHES INTERNAT. HIER WERDET IHR ZU
SOZIALISTISCHEN PERSÖNLICHKEITEN HERANGEZOGEN. Das ist
uns total hohl. Und weiter weiß der nischt.49

Die Autorinnen kritisieren jedoch längst nicht nur einzelne Lehrer oder Schulen, sie
wissen - oftmals aus eigener Erfahrung - wie groß die Belastung ist, die aus den
Widersprüchen zwischen ihrer Verpflichtung gegenüber dem Staat einerseits und ihrer
Verantwortung den Kindern gegenüber andererseits, sein kann, daß das gesamte
Bildungssystem vom Mitläufertum geprägt ist. Ihre Geschichten regen den Leser dazu an,
die eigene Funktion als Erzieher zu überdenken und von einer blinden Sozialisation der
eigenen Kinder in das bestehende System Abstand zu nehmen. Eine große Anzahl von
Schriftstellerinnen hat sich in Erzählungen und sogar ganzen Romanen diesem Thema
gewidmet. Hier findet man immer wieder die Lehrerin oder auch den Lehrer, die/der mit
den besten Absichten die Universität verließ, um in den Schuldienst einzutreten.50 Ein
besonders prägnantes Beispiel liefert Elke Willkomm mit ihrem Roman Hexensommer
(1984).
Willkomm beschreibt die Erlebnisse der Lehrerin Anne Bremer, die durch ihr von
ständigen Kompromissen und Zugeständnissen gezeichnetes Leben und auch durch einen
Mangel an Selbstbehauptung "sich selbst verloren hat".51 Die Schriftstellerin verflicht in
ihrer Geschichte die Suche ihrer Protagonistin nach dem eigenen Ich mit ihrer Kritik am
bestehenden (Bildungs-)System, in dem Nachgiebigkeit, das Verleugnen eigener Ideale und
die Durchführung offizieller Direktiven entgegen besserem Wissen propagiert und zu
persönlichem professionellem Erfolg führen. Damit gewinnt ihr Werk für die hier
diskutierte Thematik besondere Relevanz. Willkomm wendet sich deutlich gegen das
kritiklose Mitläufertum, gegen eine überhöhte Kompromißbereitschaft des Einzelnen und
dabei vor allen Dingen von Führungspersonen (wie z.B. Lehrern und Eltern), die ja
eigentlich Beispielcharakter haben sollten, ihren eigenen Idealvorstellungen aber schon lange
abtrünnig geworden sind.
Anne, 34 Jahre alt, seit 14 Jahren mit Arnold Bremer, dem Stellvertreter des
200

Kreisschulrats verheiratet, wird von diesem - im Einvernehmen mit dem Direktor ihrer
Schule, Ralf Menzel - frühzeitig in die Sommerferien beurlaubt. Man entbindet sie von
einer Klassenfahrt und einem Weiterbildungskurs weil man sie für überarbeitet hält. Obwohl
sie sich wochenlang auf die Klassenreise vorbereitet hatte, läßt sie sich, ohne aufzubegehren
mit ihrem jüngsten Kind Till ins Sommerhaus schicken. Dennoch wird sie gewahr, wie
wenig eigene Entscheidungsfreiheit sie sich bewahrt hat. "Lasse ich mich gar bevormunden?
Könnte ich mich nicht wehren? Auflehnen?" fragt sie sich. Obwohl sie weiß, daß ihr dies
nicht möglich ist, kann sie diese einmal begonnene Überlegung doch nicht abschütteln: Sie
kreist in Gedanken das Wort "wesenlos" ein und versucht, seinen Sinn zu verstehen. Anne
ahnt, "ohne es formulieren zu können, daß die Unfähigkeit zur Selbstbehauptung
entscheidend mit diesem Sinn zu tun haben mußte".52 Diese - wenn auch größtenteils noch
unterbewußte und weitgehend verdrängte Erkenntnis - bildet den Ausgangspunkt für einen
Lernprozeß, durch den Anne ihre Ehrlichkeit sich selbst und anderen gegenüber
wiederfindet und dadurch ihr eigenes Ich aus dem Schutt ihrer Ängste und Kompromisse
befreit.
Zunächst begegnet ihr ihre verstorbene Großmutter als die auf einem Besen reitende
Hexe Debitrice. Diese erklärt ihr, daß sie vom Blocksberg gekommen ist, weil sie dort
Annes Spiegelbild getroffen habe, ihr Ich, ihr eigentliches Wesen, das Anne im wirklichen
Leben verloren hat, weil sie sich selbst untreu geworden ist. Um wieder eins mit sich selbst
zu werden, muß Anne die Einzelteile des Spiegelbildes, das inzwischen in tausend Teile
zersprungen ist, wiederfinden und zusammenfügen. Anne hat sich in Beruf und Privatleben,
in ihren Beziehungen zu anderen Menschen, zu ihrem Direktor, ihrem Mann und auch vor
sich selbst verleugnet. Debitrice fliegt mit ihr zum Blocksberg, zu dem Ort, an dem alle,
die mit sich selbst uneins sind, die nach außen hin mitlaufen, die vorgeben, das bestehende
System zu bejahen, beginnen, ein Zweitleben zu führen.
Dort trifft sie zu ihrem Erstaunen nicht nur ihren Mann Arnold, schlafend zwar, aber
doch als regelmäßiger Besucher bekannt, sondern auch ihren Chef Ralf Menzel. Dieser
versucht Anne zu erklären, warum er ein Doppelleben führen muß. Menzel hatte seine
eigenen Vorstellungen vom Schulbetrieb als er Direktor der EOS wurde und war
entschlossen, diese in die Realität umzusetzen:

Eine Schule, dachte ich mir, sollte ein Ort sein, an dem der Schüler
zuallererst das Recht und die Pflicht hat zu lernen, so gut und so selbständig
wie nur irgend möglich, und an dem der Lehrer vorrangig das Recht und die
Pflicht hat, seine Schüler zu bilden und - nicht zuletzt - zu erziehen. Und auch
das so gut und so selbständig wie möglich. Das bedeutet, dachte ich mir,
Anleitung - gut, Gängelei verboten; Maximum an Freiraum für Lehrer und
Schüler; reale Zensierung, ganz ohne Augenzwinkern; Konzentration auf das
Wesentliche: den Unterricht. Das waren meine Vorstellungen.53

In dieser Zeit, erzählt Menzel Anne, hätte er sich nur wenig darum gekümmert, wie
sich ihr Mann seine Analysen und Berichte vorstellte. Wenn sie keine Exponate für die
MMM hatten, dann hätten sie eben keine, und wenn die Zahl der Milchtrinker abnahm,
dann hätte sie eben abgenommen. Einen Hefter "Mitteilungen und Anweisungen" hätte es
ebenfalls nicht gegeben, "was zu sagen war, wurde gesagt, gesprochen wurde viel bei uns,
Versammlungen gab’s trotzdem nur halb so viel wie heutzutage". Und wenn er der Meinung
201

war, daß einige Anweisungen der Abteilung unsere Arbeit mehr beeinträchtigten als
förderten, dann marschierte er los oder "hängte sich ans Telefon und schlug Krach". Da er
damit nicht viel erreicht hätte, ignorierte er sie schließlich ganz, denn die Abteilung sollte
seiner Meinung nach nur anweisen, "was sie zuvor mit uns diskutiert und von dessen
Notwendigkeit sie sich selbst überzeugt hatte".54 Er ließ sich nicht dazu hinreißen, die
Sitzenbleiberquote künstlich zu senken, wie es an anderen Schulen praktiziert wurde.
Menzel hatte seine Prinzipien und wollte an ihnen festhalten. Er glaubte, etwas ändern zu
können, fand aber bald heraus, daß er dem Druck "von oben” nicht standhalten konnte.
Man bestätigte ihm pädagogisches Können, wies ihn aber auf seine Fehler und
Versäumnisse hin, machte ihn unsicher, "nach der fünften oder sechsten Aussprache hielt
ich mich selbst für den zwar befähigtesten, aber schlechtesten Direktor des Kreises". Seine
hohe Sitzenbleiberquote wurde als "Schädigung der Volkswirtschaft" aufgefaßt, er begann
einzusehen, daß möglichst viele Schüler in die FDJ eintreten sollten, daß alle Anweisungen
der Abteilung ernstzunehmen seien, "und vor allem sah ich ein, daß ich alles einsehen muß,
um nicht durchzudrehen... Das war ein großer, denkwürdiger Tag".55 Menzel hat seine
idealistischen Pläne und Prinzipien jedoch noch immer nicht vergessen, nach wie vor plagt
ihn ein schlechtes Gewissen, ist er sich oft selbst zuwider und beneidet er "die Glücklichen,
die eins sind mit sich selbst. Oder die das wenigstens glauben.”56
Anne sieht auch ihre Schwägerin Sylvia Germann, ebenfalls Lehrerin von Beruf, in
dessen Ausübung schon fast übereifrig, stets dienstbeflissen und darum auch mit Orden
bedacht. Sylvia trägt das Lehrplanwerk unterm Arm, schlafwandelnd irrt sie umher. Anne
ist betroffen:

Sylvia Germann, flüsterte Anne, Schwägerin. Suchst du dich also. Weißt es


nur nicht. Suchst nach etwas, was dir abhanden kam ohne dein Wissen und
Wollen. Wirst es nicht finden... Wenn du erwachst, wird ein neuer Morgen
angebrochen sein, du wirst ein leichtes Unbehagen verspüren, einen Rest von
Wehmut vielleicht, den der Traum in dir zurückgelassen hat, etwas wie
Sehnsucht. Aber du wirst so rasch aus dem Bett springen wie jeden Morgen,
wirst das Radio einschalten, laut, und dich unter die kalte Dusche stellen. Und
Unbehagen, Wehmut, Sehnsucht - all das wird verflogen sein, ehe es dir recht
bewußt werden konnte. Du kannst den Tag beginnen. Und du wirst sein, wie
man dich kennt: tüchtig, energisch, ohne Furcht und Zweifel; eine Frau, die
"ihren Mann steht".57

Anne gefällt ein solches Leben nicht, sie fragt sich aber, ob es deshalb tadelnswert
sei, oder ob sie es loben sollte. Verachten soll sie es nicht, meint ihre Großmutter, aber
loben? Die offengelassene Frage regt zum Nachdenken an, die negativen Aspekte einer
solchen Lebensweise, des nahezu absoluten Verdrängens der eigenen Identität sind nur zu
deutlich. Ein Lehrer, ein Vater, eine Mutter müssen mit sich selbst eins sein, um auch ihren
Kindern, den eigenen oder den ihnen anvertrauten, bei der Entwicklung ihrer Identität zur
Seite zu stehen. Das System, in dem sie leben und arbeiten zwingt sie zur Anpassung, als
Ergebnis machen sie sich dann häufig an der Unterordnung ihrer eigenen Kinder
mitschuldig.
Die schlafwandelnde Sylvia und auch Annes Mann Arnold haben ihre ursprünglichen
Ideale soweit verdrängt und unterdrückt, daß sie ihnen nicht mehr zu Bewußtsein kommen
202

und sie nur noch davon träumen können, Ralf Menzel und Schwager Jens Germann aber
wissen, daß sie ein Doppelleben fuhren. Menzel hat nach seinem verlorenen Kampf
aufgegeben, die Synthese seiner beiden Existenzen finden zu wollen, er hat sich "den
Schneid abjagen lassen"; Jens Germann ertränkt seinen Kummer im Alkohol, er "rutschte"
allmählich, ihm selbst kaum bewußt, auf seiner Weinflasche zum Blocksberg, geschoben
von seiner "Neigung zur Bequemlichkeit ebenso wie fehlendem Mut".58 Da Anne ihm auf
seine Frage, wer sie sei, nicht antworten kann, gibt Jens ihrer Blocksbergexistenz den
Namen Barbara. Aber was habe sie schon davon, wenn sie von ihrer doppelten Existenz
wüßte? Es bedeute eine fortwährende Anstrengung, beide Existenzen voneinander zu
trennen, eine Anstrengung, über der man den Verstand verlieren könne.

Und - wenn man sie nicht trennen will, Jens Germann?


Er lachte auf. Wenn du sie nicht trennen willst, Barbara, mußt du die eine
auslöschen. Logisch, oder? Mußt dich mit dem Traum von ihr begnügen,
darfst nicht einmal davon wissen. (...) Das willst du nicht? Auch logisch.
Also - wirst du dich zugrunde richten. Anpassen oder kaputtgehen - das ist die
Frage.59

Anne weigert sich, diese Alternative anzuerkennen. Großmutter Debitrice weiht sie
daraufhin in ihr Geheimnis ein: Sie hat in der Hitlerzeit versäumt, sich aktiv gegen den
Faschismus zu stellen und sei somit zur Schuldnerin geworden. Sie werde erlöst, wenn sie
auch nur einem ihrer Nachkommen helfe, sich selbst zu finden und sich anzunehmen. In
Anne/Barbara sieht sie ihre Hoffnung. Wenn diese sich finde und zu sich selbst bekenne und
also zu allem, was ihr wahr und notwendig erscheine, und auf jede Gefahr hin und
bedingungslos, dann hätte auch sie nicht umsonst gelebt, dann könnte sie in ihr weiterleben.
"Ein Hexenpakt, Barbara, schlägst du ein?" "Ich schlage ein."60
Mit Hilfe von Debitrice und Hexe Barbara, die zu ihrem personifiziertem Gewissen
wird, wird Anne - wenn auch zunächst gegen ihren eigenen Willen - auf die rechte Bahn
gebracht. Hexe Barbara behält sie ständig im Auge: Ist Anne versucht, Leuten nach dem
Mund zu reden und sich ihren eigenen Teil zu denken, verschließt Barbara ihr mittels des
Hexeneinmaleins den Mund und spricht für sie, ohne das Anne sich dagegen wehren kann.
Auf ihrer Geburtstagsfeier hält Barbara für Anne vor Arnold, Jens und Sylvia eine
regelrechte Rede, die alle Anwesenden, da sie im Schulwesen arbeiten, kompromittiert.
Anne/Barbara bezieht sich auf ihr zum Schuljahresende über ihre Abiturklasse gehaltenes
Referat, das jetzt Zweifel in ihr erregt. Hier sei sie des Lobes übervoll gewesen: Ihre
Schüler hätten nicht nur das Abitur mit Glanz absolviert, sie hätten sich auch in der
produktiven Arbeit in den Betrieben bewährt und einen beachtlichen Beitrag zum
Solidaritätsaufkommen geleistet. Sie waren bereit einen Beruf zu ergreifen, wie er ihren
Möglichkeiten und den Bedingungen entspräche, allein sieben seien Offiziersanwärter
geworden. Und sie seien zu einem Kollektiv zusammengewachsen, ohne Außenseiter, ohne
schwarze Schafe, ohne Individualisten, ohne irgend jemanden, der moralisch oder sonstwie
gefährdet gewesen wäre. Auf jeden von ihnen hätte sie sich verlassen können, für jeden
würde sie die Hand ins Feuer legen. Sie hätte auch Beispiele genannt, alle der Wahrheit
entsprechend - oder dem, was sie für die Wahrheit hielt. Sie versuchte zu beweisen, daß
hier nicht hochgestapelt wurde, obwohl gerade dies und nichts anderes geschah; sie
erwähnte, daß es Kämpfe und Konflikte, Rückschläge und kleine Enttäuschungen gegeben
203

hatte. All dies hätte sie gesagt, aber in dem ständigen Bewußtsein zu lügen.
Selbstverständlich hätte sie das nicht wahrhaben wollen:

Doch ich hörte meine Großmutter sprechen, die sagte: Schwindel, Kindchen,
du machst dir doch was vor.
Und das war die Wahrheit. Und ob ich es wollte oder nicht, ob ich es mir
eingestand oder nicht: Von meinen 23 Schülern, über die ich so Lobenswertes
verkündete, hatte ich nur das Mädchen Ulrike Gösch vor Augen. Sie hatte am
Abend zuvor Morphium genommen. Sie lebte nicht mehr. Und strafte mich
Lügen. (...) ... diese Rike Gösch glaubte ich doch gekannt zu haben. (...) Nie
war ich auf den Gedanken verfallen, sie könnte Probleme haben, für sie
unlösbare. Könnte Hilfe nötig haben. Meine Hilfe. (...) Und nie zuvor war
ich auf den Gedanken gekommen, der mich nun beherrschte: Ich könnte
Wesentliches versäumt haben. An den Schülern. Und an mir... Die Furcht,
am Leben vorbeizuleben - kommt sie euch nie?61

Man versucht, Anne zu beschwichtigen. Sylvia meint, sie nehme sich alles "viel zu
sehr zu Herzen". Aber Barbara/Anne läßt sich weder beruhigen, noch von Anne selbst zum
Schweigen bringen. Sollte man sich denn ganz abgewöhnen, sein Herz an etwas zu hängen,
"sich hinweglügen über Dinge, die angeblich nicht zu ändern sind. Damit man seine Ruhe
hat und seine Sicherheit und seinen Seelenfrieden". Diese Art Ruhe und Frieden lehne sie
ab, Sylvia werde eines Tages aufwachen, wenn nämlich ihre eigene Tochter betroffen sei.62
Durch Barbaras Aussagen stellt Willkomm klar, worum es ihr geht: Ein Lehrer darf nicht
blind Direktiven folgen, er muß diese hinterfragen und in ihrer Ausführung seinem
Gewissen und Verantwortungsgefühl den Kindern gegenüber folgen. Lehrer sind aber genau
wie andere Bürger dem Anpassungsdruck des politischen Systems ausgesetzt - wenn nicht
gar noch mehr. Nicht nur sie selbst sollen angepaßt sein, ihnen ist auch die
Ein/Unterordnung der nächsten Generation anheimgestellt. Lassen sie sich als Privatmensch
von ihren Prinzipien abbringen, beugen sie sich dem Druck, verlieren sie wie Anne und
Arnold Bremer, Sylvia und Jens Germann und auch Ralf Menzel ihre eigene Identität, ihr
Rückgrat. Ist dies geschehen, können sie auch den Heranwachsenden in der Entwicklung
und Bewahrung ihrer Persönlichkeiten nicht zur Seite stehen, sie lassen sich zu Handlangem
reduzieren.
Annes Zweifel an sich selbst, an ihrer Lebensweise, sind somit untrennbar mit ihrer
Einstellung zu ihrem Beruf verbunden: Sie hat bei der Formung und mehr noch bei der
Erhaltung und Festigung ihrer eigenen Persönlichkeit versagt und ist dämm auch bei ihren
Schülern in diesem Bereich gescheitert. Diese hat sie zwar normiert, in das System
eingepaßt, auf die "Erfolgsleiter" des Mitläufertums gestellt, den einzelnen Menschen hat
sie darüber hinaus jedoch vergessen und Individualitäten vergraben helfen.

Immer wollte sie dem Bild gleichen, das sich andere von ihr machten, sagt
Barbara. Da wurde sie zu diesem Bild. Und fühlte kaum noch etwas von sich
selbst. Fühlte sich als Rädchen in einem präzis funktionierenden Räderwerk.
Muß sich ein Mensch nicht als Mensch fühlen, Großmutter, darf er sich wie
ein Rädchen Vorkommen?
Er muß? Er darf? Wer genügend Kraft und Mut aufbringt, sich zu behaupten,
204

wie könnte der sich jemals als Rädchen fühlen?63

Die hier beschriebenen Erfahrungen lassen sich mühelos auf andere Lebens- und
Arbeitsbereiche übertragen, ebenso auch die bis ins Unterbewußtsein verdrängte Schuld am
Mißstand der gegenwärtigen Situation. Mangelnder Einsatz zur bewußten Veränderung der
bestehenden Verhältnisse wäre den meisten Menschen vorzuwerfen, Willkomm macht dies
deutlich, indem sie alle Anne nahestehenden Personen als an deren ähnlichen Miseren
leidend darstellt. In der Realität hätte Anne dies keinem von ihnen zugetraut, obwohl ihr
am Blocksberg klar wird, daß sie die Anzeichen hätte sehen können, wenn sie auf sie
geachtet hätte. Diese Einsicht aber hatte ihr ihr jahrelanger Selbstbetrug verwehrt. Wie in
Teil I dieser Arbeit bereits nachgewiesen werden konnte, geht es den DDR-Autorinnen u.a.
darum, die Rezipienten zu Überlegungen und Aktivitäten, die Verbesserungen hervorbringen
könnten, zu motivieren. Ehrlichkeit sich selbst und auch anderen gegenüber steht dabei
offensichtlich hoch im Kurs und wird als eine gute, wenn nicht gar unabdingbare
Ausgangsbasis gewertet.
In Willkomms Roman gelingt es Anne, die Scherben ihres Spiegelbildes durch ein
Aufarbeiten ihrer Lehrerzeit und ihres Privatlebens aufzufinden und zusammenzufügen. Am
Blocksberg wird ihr klar, daß sie seit Abschluß ihres Staatsexamens, kurz nach ihrer
Eheschließung mit Arnold, nicht mehr wirklich mit sich eins gewesen ist, "ich war voller
Illusionen und doch ganz bei mir selbst, so sehr wie später niemals wieder...".64 Auch die
Ehe mit Arnold hat zum Verlust ihres Ich beigetragen, wenn diesen nicht gar ausgelöst. Der
Anpassungsdruck auf Frauen ist demnach größer, da er nicht nur im Berufsleben, sondern
auch im Privatbereich ausgeübt wird.
Immer bewußter werden Anne die Fehler, die sie selbst und auch andere in der
Vergangenheit begangen haben und durch die sie sich von sich selbst immer weiter
entfernten. Sie beginnt Jens und Sylvias Tochter Cornelia, das "schwarze Schaf der
Familie", zu verstehen. Diese habe einen untrüglichen Sinn für Wahrhaftigkeit, sie lehne
ein sattes, in Wahrheit unproduktives Leben ab. Um sie wirklich zu verstehen und von ihr
akzeptiert zu werden, erläutert Anne Jens, müßten sie einen Teil ihres täglichen Tuns in
Frage stellen oder wenigstens gestatten, daß man ihn in Frage stellte. "Und davor fürchten
wir uns. Was fürchten wir denn? Daß sich zu vieles als fragwürdig erweisen könnte?"65 Und
für sich selbst setzt sie an anderer Stelle im Nachherein reflektierend hinzu: "Ob es wirklich
ein Glück für unsere Tochter ist, daß sie sehr viel weniger Eigensinn besitzt als diese
Cornelia? Eigener Sinn... ',66

Willkomm beschränkt sich in ihrem Werk nicht nur auf Kritik und
Gedankenanregung, sie bietet auch Ansätze zu Lösungsmöglichkeiten. Annes Arbeitskollege
Olaf Radinski arbeitet z.B. nach einem alternativen pädagogischen Konzept, das sehr
positive Ergebnisse hervorzubringen verspricht. Darauf angesprochen, erläutert er Anne
seinen Versuch. Er habe seine Klasse in zweijähriger Arbeit an offene, kritische
Diskussionen gewöhnt, zu "Scheindiskussionen ist sie nun nicht mehr bereit". Heute stellte
sie ein funktionierendes Kollektiv dar, das Bevormundung ablehne. Diese Schüler seien
gewohnt, selbständig zu arbeiten und ernstgenommen zu werden, darum brächten sie ihm
Respekt entgegen. Seine Klasse sei fähig, "wirklich selbständige FDJ-Arbeit, um dieses
Wort mangels eines besseren mal zu gebrauchen" auszuführen, eine Leistung, die sonst "nur
auf dem Papier" funktioniere, wie sie ja wohl wisse. Aufgeteilt in mehrere Interessen- und
205

Arbeitsgruppen lernten sie, sich nicht nur für sich selbst, sondern auch für die anderen
Mitglieder ihrer Gruppe verantwortlich zu fühlen. Dieser Punkt sei der entscheidende. Über
diese Dinge müßte im Pädagogischen Rat diskutiert werden, anstatt sich selbst zu
beweihräuchern. Olaf hält die Zeit für eine Eingabe seinerseits jedoch noch nicht für
gekommen, er will zuerst das Ergebnis seines Versuchs abwarten, denn er könne sich geirrt
haben. Gäbe ein Kollektiv zu, einen Fehler begangen zu haben, resümiert er, klänge das
"phantastisch edel",67 zeichne hingegen eine Einzelperson verantwortlich, würden andere
Formulierungen gewählt: "Der Genosse Olaf Radinski hat einen schwerwiegenden Fehler
begangen, denn er hat das einheitlich handelnde Pädagogenkollektiv...". Der Unterton dabei
ist weniger "edel" als anklägerisch. Im Alleingang sei zwar sowieso nur wenig zu erreichen,
der Impetus müsse meistens aber doch zunächst von einer Einzelperson ausgehen.
Nach seinen Ausführungen weiß Anne, daß sie mit ihren Zweifeln an ihrer bisherigen
Arbeit nicht allein steht. Sie überarbeitet das von ihr gehaltene Referat, das sie nach den
Ferien als Pädagogische Lesung noch einmal halten soll, in einen wahrheitsgetreueren
Bericht um. Vor dem versammelten Schulkollegium gibt sie zu, Fehler gemacht zu haben,
kommt auch auf Ulrike Göschs Freitod zu sprechen, der bis dahin ein Tabuthema darstellte:

Möglich, wahrscheinlich sogar, daß niemand als sie selbst dafür


verantwortlich ist. Aber sie war doch so jung, fast ein Kind noch. Haben denn
alle diese klugen Erwachsenen, die mit ihr zu tun hatten, wirklich nichts
versäumt? Ich glaube inzwischen ein wenig darüber zu wissen, was ich
versäumt habe. Und ich will mich nicht mehr länger entschuldigen - mit
fehlender Zeit, den Streßsituationen, der Hausarbeit, den eigenen Kindern -,
ich will darüber nachdenken, was ich ändern muß, was mir alles nicht gefällt:
an meiner Arbeit, an unserem Schulbetrieb, an der Leitungstätigkeit unserer
Schulleitung. Ich will nicht mehr den Kopf in den Sand stecken.68

Anne will sich nicht mehr mit "Scheinerfolgen" zufrieden geben, "Bildung groß und
Erziehung klein schreiben". Der gesamte Schulbetrieb müsse darauf überprüft werden, ob
seine Maßnahmen und Methoden tatsächlich dazu geeignet seien, wirklich schöpferische
Persönlichkeiten hervorzubringen. Unter den Kollegen finden ihre Ausführungen vereinzelt
Beifall, rufen aber auch Betroffenheit hervor. Direktor Menzel lobt ihren Fleiß und ihre
Ehrlichkeit, hält ihre Schlußfolgerungen aber für einseitig. Sich selbst zu kritisieren ginge
ja noch an, sie habe jedoch nicht das Recht, die ganze Schule, das Kollegium, die
Schulleitung und vielleicht sogar das ganze Volksbildungssystem mit einzubeziehen.69 Er
lasse die gute Arbeit, die geleistet wurde, nicht in den Schmutz ziehen, eine Diskussion des
Referats würgt er von vornherein ab. Auch Arnold, der die Lesung später liest, ist nicht
begeistert, Annes teils wiedergewonnene, teils neu errungene Ansichten kollidieren mit
seinen idealistischen und linientreueren Auffassungen, er verschließt die Augen vor dem,
was er nicht wahrhaben will. Beide stellen fest, daß sie nur noch "verdammt wenig"
verbindet.70

Was du vorhast,(...),ist nicht nur falsch und unklug, es schadet uns. Es stellt
uns bloß, es gibt unsere Schwächen preis, der Öffentlichkeit -begreif das
doch. Konkret gesagt: Falls etwas nicht in Ordnung ist mit unserer
Volksbildung, die beispielhaft ist in der Welt, wie du weißt, kommt es uns
206

nicht zu, darüber zu räsonieren, zu diskutieren in aller Öffentlichkeit, da gibt


es fähigere und berufenere Leute höheren Orts, die sich dieser Probleme
annehmen werden und sie zur Zufriedenheit aller lösen, über kurz oder lang.
(...) Unsere Aufgabe ist es, die Direktiven zu erfüllen, die uns vorgegeben
sind. Könntest du dich wirklich nicht mit mir auf diesen Standpunkt einigen?71

Diesmal ist Anne nicht zum Kompromiß bereit, sie besteht auf Aufrichtigkeit. Beide
wissen, daß sie sich sehr weit voneinander entfernt haben, sie sich fremd geworden sind.
Zu Annes Überraschung schlägt Arnold ein beidseitiges Bemühen um Änderung vor, auf
das sie zögernd eingeht.
Willkomm demonstriert hier, daß Anne, da sie den Mut aufgebracht hat zu sich selbst
und vor anderen ehrlich zu sein, auch im Privatleben - wenn auch nach anfänglichen und
nicht zu unterschätzenden Schwierigkeiten - zu profitieren beginnt. Treue, läßt Willkomm
Annes Freundin Tina formulieren, sei nicht unbedingt notwendig, Aufrichtigkeit aber schon.
Denn Unaufrichtigkeit könne weitaus mehr zerstören als Untreue.72 Aber sie plädiert auch
für Verständnis für diejenigen, die Annes Einsichten noch nicht gewonnen haben, für "diese
fleißigen, fähigen und - ja auch sturen, starrköpfigen Leute", denn "das sind die, die unsere
Welt Zusammenhalten".73 Es sei wohl ganz normal, daß man sich im Leben und bei der
Arbeit verbrauche. Und vielleicht sei es auch ganz normal, daß man dabei die Substanz
verliere. Alles werde weniger stark und tief: Gefühle, Neugier, Freude mache weniger froh,
Schmerz täte weniger weh. Aber gegen dieses "Verbraucht-werden der Seele im Alltag"
müsse man sich wehren. Man dürfe sich nie zufriedengeben, müsse das Gefühl in sich
wachhalten, daß nichts endgültig sei, daß alles jeden Tag neu anfange.
Der Roman endet auf einer positiven Note: die Parteileitung der Schule beschließt,
daß Annes Lesung auf der nächsten Sitzung des Pädagogischen Rats nachträglich vom
Kollegium diskutiert werden soll, mit Menzel müsse "ein ernstes Wort" gesprochen
werden.74 Anne selbst schickt nochmalig überarbeitete und erweiterte Exemplare ihrer
Lesung an Kreis- und Bezirksschulrat, damit ihre Ausarbeitungen auch höheren Orts Gehör
finden. Sie beginnt das neue Schuljahr in einer neuen Klasse mit guten Vorsätzen. Noch
fällt es ihr schwer, wirklich mit den Schülern zu diskutieren, ohne sie zu gängeln, sie
anzuleiten, ohne sie zu bevormunden. "Das haben wir nicht gelernt,” schreibt sie an Tina,
"darauf wurden wir nicht einmal hingewiesen. Und es ist eine unserer wichtigsten
Aufgaben...".75
Willkomm setzt sich für ein mehr auf das Individuum konzentriertes Bildungssystem
ein, ihr Roman beinhaltet eine deutliche Absage an das Mitläufertum und die Duckmäuserei.
Lehrer und auch Eltern müssen in ihrer Erziehung Ziele verfolgen, die sie auch vor sich
selbst verantworten können. Nur mitmachen, im breiten Strom schwimmen genügt nicht,
man betrügt sich nur selbst und die Kinder und Jugendlichen lassen sich nur allzu selten mit
halbherzig gegebenen Erklärungen abspeisen. Das durch Leistungsdruck hervorgebrachte
Konkurrenzverhalten soll durch echte Gruppenarbeit, Solidarität unter den Schülern ersetzt
werden, ihnen soll die Fähigkeit vermittelt werden, sich mit sich selbst, miteinander und
auch mit Problemen und Lebensfragen auseinandersetzen zu können. Diese Eigenschaften
kann das bestehende Bildungssystem nicht lehren, da es sich mit fiktiven
Erziehungsergebnissen, die nur auf dem Papier bestehen, zufriedengibt. Menschen wie Anne
werden benötigt, um das Schulwesen aus dieser Sackgasse zu befreien. Der Roman regt an,
es ihr gleichzutun, die Schwierigkeiten nicht zu scheuen: Das existierende System muß
207

geändert und Alternativen gefunden werden, denn wie auch Morgners Laura Salman
formuliert: "Lehrer (...), insofern diese Bezeichnung den Beruf bezeichnet und nicht die
Tätigkeit, sind Magier."76 Es geht darum, die Autoritätsgläubigkeit abzuschütteln und diese
durch kritisches Hinterfragen der Gegebenheiten und Entwicklungen zu ersetzen, eine
Aufgabe, die nicht nur auf das Bildungssystem zutrifft, sondern auf jeden einzelnen
Menschen und auf seine Lebensumstände zu beziehen ist. Das Konzept der vom Staat
propagierten "bewußten Elternschaft" ist nicht mit den Vorstellungen und Zielen der
Autorinnen deckungsgleich: Zwar geht es auch ihnen um die Aufzucht von Wunschkindern
in einer möglichst glücklichen und gleichberechtigten Partnerschaft, aber sie wollen keine
"Duckmäuser" heranziehen, sondern "freie, mündige und schöpferische Menschen".77
Ähnliches wird auch von vielen der von Wander (1979) interviewten Frauen
angestrebt:

Ich habe meine eigene Persönlichkeit entwickelt, anstatt sie einem


fragwürdigen Erziehungsziel zu opfern. Diesbezüglich habe ich mir von
Lehrern nie dreinreden lassen. Ich habe meinen Kindern den Rücken gestärkt
gegen Forderungen von Lehrern, die ihnen an die Substanz gegangen wären.
(...) Meine Söhne sind Kinder einer neuen Zeit, und ich bin mit so vielen
Ressentiments und Zwängen behaftet, daß es eine Sünde wäre, sie davon
trinken zu lassen.78

Obwohl der Staat der Familie diese ihm höchst wichtige Aufgabe auferlegt und sie
vom Staat abhängig ist,79 besteht, so betont Grandke (1978),80 keine passive Beziehung
zwischen den beteiligten Institutionen, sondern die Familie wirke durch ihren
"entscheidenden Einfluß auf die Bevölkerungspolitik und ihren bedeutenden Einfluß auf die
Persönlichkeitsentwicklung ihrer Mitglieder" auf die gesellschaftliche Entwicklung zurück.
Mit dieser Aussage dürften auch die Autorinnen einverstanden sein. Ihnen geht es darum,
die/den einzelnen zum Nachdenken anzuregen, seine/ihre Rolle und Leben zu überdenken,
und entsprechend seine/ihre Persönlichkeit weiter auszubilden. Innerhalb der Beziehung von
Mann, Frau und Kindern können daher Lösungen und neue Verhaltensweisen ausgearbeitet
werden, die dann durch ihr eigenes Verhalten und auch durch das ihrer Kinder in die
Gesellschaft zurückwirken. Damit wäre ein möglicher Weg für die Verwirklichung der
Zielsetzungen der Schriftstellerinnen klar Umrissen. Erwähnenswert ist in diesem
Zusammenhang auch die Tatsache, daß Pädagogen und Soziologen die Einflußmöglichkeiten
von Literatur auf die Familie und die innerfamiliären Beziehungen immer wieder
hervorheben und zur Nutzung dieses Potentials anhalten.81
Auch Solowjow ordnet der ästhetischen Kultur in den alltäglichen Beziehungen des
Familienalltags eine große Rolle bei der Sozialisierung des Individuums zu. Eine wichtige
Aufgabe der Familie bestehe auch darin, daß das Individuum hier die Informationen
einzuschätzen lerne, die über solche Kanäle wie das Fernsehen, das Radio, Zeitungen und
Zeitschriften sowie schöngeistige Literatur angeboten werden.82 In der DDR hat gerade
diese Funktion aufgrund der politischen und geographischen Lage des Landes eine
besondere Bedeutung.83 Die Familie wirke nicht nur auf das physische und geistige Antlitz
der Kinder ein, sondern auch auf die erwachsenen Familienmitglieder und über sie auf die
Produktionskräfte, denn die praktischen Beziehungen in der Familie lieferten Material für
208

die theoretische und künstlerische Verallgemeinerung in der Soziologie, der Ethik, der
Literatur und Kunst. Somit wirke sich das Familienleben auf das gesellschaftliche
Bewußtsein aus. Die Rolle der Familie bei der Herausbildung und Entwicklung des
individuellen Bewußtseins könne daher - so Solowjow - nicht hoch genug eingeschätzt
werden.84

Auch die stabilisierenden Eigenschaften der Familie werden zum Ausdruck gebracht,
der Familie wird die Eigenschaft zugesprochen, in den moralischen Beziehungen die
Grundlage der kulturellen Kontinuität zu schaffen.85 Gleichzeitig wird der Familie auch eine
große Verantwortung für den Fortbestand ihrer Art übertragen,86 denn "die in der Kindheit
anerzogene Achtung gegenüber der Familie bleibt für das ganze Leben von unschätzbarem
Wert".87 Glückliche Ehen seien, so hätten Wissenschaftler erkundet, am häufigsten bei
Kindern aus glücklichen Ehen zu finden, denn ihnen sei der volle Wert von Ehe und
Familie nahe und verständlich, sie griffen seltener zu solch einer extremen Maßnahme wie
der Scheidung. Es stellt sich hier die Frage nach der Umkehrbarkeit dieser Beobachtung,
d.h. ob die schon hohe Scheidungsrate durch die davon betroffenen Kinder für die Zukunft
effektiv eine noch höhere Rate verursacht. Dieses scheint in der DDR angenommen zu
werden, denn in der bereits erwähnten Radiodiskussion wurde dieser Punkt aufgegriffen.
Hier wurde festgestellt, daß alle gesellschaftlichen Kräfte an der Erziehungsarbeit der
Familien, die keine gute Ehe führen, teilnehmen müßten, "weil das ja auch um die Kinder
geht, die dann eine negative Vorbildwirkung haben und sich an disziplinloses Verhalten
gewöhnen und eine disziplinlose Grundeinstellung bekommen und dann nachher selber
Probleme machen”.88
Interessant ist hier die Formulierung, daß diese durch ihre Eltern zur
"Eheunfähigkeit"' verurteilten Menschen, später "Probleme machen" und nicht "Probleme
haben", vor denen sie mittels angebrachterer Erziehungsmethoden vielleicht hätten bewahrt
werden können. Gesehen wird hier wohl zunächst das Problem des Staates, der sich mit
einer ständig wachsenden Scheidungsrate und den damit verbundenen Restfamilien und
finanziellen Verbindlichkeiten konfrontiert sieht. Das Einzelschicksal tritt dabei zunächst
völlig in den Hintergrund. Eine solche Auffassung ist natürlich nicht mit den Ansichten der
Autorinnen zu vereinbaren, die sich für eine "Vermenschlichung" (Morgner, Wolf)89 des
Lebens aussprechen, deren Bemühungen jeden einzelnen einschließen und die das
Individuum zur Findung seines Ich aufrufen.90

Fußnoten

Wander, Maxie: "Leben wär' eine prima Alternative". Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 105.
Wegner, Bettina: Wenn meine Lieder nicht mehr stimmen. Reinbek bei Hamburg: 1982. Seite 57f.
Müller, Klaus: DDR: Abschied vom Puritanismus?-In: Hildebrandt, C. (Hrsg.): Liebes- und andere
Erklärungen. Bonn: 1988. Seite 106. Vgl. auch Morgner, Irmtraud: Die Hexe. .. Zürich und Villingen
1986. Seite 82.
Morgner, Irmtraud: Die Hexe...: Zürich und Villingen: 1986. Seite 61ff.
Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 59.
Gysi, Jutta / Meier, Uta: Zu theoretischen Problemen einer soziologischen Analyse der famtlialen
Lebensweise.-In: Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1982. Berlin (DDR): Akademie Verlaß 1982
Seite 121-130. Hier Seite 128.
7 Proßramm der SED. Dresden: 1976. Seite 58.
209

8 Helwig, Gisela: Zwischen Familie und Beruf. Köln: 1974. Seite 36 und 74.
9 Grandke, Anita: Familienförderung.... Berlin (DDR): 1986. Seite 17.
10 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 6.
11 § 42 (2)
12 Bildungsgesetz der DDR vom 25.2.1965 (GB1.I, Nr.6, S.83.)
13 Jugendgesetz der DDR vom 28.1.1974 (GB1.I, Nr.5, S.45)
14 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 6
15 Walther, Rosemarie: Familienbeziehungen... Einheit. 1979, 34.Jg., Nr. 11, Seite 1157. Vgl. auch
Scharnhorst, Erna: Worin bestehen die neuen erzieherischen Möglichkeiten der Familie und wie können
sie besser genutzt werden ? Pädagogik. 1981, 36. Jg., Nr. 9, Seite 738-744. Hier Seite 742.
16 Bericht des ZK der SED an den IX.Parteitag der SED. Berichterstatter: Genosse Erich Honecker. Berlin
(DDR): Dietz Verlag 1976. S. 100. Vgl. hierzu auch Kaufhold, Gisela: Auf der richtigen Spur. Für Dich.
1983, Nr. 22, Seite 12-15.
17 Beutlich, Lothar: Notizen zwischen Stullen und Bücherberg. Für Dich. 1975, Nr. 12, Seite 4-7; Schwarz,
Gislinde: Auf dem Wege zur Familie. Für Dich. 1978, Nr. 47, Seite 6-11.
18 Grandke, Anita: Zur Entwicklung von Ehe und Familie.-In Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram (Hrsg.):
Zur gesellschaftlichen Stellung. .. Leipzig: 1978. Seite 233.
19 Vgl. Schamhorst, Erna: Worin bestehen die neuen erzieherischen Möglichkeiten der Familie...
Pädagogik. 1981, 36. Jg., Nr. 9, Seite 742. Vgl. auch Grandke, Anita: Familienförderung.... Berlin
(DDR): 1986. Seite 15f.
20 Grandke, Anita: Familienförderung.... Berlin (DDR): 1986. Seite 40.
21 Walther, Rosemarie: Familienbeziehungen... Einheit, 1979, 34. Jg., Nr. 11, Seite 1159.
22 Solowjow, N.: Ehe und. .. Leipzig: 1980. Seite 33.
23 ebenda, Seite 12; vgl. auch Grandke, Anita / Kuhr, Peter: Die Einordnung der Familienförderung... Staat
und Recht. 1982, 31. Jg., Nr. 7, Seite 622.
24 Solowjow, N.: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 108.
25 Walther, Rosemarie: Familienbeziehungen... Einheit. 1979, 34. Jg., Nr. 11, Seite 1161.
26 "Was ist eine Familie ?" Diskussion u.a. zu den Fragen: Lassen sich berufliches und gesellschaftliches
Engagement der Eltern vereinbaren mit einer Erziehung der Kinder, die den Anforderungen der
sozialistischen Gesellschaft entspricht? Wird durch die staatliche Förderung junger Familien eine zu frühe
Heirat begünstigt? /Teil2. Radio DDR II. 21.11.1984. 22.05 h, Studio 80, Band 31, 04.15. Rias Monitor
Dienst, Freitag - Sonntag, 23.-25. November 1984. Seite 27.
27 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 138.
28 Worgitzky, Charlotte: Verdorbene Jugend.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 195.
29 ebenda, Seite 221
30 ebenda, Seite 222
31 Bronnen, Barbara / Henny, Franz: Liebe. Ehe. Sexualität in der DDR. München: 1975. Seite 27. Die
Autoren interviewten verheiratete und unverheiratete Paare, Alleinstehende und Jugendliche in der DDR.
Die in diesem Band veröffentlichten Gespräche und Dokumente geben, so wird ihm Vorwort des Buches
klargestellt, "keine erschöpfende oder gar repräsentative Auskunft", "wohl aber vermitteln sie als
lebendige ’ Nahaufnahmen’ ein authentisches Bild von einem Stück DDR-Wirklichkeit - denn hier sprechen
Menschen von ihren täglichen Erfahrungen, Sorgen und Wünschen”.
32 ebenda. Seite 27f.
33 Wander Maxie: ''Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 85.
34 Bronnen, Barbara / Henny, Franz: Liebe. Ehe, Sexualität in der DDR. München: 1975. Seite 29. In Maja
Wiens Traumgrenzen (1983) heißt es dazu: "Es mußte doch noch etwas anderes geben, mußte doch Zeit
sein, Zeit bleiben für anderes. Nina fand plötzlich, daß Menschen nach Noten beurteilt wurden, nach
Leistungen, die sie wirklich oder scheinbar brachten. Sie bemerkte, daß sich in der Klasse viele nach
einer FDJ-Funktion drängten, daß jede Form der Gemeinsamkeit, ob Versammlung oder Ausflug, zu einer
Art Podium wurde, auf dem man sich produzierte, um sich in Vorteil oder andere in Nachteil zu bringen.
Nina schien es, als belüge man sich ständig, nickte zu den Lügen anderer nur noch. Sie zog sich zurück."
Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 2.Auflage 1985. Seite 31.
35 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 31.
36 Winkler, Karl: Made in DDR. Liedermacher: unerwünscht. Frankfurt (Main): Fischer Taschenbuch
Verlag 1985. Seite 83.
37 Vgl. Geschichte und Staatsbürgerkunde Klasse 7-8, 1983. Zitiert nach Helwig, Gisela: Jugend und
Familie.... Köln: 1984. Seite 34.
Theologische Studienabteilung beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR: Kritik und Leistung.
Die allzeit reduzierte Persönlichkeit - Ursachen und Auswege.-In: Wensierski, Peter / Büscher, Wolfgang
(Hrsg.): Beton ist Beton. Zivilisationskritik aus der DDR. edition transit, Band 1. Hattingen: Scandica
Verlag 1981. Seite 139-196. Hier Seite 187 und 189.
ebenda, Seite 187
Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 70.
Geggel, Erna / Koberstein, Klaus: "Welchen Einfluß hat die Familie auf die Erziehung? Haben die
werktätigen Mütter und Väter genügend Zeit für ihre Kinder?" E & S Interview mit Frau Professor Dr.
Herta Kuhrig, Leiterin der Forschungsgruppe "Die Frau in der sozialistischen Gesellschaft" bei der
Akademie der Wissenschaften der DDR. Elternhaus und Schule. 1975, Nr. 9, Seite 4f. Hier Seite 5.
Wander, Maxie: "Leben war’ eine prima Alternative". Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 103ff.
43 ebenda, Seite 104
44 ebenda, Seite 104f.
45 Vgl.z.B. Kräupl, Günther / Ludwig, Heike: Probleme und Ergebnisse kriminologischer
Persönlichkeitsforschung. Staat und Recht. 1984, 33. Jg., Nr. 6, Seite 464-471. Kräupl, Günther: Intensiv
erweiterte Reproduktion und soziale Vorbeugung gegen Kriminalität. Staat und Recht. 1986, 35. Jg., Nr.
12, Seite 950-959. Kräupl, Günther: Familiäre Fehlerziehung und Jugendkriminalität. Neue Justiz. 1980,
34. Jg., Nr. 7, Seite 303-306. Kräupl ist Professor in der Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der
Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Siehe auch Grunenberg, Antonia: Jugend in der DDR: Zwischen
Resignation und Aussteigertum. Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das
Parlament. B 27, 5.Juli 1986. Seite 3-19.
46 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 78.
47 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 79f.
48 Eckart, Gabriele: So sehe ick die Sache. Köln: 1984. Seite 205.
49 ebenda, Seite 58f. Vgl. hierzu auch Margedant, Udo: Feindbilder sozialistischer Erziehung in der DDR.
Aus Politik und Zeitgeschichte. 23.Dezember 1988, B 52-53, Seite 24-33.
50 Kaufhold, Gisela: Vor der Klasse Klasse sein. Für Dich. 1985, Nr. 42, Seite 12-17.
51 Willkomm, Elke: Hexensommer. Berlin (DDR): 1984. Seite 12. Diese Thematik wird auch von
männlichen Autoren aufgegriffen: Kunze, Reiner: Der Film ’Die wunderbaren lahre' Frankfurt (Main):
1979. Görlich, Günter: Eine Anzeige in der Zeitung. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 10 Auflage
1985.
52 Willkomm, Elke: Hexensommer. Berlin (DDR): 1984. Seite 18f.
53 ebenda, Seite 46
54 ebenda, Seite 47
55 ebenda, Seite 48
56 ebenda, Seite 49
57 ebenda, Seite 51
58 ebenda, Seite 71
59 ebenda, Seite 53
60 ebenda, Seite 53-59
61 ebenda, Seite 68f.
62 ebenda, Seite 69
63 ebenda, Seite 119
64 ebenda, Seite 53
65 ebenda, Seite 85
66 ebenda, Seite 21
67 ebenda, Seite 172
68 ebenda, Seite 198
69 ebenda, Seite 199
70 ebenda, Seite 217
71 ebenda, Seite 218
72 ebenda, Seite 228
73 ebenda, Seite 227
74 ebenda, Seite 231
75 ebenda, Seite 237
211

76 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 498.
77 Wander, Maxie: "Leben wär' eine prima Alternative". Darmstadt und Neuwied: 1980. Seite 105.
78 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 30.
79 Bericht des ZK der SED an den IX.Parteitag der SED. Berichterstatter: Genosse Erich Honecker. Berlin
(DDR): 1976. Seite 100
80 Grandke, Anita: Zur Entwicklung von Ehe und Familie.-In Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram (Hrsg.):
Zur gesellschaftlichen Stellung.... Leipzig: 1978. Seite 230.
81 Grandke, Anita: Zur verfassungsrechtlichen Stellung der Familie in der DDR. Wissenschaftliche
Zeitschrift der Fnedrich-Schiller-Universität Jena. 1970, 19. Jg., Nr. 6, Seite 1001. Walther, Rosemarie:
Familienbeziehungen.. Einheit. 1979, 34. Jg., Nr. 11, Seite 1164f. Scharnhorst, Erna: Worin bestehen
die neuen erzieherischen Möglichkeiten.... Pädagogik. 1981, 36. Jg., Nr. 9, Seite 741.
82 Solowjow, N.: Ehe und. .. Leipzig: 1980. Seite 61. Vgl. hierzu auch eine Broschüre des
Kinderbuchverlages "Mein Kind und sein Buch", die 1984 von Katrin Piper, der langjährigen Cheflektorin
des Verlages publiziert wurde. Vorgestellt in Für Dich. 1984, Nr. 20, Seite 4L Solowjow führt weiter
aus, daß die ästhetische Erziehung und Selbsterziehung eng mit dem künstlerischen Schaffen verbunden
sei, denn Kunstwerke drückten in konzentrierter Form das ästhetische Verhältnis zur Wirklichkeit aus:
"Kunstwerke sind eine Art Lehrbuch der ästhetischen Beziehungen. Zu lernen, sie zu verstehen, heißt zu
lernen, das Wesen des Ästhetischen zu begreifen". Aber nicht nur Kunstwerke weisen ästhetischen Wert
auf. Solowjow nennt in diesem Zusammenhang auch die Erscheinungen des realen Lebens: die Familie,
das Alltagsleben, die Arbeitsbedingungen, eine bestimmte Seite der moralischen Beziehungen, der
Umgang mit der Natur. Die ästhetischen Werte verschaffen dem Menschen Zugang zu den moralischen,
den politischen und allen anderen gesellschaftlichen Verhältnissen, "ohne das Empfinden der Souveränität
seiner Persönlichkeit zu verlieren, vielmehr dabei geistiges Vergnügen spürend, und das heißt, nicht nur
oberflächlich, sondern tiefgreifend, dauerhaft und gründlich Zugang zu finden". (Seite 156)
83 Ludz, Peter Christian: The German Democratic Republic. An OverView of Survey Research in the GDR.-
In: Welsh, William A. (Ed.): Survev Research and Public Attitudes in Eastem Europe and the Soviet
Union. New York: Pergamon Press 1981. Seite 242-318. Hier Seite 254 und 264. Walther: Rosemarie:
Familienbeziehungen... Einheit, 1979, 34. Jg., Nr. 11, Seite 1160.
84 Solowjow, N.: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 62.
85 Vgl. ebenda, Seite 18. Und Hanke, Helmut: Zur Rolle von Traditionen in Lebensweise und Kultur.
Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 47.
86 Vgl. § 42 (3) FGB
87 Solowjow, N.. Ehe und. .. Leipzig: 1980. Seite 61.
88 "Was ist eine Familie ?" Diskussion. /Teil 2. Radio DDR II, 21.11.1984. Seite 24.
89 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Wolf, Christa: Selbstversuch.-In ebenda, Seite 86.
90 Vgl. hierzu Kapitel 1.4
212

II.IO Haushalt, Freizeit und Beruf -


Ist eine Vereinbarung möglich ?

Im Bereich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf können die Autorinnen auf eigene
Erfahrungen zurückgreifen, um theoretische Überlegungen mit erlebter Praxis zu
verschmelzen. Hier zeigen sie mit Witz und Ironie Mißstände auf. Durch fantastische und
utopisch anmutende Lösungen gelingt es ihnen, die bestehende Situation zu kritisieren. Die
Protagonistinnen erhalten himmlischen Beistand durch Engel, die ihnen zur Hilfe eilen, und
Feen, die Wünsche erfüllen. Auch der Rollentausch zwischen Mann und Frau wird
durchgespielt. Diese Angehensweise macht es möglich, die traditionellen Einstellungen der
Geschlechter zueinander auf neue Weise auszuleuchten.

Die DDR beruft sich seit jeher auf den kommunistischen Lehrsatz, daß jegliche
Emanzipation die Teilnahme am Produktionsprozeß voraussetzt,1 die Integration der Frauen
in die Arbeitswelt wurde daher von Anfang an forciert. Entsprechend widmet auch das
Arbeitsgesetzbuch der Förderung der Frauen ein besonderes Kapitel. Hier wird
programmatisch als Grundsatz festgelegt:

Die Gleichberechtigung der Frau in der sozialistischen Gesellschaft wird durch


die Teilnahme am Produktionsprozeß und die Mitwirkung an der Leitung von
Staat und Wirtschaft voll verwirklicht.2

Davon ausgehend sind die staatlichen Organe sowie die Betriebsleiter verpflichtet,
alle Voraussetzungen zu schaffen, um der Frau den beruflichen Aufstieg bei gleichzeitiger
Wahrnehmung familialer Aufgaben zu ermöglichen. Im wesentlichen geht es tim

die Schaffung von "immer mehr" Arbeitsplätzen und Tätigkeiten, die den physischen
und physiologischen Eigenheiten der Frauen entsprechen;
eine Erweiterung von Kinderbetreuung und Dienstleistungsangebot;
die Gewährung von Hilfe bei der Erkrankung von Kindern; die besondere
Berücksichtigung bei beruflicher Weiterbildung und qualifikationsgerechter
Beschäftigung;
die Anwendung der Bestimmungen des frauenspezifischen Arbeitsschutzes und des
Mutterschutzes.3

Artikel 20 (2) der Verfassung, in dem die Förderung der Frau, besonders in der
beruflichen Qualifizierung als "gesellschaftliche und staatliche Aufgabe” definiert wird, hebt
die Verbindlichkeit dieser Regelungen weiter hervor.
Dem Bestreben, möglichst alle Frauen in den Arbeitsprozeß einzubeziehen, kommt
neben den volkswirtschaftlichen Zwängen noch eine weitere Bedeutung zu (Helwig, 1974).
Nach marxistischer Lehre gilt die materielle Produktion als entscheidende Sphäre der
Persönlichkeitsentwicklung. Die Arbeitsmoral ist die wichtigste Quelle der Familienmoral
(Kuhrig, 1962), ein solches Postulat beinhaltet notwendigerweise die Erwartung, daß sich
die Frauen nicht auf Kindererziehung und Hausarbeit beschränken.4 Das Recht der DDR
setzt somit die Berufsarbeit beider Partner als Regelfall voraus. Auch § 10 (2) FGB
statuiert: "Die Beziehungen der Ehegatten zueinander sind so zu gestalten, daß die Frau ihre
213

berufliche und gesellschaftliche Tätigkeit mit der Mutterschaft vereinbaren kann." Die
Berufstätigkeit der Frau und ihre finanzielle Selbständigkeit bilden also eine wesentliche
Grundlage für wirkliche Gleichberechtigung.
Für die Autorinnen ist dies jedoch nur ein erster Schritt, der heute als Anspruch nicht
mehr neu formuliert werden muß (Wolf, 1979).5 91,3 Prozent aller Frauen im
erwerbsfähigen Alter arbeiten. Dies belegt, selbst mit dem entsprechen-den Anteil an
Teilzeitarbeit, daß außerhäusliche Arbeit zur Selbstverständlichkeit geworden ist, und zwar
auch in Verbindung mit Familienbelastungen.6 Von den 1 403 000 vollbeschäftigt
berufstätigen Müttern hatten laut Statistik 1982 96 695 drei und mehr Kinder, rund eine
halbe Million zwei Kinder unter 16 Jahren. Dieser außerordentlich hohe Anteil von
Arbeitnehmerinnen stellt jedoch weder klar, inwieweit der Beruf im Vergleich zu den
familialen Aufgaben ein gleichrangiger Bestandteil des Lebens geworden ist (Helwig, 1974),
noch gibt er Aufschluß darüber, wie "die andere Hälfte der Bevölkerung", die Männer, zu
dieser Entwicklung stehen. Ungeachtet aller gegenteiligen Beteuerungen weisen Politik,
Wirtschaft und Gesellschaft der DDR patriarchalische Züge auf.7 Männer beherrschen die
politische Theorie und Praxis, machen die Gesetze, entscheiden über den Einsatz von
Leitungskadern und bestimmen entsprechend auch darüber, welche Möglichkeiten Frauen
eingeräumt werden.8 Der in der Einleitung dieses Teils bereits angesprochene Mangel von
Frauen in Leitungspositonen hat hier zumindest partiell seine Begründung. Helga Schubert
(1989) kommentiert:

(...) Leitungsfunktionen streben die Frauen in der DDR nicht an. Sie selbst
würden sie akzeptieren, aber ihre Männer zu Hause sind dagegen, wie eine
Untersuchung ergab, über die ich wirklich erschrocken war. Weniger
qualifizierte Männer waren nicht mit der höheren Qualifikation der Frau
einverstanden. Sie selbst würden es noch verkraften, aber sie haben Angst vor
dem Spott ihrer Kollegen.9

Ähnlich berichtet Morgner (1984):

Eine Untersuchung in Bulgarien zeigt: Die meisten Ehen scheitern, wenn die
Frau mehr verdient. Mehr verdienen ist ein Zeichen dafür, daß sie eine
Stellung hat, die ein bißchen höher ist. Daran gehen die Ehen kaputt. Wenn
zwei Leute Zusammenleben, und der Mann macht etwas Gutes oder bringt
etwas zustande, dann freut sich die Frau einfach. Und sie fühlt sich als
Partner, da hat sie was davon. Aber im umgekehrten Fall kommt es zu
Katastrophen. Da fühlen sich die meisten Männer geradezu vernichtet, wenn
ihre Partnerin etwas Gutes macht. Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe immer
Bücher geschrieben, daheim. Und eines Tages erschien einmal (...) ein
Buch:Das waren immer Katastrophen, wenn ein Buch erschien, wenn es auch
noch ein Erfolg war. Das ist eine tragische Sache, was da läuft.10

Die gesetzlich verordnete Gleichberechtigung garantiere nur, daß man die gleichen
Rechte habe, dies sage aber nichts über die Verteilung der Pflichten aus, kritisiert die
Autorin.11 Bereits 1978 beanstandete sie die "nachteiligen Folgen der Gleichberechtigung".
Diese führten dazu, daß man überall, wo Knochenarbeit geleistet werde, "massenhaft"
214

Frauen fände. In Kliniken und Schulen sei dies am schlimmsten. In der Gerontologischen
Abteilung in Buch arbeiteten - außer dem männlichen Leiter - nur Frauen; in den Schulen
fast nur noch Lehrerinnen:

Kommt man in der Frühe in ein Lehrerzimmer, dann sitzen da noch zwei,
drei Männer, die rauchen in Ruhe. Die Lehrerinnen kommen im letzten
Augenblick angerannt; die haben zuerst die eigenen Kinder zu versorgen -
wecken, anziehen, Frühstück, auf Krippe und Kindergarten verteilen, schnell
verabschieden -, so kommt die Frau zur Schule und hechelt und muß ohne
Schnaufpause in den Unterricht. Im Hinterkopf hat sie ganz andere Sachen:
Was ist mit dem Jungen, wird er krank? Wo krieg ich bloß Strumpfhosen, die
Schuhe für das Mädel? Das ist ihre zweite Schicht. Aber die sollen nun die
ganze Schule in Gang halten. Bei denen ist der Ofen aus, und das teilt sich
den Kindern mit.12

Morgner spricht hier die Hauptprobleme der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
an. Die Ziel Vorstellung eines zufriedenstellenden Berufslebens mit bestmöglicher
Qualifikation und entsprechender Anstellung bei gleichzeitigem und erfülltem Familienleben
läßt sich gegenwärtig kaum realisieren. Wie sich diese Doppelbelastung, die nach wie vor
größtenteils auf den Schultern der Frauen lastet, im Alltag ausgestaltet, soll hier untersucht
werden.
Daß Frauen arbeiten, ist akzeptiert worden, zur Debatte steht allerdings noch, unter
welchen Umständen sie dies tun. Diese Situation wird in der Literatur ausführlich
beschrieben. Ein Blick auf die Alltagsrealität von Haushalt, Familie und Beruf in der
Darstellung von Autorinnen und Soziologen soll hier Aufschluß verschaffen.

Trotz all der theoretisch erarbeiteten Anhaltspunkte und Aufforderungen zur


Gleichberechtigung in diesem Bereich sieht die Praxis nachweislich noch immer ganz anders
aus. Die von Morgner (1984) geforderte "proletarische Solidarität” wird hier kaum erzielt,
der Weg von juristisch garantierter Gleichberechtigung bis zu praktizierter
Gleichverpflichtung ist noch weit.13 Daß gerade dieses Thema in der Frauenliteratur auch
immer wieder angesprochen wird, wird kaum überraschen. So resümiert die Ich-Erzählerin
in Edith Andersons Geschlechtertauschgeschichte "Dein für immer oder nie" (1975):

Ich war erschöpft und abgestumpft durch tägliche Beschäftigungen, die mir
weder Zeit noch Sinn übrigließen, mich zu entfalten. Mein Mann hatte nicht
die Absicht gehabt, eine Dienstmagd aus mir zu machen, aber ich war eine
geworden. Einmal, als ich heftig dagegen aufbegehrte, daß ich meine besten
Jahre mit Schlangestehen, Schleppen, Feuermachen, Scheuern vergeudete,
hielt er betroffen inne. In seinem Gesicht zeigten sich Runzeln, die ich früher
nicht bemerkt hatte, und er gab zu bedenken: "Wer soll es sonst tun?”14

Die Vorstellung des "Helfen"-wollens an sich beruht schon auf einer völlig falschen
Grundeinstellung, wie Hexe Barbara ihrer Großmutter Debitrice in Elke Willkomms
Hgxensommer (1984) auseinandersetzt: Anne versuchte, es ihrem beruflich erfolgreichem
Mann Arnold gleichzutun:
215

Was schwer zu bewältigen ist. - Zwei Kinder, Haushalt, Wäsche, einkaufen...


Er hilft ihr nicht?
Aber ja. Er hilft ihr - es ist also ihre Arbeit, nicht wahr?15

Morgner (1974) weist darauf hin, daß auf der Ebene des gesellschaftlichen
Bewußtseins, z.B. in den Medien eine Auseinandersetzung mit tradierten Denk-, Verhaltens¬
und Empfindungsweisen fehlt oder aber banalisiert wird:

(...) er trocknete ab und diese Dinger, wegen denen ganze Femsehserien


angestrengt werden. Er half, der Gute - wenn ich helfen höre, entsichere ich
den Revolver.16

Weniger dramatisch, aber ebenso nachdrücklich, stellt Worgitzkys Martha in Meine


ungeborenen Kinder (1982) klar:

Man hat es kräftig und tief in uns eingeprägt, daß wir für Haushalt und
Kinder zuständig, verantwortlich sind, und wenn die Männer uns bei diesen
Arbeiten helfen, sind sie sehr nett und sehr fortschrittlich, und man muß sie
ordentlich loben, um sie bei der Stange zu halten.
Aber all diese Arbeiten darf eine Frau von ihrem Mann durchaus verlangen,
man wird ihr die gesellschaftliche und moralische Berechtigung dazu kaum
noch absprechen.17

Die Relevanz, die die Autorinnen diesem Thema zuordnen, wird auch von DDR-
Soziologen immer wieder hervorgehoben. Barbara Bertram, wissenschaftliche Mitarbeiterin
des Zentralinstituts für Jugendforschung in Leipzig, stellte in diesem Zusammenhang in
einem Interview mit Für Dich (1986) fest, daß - obwohl junge Leute heute schon weit
stärker als ihre Eltern den Haushalt als eine gemeinsame Sache ansähen - die Tradition, daß
der Haushalt in die Hände der Frau gehört, dennoch weiterhin bestehe.18 Es ginge ja nicht
darum, die häuslichen Pflichten genau in der Hälfte zu teilen, sondern um die Abstimmung
aller beruflichen und familiären Aktivitäten beider Partner und die Verantwortlichkeit von
Vater und Mutter für alle Lebensbereiche.
Noch aber scheinen schon die Auffassungen über das, was man als Hausarbeit
anerkennt, sehr weit auseinanderzugehen. Zwei Drittel der in einer Untersuchung des
Instituts befragten Frauen geben z.B. an, daß Küchenarbeit, die besonders aufwendig und
zeitraubend ist, überwiegend nur von ihnen erledigt wird. Nur die Hälfte der Männer teilen
diese Ansicht, weil sie von ihrer Warte aus Reparaturen und die Wartung des Autos
dazuzählen. Es sei ja eine Tatsache, daß "weit mehr Männer als in den Jahren zuvor"
häusliche Arbeiten übernähmen, einkaufen gingen und kochten, dennoch stehe die Frau
immer noch länger und häufiger in der Küche als der Mann, sie sei es, die die besonders
zeitaufwendigen Arbeiten erledige.
Auch Irene Dölling macht in ihrem Werk Individuum und Kultur (1986) deutlich, daß
die Vergesellschaftung der Frauen gegenwärtig durch zwei unterschiedliche Aufgaben- und
Anforderungsbereiche markiert wird, nämlich durch ihre Berufstätigkeit einerseits und
andererseits durch ihre Verantwortung für Familie und Haushalt. Die aus dieser
Verantwortung resultierenden psychischen Folgen seien ein oftmals nur ungenügend
216

berücksichtigter Faktor. In der Rede von der "Mithilfe" des Mannes komme dies zum
Ausdruck. Auch der Mann sei für den familiären Bereich verantwortlich. Seine
Verantwortung sei aber noch immer eine andere als die der Frau, denn sie sei traditionell
in erster Linie an seine Funktion als Ernährer und materieller Versorger gebunden und über
seine Berufstätigkeit vermittelt.19 Soziologin Gysi (1987) stimmt hier zu, der Mann werde
noch immer mehr als "Helfer" im Haushalt denn als gleichberechtigter und
gleichverpflichteter Partner gesehen. Es müsse allerdings bedacht werden, daß sie neben
ihrer Teilnahme an der Kindererziehung auch viele andere Arbeiten übernähmen, wie z.B.
Reparaturen, Besorgungen, Wege zu Ämtern, die "fälschlicherweise" oft gar nicht zur
Hausarbeit gezählt würden.20 Dölling erkennt an, daß viele Männer die Haushaltstechnik
übernehmen und daß niemand den Frauen den Umgang mit technischen Geräten verbiete.
Sie begründet ihre Argumentation jedoch damit, daß auch hier die in der Aneignung
"sanfter" weiblicher Vergesellschaftungsmuster übernommenen Haltungen und Wertungen
als innerer Widerstand bei den Frauen selbst wirken.21
Gysi geht auch davon aus, daß Männer häufiger eine Berufstätigkeit ausüben, die
über den Feierabend hinaus Weiterbildung erfordere und daß diese in gesellschaftlichen
Funktionen aktiver seien. Es sei also keinesfalls mehr "typisch männlich", daß er auf ihre
Kosten Freizeit genieße.22 Es stellt sich allerdings die Frage, ob (und wenn ja, warum) der
Beruf einer Frau weniger Weiterqualifizierung beansprucht, warum es dem Mann gestattet
ist, auf Kosten seiner Frau mit beruflichem Erfolg zu profitieren und warum Frauen
weniger gesellschaftlich aktiv sind als Männer. Gysi selbst beantwortet diese Frage, wenn
sie in ihrem Interview an anderer Stelle von der "stärkeren Familienorientiertheit und dem
Verantwortungsgefühl" der Frauen für Kinder und Haushalt spricht. Das Problem scheint
also mehr eine Frage der (anerzogenen) Prioritäten zu sein als eine der beruflichen und
gesellschaftlichen Beanspruchung. Wie dieses Problem von den Literatinnen, Soziologen und
Politikern aufgefaßt wird, soll in diesem Kapitel aufgezeigt werden. Festzuhalten ist hier
zunächst, daß das Konzept des "Helfens" im Haushalt in der DDR unter anderem auch bei
den Leserinnen der Für Dich ausgesprochen verbreitet ist und allein von der Definition her
einer gleichverpflichteten Partnerschaft diametral gegenübersteht. Vom "Helfen" bis zum
gerechten Familienalltag "ist es noch ein Stück Wegs”, kommentiert Für Dich (1988), und
fügt mit resignierend anmutendem Unterton an: "... aber wir haben ja alle gelernt,
perspektivisch zu denken".23

Daß "Hilfe" im Haushalt auch ein zweiseitiges Schwert sein kann, wird in Charlotte
Worgitzkys Erzählung "Quäze" (1978) deutlich. Freund Bern hat sich als Bedingung ihres
Zusammenwohnens bereiterklärt, alle ihm aufgetragenen Pflichten und Aufgaben zu
erfüllen, dennoch gelingt es ihm immer wieder, sich durch einleuchtende Ausreden von
arbeitsintensiveren Aufgaben fernzuhalten, schon der Umzug muß von Quäze organisiert
werden, weil Bern eine "unaufschiebbare Besprechung mit seinem Lektor" hat.24 Die
Organisation des Haushalts bleibt ebenso ihr überlassen, Bern tut zwar was sie ihm aufträgt,
zeigt aber keine Eigeninitiative und ist ausgesprochen inflexibel: Quäze schreibt ihm einen
Einkaufzettel: "'Erbsen oder Möhren oder Bohnen’, es gab aber gerade an dem Tag weder
Erbsen noch Bohnen noch Möhren, es gab Blumenkohl, aber den kaufte er nicht, weil er
nicht auf dem Zettel stand”.25 Und sie stellt fest: "Selbständigkeit war von ihm in diesem
Punkt nicht zu erwarten.”26 Eine solche Handhabung des Haushalts scheint in der DDR in
217

der Tat gang und gäbe zu sein und wird von vielen Frauen kritisiert. Eine Für Dich-Leserin
schreibt zum Beispiel:

Ich könnte mich jedesmal aufregen, wenn ich im Fernsehen sehe, oder, was
viel schlimmer ist, in unserem Bekanntenkreis, daß Männer mit schöner
Selbstverständlichkeit das Essen vorgesetzt bekommen, die Frau den Tisch
abräumt, während er bereits die Zeitung aufschlägt, sie die Tasche packt,
wenn er auf Dienstreise muß usw. Eines allerdings ist auch bei uns
komplizierter geworden: Wir haben inzwischen zwei Kinder, mehr
Verantwortung im Betrieb, oft einen unregelmäßigen Feierabend,
gesellschaftliche Verpflichtungen. Und dabei hat es sich mit der Zeit
eingebürgert, daß wir uns zwar die Arbeit teilen, ich aber zu bedenken habe,
wer wann was erledigen muß. Mein Mann geht einkaufen, den Zettel dafür
schreibe ich. Er kümmert sich um die Kinder, die Sachen für sie lege aber ich
zurecht.27

Mit der von Bach (1967) und Bach und Grassel (1975) propagierten Erziehung auch
der männlichen Heranwachsenden zu den traditionellen "hausfraulichen" Arbeiten scheint
es noch immer zu hapern.28 Männer scheinen nur zu bereit zu sein, sich hinter ihrer
angeblichen Unbedarftheit zu verstecken, auch Quäze fällt zunächst noch darauf herein:

An seinem Mantel entdeckte sie, daß der mittlere Knopf herunterbaumelte.


Und da geschah es. Sie sagte: "Ich nähe ihn dir an." Er nickte gerührt.
Während sie den Knopf annähte, las er Catull. Sie bemerkte, die anderen
Knöpfe seien stümperhaft befestigt; er gestand, das hätte er verbrochen. Sie
schnitt sie ab und nähte sie wieder an; er las.29

Hier wird der "historische Moment" beschrieben, in dem die stets um ihre
Gleichberechtigung besorgte Quäze sich aus Mitleid zu Hilfeleistungen im traditionellen
Arbeitsbereich der Frau hinreißen läßt. Allerdings hält diese Bereitschaft bei ihr nur
kurzzeitig an. Schon bald fordert sie Bern bei passender Gelegenheit - diesmal geht es um
das Entfernen eines Flecks aus seiner Krawatte - auf, ihr wenigstens zuzuschauen, wenn sie
ihm hilft, damit er das nächste Mal in der Lage sei, eine solche Arbeit selbst zu erledigen.30
Dennoch ist es oft für sie leichter, gewisse Arbeiten, wie z.B. den Einkauf, selbst zu
übernehmen, weil sie sich auf Bern in dieser Beziehung nicht verlassen kann.
Vielen Frauen fällt es schwer, sich vom hausfraulichen Organisationsdruck und
Verantwortungsbewußtsein (auch der eigenen Machart) zu lösen oder sich gar loszusagen.31
Quäze versucht, den Zustand der Wohnung zu vergessen (Bern scheint dieser sowieso egal
zu sein) und sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, aber es gelingt ihr nicht, sich inneren
Abstand zu verschaffen. Druck kommt auch von sozialer Seite, von Frauen, die den
Haushalt nach wie vor als ihre Domäne ansehen. Quäze zieht sich die Kritik ihrer
Nachbarin Frau Angel mann zu:

Sie wäre wirklich nicht penibel und hätte sehr viel Verständnis dafür, wenn
eine berufstätige Frau auch mal "fünf gerade" sein ließe, wie man so schön
218

sage, sie wüßte ja selbst, wie schwierig das sei - Beruf, Haushalt, Kinder -,
aber Quäze hätte ja nicht einmal Kinder.32

Auch Berns Einwand, daß er auch Schuld an dieser Vernachlässigung habe, denn
Quäze vertrete die Ansicht, daß ein Mann genauso für den Haushalt verantwortlich sei wie
eine Frau, kann Frau Angelmanns Redestrom nicht zum Versiegen bringen:

Sie sei bestimmt für Gleichberechtigung, (...), aber auf gewisse Dinge müsse
eben ihrer Meinung nach doch eine Frau achten, zum Beispiel darauf, daß ihr
Mann nicht mit zerrissenen Socken herumliefe, womit sie ihn keineswegs
beleidigen wolle, ein Mann hätte so etwas eben nicht gelernt, sei
wahrscheinlich auch weniger talentiert dazu, warum sollte es da nicht die Frau
machen. Im übrigen hätte sich Quäze, soweit sie das beurteilen könne,
diesbezüglich doch kaum über ihn beklagen können, stets hätte sie ihn im
Winter die Kohlen aus dem Keller tragen sehen, und nicht nur abgetrocknet
wie andere Männer hätte er, sondern sogar beim Abwaschen hätte sie ihn des
öfteren angetroffen, und schließlich wäre er auch oft genug einkaufen
gegangen, was sie ja am besten hätte kontrollieren können. Ehrlich gesagt, er
täte ihr wirklich leid.33

Die von Worgitzky gewählte Ausdrucksweise, die Atemlosigkeit, mit der der
Angelmannsche Angriff vorgetragen wird, lassen den von der Autorin implizierten
Bewußtseinsmangel der Protagonistin erkenntlich werden. Es wird jedoch weniger
überraschen, daß auch viele Männer Hausarbeit nach wie vor primär als Frauensache
ansehen. In einer Zuschrift an Für Dich (1986) heißt es:

Ich glaube, wenn ich abends öfter sagen würde, mach doch mal schnell den
Abwasch allein und bring im Bad alles wieder in Ordnung, ich möchte in
meinem Buch weiterlesen, dann würde er mich ziemlich verständnislos
anschauen. Man könne doch als Frau nicht einfach den Haushalt Haushalt sein
lassen und schmökern...34

Der Druck auf Frauen, den Haushalt als ihre Aufgabe anzusehen, ist also
ausgesprochen groß, den wenigsten gelingt es, sich diesem zu entziehen. Und solange
Arbeit in erster Linie Mittel zum Lebensunterhalt ist, solange die individuelle Konsumption
vorrangig durch die in Lohn ausgedrückte individuelle Arbeitsleistung vermittelt wird, bleibt
auch die traditionelle Auffassung erhalten, daß die "privaten" Reproduktionstätigkeiten keine
wirkliche Arbeit sind, argumentiert Dölling (1986).35 Damit bleiben auch die spezifischen
Mechanismen der Vergesellschaftung von Frauen weitgehend wirksam, die sie individuell
bereit und fähig machen, diese "privaten” Reproduktionstätigkeiten "freiwillig" zu
übernehmen.
Soziologische Untersuchungen der letzten Jahre bestätigen, daß der
Vergesellschaftungsprozeß der jungen Generation eindeutig durch geschlechtsspezifische
Unterschiede determiniert wird.36 Vor allem in der familiären Vergesellschaftung werden
die individuellen Voraussetzungen der Mädchen für die Realisierung der "privaten"
Reproduktionsfunktionen ausgebildet. Eine früh einsetzende dominant personengebundene
219

Orientierung der Tätigkeiten der Mädchen sei unmittelbar damit verbunden, eine
Orientierung auf die Verantwortung für das physische und psychische Wohlbefinden aller
Familienmitglieder und einen entsprechend reibungslosen Ablauf der dazu notwendigen
Arbeiten im Haushalt, für das "Klima" in der Familie und für die Vermeidung
beziehungsweise Milderung von Konflikten zu bewerkstelligen (Dölling, 1986). Permanente
Sorge um das Wohl der anderen als Selbstverständlichkeit, als Beweis der Liebe und
Zuneigung zu den nächsten Angehörigen werde als Ausweis weiblicher Tugend erfahren.
Die bezeugte Dankbarkeit als "Belohnung" für die Aufopferung im Dienste der anderen
verdecke für alle die Abhängigkeiten, die dabei produziert werden und breite sich als
Schleier über die - zumindest unterschwellige - Abwertung dieser Tätigkeiten als eigentlich
nicht "richtige" Arbeit.37
Dölling führt weiter aus, daß die starke Personenorientiertheit im weiblichen
Vergesellschaftungsprozeß, d.h. die Orientierung auf Beziehungen, die unmittelbar, "an
sich" Sinn und Wert haben, eben weil sie auf scheinbar voraussetzungslose Liebe gegründet
seien, zur Folge habe, daß Frauen ihr Selbstwertgefühl in erster Linie von der Anerkennung
durch andere in diesen unmittelbaren "sozialen" Formen abhängig machten. Daß diese
geschlechtsspezifischen Besonderheiten und die Folgen ihrer Vergesellschaftung sich auf die
Berufstätigkeit auswirken und auch auf die Art und Weise, wie Frauen den
Handlungsanforderungen im Beruf gerecht werden, kann kaum überraschen. Das "Dilemma
der berufstätigen Mutter",38 von dem Schmidt (1981) spricht, ist nicht nur Folge eines zu
knappen Zeitbudgets und unzureichender Dienstleistungen, sondern auch Ausdruck für die
von vielen Frauen konflikthaft erlebte Notwendigkeit, sich in Beruf und Familie mit ganz
unterschiedlichen Anforderungen auseinanderzusetzen.39 In Belastungs- und
Krisensituationen, in denen die faktische Unvereinbarkeit von Anforderungen aus der
beruflichen und familiären Sphäre erfahren wird, werden von Frauen die Ursachen oft im
persönlichen Versagen gesucht. Diese Form von "Krisenbewußtsein", gekoppelt mit
Schuldgefühlen und Identitätsverlust "als Frau”, ist in der Gegenwartsliteratur in zahlreichen
Varianten beschrieben und protokolliert worden. Hier dürften sich viele Frauen mit ihren
unmittelbaren Erfahrungen bestätigt finden.40

Wie unausweichlich diese Situation den Frauen selbst erscheint, wird von vielen der
Autorinnen nicht nur beschrieben, sondern sie bieten in ihren Geschichten auch recht
abenteuerliche Lösungsmittel an, um der aus eigener Kraft unausweichlichen Situation, in
der sie sich befinden, zu entrinnen. So wird z.B. Charlotte Worgitzkys Protagonistin
Brigitte in der Erzählung "Karriere abgesagt" (1978) von einem Engel die Gabe verliehen,
nie mehr müde zu werden und schlafen zu müssen. Die einzige Bedingung ist, daß sie
ihrem Mann treu bleibt. Auf diese Weise gelingt es ihr, ihr Pensum an Studium und
Haushalt mühelos zu absolvieren: "...man bewunderte meinen Fleiß, benutzte mich als
Vorbildschreck und Gleichbe-rechtigungsmuster, ich erhielt Prämien und Medaillen."41
Brigitte übernimmt, da sie ja mehr Zeit hat, auch Aufgaben ihres Mannes Oswald. Sie
schreibt die Hälfte seiner Abschlußarbeit, korrigiert die Diktathefte seiner Schüler und
übernimmt Haushalt und Pflege des neuen Babys. Ihr offensichtlicher Erfolg veranlaßt ihre
Genossen, sie davon zu überzeugen, sich als Kandidatin für die
Stadtverordnetenversammlung aufstellen zu lassen. Man würde sie gegebenenfalls
unterstützen, ihr Aufgaben in der Schule abnehmen, aber sie habe bisher ja alle gestiegenen
Anforderungen mit erstaunlichem Verantwortungsbewußtsein und bewundernswerter
220

Disziplin erfüllt.42 Schließlich wird Brigitte zu einer Fernsehsendung "Parade 71 - wir ehren
unsere Besten" eingeladen. Bei der Übertragung kommt sie zu der Überlegung:

Die Leute, die da geehrt wurden, schienen überhaupt keine Fehler zu haben,
nur Arbeit, Kollektivgeist, Hilfsbereitschaft und Neuerervorschläge. Ich hegte
den Verdacht, daß sie gleich mir einen nächtlichen Kontrakt abgeschlossen
hatten, aber noch bevor ich auf die Bühne gerufen wurde, kam mir der
fundamentale Unterschied zu meinen geehrten Vorgängern zum Bewußtsein:
Sie waren Männer. Die unten sitzenden Ehefrauen werden all das erledigen,
wofür ich meine Nachtstunden gebrauche.43

Hinter jedem erfolgreichen Mann steht also häufig noch immer eine Frau, die ihm
"den Rücken freihält". Männern gefällt diese Hintergrundrolle nicht, ein weibliches Wesen
braucht entweder ebenfalls eine "Frau" oder muß ihre Arbeitskräfte verdoppeln, um den
ihrer Kollegen vergleichbaren Erfolge zu erzielen. Erwähnenswert erscheint in diesem
Zusammenhang auch die große Bereitschaft offizieller Stellen zu Lob und Ehrungen,
Brigitte gilt als ideales Vorbildmaterial, da sie ihre Aufgaben ohne ersichtliche
Schwierigkeiten meistert. Wie sie das macht erscheint irrelevant, die Hauptsache ist, daß
sie es schafft. Als sie auf der Bühne das Geheimnis ihres "Doppellebens" preisgibt, stößt
sie - wie zu erwarten - auf Unglauben. Schließlich verliert Brigitte ihre Gabe durch
Untreue, und obwohl dadurch die alte Überlastung zurückkehrt, verbessert sich als Ergebnis
ihre Ehe, da Oswald sich nicht mehr unterlegen fühlen muß.
Ähnlich verläuft auch Monika Helmeckes Geschichte "Lauf weg - kehr um” (1979),
in der der Hausfrau Elisabeth, die "sehr fleißig (war), obwohl sie sich nicht zu den in einem
Werk Tätigen zählen durfte",44 eines Nachts eine Fee erscheint, die ihr ebenfalls ein
Doppelleben ermöglicht. Einzige Bedingung ist diesmal, daß diese Fähigkeit ein Geheimnis
bleiben muß. Mit den Zauberworten "Lauf weg" kann sie in eine andere Welt entrinnen,
in der sie Zeit für sich selbst hat, während eine "Doppelgängerin" ihre Rolle in Haus und
Familie für die Zeit ihrer Abwesendheit übernimmt, die Worte "Kehr um” bringen sie
dorthin zurück. So kann Elisabeth sich endlich auf ihr lange vermißtes Klavierspiel
konzentrieren, kleine Stücke und Lieder komponieren. In den ersten Tagen nach Verleihung
ihrer Gabe springt sie oft hin und zurück und überzeugt sich, daß alle Aufgaben zu ihrer
Zufriedenheit erledigt werden. Zwar ist dies der Fall, aber sie bemerkt auch, das ihre
"Seele" die Rücksprünge und die damit verbundenen Probleme nicht schnell genug
registrieren kann. Sie beginnt, sich aus ihrem eigentlichen Leben ausgeschlossen zu fühlen.

Einmal war Elisabeth der Sprung geglückt mitten in die Arme ihres Mannes.
Sie erlebte noch das Ende der Vereinigung, und es war ihr seltsam, sich zwar
körperlich befriedigt zu fühlen, jedoch im Grunde von nichts zu wissen, eine
"kalte Seele" zu haben. (...) Manchmal schlich sich etwas wie Eifersucht in
ihre Gedanken. Sie schob dieses Gefühl unwillig beiseite, sollte sie auf sich
selbst eifersüchtig sein?
Einmal dachte sie, sie hätte sich nicht nur Körperspaltung, sondern auch
Seelenspaltung wünschen sollen, aber dann erschrak sie, weil ihr das Wort
Schizophrenie in den Sinn kam.45
221

Dennoch ist die Arbeit ihr zunächst noch wichtiger. Ein alter Traum aus der
Studentenzeit beginnt sich in den Vordergrund zu schieben - Elisabeth will eine Kinderoper
komponieren. Diese Arbeit nimmt viel Zeit in Anspruch, immer seltener springt sie in ihr
altes Leben zurück. Nach etwa einem Jahr dieses Daseins benötigt sie im dritten und
vorletzten Akt der Oper ein Kinderlachen, aber es will ihr nicht gelingen, die richtgen Töne
zu finden, denn sie hat ihre Kinder seit langem nicht mehr gesehen. Sie benutzt die
Sprungformel, gerät aber zu Hause in einen entsetzlichen Aufruhr sodaß sie sich entschließt,
das gesuchte Kinderlachen an anderer Stelle zu finden: "Sollten die dort drüben ihren Streit
allein austragen. Es ging sie jetzt nichts an. Ihr fehlte Kinderlachen, Weinen brauchte sie
nicht.''46
Auf dem Spielplatz findet sie zwar lachende Kinder, aber "in ihr klang nichts an".
Stattdessen werden ihre Gesichter maskenhaft, ihre Laute unhörbar, Elisabeth hat ihre
Verbindung zur richtigen Welt verloren. Sie kehrt zu ihrem Klavier zurück, kann aber auch
dort keinen Frieden finden. Sie befiehlt sich, zu ihrer Familie zurückzuspringen und hört
ihren Kindern zu, die ihrem Vater vom vergangenen Tag erzählen. Zunächst kann sie noch
hören, was sie sagen, aber dann wiederholt sich das Spielplatzerlebnis und Elisabeth flüchtet
in ihre eigene Welt. Aber die Ereignisse haben ihr Glück auch hier zerstört, sie fühlt sich
elend und allein. Der Entschluß, sofort die Kinder sehen zu müssen, sofort mit jemandem
reden zu müssen, läßt sich allerdings zunächst nicht ausführen, da ihr die Umkehrformel
entfallen ist. Erst in der nächsten Nacht fällt sie ihr wieder ein und sie kehrt augenblicklich
zu ihrer Familie zurück. Dort angekommen erzählt sie ihrem Mann von ihrem Doppelleben
und bereitet diesem damit gleichzeitig ein Ende.

Selbst Märchen mit Feen und Engeln können den Frauen keinen Ausweg aus ihrer
Situation weisen, ihre Probleme werden nicht von "höheren Gewalten" von heute auf
morgen aus der Welt geschafft, sie müssen sich selbst um eine Verbesserung der
Verhältnisse und ihrer Lebensbedingungen bemühen. Christa Müller läßt ihre Protagonistin
Maria, die ihre sich sträubende Tochter stillen will, in Gedanken philosophieren:

Candida, meine Tochter, (...). Es nützt nichts, daß du dich sperrst. Wenn die
Welt dir nicht gefällt, mußt du sie ändern. Man kann darin nicht leben, da
hast du recht. Also trink. Du mußt kräftig werden. Und mach die Augen
auf.47

Anhand von Zeitbudgetstudien läßt sich immer wieder überzeugend nachweisen, daß
es nach wie vor die Frau ist, die die Hauptlast der anfallenden Arbeiten trägt. Friedrich und
Gerth (1984) beobachten, daß sich die Zeitbudgets von Jungen und Mädchen schon im
mittleren Schulalter deutlich unterscheiden. Dies läßt sich auf die oben bereits angeführte
stärkere Inanspruchnahme der Mädchen durch Arbeiten im Haushalt, Einkäufe,
Geschwisterbetreuung u.ä. nicht zur Freizeit gehörende Tätigkeiten zurückführen. Friedrich
und Gerth stellen jedoch zusätzlich fest, daß sich diese Disproportion von der 6. bis zur 10.
Klasse ständig erweitert: Während die Belastung der Jungen durch Aufgaben im Haushalt
in der 10. Klasse nicht größer ist als in der 6. - teilweise sogar geringer - werden Mädchen
mit wachsendem Alter mehr und mehr für diese Aufgaben herangezogen. Auch nach dem
Verlassen der Schule setzt sich diese Entwicklung fort. Bei Lehrlingen ist die Differenz
222

zwischen dem Freizeitumfang der Geschlechtern schon doppelt so groß wie bei Schülern der
9. und 10. Klasse.48
Eheschließung und Familiengründung bedeuten für beide Geschlechter, daß mehr Zeit
im Rahmen der eigenen Familie verbracht wird. Freizeittätigkeiten, die außer Haus liegen,
werden zugunsten häuslicher Freizeittätigkeiten eingeschränkt, es findet also aufgrund der
Orientierung auf einen Partner auch eine Umlagerung der Konzentration auf das damit meist
zum gleichen Zeitpunkt errungene eigene Heim statt. Es ist zu vermuten, daß sich dieses
Verhalten darauf zurückführen läßt, daß das Paar damit einen Ort erworben hat, an den es
sich ungestört zurückziehen kann und will, und an den es seine Freunde einladen kann, ohne
vorher mit den Eltern Rücksprache nehmen zu müssen.
Drastische Veränderungen des Zeitbudgets treten jedoch erst ein, wenn Kinder
kommen. Verheiratete berufstätige Frauen mit einem oder mehreren Kindern bilden die
hinsichtlich ihres Freizeitumfangs am stärksten benachteiligte Bevölkerungsgruppierung.
Mehr als die Hälfte der berufstätigen jungen Mütter haben an Werktagen weniger als zwei
Stunden Freizeit. Aber auch an arbeitsfreien Tagen sind die verheirateten Frauen mit
Kindern zeitlich stärker belastet als die Ehemänner. Das gilt insbesondere für den
arbeitsfreien Sonnabend, der von den Frauen überwiegend für Hausarbeit verwendet wird.49
Friedrich und Gerth haben es leider unterlassen, ihrer Studie eine Aufstellung ihrer Daten
beizufügen. Statistiken sind jedoch an anderer Stelle erhältlich und mögen hier weiteren
Aufschluß geben:

Tabelle I Aufteilung der Hausarbeit in der Familie (1968)

Angaben Aufge¬ Aufge¬ Ehefrau Ehemann Andere


in % wendete wendete
Stunden Stunden
pro Tag pro
Woche

Zuberei¬
tung des 2.2 15.4 84.2 6.8 12
Essens

Putzen 1.7 11.9 78.8 12.5 9


Wäsche 1.1 7.7 89.7 2.9 7.4
Einkauf 0.9 6.3 76.5 11.8 11.7
Andere
Haus¬ 0.9 6.3 56.9 33.3 9.8
arbeiten

Zusam¬ 6.8 47.6


men
223

Einen Einblick dürften auch die Angaben vier- und fünfjähriger Kinder geben, die nach den
Aktivitäten und der Arbeitsaufteilung ihrer Eltern in der Familie befragt wurden:

Tabelle II Einstellung 4- und 5jähriger Kinder zu den häuslichen Tätig¬


keiten ihrer Mutter und ihres Vaters (1980)
(n = Prozent der Kinder)

Mutter Vater Beide

Kochen 86 6 8

Bücher lesen 12 66 12

Einkäufen 80 1 19

Staubputzen 89 3 8

Fernsehen 7 82 11

Waschen 95 1 4

Zeitung lesen 7 82 11

Knöpfe annähen 95 2 3

Bier trinken 3 78 19

Rauchen 4 80 16

Die beiden nach Edwards (1984)50 wiedergegebenen Tabellen zeigen sehr deutlich, daß die
Frau mit dem Großteil der Arbeiten im Haushalt belastet ist, sie folglich also weniger
Freizeit als die anderen Familienmitglieder für sich in Anspruch nehmen kann. In einer
Leserumfrage in Für Dich (1975) erklärte eine große Anzahl der sich beteiligenden Frauen,
daß es Freizeit für sie im Sinne von "freier Zeit" überhaupt nicht gebe, ihr Tag sei von
früh bis spät "total" durchgeplant und lasse wenig Freiraum für Tätigkeiten, die nicht mit
der gewerblichen Arbeit oder mit dem Haushalt und den Kindern in Zusammenhang
stünden.51 Dieser Tatbestand wird auch in der Literatur reflektiert. Durch diese
Übertaxierung hat die Frau für sich selbst keine Kraft mehr übrig. Eine Protagonistin
resümiert:

Ich treibe mich an: Werde fertig, reibe dich auf, aber komm zum Ende. Wenn
ich um halb fünf, besinnungslos schlafend, den ersten Wecker überhöre und
um Viertel sechs aus weiter Ferne ein Singen vernehme, das von einem dritten
Wecker mit Untertasse und Kaffeelöffel herrührt, und unter die Wasserleitung
taumele, sage ich: Es muß schneller gehn, du brauchst deine Kraft für dich.
"Für dich", das sind die Kinder, das ist der Beruf, der Haushalt, das Studium,
das sind die Verwandten, denen man es "recht machen" muß. Weiter bedeutet
dieses "für dich" nichts.52
224

Und Kochlehrling Rene beschreibt 1986 seine Mutter in einem Interview mit
Christine Müller:

Mutter ist abends meistens noch lange wach. Sie hat immer irgendetwas zu
tun, kann nie stillsitzen. Waschen, Plätten, Nähen, es is immer was andres.
Mit Ordnung und Sauberkeit ist das ooch so ’ne Sache bei uns. Sie kann’s
nicht ertragen, wenn’s dreckig ist. Aber alleene kriegt se’s nie hin, so trägt
se die Hauptlast und macht sich kaputt. Ich würde es viel besser finden, wenn
se sich öfter mal ruhig mit uns hinsetzte oder mal was nur für sich machte.
Sie hat ja kaum noch Zeit für sich. Dabei ist sie so aufgeschlossen und
ehrgeizig.53

Auch Helmut Hanke weist in seiner Studie über Freizeit in der DDR (1979) darauf
hin, daß es zwischen 1966 und 1974 zwar gelungen sei, die Hausarbeitszeit für Männer und
Frauen von 4,3 auf 3,5 Stunden pro Person und Tag zu senken, daß "die weitere
Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (vor allem ihre Einbeziehung in den
Arbeitsprozeß)" zur Folge hatte, daß bei ihnen ein Rückgang von 1,69 Stunden eintrat, bei
den Männern dagegen eine Verlängerung der Hausarbeitszeit um 0,1 Stunden. Dennoch
entfiel 1974 mit 4,57 Stunden pro Tag noch immer doppelt soviel Hausarbeit auf die Frauen
wie auf die Männer, die täglich 2,13 Stunden leisten.54
Zehn Jahre später, 1984, hat sich an dieser Situation noch nichts geändert: In der
Zeitschrift Theorie und Praxis der Körperkultur widmet Heidi Bierstedt 1984 eben diesem
Problem einen ganzen Artikel. Bierstedt beklagt den relativ niedrigen Anteil der Frauen
über 18 Jahre (6,9 %), die im Verhältnis zu den Männern (24,5 %) im DTSB organisiert
sind, sowie den deutlichen Rückgang der sportlichen Betätigung der Mädchen zum Ende der
Schulzeit, im Jugendalter und zu Beginn der Berufstätigkeit. Sie führt diese Erscheinungen
auf die noch immer unterschiedlichen Bedingungen für Frauen und Männer "hinsichtlich der
Entfaltung ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse, ihrer Teilnahme am gesellschaftlichen Leben
sowie ihrer Freizeitgestaltung" zurück.55 Nach wie vor wendeten Frauen doppelt so viel Zeit
für häusliche Arbeiten und Kinderbetreuung auf als Männer, resümiert Bierstedt. Hinzu
käme, daß die Organisation des Haushalts fast ausschließlich bei der Frau liege. Insgesamt
sei also nach wie vor die Freizeit der Frauen geringer als die der Männer, was sich auch
auf den Inhalt und die Struktur der Freizeittätigkeiten auswirke.56 Diese resultierten auch
daraus, daß viele Frauen zwar um die Bedeutung und Nützlichkeit sportlicher Betätigung
wüßten, ihr aber im Tages- und Wochenrhythmus keinen festen Platz einzuräumen
verstünden. Sporttreiben erfordere Überwindung (auch und vor allem körperlicher Art) und
setzte somit größere Barrieren als andere Freizeitbetätigungen wie etwa Lesen oder
Fernsehen.57
Tatsächlich steht Fernsehen ganz oben auf der Liste der Freizeitinteressen am
Feierabend.58 Ganz dicht folgen Lesen und Treffen mit Freunden. Mit Fernsehen wird auch
der größte Teil der freien Zeit verbracht. Die Sendungen des Vorabends sind am nächsten
Tag Gesprächsstoff an den Arbeitsplätzen und in den Schulen. Eine weitere wichtige Rolle
in der Freizeit der DDR-Bürger spielt ein kleiner, überschaubarer Freundeskreis. Nicht
selten entstehen diese Freundschaften am Arbeitsplatz. Das Kollektiv oder die Brigade ist
oft mehr als nur ein Zusammenschluß von zufällig miteinander arbeitenden Menschen. Man
225

nimmt oft regen Anteil am Privatleben der anderen, geht zusammen ins Theater, Kino oder
Konzert oder feiert ganz einfach zusammen.59
Runge (1985) hat in ihrem Buch Ganz in Familie eine Reihe von Selbstportraits von
DDR-Bürgern zusammengestellt. Das Leben der Familie H. beschreibt sie für die DDR als
typisch. Frau H. erzählt:

Am Wochenende passiert bei uns nichts besonderes. Haushalt und Fernsehen,


und öfters fahren wir raus aufs Grundstück zu den Schwiegereltern. (...)
Meistens gehen wir gegen zehn ins Bett. Außer an Feiertagen, da treffen wir
uns reihum mit unserer Freundschaft. Da gibt’s zu essen und zu trinken, die
Männer spielen Skat und wir quatschen. (...)
Wir gehen mit der Brigade weg, dreimal im Jahr ins Theater, meistens gute
Karten. Von meinem Mann die Brigade, die treffen sich auch untereinander,
das nennen sie 'Herrenabende’, da haben sie ein Lokal, wo sie Plätze
bestellen, gut essen, reden und trinken. Ich bin in einem gemischten
Kollektiv. Wir gehen immer meistens mit Angehörigen, machen Fasching und
gehen auch mal tanzen. Die Männer haben’s ja nicht gerne, wenn wir mal mit
der Brigade allein Weggehen, aber manchmal muß das auch sein.60

Frau H. ist Jahrgang 1949, also zur Zeit der Aussage Mitte dreißig. Ihr Fall zeigt,
wie sich auch bei jüngeren DDR-Bürgern, trotz propagierter Gleichstellung in der
Ausbildung und am Arbeitsplatz, althergebrachte, geschlechtstypische Verhaltensweisen und
-normen gehalten haben und akzeptiert werden.

Den Begriff der Doppelbelastung empfindet Kulturtheoretikerin Dölling (1986) als


mehrdeutig und daher mißverständlich.61 Einerseits sei er dazu geeignet, einen bestimmten
Entwicklungstand der Emanzipation zum Ausdruck zu bringen, andererseits verführe er
dazu, an der Oberfläche dieses Prozesses zu verbleiben, seine Widersprüche und treibenden
Kräfte zu verdecken und - unter der Hand - ideologisch die alte Funktionsteilung zwischen
den Geschlechtern als quasi naturgegeben zu reduzieren. Die Berufstätigkeit der Frau führe
beim gegenwärtigen Entwicklungsstand der Lebensbedingungen (Dienstleistungen,
Konsumgüterangebot, Verkehrsverhältnisse, Länge der täglichen Arbeitszeit usw.) zu einer
Situation, die durchaus als Doppelbelastung empfunden und bewertet werden könne. Dies
beweisen auch die hier bereits genannten Zeitbudgetstudien. Der Begriff der
Doppelbelastung könne somit auf die Notwendigkeit gesellschaftlicher, sozialpolitischer
Maßnahmen aufmerksam machen, die beim gegenwärtigen Grad der Vergesellschaftung der
individuellen Reproduktion erforderlich seien, um Frauen die Realisierung von
Entwicklungsmöglichkeiten ihrer individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten zu sichern, d.h.
Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß sie "von ihren gleichen Rechten auch in vollem
Umfang Gebrauch machen kann".62
Andererseits suggeriere der Begriff von vornherein, daß Berufstätigkeit eine
Belastung sei. Dies schließe ein, daß Kindererziehung und Hausarbeit als eigentliches
Betätigungsfeld der Frauen angesehen werden müssen und daß sie auch bei Berufstätigkeit
die Verantwortung für das Funktionieren dieser Bereiche tragen. Auch werde immer nur
von der Doppelbelastung der Frau gesprochen, nie von der des Mannes. Diese Tatsache
selbst setze schon die stillschweigende Anerkennung der Auffassung voraus, daß die Frau
226

von Natur her bessere Voraussetzungen für reproduktive, fürsorgende Tätigkeiten im


Haushalt und bei der Kindererziehung mitbringe, während der Mann sein entscheidendes
Betätigungsfeld im Beruf habe. ''Doppelbelastung" verdecke, daß die Anforderungen, die
an die individuelle Handlungsfähigkeit in beiden Bereichen gestellt werden, verschiedenartig
seien und sogar gegensätzlich sein können.63 Zur Herausbildung der entsprechenden
individuellen Handlungsfähigkeit seien verschiedene Strategien der individuellen
Vergesellschaftung notwendig und wirksam, die in unterschiedlichen kultur-symbolischen
Formen vermittelt und angeeignet werden.
Die mitunter vertretene Auffassung, eines der gegenwärtig wirksamsten Mittel zur
Überwindung der Doppelbelastung der Frauen wäre eine gerechte Verteilung der Hausarbeit
zwischen den Familienmitgliedern, vor allem zwischen Mann und Frau, verbleibe somit an
der Oberfläche des Problems, weil sie die Geschichte dieser Funktionsteilung zu wenig
berücksichtige, indem sie ihre Aufhebung auf Überzeugungsarbeit (die von den Frauen zu
leisten wäre) reduziere und weil sie den materiellen und ideellen Bedingungen, die
gegenwärtig die alte Funktionsteilung tendenziell reproduzieren, zu wenig Rechnung trage.
Diese Auffassung, so Dölling, verkenne die Wirksamkeit der unterschiedlichen
geschlechtsspezifischen Vergesellschaftungsmechanismen, die der psychischen Bereitschaft
der Individuen (beiderlei Geschlechts, wenn auch in unterschiedlicher Weise) zur
Überwindung traditioneller Männer- und Frauen'Tollen" in der Gestaltung ihrer praktischen
Beziehungen Schranken setzen können bzw. das Auftreten spezifischer Konflikte
begünstigten. Mit dem Hinweis, daß eine "gerechte Verteilung" der Hausarbeiten das
Problem nicht grundsätzlich löse, solle jedoch keinesfalls einem Verzicht auf individuelle
Bemühungen um das Aufbrechen traditioneller Funktionsteilungen im Haushalt das Wort
geredet werden. Schon deshalb nicht, weil sich Veränderungen nur im Verhalten der
Individuen durchsetzten und in dieser Form auch persönlich erfahren werden.64 Die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist für Frauen bestimmend. Denn während für die
Männer nach wie vor die berufliche Position entscheidend ist für ihre Einschätzung durch
sich selbst und durch andere, definieren Frauen sich in ihrem Subjekt-Sein, in ihrer Identität
vor allem dadurch, wie ihnen diese Vereinbarkeit gelingt.65
Der existierende Widerspruch zwischen beruflichen Anforderungen und damit
verbundenen individuellen Lebensansprüchen und den Reproduktionsfunktionen in der
Familie könne weder durch Moralisieren oder beklagendes Konstatieren der Zustände außer
Kraft gesetzt werden, schließt Dölling.66 Ebensowenig dürfe die Existenz und Wirksamkeit
von Normen- und Frauenbildern usw. als Widerspiegelung dieser Widersprüchlichkeiten
aufgefaßt werden. Vielmehr müsse man sich um eine genauere Bestimmung des
Widerspruchs als historisch produzierten und damit perspektivisch aufhebbaren bemühen,
er müsse in seiner Entwicklung gekennzeichnet und der Platz des Gegenwärtigen in diesem
Prozeß genauer bestimmt werden.

Dabei geht es darum, den Widerspruch nicht primär in seiner Er¬


scheinungsform als Doppelbelastung zu fassen, sondern als wider-sprüchliche,
konfliktreiche Entwicklungsmöglichkeit. Dieser Wider-spruch ist nicht durch
Eliminierung einer Seite zu lösen, sondern nur im historischen Prozeß der
Herausbildung immer besserer objektiver und subjektiver Bedingungen für die
Vereinbarkeit von Beruf und Haushalt als Form zu begreifen, in der sich die
Emanzipation der Frau, die Herstellung sozialer Gleichheit zwischen den
227

Geschlechtern und - im weiteren Sinne - die Emanzipation der Geschlechter


vollzieht.67

Die Gesellschaft könne keine Regeln, keine fertigen Lösungen für die individuelle
Bewältigung dieses Problems bieten. Es sei ihr möglich, durch sozialpolitische Maßnahmen
bestimmte objektive Bedingungen zu beeinflussen, aber sie könne keinen "Garantieschein
für individuellles Lebensglück'' ausstellen. Es hänge wesentlich von den Individuen selbst
ab, was sie, ausgehend von ihren Ansprüchen, Bedürfnissen und Wünschen, aus den
objektiven Möglichkeiten machten. Die Kenntnis von Entwicklungsmöglichkeiten und ihren
Widersprüchlich-keiten sei dafür allerdings eine elementare Voraussetzung.68 In Döllings
Argumentation kommt eine Spannung ans Licht, nach der die Probleme der Frau in der
DDR zum Teil als gesellschaftliche Herausforderung, zum Teil aber auch als private
Aufgabe der Frau aufzufassen sind.
Während Morgner (1978) dafür plädiert, daß die Arbeitsnorm der Männer reduziert
werden muß, um die Gleichberechtigung der Geschlechter zu verwirklichen,69 sieht man in
der Gesetzgebung der DDR keine Tendenz, die Lösung des Problems in der Teilzeitarbeit
oder im Job-Sharing70 für Frauen zu sehen. Das erste Gesetzbuch der Arbeit (1961) legte
den Betriebsleitern die Schaffung von mehr Teilzeitarbeitsplätzen nahe, um das
Arbeitspotential der Frauen, die durch ihre Familienverpflichtungen keine Ganztagsstelle
annehmen konnten, so gut wie möglich auszunützen.
Diese Bestimmung hatte großen Erfolg: zwischen 1960 und 1971 wurden weitere 460
000 Frauen ins Arbeitsleben integriert, die meisten davon als Teilzeitarbeiterinnen. Nach
1967 machte sich jedoch auch eine für die DDR-Wirtschaft recht negative Tendenz
bemerkbar: Frauen, die bisher ganztags gearbeitet hatten, zogen es nun vor, auf halbtägige
Arbeit umzusteigen. Als ein Grund dafür ist die 1967 implementierte Umstellung der
normalen Arbeitswoche von einer 6-Tage-Woche mit 45 Stunden auf eine 5-Tage Woche
mit 43 3/4 Stunden. Dadurch ergab sich zwar ein zweiter arbeitsfreier Tag, die an den
restlichen Tagen zuzüglich zu arbeitenden 45 Minuten machten den Arbeitstag für Mütter
mit Babys und Kleinkindern jedoch zu lang. Zwischen 1967 und 1970 stieg die Zahl der
halbtags arbeitenden Frauen um 4,2%, der der ganztags arbeitenden um nur 2,2% - 1971
befanden sich bereits 35% aller Frauen in Halbtagsstellen. Seit diesem Zeitpunkt ist jedoch
ein zwar langsamer aber stetiger Abfall dieses Satzes zu verzeichnen. 1978 wurde errechnet,
daß er auf 29,5 und bis 1982 auf 28% gesunken sei.71
Auch Morgner (1978) erkennt jedoch, daß man sich diese Lösung nicht leisten könne
und zeigt damit Verständnis für wirtschaftliche Restriktionen. Angesichts der weltweiten
Auseinandersetzung, in der es um Tod und Leben gehe, bleibe die ökonomische Lage der
DDR von den Auswirkungen kapitalistischer Krisen nicht unbeeinflußt, resümiert die
Autorin. Man könne sich einen solchen Schritt, auch wenn er moralisch gerechtfertigt sei,
nicht unbedingt ökonomisch leisten. Die "Sicherung der Sicherheit des sozialistischen
Lagers", die "aufgezwungene Rüstung”, stelle eine Verschleuderung enormer menschlicher
Potenzen, von Forschung und riesiger Arbeitskapazität dar.

Das hält auf, und das meiste dafür zahlen die Frauen. Sie sitzen zwar nicht
in den obersten leitenden Stellen, weder in der Regierung, noch in der
Forschung, aber von ihnen wird verlangt, daß sie historisches Bewußtsein und
politisches Verständnis haben, daß sie nicht um einer moralischen Forderung
228

willen, die zur Zeit nicht erfüllt wird und nicht erfüllt werden kann, gleich
aus den Latschen kippen wegen der ungerechten Verteilung der Kräfte und der
Aufgaben.72

Die Nachteile der Teilzeitarbeit für die Wirtschaft sind nur zu offensichtlich,
hinzukommen jedoch auch ideologische und gesellschaftliche Gründe. Da in der DDR die
Teilnahme an der Produktion für die Persönlichkeitsentwicklung des einzelnen als
unabdingbar angesehen wird, muß ein veringerter Kontakt mit der Arbeit notgedrungen eine
Verlangsamung dieses Prozesses zur Folge haben. Ebenso ist es Teilzeitarbeitem weniger
gut möglich, sich ebenso effektiv in den Betrieb und ihr Kollektiv einzuordnen, wie es ihnen
bei Ganztagsarbeit möglich wäre. Gewerkschaftstreffen u.ä. Versammlungen werden von
ihnen oft verpaßt, weil sie nach Abschluß der regulären Arbeitszeit stattfinden.
Teilzeitarbeitem wird auch ein geringes Interesse an ihrem Betrieb nachgesagt, ihre
Teilnahme an der Neuererbewegung ist gering. Auch ist die Art der Arbeit, die von einer
Teilzeitkraft ausgeführt werden kann, beschränkt, häufig bedarf sie keiner besonderen
Qualifikation oder Ausbildung. Letztenendes sind Teilzeitarbeiterinnen auch wieder
finanziell von ihren Männern - den Hauptverdienem - abhängiger, sie verbringen mehr Zeit
mit Hausarbeit und kultivieren dadurch die traditionelle Rolle der Hausfrau und Mutter.
So machen Michaelis und Novatcheck (1976) darauf aufmerksam, daß die
Teilzeitarbeit die Situation der Frau effektiv nicht verbessere, sondern weiter
verschlimmere. Die Teilzeitarbeit selbst beeinflusse die Einstellung der Frauen zur
Hausarbeit: Teilzeitbeschäftigte Frauen wendeten täglich bis zu zwei Stunden mehr für
Hausarbeit auf als vollberufstätige,73 also genau die zwei Stunden, die sie sich täglich durch
verkürzte Arbeitszeit errungen haben. Außerdem seien bei gleichem Umfang der Hausarbeit
teilzeitbeschäftigte Frauen einer größeren häuslichen Belastung ausgesetzt, da in diesen
Familien die häusliche Arbeitsteilung in der Regel geringer entwickelt sei und die Hauptlast
der Hausarbeit von der Frau getragen werde. Die Herausbildung sozialistischer
Familienbeziehungen erfolge nur sehr langsam, und überholte Vorstellungen über die Rolle
der Frau dominierten nach wie vor. Die Einführung der Teilzeitarbeit sei zunächst ein
großer sozialer Fortschritt gewesen, der die Frauen aus den Haushalten geholt hätte, erweise
sich nun aber als ein Hemmnis für die weitere Entwicklung der Familien zu sozialistischen
Persönlichkeiten.74 Inge Lange kommentierte dazu 1979:

Die gesellschaftliche Entwicklung der Frau vollzog sich, wie zu erwarten war,
rascher als dementsprechende fortschrittliche Veränderungen in der Familie.
Und so zeigte sich, daß die Bejahung der Gleichberechtigung 'als Prinzip’
durchaus nicht immer zugleich die Bejahung der Konsequenzen bedeutete, die
sich daraus für das Zusammenleben in der Ehe, für ein neues Verhältnis
zwischen Mann und Frau ergaben... Eine weitere Erscheinung bestand darin,
daß etwa ein Drittel aller berufstätigen Frauen den Ausweg aus der
Schwierigkeit, Berufsarbeit und Hausarbeit miteinander zu vereinbaren, in
einer verkürzten Arbeitszeit suchten. Für diese oder jene Frau war das auch
eine vorübergehende Lösung, um mit speziellen familiären Fragen fertig zu
werden. Es war jedoch keine gesellschaftliche Lösung. Unsere Erfahrungen
bewiesen, daß Teilzeitarbeit sowohl die Herausbildung der sozialistischen
229

Persönlichkeit wie auch die Entwicklung einer neuen sozialistischen


Lebensweise in der Familie hemmt.75

Diese Argumentationsweise wird jedoch von kritischen Frauen in Frage gestellt.


Dölling (1986) konstatiert, daß die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sich für Frauen
bestimmend auswirkt.76 Sie definierten sich in ihrem Subjektsein, in ihrer Identität vor allem
dadurch, wie ihnen diese Vereinbarkeit gelingt. Die praktizierten Formen der Bewältigung
von Handlungsanforderungen (z.B. zeitlich begrenztes Ausscheiden aus der Berufstätigkeit
solange die Kinder klein sind, Teilzeitbeschäftigung, Verzicht auf die Ausübung des
ursprünglich erlernten Berufs bzw. auf die eigene Qualifizierung und Entwicklung zugunsten
des Ehepartners oder der Familie) müssen auf ihre Möglichkeiten und Begrenzungen
individueller Entwicklungen der Frauen in Relation zu der der Männer differenziert
analysiert werden. Die Frage sei z.B., welche Folgen sich aus diesen Bewältigungsformen
der Doppelbelastung für die Frauen angesichts der perspektivischen Veränderungen in der
Berufsstruktur ergäben. Dies sei nicht nur für die Lebensplanung und -Orientierung der
Individuen von Belang, sondern ebenso für die strategische Orientierung von
Gesellschaftspolitik. Hier gehe es darum, Lösungen für die auftre-tenden Widersprüche zu
finden, die in der Tendenz auf die Aufhebung bestehender sozialer Konflikte zwischen den
Geschlechtern hinauslaufen müsse.77 Das Problem der Teilzeitarbeit ist also keineswegs
durch Appelle an die weibliche Bevölkerung zu lösen, sondern muß von gesellschaftlicher
Seite angegangen werden.
Die in der DDR teilzeitbeschäftigten Frauen sind bei weitem nicht alle Mütter mit
mehreren Kindern oder Frauen, die durch familiäre Probleme dazu veranlaßt wurden, das
im Arbeitsgesetzbuch festgelegte Recht der Frau auf Teilzeitbeschäftigung unter bestimmten
familiären Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Hier spielen auch noch zahlreiche andere,
vor allem ideologische Fragen eine große Rolle. Es ist deshalb erforderlich, "dem Problem
der Teilzeitarbeit und ihren tatsächlichen Ursachen auch künftig unsere Aufmerksamkeit zu
widmen: denn es handelt sich dabei um eine Frage, die nicht nur für die effektivere
Nutzung des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens von Bedeutung ist, sondern gleichfalls für
die Persönlichkeitsentwicklung der Frau und für die Herausbildung der sozialistischen
Lebensweise in der Familie''.78

Ein weiteres und nicht zu unterschätzendes Problem ergibt sich für Frauen aus der
Tatsache, daß rund 20% der Kinder es ablehnen, auch den Nachmittag in einem Hort zu
verbringen.79 Überhaupt wirft die Hortbeaufsichtigung der Kinder für einige Mütter viele
Fragen auf: Ist es richtig, ein Kind jeden Tag für Stunden in die Krippe oder den
Kindergarten zu bringen? Darf man einem Kind ein solches Leben zumuten, täglich von
einer "Betreuungsstation" zur nächsten "verschoben" zu werden? Die zehn Teilnehmerinnen
einer Für Dich-Diskussionsrunde berichteten fast alle, daß sie einmal an dem Punkt waren,
wo sie sich fragten: Bin ich eine Rabenmutter, weil ich so viel Zeit für mein berufliches und
gesellschaftliches Engagement aufwende?80
Die Autorinnen machen sich gerade auch zu diesem Thema Gedanken. In Karin
Simons Erzählung "Der Bogen" (1983) findet die alleinstehende Protagonistin beim
Nachhausekommen einen Brief ihres Sohnes: "Liebe Mutti! Wenn Du Dir keine andere
Arbeit suchst und nie Zeit hast, verlasse ich Dich. Konrad."81 In "Der hilfreiche Rabe”
(Seidemann, 1987) überläßt eine Mutter die Erziehung und vollständige Betreuung ihrer
230

Kinder einem "hilfreichen Raben", denn nur so kann sie ungestört arbeiten. Der Rabe
kümmert sich vorbildlich um die Kinder, doch eines Tages, zu Raben geworden, fliegen sie
mit ihm davon.82 In solchen Geschichten deutet sich ein Umdenken, wenn nicht gar eine
Umkehr der Prioritäten an: Beruflicher Erfolg steht nicht mehr an erster Stelle, schon gar
nicht, wenn er nur durch eine Vernachlässigung der Kinder erreicht werden kann. Der
Eigenwert liebevoller Zuwendung zu den Kindern wird betont.
Besonders deutlich wird dies auch in Charlotte Worgitzkys Erzählung "Hänsel und
Gretel" (1976). Hier wird die Familie Holtzhauer geschildert, die - so beschreibt die
Autorin mit spöttischem Unterton - "für eine Publikation über DDR-Familien als Muster
benutzt werden könnte".83 Holtzhauers haben zwei Kinder, den fünfjährigen Hans und die
dreijährige Margarete. Vater Hans ist Abteilungsleiter in einem Betrieb, Mutter Elvira holt
ihr wegen der Kinder abgebrochenes Ökonomiestudium nach. Als sie sich auf die ersten
Zwischenprüfungen vorbereiten muß, wird der Wunsch nach mehr Studierzeit in ihr wach,
aber ihre Mutter liegt im Krankenhaus, ihr Mann kommt wegen Überstunden immer erst
nach 19 Uhr aus dem Betrieb und andere Personen zur Kinderbetreuung sind nicht ausfindig
zu machen. Als einziger Ausweg bleibt das Wochenwohnheim. Elvira macht Hans den
Vorschlag, dieser hat jedoch zunächst noch Einwände:

"Ob das gut ist für die Kinder? Sie sind es gewöhnt, daß wir sie jeden
Nachmittag abholen."
"Wir? Ich. Und jetzt habe ich Zwischenprüfungen, falls du das noch nicht
mitgekriegt haben solltest."
Herr Holtzhauer seufzte. Daß Frauen nicht sachlich bleiben können. "Mir tun
doch nur die Kinder leid", sagte er.
"Bitte: Wenn dir die Kinder so leid tun, dann verlange, daß du pünkt-lich
gehen und dich um sie kümmern kannst. Oder soll ich vielleicht mein Studium
wieder aufgeben?"84

Mit viel Mühe gelingt es ihnen, für ihre Kinder zwei Plätze im Heim zu organisieren.
Hans nimmt die Trennung von den Eltern zunächst gelassen hin, aber Margarete schreit und
weint. Dennoch lassen die Eltern sich nicht erweichen. Worgitzky resümiert:

Es heißt, Kinder vergessen rasch; man sollte wohl besser sagen, sie sind leicht
abzulenken. Ihre Erlebnisse sind in ihnen aufgehoben, und wie sie sich
verwandeln, bevor sie, oft unkenntlich, wieder zum Vorschein kommen,
darüber wissen wir weniger als über das kopernikanische Weltsystem.85

Hans schien leichter und gründlicher zu vergessen als seine Schwester, jedenfalls
äußerte er durch nichts, daß er seine Eltern vermißt hätte. Margarete weinte an den ersten
beiden Abenden, dann schien auch sie sich einzugewöhnen. "Sie drückte ihr Gesicht
trostsuchend an ein Stoffgebilde, das sie Mumpfi nannte und dessen Gestalt die
Erwachsenen ratlos machte, weil sie ihm nicht ansehen konnten, ob es ein Tier oder einen
Menschen darstellen sollte."86 Eine Beschreibung der berühmten "Ruhe vor dem Sturm".
Aufgrund ihres unterschiedlichen Alters werden Hans und Margarete in getrennten
Heimgruppen untergebracht, was abermals zu Tränenausbrüchen und großer Trauer führt.
Am Freitag holt Elvira ihre Kinder "als eine der ersten" ab, sie erzählen so angeregt von
231

den Erlebnissen der vergangenen Woche, daß ihre Mutter nur zu gerne zu dem Schluß
kommt, sie hätten sich überhaupt nicht nach Hause gesehnt. "Sie war froh darüber, weil es
ihr Gewissen erleichterte, und es betrübte sie gleichzeitig, daß die Kinder sich so leicht von
ihr zu trennen schienen." Auf ihre Frage, ob alles gut gegangen sei, hatte die Pflegerin
Margaretes Heimwehweinen nicht erwähnt, "weil so etwas in den ersten Tagen als normal
gewertet wurde" .8 Die Kinder leiden an der Trennung, die noch dadurch erschwert wird,
daß sie im Heim kaum zusammen sein dürfen. Hans entschließt sich, mit Margarete nach
Hause auszureißen, was ihnen auch gelingt. Die Eltern sind erschrocken, wissen nicht, wie
sie reagieren sollen, schließlich lassen sie es bei einer eindringlichen Rede bewenden.
Im nächsten Jahr stellt sich Holtzhauers dasselbe Problem von neuem, als einzige
Lösung bleibt wiederum nur das Heim. Die Kinder werden nicht konsultiert, man stellt sie
vor vollendete Tatsachen. Diesmal weint auch Margarete nicht und Hans benimmt sich
"beinahe würdevoll".88 In der Woche erhält Vater Holtzhauer eine Auszeichnung, die am
Wochenende im Betrieb gefeiert werden soll. Er verpflichtet sich, bei den Vorbereitungen
am Sonnabend zu helfen; Elvira ist dessen nicht zufrieden, denn sie fühlt sich überlastet,
weil sie am Dienstag nach der Feier eine Prüfung hat; wer soll am Wochenende die Kinder
betreuen? Man entschließt sich, unter dem Vorwand Elvira sei krank, Margarete und Hans
auch am Samstag und Sonntag im Heim zu belassen. Den Kindern wird keine Erklärung
gegeben, sie erfahren erst am Freitagnachmittag, daß sie nicht abgeholt werden und fühlen
sich sehr zurückgesetzt, denn sie wissen aus den Gesprächen der Erzieherinnen über einen
anderen Jungen, der nur selten abgeholt wird, "daß er eine liederliche Mutter hatte, die alle
möglichen Vorwände erfand, um ihren Vergnügungen nachzugehen, statt sich um ihr Kind
zu kümmern".89 Mit diesem Jungen fühlen sie sich nun auf eine Stufe gestellt, was ihnen
nicht behagen will. Diesmal wird ein geöffnetes Toilettenfenster zum Fluchtweg, sie werden
aber auf dem Weg nach Hause von einem Volkspolizisten aufgegriffen. Da dort niemand
auf ihr Klingeln antwortet, erfährt dieser von einer Nachbarin, daß die beiden wohl wieder
"ausgerückt" seien. Da der Verbleib der Eltern sich nicht ermitteln läßt, sorgt der Vopo für
Hans und Margaretes sofortigen Rücktransport; die Eltern erfahren erst am nächsten Tag
davon. -
Damit endet die Erzählung. Zurück bleibt ein bitterer Nachgeschmack, man möchte
den Eltern Vorwürfe machen, weil sie ihr eigenes Vergnügen der Zufriedenheit ihrer Kinder
vorangestellt haben. Worgitzky demonstriert in ihrer Geschichte, wie Elvira und Hans ihren
Kindern gegenüber immer gleichgültiger werden, wie sie sie zu vernachlässigen beginnen,
weil das Heim ihnen einen zu leichten Ausweg bietet, zunächst noch, um sich Beruf und
Studium besser widmen zu können und dann, um den eigenen Interessen nachzugehen. Ein
solches Vorgehen wird von offizieller Seite kritisiert,90 indirekt durch die Belastungen und
Erwartungen an die Eltern aber propagiert.
Selbstverständlich ist die von Worgitzky dargestellte Situation leicht überspitzt, denn
es ist anzunehmen, daß viele Eltern sich Gedanken darüber machen, wie sich die Heim- und
Horterziehung auf ihren Nachwuchs auswirken mag.91 Dennoch sind berufliches
Vorankommen und Weiterbildung ohne diese Mittel nicht zu erreichen. Angela Stachowa
beschreibt diesen Zwiespalt in ihrer Erzählung "Sommerspiele" (1978):

Die Kindergärtnerin erwartete sie schon mürrisch, der Junge wurde als letztes
Kind abgeholt. Christina nahm ihn schuldbewußt in Empfang; so war es
jedesmal: Sobald sie begann, ernsthaft zu arbeiten, mußte der Junge warten;
232

seit Jahren gab es scheinbar nur diese Alternativen. Die Tage, an denen sie
beides gleichmäßig bewältigte, konnte sie zählen.92

Zwiener, Schoder und Peschke (1975) stellten in einer Studie von Krippenkindern
fest, daß der Prozentsatz der sich in Krippen befindlichen Kinder mit Qualifikationsgrad der
Mutter steige. So hatten z.B. 54,1% der Mütter zehn Klassen oder mehr abgeschlossen,
35,3% hatten den Abschluß der 8. Klasse und lediglich 6,9% hätten diesen nicht erreicht.
Nur 1,8% der Krippenkinder waren dort, weil sie keine Mutter hatten. Aus einer
Umkehrung dieser Ergebnisse ergibt sich aber auch, daß Mütter, die beruflich
vorankommen wollen, auf die Hortbetreuung ihrer Kinder angewiesen sind, auch wenn sie
ihr kritisch gegenüberstehen.93
Eine solche Situation wird in Christa Müllers Geschichte "Candida" (1979) erörtert.94
Tochter Candida wird geboren, während ihre Mutter, Maria, noch Studentin ist. Der Vater
ist nach Westberlin übergesiedelt und Maria muß ihr Kind in einer Krippe unterbringen, so
daß sie sie nur an Wochenenden und in den Ferien sehen kann. Das Kind wächst in
Kinderheimen auf, wo wohl für sein körperliches Wohl gesorgt wird, eine echte
Beziehungsperson jedoch nicht bereitgestellt werden kann. Auch Maria kann Candida diese
nicht sein, da sie sie viel zu selten sieht. Müller kritisiert hier keineswegs die Institutionen
selbst, sie beschreibt die liebevolle Atmosphäre in einem Heim und das Bemühen der dort
arbeitenden Frauen, auf die Kinder einzugehen, aber die Zuwendung eines Elternteils oder
gar beider Eltern können sie doch nicht ersetzen. Während Marias Besuchen baut Candida
ein Vertrauensverhältnis auf, das jedoch abrupt mit dem Ende des Besuchs wieder
abgebrochen wird und damit ihre Einsamkeit nur noch verstärkt. Nach einem Fluchtversuch
beschließt Maria, ihre Tochter wenigstens an den Wochenenden 2m sich zu holen, obwohl
dies bereits berufliche Einbußen - sie ist Regieassistentin -mit sich bringt. Auch Candidas
Einschulung bereitet große Schwierigkeiten, in ihrer Verzweiflung versucht das Kind
schließlich, die Grenze zu überqueren, um den Vater zu treffen. Ein Grenzsoldat sieht sie
schwimmen und holt sie zurück. - Maria ist nur zu deutlich, wie unglücklich das Mädchen
ist.

Was alles muß geschehen, dachte Maria, als sie wach lag, bis wir begriffen
haben, worauf es ankommt? Wirklich begriffen. Wen beunruhigt, daß du oft
nicht glücklich bist?95

Für jeden sei im Sozialismus gesorgt, kommentiert Hildebrandt (1984), das soziale
Netz fange die Schwachen auf. Doch könne der Staat den Einzelnen nicht von seiner
Verantwortung entbinden, könne den Kindern nicht das geben, was elementar für ihre
Entwicklung sei: die Liebe einer Person, die nur für sie wichtig ist. Müller wolle mit ihrer
Geschichte nicht die Unzulänglichkeit des Staates kritisieren, sondern vielmehr an die
Verantwortlichkeit des Individuums appellieren. Sie spreche von ihrer eigenen Erfahrung,
wenn sie von einer alleinerziehenden Mutter erzähle, für die irgendwann die Entscheidung
zwischen der beruflichen Karriere und dem bewußten Opfer für das Kind komme. Alles
andere sei nur ein Kompromiß, der zu Lasten der eigenen Person und häufig aller Bereiche
gehe. Bei vielen Problemen könne zwar die Unterstützung der Gesellschaft gefordert und
in Anspruch genommen werden, doch ihr Eintreten für ihr Kind sei durch keine Institution
ersetzbar.96
233

Da diese Erfahrung die Basis der Geschichte bilde, sei Müller sehr erstaunt über die
Ablehnung ihres Lektors gewesen, zumal er ihrer Einschätzung nach gar nichts mit der
Geschichte hätte anfangen können.97 Die Kritik eines Rezensenten hingegen geht in eine
ganz andere Richtung. Er sieht zwar Müllers Problemstellung als konstruktiv an und
bemängelt nur, daß "der Leser von ihr nicht erfahren kann, daß in der Welt Kämpfe
ausgefochten werden",98 er kritisiert also den Blickwinkel auf das Private und nicht die Art
der Betrachtung. Wobei er - so Hildebrandt - eine sehr feste Vorstellung von politischer
Betrachtung habe. Für ihn sei die Darstellung der Probleme einer alleinstehenden Mutter
ein Thema, das, um über diese Problematik hinausgehend Relevanz zu erhalten, in ein
Konzept der Gesellschaft eingeflochten werden müsse. Daß die Arbeitswelt z.B. auch durch
Marias erzwungenen Verzicht auf den gewünschten Beruf geschildert wird, sei für ihn nicht
ausreichend.99
Andere Rezensenten verteidigen diese Schwerpunktsetzung auf das "Private" und
bewerten positiv, daß sich die Protagonistin in einer Nebenhandlung der Erzählung politisch
bewußt entscheidet, ohne gleichzeitig auf Müllers Gesellschaftskritik einzugehen:

Das Alleinsein der von ihr geschilderten Frauen, (...) ist nicht, wie bei
anderen Autorinnen, durch ihren eigenen Anspruch bedingt, durch ein Suchen
nach einer neuen, glücklicheren Art der Partnerschaft, sondern (...) (sie) leben
allein, weil ihre Partner, die Väter ihrer Kinder, unser Land verlassen haben.
Es steckt also eine, im Persönlichen schmerzliche und folgenschwere
gesellschaftliche Entscheidung der Frauen hinter diesem Alleinsein, und dies
gibt auch ihrer Art, den Alltag zu bewältigen, ein spezifisches Gewicht.100

Hier ergreift die Rezensentin Partei für die Autorin, will sie gegen den Vorwurf
verteidigen, leichtfertig gehandelt zu haben, benutzt dazu jedoch Argumente, die den
Geschichten nicht angemessen sind. Hildebrandt (1984) stellt die berechtigte Frage, ob
Marias Verhalten anders oder unglaubwürdiger wäre, wenn Candidas Vater nicht in den
Westen gegangen wäre, sondern z.B. mit einer anderen Frau leben würde. Das Problem der
alleinstehenden Mutter, die Frage nach Standard und Nützlichkeitswert der
institutionalisierten Erziehung wird von keinem der Rezensenten aufgegriffen. Die
politischen Implikationen der hier beschriebenen Problematik sind ihnen offensichtlich nicht
umfassend genug, auch wenn sie der immer wieder von offizieller Seite und von den
Gesetzbüchern propagierten und angeblich zugesicherten Vereinbarkeit von Beruf und
Familie im Wege stehen.
Daß Kinderkrippen von jeher ein deutliches Mißtrauen entgegengebracht wurde,
zeigte sich nicht nur in der Literatur, sondern auch in mehreren Untersuchungen. So
äußerten 1968 nach ihren Lebensplänen befragte junge Facharbeiterinnen und weibliche
Lehrlinge bis zu 64 Prozent die Absicht, ihre Berufstätigkeit vorübergehend zu
unterbrechen, um sich der Betreuung ihrer Kleinkinder zu widmen. Diplompsychologin
Siegel bescheinigte ihnen in Arbeit und Arbeitsrecht ein hohes Verantwortungsgefühl
gegenüber ihren Familien und erklärte, von wissenschaftlicher Seite seien bereits
Erwägungen angestellt worden, "ob sich nicht auch gesellschaftliche Vorteile ergeben, wenn
Mütter die Betreuung ihrer Kleinst- und Kleinkinder selbst übernehmen". Allerdings stünden
dem ökonomisch bestimmte Überlegungen entgegen. Auch ergäben sich Nachteile für die
Persönlichkeitsentwicklung, wenn die Berufstätigkeit gerade in jungen Jahren unterbrochen
234

werde.101 Es gibt in der Literatur jedoch mehrfach Hinweise darauf, daß Kinderkrippen gern
umgangen werden, daß man versucht, die ersten Jahre mit dem Kind selbst zu verbringen.
In Elisabeth Schulz-Semraus Die Beurteilung (1982) läßt eine junge Frau sich sogar die
Alimente für ihr Kind auf einmal auszahlen, um damit die erste Zeit finanziell überbrücken
zu können.102
Von den genannten "Erwägungen" war in den folgenden Jahren nicht mehr die
Rede.103 Daß diese Fragen bestehen, daß Mütter Zweifel an der Horterziehung haben, wird
jedoch von Walter (1979) in Einheit, wenn auch auf nur indirekte Weise, anerkannt. In
einem Artikel über Familienbeziehungen und Kindererziehung stellt sie klar, daß die
Gestaltung des Familienlebens mit den Kindern als wichtiger und schöner Bereich der
Freizeit anzusehen und eine echte pädagogische Hilfe sei. In den Frauenakademien und
Beratungstellen des DFD werde in der propagandistischen und in der konkret-praktischen
Arbeit gerade diesem Zusammenhang der Entwicklung sozialistischer Lebensweise und
Erziehung in der Familie große Aufmerksamkeit zugewandt. Damit werde auch den
Lebenserfahrungen der Frauen entsprochen, "daß die Erziehung der Kinder nicht vom
Familienleben abgehoben, sondern eng mit allen Lebensfunktionen der Familie verbunden"
sei.104
Für Dich versucht, ihren Teil zur Beruhigung der Eltern zu tun und veröffentlicht
regelmäßig Berichte über das Leben in Kinderkrippen und -horten oder aber auch Portraits
über Kindergärtnerinnen, die sich alle Mühe geben, den Kindern gerecht zu werden.105
Aber, wie Christa Müller in ihrer Erzählung klargestellt hat, liegt es ja nicht an den
Betreuerinnen, wenn ein Kind sich in diesen Institutionen nicht wohl fühlt und sich nicht
entfalten kann, sondern vielmehr daran, daß es die Liebe und Fürsorge einer Bezugsperson
braucht, die es nicht mit vielen anderen teilen muß.
Von einer Überlegenheit der Krippe gegenüber der Familie spricht inzwischen
niemand mehr,106 grundsätzliche Vorbehalte gegen diese und artverwandte Institutionen
(Kindergärten, Schulhorte) finden sich in den Medien jedoch so gut wie gar nicht, nur
behebbare Mängel, wie z.B. die ausstehende Fertigstellung eines Gartens für einen neuen
Kindergarten werden gerügt.107 Eindeutig negative Untersuchungsergebnisse werden für die
breite Öffentlichkeit "geschönt" und uminterpretiert.108 Als Müllers Candida zur Schule
kommt, spricht sie schlecht, "nur wenige Kinder sprachen ordentlich".109 Sie arbeitet
unkonzentriert und wird als noch nicht schulreif zurückgewiesen, der Arzt erklärt, das beste
wäre, die Mutter selbst würde sich um das Kind kümmern. Von wissenschaftlicher Seite
konnte nachgewiesen werden, daß z.B. Wochenkrippenkindem selbst den
Tageskrippenkindern "auf einigen Gebieten, so z.B. in der Sprachentwicklung"
"ungünstigere Ergebnisse aufweisen, die vor allem im zweiten Lebensjahr besonders
deutlich sind.110 Dennoch erklärte Anneliese Sälzler (1975), Direktorin des Instituts für
Hygiene des Kindes- und Jugendalters, daß die Berufstätigkeit der Mütter die Entwicklung
ihrer Kinder in keiner Weise behindere. Krippenkinder zeigten körperlich keine Differenzen
gegenüber Familienkindern. "Geistige Unterschiede" seien "infolge moderner
Erziehungspläne" ebenfalls überwunden worden.111 Im 1978 vom Wissenschaftlichen Rat
für Soziologische Forschung herausgegebenen Werk Schichtarbeit und Lebensweise heißt
es ebenso:

Mit der Unterbringung der Kinder in einer Wocheneinrichtung haben die


Eltern die Gewißheit, daß ihre Kinder gut versorgt werden und einen
235

gleichmäßigen Tagesablauf haben. Bedenken hinsichtlich einer optimalen


geistigen und körperlichen Entwicklung der in Wochenkrippen betreuten
Kinder mögen vielleicht teilweise noch berechtigt sein, lassen sich aber
keineswegs verallgemeinern. Durch die ständige Qualifizierung der
pädagogischen Arbeit in den Wochenkrippen ist - aus der Sicht des gesamten
Krippenalters gesehen - eine Benachteiligung dieser Kinder im Vergleich zu
Tageskrippenkindem praktisch kaum bzw. gar nicht vorhanden.112

Immerhin wird den Eltern empfohlen, ihre Kinder nach Möglichkeit in einer
Tageskrippe unterzubringen. Der "daraus resultierende größere gemeinsam Zeitfonds"
erleichtere die "Pflege intensiver Kontakte zum Kinde" sowie die "Gestaltung gemeinsamer
Erlebnisse in der Familie". Viele Schichtarbeiterehepaare entschieden sich deshalb für die
Aufnahme eines ungleichen Schichtrhythmus - eine Empfehlung, die man wohl kaum als
familienfreundlich bezeichnen kann.113 Obwohl eine Erhöhung des offiziell eingeräumten
Stellenwertes der Familien-erziehung zu verzeichnen ist und immer wieder betont wird, wie
sehr gerade kleine Kinder die Zuwendung ihrer Eltern brauchen, ist weiterhin zu erwarten,
daß diese Einsicht ökonomischen Interessen untergeordnet bleibt.114 Man wird kaum mit
einer Abnahme der Wochen- oder Tageskrippenkinder rechnen können, solange sich der
Anteil der Produktionsarbeiter im Dreischichtsystem wie bisher laufend erhöht.
Besorgniserregend dürfte in diesem Zusammenhang auch die Essensverpflegung in
den Institutionen sein, es sei "kein Geheimnis, daß mancherorts die Qualität der Mahlzeiten
zu wünschen übrig" ließe, die Räumlichkeiten unzulänglich seien.115 Der Mangel an
Abwechslung, Vitamingehalt, Menge, Temperatur und auch die unzureichende Zeit zur
Essenseinnahme werden beklagt, viele Erziehungsberechtigte werden sich fragen, ob die
Kinder ausreichend und gesund ernährt werden. Es sei bekannt, kommentiert Für Dich
(1984), daß viele berufstätige Mütter sich am Abend extra noch einmal an den Herd stellten,
damit ihre Kinder eine warme Mahlzeit hätten.116 Durch Hortbetreuung ergibt sich hier also
eine Mehrarbeit. Und es besteht auch kein Zweifel daran, wer dies zu bewerkstelligen hat:

Welche Frau kann ruhig gute Arbeit leisten, wenn sie nicht genau weiß, ob
ihr Kleines in der Krippe ausreichend an der frischen Luft ist, und der Große
vielleicht nur widerwillig in den Hort geht oder mitunter die warme Mahlzeit
ausfallen läßt, da ihm das Essen nicht schmeckt?117

Aber es ist längst nicht nur die geistige und körperliche Entwicklung ihrer Kinder,
um die sich viele Eltern sorgen. Auch die politische Ausrichtung dürfte vielen Unbehagen
bereiten, wie z.B. die teilweise an Drill grenzende Betonung von Disziplin und Ordnung.
Morgner schildert in Amanda (1983), wie Lauras Sohn Wesselin sich gegen die
Reglementierung wehrt:

Mitten in Lärm, Streit, Schelte und Rauferei, auf dem Höhepunkt von
Aufregung, Zorn, Wut konnte er von Stammelgeschrei plötzlich in ruhige
gemessene Rede wechseln und seiner Umgebung erklären: "Ich bin ein
Mühchen." Solche Erklärungen machte Wesselin, seitdem er in den
Kindergarten ging. Die Kindergärtnerinnen und die Gefährten der Gruppe
waren Anfangs davon befremdet und reagierten mit Gegenmaßnahmen. (...)
236

Die Kindergärtnerinnen bemühten sich, den "Bock" zu brechen. Ihre


Bemühungen blieben ohne Erfolg. Schließlich gewöhnten sie sich an das
seltsame Gebahren, das sie "Bock" nannten. Auch Wesselins Gewohnheit, am
Kindergartenfenster zu stehen und zu winken, bis die Mutter außer Sicht war,
respektierten sie schließlich. Als Extrawurst. Natürlich konnten nicht für alle
Kinder Extrawürste gebraten werden. Wenn alle Kinder am Fenster stehen
und winken wollten, statt am Tisch zu sitzen und das Frühstück einzunehmen,
wie es sich gehört, könnte der Stundenplan nicht erfüllt werden. Ganz klar.118

Aber auch Auffassungen wie die folgende dürften zu verstärkter Abneigung Anlaß geben:

Schon in der lebensverbundenen Erziehung der Kinder im Vorschul-alter sind


Elemente einer Wehrerziehung enthalten. Im Grunde dient dem bereits die
Anerziehung bestimmter Ordnungsgewohnheiten (Sachen in Ordnung halten,
Spielzeug einordnen, anstellen, Ordnungs-, Wasch-, Tischdienst), erst recht
aber das Bemühen, die Kinder mit dem Leben der Soldaten bekannt zu
machen.119

Solche Ansichten mögen wenigstens ein Grund dafür sein, daß auch Eltern, die nicht
religiös sind, sich um einen der raren Plätze in den rund 275 meist kleinen christlichen
Kindergärten bemühen. Ebenso ist anzumerken, daß vereinzelt auch private Einrichtungen
entstehen. In einem Text aus der DDR über Aktivitäten im Ostberliner Prenzlauer Berg
heißt es dazu: "Es gibt (...) auch zwei oder drei Kindergärten, wo Leute die Genehmigung
haben, einen Raum zu dem Zweck zu nutzen, ihre Kinder zu betreuen. Die haben dann
sieben oder acht Kinder, die im Wechsel beaufsichtigt werden."120
Anfang 1984 trat eine neue Kindergartenordnung in Kraft, die den Vorbehalten der
Eltern Rechnung zu tragen scheint. Hier werden detaillierte Anforderungen an einen
"abwechslungsreichen, gesunden Tagesablauf" gestellt. Zu erzielen sind ein "sinnvoller
Rhythmus zwischen kollektivem Spiel und individueller Beschäftigung", Förderung des
Schöpfertums der Kinder" und die Gestaltung "einer anregenden musisch-geistigen
Atmosphäre". Wichtige Auflagen gibt es auch für die enge Zusammenarbeit mit den Eltern.
Dazu gehört u.a., daß die Leiterinnen und Erzieherinnen mit den Eltern nach den
günstigsten Aufenthaltszeiten für die Kinder suchen, "daß z.B. Wünsche von
Schichtarbeitern berücksichtigt werden, die den Vormittag mit ihren Kindern verbringen
möchten".121 Auch die Deutsche Lehrerzeitung (1983) bemängelt, daß in den Schulhorten
zuviel gegängelt und angeordnet würde. Die Kinder hätten zu selten Gelegenheit zu
selbständigem Spiel, weil dessen pädagogische Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung
vielen Erzieherinnen aufgrund von Ausbildungsmängeln nicht klar sei.122
Daß Erziehung nicht nur in der Familie, sondern auch im Bildungswesen immer noch
Frauensache ist, wurde in der DDR in den achtziger Jahren kritisch diskutiert. Rund 75
Prozent aller Lehrer waren weiblich, in der Unterstufe sogar fast 90 Prozent. Im
Vorschulbereich wurde der Mann "nicht einmal vermutet", während er in der Schule
"wenigstens noch vorhanden" sei, stellte Psychologin Annerose Kemp 1984 in einem
Gespräch mit der Leipziger Volkszeitung fest.123 So wurde also auch von offizieller Seite
die traditionelle Auffassung, daß Kindererziehung weitgehend Frauensache sei, indirekt
unterstützt, denn der Einbruch der Männer in diese, für sie bisher unübliche Tätigkeit wurde
237

nicht angestrebt. Inge Lange erklärte bereits 1972, daß man nicht die Absicht habe,
Kindergärtner auszubilden, "weil die Frau psychisch und physisch vom Mann unterschieden
ist".124 Diese Einstellung wird von DDR-Psychologen bestritten, denn "weder die
Verhaltensweisen und Einstellungen des Mannes noch die der Frau sind primär
naturgegeben" (Kabat vel Job, 1979).125
Kindergärtner werden auch weiterhin Seltenheitswert haben. Die stellvertretende
Direktorin der pädagogischen Fachschule "Friedrich Fröbel" konstatierte 1984, daß es,
solange sie denken könne, keine männliche Bewerbung gegeben habe, nur einige verschämte
Anfragen von Müttern und Großmüttern, ob auch Jungen dort studieren könnten. Wer
käme, würde nicht abgewiesen. Doch um Kindergärtner zu werben, erschien der
Berichterstatterin absurd.126 Soziologin Gysi erklärte 1987, daß in Krippe, Kindergarten und
Schule für Jungen und Mädchen zwar gleiche Bildungs- und Erziehungsprinzipien gälten,
dies bedeute jedoch nicht, "daß sich nicht auch hier gelegentlich - ungewollt und unbewußt -
geschlechtstypische Erziehungspraktiken einschleichen".127
Es ist behauptet worden, daß die Kindererziehung in der DDR - ähnlich wie die
Gleichberechtigung der Frau in Kategorien der Produktivitätsentwicklung - an den
Rationalitätskriterien der Produktion orientiert wurde.128 War vor Jahren die Unterbringung
und Betreuung der Kinder in gesellschaftlichen Einrichtungen eine der
Hauptschwierigkeiten, die der Einbeziehung der Frauen in die Berufswelt gegenüberstanden,
so kann dieses Problem heute in bezug auf die vorhandenen Plätze als weitgehend gelöst
angesehen werden. Das Gewicht hat sich nunmehr auf inhaltliche und zeitliche Aspekte der
Betreuung und Erziehung verlagert. Im Vordergrund steht vor allem die Frage, wie
Berufstätigkeit und eine den Bedürfnissen des Kindes nach emotionaler Sicherheit, Anregung
und Zuwendung angemessene Familienatmosphäre, besonders in den ersten Lebensjahren,
zu ver-einbaren sind (Dölling, 1986).129
Die Autorinnen sehen einen Zusammenhang zwischen der Form der Kindererziehung
in der DDR und psychischen Erkrankungen von Kindern. Die Schriftstellerin Irmtraud
Morgner läßt in ihrem Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz... (1974) einen
ihrer Protagonisten formulieren:

Was nützen Vater Staat die hohen ökonomischen Prozente des Brigadiers,
wenn sich Psychologen und Ärzte mit seinen Kindern und Enkeln befassen
müssen. Krücken, die natürlich Geld kosten - aber von Geld will ich gar nicht
reden, schließlich wird der Sozialismus für den Menschen gemacht und die
Ökonomie auch für den Menschen und nicht umgekehrt.130

Als Alternative zur Krippenaufbewahrung erlaubt die SED nur die


Familienerziehung, wodurch wiederum die Frau in ihrer traditionellen Rolle bestätigt wird.
Die Emanzipation der Frau ist mit der Lösung der Kinderfrage untrennbar verbunden:
Frauen können nicht auf Kosten der nachfolgenden Generation ein historisch größeres Maß
individueller Entwicklungsmöglichkeiten erreichen und verwirklichen (Dölling, 1986).131
Eine wirkliche Alternative zur Krippenaufbewahrung läßt sich nach Auffassung
westlicher Soziologen und Frauenrechtlerinnen nur über den Prozeß der Aufhebung der
Trennung von privatem und öffentlichem Leben, von Produktion und Reproduktion finden.
Gesonderte Institutionen der Kindererziehung könnten in diesem Prozeß überflüssig oder
zumindest in ihren Funktionen eingeschränkt werden. Kindererziehung sei eine Aufgabe,
238

die gemeinsam von allen Mitgliedern einer Wohn- und Arbeitsgemeinschaft getragen werden
müßte.132 Ähnliche Vorstellungen werden auch z.B. von Christine Wolter (1976) und
Irmtraud Morgner (1974) dargestellt.133 Beide beschreiben das Leben von Müttern mit
Kindern, die eine Protagonistin lebt in einer Zweierbeziehung mit einer anderen Frau, die
andere in einer Wohngemeinschaft. In beiden Fällen finden alle beteiligten Frauen durch
diese unkonventionelleren Arten des Zusammenlebens einen sie glücklichmachenden
Lebensstil. Die Beaufsichtigung der Kinder wird von den Beteiligten gerecht geteilt,
Probleme entstehen dabei nicht.134
Wie bereits angeführt verlangt Morgner (1978) auch nach einer Reduzierung der
Arbeitsnorm für Männer. Damit wäre man effektiv wieder bei der so vehement abgelehnten
Idee des "Job-sharing",135 die durch das "Family-sharing" noch erweitert wird. Dieses
Konzept widerspricht ganz offensichtlich den Vorstellungen der politischen Führung, die an
der Existenz der Familie, d.h. der "kleinsten sozia-listischen Zelle", bestehend aus den
durch Eheschließung verbundenen Eltern und deren Kindern, festhielt, auch wenn es, wie
in der Trobadora angedeutet wird, nicht unbedingt zu ihren Gunsten war.

Auch der vollständige Rückzug ins Hausfrauendasein wird aus den bereits für die
Teilzeitarbeit angegebenen Gründen von offizieller Seite nur sehr ungern gesehen. Diese
Möglichkeit besteht aber nach dem FGB durchaus.136 Auch in der DDR sahen sich noch
immer viele Frauen zu einer längeren Arbeitspause verpflichtet, um den Kindern eine "gute
Mutter" sein zu können. So resümiert z.B. Worgitzkys Protagonistin Martha:

Erst (...) als er bereits sieben Monate alt war, (...) gaben (wir) Robert in eine
Kinderkrippe, (...) und ich engagierte mich von Stund an wieder für die
Schauspielerei, (...). Es begann damit aber auch der Konflikt zwischen Kind
und Beruf, denn ich bin selten in der Lage gewesen, mich für beides
gleichzeitig vollgültig einzusetzen. Daher rührt wahrscheinlich auch das
schlechte Gewissen, das ich Robert gegenüber manchmal habe, weil ich
denke, ich bin nicht jederzeit das gewesen, was man eine gute Mutter
nennt.137

Brigitte Martins Edith wiederum leidet an Eifersucht ihrer eigenen Mutter gegenüber,
weil sie feststellen muß, daß "zwischen Anne und der Oma (...) ein
Zusammengehörigkeitsgefühl gewachsen (war), von dem sie selbst geträumt hatte, als sie
das Kind erwartete".138 Das von den Gesetzgebern gewährte Babyjahr mag hier als ein
Zugeständnis für einen begrenzten Zeitraum angesehen werden, das der Frau die
Entscheidung zur Wiederaufnahme ihrer Berufstätigkeit erleichtern soll. Vielen Müttern
erscheint diese Maßnahme jedoch offensichtlich nicht ausreichend zu sein, eine von ihnen
erzählt Runge (1985) in einem Interview:

Das Hausfrauendasein wird ja nicht gerade für voll genommen. Ich nehme
mich da nicht aus. Aber als ich noch arbeitete, hatte ich überhaupt keine Zeit
mehr für die Kinder.138
239

Frau W. ist gelernte Krankenschwester, konnte und wollte diesen Beruf im


Schichtdienst nicht mehr ausüben (!), als die Kinder kamen und wurde Sekretärin. Ihr Mann
hat vor kurzem ein Fernstudium abgeschlossen und arbeitet als Ingenieur.

Ich hätte ja nicht einmal im Traum daran gedacht, einmal Hausfrau zu sein!
Es ist mir so natürlich, arbeiten zu gehen, und ich habe es gern gemacht.
Aber nachdem die Zwillinge da waren, zwei Säuglinge auf einmal, und die
anderen auch nicht gerade selbständig, da konnte ich einfach nicht mehr.140
Die Probleme, die ich jetzt zu lösen habe, betreffen meistens häusliche Dinge,
die Kinder, gehen aber kaum darüber hinaus. Wann ich wieder arbeiten gehe
und was ich dann me, hängt aber von den Kindern ab. Die brauchen
jemanden, mit dem sie reden können, wenn sie aus der Schule kommen. Bis
zum Abend ist sonst alles vergessen.141

Frau W. ist entschlossen, später wieder arbeiten zu gehen, sie habe zwei Jahre
gebraucht, um sich auf das Hausfrauendasein umzustellen, die Kollegen und die Aufgaben
hätten ihr sehr gefehlt. Ihre Arbeit als ehrenamtlicher Jugendhelfer mache sie darum weiter.
Jede Woche hat sie einen "familienfreien Tag", an dem sie entweder zu ihren
Jugendhilfeeinsätzen, zu Freundinnen und Bekannten, ins Kino oder Theater geht. Auf diese
Weise hofft sie, den Anschluß nicht zu verlieren und sich auch ein wenig Abstand vom
Alltag zu verschaffen.142 Frau W. hat ihre berufliche Karriere für ihre Kinder geopfert, aber
man hat den Eindruck, daß sie es gern getan hat. Sie will zwar ins Berufsleben zurück,
doch fehlt ihr hier wohl mehr der soziale Faktor, das Zusammensein mit Kollegen und das
gemeinsame Lösen von mit der Arbeit verbundenen Problemen, als daß Ehrgeiz sie
zurücktriebe.
Die bereits mehrmals angesprochene Vorbereitung der Mädchen auf ihre künftigen
"Pflichten im Privatdienst der Familie" hat laut Dölling (1986) die Herausbildung einer
Grundhaltung zur Folge, die als "Opferbereitschaft" charakterisiert werden kann, da die
eigenen Wünsche und Ansprüche zugunsten anderer zurückgestellt werden.143 Dieses
tradierte "Muster" ihrer Vergesellschaftung und seine psychischen Resultate beeinflußten
auch die konkreten Formen und Lösungen, mit denen Frauen Berufstätigkeit, Mutterschaft
und Arbeit im Haushalt zu vereinbaren suchten. Ein zeitweiliges Ausscheiden aus dem
Arbeitsprozess, die Aufnahme von Teilzeitarbeit und auch der Verzicht auf die Ausübung
des Berufes, für den sie eine mehr oder minder hohe Qualifikation erworben haben, und die
Aufnahme einer Arbeit (oft weit unter ihrer Qualifikation) die weniger Anforderungen stellt
(z.B. in Bezug auf Weiterbildung), sich aber besser mit den Familienverpflichtungen
vereinbaren läßt (Arbeitszeitregelungen, Wegezeiten etc.), sind Beispiele für diese
Einstellung. Die Gründe, die von Frauen für Arbeitszufriedenheit angegeben werden,
bestätigen diese Beobachtung weiter. In der Verantwortung für Haushalt und Familie schlägt
sich, so Dölling, die für den Sozialismus charakteristische Tatsache, daß die Arbeit
wesentlich noch Mittel zum Lebensunterhalt ist, in einer geschlechtsspezifischen Einstellung
zur Arbeit nieder. "Die in höherem Maße ausgeprägte Arbeitsteilung in
Produktionsbereichen mit weiblichen Beschäftigten"144 und die entsprechend "geringeren Entscheidungs¬
und Handlungsspielräume"145 begünstigen die Tatsache, daß die Arbeitszufriedenheit von
Produktionsarbeiterinnen gegenwärtig in geringerem Maße an die Arbeitsinhalte gebunden
ist als bei ihren männlichen Kollegen.146
240

Dölling kommt mittels dieser Anhaltspunkte zu dem Schluß, daß die Einstellung der
Frauen zur Arbeit nicht zuletzt ihr Interesse an Weiterbildung und Qualifikation, an der
Übernahme von leitenden Funktionen und an der Wahrnehmung von politischen Formen der
Eigentümerfunktion in gesellschaftlichen Organisationen beinträchtigt. Damit einher schreite
die Verfestigung der überkommenen Trennung des Lebens in Arbeit und Freizeit als
"eigentliche" Lebenszeit und auch die Tendenz einer starken Konzentration auf die Familie
als "Privatraum".147
In den "Männerprotokollen" Christine Müllers (1986) wird von den interviewten
Männern mehrmals die Anklage erhoben, daß ihre Frauen sich nur Kinder zugelegt hätten,
um sich dem Arbeitsleben auf akzeptable Weise zu entziehen. Auch die Hausarbeit würde
dann von ihnen nur unzulänglich erfüllt.148 Teilweise ist diese Klage sicherlich darauf
zurückzuführen, daß die sich beschwerenden Männer ein nur unzureichendes Wissen über
Aufwand und Zeitumfang der Baby- und Kinderpflege haben, andererseits ist anzunehmen,
daß einige Frauen ein Hausfrauendasein der Berufstätigkeit vorziehen und ihr Leben anders
zubringen wollen als die werktätigen 91% ihrer Geschlechtsgenossinnen. Wie sich diese
Lebensaltemative auf ihren Gleichberechtigungsanspruch auswirkt, läßt sich nicht feststellen,
es ist aber zu vermuten, daß er dem einer westlichen Hausfrau gleichkommt. Ob und
wieviel Hilfe ihr im Haushalt zugestanden wird, ist von der Einstellung ihres Mannes
abhängig. Nach Gesetzgebung und auch wohl männlicher Ansicht wird die Erledigung der
häuslichen Arbeiten ihr zugeordnet sein.
Die im ersten FGB-Kommentar (1966) ausdrücklich zugestandene Billigung der
"Hausfrauenehe" - "auch bei kinderloser Ehe” - mußte überraschen, zumal die
Erwerbsarbeit der Frau als Grundvoraussetzung für ihre Gleichberechtigung angesehen
wird. Es ist zu vermuten, daß der ersten behutsamen FGB-Interpretation die Überlegung
zugrunde lag, das neue Leitbild könne sich erst im Verlauf eines längeren
Entwicklungsprozesses durchsetzen (Helwig, 1984). Untersuchungen zeigten zu diesem
Zeitpunkt, daß vor allem Mütter kleiner Kinder von der öffentlichen Meinung ein befristetes
oder zeitlich unbefristetes Ausscheiden aus der Berufstätigkeit als "moralisches Recht"
zugestanden wurde.149 Aber bereits die zweite Ausgabe des Kommentars bedachte den
Verzicht der Ehefrau auf die Erwerbstätigkeit - von "einigen Fällen" abgesehen - mit dem
eindeutig negativen Kennzeichen des Bewußtseinsrückstandes. Die Propaganda für
sozialistische Familienbeziehungen konzentriert sich zunehmend auf die unmittelbar
gesellschaftsbezogenen FGB-Vorschriften, d.h. ob Mann und Frau zu Hause
Gleichberechtigung praktizieren, bleibt so lange von nachgeordnetem Rang, als beide nach
außen hin "funktionieren". Während der Appell zur häuslichen Arbeitsteilung mehr und
mehr zur verbalen Pflichtübung wurde, sahen sich die Frauen immer drängender
formulierten Ansprüchen gegenüber. Die "sozialistische Familienmoral" avancierte zum
Synonym für die totale Anpassung an gesellschaftspolitische Leitlinien. Das "Recht der Frau
auf allseitige Entfaltung ihrer Persönlichkeit" umschreibt faktisch die Forderung,
rivalisierende Aufgabenbereiche ohne Kompromisse gleichzeitig zu bewältigen (Helwig,
1984):150

Worauf es ankommt, ist, daß die Frau den wachsenden Erwartungen und
Anforderungen beider Lebensbereiche gemäß ihr Leben gestalten kann, daß
sie nicht in dem einen Bereich (z.B. durch Ausweichen auf
Teilzeitbeschäftigung oder Ablehnung verantwortungsvoller Funktionen, durch
241

den Verzicht auf mehrere Kinder oder auch auf die Ehe) gravierende
Zugeständnisse zugunsten des anderen Bereichs für notwendig oder
unabänderlich erachtet.151

Diese bereits 1963 auf dem VI. SED-Parteitag formulierte Zielsetzung ist nie erfüllt
worden. Die Figur der Hausfrau erscheint in fast allen Romanen der Autorinnen, viele der
Protagonistinnen sind zeitweise selbst Hausfrau.152 Karen W. wählt dieses Dasein, sie hält
es für eine für sie akzeptable Lebensweise. Zunächst erfährt sie die positiven Seiten: Sie
kann sich auf sich selbst konzentrieren, intensiv und ruhig leben, muß nicht mehr unter
Hetze und Doppelbelastung leiden, sie gewinnt an Sensibilität und Einfühlungsvermögen.153
Darum wendet sie sich auch gegen die Mißachtung dieser Lebensweise:

Solche Formeln, daß eine Frau als Mensch zwischen Scheuereimem und
Gasherd zusammenschrumpfe und im Grunde nicht arbeite, wenn sie nur Frau
und Mutter ist, weil ja ihr Leben - von außen gesehen - keinen ökonomischen
oder sonstwie abrechenbaren Nutzen hat, solche Formeln bin ich wirklich von
innen her losgeworden.154

Das Aufgeben der Berufstätigkeit erlaubt es ihr also, "sich selbst zu finden", für sich
selbst Zeit zu haben, eine Auffassung, die in totalem Gegensatz zu der von der politischen
Führung vertretenen Ansicht steht, der Weg zu Emanzipation und Gleichberechtigung sei
nur durch die Einbeziehung der Frau in die Produktion zu erreichen. Karen W. ist bereit,
auf diese Form der Gleichberechtigung zugunsten ihr wichtiger erscheinender Werte zu
verzichten. Die täglichen Aufgaben empfindet sie zwar wie die meisten Frauen als lästige
Pflicht, sie stellen für sie aber keine übermäßige Belastung dar.155 Wichtig ist ihr vor allem,
daß sie mit Mann und Kind intensiv zusammenlebt.
Dennoch gewinnen die negativen Erfahrungen letztenendes Überhand: Das
Hausfrauendasein schränkt sie ein, entfremdet sie von sich selbst und von ihrer Umwelt,156
ihrem Mann gegenüber gerät sie zunehmend in eine untergeordnete und abhängige Rolle.157
Karen W. hält zwar weiterhin an ihrer Überzeugung, daß ein solches Leben grundsätzlich
positiv zu bewerten sei, fest,158 ihre eigenen Erfahrungen beweisen ihr aber das Gegenteil,
denn Realität und Bewußtsein geraten zunehmend in Widerspruch zueinander. Mehr aus
diesem Gefühl heraus als aus Gutdünken gibt sie dieses Leben auf. Auch die
Protagonistinnen anderer Autorinnen machen häufiger Beobachtungen über die negativen
Auswirkungen des Hausfrauendaseins auf andere Frauen, vor allem über den Verzicht
zugunsten von Mann und Kind.159 Hausfrauen werden erwähnt, aber ihre Schilderung hat
keine Leitbildfunktion.
Die volle Ausnutzung des Arbeitskräftepotentials in der DDR führt dazu, daß jene
"Puffer", über die eine Gesellschaft mit größeren Anteilen Nicht-Berufstätiger noch
selbstverständlich verfügt (z.B. Großmütter, Freundinnen, Verwandte), nicht mehr
vorhanden sind (Hanke, 1984).160 Dies scheint in der Tat eines der Kernprobleme der
Frauenberufstätigkeit in der DDR zu sein. Allerdings wird ebenso deutlich, daß trotz aller
aufgezählten Schwierigkeiten das Aufgeben eigener Berufstätigkeit nur selten als Ausweg
erscheint. Die Auswirkungen der Arbeit auf die Familie werden zwar häufig kritisiert,
gleichzeitig wird jedoch auch darauf verwiesen, daß Arbeit Selbstbewußtsein und finanzielle
Unabhängigkeit, ein Entkommen aus der häuslichen Enge und einen eigenen Freundes- und
242

Kollegenkreis im Betrieb sichern kann. Die Vorteile der herausgehobenen rechtlichen und
gesellschaftlichen Position im eigenen Land sind durchaus bekannt. Sie sind, auch im
Vergleich zur BRD, mehrfach herausgearbeitet worden, u.a. von Morgner (1983), die an
der Geschichte der Heiratsschwindlerin Barbara zeigt, wie sich auch Lebensansprüche und
Erwartungshaltungen zwischen den Geschlechtern verändern, wenn man in der DDR
aufgewachsen ist. Die "nostalgischen" Tugenden - Bewunderung der Männer, Unterwerfung
und Gluckenliebe - entwickelte Barbara in der Bundesrepublik; in der DDR kann sie sie
nutzbringend vermarkten, weil sie dort bei den Männern zwar noch begehrt, bei den Frauen
jedoch nicht mehr vorhanden sind.160
Man begegnet in der DDR-Frauenliteratur auch immer wieder der freiberuflich
arbeitenden Frau, die zu Hause ihren beruflichen Aufgaben nachgeht. Zu dieser Gruppe
gehört natürlich auch ein Großteil der Schriftstellerinnen, aber selbst eine solche
Beschäftigung, bei der einem ja An- und Rückfahrzeiten zur Dienststelle erspart bleiben,
kann nicht problemlos ausgeführt werden. So müssen einige der Autorinnen, wie in Teil I
bereits ausgeführt wurde, die Vormittagsstunden intensiv für ihre Arbeit nützen, weil am
Nachmittag ihre Kinder aus der Schule kommen und ihre Aufmerksamkeit in Anspruch
nehmen. Entsprechend geht es dann auch vielen Protagonistinnen. In Morgners "Valeska"
(1975) wird der Tagesablauf der Dichterin Lena beschrieben, der trotz Heimarbeit nur
wenig Muße bleibt:

Lena hetzte durch die Tage, sechs Uhr aufstehen, Kind in den Kindergarten
bringen, heizen, aufräumen, dichten, einkaufen, Kind holen und etwas
bespielen, Wäsche waschen, kochen, Kind baden und ins Bett bringen,
Wohnung saubermachen, womöglich ein Buch lesen oder femsehen, solche
Hetzerei ist der Liebesfähigkeit abträglich. (...) In dieser Tretmühle kannst du
nur weit unter deinen Fähigkeiten bleiben. Was keineswegs lediglich eine
Privatangelegenheit ist.162

Über ihre eigene Situation äußerte Morgner Vergleichbares.163 Der SED sind die
Probleme der Frauen hinlänglich bekannt, man gibt an, sich im Bereich der Dienstleistungen
um eine größtmögliche Verbesserung zu bemühen und den Service weiter auszubauen. Die
unregelmäßige Versorgung der Bevölkerung mit bestimmten Lebensmitteln und
Bedarfsgütern, der Mangel an Ersatzteilen und Wohnraum und auch die hohen Preise für
Importwaren verbreiteten häufig Mißmut unter den DDR-Bürgern. Dennoch berichtete z.B.
Irene Zickenrott in Einheit (1982), daß die Entwicklung der Dienstleistungen "planmäßig"
verliefe und "voll und ganz den berechtigten Wünschen auch junger Familien, sie von zeit-
und kraftaufwendiger Hausarbeit zu entlasten" entspräche.164
Die Probleme der Frauen im Dienstleistungsbereich kommen trotzdem in nahezu
jeder Für Dich-Ausgabe zur Sprache,165 sie bestätigen damit die Berichte der Autorinnen.
Für Dich versucht, den negativen Beobachtungen optimistischere entgegenzusetzen. So
findet man Artikel, die über den hohen Arbeitsaufwand und die Bemühungen in der
Lebensmittelproduktion und -distribution oder auch z.B. in der chemischen Industrie, wo
man sich um die Herstellung neuer, effektiverer Haushaltsreiniger bemüht,166 berichten. Das
Bild bleibt also durchwachsen, obwohl die positiven Berichte selbstverständlich überwiegen.
243

Die Hälfte der in der DDR werktätigen Menschen seien gleichberechtigte, gut
gebildete, solide ausgebildete, fähige und sich den Anforderungen des Fortschritts stellende
Frauen, resümiert Für Dich (1987) am Ende einer Leserumfrage über Familie und Beruf.
Das Lied vom Nichtskönnen der Frau, wo es um Wissenschaft und Technik gehe, sei
ausgesungen.16 Und dennoch bedeuteten die Anforderungen der Umwälzung in der
Volkswirtschaft für Frauen immer noch anderes als für Männer, weil sie stärker als diese
ihre Kräfte zwischen Beruf und Familie, zwischen Betrieb, Weiterbildung, Hausarbeit und
Kindererziehung teilen. Angesichts dieser "riesigen vor uns stehenden Aufgaben, wie sie
der XI. Parteitag stellte", seien die Anstrengungen um eine größere Effektivität der
Ausbildung von Frauen und Mädchen, "um ihren richtigen, nämlich qualifikationsgerechten
Arbeitsplatz, um die Erhöhung der Zahl von Leiterinnen in allen Bereichen und auf allen
Ebenen des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens noch wichtiger geworden". Aber,
wie hier ebenfalls konstatiert wird, gibt es in den Betrieben noch immer Hemmendes:
Mangel an Mut zur Förderung von Mädchen und Frauen, unkonkrete Förderungspläne, die
zwar die Qualifizierung, aber nicht den entsprechenden späteren Arbeitsplatz festlegen.168
Beklagt wird auch die Kurzsichtigkeit bei der Vorbereitung und beim Einsatz von
Leiterinnen, von denen es noch immer viel zu wenig gibt.169 Der Grund ist laut Für Dich
nicht das "Patriarchentum", sondern "die Tatsache, daß von Frauen Kinder geboren
werden". Dieses Faktum lasse jede Facharbeiterin, Ingenieurin, Wissenschaftlerin wegen
biologisch begründeter "Störanfälligkeit" für Leistungsarbeit weniger geeignet erscheinen
als den "babymäßig nicht störanfälligen" männlichen Kollegen. "Da fehlt es vor auf die
Tagesaufgaben fixierten Leitungen oft an perspektivischem Denken, sowohl im Hinblick auf
die Gleichberechtigung in einer entwickelten sozialistischen Gesellschaft als auch im
Hinblick auf die Entwicklung der einzelnen Kollegin. "170 Die Vereinbarkeit von beruflicher
Arbeit, effektivem Einsatz der Frauen und Reproduktion des menschlichen Lebens sei in
der DDR längst nicht mehr nur Familienproblem, sondern Sache der ganzen Gesellschaft
und besonders der Betriebe.
Als Fazit dieser Leserumfrage stellt Reporterin Marlies Allendorf fest, daß "fast alle
Zuschriften" davon ausgingen, daß Berufstätigkeit, gesellschaftliche Engagiertheit beider
Partner und ein Familienleben, in dem alle sich wohl fühlten, grundsätzlich miteinander
vereinbar seien, allerdings hätte niemand geschrieben, daß es sich hier um eine einfache
Sache handele. Auf vielen Leserbriefseiten wäre es naturgemäß um das Problemdreieck
FRAU - BERUF - FAMILIE gegangen, nicht weil Für Dich eine Frauenzeitschrift und "in
erster Linie Anwalt der Frauen" sei, sondern weil es - wie die Verhältnisse "bei uns" lägen
- ein Problemdreieck MANN — BERUF - FAMILIE nicht gäbe, nicht als gesellschaftliche
Erscheinung von Bedeutung.171 Nicht wenige der Briefe bestätigen die Meinungen der
Autorinnen, wenn sie betonten, daß sehr viel vom festen Willen der Frauen abhinge, von
ihrer Einstellung zu sich selbst, ihrer Bereitschaft, sich zu fordern und sich durchzusetzten.
Allerdings führen die Literatinnen auch aus, daß die ganze Gesellschaft von diesem Problem
betroffen ist und an seiner Lösung mitarbeiten muß.
Im Gegensatz zu der differenzierten Analyse der Autorinnen gehen offizielle Stellen
vereinfachend davon aus, daß die "Schuld" für die gegenwärtige Situation der Frau immer
in der Familie selbst zu suchen sei, denn es sei hier, wo an der traditionellen Arbeitsteilung
festgehalten und überkommene Rollenvorstellungen weiterhin kultiviert würden. Die
Verantwortung für ein gleichberechtigtes Miteinander wird immer und ausschließlich den
244

Ehepartnern zugeschoben. Dies wird u.a. besonders deutlich, wenn Grandke 1986
formuliert:

Ob es den Partnern gelingt, ihre Gemeinschaft harmonisch zu gestalten, sich


in Beruf und Familie zu entwickeln, ihre Kinder in ihrem und im
gesellschaftlichen Sinne zu erziehen, entscheiden sie durch
eigenverantwortliches Handeln. (...) Familienförderung reguliert nicht das
konkrete Handeln in der Familie, sie kann und soll nicht in die inneren
familiären Beziehungen eingreifen.172

Dieses Argument ist natürlich zunächst nicht abzuweisen, denn noch findet man
ungleiche Bedingungen vor: Die Frau hat Mutterschaft und Berufstätigkeit, Familie und
Beruf zu vereinbaren. Von der Vereinbarkeit von Vaterschaft und Beruf ist selten die Rede.
Es zeigt sich auch, daß die Tätigkeiten, die in der Familie zu verrichten sind, nicht in dem
Maße zu vergesellschaften sind wie das im produktiven Bereich möglich ist.173 Ein
"Moralisieren" über die bestehenden Zustände kann hier nicht helfen (Dölling, 1986). Der
Widerspruch zwischen den Anforderungen im Beruf, individuellen Lebensansprüchen und
familiären Reproduktionsfunktionen dürfe nicht auf die Existenz und Wirksamkeit von
Normen-und Frauenbildem zurückgeführt werden. Es gelte vielmehr, ihn als historisch
produziert zu erkennen und sich um eine Aufhebung zu bemühen.174
Die Berufsarbeit bedarf auch unter den Bedingungen der Gestaltung der
sozialistischen Gesellschaft notwendig der Ergänzung durch Familien- und Hausarbeit. Von
den mehr als 40 Stunden Hausarbeit, die pro Woche in einer Durchschnittsfamilie anfallen,
leistet die Frau 75 bis 80%. Die "zweite Schicht" sei -so Soziologin Nickel (1986) - kein
besonderes Steckenpferd von Frauen, sondern notwendige Arbeit, eine Ansicht, die, wie
oben angeführt, auch von den Autorinnen vertreten wird. Hausarbeit ist auch "eine wichtige
Bedingung für die Reproduktion des gesellschaftlichen Arbeitsvermögens", dennoch konnte
im vorliegenden Kapitel nachgewiesen werden, daß auch die Betriebe nicht immer bereit
sind, Frauen und auch Männern, die ein gleichberechtigtes und -verpflichtetes Leben
miteinander anstreben, die nötige Hilfestellung zu gewährleisten. Die entsprechenden
Direktiven und die Überprüfung ihrer Implementierung lassen also noch einiges zu
wünschen übrig. Frauen sind zwar seit der Gründung der DDR ermutigt worden, so voll
wie eben möglich in die Produktion einzusteigen, mit der Lösung der dabei entstehenden
Probleme tut man sich jedoch schwer. Während es gelungen ist, den Bewußtseinsstand der
Arbeiterinnen zu verbessern, ihre Erwartungen an Beruf und Familie zu erhöhen, hat man
den Mann als Partner der Frau und - nicht zu vergessen: "ehemaligen" Patriarchaten - bei
der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse über lange Zeit übersehen und ihn ins
Hintertreffen geraten lassen. Erst in den achtziger Jahren zeichneten sich auf diesem Gebiet
Ansätze einer Aufarbeitung ab.
Inge Lange machte 1986 in Einheit darauf aufmerksam, daß es Angelegenheit der
Männer und Frauen sei, eine höhere Form der Familie und des Verhältnisses beider
Geschlechter zu verwirklichen.175 Dabei liege es in der Natur der Sache, daß vor allem die
werktätigen Frauen an dieser höheren Form der Familie interessiert seien und zunehmend
auf ihr Zustandekommen drängten. Dieser Prozeß verstärke sich, denn wenn eine Frau sich
gesellschaftlich und beruflich entfalten wolle, brauche sie zumindest das entsprechende
Verständnis, besser noch die aktive Unterstützung der Familie, vor allem des Mannes. Die
245

sozialpolitischen Maßnahmen für werktätige Mütter hätten sich hierbei "weder als nachteilig
noch als hemmend" erwiesen, das Gegenteil sei der Fall, denn erstens dienten sie der
ganzen Familie und zweitens könne selbst der auf Bequemlichkeit, "um nicht zu sagen auf
'überkommene Privilegien’ bedachte Mann" nicht auf die Dauer Zusehen, wie sich die
sozialistische Gesellschaft um die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der
Frauen bemühe, ohne persönliche Konsequenzen zu ziehen. Bewußt oder unbewußt verspüre
er, daß er um eine Änderung seines Verhaltens zu den praktischen Fragen des
Familienlebens, der Erziehung der Kinder usw. nicht herumkomme, erst recht dann nicht,
wenn auch die gesellschaftliche Öffentlichkeit, sein Arbeitskollektiv aktiv auf diesen objektiv
erforderlichen Umdenkungsprozeß und auf die damit verbundene Herausbildung neuer
Verhaltensweisen einwirkten.176 Gerade in diesem Sinne verstärkt wirksam zu werden, um
noch anzutreffende überlebte Traditionen abzubauen, sollte deshalb, so Lange, in der
politisch-ideologischen Arbeit zur Förderung des Mutes der Frauen, sich an neue Aufgaben
heranzuwagen, noch stärker beachtet werden.
Der Geburtenrückgang Ende der sechziger / Anfang der siebziger Jahre und die
Hinwendung zur Teilzeitarbeit gründeten sich auf den Widerspruch zwischen der völlig
neuen gesellschaftlichen Rolle der Frau in der sozialistischen Gesellschaft einerseits und
ihrer sich wesentlich langsamer verändernden Rolle in der Familie. Das sei ein
Widerspruch, der in der Folgezeit zwar wesentlich abgemildert werden konnte, gleichwohl
bis heute existent geblieben sei. Bei der realen Gleichberechtigung der Frau, d.h. der Frage,
"ob eine Frau von ihren gleichen Rechten auch in vollem Umfange Gebrauch machen
kann", handele es sich zweifellos um eine große gesellschaftliche Aufgabe.177 Diese könne
mit einmaligen Gesetzesakten allein ebensowenig gelöst werden wie mit Appellen an das
Bewußtsein.178 Auch die Autorinnen vertreten die Ansicht, daß Gesetzgebungen allein nicht
ausreichen, um die reale Gleichberechtigung der Frau herbeizuführen.179 Es sind die Sitten
und Traditionen, die abgelegt werden müssen und dabei handelt es sich um einen sein-
langwierigen Prozeß, den sie mit ihrer Literatur weiterbringen wollen.
Es ist jedoch zu beobachten, daß sich die SED in ihren Bemühungen zur Einführung
der Gleichberechtigung der Frau stets von der Optimierung ihrer beruflichen Produktivität
hat leiten lassen. Die so entstehende Doppelbelastung bringt als Folge mit sich, daß viele
Frauen ihre Karriere für ihre Familie aufgeben und von einer Weiterqualifizierung absehen,
zumindest solange die Kinder klein sind.180 "Wenn eine Frau sich weiterentwickeln will,
muß die Familie dafür sein, sonst kann man aufhören, bevor man angefangen hat",
kommentiert eine Leserin in Für Dich (1983).181 Eine andere stellt fest, daß für den
Abschluß weiterer Prüfungen von der Familie noch Verständnis aufgebracht werde, aber
nicht mehr, wenn die Frau dann entsprechend ihrer Qualifikationen eingesetzt werde,
womöglich als Leiter. Frauen brächten aufgrund ihrer Kinder immer wieder berufliche
Opfer, die nicht anerkannt würden, ihre Unzufriedenheit werde "als übertriebenes Streben
nach Gleichberechtigung" gewertet.182
Für Dich druckte 1983 im Rahmen der Leserdiskussion "Familienklima -
Arbeitsfreude" eine Zuschrift ab, in der behauptet wurde, daß bei einer Frau "schon eine
Portion Egoismus" dazugehöre, wenn sie zwei Kinder habe, berufstätig sei und sich dann
noch weiterqualifizieren wolle. Es sei "ganz einfach eine Tatsache", daß die Frau für den
Haushalt und die Kindererziehung besser geeignet sei als der Mann. "Wenn eine Frau dann
noch betont, sie mache das alles der Arbeit zuliebe und nicht des Geldes wegen, dann gibt
246

es nur zwei Varianten: entweder sie ist nicht ehrlich zu sich selber, oder sie hätte vor zehn
Jahren besser wählen sollen, entweder Familie mit Kindern oder Beruf."183
Dieser Leserbrief (leider ist nicht festzustellen, ob er aus männlicher oder weiblicher
Feder stammt) entfachte eine hitzige Debatte. Die Ansichten werden als "spießig" und
"empörend" bezeichnet, die Gleichberechtigung sei für manche "wohl doch noch ein
Fremdwort". Ebenso wird gefragt, ob das Wissen, das die Mädchen erworben haben,
brachliegen soll, weil junge Eheleute sich auch ihren Kinderwunsch erfüllen wollen. Dies
sei "nicht im gesellschaftlichen Interesse". Allerdings sind neben den entrüsteten
Zuschriften, die sich über das "alte Rollendenken" mokieren und den obligatorischen
"Erfolgsmeldungen" auch Beiträge zu finden, die Zweifel an der absoluten Vereinbarkeit
von Familie und Beruf anmelden. Eine Leserin schreibt hierzu anonym, daß sie anderen
Familien "einfach nicht glauben" könne, was sie über Qualifizierung, Kinder, Haushalt,
Beruf usw. schrieben. "Man kann nicht alles gleich gut leisten, irgendetwas leidet. Meistens
sind es die Kinder, die viel entbehren müssen. Ich finde auch, daß die Frau für die Kinder
da sein muß. Zumindest sollten sie (das wäre der Idealzustand) bis zu drei Jahren zu Hause
erzogen werden."184
Selbst erfolgreiche Frauen geben zu, daß sie nur alles "unter einen Hut bringen",
weil ihre Beziehung zu ihren Männern "optimal" sei und auch die Großmütter öfter mal
helfend mit zufassen: "Allein könnte ich nicht alles schaffen.”185 Für Dich schließt aus der
Umfrage, an der sich rund 800 Leser und Leserinnen beteiligten, daß "unsere Leser in der
Berufstätigkeit der Frau die Voraussetzung für die Gleichberechtigung sehen". Allerdings
zeige sich auch ein gravierender Widerspruch zwischen den gesellschaftlichen Möglichkeiten
für die volle Entfaltung aller Fähigkeiten und Talente der Frau und den Hemmnissen, die
häufig noch im familiären Bereich lägen. Und nicht jede Frau löse diesen Widerspruch im
Sinne des gesellschaftlichen Fortschritts. So manche bliebe, was ihre Entwicklung im Beruf
und in der gesellschaftlichen Tätigkeit betreffe, auf der Strecke.186
Außerdem, so führen die Redakteurinnen Zimmermann und Flemming aus, hätten
sich an dieser Leseraktion weniger Männer als sonst geäußert: "Kann es sein, daß ihnen das
Thema ’Familienklima - Arbeitsfreude’ weniger unter den Nägeln brennt als den Frauen?"
Einige gestünden ihren Frauen ein ausgefülltes Berufsleben zu, auch wenn dies die Familie
belaste, aber andere - und dies sei "keine kleine Zahl" - seien in ihren Einstellungen noch
nicht so weit und daher auch wenig willig, häusliche Pflichten zu übernehmen. Die Lösung
des Problems wird auch hier wieder in die Zukunft verwiesen: Die Erkenntnis, daß altes
Rollendenken im Widerspruch zur neuen Stellung der Frau in der sozialistischen
Gesellschaft stehe, reife bei den Menschen in unterschiedlichem Tempo. "Und vom
Erkennen bis zum Handeln ist es für manchen bekanntlich auch noch ein schwieriger
Schritt". Eine solche Entwicklung brauche also "einen langen Atem". Dazu gehöre Mut -
"nicht zu harter Konfrontation, sondern mehr zum Sich-Durchsetzen".187
Hier liegt also nach wie vor ein großes Potential teilweise hochqualifizierter
Arbeiterinnen brach,188 auf dessen Erschließung die SED abzielt. DDR-Soziologe Reinhard
Liebscher formulierte 1984 dazu:

Gegenwärtig geht es um die Erschließung aller Reserven, um die Erhöhung


der gesellschaftlichen Wirksamkeit der qualitativen Faktoren zur
Beschleunigung des Wachstumstempos unserer Volkswirtschaft. Bezogen auf
247

den Inhalt der Frauenfrage heißt das vor allem, den qualitativen Beitrag der
Frauen im gesellschaftlichen Arbeitsprozeß zu erhöhen.189
Das vorhandene politische und fachliche Bildungsniveau der weiblichen
Facharbeiter, Meister, Hoch- und Fachschulkader ist durch einen
qualifikationsgerechteren Einsatz der Frauen besser zu nutzen. Nach wie vor
ist aus den verschiedensten Gründen ein nicht geringer Teil der berufstätigen
Frau nicht in dem erlernten oder in einem artverwandten Beruf tätig. Zur
Ausschöpfung des erreichten hohen Qualifikationsniveaus der Frauen gehört
schließlich auch weiterhin die planmäßige Vorbereitung auf leitende
Funktionen und ein entsprechender Einsatz.190

Irene Dölling (1986) fügt hier an, daß die Berufstätigkeit der Mutter, in der die
erworbene Bildung und Qualifikation eingesetzt und bestätigt werden können (wie auch der
damit verbundene soziale Status), für die Kinder, deren wesentliche Bezugsperson
gegenwärtig nach wie vor die Mutter bleibe, ein in der Tendenz positiv wirkender Faktor
bei der familiären Vergesellschaftung sei.191 Die spezifische Vorbereitung der Mädchen auf
ihre künftigen "Pflichten im Privatdienst der Familie" habe jedoch die Herausbildung einer
Grundhaltung zur Folge, die als "Opferbereitschaft"(d.h. als Bereitschaft, die eigenen
Wünsche und Ansprüche zugunsten anderer zurückzustellen) charakterisiert werden könne.
Dieses tradierte "Muster" ihrer Vergesellschaftung und seine psychischen Resultate
beeinflußten auch die konkreten Formen und Lösungen, mit denen Frauen heute
Berufstätigkeit, Mutterschaft und Arbeit im Haushalt zu vereinbaren suchten.192

Der Mangel an Freizeit und die ungleiche Arbeitsteilung sind in der DDR hinlänglich
bekannt, sie werden auch mit Regelmäßigkeit von Soziologen und Arbeitswissenschaftlem
überprüft und kritisiert. Die Autorinnen wenden sich ebenfalls seit rund fünfzehn Jahren
gegen die bestehenden Verhältnisse und verlangen von den Männern mehr Solidarität. Für
sie ist das Prinzip der Gleichberechtigung unzureichend, es muß um das der
Gleichverpflichtung erweitert werden. Ähnliche Äußerungen sind auch in Leserzuschriften
an Für Dich immer wieder zu finden, wie z.B. die 1986/7 durchgeführte Leserumfrage
"Was uns fördert - Was uns hemmt" ausweist.193
Frau und Haushalt bilden für viele Männer noch immer eine untrennbare Einheit.
Wenn nun in Einheit (1986) an sie appelliert wird, ihren Frauen alle nötige Unterstützung
zu gewähren, dann ist das zwar ein - wenn auch zaghafter - Schritt, den die Autorinnen
begrüßen würden, auch wenn angenommen werden kann, daß er aus anderen, d.h.
wirtschaftlichen Beweggründen unternommen wurde. Auch läßt die Wahl des Ausdrucks
"Unterstützung" darauf schließen, daß Frauen nach wie vor als Hauptakteure im Bemühen
um Emanzipation angesehen werden, Männern wird von offizieller Seite noch immer die
Rolle des wohlwollenden "Patriarchen" zugeordnet. Wie in Teil III jedoch aufgezeigt
werden wird, gehört zur Emanzipation der Frau auch die des Mannes, beide müssen Hand
in Hand erfolgen. Mit dieser "Lehre" der Autorinnen - so läßt der oben angeführte Artikel
in Einheit erhoffen - begann sich auch die SED langsam auseinanderzusetzen. Henning
(1984) verleiht diesen Bemühungen allerdings einige Dringlichkeit, wenn er in seiner (im
Dietz Verlag publizierten!) Studie formuliert:
248

Immer mehr junge Väter fühlen sich (...) für die unmittelbare Versorgung und
Pflege der Kleinkinder verantwortlich und übernehmen spezielle Aufgaben im
Haushalt. Das wird in der Öffentlichkeit, z.B. im Wohngebiet, sichtbar, wenn
Väter morgens mit ihren Kindern zum Kindergarten gehen oder am Abend mit
Kindern an der Hand noch in der Kaufhalle einkaufen. Politisch-ideologisch
ist diese positive Entwicklung weiter zu fördern, denn trotz aller Fortschritte
kommt bei der Hausarbeit und in der Familie überhaupt oft noch eine
beträchtliche soziale Ungleichheit zwischen Mann und Frau zum Ausdruck.
Und solange diese nicht abgebaut ist, kann man nicht von einer völligen
sozialen Gleichstellung der Frau sprechen, kann man nicht erwarten, daß sie
alle ihre Funktionen und Aufgaben in der Gesellschaft optimal vereinbaren
kann.194

Fußnoten

1 Vgl. Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 252f.


2 Arbeitsgesetzbuch der DDR. Neufassung v. 1.12.1966, GBl I, § 123 Abs. 1.
3 Arbeitsgesetzbuch der DDR. Fassung v. 16.6.1977 mit Einführungsgesetz. Berlin (DDR): Staatsverlag
der DDR 8. Auflage 1983. Vgl. Kapitel 13: Besondere Rechte der werktätigen Frau und Mutter, §§ 240-
251.
4 Helwig, Gisela: Zwischen Familie und Beruf. Köln: 1974. Seite 10. Kuhrig, Herta: Zur Entwicklung
sozialistischer Familienbeziehungen in der DDR. (Schluß) Einheit. 1962, 17. Jg., Nr. 9, Seite 101-111.
5 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-ln dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 876f.
6 Vgl. Lange, Inge: Der besondere Tag. Für Dich. 1989, Nr. 41, Seite 2f. Hier Seite 2. Hanke, Irma:
Probleme berufstätiger Frauen mit Kindern.. .-In: Lebensbedingungen in der DDR. Köln: 1984. Seite 111.
7 Helwig, Gisela: Zwischen Familie und Beruf. Köln: 1974. Seite 14f. Siehe hierzu Meyer, Gerd: Frauen
in den Machthierachien der DDR oder: Der lange Weg zur Parität. Empirische Befunde 1971-1985.
Deutschland Archiv. 1986, 19. Jg., Nr. 3, Seite 294-311. Ders.: Frauen und Parteielite nach dem XI.
Parteitag der SED - Gründe und Hypothesen zur Kontinuität der Unterre-präsentation. Deutschland
Archiv. 1986, 19. Jg., Nr. 12, Seite 1296-1321.
8 Helwig, Gisela: Emanzipation und Familienpolitik. Deutschland Archiv. 1987, 20. Jg., Nr. 9, Seite 898.
9 Schubert, Helga: "...das ganz alltägliche Leben". Interview. Deutschland Archiv. 1989, 22. Jg., Nr. 1,
Seite 77-85. Hier Seite 83.
10 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 86f.
11 ebenda, Seite 89f.
12 Neumann, Oskar: Emanzipierte Frauen: Drei Gespräche zum Arbeitsgesetz-buch der DDR. Kürbiskern,
1978, Nr. 1, Seite 85-99. Hier Seite 95. (Irmtraud Morgner: Weltspitze sein und sich wundem, was noch
nicht ist.)
13 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 66f.
14 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 137.
15 Willkomm, Elke: Hexensommer. Roman. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1984. Seite 109.
16 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 407.
17 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 265. Hervorhebungen von
der Autorin.
18 Hässler, Angelika: Wie lebt sich’s gleichberechtigt ? Interview mit Dr.sc. Barbara Bertram,
wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentralinstitut für Jugendforschung Leipzig. Für Dich. 1986, Nr. 38,
Seite 10-11. Hier Seite 10.
19 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 148.
20 Schwarz, Gislinde: "Typisch Frau? Typisch Mann?" Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 29.
21 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 153.
249

22 Schwarz, Gislinde: "Typisch Frau? Typisch Mann?” Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 29.
23 Allendorf, Marlies: . .die Beste von der ganzen Welt." Für Dich. 1988, Nr. 11, Seite 24-27. Hier Seite
27.
24 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 31.
25 ebenda, Seite 33
26 ebenda, Seite 49
27 Thal, Johanna: "Die Zettel schreibe ich". Beiträge zur Für Dich-Leserdiskussion "Beruf und Familie -
was uns fördert was uns hemmt". Anglerlatein? -Für Dich. 1986, Nr. 52, Seite 22.
28 Bach, Kurt: Entwurf eines Programmes für die systematische Geschlechtererziehung in den Klassen 1-10
der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule in der DDR. Wissenschaftliche Zeitschrift der
Universität Rostock. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, 1967, 16. Jg., Nr. 5/6, Seite 367-
379. Bach, Kurt / Grassel, Heinz: Zur Problematik der Vorbereitung auf Ehe und Familie im
außerunterrichtlichen Bereich. Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock. Gesellschafts-und
Sprachwissenschaftliche Reihe, 1975, 24. Jg., Nr. 10, Seite 839-843. Vgl. hierzu Kapitel II.8 Die Ehe
als Basis des Zusammenlebens
29 Worgitzky, C.: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 20.
30 ebenda, Seite 10
31 vgl. ebenda, Seite 39 und 59. Siehe auch Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986.
Seite 146f.
32 Worgitzky, C.: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 52.
33 ebenda, Seite 52f.
34 Köhler, Inis: "Man kann als Frau doch nicht einfach..." Beitrag zur Für Dich-Leserdiskussion "Beruf und
Familie - was uns fördert, was uns hemmt". Anglerlatein? Für Dich. 1986, Nr. 52, Seite 23.
35 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 150.
36 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 1.4 und 1.5
37 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 151.
38 Schmidt, Heinz H.: Die berufstätige Mutter. Ursachen und Lösung eines Dilemmas. Berlin (DDR): Dietz
Verlag 1981. Seite 96.
39 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 151 f.
40 ebenda, Seite 157. Eine differenzierte Analyse dieser Frage in der Gegenwartsliteratur und eine kritische
Auseinandersetzung mit der Tendenz, vor allem bei jüngeren Autorinnen, Frauen als Opfer einer gegen
sie verschworenen Männergesellschaft zu sehen, unternimmt Karin Hirdina: Frauen in der Literatur der
DDR.-In: Formen der Individualität. Berlin (DDR): 1982. Seite 87-94.
41 Worgitzky, Charlotte: Karriere abgesagt.-In: Vieräugig oder blind. Berlin: 1978. Seite 71.
42 ebenda, Seite 74f.
43 ebenda, Seite 78
44 Helmecke, Monika: Lauf weg - kehr um.-In: Klopfzeichen. Berlin: 1979. Seite 76-89. Hier Seite 76.
45 ebenda, Seite 82
46 ebenda, Seite 83
47 Müller, Christa: Candida.-In: Vertreibung aus dem Paradies. Berlin und Weimar: 1981. Seite 7-56. Hier
Seite 9.
48 Friedrich, Walter / Gerth, Werner (Hrsg.): Jugend konkret. Berlin: Verlag Neues Leben 1984. Seite 161.
49 ebenda, Seite 163
50 Edwards, G.E.: GDR Society and Social Institutions. Facts and Figures. London: MacMillan Ltd. 1984.
Seite 38f.
51 Kontrollieren Sie einmal Ihre Freizeitgewohnheiten! Beiträge zur Für Dich-Leserumfrage über
Freizeitgestaltung. Für Dich. 1975, Nr. 9, Seite 8-11. Ach, du meine Freizeit! Beiträge zur Für Dich-
Leserumfrage über Freizeitgestaltung. Für Dich. 1975, Nr. 26, Seite 10-11. Kaufmann, Gerd-Volker:
Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt: Mehr Freizeit - aber wie? Für Dich. 1983, Nr. 50, Seite 46.
52 Martin, Brigitte: Der rote Ballon.-In: Das Kostüm. Berlin und Weimar: 1982. Seite 48-61. Hier Seite 51.
53 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 212.
54 Hanke, Helmut: Freizeit in der DDR. Berlin: Dietz Verlag 1979. Seite 57.
55 Bierstedt, Heidi: Zur gesellschaftlichen Bedeutung des Frauen- und Familiensports. Theorie und Praxis
der Körperkultur. 1984, 33. Jg., Nr. 1, Seite 7-10. Vgl. hierzu auch Deja-Lölhöffel, Brigitte: Freizeit
in der DDR. Berlin (West): 1986. Seite 24-27 und 80-82. Hempel, Ursula: Zur Freizeitgestaltung von
250

Familien in der DDR. Informationen zur soziologischen Forschung in der DDR. 1985, Nr. 4., Seite 37-
44.
56 ebenda, Seite 7
57 ebenda, Seite 9
58 Vgl. Mit der Familie vor dem Fernsehgerät. Freizeit in der DDR. Frankfurter Alleemeine. 6.2. 1986,
Nr. 31, Seite 7.
59 Deja-Lölhöffel, Brigitte: Frauen und Freizeit in der DDR. DDR-Report, 1986, 19. Jg., Nr. 1, Seite 4.
60 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 144.
61 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 146f.
62 Bericht des Zentralkomitees an den VIII.Parteitag der SED. Berichterstatter: Genosse Erich Honecker.
Berlin (DDR): Dietz Verlag 1971. Seite 62.
63 Vgl. hierzu auch die Aussage der von Maxie Wander interviewten Dozentin Lena K.: "Ich habe drei
Hauptangriffsflächen, wo ich einfach funktionieren muß. Das ist die Arbeit als Funktionär, die
kunstpädagogische Tätigkeit und die Familie. Da darf ich nichts durcheinanderbringen, weil das an
verschiedene Seiten meiner Persönlichkeit appelliert. "-In: Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne".
Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 32.
64 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 148.
65 ebenda, Seite 149
66 ebenda, Seite 158
67 ebenda
68 ebenda, Seite 159f.
69 Neumann, Oskar: Emanzipierte Frauen. Kürbiskern, 1978, Nr. 1, Seite 96f.
70 Schnell, Stefan: "Job-sharing" - Taschenspielertrick mit der Massenarbeitslosigkeit. Löst der halbe
Arbeitsplatz den Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit? Arbeit und Arbeitsrecht. 1982, 37.Jg, Nr.
7, Seite 310. Steinei, Inge: "Job-sharing" - geteilter Arbeitsplatz, geteiltes Einkommen. IPW-Berichte.
1983, 12. Jg., Nr. 1, Seite 48-50.
71 Edwards, G.E.: GDR Society and Social Institutions. London: 1984. Seite 80f.
72 Neumann, Oskar: Emanzipierte Frauen. Kürbiskern, 1978, Nr. 1, Seite 97.
73 Michaelis, Eva / Novatscheck, Edith: Zu einigen Problemen der Teilzeitarbeit bei Frauen.
Wissenschaftliche Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule "Karl Liebknecht" Potsdam Sektion
Marxismus/Leninismus, 1976, 20. Jg., Nr. 4, Seite 565-571. Hier Seite 568.
74 ebenda
75 Lange, Inge: Die Frau und der Sozialismus.-In: Internationale Konferenz des ZK der SED aus Anlaß des
100. Jahrestages des Erscheinens von August Bebels Buch "Die Frau und der Sozialismus". 23.-25.
Februar 1979. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1979. Seite 25f.
76 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 158.
77 ebenda, Seite 159
78 Lange, Inge: Zu aktuellen Fragen der Verwirklichung der Frauenpolitik nach dem X.Parteitag der SED.
Berlin (DDR): Dietz Verlag 1981. Seite 9
79 Dunskus, P. / Johne, R. / Kuhrig, H.: Zur Verwirklichung des Rechts auf Arbeit.-In Kuhrig, Herta /
Speigner, Wulfrain (Hrsg.): Zur gesellschaftlichen Stellung.,.. Leipzig: 1978. Seite 123. Vgl. auch
Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 25.
80 Wolfram, Renate: Mit Für Dich übern Alex. Zu Gast in Berlin: Die zehn Gewinnerpaare unserer
Leserdiskussion "Beruf und Familie - was uns fördert, was uns hemmt". Für Dich. 1987, Nr. 5, Seite
26f. Hier Seite 26. Queißer, Irene: Ist die berufstätige Frau eine schlechte Mutter? Für Dich. 1984, Nr.
28, Seite 20.
81 Simon, Karin: Der Bogen.-In: Drei Häute aus Eis. Erzählungen. Rostock: Hinstorff Verlag 1983. Seite
63-104. Hier Seite 70.
82 Seidemann, Maria: Der hilfreiche Rabe.-In: Der Tag, an dem Sir Henry starb. Geschichten. Berlin
(DDR): Eulenspiegel Verlag 3.Auflage 1987. Seite 146-152.
83 Worgitzky, Charlotte: Hänsel und Gretel.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 121.
84 ebenda, Seite 123
85 ebenda
86 ebenda, Seite 124
87 ebenda, Seite 124f.
88 ebenda, Seite 129
251
89 ebenda, Seite 131
90 "Was ist eine Familie?" Diskussion / Teil 2. Radio DDR II, 21.11. 1984. Seite 25.
91 Wolfram, Renate: Mit Für Dich übern Alex. Für Dich. 1987, Nr. 5, Seite 26.
92 Stachowa, Angela: Sommerspiele.-In: Geschichten für Maika. Halle (Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher
Verlag 1978. Seite 66-115. Hier Seite 111. Vgl. auch Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1983.
Seite 61.
93 Zwiener, K. / Schoder, L. / Peschke, M.: Die Entwicklung von Krippenkindern in Abhängigkeit von der
Qualifikation ihrer Mütter. Zeitschrift für die gesamte Hygiene und ihre Grenzgebiete. 1975, Nr. 11, Seite
853-855.
94 Müller, Christa: Candida.-In: Vertreibung aus dem Paradies. Erzählungen. Berlin und Weimar: 1981.
Seite 7-56.
95 ebenda, Seite 55
96 Hildebrandt, C.: Zwölf schreibende Frauen.... Berlin (West): 1984. Seite 70f.
97 ebenda, Seite 71
98 Rezension in der Wochenpost Nr. 13, 1980. Zitiert nach ebenda, Seite 71.
99 ebenda
100 ebenda
101 Siegel, Ursula, in Arbeit und Arbeitsrecht. 1968. Zitiert nach Helwig, Gisela: Frau und Familie.... Köln:
1982. Seite 91 ff.
102 Schulz-Semrau, Elisabeth: Die Beurteilung. Halle (Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1982. Seite
70.
103 Vgl. Helwig, Gisela: Frau und Familie. .. Köln: 1982. Seite 93.
104 Walther, Rosemarie: Familienbeziehungen... Einheit. 1979, 34. Jg., Nr. 11, Seite 1164. Vgl. auch
Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 12f.
105 Vgl. Kaufhold, Gisela: Vom guten Gewissen als Ruhekissen. Für Dich. 1987, Nr. 3, Seite 12-15;
Hässler, Angelika: Fröhlich soll der Tag beginnen. Für Dich. 1987, Nr. 11, Seite 12-15. Kaufhold, G:
Früh übt sich. Für Dich. 1987, Nr. 29, Seite 6-9. Weber, Christine (Dipl.-Pädagogin, Institut für Hygiene
des Kindes- und Jugendalters, Berlin): Jeden Tag Neues. Für Dich. 1985, Nr, 43, Seite 18-21. Hässler,
Angelika: Frische Luft und guter Schlaf. Für Dich. 1985, Nr. 50, Seite 18f. Flemming, Ingrid: Weil
Übung Meister macht. Künftige Kindergärtnerinnen in der Praxis. Für Dich. 1984, Nr. 8, Seite 12-15.
Rühmann, Ilona: Den letzten hab’ ich am liebsten. Für Dich. 1984, Nr. 43, Seite 26-29. Siehe auch:
Schmidt-Kolmer, Eva Prof.Dr.: Krippenkinder. Zur Wechselwirkung von Erziehung und Entwicklung
in der frühen Kindheit Wissenschaft und Fortschritt. 1979, 29. Jg., Nr. 12, Seite 475-479. Sindermann,
Regina: Mit Kindern spielen ist kein Kinderspiel. Für Dich. 1983, Nr. 15, Seite 8-11.
106 Helwig, Gisela: Frau und Familie.... Köln: 1982. Seite 93.
107 Mönch, Regina / Tetzner, Marion: Kindergarten ohne Garten? Für Dich. 1983, Nr. 52, Seite 28f.
108 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 17 und 20ff.
109 Müller. Christa: Candida.-In: Vertreibung aus dem Paradies. Berlin und Weimar: 1981. Seite 25.
110 Humamtas. zitiert nach Helwig, Gisela: Jugend und Familie. .. Köln: 1984. Seite 20.
111 Neue Zeit vom 27.2. 1975, zitiert nach ebenda, Seite 21.
112 Jugel, Martine / Spangenberg, Barbara / Stollberg, Rudhard: Schichtarbeit und Lebensweise. Berlin
(DDR): Dietz Verlag 1978. Seite 46f.
113 ebenda, Seite 22. Vgl. auch Schwarz, Gislinde: Alles für die Kinder. Für Dich. 1987, Nr. 38, Seite 18-
23. Besonders Seite 21.
114 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 24.
115 Kaufhold, Gisela: Nudeln jeden Tag? Für Dich. 1987, Nr. 14, Seite 16f. Hier Seite 17.
116 Sindermann, Regina: "An-Essen" in Müllrose. Für Dich. 1984, Nr. 5, Seite 22f.
117 Schwarz, Gislinde: Alles für die Kinder. Für Dich. 1987, Nr. 38, Seite 22. (Hervorhebungen von mir,
MMT)
118 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 149f. Vgl. auch Eckart, Gabriele: So
sehe ick die Sache. Köln: 1984. Seite 123f.
119 Lück, Joachim / Stolz, Helmut / Becker, Erika: Sozialistische Wehrerziehung.-In: Stolz, Helmut /
Herrmann, Albrecht / Müller, Werner (Hrsg.): Beiträge zur Theorie der sozialistischen Erziehung.
Vorlesungen für Lehrerstudenten. Berlin (DDR): Verlag Volk und Wissen 1971. Seite 222-236. Hier Seite
226. Vgl. auch Grunenberg, Antonia: Jugend in der DDR: Zwischen Resignation und Aussteigertum. Aus
Politik und Zeitgeschichte. 5.7. 1986, Nr. 27, Seite 3-19. Besonders Seite 4.
252

120 Haase, Norbert / Reese, Lothar / Wensierski, Peter (Hrsg.): VEB Nachwuchs. Jugend in der DDR.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1983. Seite 209.
121 Felz, Susanne: Neu im Gesetzblatt - Für beste Betreuung im Kindergarten. Für Dich. 1984, Nr. 6. Seite
19.
122 Weidner, Ingrid (Fachberater Horterziehung Kreis Löbau): Kinder wollen spielen ohne Gängelei.
Deutsche Lehrerzeitune. 1983, 30. Jg., Nr. 4, Seite 4. Vgl. auch Felz, Susanne: Die Großen im Hort.
Für Dich. 1984, Nr. 3, Seite 26-29.
125 Zitiert nach Helwig, Gisela: Jugend und Familie... Köln: 1984. Seite 42.
Menschik, Jutta / Leopold, Evelyn: Gretchens rote Schwestern. Frankfürt (Main): 1974. Seite 77.
125 Kabat vel Job, Otmar: Geschlechtstypische Einstellungen und Verhaltensweisen bei Jugendlichen. Beiträge
zur Psychologie 3. Berlin (DDR): Deutscher Verlag der Wissenschaften 1979. Seite 56.
126 Junge Welt. 19.4. 1984. Zitiert nach Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 42.
127 Schwarz, Gislinde: Typisch Frau - Typisch Mann? Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 27-29. Hier Seite 28.
128 Der Bahro-Kongreß. Aufzeichnungen, Berichte und Referate. Dokumentation des Bahro-Kongresses vom
16.-19. November i978 in der Technischen Universität Berlin. Berlin (West): Verlag Olle & Wolter
1978. Seite 207.
129 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986, Seite 135.
130 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz,... Berlin und Weimar: 1987. Seite 418.
131 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986, Seite 137.
132 Der Bahro-Kongreß. Berlin (West): 1978. Seite 207.
133 Wolter, Christine: Ich habe wieder geheiratet.-In: Wie ich meine Unschuld verlor. Berlin und Weimar:
Aufbau Verlag 4. Auflage 1981. Seite 26-35. Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora
Beatriz... Berlin und Weimar: 1987. Seite 356ff.
134 Vgl. hierzu die ausführliche Diskussion dieser Erzählungen in Kapitel III. 13 "Jetzt, wo ich selbem Kerl
bin, jetzt kriekich die Ehmannzipation”
135 Schnell, Stefan: "Job-sharing" - Taschenspielertrick... Arbeit und Arbeitsrecht. 1982, 37.Jg, Nr. 7, Seite
310. Steinei, Inge: "Job-sharing"... IPW-Berichte. 1983, 12. Jg., Nr. 1, Seite 48-50.
136 Da prinzipiell davon ausgegangen wird, daß beide Partner voll berufstätig und darüber hinaus
gesellschaftlich aktiv sind, findet sich im FGB nur ein Hinweis auf eine mögliche Arbeitsteilung : § 12
legt fest, daß ein Ehegatte, der keine eigenen Einkünfte oder Mittel hat, seinen Beitrag zu den
"Aufwendungen für die Familie” durch Arbeit im Haushalt und die Betreuung der Kinder leistet, § 18
gewährleistet den Unterhaltsanspruch des im Haushalt tätigen Partners.
137 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 158.
138 Martin, Brigitte: Nach Freude anstehen. Erzählung. Berlin (DDR): Buchverlag Der Morgen 1981. Seite
6.
139 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 137.
140 ebenda, Seite 138f.
141 ebenda, Seite 141
142 ebenda, Seite 139f.
143 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 153f.
144 Queißer, Manfred: Grundlagen. Tendenzen und Probleme der sozialistischen Kulturentwicklung im
Arbeitsprozeß. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1979. Seite 26.
145 ebenda
146 ebenda
147 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 155.
148 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 116 und 12.
149 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 18.
150 ebenda
151 Protokoll des VI. Parteitages der SED. Band IV. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1963. Seite 5.
152 vgl. z.B. Tetzner, Gerti: Karen W.. Halle (Saale) und Leipzig: 1974; Morgner, Irmtraud: Leben und
Abenteuer der Trobadora Beatriz.,,. Berlin und Weimar: 1974; Helmecke, Monika: Klopfzeichen. Berlin
(DDR): 1979; Brüning, Elfriede: Partnerinnen. Frankfurt (Main): 1982.
153 Tetzner, Gerti: Karen W.. Halle (Saale) und Leipzig: 1974. Seite 38ff.
154 ebenda, Seite 38
155 ebenda, Seite 40
156 ebenda, Seite 44
253

157 ebenda, Seite 218


158 ebenda, Seite 38
159 Reimann, Brigitte: Franziska Linkerhand. Berlin (DDR): 1974. Seite 178, 189.
160 Hanke, Irma: Probleme berufstätiger Frauen mit Kindern...-In. Lebensbedingungen in der DDR. Köln:
1984. Seite 112.
161 Morgner, Irmtraud: Die Heiratsschwindlerin.-In: Krüger, Ingrid (Hrsg.): Die Heiratsschwindlerin.
Erzählerinnen der DDR. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1983. Seite 134-142.
162 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 57.
163 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 74.
164 Zickenrott, Irene: Förderung junger Ehen und Familien. Einheit. 1982, 37. Jg., Nr. 3, Seite 321.
165 Allendorf, Marlies: Briefe übers Vorwärtskommen. Auswertung der Leserdiskussion "Was uns fördert,
was uns hemmt". Für Dich. 1987, Nr. 2, Seite 12-17. Besonders Seite 16. Zwanzig, Regina: Was leisten
die Dienste? Für Dich. 1987, Nr. 46, Seite 12-15. Hier Seite 13.
166 Erdmann, Bettina: Frischer Wind um frische Waren. Für Dich. 1986, Nr. 44, Seite 26-27. Beudich,
Lothar: Neues aus Spray-Athen. Für Dich. 1986, Nr. 45, Seite 12-15. Vgl. auch Tews, Ines: Zwischen
Rampe und Ladentisch. Für Dich. 1984, Nr. 7, Seite 12-15.
167 Allendorf, Marlies: Briefe übers Vorwärtskommen. Für Dich. 1987, Nr. 2, Seite 14.
168 Ritter, Bärbel: Hinweise zur Ausarbeitung der Frauenförderungspläne 1985. Arbeit- und Arbeitsrecht.
1984, 39. Jg., Nr. 10, Seite 223-225. Hier Seite 223.
169 Allendorf, Marlies: Briefe übers Vorwärtskommen. Für Dich. 1987, Nr. 2, Seite 15.
170 ebenda, vgl. auch Zenner, Christine: Prenzlauer Berg - ein Pflaster fürs Herz. Für Dich. 1987, Nr. 16,
Seite 12-17. Hier Seite 17.
171 Allendorf, Marlies: Briefe übers Vorwärtskommen. Für Dich. 1987, Nr. 2, Seite 14f.
172 Grandke, Anita: Familienförderung.... Berlin (DDR): 1986. Seite 25f.
173 Ziegenhagen, Ilse: Töchter und Söhne. Gespräch mit der Soziologin Hildegard Maria Nickel. Sonntag.
1986, 40. Jg., Nr. 37, Seite 8.
174 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 158.
175 Lange, Inge: Die Frauen - aktive Mitgestalterinder sozialistischen DDR. Einheit. 1986, 4L Jg., Nr. 4/5,
Seite 329-333.
176 ebenda, Seite 333
177 Berichte des Zentralkomitees an den VIII.Parteitag der SED. Berichterstatter: Erich Honecker. Berlin
(DDR): 1971. Seite 83.
178 Lange, Inge: Die Frauen - aktive Mitgestalterin... Einheit. 1986, 4L Jg., Nr. 4/5, Seite 330f.
179 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 89f.; Kaufmann, Hans: Gespräch mit
Christa Wolf. Weimarer Beiträge. 1974, 20. Jg., Nr. 6, Seite 108.
180 Vgl. Beiträge zur Leserdiskussion "Was uns fördert - was uns hemmt", z.B. Zenner, Christine: "Hunger"
auf den Neubeginn. Für Dich. 1986, Nr. 39, Seite 20-23. Dies.: Aufgeben kommt nicht in Frage. Für
Dich. 1986, Nr. 43, Seite 12-15. Dr. Joachim Heinrich, Leiter der Abteilung Kader/ Arbeit/Bildung im
Ministerium für Leichtindustrie, erklärte 1984, daß Umfragen unter Studentinnen eindeutig ergäben, daß
die Bereitschaft, Verantwortung in leitenden Funktionen zu übernehmen, nicht im gleichen Maße wie die
Anzahl der weiblichen Fach- und Hochschulkader wachse. Noch zu wenige hätten von sich aus das Ziel
im Auge und wenn, dann erst in späteren Jahren. Die Erfahrung lehre jedoch, daß dann "der Zug
abgefahren ist". Ihr einst erworbenes Wissen sei nicht mehr auf dem neuesten Stand. Die Familie habe
ihren Lebensstil gefunden - "letztendlich auf Kosten der beruflichen Entwicklung der Frau". Man suche
darum nach einem neuen Weg, bei dem eine Leitungsfunktion bereits während des Studiums im
Lebensplan der Frauen ist: "Eben, damit sich Betrieb und Familie und nicht zuletzt die Kollegin selbst
frühzeitig darauf einstellen. ” Queisser, Irene: Übern kurzen Weg zum Ziel. Für Dich. 1984, Nr. 50, Seite
20-22. Hier Seite 21.
181 Großmann, Sylvia: Zettel längst überflüssig. Beitrag zur Für Dich-Leserumfraee "Familienklima-
Arbeitsfreude". Antenne auf Empfang. Für Dich. 1983, Nr. 23, Seite lOf. Hier Seite 11.
182 Bretschneider, Christa: Der Zopf muß ab. Beitrag zur Für Dich-Leserumfraee "Familienklima-
Arbeitsfreude". Rückenwind macht’s leichter. Für Dich. 1983, Nr. 21, Seite 28f. Hier Seite 28.
183 W., R.: Egoistisch?, ebenda
184 Gut und richtig? Anonymer Beitrag zur Für Dich-Leserumfraee "Familienklima-Arbeitsfreude". Die
gleichen Chancen nutzen. Für Dich. 1983, Nr. 27, Seite lOf. Hier Seite 10.
254

185 Rosenberg, Anna: Arbeit und Familie - das ist unser Glück, ebenda, Seite 11
186 Zimmertnarm, Jutta / Flemming, Ingrid: Raus aus dem Schneckenhaus. Für Dich. 1983, Nr. 31, Seite
12-15. Hier Seite 14.
187 ebenda
188 Weidig, Rudi: Der Reifeprozeß der Arbeiterklasse in der DDR. Einheit. 1981, 36. Jg., Nr. 4/5, Seite
419-425. Hier Seite 423. Vgl. auch Rauch, Renate: Tanz auf der Kreuzung. Typenbau und Vollkomfort
(4): Wohnen in Marzahn. Sonntag. 1987, 41. Jg., Nr. 29, Seite 8f. Rauch berichtet aus diesem
Neubaugebiet, daß viele Frauen ihren erlernten Beruf aufgeben, um in der Nähe der neuen Wohnung
arbeiten zu können - "der Kinder wegen". Erwähnt wird hier eine Krankenschwester, die täglich zwei
Stunden Fahrzeit auf sich nimmt, um ihre Arbeit in der Charite ausüben zu können. Die Lehrerin ihres
Jungen bezichtige sie der Vernachlässigung ihres Sohnes und lege ihr nahe, sich eine andere Stelle zu
suchen oder verkürzt zu arbeiten. Ob an einen Vater mit ähnlichen Erwartungen herangetreten würde,
ist zu bezweifeln.
189 Liebscher, Reinhard: Aus der Tätigkeit des Wissenschaftlichen Rates für Fragen der Sozialpolitik und
Demographie. Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1984. Berlin (DDR): 1984. Seite 203-207. Hier
Seite 204.
190 ebenda, Seite 205
191 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 88f, 142f.
192 ebenda, Seite 142f
193 Aliendorf, Marlies: Briefe übers Vorwärtskommen. Für Dich. 1987, Nr. 2, Seite 16.
194 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind?. Berlin (DDR): 1984. Seite 65f.
255

Wir Frauen sind keine ewigen Ammen,


wir haben ein Recht auf ein Eigenleben.1

II.11 Das "Jein" zum Kind -


Demographische Aspekte und Kinderwunsch

An den vorausgegangenen Abschnitten läßt sich bereits ablesen, daß sich Autorinnen und
Frauenforscher darüber einig sind, daß es immer wieder die Kinder und das ihnen
anerzogene Sorgeempfinden sind, um derentwillen sich die Frauen in die Doppelrolle
einfügen, eine berufliche Karriere einschränken oder gar ganz auf sie verzichten, manchmal
gar mit einem ungeliebten Mann Zusammenleben, um den Kindern den Vater nicht zu
nehmen (Worgitzky. 1982; Dölling, 1986; Gysi, 1987).2 Es kann daher nicht verwundern,
wenn eine Protagonistin ihr Kind als "mein liebes kleines Korsett" bezeichnet,3 eine andere
davon spricht, "an einer goldenen Kette" zu liegen,4 oder festgestellt wird, daß man sich
gebunden fühlt. In Maja Wiens Traumgrenzen (1985) fühlt Protagonistin Nina sich, obwohl
sie sich dieser Empfindung schämt, "angebunden durch dieses Kind, das sie gewollt hat und
das sie liebt". Manchmal denkt sie daran, wie alt sie sein wird, "wenn sie von dieser
Gebundenheit frei ist, wenn sie überhaupt sich davon freifühlen könnte".5 Nina ist mit ihren
Gefühlen jedoch keineswegs allein: Charlotte Worgitzkys Martha in Meine ungeborenen
Kinder (1982) drückt sich noch deutlicher aus, wenn sie zu dem Schluß kommt, daß
"Kinder fesseln".6
Die Frauen ordnen sich zwar längst nicht mehr den Männern unter, durch ihre
Kinder, für die sie sich verantwortlich fühlen, lassen sie sich aber nach wie vor auf eine
grundsätzlich schwächere und auch angreifbarere Position bringen. Sie verlieren das Recht,
nur für sich selbst geradestehen zu müssen, Risiken auf sich nehmen zu können und ihre
Freiheit voll auszuleben. Männer lassen sich durch ihre Kinder weitaus weniger
einschränken, sie schieben die Verantwortung den Frauen zu. Eine Protagonistin Worgitzkys
kommentiert:

Als Mutter (...) bist du - trotz Krippe und Kindergarten - von zwölf bis zwölf
für deine Kinder verantwortlich, da gibt es keinen Achtstundentag. Und wenn
du deine Sprößlinge länger als unbedingt notwendig anderen Leuten überläßt,
meldet sich das schlechte Gewissen. Manchmal versuchen Frauen, ein bißchen
davon an ihre Männer abzugeben, aber es gelingt ihnen nur selten. Da geht
es auch nicht nur um den vielzitierten Mutterinstinkt; wenn Besuch kommt,
und die Wohnung ist dreckig, wer hat das schlechte Gewissen? Die Frauen.
Gewiß hat sich mancherlei bei den jungen Leuten schon geändert - viel noch
nicht. Ich habe kaum erlebt, daß ein Mann ein schlechtes Gewissen hat, wenn
er nicht kochen kann (er ist aber sehr stolz, wenn er es kann!) (...).7

An manchen Formulierungen der Literatinnen erkennt man die Spannung zwischen


politischer und privater Perspektive. So schließt Renate in Elfriede Brünings gleichnamiger
Erzählung (1978) aus der bestehenden Situation zwischen Frau, Mann und Kind:

Also hat die Emanzipation ihre Grenzen? Ich glaube, ja. Ich kenne Frauen,
die im Betrieb große Abteilungen leiten und bei ihren männlichen Kollegen
256

in hohem Ansehen stehen, sich aber im Wohngebiet wegen ihrer rüpelhaften


Kinder verantworten mußten, die allzu oft sich selbst überlassen waren.
Müssen sich nur die Mütter verantworten? Nicht auch die Väter? In dem Fall,
an den ich denke, handelte es sich um eine geschiedene Frau, der man später
sogar das Sorgerecht für die Kinder entzog. Warum? Der Vater hielt peinlich
den Achtstundentag ein, machte nie Überstunden, geschweige denn, daß er für
gesellschaftliche Arbeit zu gewinnen war. Er bot also offenbar die größere
Gewähr dafür, sich vorbildlich um seine Kinder zu kümmern. Finden Sie das
gerecht? Die Frau wird gewissermaßen dafür bestraft, daß sie im Beruf
Überdurchschnittliches leistet - man nimmt ihr die Kinder weg. Soll sie also
weniger tüchtig sein? Das darf sie auch nicht, beileibe nicht! Also, wie sollen
wir uns verhalten? Eins glaube ich klar zu sehen: Wo Kinder vorhanden sind,
wird vorübergehend die Selbstverwirklichung der Erwachsenen eingegrenzt.8

Und wessen Selbstverwirklichung am meisten eingeschränkt wird, wird von Morgner


(1974) ebenso deutlich formuliert:

Kinderaufzucht verlangt strenge, Erwachsenennaturen normalerweise


zuwiderlaufende Ordnung. Diese Ordnungsmaschinerie zählt neben
erzwungener Seßhaftigkeit zu den Strafen der Mutterschaft. Denn sie versagen
das schöpferischer Arbeit sehr Zuträgliche, Frauen alltäglich Unmögliche:
Improvisation.9

Dennoch sind die wenigsten Frauen dazu bereit, ihre Berufstätigkeit ganz aufzugeben, sei
es, weil sie ihre Karriere nicht gefährden wollen, weil sie sich finanziell dazu genötigt
fühlen, oder weil sie dem gesellschaftlichen Druck nachgeben. Dies läßt sich einerseits an
den DDR-Statistiken ablesen (1989 waren 91,3% der Frauen im erwerbsfähigen Alter
berufstätig)10 und andererseits ebenso an der Tatsache, daß auch die große Mehrzahl der
Protagonistinnen arbeitet. Die einzig effektive Lösungsmöglichkeit, die ihnen zur Umgehung
und Einschränkung ihrer Doppelrolle und der daraus resultierenden Belastung offensteht,
ist die Reduktion der Kinderzahl. Eben diese Entwicklung zeichnete sich in den letzen
Jahren der DDR ab.

Die Reproduktion der Bevölkerung ist zwar eine der Funktionen von Ehe und
Familie, die SED wies aber auf dem VIII. Parteitag (1971) bereits darauf hin, daß die
Bevölkerungs- und Familienentwicklung eine Sache der ganzen Gesellschaft sei.11
Hervorgerufen wurde diese Aussage zu diesem Zeitpunkt durch das bedrohliche Absinken
der Fruchtbarkeitsziffer seit Mitte der sechziger Jahre. Konnten 1963 noch 301 400
Lebendgeborene verzeichnet werden, nahm die Geburtenzahl in den folgenden Jahren
ständig ab, um 1974 mit nur 179 100 ihr bisher niedrigstes Niveau zu erreichen. Der starke
Rückgang an Geburten 1972 gegenüber 1971 um 34 400 resultierte zum größten Teil aus
der Legalisierung der Schwangerschaftsunter-brechung im Jahre 1972 und der verstärkten
Anwendung von Kontrazeptiva. Das bisher letzte Jahr mit einer gesicherten einfachen
Reproduktion war das Jahr 1971.12 Mit dem Ansteigen der Geburten konnte erst 1979 mit
235 000 Geborenen der Stand von 1971 (234 000) wieder erreicht werden, ohne allerdings
die einfache Reproduktion zu sichern. Man versuchte, dieser Entwicklung und dem
257

gleichzeitig stattfindenden Wechsel vieler Frauen von Ganztagsarbeit zur


Teilzeitbeschäftigung zunächst mit Appellen an die "sozialistische Familienmoral" zu
begegnen, ein registrierbarer Erfolg blieb jedoch aus.13 Somit entschloß man sich zum
Einsatz gezielter sozialpolitischer Maßnahmen: Kürzere Arbeitszeiten und mehr Urlaub für
Frauen mit mindestens zwei Kindern unter 16 Jahren, Erweiterung des Mutter-schutzes von
18 auf 26 Wochen, bezahltes Babyjahr ab zweitem Kind, Erhöhung der Geburtenbeihilfe
auf 1000 Mark, zinslose Kredite für junge Ehepaare, besondere Unterstützung
alleinstehender Mütter: die generelle "Kinderfreundlichkeit der DDR" wurde propagiert.14
Die nicht nur im Westen von Soziologen vertretene Ansicht, daß diese Maßnahmen
lediglich der Stimulierung einer höheren Geburtenrate dienen sollten (DDR: Schultze, 1978;
Wendt, 1983; BRD: Enders, 1984; Helwig, 1987),15 wurde jedoch von offizieller Seite stets
nachdrücklich zurückgewiesen. Inge Lange formulierte 1977:

Mitunter gibt es Auffassungen, die mehr oder weniger davon ausgehen, daß
alles, was wir auf sozialpolitischem Gebiet bisher für die berufstätige Mutter
und für die Familie getan haben, vor allem darauf gerichtet ist, die
rückläufige Geburtenentwicklung zu überwinden. Dem ist natürlich nicht so.
Hier geht es um mehr - hier geht es um ein gesetzmäßiges Erfordernis, das
direkt mit der Schaffung grundlegender Voraussetzungen für den Aufbau des
Kommunismus im Zusammenhang steht. Wir würden diesen Weg auch
beschreiten, wenn diese Frage nicht bestünde. Wie wir auch keine der
getroffenen Maßnahmen rückgängig machen werden, wenn wieder eine höhere
Geburtenentwicklung zu verzeichnen ist.16

West-Feministin Florence Herve (1979) hält diese Aussage in ihren Ausführungen


über die Familienpolitik in der DDR für glaubhaft, zumal - so argumentiert sie - das Gesetz
zur Einführung einer Fristenregelung bei Schwangerschaftsabbrüchen in einer Zeit des
Geburtenrückgangs erlassen worden sei. Sie schließt daraus, daß solche Maßnahmen
"unabhängig von kurzfristigen Interessen" ergriffen würden.17
Die Mutmaßung, daß die sozialpolitischen Maßnahmen als Mittel gegen die sinkende
Geburtenrate implementiert wurden, bleibt von den Autorinnen weitgehend unkommentiert.
Festgestellt wird hier immer nur, daß am bereits Erreichten festzuhalten ist und man sich
um einen weiteren Ausbau der bisher zugestandenen Rechte bemühen muß.18 Ein möglicher
Zusammenhang zwischen den sozialpolitischen Maßnahmen, insbesondere in Bezug auf die
Kreditvergünstigungen,19 und der angestrebten Kinderzahl findet in der Literatur kaum
Erwähnung. Man könnte aus dieser Beobachtung auf einen unterschiedlichen
Bewußtseinsstand zwischen den Schriftstellerinnen und ihren Rezipientinnen schließen, für
die DDR-Bürgerinnen scheinen materielle Vorteile Bedenken oftmals zu zerstreuen.
Andererseits haben die bevölkerungspolitischen Maßnahmen nie das von ihnen erhoffte
Ergebnis erbracht.20 Die Zurückhaltung der Autorinnen läßt sich entsprechend auch
dahingehend interpretieren, daß sie die Entscheidung für oder gegen ein Kind als nur die
Einzelne angehend betrachten und sie den Frauen diese Überlegungen daher bewußt selbst
überlassen. Sie setzen sich daher nachdrücklich für die Möglichkeit der freien
Entscheidungsfindung ein. Diese Auslegung wird auch durch die umfassende Bearbeitung
des Rechts auf Schwangerschaftsunterbrechung in der Literatur unterstützt.
Die Schriftstellerinnen scheinen gerade um diese Freiheit zu fürchten und sprechen
258

sich verstärkt für eine weitreichendere Anerkennung dieses Grundrechts und seine
Enttabuisierung aus. Als Beispiel mag die bereits mehrfach angeführte Charlotte Worgitzky
gelten, die sich zur Advokatin der Frauen auf diesem Gebiet macht und für die dieses Sujet
wohl als Hauptthema ihrer bisherigen Werke bezeichnet werden kann, ebenso auch Monika
Helmecke und Maja Wiens.21
Worgitzky stellt pointiert die Frage, warum man sich in der DDR mit der Aufhebung
des Abtreibungsverbots, auf die man sich heute viel zugute halte,22 so lange Zeit gelassen
habe, warum man die nach Kriegsende bestehende Freiheit 1950 durch das "Mutter- und
Kinderschutzgesetz" angesichts der demographischen Gegebenheiten wieder zurücknahm.
Allein in den Jahren 1949 und 1950 wurden siebzigtausend Anträge auf Abbruch einer
bestehenden Schwangerschaft gestellt, von denen die Kommissionen 84 % genehmigten.23
In ihrem Roman Meine ungeborenen Kinder (1982) heißt es dazu:

Wer weiß schon noch, daß es in der damaligen sowjetischen Besatzungszone


sogenannte Indikationsregelungen gab, nach Vergewaltigungen zum Beispiel
oder in sozialen Notfällen. Und daß 1950 das "Gesetz über Mutter- und
Kinderschutz und die Rechte der Frau" diese Indikation wieder strich, (...).24
...dieses Gesetz enthielt einen Paragraphen, der die Frauen wieder
verhängnisvoll einschränkte und in dem es hieß: "Im Interesse des
Gesundheitsschutzes der Frau und der Förderung der Geburtenzunahme ist
eine künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft nur zulässig, wenn die
Austragung des Kindes das Leben oder die Gesundheit der schwangeren Frau
ernstlich gefährdet oder wenn ein Eltemteil mit schwerer Erbkrankheit belastet
ist. Jede andere Unterbrechung der Schwangerschaft ist verboten und wird
nach den bestehenden Gesetzen bestraft." Es ließ also immer noch die vielen
Frauen in Not, die aus anderen - psychischen, familiären, geistig-beruflichen -
Gründen ein Kind nicht haben wollten. So nahm die anfänglich
zurückgehende Zahl der illegalen Abtreibungen allmählich wieder zu,
unzählige Frauen litten unter der ständigen Angst, schwanger zu werden,
gingen, wenn sie keinen Arzt fanden, der - meist gegen eine hohe Geldsumme
- eine Ausschabung bei ihnen vomahm, zu einem Kurpfuscher (...) oder
führten in ihrer Verzweiflung mit untauglichen Mitteln selbst einen Abort
herbei.25

Worgitzky erinnert also daran, daß es eindeutig die niedrige Geburtenrate war, die
Anfang der fünfziger Jahre zu einer erneuten Einschränkung der bereits bestehenden
Indikationslösung führte und an der man über zwanzig Jahre lang festhielt, bis man davon
überzeugt war, zumindest die einfache Reproduktion der Bevölkerung trotz einer Änderung
der Gesetzgebung aufrechterhalten zu können.26 Mit den einheitlichen gesetzlichen
Bestimmungen sollte Anfang der fünfziger Jahre die Häufigkeit der Interruptio eingeschränkt
werden, denn man ging davon aus, daß die sozialen Folgen des zweiten Weltkrieges
weitgehend überwunden waren und durch einen gesetzlich garantierten Gesundheitsschutz
für Mutter und Kind die soziale Indikation zur Schwangerschaftunterbrechung an Bedeutung
verloren hatte. Man argumentiert heute auch, daß zum damaligen Zeitpunkt die
Abtreibungsmethoden noch wenig entwickelt und darum mit vielen gesundheitlichen
Komplikationen für die Frau verbunden waren.27 Karl-Heinz Mehlan (1974) schätzt noch
259

für das Jahr 1962 die Anzahl der Aborte in der DDR auf eine Höhe von 70 bis 90 000
und davon den Anteil der willkürlich eingeleiteten (d.h. illegalen) auf 60 bis 80 000.28 Erst
im März 1965 wurde eine "Instruktion zur Anwendung des § 11 des Gesetzes über den Mutter-
und Kinderschutz und die Rechte der Frau vom 27. September 1950" erlassen. Darin
wurden zusätzlich als Indikationsstellung die Prognose der Schwangerschaft und die Pflege
und Erziehung des zu erwartenden Kindes unter Berücksichtigung der gesamten
Lebenssituation sowie die physische und psychische Gesundheit der Antragstellerin
aufgenommen. Diese neue Regelung hatte den Vorteil, daß die nach wie vor zuständigen
Kommissionen in ihren Genehmigungsverfahren zur Schwangerschaftsunterbrechung nach
einheitlichen Richtlinien die sozialen Belange der Frau und Mutter stärker berücksichtigen
konnten. Es gab damit zum ersten Mal eine gesetzliche Grundlage, die die
Schwangerschaftsunterbrechung aufgrund einer erweiterten medizinischen sowie einer
sozialen Indikation gestattete.29 Worgitzky betont, daß man erst seit Einführung der legalen
Schwangerschaftsunterbrechung am 9.März 1972 im Zusammenhang mit den ständig weiter
ausgebauten sozialen Maßnahmen ohne Einschränkung vom "Schutz für Mutter und Kind"
sprechen kann. Die Frauen der DDR brauchten diese Ängste nun nicht mehr zu erleben und
könnten Kinder bekommen, die sie sich wirklich wünschten.30 Erwähnt werden sollte in
diesem Zusammenhang auch, daß mit der Legalisierung der Schwangerschaftsunterbrechung
auch die präpartalen Selbstmordfälle unter schwangeren Frauen schlagartig zurückgingen.
Diese Suizidfälle sanken allein 1972 gegenüber 1971 um ein Fünftel.31
Morgner verwendet in ihrem Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz..,
(1974) ein ganzes Kapitel auf Ausschnitte der "denkwürdigen Rede" Professor Ludwig
Mecklingers, des Ministers für Gesundheit der DDR, mit der er das Gesetz über die
Unterbrechung der Schwangerschaft vor der Volkskammer begründete. Zweifellos benutzt
Morgner wie auch Worgitzky hier ihr Werk, um ihre Leser detailliert zu informieren.32
Protagonistin Laura kommentiert:

Ohne die Abschaffung des Paragraphen 218 war die Pille eine Lösung für
Übermenschen. Also für Leute, die nie irren, vergessen, fehlen. Das
Medikament allein konnte die Frau nur relativ von der Angst befreien, nicht
prinzipiell. Erst jetzt gehört uns wirklich, was uns gehört. Die Auswirkungen
sind noch unabsehbar. Jedenfalls wäre mein Leben gänzlich anders verlaufen,
wenn ich von Jugend an im Besitz meines Körpers gewesen wäre. Ich hätte
beruflich nicht nur unter Vorbehalt geplant, weniger Zeit mit sublimierten
Romanzen vergeudet, heftigere Liebhaber gewählt. Uwe nicht geheiratet.
Überhaupt wachsen Persönlichkeiten, die unter Angst leben, wenn überhaupt,
ganz anders als andere. Denken anders, fühlen anders mit Händen und
Köpfen. Physische Unfreiheit verkrüppelt gewiß kaum weniger als politische.
Und von Krüppeln sind keine originären Leistungen zu erwarten. Die Männer
haben bisher bei den Frauen Schicksal gespielt. Das ist jetzt vorbei.33

Morgners Roman wurde kurz nach der Erlassung des Gesetzes veröffentlicht. In ihrer
Stellungnahme schwingt Enthusiasmus und Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit. Knapp
ein Jahrzehnt später warnt Worgitzky'jedoch weitaus weniger optimistisch, daß die bisherige
Entwicklung Anregung sein sollte, "über alle Vorbehalte, Tabus und Widersprüche
260

nachzudenken, die auch wir noch überwinden müssen",34 denn die Befreiung sei noch lange
keine vollkommene.35
Von offizieller Seite wird zwar immer wieder betont, daß die
Schwangerschaftsunterbrechung von der DDR-Gesellschaft als eine legitime Möglichkeit der
Geburtenregelung anerkannt wird, weil man sich die Aufgabe und Verpflichtung gestellt hat,
die Gesundheit der Frau zu wahren und zu fördern. Die Frauenliteratur meldet hier jedoch
Zweifel an, wie weiter unten ausgeführt werden wird. Arzt und Soziologe Gert Henning
konstatiert in seiner Studie Kinderwunsch = Wunschkinder ? (1984) zunächst den
Richtlinien getreu, daß jede Frau nach eigenem Ermessen und allein, ohne Angabe eines
Grundes eine bestehende Schwangerschaft im Sinne der Gesetzgebung bis einschließlich der
zwölften Schwangerschaftswoche abbrechen lassen kann und man ihr damit eine große
Verantwortung übertragen habe.36 Er führt ebenso an, daß Möglichkeiten geschaffen worden
seien, moderne Methoden der Geburtenregelung anzuwenden und damit die
Voraussetzungen, daß weitgehend jedes geborene Kind ein Wunschkind seiner Eltern sein
könne. "Wunschkinder und gewünschte Elternschaft sind eine wichtige Voraussetzung
gesunder Entwicklung für die Kinder in stabilen Ehen und Partnerschaften.1,37 Bedenke man
die vorhandenen Möglichkeiten zur Geburtenregelung, sei - so Henning - die Anzahl der
Schwangerschaftsabbrüche zu hoch.38 Eine weitere Intensivierung der sexual-ethischen
Erziehung der Jugendlichen und eine wesentliche Verbesserung der ärztlichen Hilfe bei der
Entscheidungsfindung der Frau im Rahmen der Geburtenregelung und besonders hinsichtlich
der Inanspruchnahme einer Schwangerschaftsunterbrechung könne hier Abhilfe schaffen.39
Auch müsse die Pillenbenutzung vor allem in den Altersgruppen, in denen
überdurchschnittlich viele Mädchen und Frauen noch unverheiratet seien oder sich noch in
der Ausbildung befänden, erheblich gesteigert werden.40
Dieser Ansicht stimmen die Autorinnen jedoch nur bedingt zu. Angeführt wurde
bereits Morgner (1974), die die Pille als eine "Lösung für Übermenschen" bezeichnet, "die
nie irren, vergessen, fehlen". Worgitzky aber geht noch weiter. In Meine ungeborenen
Kinder (1982) heißt es:

Die Pille. Als ob damit alle Probleme gelöst wären. Gewiß ist sie ein gutes
Mittel für einen kürzeren Zeitraum, etwa, wenn ich während eines Studiums
nicht schwanger werden oder einen günstigen Abstand zwischen Geschwistern
einhalten will; mir kann aber niemand einreden, daß es ohne schädliche
Auswirkungen bleibt, wenn über Jahre und Jahrzehnte, sozusagen von
fünfzehn bis fünfzig Hormongaben den Körper derart beeinflussen, daß der
natürliche Zyklus aller vier Wochen geändert, unterbrochen, verhindert wird.
Die tollsten Sachen werden erfunden - warum nicht endlich ein Medikament,
das die männliche Zeugungsfähigkeit blockiert?41

Es wird bezweifelt, ob Männer dazu bereit wären, sich einer solchen Behandlung zu
unterziehen. Selbst in der Forschung habe man sich dem Problem auf nur sehr
unzulängliche Weise genähert, denn wer befände denn darüber, was in der Forschung
Vorrang habe und wie die zur Verfügung stehenden Mittel verwandt werden? - Männer.
Und sei in solch bestimmender Funktion auch mal eine Frau, sei sie das leider oft deshalb,
weil sie sich wie ein Mann verhalte: "Denn welche Frau, die patriarchalische Normen in
Frage stellt, schafft es schon, in so eine Position zu gelangen?".42 Unterschwellig wird hier
261

argumentiert, daß die Männer die für sie beste Lösung für das Problem unerwünschter
Schwangerschaften gefunden haben und es nun, da sie die gesamte Verantwortung den
Frauen zugeschoben haben, für sich als abgeschlossen betrachten. Dieser Eindruck verstärkt
sich noch, wenn ein von Müller (1986) interviewter Mann ("Henner, 28, Lehrer,
verheiratet, 2 Kinder") erklärt, daß seine Frau sich über die von ihr verlangte
Pilleneinnahme beklage. Sie lehne diese prinzipiell ab, weil sie ihr Wohlbefinden und ihr
sexuelles Verlangen negativ beeinflusse. Er meint, dies zwar einzusehen, "aber die ganze
Verantwortung deshalb dem Mann zu überlassen, so weit möchte ich nicht gehen".43
Dennoch liegt die Verantwortung für die Entscheidung nach wie vor bei der Frau, wodurch
sie auch ideologischen und moralischen Angriffen ausgeliefert wird, denen sich ein Mann
nicht zu stellen braucht. So wird argumentiert, den Frauen selbst den Entschluß letztendlich
zuzugestehen, nur sollte man sie bei der Entscheidungsfindung weder mit moralisierenden
Anmerkungen drangsalieren, noch sie in ihrer Gewissensbefragung vollkommen allein
lassen.
Ähnlich führt auch Henning aus, daß die Einzelentscheidung der Frau, eine
Schwangerschaft im Interesse ihrer Gesundheit und zugunsten ihrer
Persönlichkeitsentwicklung sowie ihrer Gleichberechtigung in der Familie und in der
Gesellschaft abbrechen zu lassen, "nur durch die Frau selbst an ihrem konkreten
Einzelschicksal voll zu erfassen, voll zu beurteilen und zu überprüfen"44 sei und nicht durch
Gesellschaft oder Arzt als gerechtfertigt oder ungerechtfertigt eingestuft werden könne.
Grandke erklärte dazu jedoch bereits kurz nach Freigabe der
Schwangerschaftsunterbrechung in Neue Justiz (1972):

Mit dem Verzicht auf eine Begründung der Unterbrechung entfällt auch das
Recht zu ihrer moralischen Wertung. Hier gilt es, Mißverständnissen
vorzubeugen. Die Haltung des einzelnen und der Ehegatten zum Kind
unterliegt sehr wohl einer moralischen Wertung. Der dauernde Verzicht auf
Kinder, auch die gewollte Beschränkung auf ein Kind ist moralisch in der
Regel nicht gerechtfertigt und allzuoft Ausdruck einer kleinbürgerlichen
Haltung. Damit muß sich die Gesellschaft auseinandersetzen. Doch wann die
Kinder geboren werden sollen, ist nur von den Eltern selbst zu entscheiden.
Deshalb kommt eine Bewertung der einzelnen Unterbrechung, insbesondere
von den mit der Durchführung beauftragten medizinischen Fachkräften, nicht
in Betracht. Es kann nicht ihre Aufgabe sein, über die Lebensplanung der von
ihnen zu behandelnden Frauen zu urteilen.45

Laut Grandke ist eine Schwangerschaftsunterbrechung lediglich als Mittel zur


optimalen Familienplanung akzeptabel, nicht aber als Handhabe, um der Geburt von
Kindern prinzipiell aus dem Wege zu gehen. Keune und Rothe (1973) setzen dem entgegen,
daß die ärztliche Beratung das Ziel verfolgen sollte, die Bereitschaft für die Geburt eines
Kindes zu wecken und zu festigen, "aber in keinem Falle unter Anrufung gesellschaftlicher
Verantwortung moralische Werturteile in Bezug auf die Haltung der Frau zum Kind
enthalten".46 In Regina Röhners Erzählung "Das Möbiussche Band" (1982) wird jedoch
deutlich, das dieser Empfehlung in der Praxis nicht gefolgt wird. Hier heißt es:
262

Ja, sagte der (Arzt) nach der Untersuchung, es handelt sich um eine
Schwangerschaft, und er fragte, ob ich das Kind möchte.
Ich ließ mir einen Zettel von ihm schreiben, daß die Schwangerschaft
unterbrochen werden soll. Er riet mir davon ab, sehr eindringlich.47

Was hier bereits zu verstehen gegeben wird, wird in anderen Erzählungen noch sehr
viel präziser formuliert. In Helmeckes Erzählung "Klopfzeichen" (1979) bleibt der Arzt
ungerührt, erscheint desinteressiert,48 während Wiens Protagonistin Nina auf eine Ärztin
trifft, die auf ihr Anliegen "böse reagiert". Nina empfand sie sogar als feindlich:49

In der sechsten Woche war sie zu ihrer Frauenärztin gegangen.


Ja, Sie haben recht, Sie sind schwanger. Die Ärztin lächelte. Na, Frau Rothe,
Sie freuen sich doch sicherlich. Wir haben das einmal geschafft, wir schaffen
es auch nochmal. (...)
Nein. Nein, ich will das Kind nicht. Ich will nicht noch ein Kind, ich will
abbrechen.
Es heißt unterbrechen, Frau Rothe.
Die Schwangerschaft wird aber nicht unterbrochen, sondern abgebrochen.
Sie brauchen mich hier nicht zu belehren, Frau Rothe, das Gesicht der Ärztin
war eisig geworden. Sie hätten eher daran denken sollen, wie sie eine
Schwangerschaft verhüten, wenn Sie Kinder nicht mögen. Was haben Sie
eigentlich mit den...
Ich mag Kinder. Und das wissen Sie auch. Und jetzt schreiben Sie mir bitte
die Überweisung.
Nein, ich möchte, daß sie sich das gründlich überlegen. Wir haben ja Zeit.
Kommen Sie in einer Woche wieder. Wenn Sie dann noch wollen, werde ich
Ihnen die Überweisung geben.50

Als Nina nach Ablauf der Bedenkzeit nochmals in der Sprechstunde erscheint, wird
sie kühl abgefertigt.51 Von fachlicher Beratung und sachlichen Umstimmungsversuchen ist
also wenig zu spüren, wohl aber wird häufig auf die mit einer Abtreibung verbundenen
Gefahren hingewiesen. Als Beispiel mag hier der 1980 von Bettina Pfüller und R. Bollmann
in Das deutsche Gesundheitswesen publizierte Artikel über den Einfluß des
Schwangerschaftsabbruchs auf nachfolgende Schwangerschaft und Geburt gelten.52 Die
Autoren verweisen auf die sich verdoppelnde Komplikationsrate bei
Schwangerschaftsverläufen nach einer vorausgegangenen Interruptio. Vor allem bestehe eine
erhöhte Gefahr der Frühgeburt, Fehlgeburt, des vorzeitigen Blasensprungs und der
Zervixinsuffizienz. Auch die Palette der möglichen Spätkomplikationen findet Erwähnung.
Sie reicht von Sterilität über Störungen der Fertilität, der Isoimmunisation, Geburts- und
Wochenbettkomplikationen bis zu gynäkologischen Erkrankungen. Aber nicht nur die
Gesundheit der Mutter könne beeinträchtigt werden. Für die Neugeborenen von Müttern mit
Interruptioanamnese wurde ein geringeres Geburtsgewicht und eine geringere Geburtslänge
registriert, was partiell auf die verkürzte Schwangerschaftsdauer dieser Frauen
zurückzuführen ist. Auch Henning (1984) betont, daß die Schwangerschaftsunterbrechung
trotz aller Einschränkungen auch heute aus medizinischer Sicht noch keine ungefährliche
Maßnahme der Geburtenregelung sei und daß die Anzahl der Interruptio zugunsten der
263

Kontrazeption verringert werden sollte.53 Die Schriftstellerinnen wissen auch hier von
Situationen zu berichten, in denen Frauen diese Mitteilung auf recht brüske Weise
beigebracht wird. Über einen Arzt in Worgitzkys Meine ungeborenen Kinder (1982) heißt
es:

Der hat sich gestern hier (ins Krankenzimmer) gestellt (...) und hat verkündet:
Ihr werdet euch noch umgucken, wenn ihr eines Tages Kinder haben wollt -
dann könnt ihr nämlich keine mehr kriegen!54

Protagonistin Martha tröstet ihre betroffene Freundin mit dem Hinweis, daß es sich
hier um eine "unsinnige Drohung" handele, da es nur sehr selten vorkomme, daß eine Frau
nach einer regulären Abtreibung kein Kind mehr bekommen könne. Eine ungewollte
Fehlgeburt oder Schwierigkeiten bei der Entbindung hätten einen vergleichbaren
Wahrscheinlichkeitswert, man könne doch nicht in ständiger Verzweiflung leben, nur weil
unter Umständen irgendwann irgendwelche Schwierigkeiten auftauchen könnten.55
Der moralische, ethische und auch gesellschaftliche Druck auf die Frauen, sich
zur Geburt eines - vielleicht unerwünschten - Kindes zu entschließen ist also nach wie vor
beachtlich. Die Kritik von Medizinern, daß die Anzahl von Abtreibungen durch
Kontrazeption zu verringern sei, erscheint jedoch zunächst durchaus angebracht, zumal
wenn das Berliner Jugendmagazin Neues Leben im September 1986 berichtet, daß jedes
fünfte Mädchen in der DDR vor Vollendung des 18. Lebensjahres schwanger werde und
bei den 14- 18jährigen jährlich rund 23 000 Schwangerschaften registriert werden, denen nur
4 000 Geburten gegenüberstehen; die Differenz ergebe sich aus Schwangerschafts¬
unterbrechungen und den bei jungen Frauen häufigen Fehlgeburten. Die Zeitschrift führt
die Schwangerschaften auf Leichtsinn und Unwissenheit der Paare zurück, jedes dritte Paar
unterlasse jede Empfängnisverhütung, eine repräsentative Umfrage habe ergeben, daß 86%
der Jugendlichen in der DDR unzureichend über Verhütungsmittel informiert seien.56 Im
April 1987 wurde diese Entwicklung in der Zeitschrift für die gesamte Hygiene und ihre
Grenzgebiete als "besorgniserregend" bezeichnet. Künftig seien voraussichtlich schon bei
Erstgebärenden zunehmend nicht mehr nur eine, sondern mehrere
Schwangerschaftsabbrüche zu verzeichnen.57
Diese Daten lassen auf Unwissenheit schließen, es wird aber auch vermutet, daß
Schwangerschaftsunterbrechungen zu sehr auf die leichte Schulter genommen werden. Die
Schriftstellerinnen lehnen diese Ansicht strikt ab und versuchen klarzustellen, daß eine
Abtreibung für eine Frau ein Erlebnis ist, das sich keineswegs leicht abstreifen läßt und nie
vergessen werden kann. Auch darf man davon ausgehen, daß Ärzte und Pflegepersonal den
für einen Schwangerschaftsunterbrechung überwiesenen Frauen abweisend
gegenüberstehen. Der Ablauf dieser Prozedur wird in der Literatur stets gleich dargestellt:
Die Frauen werden morgens zum OP gefahren, werden - da es sich ja um einen nur wenige
Minuten in Anspruch nehmenden Eingriff handelt - im Flur hintereinander gestellt, um im
Operationssaal eine schnelle "Abfertigung" zu gewährleisten. Eine Protagonistin vergleicht
den Ablauf der Geschehnisse mit dem Backen von Broten, dem sie in ihrer Kindheit
zusehen durfte:

Ich mußte immerzu an die Brote denken. Noch auf dem Flur kriegten wir eine
Kanüle in die Vene, damit es im OP schneller ging. Als ich dran war -
264

dreiviertel elf - , wurde ich reingeschoben, auf den Stuhl gehievt,


festgeschnallt, die Spritze in die Kanüle, und weg war ich. Als ich aufwachte,
stand ich wieder auf dem Flur. Ein Brot braucht bestimmt länger, ehe es
braun ist.58

Auch Wiens Nina wird eine ähnliche Behandlung zuteil. Die Ausführungen dieser
Autorin machen noch deutlicher, wie erniedrigend und entwürdigend der Vorgang für die
Frauen ist, daß sie nicht auf Verständnis oder gar Mitgefühl hoffen können:

Eine der Frauen weint.


Halt’s Maul, ruft ihr eine andere zu.
Es wird still. Die, die geweint hat, richtet sich auf, läßt sich auf den Boden
gleiten und läuft barfüßig den Gang entlang. (...) Alle blicken ihr nach.
Die spinnt ja, sagt die, die Nina am nächsten liegt, aber ihre Stimme klingt
unsicher. (...)
Noch ist Zeit, denkt sie, noch kann ich aufstehen und gehen, so wie die
andere gegangen ist. Noch ist Zeit.
Kaum spürt sie den leichten Ruck an der Trage, die Tür des OP ist offen,
man schiebt sie hinein, sie wird auf den Stuhl gehoben. (...)
Die Anästhesistin öffnet eine Ampulle, da hört Nina noch einen der Ärzte: Sie
haben Glück, Sie sind die erste heute, da ist der Eimer leer.59

Es handelt sich hier also keinesfalls um ein leicht abschütteibares Erlebnis, das man
bedenkenlos jederzeit auf sich nehmen wird. Auch dürften die Kälte und Abneigung des
Krankenhauspersonals eine extrem abschreckende Wirkung haben. Dorothea Iser (1985)
spricht sogar davon, daß Frauen "keine Fürsorge, sondern Gegensorge" erhielten.60 Selbst
wenn das Verhalten der Ärzte hier wohl überspitzt dargestellt worden ist, so muß man doch
davon ausgehen, daß eine Beeinflussung und Wertung der Entscheidung der Frau über die
Austragung ihres Kindes stattfindet und somit eine Beeinträchtigung ihrer Gleichstellung
gegeben ist. Unter den genannten Umständen ist eine freie Entscheidung zwar noch
möglich, wird aber durch das moralisierende Verhalten der Ärzte erschwert und, wie im
obigen Zitat beschrieben, oftmals wieder umgestoßen.
Eine Abtreibung kostet die meisten Frauen auch heute noch Überwindung, ob sie das
Kind ablehnen oder nicht. Das, so Worgitzkys Protagonistin Martha, sollten alle Männer
wissen, die meinen, sie brauchten sich um die Auswirkungen des Beischlafs nicht mehr zu
kümmern, weil ihre Liebesgefährtin ja entweder die Pille nehmen, oder eine "Panne"
"wegmachen" lassen könne. Man habe den Frauen jahrhundertelang eingeredet, es sei
sündig, Kinder zu verweigern, "wo soll da binnem kurzem die Freiheit herkommen, sich
nicht schuldig zu fühlen, wenn man eine Schwangerschaft abbricht?" Martha weiß von
Frauen, die sich bereits davor fürchteten, zum Arzt zu gehen, weil er sie ob ihres
"Leichtsinns" tadeln oder überreden wollen könnte. Und wenn sie diesen ersten Gang
überlebt hätten, käme die Furcht vor dem Krankenhaus, weil sie gehört oder selbst erlebt
haben, daß sie dort unfreundlich behandelt werden können, weil das Personal der Ansicht
ist, sie seien leichtfertig oder unmoralisch. Die Ärzte dürften sich nicht darauf berufen, daß
sie laut Eid dazu verpflichtet seien, Leben zu erhalten. Es gehe aber nicht darum, Leben
um jeden Preis zu erhalten, sondern darum, daß jeder Mensch würdig leben könne.61 Viele
265

Frauen leiden auch heute noch unter Schuldgefühlen, wenn sie abtreiben. Dies zeige, daß
es noch ganz andere Ursachen als einen drohenden Paragraphen dafür gebe, daß diese
Schuldgefühle heute unter Umständen sogar noch stärker seien, weil sich die Frauen für
ihren Entschluß allein verantwortlich fühlen. Die Verantwortung sei darum auch heute
wieder letztlich doch eine gesellschaftliche, weil man die Frage der Schuld nicht auf eine
quasi biologisch bedingte reduzieren könne. Sie hänge mit einer langen geschichtlichen
Entwicklung zusammen, mit religiösen Gesetzen, der Unterdrückung der Frauen und
natürlich auch der Angst vorm Aussterben. "Aber merkwürdigerweise ist um all diese
komplizierten Vorgänge noch immer der dunkle Mantel des Tabus gehüllt, und ich finde,
es wird Zeit, ihn endlich abzunehmen.''62
Wie groß dieses Tabu tatsächlich noch immer ist, läßt sich aus einigen Rezensionen
für ihr Werk Meine ungeborenen Kinder ablesen. In Für Dich wurde es von St. Hoffmeister
als ein Buch bezeichnet, "das heftigen Widerspruch hervorrufen wird, auch heftige
Zustimmung", denn es greife ein Thema auf, "das auch in unserem Land heute noch auf
Vorbehalte trifft". Der Rezensent kann nicht verstehen, daß die Protagonistin des Romans
nie "von der Ahnung des Verlustes für ihre Persönlichkeit durch den Verzicht auf weitere
Kinder" berichtet, "um deren Wohl, dabei muß sie sich bei allem Besitzanspruch sicher
sein, viele in diesem kinderfreundlichen Land sorgen würden". Auch erkenne die Autorin
die Zäsur, die die Abschaffung des § 218 gesetzt habe, scheinbar nicht. Vor allem letzterer
Aussage muß hier jedoch wiedersprochen werden. Worgitzky erkennt die Bedeutung des
neuen Paragraphen durchaus an, aber sie sieht ihn in der Gesellschaft selbst noch nicht
verwirklicht. Wie Irmtraud Morgner spricht sie sich für eine Änderung der Ansichten aus,
die nach wie vor eine Weiterentwicklung auf diesem Gebiet beeinträchtigen.63 Heidrun L.
Bernhard empfindet den Roman als "literarisch mißlungen", geschmacklos. Sie mokiert sich
über "all dies 'scheinbar’ offene Schwatzen" über die Umstände einer Abtreibung, ein
Thema, das man "mit einer guten Freundin bei einer Tasse Kaffee" beredet.

Und der sage ich dann auch, daß mich die Beichte der Martha Trubec betrübt,
aber wenig rührt, kann ich sie doch als Geschlechtsgenossin weder als
Ausdruck von 'Emanzipation' noch als verantwortungsbewußt gewählten
Diskussionsgegenstand verstehen. Und bei allem Respekt vor der Autorin, ein
heißes Eisen angefaßt zu haben, sie deckt doch nur eine Blöße auf, als daß sie
ein Tabu entblößt: Die Blöße einer oberflächlich verstandenen Freimütigkeit.64

Worgitzkys Protagonistin würde kein Wort über die ungeborenen Kinder verlieren -
"Hat sie ihnen nie nachgetrauert?" Eine andere Rezensentin, Waltraut Lewin, ebenfalls
Schriftstellerin, ist positiver gestimmt. Während man sonst dazu bereit sei, ein literarisch
noch nicht voll ausgereiftes Ergebnis "übern Kopf zu streicheln", solange man ihm
bescheinigen könne, daß neue Aspekte der Wirklichkeit aufs Papier gebracht wurden, gebe
es scheinbar auch Bereiche, "wo wir gleich einen spitzen Mund kriegen, als habe man uns
Essigwasser eingeschenkt. Abtreibungen, igittigitt!1,65 Zwar hält auch sie Worgitzkys Roman
nicht für ein Meisterwerk, aber sie brauchte sich seiner auch nicht zu schämen:

"Offenes Schwatzen" und "oberflächlich verstandene Freimütigkeit" unterstellt


die Rezensentin der Autorin. Woran fehlt’s also, da weder Sentiment noch
Krudität zu kurz kommen im Erzählten? Da steht’s: an der Trauer für die
266

Ungeborenen. Und ein Rätseln, warum sie wohl nicht da ist, diese Trauer-
Schuld. Aber da gibt Worgitzky doch ganz klar Antwort: "Körte ich doch
kürzlich auch eine Dichterin unseres Landes von diesen Schuldgefühlen
sprechen, die sie nach einer Interruptio gehabt habe; sie sind ja begreiflich.
Nicht aber begreife ich, ja es empört mich gerade zu, daß sie diese
Schuldgefühle preist.''66

Was Hoffmeister und auch Bernhard geflissentlich in ihren Beurteilungen übersehen,


wird hier von Lewin demonstriert. Worgitzky weiß, daß diese Schuldgefühle bestehen und
unter den gegebenen Umständen auch kaum abzulegen sind. Sie wendet sich aber gegen die
Propagierung dieser Gefühle, weil sie Frauen emotional in die Enge zwingen, ihnen das
Recht und die Möglichkeit zu einer freien Entscheidung für oder gegen ein Kind nehmen
und damit ihre Gleichstellung, die auf dieser Entscheidungsmöglichkeit beruht, absprechen.
Daß auch nach der Schwangerschaftsunterbrechung deren Bedeutung nicht leicht zu
ertragen ist, wird von anderen Autorinnen ebenfalls klargestellt. Monika Helmeckes
Protagonistin Gerda entschließt sich zu einer Abtreibung, weil sie sich vom Vater des
Kindes bereits getrennt hat: "Ich will kein Kind ohne Mann. Und diesen Mann will ich
nicht."67 Entscheidung und Durchführung bereiten zwar zunächst keine außergewöhnlichen
Schwierigkeiten, sie läßt sich nicht zur Ruhe kommen, wohl um nicht nachdenken zu
müssen, erst im Krankenhaus, nach der Operation, kommt sie zur Besinnung:

Das lag an der Operation, die wieder viele Bedenken in ihr wachrief, vor
allem aber an den Gesprächen der Frauen, die ihr voll versteckter
Rechtfertigungen zu sein schienen. Die meisten taten zwar, als wäre es eine
selbstverständliche Sache, dort zu liegen, und trotzdem erklärten all diese
Frauen ausführlich, weshalb es für sie notwendig gewesen sei, das Kind
wegnehmen zu lassen. Ja, manche gingen sogar so weit, zu erzählen, wie sie
überhaupt zu diesem Kind gekommen waren.
Gerda fühlte sich irgendwie beschmutzt durch all diese Gespräche, (...).58

Während einige Frauen versuchen, das Erlebnis durch Erklärungen zu bewältigen,69


versuchen andere, es durch Schweigen und weitmöglichstes Ignorieren ins Unterbewußtsein
zu verbannen.70
In ihre Wohnung zurückgekehrt, empfindet Gerda eine wachsende Einsamkeit. Eines
morgens muß sie sich übergeben:

Im ersten Augenblick dachte Gerda: Fängt das nun schon wieder an? (...) Sie
hob ihre Schlafanzugjacke, zog die Hose etwas hinab, sah genauer hin. Der
Bauch schien wie immer. Oder war er bereits dicker geworden?
Warum sollte der dicker sein? Erschrocken ließ sie die Jacke fallen. Sie
beruhigte sich wieder, drückte den Stoff dicht an den Körper, ließ ihn dann
über dem Bauch locker.
Wäre ich nun schon so dick? Oder so? Sie lockerte die Jacke ein wenig, zog
sie dann wieder straff.
Vielleicht wäre auch noch nichts zu sehen.
Sie seufzte: "Wenn ich das wüßte."71
267

Abermals verdrängt sie solche Gedanken, besucht ihre Eltern über das
Weihnachtsfest. Wieder allein, kommen diese Überlegungen jedoch zurück: Was wäre,
wenn...? Sie wäre im fünften Monat. Gerda beginnt, von dem winzigen Kind zu träumen,
stellt sich vor, daß es in Bewegungen zu ihr redet. Sie glaubt diese Sprache wahrzunehmen,
als rege sich das Kind tatsächlich in ihr.72 Gerda flüchtet sich in Tagträume, sie meint, ein
Pochen in ihrem Leib zu vernehmen, das sie für eine Kommunikation des Kindes hält.
Gerda erlernt diese "Klopfzeichen"-Sprache des angeblichen Kindes und steigert sich so sehr
in ihre Phantasie hinein, daß sie am 17. April, dem Tag, an dem ihr Kind geboren worden
wäre, tatsächlich im Krankenhaus zur Entbindung erscheint. Als man ihr mitteilt, daß sie
kein Kind erwartet, ist sie verzweifelt:

Das ist nicht wahr. Ich krieg ein Baby, hier ist es, hier, hier. Es ist da, ich
weiß es, ich habe mit ihm geredet. Es ist da, es ist da, ihr könnt es mir nicht
nehmen.73

Helmeckes ausgesprochen eindringliche Darstellung macht deutlich, daß die


theoretisch rational zu treffende Entscheidung für oder gegen ein bereits empfangenes Kind
mit der Durchführung einer Abtreibung längst nicht aus der Welt geschaffen ist. Gerdas
Einsamkeit verschlimmert ihre Situation noch, für sie wird das imaginäre Kind zum
Ansprechpartner, der ihr dann auf brutale Weise wieder "entrissen" wird. Schuld- und
Verlustgefühle vermischen sich und lassen die junge Frau in eine Traumwelt flüchten, in
der alles noch in Ordnung ist. Aus der Literatur wird klar, daß den wenigsten Frauen die
Entscheidung zu einer Schwangerschaftsunterbrechung leicht fällt, die meisten leiden an
Schuldgefühlen. Sie meinen, sich rechtfertigen zu müssen. Auch Wiens Protagonistin Nina
fühlt sich dazu veranlaßt:

Ich kann nicht, erwiderte Nina, und dann brachs aus ihr heraus, all das, was
sie sich selbst gesagt hatte: Ich kann’s nicht kriegen, da komme ich doch
selbst nicht mehr klar, ich schaff es einfach nicht. Ich will doch selber auch
noch was. Wenn ich jetzt wieder anfange, von vom, mit einem Säugling, da
kann ich noch x Jahre nicht auf einer Station arbeiten, und ich muß doch,
sonst komme ich nie zum Studium. Ein Kind, das schaff ich, kann ich
großziehen. Zwei, das bring ich nicht, das wäre dann auch nichts für die
Kinder. Was hat denn ein Kind davon, wenn die Mutter immer unzufriedener
wird? Nina kam sich plötzlich kleinlich vor mit ihren Argumenten. Das klang
alles so global, wie auswendig Gelerntes.(...)
Vielleicht später, wenn ich mit mir weiter bin, fügte sie hinzu.74

Nina hat Angst, aus Zeitmangel jegliches Interesse an einer Berufsausbildung und auch ihre
Freunde zu verlieren. Auch scheut sie die finanzielle und physische Belastung, die als
alleinstehende Mutter zweier Kinder auf sie zukäme. Neue Beziehungen zum anderen
Geschlecht wären ebenso nahezu ausgeschlossen, denn welcher Mann läßt sich schon mit
einer ganzen Familie ein?75 Sie wäre zu innerer Einsamkeit verdammt, die sie eines Tages
an Selbstmord denken lassen wird, aber selbst dies wird ihr Verantwortungsbewußtsein für
ihre Kinder ihr verwehren. Dankbarkeit für ihre Opfer würde sie nicht ernten: "Du wirst
dein Leben gelebt haben. Verlebt."76
268

Ninas Freundin Irma macht sie darauf aufmerksam, daß sie sich nicht zu
rechtfertigen brauche: Nina säße auf keiner Anklagebank.77 Aber genauso empfinden nach
Aussagen der Autorinnen wohl viele Frauen: die Gesellschaft nimmt ihnen die Entscheidung
zur Abtreibung übel. Worgitzky bringt dieser Einstellung ein gewisses Verständnis
entgegen, wenn sie ausführt, daß der Drang, sich lebendig fortzusetzen, in jedem
Menschen, ob Mann oder Frau, angelegt sei. Eine Ablehnung sei daher nie schmerzfrei und
habe viel mit Verleugnung zu tun.78 Andererseits läßt sie ihre Protagonistin Martha
resümieren, daß sie nie den Vater des Kindes - "besser sage ich wohl, den Miterzeuger
einer Schwangerschaft" -danach gefragt habe, ob er es lieber sähe, wenn sie das Kind
austrüge. ' Das war für mich stets selbstverständlich meine Entscheidung; von einem Mann,
der das nicht akzeptiert hätte, hätte ich mich eher getrennt, als daß ich ihm zuliebe Mutter
geworden wäre".79 Und Helmeckes Gerda vertritt eine ähnliche Anschauung: "Der kriegt’s
fertig und freut sich. Schon, weil er denkt, mich nun in der Tasche zu haben."80
Es besteht also die Gefahr, von dem "werdenden Vater" zur Geburt eines
ungewollten Kindes veranlaßt zu werden, eine Möglichkeit, die von Worgitzky angeprangert
wird. Sie hält es für unzumutbar, eine Frau zum Austragen eines ungewollten Kindes zu
zwingen, weder auf juristische, noch auf moralische oder autoritäre Art und Weise.
Worgitzky fände es gut, wenn Männer, die sich "verständnislos borniert" gegen eine
Abtreibung wenden und als Ärzte die Frauen noch willentlich zusätzlich leiden ließen,
"damit sie ordentlich bestraft würden für ihre Untat", einmal am eigenen Leibe erführen,
was es heißt, ein unerwünschtes Kind auszutragen. Es seien doch nicht nur die neun
Monate, gegen die man sich da zur Wehr setzte. Die Wochen vor der Abtreibung seien
meist schlimmer als die ganze Schwangerschaft, wenn man das Kind haben möchte -,
sondern die vielen Jahre, in denen sich das ganze Leben verändere, weil man tagtäglich für
einen anderen Menschen verantwortlich sei.81 In ihrer Erzählung "Aus den Akten der Hölle"
erwartet die Konzertgeigerin Martha Taryn gerade zu dem Zeitpunkt ein Kind, an dem die
Stelle eines Konzertmeisters, an der ihr viel liegt, frei wird. Die ihr von ihrem Mann
aufgezwungene Schwangerschaft läßt sich nicht mit dem ein Vierteljahr später stattfindenden
Probespiel vereinbaren, aber eine Abtreibung gegen den Willen ihres Mannes erscheint ihr
ebenfalls unmöglich. Martha ist verzweifelt:

Hermann müßte das mal selbst erleben! Überhaupt müßten die Männer mal
am eigenen Leib spüren, wie einem zumute ist, wenn man ein Kind kriegen
muß, das man gar nicht will!82

Da es in "Aus den Akten der Hölle", wie der Titel bereits vermuten läßt, mit
"teuflischen" Dingen zugeht, wird Marthas Wunsch erfüllt: Hermann erwartet das Kmd.
Obwohl selbst Gynäkologe und somit mit den Details genaustens vertraut, fühlt er sich
durch die Untersuchungen gedemütigt und möchte sich zurückziehen, man billigt ihm aber
nur den für Frauen angesetzten Schwangerschaftsurlaub zu. Auch seine Bitte um Abtreibung
wird abgelehnt, da man diese im vergleichbaren Fall auch einer Frau nicht zugestanden
hätte. Auch andere Männer, die sich auf gleiche Weise an ihren Frauen "vergangen" haben,
werden von diesem Schicksal ereilt. Die Geburtswehen ertragen sie nur "unmannhaft",
Hermann gebärdet sich bei jeder Wehe, "als müsse er gleich sterben", und bringt mit
seinem Benehmen Unruhe in die "sonst disziplinierten Abläufe im Kreißsaal".83 Zu Hause
wollte er wieder den alten Pascha spielen, aber Martha verlangt von ihm, daß er sich nicht
269

nur mit seiner ungewöhnlichen Vaterschaft brüstet (den Anlaß scheint er längst vergessen
zu haben) und wie ein kinderfreundlicher Onkel mit seiner Tochter schäkert, wenn es ihm
Vergnügen macht. Sie erwartet, daß er Tochter Simone, wenn es Marthas Dienst erfordert,
ebenso zur Krippe bringt und sie von dort abholt, ihre Windeln wechselt und auch wäscht,
sich vom Lager erhebt, wenn das Kind zu Unzeiten schreit, und sich nicht geniert, die
Kleine in der Mütterberatung vorzustellen. In der Erzählung wird festgestellt:

Nun haben sich in diesem merkwürdigen Land schon etliche Männer daran
gewöhnt, derlei Arbeit zu verrichten, aber der Ärztestand leidet wie eh und
je unter einem erheblichen Prestigebedürfnis; ich habe sogar den Eindruck,
daß manche junge Leute mit diesem Beruf mehr ihren Wunsch nach
Reputation erfüllen möchten als den, Kranke zu heilen. Säuglingspflege gilt
als niedrige Arbeit (was man natürlich nicht ausspricht) und wird daher meist
den Frauen zugemutet, die mit der innigeren Beziehung zu den von ihnen
geborenen Wesen getröstet werden. Taryn aber hatte seine Tochter selbst zur
Welt gebracht, er konnte also die Ablehnung lästiger Arbeiten nicht mit der
herkömmlichen Ausrede begründen.84

Auch Maria Wiens wirft in ihrem Roman Traumgrenzen (1983) die Frage auf, ob
eine Frau dazu berechtigt ist, allein die Entscheidung über die Abtreibung oder das
Austragen eines Kindes zu treffen. Protagonistin Nina ist der Ansicht, daß der Vater ihres
Kindes, Thomas - ein flüchtiger Bekannter -, das Recht habe, die Geburt von ihr zu
verlangen, solange er nachher die volle Verantwortung übernimmt, d.h. zum
alleinerziehenden Vater wird. Zitiert wird in diesem Zusammenhang der § 46 des FGB nach
dessen Absatz 2 ein solches Unterfangen rechtlich durchaus möglich ist. Nina räumt
Thomas ein besonderes Recht ein, denn die Alternative das Kind auszutragen und dann zur
Adoption freizugeben, lehnt sie ab.85 Dem Vater werden hier von der Frau also die gleichen
Rechte eingeräumt, die ihr selbst von der Gesetzgebung garantiert werden. Nina überlegt:

Ich versuche nur, was ich für richtig halte, auch zu leben. Wenn man meint,
daß die Väter auch ein Recht auf ihre Kinder haben, wenn man das weiß,
kann man dann einfach in ein Krankenhaus gehen und sagen, ich will nicht,
also sollst du es auch nicht haben.86

Nina entscheidet, sich den Stolz auf ihre Haltung nicht nehmen zu lassen. Mit dem,
was sie vorhabe, würde sie weit genug gehen, ein kleines Stück weiter, als sie je geglaubt
hatte. Das ist ihr genug.87
Thomas fühlt sich von Ninas Angebot nicht nur überrascht, sondern auch überfordert.
"Ihr Angebot gehörte einfach nicht zu dem für ihn Denkbaren. Eher hätte er sich vorstellen
können, wie Robinson achtundzwanzig Jahre auf einer Insel zu leben als in Berlin mit einem
Kind, noch dazu mit einem Säugling."88 Die Begegnung mit Anna, dem Kleinkind seines
Freundes Jörg und dessen Frau Sabine, hinterläßt in ihm das Gefühl, etwas gegen kleine
Kinder zu haben, nichts mit ihnen anfangen zu können, daß sie ihm fremd und gleichgültig
sind. Diese Erfahrung läßt ihm keine Ruhe. Als er endlich beginnt sich vorzustellen, wie
das wäre, er und ein Kind allein, denkt er nicht zuerst an sich oder das Kind, sondern an
die Reaktion seiner Eltern. Er vermutet, daß sie ihm diese Aufgabe aus der Hand zu
270

nehmen versuchen würden, weiß aber auch, daß dies für ihn als Vater keine akzeptable
Lösung wäre.89

Ich allein, sagt er sich, ich allein müßte. Plötzlich reizt ihn die Idee, etwas
Eigenes zu haben. Endlich eine Antwort zu haben auf die Frage: Was hast du
gemacht bisher? Noch hat er keinen Baum gepflanzt, kein Haus gebaut. Ein
Kind also, wäre das die Antwort? Der Beginn eines geordneten Lebens. Ein
Kind, um nicht spurlos zu verschwinden - unauffindbar in etwas Lebendigem.
Aber dann fragt er sich, wie er das bewerkstelligen sollte, das
ALLTÄGLICHE. Ein Kind gehört zu seiner Mutter, hat er zu oft gehört und
nicht vergessen. Und Thomas sieht Sabine, wie sie vor dem Tisch steht, auf
dem das Kind liegt, und wie sie es wendet, ihm den Brei in den Mund
schiebt. Er könnte das alles nicht. Hat so was nie gelernt.90

Durch ein Kind würde er seine eigenen Möglichkeiten einschränken, könnte er nicht
mehr tun was er tun will und muß. Thomas sieht in dem Kind selbst offensichtlich nicht die
Möglichkeit, sich zu entwickeln und zu vervollständigen, nicht die Antwort auf seine
Lebensfragen. Die Praktikalitäten der Kindesaufzucht erscheinen ihm zu limitierend, er fühlt
sich zu Größerem geboren und behauptet von sich, daß er, wäre er vierzig Jahre früher
geboren, nach Spanien gegangen wäre, denn er meint, 'etwas Großes müsse man sich schon
abverlangen". So habe er es gelernt, kommentiert indirekt die Autorin, vielleicht sei da
zuviel von den großen Taten die Rede gewesen und zu selten von den kleinen Dingen.
Thomas aber kommt es vor, als würden die großen Taten nicht mehr gebraucht. Er hat
Angst, daß man ihn festlegen könnte. "Da müßte er flüchten, unweigerlich, deshalb
vermeidet er alles, was andere veranlassen könnte, ihn in ihre Zukunft zu ziehen. Niemand
soll das tun, solange er seinen Platz noch sucht... "91
Als er dann seiner Chance zur "großen Tat" gegenübersteht, wird er ihr nicht gewahr
und lehnt sie ab, er sieht in Ninas großzügigem Angebot nicht seine Möglichkeit zu einer
bahnbrechenden Tat. Stattdessen verschanzt er sich hinter langen Erörterungen der
Schwierigkeiten, die ein Alltag mit einem Kleinkind notgedrungen mit sich bringen würde
und vergißt dabei, daß Männer und auch die Gesellschaft genau diese Opfer und Anpassung
an die Umstände von Frauen ohne viel Aufhebens verlangen und erwarten. Thomas, der
Mann, kann sich nicht dazu herablassen, sein Leben auf ein Kleinkind zu konzentrieren und
beruflich und freiraummäßig dafür zurückstecken zu müssen; für Nina, die Frau, ist es
hingegen in seinen Augen ganz selbstverständlich, ihren Sohn Aron alleine großzuziehen
und alle damit verbundenen Probleme auf sich zu nehmen. Die durch den Rollentausch
erreichte Verfremdung ermöglicht es der Autorin, neue Perspektiven zu eröffnen: Erst wenn
von einem Mann die einer Frau ohne weiteres abverlangten Verpflichtungen und auch Opfer
gefordert werden wird offensichtlich, wie unerträglich und auch ungerecht diese
Aufgabenverteilung ist.
Nina beweist durch ihr Angebot Thomas gegenüber mehr innere Größe als Thomas
mit seinen augenblicklichen Einstellungen je zu erreichen vermag. Nina kämpft um eine
Verbesserung der zwischenmenschlichen/zwischengeschlechtlichen Beziehungen, setzt sich
immer wieder für Mitmenschen ein und zeigt Anteilnahme und Hilfsbereitschaft, auch wenn
andere sich aus Bequemlichkeit und Desinteresse abwenden. Thomas sieht nicht, daß hier
die wirklich grollen Aufgaben für Gesellschaft und auch Menschheit zu suchen sind, sein
271

eigenes Leben ist für ihn noch immer der Nabel des Weltgeschehens. Dennoch sind hin und
wieder in seinen Überlegungen Anflüge von Verständnis für Nina und ihre Situation zu
verzeichnen, die den Leser auf eine positive Entwicklung seiner Einstellungen hoffen lassen.
Der Mann ist noch nicht fähig, alle ihm gebotenen Möglichkeiten, also auch das Potential
der Rolle des alleinerziehenden Vaters bewußt und mit Absicht aufzugreifen und
auszunutzen. Denn während eine wachsende Anzahl von Frauen sich zu einem Leben als
Alleinerziehende bereitfinden und oftmals auch absichtlich eingehen,92 fallt eine solch
positive und selbstentsagende Entscheidung männlichen Elternteilen offensichtlich nicht nur
schwer, sondern sie läßt sie ganz und gar zurückschrecken. Die Verpflichtung, ein Kind von
Geburt an allein zu erziehen, unterscheidet sich durch ihre Absichtlichkeit und die mit
Selbstverständlichkeit übernommenen elter-lichen Pflichten durch den Kindesvater von durch
Scheidung oder Tod der (Ehe-) partnerin entstandene Restfamilien, bei denen das Element
der bewußten Wahl entfällt. So sieht man einige Beispiele dafür, wie Männer, die sich in
der Position des Oberhaupts einer Restfamilie finden, schnell auf eine neue Ehe einlassen,
um die Verantwortung und die Mühen der Kindererziehung wieder abzugeben oder
wenigstens teilen zu können.93

Was in offiziellen Richtlinien immer wieder formuliert wird,94 wird in der


Frauenliteratur bestätigt: Frau und Familie gehören nach wie vor unumstritten zusammen.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen sind der Emanzipation der Frau durch ihre
Gebundenheit an den Nachwuchs, der sich der Vater noch oft entzieht, Grenzen gesetzt. Die
vom Staat implementierten sozialpolitischen Maßnahmen orientieren die Frau auf ihre
Familie und ihre Kinder, der Mann wird hier - abgesehen von ideologischen Appellen -
noch weitgehend ausgespart. Tatsächlich haben sich die unterstützenden Maßnahmen in der
Praxis häufig als doppelseitiges Schwert erwiesen, wie in den vorausgegangenen Kapiteln
bereits mehrfach aufgezeigt werden konnte. Als erläuterndes Beispiel mag hier die
Einführung des Babyjahres einen Einblick verschaffen: Seit 1986 ist es auch dem Mann
möglich, das Babyjahr für sich in Anspruch zu nehmen, allerdings fand diese Anordnung
zunächst wenig Zuspruch. Ein junger Vater formulierte in Für Dich: "Nee, für mich wäre
das nichts, so lange bloß zu Hause zu sein."95
Im Juli 1987 berichtet die Frauenzeitschrift dann voller Enthusiasmus über den
35jährigen Peter Werthmann, der sich mit seiner Frau Gabi den 18monatigen Babyurlaub
nach der Geburt des dritten Kindes teilt. "Eine Entscheidung, die noch ungewöhnlich ist",
kommentiert die Autorin.96 Werthmann arbeitet am Internationalen Instimt für Journalistik.
Als er dort seinen Wunsch anmeldete, wurde seine Entscheidung "nicht nur akzeptiert,
sondern auch geachtet", obwohl - oder vielleicht gerade weil - es einen solchen "Fall" dort
noch nicht gegeben hatte. Allerdings, so räumt Für Dich in einem Nachsatz ein, begeistert
sei der Chef nicht gewesen, "aber er kennt die Gesetze". Die Auffassungen zum Vaterjahr
seien nach wie vor unterschiedlich. Es gebe viele Männer unter Werthmanns Bekannten,
die solch eine Möglichkeit nie in Anspruch nehmen würden, weil es schließlich
"naturgegeben" sei, daß Kinder zu ihren Müttern gehören. Mitunter stecke dahinter auch
eigene Unsicherheit: Kann ich das überhaupt? Werthmann bemerkt, daß sich seine Kollegen
immer wieder erkundigen, wie er zu Hause alles bewältigt. Eine Frage, die Gabi nie gestellt
wurde. Das Ehepaar erlebt immer wieder, daß Männer betonen: "Ich möchte schon - aber
was würden mein Chef und die Kollegen dazu sagen?" Und es gebe auch genug Frauen, die
fürchten, als "Rabenmutter" dazustehen oder überzeugt sind, die Kinderbetreuung viel
272

besser zu bewältigen als der Mann. Das Vaterjahr werde wohl vorerst die Ausnahme
bleiben, schließt Für Dich. Vielleicht werde es am ehesten beim zweiten oder dritten Kind
in Anspruch genommen, "dann, wenn der Mann sich bereits in der Familie 'sicher' fühlt".97
Die Autorin des Artikels kann sich hier offensichtlich selbst nicht von traditionellen
Einstellungen loslösen: Zum "Vatersein" bedarf es offenbar eines oder gar zweier Versuche
unter der Aufsicht einer Frau, bevor er in eigener Regie die Kontrolle übernehmen kann
und darf, während das "Muttersein" ein angeborenes Talent darstellt, das jeder Frau ohne
weiteres abgefordert werden kann. Das Babyjahr für Väter bleibt somit bisher effektiv eine
nominelle Geste.
Es sind also noch immer die Frauen, die die Pflege des Neugeborenen Übernehmen.
Viele von ihnen beklagen sich, vor dem Babyjahr die Hausarbeit mehr mit ihren Männern
geteilt zu haben.98 Da die Verantwortungslast nach wie vor meistens von den Frauen
getragen wird, wird das Recht auf eine Schwangerschaftsunterbrechung von den Literatinnen
als ein wichtiges Werkzeug angesehen, das zur selbständigen und vom Mann unabhängigen
Lebensführung verhelfen kann und entsprechend für die Emanzipation unerläßlich ist
(Morgner, 1974).99 Die Schriften machen auf Tabus aufmerksam und weisen auf
Lösungsmöglichkeiten, wie z.B. die Umverteilung der Verantwortung auf die Männer hin
(Wiens, 1983).100

Immer weniger Frauen finden Befriedigung in der ausschließlichen Hausarbeit und


Kindererziehung, es ist aber längst nicht nur die Berufstätigkeit der Frau, die sich
geburtenmindernd auswirkt.101 Vielmehr handelt es sich dabei um die Aspekte, die
gegenwärtig die harmonische Verbindung von beruflicher Tätigkeit und den Verpflichtungen
als Hausfrau und Mutter erschweren. Und während die Schriftstellerinnen für die Erhaltung
der bereits bestehenden rechtlichen Regelungen plädieren und deren Wert für die
Gleichberechtigung hervorheben, sind auch DDR-Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler
darauf aufmerksam geworden, daß die über einen langen Zeitraum hinweg unzulängliche
Geburtenrate aus gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Sicht ein Problem darstellt, das
dringend der Analyse und Lösung bedarf.
So stellt Schultze (1978) fest, daß es an Plätzen in Kindergärten und horten mangelt,
die Frau nach wie vor mit dem Großteil der Hausarbeit belastet ist, zu wenig Freizeit hat
und ihre Aufgaben letztenendes auch innerhalb der Familie gewachsen sind. Entsprechend
ihrer gleichberechtigten Stellung in der Gesellschaft nimmt sie in der Familie heute ebenfalls
qualitativ neue, in der Regel zusätzliche Aufgaben wahr. Das spiegelt sich u.a. darin wider,
daß sie neben den bisherigen traditionellen Aufgaben in der Hauswirtschaft, im Rahmen der
Kindererziehung verstärkt an der Kontrolle der Hausaufgaben, an der ehrenamtlichen
Mitwirkung im Elternaktiv der Schule, in entsprechenden Gremien der Kinderkrippe und
des Kindergartens teilhat, aber auch bei der Verwaltung des Wirtschaftsgeldes, bei der
aktiven Freizeitgestaltung usw. verantwortlich mitwirkt.102 Die dadurch entstehenden
Widersprüche haben teilweise ihre Ursache in ideologischen Gründen, die einer
gleichberechtigten Teilnahme des Mannes an der Bewältigung der Hauswirtschaft und
Kindererziehung entgegenstehen. "Daraus resultiert der Widerspruch zwischen dem bei
Männern noch immer anzutreffenden Festhalten an einer längst überholten Rollenverteilung
in der Ehe und einer erforderlichen Unterstützung der Frauen, damit sie von ihrer
Gleichberechtigung umfassend Gebrauch machen können. "1113 Und auch Für Dich erklärt,
daß es darauf ankomme, ob der Partner zu fiause die Arbeit sehe und mit zufasse. E'ies
273

bestimme nicht nur das Familienklima maßgeblich mit, sondern falle auch bei möglichen
Überlegungen zur Planung des Nachwuchses ins Gewicht. Karin M., zweifache Mutter,
sagte dazu:

"Mein Mann schiebt mir alles zu, was den Haushalt betrifft. Abends klappere
ich manchmal absichtlich laut mit dem Geschirr beim Abwaschen. Aber der
Trick zieht schon lange nicht mehr, mein Mann bleibt seelenruhig vorm
Fernseher sitzen. So lieb mir die Kinder sind, ein drittes? Bloß das nicht!104

Neben dem Widerspruch zwischen den Bedürfnissen der Menschen auf materiellem
und geistig-kulturellem Gebiet besteht ebenso ein Widerspruch zwischen dem Bedarf an
ausreichendem Wohnranm und den begrenzten volkswirtschaftlichen Möglichkeiten einer
schnellen Bedarfsdeckung. Schultze beobachtete 1978, daß die Wohnungssituation trotz der
"unbestreitbar großen Erfolge (...) noch immer angespannt" sei.105 Die Beschlüsse der Partei
und Regierung seien auf die Lösung der Wohnungsfrage in der DDR bis 1990 gerichtet.106
Entsprechend berichten Für Dich und auch Sonntag regelmäßig über planmäßig
abgeschlossene Wohnungsbau- und Restaurierungsprojekte.107

Während beruflichen und zeitweilig bestehenden finanziellen Gründen mit Sympathie


begegnet wird, wird der reine Vorzug eines bequemen Lebens vehement kritisiert. Das
Motiv der Überbelastung oder der nur auf sich selbst bezogenen Lebensweise, wie sie einem
Mann fraglos zugestanden wird, wird von offizieller Seite nicht anerkannt. Anhand der in
diesem Zusammenhang angeführten Argumentationen wird abermals deutlich, daß die
Befürchtungen der Autorinnen um den weiteren Bestand des Rechts auf
Schwangerschaftsabbruch nicht unberechtigt waren (Worgitzky, 1982).108
Schultze (1978) beobachtet, daß "verschiedentlich die Zurückhaltung einem oder
einem weiteren Kind gegenüber mit einseitig materiellen Argumenten begründet" wird. Bei
solchen Auffassungen würden Kinder oft als Alternative zu einem bequemen, allein auf
materiellen Wohlstand ausgerichteten Leben empfunden. Eine solche Haltung offenbare
stark ausgeprägte egoistische Züge. Die Überbetonung materieller Aspekte lasse darauf
schließen, daß das Bedürfnis nach Kindern, daß gesellschaftliche Leitbildvorstellungen über
Aufgaben und Bedeutung von Ehe und Familie im Bewußtsein dieser Menschen nur
unvollkommen oder gar nicht entwickelt seien. Daraus ergebe sich ein Widerspruch
zwischen der Notwendigkeit, die Reproduktionsfunktion der Familien verantwortungsbewußt
wahrzunehmen, und vorrangig materiellen Beweggründen, die sich gegen das
Vorhandensein eines oder mehrerer Kinder in der Ehe richteten. Solche Auffassungen seien
in der DDR zwar keine Massenerscheinung, aber sie unterstrichen die Notwendigkeit und
Bedeutung einer "zielgerichteten gesellschaftlichen Einflußnahme auf den
Meinungsbildungsprozeß der Menschen über Ehe und Familie" sowie einer "in der
ehelichen Gemeinschaft erstrebenswerten Kinderzahl". In den Ehen und Familien seien
Stabilitätsfaktoren zu schaffen, die zur inneren Festigung dieser Beziehungen beitrügen und
damit zugleich geeignete Voraussetzungen für eine Erziehung zur bewußten Elternschaft
böten. Ein solcher Erziehungsprozeß soll "den Menschen ihre gegenwärtigen und künftigen
demographischen Interessen bewußt machen".109 Dieser Prozeß scheint in der Tat mit
Nachdruck gefördert zu werden: Königsdorf (1982) läßt eine ihrer Protagonistinnen
resümieren:
274

Kinder gehören (...) zu meinen Vorstellungen von Lebensglück. Das war


einer jener Grundsätze, die einem mit der Muttermilch eingeflößt werden und
die man me in Frage stellt. Höchsten dann, wenn alles vorüber ist.110

Diese Frage stellt sich Schultze nicht. Er konstatiert, daß in Büchern, die eindeutig
über den Rahmen der sogenannten Aufklärungsliteratur hinausgingen, sowie in Beiträgen
in Presse, Rundfunk und Fernsehen gesellschaftlicherseits bereits verstärkte Anstrengungen
unternommen worden seien, um das Leitbild der sozialistischen Ehe und Familie im
Bewußtsein der Familie zu verankern. Zur Erzielung der nötigen "Breiten- und
Tiefenwirkung" sei jedoch eine weitere Ausdehnung dieser Bemühungen notwendig.111
Worgitzky (1982) bringt mittels ihrer Protagonistin Martha ein weiteres Argument
in diese Diskussion ein, indem sie die Existenz der der Frau nachgesagten "natürlichen
Mütterlichkeit" in Frage stellt. Bei einem Mann sei es akzeptabel, wenn er sich lediglich
um die finanzielle Versorgung seiner Kinder bemühe, jedoch keine nennenswerte emotionale
Bindung an sie spüre - niemand würde ihn darum für einen schlechten Menschen halten.
Gestehe aber eine Frau, daß sie sich nichts aus Kindern mache, werde sofort vermutet, daß
ihr "etwas fehle”, "die ist kein vollgültiger Mensch, keine Frau, die ist ehrgeizig, nur auf
ihr berufliches Fortkommen bedacht, eine kalte Person".112
Ähnlich argumentiert auch Kulturtheoretikem Dölling (1986), daß die Mutter-Kind-
Beziehung (bezeichnenderweise spricht man auch von der Mutter-Kind-Symbiose) nur in
ihrer unspezifischen, "sozialen" Ebene erfaßt wird, wenn sie als quasi natürliche Beziehung
verstanden wird, in der das Schutz- und Nahrungsbedürfnis des Kindes und die durch
Schwangerschaft, Geburt, Stillen usw. gegebene emotionale Bindung der Mutter an ihr
leibliches Kind die konstituierenden Momente sind.113 Diese realen Aspekte der Mutter-
Kind-Beziehung und die wechselseitige emotionale Bindung seien ganz gewiß nicht
irrelevant für die Entwicklung des Kindes, nicht umsonst würden vor allem von
Psychologen Diskussionen über das Für und Wider von Krippen geführt, über
kontinuierliche Zuwendung und Wärme, Körperkontakte, die Herstellung eines
"Urvertrauens" zu den Bezugspersonen. Auch die sozialpolitischen Maßnahmen trügen
diesen Erfahrungswerten Rechnung. Aber:

Die ausschließliche (für einen bestimmten Zeitraum) Orientierung der Mutter


auf Pflege, Versorgung und Erziehung der Kinder resultiert weder aus der
"Natur" dieser Beziehung, noch ist die emotionale Zuwendung der Mutter
eine quasi aus deren biologischer Funktion automatisch folgende
beziehungsweise nur von der Mutterfunktion beeinflußte.114

Gerade in der DDR hänge diese Funktion vom Stellenwert der Berufstätigkeit in der
Lebensplanung eines Individuums ab, vom Interesse an Qualifizierung und Weiter-bildung,
den Ansprüchen an vielseitige, gleichberechtigte (Partner-) Beziehungen und welche
gesellschaftlichen und individuellen Bedingungen für die ausgewogene Realisierung all
dieser Ansprüche gegeben seien. Diese verschiedenen, aufeinander bezogenen individuellen
Lebensziele verweisen laut Dölling auf einen bestimmten eesellschafthchen Zusammenhang,
in dem sie überhaupt ausgebildet werden konnten. Sie machen deutlich, daß sie in ihrer
individualisierten Form als Moment eines gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses
begriffen werden müssen. Berücksichtigt werden muß ebenso, daß die Verhaltensnormen,
275

die vermittelt und angeeignet werden, die Fähigkeiten und Eigenschaften der Mutter (der
Bezugspersonen), die vom Kind wahrgenommen werden, als individualisierte "personale
Gegenstandsbedeutungen" Verweis auf gesellschaftliche Verhältnisse sind, die familiäre
Beziehungen, die Funktionsverteilungen zwischen den Familienmitgliedern und ihren
Bewertungen strukturieren und auf deren reproduzierende Betätigung die nachfolgende
Generation in den differenzierten Formen familiärer Vergesellschaftung vorbereitet wird.115
Auch Worgitzky bestreitet nicht, daß die Beschäftigung mit Kindern zur
menschlichen Vollkommenheit gehört, aber sie wendet sich gegen die abwertende Reaktion
der Gesellschaft, die mit doppeltem Maß mißt:

DIE NATUR heißt es da. Was hat DIE NATUR denn dem Mann mitgegeben.
Das Geldverdienen etwa? Die natürlichen Voraussetzungen sind doch längst
völlig verändert und verfälscht, und wenn eine Frau keine mütterlichen
Bedürfnisse hat, dann soll man sie - und vor allem die Kinder! - doch um
Himmels willen damit verschonen und ihr ebenso wie einem Mann
menschliche Anerkennung nicht versagen.116

Worgitzky vertritt die Überzeugung, daß das eigentliche Tabu nicht so sehr den
Schwangerschaftsabbruch als vielmehr die Mütterlichkeit der Frauen betrifft. Was sei denn
mütterlich? Das Bedürfnis und - so hebt sie hervor - die Fähigkeit, also die Eignung, Kinder
aufzuziehen. Aber das Bedürfnis, den Wunsch danach hätten weitaus mehr Frauen, als auch
wirklich dafür geeignet seien. Noch heute würden Männer mit einer Schwangerschaft zur
Heirat erpreßt, hofften alleinstehende Frauen der Einsamkeit durch ein Kind zu entrinnen.
Viele glaubten, ohne Kind kein vollwertiger Mensch zu sein. Aber diese Gründe reichten
nicht aus, um die notwendige selbstlose Liebe aufzubringen, und so überspielten gerade
solche Frauen oftmals ihre Beziehungslosigkeit, indem sie sich mit besonderem Eifer auf
die sichtbare Versorgung, auf Ordnung und Reinlichkeit stürzten. Den meisten Frauen sei
ihre ambivalente Einstellung nicht bewußt, aber ihre Kinder müßten - psychisch und
manchmal auch physisch -darunter leiden. Es gebe eine Menge Frauen, die Kinder haben
wollen und kriegen, obwohl man ihnen eigentlich davon abraten müßte;117 man solle darum
diejenigen, die sich zur Ablehnung bekennen, ungeschoren lassen. Wie oft könne man
hören: Das sind vielleicht welche, denen sind Auto und Datsche wichtiger als Kinder! Und
damit einher gehe der rächende Gedanke, sie mögen gefälligst auch ihr Soll erfüllen und
welche in die Welt setzen, "Kinder als Bestrafung für die Eltern also". Aber die
eigentlichen Bestraften wären eben diese Kinder, denn was sie vor allem brauchten, sei
Liebe, Einfühlungswille und -fähigkeit, Geduld. Gefühle und Haltungen also, die sich nicht
erzwingen lassen.118 Elfriede Brüning (1978) fügt noch die Überlegung an, daß es ja der
Staat selber gewesen ist, der die Frauen von ihrer traditionellen Rolle als Mutter
"abgebracht" hat, daß heute neben der Mutterschaft andere Rollen für Frauen bestehen, die
manchen von ihnen attraktiver erscheinen:

Eine Frau mit vier Kindern kann nicht obendrein im Beruf Aktivistin werden.
Oder wenn sie es darauf anlegt, kommen ihre Kinder zu kurz. (...) Sie können
mir entgegenhalten, daß es heute viele staatliche Einrichtungen gibt, die die
Mütter entlasten. Zugegeben. Doch schon der Neunjährige ist dem Hort
entwachsen und auf sich gestellt... Braucht er wirklich nicht mehr die Mutter
276

? (Natürlich auch den Vater, aber gerade für Alleinstehende spitzt sich das
Problem unerhört zu). Übrigens darf man nicht alle Frauen über einen Kamm
scheren wollen. Es gibt mütterliche Naturen, die im Beruf vorwiegend den
Broterwerb sehen. Und es gibt andere, die, obwohl sie geboren haben,
niemals Mütter werden, weil ihre Interessen woanders liegen. Keine ist ihrer
Veranlagung wegen gering zu schätzen, (...). Je vielseitiger der Beruf der
Frau ist, in umso tiefere Konflikte stürzt er sie, denn sie will weder im Beruf
noch zu Hause Schiffbruch erleiden. Sie befindet sich in einem Teufelskreis,

Und Worgitzky kommt zu dem Schluß:

In einer Weit, in der Frauen nicht die Möglichkeit haben, das Leben, das sie
hervorbringen, vor einem unnatürlichen Tod zu bewahren, kann man nicht
erwarten, daß sie ihre biologische Bestimmung uneingeschränkt als eine
wunderbare empfinden. Aber ich wünsche mir, daß sie sich wenigstens erst
einmal der Kraft bewußt werden, die in ihrer Fähigkeit liegt, das Leben
fortzusetzen.120

Worgitzky plädiert also dafür, den Entschluß, keine eigenen Kinder zu haben,
anzuerkennen und macht gleichzeitig auf den Einfluß aufmerksam, den eine "Verweigerung
aus Gewissensgründen", d.h. die Entscheidung, in dieser Welt, unter den gegebenen
praktischen und/oder auch politischen Lebensumständen auf Kinder zu verzichten, auf das
gesellschaftliche und damit politische Geschehen haben kann. Ihr geht es nicht nur um den
Schwangerschaftsabbruch, sondern um den Fortbestand der Menschen überhaupt, um DIE
NATUR, deren Teil der Mensch ist, "wenn er auch oft und leichtfertig genug meint, er
stünde über ihr; als säße er an einer selbsterfundenen Maschine, deren Hebel und Schalter
er nur richtig zu bedienen braucht, damit sie fort und fort Produkte für den menschlichen
Bedarf ausspuckt".121 Man könne nicht auf der einen Seite wissen, daß die Menschheit ohne
technische Hilfsmittel verhungern würde, und auf der anderen verlangen, daß die Frauen
Kinder kriegen, "wie die Hasen Junge werfen", wie z.B. die katholische Kirche es verlangt.
Dies bedeute die Einengung der Frau auf ihre biologische Bestimmung.122
Diese Argumentationen sind in offiziellen Publikationen bisher ohne Resonanz
geblieben. Ideologische Beweggründe oder auch der einfache Mangel an mütterlichen
Ambitionen, die zur Ablehnung von Kindern führen, finden keine Erwähnung. Statt dessen
hat man sich in der Bekämpfung materialistischer Positionen verbissen und führt Lemn an.
um auf die Verpflichtung der Menschen zur Fortpflanzung hinzuweisen:

Zur Liebe gehören zwei, und ein drittes, ein neues Leben kann entstehen, in
diesem Tatbestand liegt ein Gesellschaftsinteresse, eine Pflicht gegen die
Gemeinschaft.122

Und Solowjow führt dazu weiter aus, daß der höchste Sinn der Liebe des
Menschen" Kinder seien, daß die Liebe "notwendigerweise" mit der Geburt von Kindern
und der Entstehung einer Familie verbunden sei. Lenins oben zitierte Ansicht spiegele "ein
ewiges Gesetz des Lebens wider”.124
277

Aber die Entscheidung zum Kind ist nicht nur eine gesellschaftliche Verpflichtung,
sondern wird ebenso als positiver Aspekt für die Ehe der Eltern dargestellt. Im Kind sähen
sie "die lebendige Synthese ihrer physischen und geistigen Eigenschaften, ihre
Vergangenheit und Zukunft". Das bringe die Ehepartner selbstverständlich näher zusammen,
festigte ihre Liebe und verstärke die gegenseitige Fürsorge. Diese Annäherung werde von
der Gegenliebe der Kinder zu ihren Eltern gekrönt: "Durch seine Liebe schmiedet und fügt
das Kind den Bund der Eltern fester zusammen". Hier wirke eine stabile, zweiseitige, auf
drei Stufen verlaufende moralisch-psychologische Bindung: Mutter - Vater; Mutter - Kind;
Vater - Kind.125 Die hier propagierte Meinung ist überdeutlich: Ein Kind ist für die Ehe von
Vorteil, Kinder nehmen nicht nur, sie geben auch.
Im Sozialismus widerspreche die Gesellschaftsordnung in ihrem Wesen nicht den
Funktionen der Familie, sondern zwischen den Funktionen selbst trete ein Widerspruch auf.
Mit der Erhöhung des Kultur- und Bildungsniveaus der Eltern gehe der Wunsch nach mehr
Kindern durch den Wunsch, ihnen eine bessere Erziehung angedeihen zu lassen, zurück.126

Aber ist es gerechtfertigt, sich die Freuden der Nachkommenschaft nur


deshalb zu verwehren, weil einige Probleme bis heute noch nicht gelöst sind?
Darf man sich jenem spießbürgerlichen, zurückgebliebenen und
selbstsüchtigen Häufchen anschließen, das W.I. Lenin (...) kritisiert hat, das
erschrocken murmelt: "Wenn wir uns nur selber, mit Gottes Hilfe, irgendwie
durchschlagen, auf Kinder verzichten wir aber besser.

Die Erhöhung des materiellen Wohlstandes wird bei der Erhöhung der
Geburtenziffern zu einem "stimulierenden Faktor, die Erhöhung des kulturellen Niveaus
dagegen zu einem "hemmenden". Allerdings sei diese "Hemmung" "diejenige moralische
Beschränkung des Fortpflanzungstriebes..., die zur Herausbildung wissenschaftlicher,
planmäßiger Grundlagen sowohl in der Gesellschaft insgesamt als auch in jeder Familie
führe. Wenn die Einschränkung des Fortpflanzungstriebes moralisch sei, sei es das
wissenschaftliche, planmäßige Herangehen nicht weniger. Das sind lediglich zwei Seiten des
einheitlichen Prozesses der wirtschaftlichen Familienplanung im Sozialismus.128
Für wie wichtig die Bevölkerungsentwicklung seit Beginn der siebziger Jahre gehalten
wird und wie sehr man sich für eine Lösung der bestehenden Probleme einsetzt, läßt sich
z.B. daran ablesen, daß zur Koordinierung der Bemühungen in den sozialistischen Ländern
bereits 1975 die Arbeitsgruppe "Demographie" der 2. Problemkommission der
multilateralen Zusammenarbeit der Akademien der Wissenschaften der sozialistischen
Länder "Evolution der Sozialstruktur der sozialistischen Gesellschaft - Soziale Planung und
Prognostizierung (MPK 2)" geschaffen wurde.129 In der DDR bemüht man sich heute, den
bevölkerungspolitischen Bedürfnissen entsprechend, um eine Propagierung der Zwei- bis
Drei-Kinder-Familie. Speigner (1984) stellt fest, daß die materiellen Lebensbedingungen von
der Erreichung eines Grundniveaus gekennzeichnet seien, das die Zwei- bis Drei-Kinder-
Familie in der weit überwiegenden Mehrheit der Familien ermögliche.1
Auf die Frage nach der für sie idealen Kinderzahl nannten un- bzw. angelernte
Frauen in der Erhebung von 1982 durchschnittlich 2,19, Facharbeiterinnen 2,04 und
weibliche Fachschul- bzw. Hochschulabsolventinnen 2,14 bis 2,29 Kinder. Während nur
26% der Facharbeiterinnen sich mit der Vorstellung von zwei bis drei Kindern anfreunden
konnten, waren es bei den weiblichen Hochschulabsolventen immerhin 40,1%, bei den un-
278

bzw. angelernten Frauen 35,4% und bei weiblichen Fachschulabsolventinnen 33,9%. Diese
Ergebnisse verdeutlichen einerseits eine weitgehend einheitliche Wertorientierung auf die
den Grundwerten der sozialistischen Gesellschaft gemäße Mehrkinderfamilie und
andererseits die unverändert gebliebenen sozialstrukturellen Unterschiede. Vergleicht man
den idealen Kinderwunsch mit dem realen, so stellt man fest, daß dieser mit einem
Durchschnitt von 1,9 nicht unbeträchtlich hinter das ideale Leitbild zurückfällt. Die
Entscheidung über ein drittes Kind wird beispielsweise in allen sozialen Schichten
gleicherweise überwiegend unter dem Gesichtspunkt der Wohnverhältnisse getroffen.
Sozialstrukturelle Unterschiede werden hier nur insofern spürbar, als bei Angehörigen der
Intelligenz auch noch die Frage ausreichender Zeit für die Betreuung und Erziehung des
Kindes eine Rolle spielt, während junge Arbeiter- und Angestelltenfamilien hier mehr die
finanzielle Seite betonen. Hingegen spielt das gesellschaftliche Interesse an Kindern bei der
Entscheidungsfindung aller sozialen Schichten nur am Rande eine Rolle.131
Soziologin Elke Hoffmann berichtet in einem Sonntag-Interview (1984), daß der
gegenwärtige Trend zur Ein- und Zwei-Kind-Familie zeige, daß viele Frauen auf ein drittes
Kind verzichteten, um nicht andere Bedürfnisse in ihrer Befriedigung zeitweise oder
gänzlich zurückstellen zu müssen, während für einige auch das dritte Kind zum Lebenssinn
gehöre.132 Eine Analyse der für die Ablehnung eines dritten Kindes entscheidenden Motive
beweise, daß es vor allem materielle Lebensbedingungen seien, die von den Frauen als
problematisch eingeschätzt würden, um ein Leben mit drei Kindern mit der Gesamtheit ihrer
materiellen und geistig-kulturellen Bedürfnisse vereinbaren zu können. Ein drittes Kind
werde also insbesondere dann abgelehnt, wenn die Wohnungsbedingungen dafür noch als
ungünstig für diese Familiengröße angesehen würden, wenn erhebliche Probleme bei der
Vereinbarung der Betreuung und Erziehung der Kinder, der Aufgaben im Haushalt und der
Berufstätigkeit erwartet werden oder wenn durch das dritte Kind Einschränkungen im
materiellen Lebensniveau befürchtet würden.
Wohnungsprobleme, materielle Einschränkungen und die mangelnde Vereinbarkeit
von Haushalt, Beruf und Kindern sind also nach wie vor die ausschlaggebenden Gründe für
eine Entscheidung gegen das dritte, häufig sogar schon gegen das zweite Kind. Während
der ideale Kinderwunsch eine Erhöhung der Geburtenrate zuzulassen scheint, bleibt der
reale Kinderwunsch, die Anzahl der tatsächlich geborenen Kinder, hinter der zur einfachen
Bevölkerungsreproduktion angestrebten Geburtigkeit weit zurück. Eine erneute
Verbesserung der sozialpolitischen Maßnahmen auf diesem Gebiet in den achtziger Jahren
sollte hier abermals einen Aufschwung erzielen.133 Auch der Ausbau der
Familienförderungsmaßnahmen für kinderreiche Familien mit drei und mehr Kindern und
die häufige Betonung, wie wichtig es für ein Kind sei, unter Geschwistern aufzuwachsen,
dürften hier einzuordnen sein.134 Demograph Speigner zeigt sich jedoch pessimistisch:
"Gegenwärtig muß noch die Schlußfolgerung gezogen werden, daß dieses
bevölkerungspolitische Ziel (die einfache Reproduktion, MMT) in absehbarer Zeit noch
nicht wieder erreicht werden kann.” Er verweist die Erreichung dieses Ziels in die
Zukunft.135
Für Dich hat sich in den vergangenen Jahren bemüht, einen Beitag zur "Pro-Kind-
Propaganda" zu leisten. So beinhaltet z.B. Ausgabe 42 des Jahres 1986 einen Beitrag mit
dem Titel "Stillen: Das Beste fürs Kind",136 der von einem doppelseitigen Poster einer
stillenden Frau begleitet wird, welches den Untertitel "Stillen -Vergnügen zu zweit" trägt
und sich zum Heraustrennen und Aufhängen ("Für unsere Wandzeitung") geradezu
279

anbietet.137 Die gleiche Ausgabe enthält ebenso einen vierseitigen Bericht über das
"Storchennest", einen Babyzubehörladen in Erfurt, der sich durch sein Sortiment und die
Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft seiner Angestellten auszeichnet.138 Durch die
erleichterte Beschaffungsmöglichkeit der Babyausstattung soll offensichtlich ein weiteres
Hindernis in den Gemütern junger Eheleute beseitigt werden. Die Leiterin des Ladens,
Martina Geißenhöhner (36, zwei Kinder), "weiß, wovon sie redet, wenn es um die
Verantwortung des Handels geht"; "Wir wollen, daß die Mütter die dreiviertel Stunde, die
sie durch die 40-Stunden-Woche täglich gewinnen, wirklich für ihre Kinder und die Familie
nutzen können und nicht von Geschäft zu Geschäft laufen müssen. Storchennester gibt
es schon in acht Kreisstädten, bis zum Jahresende sollten sie in allen Kreisstädten des
Bezirks vertreten sein.140
Ausgabe 44 des Jahrgangs wendet fünf Seiten für einen Bericht über Umstandsmode
"Bald zu zweit” auf,141 und eine Seite für "Körperpflege während der Schwangerschaft".14"
Nummer 45 beschreibt den Besuch von Für Dich-Reportern bei einem sowjetischen Ehepaar
mit drei Kindern, dem diese wichtiger sind als Weiterqualifizierung und Urlaube und die
sogar die Geburt eines vierten Kindes nicht ausschließen;143 Ausgabe 49 berichtet über eine
DDR-Familie, die sich trotz zweier Kinder im Alter von dreizehn und sechzehn Jahren noch
zu einem Nachzügler entschlossen, um ihre Ehe neu zu besiegeln.144 Das "Thema Kind" mit
all seinen Nebengebieten wird von Für Dich immer wieder aufgegriffen und den Rezipienten
nahezu ständig auf die eine oder andere Weise zu Bewußtsein gebracht. Betrachtet man
diese Kampagne im Rahmen der bevölkerungspolitischen Bestrebungen wird deutlich,
welche Ziele hier subtil verfolgt werden. Meyer und Speigner (1982) beklagen, daß noch
zu wenig Frauen über die demographische Notwendigkeit der Zwei- bis Drei-Kinder-Familie
informiert seien,145 eine Tatsache, der offensichtlich in Für Dich und auch z.B. Sonntag
verstärkt entgegengetreten werden soll.146 Daß diese Bemühungen in der Bevölkerung selbst
nicht unbeobachtet bleiben, wird deutlich, wenn z.B. Helga Königsdorf über sich selbst
sagt, daß sie ihren "Beitrag zur Bevölkerungsreproduktion" geleistet habe, bevor sie sich
dem Schreiben zuwandte.147 ^ , . , KT . c
Allerdings sind die Bemühungen des Staates längst nicht nur ideologischer Natur. So
bemüht man sich seit Jahren um eine Verminderung der Säuglings- und Müttersterblichkeit
und hat auf diesem Gebiet auch beachtliche Fortschritte gemacht. Im Zeitraum von 1970
bis 1980 konnte die Säuglingssterblichkeit von 18,5 auf 12,1 je tausend Lebendgeborene und
die Müttersterblichkeit von 4,3 auf 2,3 je 10 000 Entbindungen gesenkt werden. Bis 1982
konnten diese Ziffern auf 11,4 bzw. 1,3 weiter abgebaut werden. Damit nimmt die DDR
heute sowohl bei der Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit als auch bei der Bekämpfung
der Müttersterblichkeit einen führenden Platz in der Welt ein.148 Für die gesundheitliche
Betreuung der werdenden Mütter stehen außerdem 869 Schwangerenberatungsstellen und
14 Schwangerenerholungsheime mit insgesamt 592 Betten zur Verfügung. Ausgehend von
der "Richtlinie für die Schwangerenbetreuung" von 1978, wurde die
"Schwangerenbetreuung von der reinen Prophylaxe, wie sie noch für die fünfziger Jahre
üblich war, zur diagnostisch und therapeutisch wirksamen Dispensairebetreuung
entwickelt".149 „ . , „ ...
So positiv diese Daten zunächst auch anmuten - Darstellungen in der Frauenliteratur
lassen die Praxis abermals weniger vorteilhaft erscheinen. Worgitzkys Protagomstin Martha
berichtet detailliert von der Geburt ihres Sohnes, "wir beide (mußten) insgesamt
achtundreißig Stunden kämpfen, ehe wir es geschafft hatten".150 Die Ausführlichkeit ihrer
280

Beschreibung gibt zu der Überlegung Anlaß, ob sie andere Frauen an ihren gesundheitlichen
und seelischen Erfahrungen teilhaben läßt, weil hier generell eine Informationslücke besteht.
Martha zählt all die Schwierigkeiten auf, denen sie während ihrer Schwangerschaft
ausgesetzt war. Sie spricht von Schlaflosigkeit, geschwollenen Knöcheln und Sodbrennen,
Dann aber auch sehr einfühlsam von den inneren Veränderungen, wo Ruhe und
Ausgeglichenheit einzogen und auch eine große Ich-Bezogenheit:

Weltprobleme interessierten mich nicht sonderlich, von mir aus hätten wir die
Zeitung abbestellen können. (...) Ich war mit Wichtigerem beschäftigt. (...)
, (ich) stellte etwas wirklich Unentbehrliches her: neues Leben. (...) Mein
Leib und was in ihm wuchs, war das Zentrum, um das sich alles andere
ordnete - alles Verworrene, Undurchdringliche, Widersprüchliche,
Schmerzliche um mich war aufgehoben, alles lief in Kreisen, die einen Sinn
besaßen, ohne daß man sie im einzelnen entschlüsseln mußte; ein friedliches
In-sich-Ruhen, das Gefühl, die Welt fortzusetzen, das eine große Kraft
verleiht, aber das Bedürfnis nach intellektueller Produktivität mindert.151

Sohn Robert läßt sich mit der Geburt Zeit, Martha hat den errechneten Geburtstermin
schon längst überschritten, als es endlich so weit ist. Und dann kritisiert sie, daß es heute
kaum noch möglich ist, ein Kind bis zum natürlichen Einsatz der Geburtsvorgänge
auszutragen. Heute müßten die Frauen am Ende der Schwangerschaft regelmäßig zu
Fruchtwasserspiegelungen erscheinen, wenn die Ärzte meinen, der Muttermund sei weit
genug geöffnet, werden sie zur Entbindung in die Klinik bestellt: "Etwa nach dem Motto:
Kommen sie Mittwoch früh um acht, da haben wir noch einen Geburtstermin frei."152 Dann
würden die Mütter an einen Wehentropf angeschlossen, elektronisch überwacht, und die
Entbindung gehe im allgemeinen relativ schnell vonstatten. Diese "Mechanisierung" eines
natürlichen Vorganges wird beanstandet: "Eine Geburt ist keine Krankheit. Erst wenn eine
Komplikation droht, sollte man solche Mittel einsetzen." Und auch deren Nachteile werden
nicht ausgespart: "Wurde sie geschnitten?" "Aber ja. Durch die Medikamente geht alles so
schnell, daß nicht genügend Zeit für die natürliche Dehnung bleibt, und so wird jede Frau
prophylaktisch geschnitten und genäht."153
Weiterhin wird bemängelt, daß man sich lange Zeit auf Hygiene spezialisierte, die
auch heute noch so weit getrieben würde, daß man das "schmutzige" Kind sofort entferne
und wasche, bevor man es der Mutter erst im eingewickelten Zustand für eine Weile lasse.
Dann bringe man es in einen gesonderten Raum und die Mutter bekäme es nur zu den
Mahlzeiten zu sehen. Erst allmählich setze sich die Erkenntnis durch, daß die abrupte
Trennung des Kindes von der Mutter seiner Entwicklung nachhaltig schaden könne. "Aber
es dauert eben seine liebe Zeit, ehe sich alle Kliniken - auch von den räumlichen
Voraussetzungen her - umgestellt haben."154 Für Dich berichtet dazu in der
Jahresendausgabe 1986, daß "immer mehr junge Mütter" im engen Kontakt die ersten
Lebenstage ihrer Kinder in Rooming-in-Abteilungen auf Geburtsstationen erleben.155
Genannt wird das Bezirkskrankenhaus Cottbus, wie verbreitet diese Handhabung bisher ist,
läßt sich jedoch nicht abschätzen.
Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch zur Anwesenheit des Vaters bei der Geburt
machen. Für Dich publizierte 1985 einen mehrseitigen Bildbericht über "die Geburt eines
Vaters", der, trotz anfänglicher Zweifel ("ich hatte mir fest vorgenommen: Wenn das Kind
281

kommt, siehst du nur auf die weiße Wand"), jetzt voller Enthusiasmus ist: "Wir haben
unser drittes Kind gemeinsam in die Welt gebracht. Auch ich weiß jetzt: Ein Erlebnis^das
man nicht beschreiben kann. Es war der größte, schönste Moment meines Lebens... In
Meine ungehorenen Kinder (1982) wird einerseits erwähnt, daß "in einigen fortschrittlichen
Kliniken" die Väter die Entbindung miterleben dürften,157 Robert wird jedoch von der
Geburt seiner Tochter ausgeschlossen, "weil sie dort der Überzeugung waren, Väter störten
nur; man hätte nicht genügend Personal, das sich um die Männer kümmern könne, die
’umkippten’, wenn sie ihre Frau so sähen”.158 Für Dich (1985) berichtet aus der
geburtshilflichen Abteilung in Potsdam-Babelsberg, Worgitzky erwähnt, daß Väter in
Rostock bei der Geburt dabeisein dürfen, es scheint demnach wohl so zu sein, daß man in
den Krankenhäusern in Großstädten eher bereit ist, den Vätern einen Einblick zu gewähren.
Und ebenso, resümiert Worgitzkys Protagonistin, wird man eines Tage wieder vom
"Fortschritt" der bei allen Frauen künstlich eingeleiteten Geburt abkommen. Vorläufig sei
man noch zu stolz auf all die schönen Neuerungen, auf all die Erleichterungen für das
Krankenhauspersonal - und für die Mütter. Die möglichen Schädigungen für das Kind
zeigten sich ja erst viel später und würden meist nicht in Zusammenhang damit gebracht:
"Der Mensch ist eben unersättlich in seinem Fortschrittsdrang, aber er weiß zu wenig, um
die Folgen immer richtig abzuschätzen."159
Der Leser bleibt mit dem Eindruck zurück, daß eine Geburt für die Mutter em
wichtiges und unvergeßliches Erlebnis ist, das auf die natürlichste Weise vonstatten gehen
sollte Morgners Protagonistin berichtet nach der Geburt, daß sie an diesem Tag mcht
bedauert habe, eine Frau zu sein."160 Der westdeutsche Journalist Wolfgang Klein (1985)
teilt jedoch die Kritik der Autorinnen, wenn er davon spricht, daß das medizinische und
soziale Betreuungssystem in der DDR zu "beängstigender, aber wirkungsvoller Perfektion
gereift" sei 161 Zehn- bis fünfzehnmal müsse sich die werdende Mutter allein beim
Gynäkologen vorstellen - bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft. Gebe es
Komplikationen, verlange der Arzt eine noch gründlichere Überwachung. Auch die
Fürsorgerin mache frühzeitig ihren Hausbesuch: Ist alles so geregelt, daß hier ein Kind groß
werden kann? Kurz vor der Niederkunft erscheine sie unangemeldet noch einmal: Immer
noch alles in Ordnung? Wickeltisch und Kinderbett vorhanden?162
Runge (1985) macht darauf aufmerksam, daß der sehnliche Wunsch zahlreicher
Ehepaare nach einem Kind nur mit aufwendiger medizinischer Hilfe zu realisieren sei und
die DDR-Gesellschaft für solche Behandlungen beträchtliche Mittel bereitsteile. Auch die
Ende der siebziger/ Anfang der achtziger Jahre in vielen Zeitschriften geführte Diskussion
um das "Retortenbaby" sollte in diesem Zusammenhang Beachtung finden. So halt
Gynäkologe Helmut Kraatz diesen Weg bei weiterer Vervollkommnung der Teclmiken in
der Zukunft für gangbar",164 weist aber auch auf die erhöhte Verantwortung der beteiligten
Wissenschaftler hin. Auch Molekularbiologe Erhard Geißler (1984), einer der eifrigsten
Verfechter der Gentechnik in der Akademie der Wissenschaften, unterstreicht diese
Verantwortung, kritisiert jedoch Autoren wie Brezan, Schuhmacher und auch Christa Wolf,
die in ihrer "Vierten Frankfurter Vorlesung" - wie ähnlich auch an anderen Stellen -
bekennt- "Der Preis für die Art Fortschritt, den die Institution Wissenschaft seit längerem
hervorbringe, (...), sei (ihr) allmählich zu hoch”.165 Geißler halt dies für den
"unbegründeten Wissenschaftspessimismus" "verängstigter Gemüter und wirft den
Schriftstellern vor den wissenschaftlichen Fortschritt zu hemmen, denn er furchtet, daß
sich die Künstler (auch) in diesem Falle nicht von den anderen Mitgliedern unserer
282

Gesellschaft, von den anderen Bürgern unseres Staates unterscheiden" und vermutet werden
muß, "daß weite Kreise unserer Bevölkerung mehr oder weniger einen möglichen
Mißbrauch des wissenschaftlichen-technischen Fortschritts befürchten”.166
Geißlers Artikel führte zu einer in Sinn und Form publizierten Diskussion zwischen
führenden Wissenschaftlern und Forschern, die die kritische Haltung der Autoren
befürworteten und die Ambivalenz der neuen Technologien hervorhoben. Auch an den
Mißbrauch der Wissenschaften im Rahmen der Rassenverfolgung unter Hitler wurde
erinnert. Die Verunsicherung der breiten Masse wurde hier überdeutlich. Lemke (1986)
folgert, daß der wissenschaftliche Fortschritt und seine ethischen und philosophischen
Implikationen in der DDR neu durchdacht werden und daß es sich dabei nicht nur um eine
Randerscheinung handele, sondern um eine Entwicklung unter einflußreichen
Wissenschaftlern.167 Dies würde bedeuten, daß die Autoren an dieser Debatte Anteil
genommen haben, wenn nicht sogar für ihre Auslösung verantwortlich zu machen sind.

Sind die Kinder jedoch erst einmal geboren, tut man sich trotz aller Bemühungen mit
der Betreuung häufig noch schwer. Die staatlichen "Hilfestellungen" lassen in der Praxis
nicht selten noch zu wünschen übrig. Brigitte Rothe, Fürsorgerin in einer
Mütterberatungsstelle, möchte, "daß die Eltern Vertrauen haben, wissen, daß sie in der
Mütterberatung Partner finden, die ihnen bei allen Problemen mit ihrem Kind helfen".
Aber, so gibt Für Dich zu bedenken, gründliche Beratung und Vertrauensbildung seien auch
eine Zeitfrage: Nicht mehr als acht Kinder sollten laut Richtlinien pro Stunde vorgestellt
werden. In Dresden seien es in manchen Einrichtungen jedoch bis zu sechzehn, auch in den
Neubaugebieten anderer Großstädte sähe es ähnlich aus. "Da bleibt wenig Gelegenheit für
ein ausführliches Gespräch." Ziel sei jedoch eine "Betreuung", keine "Abfertigung".168
Kritisiert werden auch die veralteten Ausstattungen vieler Einrichtungen und die
Wartezeiten, die bis zu vier Stunden betragen können.169 Hat eine Mutter all diese
Erfahrungen mit ihrem ersten Kind gesammelt, werden diese Faktoren bei der Entscheidung
für oder gegen weitere Kinder sicher eine nicht unwichtige Rolle spielen.

Bleibt als Fazit festzuhalten: während die Schriftstellerinnen um das Recht der Frau
auf eine freie und unbeeinflußte Wahl für oder gegen ein Kind plädieren und sich
entsprechend für den Erhalt und die Enttabuisierung der Abtreibung aussprechen, ist der
Staat um den Fortbestand der Bevölkerung besorgt und bemüht sich um eine Steigerung der
Geburtenrate. Den Autorinnen wiederum geht es darum, das Wunschkinder (im Sinne von:
der Entschluß zur Schwangerschaft ist von seiten der Frau bewußt und ohne Bedrängnis
getroffen worden, sie möchte das Kind, sie sieht darin eine Bereicherung für ihr Leben)
geboren werden, während der Staat davon ausgeht, durch sein sozialistisches
Gesellschaftssystem alle Probleme, die zur Ablehnung von Kindern führen könnten, beseitigt
zu haben. Der öffentlichen Auffassung nach werden in der DDR nur noch Wunschkinder
(im Sinne von: die Aufzucht eines Kindes wird von staatlicher Seite großzügig unterstützt)
geboren (Grandke, 1986).170 Hier stoßen gegensätzliche Interessen aufeinander. Worgitzkys
Befürchtung, daß die unzureichende Geburtenrate zu einer erneuten Einschränkung des
Rechts auf Abtreibung führen könnte, erscheint angesichts der noch immer ausgeprägten
Tabuisierung und des säumigen Verhaltens der Regierung bis zur Abschaffung des § 218
im Jahre 1972 nicht unberechtigt.171
283

Die sozialpolitischen Maßnahmen haben einen für den Staat nur unbefriedigenden
Einfluß auf das Reproduktionsverhalten in der DDR ausgeübt. Sie scheiterten an der
Berufstätigkeit der Frau, den erhöhten geistig-kulturellen und materiellen Ansprüchen, dem
höheren Bildungsgrad der Frauen, der eine geringere Geburtsbereitschaft mit sich bringt,
den wenig zufriedenstellenden Wohnverhältnissen und der ungleichen Verteilung der
Hausarbeit zwischen Mann und Frau (Schultze, 1978).172 Dennoch wird der Wunsch, keine
Kinder haben zu wollen, von offizieller Seite als egoistisch und kleinbürgerlich abgelehnt.
Das von den Literatinnen vorgetragene Argument, daß nicht jede Frau Mutter sein möchte
oder sich nicht dazu geeignet fühlt, bleibt ohne offizielle Resonanz, das Ablehnen von
Kindern wird moralisch nicht akzeptiert. Die Behauptung, jedes in der DDR geborene Kind
sei ein Wunschkind, kann unter den gegebenen Umständen kaum anerkannt werden. Gerade
Charlotte Worgitzky hat in ihrem Werk aufgezeigt, daß die Entscheidungsfreiheit für oder
gegen ein Kind, die für die "Produktion" eines Wunschkindes unerläßlich ist, nur sehr
bedingt gewährleistet ist.
Die Literatur zeigt auf, daß trotz der Einführung der Schwangerschaftsunterbrechung
1972 Frauen nach wie vor durch moralischen Druck und das Erzeugen von Schuldgefühlen
in die Enge getrieben werden. Viele von ihnen fürchten sich vor einer Beeinflussung, fühlen
sich mit der Verantwortung alleingelassen, da eine objektive, nichtwertende und -
verurteilende moralische Unterstützung nicht gewährleistet ist. Zuflucht finden sie somit
häufig nur bei Freundinnen und auch bei den Autorinnen, die sich in die Situation der
Frauen einfühlen können oder sie schon selbst erlebt haben. Mit deren Hilfe gelingt es
ihnen, ihre Ablehnung heute häufiger und deutlicher zu zeigen, hier treffen sie auf
Verständnis, weil ihr Lebensraum durch Kinder stärker eingeschränkt wird als der der
Männer. "Männer haben es darin leichter, solange sie nicht verpflichtet sind, immer, wenn
das Kind sie braucht, verfügbar zu sein. Und für die Frauen wird sich das nicht
befriedigend ändern, solange wir in einer Welt leben, in der die Menschen mit Zensuren
und Geld an abrechenbaren Leistungen gemessen werden. "173 Wiens zeigt in ihrem Roman,
einen Mann, der, mit der Entscheidung und den damit verbundenen Konsequenzen
konfrontiert, nicht fähig ist, sie zu einem positiven Ende zu bringen.
Weiterhin zeigen die Literatinnen, daß auch in einer sozialistischen Gesellschaft das
"Ja" zum Kind noch nicht hoch genug bewertet wird. In der Theorie und in den offiziell
propagierten Leitbildern mag sich das zwar weitgehend so ausgestalten, aber im Leben, im
Verhältnis zwischen Mann und Frau und vor allem im Bewußtsein des Mannes bilden Frau,
Geburt, Kind, Erziehung und Haushalt eine feste und unumstößliche Einheit, zu der sie sich
nur vereinzelt und als Individuen Zugang verschaffen. Wie sich diese Beziehungen zwischen
den Geschlechtern im einzelnen verändern sollen, was die Frauen von den Männern
erwarten, soll im nächsten Teil ausgeführt werden.
Dölling argumentiert, daß die bisher von der Regierung eingeleiteten Gesetze und
Regulierung zur Gleichverpflichtung der Geschlechter in Bezug auf Haushalt und
Kindererziehung nur unzureichend Eindruck gemacht haben, die an die Frau gerichteten
Vergünstigungen, die als Hilfestellung dienen sollten, verfestigen ihre traditionelle Funktion
in der Familie.174 Die in diesem Kapitel analysierten Überlegungen und Argumente
unterstreichen das 1986 von Irene Dölling formulierte Resümee:

Dennoch bleibt auch in Zukunft noch viel zu leisten, um einerseits die


möglichen negativen Wirkungen, die sich aus der Berufstätigkeit der Frauen
284

für die Kinder ergeben, möglichst gering zu halten und andererseits die
berufliche Entwicklung der Frauen durch die Realisierung ihrer
Mutterfunktion nicht so zu behindern, daß sie soziale Unterschiede zwischen
den Geschlechtern befestigen oder gar vertiefen.175

Fußnoten

1 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 29.
2 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Dölling, Irene: Individuum und
Kultur. Berlin (DDR): 1986. Schwarz, Gislinde: "Typisch Frau? Typisch Mann?” Für Dich. 1987 Nr
25, Seite 27-29.
3 Stachowa, Angela: Die Meerschweinchen unserer Kindheit.-In: Geschichten für Maika. Halle (Saale) und
Leipzig: 1978. Seite 116-130. Hier Seite 125.
4 Bemerkungen. Beitrag von Barbara Faensen. Der Weltbühne. 1.Januar 1980, 75. Jg., Nr. 1, Seite 52.
5 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 133.
6 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 130.
7 ebenda, Seite 265f.
8 Brüning, Elfriede: Renate.-In: Partnerinnen. Frankfurt (Main): 1982. Seite 67-99. Hier Seite 95f.
9 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar- 1987. Seite 276.
10 Lange, Inge: Der besondere Tag. Für Dich. 1989, Nr. 41, Seite 2f. Hier Seite 2.
11 Stoph, Willi: Bericht zur Direktive des VIII. Parteitages der SED zum Fünfiahrplan für die Entwicklung
der Volkswirtschaft der DDR in den Jahren 1971 bis 1975. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1971. Seite 51.
Vgl. Gesetz über den Ministerrat der DDR vom 16. Oktober 1972.-In: Gesetzblatt der DDR Teil I Nr
16, V. 1972, § 7.
12 Wendt, Hartmut: Ein günstiges demographisches Klima. Spectrum. 1983, Nr. 11, Seite 26f.
13 Helwig, Gisela: Stichwort: Zwanzig Jahre Familiengesetzbuch. Deutschland Archiv 1986 19 Jg Nr
3, Seite 244-245.
14 Honecker, Erich: Die Geburtenrate steigt wieder.-In: Aus meinem Leben. Berlin (DDR): Dietz Verlag
1980. Seite 319-328. Hier Seite 327. Walther, Rosemarie: Familienbeziehungen... Einheit. 1979, 34. Jg.,
Nr. 11, Seite 1159. Vgl. hierzu auch Lehmann, Astrid: Wenn die Sonne rar wird. Kinderkuren in Bad
Muskau. Für Dich. 1987, Nr. 46. Seite 6-11. Ebenso wird die ''Kinderfeindlichkeit" der imperialistischen
Staaten angeprangert. Vgl. z.B. Schulz, Kathi: Was ist kinderfeindlich? Für Dich. 1984. Nr. 3, Seite 6;
Hussein, Brigitte / Worch, Katja: Junge Leute aus dem Ruhrpott. Für Dich. 1987, Nr. 46, Seite 24-27'.
Hier Seite 26.
15 Schultze, Helmut. Wesentliche Einflüsse auf das reproduktive Verhalten der Menschen und ihre
Bedeutung für die demographische Entwicklung. Wirtschaftswissenschaft. 1978, 26. Jg., Nr. 5, Seite 546-
564. Hier Seite 546 und 549. Wendt, Hartmut: Ein günstiges demographisches Klima. Spectrum. 1983,
Nr. 11, Seite 26. Enders, Ulrike: "...damit sie ihre Pflichten..."-In: Lebensbedingungen in der DDR
Köln: 1984. Seite 43. Helwig, Gisela: Emanzipation und Frauenpolitik. Deutschland Archiv. 1987, 20.
Jg., Nr. 9, Seite 898.
16 Lange, Irene: Die berufstätige Frau in der sozialistischen Gesellschaft. Neuer Weg 1977 32 1p Nr 7
Seite 755.
17 Herve, Florence: Familienpolitik in der DDR.-In: Brokmeier, Peter / Rilling, Rainer (Hrsg): Beiträge zur
Sozialismusanalyse II. Köln: Pahl-Rugenstein Verlag 1979. Seite 221-243. Hier Seite 238.
18 Vgl. Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-Indies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 865-877.
19 Es scheint auch so, daß die Bevölkerung die Bemühungen des Staates als Anreiz zur Steigerung der
Geburtenrate versteht, denn in der DDR hat sich seit Einführung des zinslosen Ehekredites, der mit
zunehmender Kinderzahl mehr und mehr abgebaut wird, der umgangssprachliche Ausdruck des
"abkindems” eingebürgert, der sich auf eben diese Maßnahme bezieht.1 In einer in elf Frauenkliniken der
DDR durchgeführten Umfrage gaben viele der Befragten neben der Möglichkeit der bezahlten Freistellung
den Ehekrediterlaß als "einen großen Einfluß" für die Planung des von ihnen erwarteten Kindes an.
Henning (1984) errechnete folgende Daten:
285

Tabelle III Einfluß des Krediterlasses auf die Planung


der Schwangerschaft nach Anzahl der geborenen
Kinder und nach Qualifikation
(n = 1407, Angaben in Prozent)2

Einfluß des Krediterlasses auf die Planung der Schwangerschaft

ja nein gesamt

Geborene Kinder

Ein Kind 29 71 100

Zwei Kinder 38 62 100

Drei Kinder 55 45 100

Qualifikation

Facharbeiter 36 64 100

Fach- und Hoch¬ 22 78 100


schulabschluß

Schüler, Lehrlinge 34 66 100


und Studenten

Es ist nicht zu übersehen, daß sich mit zunehmender Kinderzahl der Einfluß des Krediterlasses auffallend erhöht,
man kann daher annehmen daß er für die Geburt eines dritten Kindes oftmals ausschlaggebend ist.

1 Ahrends, Martin (Hrsg): Trabbi, Telesnareel und Tränenpavillon. Das Wörterbuch der DDR-Sprache.
Originalausgabe. München: Wilhelm Heyne Verlag 1986. Seite 11. Vgl. hierzu auch Klein, Wolfgang: Ihr
Kinderlein kommet! - Dem Klapperstorch Flügel machen.-In: Filmer, Werner / Schwan, Heribert (Hrsg): Alltag
im anderen Deutschland. Düsseldorf/Wien: ECON Verlag 1985. Seite 124-131. Hier Seite 128.
2 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind?. Berlin (DDR): 1984. Seite 101.

20 Wendt, Helmut: Ein günstiges demographisches Klima. Spectrum. 1983, Nr. 11, Seite 27.
21 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982; dies.: Vieräugig oder blind.
Berlin (DDR): 1978; Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Helmecke, Monika:
Klopfzeichen.-In: Klopfzeichen. Berlin (DDR): 1982. Seite 113-132.
22 Heinz, Simon: Frauen zur Kasse gebeten? Wieder Diskussionen um den § 218. Für Dich, 1984, Nr. 13,
Seite 29. Hofmann, Annegret: Akazienspitzen und "Cyankali". Aus der Geschichte der Frauenheilkunde
(7). Für Dich. 1984, Nr. 52, Seite 30f.
23 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind? Berlin (DDR): 1984. Seite 125.
24 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin: 1982. Seite 33f.
25 ebenda, Seite 181 f.
26 Honecker, Erich. Die Geburtenrate steigt wieder.-In: Aus meinem Leben. Berlin (DDR): 1980. Seite
320f.
27 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind? Berlin (DDR): 1984. Seite 126.
28 Mehl an, Karl-Heinz: Wunschkinder? Familienplanung. Antikonzeption und Abortbekämpfung in unserer
Zeit. Rudolstadt: Greifenverlag 1974. Seite 62
29 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind- Berlin (DDR): 1984. Seite 128.
30 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 182.
31 Rothe, J.: Zu Grundlagen für den internationalen Vergleich der "Müttersterblichkeit". Zentralblatt für
Gynäkologie. 1974. 96. Jg., Nr. 13, Seite 385-390. Hier Seite 388.
32 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 507-
516.
33 ebenda, Seite 517
286

34 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 182.
35 ebenda, Seite 299.
36 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind? Berlin (DDR): 1984. Seite 135 und 184.
37 ebenda, Seite 188
38 ebenda, Seite 185
39 ebenda
40 ebenda, Seite 213

Tabelle IV Zusammenstellung der wichtigsten Gründe zur


Schwangerschaftsunterbrechung
(Interruptiopatientinnen, n = 2700, Angaben in Prozent)

Gründe zur Interruptio

Kein weiterer Kinderwunsch mehr vorhanden


(Familienplanung abgeschlossen) 33

Patientin fühlt sich zu jung oder zu alt


für ein Kind oder ein weiteres Kind 24

Familiäre Gründe und Belastungen 23

Finanzielle Gründe 19

Altersabstände der Kinder entsprechen


nicht den Vorstellungen der Patientin 17

Ungenügende Wohnverhältnisse 15

Qualifizierung, Weiterbildung 15

Gesundheitliche Gründe 15

Keine Unterbringungsmöglichkeiten
für die Kinder (Kinderkrippe) 7

Aufgrund der Mehrfachnennungen ist die Summe größer als 100 Prozent. (Wiedergegeben nach ebenda, Seite 207)

41 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 295.
42 ebenda, Seite 296
43 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 151.
44 ebenda, Seite 185
45 Grandke, Anita: Festigung der Gleichberechtigung und Förderung bewußter Elternschaft. Neue Justiz
1972, 26. Jg., Nr. 11, Seite 313-319. Hier Seite 316.
46 Keune, H.G. / Rothe, J.: Zur ärztlichen Aufklärung und Beratung nach dem Gesetz über die
Unterbrechung der Schwangerschaft. Das deutsche Gesundheitswesen. 1973, 28. Jg., Nr. 12, Seite 529-
538. Hier Seite 530.
47 Röhner, Regina: Das Möbiussche Band.-In: Holunderzeit. Erzählungen. Halle (Saale) und Leipzig:
Mitteldeutscher Verlag 2. Auflage 1982. Seite 111-123. Hier Seite 120.
48 Helmecke, Monika: Klopfzeichen.-In: Klopfzeichen. Berlin (DDR): 1982. Seite 116.
49 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 226.
50 ebenda, Seite 7f.
51 ebenda, Seite 238
287

52 Pfüller, Bettina / Bollmann, R.: Der Einfluß des vorzeitigen Schwangerschaftsabbruchs auf nachfolgende
Schwangerschaft und Geburt. Das deutsche Gesundheitswesen. 1980, 35. Jg., Nr. 4, Seite 139-142.
53 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind? Berlin (DDR): 1984. Seite 194.
54 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 289.
55 ebenda, Seite 290
56 "Leichtsinn und Unwissenheit". Frühschwangerschaften in der DDR. Frankfurter Allgemeine. Nr. 212,
13.9. 1986, Seite 9.
57 In der DDR mehr Abtreibungen bei jungen Mädchen. Frankfurter Allgemeine. Nr. 78, 2.4. 1987, Seite
8.
58 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 288.
59 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 5f.
60 Iser, Dorothea: Neuzueang. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben 2.Auflage 1987. Seite 69.
61 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 314 und 302f.
62 ebenda, Seite 82
63 Hoffmeister, St.: Widersprüchliche Beichte. Für Dich. 1983, Nr. 16, Seite 18f.
64 Bernhard, Heidrun L. / Lewin, Waltraut: Meine ungeborenen Kinder von Charlotte Worgitzky.
Buchverlag Der Morgen. Sonntag. 1983, 37. Jg., Nr. 16, Seite 4.
65 ebenda
66 ebenda
67 Helmecke, Monika: Klopfzeichen.-ln: Klopfzeichen. Berlin (DDR): 1982. Seite 115.
68 ebenda, Seite 117
69 Worgitzkys Protagonistin "stellte immer wieder fest, daß alle, mit denen sie darüber redete, daran
interessiert waren, eigene Erfahrungen beisteuerten, manchmal besonders Frauen ihrer Generation,
offenbar froh, sie aussprechen zu können". In: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite
63.
70 Wiens hingegen spricht von der Angst, die die Frauen stiller erscheinen läßt, als sie es sonst sind. "Über
den Abbruch sprechen sie selten, noch seltener über die Gründe. Die meisten haben ein schlechtes
Gewissen. Sie verschweigen die Abtreibung, wie sie die Schwangerschaft verschwiegen. Wenn alles
vorbei ist, finden die Frauen oft schnell in ihr Leben zurück. Vergessen können sie nicht." In:
Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite llf.
71 Helmecke, Monika: Klopfzeichen.-In: Klopfzeichen. Berlin (DDR): 1982. Seite 120.
72 ebenda, Seite 122
73 ebenda, Seite 132
74 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 67.
75 ln einer Zuschrift einer Leserin an die Armeerundschau heißt es hierzu: "Die meisten Männer haben
Vorurteile gegenüber Frauen mit Kindern. Einem Mann, der Unterhalt zahlen muß, steht es ja nicht auf
der Nase geschrieben, daß er Vater ist. Aber meine süßen Anhängsel sieht jeder.” Postsack.
Enttäuschung. Leserbrief von Anita Borsch, Brand-Erbisdorf. Armeerundschau. 1982, Nr. 10, Seite 17.
Vgl. hierzu auch Teil III dieser Arbeit.
76 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 56.
77 ebenda, Seite 67
78 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 308.
79 ebenda, Seite 77f.
80 Helmecke, Monika: Klopfzeichen.-In: Klopfzeichen. Berlin (DDR) 1982. Seite 113.
81 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 208.
82 Worgitzky, Charlotte: Aus den Akten der Hölle.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 88.
83 ebenda, Seite 97
84 ebenda, Seite 101
85 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 69-72.
86 ebenda, Seite 72
87 ebenda, Seite 73
88 ebenda. Seite 146
89 ebenda, Seite 184f.
90 ebenda, Seite 185
91 ebenda, Seite 170
288

92 Vgl. Kleine Meldungen. Frankfurter Allgemeine. 1986, Nr. 270, 21.11.86, Seite 9. Hier wird berichtet,
daß etwa 40 Prozent der erstgeborenen Kinder in der DDR von ledigen Müttern geboren wurden, in der
BRD zum Vergleich unter zehn Prozent. Kirsch, Sarah: Merkwürdiges Beispiel weiblicher
Entschlossenheit.-In: Lutz-W. Wolff (Hrsg.): Frauen in der DDR. München: 1979. Seite 182-192. Vgl.
hierzu auch Teil III dieser Arbeit.
93 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 15.
94 Vgl. z.B. Artikel 38 (3) der Verfassung der DDR (1974): "Mutter und Kind genießen den besonderen
Schutz des sozialistischen Staates." Und: Gesetz über den Mutter und Kinderschutz und die Rechte der
Frau vom 27.September 1950. GBl. Nr. 111, Seite 1037.
95 Grandke, Anita: Familienförderung,... Berlin (DDR): 1986. Seite 101. Wagner, Olaf: Gleichberechtigt -
aber wie? Beitrag zur Für Dich-Leserdiskussion "Beruf und Familie - was uns fördert, was uns hemmt".
Partnerschaft, die Partner schafft. Für Dich. 1986, Nr. 34, Seite 12-15. Hier Seite 15.
96 Schwarz, Gislinde: Im "Vaterjahr". Für Dich. 1987, Nr. 30, Seite 6-9. Hier Seite 8.
97 ebenda, Seite 9
98 Z., Judith: Ehestreit nach dem Babyjahr. Beitrag zur Für Dich-Leserdiskussion "Beruf und Familie -Was
uns fördert, was uns hemmt". Nur für’s Baby dasein? Für Dich. 1986, Nr. 50, Seite 2
99 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 517.
100 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985.
101 Vgl. hierzu Kapitel II. 10 dieser Arbeit.
102 Schultze, Helmut: Wesentliche Einflüsse... Wirtschaftswissenschaft. 1978, 26. Jg., Nr. 5, Seite 557f.
Vgl. auch Solowjow, Nicolai: Ehe und.... Berlin (DDR): 1980. Seite 80, 63, 64 und 67.
103 ebenda, Seite 559. Vgl. auch Meyer, Dagmar / Speigner, Wulfram: Zum Reproduktionsverhalten
verschiedener sozialer Gruppen in der DDR. Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1981. Berlin
(DDR): 1981. Seite 158-179. Hier Seite 174.
104 Starke, Ingeburg: Wunschkinder. Für Dich. 1984, Nr. 34, seite 18-20.
105 Schultze, Helmut: Wesentliche Einflüsse... Wirtschaftswissenschaft. 1978, 26. Jg., Nr. 5, Seite 561.
106 Vgl. z.B.: Damit unser Wohlstand weiter wächst. Für Dich. 1986, Nr.49, Seite 2 und 3.
107 Vgl z.B. Hoffmann, Regina / Tenner, Conrad: Zweimillionste Wohnung an Arbeiterfamilie. Sozialpolitik
schafft Glück und Geborgenheit. Für Dich. 1984, Nr. 8, Seite 4-9. Daß bei diesen Planungen, vor allem
in Bezug auf die Altbaurenovierung auch öfter einmal Abstriche gemacht werden müssen und beachtliche
Unanehmlichkeiten und Verzögerungen eintreten, wird 1987 in Sonntag dargelegt. Vgl. Thöns, Peter:
Siebenhundert Wohnungen sind siebenhundert Charaktere. Jutta Leschke, Wohnungswirtschafterin.
Sonntag. 1987, 41. Jg., Nr. 51, Seite 7.
108 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 33f. und 181f.
109 Schultze, Helmut: Wesentliche Einflüsse... Wirtschaftswissenschaft. 1978, 26. Jg., Nr. 5, Seite 562.
110 Königsdorf, Helga: Die Wahrheit über Schorsch.-In: Der Lauf der Dinge. Berlin (DDR) und Weimar:
1982. Seite 41-50. Hier Seite 45.
111 Schultze, Helmut: Wesentliche Einflüsse... Wirtschaftswissenschaft. 1978, 26. Jg., Nr. 5, Seite 563. Vgl.
auch die Ausführungen in Kapitel III.2 über die von der politischen Führung propagierte Vorbereitung
auf Ehe und Familie.
112 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 266. Vgl. Brüning,
Elfriede: Barbara.-In: Partnerinnen. Frankfurt (Main): 1982. Seite 21-66.
113 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 68.
114 ebenda, Seite 69
115 ebenda
116 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 266.
117 ' ebenda
118 ebenda, Seite 267; vgl. auch Zeplin, Rosemarie: Alpträume aus der Provinz. Roman. Berlin (DDR) und
Weimar: Aufbau Verlag 2. Auflage 1986. Seite 194.
119 Brüning, Elfriede: Renate.-In: Partnerinnen. Frankfurt (Main): 1982. Seite 67-99. Hier Seite 78f.
120 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 273.
121 ebenda, Seite 313f.
122 ebenda, Seite 314
123 Zitiert nach Zetkin, Clara: Erinnerungen an Lenin. Berlin (DDR): 1957. S. 73.
124 Solowjow, Nicolai: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 119.
125 ebenda, Seite 110
289

126 ebenda, Seite 34


127 ebenda, Seite 34f.
128 ebenda, Seite 39
129 Speigner, Wulfram: Aus der Arbeit der Arbeitsgruppe "Demographie” der Multilateralen
Problemkommission (MPK) 2.-In: Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1984. Berlin (DDR): 1984.
Seite 194-196.
130 Speigner, Wulfram: Theoretische Ausgangsposition der Einflußnahme auf die Veränderung des
Reproduktionstyps der Bevölkerung.-In: Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1984. Berlin (DDR):
1984. Seite 110-114. Hier Seite 113.
131 Speigner, Wulfram: Die Bevölkerungsreproduktion - Bestandteil des gesellschaftlichen
Reproduktionsprozesses.-In: Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1985. Berlin (DDR): Akademie
Verlag 1985. Seite 233-256. Vgl. Seite 244-252. Siehe auch Meyer, Dagmar / Speigner, Wulfram:
Bedürfnisse und Lebensbedingungen in der Entscheidung der Frau über ein drittes Kind.-ln: Jahrbuch für
Soziologie und Sozialpolitik 1982. Berlin (DDR): 1982. Seite 113-146. Hier Seite 141.
132 Rammelt, Renate. Eins, zwei... drei? - Interview mit Diplomsoziologin Elke Hoffmann. Soziologen gehen
der Frage nach: Wieviel Kinder wünschen sich junge Ehepaare? Sonntag. 1984, 38. Jg., Nr. 15, Seite
8.
133 Vgl. Verordnung über die Erhöhung des staatlichen Kindergeldes für das dritte und jedes weitere Kind
vom 29. Oktober 1981. Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik. 1981, Teil I, Nr. 33, Seite
381. Verordnung über die Verbesserung von Leistungen nach der Geburt des dritten und jedes weiteren
Kindes und für verheiratete werktätige Mütter mit drei und mehr Kindern bei Pflege erkrankter Kinder
vom 24. Mai 1984 Gesetzblatt der Deutschen Demokratischen Republik. 1984, Teil I, Nr. 16, Seite 193-
194.
134 Walther, R.: Familienbeziehungen... Einheit. 1979, 34. Jg., Nr. 11, Seite 1162f. Grandke, Anita:
Familienförderung ... Berlin (DDR): 1986. Besonders S. 10. Helwig, Gisela: Stichwort: 20 Jahre
Familiengesetzbuch. Deutschland Archiv. 1986, 19. Jg., Nr. 3, Seite 244-245. Starke, Ingeburg:
Wunschkinder. Für Dich. 1984, Nr. 34, Seite 20.
135 Speigner. Wulfram: Theoretische Ausgangsposition...-ln: Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik 1984.
Berlin (DDR): 1984. Seite 114.
136 Schmerbach, Maria: Stillen: Das Beste fürs Kind. Für Dich. 1986, Nr. 42, Seite 46.
137 ebenda, Seite 24-25
138 Schwarz, Gislinde: Andrang im "Storchennest", ebenda, Seite 26-29.
139 ebenda, Seite 28
140 ebenda, Seite 29
141 Seibt, Hannelore: Bald zu zweit. Für Dich. 1986, Nr. 44, Seite 33-37.
142 ebenda, Seite 42
143 Gelhaar, H.: Hinter dem Haus beginnt die "Taiga". Für Dich. 1986, Nr. 45, Seite 24-27.
144 Schwarz, Gislinde: Ruhezeit ? Für Dich. 1986, Nr. 49, Seite 24-29. Vgl. auch: Schwarz; Gislinde: Fast
wie Mutter und Tochter. Für Dich. 1987, Nr. 20, Seite 6-9. Schwarz, Gislinde: Auf dem Weg zur
Familie. Für Dich. 1987, Nr. 47, Seite 6-11.
145 Meyer, Dagmar / Speigner, Wulfram: Bedürfnisse und Lebensbedingungen.. .-In: Jahrbuch für Soziologie
und Sozialpolitik 1982. Berlin (DDR): 1982. Seite 141.
146 Artikel zu diesem Thema sind in jedem Jahrgang Für Dichs zur Genüge vertreten, die hier angeführten
sind nur ein Beispiel der bearbeiteten Bereiche: Lehmann, Astrid: Ein Gefühl von Wärme und
Geborgenheit. Für Dich. 1983, Nr. 25, Seite 24-27. Häßler, Angelika: Das Bild vom Ungeborenen. Für
Dich. 1983, Nr. 26, Seite lOf. Gut betreut - was zählt dazu? Für Dich. 1983, Nr. 51, Seite 22f. Tews,
Ines: Alles für den Schulanfang. Für Dich. 1984, Nr. 28, Seite 28f. Klink, Martina: Auf Zu wachs genäht.
Für Dich. 1984, Nr. 38, Seite 33-38. Hofmann, Anngeret: Ärztliche Kunst gegen die Unfruchtbarkeit.
Aus der Geschichte der Frauenheilkunde (9). Für Dich. 1985, Nr. 1, Seite 30f. Schwarz, Gislinde:
Geburt eines Vaters. Für Dich. 1985, Nr. 28, Seite 26-31. Sindermann Regina: Nachdenken im Babyjahr.
Für Dich. 1985, Nr. 29, Seite 24-29. Kaufhold, Gisela / Schmerbach, Maria: Besuch bei Baby. Für Dich
1985, Nr. 30, Seite 26f. Hofmann. Annegret: Sorgenkinder - umhegt und betreut in der Berliner Charite.
Für Dich. 1985, Nr. 37, Seite 12-19. Hofmann, Annegret: Wenn es in der Familie" liegt. Rubrik Guter
Rat -Sprechstunde. Für Dich. 1985, Nr. 39, Seite 46. Häßler, Angelika: Geschwister. Für Dich. 1985,
Nr. 47, Seite 22-27. Beiz, Sylvia u.a.: Mannequin Ümstandshalber, ebenda, Seite 33-37. Tronicke, Jutta:
Großer Bahnhof für 4. Für Dich. 1985, Nr. 45, Seite 8-11. Und auch der literarische Beitrag durfte 1985
290

nicht fehlen: Steineckert, Gisela: Als sie es mir sagte. Für Dich, 1985, Nr. 23, Seite lOf. Russek, Helga:
Alltag mit Vierlingen. Für Dich. 1987. Nr. 34. Seite ^r-hwarz Gislinde- Uschis volles Haus. Für
Dich. 1987, Nr. 36, Seite 25-27. Schmerbach, Maria / Ziebold, Edda: Guter Rat - Baby unterwegs! Für
Dich. 1987, Nr 43, Seite 41-46.
147 Königsdorf, Helga: Umschlagtext. Meine ungehörigen Träume. Berlin und Weimar: 1984.
148 Henning, Gert: Kinderwunsch = Wunschkind. Berlin (DDR): 1984. Seite 46f.
149 Presseinformationen, (hrsg. vom Presseamt beim Vorsitzenden des Ministerrates der DDR), 22.5. 1986,
Seite 6. Siehe auch: Felz, Susanne: Kur für Mütter - maßgeschneidert. Für Dich. 1984, Nr. 11, Seite 26-
29. Häßler, Angelika: Nestwärme. Für Dich. 1984, Nr. 29, Seite 12-17. Für Dich dokumentiert: 35 Jahre
DDR. Gesundheit für alle, ebenda, Seite 18f.
150 Worgitzky, Charlotte: Meine uneeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 147.
151 ebenda, Seite 142
152 ebenda, Seite 145
153 ebenda, Seite 319
154 ebenda, Seite 145
155 Bilder 1986. Für Dich. 1986, Nr. 52, Seite 211. Hier Seite 8.
156 Schwarz, Gislinde: Geburt eines Vaters. Für Dich. 1985, Nr. 27, Seite 26-31. Hier Seite 30.
157 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 147.
158 ebenda, Seite 318
159 ebenda, Seite 146
160 Morgner, Irmtraud: Weißes Ostern.-In: Das Kostüm. Berlin und Weimar: 1982. Seite 109.
161 Klein, Wolfgang: Ihr Kinderlein kommetMn: Filmer, W. / Schwan, H. (Hrsg): Alltag im anderen
Deutschland. Düsseldorf/Wien: 1985. Seite 128.
162 ebenda. In der DDR, so der Autor, wird das Kinderkriegen nicht als individuelles Glück oder auch
Problem eines Menschenpaares aufgefaßt. Der Staat sorgt mit einer Gründlichkeit und mit einem Aufwand
für die Betreuung, "daß sich dem westlichen Beobachter Vokabeln wie 'Einmischung’ und
'Bevormundung’ aufdrängen". So werden z.B. auch Hausgeburten als zu ge-fährlich abgelehnt. Aber dem
widerspricht niemand. So erwas gilt als (natur-) wissenschaftlich erwiesen - wer da nicht mitzieht, handelt
unvernünftig. "Und das wird in der DDR noch weniger als Tugend angesehen als im Westen..."
163 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 112. Vgl. hierzu auch Worgitzky, Charlotte:
Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 293.
164 Lange, Gert: Babys aus der Retorte? Forum. 1979, 33. Jg., Nr. 6, Seite 6.
165 Wolf, Christa: Vierte Frankfurter Vorlesung.-In dies.: Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra.
Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 126-155. Hier Seite 136.
166 Geissler, Erhard: Bruder Frankenstein oder - Pflegefälle aus der Retorte? Sinn und Form. 1984, 36. Jg,
Nr. 6, Seite 1289-1319. Hier Seite 1291.
167 Lemke, Christiane: Politics and Political Culture in the German Democratic Republic. Draft paper for
the Journal of Communist Studies. 1986, p. 16.
168 Schwarz, Gislinde: Betreut oder abgefertigt? Für Dich. 1987, Nr. 22, Seite 8.
169 Dies.: Alles für die Kinder. Für Dich. 1987, Nr. 38, Seite 23.
170 Grandke, Anita: Familienförderung,,.. Berlin (DDR): 1986. Seite 40.
171 Vgl. Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 33f., 181 f., 299.
172 Schultze, Helmut: Wesentliche Einflüsse... Wirtschaftswissenschaft. 1978, 26. Jg., Nr. 5, Seite 557f.
Vgl. auch Solowjow, Nicolai: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 80, 63, 64, 67.
173 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 309.
174 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 143.
175 ebenda, Seite 145
291

Alle warten auf das große Glück, den


großen Erfolg, die große Liebe, (...).
Doch das gibt’s gar nicht. Es setzt sich
aus kleinen Einzelschritten zusammen.
Ohne große Euphorie.1

III FREUND, LEBENSPARTNER ODER EHEMANN ?


ZUR BEZIEHUNG ZWISCHEN DEN GESCHLECHTERN

Eine oberflächliche Betrachtung der in den vorausgegangenen Kapiteln dargelegten Analyse


zum gegenwärtigen Stand der Emanzipation der Frau in der DDR könnte zu der Vermutung
Anlaß geben, daß die Frauen - d.h. die kritischen Schriftstellerinnen - in den Männern die
grundsätzliche Quelle allen Übels sehen, den Stein des Anstoßes, gegen den sie sich wenden
und gegen den sie ihre Angriffe richten. Eine solche Interpretation wäre jedoch übereilt und
würde, wie sich bei genauerer Betrachtung feststellen läßt, ihren Bemühungen keinesfalls
gerecht. Sicherlich gibt es in der hier diskutierten Frauenliteratur Anwandlungen, die
zunächst auf eine gewisse Abneigung, wenn nicht gar Männerfeindlichkeit schließen lassen.
Ablehnung wird manchmal scheinbar sehr deutlich formuliert. Schon in Brigitte Reimanns
persönlichen Aufzeichnungen heißt es (1956):

Ich werde immer mehr zur Männerfeindin; das mag paradox klingen
angesichts meiner Liebesromanzen, und doch ist es wahr: Ich hasse das
Besitzenwollen der Männer und ihre Jägerinstinkte, und wo ich kann,
verwunde ich, um mir meine Selbständigkeit zu bewahren und zu beweisen.2

Auch in der Literatur werden Ehemänner kritisiert, auf übelste Weise verunglimpft,3
als Schlappschwänze hingestellt und Liebhaber gar vom Balkon gestürzt.4 Wie jedoch in
Teil I bereits ausgeführt werden konnte, verwehren sich die Literatinnen ausdrücklich gegen
jegliche Beschuldigung der Männerfeindlichkeit.5 Es ist daher eher davon auszugehen, daß
es sich oftmals um absichtlich überspitzte Darstellungsweisen des Befreiungsaktes der
Frauen von der nach wie vor existierenden Dominanz der Männer handelt. Zu verweisen
wäre hier auch auf den nicht selten bewußt angestrebten Verfremdungseffekt, denn "die
Menschen glauben große Wahrheiten eher in unwahrscheinlichen Gewändern".6
Ironisch-zugespitzte, ins Extrem getriebene Darstellungen von Verhaltensweisen und
Situationen sieht auch Kulturtheoretikerin Dölling (1980) als ein häufig verwandtes Mittel,
um die "historische Überholtheit wie praktische Wirksamkeit traditioneller
’Geschlechterrollen’ und ihre in der sozialistischen Gesellschaft mögliche Überwindbarkeif'
bewußt zu machen.7 Übersehen werden kann jedoch nicht, daß in der Literatur manchmal
auch eine gewisse Enttäuschung zutage tritt. So sagt sich eine von Königsdorfs
Protagonistinnen nach zwei unglücklichen Ehen von den Männern los, räumt allerdings
gleichzeitig ein, daß sie diese Situation selbst mitverursacht hat: "Um alle Mißverständnisse
auszuschließen, ich habe nichts gegen Männer, ich habe lediglich keine Verwendung für sie
und das kann sehr wohl an mir liegen. "8 Die Einstellung der Frauen zu den Männern bedarf
also einer weiteren Untersuchung.
Die Einstellung der Autorinnen (so z.B. Morgner, Wolf, Kirsch, Schubert und
292

Königsdorf) läßt sich am besten wie folgt zusammenfassen: Wir sind nicht von den Männern
abhängig, sie sind nicht besser als wir, wir können ohne sie leben. Die Männer müssen
lernen, mit uns auf gleichberechtigter Basis zu verkehren. Allerdings erwarten die
Schriftstellerinnen von den Frauen eine ähnliche Leistung: Die Frauen müssen sich frei
machen und endlich auf ihren eigenen Beinen stehen, sie dürfen sich nicht länger darauf
berufen, hilflos und schwach zu sein. Beide Geschlechter müssen lernen, besser miteinander
auszukommen, neue Beziehungen zwischen sich zu schaffen, die auf Liebe, Freundschaft
und auch gegenseitigem Respekt basieren. Einige der wichtigsten Überlegungen, die zu
diesen Punkten in der Literatur anklingen, sollen in diesem Teil aufgezeigt werden.

Die von Edith Anderson herausgegebene Anthologie Blitz aus heiterm Himmel (1975)
stellt "ein sehr bewußt veranstaltetes Lehrstück zum Thema Frauenemanzipation in der
DDR" dar,9 mit der erstmals im literarischen Leben der DDR ein Verlag absichtlich und
ausschließlich dem Thema Frauenemanzipation im Sinne der hier vertretenen
Schriftstellerinnen Raum gab. Acht Autoren, vier männliche und vier weibliche, waren
aufgefordert, ihre Phantasie spielen zu lassen und eine Erzählung zum Thema
Geschlechtsver-wandlung / Geschlechtertausch zu schreiben. Die Ergebnisse behandeln das
Sujet auf die verschiedenste Art und Weise: Einmal verwandelt sich nur eine Person, einmal
verwandeln sich beide, Frau und Mann; einmal ist die Geschichte als eine für den DDR-
Alltag ganz alltägliche angelegt, dann als wissenschaftliches Experiment in der Zukunft, als
Entwurf einer matriarchalischen Gesellschaft oder gar als Hexenschwank. Die Geschichten
verwandeln, was zunächst als "unverbindliche, abseitige, gesellschaftsfeme Spielerei"
erscheinen mochte, "in ein soziales Experiment von beträchtlicher Tragweite".10 Ebendies
läßt die motivgleichen Erzählungen geeignet erscheinen, als Teil fürs Ganze einer im
Entstehen begriffenen "Frauenliteratur" gelesen und interpretiert zu werden, schließt der
BRD-Literaturkritiker Emmerich (1978).11 Entsprechend konstatiert auch Herminghouse
(1979), daß erst in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre, nach Festigung der materiellen
Basis der sozialistischen Gesellschaft, die literarische Kritik auch an der fortdauernden
reaktionären Ideologie der Geschlechterbeziehungen eingesetzt hat, was besonders in den
Geschlechtertauschgeschichten zutage tritt".12 Parallel hierzu verläuft auch die bereits in
vorausgegangenen Kapiteln aufgezeigte Entwicklung auf soziologischem Gebiet, wo man
sich um die Ausarbeitung und Erforschung neuer Familienbeziehungen bemüht.13
So positiv diese literarische (und damit auch die ihr unterliegende soziale)
Entwicklung zunächst anmuten mag: die Schwierigkeiten, die die Initiatorin der Anthologie
mit deren Erstellung hatte, lassen auf große Widerstände unter den Literaturverantwortlichen
der DDR und auch einigen Autoren schließen. Allerdings sei angemerkt, daß es sich bei
beiden Gruppierungen um größtenteils männliche handelt, die offensichtlich lieber davon
Abstand nehmen wollten, ein Pulverfaß, das die von Anderson vorgeschlagene Thematik
darstellte, aufzumachen. Während Annemarie Auer und Irmtraud Morgner sich zu einem
Beitrag bereit erklärten, wurde Franz Fühmann von der Vorstellung, in eine Frau
verwandelt zu werden, in Panik versetzt: "Eine Frau! Das ist ja schlimmer als Kafka! Das
ist ja viel, viel schlimmer, denn als Küchenschabe aufzuwachen!"14 Hermann Kants
Reaktion war abweisend: "Oh verflucht! Oh verflucht! Ein ganz erschreckender Traum!"
Und er fügte dann einlenkend hinzu: "Ich glaube, Gott wußte was er tat, als er mich zu
einem Mann gemacht hat.”15 Der Aufbau Verlag lehnte die Publikation unter dem Vorwand
ab, daß die meisten Autorinnen, an die er mit dieser Auftragsarbeit herangetreten sei, den
293

Vorschlag als zu abwegig empfänden. Der Herausgeber Günther Caspar hätte bei dieser
Mitteilung ein "böswilliges Glänzen in den Augen" gehabt, berichtet Anderson, denn er
hätte darauf spekuliert, daß eine Ablehnung von weiblicher Seite ihr den Wind aus den
Segeln nehmen würde.16 Wenn es auf ihn ankäme, würde er die Anthologie sofort für den
Aufbau Verlag übernehmen, es wäre eine solch glänzende Idee, ein garantierter Erfolg.
Anderson versuchte daraufhin ihr Glück beim Hinstorff Verlag in Rostock, der zu
dieser Zeit als aufgeschlossen und wagemutig galt. Direktor "K." nahm Anderson sofort und
gegen die Empfehlungen seines Hauptlektors unter Vertrag. Zwei Wochen später begann
er jedoch, Rückzieher zu machen. Er wollte die Beiträge von Männern in der Anthologie
streichen, weil es sich um ein Frauenbuch handele, kein richtiger Mann könne sich
vorstellen, eine Frau zu sein. Und: "Frauen müssen emanzipiert werden. Männer sind schon
emanzipiert!"17 Anderson versuchte ihm klar zu machen, daß ein Geschlecht nicht ohne das
andere emanzipiert sein könne, hatte aber wenig Erfolg. Daraufhin verwies sie ihn auf den
Vertrag, denn die Gegenüberstellung von Geschichten männlicher und weiblicher Autoren
erschien ihr für den Sinn der Anthologie unerläßlich. Hinstorff hüllte sich daraufhin in
Schweigen. Bald stellte sich auch heraus, daß es nicht leicht sein würde, männliche
Schriftsteller zur Bearbeitung der Thematik zu motivieren. Viele waren zunächst voller
Enthusiasmus, gaben aber schnell auf. Stefan Heym zog es vor, seine Geschichte im Westen
zu publizieren, weil seiner Meinung nach ein Buch wie das von Anderson angestrebte in der
DDR sowieso nicht veröffentlicht werden würde.18
Es war nahezu ebenso schwierig, weibliche Autorinnen zu finden, nicht zuletzt
deshalb, weil es zu dieser Zeit (1970) nur wenige gab. Christa Wolf lehnte zunächst ab:
"Wenn du mich vor zehn Jahren gefragt hättest, hätte ich zugesagt. Damals wünschte ich,
ein Mann zu sein." Am nächsten Tag erklärte sie sich dann zu einem Beitrag bereit, die
Thematik der Frauenfrage hat sie seitdem kaum noch losgelassen. Ihr Roman Kassandra
(1984) wird mit Recht von Anderson (1984) als in gewisser Weise eine Fortsetzung ihrer
Erzählung "Selbstversuch" beschrieben, mit der Moral, daß der Preis männlicher Macht
emotionale Verarmung ist.19 Sarah Kirsch und Irmtraud Morgner produzierten ihre
Geschichten in der vorgeschriebenen Dreimonatsfrist, allerdings wurde Morgners Erzählung
vom Verlag abgelehnt, weil sie eine angeblich anstößige Zeile enthielt ("Die Bettdecke roch
nach Tabak und Fisch.")20 und die Autorin sich weigerte, diese zu streichen. Auch wurde
der Titel "Geschlechtertausch" für zu freimütig gehalten. Daß es sich hierbei nur um
Vorwände handelte, wurde spätestens dann offensichtlich, als Morgners Geschichte wenig
später, eingebaut in den Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz... (1974). ohne
Beanstandungen vom Aufbau Verlag publiziert wurde und somit noch vor der Anthologie
zur Veröffentlichung kam. Anderson schildert, wie der Direktor des Hinstorff Verlages
versuchte, sie auf väterlich-verständnisvolle Weise von ihrem Vorhaben abzubringen:

He wore the face of a hurt father. I didn’t know who my real friends were,
he said. His broad shoulders, he said, were taking the blows meant for me.
"Blows from where?" I asked. "Be glad you don’t know," he replied darkly.21

Papiermangel wurde als Verzögerungsgrund angegeben, dann griff Hinstorffs


Cheflektor Kurt Batt in Sinn und Form Literatur an, die Geschlechtsrollen auf phantastische
Art verarbeitete, - ein Umstand, den Anderson als Sabotage bezeichnet.22 Schließlich gelang
es ihr mit Hilfe des Schriftstellerverbandes, die Veröffentlichung zu erzwingen. Die
294

Anthologie wurde rezensiert, die Auflage war schnell vergriffen, aber eine zweite wurde
nicht in Erwägung gezogen. Eine genauere Betrachtung der Geschichten soll Aufschluß über
die von ihnen verursachte Unruhe geben. Da die Erzählungen viele der Aspekte, die den
Autorinnen naheliegen, in recht konzentrierter Weise beinhalten, bilden sie einen günstigen
Rahmen für die in diesem Teil angestrebte Diskussion. Weiterführende Überlegungen aus
neueren Werken sollen in dieses Gefüge eingebracht und detaillierte Stichpunkte somit auf
den neusten Stand gebracht werden.
Der vorliegende Teil der Arbeit bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Werke der
hier berücksichtigten Autorinnen und ihre subjektiven Einsichten. Die von den Literatinnen
gemachten Beobachtungen werden jedoch mit soziologischen Untersuchungen und den in
Für Dich publizierten Äußerungen in Beziehung gesetzt und ihre unmittelbare Relevanz für
die weibliche Bevölkerung im allgemeinen auf diese Weise nachgewiesen. Die hier
analysierten Quellen weisen auf neueste Entwicklungen im Familienbereich und auf
partnerschaftlicher Ebene hin. Sie machen Abweichungen von den von öffentlicher Seite
propagierten und gesetzlich festgelegten Regulierungen zu den zwischenmenschlichen
Beziehungen, wie sie in Teil II ausführlich beschrieben wurden, deutlich.

Fußnoten

1 Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Aus dem Tagebuch einer Alkoholkranken. Berlin (DDR):
Verlag Neues Leben 1986. Seite 26
2 Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Tagebücher und Briefe. Sammlung
Luchterhand, Band Nr. 646. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag Juli 1986. Seite 45. Damm
der Eintragung: 9.11. 1956.
3 Von Olga Salman werden die Männer z.B. kategorisch als "Schweine" bezeichnet. Vgl. Morgner,
Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987, Seite 309. Und
Ingrid Johannis Ich-Erzählerin kommt zu dem Schluß: "Die Männer sind alle Egoisten." Das siebente
Brennesselhemd. Berlin (DDR): 1986. Seite 61.
4 Königsdorf, Helga: Bolero.-In: Hochzeitstag in Pizunda. Geschichten. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag
1986. Seite 26-32.
5 Vgl. hierzu Kapitel II.4 über Schriftstellerisches Selbstverständnis und Emanzipationsvorstellungen
6 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987, Seite 149.
Vgl. auch Zutshi, Margaret: Brecht, Irmtraud Morgner und die Produktivität des Lesers. Vortrag auf der
International Conference on the GDR. Ealing College of Higher Education, London/England, 11.-13.
September 1987.
7 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse von Geschlech-terbeziehungen. Weimarer Beiträge. 1980,
26. Jg., Nr. 1, Seite 59-88. Hier Seite 60.
8 Königsdorf, Helga: Die Wahrheit über Schorsch.-In: Der Lauf der Dinge. Geschichten. Berlin und
Weimar: Aufbau Verlag 1982. Seite 41-50. Hier Seite 49.
9 Emmerich, Wolfgang: Identität und Geschlechtertausch. Notizen zur Selbstdarstellung der Frau in der
neuen DDR-Literatur.-In: Grimm, R. / Hermand, Jost (Hrgb.): Basis 8. Jahrbuch für deutsche
Gegenwartsliteratur. Frankfurt (Main): Suhrkamp Verlag 1978. Seite 127-154. Hier Seite 137.
10 ebenda
11 ebenda
12 Herminghouse, Patricia A.: Die Frau und das Phantastische in der neueren DDR-Literatur. Der Fall
Irmtraud Morgner.-In: Paulsen, Wolfgang (Hrgb.): Die Frau als Heldin und Autorin. Neue kritische
Ansätze zur deutschen Literatur. Bern und München: Francke Verlag 1979. Seite 248-266. Hier Seite
257f.
13 vgl. z.B. Gysi, Jutta: Frauen und Familienentwicklung als Gegenstand sozialistischer Politik.-In: Jahrbuch
für Soziologie und Sozialpolitik 1984. Berlin (DDR): Akademie Verlag 1984. Seite 95-109. Runge, Irene:
Ganz in Familie. Berlin (DDR): Dietz Verlag 1985. Seite 9.
295

14 Anderson, Edith: Genesis and Adventures of the Anthology "Blitz aus heiterm Himmel".-In: Gerber,
Margy (Ed.): Smdies in GDR Culture and Society 4. Selected Papers from the Ninth New Hampshire
Symposium on the GDR. Lanham: University Press of America 1984. Seite 1-14. Hier Seite 3.
15 ebenda; vgl. auch Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und
Weimar: 1987, Seite 306.
16 Anderson, Edith: Genesis and Adventures...-In: Gerber, Margy (Ed.): Studies in GDR Culture ans
Society 4. Lanham: 1984. Seite 4L
17 ebenda, Seite 5f.
18 ebenda, Seite 6
19 ebenda, Seite 7. Wolf, Christa: Kassandra Erzählung. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag
1983. (8. Auflage 1984)
20 Anderson, Edith: Genesis and Adventures...-In: Gerber, Margy (Ed.): Studies in GDR Culture and
Society 4. Lanham: 1984, Seite 8. Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen. In:
Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch. Drei Geschichten über die
Umwandlung der Verhältnisse. Sammlung Luchterhand, Band 315. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand
Verlag 1980. (3. Auflage 1983). Seite 25-63. Hier Seite 32.
21 Anderson, Edith: Genesis and Adventures...-In: Gerber, Margy (Ed.): Studies in GDR Culture and
Society 4. Lanham: 1984, Seite 11.
22 Batt, Kurt: Die Exekution des Erzählers. Sinn und Form. 1972, 24.Jg., Nr. 6, Seite 1248-1277.
Anderson, Edith: Genesis and Adventures...-In: Gerber, Margy (Ed.): Studies m GDR Culture and
Society 4. Lanham: 1984. Seite 11 f.
296

III. 12 "Meinen Wert als Frau hatte ich zu beweisen,


indem ich einwilligte, ein Mann zu werden"

Mit diesem Kernsatz ihrer Erzählung "Selbstversuch" (1975) legt Wolf den Finger in die
Wunde jeglichen bisherigen Emanzipationsbemühens.1 Gleichberechtigung - das bedeutet
für viele, Männer und Frauen, aber vor allem auch für die SED-Regierung noch immer die
Anpassung der Frauen an männliche Vorbilder, männlich definierte Verhaltensmuster und
das Erreichen männlicher Normen. In Teil II ist mehrfach aufgezeigt worden, daß der
Spruch von der Frau, die im Beruf "ihren Mann steht" und so Anerkennung findet, die
tatsächlichen Gegebenheiten in der DDR nur zu deutlich umschreibt.2
Die Gesetzgebung der fünfziger Jahre regelte die Gleichstellung vornehmlich für den
beruflichen Bereich, zu entsprechenden familienrechtlichen Festlegungen kam es dagegen
erst später. Als wesentliche Ursache dafür ist die Gesellschaftstheorie des
Marxismus-Leninismus zu sehen, nach der die Teilnahme an der materiellen Produktion als
entscheidender Faktor der Persönlichkeitsentwicklung gilt, und der damalige
Arbeitskräftemangel.3 Vollständige Gleichberechtigung kann aus dieser Sicht erst dann
erreicht werden, wenn möglichst alle Frauen ins Erwerbsleben einbezogen und finanziell
unabhängig geworden sind. Entsprechend heißt es auch im Programm der SED (1976):

Die werktätigen Frauen leisten in allen Bereichen der Gesellschaft einen


entscheidenden Beitrag zum politischen, ökonomischen, wissenschaftlich-
technischen, sozialen und geistig kulturellen Fortschritt. Die SED wird alles
tun, um überall solche Bedingungen zu schaffen, damit die Frauen ihrer
gleichberechtigten Stellung in der Gesellschaft immer besser gerecht werden
können. Ihre Arbeits- und Lebensbedingungen werden weiter verbessert. Die
Festigung der gesellschaftlichen Stellung und die Persönlichkeitsentwicklung
der Frauen erfordern, zielstrebig daran zu arbeiten, daß die Frauen ihre
berufliche Tätigkeit noch erfolgreicher mit ihren Aufgaben als Mutter und in
der Familie vereinbaren können.4

Christa Wolfs Erzählung hinterfragt diese Überbetonung der beruflichen Tätigkeit,


die - schenkt man der offiziell geltenden Theorie Glauben - den alleinigen Weg zur
Gleichberechtigung bietet. Sie regt zum Nachdenken an: Sollen die Frauen den Männern
im beruflichen (und auch im privaten) Leben nachstreben, sich ihre Werte aneignen? Ist dies
der Weg zu wirklich partnerschaftlichen Beziehungen zwischen den Geschlechtern?
Die Geschichte ist aufgrund ihrer beträchtlichen gesellschaftsanalytischen und
prognostischen Reichweite die komplexeste der Geschlechtertauschgeschichten (Emmerich,
1978).5 Allein die Häufigkeit und Ausführlichkeit der Rezensionen ist ein Indiz dafür, wie
sehr ihre Gewichtigkeit und ihre radikale Kritik an den Zuständen in der DDR erkannt,
wenn auch freilich nicht thematisiert wurde. In der Regel sind die Besprechungen
Kombinationen aus Ermahnungen an die Autorin, den sozialistischen Realismus nicht
zugunsten einer subjektivitischen Verirrung aufzugeben, und einer letztlichen Rettung für
ebendiesen sozialistischen Realismus (Emmerich, 1978).6
Mit Erleichterung wird konstatiert, daß die Erzählung im Jahre 1992, also (zur Zeit
der Publikation) in der fernen Zukunft, angesiedelt ist. Sie spielt in einem ungenannten
Land, es kann aber anhand mehrerer Indizien als die Vorstellung der Autorin der
297

zukünftigen DDR identifiziert werden. Die 33jährige unverheiratete Ich-Erzählerin,


Doktorin der Physiopsychologie und Leiterin der AG Geschlechts-umwandlung am Institut
für Humanhormonetik, schreibt ein "Traktat zu einem Protokoll”. Das Protokoll selbst ist
die Beschreibung über das Experiment einer Geschlechtsumwandlung, das mittels des
Medikaments "Petersein Masculinum 199" an ihrer Person vorgenommen wurde. Nach
mehreren Injektionen und rund zwei-tägigem Schlaf ist die weibliche Versuchsperson zum
biologischen Mann geworden, der nun seine Selbst- und Fremdwahmehmungen mit
minutiöser Genauigkeit protokolliert: Wahrnehmungen der "hierarchisch-
geschlechtsorientierten, zynischen, instrumenteilen, kurz, zutiefst bürgerlichen
Verhaltensweisen" der Männer um sie herum,7 die ihr verdeutlichen, daß "die Wörter
'menschlich’ und 'männlich’, einer Wurzel entsprungen, unrettbar weit voneinander
weggetrieben" sind.8
Und da sind auch Wahrnehmungen an sich selbst, die auf den Verlust der einstigen
weiblichen Verhaltenssicherheit hinauslaufen, ohne daß er, der nun "Anders" heißt, den
erwarteten männlichen Verhaltenskodex voll hätte verinnerlichen und realisieren können.
Anders erlebt das Mannsein zunächst mit dem Bewußtsein der Frau.9 Als Frau hatte sie
bereits bewiesen, daß sie mehr Mut als ihre männlichen Forschungskollegen hatte: einerseits
ersetzte sie ihrem Chef "jeden männlichen Mitarbeiter",10 andererseits war ihr klar, "daß
es unrentabel gewesen wäre, zuerst ein Präparat zur Verwandlung von Männern in Frauen
zu entwickeln, weil sich für ein so abwegiges Experiment keine Versuchsperson gefunden
hätte...".11 Nach der Umwandlung lobt Anders zunächst freudig "den Mut jener Frau, die
ich noch vor zwei Tagen gewesen war und die, das fühlte ich ja ganz deutlich, wie eine
Katze zusammengerollt in mir schlief',12 merkt aber bald, daß die Dinge weitaus
komplizierter liegen, als gedacht. Als Frau im männlichen Körper ist es Anders nicht
möglich, sich dem von Männern erwarteten Rollenverhalten entsprechend zu verhalten.
Er wird auch mit den wahren Gefühlen seiner männlichen Mitarbeiter konfrontiert,
da fällt - wenn auch nur im Scherz - die Bemerkung, daß die Umwandlung auf einem
"Rachemotiv” basiere, obwohl ihr ein kleines bißchen Strafe vielleicht ganz gut täte. Auf
die Frage wofür, entgegnet ihr Doktor Rüdiger, daß sie diese für ihren "gottverdammten
Hochmut" verdiene, für das schlechte Beispiel, daß sie anderen Frauen durch ihre
freiwillige Ehelosigkeit geliefert hätte, dafür, daß sie der um sich greifenden Ehe-Unlust des
schwachen Geschlechts Vorschub geleistet und die Rebellion gegen die Langeweile und
Unproduktivität der Ehe verstärkt hätte. Ein Mann als Junggeselle sei ja akzeptabel, aber
eine Frau?14 Anders ist klar, daß Rüdiger sich durch ihr Verhalten gedemütigt fühlte, da sie
für ihn als Frau unnahbar gewesen war.
Anmerkenswert ist hier, daß die ablehnende Haltung alleinstehender Frauen zur
traditionellen Ehe, wie sie in der DDR nach wie vor von offizieller Seite propagiert wird,
in der Literatur von Männern als negativ aufgefaßt oder gar angeprangert wird. Kritik an
dieser Form des Zusammenlebens kommt in allen Geschlechtertauschgeschichten und, was
kaum überraschen kann, im Rahmen der Ausführungen über zwischenmenschliche
Beziehungen in einem Großteil der Werke zur Sprache. "Ehe - ja oder nein? - diese
Fragestellung kann wohl als eines der Hauptthemen der Frauenliteratur überhaupt bezeichnet
werden. Soziologische Untersuchungen weisen nach, daß die Literatinnen auch hier eines
der gesellschaftlichen Probleme der DDR bearbeiten. Kapitel III. 13 bis III. 16 führen die
hier gemachte Beobachtung einer weiteren Analyse zu. Festzuhalten ist hier zunächst, daß
dem Mann die freiwillig alleinstehende, die männliche Annäherungsversuche abweisende
298

Frau unheimlich ist. Sie erschüttert seinen Glauben an die männliche Unwiderstehlichkeit
und kränkt somit sein Selbstwertgefühl. Dieser Schmerz erzeugt offensichtlich die vom
Protagonisten Rüdiger gezeigte Animosität und seine Rachegelüste.16 Die Frau ist für den
Mann noch immer ein "Jagdobjekt", das frustrierte Bemühen schlägt in Abneigung um, um
die eigenen gekränkten Gefühle und die erlittene Schmach wettzumachen.

Anders spürt bald "ein erstes bißchen Heimweh nach den Ungereimtheiten der
Frauen"17 und fühlt sich durch das "Fehlen der abschätzenden Männerblicke, die einem
anzeigen, daß man ’da’ ist" verunsichert.18 Bald jedoch findet er heraus, daß einem Mann
das Erinnerungsarsenal einer Frau lästig werden kann,19 und er durchläuft eine weitere
Entwicklungsphase, in der die Frau in ihm zu sterben beginnt und die Charakteristika eines
Mannes sich noch nicht voll eingestellt haben. Die Erkenntnis dieses Vorgangs läßt ihn sich
drei Tage und Nächte lang zurückziehen, über diese Zeit gibt es keine Berichterstattung,
denn "über niemanden läßt sich nichts aufschreiben".20
Ohne es zu wissen oder zu wollen, wird Anders zum "Spion im Hinterland des
Gegners"21 und erfährt das Geheimnis der Männer, das ihnen ihre bequemen Vorrechte
erhält: "Daß die Unternehmungen, in die ihr euch verliert, euer Glück nicht sein können
und daß wir ein Recht auf Widerstand haben, wenn ihr uns in sie hineinziehen wollt. "22 Die
"Teilerblindung", die fast alle Männer sich zuziehen, droht auch Anders zu befallen, "denn
anders ist heute der ungeschmälerte Genuß von Privilegien nicht mehr möglich":

Wo ich früher aufbegehrt hatte, erfaßte mich jetzt Gleichmut. Eine nie
gekannte Zufriedenheit begann sich in mir auszubreiten. Einmal akzeptiert,
gewinnen die Übereinkünfte, die wir scharf beargwöhnen müßten, eine
unwiderstehliche Macht über uns.(...) Schon kam es mir nicht mehr
gefährlich vor, an jener Arbeitsteilung mitzuwirken, die den Frauen das Recht
auf Trauer, Hysterie, die Überzahl der Neurosen läßt und ihnen den Spaß
gönnt, sich mit den Entäußerungen der Seele zu befassen (...) und mit dem
großen, schier unausschöpflichen Sektor der schönen Künste. Während wir
Männer die Weltkugel auf unsere Schultern laden, unter deren Last wir fast
zusammenbrechen, und uns unbeirrt den Realitäten widmen, den drei großen
W: Wirtschaft, Wissenschaft, Weltpolitik. Und einen Gott, der käme, uns die
Sehergabe zu verleihen, voll ehrlicher Entrüstung abweisen würden... Wie die
ziellosen Klagen unserer Frauen.23

Anders hat die sinnlose Besserwisserei der Männer durchschaut und auch ihre
Unfähigkeit, die Kassandrarufe der Frauen aufzunehmen. Sie bestehen auf der traditionellen
Rollenaufteilung und wollen diese erhalten. Da er Einblick in die Auffassungen beider
Geschlechter hat, wird ihm klar, daß die Frauen Werte und Vorstellungen haben, die ihm
weitaus wichtiger erscheinen als die unechten der Männer, die nur an der Erhaltung ihrer
eigenen Privilegien interessiert zu sein scheinen. Anders erkennt, daß der Mann, den er
anfangs geliebt hatte und beeindrucken wollte, der das Experiment leitende Professor, der
Liebe unfähig ist. Diese Fähigkeit aber will Anders sich erhalten und läßt sich noch vor
dem geplanten Abbruch des Experiments wieder in eine Frau zurückverwandeln.
Wolfs Protagonistin erlebt ihre männliche Identität als die andauernde in dieser
Männerwelt, bestückt mit den Männern, wie sie da nun einmal existieren als "einen
299

Alptraum, eine Horrorvision ersten Ranges" (Emmerich, 1983), aus der sie sich in ihre alte
Identität zurückrettet. Das begehrte Geheimnis der Männerwelt, die Rechenhaftigkeit, die
Fakten- und Zahlengläubigkeit, die Besessenheit von dem, was machbar ist und Macht
verschafft, "hat sie traumatisch schockiert und schließlich geheilt''.24 Man könnte
argumentieren, daß Wolf hier, wie ihre männlichen Kollegen, von der Vorstellung eines
Rollentauschs zurückschrickt. Im Gegensatz zu ihnen ist sie ist jedoch bereit, die
Möglichkeit in ihrer Erzählung durchzuspielen und ihre Erkenntnisse darzulegen. Das
"Mannsein" ist auch nicht leicht, sie sind ihrer Rolle ebenso gefangen wie die Frauen es
sind. Ein Austauschen dieser Rollen kann und darf nicht die Lösung sein, dabei ginge zu
viel verloren. Entsprechend steht am Ende der Geschichte der Protagonistin und dem von
ihr geliebten Professor das von ihr konzipierte Experiment bevor: Der Versuch zu lieben.25
Männer, die liebenswert sind, existieren noch nicht, sie müssen "erfunden werden, so wie
naturwissenschaftliche Experimente erfundene Realitäten verschaffen". Produktive, von
Frauen realisierte "Fiktion" ist notwendig, um den bornierten Status quo der
Geschlechterbeziehungen zu überwinden, Männer müssen ”liebbar'' gemacht werden.26
In Wolfs Geschichte hätte sich - so die westliche Kritikerin Bahr (1979) - eine
glänzende Gelegenheit geboten, die Rollenklischees in Frage zu stellen, was ihrer Meinung
nach jedoch nicht geschieht.27 Die Äußerungen über den Professor wirken allerdings
kritischer. Bemängelt werde sein sogenanntes naturwissenschaftliches Denken, das auf
"Nichteinmischung und Ungerührtheit"28 basiere und die Welt mit Zahlen und Kurven
erklärt, sowie die Überzeugung, daß dies das typisch männliche Denken sei. Aber es werde
auch vorausgesetzt, daß Männer und Frauen in der Tat verschieden dächten, verschieden
arbeiteten und eine verschiedene Sprache sprächen. "Nie wäre ich. Anders, darauf verfallen,
die gleichen Gegenstände mit denselben Wörtern zu benennen, mit denen ich, die Frau, sie
einst bezeichnet hatte",29 und "Mann und Frau leben auf verschiedenen Planeten,
Professor".
In der von ihr beobachteten Betonung der Rollenklischees sieht Bahr einen Hinweis
auf das, was noch überwunden werden muß. Diese Absicht vertrage sich aber schlecht mit
dem utopischen Inhalt der Erzählung, die ein Zukunftsbild für den Bereich der Wissenschaft
und damit ffir das Berufsleben entwerfe. Gerade dort aber seien die Frauen der DDR der
Chancengleichheit schon nähergekommen, hätten also die Vorstufe zur Emanzipation
erreicht. Wolfs Erzählung sei damit nicht nur vom westlichen Standpunkt aus, sondern auch
im Rahmen der DDR-Wirklichkeit unhistorisch, ja regressiv, denn sie falle hinter das
bereits Erreichte zurück.30
Eine solche Kritik wird Wolfs Absichten kaum gerecht. Dieser geht es sehr wohl
darum alte Rollenklischees als überholt aufzuzeigen, aber sie macht auch deutlich, daß es
bei der Gleichstellung der Frau nicht darum gehen kann, ihre eigenen weiblichen Werte
durch die männlichen zu ersetzen. Vielmehr müssen die weiblichen Werte von den Frauen
selbst und auch von den Männern als unersetzlich anerkannt werden, müssen die Mängel
männlicher Vorstellungen realistischer betrachtet und hinterfragt werden. Diese Absicht
scheint Bahr nur partiell bewußt geworden zu sein. In einem Interview spricht Wolf sich
aber bereits 1974 dagegen aus, das Ziel der Emanzipation darin zu sehen, daß die Frauen
"werden wie die Männer", und plädiert dafür, beiden Geschlechtern nach gleichen
Startbedingungen nunmehr die Möglichkeit der Differenzierung zu geben.31 Dagegen sei
nichts einzuwenden, kommentiert Bahr, aber Wolfs Erzählung genüge diesem Anspruch
nicht.32 Bahr scheint nicht erkannt zu haben, daß die Versuchsperson Anders es unternimmt.
300

die auch im Jahr 1992 noch bestehenden - also durch äußere Bestimmungen nur teilweise
abbaubaren rollenspezifischen Ungleichheiten - zu durchbrechen. Indem sie selbst zum
Mann wird, versucht sie, in die Männerwelt einzudringen, um das Verständis zwischen den
Geschlechtern zu fördern. Zeit ihres Lebens hat sie sich um die Erfüllung der von Männern
gesetzten Normen (vor allem in der Berufswelt, insbesondere im wissenschaftlichen Bereich)
bemüht, und es ist ihr gelungen, viele ihrer männlichen Kollegen auszustechen. Konfrontiert
mit den wahren Lebensbedingungen des "Mannseins" erkennt sie jedoch, daß sie so nicht
leben kann und will, daß den Männern über ihrer Rationalität der eigentliche Lebenssinn
des Liebens und humanitären Seins abhanden gekommen ist.
Das von Wolf in "Selbstversuch" gegebene Beispiel mag zunächst abschrecken. Die
Autorin will aufzeigen, daß nicht auf der bisher erreichten (Emanzipations) Vor stufe
stehengeblieben werden darf und demonstriert, was passiert, wenn die Entwicklung nicht
weitergetrieben würde. Wolf sieht die bisher erreichte Stufe der Emanzipation offensichtlich
weniger positiv als ihre Kritikerin Bahr. Chancengleichheit im Berufsleben ist nicht mit
vollkommener Emanzipation gleichzusetzen, entsprechend fällt sie in ihrer Beschreibung der
Zustände nicht "hinter das bereits Erreichte" zurück. Ähnlich sieht auch Kulturtheoretikerin
Dölling (1980) die Situation. Die Erwerbstätigkeit sei zwar eine wesentliche Voraussetzung
für die Emanzipation, sei aber nicht mit dieser gleichzusetzen. Die Einbeziehung eines
großen Teils der Frauen in die Produktionstätigkeit habe sich in der Zuweisung vor allem
der un- und niedrig qualifizierten Arbeit niedergeschlagen, in der tendenziellen Ausübung
von Berufen, in denen traditionelle (Haus-)Frauentätigkeiten auf gesellschaftlicher Ebene
fortgeführt würden. Auf diese Weise bestehe die Kluft zwischen Männern und Frauen als
Kluft zwischen verschiedenen Bereichen der Einsicht - generell: in verschiedenen
Lebensweisen - in modifizierter Form fort.33
Germanistin Lennox (1979) legt dar, daß für Feministinnen (und um eine solche
scheint es sich bei Bahr zu handeln) der Wert von Christa Wolfs Arbeiten in der Erkenntnis
und Artikulation alternativer Bewußtseinsformen liege, die sie ausdrücklich auf ihre eigene
Erfahrung als Frau beziehe.34 Ihren Versuch, eine erweiterte, aus der Frauenerfahrung
abgeleitete Beweisführung zu gewinnen, könne man als "wichtigen Beitrag zur dringend
benötigten Theorie eines sozialistischen Feminismus" begreifen. Was jedoch Feministinnen
an Wolfs Werk problematisch erscheinen könne, sei ihr Postulieren einer grundlegend vom
männlichen Bewußtsein unterschiedenen Form des weiblichen Bewußtseins. Sie neige einer
Auffassung zu, derzufolge sich kein Angehöriger des einen Geschlechts Qualitäten des
anderen aneignen könne. Feministinnen würden von einer Autorin ganz besonders
zurückscheuen, die für ihre weiblichen Figuren keine Möglichkeiten entwirft, die sich von
traditionellen gesellschaftlichen Erwartungen unterscheiden. Und Feministinnen würden
wohl eine leichtfertige Gleichsetzung der Frau mit Emotionalität und des Mannes mit
Rationalität besonders beunruhigen, denn diese Klischees dienten schon zu lange als
"Rechtfertigungen" für die Unterdrückung der Frau.
Für Lennox ist aber offensichtlich, daß Frauen in der langen Geschichte ihrer
Unterdrückung und der Beschränkung auf traditionelle weibliche Arbeitsformen eigene
psychische Mechanismen entwickeln mußten, um sich mit ihrem Zustand abzufinden.
Psychologische Untersuchungen hätten ergeben, daß sich allgemeine Unterschiede zwischen
Männern und Frauen hinsichtlich der Ego-Zusammensetzung in einer auch von Wolf
angenommenen Art bestimmen ließen. So überwiege bei Männern instrumentelle oder
zielgerichtete Aktivität, während bei Frauen Emotionen und zwischenmenschliche
301

Beziehungen stärker betont würden, obwohl diese Unterschiede als gesellschaftlich bedingt
und nicht naturgegeben verstanden würden. Wenn es solche Unterschiede zwischen den
Geschlechtern gebe, so Lennox, "müssen Feministinnen Frauenerfahrungen kritisch
untersuchen, um Eigenschaften zu finden, die zukünftigen emanzipierten Männern und
emanzipierten Menschen überhaupt als erhaltenswert gelten, obwohl man diese
Eigenschaften bisher noch als weibliche bezeichnet" ,35 Androgynie bedeute schließlich nicht,
daß die Frauen "werden wie die Männer", sondern daß sich das eine Geschlecht die
positiven Eigenschaften des anderen anzueignen versuche. Soweit es Christa Wolf gelungen
sei, spezifische Merkmale der Frauenerfahrung herauszuarbeiten und sie in ein Modell der
Entwicklung für Frauen und Männer zu integrieren, verdiene es ihr Werk, von
Feministinnen kritisch, aber positiv aufgenommen zu werden.
Lennox scheint Wolfs Absichten besser erkannt zu haben. Die Autorin bemüht sich
immer wieder um eine Weiterentwicklung der Gleichberechtigung, die beide Geschlechter
einschließt:

Fragestellungen der Art (wie ich sie gerade mit dieser Erzählung36 provozieren
will): Ist es denn das Ziel der Emanzipation, kann es überhaupt erstrebenswert
sein, daß die Frauen 'werden wie die Männer’, also dasselbe tun dürfen,
dieselben Rechte wie sie bekommen und immer mehr auch wahrnehmen
können, wo doch die Männer so sehr nötig hätten, selbst emanzipiert zu
werden?37

Wolf geht es um die Erkenntnis des Wertes weiblicher Fähigkeiten, die in einer von
Männern geprägten Welt nahezu vom Untergang bedroht sind. Emanzipation darf für
Frauen nicht bedeuten "zum Mann werden zu wollen". Der Schluß der Erzählung deutet
darauf hin, daß ihre klare Bejahung alternativer Frauenrollen auch eine Veränderung
traditioneller Männerrollen bewirken könnte: "Jetzt steht uns mein Experiment bevor: der
Versuch zu lieben. Der übrigens auch zu phantastischen Erfindungen fuhrt, zur Erfindung
dessen, den man lieben kann. ”38 In Wolfs Werken - und auch in denen anderer Autorinnen -
klingt immer wieder an, daß die weitere Entwicklung der Frauen auf die Beschränktheit
des männlichen Sozialcharakters stößt. Seit "Selbstversuch" verwendet sie häufig den
Begriff "Liebe", um damit eine schöpferische, auf Selbstverwirklichung angelegte
Beziehung zwischen Menschen zu beschreiben, und sie vertritt die Ansicht, daß die Männer
in der heutigen DDR unfähig sind zu lieben; die Bedingung für eine nichtentfremdete
Existenz unter Gleichgestellten ist damit nicht vorhanden.39 Im Vorwort zu Maxie Wanders
"Guten Morgen, du Schöne" (1976) erklärt sie:

Auch wir können nicht (...) der Marxschen Voraussetzung für


nichtentfremdete Existenz genügen: "Setze den Menschen als Menschen und
sein Verhältnis zur Welt als ein menschliches voraus, so kannst du Liebe nur
gegen Liebe austauschen, Vertrauen nur gegen Vertrauen etc." Ja:
ökonomisch und juristisch sind wir den Männern gleichgestellt; und nun
erfahren wir (wenn es wirklich Liebe ist, was wir meinen, nicht Besitz und
Dienstleistung auf Gegenseitigkeit), bis zu welchem Grad die Geschichte der
Klassengesellschaft, das Patriarchat, ihre Objekte deformiert hat und welche
Zeiträume das Subjektwerden des Menschen - von Mann und Frau - erfordern
302

wird. Immer noch müssen viele Frauen sich verstellen, damit ihre Liebe zum
Tauschwert für das unreife Liebesverlangen vieler Männer werden kann.40

Zustimmung zu Wolfs Einstellung kommt auch hier von seiten Döllings.41 1980 führt
sie in Weimarer Beiträge aus, daß Emanzipation der Frau nicht heißen könne, daß sie es
lernt, sich wie die Männer zu verhalten. Ein solcher Versuch führe zu einem Verlust an
individueller Substanz, schränke von vornherein das Ausschöpfen von Lebensmöglichkeiten
ein. Und auch in Wanders Protokollen wird ein solches Unterfangen als ein bewußt
gewordener Konflikt artikuliert. Hier formuliert die 36jährige Physikerin Margot:

.. .ich habe alles erreicht. Und jetzt ist es plötzlich aus, jetzt macht es plötzlich
keinen Spaß mehr. (...) Irgendwie kommt mir jetzt die Erkenntnis, etwas
Wichtiges versäumt zu haben, was auch zum Menschsein gehört. (...) ...
plötzlich weiß man, man hat viel zu hastig gelebt. (...) Wenn man sich lange
auf Leistung trimmt, zerstört man etwas Wichtiges in seiner Persönlichkeit.
Ich weiß nicht, ob man das wieder regenerieren kann. Jetzt möchte ich weg
von dem Leistungskomplex, aber wahrscheinlich kann ich das gar nicht mehr,
so daß immer wieder alles auf Leistung hinausläuft, was ich anfange. Wenn
ich nicht arbeite, bin ich mir selber fremd.
Man muß sich vielleicht deutlich machen, daß man sich selbst mehr Raum
geben muß.42

Bestätigung für die Ausführungen Wolfs und Döllings kommt auch von den
Sozialwissenschaften: In einem Sonntag-Interview berichtete die Sozialpsychologin
Annedore Schulze 1987, daß die Naturwissenschaftler, mit denen sie in ihren
Untersuchungen bisher zu tun hatte, ganz in ihrer Arbeit aufgingen und ihr Privat- und
Gefühlsleben stark beeinträchtigt würden. Begeisterungsfähigkeit für ihre Arbeit und
Besessenheit seien dominierende Eigenschaften. Sie organisierten ihr Leben so, daß sie sich
ausschließlich auf ihre Idee konzentrieren könnten. Andere Interessen würden rigoros
zurückgestellt. Für ihre Familien bliebe kaum Zeit. Besonders Naturwissenschaftler neigten
zu der Annahme, daß Sachlichkeit, Emotionslosigkeit, Objektivität, Vorurteilslosigkeit und
logische Beweisführung genügten, um wissenschaftliche Argumente in Diskussionen
durchzusetzen.43
Entsprechend führt Dölling weiter aus, daß Emanzipation nur zu einem Prozeß
wirklicher Befreiung für beide Geschlechter führen kann, wenn Frauen das, was sie als
Frauen ausmacht, in produktiven Tätigkeiten bewahren, wenn Frauen die Eigenschaften, die
sie in der langen Geschichte ihrer Unterdrückung ausbilden konnten (Empfindsamkeit,
Phantasie, Spontaneität, Selbstreflexion, Interesse an Menschen), als das ihnen Eigene in
produktive Tätigkeiten einbringen und mit diesen "kulturellen Werten" auch Einfluß nehmen
auf inhaltliche Veränderungen, auf das Setzen neuer Maßstäbe in diesen produktiven
Tätigkeiten. Eine Kulturgeschichte der Geschlechterbeziehungen, so Dölling, muß darauf
zielen, das, was Frauen als Frauen ausmacht, als Resultat eben der Geschichte deutlich zu
machen. Das heißt auch, das kulturelle Erbe in diesem Bereich zu nennen, das es zu
bewahren gilt als Voraussetzung für die Ausbildung von Beziehungen zwischen den
Geschlechtern, deren Ebenbürtigkeit sich auf das Einbringen des je Eigenen gründet.44
Wolf, Dölling und auch Margot W. erteilen dem Emanzipationskonzept der SED
303

somit eine deutliche Absage, denn die DDR-Emanzipationspolitik zielte immer auf die
Durchsetzung der Gleichberechtigung der Frau mit dem Mann, nie aber ging es um eine
Emanzipation von den Normen und Zwängen der Gesellschaft. In den Augen der SED
besteht die einzige Chance für die Frauen, aus der gesellschaftlichen Bedeutungslosigkeit
herauszukommen, in dem Eintritt in die Lohnarbeit. Befreiung der Frau und Berufstätigkeit
wurden gleichgesetzt, was zu einer nahezu vollständigen Einschränkung der gesamten
Frauenpolitik auf die Probleme und die Agitation lohnabhängiger Frauen führte. Andere
Problemstellungen, so argumentiert die westdeutsche Beobachterin Petra Schneider (1982),
welche mit den kulturellen Bestimmungen der Frau durch patriarchalische Ordnungsmuster
verbunden sind, treten in der offiziellen Literatur kaum als Fragen ins Bewußtsein und
werden, sofern sie sich tatsächlich einmal stellen, sofort "rationalistisch reduziert .
Die in dieser Arbeit diskutierte Frauenliteratur darf wohl als eine Reaktion auf und
Zurückweisung der Werke der fünfziger und sechziger Jahre verstanden werden. In dieser
Literaturperiode bleibt zunächst die These, daß die Frau Staat und Partei auf ihrer Seite
habe, unumstritten, es werden lediglich Zweifel geäußert, ob die Frauen die ihnen
gebotenen Chancen nutzen. Die Heldin der Arbeit ist das weibliche Leitbild der Literatur
dieser Zeit. In der Auseinandersetzung mit den traditionell eingestellten Männern, die ganz
offen ihre Privilegien verteidigen, entwickeln die Frauen Zähigkeit, Durchsetzungsvermögen
und ein politisches Bewußtsein, das sich ohne weiteres in die Strategie der SED, den
Aufbau des Sozialismus und der Produktion gleichzusetzen, integrieren läßt.46 In Willi
Bredels "Petra Harms" (1950) wird diese von den Männern erst akzeptiert, als sie "eine von
ihnen geworden ist". Ihr gesamtes Auftreten hat sich verändert, sie hat männliche
Verhaltensweisen angenommen: "Auf dem gemeinsamen Weg (...) hat sie einen neuen
Schritt. Fest und gewichtig tritt sie auf. Und mit ihren Ellenbogen stößt sie solche
Burschen, die sie necken, derb in die Seiten und hebt den Arm, als wolle sie ihnen ein paar
herunterhauen. Selbstbewußt war sie immer, so wie jetzt aber nie."47
In diesen frühen Werken sieht man die Tendenz zur Widersprüchlichkeit im Konzept
der SED: Einerseits wird eine Anpassung an männliche Verhaltensformen gefordert,
andererseits werden die Frauen unterstützt. Dieser Widerspruch sei gelöst, sobald die
Frauen sich als die 'besseren Männer’ erweisen. Auf diese Weise ist jedoch nur eine
scheinbare Lösung erreichbar, da die SED die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht im Sinne
der Frauen verändert und die Widersprüche dadurch ständig neu reproduziert werden.48
Abzulesen ist dies an der Tatsache, daß "die Frau, die ihren Mann steht” nach wie vor
Idealbild der DDR-Regierung ist. Die Porträts in offiziellen Publikationen orientieren sich
auch heute an diesem Modell: So ist z.B. Kranführerin Christa Kallweit (1983) "froh, wenn
ich einen anerkennenden Blick von einem unserer sechs Männer zu meiner Kanzel
bemerke", und in Für Dich (1988) wird Lehrling Katrin "an der ein Junge verloren
gegangen ist” als Beispiel gepriesen. Sie ist "hart im Nehmen" und, wenn es sein muß, auch
im Austeilen. "Sie steht ihren Mann und wird akzeptiert."49
Kritik an einer solchen Einstellung, wenn auch noch sehr zaghaft und vorsichtig,
klingt bereits 1954 in Marianne Bruns Werk Glück fällt nicht vom Himmel an:

Merkwürdiges Wort! Mann, wieso denn Mann? Müssen Frauen im


öffentlichen Leben sich unbedingt auf männliche Art bewähren? Mit
männlichen Stärken und ohne männliche Schwächen? Sie war so erregt, so
verletzt - sie übertrieb einen Gedanken, der nicht ganz abwegig ist. Jede
304

weibliche Schwäche wird als Schandmal gewertet, aber jede zusätzliche Stärke
wird unverbucht in Kauf genommen, dachte sie in ihrer Erbitterung. Wieso
eigentlich? Ist das Gleichberechtigung?50

Für die SED gilt die nicht-berufstätige Frau als Hüterin kleinbürgerlicher
Bewußtseins- und Verhaltensformen, sie wird durchgängig diffamiert und erscheint als
Relikt einer untergegangenen Welt. So hieß es beispielsweise 1962 in Einheit:

Eine Frau, deren Tätigkeit sich auf den engen Kreis der Familie beschränkt,
wird auch als Mutter stets in Gefahr sein, schon durch ihr Beispiel bei den
Kindern ähnliche Idealbilder zu wecken... Jeder kennt die engstirnigen Klein-
aber-mein-Spießbürger aller Schattierungen, die das Ergebnis sind und die
Bremse jeder sozialistischen Entwicklung.51

In der Literatur der Aufbau-Periode sind die Nur-Hausfrauen im Gegensatz zu den


neuen "emanzipierten" Heldinnen zu keiner gleichberechtigten Partnerschaft fähig. Statt
dessen drängen sie sich skrupellos in fremde Ehen und symbolisieren ein oberflächliches,
bequemes, genußsüchtiges Leben, das sie über eine Ehe mit einem erfolgreichen Mann
realisieren wollen. Sie werden durchweg als "Gefahr" gesehen, ihre körperliche
Anziehungskraft mit der Aura des Obszönen, Unsauberen belegt.52 Weibliches
Selbstbewußtsein aber wurzelt in der Gewißheit, "so gut wie ein Mann zu sein". Der
Versuch einer Aufarbeitung und Problematisierung des traditionell Weiblichen unterbleibt.
Die Suche nach einem neuen Selbstverständnis als Frau findet nicht statt. Weibliche
Rollenklischees werden beibehalten und mit der Berufstätigkeit der Frau verbunden. Die
Frau kann einen männlichen Beruf ausüben, das ewig Weibliche und erotisch Anziehende
bleibt ihr dennoch. Die Frau behält den Charakter eines passiven Objekts.53 Auf die
Problematik der Doppelbelastung reagiert die Literatur vornehmlich mit der Konstruktion
der "Superfrau",54 die gesellschaftliches Durchsetzungsvermögen und technischen
Sachverstand in idealer Weise mit ihren Aufgaben im familiären Bereich zu kombinieren
weiß.
Artikulationen des Unbehagens der Frauen an dem von der SED verordnetem
Zweckoptimismus, ihr Leben zu meistern, den männlichen Normen zu entsprechen, bleiben
in dieser Zeitperiode noch im Ansatz stecken oder werden durch unglaubhafte Lösungen
beigelegt. Verzweifelte Äußerungen über die Zerrissenheit des Alltags, wie sie Christa Wolf
in der Tagebuchskizze "Dienstag, der 27. September I960" (1972) formuliert, bleiben
Ausnahmen.55 Erst die Literatur der siebziger Jahre, mit Christa Wolf als einer der
Vorläuferinnen, wird Medium der Selbstverständigung von Frauen über Frauen, erst hier
entwickelt sich das Bewußtsein von den Grenzen der Emanzipation durch den Beruf.

In den hier diskutierten späteren Werken (d.h. seit Anfang der siebziger Jahre)
erscheint das, was Frauen bisher erreicht haben und selbstverständlich nutzen, ungenügend.
Sie fragen nicht mehr, was sie haben, sondern sie fragen zunächst, wer sie sind. Während
sie fühlen, wie ihre neue Rolle sich schon zu verfestigen beginnt, wird ihnen ebenso
bewußt, daß sie in den Institutionen gefangen sind und sie beginnen, sich gegen die neuen
Tabus zu wehren, "denn die Veränderungen werden immer da am heftigsten
weitergetrieben, wo sie am tiefgreifendsten waren".56 Die ihnen gebotene Möglichkeit "zu
305

tun, was die Männer tun", habe sie nun -so Wolf (1976) - zu der Frage gebracht: "Was bin
die Männer überhaupt? Und will ich das eigentlich?" Dabei geht es nicht darum, wie in dem
obigen Zitat angedeutet, gegen die Männer zu agieren, sondern vielmehr um eine
Emanzipation beider Geschlechter von den sie einschränkenden Rollenklischees und
Leistungs-(Zwängen). Dieser Punkt wird in den folgenden Kapiteln noch detaillierter
aufzugreifen sein. Festgehalten werden soll an dieser Stelle, daß "nicht der Mann das
Modell für den Menschen ist, sondern Mann und Frau".57 Auf diese Idee kämen allerdings
die meisten Männer nicht, beklagt die Autorin, und auch nur die wenigsten Frauen
versuchten, ihrem permanent schlechten Gewissen (weil sie nicht schaffen könnten, was von
ihnen verlangt werde) einmal auf den Grund zu gehen: Der Grund wäre ihre eigene
Identifikation mit dem auch in sich überholten Männlichkeitsideal.58

Die hier ausgeführten Erkenntnisse sind weitgreifend und gehen über die
Geschlechterproblematik hinaus. Wolf, Worgitzky und auch Morgner sehen sie in engem
Zusammenhang mit ihrer Kritik an Wissenschaft und Technik. Die Anklage, so führt
Chiarloni-Pegoraro (1982) ganz richtig aus, ist präzise und dokumentiert, der Antagonismus
überdeutlich: Die Frau wird sich dessen bewußt, daß das Ganze der männlichen politischen
Organisation die Idee der Menschheit selbst in Frage stellt durch eine Ausübung der Macht,
die männlich unversöhnbar von menschlich, die Wissenschaft von Wahrheit, die Rationalität
vom Gefühl trennt.59 Günter de Bruyn kommentierte 1972:

Vielleicht haben Natur und Geschichte die Frauen dazu prädestiniert,


Humanität zu bewahren. Durch Unterdrückung der Erziehung zum
Unterdrücken, zur Brutalität, zum Töten entgangen, kann ihre Befreiung zur
Befreiung der Menschlichkeit werden.60

In ihrer Büchner-Preis-Rede 1980 gab Christa Wolf eine umfassende Darstellung der
Verbindung zwischen der männlichen Unfähigkeit zu lieben und den Strukturen
wissenschaftlichen Denkens. Männer können deshalb nicht lieben, weil sie sich zunehmend
in den Strukturen des instrumentalen Denkens verfangen. Diese halten sie davon ab, die
Fülle der Wirklichkeit zu erkennen und sich selbst zu kennen. "Wer sich selbst nicht kennt,
kann kein Weib erkennen."61 Der blinde Glaube der Männer an Wissenschaft und
Technologie als Garantien des Fortschritts ist jedoch noch nicht die schlimmste Folge. Die
Vernunft, so Wolf, habe den einst vorhandenen emanzipatorischen Gehalt aufgegeben, als
sie auf die Ebene des reinen Zweckdenkens herabsank. Die Rationalist des
wissenschaftlichen Zeitalters ist zur Irrationalst geworden, unfähig zur Selbstkritik, weil
diese im System nicht vorgesehen ist. In ihr Gegenteil verkehrte Vernunft endet in
Selbstzerstörung: Männer sind nicht nur unfähig, Frauen zu lieben, sie können nichts außer
dem Tod lieben.62
Frauen haben jedoch an der Fortentwicklung dieser Kultur keinen Anteil und können
deshalb eine privilegierte Stellung einnehmen, von der aus sie Kritik üben können. Frauen
können von ihrer Warte teils innerhalb, teils außerhalb der Männerwelt das für sie
Unzulängliche, aber auch das für jeden Zerstörerische dieser Kultur beurteilen und
erkennen. Wolf wendet sich in ihrer Rede an die deutschen Männer im Osten wie im
Westen wenn sie formuliert: "Meine Herren. Freunde, Kollegen. Genossen. Meinen Sie
nicht meint ihr nicht, selbst für leichte Füße wird der Boden mittlerweise etwas zu dünn?”63
306

Indem sie sich die eigene Befreiung zum Ziel setzt, wird die Frau für Wolf zum Subjekt der
Geschichte, deren Kampf gegen die Zwänge einer selbstzerstörerischen Kultur
möglicherweise auch den Mann befreien kann. Nach Ansicht Christa Wolfs können die
Frauen die Führung übernehmen, wenn es darum geht, die Menschheit aus der Sackgasse
zu führen, in welcher sowohl Kapitalismus als auch Sozialismus angelangt sind, und ihr den
Weg zeigen zu einer anderen Geschichte und zu der "phantastischen Erfindung" von
Menschen, die einander lieben können.64
In ihrer Erzählung Kassandra (1983) und den "Nachrichten eines Tages" Störfall
(1987) verfolgt Wolf diese Thematik weiter.65 In den siebziger Jahren sind nur wenige der
Autorinnen in ihren Ausführungen so detailliert und umfassend wie Wolf, längst nicht alle
weisen auf die politischen Zusammenhänge und auf weiterreichende Überlegungen hin.
Angst vor Krieg und Hoffnung auf die Erhaltung des Friedens werden jedoch immer wieder
thematisiert und kommen auch in den Männer- und Frauenprotokollen besonders stark zum
Ausdruck. In den achtziger Jahren sind kritische Bemerkungen über die von Männnem
betriebene Wissenschaft und Technik immer häufiger in der Literatur anzutreffen.
Worgitzkys Protagonistin Martha spricht pejorativ von der "herrlichen" Wissenschaft und
erklärt ihrem Freund: "Wenn du so ein Wissenschaftsfanatiker wärst, der quasi die ganze
Welt durchrationalisieren möchte, käme ich nicht aus mit dir.1,66 Morgners Shenja verachtet
Leute, "die sich für modern hielten, weil sie an die Wissenschaft glaubten wie an eine
Religion"67 und Helga Königsdorf, selbst Mathematikerin, formuliert in ihrem
tagebuchförmig angelegten Roman Respektloser Umgang (1986):

...Hunger und soziale Not sind konkret erfahrbar. Die Bedrohung der
menschlichen Zivilisation bleibt abstrakt. Man kann die Gedanken darüber
beiseiteschieben wie das Wissen um die eigene Sterblichkeit. Man kann das
Wissen sogar denunzieren. Dem Patienten die Wahrheit vorenthalten.
Vielleicht in der besten Absicht. Angst aus Wissen lähme nur, kann man
sagen. Aber man darf dann auch nicht mit der Mobilisierung seiner Kräfte
rechnen.
Mobilisierung der Humanität. Geringer läßt sich’s nicht machen. Das werde
ich ihm sagen. Meinem Sohn. Der die Welt gern einfach haben möchte.
Berechenbar. Wie seine Physik. Von der Würde des Menschen werde ich
sprechen, die nicht aus naturwissenschaftlicher Kalkulation folgt. Von der
Verantwortung, die er mit übernehmen muß, weil es zwischen Verantwortung
und Mitschuld in Zukunft nichts mehr gibt. Mitschuld am Mißbrauch der
Erkenntnis. Mitschuld am Abstempeln zu Untermenschen. Zu Objekten. Zu
Megatoten.68

Vielleicht gerade weil Königsdorf sich in den letzten Jahren durch ihre Erkrankung
mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzen mußte, ist sie in ihren literarischen Werken
und Aussagen erheblich deutlicher geworden. Beschränkte sie sich zuvor auf eine ironische
Darstellung der Menschen (meistens männlichen Geschlechts) und der Vorkommnisse im
wissenschaftlichen Bereich, wie z.B. im "Forschungszentrum für Zahlographie",69 so
wendet sie sich in Respektloser Umgang und auch in Reden gegen den absoluten
Wissenschaftsglauben.70 Denn, obwohl man ohne neue Erkenntnisse nicht auskommen
könne, sei der Mythos, daß man mit Hilfe der Wissenschaft "jede Suppe auslöffeln könnte.
307

die wir uns einbrocken" gefährlich. "Ein guter Kompromiß wird nötig sein für die enge
Durchfahrt zwischen Szylla und Charybdis. Beim Umschlag von Quantität in Qualität."71

Fußnoten

1 Wolf, Christa: Selbstversuch. Traktat zu einem Protokoll.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf,
Christa: Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 65-100. Hier Seite 86.
2 Vgl, hierzu Kapitel II. 10 und II. 11
3 Siehe Buhr, Manfred / Kosing. Alfred: Kleines Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Philosophie.
Berlin (DDR): Dietz Verlag 1981. Seite 29f. Stichwort: Arbeit.
4 Programm der SED. Dresden: Verlag Zeit im Bild 1976. Seite 47.
5 Emmerich, Wolfgang: Identität und Geschlechtertausch.-In: Grimm, R. / Hermand, Jost (Hrgb.): Basis
8. Frankfurt (Main): 1978. Seite 143.
6 ebenda
7 ebenda
8 Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 86.
9 ebenda, Seite 82
10 ebenda, Seite 71
11 ebenda, Seite 70
12 ebenda, Seite 74
13 ebenda, Seite 78
14 ebenda, Seite 79
15 Vgl. hierzu Kapitel II.8
16 Wolf, Christa: Selbstversuch.-In Kirsch, Sarah /Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 79f.
17 ebenda, Seite 81. Wolf äußert hier mit dem Begriff "Ungereimtheit" keine Kritik an weiblichen
Verhaltensweisen. Aus dem Kontext wird deutlich, daß sie mit ihrer Wortwahl lediglich auf solche, häufig
von männlicher Seite als Kritik an weiblichem Verhalten benutzte Bezeichnungen, anspielt. Sie weist auf
diese Weise auf das bestehende Mißverständnis zwischen den Geschlechtern hin: " Ungereimtheit ” ist somit
als Gegenpol zu der (aus weiblicher Sicht) ebenso kritikwürdigen männlichen Wissenschaftsbesessenheit
und unmäßigem Rationalitätsgiauben zu verstehen.
18 ebenda, Seite 82
19 ebenda, Seite 89
20 ebenda, Seite 94
21 ebenda, Seite 95
22 ebenda, Seite 96
23
24 Emmerich, Wolfgang: Nachwort.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 101-127. Hier Seite 114.
Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
25
Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 100.
Emmerich, Wolfgang: Nachwort.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
26
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 114f.
Bahr, Gisela E.: Blitz aus heiterm Himmel. Ein Versuch zur Emanzipation in der DDR.-In: Paulsen,
27
Wolfgang (Hrgb.): Die Frau als Heldin und Autorin. Bern und München: 1979. Seite 223-235. Hier Seite

Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
28
Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 83.
29 ebenda, Seite 84 _
Bahr, Gisela E.: Blitz aus heiterm Himmel.-In: Paulsen, Wolfgang (Hrgb.): Die Frau als Heldin und
30
Autorin. Bern und München: 1979. Seite 227.
Wolf Christa- Subjektive Authentizität. Gespräch mit Hans Kaufmann. Weimarer Beiträge, 1974, Nr.
31
6, unter dem Titel "Gespräch mit Christa Wolf". Zitiert nach Wolf, Christa: Die Dimension des Autors.
308

Essays und Aufsätze, Reden und Gespräche 1959-1985. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag
1987. Seite 773-805. Hier Seite 800.
32 Bahr, Gisela E.: Blitz aus heiterm Himmel.-In: Paulsen, Wolfgang (Hrgb.): Die Frau als Heldin und
Autorin. Bern und München: 1979. Seite 226.
33 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse von Geschlechterbeziehungen. Weimarer Beiträge. 1980,
26. Jg., Nr. 1, Seite 72.
34 Lennox, Sara: Der Versuch, man selbst zu sein. Christa Wolf und der Feminismus.-In: Paulsen,
Wolfgang (Hrgb.): Die Frau als Heldin und Autorin. Bern und München: 1979. Seite 217-222. Hier Seite
22 lf.
35 ebenda, Seite 222
36 Wolf bezieht sich hier auf ihe Erzählung "Selbstversuch".
37 Wolf, Christa: Subjektive Authentizität. Zitiert nach dies.: Die Dimension des Autors. Darmstadt und
Neuwied: Luchterhand Verlag 1987. Seite 799.
38 Lennox, Sara: Der Versuch, man selbst zu sein.-In: Paulsen, Wolfgang (Hrgb.): Die Frau als Heldin und
Autorin. Bern und München: 1979. Seite 218. Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: Kirsch, Sarah / Morgner,
Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 100.
39 Lennox, Sara: "Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an". Prosa von Frauen und Frauenbefreiung
in der DDR.-In: Hohendahl, Peter / Herminghouse, Patricia (Hrgb.): Literatur der DDR in den siebziger
fahren Edition Suhrkamp, Band 1174. Frankfurt (Main): Suhrkamp Verlag 1983. Seite 224-258. Hier
Seite 227.
40 Wolf, Christa: Berührung. Ein Vorwort.-In: Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt
und Neuwied: 1983. Seite 9-19. Hier Seite 13.
41 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse von Geschlechterbeziehungen. Weimarer Beiträge. 1980,
26. Jg., Nr. 1, Seite 71.
42 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 104ff.
43 Ziegenhagen, Ilse: "...und wenn die Ideen stören?" Gespräch mit der Sozialpsychologin Annedore
Schulze. Sonntag. 1987, 4L Jg., Nr. 21, Seite 9. Vgl. hierzu auch Wolf, Christa: Störfall. Nachrichten
eines Tages. Sammlung Luchterhand, Band Nr. 777. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 1987.
Seite 70.
44 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse von Geschlechterbeziehungen. Weimarer Beiträge. 1980,
26. Jg., Nr. 1, Seite 71f.
45 Vgl. hierzu Schneider, Petra: Meinen Wert als Frau hatte ich zu beweisen, indem ich einwilligte, ein
Mann zu werden" - Die Frauenfrage in der DDR-Literatur der fünfziger und frühen sechziger Jahre.-In:
Franz Mehring Gesellschaft Stuttgart (Hrgb.): Demokratie und Arbeitergeschichte Jahrbuch 2
Geschichtsschreibung - Medienkritik - Unterrichtsmaterialien. Stuttgart: Alektor-Verlag 1982. Seite 120-
137. Hier Seite 120.
46 ebenda
47 Bredel, Willi: Petra Harms (1950).-In: Wolff, Lutz-W. (Hrgb.): Frauen in der DDR. 20 Erzählungen.
München: Deutscher Taschenbuch Verlag 4.Auflage 1979. Seite 18-25. Hier Seite 22.
48 Schneider, Petra: "Meinen Wert als Frau...".-In: Franz Mehring Gesellschaft Stuttgart (Hrgb.):
Demokratie und Arbeitergeschichte Jahrbuch 2. Stuttgart: 1982. Seite 127.
49 Gleiche Chancen für Frauen? Aus erster Hand. Eine Information aus der Deutschen Demokratischen
Republik. Panorama DDR. Dresden: Verlag Zeit im Bild 1983. Seite 24. Ulitsch, Maritta: Der Halka-
Clan. Für Dich. 1988, Nr. 3, Seite 6-9. Hier Seite 8
50 Bruns, Marianne: Glück Fällt nicht vom Himmel. Halle (Saale) und Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1954.
Seite 334.
51 Zitiert nach Helwig, Gisela: Frau und Familie.... Köln: 1987. Seite 1 lf.
52 ebenda, Seite 124 und 129
53 ebenda, Seite 124
54 Ansätze dieses Frauenbildes sind bereits in der Literatur der fünfziger Jahre zu finden, aber erst die
Autoren der sechziger Jahre (z.B. Eric Neutsch, Jurek Becker, Benito Wogatzki u.a.) bilden hieraus das
neue weibliche Leitbild. Die Frauen vereinen Berufstätigkeit, Weiterqualifizierung und Mutterschaft, sie
sind verständnisvolle Ehefrauen und attraktive Geliebte.
55 Wolf, Christa: Erzählungen. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 1985. Seite 21-35.
56 Wolf, Christa: Berührung. Ein Vorwort.-In: Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt
und Neuwied: 1983. Seite 16. Vgl. auch: Wolf, Christa: Büchner-Preis-Rede.-In: Lesen und Schreiben.
309

Neue Sammlung. Sammlung Luchterhand, Band Nr. 295. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag
6. Auflage 1985. Seite 319-334. Hier Seite 327.
57 Wolf, Christa: Subjektive Authentizität. Zitiert nach Wolf, Christa: Die Dimension des Autors. Darmstadt
und Neuwied: Luchterhand Verlag 1987. Seite 800. Chiarloni-Pegoraro, Anna: "Mann" versus "Mensch".
Zu Christa Wolfs Erzählung "Selbstversuch". Colloquia Germanica. 1982, 15. Jg., Nr. 3, Seite 239-252.
Hier Seite 242 und 247.
58 Wolf, Christa: Subjektive Authentizität. Zitiert nach Wolf, Christa: Die Dimension des Autors. Darmstadt
und Neuwied: 1987. Seite 800.
59 Chiarloni-Pegoraro, Anna: "Mann" versus "Mensch”. Colloquia Germanica. 1982, 15. Jg., Nr. 3, Seite
246.
60 Bruyn, Günter de: Fragmente eines Frauenporträts. Sinn und Form. 1972, Jg.24, Nr. 4, Seite 793-797.
Zitiert nach Herminghouse. Patricia: Wunschbild, Vorbild oder Porträt? Zur Darstellung der Frau im
Roman der DDR.-ln: Hohendahl, Peter / Herminghouse, Patricia (Hrgb.): Literatur und Literaturtheorie
in der DDR. Frankfurt (Main): Suhrkamp Verlag 1976. Seite 281-334. Hier Seite 287. Auch Klaus
Höpcke, der Stellvertreter des Ministers für Kultur, findet es bezeichnend, "daß der Schutz der Natur oft
von weiblichen Gestalten ausgeht. Und das Wichtigste: Allgemein bestärkt sich das Nachdenken über
Lebensprobleme in Dimensionen der ganzen Menschheit." Diese Verantwortung für die Welt, so Höpcke,
äußere sich oft in essayistischen Passagen. Hammer, Hannelore: Bücher - unsere Liebe. Ein
Exklusivinterview mit Klaus Höpcke. Für Dich. 1987, Nr. 47, Seite 20-23. Hier Seite 20.
61 Wolf, Christa: Büchner-Preis-Rede.-In: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 324. Vgl. auch dies.: Selbstversuch.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 87. Hier spekuliert Anders Freundin Irene:
"Vielleicht hat diese verdammte Erfindung von deinem Professor doch ihr Gutes. (...) für den Fall, daß
gewisse Fähigkeiten den Männern noch weiter verkümmern sollten - wie das Vermögen, uns im
wörtlichen wie im biblischen Sinne zu erkennen. Feminam cognoscere. Und er erkannte sein Weib....
Ja: Höher als alles schätzen wir die Lust, erkannt zu werden. Euch aber ist unser Anspruch die reine
Verlegenheit, vor der ihr euch (...) hinter euren Tests und Fragebogen verschanzt."
62 Lennox, Sara: "Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an". Prosa von Frauen und Frauenbefreiung
in der DDR.-In: Hohendahl, Peter / Herminghouse, Patricia (Hrgb.): Literatur der DDR in den siebziger
Jahren. Frankfurt (Main): 1983. Seite 231.
63 Wolf, Christa: Büchner-Preis-Rede.-In: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und Neuwied:
1985. Seite 328.
64 Lennox, Sara: "Nun ja! Das nächste Leben..."-In: Hohendahl, Peter / Herminghouse, Patricia (Hrgb.):
Literatur der DDR in den siebziger Jahren. Frankfurt (Main): 1983. Seite 232.
65 Wolf, Christa: Kassandra. Darmstadt und Neuwied: 1983; Störfall. Darmstadt und Neuwied: 1987. Vgl.
auch Wolf, Christa: Voraussetzungen einer Erzählung: Kassandra. Frankfurter Poetik-Vorlesungen.
Sammlung Luchterhand, Band Nr. 456. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag 8. Auflage 1984.
Hope, Jacquie: Creating the past in memory of the future: Christa Wolfs "Kassandra". Vortrag auf der
Infpmarional Conference on the GDR. Ealing College of Higher Education, London/England, 11.-13.

September 1987.
66 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 295.
67 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen.-In: Geschlechtertausch. Darmstadt und
Neuwied: 1983. Seite 47.
68 Königsdorf, Helga: Respektloser Umgang. Erzählung. Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag
1986. Seite 94.
69 Königsdorf, Helga: Krise.-In: Meine ungehörigen Träume. Geschichten. Edition Neue Texte. Berlin und
Weimar: Aufbau Verlag 4. Auflage 1984. Seite 46-53. Dies.: Der unangemessene Aufstand des
Zahlographen Karl-Eugen Kuller.-In: Der Lauf der Dinge. Berlin und Weimar: 1982. Seite 51-67.
70 Vgl. z.B. Königsdorf, Helga: Diskussionsbeitrag auf dem X. Schriftstellerkongreß der DDR. Sonntag,
1987. 4L Jg., Nr. 49, Seite 3.
71 Königsdorf, Helga: Respektloser Umgang. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 93.
310

III.13 "Jetzt, wo ich selbem Kerl bin, jetz kriekich die


Ehmannzipatzjion"
Ein Plädoyer für Gleichberechtigung durch Freundschaft

Sarah Kirschs Erzählung "Blitz aus heiterm Himmel" (1975) legt dar, daß auf Liebe
begründete Beziehungen und Ehen für Frauen nicht den optimalen Weg zum Glück bieten.
Kirschs Protagonistin, die 25jährige unverheiratete, "erotisch emanzipierte'"
Naturwissenschaftlerin Katharina Sprengel, hat ihre Prioritäten deutlich gesetzt: Ihr ist
Freundschaft wichtiger als sexuelle Erfüllung. Diese Einstellung wird durch ihre
Geschlechtsumwandlung weiter gefestigt und bestätigt.
Katharina lebt seit drei Jahren ziemlich glücklich mit dem Fernfahrer Albert
zusammen, einem Mann, den sie zunächst nur als "günstige Übergangslösung" betrachtet,
jetzt aber doch sehr liebt. Kirsch läßt es nicht bei der Kritik an alten Verhaltensweisen
bewenden. Zu Beginn ihrer Erzählung zeigt sie, daß beide Partner sich falsch verhalten:
Albert, indem er sich von seiner Freundin bedienen läßt, Katharina, indem sie trotz ihres
anstrengenden Berufs die Rollenteilung schweigend und "mit Rührung"2 erträgt. Aber sie
zeigt auch Ungewöhnliches. Diese Liebesbeziehung ist von vornherein sehr stark auf
Freundschaft gegründet, die für Katharina überhaupt das Ausschlaggebende ist. "Im Bett
wäre Albert noch zu ersetzen gewesen, durch ein Kollektiv ganz bestimmt", heißt es, "aber
der Freundschaft würde sie nachtrauem müssen".3
Nach dem Geschlechtertausch entwickelt sich die Freundschaft zu gleichberechtigter
Partnerschaft. Und doch steckt in dem Kemsatz: "Jetzt, wo ich selbem Kerl bin, jetz
kriekich die Ehmannzipatzjon",4 die entscheidende Kritik. Albert nimmt nun ohne jede
Diskussion die Hälfte der anliegenden Arbeiten und Gänge auf sich, denn Hilfsbereitschaft,
Achtung und Solidarität sind zwischen Männern selbstverständlich. Die Verwandlung hat
hier deutlich die Funktion, darauf aufmerksam zu machen, daß bei Freunden gleichen
Geschlechts das gleichwertige Miteinander ganz natürlich ist, und stellt damit die Frage,
weshalb dies bei Freunden unterschiedlichen Geschlechts nicht ebenso selbstverständlich sein
kann.
In der "idyllischen Lösung" der Geschichte (Emmerich, 1980),5 steckt also
beträchtliche Skepsis und vielleicht auch Bitterkeit, denn die erworbene Freundschaft unter
Gleichen (eben unter Männern) wird ja ganz offenbar mit der Preisgabe der sexuellen
Beziehung erkauft. So scheint das Experiment einerseits geglückt, andererseits bezeichnet
es jedoch ein Scheitern. Emmerich schließt, daß der Status quo der DDR-Gesellschaft
dadurch charakterisiert sei, daß er nach wie vor nur eine der beiden
Selbstverwirklichungsmöglichkeiten - Eros oder Solidarität - zulasse, nicht aber beide
zugleich. Kirschs Protagonistin hat aber ihre Prioritäten deutlich gesetzt, ihr ist Freundschaft
wichtiger als sexuelle Erfüllung, und diese wird durch die Umwandlung gefestigt und
vertieft.
Den DDR-Rezensenten Damm und Engler ist diese Kritik nicht aufgefallen, sie halten
die Erzählung für "unpolemisch" und "humorvoll”.6 Anderen Schriftstellerinnen ist dieses
Problem aber sehr wohl bewußt und wird auf die verschiedenste Weise zur Sprache
gebracht. Morgners Valeska hält die Freundschaft zwischen den Geschlechtern für "von
erotischer Habgier bedroht"7, für Edith Andersons Alyda ist "Ehe (...) der Untergang der
Freundschaft”.8 Alyda hat für ihre Beziehung zu Florian zunächst hochgesteckte Ziele:
311

Wir wollten einander durch und durch kennenlernen. Wir wollten einander
beschützen. Wir wollten Freunde sein.
Freunde: das war die Formel. Zurück bis zur Kindheit als Spielkameraden,
weiter für den Rest unseres Lebens, als Gefährten. Liebe war eine
vorübergehende Stimmung oder ein Sammelwort, das selbstsüchtige oder rein
biologische Interessen bemäntelte, war schlimmstenfalls eine sentimentale
Lüge, bestenfalls ein wie Rauch entschwindendes Nebenprodukt. Oder sie
führte, soweit sie etwas Echtes war, zur Ehe und von da an zu den
unvermeidlichen Widersprüchen, die ihre Größe in nichts auflösten.9

Freundschaft steht somit höher im Kurs als Liebe und Ehe, denn während
Freundschaft ein gleichberechtigtes und -verpflichtetes Verhallten zueinander bedeutet, ist
Liebe unkontrollierbarer, angreifbarer. Zu häufig wird aus Liebe gelitten, werden aus Liebe
einem anderen Privilegien eingeräumt, erniedrigt man sich selbst und macht sich zum
"Sklaven" des "Partners". Liebe dauert nicht an, sie ist zu vielen Störungen ausgesetzt.
Nach der Umwandlung ist Katharina froh, nun mit Albert auf einer Stufe zu stehen, denn:
"Egal, was aus ihnen würde, die Freundschaft könnte nun kein Mensch mehr kaputtmachen
(...), und sie brauchten sich niemals schonende Unwahrheiten zu sagen."10 Auch Alyda
strebt nach einer "reinen und edlen Freundschaft, die nur zwischen Gleichen bestehen
konnte”11 und Irmtraud Morgners Laura Salman, deren erste Ehe und alle darauffolgenden
eheähnlichen Zustände nach eigener Aussage von ihrer Seite aus auf Liebe begründet waren,
will sich auf Liebe als Fundament für eine weitere Beziehung nicht noch einmal einlassen.
Liebe bewirke nur "eine schöne Bewußtseinsverengung", die ihr Herren stets derart
schöngefärbt habe, daß sie zunächst ihren Egoismus übersehen habe. "Wenn überhaupt,
käme für mich jetzt nur der umgekehrte Weg in Frage. Ich empfinde für Benno
Freundschaft. Falls er für mich außer Liebe auch Freundschaft empfindet, tätliche meine
ich, würde ich noch mal eine Heirat wagen.” Die Frage der schönen Melusine, ob sie dies
ohne Liebe ihrerseits tun würde, beantwortet Laura mit: "Die wächst bei friedlichem
Entgegenkommen.”12 Freundschaft wird somit zur Vorbedingung für wahre Liebe und ist
nicht ihr Ergebnis.
Diesen Willen, der entschlossen ist, die "soziale und existenzielle Trennung der
Geschlechter" aufzuheben, hält Annemarie Auer in ihrem abschließenden Essay zur
Anthologie für "neu und noch nie dagewesen". Jetzt gehe es darum, "dort Freundschaft zu
setzen, wo vorher ein Kampf war". Die Erfüllung dieser nie vordem erfüllbaren Sehnsucht
könne erst der Sozialismus versprechen, sie werde erst im Bereich des realen Humanismus
möglich.13

Was sich im vorausgegangenen Kapitel bereits andeutete, zeichnet sich auch hier
deutlich ab: Die von der SED propagierte sozialistische Ehe wird von den kritischen
Schriftstellerinnen bemängelt. Sie können dieser Art des Zusammenlebens, in der Form, in
der sie heute weitläufig besteht, nur wenig Positives abgewinnen. Immer wieder trifft man
auf die Warnung, sich nicht zu früh und im Schwang der Gefühle zu binden. Die
Jugendbuchautoren Hildegard und Siegfried Schuhmacher sehen gerade hierin ihre Aufgabe.
Junge Menschen seien häufig noch unbedarft in der Auswahl ihrer Partner. Ihre Absicht ist
es, "begreifbar zu machen, daß man sich auch dem Freund gegenüber kritisch verhalten
muß”. Stärken und Schwächen müßten erkannt werden, darum seien Freundschaften vor der
312

Ehe sehr wichtig.14 Ähnlich argumentiert auch Martin, der ehemalige Ehemann Charlotte
Worgitzkys Protagonistin Martha in Meine ungeborenen Kinder (1982). Es werde viel zu
rasch geheiratet, heißt es auch hier, die vielen Ehescheidungen seien ein Beweis dafür. Und
er macht auch auf einen weiteren negativen Aspekt dieser Entwicklung aufmerksam:

Bei allem, was zu Recht gegen die frühere Form der Ehe einzuwenden ist,
war sie doch durch feste Regeln, Sitten und Tabus abgesichert. Für die Frauen
entstanden dabei Nachteile, die heute im wesentlichen beseitigt sind, zum
Beispiel die ökonomische Abhängigkeit vom Ehemann. Deshalb gehen sie jetzt
viel leichter zum Scheidungsrichter, wenn ihnen etwas nicht paßt. Aber die
Kinder? In früheren Zeiten konnte ein Kind im allgemeinen sicher sein, daß
es bei den Eltern blieb, bis es erwachsen war. Heutzutage glaubt man
offenbar, es genügt, wenn das Kind bei der Mutter aufwächst. Vater ist nicht
so wichtig, kann auch mal ausgewechselt werden, Hauptsache, die Frau
emanzipiert sich. (...) Ich bin dafür, daß Frauen ihre geistigen Interessen
ebenso entwickeln können wie Männer - aber genau deshalb meine ich, man
sollte nicht so zeitig heiraten, sondern erst einmal seine Nase in die Welt
halten, bevor man sich ins kleine Glück zurückzieht. Vor allem sollte man das
nicht in der ersten Verliebtheit tun; die hält sowieso nicht vor, und erst
danach zeigt sich, ob eine Ehe von Dauer sein kann.15

Man soll sich also erst emanzipieren und dann Kinder bekommen, anstatt, wie zu
viele junge Menschen, "das Pferd von hinten aufzuzäumen" und den "Kampf" um die
Emanzipation und Selbstfindung auf dem Rücken des bereits vorhandenen Nachwuchses
auszutragen. Auch Martins zweite Frau, Edith, spricht sich für "ein bißchen Zweifel an
dieser altehrwürdigen Institution" aus. Sie befürwortet eine größere Gemeinschaft, ist gegen
"diese Vereinzelung, in der ständig jeder für alles verantwortlich ist".16 Ihr schweben
Wohngemeinschaften vor, in der die Kinder verschiedener Eltern gemeinsam erzogen
werden, die Hausarbeit umschichtig verteilt wird und Aufsicht für die Kinder immer
vorhanden ist. Auch für Martin hat die Kleinfamilie keine Zukunft, denn "die schädlichen
Auswirkungen dieser Vereinzelung auf minimalem Raum nehmen derart zu, daß es eines
Tages zu Veränderungen im Zusammenleben kommen muß".
Sohn Robert und auch Martha können sich ein solches Leben jedoch nicht vorstellen.
Robert möchte nach seinen Erfahrungen in Studentenwohnheimen und bei der Armee
endlich seinen eigenen Lebensbereich und Martha braucht nach ihrer Arbeit das "Für-mich-
Sein". Außerdem, so argumentiert sie, werde man in der DDR nicht zum wirklichen
Gemeinschaftsleben erzogen.17 Worgitzky bietet hier keine Lösung für das Problem an, aber
sie macht auf verschiedene Möglichkeiten aufmerksam, die zu individuellen Lösungen
führen können. Hier versucht die Autorin, wie in Teil I dieser Arbeit nachgewiesen wurde,
dem Rezipienten der Partner zu sein, der zum Nachdenken und vielleicht Umdenken anhält.
Als Leser fragt man sich, welche Art von Gemeinschaft für einen selbst die angebrachteste
wäre, ob und mit welcher der bestehenden Alternativen - Ehe, Lebensgemeinschaft oder
Singletum - man sich arrangieren könnte.
Von offizieller Seite wird argumentiert, daß erst der Sozialismus der Ehe "ihre große
historische Chance" gebe.18 Der Sozialismus "produziere" nämlich Gleichberechtigung und
überwinde die mit den kapitalistischen Einkommensverhältnissen verbundenen unwürdigen
313

Gründe für das Zustandekommen von Ehen. "Da Frauen ökonomisch unabhängig sind, aus
keiner anderen Rücksicht als aus Liebe geheiratet wird, können wirklich gleichberechtigte
Menschen Zusammenleben. ”19 Angeführt wird auch Engels: "Nur die auf Liebe begründete
Ehe ist sittlich."20 In der sozialistischen Gesellschaft erhielt die Ehe die Bedingungen, die
sie benötigt, um auch künftig als stabile Gemeinschaft Persönlichkeit^- und
gesellschaftsfördernd existieren zu können, kommentiert das Kulturpolitische Wörterbuch
(1978), Liebe und Ehe sind somit nicht nur Angelegenheit der (Ehe-) Partner, ihnen sind
feste Funktionen in der Gesellschaft zugeordnet. Die Suche nach Alternativen, wie sie im
Westen beobachtet wird, ist im Sozialismus nicht nötig, denn hier gewinnt die Ehe eine
neue Qualität:

Weder die von oppositionellen, teils anarchistischen Kräften getragenen


Ansätze, die darauf abzielen, die traditionelle monogame Ehe zu überwinden,
noch die Bemühungen staatlich geförderter Ehereformer, deren erklärtes
Anliegen es ist, den system-stabilisierenden Faktor Ehe in seiner
Grundsubstanz zu erhalten, konnten erfolgreich sein, weil sie insgesamt
ungeeignet sind, unter imperialistischen Bedingungen die menschlichen Werte
einer Partnerschaft von Mann und Frau zu sichern. Das Leben im Sozialismus
offenbart, daß nicht die Ehe an sich in einer Krise steckt. In einer menschlich
gestalteten, von Ausbeutung und Unterdrückung freien Gesellschaft gewinnt
sie an Bedeutung und Attraktivität. Ein Verzicht auf die Ehe zöge eine
Verarmung der Persönlichkeit und des menschlichen Zusammenlebens nach
sich, der durch nichts kompensiert werden könnte.21

Dennoch wird die Ehe in der Frauenliteratur selten als eine positive Möglichkeit des
Zusammenseins dargestellt,22 das bewußte Alleinsein ist wiederum, wie in Kapitel III. 15
ausgeführt wird, nur für Selbstbewußte, "und solche, die es werden wollen". Man braucht
ein starkes Rückgrat, um der Versuchung der eigenen (gelegentlichen) Schwäche, den
Bemühungen der Gesellschaft und auch den Überredungskünsten der Mitmenschen zu
widerstehen. Die "ehegläubige" Ulrike, Gegenpol zu Monika Marons Hauptfigur Josefa,
die um ein selbstbewußtes Alleinleben bemüht ist, kann hier als typisches Beispiel genannt
werden:

Verheiratete wie Ulrike sind wie alle Gläubigen. Sie fühlen sich persönlich
gekränkt, sobald jemand ihren Glauben nicht teilt. Schon der Gedanke ist
ihnen unerträglich. Ohne Rücksicht auf die Überzeugung des anderen
attackieren sie ihn mit Lehrsätzen und Bekenntnissen, malen ihm in düstersten
Farben aus, was alles geschehen könnte im Fall seiner Ungläubigkeit. Die
einen drohen mit dem Fegefeuer, die anderen mit Sektierertum, Ulrike droht
mit dem einsamen Alter.23

Trotz dieses gesellschaftlichen und auch psychologischen Drucks auf den Einzelnen
scheint die Eheschließung - vor allem unter den DDR-Bürgern, die bereits Erfahrungen mit
dieser Institution gemacht haben - mit immer mehr Vorsicht angegangen zu werden. Neben
der hohen Scheidungsrate rücken auch der starke Anstieg der Geburten unverheirateter
Mütter, die abnehmende Häufigkeit der Ersteheschließungen, der wachsende Abstand
314

zwischen Scheidung und Wiederverheiratung als auch der wachsende Anteil Lediger und
Geschiedener an der Gesamtbevölkerung der DDR Fragen der Lebensgemeinschaften mehr
und mehr in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses.24
Die Lebensgemeinschaft als "sozial relevante Erscheinung" gibt es in der DDR seit
den siebziger Jahren. In dieser historisch kurzen Zeit hat sie noch keine klaren Konturen
angewonnen, ihr gesellschaftlicher Status ist weitgehend Undefiniert. Die Forschungsgruppe
Familie am Institut für Soziologie und Sozialpolitik fand in ihren Befragungen, daß
beispielsweise auch Paare, die sich nur am Wochenende oder im Urlaub sehen, ihre
Beziehung als Lebensgemeinschaft bezeichnen. Homosexuelle beanspruchen diesen Status
für sich und auch Paare, von denen einer noch verheiratet ist. Allgemein setzt sich jedoch
die Auffassung durch, daß nicht alle denkbaren Formen des Zusammenlebens, sondern nur
ein ehe- bzw. familienähnliches Miteinander von Mann und Frau, Eltern und Kindern
darunter zu verstehen ist. Manches Paar verbinde mit der Lebensgemeinschaft eine
Lebenshaltung, und betrachte eheloses Zusammenleben als eine auf Dauer angelegte
Lebensform, denn Verantwortung für eine Familie könne man auch ohne Ehe
wahrnehmen.25
Man heirate nicht, so Runge (1985), wenn die Wohnung bereits vorhanden sei, und
man glaube, einander nicht sicherer werden zu können, weil Erfahrung gelehrt habe, daß
die Ehe keine Garantie sei und weil die Mutter mit Kindern, selbst wenn der Kindesvater
präsent sei, leichter zu Krippenplatz und betrieblicher Förderung käme.26 Runge läßt diese
Aufzählung unkommentiert, zurück bleibt jedoch das unterschwellige Gefühl, daß, wer die
Ehe ablehnt, dies größtenteils aus rein materialistischen Gründen tut. Auch Kuhrig (1982)
kritisiert, daß die Eheschließung oftmals hinausgeschoben würde, um in den Genuß
finanzieller Unterstützung zu gelangen. Dies sei eine ungewollte Begleiterscheinung, "mit
der man sich erforderlichenfalls auseinandersetzen kann und muß".27 Den Werken der
Autorinnen ist jedoch zu entnehmen, daß die Beweggründe wohl doch häufiger in der
bereits vorhandenen Enttäuschung mit der Institution Ehe zu suchen sind. Königsdorf (1986)
stellt eine eben solche Situation dar:

Als wir aufeinander trafen, hatten wir beide unsere Geschichte. Das heißt:
jeder hatte seine. Aus Angst vor neuen Verletzungen waren wir nicht bereit,
irgendwelche Verbindlichkeiten einzugehen.28

Ähnlich berichtet auch der 35jährige Dramaturg Franz S.:

Wir wollen in nächster Zeit nicht heiraten, richten uns jetzt aber gemeinsam
eine Wohnung ein und tun dabei, als ob es auf Dauer wäre. Ich wünsche mir,
daß wir lange zusammen sein werden, wenn möglich, für immer. Dabei fühle
ich mich freier als je zuvor.29

Und auch die an Ehen anderer gemachten Beobachtungen halten vor allem
Jugendliche oftmals von einer legalisierten Bindung zurück. Abschreckende Beispiele
dürften ihren Anteil an dieser Entwicklung haben. In Junge Welt (1984) berichtet eine
Leserin, daß sie sich nach der Hochzeit mit ihrem Ehemann nicht mehr so gut verstanden
habe. Im Haushalt sei er sehr faul, ehe er einmal etwas anfasse, müsse sie ihn mehrmals
bitten. Und dann warte er so lange, bis sie es selbst gemacht habe. "Wir haben dadurch
315

wenig Zeit, gemeinsam etwas zu unternehmen. Ich bin dann nämlich immer schon
geschafft."30 Und ein 29jähriger Mann resümiert über seine eben geschiedene Ehe: "Wenn
ich jetzt zurückblicke, denke ich manchmal, daß es vielleicht besser gewesen wäre, wir
hätten einfach so zusammengelebt. Nach der Hochzeit hat man sich nicht mehr so
zusammengerissen. Im Laufe der Zeit hat der Respekt vor dem anderen nachgelassen,
eigentlich auch die Achtung. Wenn man das Papier von der Hochzeit hat, denkt man, du
kannt den Partner jetzt ein Leben lang beanspruchen. Wenn wir nur so zusammengelebt
hätten, wäre vielleicht alles anders gekommen."31 Auch die Ehe der eigenen Eltern gibt
nicht selten Anlaß zu Kritik. Die 24jährige Ute G. gibt zu Protokoll:

Nee, ich möchte nich leben wie meene Mutter. Dabei war ick früher ooch
janz schön spießig. Ich war zum Beispiel janz scharf uffs Heiraten, und allet
jenau wie die andern. (...) Mensch, zusammen hausen wie die andern Ehen,
Femsehn gucken, immer detselbe, immer zu zweit, (...). Und der Stempel uff
so’n Pamphlet is ja wirklich nich det wichtigste im Leben.32

Männer scheinen ähnliche Beobachtungen zu machen. Der 18jährige Rene spricht von
seiner Schwester, die "nie heiraten" will. Der 63jährige Genossenschaftsbauer Erich hat drei
Töchter: "Einen Lebenskameraden oder Freund harn se zwar alle, aber verheiratet sind se
nich. Na, is ja heute auch nicht mehr so wichtig.”33 Lebensgemeinschaften scheinen
demnach immer mehr zum Alltag der DDR zu gehören und immer weniger Aufsehen zu
erregen. Auch Soziologin Gysi (1985) stellt fest, daß viele DDR-Bürger keinen Wert mehr
darauf legten, "auch offiziell verheiratet zu sein". Lebensgemeinschaften seien eine
"Begleiterscheinung der rapiden Umgestaltung der Geschlechterbeziehungen (...) als (auch)
ein Reflex auf die widersprüchliche Durchsetzung des Partnerschaftskonzepts von Ehe und
Familie in der sozialistischen Gesellschaft". Sie beklagt gleichzeitig, daß diese Tatsache
noch zu wenig Beachtung finde. Man müsse genauer analysieren, was in der Realität vor
sich gehe, um diese Veränderungen und ihre Bedeutung für die Gesellschaft einschätzen zu
können. Die vorliegenden empirischen Daten verwiesen darauf, daß Lebensgemeinschaften
in der DDR sich mittlerweile als eine Form der Partnerbeziehungen zu etablieren begännen.
Sie würden von immer mehr Bürgern als ein Vor- und Erprobungsfeld der Ehe angesehen.34
Für die Mehrheit der Paare sei Lebensgemeinschaft eher ein Durchgangstadium, eine Art
Probeehe. Untersuchungen wiesen aus, daß etwa die Hälfte aller Jugendlichen das
Zusammenleben erst einmal in dieser Form versuchen wollten. Gysi (1987) sieht darin eine
"Variante" der Verlobung, der traditionellen Vorform der Ehe. Von den meisten Befragten
werde die Lebensgemeinschaft nicht als Alternative zur Ehe gesehen. Die Ehe werde im
vorstellbaren Zeitraum das Paradigma bleiben, da sie ein bestimmtes Maß an Stabilität und
Verläßlichkeit biete.35 Gysi betont jedoch, daß selbst wenn die Ehe als Familienform von
der Mehrheit nicht in Frage gestellt werde, es doch an der Zeit sei, die in Zusammenhang
mit den Lebensgemeinschaften nicht unerheblichen rechtlichen Probleme in Angriff zu
nehmen und schrittweise zu lösen.36
Tatsächlich leben nach Angaben des Berliner Informationsbüros West gegenwärtig
(1987) ein Drittel der bis 35jährigen in solchen nicht legalisierten Lebensgemeinschaften.
Soziologe Speigner, auf den das Informationsbüro seine Mitteilung stützt, führt die
Zunahme von Lebensgemeinschaften darauf zurück, daß in der DDR weder alleinstehende
Frauen mit Kindern, noch junge Leute, die unverheiratet zusammenlebten, Nachteile
316

hätten.37 Speigners Erklärung erscheint im Licht einer Reihe von weiteren Beobachtungen
jedoch recht fadenscheinig. Von einer allgemeinen Billigung der Ehe ohne Trauschein in
den Medien und anderen Publikationen offiziellen Charakters kann bisher kaum die Rede
sein. So heißt es beispielsweise Anfang 1983 in der FDJ-Zeitung Junge Welt, daß Heirat
nach eingehender Prüfung "ein Ausdruck von persönlicher Reife und gesellschaftlichem
Bewußtsein" sei. Deshalb unterstütze der Staat diejenigen, die bereit seien, für ihre Familie
auch die Verantwortung zu übernehmen. Wer die Ehe ablehne und nur mit einem Partner
Zusammenleben wolle, wäre allerdings weder moralischen Zwängen ausgesetzt, noch habe
er mit irgendwelchen Schwierigkeiten zu rechnen. Beides, so Helwig (1984), stimme nicht.
Einmal werde den nicht Ehewilligen im gleichen Artikel vorgehalten, sie entzögen sich der
"gesellschaftlichen Verantwortung”. Und zum zweiten fingen die Schwierigkeiten bereits
an, wenn ein nicht verheiratetes Paar eine Wohnung suche.38
Auch in der Literatur findet gerade dieses Problem Erwähnung: "Trotz sozialistischer
Lebensgemeinschaft und Kind will die KWV nicht einsehen, daß man ohne Ring genauso
viel Platz braucht wie mit Ring", beklagt sich der 24jährige Ralf.39 Die bereits in Kapitel
II.8. ausführlich untersuchten ehefördernden Maßnahmen, wie z.B. die bevorzugte
Verteilung von Neu- und Ausbauwohnungen an Jungverheiratete, lassen darauf schließen,
daß die Wohnungssuche für Unvermählte wie auch Homosexuelle problematisch ist: "Es ist
nun mal Fakt, daß ich nicht zum Wohnungsamt gehen und sagen kann: Gebt mir ’ne
größere Wohnung, ich will mit meinem Freund zusammenziehen. Ohne Trauschein läuft
doch da gar nichts. Und bei uns erst recht nicht."40 Es ist zu vermuten, daß sich die
Unbeliebtheit von Lebensgemeinschaften bei den Behörden wohl unter anderem darauf
zurückführen läßt, daß dieser Lebensform bisher noch eine soziale Charakterisierung fehlt,
sie "schwer auffindbar und überprüfbar" und eine statistische Verfolgung kaum möglich
ist.41
Laut Gysi (1987) verhält sich die Öffentlichkeit dem ehelosen Zusammenleben
gegenüber tolerant,42 es läßt sich aber dennoch feststellen, daß diesem Konzept gerade von
offizieller Seite nicht selten mit milder Kritik, manchmal sogar mit nahezu totaler
Ablehnung begegnet wird. Erstere beruft sich auf den moralischen Aspekt und z.B. auch
auf den Vorbildcharakter von Parteimitgliedern. Der 39jährige Karl berichtet: "Wir haben
uns im Februar kennengelemt und im Dezember geheiratet. Die Ehe mit ihr..., wir könnten
auch ohne Trauschein..., aber das ging nicht. Die Genossen meinten, ich solle meine
familiären Verhältnisse ordnen. Es ist für uns beide die dritte Ehe."43 Letztere benutzt den
Vorwurf mangelnder Verantwortungsbereitschaft und bezichtigt die Befürworter dieser
alternativen Lebensform der Feigheit.44
Staatlicherseits werden Warnungen vor finanziellem Schaden und dem Verlust der
Wohnung an den Partner im Falle eines Abbruchs der Beziehung verbreitet, die negativen
Auswirkungen auf Kinder werden ebenso unterstrichen.45 Gysi (1987) stellt jedoch klar, daß
die rechtliche Situation längst nicht so negativ ist, wie z.B. Rechtsanwalt Wolff (1986)
darzulegen sucht. Gysi betont, daß gemäß Artikel 38 der Verfassung "alle Familien, ganz
gleich, ob sie vollständig oder unvollständig sind, auf Ehen beruhen oder nicht, vom Staat
geschützt und unterstützt" werden.46 Denn es sei humanistisches Anliegen der
Familienpolitik, auf "reale Lebenssituationen" zu reagieren. Der Staat garantiere
gewissermaßen einen Spielraum für die Zeit der Partnersuche und biete die Chance, andere
Lebensformen auszuprobieren. Auch diese Freizügigkeit sei gemeint, wenn man davon
spricht, daß es in der DDR keinen Zwang zur Ehe gebe. Dabei sei nicht zu übersehen, daß
317

viele junge Leute, die unverheiratet zusammenlebten, jene sozialpolitischen Maßnahmen


mitnutzten, die für Alleinstehende mit Kindern geschaffen wurden. Insofern trage die
Sozialpolitik in gewissem Maße zum Hinauszögern von Eheschließungen bei, die
familienpolitischen Förderungsmaßnahmen und der Schutz des FGB könne allerdings nicht
in Anspruch genommen werden.
Die Einstellung der kritischen Autorinnen zur Ehe scheint also von einigen
Expertengruppen (z.B. Soziologen, Kulturtheoretikem) innerhalb der DDR befürwortet zu
werden, während andere (z.B. Juristen) diesen neueren Entwicklungen, die sich in der
Gesellschaft widerspiegeln, ausgesprochen ablehnend gegenüberstehen. Sie versuchen mit
allen nur möglichen Mitteln, insbesondere mit der Androhung materiellen Verlusts und der
Rüge moralischer Unbedarftheit, die Bürger auf die von ihnen bevorzugte Lebensführung
(d.h. die rechtliche Eheschließung) auszurichten. Den Soziologen hingegen ist verständlich,
warum viele (vor allem jüngere) Menschen dieser traditionellen Lebensform Zweifel und
auch Ablehnung entgegenbringen. Ihnen ist klar, daß schlechte Beispiele in der eigenen
Familie oder im Freundes- und Bekanntenkreis viele vor einer solchen Bindung abschreckt,
andere als bereits "gebrannte Kinder" sich keiner weiteren Enttäuschung aussetzen
möchten.47
Gysi macht in diesem Zusammenhang ebenfalls darauf aufmerksam, daß etwa von
dem Zeitraum an, von dem die Lebensgemeinschaft als sozial relevante Erscheinung zu
beobachten ist, die Zahl der Frauen, die sich zum Kind entschließen ohne sofort zu heiraten,
"enorm zugenommen" hat.48 1985 zum Beispiel lag der Anteil der Geburten unverheirateter
Mütter in der DDR bei 33,7 %, in Berlin sogar noch höher. Alleinleben auf Dauer sei aber
nicht gefragt, denn die partneriose Mutterschaft "führt zu vielen Einbußen", "letztlich sind
wir doch auf Zweisamkeit, auf Paarbetrieb und Familie programmiert". Gysi läßt offen, ob
sie diese Aussage auf die Frauen oder auf die Gesellschaft im allgemeinen bezieht. Auch
jene Mütter, so Fährt sie fort, die zunächst allein leben wollen, wünschen sich über kurz
oder lang doch eine dauerhafte Partnerschaft, was jedoch ein zeitweilig gewünschtes
Alleinleben, mit oder ohne Kinder, nicht ausschließt. Nach einer Ehescheidung z.B. seien
gerade Frauen zunächst ganz froh, "endlich mal über sich selbst, ihre Zeit und die
Wohnung verfügen zu können".
Generell zeichneten sich zwei Trends ab: ein Teil der jungen Frauen und Männer
heirate wie eh und je jung, ein anderer zögere die Eheschließung hinaus. Jugendliche in der
DDR versuchten recht früh, sich von den Eltern abzunabeln, was häufig den Wunsch nach
einem Kind mit einschließe. Entsprechend bekämen junge Frauen ihre Kinder traditionell
sehr früh. Der Geburtengipfel liege seit Jahren zwischen dem 21. und 24. Lebensjahr der
Frau; 60 % aller Kinder werden geboren, bevor ihre Mütter 25 Jahre alt sind. Die jungen
unverheirateten Mütter verehelichten sich später doch, junge Frauen orientierten sich
ohnehin noch mehr auf die Ehe als junge Männer. Dies ist, wie in diesem und auch in den
vorausgegangenen Kapiteln nachgewiesen werden konnte, auf Erziehung und
gesellschaftliche Sozialisations- und Erwartungshaltungen zurückzuführen. Daß nicht alle
jungen Mütter den Vater ihres Kindes heirateten, hänge mit dem Phänomen der sozialen
Vaterschaft, das in der DDR recht verbreitet sei, zusammen. Kinder, die in die Beziehung
mitgebracht würden, nehme man nicht irgendwie zwangsweise in Kauf, sie würden eher als
Bereicherung des eigenen Lebens angesehen. Die Tatsache, daß eine nicht unerhebliche
Anzahl von Erst- und vor allem Zweitehen an mit diesen bereits vorhandenen Kindern
verbundenen Schwierigkeiten scheitern, läßt Gysi jedoch unerwähnt.
318

Für Dich-Redakteurin Gisela Karau (1983) stützt ihren Beitrag mit dem sinnigen Titel
"Wunder dauern etwas länger" auf "einen ganzen Stapel" von Briefen, in denen Leserinnen
über die Schwierigkeiten einer neuen Ehe mit bereits vorhandenen Kindern berichten.49
Oftmals scheitere auch diese neue Bindung, weil man sich über Erziehungsfragen usw.
streite. Karau stellt daraufhin klar, daß Männer oft unbegründet hohe Erwartungshaltungen
an Frauen haben, vor allem, wenn es sich um eine Zweitehe handele. Man könne aus
Annoncen ablesen, daß Männer sich meist höhere Ansprüche herausnehmen möchten als
Frauen. Es gebe viele sehr sympathisch anmutende Vorschläge: "Kind angen." oder "Kind
kein Hinderungsgr.", aber: "prächtig soll die Dame aussehen, eine Art Superfrau sein,
intelligent, liebevoll, "mit Sinn für alles Gute und Schöne, musikl., viels. int. und möglichst
nicht über 30, es sei den, der Herr ist über 60. Dann nimmt er auch eine 40jährige".
Mancher habe es einfach satt, allein zu sein, und binde sich aus praktischen
Erwägungen. Für Männer sei es im allgemeinen schwieriger als für Frauen, ohne Partner
zu leben. Nicht nur, weil sie vielleicht beim Wäschewaschen ungeschickt seien. Auf jeden
Fall erregten sie in ihrer Umwelt mehr Mitleid, wenn sie einsam durchs Leben wandelten
und weit mehr "Kupplergelüste" als eine alleinstehende Frau. "Er braucht seine Ordnung",
sein "geregeltes Leben", jemanden, "der für ihn sorgt", ereifert Karau sich. Doch wenn
diese erlösenden Zustände nur mit Menschenfreundlichkeit und Anpassung an eine
Vorgefundene Familie zu haben sind, was dann? Dann dürfe der Gute nicht allzusehr von
seiner Unwiderstehlichkeit, seinen unerschöpflichen anderweitigen Möglichkeiten, seinen
historisch erledigten, aber individuell noch allzu häufig empfundenen Vorrechten ausgehen.
Dann solle mancher Mann erstmal selbstkritisch in den Spiegel sehen, weichendes
Haupthaar, auch zunehmenden Taillenumfang betrachten und in sich hineinhorchen, was er
so für Eigenarten anzubieten habe, ehe er meine, sich selbstherrlich unter den Schönsten
des Landes, vielleicht noch aus der jüngeren Generation umsehen zu können. Sie
beabsichtige kein "feministisches Abqualifizieren" der Männer, beeilt die Autorin sich
hinzuzufügen, um dem Vorwurf der Männerfeindlichkeit vorauszugehen. Doch es liege
nahe, zunächst einmal über gewisse männliche Schwächen zu räsonieren, die den Grund für
so manches weibliches Herzeleid seien.
Nicht wenige Männer scheinen also auch heute noch eine Belohnung mit Privilegien
zu erwarten, wenn sie sich mit einer alleinstehenden Mutter einlassen. Aus Karaus und
Gysis Beobachtungen kann geschlossen werden, daß junge Frauen mit Kleinkindern weitaus
weniger Schwierigkeiten bei der Partnersuche haben als ältere Frauen mit heranwachsenden
Jugendlichen. Anerkannterweise muß es für einen Außenstehenden generell mühevoller sein,
sich in eine bereits länger bestehende Gemeinschaft einzuordnen und sich dort einen Platz
zu erringen.50 Nicht nur die Zuneigung der Mutter, auch die Anerkennung der ihm
sicherlich häufig kritisch gegenüberstehenden Kinder muß gewonnen werden. Je jünger die
Kinder, desto einfacher dürfte es sein, die Vaterrolle zu übernehmen. Zweifelsohne sind
sich viele Männer dieser Problematik bewußt. Andererseits erwarten sie jedoch von Frauen,
genau diese Schwierigkeit problemlos zu meistern. In den Männerprotokollen trifft man
immer wieder auf die Tatsache, daß geschiedene und verwitwete Männer heiraten, um ihre
Kinder versorgt zu sehen, praktisch, um ein Kindermädchen zu haben. Als Gegenleistung
bringen sie "materielle und soziale Vorteile".51
Während viele Männer auch durch eine Schwangerschaft zur Eheschließung motiviert
werden,52 trifft dies für Frauen weitaus seltener zu. Angesichts der Tatsache, daß viele
Babys in Lebensgemeinschaften geboren werden, schließt Soziologe Wendt (1983) auf die
319

Notwendigkeit, die gesellschaftlichen Voraussetzungen zur Motivierung von


Eheschließungen weiter zu fördern. Er hält "veränderte Wertorientierungen" für diese
Entwicklung verantwortlich.53 Entsprechend wird auch versucht, den negativen Erfahrungen
entgegenzuwirken. Die Zahl der Ehescheidungen und ihre Entwicklung hätten nur einen
"sehr bedingten" Aussagewert, kommentieren Grandke u.a. (1980). Einerseits, weil der
Bestand von Ehen keinerlei Aussagen zum Inhalt der Beziehungen zulasse (eine Ehe könne
auch aus Bequemlichkeit "stabil" sein), andererseits aber sei die Ehe als eine auf Liebe
beruhende Gemeinschaft zweier Persönlichkeiten eine viel zu komplexe Erscheinung, als
daß eine einfache Ursache-Wirkung-Beziehung zwischen den gesellschaftlichen
Verhältnissen, dem Bewußtsein der Bürger und dem Bestand der Liebe angenommen werden
könne.54 Die Entwicklung der Ehen in der DDR sei bei einer Ehescheidungsquote von 1
Prozent der Ehen (jährlich) stabil und der Eintritt des Sinnverlustes von Ehen "als eine dem
Prozeß der Familienentwicklung, d.h. der Herausbildung neuer Familienbeziehungen,
innewohnende Erscheinung zu betrachten". Dennoch dürfe das Problem nicht bagatellisiert
werden, zumal bei 44 000 Ehescheidungen im Jahr etwa ebensoviele Kinder betroffen seien,
was für die Gesellschaft wie für den einzelnen mit vielfältigen Problemen verbunden sei.55
Die Scheidungs- und Partnerschaftsstatistiken verursachen also nicht nur den
Soziologen Kopfzerbrechen. Die Situation hat sich in den achtziger Jahren entgegen
Grandkes Mutmaßungen weiterhin zugespitzt. Bis 1984 war die Anzahl der Scheidungen
bereits auf über 50 000 pro Jahr angewachsen,56 von einer "Stabilisierung" kann also kaum
mehr die Rede sein. Grandke u.a. wiesen selbst bereits 1980 auf die "Schutz- und
Erziehungsfunktion" der Gerichte hin, die "durch die Anwendung des Rechts und die
Verfahrensgestaltung das Verantwortungsbewußtsein der Ehegatten für Ehe und Familie"
stärken bzw. entwickeln sollen.57 Die Ehegatten sollen mit den gesellschaftlichen
Maßstäben, die das Leitbild des FGB für das Verhalten von Ehe und Familie vermittelt,
konfrontiert werden, um zu "objektiverer Selbsteinschätzung ihrer Ehe und der Wurzeln des
Konflikts zu gelangen”. Auffassungen der Gerichte, die davon ausgingen, daß dann, wenn
beide Ehegatten geschieden werden wollen, die Ehe sowieso nicht zu erhalten sei und nur
bei einem Gegenantrag der Prozeßpartei versucht werden sollte, die Ehe zu erhalten,
würden zur Überbewertung sowohl des übereinstimmenden Scheidungsantrags als auch des
Gegenantrags der Prozeßpartei führen. Es sei festzustellen, daß die Gerichte insofern dem
Willen der Prozeßparteien große Beachtung schenken, als sie sich "weniger intensiv um die
Ausssöhnung der Parteien bemühen, wenn beide geschieden werden wollen, und... sie diese
Bemühungen wesentlich verstärken, wenn ein Ehegatte die Ehe erhalten will".58
Allerdings wird ebenso klargestellt, daß "etwa die Hälfte" der zahlenmäßig ohnehin
geringen Klageabweisungen später zu erneuter Klage und auch zur Scheidung führten. 1987
berichtet Grandke, daß Partner nun zunehmend gemeinsame und gleichlautende Anträge
stellten oder von einem Gegenantrag Abstand nähmen, daß Scheidungsanträge seltener
zurückgenommen würden und sie in der Regel auch zur Scheidung der Ehe führten. Unter
Berufung auf Artikel 38 weist sie auf die "hohe Verantwortung der Gerichte für die
Realisierung des Verfassungsauftrags" hin, Ehe und Familie zu achten, zu schützen und zu
fördern.59 Die Erhaltung der Ehe sei, da sie von der Substanz der Beziehungen abhänge, mit
den Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe untrennbar verbunden und somit der
sozialen Zielstellung des Verfahrens und dem Scheidungsrecht nicht vorgelagert, sondern
vielmehr in die "soziale Zielstellung des materiellen wie des prozessualen Scheidungsrechts
eingeordnet."60 Ziel sei die allgemeine Bewußtmachung des Wertes der Stabilität der Ehe,
320

die zugleich Grundlage einer Familie ist, und damit umgekehrt, der Bedeutung der
Entscheidung, eine Ehe aufzulösen. Es gehe um die Vertiefung individuellen und
gesellschaftlichen Bewußtseins zu dieser Problematik.61
Helwig (1987) beobachtet ebenfalls eine "lebhafte Diskussion um die sogenannte
Eheerhaltung", Ehe- und Familienberatungsstellen würden immer häufiger konsultiert.62 Die
Gerichte erreichten eine mit rund 25 Prozent hohe Quote von Klagerücknahmen und auch
die Partei- und Gewerkschaftsorganisationen, Hausgemeinschaften, Arbeitsbrigaden und
ähnliche Kollektive sind angehalten, bei ehe- und familienwidrigem Verhalten ihrer
Mitglieder einzugreifen. Sie können auch bei Scheidungsverhandlungen gehört und zur
Mithilfe bei der Lösung von Konflikten angehalten werden. Die ständig wachsenden
Scheidungsziffern haben auch dafür gesorgt, daß der Qualifikation von Familienrichtem
besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.63 Neben Schulungsseminaren und theoretischen
Beiträgen in Fachzeitschriften sind dabei besonders auch Berichte aus der Praxis von
Bedeutung. Erfahrene Richter und Schöffen schildern anhand von beispielhaften Fällen, wie
man die wahren Motive aufspüren kann und unter welchen Voraussetzungen ein
Versöhnungsversuch erfolgsversprechend scheint. Solche Beiträge erscheinen nicht nur in
juristischen Publikationen, sondern auch in der Tages- und Wochenpresse. Dabei zeigt sich,
daß es zunächst oft relativ harmlose Unstimmigkeiten sind, die aus allen erdenklichen
Gründen nicht sofort bereinigt werden und dann immer neue und größere Schwierigkeiten
hervorrufen. Nicht zu Unrecht wird deshalb immer wieder auf die Notwendigkeit einer
umfassenden Ehevorbereitung hingewiesen, die auch dazu befähigen müsse, Konflikte offen
auszutragen. Junge Leute tun sich da besonders schwer, und in der DDR wird jung
geheiratet (Frauen mit durchschnittlich 22,2, Männer mit 24,3 Jahren).64 Bei Partnern unter
zwanzig Jahren, so wird argumentiert, sei die "persönliche Bereitschaft" zur
Konfliktbewältigung noch unterentwickelt:

Man geht aus großer Liebe, mit Idealvorstellungen in die Ehe, schon bei der
kleinsten Störung des Wunschbildes brechen die Ideale zusammen wie ein
Kartenhaus (...). Es ist zu beobachten, daß sich junge Leute zuwenig mit
bekannten und typischen Konfliktsituationen in der Familie auseinandersetzen,
einmal ganz ehrlich ihre eigenen Positionen dazu überprüfen und, mehr
trainieren, sich sachlich zu streiten, und gegenseitig zu überzeugen. Mir
scheint, daß solche Gespräche über Probleme des Familienalltags, sogenannte
Falldiskussionen, unbedingt in das Programm der schon recht zahlreich
existierenden Eheschulen gehören.65

Auch Für Dich beteiligt sich an den Bemühungen um eine Senkung der ständig
steigenden Scheidungsrate und versucht mittels einer ganzen Palette sich wiederholender
themenrelevanter Artikel, ihre Leser und Leserinnen zum Nachdenken und zu kritischen
Überlegungen über vielleicht vorschnelle Scheidungsgedanken anzuhalten. Diese Zielstellung
wird nicht selten unterschwellig durch ausgewählte Leserbriefe übermittelt, häufig aber auch
mehr oder minder subtil in breit angelegten Beiträgen verkündet. So wird z.B. immer
wieder dazu angehalten, sich mehr Mühe um die Erhaltung bereits bestehender Ehen zu
geben. In einer Diskussion zum Thema "Muß es denn gleich Scheidung sein?" wurden
Leserbriefe angeführt, die Hinweise für den Erfolg einer solchen Gemeinschaft gaben.66
Über jedes anstehende Problem sollte offen und ehrlich gesprochen werden, hieß es da, "zu
321

langes Schweigen ist Gift". "Glück und Zufriedenheit kann nicht von alleine kommen -
beide Partner müssen ihren Teil dazu beitragen". Und "Zärtlichkeiten, Gefühle, Vertrauen,
Verständnis, Zuverlässigkeit, Offenheit und Toleranz sollten ständige 'gute Geister’ einer
Ehe sein". Fazit der Diskussion: Es liege an jedem selbst, verantwortungsbewußt den Erhalt
einer Ehe und Familie ein Leben lang als hohe Aufgabe zu betrachten. Daher brauche eine
Ehe, um Erfolg zu haben, eine ständige Mühe füreinander. Ehrlichkeit, Toleranz und Treue
spielten da eine große Rolle. Für Dich selbst stellte "Sieben Fragen zum Nachdenken über
Gutes und weniger Gutes in einer Paarbeziehung" zusammen, die wie ein Beichtspiegel
anmuten:

Bin ich so zärtlich, wie ich mir meinen Partner wünsche?


Achte ich stets die Gefühle meines Partners?
Beweise ich immer durch mein Handeln, daß mein Partner mir vertrauen
kann?
Reagiere ich auch in angespannten Situationen verständnisvoll gegenüber
meinem Partner?
Bin ich so zuverlässig, daß ich gleiches von meinem Partner erwarten kann?
Bin ich auch in Situationen, die mir unangenehm sind, offen und ehrlich zu
meinem Partner?
Fällt es mir schwer, meinem Partner gegenüber tolerant zu sein?

In die gleiche Kategorie fallt auch ein Beitrag zur Rubrik "Guter Rat", der in der
Form eines Briefes von einem (männlichen) Leser um die Fünfzig an einen gleichaltrigen
Freund gerichtet ist. Hier geht es um die "Midlife Crisis” im Leben eines Mannes, der nicht
weiß, ob er noch an seiner Ehe festhalten soll, nachdem die Kinder erwachsen sind, denn
nur noch weniges scheint ihn mit seiner Frau zu verbinden. Der Briefschreiber rät ihm,
Verständnis für die veränderte Rolle seiner Frau aufzubringen, er legt ihm nahe, daß sie als
Mutter die Kinder wahrscheinlich mehr vermisse als er selbst (!), daß neue und alte
gemeinsame Interessen gefunden oder wieder aufgefrischt werden müssen, um die
Beziehung zu erneuern. Vom Aufgeben wird ihm abgeraten.67
Es mag auch als symptomatisch angesehen werden, daß Für Dich Anfang 1988 in
einer Diskussion mit jungen Ehepaaren über Ehedauer und -konflikte über "die verflixten
fünf" ersten Ehejahre spricht, wenn es doch allgemein erst das siebte Jahr ist, das
problemgeladener sein soll als alle anderen.68 Die Krise setzt also heute offensichtlich früher
ein. Auch hier werden Kompromißbereitschaft, Toleranz und Vertrauen als wichtigste
Voraussetzungen für das Gelingen einer Ehe genannt. In den Äußerungen der interviewten
Ehepaare zeigt sich, daß die von den Autorinnen propagierte Vorstellung der Freundschaft
zwischen den Geschlechtern ausgesprochen hoch im Kurs steht. Liebe wachse bei
friedlichem Entgegenkommen, behauptet Morgners bereits zitierte Laura.69 Ähnliche
Argumente werden in Für Dich formuliert: "Ewige Zweisamkeit" könne die Liebe töten,
heißt es da, wichtig sei es, sich aufeinander verlassen zu können. Und: "Klar ist
Verliebtsein was Wunderbares. Aber die Liebe ist doch das Größte. Und die entsteht erst
im Alltag."70
Der Schwung des ersten Verliebtseins halte nicht ewig an und die Umstellung sei
hart. Man sei ruhiger geworden, stellen die Diskussionspartner fest, dafür aber auch
aufmerksamer, weil man sich besser kenne und nun wüßte, wie man aufeinander zugehen
322

müsse. Diese Entwicklung ist jedoch nicht mit Langeweile gleichzusetzen: "Wir finden es
ganz normal, daß es Zeiten gibt, wo nicht viel passiert. Danach entdecken wir aber auch
Neues miteinander, und es geht wieder stürmischer zu." Für Bodo (29) sollte die Ehe auf
keinen Fall zu einer "Alltagsbewältigungsstätte" werden, in der der Trott einzieht. Aber sie
hätten sehr schnell gemerkt, daß gerade hier mit Spontaneität "nicht viel zu machen" sei:
"Im Gegenteil, seitdem halte ich Gewohnheiten für eine ganz ausgezeichnete Sache. Daß
nämlich jeder weiß, was er zu erledigen hat, und der andere sich dann auch darauf verlassen
kann."71
Anfang 1987 fragte Für Dich Ehekandidaten, die sich auf den Standesämtern in
Schwerin und Berlin anmeldeten, warum sie heiraten wollen. Neben den zu erwartenden
Argumenten, daß man sich liebe, eine "richtige Familie" sein wolle und jemanden brauche,
auf den man sich verlassen könne, stellten die Redakteurinnen Sindermann und Schwarz
außerdem fest, daß beachtliche dreiviertel der befragten Paare bereits auf Probe miteinander
zusammenlebten. Warum, so fragten sie weiter, ließen sie sich jetzt doch noch trauen? Die
Paare bestätigten, was soziologische Untersuchungen an Heiratsgründen herausgefunden
hätten:

Da ist, wie schon betont, die Liebe, da ist das Gefühl, daß die Zuneigung
durch das "Amtlichmachen" gefestigt wird, da ist der Wunsch, eine richtige
Familie zu sein mit einem gemeinsamen Namen, und da ist das Bedürfnis,
sich öffentlich zueinander zu bekennen: Gäbe es die Ehe nicht - junge Leute
würden sie vielleicht erfinden. Eine bessere Möglichkeit miteinander glücklich
zu werden, konnten sich unsere Paare jedenfalls nicht denken.72

Nicht nur die Vorteile der Ehe selbst, sondern auch die einer Zweitehe werden
immer wieder propagiert. 1983 z.B. bemühte Für Dich sich in einer dreiteiligen Serie die
Partnerwahl für eine Zweitehe zu erleichtern. Man brauche Geduld und guten Willen, man
müsse "mit den Fehlem des anderen leben lernen", hieß es in den Leserzuschriften.73
Psychologin Karin Langner rät, "mit einer gesunden Portion Selbstkritik" die eigenen
Schwächen herauszufinden, dann fiele es einem leichter, die Eigenarten des anderen zu
akzeptieren. "Und da ist es erst einmal völlig unbedeutend, wie alt einer ist. Zwar weiß
einer mit 40 genauer, was er an Gewohnheiten in eine Beziehung einbringt, und sie sind
ausgeprägter. Aber auch in diesem Alter ist man noch anpassungsfähig!"74 Unterschwellig
wird auch hier wieder die Angst um das "Versorgtsein" angesprochen, klingt die Warnung
vor dem Alleinsein mit.
Langners Argumentation komplementiert die Ansicht des Poliers in Leben und
Abenteuer der Trobadora Beatriz... (1974), der diese von der Notwendigkeit einer Ehe für
eine "nicht mehr ganz junge" Frau zu überzeugen sucht. Beatriz lehnt die Ehe als
patriarchalische Institution prinzipiell ab. Der Polier räumt ein, daß er Backfischen derartige
Ansichten nicht verübele, die Jugend gehe immer mit der Mode, und die häßlichen Weiber
latschten in dem Fall begreiflicherweise hinterher. Beatriz aber, obwohl nicht mehr ganz
frisch, wäre doch keinesfalls häßlich zu nennen. Der Polier fand, daß eine hübsche Frau wie
Beatriz Emanzipation nicht nötig hätte. So uncharmante Äußerungen ständen ihr nämlich
absolut unpassend zu Gesicht und täten ihrer Schönheit Abbruch. Mit etwas Beeilung hätte
sie durchaus noch Chancen, eine gute Partie zu machen. Witwer wären oft gute Ehemänner,
auch ein Herr mit einer guten Pension wäre nicht zu verachten. "An deiner Stelle würde ich
323

fleißig Heiratsannoncen lesen", schließt er seine Beratung.75


Das Bemühen um Emanzipation wird hier also mit grundsätzlicher Ablehnung der
Ehe gleichgestellt (und damit auch wohl mit einer Abneigung gegen Männer an sich).
Ebenso wird Emanzipation hier als ein Konzept verstanden, das nur von Frauen vertreten
werden kann, die nicht den männlichen Vorstellungen der "Normalfrau" entsprechen. Die
Vertreterinnen dieser Auffassungen können es entweder aufgrund ihrer Jugend nicht besser
wissen, oder sie sind so unattraktiv, daß ein Mann an ihnen sowieso kein Interesse hätte und
sie sich darum hinter dem Schild der Emanzipation verstecken. (Diese - größtenteils von
männlicher Seite vertretene -Mißkonzeption wird weiter unten detaillierter aufgegriffen.)
Interessant ist der Diskussionsbeitrag einer Für Dich-Leserin aus Zwickau, die - ganz
im Sinne der Autorinnen - vor einer verfrühten neuen Bindung warnt.76 So spricht z.B.
Worgitzky in diesem Zusammenhang von dieser "öden Gier, die einen glauben macht, alle
vernünftigen Männer (oder Frauen) seien ’in festen Händen’, und die einen manchmal nach
so dürftigen Strohhalmen greifen läßt, daß einem hinterher schaudert bei dem Gedanken,
mit was für einem mittelmäßigen Kerl man sich aus lauter Verzweiflung abgegeben hat".77
Eine eindringliche Darstellung zu dieser Thematik bildet auch Ingrid Johannis Erzählung
Das siebente Brennesselhemd (1986), in dem eine Frau die Schwierigkeiten einer erneuten
Partnersuche detailliert beschreibt.78 Auch die FD-Leserin macht darauf aufmerksam, daß
man sich zunächst einmal aus der alten Partnerschaft lösen müsse, bevor man überhaupt
fähig sei, eine neue einzugehen. Psychologin Langner erwähnt diesen Punkt nur nebenbei.
Suche man krampfhaft nach einer neuen Beziehung, so die Leserin, würden alte
Erfahrungen und Ansprüche zu leicht auf die neue Bindung übertragen und verurteilten
diese von vornherein zum Scheitern. Man sei oft zu dankbar für den kleinsten Beweis von
Zuneigung, der das geschwundene Selbstwertgefühl zu heben helfe. Ginge man Beziehungen
ein, die mit großen Kompromissen an den eigenen Lebensanspruch einhergingen,
Beziehungen, auf die man nur aus Furcht vor dem Alleinsein nicht verzichten möchte, dann
fände die resignierende Schlußfolgerung "Alle Männer (Frauen) sind eben so" Bestätigung.
Erst wenn man sich seiner wieder sicher sei, wäre man zu einer neuen Partnerschaft, der
ein demütigendes Abhängigkeitsverhältnis fremd sei, fähig.79 Eine andere Leserin aus
Dresden erklärte kategorisch - und keinesfalls im Einklang mit der in Für Dich propagierten
Einstellung, - daß sie nach dem Verlust ihres Mannes nie auf die Idee gekommen wäre, sich
um einen neuen Mann zu kümmern: "Meine Arbeit und meine Kinder haben mein Leben
vollauf gefüllt. Ich meine, wenn man mit beiden Beinen im Leben steht, muß nicht
unbedingt ein Mann dabei sein. "80
Am Anfang der zweiten - positiv - bewerteten Ehe der Laura Salman stehen nicht
Liebe und erotische Anziehung, sondern eine gegenseitige ’Gesinnungsprüfung’. Laura
willigt in eine neue Ehe ein, weil sie mit dem Mann in Fragen Partnerschaft und
Kindererziehung übereinstimmt und weil sie ihm gegenüber Freundschaft empfindet. Die
Übereinstimmung der Ansichten erscheint ihr als Ausgangspunkt wichtiger als das
Vorhandensein von Gefühlen, ihrer Meinung nach kann Liebe erst auf einer solchen Basis
entstehen. Eine solche "Umwertung von Ratio auf Gefühl" (Schmitz, 1983), wecke beim
Rezipienten Befremden, rege aber gerade dadurch zum Nachdenken an.81 In dieser Ehe
drängt keiner dem anderen seine Vorstellungen auf, von Ungleichheit und Abhängigkeit
kann nicht gesprochen werden. Damit allein ist diese Ehe vorbildlich, sie besitzt aber
utopischen Charakter und verweist auf die Zukunft, weil sie auf wunderbare Weise
zustandekommt und weil Ehemann Benno ein 'neuer’ Mann ist. Als ähnlicher Verweis auf
324

die Zukunft ist auch die Lösung des Problems in der Ehe der Valeska82 zu verstehen.
Schmitz merkt an, daß selbst in der Projektion einer besseren Zukunft die Institution der
Ehe beibehalten wird.83 Welche Form diese jedoch haben soll, wird nicht formuliert, klar
ist aber, daß die gegenwärtige Form der "sozialistischen Ehe" den Ansprüchen kaum
genügt. Viele dürften wohl mit Morgner übereinstimmen, die erklärt: "Aber mich
interessiert nicht die Ehe, gar nicht, mich interessiert allein, ob Menschen überhaupt noch
kameradschaftlich nebeneinander sein können - in welcher Beziehung auch immer... ',84 Eine
Ehe ist eben, wie jede andere Beziehung, eine Gemeinschaft, die durch ihre Mitglieder
determiniert wird. Es ist nicht unbedingt der gesetzliche Stempel, der eine Ehe altbacken
werden läßt. Daß auch Lebensgemeinschaften nicht den Abbau der alten Rollenverteilung
äußerlich - in der Organisation des Alltags - und innerlich - in der emotionalen
Abhängigkeit der Frau vom Mann - reproduzieren, ist in der Literatur mehrfach dargelegt
worden.85

Freundschaft zwischen den Geschlechtern wird allerdings längst nicht mehr als die
einzige Möglichkeit für ein glückliches Zusammenleben angesehen. Als Alternative wird
in der Literatur die gleichgeschlechtliche Gemeinschaft angeboten, in der die Partner von
vornherein gleichberechtigt sind und überkommene Einstellungen gar nicht erst abgebaut
werden müssen. Christine Wolter beschreibt diese Möglichkeit in ihrer Erzählung "Ich habe
wieder geheiratet" (1976):

Ich habe wieder geheiratet. Diese Nachricht hat meine Freunde, die, die mich
gut kennen, überrascht. Um genau zu sein, eine wirkliche Hochzeitszeremonie
hat nicht stattgefunden, das erlauben die Umstände nicht. Aber unser
Zusammenleben entspricht allen Grundsätzen einer modernen Ehe, die auf
gegenseitige Zuneigung und Achtung aufgebaut sein und der Erziehung der
Kinder zu harmonischen Menschen dienen soll.86

Erst nach einer Weile stellt der Leser fest, daß sich hier zwei Frauen zusammengetan
haben, um, so weit wie möglich, "wie Mann und Frau" zusammenzuleben. Beide haben
jeweils ein Kind aus einer früheren Beziehung, das einen Spielgefährten braucht. Die
Erzählerin der Geschichte hatte sich vorgenommen, nie wieder zu heiraten. Hätte sie
Freundin Rosa nicht kennengelemt, wäre ihr Leben "nie wieder in ordentliche Bahnen
geraten":

In meinen Kreisen herrschen ziemlich wirre Verhältnisse, ich weiß auch nicht,
wie das kommt. Vielleicht versuchen wir alle, unseren außergewöhnlichen
Berufsbelastungen durch ein außergewöhnliches Privatleben zu begegnen, so
außergewöhnlich, daß es sich überall gleicht.87

Ihr Leben mit Ehemann "T.", so berichtet die Erzählerin weiter, sei "beispielhaft"
gewesen. Man hätte sie beneidet. Es entstand aber "eine Art Abstoßung" zwischen ihnen,
die möglicherweise darauf basierte, daß ihre Kräfte gleichgerichtet waren. Sie kongruierten
an Erfahrung, Bildung, Begabung. T. wollte und konnte dasselbe wie sie. Aber trotz dieser
gleichen Ausgangsbasis schlich sich traditionelles Rollenverhaiten in ihre Beziehung. Er
begann, nur noch vor dem Fernseher zu liegen, "ohne einen Handschlag in der Wohnung
325

zu tun", was sie auf die Dauer nicht hinnehmen konnte. Er lehnte es ab, Wäsche zu
waschen ("obwohl wir eine schöne Waschmaschine hatten, (...) Rosa war entzückt, als sie
sie sah") und behauptete, ein gewisses Maß an schöpferischer Freizeit sei unerläßlich,
während unschöpferische Freizeit gerade in diesem für die berufliche Kreativität so
wichtigen Lebensabschnitt inakzeptabel sei. Die Hausarbeiten, die sie sich vorher geteilt
hatten, blieben nun an ihr hängen: "Es war nicht viel, aber es war mir verleidet, weil ich
es tun mußte und T. es fertiggebracht hatte, aus der Falle der Haushaltsverpflichtungen zu
schlüpfen".88 Ebenso unmerklich gelingt es ihm, sie von der Teilhaberschaft am
gemeinsamen Auto auszuschließen, er beginnt zu bestimmen, zu welchen Einladungen sie
gehen, zu welchen Betriebsfesten und wann sie zu Hause bleibt. Schließlich verläßt er sie.
"Eine Liebesgeschichte, sagten die Leute, sehr leidenschaftlich. Man bedauerte mich. Ich
aber wußte es besser."89
Sie war erleichtert, fühlte sich befreit. Allerdings dauerte es eine Weile, bis sie ihre
"alte Form" wiederfand, sie war zu lange T.s Begleitperson gewesen. Erst durch Rosa fand
sie wieder ganz zu sich selbst zurück. Und während T. stets ihre Fahrweise kritisiert hatte,
reagierte Rosa völlig anders. Sie "fragte nicht, seufzte nicht, sah nicht auf die Uhr", "sie
schaute aufmerksam geradeaus, als wolle sie mir helfen, schnell und sicher zu fahren", die
wohltuende Stille, die von ihr ausging, war angenehm.90 Ihre Gemeinschaft ist "so
selbstverständlich und gut, daß sie nicht den geringsten Zwang braucht."91 Den beiden
Frauen ist es gelungen, eine gleichberechtigte und gleichverpflichtende Beziehung
aufzubauen, die frei von jeglicher Unterdrückung und von Privilegien ist:

Die Harmonie zu Hause ist unbeschreiblich. Ich habe wieder ganz zu mir
zurückgefunden. Rosas Wesen strahlt Frieden aus. Sie nimmt mir viel ab, das
stimmt, aber sie tut es gern, freiwillig. Ich gebe ihr dafür die Geborgenheit
einer Familie, meine Erfahrung. Ich fühle, wie heiter ich bin, wie die
Formelreihen meinem Stift entströmen, ich rauche nicht mehr, spiele wieder
Tennis, schnauze Martin nicht mehr an.
Jeden Abend, wenn ich nach Hause komme, fühle ich die Veränderung, die
Rosa uns gebracht hat. Die Kinder spielen im Wohnzimmer. Rosa hantiert in
der Küche, es riecht wunderbar nach gebratener Zwiebel. Ich stelle die Tasche
weg, decke mit den Kindern den Tisch und mache mich, während Rosa noch
abschmeckt, beinahe freudig über die zerrissenen Kinderhosen im Flickkorb
her. Bis zum Essen schaffe ich es, mit schnellen Kreuzstichen wenigstens zwei
Knieflecken aufzusetzen.92

Obwohl, oder vielleicht gerade weil, die beiden Frauen charakterlich verschieden sind
- Rosa scheint sich trotz ihrer Tätigkeit als Verkaufsstellenleiterin ein hausfrauliches
Interesse bewahrt zu haben, die Erzählerin selbst ist dagegen mehr auf ihren Beruf
orientiert, ergänzen sie sich prächtig. Streitigkeiten über Hausarbeiten oder Einladungen
sind eliminiert, da sich beide gleiche Rechte einräumen und beide aus Erfahrung wissen,
was zu tun ist und was erledigt werden muß. Keine hat das Recht, vor der anderen auf
Privilegien zu bestehen und sich zu drücken.
Die Erzählerin betont, daß Rosa und sie keineswegs unattraktiv sind. Sie kommt der
möglichen zynischen Vermutung zuvor, daß die beiden keinen Mann abbekommen haben
und sich darum mit ihrer Freundschaft begnügen müssen, "wir strahlen nicht nur im Saft
326

unserer noch jungen Jahre, wir strahlen, weil wir klug sind, selbstbewußt, mit beiden
Beinen im Beruf stehen und der Gesellschaft nach Kräften dienen".93 Ihre Beziehung ist das
Ergebnis einer freien Wahl zwischen einer konventionellen Ehe und dem auf Freundschaft
begründeten Zusammenleben mit einer gleichgesinnten Frau. Da nur letztere Lebensform
wahre Gleichheit zwischen den Beteiligten bieten kann, fällt die Entscheidung nicht schwer.
Angemerkt werden sollte hier auch, daß sich nirgends in der Erzählung eine Andeutung
darauf befindet, daß es sich um eine lesbische, und damit also um eine sexuelle Beziehung
zwischen den Frauen handelt. Indirekt kommentiert die Erzählerin: "Das Zwielicht, in dem
wir stehen, kümmert uns nicht. Es kommt aus den Augen einiger Schielender und
Kurzsichtiger."94 Es ist daher vielmehr anzunehmen, daß die Unterordnung der Sexualität
der wahren Freundschaft gegenüber auch hier kaum als Verlust empfunden wird. Affairen
mit Männern sind erlaubt, werden sogar als Selbstverständlichkeiten angesehen. "Jede geht
ihres Weges, aber wir sind Verbündete." Ihr Vertrauen zueinander ist so groß, daß die
Erzählerin Freundin Rosa sogar eine Nacht mit ihrem Ex-Ehemann T. zubringen läßt, ohne
daß dabei Eifersuchts- oder Neidgefühle aufkommen. An der Harmonie der Gemeinschaft
wird sich dadurch nichts ändern. Mißtrauen, Geständnisse oder Anspielungen über Moral,
Rücksichtnahme und die Gedanken der Leute sind ausgeschlossen.95
Morgners Valeska sammelt in einer Lebensgemeinschaft, die allerdings nicht aus
einer Zweiergemeinschaft, sondern aus drei Frauen und vier Kindern besteht und somit eher
als eine Art Wohngemeinschaft zu bezeichnen wäre, ähnliche Erfahrungen. Freunde sind
zwar vorhanden, wohnen aber außer Haus und da alle erwachsenen Familienmitglieder
ranggleich Hausarbeit gewohnt sind, gewinnen sie täglich Freizeit, an die sich die Frauen
erst wieder gewöhnen müßen:

O wundersame Freiheit, exotische, fast unbequeme anfangs. Schon nicht zur


Arbeit zu hasten fiel Valeska schwer, auch abends verantwortungslos an
Geschäften vorbei nach Hause zu gehen. Der Weg, bisher ein Tunnel, den sie
geneigten Kopfes durcheilte, gewann mählich Pflaster, Fassaden, Gewölk.
Daß die Zärtlichkeitsform, jemandem Essen zu geben, von Frauen nicht nur
geübt, sondern auch empfunden werden kann, erlebte sie verwundert.
Besonders wenn ihr abends der Tisch gedeckt war. Sieben Esser saßen daran.
(...) Besonders die Einzelkinder freuten sich der unverhofft gewonnenen
Geschwister, renommierten mit ihnen. Auch mit ihren drei Müttern und drei
Vätern, den Verlust der Privilegien verwanden sie schnell. Erziehung leichter
gemacht. Brüderliches Leben: das heißt schwesterliches.96

Ihre Eltern fügen sich problemlos in diese Frauenfamilie ein, die Mutter strickt für
alle, der Vater erzählt den Kindern Geschichten.97 Auf ihren Freund Rudolf wartet Valeska
jetzt anders als früher, ruhiger, "die Tage ohne ihn waren keine Makulatur, die
Leidenschaft schrumpfte das Gegebene nicht mehr und blähte das Gewollte". - Die Liebe
verliert ihr "dogmatisches System", Ereignisse und Gegenstände nähern sich ihrem
Eigenwert, "in freundlichem Umgang war Vielfalt, schöne Menschengemeinschaft".98
Ebenso wie Wolfs "Selbstversuch" machen Morgners und auch Wolters Erzählung deutlich,
daß weibliche Eigenschaften und Wertvorstellungen wie z.B. "die Zärtlichkeitsform,
jemandem Essen zu geben" von Frauen weitaus besser wahrgenommen und geschätzt
werden, weil sie nicht als Selbstverständlichkeit hingenommen werden. Frauen zeigen sich
327

in zwischenmenschlichen Beziehungen als empfindsamer und zollen Bemühungen um


Harmonie größere Anerkennung zu."
Auch Lena K., eine der von Maxie Wander interviewten Frauen, hält eine
Freundschaft unter Frauen ebenfalls für vorteilhafter. Die Männlichkeit ihres Ehemannes
vertrüge es einfach nicht, daß sie weitgehend unabhängig von ihm sei.100 Nun hat sie sich
einer anderen Frau zugekehrt:

Daß eine Freundschaft mit einer Frau überhaupt möglich ist, habe ich erst
durch Anja erfahren. Bei ihr kam hinzu, daß sie mir körperlich sein-
angenehm war. Sie sagte etwas über meinen Busen und meine schönen Arme,
das war neu für mich und berührte mich tief. Bei ihr kann ich mich geben,
wie ich bin, wir sind gleichberechtigte, liebende Partner. Wenn gelegentlich
Allergien hochkommen, können wir uns aus dem Wege gehen. Wir sind nicht
angewiesen auf diese gemeinsame Wohnung, auf dieses enge Schlafzimmer,
in das ich mit Walter verbannt bin.101

Der von Christine Müller interviewte Bühnenbildner Georg, der mit seinem Freund
Lutz zusammenlebt, hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Während die Erotik in ihrer
Beziehung eine gewisse Rolle spiele, seien jedoch ganz andere Werte dominierend:
"Verstehen, Vertrauen, das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das, was man so Liebe
nennt." Keiner verfolge nur stur seine eigenen Interessen. Sicherlich gebe es manchmal
Reibepunkte wegen irgendwelcher Kleinlichkeiten, aber dies seien längst keine
Katastrophen: "Wir leben als gleichberechtigte Menschen zusammen, so fühlt sich keiner
eingeengt oder ausgenutzt."102
Laura Salman in Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz,.. (1974) wünscht sich
auch eine solche Freundschaft. Sie hatte oft mit Neid von Männerfreundschaften gelesen,
die, "ohne schwul zu sein, von schöner Heftigkeit waren”, gefestigt durch ein gemeinsames
Unternehmen oder eine Idee, die auszubauen und zu verteidigen band.103 Eine eben solche
Beziehung zwischen Frauen erscheint ihr als Ideal: Nie sei ihr ein sanfteres Ideal weltlicher
Harmonie vor die Augen gekommen, nie die Sehnsucht nach unkriegerischen Zuständen so
rein und radikal.104 Die männliche Variante ist unterschlagen. Ein aus Verzweiflung
gewachsenes Sehnsuchtsbild also. Extreme Zustände brächten extreme Utopien hervor.
"Wer von uns hat nicht in zornigen Augenblicken oder Jahren sich verweigert, wer ist nicht
als Schiffbrüchige des egoistischen Meeres, seinem einzigem Verlangen folgend, an dieses
sanfte Land gegangen, darin Pflanzen, Getier und eine Menschenart schwesterlich
hausen..."105
Laura weiß, daß solcherlei Tätigsein von Männern und Frauen dagegen meist nur
kurzlebig war, denn es ist "von Sexgewittem bedroht".106 Freundschaften unter Frauen hatte
Laura allerdings "noch seltener als Solidarität" gefunden, weil solche Freundschaften
nämlich Zeit brauchen. Das Hobby der meisten Frauen sei aber zwangsweise stets die
zweite oder dritte Schicht, d.h. Haushalt und Kinder. "Für den täglichen Weg von der
vielfältig gebückten bodenständigen Tätigkeit der Haushälterei zu jenen gewissen
Erhebungen, wo sich Gedanken nun einmal aufhalten, konnten junge Frauen noch am
ehesten Kraft erübrigen."107 Frauen tendieren aus diesem Grund auch dazu, ihren
Geschlechtsgefährtinnen, die ihre Aufgaben besser meistern als sie selbst, Mißgunst und
Haß entgegenzubringen.108 Einer Freundschaft zwischen Frauen, die zu einer
328

Lebensgemeinschaft führen kann, muß also eine gewisse innere Loslösung oder wenigstens
Abstandnahme vom Mann und von der in vielen Beziehungen nach wie vor existierenden
Doppelrolle vorausgehen,109 "denn die Suche nach neuen Lebensweisen, nach dem eigenen
Wert, schließt Entwicklung von Selbstbewußtsein als Bedingung ein", kommentiert auch
Kulturtheoretikerin Dölling (1980).110
Sicherlich kann davon augegangen werden, daß diese Lebensform nicht jeden
anspricht, aber die verschiedenen Formen der Partnerschaft, die in den Werken der
Autorinnen mit all ihren positiven und negativen Aspekten durchgespielt werden, erlauben
dem Leser und der Leserin, eigene Schlüsse hinsichtlich der Ablösung von alten, tradierten
Partnerschaftsvorstellungen wie auch neuer Ansprüche und Forderungen zu ziehen.

Die Autorinnen appellieren für eine auf Freundschaft und gegenseitiger Anerkennung
und Respekt basierenden Partnerschaft, ihre Ziele entsprechen somit in gewisser Hinsicht
den in der Verfassung der DDR formulierten Vorstellungen einer sozialistischen Ehe. Für
die Schriftstellerinnen ist eine Legalisierung von Beziehungen jedoch unwichtig, während
sie vom Staat als unerläßlich verstanden wird. Es stellt sich nun die Frage, inwieweit sich
die Rezipienten von den Vorstellungen der Autorinnen leiten lassen. Geht man von den
Reaktionen auf Leserumfragen aus, dürfte ihr Einfluß nicht unerheblich sein. In Zuschriften
zu emem Für Dich-Literaturforum zum Thema "Familie in Büchern von heute" (1984/85)
sprechen die meisten Teilnehmer - männliche und weibliche - von der Lebenshilfe, die sie
von der Literatur erwarten und auch erhalten.111 Literatur könne zwar keine Rezepte liefern,
die garantierten, "daß aus der Institution Ehe keine wechselseitige
Lebensverbitterungsgemeinschaft" werde, sie könne aber aus der Schilderung positiver wie
negativer Verhaltensweisen dem Leser Denkanstöße für eigene Partnerschaftsbeziehungen
geben, ohne - und vor dieser utopischen Vorstellung sollte man sich hüten - in der Lage zu
sein, Scheidungsquoten direkt herunterdrücken zu können.121 Interessant geschilderte
Ehekonflikte, so ein weiterer Beitrag, lassen Parallelen zum eigenen Leben ziehen, sie sind
nachvollziehbar. "Doch sie würden mir nicht helfen, meine Partnerbeziehung zu ändern.
Ich denke über Gelesenes nach, (...), aber in der Partnerschaft entscheiden nur eigene
Lebenserfahrungen, Einstellungen zum Partner, Lebensgewohnheiten und Ansprüche ans
Leben, die ich nicht erst stelle, weil ich durch Romane und Geschichten angeregt wurde".113
Allerdings räumt diese Leserin ein, daß man sich in jungen Jahren von Literatur mehr leiten
und prägen ließe. Sie selbst findet offensichtlich die Bestätigung eigener Ansichten und fühlt
sich durch Gelesenes somit bestärkt.
Einige Leserinnen kritisieren, daß "die intakte 'normale’, aktiv in unserer
Gesellschaft lebende und diese Gesellschaft auf vielfältige Weise mitgestaltende Familie"
in der Gegenwartsliteratur häufig ausgespart werde,114 Literaturwissenschaftlerin Marianne
Krumrey, die die Diskussion einleitet, erklärt diese Beobachtung jedoch durch die Tatsache,
daß Schriftsteller eben gerne konfliktgeladene Beziehungen wählen, weil sie damit
"bestimmte Grundhaltungen prägnanter zeigen, kritikwürdiges Verhalten deutlicher
hervorheben, Widersprüche zugespitzter formulieren können". Literatur greife mit solchen
Darstellungen aber auch reale Probleme auf, die "in unserer Gesellschaft durchaus
vorhanden sind”.115 Eindeutiger dürfte jedoch der folgende Beitrag einer Leserin sein:

Wenn unsere heutige Literatur so häufig schwierige Partnerbeziehungen


darstellt, so entspricht dies doch im wesentlichen der Praxis unseres Lebens.
329

Das heißt, die beruflich tätige Frau hat neben ihren Arbeitsaufgaben meistens
den Hauptteil der häuslichen Pflichten zu erfüllen. Im allgemeinen hat der
Mann noch nicht mit den überlebten Auffassungen von seiner Stellung in der
Familie gebrochen. Die Gleichberechtigung der Frau im Sozialismus ist das
eine, aber die Gleichverpflichtung des Mannes wäre das andere. Und dies ist
m. E. der springende Punkt in vielen Ehen. Wenn dann noch Alkohol eine
Rolle spielt, verschärft sich die Situation der Partner weiter. Welcher Frau,
die fest auf eigenen Beinen stehen kann und dies auch gern tut, kann man
dann verdenken, wenn sie lieber alleine lebt. Ohne Ärger und ohne
Differenzen. Von "Einsamkeit, Trostlosigkeit oder Hilflosigkeit" kann wohl
bei einer im Leben stehenden, beruflich tätigen Frau nicht die Rede sein.
Die geschiedenen Frauen, die ich kennengelemt habe, wollen zumeist fortan
ihr Leben selbst gestalten, wie z.B. die Frauengestalten in den Romanen von
Irmtraud Morgner und Renate Apitz. Sie erfüllen gern ihre beruflichen
Aufgaben und sind auch in der Lage, ihre Kinder selbst zu erziehen, kurz -
mit Kraft und Lebensmut bewältigen sie ihr Dasein.116

Leserbriefe und Werke der Autorinnen scheinen also in Bezug auf


Partnerschaftsvorstellungen und Wünsche weitgehend in Einklang zu sein. In den achtziger
Jahren steigt die Anzahl der alleinlebenden Frauen ebenso beständig an wie die der
alleinstehenden Protagonistinnen weiblicher Autoren. Frauenliteratur spiegelt und - wenn
auch vielleicht in geringerem Maß - schafft reale Lebensweise.117 Manche Frauen beginnen
sich von den Männern abzugrenzen, sich nicht mehr juristisch an sie binden zu lassen, weil
diese ihren Emanzipationsansprüchen nicht entsprechen oder gar im Wege stehen. Eine
solche Entscheidung fällt aber keinesfalls leicht. Worgitzkys Quäze z.B. wird lange
zwischen ihrer Liebe zu Bern und ihren Selbstverwirklichungsbestrebungen hin und her
gerissen: ’”Ich liebe dich’, sagte er. Seine Schlagader hämmerte gegen ihr Ohr. Oh, wenn
sie doch etwas Gegenteiliges hätte sagen können! Meine Freiheit, meine Freiheit, dachte sie,
und dann sagte sie: 'Ich dich auch.’"118 Quäze gibt Berns Bemühungen um sie schließlich
nach und heiratet ihn, ihr Bestreben um Gleichberechtigung hält aber an. Ihr Verhalten
macht die Überlegungen, die in diesem Kapitel zusammengestellt und erarbeitet wurden
nochmals deutlich: Liebe allein, d.h. die Zuneigung zweier Menschen zueinander, reicht
für ein gemeinsames gleichberechtigtes Leben nicht aus. Erwartet und benötigt werden
Freundschaft und Partnerschaftlichkeit, nicht zuletzt auch die von Morgner definierte
"proletarische Solidarität".119 Liebe bedeutet zu häufig für einen der Beteiligten Aufopferung
eigener Ziele und Ideale für den anderen.120

Fußnoten

1 Emmerich, Wolfgang: Identität und Geschlechtertausch.-In: Grimm, R. / Hermand, Jost (Hrsg.): Basis
8. Frankfurt (Main): 1978. Seite 140.
2 Kirsch, Sarah: Blitz aus heiterm Himmel.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 5-24. Hier Seite 10.
3 ebenda, Seite 12
4 ebenda, Seite 21
5 Emmerich, Wolfgang: Nachwort.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 113.
330

6 Damm, Sigrid / Engler, Jürgen: Notate des Zwiespalts... Weimarer Beiträge. 1975, 21. Jg., Nr. 7, Seite
37-69. Hier Seite 51 und 56.
7 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 52.
8 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 137.
9 ebenda. Seite 146
10 Kirsch, Sarah: Blitz aus heiterm Himmel.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 14.
11 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In: Dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 146.
12 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 503.
13 Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In: Anderson, E. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel.
Rostock: 1975. Seite 283.
14 Für Dich - Literatur-Forum: Vor allem über Liebe und Treue. Mädchengestalten III. Beiträge von
Dorothea Iser, Christa Grasmeyer, Hildegard und Siegfried Schuhmacher und Leserzuschriften. Für Dich.
1987, Nr. 26, Seite lOf. Hier Seite 11.
15 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 132f.
16 ebenda, Seite 137
17 ebenda, Seite 137. Vgl. hierzu Kapitel II.9 und Worgitzky, Charlotte: Verdorbene Jugend.-In: Vieräugig
oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 178-237.
18 Helga Hörz in: Problem im Gespräch.-In: Panorama DDR (Hrsg.): Gleiche Chancen für Frauen?
Dresden: 1982. Seite 9-18. Hier Seite 15.
19 ebenda
20 Zitiert nach: Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 151.
21 ebenda, Seite 15 lf.
22 Vgl. hierzu die in Teil II dieser Arbeit gemachten Untersuchungen.
23 Maron, Monika: Flugasche. Frankfurt (Main): 1981. Seite 60. Eine ausführliche Analyse dieser Erzählung
befindet sich in Kapitel 11.15.
24 Büttner, Thomas: Erstes internationales Demographie-Seminar. Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitk
1985. Berlin (DDR): Verlag 1985. Seite 323-339. Hier Seite 328.
25 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Zusammenleben heute. Ein Gespräch mit Jutta
Gysi. Sonntag. 1987, 4L Jg., Nr. 34, Seite 7.
26 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin: 1985. Seite 60.
27 Kuhrig, Herta: Liebe und Ehe im Sozialismus. Einheit. 1982, 37. Jg., Nr. 7/8, Seite 804.
28 Königsdorf, Helga: Respektloser Umgang. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 100.
29 Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften. Halle (Saale) und Leipzig: 1986. Seite 237.
30 Rita Z.. Lübben. Junge Welt. 12.9.1984. Zitiert nach Helwig. Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984.
Seite 57.
31 Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften. Halle (Saale) und Leipzig: 1986. Seite 67.
32 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 36 und 43.
33 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 209 und 199.
34 Büttner, Thomas: Erstes internationales Demographie-Seminar. Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik
1985. Berlin (DDR): 1985. Seite 328f.
35 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 1987, 4L Jg, Nr. 34, Seite 7.
36 Büttner, Thomas: Erstes internationales Demographie-Seminar. Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik
1985. Berlin (DDR): 1985. Seite 329.
37 Wilde Ehen in DDR beliebt. Frankfurter Rundschau. 7.2.1987, Nr. 32, Seite 16.
38 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 93.
39 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 161.
40 Vgl. den Bericht des 38jährigen Bühnenbildners Georg, ebenda, Seite 63. Vgl. hierzu auch das Protokoll
des 36jährigen Georg D.-In: Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften Halle (Saale) und Leipzig
1986. Seite 110-142. Besonders Seite 123f.
41 Büttner, Thomas: Erstes internationales Demographie-Seminar. Jahrbuch für Soziologie und Sozialpolitik
1985. Berlin (DDR): 1985. Seite 328.
42 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 1987, 4L Jg, Nr. 34, Seite 7.
331

43 Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften. Halle (Saale) und Leipzig: 1986. Seite 32.
44 Für Dich publizierte 1987 z.B. den Bericht eines jungen Ehemannes, der seine schwangere Freundin
zunächst nicht heiraten wollte. Die Darstellung, ein angeblicher Eigenbericht, fällt erwartungsgemäß
negativ aus. Er fühlt sich bedroht: "Der Trauschein Garantie für Zwang, Einengung, Verzicht auf
Freiheit. (...) Zu Reni sagte ich: Vom Heiraten halte ich nichts. Wenn ich dich liebe, dann freiwillig,
(...)" Die Reaktion der Frau ist entsprechend: "Reni sah mich an wie einen Fremden. Ich sah ihre
Traurigkeit, spürte, daß sie mich nicht verstand und sich ausgeliefert fühlte. Und obwohl sie mir leid tat,
dachte ich: Besser, sie ist mir ausgeliefert, als ich ihr! Daß in diesem Denken Unreife und Unfähigkeit
lagen. Verantwortung zu tragen für eine Ehe, für eine Familie, war mir nicht bewußt.” Felz, Susanne:
Das war für uns wie eine Prüfung. Für Dich, 1987, Nr. 21, Seite 28f.
45 Vgl. Grandke, Anita / Gysi, Jutta / Orth, Klauspeter: Wirksamkeit und Entwicklung... Neue Justiz. 1976,
30. Jg., Nr. 5, Seite 544-547. Liebe, Sex und Paragraphen. Ausschnitt aus der gleichnamigen Broschüre
von Dr. jur. Friedrich Wolff. Für Dich. 1987, Nr. 31, Seite 42f.
46 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 1987, 4L Jg, Nr. 34, Seite 7f.
47 Schwarz, Gislinde: Probezeit beendet. Gespräch mit Dr. Jutta Gysi. Für Dich. 1988, Nr. 13, Seite 42f.
48 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 1987, 4L Jg, Nr. 34, Seite 7f.
49 Karau, Gisela: Wunder dauern etwas länger. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. Für Dich, 1983,
Nr. 33, Seite 46.
50 Vgl. hierzu Kirkamm, Barb: Nicht von heute auf morgen. Gespräch mit Diplompsychologin Karin
Langner. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. Für Dich. 1985, Nr. 17, Seite 46.
51 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 11, 15, 82.
52 ebenda, Seite 11, 52 und 105. Vgl. auch Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften. Halle (Saale) und
Leipzig: 1986. Seite 29 und 118.
53 Wendt, Hartmut: Ein günstiges demographisches Klima. Spektrum, 1983, Nr. 11, Seite 27.
54 Grandke, Anita / Orth, Klauspeter / Rieger, Wolfgang: Wirksamkeit des Ehescheidungsrechts. Neue
Justiz. 1980, 34. Jg., Nr. 9, Seite 399-403. Hier Seite 399.
55 ebenda, Seite 400
56 Statistisches Jahrbuch der DDR 1985. Seite 373.
57 Grandke, Anita / Orth, Klauspeter / Rieger, Wolfgang: Wirksamkeit des Ehescheidungsrechts. Neue
Justiz. 1980, 34. Jg., Nr. 9, Seite 400.
58 ebenda, Seite 402
59 Grandke, Anita: Zur Anwendung des Ehescheidungsrechts. Neue Justiz. 1987,41. Jg., Nr.2, Seite 56-58.
Hier Seite 58 und 56.
60 ebenda, Seite 57
61 ebenda, Seite 56. Vgl. auch Felz, Susanne: Die Richterin. Für Dich, 1984, Nr. 53, Seite 26-29.
Besonders Seite 27.
62 Helwig, Gisela: Frau und Familie. Köln: 1987. Seite 63. Vgl. Hierzu z.B. Drunkenmölle, Claus: Den
Ehe- und Sexualberatungsstellen mehr Beachtung schenken! Erfahrungen aus der Praxis. Neue Justiz.
1986, 40. Jg., Nr. 10, Seite 421f. Dolberg, G. / Kiene, I.: Zur Situation der Ehe- und Sexualberatung
in der DDR. Das deutsche Gesundheitswesen. 1979, 34. Jg., Nr. 41, Seite 2026-2029. Böttcher, Hans
R. / Stranz, Sybille: Zur Diagnostik der Beziehungen zwischen Ehepartnern. Wissenschaftliche Zeitschrift
der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, 1978, 27. Jg.,
Nr. 3, Seite 375-381. Auch Für Dich empfiehlt ihren Lesern des öfteren, sich an eine Ehe-, Sexual- und
Familienberatungsstelle zu wenden und bemüht sich auch um Abbau noch bestehender Vorbehalte. Vgl.
z.B. Kirkamm, Barb: Fachkundige Hilfestellung. Ein Gespräch mit Dr. Schnabl. Rubrik Guter Rat - Ganz
unter uns gesagt. Für Dich. 1985, Nr. 31, Seite 46.
63 Helwig, Gisela: Jugend und Familie.... Köln: 1984. Seite 95f.
64 Sindermann, Regina / Schwarz, Gislinde: Ein Ja fürs ganze Leben ? Für Dich, 1987, Nr. 10, Seite 12-15.
Hier Seite 14.
65 Jutta Resch-Treuwerth in Junge Welt vom 6.7.1983. Zitiert nach Helwig, Gisela: Jugend und Familie . ..
Köln: 1984. Seite 96.
66 Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt: Die "guten Geister" einer Partnerschaft. Leserbriefe. Für
Dich. 1987, Nr. 38, Seite 46. Vgl. auch: Muß es denn gleich Scheidung sein ? Für Dich, 1987, Nr. 18,
Seite 28f. Vgl hierzu auch die Leserdiskussion zum Thema "Junge Ehe - siebenter Himmel?", die 1985
in Für Dich. Nr. 7, 9, 11, 12, 14 und 15 publiziert wurde. Siehe ebenso: Rubrik Guter Rat - Ganz unter
uns gesagt: Briefe zum Nachdenken und zum Antworten. Für Dich, 1985, Nr. 26, Seite 46. Rubrik Guter
332

Rat - Ganz unter uns gesagt: Geteilte Meinungen. Für Dich. 1985, Nr. 38, Seite 46.
67 Es gibt eine Mitte im Leben. Für Dich. 1988, Nr.3, Seite 23f. und 46.
68 Schwarz, Gislinde: Die verflixten Fünf. Für Dich. 1988, Nr. 2, Seite 6-9.
69 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 503.
70 Schwarz, Gislinde: Die verflixten Fünf. Für Dich. 1988, Nr. 2, Seite 9.
71 ebenda, Seite 8
72 Sindermann, Regina / Schwarz, Gislinde: Ein Ja fürs ganze Leben ? Für Dich. 1987, Nr. 10, Seite 14.
Vgl. auch: Schnabl, Siegfried: Die Qual der Wahl. FD-Ratgeber. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns
gesagt. Für Dich. 1987, Nr. 24, Seite 46.
73 Stichwort: Wunder dauern etwas länger. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. (Leserreaktionen).
Für Dich. 1983, Nr. 39, Seite 46.
74 Kirkamm, Barb: Für das Wunder etwas tun. Gespräch mit Diplompsychologin Karin Langner, Leiterin
der Ehe- und Sexualberatungsstelle Berlin, Prenzlauer Berg. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt.
Für Dich. 1983, Nr. 44, Seite 46.
75 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 61 f.
76 Stichwort: Wunder dauern etwas länger. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. "Man muß sich erst
aus der alten Partnerschaft lösen" von Inge Weber, Zwickau. Für Dich. 1983, Nr.39, Seite 46.
77 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 234.
78 Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Berlin (DDR): 1986.
79 Stichwort: Wunder dauern etwas länger. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. "Man muß sich erst
aus der alten Partnerschaft lösen" von Inge Weber, Zwickau. Für Dich. 1983, Nr.39, Seite 46.
80 ebenda. "Ohne Hoffnung auf ein Wunder” von Käthe Kunze, Dresden.
81 Schmitz, Dorothee: Weibliche Selbstentwürfe und männliche Bilder. Frankfurt (Main): 1983. Seite 99.
82 Die Ehe der Valeska wird in Morgners Erzählung "Gute Botschaft..." beschrieben. Diese Geschichte
bildet die Ausgangsbasis für Kapitel III. 14.
83 Schmitz, Dorothee: Weibliche Selbstentwürfe und männliche Bilder. Frankfurt (Main): 1983. Seite 99.
84 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 95.
85 Vgl. z.B. Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräugie oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 19-68.
Tetzner, Gerti: Karen W, Halle (Saale) und Leipzig: Seite 40.
86 Wolter, Christine: Ich habe wieder geheiratet.-In: Wie ich meine Unschuld verlor. Berlin und Weimar:
1981. Seite 26.
87 ebenda, Seite 27
88 ebenda, Seite 27f.
89 ebenda, Seite 28f.
90 ebenda, Seite 30f.
91 ebenda, Seite 32
92 ebenda, Seite 31
93 ebenda, Seite 33
94 ebenda, Seite 33f.
95 ebenda, Seite 34
96 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 356f.
97 ebenda, Seite 357.
98 ebenda, Seite 358.
99 Vgl. hierzu auch Wolf, Christa: Kassandra. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 139ff. Hier beschreibt
Wolf das Leben einer Frauengemeinschaft, die in Höhlen lebt. Kassandra wird von ihnen gesundgepflegt,
hier fühlt sie sich wohl, hier läßt man sie sein, wer sie ist.
100 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 25.
101 ebenda, Seite 31 f.
102 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 64.
103 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.,.. Berlin und Weimar: 1987. Seite 399
104 ebenda, Seite 41
105 ebenda
106 ebenda, Seite 399
107 ebenda
108 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 31.
109 Vgl. hierzu auch Schubert, Helga: Meine alleinstehenden Freundinnen.-In: Lauter Leben. Berlin und
333

Weimar: 1983. Seite 5-10.


110 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 61.
111 Vgl. z.B. Schulte, Sybill-Dorett: Lebenshilfe durch Bücher? Beitrag zum Für Dich-Literaturforum
"Familien in Büchern von heute" - Ganz in Familie. Für Dich. 1984, Nr. 51, Seite 28f. Hier Seite 28.
Krumrey, Marianne. Literaturforum "Familien in Büchern von heute" - Gelesenes und Gelebtes. Für
Dich. 1985, Nr. 16. Seite 30f. Hier Seite 30. Siehe auch H.M. Fritsch: Gefühlsbetont oder sachlich.
Beitrag zum Für Dich-Literaturforum "Worüber Frauen schreiben" - Über lautlosen Aufbruch und
Angekommensein. Für Dich. 1983, Nr. 43, Seite lOf. Hier Seite lOf. Göldner, Elfriede: Ermutigung ist
wichtig. Ebenda, Seite 11. Richter, Lieselotte. Mut aus Gedichten. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum
"Worüber Frauen schreiben" - Erwartungen, Widerspruch, Zuspruch. Für Dich. 1983, Nr. 45, Seite lOf.
Hier Seite 11.
112 Schaepe, Jürgen: Rezepte gibt es nicht. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum "Familien in Büchern von
heute" - Liebe fesselt und macht frei. Für Dich. 1985, Nr. 2, Seite lOf. Hier Seite 10.
113 Schomburg, Marlies: Eigene Lebenserfahrungen haben Vorrang, ebenda, Seite 11.
114 Reuter, Margot: Über die "Normalfamilie". Beitrag zum Für Dich-Literaturforum "Familien in Büchern
von heute" - Liebe, Partner und Persönlichkeit. Für Dich. 1985, Nr. 9, Seite 26f. Hier Seite 26.
Weimann, Hannelore: Viele meistern ihre Konflikte. Leserbrief. Für Dich. 1985, Nr. 3, Seite 47.
115 Krumrey, Marianne: Familien in Büchern von heute. Für Dich. 1984, Nr. 47, Seite lOf. Hier Seite 11.
116 Stier, Margarete: Gleichverpflichtung. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum "Familien in Büchern von
heute” - Liebe, Partner und Persönlichkeit. Für Dich. 1985, Nr. 9, Seite 26f. Hier Seite 27. Vgl. hierzu
auch die Ausführungen zum Alleinleben in Kapitel III. 15.
117 Krumrey, Marianne: Familien in Büchern von heute. Für Dich. 1984, Nr. 47, Seite 11.
118 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräueie oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 28.
119 Morgner. Irmtraud: Die Hexe. .. Zürich und Villingen: 1986. Seite 66 und 69.
120 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 146-148,150-153. Diese Überlegungen
wurden in Kapitel II. 10 ausführlich erläutert.
334

III. 14 "Als ich völlig begriffen hatte, daß ich ein Mann geworden war,
weinte ich vor Schmach und Verzweiflung"
Partnerschaft und Sexualität

Die kritischen Autorinnen, so ist in Kapitel III. 13 aufgezeigt worden, gehen davon aus, daß
wahre Partnerschaft in einem zwischenmenschlichen Verhältnis oft nur auf Kosten der
sexuellen Beziehung erzielt werden kann, daß das Glück männlich / weiblicher
Verbindungen nicht andauert, weil es nicht selten "von Sexgewittern bedroht" ist.1 Ihre
Überlegungen auf diesem Gebiet unterscheiden sich demnach deutlich von der stark
vereinfachten Auffassung der SED, wie sie in Teil II zur Diskussion gestellt wurden. Hier
geht man davon aus, daß die Ehe in der sozialistischen Gesellschaft den Weg zu
immerwährender Zufriedenheit bietet. Sexuelle Beziehungen werden hier mit einbezogen:

So wenig sich die Liebe auf Sexualität reduzieren läßt, so unvollkommen wäre
sie, beraubte man sie dieses wesentlichen Elements. Sozialistische Moral und
Lebensweise haben nichts mit sexualfeindlichen Theorien und Haltungen
gemein. Sie verstehen die Sexualität vielmehr als erstrebenswerte und
lebensbereichemde Ausdrucksform eines erfüllten Daseins sozialistischer
Persönlichkeiten.2

Der Aspekt Sexualität und seine Auswirkungen bedürfen somit einer genaueren
Untersuchung, zumal sie einen zentralen Punkt in zwischenmenschlichen Beziehungen
einnehmen, seien diese nun heterosexueller oder homosexueller Art. Von offizieller Seite
beruft man sich in diesem Zusammenhang auf Marx:

"...das Verhältnis des Mannes zum Weib ist das natürlichste Verhältnis des
Menschen zum Menschen. In ihm zeigt sich also, inwieweit das natürliche
Verhalten des Menschen menschlich geworden ist. In diesem Verhältnis zeigt
sich auch, ... inwieweit ihm also der andere Mensch als Mensch zum
Bedürfnis geworden ist, inwieweit er in seinem individuellen Dasein zugleich
Gemeinwesen ist."3

Die Literatinnen stimmen dieser Überlegung zu und es kann somit nicht überraschen,
daß sie gerade diese Thematik detailliert bearbeiten.

Andersons Protagonistin Alyda in der Geschlechtertauschgeschichte "Dein für immer


oder nie" (1975) hat bei ihrem Versuch, mit ihrem Freund Florian eine solch harmonische
Gemeinsamkeit zu erzielen, wie sie mit gleichgeschlechtlichen Partnern möglich erscheint,
weitaus weniger Glück. Die Verwandlung in einen Mann, die sich an ihr nach Abbruch der
Beziehung vollzieht, empfindet sie einerseits als Strafe, andererseits - aufgrund ihrer
Bemühungen um ein gleichberechtigtes Miteinander - als eine "posthume Ehrung”.4
Trotzdem meldet sie Zweifel an: Sie hatte gerade unter großen Mühen gelernt, eine Frau
zu sein und bezeichnet sich als "das Produkt eines unerbittlich strengen, kunstvollen
Trainings" dem die eigenen "herkulischen Anstrengungen" folgten, alles wieder zu
verlernen.5
335

Die Kräfte meiner Jugend hatte ich damit verbraucht, mein wirkliches Ich
zuzuschütten, die Kräfte meiner reifen Jahre damit, wieder auszugraben, was
davon noch erkennbar war. Ich war gerade erst dabei, Mensch zu werden.
Etwas anderes zu werden, hatte ich keine Zeit mehr gehabt. Wie könnte ich
mit Männern wetteifern, die allzeit Männer gewesen waren, mit Physikern,
Ingenieuren, Direktoren, Generälen? Und was würde aus meiner Liebe? Wie
sollte ich jemals mein Verhältnis zu Florian wieder in Ordnung bringen? Was
könnte es mir nützen, Gleichheit mit ihm zu genießen, während ich jeden
andern Genuß entbehren müßte?6

Ebenso wie in Wolfs Erzählung klingt hier an, daß das Ziel, dem Mann
gleichberechtigt zu sein keineswegs bedeutet "zum Mann" oder "wie ein Mann" zu werden,
d.h. die männlichen Werte und Normen zu übernehmen und ihnen entsprechen zu wollen.
Selbstverwirklichung ist auf diese Weise nicht zu finden.7 Männer haben Mühe, Liebe zu
empfmden. Florian, Alydas verheirateter Liebhaber, gibt selbst zu, nicht zu wissen, was
Liebe ist.8 Beide glauben, einander gleich zu sein. Alyda sieht nicht zu ihm auf, sie achtet
ihn "wie ein Mann einen anderen achtet". Florian glaubt, nicht auf sie herabzusehen und
behauptet, er würde genauso für sie empfinden, wenn sie ein Mann wäre, eine Haltung, die
ihn nach eigener Aussage auch daran hindert, "Ich liebe dich" zu ihr zu sagen.9 Lieben
könne man nur etwas Kleines, ein Kind oder ein Tier. Dennoch hat er keine Bedenken zu
sagen, daß er seinen Freund Bert, den er vorbehaltlos bewundert, liebt.10 Die Gleichheit,
die Alyda und Florian für sich geschaffen haben, bleibt für die Protagonistin
unbefriedigend, denn ihre spezifisch weiblichen Eigenschaften wie z.B. das Bedürfnis als
Frau anerkannt und behandelt zu werden, der Wunsch, geliebt zu werden, bleiben unerfüllt.
Statt dessen ist sie für Florian ein Wesen ohne geschlechtsspezfische Charakteristika:

"Warum behandelst du mich nicht wie eine Frau?" fragte ich.


"Ich sehe dich nicht hauptsächlich als Frau an", sagte er.
"Aber ich bin eine!"
"Ich sehe dich als menschliches Wesen an."
"Ist beides denn unvereinbar?"
"Im Gegenteil, du selbst machst eine unwesentliche biologische Eigenschaft
zum Fetisch."11 (...)
"In mir", sagte er, "springt der Funke vom Geist zum Körper über, nicht
andersherum."
"In mir", sagte ich, "ist alles ein und dasselbe."
"Das verstehe ich nicht," sagte Florian.12

Der Leser gewinnt schnell den Eindruck, daß Florian mehr von Alyda nimmt als er
bereit ist, ihr zurückzugeben, daß er ihre Emotionen für sich selbst ausnützt. Anderson läßt
ihre Protagonistin auch die ausgesprochen abstoßenden Eigenarten Florians detailliert
beschreiben, so z.B. seine Angewohnheit, mitten in einer Unterhaltung seinen kleinen
Finger in sein Ohr zu stecken und diesen heftig hin und her zu drehen, seine Art, ausgiebig
seine Fingernägel zu reinigen, zu beschneiden und zu feilen, während er "plaudernd und
wippend" in ihrem Schaukelstuhl sitzt, ebenso wie seine Gewohnheit, sich nach dem Essen
"wie ein Patriach" zurückzulehnen, um "hinter der vorgehaltenen Hand, die nicht viel
336

verbarg, mit einem Zahnstocher herumzuwerken''.13 Der Leser muß sich also fragen, warum
Alyda Florian eigentlich liebt, eine Frage, die sich auch die Protagonistinnen und
Rezipientinnen der Werke anderer Autorinnen bei der Betrachtung ihrer männlichen
Gegenüber immer wieder stellen müssen.14 Alyda glaubte zu der Zeit, als sie Florian
begegnete, schon gelernt zu haben, "aufrecht zu stehen, ohne mich anzulehnen". Sie glaubte
sich bereit für die unerschrockene Liebe, "die Institutionen und Kriegslisten verschmäht,
für Liebe, die Freundschaft ist".15 Dabei hatte sie aber ihre Vorsicht, Tugend oder Vernunft
abgestreift und hatte sich so in einem neuen Netz verstrickt.
Florians Frau Ruth, die er des "Erstickens in ihrer täglichen Werkelei" bezichtigt,
hat ihren Lehrerberuf aufgrund eines kränklichen Kindes aufgegeben und beschäftigt sich
nun größtenteils damit, Klassenarbeiten für ihn nachzusehen oder die aufwendigen
Recherchearbeiten für seine Dissertation zu erledigen ("Es freut sie, mir zu helfen.").16
Dennoch ist Florian unzufrieden mit ihr, und glaubt, keine "Zeit zum Atmen" zu haben,
durch Doktorarbeit und Familienverpflichtungen übermäßig belastet zu sein. Er beklagt sich,
nicht zu wissen, wer er sei: "Bin ich denn schon jemand, nur weil meine Frau mich
bewundert?" und läßt dabei das Wort "Frau" wie "Köchin” klingen;17 Ruth ist für ihn, trotz
ihrer Bemühungen, nur ein unnützes Anhängsel. Während diese Situation ihn bedrückt,
glaubt er, daß Ruth sie auf sich selbst bezogen für natürlich und unvermeidlich hält,18 daß
also für eine Frau familiäre Einschränkungen und Verantwortung selbstverständlich und
akzeptabel sind. Alyda schlägt Florian Gleichheit zwischen ihm und seiner Frau als Lösung
für ihre gegenwärtige Situation vor, aber für Florian ist dieses Konzept nur ein leeres Wort.

.. .er (...) stockte, um für seine Gedanken die genaue Formulierung zu suchen.
Sie kam in dem weltmännischen Ton heraus, hinter dem sich die Verlegenheit
verbirgt: "Wenn einer um Mitternacht der Überlegene ist, muß er auch beim
Frühstück am nächsten Morgen der Überlegene sein." (...)
"Der Überlegene um Mitternacht!" höhnte ich. "Warum? Weil Sie da obenauf
sind?"
Florian ließ sich nicht durch meine Grobheit stören, sah aber ratlos aus. Ich
war ratlos über seine Ratlosigkeit. Ist es möglich, fragte ich mich, daß er die
elementarsten Dinge nicht weiß?
"Wenn die Menschen nicht einmal im Bett gleich sind, haben sie auch nicht
viel Spaß", sagte ich.
"Und sind Madame Ihresgleichen begegnet?"
Diese Stichelei tat ich mit einem Achselzucken ab, obgleich ich sie doch etwas
impertinent fand. Ich sagte: "Vielleicht haben Sie das Wichtigste im Leben
versäumt."
"Vielleicht Sie”, gab er scharf zurück. Er war weiß geworden, sein Kinn
schob sich vor, und ich fragte mich, warum er so kriegerisch geworden war.19

Die Infragestellung seiner bisher als überlegen eingeschätzten Sexualität und auch
seines Geschlechts lassen Florian gereizt reagieren. Seine Einstellung, daß Männer Frauen
durch ihre jahrhundertelange Dominierung des sexuellen Bereiches voraus seien, wird auch
von vielen Männern, die sich in den Männerprotokollen äußerten, vertreten. Es wird in
diesem Zusammenhang unter anderem die Meinung vertreten, daß aufsässige Frauen (oder
die, die von Männern als solche empfunden werden) durch sexuelle Unterdrückung und den
337

Beweis männlicher (sexueller) Kraft und Überlegenheit zur Räson gebracht werden können
und müssen. Ein 45jähriger Dozent hält die meisten Frauen entweder für "dämlich oder
große Schauspielerinnen oder Nutten". "Selbst die sogenannten ehrbaren Ehefrauen oder
diese Emanzipierten, alles unbefriedigte Weiber, die nur darauf warten, daß einer
vorbeikommt und sie, na ja..." Seiner eigenen Tochter, die in einem Altersheim arbeitet,
weil sie, so habe sie erklärt, etwas Nützliches für die Gesellschaft, für die Menschheit tun
wolle, hängt er zynisch einen "charitativen Tick" an: "Sie kommt auch wieder runter auf
den Boden der Realität, spätestens nach dem ersten Geschlechtsverkehr."20 Ein anderer
Mann gesteht, immer häufiger das Bedürfnis zu haben, "Frauen zu besiegen, ihren Körper
zu unterwerfen", auch wenn er sich hinterher häufig "schlecht, angeekelt und leer" fühle.21
Dieses Thema wird auch in Werken anderer weiblicher Autoren erwähnt. Worgitzky (1982)
spricht davon, daß Sexualität im Empfinden vieler Frauen mit Beherrschung gekoppelt sei
und Laura Salmans Ex-Ehemann Uwe fühlt sich nur von solchen "bewundernswerten
Geschöpfen" angezogen, von denen er weiß, daß sie ihn impotent machten: "Beschlafen
konnte er nur abwärts, lieben nur aufwärts." Sein anempfindendes Wesen ist ihm sexuell
im Wege und er beneidet ungebrochen egoistische Männer, die sich in der leiblichen Liebe
ausschließlich auf sich konzentrieren können.22
Den Ursprung dieser Einstellung männlicherseits sieht Kulturtheoretikerin Dölling
(1986) in Wolfs Erzählung Kassandra (1984) dargelegt.23 Nach zehnjährigem Krieg ist hier
nicht nur die Stadt Troja untergegangen: Mit den Griechen haben sich auch jene
gesellschaftlichen Verhältnisse durchgesetzt, die auch in Troja bereits im Entstehen
begriffen waren und in denen sich die Geschlechter nicht mehr wie bislang als gleiche
zueinander verhalten können. Der Griechenheld Achill schändet die tote Penthesilea
nachdem er sie im Kampf besiegt hat. Als Tote erniedrigt er sie dafür, daß sie ihn
gezwungen hat, ernsthaft mit ihr, einer Frau, zu kämpfen. Kassandra fragt nach dem
Verhaltensmuster, das sich in diesem Geschehen zeigt. Dies, so weiß sie, ist keinesfalls nur
eine persönliche "Entgleisung", sondern gräßlichster und offenster Ausdrucks des Wirkens
der Gesetze der "neuen Herrn" in den Beziehungen zwischen Männern und Frauen.24 "Wir
fühlen es, wir Frauen alle. Was soll werden, wenn das um sich greift. Die Männer
schwach, zu Siegern hochgeputscht, brauchen, um sich überhaupt noch zu empfinden, uns
als Opfer."25 Als zwangsläufige Folge des Kampfes der Männer auch untereinander werden
sie Mittel zur Durchsetzung egoistischer Interessen: "Die Frau schinden, um den Mann zu
treffen."26 Auch Kassandras Freund Aineias, der sich von diesen Entwicklungen
femzuhalten versuchte, zeigt erste Wirkungen: Er will Kassandra befehlen, mit ihm zu
fliehen. Diese aber zieht den Tod der Unterwürfigkeit vor und beide wissen, daß sie ihre
persönliche Beziehung nicht vom Zeitgeschehen abtrennen können.27

Die Vorstellung des Mannes von sich als dem potenten, starken und allseits
unbesiegbaren männlichen Wesen besteht für die Autorinnen also nach wie vor, vor allen
Dingen im Sexualbereich, und überträgt sich von da aus auf alle anderen Lebensgebiete. Die
Autorinnen deuten in diesem Zusammenhang jedoch an, daß die Männer sich hier etwas
zugute halten, was ihnen nur selten zusteht. Sie stehen den männlichen Darbietungen
kritisch gegenüber. Eine Protagonistin Worgitzkys bezeichnet ihren Liebhaber als "einen
flinken Hüpfer". "Trotzdem wagte er, mich hinterher stolzgebläht zu fragen, ob ich
zufrieden wäre. Ich hatte keine Lust, ihn von seiner Talentlosigkeit zu überzeugen, (...)."28
Trobadora Beatriz trifft auf einen Mann, der "stieg von rechts auf, bewegte sich kaum eine
338

Minute wie eine Nähmaschine, ließ sich links herabfallen und begann zu schnarchen .
Dann wieder heißt es: "Mein Gott, war das eine Enttäuschung! Räffer gehört zu der Sorte
Männer, die glauben, eine Frau sei so hingerissen von ihrem bloßen Da-Sein, daß sie sich
ansonsten keinerlei Mühe zu geben brauchen. 30 An anderer Stelle wird festgestellt, daß
viele Männer auf sexuellem Gebiet "so beklagenswert stumpfsinnig" seien, daß sich Frauen
aufgrund solch unerfreulicher Erfahrungen lieber dem eigenen Geschlecht zuwendeten.31
Das überkommene Leitbild vom Mann in der Rolle des durch (Sexual)Kraft Herrschenden
findet sich auch häufig in der von Männern verfaßten Literatur, ein Umstand, der - so
Autorin Worgitzky - darauf zurückzuführen ist, daß "die meisten Beischlafschilderungen von
den Wunschvorstellungen ihrer Erzeuger geprägt sind".32 Diese Beobachtung wird auch von
Literaturwissenschaftlerin Hirdina (1983) tm Rahmen eines Für—Dich-Literaturforums
beklagt. Als "exemplarischen Fall" nennt sie John Erpenbecks Der blaue Turm (1980).
Weibliches Fühlen erscheine hier bis in die Sprache hinein als peinliches Klischee. Die
Nacht mit dem Geliebten: "Das Wunder geschah, wir wurden wirklich eins, meinen Leib
pflügte er mit Kraft und Zärtlichkeit". "Nicht nur Kitsch, männlicher Herrschaftsanspruch
noch in der Wortwahl", empört sich Hirdina. Es scheine, als hätten Männer in ihren Bildern
von den Frauen eine fast biologistische Vorstellung. Es sei die "Natur" der Frau,
anschmiegsam zu sein, einfühlend und mitleidend, Mutter und zuständig für alle Wärme und
Menschlichkeit im Leben.33
Ob realistisch oder nicht: durch diese männlichen Vorstellungen fühlen viele Frauen
sich verunsichert und haben Angst, den Ansprüchen und Idealen nicht zu genügen. Ihre
Besorgnis ist zwar einerseits Ausdruck ihres mangelnden Selbstbewußtseins, andererseits
läßt sie aber auch auf den Druck schließen, bestehenden, propagierten oder angenommenen
männlichen Leitbildern entsprechen zu müssen. Diese Situation spitzt sich noch weiter zu,
wenn festgestellt werden muß, daß viele Männer in Bezug auf Frauen auf Äußerlichkeiten
großen Wert legen und an gewissen Schönheitswunschbildem festhalten. Eine ganze Reihe
der von Christine Müller (1986) interviewten Männer gaben zu Protokoll, daß sie Frauen
"vorwiegend nach dem Äußeren" beurteilten, auch wenn dies nicht zeitgemäß sei. Gutes
Aussehen allein reicht allerdings nicht. Der 28jährige Lehrer Henner meint nicht mit einer
Frau Zusammenleben zu können, die dümmer sei als er. An seinen Prioritäten läßt er jedoch
keine Zweifel aufkommen: "Ramona ist hübsch, sehr häuslich und intelligent. In dieser
Reihenfolge muß es stimmen."35 Der 30jährige Vulkaniseur Harald hat ähnliche
Vorstellungen:

Ja, mit den Frauen ist das nun mal so: Entweder sie sehen gut aus, dann sind
sie meistens nicht für den Haushalt. Oder sie sind keine Schönheiten, dafür
aber tüchtig.
Mein großer Bruder hat Glück gehabt, seine Frau arbeitet wie ein Mann.
Kochen kann sie auch prima, und nirgends darf ein Fussel liegen. Das wäre
eine Frau für mich. Aber ihre Beine, die stimmen nicht. Darauf lege ich
großen Wert. Die müssen gut gewachsen sein wie Monikas. Eine Frau, die
keine schönen Beine hat, finde ich zwar nicht unsympathisch, aber heiraten,
nee. Das Gesicht braucht gar nicht wie das von der Brigitte Bardot sein.
Hauptsache ist, die Beine stimmen.36

Ein 50jähriger Diplomökonom, zum zweiten Mal verheiratet, wirft Frauen in


339

Schönheitsfragen Nachlässigkeit vor:

Ich mag langes Haar, schöne schlanke Beine, zierliche Taille. Uta war mal so.
Inzwischen hat sich das leider geändert. Sie neigt zum Dickwerden, hält sich
aber beim Essen kein bißchen zurück. Ich kann diese Willenlosigkeit
überhaupt nicht verstehen. Die Frauen lassen sich in der Ehe wohl schneller
gehen als Männer. Oder ich habe eben zweimal Pech gehabt.37

Facharzt Herbert (45) fühlt sich von seiner übergewichtigen Frau angeekelt und
erlaubt sich Affairen, "weil sie so ’ne Walküre ist". Und er beklagt sich ziemlich brutal:
"Wie soll ich angesichts ihres Bauches und ihrer Titten nicht an eine zwölf Zentimeter dicke
Fettschicht denken?"38 In einer 1987 in Für Dich veranstalteten Leserdiskussion um gesunde
Lebensweise "Mit Spaß nach Maß" wurde gerade diese männliche Ansicht mehrfach
angeprangert. Das Problem der überflüssigen Pfunde bewege eigenartigerweise vor allem
Frauen, schrieb eine Leserin, Männer schienen sich mit ihren "Bierbäuchen” teilweise recht
wohl zu fühlen. "Ich glaube, das liegt auch daran, daß die Männer den Frauen gegenüber
(was die Figur betrifft) anspruchsvoller sind, wir aber noch häufig nach dem Spruch gehen:
'Ein Mann ohne Bauch ist ein Krüppel...’"39 Unter jüngeren Leserinnen scheint es für
solche Einstellungen jedoch weitaus weniger Verständnis zu geben. Ihre Aussagen lassen
auf wachsendes Selbstbewußtsein in diesem Bereich schließen:

Der Sommer bringt sie ans Sonnenlicht. Ich meine die Bäuche. Wenn ich mit
meiner Freundin - wir sind beide zwanzig - im Stadtbad bin, staune ich immer
wieder, wie viele junge Männer stolz ihren Bauch zur Schau stellen. Keine
Spur von Komplexen! Selbstgefällig trinken sie im Bad ein Bier nach dem
anderen. Zu Männern gehöre nun einmal ein Bauch und außerdem sei es kein
Fett - wie bei uns Frauen - sondern Muskeln zur Selbstverteidigung. Wer
kennt diese Sprüche nicht? Aber meine Freundin und ich ärgern uns über
solche Auffassungen. Die Frauen dieser Männer jedoch - man braucht nur
einmal in die Heiratsanzeigen zu schauen - sollen natürlich zierlich und
schlank sein. Na, ist das gerecht?40

Zwischen den Geschlechtern wird also noch immer mit zweierlei Maß gemessen,
Männer scheinen nach wie vor weniger bereit zu sein, sich um Gleichheit auf diesem Gebiet
zu bemühen, während sie von Frauen Kompromisse und Anstrengungen um (letztlich)
sexuelle Anziehung erwarten und mangelndes Bestreben kritisieren. Diese männliche
Erwartungshaltung schließt auch modisches Auftreten und die Nutzung von Kosmetika mit
ein. Helga Königsdorfs Erzählung "Die Wahrheit über Schorsch" macht deutlich, daß die
inneren Werte und das Selbstbewußtsein einer Frau weitaus wichtiger sind als diese reinen
Äußerlichkeiten.41 Die entsprechenden wöchentlichen Rubriken in Für Dich lassen jedoch
einerseits darauf schließen, daß ein Interesse an solchen Informationen besteht und Frauen
sich dazu gezwungen fühlen, diesen von ihnen erwarteten Vorstellungen nachzukommen,
andererseits tragen diese Beiträge selbst männlich geprägte Wunschbilder an die Leserinnen
heran und schaffen somit einen psychologischen Teufelskreis, dem man nur mit starker
Willenskraft entkommen kann. Schon Bebel (1879) merkte an, daß Frauenkleider ein
Zeichen von Abhängigkeit und Hilflosigkeit seien, Frauen das Gefühl der Schwäche
340

aufzwinge und sie feig mache.42 Auch der Kult um die immerwährende Jugend gehört in
diesen Bereich. Frauen, so stellt Trobadora Beatriz fest, sind "Opfer des Erfolgsterrors,
dessen Idol Jugend ist".43 Männer halten an diesen traditionellen Ansichten fest: "Eine
schöne Frau, die sich passend anziehen kann und Charme hat, vergleiche ich mit einem
Kunstwerk", kommentiert Diplombauingenieur Heiko (42). Und es wird davon
ausgegangen, daß Frauen ihr Schicksal in den eigenen Händen halten:

Dabei könnte mich eine Frau um den Finger wickeln, wenn sie nur ein
bißchen klug ist und es versteht, schöne Abende zu gestalten, sich reizvoll zu
kleiden und zurechtzumachen und auch in der Erotik für alles zu haben ist.
Eva sollte sie vor allem sein, das vermisse ich an den heutigen Frauen.44

Wie groß die Angst mancher Frauen sein kann, den Ansprüchen eines Mannes nicht
zu genügen, kommt in Marons Roman Flugasche (1981) zum Ausdruck:

Gleich werden seine Hände prüfend über Haut und Fleisch fahren, ob sie den
allgemeinen Ansprüchen auch standhalten, wird er auf Höhepunkte warten und
wird, bleiben sie aus, das Prädikat frigide oder anorgastisch registrieren. Von
mir bleibt nicht mehr als das Stück Frau, das unter der Decke liegt,
verkrampft vor Kälte und Anspannung.45

Vereinzelt werden von den Autorinnen allerdings durchaus verständnisvolle Männer


beschrieben und auch von männlicher Seite ist ab und an Einsicht zu verzeichnen. In Teil
I ist ausgeführt worden, daß es den Schriftstellerinnen darum geht, die Männer für ein
gemeinsames Streben um Emanzipation für beide Geschlechter zu gewinnen. Eine Analyse
des gegenwärtigen Stands der Entwicklungen auf diesem Gebiet erfolgt in Kapitel III. 16.
Positive Darstellungen von Männern sind z.B. in den Werken von Charlotte
Worgitzky zu finden. In ihrer Erzählung "Spielen" (1978) beschreibt die Autorin einen
Mann, der zwar äußerlich nicht ausgesprochen attraktiv ist, dem aber gerade aufgrund
dieses Mangels "die eitle Sicherheit fehlt, die oft Männer an sich haben, die meinen, es
genüge, wenn sie sich die Ehre geben, und die sich in primitivem Egoismus das Beste der
Liebe entgehen lassen: den Austausch, die Lust, dem anderen Lust zu bereiten, wodurch
sich die eigene erst richtig entfalten kann".46 Und auch der 35jährige Kinderarzt Lothar
weiß, daß es für viele Männer heute noch ein Problem ist, zuwenig über das Empfinden der
Frauen zu wissen, daß sie darum unsensibel reagieren. "Noch immer spukt das Nietzsche-
Zitat: ’Das Glück des Mannes heißt, ich will. Das Glück des Weibes heißt: er will’ in den
Köpfen so mancher Männer herum."47
Die Verweigerung von Intimitäten gerät der Frau jedoch ebenfalls zum Nachteil. Ein
50jähriger Diplomökonom, der glaubt, "nicht im mindesten" aufseine Kosten zu kommen,
droht seiner Frau mit Ehebruch: "Irgendwann werde ich eine Frau treffen und mich nicht
zurückhalten. Schon, um Uta zu erziehen."48 Solche Einstellungen stoßen bei Frauen auf
wenig Verständnis, manchmal auf Mitleid: "Diese ewigen Frauengeschichten, ich weiß
nicht, was er mir damit beweisen will. Es ist eben seine Art von Emanzipation, (...). Sie
führt in die Sackgasse, aber ihn interessiert das nicht, (,..)."49 Auch auf die in solchen
Aussagen weiterhin bestehende Doppelmoral wird aufmerksam gemacht. Worgitzky
kritisiert den von Männern aufrechterhaltenen "Don-Juan-Mythos", der angeblich von
341
großer Liebesfähigkeit zeugen soll, während die Anhänger dieses Glaubens von ihren
Frauen in der Liebe äußerste Zurückhaltung fordern.50 Eine FürDich-Leserin berichtet, daß
1u S1C daZU veranlaßte- einen ihr angebotenen (Einzel-) Ferienplatz abzulelmen,
obwohl er ihre Meinung, daß sie erholungsbedürftig sei, teilte: "Er erzählte immer wieder
(...) aus dem Kollegenkreis, aus seiner früheren Ehe, wo eine solche Entscheidung hinterher
vor allem Mißtrauen brachte, in einem Fall sogar zur Trennung führte, weil sich während
der Urlaubszeit eine Bekanntschaft ergeben hatte."51
--a Irmtraud Morgner macht in ihrer an ihre männlichen Leser adressierten
eidesstattlichen Erklärung", mit der sie sie zum Weiterlesen des Romans bewegen will
folgende recht sarkastische Bemerkung:

Denn im Gegensatz zum Mann, den Sie als differenziertes Wesen begreifen,
das dementsprechend differenziertere Bedürfnisse hat, empfinden die Frauen
als monolith. Weshalb Sie deren Kümmernisse, Schwierigkeiten oder
Schmerzen alle auf einen einzigen Mangel zurückführen. Und dieser einzige
optimale Mangel sind selbstverständlich Sie, geehrte Herren, brutal gesagt: Ihr
Mittelstück.52

Der männlichen Überheblichkeit sind nach wie vor keine Grenzen gesetzt. Morgner
kommt zu dem Schluß, daß es "noch eine ganze Weile dauern" wird, bis das weibliche
Geschlecht gelernt hat, "die Produktivkraft Sexualität souverän zu nutzen". Zuzüglich aller
frauenfreundlichen Maßnahmen und Gesetze habe die DDR durch die Aufhebung des
Abtreibungsverbots die rechtliche Gleichberechtigung verwirklicht. Auf dieser allein könne
sittliche Gleichberechtigung wachsen, denn verordnen könne man sie nicht, resümiert die
Autorin.53 Das es aber auch in den achtziger Jahren mit der "sittlichen Gleichberechtigung"
noch nicht weit her ist, konnte in Kapitel 11.11 aufgezeigt werden. In den dort
beschriebenen Werken wurde deutlich, daß das Recht auf Abtreibung nur in den wenigsten
Fällen frei und problemlos einklagbar ist.
In der sozialen Abwertung des weiblichen Geschlechts und der Herabsetzung seiner
intellektuellen und auch sexuellen Fähigkeiten durch deren Interpretation als
Naturgegebenheit sieht Dölling (1980) ein ausgezeichnetes Mittel, Macht- und
Autoritätsverhältnisse "im kleinen" zu etablieren und immer wieder zu reproduzieren. Dies
gelte für alle Gesellschaftsschichten und sei durch die - in gewisser Weise noch immer
gegebene,54 so sei hier eingefügt - wirtschaftliche Abhängigkeit der Frau möglich geworden.
Die noch bestehende Gegensätzlichkeit der Geschlechter verdecke die Teilung der
Gesellschaft in Klassen mit unterschiedlichen Interessen. Die Herrschaft des Mannes
erscheine als ein biologisches Faktum, das weder gesellschaftlich noch individuell der
Rechtfertigung bedürfe. Herrschaftsfähigkeit des Mannes werde so zu einer allgemeinen
Eigenschaft, es schienen nur graduelle Unterschiede, ob Herrschaft im ökonomischen und
politischen Bereich oder in der Familie, gegenüber Frau und Kindern ausgeübt werde. Für
den unterdrückten Mann sei Machtausübung in der Familie ein gut funktionierendes Ventil
für die im Ausbeutungsprozeß erfahrenen Situationen der Machtlosigkeit, der Unterordnung
und des Ausgeliefertseins.55 Da generell davon ausgegangen wird, daß im Sozialismus die
Ausbeutung des einzelnen im Arbeitsprozeß der Vergangenheit angehört, hat der Mann
somit die Rechtfertigung für sein patriarchalisches Verhalten eingebüßt. Umkehrt bedeutet
dies jedoch auch, daß von der weiteren Existenz dieses Verhaltens auf eine anhaltende
342

Unterdrückung des Mannes (und auch der Frau) geschlossen werden muß, daß also die
Verhältnisse im außerhäuslichen Bereich noch immer Mitauslöser der noch bestehenden
Ungleichheiten sind. Die SED konnte somit ihre Bemühungen in diesem Bereich, wie z.B.
in der Gesetzgebung, keinesfalls als abgeschlossen betrachten. Männer und Frauen müssen
sich auch von diesem Druck befreien, wenn sie die wahre Emanzipation und Gleichstellung
erreichen wollen. Dölling (1979) macht nachhaltig darauf aufmerksam, daß es sich auch bei
Sexualität um eine soziale und damit gesellschaftliche Beziehung handelt:

Wird Sexualität nicht im grundlegenden Sinne als soziales Verhältnis


begriffen, so bleiben die Bemühungen um Sexualaufklärung im wesentlichen
in der Information über biologische Ablaufprozesse, sexuelle Techniken,
Orgasmusfähigkeit usw. stecken. (...) Im Grunde wird damit - ungewollt - die
theoretische Konzeption der abstrakten Gegenüberstellung von Individuum und
Gesellschaft beibehalten.56

Beiträge in Für Dich bestätigen diese Auffassung. Einerseits rät Siegfried Schnabl,
DDR-Sexualtheoretiker von Rang und Namen, in der Rubrik "Ganz unter uns gesagt", daß
"normal ist, was beglückt"57 und klärt über "die häufigsten Irrtümer im Intimleben" auf.58
Andererseits wird in Leserzuschriften deutlich, daß solche, auf biologische Fakten
beschränkte Hinweise unzureichend sind. So schreibt die 14jährige Heike K.:

Ich bin 14 und mein Problem habe ich auch noch nicht unter der Rubrik
"Ganz unter uns gesagt" gefunden. Da gibt es sehr viel über Liebe und
Scheidung und sexuelle Dinge zu lesen. Was aber bei der ersten Liebe auf ein
Mädchen wirklich zukommt, davon kein Wort. Ich meine, rein biologisch und
sozusagen theoretisch ist mir schon alles klar. Aber wenn es dann wirklich
soweit ist, heißt es doch: Spring ins Wasser und schwimm los.(...)59

Auch Medizinprofessor Mehlan (1974), Fachmann auf dem Gebiet der


Familienplanung, Antikonzeption und Abortbekämpfung, weist darauf hin, daß die
Vermittlung der notwendigen Kenntnisse über Physiologie der Sexualität allein den jungen
Menschen noch nicht helfe, mit den "sie im Reifungsalter bedrängenden Gefühlen fertig zu
werden".69 Die Tendenz, daß Frauen die Widersprüchlichkeit des Kulturprozesses nur auf
der Ebene der Unmittelbarkeit erleben und psychisch diese Widersprüchlichkeit durch das
Gefühl der Minderwertigkeit, des subjektiven Versagens im Beruf, als Mutter, als Partnerin
"verarbeiten", muß abgebaut werden.61 Darum sei es notwendig, sich öffentlich über die
gesellschaftlichen Ursachen solcher als "privat” erlebten Konflikte zu verständigen, schließt
Dölling. Konflikte im Privatbereich und auch in der Intimsphäre werden somit zu
gesellschaftlichen Belangen. Damit wird dem Staat eine Verantwortung auch für die
Verhältnisse in diesen Bereichen zugeordnet. Die Familie, der die Reproduktion der
traditionellen und überkommenen Ansichten und Einstellungen angehängt werden, wird
dadurch der Funktion des "Sündenbocks" enthoben.
Im Bereich der Sexualität treten Tabuisierung und Prüderie allmählich hinter eine
Auseinandersetzung mit diesem menschlichen Lebensbereich zurück. Von einer Realisierung
der von Schnabl (1978) formulierten "sozialistischen Sexualmoral", die die freieste sei, die
es je gegeben habe, kann jedoch kaum die Rede sein.62 Sie sei "frei von Vorurteilen und
343

Tabus; frei vom Dogma, daß die sexuelle Lust an sich etwas Schlechtes sei, (...) frei von
der Bindung der sexuellen Bedürfnisbefriedigung an die Zeugungsabsicht; frei von der
Nötigung zur Hingabe aus ökonomischen oder anderen Motiven als Liebe; frei von der
Diffamierung vorehelicher Intimbeziehungen"; sie lasse allen die Freiheit der Partnerwahl,
nur dessen Zustimmung sei vorauszusetzen, ebenso wie die Freiheit, die Intimbeziehungen
so zu gestalten, wie sie von beiden gewünscht werden (...), schließlich biete diese Moral
Mann und Frau die gleichen sexuellen Freiheiten (...). Andere Formen der Partnerschaft
wurden in der DDR nie ernsthaft diskutiert, die Ehe wurde nie grundsätzlich in Zweifel
gezogen. Auseinandersetzungen über Lebensweise und Bewußtseinsentwicklung werden
häufig hinter die Veränderungen im ökonomischen Bereich zurückgestellt, "man setzt ein
Nacheinander, wo eigentlich Gleichzeitigkeit und Wechselwirkung vorhanden sein müßte”,
formuliert Schmitz (1983). Ihrer Meinung nach können Tabuisierung und fehlende
Auseinandersetzung dazu führen, daß Vorstellungen, die aus dem bürgerlichen Eheideal
herrühren, unreflektiert in das sozialistische übernommen werden. Die Postulate der
lebenslänglichen Bindung oder der Treue können beide Momente von Besitzdenken
enthalten, wenn keine Auseinandersetzung erfolgt.63 Gerade hiermit scheinen die Autorinnen
und die DDR-Frauen sich konfrontiert zu sehen.
Morgner sieht die Erotik als "die letzte Domäne der Männer". Auf allen anderen
Gebieten sprächen die Gesetze den Frauen Gleichberechtigung zu. Zu bedenken ist in
diesem Zusammenhang allerdings, daß, wie in diesem und auch den vorausgegangenen
Kapiteln bereits deutlich geworden ist, die Beziehungen zwischen Mann und Frau auf der
persönlichen Ebene, also auch und besonders in der Intimsphäre, ihr Verhalten und ihre
Einstellungen zueinander in allen anderen Lebensbereichen maßgeblich beeinflussen. Den
Männern jetzt schon die erotische Domäne zu nehmen, die letzte, die ihnen "hierzulande
offiziell zuerkannt" würde, hält Morgners Laura jedoch für taktisch unklug, weil die
Männer ihre von jahrtausendealten Traditionen anerzogenen autoritären Bedürfnisse auf die
Weise "am folgenärmsten" abreagieren könnten.64 Viele Frauen hielten sich an die Sitten
auf diesem Gebiet ohnehin nur noch wie "an eine Art Sprachregelung". Und ein Mann, der
seiner beruflich und finanziell unabhängigen Frau, die nebenbei die statistisch
durchschnittlichen achtzig Prozent der Hausarbeit und Kinderbetreung erledigt, vorgespielte
Unselbständigkeit und Schwäche ernstlich glaube, sei höchstens zu bedauern.65 Morgner
verkehrt durch diese Argumentation die bestehenden Verhältnisse für die Frauen ins
Positive. Indirekt wird hier deutlich: Wir lassen die Männer in dem Glauben, daß sie uns
noch immer beherrschen. Wir überlassen ihnen die erotische Domäne, weil sie damit so
sehr beschäftigt sind, daß sie an anderen Bereichen wenig Interesse haben, und in eben
diesen Bereichen müssen Veränderungen erzielt werden. Dem Mann muß die Sicherheit
dieser letzten Domäne gelassen werden, damit er nicht zu sehr verunsichert wird und sich
gegen jegliche Veränderungen zu wehren beginnt. Wandlungen in den Beziehungen
zwischen den Geschlechtern, d.h. das Anstreben einer auf Freundschaft basierenden
Gemeinsamkeit, werden schließlich auch den Intimbereich durchdringen und ein
gleichberechtigteres Miteinander mit sich bringen.

Letzten Endes kehrt auch Florians Frau Ruth in Andersons Geschlechter¬


tauschgeschichte "Dein für immer oder nie" den Spieß um: Sie trennt sich von ihrem Mann.
Als sie eine Beziehung zu einem anderen Mann aufnimmt ("er ist keine Sensation, (...) doch
er hilft seiner Frau, er besorgt die Wäsche und er kocht"),66 erkennt Florian ihre Qualitäten
344

und will sie durch die Übernahme von Haushaltspflichten und Anwendung moralischen
Drucks zurückgewinnen ("Sie ist die Mutter meiner Kinder!").67 Ruth hat aber seine
Grenzen erkannt und es erscheint unwahrscheinlich, daß sie sich jemals wieder mit Florian
einlassen wird.
Florians Freundin Alyda erkennt, daß Ruth, die mit ihrer Hilfe betrogene Ehefrau,
ihr wesentliche Erkenntnisse über Florian und seine Schwächen voraus hat. Ihre Beziehung
zu ihm verschlechtert sich zusehends, da dieser sich immer mehr auf sein eigenes Leid
konzentriert, ohne nach Auswegen zu suchen. Alyda steigert sich so sehr in das
Selbstmitleid Florians herein, daß sie sich innerlich nicht mehr von ihm abtrennen kann:
"Ich wußte kaum, welcher von uns welcher war, so versunken war ich in die Betrachtung
seines letzten Zustandes."68 Diese Konzentration auf ein männliches Wesen ruft ihre
Umwandlung hervor. Sie versucht, sich Florian mitzuteilen, findet ihn aber nicht zu Hause,
sondern in einer Wohnung, die er mit einem jungen Mädchen und ihrem Baby teilt.
Daraufhin gibt sie ihn endgültig auf. Ihr Angebot an ihre beste Freundin Ottilie, nun eine
"menschenwürdige" Gemeinschaft zu bilden, wird von dieser abgelehnt.69
Es bleibt als Fazit festzuhalten, daß auf dem Gebiet der Sexualität noch einiges im
Argen liegt, das nach Marx "natürlichste Verhältnis" hat sich, geht man von den
literarischen Beschreibungen aus, noch nicht einmal ansatzweise verändert, es ist auf keinen
Fall "menschlich" geworden.70 Frauen bilden gerade hier nach wie vor das "Jagdobjekt",
das beherrscht und unterworfen werden muß. Männer hängen dem Glauben an, daß ihr
''Mittelstück" (Morgner, 1974), ihr "Herrschaftszepter" (Morgner, 1983), ihnen das Recht
zur Unterdrückung gibt.71 Man kann sie in diesem Glauben lassen, man kann aber auch
versuchen, sich diesem zu entziehen. Letztere Möglichkeit bildet das Thema des folgenden
Kapitels.

Fußnoten

1 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 399.
2 Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 455.
3 Zitiert nach ebenda
4 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In: Dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 129.
5 ebenda
6 ebenda
7 Vgl. hierzu Kapitel 11.4 und 11.5.
8 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In: Dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 130.
9 ebenda
10 ebenda, Seite 134
11 ebenda, Seite 151
12 ebenda, Seite 152
13 ebenda, Seite 151
14 Vgl. z.B. Königsdorf, Helga: Bolero.-In: Hochzeitstag in Pizunda. Berlin und Weimar: 1986. Seite 26-32.
15 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In: Dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 144f.
16 ebenda, Seite 139
17 ebenda, Seite 148
18 ebenda, Seite 140
19 ebenda. Seite 140f.
345

20 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 20f.
21 ebenda, Seite 111
22 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 23. Morgner, Irmtraud:
Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 115. Wie verschieden
die Ansichten der Geschlechter in diesem Punkt sind, wird in Christa Grasmeyers Verliebt auf eigene
Gefahr (1984) deutlich: "Berauscht von ihrer Abwehr, wirft er sie auf den Rücken. Ihre starr geöffneten
Augen lassen ihn zwar ahnen, daß er sie nicht nur weit zurückläßt, sondern wahrhaftig gegen ihren Willen
überwältigt, aber sich zu bremsen ist er nicht imstande. Nachher bittet er sie um Verzeihung. Lächelnd
und ein bißchen zerknirscht versucht er ihr zu erklären, wieso er auf einmal die Beherrschung verloren
hat. "Ich hab das schon mit Jürgen erlebt", sagt sie. (...) "Ja", bekräftigt sie, "Jürgen war genauso frech
und dreist." "Frech und dreist?" wiederholt er. Den Vorwurf der Rücksichtslosigkeit würde er verstehen,
sogar den der Brutalität. Über das Urteil, er sei frech und dreist gewesen, will fast ein Lächeln in ihm
aufsteigen." Aus: Verliebt auf eigene Gefahr. Berlin (DDR): 1986. Seite 168. Ähnliche Erfahrungen
werden in Wiens, Maja: Traumgrenzen (Berlin (DDR): 1985. Seite 119) und Wander, Maxie: "Guten
Morgen, du Schöne" (Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 20) geschildert.
23 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 132. Vgl. auch: Sprigath, Gabriele:
Frauen und Männer in der Wirklichkeit der Kunst. Kürbiskern, 1983, Nr. 4, Seite 147-154. Hier Seite
149.
24 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 132.
25 Wolf, Christa: Kassandra. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 137.
26 ebenda
27 ebenda, Seite 156
28 Worgitzky, Charlotte: Karriere abgesagt.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 81.
29 Morgner. Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.,.. Berlin und Weimar: 1987. Seite 56.
30 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 238. Vgl. hiezu auch
Kautz, Christine: Sonnabend.-In: Heidtmann, Horst (Hrsg.): Im Kreislauf der Windeln. Frauenprosa aus
der DDR. Weinheim und Basel: Beltz Verlag 2. Auflage 1983. Seite 188. Hier beschreibt die Autorin das
bedrückende allwöchentliche Eheritual, vor dem ihre Protagonistin sich fürchtet. Sie weiß schon im
vornherein, daß Werner nach dem Essen "die obligatorische Flasche Wein aus dem Schrank holt", die
"Kleine Nachtmusik" auflegt und kurz darauf seine Frau "Schätzchen" nennt: "Mechanisch und lustlos
ziehe ich mich aus und lege mich hin... Programmierte, phantasielose Sexualität. Liebe nach Plan. Ich
fühle mich wie ein Computer, der mit einem Glas Rotwein, ein paar Sätzen aus Köchelverzeichnis 525
und ein paar Worten wie: "Geh ins Bett, Schätzchen, ich komme gleich" gefüttert wird und der daraufhin
ein bißchen "Libido" und ein paar Minuten "Sexualmotorik" ausspuckt. ” Siehe auch: Huffzky, Karin: Im
Kreislauf der Windeln. Frauenprosa aus der DDR. Die Zeit. 25.März 1983, Nr. 13, Literatur 3.
31 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 236.
32 ebenda, Seite 26
33 Hirdina, Karin: Worüber Frauen schreiben. Für Dich. 1983, Nr. 29, Seite 9-11. Hier Seite 10.
Erpenbeck, John: Der blaue Turm. Haale (Saale und Leipzig: 1980. Seite 148.
34 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 150.
35 ebenda
36 ebenda, Seite 45f.
37 ebenda, Seite 58
38 ebenda, Seite 15
39 Leichsenring, Angelika: Bewegt es nur die Frauen? Beitrag zur Für Dich-Leserdiskussion "Mit Spaß nach
Maß". Für Dich. 1987, Nr. 31, Seite 28.
40 Kliebe, Anita: Muskeln zur Selbstverteidigung? Ebenda.
41 Königsdorf, Helga: Die Wahrheit über Schorsch.-In: Der Lauf der Dinge. Berlin und Weimar: 1982.
Seite 41 f.
42 Bebel, August: Die Frau und der Sozialismus. Zitiert nach Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen
Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 76f.
43 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 298.
Vgl. auch Seite 565 und 574.
44 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 111 und 112.
45 Maron, Monika: Flugasche. Frankfurt (Main): 1981. Seite 26.
46 Worgitzky, Charlotte: Spielen.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 161.
346
47 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 74f.
48 ebenda, Seite 171
49 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 23.
50 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 161 f.
51 Schmerbach, Maria: Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. Ihr Rat ist gefragt. Zuschrift Nr. 1: Allein
in den Urlaub? (Brigitte Schulze, Berlin). Für Dich. 1987, Nr. 45, Seite 46. In den Leserzuschriften zu
diesem Diskussionsthema sprachen sich rund drei Viertel der Briefschreiber für Brigitte Schulze aus. Sie
hätte sich durchsetzen sollen, denn ohne Vertrauen könne keine Ehe existieren. Gefragt wird, ob der
Mann in einer solchen Situation "einen Pflock zurückgesteckt'’ hätte. "Er denkt doch wirklich, daß sich
seine Frau in ein Abenteuer stürzen will. Das gibt es ein Sprichwort, über das er einmal nachdenken
sollte: Was ich selber denk und tu’, trau' ich auch den andern zu", entrüstet sich eine Leserin. Eine
andere fügt hinzu: "Man braucht ja nicht erst eine Reise, um einen Seitensprung machen zu können."
In den Zuschriften, die Herrn Schulze rechtgeben, geht es nur einmal um ihn selbst: "Frau S. hat gut
daran getan, den Platz zurückzugeben. Schon viele Ehen sind an solchen Situationen gescheitert. (...) Sie
sollte es lieber lernen, die Gefühle ihres Mannes zu respektieren, sonst muß sie bald allein in Urlaub
fahren." Die anderen Leserinnen, die sich gegen Frau Schulze aussprechen, tun dies wegen der Kinder,
wegen der sowieso schon knapp bemessenen Familienfreizeit.
52 Morgner, Inntraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 151.
53 ebenda, Seite 518
54 Diese Auffassung erscheint trotz aller finanziellen sozialpolitischen Maßnahmen berechtigt wenn man
bedenkt, daß viele Frauen sich als "Mitverdiener" verstehen und ihren Lohn, nicht zuletzt aufgrund seiner
geringeren Höhe im Vergleich zu dem des Mannes, als Zweiteinkommen.
55 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 75.
56 Dölling, Irene: Naturwesen - Individuum - Persönlichkeit. Die Menschen und ihre biologische
Konstitution in der marxistisch-leninistischen Kulturtheorie. Berlin (DDR): Deutscher Verlag der
Wissenschaften 1979. Seite 57. Dölling vermißt in den sexualwissenschaftlichen Publikationen der DDR
eine "wirklich historisch materialistische Erklärung der Sexualität". Der Mangel an philosophischen und
kulturtheoretischen Konzeptionen für individuelles Verhalten bestehe unter anderem im fehlenden
Verständnis für die Einheitlichkeit, Ganzheitlichkeit des individuellen Lebensprozesses und des
individuellem psychischen Bestehens Wenn überhaupt, dann tauche Sexualität als ein Bereich
individuellen Verhaltens auf, der ein gesondertes Dasein neben anderen sozialen Betätigungsweisen friste.
Die Individuen führten in diesen Konzeptionen ein gespaltenes Leben: Auf der einen Seite arbeitetn sie,
betätigten sich politisch, eigneten sich Kunst an usw., auf der anderen Seite befriedigten sie ihre sexuellen
Bedürfnisse, und das eine habe mit dem anderen weder im praktischen Leben noch in der Psyche der
Individuen etwas zu tun. Schon die Frage, ob ein Zusammenhang zwischen diesen verschiedenen
Lebensäußerungen der Individuen bestehe, werde oftmals verworfen oder als Problem gar nicht erkannt.
Der sozialen Revolution werde als Alternative die "sexuelle Revolution" gegenübergestellt und sich damit
die Ablehnung der Fragestellung leichtgemacht. Vgl. ebenda, Seite 57f.
57 Schnabl, Siegfried: Normal ist, was beglückt. Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. Für Dich. 1984,
Nr. 36, Seite 46.
58 Schnabl, Siegfried: Die häufigsten Irrtümer im Intimleben. Rubrik Guter Rat -Ganz unter uns gesagt. Für
Dich. 1987, Nr. 41, Seite 46. Für Dich startete 1988 eine neue Serie: "Liebe von A-Z" von Prof. Dr.
Dr. Hans Szewczyk. Die erste Folge wurde publiziert in: Für Dich. 1988, Nr. 6, Seite 46.
59 Schmerbach, Maria: Rubrik Guter Rat - Ganz unter uns gesagt. Ihr Rat ist gefragt. Zuschrift Nr. 4: Angst
vor der ersten Liebe (Heike K., Dresden). Für Dich. 1987, Nr. 45, Seite 46.
60 Mehlan, Karl-Heinz: Wunschkinder? Rudolstadt (DDR): 1974. Seite 220. Siehe auch Köhler, Regina:
Aufklärung allein ist zu wenig. Teil I und II. Rubrik Guter Rat - Pädagogik. Für Dich. 1985, Nr. 47 und
48, jeweils Seite 4L
61 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 79.
62 Schnabl, Siegfried: Intimverhalten. Sexualstörungen. Persönlichkeit. Berlin (DDR): Verlag Volk und
Gesundheit 1978. Seite 29.
63 Schmitz, Dorothee: Weibliche Selbstentwürfe und männliche Bilder. Frankfurt (Main): 1983. Seite 94f.
64 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz..,. Berlin und Weimar: 1987. Seite 173
und 249.
65 ebenda, Seite 249f.
66 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In: Dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
347
Seite 156.
67 ebenda, Seite 157
68 ebenda, Seite 159
69 ebenda, Seite 165. Vgl. auch Kapitel II.8
70 Zitiert nach Kulturpolitisches Wörterbuch. Berlin (DDR): 1978. Seite 455.
71 Morgner. Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 151.
Dies.: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 38.
348

III.15 "Dem weiblichen Geschlecht bleibt überhaupt nur ein


Fluchtweg, der nach vorn" -
Alleinleben als Ausweg ?

Emanzipation für Männer und Frauen, ein gleichberechtigtes Miteinander kann - so


schließen die kritischen Schriftstellerinnen - nur von beiden Geschlechtern durch ein
gemeinsames Bemühen um positivere Beziehungen gewonnen werden. Der "Austieg" ins
Alleinleben wird durchaus als Möglichkeit dargestellt, will aber wohlbedacht sein.
In Morgners "Gute Botschaft der Valeska in 73 Strophen" (1983) hat die
Protagonistin ihren Freund zwar geheiratet, lebt aber nicht mit ihm zusammen. Dadurch ist
es ihr möglich, seine allgemeinen Umgangsformen, die sie als "herrscherlich" bezeichnet,
zu übersehen, nicht nur weil sie die "besonderen" (d.h. wünschenwerten) kannte, sondern
auch weil sie ihn selten sah. Im intimen Bereich konnte er ohne die Vorstellung, die Frau
unterwerfen zu müssen, auskommen, in der Liebe war Rudolf "schön im utopischen Sinn",
also seiner Generation um einiges voraus. Diese "Kostbarkeit" will Valeska sich nicht vom
"Geröll eingeschliffener Gewohnheiten" verschütten lassen, denn sie weiß, daß es
Freundschaft nur unter Gleichen geben kann, "und erotische Freundschaft blieb bestenfalls
übrig, wenn die Liebesfeuer versunken waren”. Und auch diese trifft nur zu, wenn Rudolf
sie als Person liebte, und nicht nur als Vertreterin ihrer Art.1
Valeska, durch den von ihr selbst formulierten Wunsch, ein Mann zu sein, in einen
solchen verwandelt, nimmt diese Schickung nahezu mit Gelassenheit auf sich, auch wenn
sie ihre Ausstattung mit einem männlichen Geschlechtsorgan wie ein "übler Scherz"
anmutet. Angesichts dieses "Gewächses, worauf Legionen von Mythen und Machttheorien
gründeten", des "Beweisstücks für Auserwähltsein, Schlüssel für privilegiertes Leben,
Herrschaftszepter", das sich nun als "etwas Fleisch mit runzliger, bestenfalls blutgeblähter
Haut" darstellt, bricht sie in unmäßiges Gelächter aus.2 Sie vermutet hinter der
Umwandlung einen zauberischen Racheakt Rudolfs, als Vergeltung für ihre Kritik an seiner
Haushaltsführung, die das Einkäufen von Lebensmitteln nicht einschließt. Rudolf erklärte
ihr, daß Einkäufen einen Wissenschaftler wie ihn selbst nicht interessieren dürfe. Als er
Valeska wenig später akademischen Besuch ins Haus brachte, entschuldigte sie das fehlende
Abendbrot mit der Bemerkung, Wissenschaftler zu sein. Rudolf stellte daraufhin giftig fest,
daß er Frauen mit Allüren nicht ausstehen könne, worauf Valeska ihm antwortete: "Wenn
dir ein Mann mit Allüren angenehmer ist, habe ich nichts dagegen, mich als solchen zu
betrachten." Die Umwandlung erscheint ihr darum als ein Gegenschlag.3
Diese wird von anderen Frauen als eine "gute Botschaft" aufgefaßt.4 Valeska wird
zu einem Mann, dem man nicht etwas vorlügen muß, um sich als "Vollblutfrau" zu
beweisen und er bezichtigt intelligente Frauen nicht der "Blaustrümpfigkeit, die
Vollblutmänner wie die Pest hassen",5 sein "weibliches" Verständnis für die Situation der
Frau bleibt ihm also erhalten. Als Rudolf mit Valeskas "Verkleidung" konfrontiert wird,
ist er - wie auch Alfred in Sarah Kirschs Geschlechtertauschgeschichte - bereit, sie als
gleichberechtigte/r Partner/in zu akzeptieren, beiden wird klar, daß sie den anderen -
unabhängig vom Geschlecht -lieben. Diesen Moment beschreibt Morgner in drei ihrer
Kurzkapitel in einem Erzählstil, der an eine Mischung aus Märchen und Bibel erinnert:

68
Da erkannten sie, daß sie notfalls die Bilder entbehren konnten, die sie sich
349

voneinander und die andere für sie gemacht hatten.


69
Da wußten sie, daß sie einander liebten. Persönlich - Wunder über Wunder.
70
Und sie gaben ihre Wohnungen auf und bezogen eine gemeinsame. Und sie
lebten drin in idealen ehelichen Zuständen.6

"Und Gott betrachtete sein Werk und sah, daß es gut war", möchte man als Leser
unwillkürlich fortfahren, und auf diese Erkenntnis kommt es Morgner wohl auch an. Nur
durch die gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Mann und Frau ist die "Seligkeit" zu
erreichen. Die Geschichte endet also mit einer positiven Note. In Morgners Geschichte wird
auch die Fortsetzung der erotischen Beziehung erzielt: Valeska macht dazu eine
entscheidende Konzession: "um die landläufigen moralischen Vorstellungen nicht zu
verletzen, legte Valeska übrigens die männliche Körperform während des Beischlafs
vorübergehend ab."7 In dieser Konzession sieht Emmerich (1978) eine "einfache,
pragmatische Lehre". Morgner geht es um eine Verwandlung der Männer, und um diese
zu erreichen, ist ihr jedes Mittel, auch das der "travestierenden Vorspiegelung falscher
Tatsachen" recht. Sie kommt zu dem Schluß: "... die Menschen glauben große Wahrheiten
eher in unwahrscheinlichen Gewändern." Gesellschaftlich verallgemeinert bedeutet dies, daß
die Individuen einer Gesellschaft, die sozialistisch werden soll, erfinderisch sein, Phantasie
entwickeln und sich den ästhetischen Schein zunutze machen müssen, wo normierende
Vorschriften, rationale Argumentation und andere Überzeugungsmittel des Kopfes
versagen.8 Die Autorin ist bereit, "für die Verbreitung der Lehre Wunder zu tun". Einige
habe sie schon eingeübt, sie könne auf den Haaren laufen, Regen machen und Brote
vervielfältigen: "Bestünde Aussicht, daß ich die Mehrheit der Frauen für eine
vorübergehende Verwandlung gewinnen könnte, falls ich mich ans Kreuz schlagen ließe,
wäre mir vielleicht auch dieses Mittel recht. "9
Erwähnt wird noch, daß Rudolf manchmal darauf hofft, daß Valeska, wenn sie sich
zum Intimverkehr mittels einer Baldriantinktur wieder für kurze Zeit in eine Frau
zurückverwandelt, diesen Zustand etwas länger anhalten lassen möge, weil er sich durch
dieses gleichberechtigte Miteinander und den Verlust seiner "Herrlichkeit” überfordert fühlt,
eine Anmerkung, die in diesem Zusammenhang zum Schmunzeln veranlaßt. Die Tatsache,
daß andere Frauen, die sich mit Hilfe von Valeska Beschreibung "der guten Botschaft"
ebenfalls in Männer umwandeln, läßt vermuten, daß hier ein Prozeß in Gang gesetzt wurde,
der sich schnell weiterverbreiten soll und wird.10 Da den Rezipienten ein physisches Folgen
nicht möglich ist, verbleibt ihnen nur das Nachvollziehen der von Morgner vorgelegten
Gedankengänge. Und gerade um diese Anregung geht es der Autorin.
Emmerich (1978) deutet zu Recht daraufhin, daß Morgner und auch Kirsch Irritation
erzeugen wollen, unaufgelöste Widersprüche hartnäckig und sinnlich anschaulich festhalten
und nicht wegharmonisieren, wie es einige ihrer Kritiker gern hätten.“ Morgners
künstlerisches Verfahren in ihrem Roman Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz...
(1974) wird noch überzeugender dadurch, daß sie drei Heldinnen neben- und durcheinander
agieren läßt, deren je individueller Umgang mit den Problemen der Emanzipation und je
individuelle Selbstfindung und -verwirkli-chung zu vergleichenden Reflexionen einlädt: hier
die Trobadora, die mit ihrer mittelalterlich-historischen Identität und ihren hochfliegenden
Ideen in der beengten Realität der DDR nur partiell zurechtkommt und einen signifikanten
350

Tod stirbt,12 dort Valeska, die ihre wissenschaftlich-beruflichen und erotischen Ansprüche
nur vermittels des wunderbaren transsexualistischen Kompromisses in Einklang zu bringen
mag; und da schließlich Laura Salman - Diplomgermanistin, Bauarbeiterin,
Straßenbahnfahrerin, Mutter und "Spielfrau" - zweifellos die bodenständigste,
realitätstüchtigste der drei Frauen, der es dann auch schrittweise gelingt, ihre zunächst im
Traum angesiedelte Liebesbeziehung zu dem nicht-chauvinistischen, utopischen Mann Benno
Pakulat in der Alltagsrealität zu verankern.
Das gleichberechtigte Bemühen um optimale Beziehungen führt zum gewünschten
Ergebnis, weder die Ausschließung des anderen Geschlechts, noch der einseitige Versuch
bringt Erfolg. Viele der Autorinnen machen in ihren Schriften deutlich, daß Freundschaft
keinesfalls durch Unterordnung eines Partners (meist der Frau) erreicht werden kann. In
Hannelore Fritzkes Über Wolken scheint immer die Sonne (1982) konstatiert die Malerin
Anna:

Ich kann mit keinem Mann leben. Meine waren bisher so mit sich selbst
fertig, die brauchten keinen Partner. Die brauchten Make up, schmückendes
Beiwerk, dazu bin ich mir nun endlich zu schade, mal aufgelegt, mal abgelegt
zu werden.13

In Andersons Geschichte klingt ebenfalls an, daß Unterwürfigkeit, in welchem Maß


auch immer, nicht zur Erreichung des angestrebten Ziels gereichen kann. Frauen brauchen
Selbstbewußtsein, um als ebenbürtige Partner neben dem Mann zu stehen. Eine ganze
Anzahl von Schriftstellerinnen gibt dieser Überzeugung Ausdruck. So heißt es in Elke
Willkomms Hexensommer (1984):

Übereinstimmung ist doch nichts, dessen man sich ein für alle mal sicher sein
kann, sagte sie. Ich glaube, sie muß sogar immer wieder in Frage gestellt
werden. Allerdings darf man sie sich nicht erkaufen mit Selbstaufgabe, auch
nicht erschleichen durch Selbsttäuschungen, dann hätte sie mit dem Glück
nichts zu tun.14

Worgitzky stellt fest, daß wer zuviel an sich selbst zweifele, auch von anderen
bezweifelt werde,15 und Andersons Alyda konstatiert, daß "ständiger Umgang mit Nullen"
Menschen, die um ihren Status besorgt seien, anderswo Bestätigung suchen läßt.16 Wer sich
also selbst ständig erniedrigt, wird dafür keineswegs garantiert mit ewigwährender Liebe
und Treue belohnt, sondern untergräbt seinen eigenen Wert, nicht nur vor sich selbst,
sondern auch in den Augen seiner Mitmenschen. Kritisiert wird vor allem die Beobachtung,
daß einige Frauen nur aus (eingebildeter) Hilflosigkeit heiraten, aus einer Schwäche heraus,
die sie vor der Umwelt und manchmal sogar vor sich selbst verbergen möchten. Sie sind
den Mühen eines unabhängigen Lebens nicht gewachsen, sie haben "schmale Schultern",
wie Protagonistin Josefa ihre Kollegin Ulrike, die in eben diese Kategorie fällt, in Monika
Marons Roman Flugasche (1981) bezeichnet. Ulrike brach nach ihrer Scheidung zusammen
und "fiel auseinander", "nichts Sichtbares blieb damals an Ulrike, wie es war". Die sonst
so mädchenhafte Frau schminkte sich nun grell, trug auffällige Kleidung und stellte eine
"schrille künstliche Munterkeit" zur Schau, die bei ihren Kollegen jedoch nur
Fassungslosigkeit und Widerwillen auslöste.
351

Ulrike kämpfte um eine neue Persönlichkeit. Ihre angestrengten


Emanzipationsversuche erschöpften sich in grellen Äußerlichkeiten und
demonstrativen Kneipenbesuchen. (...) Bei jeder Gelegenheit erging sie sich,
zu oft, um es tatsächlich so zu empfinden, über das unbekannte Glück der
Freiheit, das sie nun kennenlemen und genießen wolle. Meistens endeten ihre
Ausflüge in die Freiheit in fürchterlichen Weinkrämpfen.17

Dieser Zustand, so berichtet Josefa, dauerte ein Jahr, bis Ulrike einen neuen Mann
fand, den sie drei Monate später heiratete. Jetzt sehe sie wieder aus wie früher, kokettiere
mit ihrer ehelichen Würde und scheine glücklich zu sein, obwohl dieser neue Mann
erklärterweise nicht die große Liebe sei. "Aber Ulrike wird wohl weniger durch die Liebe
glücklich als durch die Ehe."18 Josefa selbst hat sich nach ihrer mißlungenen Ehe dazu
entschlossen, allein zu leben. Aber sie erkennt an, daß nicht jede Frau zu einem solchen
Leben geeignet oder fähig ist. Sie gesteht sich selbst ein, daß sie sofort wieder heiraten
würde, wenn sie "so schmale Schultern wie Ulrike" hätte.19 Müßte sie nicht ihre "breiten
eckigen Schultern” (ein Sinnbild für Unabhängigkeit, Stärke, vielleicht sogar "Männlichkeit"
im althergebrachten Sinn) mit sich herumschleppen, die dazu animierten, freundschaftlich
darauf herumzuklopfen, könne sie sich wie Ulrike durch Heirat der Verantwortung für sich
entziehen.20

Hier hast du sie, würde ich zum Meinmann sagen. Und wäre ich nach zehn
Jahren nicht glücklich oder hätte mich nicht beruflich qualifiziert, würde ich
sagen, er sei schuld, hätte mein Vertrauen enttäuscht und sei seiner
Verantwortung nicht genügend nachgekommen. So aber muß ich armer
Mensch selbst für mein Glück sorgen, muß meine Grenzen als solche
akzeptieren. Ich darf nicht mit leichtem Seufzen und verklärter Erinnerung
darauf verweisen, was aus mir alles hätte werden können, hätte ich nicht so
selbstlos und aufopferungsvoll Studium und Karriere des Meinmanns
unterstützt. Niemand außer mir ist zuständig für meine Unfähigkeiten. Weil
ich so breite Schultern habe.21

Josefa will nicht wie Ulrike einem anderen die Verantwortung für ihr eigenes Leben
überlassen oder willentlich übertragen, sie will "ihr eigener Herr” sein. Sie weiß um die
Nachteile, die ihr aus diesem Entschluß entstehen, aber sie sucht keine Ausrede für ihre
eigenen Unzulänglichkeiten, keinen Sündenbock für von ihr begangene Fehler. Sie hat ihr
Alleinsein bewußt auf sich genommen, um die Verantwortung für sich selbst voll
übernehmen zu können. Josefa will "kein siamesischer Zwilling sein, der nur zweiköpfig
denken kann, vierfüßig tanzen, zweistimmig entscheiden und einherzig fühlen".22 Diese
Auffassung wird von vielen der Schriftstellerinnen in ihren Werken propagiert: die bewußte
Entscheidung zu einem eigenverantwortlichen Leben. Die Frage, ob dieses Ziel mit oder
ohne Mann zu erreichen ist, bleibt dabei offen, denn es handelt sich dabei um eine Aufgabe,
die in den einzelnen Partnerschaften individuell gelöst werden muß. Dieses Problem wird
noch deutlicher, wenn z.B. "Steffi M., 37, Hausfrau, verheiratet, ein Kind" zu Protokoll
gibt:

...ich bin keine emanzipierte Frau! Ich will überhaupt nicht gleichberechtigt
352

sein, ich will meine Rechte als Frau auskosten. (...) Nein, der Mann muß was
auf sich nehmen, der muß von vornherein akzeptieren, daß er der Stärkere ist.
Und er muß auch eine Idee besser sein, eine Idee intelligenter sein. Ich bin
so richtig altmodisch, nicht?23

Es stellt sich hier die Frage, ob Steffi durch die Erfahrung realer Widersprüche bei
der Realisierung von eigenen und anderen Emanzipationsansprüchen, die ihr zu konfliktreich
erscheinen, zu einer solchen Lebensmaxime kommt. Greift sie zu diesem Bild, weil kein
anderes vorhanden ist, oder läßt sie sich dazu verleiten, an Gewohntem festzuhalten?
Dölling (1980) schließt, daß Steffi, indem sie ihre Ablehnung eines möglichen emanzipierten
Daseins durch die betonte Berufung auf traditionelle Männer- und Frauenbilder artikuliert,
der Tatsache, daß sie "patriarchalischem Denken" als Moment einer historisch gewordenen
Struktur des individuellen Lebensprozesses verhaftet ist, offen Ausdruck gibt.24 Der Fehler
liegt also häufig bei den Frauen selbst, die sich -- ebenso wie viele Männer - noch von den
traditionellen Männer- und Frauenbildem lösen müssen. Das Problem der Rollenprägung
wird in Kapitel III. 16 noch detaillierter auszuführen sein.

Die Autorinnen machen ebenfalls darauf aufmerksam, daß auch übermäßige


Anpassung und ständiges Nachgeben aus Angst vor Einsamkeit in Bezug auf Partnerschaften
keineswegs zum ersehnten, sondern höchstens zu recht zweifelhaftem Erfolg führen. Diese
Tatsache wird von Ingrid Johannis in Das siebente Brennesselhemd (1986) eindrucksvoll
dargelegt. Hier vertraut eine alleinstehende Frau, Hochschulabsolventin, Mutter von zwei
Kindern, geschieden, ihrem Tagebuch an, worüber sie nicht sprechen kann und will: Ihre
auf mangelndem Selbstbewußtsein basierende Alkoholabhängigkeit, den Partner, der sie im
Stich gelassen hat, die Abstinenzerscheinungen, ihre Angst vor einem Rückfall, ihre
Sehnsucht nach Geborgenheit und Liebe. Sie beginnt nachzudenken über sich und ihr Leben
und begreift: ein Brennesselhemd, das sie erlösen würde, kann niemand ihr flechten, das
ist nur im Andersenmärchen so, die Erlösung, die Lösung aus der Abhängigkeit von
Alkohol und auch von Männern liegt allein in ihrer Hand.
Die Ich-Erzählerin hat Martin, ihre "große Liebe", verloren, weil er nicht wie sie
auf Alkohol verzichten wollte. Die Protagonistin versucht, mit Hilfe einer Beratungsgruppe
"trocken" zu werden, es geht, wie sie in ihr Tagebuch schreibt, ums Überleben.25 Ihr Leben
ohne Alkohol fallt also mit dem Beginn eines Lebens ohne Mann zusammen, was die
Situation nicht erleichtert. Andererseits ist ihr bewußt, daß sie das Ziel Abstinenz mit
Martin nie geschafft hätte. Es folgt der tägliche Kampf gegen die Versuchung, eine Affaire
mit einem verheiratetem Mann, der ihr jedoch nicht die Zuwendung geben kann und will,
die sie braucht. Schließlich gibt sie eine Heiratsanzeige auf. Unter den acht sehnlichst
erwarteten Antworten befindet sich eine, die ihr vielversprechend erscheint: "1,70 Meter
ist klein, 62 Kilogramm ist leicht, handlicher Mann. Diplomingenieur. Geschieden, zwei
erwachsene Töchter."26 Eine sexuelle Beziehung ist schnell etabliert, aber außerhalb des
Bettes stellt sich die Zufriedenheit nicht so schnell und auch nicht so nachhaltig ein.
Dennoch will sie nicht aufgeben und sucht nach Entschuldigungen für ihr weiteres Bemühen
um die Erhaltung dieser Beziehung:

Wenn er es aufs Bett reduziert, bitte, dann mache ich es ebenso. Aber
irgendwie bin ich ein bißchen sauer und enttäuscht. Vielleicht, weil ich von
353

der Stichflamme mit Martin ausgehe. Hier brennt’s nur, wenn man immer
wieder nachlegt. Vielleicht hängt meine trübe Stimmung auch mit meiner
Erkältung zusammen. Erst mal drüber schlafen.27

Obwohl sie weiter an ihm festhält, kann sie innerlich nicht zu ihm finden. In ihren
Aufzeichnungen spricht sie stets von "Herrn Loschewski", es fällt ihr schwer, ihn bei
seinem Vornamen zu nennen.28 Die gewünschte Vertrautheit will sich nicht einstellen:
"Eigentlich könnte ich Herrn Loschewski sogar heiraten. Vor Jahren hätte ich ihn mit
Kußhand genommen, aber jetzt bin ich mißtrauisch - oder endlich erwachsen."29 Aber
loslassen kann sie noch immer nicht, sie fürchtet sich vor der Einsamkeit und auch vor
mangelnder sexueller Befriedigung, wenn sie diese Beziehung abbricht.30 Somit fühlt sie
sich dazu verpflichtet, mit ihren beruflichen und privaten Plänen Rücksicht auf ihn zu
nehmen, obwohl ihr bewußt ist, daß Jochen immer zuerst seine Interessen verfolgt. Der
Leser merkt bald, daß diese Beziehung zum Scheitern verurteilt ist. Die Erzählerin wird von
ihren Wünschen zerrissen, sie bekommt weder die menschliche Nähe, nach der sie sich
sehnt, noch den privaten Freiraum, den sie für eine Weiterentwicklung benötigt. An dem,
was für sie erreichbar ist, der Affaire mit Jochen, hält sie mangels akzeptablerer
Alternativen fest: "Jochen ist sowieso das Beste, was ich noch kriegen kann."31 Die
Ambivalenz ihrer Gefühle kommt häufig in ihren Aufzeichnungen zum Ausdruck:

Unsere "Eheform" ist überhaupt die einzig mögliche für mich. Ich muß Zeit
für mich haben. Sonst muß ich trinken. Wenn Jochen irgendein größeres
Projekt vorhätte, würde er sicher einfach zu mir sagen, daß er nun leider,
leider weniger Zeit für mich hätte. Er würde doch um meinetwillen nicht auf
das verzichten, was er gern machen möchte. Als Frau jedoch läßt man sich
einschüchtern und steckt von selbst zurück.32
Ich darf nett zu Jochen sein. Aber irgend etwas Entscheidendes fehlt. Er ist
mehr oder weniger austauschbar. Na, was soll’s. Der Mensch braucht den
anderen, damit er nicht ins Leere greift.33

Schließlich wird auch der Protagonistin klar, daß sich auf diesem Fundament keine
Liebe entfalten kann, eine Erkenntnis, die sie verunsichert und resignieren läßt. Ihr fehlt das
Gefühl von Angekommensein, Kameradschaft und gegenseitiger Hilfe, erreicht hat sie nur
den gegenseitigen Abbau sexueller Spannungszustände.34 Dann aber befreit sie sich innerlich
von dieser Beziehung: "Ich übe an Jochen die ganz normale Partnerschaft. Das geht, weil
ich ihn nicht liebe. Liebte ich ihn, so hätte ich Angst, ihn zu verlieren, und würde alles tun,
was er will, und mich dabei wieder völlig aufgeben. Überanpassung."35 Und sie kommt zu
dem Schluß: "Demut tötet die Liebe. Ein Mann will etwas zu bewundern haben.”36 Die
Angst vor Einsamkeit schwingt in diesen Überlegungen zwar mit, aber es gelingt der
Protagonistin, sich auf nahezu Münchhausensche Art selbst aus dem Sumpf ihres
mangelnden Selbstwertgefühls zu befreien. Das einfache Vorhandensein eines
"Vorzeigpartners" kann für sie jetzt nicht mehr die Lösung sein. Auf den letzten dreißig
Seiten ihres Tagebuches beginnt sie mehr und mehr ihr Selbstbewußtsein aufzubauen:

Ein Partner kann mich nicht retten. Ich, ich, ich! Wenn ich es jetzt nicht
schaffe, ist’s vorbei. Ich muß den Durchbruch schaffen. Ich darf nicht weiter
354

vor mir weglaufen. Ich muß bei mir ankommen um den Preis des
Untergangs.37
Ich bin nicht hilflos, wenn ich keinen Mann habe. Ich kann alles selbst.38
Keine Angst! Du gehst nicht unter! Sei mal einen Sommer lang du selbst.
Einmalige Chance.39
Ich muß für mich leben wollen oder es sein lassen. (...) Mich akzeptieren und
lieben. So wie ich bin.40

Während Johannis und auch viele andere Autorinnen den weiblichen Ablösungsprozeß
aus der Abhängigkeit darstellen, eröffnet Sarah Kirsch mit ihrer Erzählung "Merkwürdiges
Beispiel weiblicher Entschlossenheit" (1973) einen völlig neuen Aspekt. Ihre Geschichte ist
mit einer Warnung versehen: Frauen sollen selbstbewußter werden, ihren Eigenwert
erkennen und selbständig werden. Dies bedeutet jedoch nicht, sich von den Männern total
abzuschotten, noch sich von den Emanzipationsvorstellungen der Gesellschaft täuschen zu
lassen. Sollte eine Frau sich doch zu einer totalen Abgrenzung vom Mann entschließen, so
muß auch diese Entscheidung bewußt und nur nach reiflicher Überlegung und Abwägung
der Beweggründe gefällt werden. Schwäche und ein einfaches Zurückziehen "vor dem
großen Unbekannten" werden hingegen nicht anerkannt.
Kirschs Protagonistin, Frau Schmalfuß, ist eine allseits anerkannte Arbeitskollegin,
Aktivistin und Wettbewerbssiegerin. Dennoch fühlt sie sich durch ihren Beruf nicht
ausgefüllt. Ihr Problem: "Frau Schmalfuß war 28 und hatte immer noch kein Kind."41
Dieser einfache Satz drückt Dringlichkeit und auch enttäuschte Erwartung aus. Es stellt sich
die Frage, wessen Erwartung hier enttäuscht wurde. Der Satz selbst wird von der Erzählerin
geäußert, aber dem Leser wird spätestens am Ende der Geschichte klar, daß hier sowohl
Frau Schmalfüß’ eigene Gefühle als auch die der sie umgebenden Gesellschaft gemeint sind.
Die Einstellung der Erzählerin läßt sich weniger leicht interpretieren: Erscheint ihr diese
Einstellung lächerlich, empfindet sie Sympathie oder gar ein Gemisch aus beidem?42 An
einem frühlinghaften Märztag geht die Protagonistin "im Namen des Frauenausschusses"
eine Wöchnerin besuchen. Auf dem Rückweg wird sie von der Sehnsucht nach einem Kind
überfallen, "sie hätte gern einen kleinen weißen Kinderwagen gesehen und sich selbst als
seine Fahrerin gefühlt; mit noch geschwächten Knien von der vorausgegangenen
Entbindung, mit einem wohlig schmerzenden Rücken, seis nun vom Stillen oder dem
täglichen Windel waschen".43
Der interessante Punkt dieser Geschichte liegt darin, daß Frau Schmalfuß’ Phantasien
keinen Mann mit einschließen, sie beschränken sich stets auf die Protagonistin selbst und
auf ihr Kind. Um ihren Kinderwunsch vor sich selbst zu rechtfertigen stellt sie eine These
auf, nach der sie geradezu verpflichtet ist, der Gesellschaft noch nützlicher als bisher zu
sein, es wäre verantwortungslos, weiterhin so eigennützig wie bisher durchs Leben zu
gehen. Daraufhin sieht sie sich nach Kandidaten für die zu vergebende Vaterstelle um.
Dabei sieht sie ihre Schwängerung wie eine Art Dienstleistung an, Gefühle kommen dabei
nicht ins Spiel:

An Heirat dachte Frau Schmalfuß nicht. (...) Aber sie ließ eine ganze Anzahl
Männer an ihren schönen schräggeschnittenen Augen vorbeidefilieren, alle,
die sie kannte im zeugungsfähigen Alter und denen sie wegen ihres Fleißes
und aufrechten Verhaltens viel Achtung entgegenbrachte. Die Siegespalme
355

erhielt Friedrich Vogel, der Meister in der Gießereiabteilung. Er war


unverheiratet und von sehr angenehmer Gestalt. Da brauchte sie also keinen
Ehebruch zu betreiben, obwohl der gesellschaftliche Anlaß sie ihrer Meinung
nach auch dazu berechtigt hätte, da konnte sie gewiß sein, ihrem künftigen
Kinde nach bestem Wissen und Gewissen einen Vater mit
überdurchschnittlichen charakterlichen und körperlichen Eigenschaften
ausgesucht zu haben. Denn sie glaubte an Vererbung ebenso wie an den
Einfluß einer sozialistischen Umwelt auf das Kind, das sie eben sozusagen auf
dem Reißbrett projizierte.44

Trotz aller ihrer Bemühungen - sie unterzieht den Kleiderschrank einer eingehenden
Prüfung, bringt den Rock in die Schnellreinigung, kauft sich einen roten Pullover - schlägt
der Plan fehl. Vogel ist von ihr zwar sehr angetan, lehnt ihr Vorhaben jedoch ab. Die
Vorstellung, daß sie sich ihren Wunsch mittels einer normalen Liebesbeziehung erfüllen
könnte, kommt der Protagonistin nicht. Stattdessen ersucht sie nun eine Adoption und
gelangt so zum ersehnten Ziel. Frau Schmalfuß sucht Erfüllung auf ihre eigene Art, sie
versucht, den Leistungsansprüchen der Gesellschaft auf allen Gebieten zu genügen, alle an
sie herangetragenen Erwartungen zu erfüllen. Dieses Ziel will sie nicht mit oder durch einen
Mann erreichen, sondern durch ein Kind, das sie für sich allein haben will. Für sie ist ein
Kind nicht zunächst das Ergebnis einer Beziehung zwischen Mann und Frau, sondern es
erfüllt in ihr die Sehnsucht nach einer menschlichen Bindung. Die Tatsache, daß eine
Adoption ihr schließlich ein Kind ermöglicht, läßt einen Mann in ihrem Leben noch
unwichtiger erscheinen. Kirsch zeigt eine Frau, die scheinbar ihr Leben voll unter Kontrolle
hat, sie erscheint nach außen hin fähig, obwohl sie sich ihrer eigenen inneren Wünsche nicht
bewußt ist. Die Identifikation der Protagonistin mit der Mutterrolle basiert auf dem
Entschluß, ihre Geschlechtsrolle voll auszuleben. Auf diese Weise setzt sie sich auch über
die Rollenerwartung - in Beziehung auf die allgemein vertretene Ansicht, daß Frauen
heiraten und dann Kinder in der konventionellen Familienstruktur aufziehen - hinweg.45
Hartmut Wendt vom Institut für Soziologie und Sozialpolitik stellte 1983 fest, daß
"ein zunehmender Teil" der in der DDR geborenen Kinder von unverheirateten Frauen zur
Welt gebracht werde. Wurden 1971 nur 15,1 Prozent der Kinder von ledigen Frauen
geboren, seien es 1982 fast 30 Prozent gewesen.46 Die Frankfurter Allgemeine berichtete
Ende 1986, daß nun etwa 40 Prozent der DDR-Kinder von unverheirateten Müttern zur
Welt gebracht werden. Unabhängig von der Geborenenfolge sei im Jahr 1984 jedes dritte
DDR-Kind (d.h. 77 000 von 229 000) unehelich zur Welt gekommen.47. Aus diesen
Angaben kann geschlossen werden, daß immer mehr Frauen bereit und Willens sind, zu
Alleinerziehem zu werden. Kinder sind kein Scheidungshindernis und die sozialpolitischen
Maßnahmen erleichtern auch ledigen Müttern die Entscheidung zum Kind. In der DDR gilt
seit Einführung des sozialistischen Rechts die rechtliche Diskriminierung unverheirateter
Mütter und nichtehelicher Kinder als aufgehoben, sind eheliche und nichteheliche Kinder
gleichgestellt. Nichteheliche Kinder sind heute, wenn auch nicht, wie soziologische
Untersuchungen zeigen, alle geplant, so zumindest immer weniger eine persönliche
"Katastrophe" und von manchen Frauen auch gewünscht, während sie früher fast in jedem
Fall unerwünscht waren.48
Daß die Entscheidung einer alleinstehenden Frau zur Mutterschaft gut durchdacht
sein will, wird auch von soziologischer Seite dargelegt. Trotz aller sozialpolitischen
356

Maßnahmen sieht der Alltag nachweislich nicht so rosig aus, wie er zunächst anmuten mag.
Die DDR-Gesellschaft ist auf die Familie ausgerichtet, Soziologin Christiane Hauptmann
(1985) weist z.B. nachdrücklich darauf hin, daß die soziale Stellung lediger Frauen und
Mütter durch den "außerordentlich hohen Stellenwert" von Partnerschaft und Familie
innerhalb der Wertorientierungen der DDR-Bevölkerung nicht unerheblich - und häufig
negativ - beeinflußt wird. Problematische Seiten ihrer Situation, im einzelnen auch soziale
Nachteile können sich daraus ergeben,

daß "der gesamte Reproduktionsprozeß der Gesellschaft darauf ausgerichtet (ist), daß
der Mensch in Familien lebt";49
daß sie nicht die allgemein verbreitetste Lebensform teilen (statistische Minderheit);
daß die Ehe auf vielfältige Weise materiell und vor allem ideell gefördert wird;
daß die Bedeutung der Ehe ihre Widerspiegelung im gesellschaftlichen Werte-und
Normengefüge findet;
daß besonders für alleinstehende Frauen und Mütter mit dem Aufziehen von Kindern
ein hoher Aufwand (materiell und leistungsmäßig) verbunden ist;
daß soziale Beziehungen und Freizeitaktivitäten in hohem Maße auf Ehe / Familie
konzentriert sind; daß insgesamt Ehe / Familie heute der Rahmen für die
Befriedigung vitaler Bedürfnisse ist.50

Die Bestimmung der widersprüchlichen Einflüsse auf die soziale Stellung


alleinstehender Frauen bildet den Hintergrund für (leider nicht zugängliche) konkrete
empirische Recherchen am Institut für Soziologie und Sozialpolitik, was den außenstehenden
Beobachter auf Umfang und Relevanz dieses Problemkreises innerhalb der DDR schließen
läßt. Die Soziologin Hauptmann sieht ihre "theoretisch-hypothetischen Überlegungen" in den
Ergebnissen bestätigt.51 Es ist, wie Johannis Protagonistin formuliert, "immer ein bißchen
blöd ohne Mann. Ein Mann verleiht Sozialprestige. ”52 Der Widerspruch zwischen einerseits
verwirklichter materieller Gleichberechtigung und damit gegebener ökonomisch-sozialer
Selbständigkeit der (alleinstehenden) Frauen und andererseits der enormen staatlicherseits
geförderten Bedeutung der Institution Ehe in der DDR führt dazu, daß Alleinleben beinahe
zum Unwert wird, und doch sind immer mehr Menschen davon betroffen. Wenn es im
Lehrbuch für Familienrecht der DDR heißt, "daß eben nur die Ehe als spezifische
Partnerbindung die Form des Zusammenlebens von Mann und Frau ist, die jeder anstreben
sollte und die die Gesellschaft von jedem Bürger früher oder später erwartet", dann
impliziert dies, so Hauptmann, eine bestimmte Bewertung alleinstehender, also lediger,
geschiedener, verwitweter Menschen, die sich außerhalb dieser gesellschaftlichen Norm
befinden.53
Die DDR-Soziologin Runge (1979) macht darauf aufmerksam, daß die
sozialwissenschaftliche Literatur sich bisher kaum mit diesem Problem beschäftigt hat. Sie
stellt in einem Artikel in Sonntag jedoch einen direkten Zusammenhang zwischen "Frausein,
Alleinsein, Einsamsein" her: "Frauen heiraten früher und sie heiraten meist ältere Männer.
Männer heiraten jüngere Frauen. Die jungen Mädchen bevorzugen ältere Freunde, die
älteren Herren leben lieber mit jungen Damen." Insgesamt ergebe sich daraus ein "Bild von
Bevölkerung", das viele Möglichkeiten des Alleinseins einschließe.54 Runges Überlegungen
über das Alleinsein und die damit oft verbundene soziale Isolation und Einsamkeit von
Frauen münden schließlich in einer (indirekten) Kritik an der offiziellen Frauen- und
357

Familienpolitik der DDR. Diese sei zwar seit der Gründung der DDR konsequent auf die
Verwirklichung der rechtlichen Gleichstellung der Frau mit dem Mann gerichtet, habe aber
den Mann, die Veränderung der Rolle des Mannes in der sozialistischen Gesellschaft bisher
nahezu ausgelassen. "Der Mann ist autonom, gleichsam von Geburt an. Er ist ein
geschlossenes System. Die Frau spiegelt sich im Manne, vorwiegend in ihrem eigenen, in
dem, der ihr zugefallen. Sie leidet, wenn ihr diese Rolle nicht zukommt. ’’ Im Gegensatz zur
alleinstehenden Frau findet der alleinstehende Mann, "wenn er will und sich Mühe gibt",
so Runge, "im allgemeinen eine ihm zusagende Frau. Er kann wählen zwischen der Ehe
und der Lebensgemeinschaft, zwischen der Freundschaft und den unregelmäßigen Besuchen.
Er findet eine jüngere oder eine gleichaltrige Frau, auch eine ältere. Für diese entscheidet
er sich wesentlich seltener. Sein Ideal ist ihm zumeist bekannt. Die Medien führen es ihm
immer wieder vor. Die Frau hat sich darauf einzurichten."55
Runge äußert sich auch zu den Vorteilen des Alleinseins. Diese "werden nirgends
benannt. (...) Wir haben für ein massenhaft zu belegendes Phänomen keine sozialen
Leitbilder." Runge kritisiert eine Politik, die nur eine Form von Lebensweise akzeptiert und
fördert: die Ehe - die einzige Form des Miteinanders, die die DDR-Statistik kennt.56 In der
DDR sei "der Wert von Alleinsein (...) ein Unwert." Ein bedauernder Blick treffe jene, die
allein seien: "Der Volksmund nennt diese gern die ’Sitzengebliebenen’. Wenn es Frauen
sind." Tatsächlich käme kaum jemand auf die Idee, ledige Männer als ’Sitzengebliebene’
zu bezeichnen. Der Begriff des Junggesellen ist tendenziell positiv besetzt.57
Wie die alleinstehenden Frauen leben, wie sie sich sehen oder wie sie von anderen
gesehen werden sollen, das wird in der DDR von offizieller Seite nirgends formuliert.
Alleinleben gilt nicht als eine legitime Alternative zur Ehe. Im Alleinleben wird kein
positiver Wert gesehen. Die Autoren einer Schrift der Evangelischen Kirche der DDR
gelangen zum gleichen Ergebnis wie Irene Runge: Das gängige "Leitbild in Kirche und
Gesellschaft", wonach das Verheiratetsein des erwachsenen Menschen als der einzige
gesunde Normalzustand angesehen werde, dränge die Alleinlebenden in die Rolle von
Außenseitern, diffamiere sie als kontakt- und bindungsscheu und bewerte ihr Leben als
defizitär:

Für Beziehungen Alleinlebender gibt es kaum Beschreibungen und


Anerkennungen. Und wenn sie beschrieben werden, haftet ihnen in den
meisten Fällen ein Makel an. Ihre Beziehungen sind 'nicht’ oder 'noch nicht’
vollwertige Beziehungen. Sie müssen sich messen lassen an dem Grundmodell
der Partnerschaften, an der Ehe.58

Daß das bewußt gewählte oder auf sich genommene Alleinsein bei weitem kein
einfaches Los ist und von vielen Frauen unterschätzt wird, wird auch von den Autorinnen
zur Sprache gebracht. Worgitzkys Protagonistin Martha macht sich zu diesem Thema
Gedanken. Sie habe sich immer gegen demütigende Unterwerfung gewehrt und sei der
Meinung gewesen, daß solange sich Frauen das gefallen ließen, sie sich nicht zu wundem
brauchten, wenn sie von den Männern von oben herab behandelt würden. Was aber habe
diese Frauen so werden lassen? Sie begehrten, gestützt auf Gesetz und öffentliche
Versicherungen auf, verzichteten auf das herkömmliche Zusammenleben und merkten, daß
sie gar nicht gelernt haben, allein zu sein: "Mutig wagen sie den Sprung, sind aber nicht
genügend trainiert, um die andere Seite des Grabens zu erreichen. Und so rutschen sie
358

hinein und sind froh über jede Hand, die ihnen hilft, da wieder hinauszukommen.59
Viele Frauen fühlen sich zwischen ihren eigenen Emanzipationsansprüchen, dem
offiziell propagierten Leitbild der emanzipierten Frau und dem ihnen anerzogenen
Anlehnungsbedürfnis hin- und hergerissen. Brigitte Reimann selbst formulierte 1964 in
einem Brief, daß sie sich manchmal "nach Sicherheit, nach der gestärkten Hemdenbrust,
an die ich meinen Kopf betten kann, nach einem friedlichen Glück mit Kind und
Waschmaschine und wohlsituiertem Mann" sehne. Im nächsten Satz bezeichnet sie diese
Vorstellung bereits als "schauderhaft" und fragt, ob andere Frauen auch solche
Odaliskensehnsüchte hätten.60 Daß Frauen auch heute gegen solche Schwächeanfälle nicht
gefeit sind, bestätigt Helga Königsdorfs Buch Respektloser Umgang (1986). In diesem stark
autobiographischen Werk gibt sie zu, manchmal gar nicht stark sein zu wollen, den "Traum
vom überlegenen Beschützer" zu träumen, "einmal wieder Kind sein zu dürfen . Dafür, so
Königsdorf, "hätte ich auf die ganze Emanzipation gepfiffen".61
Helga Schubert berichtet in ihrer Kurzgeschichte "Meine alleinstehenden
Freundinnen" (1975)62 über eine Kategorie von Frauen, die - so darf wohl angenommen
werden - in der DDR nicht selten anzutreffen ist. Die "alleinstehenden Freundinnen"
zeichnen sich alle durch gewisse äußere und auch innere Charakteristika aus, mittels derer
sie für den außenstehenden Betrachter leicht zu identifizieren sind. Sie wohnen in
selbsthergerichteten Altbauwohungen, ihre Tür ist jederzeit und für jedermann offen, sie
legen Wert auf Kreativität, versuchen ihre Kinder antiautoritär zu erziehen und geben sich
den Anschein emanzipierter Nonkonformität. In der zweiten Hälfte der Erzählung kommt
die Ambiguität dieser Frauen zum Durchbruch. Wenn die Kinder nicht gehorchen, ist das
der Fehler der nicht mehr vorhandenen Väter, von denen sie sich im guten getrennt haben,
obwohl diese selbstverständlich bleiben wollten. "Darum würden diese Männer sie auch
sofort wieder heiraten oder überhaupt heiraten. Wenn diese Männer nicht schon wieder
verheiratet oder noch verheiratet wären," fügt die Autorin ironisch an.63 Man müsse zwar
einmal im Leben verheiratet gewesen sein, sagen die "Freundinnen", aber sie könnten auf
keinen Fall jeden Tag einen Mann in ihrer Wohnung ertragen. Wenn sie aber einen Freund
haben, wohnt er bei ihnen:

Wenn meine alleinstehenden Freundinnen einen Freund haben, werden sie


traurig. Weil sie ihn lieben, wie das auch klingt. Weil die Liebe so anstrengt.
Dieser soll wirklich der letzte Versuch sein, bei ihm bleiben sie. Auf ihn hat
sich das Warten gelohnt. Alles dies hoffen sie. Jedesmal. Alle. Und die
Freunde spüren zwar die Hoffnung, aber noch mehr die Anstrengung und
werden mißtrauisch.64

Tritt ein neuer Mann in ihr Leben, ziehen sie sich von ihren Freundinnen zurück. In
nächster Zeit werden sie nicht vorbeikommen können und vielleicht auch nicht anrufen,
eventuell sogar das Telefon abstellen, "denn es könnte ihn stören".65 Jedesmal sind sie voll
des Lobes über diesen neuen Mann in ihrem Leben, er ist "endlich einmal ein ganz
normaler Mensch, so daß sie für die Fisimatenten der anderen Männer kein Verständnis
mehr aufbringen können". Auf diese Weise - so wird dem Leser nur zu bald klar - lassen
sie sich immer wieder auf den Arm nehmen und ausnützen, ohne jemals eine wirklich
befriedigende Beziehung aufzubauen. Diese "Freundschaften" sind von Anfang an zum
Scheitern verurteilt, denn während sie sich (vielleicht gar zu sehr) bemühen, hat er ganz
359

andere Ansichten. "Er hält die Ehe nicht für eine moderne Form des Zusammenlebens, will
aber den Glauben anderer Menschen, die daran einen Halt suchen, nicht zerstören. Darum
läßt er sich auch nicht scheiden, was meine alleinstehenden Freundinnen verstehen.
Vorerst."66
Diese von Schuberts "alleinstehenden Freundinnen" an den Tag gelegte
"Pseudoemanzipation" kann den von den Autorinnen vertretenen Ansprüchen nicht genügen.
Ihnen geht es um vollständige Emanzipation und Gleichstellung, die nicht nach Bedürfnis
und augenblicklichen Gefühlslagen ein- und ausgeschaltet werden kann, sondern auf
Selbstbewußtsein und der Erkennung des Eigenwertes beruht. Schuberts Erzählung macht
auf die Schwierigkeiten aufmerksam, die sich den Frauen im Alltagsleben gegenüberstellen:
"Weibliche Schwäche", ob anerzogen oder echt empfunden, Einsamkeit und mangelndes
Selbstbewußtsein erschweren die Suche nach dem wirklichen Partner, lassen die
"alleinstehenden Freundinnen" zu schnell und immer wieder hoffen und Beziehungen
scheitern, häufig wohl auch deshalb, weil ihr übermäßiger Enthusiasmus die Männer
verängstigt oder gar in die Flucht schlägt, weil sie weder sich selbst, noch ihren jeweiligen
Freunden genug Zeit zur Entwicklung der ersehnten Partnerschaft lassen. Erzwingen aber
lassen sich diese Beziehungen nicht.
Die Autorinnen stellen aber ebenso dar, wie eine alleinstehende Frau zunächst sich
selbst finden und dann ihr Leben bewußt in die eigenen Hände nehmen kann. Christine
Lambrecht stellt in "Ich renoviere" (1982) die bewußte Entscheidung ihrer Protagonistin
gegen einen Mann dar, der ihr trotz anfänglicher Attraktion nun unzulänglich erscheint.67
Nach drei Jahren Ehe und zwei geschiedenen Jahren zieht der (Ex)Ehemann der
Protagonistin endlich aus. Die Wohnung bedarf nach diesen fünf Jahren einer
Instandsetzung, selbst das Radio funktioniert nur noch, wenn man mit der Faust mehrmals
darauf schlägt. An einen solchen Ort mag die Ich-Erzählerin niemanden einladen, schon gar
nicht Herrn Bruckner aus der Etage unter ihr, der ihr mit seinen graublauen Anzügen
imponiert. Also beschließt sie, die Sache in die eigenen Hände zu nehmen. Mit zwei
Arbeitskollegen macht sie sich ans Werk, Wände und Fenster werden neu gestrichen.
Bruckner trifft sie auf der Treppe - man gewinnt von ihm gleich einen schlechten Eindruck -
"er blickte uns wohlgefällig nach, unter die zu kurzen Kittel”.68 Dieses Interesse versucht
die Protagonistin sich aber zu erhalten: "An den nächsten Tagen putzte ich die Fenster,
wusch die Küchenmöbel und fmg an, Wohnzimmerschränke auszuräumen. Wenn ich etwas
zum Container brachte, zog ich meinen Kittel an. "69 Für das Möbelschieben und Tapezieren
besorgt sie sich den Barrausschmeißer Otto ("dafür betastete ich seine Muskeln und
verdrehte die Augen"),70 das Fensterstreichen übernimmt sie selbst, das Radio wird von dem
Cousin einer Arbeitskollegin repariert, die Lampenschaltungen von "Harald mit dem
schönen Schnauzbart" ausgebessert. Sie achtet darauf, wie die verschiedenen Arbeiten
ausgeführt werden und wird dabei nicht nur selbst handwerklich kompetenter, sie setzt sich
auch in vielfacher Weise über die traditionelle Rollenverteilung hinweg:

Am Ende drückte mir Harald seine Bohrmaschine in die Hand und ich bohrte
alle Löcher, die noch fehlten, für Bilder und Wandleuchte. Die Lampe ließ
ich ihn nicht anbauen, das konnte ich jetzt allein, aber in die Küche ließ ich
ihn, weil er wußte, wie man Thüringer Rostbrätel macht.71

Erich besorgt ihr die Einzelteile eines Bauemschranks, den er in ihrer Wohnung nur
360

abliefert und mit einem Tütchen Schrauben hinterläßt, denn "seine Frau kann es nicht
leiden, wenn er sich mit unverheirateten Frauen abgibt". Sie holt die passenden
Schraubenzieher aus dem Keller, läßt die Schrankteile aber absichtlich stehen. Stattdessen
probiert sie, wie laut ein Teil umfällt, denn sie spekuliert darauf, daß der unter ihr
wohnende Bruckner sofort zu ihr heraufkommen wird, um ihr zu helfen. Dieser Plan schlägt
jedoch fehl, denn er reagiert nicht und sie trifft ihn später im Treppenhaus. Er erklärt, ein
Sicherheitsschloß an seine Wohnungstür anbringen zu wollen, aber er hätte nicht einmal
Schraubenzieher. Sie leiht ihm ihre, beobachtet ihn und gewinnt auch Einblick in seine
Wohnung. Er erweist sich als handwerklich inkompetent, "seine Ohren glühten immer
mehr, während er mit dem Schraubenzieher abrutschte". Schließlich nimmt sie ihm das
Werkzeug aus der Hand, drückt die Einbausicherung ins Schloß und verschraubt das
Deckblatt. Dann verabschiedet sie sich schnell:

Ich ging nach oben, ich drehte das Radio an, (...), und dann fmg ich an, die
Schrankteile zu verschrauben. Beinah wär eins umgefallen, aber ich konnte
es noch im letzten Moment auffangen.72

Ein inkompetenter Mann ist der Protagonistin nicht willkommen. Man gewinnt auch
den Eindruck, daß ihr der Einblick in die Wohnung Bruckners einiges zur Person verriet,
was vorher durch seine tadellosen blaugrauen Anzüge beschönigt worden war. Die Ich-
Erzählerin ist zunächst eine "hilflose" Frau, aber sie weiß, wie sie sich Hilfe beschaffen
kann und - was besonders wichtig ist - sie ist bereit, ihr handwerkliches Wissen zu
erweitern und zu vervollständigen. Sie ruht sich nicht auf ihrer anfänglichen Inkompetenz
aus, so wie daß zum Beispiel der mit Worgitzkys Protagonistin Quäze befreundete Bern
tut,73 sondern sie wird unabhängiger und ist darauf bedacht, sich diese Unabhängigkeit zu
erhalten. Die Einstellung vieler Männer, daß irgendeine Frau sich schon erbarmen wird und
ihnen den Knopf letzten Endes annäht oder ähnliche hausfrauliche Arbeiten für sie
verrichtet, wird hier unübersehbar verspottet. "Selbst ist die Frau”, ist die Botschaft dieser
Erzählung.
Wie wenig das traditionelle Rollenverständnis der Geschlechter in dieser Hinsicht
bisher angetastet worden ist, zeigt auch eine Erzählung von Regina Röhner (1982).74 Hier
wird dem kleinen Sohn einer alleinstehenden Frau, der sich zu Weihnachten eine Eisenbahn
wünscht, von seinen gleichaltrigen Spielkameraden im Kindergarten erklärt, daß dies wohl
nichts werde, weil er keinen Vater und auch keinen Großvater habe. Weil technische
Probleme auch in der DDR nach wie vor eine Domäne der Männer sind, scheint es aus der
Sicht der Kinder unmöglich zu sein, daß dieser Junge eine Eisenbahn erhält. Röhner läßt
ihre Protagonistin Karla nicht aufgeben. Sie kauft einen Katalog: "Nicht zögern, einfach
anfangen! ist auf Seite 2 zu lesen. Darunter ein Bild. Zwei Jungs mit ihrem Vater." Karla
klebt Plastikhäuser zusammen und lernt, all die nötigen Kleinigkeiten zu benennen, die
verschiedenen Gleisstücke und Weichen, Tastenpulte, Klemmleisten. Schließlich steht sie
vor ihrem vollendeten Werk und die innere Befriedigung ist ihr durchaus nachzuempfinden:

Als Karla die Platte beklebt hat, die Schienen aufgenagelt, all die Drähte
gezogen und die Fassungen angebracht hat, als alle Lämpchen brennen und
sie zum ersten Mal in ihrem Leben so eine Modellbahn fahren läßt, immer
wieder fahren läßt, steht sie ganz still, und das Blut klopft in ihren Händen.
361

Es ist wie Weihnachten, damals, als sie noch selber Kind war.75

Auch hier ist die unterschwellige Verlautbarung dieselbe: Frauen können mit all den
alltäglichen Aufgaben, auf die die Männer sich häufig viel zu gute tun, allein fertig werden.
Man muß nur den Mut zum Versuch aufbringen. Und diesen wollen die Schriftstellerinnen
ihren Leserinnen mittels ihrer Erzählungen vermitteln. Allein leben ist möglich. Der große
Unterschied zwischen diesen Darstellungen und denen der fünfziger Jahre, in denen die
Frau als "Superfrau" jedes Hindernis ohne Schwierigkeiten meisterte besteht darin, daß hier
die zu erwartenden Probleme keineswegs beschönigt, sondern Lösungsmöglichkeiten
aufgezeigt werden. Es findet eine "innere" Vorbereitung statt, die den Leserinnen den
Rücken stärken soll. In der heutigen Frauenliteratur findet man keine "Beweihräucherung"
angeblich erfolgreicher Frauen, sondern die Aufforderung man selbst zu sein, ein Leben zu
führen, das einem selbst und den eigenen Fähigkeiten gerecht wird.
Ein Blick in die Statistik zeigt, daß die Thematik des Alleinlebens nicht nur für die
Literatur, sondern auch im DDR-Alltag relevant ist. Die Scheidungsrate ist in der DDR
ausgesprochen hoch, man scheint sich, zumindest nach außen hin, mit dem Scheitern von
Ehen arrangiert zu haben. Morgensterns Protagonistin Sonja, bereits zum dritten Mal
verheiratet, urteilt kategorisch: "Entweder glücklich, oder man läßt sich scheiden."76
Weniger extrem, aber darum nicht weniger bestimmt, formulierte Morgner 1984 in einer
Podiumsdiskussion:

Ich glaube, daß Ehen im alten Sinne halten, nur dann halten können, wenn
sich einer entwickelt und der andere stehenbleibt. Aber wenn beide Menschen
sich entwickeln, dann ist es nur in den seltensten Fällen möglich, daß sie
immer zusammenpassen. Normalerweise entwickeln sie sich in verschiedene
Richtungen, passen eine Zeitlang zusammen und dann nicht mehr. Das ist
keine Katastrophe, sondern da muß man nach etwas anderem suchen. Und in
dem Augenblick, da dies ausgesprochen wird, empfindet sicherlich jemand,
der in einer solchen Lage ist: Mein Gott, was hab ich da bloß falsch gemacht?
Und man hört, dem und dem geht es auch so. Da sucht man die Sache nicht
mehr bei sich, sondern findet es eigentlich normal - man hat nichts falsch
gemacht, sondern man ist als Mensch gewachsen. Man paßt im Moment nicht
mehr zusammen. Das ist doch keine Katastrophe.77

Als besonders labil erweisen sich dabei junge Ehen.78 Rund 40 Prozent aller
Geschiedenen waren weniger als fünf Jahre verheiratet. Nicht wenige kalkulieren das Ende
gleich mit ein, wie Erika Sommer (1978) in ihrer Untersuchung herausfand: 81 Prozent der
Probanden bejahten zunächst die Ehe auf Lebenszeit (Mädchen 75 Prozent), die Hälfte der
Jungen (56 Prozent der Mädchen) würde sich jedoch scheiden lassen, wenn sie glauben, mit
einem anderen Partner besser leben zu können; überhaupt finden es 23 Prozent aller Jungen
(27 Prozent der Mädchen) nicht schlimm, sich wieder scheiden zu lassen.76 Die skeptischere
Einstellung der Mädchen beruht höchstwahrscheinlich auf persönlichen Erfahrungen im Familien-
und Freundeskreis. In den meisten Fällen unternimmt nämlich die Frau den ersten Schritt,
wenn sie ihre Ehe für gescheitert hält. Männer reichen nur ein Drittel aller
Scheidungsklagen ein. Daß sie es viel weniger stört, wenn es zum Beispiel bei der
häuslichen Arbeitsteilung nicht klappt, spielt in diesem Zusammenhang gewiß eine nicht
362

unwesentliche Rolle.80
Die Anzahl Alleinstehender hat sich in der Altersgruppe der 25 bis etwa 50jährigen
insgesamt vergrößert, Soziologin Hauptmann (1985) legt dar, daß fast ein Fünftel der DDR-
Männer und Frauen diesen Alters nicht verheiratet sind, dies beträfe rund eine Million
Menschen.81 Zum anderen steht der quantitativen Harmonie zwischen alleinstehenden
Männern und Frauen dieser Jahrgänge - das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen
Alleinstehenden ist in dieser Altersgruppe weitgehend ausgeglichen - ein qualitatives
Mißverhältnis gegenüber: Frauen haben trotz prinzipiell verwirklichter materieller
Gleichberechtigung größere Probleme mit dem Status "alleinstehend" als gleichermaßen
betroffene Männer. Der außerhalb der gesellschaftlichen Norm Ehe liegende Familienstand
wird ihnen nicht nur stärker verübelt als den Männern. Darüber hinaus haben sie es
aufgrund der oben erwähnten geschlechtsspezifischen Verhaltensnormen auch schwerer, mit
dem Alleinsein fertig zu werden.82 So erlebt eine junge ledige Frau, die sich in Beate
Morgensterns Geschichte "Im Spreekahn" (1981) am späten Abend auf einem U-Bahnsteig
zufällig mit zwei ihrer männlichen Arbeitskollegen konfrontiert sieht, den Tatbestand, allein
auf diesem Bahnsteig zu stehen, sehr deutlich als einen Makel.83
Eine ähnliche Botschaft birgt auch Dorothea Kleines Erzählung Das schöne bißchen
Leben (1985). Der Protagonistin Anna, einer alleinstehenden Frau um die Vierzig, wird von
einem Arzt eine Herzoperation nahegelegt. Er schickt sie mit der Aufforderung nach Hause,
seine Ratschläge mit ihrer Familie zu besprechen:

Er war sicher, daß ich eine Familie habe. Ich hätte ihm meine Lage schildern
sollen, hätte ihm sagen müssen, wie es um mich steht. Warum hüte ich es wie
ein Geheimnis? Weil Alleinsein kein normales Leben ist? Ich werde das
Alleinsein nicht lernen. Ich werde Alleinsein nie als normales Leben
empfinden. Alleinsein ist anormal. (...) Die Welt besteht aus Ehepaaren,
Familien...84

Und an anderer Stelle läßt Kleine Anna über die Emanzipation resümieren: "(Sie) ist
noch immer unvollendet, wird unvollendet bleiben. Da helfen auch Verordnungen nicht."
Anna fragt, was das sei, "Aussichwasmachenwollen? Sichselbstverwirklichen,
Sichbemerkbarmachenwollen. Auftrumpfenwollen. Ein Akt von Selbstbehauptung?" Kleines
Antwort auf diese Frage lautet: "Ein trauriger Akt." Weshalb sie hierin einen traurigen Akt
sieht, läßt die Autorin Anna wenig später erklären: Weil alleinstehende Frauen nur dann als
tüchtig, mutig oder stark gelten, wenn sie ihre persönliche Situation, ihre Einsamkeit nicht
beklagen, "solches Lob verdient man sich durch Verdrängung und Verstellung".85 Ähnlich
empfindet auch Marons Josefa (1981), die nach fünfjähriger Ehe das Gelübde ablegte, allein
zu leben: "Emanzipierte Frauen frieren nicht, heulen schon gar nicht, und das Wort
Sehnsucht haben sie aus ihrem Vokabular gestrichen. Ich friere, ich heule, ich habe
Sehnsucht." Sie blättert in ihrem Notizbuch und sucht nach jemandem, dem sie ihr
angeschlagenes Gemüt und ihre verweinten Augen Zutrauen kann. "Unbestreitbarer Vorzug
des Meinmanns: der muß, ob er will oder nicht."86
Ebenso ist es für alleinstehende Frauen immer noch schwieriger als für alleinstehende
Männer, Kontakte zu anderen Menschen, vor allem zum anderen Geschlecht, zu knüpfen.87
Auch den DDR-Frauen erwachsen aus dem Einzelstatus noch immer soziale Nachteile,
allerdings müssen alleinstehende Frauen keinesfalls zwangsläufig Schwierigkeiten und
363

Probleme haben. Die Ledigen, Geschiedenen und Verwitweten können sich auch mit dem
Status "alleinstehend" arrangiert oder ihn ganz bewußt gewählt haben. In die letzte Gruppe
gehören vor allem die Nichtverheirateten, die sich aus freier Entscheidung nicht binden
wollen, die "Singles", wie sie auch in der DDR genannt werden. Sie gehören in aller Regel
der jüngeren Generation an.88 Ihre Einstellung zum Alleinleben, so die Autoren der Schrift
der Evangelischen Kirche der DDR, ist grundsätzlich positiv. Unverheiratet sein, ledig sein,
wird von den Singles mit großer Überzeugung und positiver Emotion als "frei" übersetzt.89
Angaben über die ungefähre Größe dieser Gruppe von Frauen und Männern, die
statistisch nicht erfaßt werden, sind in der Literatur nicht zu finden. Zu den Alleinlebenden,
die unter ihrer Situation nicht oder weniger stark leiden, zählen darüberhinaus jene, die sich
nach einer Ehescheidung bewußt für ein Leben ohne Partner entscheiden, die dies aufgrund
ihrer meist negativen Erfahrung so wollen.90 Dies ist bei den betroffenen Frauen häufig
dann der Fall, wenn sie die Lösung aus einer Beziehung, in der ihnen Anerkennung und
Achtung durch den Partner fehlten, als Befreiung erlebten. Diese Situation wird in den
bereits angeführten Erzählungen von Christiane Lambrecht ("Ich renoviere”), Irmtraud
Morgner ("Valeska Kantus: Hadische Erzählungen...") und Christine Wolter ("Ich habe
wieder geheiratet") dargelegt. Demgegenüber werden die Verwitweten und auch die gegen
ihren Willen Verlassenen ihr erzwungenes Alleinsein nicht gleich als positiv empfinden
können. Sie müssen Ängste und Verlassenheitsgefühle bewältigen und Kräfte für ein neues
Lebensmodell mobilisieren.91 Der neue Status kann allerdings später - aus ähnlichen
Gründen wie bei den Geschiedenen - durchaus positiv er- bzw. gelebt werden.92
Anzumerken ist in diesem Zusammenhang auch, daß es bei weitem nicht immer nur
die Frauen sind, die nach einer Enttäuschung einer weiteren Ehe ausgesprochen kritisch
gegenüberstehen. So erklärt z.B. der bereits einmal geschiedene Johannes in Christa
Grasmeyers Verliebt auf eigene Gefahr (1984): "Ich laß mich nicht mehr fressen. Die muß
erst geboren werden, die mich noch einmal frißt."93 Und der 29jährige Fred formuliert:
"Also, wenn es nach mir ginge, heiraten nicht wieder, Zusammenleben ja, aber nicht
heiraten. ',94

Von DDR-Soziologen wird zur Erklärung der hohen Scheidungsrate und auch der
Tatsache, daß heute zwei Drittel aller Scheidungsklagen von Frauen eingereicht werden,95
oft die These vertreten, daß - häufiger die Frauen, seltener die Männer - "zu hohe"
Erwartungen an ihre Ehepartner stellen (Gysi, 1987),96 denen die Wirklichkeit nicht Stand
halten kann. Wieder ist es Für Dich, die gleich eine "Horrorstory" an der Hand hat: Eine
Leserin berichtet über ihre (vielleicht zu früh) geschiedene Ehe, der Ex-Ehemann erscheint
nun in verklärtem Licht:

Zuerst war ich davon überzeugt, daß Jürgen in unserer Ehe versagt hatte.
Dann dachte ich: WIR haben versagt. Jetzt grüble ich: Habe ICH versagt?
(...) Früher hat Jürgen alles gebosselt. Das hat mir so an ihm gefallen:
Wenige Worte, zugreifen, in Ordnung bringen. Da sein, wenn man gebraucht
wird. Jürgen war immer da. So etwas von häuslich kann man sich gar nicht
vorstellen! Und den Kindern ist er nicht nur ein guter Vater gewesen, er war
gleich noch die bessere Mutter von uns beiden: Er machte sich um alles viel
mehr Gedanken als ich. (...) Jürgen ist häuslich, zverlässig, sensibel, ein
zärtlicher Vater. Schüchtern ist er. Verschlossen. Ich wollte ihn auch
364

souverän, aktiv, energisch - ausgestattet also mit den "typisch männlichen”


Eigenschaften. Ich glaube, ich habe ähnlich wie der kleine Häwelmann bei
seiner märchenhaften Fahrt zum Mond mehr verlangt und mehr, und mehr.
(...) Jetzt bin ich mit meinen Kindern allein. Aber ich kann es noch so gut
packen, ihnen Vater und Mutter zu sein, für die Kinder wird es stets nur die
Hälfte von dem, was Eltern gemeinsam geben könnten. (...) Wir haben uns
nicht an das traditionelle Rollenverhalten gebunden gefühlt. Wir haben
Gleichberechtigung geübt. Jetzt, wenn ich abends allein beim Tee sitze, dann
ängstige ich mich: Habe ich meine Gleichberechtigung ausgeübt gegen ihn?
Gegen ihn, den ich liebte - liebe?97

Für Dich versucht ihren Leserinnen nahezubringen, daß - zumindest nach Meinung
der Herausgeber - viele Frauen einem mißverstandenem Gleichberechtigungskonzept
anhängen, einer überzogenen Vorstellung von Emanzipation, die sie gegen die Männer - und
auf deren Kosten - vermeinen durchsetzen zu müssen. Ist die Scheidung vollzogen, läßt sich
nichts mehr begradigen, nichts mehr im Nachherein berichtigen.98 Diese unterschwellige und
doch eindringliche Darlegung birgt aber die Gefahr in sich, daß anerzogene Nachgiebigkeit
und mangelndes Rückgrat zu der bereits diskutierten Unterwürfigkeit führen, daß Frauen
bereit sind zurückzustecken, um ihre Ehe zu erhalten. Dorothea Kleine (1985) legt dar, wie
schwer es ist, sich gegen die eigene Rollenprägung zu wehren, die der Frau von vornherein
zum Nachteil gerät. Aber auch hier stellt der letzte Satz klar, von wem eine Änderung
dieser Umstände erwartet werden kann: Nur von den Frauen selbst:

Vorbereitung auf die Ehe durch die Mutter. Die Frau muß dem Mann
gehorchen. Sie ist ihm untertan. Er hat die Pflicht, sie zu ernähren, dafür ist
sie ihm ergeben. Versorgtsein ist wichtig. Liebe in der Ehe ist Pflicht.
Erfüllung ehelicher Pflichten gehört dazu. Daran gewöhnt man sich. Darauf
hat er ein Recht. Belächeltes Jahrhundert. Nur belächelt? Kann man Erziehung
total ausscheiden aus seinem Kopf, wie der Körper Gift aussscheidet? Im
Unterbewußtsein schwimmt etwas mit, wider besseres Wissen. Auch kann
man sich Selbstentschuldigungen daraus machen.99

Und längst sind es nicht immer nur die Frauen, die sich um eine Scheidung
bemühen. Kleines Protagonistin beklagt die Zügigkeit, mit der ihre Ehe vom Gericht
geschieden wird. Die Gradlinigkeit und Undifferenziertheit des Vorganges erscheinen ihr
für den Abbruch einer über zwanzig Jahre bestehenden Beziehung nahezu unziemlich:

Der Richter hat es eilig. Phillipp hat es eilig. Achtzehn Minuten dauert die
Prozedur. Achtzehn Minuten für ein halbes Leben. Achtzehn Minuten für
fünfundzwanzig Jahre gemeinsam gelebten Lebens. Rationalisierung im
Ehescheidungsverfahren? Dann ist die Automatisierung nicht mehr weit.100

An den Statistiken zur Eheschließung läßt sich ablesen, daß nur die wenigsten Frauen
einem gemeinsamen Leben mit Männern von vornherein abgeneigt sind. Wenn sie es später
sind, dann meistens aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen. Falsch verstandene
365

Emanzipation, d.h. Emanzipation gegen die Männer, wird von offizieller Seite - wie in Für
Dich häufig verlautbart - und auch von den Schriftstellerinnen, rigoros abgelehnt. Für
Frauen muß es darum gehen, ihren Eigenwert zu erkennen (Johannis), mehr
Selbstbewußtsein zu entwickeln (Worgitzky, Maron) und ein gleichberechtigtes Miteinander
anzustreben (Morgner). Minderwertigkeitskomplexe, Angst vor Einsamkeit und der Wunsch
nach sexueller Befriedigung sind für die Literatinnen kein Grund zur Eheschließung. Immer
deutlicher wird die Verunsicherung der Frauen - und auch die der Männer: Was dürfen sie
voneinander erwarten, was ist zuviel verlangt, was zu wenig? Kapitel III. 16 setzt sich mit
den Überlegungen der kritischen Autorinnen zu diesem Thema auseinander.

Fußnoten

1 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft...-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 35.
2 ebenda, Seite 37f.
3 ebenda, Seite 38
4 ebenda, Seite 55
5 ebenda, Seite 56
6 ebenda, Seite 62
7 ebenda
8 Emmerich, W.: Identität und Geschlechtertausch.-In: Grimm, R. / Hermand, J.: Basis 8. Frankfurt
(Main): 1978. Seite 148.
9 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft... -In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 63.
10 ebenda
11 Emmerich, W.: Identität und Geschlechtertausch.-In: Grimm, R. / Hermand, J.: Basis 8. Frankfurt
(Main): 1978. Seite 148.
12 Wie Laura kritisch bemerkt, "verfeuert" sie ihren "Enthusiasmus” über den Wahlsieg der französischen
Linken 1973 und stürzt beim Fensterputzen aus dem Hochhaus in die Tiefe. Vgl. ebenda, Seite 149.
13 Fritzke, Hannelore: Über Wolken scheint immer die Sonne. Rostock: 1982. Seite 97.
14 Willkomm, Elke: Hexensommer. Berlin (DDR): 1984. Seite 135f.
15 Worgitzky, Charlotte: Meine uneeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite llf.
16 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 154.
17 Maron, Monika: Flugasche. Frankfurt (Main): 1981. Seite 61. Dieser Roman wurde in der DDR nicht
veröffenüicht.
18 ebenda, Seite 62
19 ebenda, Seite 61
20 ebenda, Seite 62.
21 ebenda. Vgl. auch Königsdorf, Helga: Respektloser Umgang. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 62.
22 Maron, Monika: Flugasche. Frankfurt (Main): 1981. Seite 22.
23 Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne”. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 126f.
24 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 62,
63 und 66.
25 Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Berlin (DDR): 1986. Seite 12.
26 ebenda, Seite 36
27 ebenda, Seite 46. Vgl. auch Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite
234ff. Worgitzky beschreibt hier die "liebelosen Schläfereien", zu denen Frauen sich in ihrer
Verzweiflung herablassen, nach denen ihr jedesmal zumute war "wie nach einem Kummerbesäufnis". Sie
müßte ihr Gedächtnis anstrengen, damit ihr einfiele, wer es war, ob zwei oder drei oder vielleicht nur
einer. "Ich habe aber keine Lust, mich daran zu erinnern." Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel
II.8 und III. 13.
366

28 Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Berlin (DDR): 1986. Seite 78


29 ebenda, Seite 66
30 ebenda, Seite 100
31 ebenda, Seite 99
32 ebenda, Seite 96
33 ebenda, Seite 102
34 ebenda, Seite 109
35 ebenda, Seite 113
36 ebenda, Seite 138
37 ebenda, Seite 124
38 ebenda, Seite 132
39 ebenda, Seite 143
40 ebenda, Seite 153
41 Kirsch, Sarah: Merkwürdiges Beispiel... -In: Wolff, Lutz-W. (Hrsg.): Frauen in der DDR. München:
1979. Seite 182.
42 Vgl. Ärmster, Charlotte E.: "Merkwürdiges Beispiel weiblicher Entschlossenheit" - A Woman’s Story -
by Sarah Kirsch.In: Gerber, Margy (Ed.): Studies in GDR Culture and Society 2. Proceedings of the
Seventh Internationa] Symposium on the German Democratic Republic. Washington, D.C.: University
Press of America 1982. Seite 243-250. Hier Seite 244.
43 Kirsch, Sarah: Merkwürdiges Beispiel....-In: Wolff, Lutz-W. (Hrsg.): Frauen in der DDR. München:
1979. Seite 183.
44 ebenda, Seite 183f.
45 Ärmster, Charlotte, E.: "Merkwürdiges Beispiel...".-In: Gerber, Margy (Ed.): Studies in GDR Culture
and Society 2. Washington, D.C.: 1982. Seite 249.
46 Wendt, Hartmut: Ein günstiges demographisches Klima. Spektrum, 1983, Nr. 11, Seite 26f. Hier Seite
27.
47 Zum Vergleich: Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums liegt diese Ziffer für die BRD unter zehn
Prozent. Kleine Meldungen. Frankfurter Allgemeine. 21. November 1986, Nr. 270, Seite 9.
48 Hauptmann, Christiane: Zur sozialen Stellung alleinstehender Frauen und Mütter... Informationen zur
soziologischen Forschung.... 1985, Nr. 4, Seite 48.
49 Grandke, Anita: Familienförderung.... Berlin (DDR): 1981. Seite 28.
50 Hauptmann, Christiane: Zur sozialen Stellung alleinstehender Frauen und Mütter... Informationen zur
soziologischen Forschung.... 1985, Nr. 4, Seite 49f.
51 ebenda, Seite 50
52 Johannis, Ingrid: Das siebente Brennesselhemd. Berlin (DDR): 1986. Seite 90.
53 Hauptmann, Christiane: Zur sozialen Stellung alleinstehender Frauen und Mütter... Informationen zur
soziologischen Forschung.... 1985, Nr. 4, Seite 49. Vgl. hierzu auch die von Anita Mallinckrodt 1984
publizierten Untersuchungsergebnisse von Frauenbildern in Kurzgeschichten. Mallinckrodt macht u.a. die
Beobachtung, daß die Mehrheit der Frauen "als verheiratet, ledig oder jugendlich" geschildert wurde,
"während Gruppen wie verwitwete, geschiedene und getrenntlebende Frauen stark unterrepräsentiert
waren". Mallinckrodt, Anita: Frauenbilder in Kurzgeschichten der Zeitschriften "Für Dich” und "Das
Magazin". Politische Kultur in der DDR - Reflexionen und Herausforderungen.-In: Lebensbedingungen
in der DDR. Köln: 1984. Seite 49-59. Hier Seite 59.
54 Runge, Irene: 'Frau K., 54 Jahre, alleinstehend’. Sonntag. 1979, 33. Jg., Nr. 7, Seite 8.
55 ebenda
56 ebenda. Siehe hierzu auch: Belwe, Katharina: Zur Situation alleinstehender Frauen... Deutsche Studien.
1987, 25. Jg., Märzausgabe, Seite 46-58. Hier Seite 48.
57 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 1987, 41. Jg., Nr. 34, Seite 42f.
Schwarz; Gislinde: Typisch Frau? Typisch Mann? Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 28. Vgl. hierzu die
Ausführungen in Kapitel III. 13.
58 "allein lebend".-In: Orientierungen. 1985, Heft 5, Seite 20. Herausgegeben vom Bund der evangelischen
Kirchen in der Deutschen Demokratischen Republik. Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985.
Seite 12. Beide zitiert nach Belwe, Katharina: Zur Situation alleinstehender Frauen... Deutsche Studien.
1987, 25.Jg., Märzausgabe, Seite 48.
59 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 235.
60 Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 200. Brief
367

datiert 13.2.1964.
61 Königsdorf, Helga: Respektloser Umgang. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 56.
62 Schubert. Helga: Meine alleinstehenden Freundinnen.-ln: Lauter Leben. Berlin und Weimar: 1983. Seite
5-10.
63 ebenda, Seite 7f.
64 ebenda, Seite 8
65 ebenda, Seite 9
66 ebenda
67 Lambrecht, Christine: Ich renoviere.-In: Dezemberbriefe. Geschichten und Miniaturen. Halle (Saale) und
Leipzig: Mitteldeutscher Verlag 1982. Seite 40-45.
68 ebenda, Seite 41
69 ebenda
70 ebenda, Seite 42
71 ebenda, Seite 43
72 ebenda, Seite 45
73 Worgitzky, Charlotte: Quäze.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 34
74 Röhner, Regina: Lieber Weihnachtsmann.-In: Holunderzeit. Halle (Saale) und Leipzig: 1982. Seite 124-
126.
75 ebenda, Seite 126
76 Morgenstern, Beate: Der Anruf.-In: Jenseits der Allee. Berlin und Weimar: 1981. Seite 52-59. Hier Seite
56.
77 Morgner, Irmtraud: Die Hexe. .. Zürich und Villingen: 1986. Seite 93f.
78 Kleine Meldungen. Frankfurter Allgemeine. 27. Juli 1987, Nr. 170, Seite 7.
79 Sommer, Erika: Thesen zur Dissertationsschrift A: "Studie zum Rechtsbewußtsein Jugendlicher zu Ehe
und Familie - Eine empirische Untersuchung". Informationen zur soziologischen Forschung in der DDR.
1978, Nr. 6, Seite 45-51.
80 Helwig, Gisela: Jugend und Familie. .. Köln: 1984. Seite 95.
81 Hauptmann, Christiane: Zur sozialen Stellung alleinstehender Frauen und Mütter... Informationen zur
soziologischen Forschung.... 1985, Nr. 4, Seite 44. Vgl. Hierzu auch Dahn, Daniela: Gelegenheit macht
Liebe. Partnersuche nicht per Zeitungsannonce. Klubs der Unverheirateten. Sonntag. 1977, 31. Jg., Nr.
47, Seite 7. Dahn stellt fest: "Alleinstehende sind in unserer kulturellen Massenarbeit bisher vernachlässigt
worden. Dabei lebt fast jeder zehnte Erwachsene, der über 30 Jahre alt ist, allein: ledig, geschieden oder
verwitwet. Natürlich besagt die Statistik nichts darüber, wieviele dieser offiziell Alleinstehenden mit ihrem
Status zufrieden sind und wieviele der verheirateten sich trotzdem allein fühlen... Aber erste Initiativen
haben bewiesen, daß es unter sich Alleinfühlenden ein enormes Bedürfnis nach zwanglosen
Kommunikationsstätten gibt.” Dahn appelliert an die Volksvertretungen, Stadträte, Betriebe und
Massenorganisationen "Klubs für Unverheiratete" ins Leben zu rufen. Das Ganze sei nicht nur ein
Problem der Betroffenen und seine Lösung läge nicht nur in ihrem Interesse - "harmonische private
Beziehungen sind eine nicht zu unterschätzende ’Produktivkraft’".
82 Belwe, Katharina: Zur Situation alleinstehender Frauen... Deutsche Studien. 1987, 25 Jg., Märzausgabe,
Seite 46.
83 Morgenstern, Beate: Im Spreekahn.-In: Jenseits der Allee. Berlin und Weimar: 1981. Seite 106.
84 Kleine, Dorothea: Das schöne bißchen Leben. Rostock: 1985. Seite 15f. und 21.
85 ebenda, Seite 36 und 38. Vgl. auch: Schröder, Waltraut: Lesenswert. Ehegeschichten. Für Dich. 1986,
Nr. 29, Seite 21.
86 Maron; Monika: Flugasche. Frankfurt (Main): 1981 Seite 22.
87 Belwe, Katharina: Zur Situation alleinstehender Frauen... Deutsche Studien. 1987, 25. Jg., Märzausgabe,
Seite 46.
88 ebenda, Seite 50
89 "allein lebend...".-In: Orientierungen. 1985, Heft 5, Seite 25. Zitiert nach Belwe, Katharina: Zur
Situation alleinstehender Frauen... Deutsche Studien. 1987, 25. Jg., Märzausgabe, Seite 50. Vgl. auch:
Auf der Suche nach neuen Werten. Fragen an eine Wohngemeinschaft in Sachsen.-In: Wensierski, Peter
/ Büscher, Wolfgang: Beton ist Beton. Hattingen: Scandica Verlag 1981. Seite 93-98. Hier besonders
Seite 95f.
90 Belwe, Katharina: Zur Situation alleinstehender Frauen... Deutsche Studien. 1987, 25. Jg., Märzausgabe,
Seite 50.
368

91 "allein lebend...".-In: Orientierungen. 1985, Heft 5, Seite 26. Zitiert nach ebenda, Seite 50.
92 Belwe, Katharina: Zur Situation alleinstehender Frauen... Deutsche Studien. 1987, 25. Jg., Märzausgabe,
Seite 50.
93 Grasmeyer, Christa: Verliebt auf eigene Gefahr. Berlin (DDR): 1986. Seite 50.
94 Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften. Halle (Saale) und Leipzig: 1986. Seite 76.
95 Schwarz; Gislinde: Typisch Frau? Typisch Mann? Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 28. Für Dich bezieht
sich in einem Artikel auf Untersuchungen, die die von Gysi gemachten Beobachtungen bestätigen.
Sindermann, Regina / Schwarz, Gislinde: Ein Ja fürs ganze Leben...? Für Dich. 1987, Nr. 10, Seite 12-
15. Weitere Bestätigung kommt von Grandke, Anita / Rieger, Wolfgang / Orth, Klauspeter: Wirksamkeit
des Scheidungsrechts. Neue Justiz. 1980, 34. Jg., Nr. 9, Seite 400. Vgl. hierzu die Ausführungen in
Kapitel III. 13 und besonders Kapitel III. 16.
96 Schwarz; Gislinde: Typisch Frau? Typisch Mann? Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 28.
97 Harendt, Ellen: Ohne Happy-End. Für Dich. 1987, Nr. 37, Seite 18f.
98 Für Dich berichtet hin und wieder von geschiedenen Ehen, die nach kurzer Zeit wieder neu geschlossen
wurden. Vgl. z.B.: Das war für uns wie eine Prüfung - Zurück zur Liebe. Für Dich. 1985, Nr. 36, Seite
28f. Siehe auch: LutzS., zweiunddreißig, Werkzeugmacher.-In: Lambrecht, Christine: Männerprotokolle.
Halle (Saale) und Leipzig: 1986. Seite 7-25.
99 Kleine, Dorothea: Das schöne bißchen Leben. Rostock: 1986. Seite 66.
100 ebenda, Seite 27. Auch Männern wird der Ausstieg aus bestehenden Ehen manchmal vielleicht etwas zu
leicht gemacht und von ihnen wohl auch mitunter auf die leichte Schulter genommen. "Früher suchte man
so lange, bis man die richtige Frau zum Heiraten fand, heute scheint die Tendenz dahin zu gehen, solange
zu heiraten, bis man die richtige gefunden hat", resümiert ein Für Dich-Leser (1985).' Kleines
Protagonistin erinnert sich an einen Mann, der "ins Zimmer stürzte, die Becher vollgoß bis an den Rand,
(...). Stimmung machte. Stimmung wollte. Er feierte die Scheidung, zwei Tage vor Weihnachten." Und
sie schließt: "Ich mag keine Scheidungsfeiern. Scheidungsfeiern sind Begräbnisfeiern. Triumphe dieser
Art leben nicht lange.”2 Bei der Beschreibung dieser erzwungenen Feier kommt zwischen den Zeilen die
ihr unterliegende Verzweiflung zum Durchbruch. Nach außen hin wird die Erlangung der "großen
Freiheit" überlaut hinausgefeiert, aber wozu braucht man die krampfhaft produzierte Stimmung? Um die
eigene Verunsicherung, Verzweiflung und Trauer zu überspielen, um der Einsamkeit und den Gedanken
um Vergangenheit und Zukunft zu entgehen. Eine Scheidung ist einem Begräbnis gleichzustellen: Eine
Beziehung ist zu Ende, ein Mensch, an den man einmal all seine Hoffnungen hängte, ist entfernt worden,
wie soll es jetzt weiter gehen?
1 Jürgen Schaepe: Rezepte gibt es nicht. Für Dich. 1985, Nr. 2, Seite 10.
2 Kleine, Dorothea: Das schöne bißchen Leben. Rostock: 1986. Seite 13.
369

III. 16 "Wie können Frauen emanzipiert sein,


wenn die Männer es nicht sind?"

In den vier vorausgegangenen Kapitel diese Teils sind die verschiedenen Alternativen
zusammengestellt worden, die die kritischen Schriftstellerinnen in ihren Werken als
Möglichkeiten für eine gleichberechtigte und somit zufriedenstellende Lebensführung
durchspielen. Erwähnt werden die Ehe, das bewußte Alleinsein und die Lebens¬
gemeinschaft mit einem anders- oder gleichgeschlechtlichen Partner. Gewertet werden diese
Alternativen nicht, sie werden mehr als eine Palette von möglichen Lebensformen
angeboten, nicht zuletzt, um darauf aufmerksam zu machen, daß die von der Regierung so
vehement propagierte Ehe nicht den einzigen Weg zum Lebensglück bietet. Worauf es
ankommt, das wurde in den Kapiteln immer wieder deutlich, ist die Erkennung des
Eigenwerts und das Ablegen von Minderwertigkeits-gefühlen. Dies gilt vor allem - aber
nicht nur (!) - für Frauen, denn sie werden immer noch stark in die unterwürfige Rolle
sozialisiert. Nicht weniger wichtig sind jedoch die Einstellungen und Ideale, mit denen man
seinem (potentiellen) Partner gegenübertritt. Diese sollen hier genauer untersucht werden.

Für Dich gibt 1987 einen Einblick in die Untersuchungen der Forschungsgruppe
Familie am Institut für Soziologie und Sozialpolitik der Akademie der Wissenschaften der
DDR.1 Die Zeitschrift berichtet, daß die Vorstellungen junger Leute von der Ehe zwar von
hohen Erwartungen geprägt, aber dennoch recht "verschwommen" seien. Sie hätten
berufliche Pläne, wünschten sich Kinder, hätten Freizeitinteressen - "irgendwie wird sich
schon alles verwirklichen lassen". Wenn die Vorstellungen dann Praxis würden, erweise
sich, ob sie real waren. Dann zeige sich, ob beide in der Lage seien, Probleme zu lösen,
Konflikte zu überwinden, Kompromisse zu schließen. Die Erfahrungen besagten jedoch, daß
es häufiger die jungen Frauen sind, die im Interesse der Familie und Kinder zurücksteckten,
Qualifizierungen verschöben oder ganz darauf verzichteten, Hobbys aufgäben. Wenn die
Partnerschaft zerbreche, sei der damit verbundene Verlust für sie dann ganz besonders
schmerzlich. Leider werde jungen Frauen erst zu diesem Zeitpunkt bewußt, was sie
versäumt, welche Möglichkeiten der Persönlichkeitsentwicklung sie nicht genutzt hätten.
Ähnliche Beobachtungen werden auch von juristischer Seite gemacht. Grandke u.a.
(1980) sprechen die Vermutung aus, daß "Erscheinungen im Umgang der Partner im
Konflikt" mit "falschen allgemeinen Erwartungen an die Ehe, ihre Grundlagen und damit
auch an ihren Bestand" verbunden sind.2 Oft werde die Beständigkeit der Ehe - und das
hieße heute weitgehend die Beständigkeit der Zuneigung - einfach vorausgesetzt. Fehle diese
Beständigkeit oder gebe es auch nur Anzeichen dafür, werde dies häufig als Kränkung,
Verrat, Schwäche des anderen oder als eigenes Versagen verarbeitet und nicht als ein
Problem gesehen, dem sich die auf Liebe beruhende Ehe stellen müsse, "um es in
menschlicher Würde und gegenseitiger Achtung möglichst im Interesse der Gemeinschaft,
vor allem bei gemeinsamer Sorge um die Kinder, zu meistern".
Angesichts Grandkes Position als Familienrechtlerin von Rang und Namen gewinnen
diese Aussagen offiziellen Charakter. Die Vorstellungen darüber, was von einer Frau
staatlicherseits erwartet wird, erscheint somit recht konfus. Einerseits soll sie die Ehe
bejahen, sich zu einer legalisierten Bindung entschließen und Kinder in die Welt setzen.
Dann gilt es, an dieser Beziehung - nicht zuletzt im Interesse der Kinder - festzuhalten.
Dennoch darf sie dabei nicht ihre eigene berufliche Entwicklung vergessen, darf sie nicht
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im Interesse der Familie zurückstecken. Die Erfüllung einer solchen Aufgabenstellung


selbst an eine "allseitig entwickelten sozialistischen Persönlichkeit" ist nur mit der
allzeitigen und vollen Gleichverpflichtung des männlichen Partners zu erzielen. Diese, so
konnte bereits aufgezeigt werden, ist allerdings bisher in den seltensten Fällen gegeben.
Läßt eine Frau sich jedoch scheiden, weil sie den an sie gerichteten Ansprüchen mangels
Unterstützung nicht genügen kann und will, wird ihr unterlassenes Bemühen um den
Fortbestand ihrer Ehe vorgeworfen, hat sie zu große Ansprüche an den Mann, ist sie zu
sehr auf sich selbst bedacht. Der Grat, auf dem die dem ideologischem Leitbild
entsprechende Frau zu wandeln hat, ist somit ausgesprochen schmal und bedarf nahezu
übermenschlicher Fähigkeiten. Im real-existierenden Sozialismus aber erscheint
offensichtlich kein Ding unmöglich, denn die Jugendliteratur der DDR fördert hohe
Ansprüche und Erwartungen an zukünftige Partner mit Nachdruck. In einem 1986 zum
siebten Mal erschienenen Mädchenbuch Die unromantische Annerose träumt eine
Abiturientin von einem NVAler (Mitglied der Nationalen Volksarmee), in den sie sich
unsterblich verliebt hat:

Als heute abend wieder die Rede auf Männer kam, auf das Bild des
"Zukünftigen", habe ich geschwiegen, daß es einen gibt, an den ich oft denke.
Er wird in meiner Phantasie immer schöner und wunderbarer. Er ist der
klügste, treuste, nobelste Mensch, den es gibt."3

In diesem Buch wird der stets gradlinigen, aufrechten und um ihre sozialistische
Persönlichkeit bemühten Protagonistin nach einigen Verwirrungen der ebenso
charakterstarke Jüngling beschert, ein wahrer Jungmädchentraum alten Stils geht hier in
Erfüllung.

Die Autorinnen bieten eine andere Perspektive zum Thema Partnerwahl und
Erwartungen: In Röhners Holunderzeit (1982) wird von der "Erwartung des Prinzen"
gesprochen, Petra Werner will Sich einen Mann backen (1982).4 Weder der Prinz erscheint,
noch gelingt der Versuch, sich einen Mann nach eigenen Wünschen herzustellen, die Devise
des Abwartens oder die Prägung des Mannes nach einem vorgefertigten Idealbild sind also
erfolglos. Andere Mittel müssen gefunden werden, um den "Mann aller Träume" oder
wenigstens einen männlichen Menschen, der diesen Vorstellungen recht nahe kommt, ins
Leben zu rufen. Die Realisierung wird weiter erschwert durch die Differenzierung der
Ansprüche, denn man kann davon ausgehen, daß jeder Mensch andere Vorstellungen von
seinem "Idealpartner'' hat. Irmtraud Morgner läßt den (Traum)Mann Benno Ziele für eine
gemeinsame Zukunft von Mann und Frau formulieren, die die Vorstellungen der Autorinnen
in wenigen Worten vollendet zusammenfassen. Auf Lauras Zukunftswunsch "Frieden",
antwortet er:

Aber nicht nur so einen, der zwischen Staaten stattfindet. Nicht nur ne
Weltfriedensbewegung im großen. Sondern auch eine im kleinen. Damit
endlich dieser Scheißkrieg zwischen den Geschlechtern aufhört. Ich möchte
nämlich zu gern für so etwas Ähnliches wie die Ehe sein. (...) Uns steht kein
langweiliges Leben bevor, wenn die Weiber erst tun wollen, was sie tun
sollen. Was werden sie als Menschen sagen über die Männer, nicht als Bilder,
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die sich die Männer von ihnen gemacht haben? Was wird geschehen, wenn
sie äußern was sie fühlen, nicht, was zu fühlen wir von ihnen erwarten?
Neulich sagte die Gattin eines Dichters, von Frauen wären keine
Liebesgedichte zu lesen. Die Gattin hat recht. Nur wenige Damen möchten
ihren Ruf dem Geruch der Abnormität preisgeben. Frauen ohne unterdrücktes
Liebesieben gelten als krank (nymphoman), Männer solcher Art gelten als
gesund (kerngesund). (...) Ach, einmal den Hof gemacht kriegen, öffentlich,
wenn die Emanzipation der Weiber dazu führt, bin ich ihr Mann.5

Frauen müssen also das ihnen anerzogene Rollenverständnis durchbrechen, nicht


mehr versuchen, den Vorstellungen der Männer zu entsprechen, sondern nur sie selbst zu
sein, d.h. frei von ihnen aufgezwungenen Geschlechtsprägungen. Für Morgner schließt die
Emanzipation der Frau ihre sexuelle Gleichstellung ebenso mit ein wie das damit
verbundene Werben um einen Partner. In ihrer Geschichte "Kaffee verkehrt" tauscht die
Autorin die den Rezipienten vertrauten Rollen einer allein im Cafe sitzenden Frau und eines
sie bedrängenden Mannes aus: Nun ist es der Mann, der versuchen muß, die sich ihm
burschikos aufdrängende Frau vom Leibe zu halten.6 Morgner stellt dadurch nicht nur
überdeutlich dar, wie entnervend und erniedrigend dieses männliche Gehabe normalerweise
für Frauen ist, sondern auch, daß ein ebensolches Verhalten von einer Frau total
inakzeptabel ist, während von Frauen erwartet wird, dieses Betragen hinzunehmen.
"Kaffee verkehrt” wie auch die Geschlechtertauschgeschichten lösen die
Geschlechtsfixierungen und damit nicht nur das biologische, sondern auch das
gesellschaftliche Koordinatensystem, das sie geschaffen hat, versuchsweise auf.7 Sie
ermöglichen Einblicke in die Rolle des anderen Geschlechts, den damit verbundenen
gesellschaftlichen Druck und Konventionsdrang und dienen dadurch der Verbesserung des
gegenseitigen Verständnisses durch Erkenntnisse, die die Befangenheit in der eigenen Rolle
normalerweise nicht zuließe. Es geht darum, in jedem Mann und jeder Frau zunächst den
Menschen zu sehen und nicht das von Konventionen und Sozialisierung geprägte
Geschlechtsbild. Laura Salman schreibt Märchen, die sie als "Liebesbeweise" für ihren
Mann Uwe bezeichnet, denn sie will gegen ihn und seine Art gerecht sein. Sie brauche zum
Ertragen seiner Liederlichkeit und naiven Bequemlichkeit, die sie täglich eine zweite Schicht
kosten würden, viel Kraft. Dennoch dürfe sie ihm seine sittlichen Gewohnheiten nicht
persönlich anlasten, denn sie seien die allgemein herrschenden. Dem Staat dürfe sie sie aber
auch nicht anlasten, sonst wäre ihr die Sicht verstellt für die großen Verbesserungen, die
er gesetzlich in nur 25 Jahren durchgesetzt habe, sie müsse sich also prinzipiell mit ihrer
Lage abfinden. Dies täte sie, denn niemand könne aus der Historie austreten:

Aber nicht passiv. Das wäre mein Ende. Ohne die Spannung, die ich mir zur
Erfrischung von Leib und Seele ab und zu auf Manuskriptseiten schaffe, wäre
ich wissenschaftlich eine taube Nuß. Mein Optimismus lebt von dieser
Spannung zwischen den Polen Realität und Kommunismus, meine Heiterkeit,
ohne diese Spannung würde ich die Fähigkeit, Männer zu lieben, verlieren.8

Männer und Frauen sind in den gegenwärtig gültigen Rollenbildern gefangen und
müssen sich nicht nur selbst aus diesen befreien, sondern auch ihre Bilder vom anderen
Geschlecht abbauen. Auch hier wird deutlich, daß die Emanzipation des einen Geschlechts
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auf Kosten des anderen nicht möglich ist. Ebenso muß der Umbruch von weiblichen und
männlichen Geschlechtsrollen gleichzeitig stattfinden und kann nicht unabhängig
voneinander durchgeführt werden. Dölling (1980) stellt in diesem Zusammenhang fest, daß
die Individualitätsformen, die die Aktivitäten des Mannes grundlegend formen, seinen
Handlungs- und Entscheidungsspielraum wesentlich bestimmen, gesellschaftliche
Anforderungen sind, die aus den ökonomischen Verhältnissen, ihren Widersprüchen und
Entwicklungstendenzen resultieren. Auch die Aktivitätsmatrizen, die den Frauen "objektiv
bestimmte gesellschaftliche Charaktere aufprägen", haben ihre Ursache in den
ökonomischen Verhältnissen einer jeweiligen Gesellschaft, aber sie sind inhaltlich auf die
Individualitätsformen bezogen, deren Realisierung den Männern zufällt. Aus den jeweiligen
Notwendigkeiten der Reproduktion der Arbeitskraft leiten sich die gesellschaftlichen
Anforderungen an die Frau und ihre "Rolle" in der Familie ab. "Hierin liegen die
wesentlichen Gründe dafür, daß das 'andere’ Geschlecht durch das 'eine’ bestimmt ist, daß
'die Frau sich nicht als Eigenexistenz kennt und wählt, sondern als das, was sie in den
Augen des Mannes ist”'.9
Dölling macht auch auf die gesellschaftliche Relevanz von Männer- und
Frauenbildem aufmerksam. Als Elemente der Kulturauffassung für die Individuen, ihre
Lebensorientierung, ihre Befähigung für die möglichst effektive Nutzung vorhandener
Bedingungen für ein beziehungsreiches Leben seien sie "weitaus stärker wirksam als ein
allgemeines Menschenbild, wie es etwa im Ideal der allseitig entwickelten Persönlichkeit
formuliert ist".10 Männer- und Frauenbilder zielen viel unmittelbarer auf den konkreten
Lebensprozeß der Individuen, betreffen diesen persönlicher, sind in ihrer Erscheinungsform
wie in ihrer Auswirkung auf die Individuen weitaus sinnlich-konkreter als das allgemein¬
abstrakte Persönlichkeitsideal. Indem Männer- und Frauenbilder eine Vermittlung zwischen
Epochenperspektive individueller Entwicklung und dem realen Lebensprozeß von Individuen
sind, machen sie die Gesellschaftlichkeit praktizierter Geschlechterbedingungen und ihr
Eingebundensein in größere Zusammenhänge für die Individuen sinnfällig.11 Die konkrete
gesellschaftliche Bestimmtheit der Individuen in der sozialistischen Gesellschaft (hier
speziell in ihrer Beziehung zueinander als Mann und Frau) könne nur hinreichend erfaßt
werden, "wenn die allgemeine Charakterisierung des Sozialismus als Übergangsphase in der
Analyse von Geschlechterbeziehungen als konkrete Widersprüchlichkeit von historisch
Gewordenem und in der Struktur des individuellen Lernprozesses Wirkendem einerseits und
von Entwicklungstendenzen in dieser Struktur, die auf qualitativ Neues in den
Geschlechterbeziehungen verweisen, andererseits aufgezeigt wird".12 Das Problem der
Geschlechterfixierungen ist somit nicht "Privatsache", Ergebnis einer falschen Sozialisation
durch die Mütter,13 sondern vielmehr Aufgabe der Gesellschaft.
Die Emanzipation der Frau ist, wie die Autorinnen immer wieder heraussteilen, nicht
nur durch juristische Regelungen zu erreichen, sondern verlangt tiefergehende
Umwälzungen in der Gesellschaft und in jedem der darin lebenden Individuen. Da die DDR
aber nach wie vor eine "Männerwelt" ist,14 kann es nicht verwundern, wenn man sich mit
weitergreifenden Maßnahmen noch schwer tut. Den Frauen sitze der "traditionelle
Weibscharakter", unbeschadet ihrer Liebenswürdigkeit, nicht mehr ganz so fest auf, "unsere
Männer allerdings möchten derlei Labilitäten an sich selber ungern zulassen. Ihnen scheint
das überbrachte Leitbild von fragloser Tauglichkeit, von unerschütterlichem Wert zu sein",
argumentiert Annemarie Auer (1975).15 Es sei in das Bewußtsein des Mannes noch nicht
recht eingedrungen, daß es nicht bloß ein Akt der Großmut, des Mitleids oder sonstiger
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freiwillig ethischer Erwägungen sei, wenn er der Befreiung der Frau zustimme. Vielmehr
habe auch er Emanzipation nötig, um der Erhaltung seiner Leistungskraft und seiner
Gesundung willen. Die Medizin habe eine Reihe alarmierender Symptome mitzuteilen, die
auf eine Diskrepanz zwischen Selbstverständnis und Anforderung schließen ließen. Ein
gestörtes Verhältnis zur eigenen Körperlichkeit mit allen daraus folgenden
psychosomatischen Schäden; Dauerstress, Infarkte; die Selbstmordquote des Mannes sei
doppelt so hoch wie die der Frau; und schließlich die viel niedrigere Lebenserwartung.16
Das Grunderlebnis der Fähigkeit, Leben hervorzubringen, statte die Frau mit Erfahrungen
aus, die für die Gesamtheit humaner Gesellschaft von Wert seien und es daher verdienten,
für jedes Individuum moralisch verbindlich gemacht zu werden.17
Zur Angleichung der Geschlechter wird von offizieller Seite versucht, Frauen den
Normen der Männerwelt anzupassen. Sie sollen im Beruf "ihren Mann stehen", die
Versorgung der Familie wird ebenso selbstverständlich von ihnen erwartet. Es gilt, aus dem
Teufelkreis dieser - von Männern definierten und implementierten - Emanzipation
auszubrechen. In der Literatur wird aber auch häufig deutlich, daß viele Frauen und Männer
kaum eine Vorstellung davon haben, was Emanzipation wirklich bedeutet. Die
"Pseudoemanzipationsversuche" einiger Frauen hat Schubert in ihre Kurzgeschichte "Meine
alleinstehenden Freundinnen" bereits benannt, mit ihrer Beschreibung sind die
Mißkonzeptionen jedoch längst nicht erschöpft. Die in den DDR-Medien propagierten
"allseitig entwickelten Persönlichkeiten", die Beruf, Familie und gesellschaftliche
Aktivitäten nahezu mühelos und mit großem Elan miteinander verbinden, sind in der
Literatur der kritischen Autorinnen nicht zu finden. Die Schriftstellerinnen machen aber
darauf aufmerksam, daß es gerade dieses offizielle Leitbild ist, an dem viele Frauen sich
orientieren, das sie mit Emanzipation gleichsetzen. Weil ihnen die Umsetzung in den realen
Alltag nicht gelingt, laufen sie Gefahr, das wahre Lebensziel aus dem Auge zu verlieren:

All das Gerede von Selbstverwirklichung. Das Gejammer. Die Besessenheit.


Haben wir jemals solide nachgedacht. Was wollen wir denn. Alles? Das kann
doch nicht wahr sein. Die Rechnung stimmt nicht hinten und nicht vom. Ich
weiß wovon ich spreche. Man kann schließlich nicht die Anforderungen der
Leistungsgesellschaft beklagen und zugleich deren herausragende Resultate
zum Maßstab der eigenen Arbeit erheben. Man muß seinen Ausschnitt suchen.
Das starre Rollenspiel durchbrechen.18

In der kritischen Diskussion ist also die von der sozialistischen (Männer)Welt
propagierte Art der Emanzipation weder die gesuchte, noch kann sie zur Lösung der
bestehenden Probleme führen. Frau und Mann werden in diesem System
gegeneinandergestellt, sollen sich in einer von männlichen Normen und Fähigkeiten
definierten (Berufs)Welt aneinander messen. Es kann daher kaum verwundern, wenn Frauen
in Anbetracht einer solchen Sisyphusaufgabe über kurz oder lang aufbegehren, um sich
wenigstens eines Teils des Joches entledigen. Da die Arbeit lebensnotwendig ist, häufig
auch Zufriedenheit bringt und in diesem Bereich ja auch ein größeres Maß an
Gleichberechtigung existiert, ist es meistens die Privatsphäre und damit der Mann, gegen
den sich die Ablehnung richtet. Männer sehen sich gerade hier öfter benachteiligt. Sie
würden für Frauen manchmal zu schnell zum Sündenbock für Unzulänglichkeiten und
Doppelbelastung, beklagt sich ein Für Dich-Leser. Der zweifellos berechtigte "Kampf"
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vieler Frauen um die Durchsetzung der Gleichberechtigung sei im Alltagsleben auch oft
"von Überspitzungen" und "Fehleinstellungen zu grundlegenden moralischen Prinzipien
begleitet".19 Gesellschaftliche Mängel sollten aber nicht einem Einzelnen angehängt, sondern
in ihrem Kontext gesehen und angegangen werden. Wie die bereits zitierte Laura Salman,
bemüht sich auch eine Protagonistin Königsdorfs um eine gerechtere Einstellung:

...ich war nahe daran, eine Männerfeindin zu werden. Erst allmählich konnte
ich wieder Gerechtigkeit walten lassen. Männer hatten es auf ihre Art schwer.
Ein Mann ohne Erfolg war kein Mann. Eine Frau in der gleichen Lage blieb
immerhin eine Frau. Aber wie lange noch? Wie weit würden wir diese Art
der Emanzipation noch treiben? Alles, was ich an Lebenskraft in die
Versorgung meiner drei Kinder investieren mußte, verbuchte die Gesellschaft
als mütterlichen Lustgewinn. Daneben wurde es gern gesehen, wenn man
möglichst selbst auf ansonsten gleicher Leistungsanforderung bestand. Damit
man dazu auch die Gelegenheit bekam, wurden regelmäßig Frauenkonferenzen
abgehalten.20

Gereift durch ihre Auseinandersetzungen mit realen und belangvollen Erfahrungen,


signalisierten Frauen nun einen radikalen Anspruch: als ganzer Mensch zu leben, von allen
Sinnen und Fähigkeiten Gebrauch machen zu können. Dieser Anspruch, so Wolf im
Vorwort zu Wanders Protokollen, sei eine große Herausforderung für eine Sozietät, die, wie
alle Gemeinwesen des Zeitalters, ihren Gliedern mannigfache Zwänge auferlege, zum Teil
auferlegen müsse, immerhin habe sie selbst, wissentlich oder nicht, diesen Anspruch
geweckt; mit Frauenförderungsplänen, Krippenplätzen und Kindergeld allein könne sie ihm
nun nicht mehr begegnen. Auch damit nicht, daß sie mehr Frauen in jene Gremien
delegiere, in denen überall in der Männerwelt die "wichtigen Fragen” von Männern
entschieden würden.21
Frauenkonferenzen, sozialpolitische Maßnahmen und politische Aktivierung der
Frauen in die (unteren) Ränge der politischen Hierarchie sind, wenn es um die Erstellung
einer wahren Gleichberechtigung geht, zwar nicht nur bloße Augenwischerei, können aber
doch höchstens als erste Schritte in die richtige Richtung auf dem Weg zu einer
allumfassenden Emanzipation anerkannt werden (Kaufmann / Wolf, 1974).22 Frauen haben,
so heißt es bei Morgner (1974), "von der Art Gleichberechtigung, die den Frauen erlaube,
wie Männer zu arbeiten und wie Frauen dazu, die Nase voll".23 Mit dem Zugeständnis
gleicher Rechte ist das Ziel noch lange nicht erreicht: "Wer weiß, ob man die Rechte in
Anspruch nehmen kann?"24 Und Gleichheit, so wird bei Anderson (1975) betont, gebe es
"entweder für jeden oder für niemand", sonst bestehe das Patriarchat weiter. "Wie kann
eine Frau emanzipiert sein, wenn es ihre Schwester nicht ist? Wie können Frauen
emanzipiert sein, wenn die Männer es nicht sind? In Bezug auf wen und auf welchem
imaginärem Gebiet soll sich ihre Emanzipation vollziehen?"25
Zeigen die Frauen jedoch Anzeichen von Verunsicherung, so scheinen die Männer
noch weitaus mehr davon betroffen zu sein. Ihr Verständnis von Emanzipation ist häufig
negativ, wird als Beschneidung ihrer Rechte aufgefaßt, einige fühlen sich sogar bedroht und
stehen Bemühungen der Frauen nahezu feindlich gegenüber. "Frauen geben keine Ruhe,
bevor sie nicht Recht bekommen", heißt es da. "Überhaupt die Emanzipation. Je
emanzipierter, desto rechthaberischer die Frau, (...). Im Liebesieben sind rechthaberische
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Frauen unerträglich."26 Eine Diskussion von Frauen über das Abtreibungstabu wird von
einem Protagonisten Worgitzkys als "Emanzengeschwafel" bezeichnet;27 Frauen, "die alles
wissen und alles können" sind "Mannweiber";28 die Freundinnen der Exehefrau sind
"Emanzenziegen”, die "Emanzenintrigen" aushecken.29 Die Bezeichnung "Emanze” wird
generell als Vorwurf und Schmähung benutzt.30
Eine prägnante, die eigene Unterminierung im Sexualbereich beklagende Aussage des
Protagonisten Johannes in Christa Grasmeyers Verliebt auf eigene Gefahr (1984) macht
deutlich, wie wenig manche Männer das Konzept der Emanzipation der Frau bisher
verstanden haben und wie sehr sie davon überzeugt sind, daß jede Entwicklung auf diesem
Gebiet zu ihren Ungunsten verlaufen muß:

Alle sind sie neurotisch und hysterisch, oder sie werden’s mit der Zeit, weil
sie einen Emanzentick kriegen. Uns brauchen sie bloß noch zum Bumsen und
zum Zeugen, und sogar beim Bumsen sollst du gehorchen. (...) Ja, ich weiß
nicht, ob du auf Befehl bumsen kannst, wie eine Maschine, die angestellt wird
und loshämmert. In dem Augenblick rastet was aus bei mir, und dann heißt
es: Nicht mal dazu bist du gut. Nicht mal das, was jeder kann. Geschweige
denn höhere Interessen, Fernstudium, feine Manieren..., ach, Scheiße,
Scheiße!31

Nicht nur in der hier untersuchten Frauenliteratur, auch in den Männerprotokollen,


die ja weniger Belletristik als vielmehr Dokumentarliteratur darstellen, finden sich
vergleichbare Äußerungen. "Eine Emanze könnte ich nicht ertragen, die kaltschnäuzig ist
oder so etwas,” heißt es dort.32 Und: "Eine emanzipierte Frau, die sich aus Prinzip nicht
bei mir anlehnen würde oder sich nicht aus der Straßenbahn helfen lassen wollte, wäre für
mich auf die Dauer nicht zu ertragen."33 "Feministinnen" würden immer "fifty-fifty"
aufrechnen, wieviel jeder im Haushalt getan hätte.34 Diese Aussage kann jedoch kaum
verwundern, wenn man bedenkt, daß viele Männer ihren Beitrag zur Gleichberechtigung
noch immer mit männlicher Mithilfe im Haushalt gleichsetzen.35 Der 50jährige
Diplomökonom Günther betrachtet laut eigener Aussage seine Frau als "vollkommen
gleichberechtigt", sie sei aber ein "Besserwisser- und Herrschertyp”. Er hasse
Oberflächlichkeit, Halbbildung und vor allem Egozentrik, aber bei ihr fingen "von zehn
Sätzen die sie spricht, acht mit ’ich’ an". Außerhalb ihres Berufes sei sie ein "blindes
Huhn", "im Grunde kann sie nur saubermachen und kochen". Seine Ansichten zur
Emanzipation mögen sinnbildlich für die vieler Männer stehen, die sich - allein schon durch
die rechtlichen Regelungen - benachteiligt fühlen:

Das hat uns die Gleichberechtigung nun eingebracht, man hat Angst vor der
eigenen Frau. Mir scheint, manche Frauen haben die Emanzipation falsch
verstanden. Letztendlich versuchen sie doch wieder nur, die Männer
nachzuahmen. Das fängt beim aggressiven Autofahren an, geht übers Rauchen
bis zum Trinken. Mir sind sogenannte Emanzen verhaßt, die eine übertriebene
Selbstsicherheit an den Tag legen, ihre schöne Weiblichkeit verleugnen und
im Grunde doch immer auf der Suche nach ihm sind. (...) Ich hab gehört, bei
83 Prozent der Scheidungen sei die Frau der Einreicher. Das ist mir völlig
klar. Sie bekommt in der Regel das Kind, also auch die Wohnung, Alimente,
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ist wirtschaftlich selbständig und wird durch die Gesellschaft unterstützt.


Selbst bei Auszeichnungen im Betrieb wird hervorgehoben, sie ist
alleinstehend - eigentlich ein trauriges Ergebnis, aber es wird ihr als Verdienst
angerechnet, sie ist Mutter und Hausfrau und hat sich qualifiziert. Welcher
Frau schwillt da nicht die Brust? Und dann ist sie geschieden und glaubt, alle
Wünsche gingen nun in Erfüllung. Aber der Prinz in der goldenen Kutsche
kommt nicht. Also muß ein anderer her. Aber auch mit dem gibt’s Probleme:
Gleichförmigkeit stellt sich ein. Wieder sind Socken zu waschen und so
weiter, und so weiter. Ein Ringelspiel. Einen nur zum Schlafen gibt es nicht.
Es sei denn, man richtet Männerbordelle ein. Vielleicht ist das zeitgemäß, und
es ist bloß noch keiner drauf gekommen.36

Verbitterung ist also nicht nur in den Aussagen der Frauen, sondern auch in denen
der Männer deutlich abzulesen. Muß Gleichberechtigung unbedingt mit der Unterdrückung
des einen Geschlechts durch das andere einhergehen, verlieren Frauen ihre Weiblichkeit und
Männer ihre Männlichkeit? Diese hier als Fragen formulierten Mißkonzeptionen werden von
Vertretern beider Geschlechter scheinbar noch immer als unmittelbares Ergebnis einer
konsequent durchgeführten Gleichstellung verstanden. Diesen Glauben versuchen die
Autorinnen mit ihren Werken zu durchbrechen. Es geht darum, die alte Rollenverteilung
zu durchsprengen: "Denn genau wie ein Mann in Ketten nicht von seiner Männlichkeit
Gebrauch machen kann, so kann die Frau erst ganz Frau sein, wenn sie ihre Fesseln hinter
sich gelassen hat. "37
Die Autorinnen beobachten immer wieder, daß Frauenprobleme für Männer von
geringer gesellschaftlicher Bedeutung sind.38 Sie sehen nicht die Zusammenhänge, die vielen
Frauen schon längst klargeworden sind, daß "Frauen nicht mehr nur nach
Gleichberechtigung, sondern nach neuen Lebensformen suchen". Die Verhältnisse in der
DDR, so argumentiert Wolf (1976), hätten es den Frauen ermöglicht, ein Selbstbewußtsein
zu entwickeln, das nicht zugleich Wille zum Herrschen, zum Dominieren, zum Unterwerfen
bedeute, sondern Fähigkeit zur Kooperation. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte definierten
sie ihr Anderssein und entfalteten dabei nicht nur schöpferische Phantasie: "Sie haben auch
jenen nüchternen Blick entwickelt, den Männer für eine typisch männliche Eigenschaft
hielten." Frauen setzen dem bloßen Nützlichkeitsdenken und Pragmatismus - jener ’Ratio’,
die sich selbst betrügt - Vernunft, Sinnlichkeit und Glückssehnsucht entgegen. Sie blicken
über 'ihre eigenen vier Wände’ hinaus, wissen, daß eine Menschheit nicht zugleich
wachsende Anteile ihres Reichtums für Massenvemichtungsmittel ausgeben und "glücklich"
sein kann, daß, solange eine Hälfte der Menschheit unterernährt ist oder Hungers stirbt, es
keine "normalen" Beziehungen unter Menschen irgendwo auf der Welt geben kann.39
Im "Kampf" um die Emanzipation soll es also keine "Sieger" und "Besiegten" mehr
geben, sondern im Ergebnis eine von traditionellen Rollenprägungen und Lebensweisen
befreite Gesellschaft, in der Menschen frei miteinander umgehen können, die "dritte
Ordnung" soll "weder patriarchalisch noch matriarchalisch sein, (...) sondern menschlich.40
Das noch zu erreichende Ziel, die Utopie wird von Lauras Exehemann Uwe in seiner
Schilderung der Zustände in der DDR formuliert:

Es existiert die Gleichberechtigung der Bürger aller Rassen und


Nationalitäten, die Gleichberechtigung von Frau und Mann auf allen Gebieten
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des Staats-, Wirtschafts- und Kulturlebens. Die sozialistische Gesellschaft


gewährleistet die wirkliche Freiheit der Persönlichkeit. (...) Die Beziehungen
zwischen den Menschen sind durch kameradschaftliche Zusammenarbeit und
gegenseitige Hilfe gekennzeichnet.41

Und Morgner selbst erklärte 1984 in einer Diskussion mit Lesern:

Ich meine, genauso wichtig wie die Emanzipation der Frau ist die des
Mannes, und manchmal, denk’ ich, sogar noch etwas wichtiger. In unserer
Tradition war der Mann das Geschlecht, das immer Überhand hatte. In diesen
Zeiten ist die Emanzipation des Mannes außerordentlich wichtig. (...) Die
beiden Menschenhälften müssen miteinander auskommen.42
Ich will mein Leben nicht ausfüllen mit Haß, Rache, Vergeltung. Ich will
nicht zerstören. Ich will bauen.43

Was man vage "Emanzipation der Frau" nenne, müsse eigentlich "Emanzipation des
Menschen" genannt werden.44 Es geht nicht um ein Gegeneinander, sondern um ein
Miteinander. Daß diese Ansichten weit verbreitet sind, wird in Für Dich und auch von
Soziologen bestätigt. Kommentare im Frauenmagazin sind dabei (vielleicht zensurbestimmt)
vorsichtiger und oberflächlicher, die Beobachtungen von Wissenschaftlern genauer und
pointierter formuliert: "Wir müssen die Männer dazu erziehen, eine gleichberechtigte Frau
zu ertragen, ” erklärte Pastorin Fink bereits in den sechziger Jahren, diese Zielsetzung gelte
auch heute noch, kommentiert Für Dich (1987).45 Die Zeitschrift weist darauf hin, daß es
für Frauen "sehr deutlich spürbar" sei, was ihnen die Gleichberechtigung bringe. Sie seien
unabhängiger, selbstbewußter, hätten in ihrer ganzen Persönlichkeit gewonnen. Für den
Mann erscheine dieser Prozeß problematischer und äußerlich zumindest einmal als
"Verlustgeschäft", dabei würde er doch genauso gewinnen.
Ähnlich sieht auch Soziologin Gysi (1987) die Situation.46 Zuallererst gewinne der
Mann den Vorteil, den die gesamte Gesellschaft für sich verbuche, wenn nicht etwa die
Hälfte aller schöpferischen Potenzen, nämlich die der Frauen, brachlägen. Gleichzeitig
bringe die Gleichberechtigung der Frau auch dem Mann die Emanzipation: Er wachse in
seiner Persönlichkeit, indem er sein überkommenes Rollenverhalten verlassen könne, eine
Rolle, die beide Geschlechter hindere und einenge. Immer stark und überlegen zu sein, sei
wohl auch für den Mann eine nur schwer zu tragende Bürde. Heute gälte es längst als
männlich, Gefühle zu zeigen, zärtlich, liebevoll und fürsorglich zu sein. Der Mann werde
auch gerade durch die Beschäftigung mit den Kindern reicher, könne seine Lebenswerte an
die nächste Generation weitergeben. Wäre er einstmals ohne die Frau ziemlich hilflos im
Haushalt, so hätten sich zumindest die jüngeren Männer auch auf diesem Gebiet gewaltig
emanzipiert. Den größten Gewinn aber gebe es wohl für die Partnerschaft zwischen beiden.
Viele Männer wünschten sich heute bereits kluge, interessante, selbstbewußte Gefährtinnen.
Partnerinnen, die ihnen gewachsen seien, mit denen sich nicht nur die kleineren, sondern
auch die größeren Dinge des Lebens besprechen ließen, mit denen sie ihre Interessen und
Bedürfnisse teilen könnten. Gysi stellt auch fest, daß man nicht übersehen könne, daß ein
Teil der Männer solchen weiblichen Attributen wie "Anpassungsfähigkeit”, "Häuslichkeit"
usw. den Vorrang gegenüber Bildung und einer vielseitigen Lebensorientierung gebe.
Heiratsannoncen seien dafür ein beredtes Zeugnis.47
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Hierbei handele es sich um einen Prozeß, in dem traditionelle Vorstellungen und


Verhaltensweisen noch nachwirkten. Diese Widersprüche seien - so Gysi - "ohne weiteres
erklärbar und für unsere dynamische Entwicklung durchaus normal", mitunter aber sehr
schmerzhaft für den einzelnen.48 Frauen stellten in der DDR-Gesellschaft ebenfalls sehr
hohe und gewiß berechtigte, "aber eben derzeitig auch ein wenig widersprüchliche
Anforderungen an den Mann als Partner". Er soll beispielsweise nach wie vor solche
"männertypischen" Eigenschaften wie Souveränität, Aktivität und Entscheidungsstärke
besitzen, er soll der Frau ein bißchen überlegen, kurz ein "richtiger Mann" sein.
Andererseits werde erwartet, daß er ein sensibler Partner, zärtlicher Vater und versierter
Hausmann sei. Manche dieser Eigenschaften gingen nicht leicht zusammen, würden aber
trotzdem von den Frauen oft ziemlich rigoros und ungeduldig abgefordert. Das führe bei
den Männern nicht selten zu Unsicherheiten im Verhalten, zu Desorientierungen. Dies
hänge auch damit zusammen, "daß wir in Bezug auf die Frau über ein ziemlich konkretes
Leitbild verfügen, also einigermaßen genau sagen können, wie SIE sein soll". Das Leitbild
für IHN dagegen scheine noch viel schwächer konstruiert zu sein und lasse allerhand
offen.49 Die Westberliner Sozialwissenschaftlerin Ulrike Enders kritisiert in diesem
Zusammenhang, daß sich das Frauenleitbild im Verlaufe der nahezu 40jährigen Existenz der
DDR mehrfach gewandelt hat, daß aber bis heute auf die Formulierung eines
Männerleitbildes verzichtet worden ist: "Dieses hätte als Orientierung für eine Veränderung
auch der gesellschaftlichen Stellung des Mannes und für die Herausbildung neuer
Geschlechtsrollen und -beziehungen dienen können."50 Gysi (1987) kommt zu dem Schluß:

Die Gleichberechtigung war und ist also ein Prozeß, der beide Geschlechter
angeht, in dem Widersprüche gemeinsam gelöst werden müssen. Das kann
auch gar nicht anders sein. Niemals wird sich nur ein Geschlecht allein
verändern. Beide - Männer und Frauen - können sich nicht anders als
miteinander und füreinander emanzipieren. Auch das ist ein familienpolitisches
Ziel unserer Gesellschaft.51

Literatinnen und die fortschrittlicher eingestellten, nicht unbedingt regierungstreuen


Soziologen sind sich also darin einig, daß Emanzipation nur für beide Geschlechter
gemeinsam erreichbar ist. Dies verlangt Einsicht und Änderungswillen von beiden Seiten,
ebenso wie Verständnis und Geduld. Man muß aufeinander zugehen und bereit sein, eine
Beziehung nicht nur mit Forderungen und Erwartungen anzugehen, sondern auch, und dies
trifft auf beide Partner zu, sich selbst und den Willen, den anderen zu verstehen,
einzubringen. Auf diese Weise kann man sich auf das gemeinsame Ziel zubewegen.
Nur ist bisher die wirkliche Gleichberechtigung von den wenigsten richtig erkannt
worden. Mißkonzeptionen, Vorurteile und Fehlinterpretationen und auch überlebte
Rollenklischees blockieren hier noch zu häufig den Weg. Angesichts dieser Tatsache wirft
Ilse Ziegenhagen in Sonntag die Frage auf, ob die gestiegenen individuellen Ansprüche der
Frauen nicht vielleicht auf überhöhten Erwartungen basieren, hinter denen sich "mangelnder
Realitätssinn" verberge. Gysi (1987) weist diese Interpretation jedoch zurück, denn "würden
unsere Bedürfnisse nicht auch immer über den Status quo hinausgehen, wäre Entwicklung
nicht vorstellbar.52 Ähnlich fragt auch Wiens in ihrem Roman Traumgrenzen (19831: "Wenn
man an die Grenzen seiner Träume stößt, muß man dann die Grenzen vor sich herschieben
oder die Träume ändern, (...)." Und auch hier ist die Antwort der Autorin unmittelbar
379

ableitbar: Träume dürfen nicht aufgegeben, sondern müssen in die Realität umgesetzt
werden.53 Frauen, so fährt Gysi fort, wüßten sich hinsichtlich ihrer Ansprüche
gesellschaftlich im Recht und lösten die Konflikte oft, indem sie aufgäben, d.h. durch
Scheidung. Die Männer wiederum fühlten sich verunsichert und überfordert. Hier fehle also
Eindeutigkeit, die die Gesellschaft herstellen müsse. Globale Lebenswerte müßten auf den
real erreichten Entwicklungsstand übertragen werden. Allerdings offenbare sich hier auf
seiten der Frauen mangelnde Geduld, Verständnis und Kompromißfähigkeit.54 Besonders
schlecht vorbereitet seien Jugendliche darauf, daß Probleme und Konflikte zwangsläufig zum
Zusammenleben gehörten und daß sie potentiell lösbar seien. Junge Ehen scheiterten auch
häufig, weil die Partner Anpassung und Verzicht zugunsten der Partnerschaft nicht gelernt
hätten.
Die tendenzielle Abnahme der Eheschließungen bei gleichzeitiger Zunahme der
Scheidungen, Lebensgemeinschaften und unvollständigen Familien weisen hinlänglich auf
die Probleme mit der Ehe hin. Im FGB aber wird die Ehe nach wie vor als eine für das
Leben geschlossene Gemeinschaft bezeichnet und man muß sich fragen, ob dieser Anspruch
auf Lebenszeitlichkeit angesichts dieser demographischen Entwicklungen nicht selbst
illusionär ist. Dem wird entgegengehalten, daß das FGB ja die Regel und nicht die
Ausnahme formuliere. Regel aber sei noch immer, daß die meisten Ehen durch den Tod
endeten, die meisten Paare also ein Leben lang zusammenblieben. Ob aber eine
Lebenszeitlichkeit der Ehe für die nächsten Generationen noch mehrheitlich zutreffen werde,
sei in Anbetracht des Zerfalls vieler junger und des wachsenden Anteils langjähriger Ehen
am Scheidungsgeschehen "schon einigermaßen zweifelhaft", zumal das Risiko einer
Scheidung bei der jungen Generation von Anfang an mit einkalkuliert werde.55 Dennoch -
so Gysi (1987) - sei die Ehe "absolut noch nicht am Ende”. Am Ende sei aber vielleicht die
Vorstellung, daß der größere Teil der Menschen künftig sein Leben mit nur einem Mann
oder einer Frau verbringen werde. Ehe und Familie seien keine unveränderlichen Größen:

Wir haben uns darauf einzustellen, in Zukunft mit einem permanenten,


möglicherweise steigenden Prozentsatz an Mehrfachehen,
Lebensgemeinschaften und unvollständigen Familien zu leben. Es wird eine
Vielzahl von Lebensformen geben, die in ihrer Summe unsere Lebensweise
mitbestimmen werden.56

Zusammenfassend kann hier festgehalten werden, daß es den Autorinnen keinesfalls


darum geht, Männerfeindlichkeit hervorzurufen und die Gegensätzlichkeit zwischen den
Geschlechtern weiter zu vertiefen. Sie bemühen sich um eine Förderung des
Selbstvertrauens der Frauen, weil sie davon ausgehen, daß nur eine in sich selbst ruhende
Persönlichkeit der wirklichen Partnerschaft fähig ist. Selbsterkenntnis und auch das Wissen
um die eigenen Schwächen sind dazu ebenfalls unerläßlich. Eine befriedigende Beziehung
läßt sich auch nicht durch Unterwürfigkeit und aus Angst vor Einsamkeit "erkaufen",
gegenseitiger Respekt wird als wichtige Bedingung herausgestrichen. Frauen müssen sich
der Tatsache bewußt werden, daß sie allein leben können, daß sie Männer nicht prinzipiell
und "zum anlehnen" brauchen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß sie sich von ihnen ganz
zurückziehen und von einem Leben mit einem Mann absehen, obwohl einige Frauen - in
der Literatur wie auch in der Realität - diese Möglichkeit aufgrund ihrer Erfahrungen mit
380

dem anderen Geschlecht vorziehen. Es kommt darauf an, "sich selbst gefunden zu haben",
"mit sich selbst eins zu sein" und von dieser Warte aus eine bewußte Entscheidung über
seine Lebensweise zu fällen. Dabei sollte man sich weder durch Angst vor der (vielleicht
einsamen) Zukunft noch durch Konventionen bedrängen lassen.
Die Autorinnen versuchen mit ihrer Literatur eine Diskussionsebene zu schaffen, sie
wollen mit dem Durchspielen von verschiedenen Lebensmöglichkeiten, die in der
reglementierten Realität der DDR vielen Bürgern vielleicht gar nicht richtig zu Bewußtsein
kommen, zum Nachdenken und zur Debatte veranlassen. Sie wollen ihre Rezipienten dazu
anregen, das Konzept der Emanzipation nicht einfach mit dem von der SED propagierten
Leitbild gleichzusetzen, sondern sich eigene Gedanken zu machen, nach neuen Mitteln und
Wegen zu suchen, um die bestehende Situation weiterzuentwickeln. Vielleicht auch gerade,
weil das Alleinsein, das "Sich-Abschotten" vom anderen Geschlecht nicht die Antwort sein
kann und darf, weil die Emanzipation von Mann und Frau Hand in Hand gehen soll, suchen
die Schriftstellerinnen und auch viele ihrer Rezipientinnen den Dialog. Sie wollen die
Männer zum Reden animieren, die von Christine Lambrecht und Christine Müller
zusammengestellten Männerprotokolle dürfen hier sicher als ein Versuch angesehen werden,
den noch zaudernden Männern ein Forum zu bieten, um das Verständnis zwischen den
Geschlechtern zu verbessern. Männer tun sich mit dem Formulieren ihrer Gefühle, Wünsche
und Lebensziele noch schwer, die Rollenprägung des "harten" und wenig emotionalen
Mannes wirkt hier noch nach. Maxie Wander, die mit Recherchen für ein solches Buch
begonnen hatte, schrieb in ihr Tagebuch.

Ich plag mich jetzt mit den Männergeschichten, schreibe Tonbänder ab. Aber
auf einmal merk ich, das ist alles nischt. Viel schwächer als die
Frauengeschichten, oder ich kann’s einfach nicht beurteilen. Die reden doch
nicht ehrlich... Schön wär’s, wenn ich ein wenig bloßlegen (nicht bloßstellen)
könnte von ihrer Angst, nicht zu genügen, von ihrem Konflikt zwischen
(Omni-)Potenzzwang und ihrem Geborgenheitswunsch, ihrem sexuellen
Verlangen und dem Bedürfnis nach Zärtlichkeit. Aber sie kennen ja ihre
Bedürfnisse und Ängste viel weniger als wir Frauen. Sie haben wirklich
geringere Ansprüche an ihre Persönlichkeit, zumindest andere als wir Frauen.
Frauen wollen Menschen werden, Männer wollen was erreichen, wollen
Erfolg haben oder glauben, es wollen zu müssen.57

Einigen (wenigen) Männer scheint ihre bedrängte Lage bewußt zu sein. Frauen seien
vielmehr bereit, sich über Probleme, Weltanschauungen, Fragen des Zusammenlebens und
auch Sexualität auszusprechen, stellt Kinderarzt Lothar fest. "Sie sind uns da ein ganzes
Stück voraus. Manchmal beneide ich sie direkt, wie selbstverständlich und unverkrampft
sie über sich reden."58
Sicherlich wäre es angebrachter gewesen, wenn die Männer selbst mit ihren eigenen
Protokollen auf Maxie Wanders Interviews mit Frauen geantwortet hätten. Psychologe Helm
kommentiert im Vorwort zu Müllers Werk:

Es sind nicht wenige Menschen, die ihre eigenen Gefühle, Erwartungen,


persönlichen Wünsche und Konflikte nur schwer oder selten im Gespräch
ausdrücken oder wahrnehmen können, selbst wenn sie es wollen.
381

Gefühlsverarmung, geringe Öffnungsbereitschaft oder eine unpersönliche


Sprechweise lassen ihr inneres Erleben ichfern erscheinen. Es entsteht der
Eindruck einer Blindheit gegenüber eigenen psychologischen Problemen, oder
der eigene Anteil daran wird einfach übersehen. In dieser Gruppe sich selbst
gegenüber eher verschlossener Menschen finden sich deutlich mehr Männer
als Frauen.59

Was aber brachte die Männer zum Sprechen? Soziologin Runge unterstellt in ihrer
recht kritischen Rezension in Sonntag (1986): "Frauen, die jung und schön sind. Nur so
ließe sich erklären, weshalb "Imponiergehabe, Selbstdarstellung, auch Unbeholfenheit in so
eitler Weise korrelieren".60 Runge vermißt "die Grundidee, an der das Sammelsurium von
Meinungen, Halbwahrheiten, Erfahrungen, Ideen und Gefühlen" orientiert ist. Die
Männerurteile über sich und die Welt würden für die Wirklichkeit selbst gehalten,
Fragwürdigkeiten keiner Kritik unterzogen. Ungleich Maxie Wander würden die Autorinnen
ihre Gesprächspartner nicht genau genug kennen. Es werde denunziert und nicht aufgehellt,
moralisierende Vorurteile würden weitergegeben, aber nicht die Produktion von
Lebensumständen für Männer als historische analysiert. Anpassung und
Durchsetzungsvermögen, Leben als Funktion individueller Zeit im Rahmen der historischen
Entwicklung, diese Antipoden seien nicht mitbedacht worden. So blieben die Aussagen
zufällig, "doch auch wahr, weil sie bezeugen, was an der Oberfläche ist, was im Alltag
gedacht, gesagt, getan wird".
Runge hat offensichtlich hohe Erwartungen an eine Protokollsammlung und scheint
den Lesern nicht zuzutrauen, die historische Einordnung dieser "literarischen
Schnappschüsse" selbst vorzunehmen. Damit zieht sie sich die Kritik einer Sonntag-Leserin
zu, die Runges Rezension als "unsachlich" bezeichnet. Runge verkenne die Möglichkeiten
und Grenzen von Dokumentarliteratur.61 Es sei keineswegs erforderlich, daß der
Protokollant seine Gesprächspartner jahrelang kenne, und es hätte deren Aussagemut, aber
auch den Texten eher geschadet als genützt, wenn die "fragenden Frauen" ein "erkennbares
Ziel ihrer Unternehmung ’Mann’" plakativ zu erkennen gegeben hätten. Das verlange man
übrigens auch immer wieder vom modernen Roman. Für den mündigen Leser, mit dem es
Literatur heute mehr und mehr zu tun habe, seien die Ziele der Autorinnen durchaus
erkennbar. "Daß die Herren womöglich nur gesprochen haben, weil ihre Interviewerinnen
’jung und schön’ waren, empfinde ich als Unterstellung seitens der Rezensentin. Hinter
einem solchen Satz steckt Eifersucht, worauf auch immer." Die Protokolle zielten
auf den mündigen Leser, "der nicht auf Vorgekautes angewiesen ist", sondern selbst
interpretieren und auch zwischen den Zeilen lesen könne. Er wundere sich nicht, daß in
solcher Protokolliteratur "Gefechte gegen Meinungen von und über sich, nicht aber mit...
wirklichen Handlungen" geführt würden. Gerade im Protokollieren solcher Unsicherheiten
kämen ja Wahrheiten zum Vorschein, die analytische Literatur nur unvollkommen erfassen
könne. Freilich würden Männer untereinander in härterer, oft auch brutalerer Form über
Sexualität und Partnerschaft sprechen als zu Frauen, bei denen sie offensichtlich nicht nur
Eifersucht sondern auch Geschlechtssolidarität voraussetzen. Die so entstehenden
Gesprächsverzerrungen in den Protokollen seien aber durchaus "typisch und interessant.
Dennoch - welcher Mann bringt mal den Mut zu Männerprotokollen auf?"
Es gibt Anzeichen dafür, daß die Versuche der Autorinnen um mehr Verständnis der
Geschlechter füreinander auf fruchtbaren Boden fallen. Nicht nur Frauen sondern auch
382

Männer setzen sich zunehmend mit den Problemen der gleichberechtigten Partnerschaft
auseinander. Zwar sehen sie sich noch immer fast durchgängig in Opfer- und nicht in der
Täterrolle, sind sie gedrängt, getrieben, geprägt, verhindert, zeichnen nie sie selbst, sondern
immer die Umwelt, immer die anderen verantwortlich für das, was sie an Scherben und
Hoffnungen parat halten, sind ihnen "Emanzen" ein Greuel.62 Aber immer deutlicher wird
auch ihnen, daß sie das Gespräch mit den Frauen suchen müssen, wenn sie ihre
Lebensumstände verbessern wollen. Eine weitere Sehnsucht klingt an, die manchmal
angesprochen wird: Unter Männern wollen sie sein, Anspruch auf den Umgang und die
Mitteilung der Erfahrung gegenüber Gleichen. Diese Sehnsucht, so Runge, lasse sich nur
"gegen Frau und Familie" realisieren, und das sei bedenklich. Was mache männliche
Identität noch aus? Im Nachwort der DDR-Ausgabe zu Müllers Protokollen heißt es, daß
es eine Eigenart des Frauenbuches vor dem Männerbuch sei, daß Maxie Wander und ihre
Gesprächspartnerinnen sämtlich durch die Solidarität historisch Benachteiligter verbunden
seien.63 Den Männern fehlt dieser solidarische Beistand noch, es kann jedoch kaum
verwundern, daß sie ihn missen. Wenn der Mann, wie Runge meint, seine eigene Identität
gegenwärtig nur gegen Frau und Familie durchsetzen kann und dies auch tut, dann wird
zumindest deutlich, daß auch er sich auf die Suche nach neuen Lebensweisen begeben hat.
Die Erkenntnisse der Frauen auf dem Gebiet der Identitätssuche sind seinen zwar um einiges
voraus, sie wissen, daß die Geschlechter sich nicht gegeneinander sondern miteinander
emanzipieren müssen, aber auch hier zeigt sich, daß der Umbruch begonnen hat. Für den
49jährigen Clemens steht den Männern die schwierigste Revolution erst noch bevor,
"nämlich die gegen uns selbst", gegen "unsere" alten Gewohnheiten, unsere
Gleichgültigkeit, unser Machtstreben und unsere Angst. "Wir müssen lernen, empfindsamer
und menschlicher miteinander umzugehen. ”M Die Frauenliteratur macht ihren Einfluß für
das Bemühen beider Geschlechter um diese Zielsetzung geltend. Im Nachwort zu Müllers
Protokollen heißt es:

In unserer Lage gehört zu den Bedingungen menschlicher Existenz das


Erkunden des anderen... Das Buch, das eine Vielfalt von Lebensansichten
vereint und ihr offenes Aussprechen veranlaßt, ist ein Beitrag zu dem großen
Gespräch unter den Menschen.65

Fußnoten

1 Sindermann, Regina / Schwarz, Gislinde: Ein Ja fürs ganze Leben..? -Für Dich-, 1987, Nr. 10, Seite 14.
2 Grandke, Anita / Rieger, Wolfgang / Orth, Klauspeter: Wirksamkeit des Ehescheidungsrechts. Neue
Justiz. 1980, 34. Jg., Nr. 9. Seite 400. Vgl. auch: Grandke, Anita: Zur Anwendung des
Ehescheidungsrechts. Neue Justiz. 1987, 41. Jg., Nr. 2, Seite 57.
3 Veken, Karl / Kammer, Katharina: Die unromantische Annerose. Tagebuch einer Achtzehnjährigen.
Berlin: Verlag Neues Leben 7.Auflage 1986. Seite 19.
4 Röhner, Regina: In Erwartung des Prinzen.-In: Holunderzeit. Halle (Saale) und Leipzig: 1982. Seite 127-
136. Werner, Petra: Sich einen Mann backen. Kurzgeschichten. Berlin (DDR): Verlag Neues Leben
2.Auflage 1984.
5 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 419f.
6 ebenda, Seite 17 lf.
7 Vgl. Emmerich, Wolfgang: Nachwort.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 102.
8 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 333.
383

9 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretische Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 70.
10 ebenda, Seite 79
11 ebenda, Seite 80
12 ebenda
13 Vgl. dazu Kapitel 4, 5 und 10 dieser Arbeit.
14 Vgl. Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 233
und 263.
15 Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In: Anderson, E. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel.
Rostock: 1975. Seite 243.
16 ebenda, Seite 273
17 ebenda, Seite 278
18 Königsdorf, Helga. Respektloser Umgang. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 56.
19 Hotze, Peter: Vor überspitzten Ansprüchen hüten. Beitrag zum Für Dich-Literaturforum "Familien in
Büchern von heute". Liebe fesselt und macht frei. Für Dich. 1985, Nr. 2, Seite 11.
20 Königsdorf, Helga: Die Wahrheit über Schorsch.-In: Der Lauf der Dinge. Berlin und Weimar: 1982.
Seite 47.
21 Wolf, Christa: Berührung.-ln: Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied:
1983. Seite Seite 17.
22 Kaufmann. Hans: Gespräch mit Christa Wolf. Weimarer Beiträge. 1974, 20. Jg., Nr. 6, Seite 108.
23 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft... -In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1980. Seite 54. Vgl. hierzu auch dies.: Hochzeit in
Konstantinopel. Berlin und Weimar: 1979. In diesem Werk verläßt die Protagonistin Bele den Mann, der
zwar ein begabter Liebhaber, ansonsten ein beschränkter, fanatischer Nur-Physiker ist, mit der
Bemerkung, sie habe das "absolute Experiment" vor. Im Kontext anderer Textstellen läßt sich dies als
Wunsch interpretieren, das Leben nicht so erbärmlich verkümmern zu lassen, daß es immer nur als
"Umweg" zu Zielen, aber selbst nie Zweck ist. Sie will mit Leib und Seele sein, was die Losung von der
reichen, allseitig gebildeten Persönlichkeit verspricht, - wobei zutage tritt, daß dieser Anspruch
unangemessen und provozierend wirkt. Siehe hierzu : Kaufmann, Eva: Der Hölle die Zunge
rausstrecken... Weimarer Beiträge. 1984, 30. Jg., Nr. 5, Seite 1515-1532.
24 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 89.
25 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 165.
26 Dorothea Kleine: Das schöne bißchen Leben. Rostock: 1986. Seite 63.
27 Worgitzky, Charlotte: Meine uneeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 57.
28 Neuhaus, Barbara: Ich bitte nicht um Verzeihung. Vorabdruck in Für Dich. Fortsetzung 5. Für Dich.
1983, Nr. 52. Seite 31.
29 Grasmeyer, Christa: Verliebt auf eigene Gefahr. Berlin (DDR): 1986. Seite 33 und 117.
30 Vgl. z.B. Paschiller, Doris: Die Würde. Berlin (DDR): 1980. Morgner gibt in einer (fiktiven)
Unterredung die Einstellung ihres Lektors wieder. "Bist du etwa unter die Frauenrechtlerinnen gegangen",
fragte mein Verlagsleiter neulich, "hast du das nötig?" Der Umgang mit den Zeugnissen baut mein
Ansehen systematisch ab. Blaustrümpfe werden bereits unter meinen langen Hosen vermutet. Herren
durchforschen mein Gesicht nach häßlichen Anhaltspunkten. Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer
der Trobadora Beatnz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 42. Daß es in der DDR-Realität scheinbar nicht
viel anders aussieht, läßt sich einem Artikel über ausgewanderte DDR-Bürger der "Alternativen Szene”
in Zeitmagazin (1988) entnehmen. Das Thema Emanzipation werde im real-existierenden Sozialismus
noch "unterhalb des Niveaus eines Nebenwiderspruchs in der gesellschaftlichen Entwicklung" angesiedelt,
und auch in die Ost-Szene sei die "Frauenfrage'' noch nicht vorgedrungen. Die ausgebürgerten Ost-
Alternativen redeten unbefangen von "Mädels" - ein Ausdruck, der bei eingefleischten West-Feministinnen
auf eisige Ablehnung stoße. Ähnlich seien auch rassistische Bemerkungen gegenüber Farbigen ("Schoko",
"Brikett") gang und gäbe. Kulke, Ulrich / Krewitt, Gebhard: Die Hippies von drüben. Zeitmagazin,
10.6.1988, Seite 10-20.
31 Grasmeyer, Christa: Verliebt auf eigene Gefahr. Berlin (DDR): 1986. Seite 49f.
32 Lambrecht, Christine: Männerbekanntschaften. Halle (Saale) und Leipzig: 1986. Seite 178.
33 ebenda, Seite 236
34 ebenda, Seite 266
35 Vgl. z.B. Müller. Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 46.
36 ebenda, Seite 175-178
37 Anderson. Edith: Dein für immer oder nie.-In: Dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 145.
38 Siehe. Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft... -In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 52. Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen
Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 35. Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In: Anderson, E.
(Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975. Seite 244.
39 Wolf, Christa: Berührung.-In: Wander, Maxie: "Guten Morgen, du Schöne". Darmstadt und Neuwied:
1983. Seite 18.
40 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 29.
41 ebenda, Seite 108f.
42 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 64f.
43 ebenda, Seite 53
44 ebenda, Seite 57
45 Hussein, Brigitte: Berlinerinnen heute (3): Ilsegret Fink. Pastorin in unserer Zeit. Für Dich. 1987, Nr.
38, Seite 12-17. Hier Seite 17.
46 Schwarz, Gislinde: Typisch Frau? Typisch Mann? Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 27-29.
47 Pfister, Gertrud / Voigt, Dieter: Geschlechterstereotype im Systemvergleich. Eine Analyse von
Heiratsanzeigen.-In: Voigt, Dieter / Messing, Manfred (Hrsg.): Beiträge zur Deutschlandforschune.
Bochum: 1982. Seite 138-280.
48 Schwarz, Gislinde: Typisch Frau? Typisch Mann? Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 29.
49 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 1987, 4L Jg, Nr. 34, Seite 8.
50 Enders, Ulrike: Küche, Kinder, Kombinat... Aus Politik und Zeitgeschichte. 1986, B 6/7, 8.2.1986, Seite
26.
51 Schwarz, Gislinde: Typisch Frau? Typisch Mann? Für Dich. 1987, Nr. 25, Seite 29.
52 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 4L Jg., Nr. 34, Seite 7.
53 Wiens, Maja: Traumgrenzen. Berlin (DDR): 1985. Seite 69.
54 Ziegenhagen, Ilse: Geht nämlich die Liebe verloren... Sonntag. 1987, 4L Jg., Nr. 34, Seite 8.
55 ebenda
56 ebenda
57 Wander, Maxie: "Leben wär’ eine prima Alternative". Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 207f.
58 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 70.
59 Helm, Johannes: Vorwort.-In: ebenda, Seite 5-9. Hier Seite 8.
60 Runge, Irene: Zärtlich, dankbar und anpassungsfähig. "Männerprotokolle" von Christine Müller;
"Männerbekanntschaften" von Christine Lambrecht. Sonntag. 1986, 40. Jg., Nr. 28, Seite 4.
61 Kebir, Sabine: Unsachlich. Sonntag. 1986, 40. Jg., Nr. 34, Seite 2.
62 Runge, Irene: Zärtlich, dankbar und anpassungsfähig. Sonntag. 1986, 40. Jg., Nr. 28, Seite 4.
63 Vgl. Mitschrift einer Sendung des RIAS vom 8. Juli 1986 über die "Männerprotokolle" von Christine
Müller. Seite 7.
64 Müller, Christine: James Dean lernt kochen. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 129.
65 Vgl. Mitschrift einer Sendung des RIAS vom 8. Juli 1986 über die "Männerprotokolle" von Christine
Müller. Seite 13. Siehe hierzu auch: Hammer, Hannelore: Bücher - unsere Liebe. Interview mit Klaus
Höpcke. Für Dich. 1987, Nr. 47, Seite 20.
385

Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

Die vorliegende Arbeit hat sich umfassend mit den weitgefächerten Vorstellungen und Ideen
zur Emanziaption auseinandergesetzt. In Teil I sind die Berufs- und Bildungswege der hier
zu Worte kommenden Autorinnen untersucht worden. Dabei wurde deutlich, daß es sich
hier um eine nur bedingt kongruent zu nennende Gruppierung von Frauen handelt:
Einerseits haben sie zwar alle einen relativ hohen Bildungsstand erreicht, andererseits
kommen sie jedoch aus völlig verschiedenen Berufszweigen. Während viele, wie zu
erwarten, ein Germanistik- oder ähnlich sprachorientiertes Studium abgeschlossen haben,
ist ihnen auch ein ständig wachsender Anteil von Frauen zuzuordnen, deren berufliche
Ausrichtung in den Natur- und Sozialwissenschaften und in der Wirtschaft verankert ist.
Alter konnte ebenso als unzuverlässiges Kriterium ausgeschlossen werden, denn in den
Werken von Literatinnen aller Altersgruppen lassen sich thematische Parallelen feststellen.
Ebenso ist bekannt, daß etablierte Autorinnen Debütantinnen Hilfestellung geleistet haben.
Dies wäre unwahrscheinlich und wohl auch kaum möglich gewesen, wenn eine innerliche
oder auf dem Sujet beruhende Abgrenzung bestanden hätte.
Die Frage, ob die Werke der hier berücksichtigten Schriftstellerinnen Frauenliteratur
darstellt, ist gleichfalls analysiert worden. Frauenliteratur, d.h. von Frauen verfaßte
Literatur, unterscheidet sich von anderen Werken durch den sozialen Hintergrund, durch
den die Autorinnen geprägt sind und vor dem diese Schriften gewertet werden (Tetzner,
1984). Da hier geschlechtsspezifische Erfahrungen eingebracht werden (Dölling, 1980;
Höpke; 1987; Wolf, 1983; Morgner, 1984), zeichnet sie sich durch eine besondere
Thematik und einen bestimmten Gehalt aus (Wolf, 1974; Heukenkamp, 1985). Frauen leben
in einer anderen Realität, sie sind mehr in den Alltag eingebunden;1 sie schreiben privater,
ohne den Anspruch, die Welt zu analysieren. Frauenliteratur ist durch eine angestrebte
Authentizität und Sensibilität charakterisiert. Entsprechend müßte ein Mann, wollte er
Frauenliteratur verfassen, außer einem hohen Grad an Verständnis und
Einfühlungsvermögen auch eine ausgeprägte Beobachtungsgabe mitbringen, die mit der
Fähigkeit, seine eigene Rollenprägung wenigstens kurzzeitig auszuschalten, zu koppeln
wäre. Gelingt ihm all dies nicht, kann er nur "Binsenweisheiten" bieten, kommentiert
Morgner und schließt aus den genannten Gründen die Beschreibung der Emotionen eines
Mannes für sich aus.2
Die von den Literatinnen bearbeitete Thematik bedarf neuer, ihr angebrachter
Schreibweisen. Diese müssen erst erarbeitet werden, denn für weibliche Ästhetik gibt es
noch keine Traditionen und Muster. Neue Ausdrucksdimensionen werden benötigt. Nicht
nur aus Zeitdruck bedienen die Autorinnen sich der literarischen Kurzformen.
Gattungsgrenzen verschwimmen, Dokumentarliteratur wird und Tagebücher sind wieder
beliebte Ausdrucksformen. Neue Inhalte müssen in neuer Form dargestellt werden, die von
Männern entwickelten literarischen Formen kann man zwar bewundern, aber als Frau nicht
anwenden (Morgner, 1975).3 Frauen müssen ihre eigene Wahrheit und ihre eigenen
Ausdrucksformen finden. Diese für die Literatur gemachten Überlegungen werden auch auf
andere Lebensbereiche übertragen. Den männlichen ”Seh- und Denkrastem” (Wolf, 1985)
ist mit Mißtrauen zu begegen.4 Frauen sollen aus dem "blinden Fleck" heraustreten, die
Zukunft in die Gegenwart hineinbringen. Frauenliteratur baut auf bereits erreichten
gesellschaftlichen Änderungen auf und versucht, diese fortzuführen. Sie beschreibt die
Sehnsucht nach erfüllter individueller Existenz - allerdings längst nicht nur für Frauen.
386

Die Literatinnen streben die Allgemeingültigkeit ihrer Werke an. Sie schreiben nicht
Frauenliteratur im Sinne von "an Frauen gerichtete Literatur", sondern sie betonen, daß
Männer in den Emanzipationsvorgang mit einzubeziehen sind. Sie schreiben
"Menschenliteratur". Von männlicher Seite (von Verlagslektoren, vom Partner) wird ihnen
jedoch oft Ablehnung entgegenbracht. Das behandelte Sujet läßt männliche Rezipienten
Abstand halten. Frauenliteratur bearbeitet Erfahrungsfelder, die den Männern zunächst
verschlossen sind, obwohl - oder vielleicht gerade weil -sie über das vertraute KKK-Dreieck
der traditionellen Frauenwelt hinausreicht. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird den
Literatinnen häufig der Vorwurf der Männerfeindlichkeit gemacht. Durch die in ihren
Schriften dargelegte Freilegung weiblicher Produktivität, Rationalität, Emotionalität,
Sexualität und der positiven Selbstfindung der Frau fühlen sich viele männliche Beobachter
angegriffen. Die Autorinnen wollen mit ihrer Literatur jedoch beiden Geschlechtern,
Männern und Frauen, Mut machen, immer wieder aufgeschlossen aufeinander zuzugehen
und einander wirklich kennen- und liebenzulernen. Sie bemühen sich nachhaltig um
männliche Leser, die von Müller und Lambrecht (beide 1986) zusammengestellten
Männerprotokolle wären hier als Beispiel anzuführen. An einer Verhärtung der Fronten
zwischen den Geschlechtern sind sie nicht interessiert.
Thematisch ist die in der DDR entstandene Frauenliteratur ihrem BRD-Gegenstück
nicht unähnlich und in vielen ihrer Zielsetzungen sogar stark verbunden, beide stellen
überkommene Verhaltensmuster in Frage. Der Entwicklungsprozeß des Selbstbewußtseins
ist hier jedoch anders und nach anderen, sich durch die unterschiedlichen gesellschaftlichen
Systeme ergebenden Schwerpunkten ausgerichtet. Von offizieller Seite wurde jeglicher
Einfluß der westlichen Frauenbewegung stets zurückgewiesen, Wolf (1983) läßt jedoch
durchblicken, daß die dort formulierten Fragen in der DDR trotzdem zur Sprache kamen
und von Frauen, "von denen man es wegen ihres Alters oder ihres Lebensmilieus nicht
erwarten würde", diskutiert wurden. Ein Austausch von Denkansätzen und -anstößen
zwischen Frauen auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze fand also dennoch statt.

In der DDR begannen die Frauen zu schreiben, um sich gegen die Anpassung -
einerseits an das bestehende System und die Gegebenheiten des Alltags, andererseits auch
der Frauen an die Männer - zur Wehr zu setzen. Diese Thematik drängt sich ihnen auf,
kann von den wenigsten umgangen werden. Schreibgründe sind zunächst die Deutung,
Beschreibung, Überlieferung und Reflexion des täglichen Lebens, dann aber auch das
Hinterfragen der gegebenen Umstände, die Suche nach Erklärungen. Ihre Schriften
vermitteln "Lebenshilfe" und sollen auch Veränderungen bewirken, es geht darum,
"Elemente der Hoffnung" (Wolf, 1979) einzubringen. Eine "weibliche Interpretation"
(Morgner, 1984),5 eine menschlichere Gestaltung auch des weltpolitischen Bereichs wird
angestrebt.
Sorge um die Umwelt, eine Abneigung gegen die unkontrollierbaren Auswirkungen
von Wissenschaft und Technik werden als Schreibmotivationen genannt. Teilweise schreiben
sie für die eigene Bilanz, um sich selbst zu finden, die eigene Identität zu erkunden, sich
weiter zu entwickeln. Die Produktion von Literatur ist "Mittel der Selbstbehauptung,
Selbstbestätigung und Sehnsuchtsorgan". Schreiben kann sogar Therapie sein (Wolf, 1973).
Schreiben wird entsprechend auch als Mittel zur eigenen Emanzipation empfunden, die
Gedanken und Erkenntnisse werden aber durch die Texte auch den Rezipienten zugänglich
gemacht, eine "Breitenwirkung" ist somit nicht ausgeschlossen und sogar erwünscht.
387

Literarisches Arbeiten wird so zur Interaktion mit der Außenwelt. Von offizieller Seite wird
die Orientierung auf das Individuum abgelehnt, die Autorinnen verwehren sich jedoch gegen
den Vorwurf des Subjektivismus. Ihr Gegenargument: Sie leben in der Gesellschaft,
entnehmen ihre Themen der eigenen Erfahrungswelt, die auch Welt und Gesellschaft
anderer Menschen ist. Die Frage, mit der sie sich beschäftigen, geht alle an: Wie gehen wir
in unserer Gesellschaft miteinander um?
Die Vielfältigkeit der Schreibanlässe und -motivationen deutet darauf hin, daß die
DDR-Frauenliteratur der siebziger und achtziger Jahre weder auf einer vorgegebenen, noch
auf einer abgesprochenen Basis entstanden ist. Es handelt sich hier um eine Entwicklung,
die weder durch Auftragsarbeiten der Verlage, noch durch eine bestehende oder sich
formierende Frauenbewegung hervorgerufen wurde. Die thematische und stilistische
Kristallisierung, die sich in der Honecker-Periode in den Werken weiblicher Autoren
abzeichnete, ist somit auf die gesellschaftlichen Zustände selbst, d.h. auf die Stellung der
Frau und auf ihre Probleme und Schwierigkeiten im real-existierenden DDR-Sozialismus
zurückzuführen. Die Tatsache, daß eine große Anzahl der Erstellerinnen der hier
diskutierten Texte in der DDR geboren oder zumindest in ihr aufgewachsen sind, belegt,
daß die Frauenliteratur als ein Produkt dieser Gesellschaftsform begriffen werden muß.

In ihren Aufzeichnungen bemühen sie sich stets um Ehrlichkeit. Ihr


Verantwortungsgefühl geht in dieser Beziehung so weit, daß sie die Nichtpublikation ihrer
Werke und auch ihre eigene Ausweisung riskierten. Auch der Kampf mit dem "inneren
Zensor", mit der Frage was geschrieben werden darf, was geschrieben werden muß, ist
dabei immer wieder neu zu bestehen. Der Ausweg ins Schweigen wird jedoch kategorisch
abgelehnt. Die Tatsache, daß es häufig Frauen um die Vierzig sind, die sich dem Schreiben
zuwenden, wird als Zeichen der Emanzipation gewertet. Sie haben ein neues
Selbstbewußtsein entwickelt und gehen nun daran, sich für eine Umwandlung der
Verhältnisse einzusetzen. Sie wenden sich gegen eine "Vereinheitlichung des Denkens”
(Morgner, 1984). Die Menschen sollen ihren Platz in der Geschichte bewußt einnehmen,
sich nicht blind leiten lassen, sondern mitentscheiden. Sie bearbeiten Themen, die ihnen
wichtig sind. Die offizielle Kulturpolitik stimmt der Bearbeitung gesellschaftlicher Konflikte
zu, erwartet aber auch deren Lösung. Diese wird von den Autorinnen allerdings nur sehr
bedingt geliefert.: Wie ihre Texte zeigen, erfüllen sie diesen Anspruch in gewisser Weise,
ihre Lösungsvorschläge decken sich jedoch kaum mit den erwarteten. Ebenso behalten sie
sich eigene Grundeinstellungen vor, von denen sie nicht abrücken.
Zeitgenossenschaft ist ihrem Selbstverständnis ein unabdingbarer Faktor. Sie wollen
Frauen unter Frauen sein, Menschen unter Menschen. Um sich dieses Verständnis zu
erhalten, arbeiten viele der Autorinnen Teilzeit oder Kurzzeit. Sie hoffen, auf diese Weise
ihren Lesern nahe zu bleiben. In ihre Werke soll gelebte Erfahrung einfließen, sie teilen
ihre Probleme mit dem Rezipienten, die so in ihren Schriften sein eigenes Leben reflektiert
sieht. Diese Zeitgenossenschaft, die zunächst von den Kulturpolitiken! mittels des
"Bitterfelder Weges" selbst eingeleitet und unterstützt wurde, war, so schloß Christa Wolf
(1990) in einem Fernsehinterview, eigentlich unerwünscht. Die Volksnähe der Literaten,
ihr Hineingehen in die Betriebe öffnete ihnen die Augen für die Mißstände, die dort
herrschten. Sie beschrieben diese sehr realistisch und sehr ehrlich - "und das paßte nicht .
Wolf sieht aber die Rolle der Literatinnen gerade darin, kritisches Bewußtsein zu erzeugen
oder wachzuhalten. Literatur mußte die Öffentlichkeit ersetzen und hatte die Verantwortung,
388

Dinge zu beschreiben und zu nennen, die an anderen Stellen unerwähnt blieben.6


Die Literatinnen verstehen sich alle als Sozialistinnen, sie sind nicht Dissidenten im
Sinne von "Umstürzler" oder "Aufrührer", auch wenn sie aus westlicher Sicht oft gerne als
solche betrachtet wurden. Den Schriftstellerinnen geht es jedoch darum, Diskrepanzen im
Zusammenleben der Geschlechter und auch Fehlentwicklungen in der
Hochleistungszivilisation, der Umweltzerstörung und Machtmechanismen aufzeigen. Frauen
sind für sie das Hoffnungspotential der Menschheit, sie müssen die Welt "instandsetzen"
(Morgner, 1986).7 Dabei wollen sie keine "abstrakte Moral" verbreiten, sie schreiben aus
einem Pflichtgefühl heraus, aus einer selbstauferlegten Verantwortung der eigenen Person
und auch ihren Rezipienten gegenüber. Sie leisten Vergangenheitsaufarbeitung und auch
Gegenwartsanalyse, beide basieren immer auf Erfahrungen aus erster (und manchmal auch
aus zweiter) Hand. Es gilt, neue Wege zu suchen, den Impetus der einmal von der
Regierung in Gang gesetzten Emanzipationsentwicklung wieder zu beleben und zu erhalten.
Voraussetzungen, Bedingungen und Ziele der Emanzipation werden neu und teilweise recht
kritisch durchdacht. Die Autorinnen machen darauf aufmerksam, "daß die naiven und
schematischen Gleichheitsvorstellungen korrektur- und ergänzungsbedürftig" sind, daß "auf
neue Weise von notwendigen Ungleichheiten geredet werden (muß), von den Unterschieden
der Geschlechter und von den besonderen Fähigkeiten der Frauen” (Eva Kaufmann, 1981).8

Literatinnen und DDR-Kulturpolitiker stimmen darin überein, daß Literatur ein


Erlebnis ist, aus dem man lernen kann. Es verleitet zum Vergleich und hilft, eigene
Gedanken und Einstellungen zu entwickeln. Wolf spricht von einer "Entfaltung
menschlichen Potentials", von "Menschwerdung" und "Subjektwerdung" (Wolf, 1968).9Ihre
Zielsetzungen sind vielschichtig und weitreichend, lassen sich jedoch auf einige
Schwerpunkte konzentrieren: Im Mittelpunkt steht die Selbstverwirklichung des Menschen
(männlichen oder weiblichen Geschlechts), sein Recht auf Individualität. Dies muß ihm von
anderen Menschen, vom Partner und auch von der Gesellschaft zugestanden werden, er
selbst muß es sich durch eine "aktive Haltung" (Schubert, 1978) verdienen und erhalten.10
Man muß sich gegen den nivellierenden Einfluß der Gesellschaft wehren, trotz aller
Unannehmlichkeiten ist es wichtig, für die eigene Individualität zu kämpfen. Die Autorinnen
halten ihre Leser dazu an, Fragen zu stellen und eigene Meinungen zu entwickeln, die sie
dann auch verteidigen können.
Damit die Frauen, nach ihrer jahrhundertelangen Unterdrückung "in die Geschichte
eintreten" können (Morgner, 1975), muß der gegenwärtige Stand der Emanzipation
möglichst genau und differenziert analysiert werden. Der Zusammenhang mit der
belastenden Vorgeschichte muß dabei sichtbar gemacht werden. Diese grundlegende
Einstellung wird nicht nur von den Literatinnen, sondern auch von Kulturtheoretikerin Irene
Dölling (1980, 1986) geteilt. Dölling ordnet der Literatur bei der Durchführung dieses
Prozesses eine besondere Rolle zu. In dem Bemühen, "historisch gerecht" zu verfahren
(Morgner, 1975),11 soll jedoch weder dem einzelnen Mann noch der einzelnen Frau oder
der sozialistischen Gesellschaft angelastet werden, was bisher bei allen Errungenschaften
als unzulänglich oder gar unerträglich empfunden wird. Es geht vielmehr um ein
Weitertreiben der Entwicklung. Die Unterdrückung der Frau und die Selbstunterdrückung
des Mannes sind dabei zwei Seiten des gleichen Problems.
Handlungs- und Entscheidungsfreiheit sind Kriterien, die für die Emanzipation beider
Geschlechter unerläßlich sind. Dabei geht es nicht nur um die Freiheit, rational zu handeln,
389

sondern auch um die emotionale Befreiung. So haben die Männer die Werte, die ihnen die
Industriegesellschaft aufgezwungen hat, verinnerlicht. Dies trifft auf Frauen weniger zu,
weil sie zwar auch unterdrückt, aber auch mehr in den häuslichen Bereich gedrängt wurden
(Wolf, 1979; Dölling, 1986).12 Rationalität, die Besessenheit mit Berufstätigkeit,
Produktionsziffem, Wissenschaft und die neuen Technologien sind Elemente des von
offizieller (und damit männlicher) Seite definierten Emanzipationskonzepts, gegen das die
Schriftstellerinnen sich wehren und vor dem sie auch warnen. Sie wollen dazu anhalten,
diese bisher geltende Konzeption zu überdenken und um wahrhaft weibliche Werte zu
erweitern. Überhaupt müssen Frauen ihren eigenen Wert, Männer den Wert der Frauen
erkennen, wenn sie partnerschaftlich miteinander verkehren wollen. Der Weltzustand ist
bedrohlich, der "Scheißkrieg zwischen den Geschlechtern" (Morgner, 1974) muß
aufhören.13 Angestrebt werden soll eine Humanisierung, eine Harmonisierung der
Beziehungen zwischen den Geschlechtern, innerhalb der Gesellschaft und auf der ganzen
Welt.
Die Frau will als Frau "erkannt" und anerkannt werden, sie will mit dem Mann auf
freundschaftlicher Basis verkehren. Die Gleichberechtigung im Haushalt, in der Praxis, darf
nicht auf eine bloße Unterstützung der Frau durch den Mann bei der Erfüllung der dort
anfallenden Aufgaben hinauslaufen. Wie den Frauen muß es auch den Männern von
offizieller Seite ermöglicht werden, "ihre berufliche Tätigkeit mit ihren Aufgaben als Vater
und in der Familie zu vereinbaren". Die Gleichverpflichtung des Mannes geht somit nicht
nur Frauen an, sondern wird zur gesellschaftlichen Aufgabe deklariert. Auch die Frauen
selbst müssen noch mehr Einsatz zeigen. Viele wissen noch nicht, wie sie mit ihren Rechten
umgehen sollen. Hier versuchen die Autorinnen in ihren Werken durch die Bearbeitung von
Gesetzestexten real Hilfestellung zu leisten und Möglichkeiten zur persönlichen
Weiterentwicklung aufzuzeigen. Die Selbstverwirklichung auf Kosten der Gemeinsamkeit
mit einem Mann macht vielen noch Angst, die Frauenliteratur soll auch hier Mut machen.
Emanzipation ist für die Literatinnen nur im Sozialismus möglich. Nicht eine
grundlegende Veränderung der Gesellschaft als Basis der Selbstverwirklichung der Frau
wird gefordert, sondern vielmehr eine Fortentwicklung des bereits Erreichten. Seit Ende der
achtziger Jahre setzen sie sich für die freie Wahl zwischen Berufsleben und Mutterschaft
ein und lehnen jegliche Festschreibung und Einengung ab. Sie verlangen von ihren
Rezipienten, an den Veränderungen selbst aktiv teilzunehmen und mitzuwirken. Die
Schriftstellerinnen sehen sich selbst als Partnerinnen der Leser und Leserinnen, die Rolle
des Lehrers, wie sie von kulturpolitischer Seite stets an sie herangetragen wurde, weisen
sie vehement zurück. Ihnen geht es nicht darum, fertige Lösungen anzubieten, sie wollen
Probleme analysieren und Gedankenansätze anbieten, die von den Lesern aktiv weiterver¬
und/oder bearbeitet werden. Die Schaffung von Beispielen und Idealen wird strikt abgelehnt,
Literatur soll den Weg zur eigenen Persönlichkeit ebnen. Entsprechend wenden sie sich
aktiv gegen das Mitläufertum, gegen eine lineare und problemlose Integration des Einzelnen
und erwarten von ihren Rezipienten eine eigene unabhängige Meinungsbildung.
Mittels ihrer Werke geben sie Lebenshilfe, viele von ihnen werden hier auch
persönlich von Mitbürgern angesprochen. Diese Rolle des Betreuers, Beraters oder gar
Seelsorgers wird von einigen mehr oder weniger willig angenommen, von anderen
nachdrücklich zurückgewiesen, denn sie lehnen die Beeinflussung ihrer Mitmenschen ab.
Morgner (1984) hat sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt und kommt zu dem
Schluß, daß die Literaten (männliche und weibliche) hier eine Lücke im System des real-
390

existierenden Sozialismus füllten: Der Marxismus habe sich bisher kaum mit
privatmenschlichen Problemen wie z.B. Tod und Krankheit befaßt, nur die verschiedenen
Religionen haben sich mit den menschlichen Emotionen in diesen Bereichen
auseinandergesetzt, in einem atheistischen Staat fehlt eine solche Institution.14 Die
Literatinnen entnehmen ihre Themen dem Alltag, sie berichten aus ihrer eigenen Erfahrung;
entsprechend kommen hier sehr persönliche Empfindungen, die anderweitig nicht formuliert
werden, zur Sprache. Für viele Menschen wird Literatur auf diese Weise zu einem
"emotionalen Aufhänger", hier finden sie Verständnis und - wenn auch keine vorgefertigten
Antworten - doch hilfreiche Gedankenansätze. Für die Schriftstellerinnen bleibt der Leser
stets der Mitarbeiter, der mündig werden muß, dem aber auch Mündigkeit zugestanden
werden muß.
Die Frauenliteratur macht deutlich, daß rationales Handeln keine Garantie für ein
erfülltes Leben bietet. Man muß sich Emotionen gestatten, die Rücksichtnahme auf die
menschlichen Gefühle ist in den männlich geprägten Gesellschaften schon viel zu lange
unterbewertet worden und gilt sogar als verpönt. Gefühle aber sind das, was den wahren
Menschen ausmacht.

Wie werden die hier zusammengestellten Überlegungen und Absichtserklärungen in


die Praxis umgesetzt? Die Literatinnen sprechen überzeugend von ihrem großen
Verantwortungsgefühl und von der Ehrlichkeit, die sie sich bei ihrer Arbeit abverlangen und
die sie auch in ihren Lesern zu erwecken suchen. Teil II und III dieser Arbeit weisen
unwiderlegbar nach, wie die theoretischen Zielsetzungen in der Literatur konsequent zur
Sprache gebracht und weiterverfolgt werden. Das Bemühen um Veränderungen in Richtung
der angestrebten Ziele ist unübersehbar. Der Leser wird auf Unzulänglichkeiten und
Mißstände aufmerksam gemacht, Lösungen werden jedoch nicht angeboten, denn "man kann
den Leuten kein neues Bewußtsein einreden, jeder muß es selbst produzieren. "(Morgner,
1978)'5 Zurück bleibt häufig ein Gefühl der Unruhe und des Unbehagens. "Kann ich diese
Zustände noch länger dulden? Muß ich mich mit diesen Gegebenheiten ab finden?" Und:
"Ich muß zu mir selbst finden, wieder Tch’ werden. Ich muß mich aus den Abhängigkeiten
(vom Partner, vom Staat) befreien." Schließlich auch: "Ich muß ein neuer Mensch werden,
der sich selbst kennt und sich seines Eigenwertes bewußt ist. Ich muß offen auf andere
Menschen zugehen und auch ihnen helfen, zu sich selbst zu kommen und eine neue
Menschengemeinschaft mit neuen Partnerbeziehungen aufzubauen." Es sind erklärterweise
gerade solche Fragestellungen und Überlegungen, die die Autorinnen hervorrufen wollen.

Teil II setzt sich mit der Gleichberechtigung im häuslichen Bereich auseinander. Die
zunächst unternommene Untersuchung der Gesetzgebung und relevanter politischer Leitsätze
ergab, daß, obwohl Kinder und Haushalt laut FGB "Pflichten" beider Ehepartner waren,
die Regierung sich nur sehr bedingt für die Implementierung der Emanzipation in dieser
Sphäre verantwortlich fühlte. Zwar setzte sie sich stets für die Teilnahme der Frau am
Berufsleben ein, innerhalb der Familie wurde die Verantwortung für ein gleichberechtigtes
Miteinander jedoch den Partnern selbst zugeschoben, hier mußten Probleme im Alleingang
gelöst werden. Mit der von den Schriftstellerinnen geforderten Gleichverpflichtung im
Haushalt, von Morgner (1984) als "proletarische Solidarität" bezeichnet, war es nie weit
her, die Miteinbeziehung des männlichen "Partners" blieb hier oft in den Kinderschuhen
391

stecken. Die gesetzliche Ermöglichung des "Vaterjahres" nach der Geburt eines Kindes, die
Möglichkeit auch für Väter, sich bei Krankheit der Kinder von der Arbeit freistellen zu
lassen - all diese von der SED eingeführten Regelungen waren nicht viel mehr als
Augenwischerei, denn sie wurden weder von den Männern in Anspruch genommen, noch
von Regierungsseite ausreichend unterstützt und forciert.
Die Autorinnen erkennen an, daß Schritte in die richtige Richtung gemacht worden
sind, aber diese Entwicklung wollen sie nun mittels ihrer Schriften weiter vorantreiben, sie
wollen Alternativen zu den bestehenden Lebensformen finden und zur Diskussion stellen.
Offiziell war das Familienleben eine "Selbstverständlichkeit des sozialistischen Daseins"
(Runge, 1985).16 Während die SED bis zuletzt an dem Glauben festhielt, daß die
Gleichberechtigung in der DDR voll verwirklicht worden war, lassen sich in den achtziger
Jahren nicht nur in der Frauenliteratur,17 sondern auch in den Verlautbarungen von
Soziologen (Kuhrig (1980); Solowjow, 1980) und Juristen (Grandke, 1986) Zweifel
ablesen.18 Der Vorgang der Gleichberechtigung, so wird von diesen Fachleuten
argumentiert, sei noch mcht abgeschlossen, sondern stehe noch bevor. An diesem Punkt
zeichnet sich bereits ab, was die Ausführungen in Teil II und III dieser Arbeit immer wieder
verdeutlichen. Die von den Literatinnen behandelten Themen sind nicht lediglich
Problemstellungen, die sich ihnen, in ihrer Position als Frau und Schreibende stellen. Es
handelt sich vielmehr um gesellschaftliche Reibepunkte, die auch von Beobachtern anderer
Fachgebiete erkannt und untersucht worden sind. Eine gesellschaftliche Relevanz kann ihren
Schriften somit nicht abgestritten werden.

Einer der ersten Punkte, die in Teil II diskutiert werden ist die Tatsache, daß in der
DDR Ehe und Familie nahezu wie Synonyme füreinander anmuteten. Die Ehe wurde
generell als Ziel angesehen und durch materielle, juristische und gesellschaftliche
Motivierungsmaßnahmen nachhaltig gefördert. Sie diene, so hieß es, der Befriedigung
sexueller, ökonomischer, emotionaler, moralischer, ästhetischer und psychologischer
Bedürfnisse, sowie auch der Zeugung. Die Autorinnen stehen den Förderungsversuchen mit
Mißtrauen gegenüber. Sie warnen vor einer übergroßen Heiratslust und vor zu schnellen
Bindungen. Dabei ist ihnen bewußt, daß viele Frauen sich auch heute ohne Mann noch "wie
ein Mißerfolg" Vorkommen. Aber sie wollen zum Nachdenken anhalten und warnen:
Männer suchten die Ehe oft als Unterschlupf für ein bequemes Leben, von Morgner (1983)
wird sie sogar als für Frauen "Charakter- und gesundheitsschädigend" bezeichnet.19 Die hohe
Scheidungsrate scheint den Literatinnen Recht zu geben: Während schon in der Schule auf
Ehe und Familie vorbereitet und die Verlobung als "Probezeit" propagiert wird, ist in der
Bevölkerung ein ständiges Anwachsen der Lebensgemeinschaften zu verzeichnen. Die
offizielle Reaktion auf dieses Zusammenleben "im Verhältnis von Hund und Katze" ist
durchweg negativ.20
Ein weiterer Aspekt, auf den sich die Schriftstellerinnen konzentrieren, baut direkt
auf ihrem Plädoyer um Ehrlichkeit auf. Sie wenden sich gegen das Mitläufertum und
jegliche Duckmäuserei. Weder der Schreibende noch der Rezipient darf sich in die
Privatsphäre zurückziehen, dieser Appell ist ausnahmslos an beide Geschlechter gerichtet.
Der Gesetzgeber formuliert eine Interessenübereinstimmung zwischen Staat und Familie und
spricht von ihrer Aufgabe der "bewußten Elternschaft", die ehedem als "Mitgestaltung bei
der Persönlichkeitsentwicklung" definiert wurde. Dem Staat geht es um die Reproduktion
von Menschen "einer bestimmten sozialen Qualität",21 die Autorinnen aber lehnen diese
392

Zielvorstellung kategorisch ab, sie fürchten um die Individualität des Einzelnen. Die
staatliche Erziehung bricht den individuellen Charakter, tötet die schöpferischen Kräfte, die
ein Wachsen des Bewußtseins überhaupt erst ermöglicht. "Es wird immer schwerer, ein
Original zu sein. (...) Die absolute Vereinheitlichung des Denkens wäre (jedoch) die
vollkommene Verarmung. "(Morgner, 1984)22
Entsprechend setzen sie sich für liberalere Erziehungsmethoden in den staatlichen
Institutionen und auch in der Familie ein. Die Literatinnen beklagen den zu hohen
Leistungsdruck, der in den Lehranstalten herrscht, und den Mangel an Zusammenhalt und
Solidarität, den dieser mit sich bringt. Sie sprechen von negativen Folgeerscheinungen wie
Verhaltensstörungen, Apathie, Verweigerung, Alkohol- und Medikamentenmißbrauch. Diese
Resultate sind bekannt, werden jedoch von offizieller Seite nicht nur mit einer weitaus
negativeren, kriminologischen Terminologie bedacht ("Schul- und Arbeitsbummelei",
"Asozialität", "Rowdytum”), sondern stoßen hier generell auf Unverständnis. Die Gründe
für das Fehlverhalten der Jugendlichen werden meistens im Elternhaus gesucht. Psychologen
und auch die Kirche stimmen jedoch mit den Ansichten der Schriftstellerinnen überein, die
die Gründe für das Aufbegehren der Jugendlichen im Erziehungssystem selber suchen. Die
Eltern halten sie nur insofern für mitverantwortlich, als sie sich nicht oder nur unzureichend
mit den Zielen der Schulerziehung auseinandersetzen. Sie hinterfragen sie nicht, nehmen
sie zu häufig als gegeben hin und erhöhen den Druck auf ihre Kinder, sich in das System
einzufügen, "mitzulaufen". Veränderungspotential wird so verschüttet, Initiative, Aktivität
und schöpferische Interessen gehen so für immer verloren.
Die Autorinnen kritisieren jedoch nicht nur einzelne Lehrer oder Schulen, sie wissen
- oftmals aus eigener Erfahrung - wie groß die Belastung, die aus den Widersprüchen
zwischen ihrer Verpflichtung gegenüber dem Staat einerseits und ihrer Verantwortung den
Kindern gegenüber andererseits sein kann. Sie wollen jedoch den Leser dazu anregen, seine
eigene Funktion als Erzieher zu überdenken und von einer blinden Sozialisation der eigenen
Kinder Abstand zu nehmen. Dazu muß man selbst - vor sich selbst und vor anderen -
ehrlich sein. Nur der, dem das gelingt, kann diese Einstellung auch weitervermitteln. Man
muß sich gegen das "Verbrauchtwerden der Seele im Alltag" wehren (Willkomm, 1984).23
Ihre Interpretation des Konzepts der "bewußten Elternschaft" bezieht sich zwar ebenso wie
das von Grandke für die Regierung definierte Gegenstück auf die Aufzucht von
Wunschkindern in einer möglichst glücklichen und gleichberechtigten Partnerschaft, aber
sie wollen keine Duckmäuser heranziehen, sondern "freie, mündige und schöpferische
Menschen"(Wander, 1980).24 Hier ergibt sich für die Literatur eine Möglichkeit indirekt,
über die Eltern der heranwachsenden Generation in die Gesellschaft zurückzuwirken.
Die Familie wird von offizieller Seite stets als der "traditionelle" Erzieher angesehen,
als Hemmschuh der im öffentlichen Bereich angestrebten Entwicklungen in Richtung
Gleichberechtigung und sozialistische Persönlichkeit. Sie präge die Einstellung der
Geschlechter zueinander, zum Zusammenleben. Gleichberechtigung müsse "vorgelebt"
werden, dennoch würden Mädchen noch immer auf Familie und Kinder orientiert, Jungen
auf den Beruf. Eine solche Ausrichtung steht in deutlichem Gegensatz zu den in
Gesetzbüchern und anderen offiziellen Publikationen beschriebenen Leitbildern, die
Regierung war jedoch niemals berechtigt, sich auf diesen Lorbeeren ausruhen zu dürfen,
den Schul-, Mädchen-, Jugend- und Kinderbücher trugen bis zuletzt zur Verbreitung der
traditionellen Rollen bei und bezeugten ihre eigene Inkonsequenz.
In gewisser Weise geben die Autorinnen der Regierung hier Recht, aber sie
393

verweisen auch auf Mißstände im bildungspolitischen und beruflichen Bereich, wo z.B. das
Anhalten überkommener Einstellungen bei männlichen Leitern und Direktoren Frauen eine
gleichberechtigte Stellung nach wie vor verwehrte. Frauen blieb der Einstieg in technische
und frauenuntypische Berufe trotz aller Propagierung häufig verschlossen, die Diskrepanz
zwischen Arbeitsmarkt und Bevölkerungspolitik wirkte ebenso verfestigend auf die familiäre
Arbeitsteilung (Dölling, 1987).25 Dennoch war die Regierung davon überzeugt, den Weg
zur Emanzipation geebnet zu haben, jegliche Fehlentwicklungen wurden somit den Frauen
selbst angekreidet. Morgner verweist jedoch nachhaltig auf die Tatsache, daß Gesetze Sitten
nicht ändern können, daß diese wachsen müssen. Frauen selbst müssen die Emanzipation
hervorbringen, - allerdings nicht allein. Die Autorinnen weisen die Verantworung der
Gesellschaft zu.
Frauen werden noch immer an männlichen Normen gemessen, männliche Attribute
aber sollen - so die Literatinnen - durch weibliche ersetzt, Frauen müssen sich ihrer
Weiblichkeit und des Wertes ihrer Weiblichkeit bewußt werden. Kindererziehung und
Haushalt erfordern Fähigkeiten des Hegens und Sorgens, die die Frauen über Jahrhunderte
hinweg perfektioniert haben. Die Gesellschaft braucht diese "weiblichen" Werte, sie
bedürfen der Neueinschätzung und Aufwertung. Auch die Hausarbeit muß eine Aufwertung
erfahren, Männer sollen erkennen, daß sie nicht an "Männlichkeit" verlieren, wenn sie sich
hier beteiligen: Sie gewinnen Freizeit, können eine engere Beziehung zu ihren Kindern
aufbauen und sich an ihrer Erziehung schöpferisch beteiligen, kreativ werden, Teile des
eigenen "Ich" einbringen.
Daß die Berufstätigkeit der Frauen als eine Voraussetzung für ihre Emanzipation
anzusehen ist, wird von allen der für diese Arbeit herangezogenen Quellen anerkannt. Trotz
stetiger Propagierung von offizieller Seite konnten die erzielten Ergebnisse bis zuletzt kaum
befriedigen: Es mangelte an Frauen in Leitungspositionen, in Wirtschaft, Politik,
Gesellschaft und Gesetzgebung, wies die DDR deutlich patriarchalische Züge auf. Die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde als ein Frauenproblem begriffen, die
Autorinnen aber verlangten auch hier nachdrücklich die Einbeziehung der Männer. Kapitel
n. 10 zeigt auf, daß die "proletarische Solidarität" kaum erzielt wird, der Weg von juristisch
garantierter Gleichberechtigung bis zu praktizierter Gleichverpflichtung ist noch weit. Das
Konzept des "Helfern" wird als unzulänglich abgelehnt, die Tatsache, daß Frauen nach wie
vor für die Organisation des Haushalts verantwortlich gehalten werden, wird ebenso als
Rollensozialisation zurückgewiesen.
Die "'privaten’ Reproduktionstätigkeiten" (Dölling, 1986) werden nicht als
"wirkliche" Arbeit anerkannt,26 man empfängt keinen Lohn, sondern Dankbarkeit. Döllings
Fazit: Frauen glauben, von der Anerkennung anderer abhängig zu sein. Eine solche
Einstellung ist im Berufsleben, wo Durchsetzungsvermögen und Selbstsicherheit verlangt
werden, nicht dienlich. Auch wird der Konflikt zwischen häuslichem und beruflichem
Bereich, die "Unvereinbarkeit" von Familie und Beruf, von vielen als persönliches Versagen
empfunden. So entsteht ein Teufelskreis aus Minderwertigkeitsgefühlen, Ansprüchen und
Versagen, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Die Frage der Kindererziehung
wirkt sich noch weiter verschlimmerd auf diese Situation aus: Der ständige Aufenthalt der
Kinder in Betreuungsstätten, von denen viele als unzulänglich empfunden werden,
verursachen weitere Schuldgefühle.
Eine Änderung dieser Situation, so stellen die Autorinnen in ihren Werken klar, ist
weder von einer "höheren Gewalt" zu erwarten, noch von einer außenstehenden Institution,
394

und hier ist der durch männliche Normen geprägte Staat als miteinbezogen zu betrachten.
Die von den Frauen innerhalb des bestehenden Systems unternommenen Versuche, ihre
Arbeitsbelastung zu reduzieren (Teilzeitarbeit, Schichtarbeit, Aufgabe des Berufs) sind vom
Staat - mit Ausnahme der Schichtarbeit - nicht gern gesehen. Er selbst bietet keine
akzeptableren Alternativen (wie z.B. Jobsharing) an. In der Literatur zeichnet sich
entsprechend ein neuer Trend ab, hier findet eine Umkehrung der bisher geltenden
Prioritäten statt. Beruflicher Erfolg wird abgewertet, vor allem, wenn er nur durch eine
Vernachlässigung der Kinder zu erreichen ist. Der Eigenwert liebevoller Zuwendung wird
betont, die geistige und körperliche Entwicklung der Kinder in den Mittelpunkt gerückt.
Von den Literatinnen vorgeschlagene Alternativen wie (Frauen)Wohngemeinschaften oder
private Kinderbetreuungsstätten fanden keine offizielle Resonanz. Die SED erkannte nur die
Familienerziehung als Alternative an und verwies Frauen damit wieder auf ihre traditionelle
Rolle.
Die hier gemachten Überlegungen lassen den Schluß zu, daß Frauen und Männer in
der DDR "nach außen hin" zu "funktionieren" hatten. Wie sie die an sie gerichteten
Ansprüche des Staates in ihren eigenen vier Wänden bewältigten, war für die Regierung nur
nebensächlich. Die Appelle zur häuslichen Arbeitsteilung wurden immer mehr zur verbalen
Pflichtübung, die Frauen sahen sich jedoch immer drängender formulierten Erwartungen
gegenüber. Nicht nur Haushalt und Beruf sollten von ihnen unter einen Hut gebracht
werden, auch die Idealkinderzahl von drei pro Familie wurde ihnen angetragen. Die
Statistiken weisen jedoch nach, daß die Regierung in diesem Bereich die größten Abstriche
zu verzeichnen hatte.
Kapitel II. 11 zeigt auf, daß Kinder für Frauen trotz aller gebotenen Hilfestellung nach
wie vor eine Einschränkung darstellten. Sie brachten ihre Mütter in eine schwächere und
angreifbarere Position, denn diese müssen nach ihrer Geburt nicht mehr nur für sich selbst
geradestehen, sondern sie können auch weniger Risiken (beruflicher und partnerschaftlicher
Natur) auf sich nehmen, können ihre Freiheit nicht mehr ausleben. Kinder sind nach wie
vor Verantwortung der Frauen, die einzige Möglichkeit, diese Rolle zu umgehen, liegt im
Verzicht oder in der Reduzierung der Kinderzahl. Die DDR propagierte ihre
Kinderfreundlichkeit und hoffte, mittels ihrer sozialpolitischen Maßnahmen die ständig
sinkenden Geburtenziffern zu verbessern. Die Auswirkungen dieser Bemühungen waren
jedoch kurzlebig und brachten weder die gewünschte einfache Reproduktion geschweige
denn einen Geburtenüberschuß.
Zielsetzungen von Regierung und Literatinnen klaffen auf diesem Gebiet weit
auseinander. Die Autorinnen plädieren für die Entscheidungsfreiheit der Frau für oder gegen
die Geburt eines Kindes, sie sehen in dem Austragen einer ungewollten Schwangerschaft
eine das Leben beeinflussende "physische Verkrüppelung", die sich auf alle anderen
Lebensbereiche überträgt: "Von Krüppeln sind keine originären Leistungen zu
erwarten. "(Morgner, 1974).27 Sie wenden sich gegen die moralische Wertung des
Schwangerschaftsabbruchs durch die Gesellschaft und durch Ärzte. Der Vorwurf, es werde
häufig zu früh und zu unüberlegt abgetrieben, wird vehement zurückgewiesen. In der
Literatur wird dargelegt, daß es sich hier um einen erniedrigenden und entwürdigenden
Vorgang handelt, daß die Frauen weder auf Verständnis, noch auf Mitgefühl hoffen können.
Es gibt "keine Fürsorge, sondern Gegensorge"(Iser, 1987).28 Eine ihre Emanzipation
einschränkende Wertung findet entgegen allen Versprechungen statt, die Entscheidung zum
Eingriff kostet Überwindung und vermittelt Schuldgefühle, denn die Frauen fühlen sich
395

allein verantwortlich. Dadurch werden sie emotional in die Enge gedrängt, Recht und
Möglichkeit der freien Entscheidung werden ihnen so genommen und die Gleichstellung,
die auf dieser Entscheidungsmöglichkeit beruht, abgesprochen. Die "Schuld" ist aber kaum
auf eine "quasi biologische" zurückzuführen, dieses Problem sollte von der Gesellschaft
angegangen werden (Worgitzky, 1982).29
Mediziner setzen sich für die Verbesserung der Aufklärung und die Verbreitung von
Kontrazeptiva ein, aber auch ein solches Bemühen ist für die Schriftstellerinnen
unzureichend. Die Pille wird hier aufgrund ihrer Nebenwirkungen als ein nur begrenzt
annehmbares Mittel genannt. Stattdessen werden Fragen gestellt. Wenn chemische Mittel
so gut sind, warum bemüht man sich dann nicht mehr um die Erstellung einer Pille für
Männer? Warum wird die Verantwortung für die Verhütung immer noch den Frauen
zugeschoben? Solange Männer hier nicht genug Anteil nehmen, haben sie kein Recht auf
Kritik. Ebenso können sie eine Frau nicht zum Austragen eines ungewollten Kindes
zwingen. Eine Protagonistin Wiens erklärt sich bereit, ein Kind für seinen Vater zu
gebären, wenn er nach der Geburt allein die volle Verantwortung für seinen Sprößling
übernimmt. Der Mann lehnt ab, weil er glaubt, dieser Auflage nicht gewachsen zu sein. Die
Erfüllung gerade dieser Aufgabe wurde und wird von Frauen jedoch immer bedenkenlos
eingefordert. Väter müssen ihre Rechte und Pflichten noch mehr wahrnehmen, hier stimmen
Autorinnen und SED überein, wie dieses Ziel jedoch zu erreichen gewesen wäre, spaltete
die Geister.
Während die Regierung die organisatorischen Schwierigkeiten der Vereinbarkeit von
Familie und Beruf hin und wieder anerkannte, wurde die Entscheidung gegen Kinder als
egoistisch diffamiert. Die Literatinnen wehren sich gegen diese Einengung der Frauen auf
ihre biologische Bestimmung und stellen ebenso klar, daß es längst nicht immer nur der
Vorzug eines bequemen Lebens ist, der durch den Verzicht auf Kinder zum Ausdruck
gebracht wird. Sie stellen das Konzept der "Mütterlichkeit" in Frage: Nicht jede Frau ist
mütterlich und es gehört Mut dazu, dies von sich zu bekennen. Zu viele Kinder werden von
unmütterlichen Frauen geboren, dies ist weder den Frauen, noch den Kindern gegenüber
gerecht. Die Erklärung, daß die Geburt von Kindern eine gesellschaftliche Verpflichtung
sei, läßt sich entsprechend kaum mit dem Versprechen der "freien Persönlichkeitsentfaltung"
für Frauen vereinbaren. Hier stehen sich zwei Interessenbereiche der Gesellschaft diametral
gegenüber, eine Lösung dieses Problems wurde in der Honeckerperiode nicht erreicht.

Trotz der Berufstätigkeit der Frau sind die traditionellen Rollen in Familie und
Haushalt weitgehend erhalten geblieben, für die Frauen hat sich lediglich eine
Mehrbelastung ergeben, die sie sich zwischen ihren verschiedenen Aufgaben- und
Verantwortungsbereichen aufreiben läßt. Männer sind in ihrer Rolle jedoch ebenso gefangen
wie die Frauen in der ihren. Ihre Beteiligung am Haushalt beläuft sich in den meisten Fällen
auf ein "Helfen", Frau und Familie werden von ihnen und auch von der Gesetzgebung noch
immer als eine unaufspaltbare Einheit gesehen. Der einzige den Frauen verbleibende
Ausweg, die Entscheidung gegen Kinder wird ihnen als Egoismus angekreidet, Frauen
sollen, mehr noch als Männer, in allen Bereichen reibungslos "funktionieren". Von einer
Gleichberechtigung mit den Männern kann hier entsprechend ebenso wenig gesprochen
werden wie von einer Emanzipation beider Geschlechter von den bestehenden Zwängen.
Gerade diese Überlegung wird von den Autorinnen immer wieder überarbeitet und
durchleuchtet, in Teil III wurde eine Analyse der Partnerschaftsbeziehungen vorgenommen.
396

Spätestens die Untersuchung der Beziehungen zwischen den Geschlechtern macht


deutlich, daß die Autorinnen nicht männerfeindlich eingestellt sind, auch wenn eine
oberflächliche Betrachtung ihrer Schriften zunächst vielleicht so anmuten mag. Gesagt wird
jedoch immer wieder - und hier wird mancher Mann seine jahrhunderte-alten Privilegien
bedroht sehen und entsprechend konsterniert reagieren - daß Frauen nicht von den Männern
abhängig sind. Frauen sind nicht hilflos und schwach, sie müssen lernen, auf eigenen
Beinen zu stehen, sich aus jeglicher Abhängigkeit zu befreien: Wenn es darauf ankommt,
können sie ohne die Männer auskommen. "Können" ist hier das ausschlaggebende Wort:
Sie wollen mit den Männern gemeinsam eine Basis für ein gleichberechtigtes Miteinander
schaffen, sie wünschen sich neue Geschlechterbeziehungen, die auf Liebe, Freundschaft und
gegenseitigem Respekt aufgebaut sind. Hier suchen die Schriftstellerinnen nach alternativen
Lebensformen und so kann es nicht verwundern, wenn sich eine ganze Reihe von
Abweichungen ergeben, die sich nur schwerlich mit den von offizieller Seite propagierten
und gesetzlich definierten Vorstellungen, wie sie in Teil II dargelegt wurden, auf einen
Nenner bringen lassen.
So wird hier abermals gefragt, ob es für eine Frau wirklich Sinn hat, den Männern
in ihrer Eingebundenheit in den beruflichen Rahmen nachzustreben. Die Möglichkeit der
Berufstätigkeit für Frauen ist ein wichtiger Schritt zu ihrer Gleichberechtigung, aber bietet
sie den Weg zu wirklich partnerschaftlichen Beziehungen? Diese Frage wird verneint, denn
"die Wörter 'menschlich’ und 'männlich', einer Wurzel entsprungen, sind unrettbar weit
voneinander weggetrieben" (Wolf, 1980)30. Die Unternehmungen, in die sie sich verlieren
(Wirtschaft, Wissenschaft und Weltpolitik), Rechenhaftigkeit, Fakten- und
Zahlengläubigkeit, "Besessenheit mit dem was machbar ist und Macht verschafft", können
nicht ihr Glück sein, Frauen müssen sich wehren, wenn sie da hineingezogen werden sollen.
Auch Männer werden als "Opfer" ihrer Rolle dargestellt, eine Übernahme ihrer Normen
kann somit den Frauen nicht zum Wohle gereichen, ihre eigenen Werte gingen dabei auf
ewig verloren. Beide Geschlechter müssen erkennen, daß die weiblichen Werte für die
Menschheit unersetzlich sind. Die Mängel männlicher Vorstellungen, die bisher nahezu
kritiklos anerkannt wurden, müssen realistischer betrachtet und hinterfragt werden. Den
Männern ist aufgrund ihres eigenen Rollenzwangs der eigentliche Lebenssinn des Liebens
und humanitären Seins abhanden gekommen. Die Frauen müssen ihnen nun verständnisvoll
und offen entgegengehen, und sie wieder "liebbar" machen. Mit dieser Argumentation
erteilen die Literatinnen den offiziellen Vorstellungen von Emanzipation eine klare Absage:
Diese bauen zwar auf einer (beruflichen) Gleichstellung der Frau mit dem Mann auf,
sprechen jedoch nie von einer Befreiung von den Normen und Zwängen der Gesellschaft.
Auch die Frauenerfahrung ist kritisch zu untersuchen. Es müssen Eigenschaften
gefunden werden, die zukünftigen emanzipierten Menschen überhaupt erhaltenswert
erscheinen, auch wenn diese bisher noch als "weibliche Werte” bezeichnet werden.
Angestrebt wird eine Weiterentwicklung der Gleichberechtigung, die beide Geschlechter
einbezieht. Wolf spricht von Liebe, was für sie "eine schöpferische, auf
Selbstverwirklichung angelegte Beziehung zwischen Menschen" bedeutet,31 andere
Autorinnen nennen Freundschaft als Ziel, Morgner beschreibt die Beziehung zwischen drei
Frauen als "schöne Menschengemeinschaft" und "in freundlichem Umgang war Vielfalt".32
Dieses Ideal wäre auf die Partnerbeziehungen zwischen den Geschlechtern zu übertragen.
Klare Definitionen, d.h. Worte oder Begriffe, die diese neuen Beziehungen zwischen
397

den Geschlechtern umschreiben, gibt es dabei noch nicht. Was von den einen als Liebe
bezeichnet wird, ist für andere Freundschaft, manchmal wird Freundschaft abwertend als
das beschrieben, was nach einer Liebesbeziehung noch übrig bleibt, dann wiederum ist sie
die Vorstufe zu wirklicher Liebe. Eine eindeutige Begriffsklärung gibt es nicht und läßt sich
auch nicht erarbeiten. Es geht hier aber auch nicht um das Erstellen von allgemeingültigen
Konzepten, die "unter die Leute gebracht" werden sollen. Es gab in der DDR keine
Frauenbewegung, die konforme und feststehende Ziele verfolgte. Gerade darum ist es so
erstaunlich, daß sich eine Gruppierung ähnlich denkender und die gleiche Problematik
bearbeitender Frauen gebildet hat, deren Vorstellungen und Ideale sich auf bestimmte
Zielsetzungen konzentrieren lassen.
Die in der Frauenliteratur gemachten Erkenntnisse sind weitreichend und gehen über
die Geschlechterproblematik hinaus. Hier zeichnet sich auch eine Kritik an Wissenschaft und
Technik ab, die sich vom Streben der DDR-Regierung nach technologischem Fortschritt
deutlich abhebt. Männer können nicht lieben, weil sie zunehmend in den Strukturen des
instrumentalen Denkens verfangen sind. Frauen jedoch haben keinen Anteil an der
Fortentwicklung dieser Kultur und nehmen daher eine privilegierte Stellung ein, von der aus
sie Weiturteile fallen können. Von ihrer Warte teils innerhalb, teils außerhalb der
Männerwelt ist es ihnen möglich, das für sie Unzulängliche aber auch das für alle
Zerstörerische der bestehenden Kultur zu erkennen und zu tadeln (Wolf, 1985).33 Indem sie
sich die eigene Befreiung zum Ziel gesetzt hat, wird die Frau zum Subjekt der Geschichte,
ihr Kampf gegen die Zwänge einer selbstzerstörerischen Kultur kann möglicherweise auch
die Männer befreien. Frauen können die Führung übernehmen, wenn es darum geht, die
Menschheit aus der Sackgasse zu führen und ihr den Weg zu einer anderen Geschichte und
zu der "phantastischen Erfindung" vom Menschen, die einander lieben können, eröffnen.34
Kapitel 13 setzt sich mit dem Konzept der auf Liebe begründeten Ehe auseinander.
Diese ist mit "erotischer Habgier" verhaftet (Morgner, 1974) und beruht auf einer
vorübergehenden Stimmung, einem "Sammelwort für selbstsüchtige oder rein biologische
Intentionen "(Anderson, 1975).35 Kapitel 14 analysiert die Darstellungen der Literatinnen zu
Partnerschaft und Sexualität und kommt zu dem Schluß, daß die Einstellungen, die Frauen
und Männer im Sexualbereich voneinander haben, ihre Verfangenheit in ihren traditionellen
Rollen am deutlichsten aufzeigt. Hier findet sich die Basis für männliche Überheblichkeit,
die sich auf alle anderen Lebensbereiche überträgt; hier zeigt sich der "Machomann", der
noch immer glaubt, ihm aufsässig erscheinende Frauen durch den Beweis seiner
(Sexual)Kraft zur Räson bringen zu müssen. Die Autorinnen machen jedoch gerade diese
"Potenzprotze" in ihren Schriften lächerlich. Ihre "Bettgeschichten" machen deutlich, daß
gerade auf diesem Gebiet viele Männer sich etwas zugutehalten, was ihnen nur selten
zusteht. Dennoch verlangen sie von Frauen äußerliche Attraktivität (auch wenn sie selbst
bei weitem keine Adonisse sind), und Frauen haben Angst, den männlichen Ansprüchen
nicht zu genügen. Die Verhältnisse außer Haus, also in Beruf und Gesellschaft, sind für die
Reproduktion dieser Macht- und Ausbeutungsverhältnisse mit schuldig (Dölling, 1986),36
also sind diese Konflikte auch von gesellschaftlichem Belang. Die Frauenliteratur deckt auch
hier die Karten auf. Manche Leserin (und auch mancher Leser) mag sich sagen: "Dieses
Spiel spiele ich nicht mehr mit!"
Viele der Literatinnen kommen daher zu dem Schluß: Eine freundschaftliche
Beziehung ist wichtiger als sexuelle Erfüllung. Unter gleichgeschlechtlichen Freunden ist
ein gleichwertiges Miteinander selbstverständlich, - warum nicht auch zwischen Partnern
398

unterschiedlichen Geschlechts? Also bieten die Literatinnen Alternativen wie z.B.


Lebensgemeinschaften oder das Singletum an. Soziologische Untersuchungen weisen nach,
daß die Autorinnen auch mit diesen Überlegungen ihren Finger am Puls der Gesellschaft
haben: Hohe Scheidungsraten, der Geburtenanstieg unter unverheirateten Müttern, die
Abnahme der Ersteheschließungen und der wachsende Abstand zwischen Scheidung und
Wiederverheiratung lassen alle darauf schließen, daß man der sozialistischen Ehe kritisch
gegenüberstand. Offizielle Verlautbarungen begündeten diese Entwicklung mit
materialistischen Überlegungen, die Schriftstellerinnen und Soziologen verwiesen jedoch auf
Enttäuschung, Angst und auch abschreckende Vorbilder.
Während die SED mit allen möglichen Mitteln versuchte, Ehen zu propagieren und
zu erhalten und dabei auch vor der Drohung mit dem Alleinsein und der Angst um das
"Versorgtsein" nicht halt machte, bemühten sich Autorinnen darum, ihren Leserinnen den
Rücken für ein "Leben im Alleingang" zu stärken. Dabei lehnten sie nicht unbedingt die
Ehe an sich ab, warnten aber vor der Ehe, wie sie im real-existierenden Sozialismus
definiert wurde. Die Ehe ist eine Gemeinschaft, die durch ihre Mitglieder determiniert wird.
"Aber mich interessiert nicht die Ehe, gar nicht, mich interessiert allein, ob Menschen
überhaupt noch kameradschaftlich nebeneinander sein können, - in welcher Beziehung auch
immer. "(Morgner, 1984)37 Lebensgemeinschaften werden als Möglichkeiten des
Zusammenlebens angeboten, es wird jedoch nicht versprochen, daß diese besser
funktionieren. Auch die gleichgeschlechtliche Gemeinschaft wird als Alternative
durchgespielt. Hier sind die Partner von vornherein gleichberechtigt, überkommene
Einstellungen müssen nicht erst abgebaut werden. Man räumt sich gleiche Rechte ein, alle
wissen aus Erfahrung, was im Haushalt zu hin ist. Keine hat Privilegien, keine drückt sich.
Auch das bewußte Alleinleben wird als mögliche Lebensgestaltung zur Diskussion
gestellt, betont wird dabei allerdings immer wieder, daß eine solche Entscheidung
wohlbedacht sein will. Ein Sichzurückziehen aus (eingebildeter) Angst und Schwäche wird
hier genauso kritisiert wie eine überhastete Heirat, die auf ähnlichen Motivationen beruht.
Deutlich wird immer wieder, daß weder der Ausschluß des anderen Geschlechts noch ein
einseitiger Versuch zum Erfolg führen kann. Nur das Bemühen von Mann und Frau kann
eine optimale Beziehung hervorbringen. Gewarnt wird vor der (nicht selten auch
freiwilligen) Unterordnung des einen Partners, die nur zu einer oberflächlichen Harmonie
führen kann. Diese käme einer Selbsttäuschung gleich, denn hier wird künstliche
Übereinstimmung mit Selbstaufgabe erkauft. Diese Untergrabung des eigenen Wertes vor
sich selbst und vor seinen Mitmenschen wird selten mit ewigwährender Liebe und Treue
belohnt. Die Literatinnen plädieren für ein eigenverantwortliches Leben, jede ist ihres
eigenen Glückes Schmied. Man darf sich nicht aus (eingebildeter) Unsicherheit an einen
Mann hängen und von ihm erwarten, daß er einem immerwährendes Glück beschert: Selbst
ist die Frau! Ob sie ihr Lebensglück aber mit oder ohne (Ehe)Mann erreichen möchte, muß
jeder einzelnen überlassen bleiben.
Statistisch gesehen fanden in der DDR immer mehr Frauen den Weg zum
(wenigstens zeitweiligen) Alleinleben. Warnungen vor übergroßem Optimismus über die
Alltagsrealitäten des Singletums kamen jedoch nicht nur von den Schriftstellerinnen, sondern
auch aus den Reihen der Soziologen. Die in Gesetzgebung und Leitlinien verbrieften Rechte
lassen das "Leben im Alleingang" als echte Alternative zur Zweisamkeit erscheinen, der
hohe soziale Stellenwert von Ehe und Familie resultierte jedoch nicht selten in sozialer
Isolation und Einsamkeit, vor allem Frauen wurde der Status "alleinstehend" verübelt.
399

Männern ist Autonomie stets zugestanden worden, Frauen ziehen sich höchstens das Mitleid
der Gesellschaft zu, denn für sie hat dieser Zustand "keinen positiven Wert". Nicht zuletzt
aus diesen Gründen ist es für Frauen nicht leicht, allein zu sein. Sie müssen - auf sich selbst
gestellt - ihren Weg zwischen ihren eigenen Emanzipationsansprüchen, dem offiziellen
Leitbild der emanzipierten sozialistischen Persönlichkeit und dem ihnen anerzogenen
Anlehnungsbedürfnis erkämpfen. Die Frauenliteratur verschweigt nicht, wie schwer dies ist:
Einige der Autorinnen geben sogar von sich selbst zu, daß auch sie nicht von Anflügen der
Schwäche und des "Sichanlehnenwollens" gefeit sind (Reimann, 1964; Königsdorf, 1985).38
Die Lösungsmöglichkeit, die geboten wird, verlangt Mut und Entschlossenheit: Man
muß sich erst selbst finden, sich seines eigenen Wertes (und auch seiner eigenen
Schwächen) bewußt werden, - erst dann kann man eine gleichberechtigte Beziehung
aufbauen. Die Botschaft der Literatinnen läßt sich wie folgt zusammenfassen: Frauen
können mit den alltäglichen Aufgaben, der "Haushaltstechnik", auf die sich die Männer so
viel zugutehalten, allein fertig werden. Der Mut zum Versuch wird durch viele Erzählungen
vermittelt. Sie fordern die Frauen auf, ein Leben zu führen, das ihnen selbst und ihren
Fähigkeiten gerecht wird. Die von offizieller Seite angeführte Kritik, daß die Scheidungsrate
so hoch sei, weil die Frauen zu hohe Ansprüche hätten, wird zurückgewiesen. Auch konnte
aufgezeigt werden, daß hohe Ansprüche zum Beispiel auch durch die vom Staat propagierte
Jungmädchenliteratur vermittelt wurde. Hier wäre also zuerst einmal Selbstkritik angebracht
gewesen.

Noch ist das Zusammenleben von Frauen und Männern "von Sexgewittera bedroht"
(Morgner, 1974).39 Freundschaftliche Beziehungen brauchen Zeit, um zu wachsen, in den
gegenwärtigen Geschlechterbeziehungen leiden die Frauen jedoch an notorischem
Zeitmangel und haben nicht genug Zeit, um sich dem Aufbau kameradschaftlicherer
Verhältnisse zu widmen. Das Durchspielen verschiedener Partnerschaftsformen regt zur
gründlichen Auseinandersetzung mit der Problematik an. Der Leser fragt sich unwillkürlich
"Wie stehe ich dazu?", "In was für einer Beziehung möchte ich leben, was erwarte ich?”
und "Würde mir eine solche Gemeinschaft Zusagen?". Aus Leserzuschriften geht hervor,
daß die Literatur Rezipienten zur Formulierung neuer Ansprüche und Forderungen anhält.
Angestrebt werden soll eine auf Freundschaft und gegenseitiger Anerkennung und Respekt
basierende Partnerschaft, - die Legalisierung, so meinen die Schriftstellerinnen, ist dabei
unwichtig.
Die Literatinnen bieten eine Palette alternativer Lebensformen an, diese werden
jedoch nicht gewertet; gesagt wird lediglich, daß Ehe und Familie nicht die einzige
Möglichkeit darstellen. Sie diskutieren in ihrer Literatur Einstellungen und Ideale, die an
den (potentiellen) Partner herangetragen werden. Das offizielle Leitbild wird samt seiner
Überfordemden Ansprüche dargestellt und auch kritisiert: Ehe, Kinder, der Kampf um die
Beständigkeit der Beziehung bei gleichzeitiger Berufstätigkeit und Weiterbildung nebst
gesellschaftlicher Aufgaben, - kaum jemand ist wirklich verwundert, wenn dies alles nicht
unter einen Hut zu bringen ist. Selbst die in Für Dich dargestellte Superfrau, das "Allround-
Talent", der "Vorbildschreck" (Worgitzky, 1978),40 geht da manchmal in die Knie, - ohne
die Mithilfe der Eltern, vor allem der Oma, wäre vieles nicht zu erreichen. Dieses
Gleichberechtigungs-muster wird systematisch auseinandergenommen, ein neues wird nicht
geliefert, stattdessen Gedankenanstöße zur schöpferischen Kreation eines eigenen
400

individuellen Gleichberechtigungskonzepts, an dem männliche und/oder weibliche


Partner(innen) teilhaben können.
Das Warten auf den Märchenprinzen oder die Prägung eines Mannes nach einem
vorgefertigtem Idealbild sind nicht möglich. Mann und Frau müssen sich stattdessen von
ihrem anerzogenen Rollenverständnis freimachen. Die Geschlechtertauschgeschichten lösen
vor den Augen der Leser nicht nur das biologische und das gesellschaftliche
Koordinatensystem, das die Rollen geschaffen hat, versuchsweise auf. Sie ermöglichen auch
Einblicke in die Rolle des anderen Geschlechts, in den Konventionsdrang, dem es unterliegt,
und den gesellschaftlichen Druck, der auf ihm lastet. Sie wollen ein besseres Verständnis
für die Zwänge und Umstände des anderen erzielen. Es geht darum, in jedem zuerst den
Menschen zu sehen und nicht das von Konventionen und Sozialisierung geprägte
Geschlechtsbild.
Immer wieder kommen die Autorinnen in ihren Ausführungen zu dem Schluß, daß
die Emanzipation des einen Geschlechtes nicht auf Kosten des anderen zu erreichen ist.
Ebenso deutlich wird aber auch, daß viele Männer und Frauen keine klaren Vorstellungen
zum Konzept der Emanzipation haben, daß nur die wenigsten wissen, was damit gemeint
ist und was es für sie persönlich bedeutet. So ist das männliche Verständnis von
Emanzipation häufig negativ, sie fürchten um die Beschneidung ihrer "Rechte", fühlen sich
bedroht und stehen den Bemühungen der Frauen feindlich gegenüber. Für viele Frauen
wiederum dient das offizielle Leitbild als Orientierungswert - scheitern sie bei der
Umsetzung dieser Ideale in den realen Alltag, laufen sie Gefahr, das wahre Lebensziel aus
den Augen zu verlieren. Die von der Männerwelt propagierte Art der Emanzipation ist
jedoch weder die gesuchte, noch kann sie zur Lösung der bestehenden Probleme führen. In
diesem System werden Frauen und Männer einander gegenübergestellt, sie sollen sich in
einer von männlichen Normen und Fähigkeiten definierten (Berufs)welt aneinander messen.
Es kann kaum überraschen, das Frauen angesichts dieser Sisyphusaufgaben aufbegehren.
Frauen wollen als ganzer Mensch leben, von allen ihren Sinnen und Fähigkeiten
Gebrauch machen. Die "freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit" ist ihnen gesetzlich garantiert,
aber sie wollen dabei nicht ihre "Weiblichkeit", ihre besonderen "weiblichen Fähigkeiten
und Tugenden" verlieren. Es geht nicht um eine Aneignung männlicher Muster, sondern
um das Einbringen ihres eigenen Wissens in die Gesellschaft. Gleichheit gibt es entweder
für jeden oder für niemanden. Sie fragen: "Wie kann eine Frau emanzipiert sein, wenn ihre
Schwester es nicht ist?" Und: "Wie können Frauen emanzipiert sein, wenn die Männer es
nicht sind?” "In Bezug auf wen und auf welchem imaginären Gebiet soll sich ihre
Emanzipation vollziehen?" (Anderson, 1975)41
Die alte Rollenverteilung soll gesprengt werden. Nicht mehr nur Gleichberechtigung
wird gesucht, sondern neue Lebensformen. Frauen haben ein Selbstbewußtsein entwickelt,
das nicht zugleich Wille zum Herrschen, zum Dominieren, zum Unterwerfen bedeutet,
sondern die Fähigkeit zur Kooperation. Die Autorinnen definieren das "Anderssein" der
Frauen, sie sind dabei schöpferisch und phantasievoll, dann aber auch sehr nüchtern. Sie
setzen dem bloßen Nützlichkeitsdenken und Pragmatismus, der männlichen "Ratio", die sich
selbst betrügt, Vernunft, Sinnlichkeit und Glückssehnsucht entgegen. Dabei blicken sie weit
über die eigenen vier Wände hinaus. Im "Kampf" um die Emanzipation soll es keine
"Sieger" und "Besiegten" mehr geben, sondern im Ergebnis eine von traditionellen
Rollenprägungen und Lebensweisen befreite Gesellschaft, in der die Menschen frei
miteinander umgehen können, im Aufbau "weder matriarchalisch, noch patriarchalisch,
401

sondern menschlich" (Morgner, 1974).42


Männerfeindlichkeit kann den Literatinnen demnach ebenso wenig nachgesagt werden
wie blinder Feminismus, sie wollen die Gegensätzlichkeit der Geschlechter nicht vertiefen,
sondern rufen zu einem gemeinsamen Bemühen um bessere Möglichkeiten für alle auf. Die
"Männerwelt", in der wir bisher gelebt haben, braucht den Einfluß emotionaler Werte und
der "Fähigkeit des Hegens”, die die Frauen über Jahrhunderte bewahrt und perfektioniert
haben. Hier geht es nicht um Verlust oder Gewinn, sondern um die Zusammenführung
dessen, was schon zu lange miteinander im Streit lag. Weder die "Wende" 1989 noch die
Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990 lassen die hier erarbeiteten
Zielsetzungen alt, abgetan oder gar überlebt erscheinen. Mit ihren Wurzeln in der neuen
"weiblichen" Geschichte, haben sie an ihrer Relevanz, auch für die neue Bundesrepublik,
nichts verloren. Das letzte, optimistisch anmutende Wort, soll darum Helga Königsdorf
(1982) überlassen werden:

Zum ersten Mal erkenne ich, daß er einfach ein Mensch ist. Ein verletzbarer
Mensch. Einer mit Ängsten. Mit schlimmeren Ängsten, wegen der Rolle, die
ich ihm dauernd zuschieben will. Ich küsse ihn auf die Stirn und denke, wir
haben noch ein Chance.43

Fußnoten

1 Tetzner, Gerti: Karen W. Halle (Saale) und Leipzig: 1974. Seite 206 und 216.
2 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 85f.
3 Zitiert nach Huffzky, Karin: "Produktivkraft Sexualität souverän nützen". Frankfurter Rundschau. 16.
August 1975, Seite III.
4 Wolf, Christa: Büchner-Preis-Rede.-In dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 326f.
5 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 243.
6 Christa Wolf in: And the Walls Came Tumbling Down. Channel 4. November 5, 1990. 21.00 h to 22.00
h.
7 Irmtraud Morgner in einem Interview mit Sigrid Löffler. Zitiert nach: Hildebrandt, Irma: Emanzipation
Ost... Deutsche Studien. 1986, 24. Jg., Nr. 94, Seite 124.
8 Kaufmann Fva- Schreibende Frauen in der DDR. Conaissance de la RDA. 1981, Nr. 13, Seite 15. Zitiert
nach: Hähnel, Ingrid / Kaufmann, Hans: Eine Literatur der achtziger Jahre? Zeitschrift für Germanistik,
1985, Nr. 6, Seite 24.
9 Wolf, Christa: Lesen und Schreiben.-In: dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 47.
10 Michaelis, Julia: Gespräch mit der Schriftstellerin Helga Schubert. Für Dich, 1978, Nr. 12. Zitiert nach
Liebezeit, Margaret: Internationaler Hochschulferienkurs für Germanistik (Lehrkräfte). Materialien. 2.
Helga Schubert. Heft 1: Texte. Berlin (DDR): 1985. Hier Seite 12f.
11 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 333.
12 Wolf, Christa: Ich bin schon für eine gewisse Maßlosigkeit.-In dies.: Die Dimension des Autors.
Darmstadt und Neuwied: 1987. Seite 875f. Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): Dietz
Verlag 1986.
13 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 419.
14 Morgner, Irmtraud: Amanda. Darmstadt und Neuwied: 1984. Seite 123f.
15 Morgner, Irmtraud: "Aber die großen Veränderungen...“. Für Dich. 1978, Nr. 21, Seite 18.
16 Runge, Irene: Ganz in Familie. Berlin (DDR): 1985. Seite 9.
17 Vgl. hierzu z.B. Auer, Annemarie: Mythen und Möglichkeiten.-In: Anderson, Edith (Hrsg.): Blitz aus
heiterm Himmel. Rostock: 1975. Seite 243f. Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft... -In: Kirsch, Sarah /
Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 52.
402

18 Kuhrig. Herta: Vorwort.-In: Solowjow, Nicolai: Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 7. Solowjow, Nicolai:
Ehe und.... Leipzig: 1980. Seite 9 und 189. Grandke, Anita: Familienförderune als gesellschaftliche und
staatliche Aufgabe. Berlin (DDR): 1986. Seite 76f.
19 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft... -In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 35.
20 Wolff, Friedrich: Liebe, Sex und Paragraphen. Für Dich. 1987, Nr. 31, Seite 43.
21 Grandke, Anita: Zur Entwicklung von Ehe und Familie.-In Kuhrig, Herta / Speigner, Wulfram (Hrsg.):
Zur gesellschaftlichen Rolle der Frau.... Leipzig: 1978. Seite 233. Solowjow, Nicolai: Ehe und....
Leipzig: 1980. Seite 33.
22 Morgner, Irmtraud: Die Hexe ... Zürich und Villingen: 1986. Seite 62f.
23 Willkomm, Elke: Hexensommer. Berlin (DDR): 1984. Seite 227.
24 Wander, Maxie: "Leben war’ eine prima Alternative". Darmstadt und Neuwied: 1980. Seite 105.
25 Zitiert nach Helwig, Gisela: Emanzipation und Frauenpolitik. Deutschland Archiv. 1987, 20. Jg., Nr.
9, Seite 898f.
26 Dölling, Irene: Individuum und Kultur. Berlin (DDR): 1986. Seite 150.
27 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 517.
28 Iser, Dorothea: Neuzugang. Berlin (DDR): 1987. Seite 69.
29 Worgitzky, Charlotte: Meine ungeborenen Kinder. Berlin (DDR): 1982. Seite 82.
30 Wolf, Christa: Selbstversuch.-In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa: Geschlechtertausch.
Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 86.
31 Vgl. hierzu Lennox, Sara: Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an.-In: Hohendahl, Peter /
Herminghouse, Patricia (Hrsg.): Literatur der DDR in den siebziger Jahren. Frankfurt (Main): 1983. Seite
227.
32 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 358.
33 Wolf, Christa: Büchner-Preis-Rede.-In: dies.: Lesen und Schreiben. Neue Sammlung. Darmstadt und
Neuwied: 1985. Seite 328.
34 Lennox, Sara: Nun ja! Das nächste Leben geht aber heute an.-In: Hohendahl, Peter / Herminghouse,
Patricia (Hrsg.): Literatur der DDR in den siebziger Jahren. Frankfurt (Main): 1983. Seite 232.
35 Morgner, Irmtraud: Gute Botschaft... -In: Kirsch, Sarah / Morgner, Irmtraud / Wolf, Christa:
Geschlechtertausch. Darmstadt und Neuwied: 1983. Seite 52. Anderson, Edith: Dein für immer oder nie. -
In dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975. Seite 137.
36 Morgner, Irmtraud: Die Hexe.... Zürich und Villingen: 1986. Seite 95.
37 Dölling, Irene: Zur kulturtheoretischen Analyse... Weimarer Beiträge. 1980, 26. Jg., Nr. 1, Seite 75.
38 Reimann, Brigitte: Die geliebte, die verfluchte Hoffnung. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 200.
Königsdorf, Helga: Respektloser Umgang. Darmstadt und Neuwied: 1986. Seite 56.
39 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 399.
40 Worgitzky, Charlotte: Karriere abgesagt.-In: Vieräugig oder blind. Berlin (DDR): 1978. Seite 71.
41 Anderson, Edith: Dein für immer oder nie.-In: dies. (Hrsg.): Blitz aus heiterm Himmel. Rostock: 1975.
Seite 165.
42 Morgner, Irmtraud: Leben und Abenteuer der Trobadora Beatriz.... Berlin und Weimar: 1987. Seite 29.
43 Königsdorf, Helga: Unverhoffter Besuch.-In: Der Lauf der Dinge. Berlin und Weimar: 1982. Seite 180-
186. Hier Seite 186.
403
BIBLIOGRAPHIE

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MÜLLER, Christa: Vertreibung aus dem Paradies. Berlin und Weimar: Aufbau Verlag 2.Auflage 1981.
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NELKEN, Dinah: Die ganze Zeit meines Lebens. Geschichten, Gedichte, Berichte. Berlin (DDR): Verlag der
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NEUHAUS, Barbara: Ich bitte nicht um Verzeihung. Roman. Berlin (DDR): Verlag Das Neue Berlin 1984.
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innerungsdichtung. Studien zur Deutung von Storms “Immensee".
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SAG 25. Käte Hamburger, Kleine Schriften zur Literatur und Geistesgeschiche. 1976
2. erweiterte Aufl. 1986, 352 Seiten, kart., ISBN 3-88099-024-7 DM 50 -

SAG 26. Edward Mc Innes, The Development of German Social Drama 1840-1900
1976, 300 Seiten, kart., ISBN 3-88099-025-5 vergrjffen

SAG 27: Rolf-Werner Nolle, Das Motiv der Verführung. Verführer und "Verführte" als
dramatische Entwürfe moralischer Wertordnung in den Trauerspielen von Gryphius
Lohenstein und Lessing.
1976, 408 Seiten, kart., ISBN 3-88099-026-3 DM 45

SAkGk28L KaH Mü,ler' Das Dekadenz-Problem in der österreichischen Literatur um die


Jahrhundertwende, dargelegt an Texten von Hermann Bahr, Richard von Schaukal Huqo
von Hofmannsthal und Leopold von Andrian. '
1976, 164 Seiten, kart., ISBN 3-88099-02-1 vergriffen

SAG29: Jaikyung Hahn Helfrich Peter Sturz (1736-1799): Der Essayist, der Künstler der
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1976, 532 Seiten, 32 Abb. kart., ISBN 3-88099-028-X DM 75 -

SAG 30: Manfred Michael, Friedrich Hebbels Herodes und Manamne: Litera historische
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1977, 742 Seiten, kart., ISBN 3-88099-029-8 DM 8Q9_
SAG 31: Gien A. Dolberg, The Reception of Johann Joachim Winckelmann in Modern
German Prose Fiction.
1977, 165 Seiten, kart., ISBN 3-88099-030-1 DM 28.-

SAG 32: Anthony J. Harper, "David Schirmer - a Poet of the German Baroque"
1977, 262 Seiten, kart., ISBN 3-88099-031-X DM 40.-

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deutung der Literaturkritik von Marx, Engels und Lenin.
1977, 164 Seiten, kart., ISBN 3-88099-032-8 DM 20.-

SAG 34: Jens Rieckmann, Der Zauberberg: Eine geistige Autobiographie Thomas Manns.
1977, 186 Seiten, kart., ISBN 3-88099-033-6 DM 29.-

SAG 35: Beth Bjorklund, A Study in Comparative Prosody: English and German lambic
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1978, 232 Seiten, kart., ISBN 3-88099-035-0 DM 25.-

SAG 38: Alan Corkhill, The Motif of "Fate" in the Works of Ludwig Tieck.
1978, 240 Seiten, kart., ISBN 3-88099-039-5 DM 42.-

SAG 39: Vicki Hill, Bertolt Brecht and the Post-War French Drama
1978, 310 Seiten, kart., ISBN 3-88099-040-9 DM 42.-

SAG 40: Sibylle Mulot, Der junge Musil. Seine Beziehung zur Literatur und Kunst der
Jahrhundertwende. 1977, 284 Seiten, kart., ISBN 3-88099-041-7 vergriffen

SAG 41: Guiseppe Dolei, L'arte come espiazione imperfetta: Saggio su Trakl.
1978, 186 Seiten, kart., ISBN 3-88099-042-5

SAG 42: Naomi Ritter, House and Individual: The House Motif in German Literature of
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SAG 45: Werner Brändle, Die dramatischen Stücke Martin Walsers. Variationen über
das Elend des bürgerlichen Subjekts.
1978, 248 Seiten, kart., ISBN 3-88099-046-8 DM 34.-

SAG 46: Wolfgang Lechner, Mechanismen der Literaturrezeption in Österreich am


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SAG 48: Ekkehard Gühne, Gottscheds Literaturkritik in den "Vernünftigen Tadlerinnen"


(1725/1726). 1978, 470 Seiten, kart., ISBN 3-88099-049-2 DM 65.-
SAG 49: Carolyn Thomas Dussere, The Image of the Primitive Giant in the Work of
Gerhart Hauptmann. 1978, 263 Seiten, kart., ISBN 3-88099-50-6 DM 35.-

SAG 50: Hans Holler, Kritik einer literarischen Form: Versuch über Thomas Bernhard.
1979, 157 Seiten, kart., ISBN 3-88099-051-4 vergriffen

SAG 51: Manfred Lefevre, Von der poletarisch-revolutionären zur antifaschistisch-sozia¬


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Schriftsteller von der End-Phase der Weimarer Republik bis zum Jahr 1935.
1979, 402 Seiten, kart., ISBN 3-88099-052-2 DM 62.-

SAG 52: Ehard Jöst, Agitation druch Kriegslyrik. Ein Unterrichtsmodell für den Deutsch¬
unterricht auf der Sekundarstufe II.
1978, 117 Seiten, kart., ISBN 3-88099-053-0 vergriffen

SAG 53: Maria-Eva Jahn, Techniken der fiktiven Bildkomposition in Heinrich Heines
Reisebildern. 1978, 80 Seiten, 8 Abb., ISBN 3- 88099-054-9 DM 26.-

SAG 54: Mary Gerhart-Weber, The Question of Belief in Literary Criticism: An Introduction
of the Hermeneutical Theory of Paul Ricoeur.
1979, 408 Seiten, kart., ISBN 3-88099-055-7 DM 42 -

SAG 55: Heike Mück, Unterrichtseinheit Lustspiel: Gerhart Hauptmann. Der Biberpelz.
1979, 102 Seiten, kart., ISBN 3-88099-056-5 vergriffen

SAG 56: Gordon Browning, Tristan Tzara: The Genesis of the Dada Poem orfrom Dada
to AA. 1979, 196 Seiten, kart., ISBN 3-88099-057-3 DM 35.-

SAG 57: Sabine D. Jordan, Ludwig Ferdinand Huber (1764-1804). His Life and
Works. 1979, 307 Seiten, kart., ISBN 3-88099-58-1 r

SAG 58: Erich Mayser, Heinrich Heines "Buch der Lieder" im 19. Jahrhundert
1979, 286 Seiten, kart., ISBN 3-88099-059-X DM 40 -

SAG 59: Günther Gottschalk, Dichter und ihre Handschriften: Betrachtungen zu Auto¬
graphen des jungen Hermann Hesse im Marbacher Archiv.
1979, 108 Seiten, kart., ISBN 3-88099-060-3 DM 2R-

SAG 60: Elisabeth Welzig. Literatur und journalistische Literaturkritik: Untersucht an


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1979, 232 Seiten, kart., ISBN 3-88099-061-1 DM 38-

SAG 61: W. B: Mullan, Grillparzer's Aesthetic Theory: A Study with Special Reference to
his Conception of the Drama as “eine Gegenwart“.
1979, 188 Seiten, kart., ISBN 3-88099-62-X nu n? -

SAG 62: Karl-Friedrich Dürr, Opern nach literarischen Vorlagen. Shakespeares- The
Merry Wives of Windsor in den Vertonungen von Mosenthal - Nicilai: Die lustigen Weiber
von Windsor und Boito - Verdi: Falstaff.
1979, 283 Seiten, kart., ISBN 3-88099-63-8 DM 40 _

SAG 63: Albrecht Staffhorst, Die Subjekt-Objekt-Struktur. Ein Beitrag zur Erzähl¬
theorie. 1979, 275 Seiten, kart., ISBN 3-88099-064-6 DM -
SAG 64: Mustafa Mäher, Das Motiv der orientalischen Landschaft in der deutschen
Dichtung von Klopstocks "Messias" bis zu Goethes "Diwan".
1979, 160 Seiten, kart., ISBN 3-88099-065-4 DM 32.-

SAG 65: Uwe Wolff, Thomas Mann. Der erste Kreis der Möller - Der Mythos im Doktor
Faustus -. 1979, 204 Seiten, kart., ISBN 3-88099-066-2 vergriffen

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hung zwischen deutscher und italienischer Literatur im 17. Jahrundert.
1979, 270 Seiten, kart., ISBN 3-88099-067-0 DM 49.-

SAG 67: Malcolm Pender, Max Frisch - His Work and its Swiss Background.
1980, 350 Seiten, kart., ISBN 3-88099-068-9 vergriffen

SAG 68: Keith Bullivant, Between Chaos and Order: The Work of Gerd Gaiser.
1980, 162 Seiten, kart., ISBN 3-88099-69-7 DM 35.-

SAG 69: Baher M. Elgohary, Joseph Freiherr von Ffammer-Purgstall (1174-1856). Ein
Dichter und Vermittler orientalischer Literatur.
1979, 276 Seiten, kart.,ISBN 3-88099-070-0 DM 45.-

SAG 70: Uwe Wolff, Goethes Paradies in Rätseln: Die 'Natürliche Tochter' im Spiegel der
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SAG 71: Klaus Dautel, ZurTheorie des literarischen Erbes in der 'entwickelten sozialisti¬
schen Gesellschaft' der DDR: Rezeptionsvorgabe und Identitätsangebot.
1980, 452 Seiten, kart., ISBN 3-88099-072-7 DM 60.-

SAG 72: Marion Faber, Angels of Daring. Tightrope Walker and Acrobat in Nietzsche,
Kafka, Rilke and Thomas Mann.1980, 177 Seiten, kart., ISBN 3-88099-076-X DM 35.-

SAG 73: Alan Bance, The German Novel 1945-1960.


1980, 184 Seiten, kart., ISBN 3-88099-077-8 DM 38.-

SAG 74: Ute M. Oelmann, Deutsche poetologische Lyrik nach 1945: Ingeborg Bach¬
mann, Günter Eich, Paul Celan. 1980, 458 Seiten, kart., ISBN 3-88099-078-6 DM 64.-

SAG 75: Fran9oise Sopha, Die Romanwelt des Dichters Herbert Rosendorfer. Utopie
und Groteske. 1980, 110 Seiten, kart., ISBN 3-88099-079-4 DM 25.-

SAG 76: David Hill, Klinger's Novels: The Structure of the Cycle.
1982, 234 Seiten, kart., ISBN 3-88099-080-8 DM 39.-

SAG 77: Gisela Gorski, ETA Hoffmann. Das Fräulein von Scuderi.
1980, 230 Seiten, kart, ISBN 3-88099-081-6 DM 38.-

SAG 78: Dieter Kasang, Wilhelminismus und Expressionismus: Das Frühwerk Fritz von
Unruhs 1904-1921. 1980, 644 Seiten, kart., ISBN 3-88099-082-4 DM 90.-

SAG 79: Christian Sand, Anomie und Identität in der Prosa von Conrad Ferdinand
Meyer. 1980, 282 Seiten, kart., ISBN 3-88099-083-2 DM 42.-

SAG 80: Sigrid Suesse-Fiedler, Lessings 'Nathan der Weise' und seine Leser. Eine
wirkungsästhetische Studie. 1980, 384 Seiten, kart., ISBN 3-88099-084-0 DM 45.-
SAG 81: Sigrid Schmid-Bortenschlager, Dynamik und Stagnation. Hermann Brochs
ästhetische Ordnung des politischen Chaos.
1980, 384 Seiten, kart., ISBN 3-88099-085-9 DM 39 -

SAG 82: Helen Elizabeth Chambers, Supernatural and Irrational Elements in the Works
of Theodor Fontane. 1980, 278 Seiten, kart., ISBN 3-88099-086-7 DM 42.-

SAG 83: Michael Schneider, Geschichte als Gestalt. Gustav Freytags Roman "Soll und
Haben". 1981, 200 Seiten, kart., ISBN 3-88099-087-5 DM 32.-

SAG 84: Gabriele Berginz-Plank, Literaturrezeption in einer Kleinstadt: Lesever-halten


und Mediennutzung. Eine empirische Untersuchung.
1981, 420 Seiten, kart., ISBN 3-88099-088-3 DM 58.-

SAG 85: Stephen Roy Giles, The Problem of Action in Modern EuropeanDrama
1981, 315 Seiten, kart., ISBN 3-88099-089-1 DM 45.-

SAG 86: Beverly Harris-Schenz, Black Images in 18th Century German Literatur
1981, 176 Seiten, kart., ISBN 3-88099-090-5 DM 34.-

SAG 87: Edward Dvoretzky (Hg.), Lessing heute. Beiträge zur Wirkungsgeschichte
1981, 412 Seiten, kart., ISBN 3-88099-091-3 DM 35-

SAG 88: Thilo Joerger, Roman und Emanzipation. Johann Carl Wezels "Bürgerliche Epopee"
1981, 268 Seiten, kart., ISBN 3-88099-092-1 DM 44 -

SAG 89: Ingrid Laurien, 'Höfische' und 'bürgerliche' Elemente in den "Gaistlichen und
Weltlichen Gedichten" Georg Rodolf Weckherlins (1684).
1981, 502 Seiten, kart., ISBN 3-88099-093-X DM 65 -

SAG 90: Helmut Rössler, Karl Kraus und Nestroy. Kritik und Verarbeitung.
1981, 208 Seiten, kart., ISBN 3-88099-094-8 DM 3R -

SAG 92: Klemens Renoldner, Utopie und Geschichtsbewußtsein. Versuche zur Poetik
Christa Wolfs.1981, 166 Seiten, kart., ISBN 3-88099-096-4 DM 35.-

SAG 93: Roland Schiink, Hoffmanns von Fallersleben vaterländische und gesellschafts-
kritische Lyrik. 1981, 120 Seiten, kart., ISBN 3-88099-097-X DM 29 -

SAG 94: Karl Menges (Hg.), AXIA. Davis Symposium on Literary Evaluation.
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SAG 95. Mohammad Qasim, Gustav Meyrink. Eine monographische Untersuchung.


1981, 238 Seiten, kart., ISBN 3-88099-099-9
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SAG 96: Cornelia Stoffer-Heibel, Metaphernstudien: Versuch einer Typologie der Text-
und Themafunktionen der Metaphorik in der Lyrik Ingeborg Bachmanns, Peter Hucheis und
Hans Magnus Enzenbergers. 1981, 468 Seiten, kart., ISBN 3-88099-100-6 DM 62.-

SAG 97: Renate M. Marschner, Utopie der Möglichkeit: Ästhetische Theorie dargestellt
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1981,234 Seiten, kart., ISBN 3-88099-101-4
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SAG 98: Susan L. Cocalis/Kay Goodman, Beyond the Eternal Feminine. Critical Essays on
Women and German Literature. 1982, 442 Seiten, kart., ISBN 3-88099-102-2 vergriffen
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1982, 342 Seiten, kart., ISBN 3-88099-103-0 DM 50.-

SAG 100: Josef Donnenberg (Hg.), Pose, Possen und Poesie. Zum Werk Hans Carl
Artmanns. 1981, 186 Seiten, kart., ISBN 3-88099-104-9 vergriffen

SAG 101: Stanley Craven, Wolfgang Koeppen: A Study in Modernist Alienation.


1982, 415 Seiten, kart., ISBN 3-88099-105-7 DM 55.-

SAG 102: M.P.A. Travers, German Novels on the First World War and their Ideological
Implications (1918-1933). 1982, 300 Seiten, kart., ISBN 3-88099-106-5 DM 44.-

SAG 103: Winfried Taschner, Tradition und Experiment. Erzählstrukturen und Funktionen
des Bildungsromans in der DDR-Aufbauliteratur.
1981,386 Seiten, kart., ISBN 3-88099-107-3 DM 53.-

SAG 104: Stephan Wackwitz, Trauer und Utopie um 1800 - Studien zu Hölderlins Elegien¬
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SAG 105: Agnes Cardinal, The Figure of Paradox in the Work of Robert Walser.
1982, 116 Seiten, kart., ISBN 3-88099-109-X DM 28.-

SAG 106: Paul Peterken, Gesellschaftliche und fiktionale Identität. Eine Studie zu Theodor
Gottlieb von Hippels Roman "Lebensläufe nach aufsteigender Linie nebst Beilagen A, B, C".
1981,366 Seiten, kart., ISBN 3-88099-110-3 DM 48.-

SAG 107: Merle Curtis Krueger, Authors and the Opposition: West German Writers and the
Social Democratic Party from 1945 to 1969.
1982, 818 Seiten, kart., ISBN 3-88099-111-1 DM 90.-

SAG 108: Belinda Carstens, Prostitution in the Works of Ödön von Horvath.
1982, 132 Seiten, kart., ISBN 3-88099-112-X DM 28.-

SAG 109: Wolfgang Ertl, Natur und Landschaft in der Lyrik der DDR: Walter Werner, Wulf
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SAG 110: Alain Michel, Militärschwank des kaiserlichen Deutschland. Dramaturgische


Struktur und politische Funktion einer trivialen Lustspielform.
1982, 110 Seiten, kart., ISBN 3-88099-114-6 DM 24.-

SAG 111: Bruce Irvin Turner, Doderer and the Politics of Marriage: Personal and Social
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SAG 112: Ronald M. Paulson, Robert Musil and the Ineffable: Hieroglyph, Myth, Fairy Tale
and Sign. 1982, 242 Seiten, kart., ISBN 3-88099-116-2 DM 38.-

SAG 113: Martina Lauster, Die Objektivität des Innenraums. Studien zur Lyrik Georges,
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1983, 2 Bde, 1016 Seiten, kart., ISBN 3-88099-118-9 DM138.-

SAG 115: Richard Carl Spuler, "Germanistik" in America: The Reception of German Classicism
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1983, 330 Seiten, kart., ISBN 3-88099-120-0 DM 40.-

SAG 117: Wull-Duk Yu, Max Frischs "Andorra" - Studien zur Rezeption eines 'Erfolgstücks1.
1982, 342 Seiten, kart., ISBN 3-88099-121-9 DM 46.-

SAG 118: Karl Schimpl, Weiterführung und Problematisierung. Untersuchungen zur künst¬
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SAG 119. Sigrid Schmid-Bortenschlager/Hanna Schnedl-Bubenicek, Österreichische


Schriftstellerinnen 1880-1938. 1982, 226 Seiten, kart., ISBN 3-88099-123-5 DM 28.-

SAG 120. Werner Buthge, Anna Seghers: Werk-Wirkungsabsicht-Wirkungsmöglichkeit in


der Bundesrepublik Deutschland. 1982, 280 Seiten, kart., ISBN 3-88099-124-3 vergriffen

SAG 121: Wolfgang Herles, Der Beziehungswandel zwischen Mensch und Natur im Spiegel
der deutschen Literatur seit 1945. 1982, 234 Seiten, kart., ISBN 3-88099-125-1 DM 39 -

SAG 122: Marlis Mehra, Die Bedeutung der Formel "Offenbares Geheimnis" in Goethes
Spätwerk. 1982, 280 Seiten, kart., ISBN 3-88099-126-X DM 39.-

SAG 123: Johann Pernkopf, Der 17. Juni 1953 in der Literatur der beiden deutschen
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SAG 124: Rosemarie K. Lester, "Trivialneger". Das Bild des Schwarzen im westdeutschen
Illustriertenroman. 1982, 304 Seiten, kart., ISBN 3-88099-128-6 vergriffen

SAG 125: Peter Stockinger, Semiotik. Beitrag zu einer Theorie der Bedeutunq
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SAG 126: Ulrike Hick, Martin Walsers Prosa. Möglichkeiten des zeitgenössischen Romans
unter Berücksichtigung des Realismusanspruchs.
1983, 304 Seiten., kart., ISBN 3-88099-130-8 DM 44-

SAG 127: Christoph Frey, Das Subjekt als Objekt der Darstellung. Untersuchungen zur
Bewußtseinsgestaltung fiktionalen Erzählens.
1983, 328 Seiten, kart., ISBN 3-88099-131-6 DM45-

SAG 128: Richard Wagner auf der Probe: 1876 Das Bayreuther Tagebuch des Ballett¬
meisters und Hilfsregisseurs Richard Fricke. Mit einem Nachwort von Joachim Herz
1983, 174 Seiten, kart., ISBN 3-88099-132-4 vergriffen

SAG 123. Richard Wagner 1883-1983. Die Rezeption im 19. und 20. Jahrhundert. Gesam¬
melte Beitrage des Salzburger Symposions vom 3.-6.3.1983.
1984, 600 Seiten, kart., ISBN 3-88099-133-2 DM75

SAG 130: Hugh Alexander Boag, Ernst Wiechert: The Prose Works in Relation to His Life
and Times. 1985, 342 Seiten kart., ISBN 3-88099-134-0 DM 56 -

SAG 131: Anthony J. Harper, Schriften zur Lyrik Leipzigs 1620-1670


1985, 152 Seiten, kart., ISBN 3-88099-135-9 DM 29 -

SAG 132: Andreas Mielke, Zeitgenosse Bonaventura.


1984, 296 Seiten, kart., ISBN 3-88099-136-7
DM 42.-
SAG 133: Heinrich Aretz, Heinrich von Kleistals Journalist. Untersuchungen zum "Phöbus",
zur “Germania" und den "Berliner Abendblättern”.
1984, 312 Seiten, kart., ISBN 3-88099-137-5 DM 45.-

SAG 134: Christa Gürtler, Schreiben Frauen anders? Untersuchungen zu Ingeborg Bach¬
mann und Barbara Frischmuth. 1983, 418 Seiten, kart., ISBN 3-88099-138-3 vergriffen

SAG 135: James Phillips, Yvan Goll and Bilingual poetry.


1984, 334 Seiten, kart., ISBN 3-88099-139-1 DM 46.-

SAG 136: Regine Fourie, Das “Abgrund"-Motiv in Hebbels Tagebüchern und Tragödien.
1984, 182 Seiten, kart., ISBN 3-88099-140-5 DM 39.-

SAG 137: Michael Sauer, Brecht in der Schule: Beiträge zu einer Rezeptionsgeschichte
Brechts (1949-1980). 1984, 404 Seiten, kart., ISBN 3-88099-141-3 DM 58.-

SAG 138: Clement Reichholf, Gerhard Amanshauser. Ironie und Satire.


1986, 210 Seiten, kart., ISBN 3-88099-142-1 DM 32.-

SAG 139: Konstanze Bäumer, "Bettine, Psyche, Mignon". Bettina von Arnim und Goethe.
1986. 324 Seiten, kart., ISBN 3-88099-143-X vergriffen

SAG 140: Cornelia Blasberg, Krise und Utopie der Intellektuellen. Kulturkritische Aspekte in
Robert Musils Roman “Der Mann ohne Eigenschaften“.
1984, 438 Seiten, kart., ISBN 3-88099-144-8 DM 59.-

SAG 141: Magdalena Maier-Petersen, Der "Fingerzeig Gottes" und die "Zeichen der Zeit“.
Pietistische Religiosität auf dem Weg zu bürgerlicher Identitätsfindung, untersucht an
Selbstzeugnissen von Spener, Francke und Oetinger.
1984, 550 Seiten, kart., ISBN 3-88099-145-6 DM 69.-

SAG 142: William John Niven, The Reception of Friedrich Hebbel in Germany in the Era of
National Socialism. 1984, 254 Seiten, kart., ISBN 3-88099-164-4 DM 36.-

SAG 143: Otto H. Olzien, Rainer Maria Rilke. Wirklichkeit und Sprache.
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1985, 440 Seiten, kart., ISBN 3-88099-148-0 DM 60.-

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1985. 368 Seoten, kart., ISBN 3-88099-152-9 DM 48.-

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SAG 150: Beiträge zur schwäbischen Literatur- und Geistesgeschichte. Hrsg, von
Hartmut Fröschle. 1985, 180 Seiten, ISBN 3-88099-154-5 DM 28.-

SAG 151: Brian Keith-Smith, Lothar Schreyer. Gesammelte Aufsätze zu seinem Werk
1988, 260 Seiten, kart., ISBN 3-88099-155-3 DM 60 -

SAG 152: Martin Norman Watson,The literary presentation of'Youth" in GDR Fiction: 1971-
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unter besonderer Berücksichtigung seiner Flugschrift “Vom Pfaffenzehnten“.
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SAG 155: Das Verkaufs-/Einkaufs-Gespräch. Eine linguistische Analyse. Hrsg von Franz
Hundsnurscher und Wilhelm Franke.
1985, 216 Seiten, kart., ISBN 3-88099-159-6 OM 30 _

SAG 156: Gerhard Keck, Ortserkundung. Interpretationen zu Kurzprosa aus der DDR
1991, ca. 200 Seiten, kart., ISBN 3-88099-160-X nicht erschienen

SAG 157: Sybille Hubach, Galizische Träume. Die jüdischen Erzählungen des Karl Emil
Franzos. 1986, 224 Seiten, kart., ISBN 3-88099-161-8 DM37-

f*® 1f.8;!Valter Hartmann' Volksbildung. Ein Kapitel Literaturgeschichte der Goethezeit


1985, 478 Seiten, kart., ISBN 3-88099-162-6 DM 60 '

SAG 159: Marc Muylaert, L'image de la femme dans l'oeuvre de Frank Wedekind
1985, 300 Seiten, kart., ISBN 3-88099-163-4 DM 42 .

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1986, 274 Seiten, kart., ISBN 3-88099-169-3 DM 40

SAG 166: Heide Stamm, Das Turnierbuch des Ludwig von Eyb (cgm 961). Edition und
Untersuchung. Mit einem Anhang: Die Turnierchronik des Jörg Rügen (Textabdruck)
1986, 330 Seiten, kart., ISBN 3-88099-170-7 DM 4g
SAG 167: Das Große Rauriser Berggerichtsbuch 1509 bis 1537. Hrsg, und eingeleitet von
Karl-Heinz Ludwig. 1986, 438 Seiten, kart., ISBN 3-88099-171-5 DM 62.-

SAG 168: Karl Heinz Ludwig (Hg.), Das Kleine Rauriser Berggerichtsbuch 1509 bis 1524.
1989, 241 Seiten, kart., ISBN 3-88099-172-3 DM 39.-

SAG 169: Martin F. A. Simon, Friedrich Hölderlin: The theory and practice of religious
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SAG 170: Marie-Luise Waldeck, The Theme of Freedom in Schiller's Plays.


1986, 102 Seiten, kart., ISBN 3-88099-174-X DM 24.-

SAG 171: Luise Liefländer-Koistinen, Studien zu Jörg Preining. Ein Weber, Dichter und
Laienprediger im spätmittelalterlichen Augsburg.
1986, 242 Seiten, kart., ISBN 3-88099-177-4 DM 38.-

SAG 172: Christa Kühnhold, N.F.S. Grundtvigs und Soren Kierkegaards Sprachauffassung.
1986, 100 Seiten, kart., ISBN 3-88099-176-6 DM 24.-

SAG 173: David J. T. Ball, Thomas Mann's Recantation of Faust: Doktor Faustus in the
context of Mann's Relationship to Goethe.
1986, 220 Seiten, kart., ISBN 3-88099-177-4 DM 38.-

SAG 174: Annegret Schmidjell, Quartier of Probe. Tendenzen feministischer Literatur¬


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1986, 322 Seiten, kart., ISBN 3-88099-178-2 DM 44.-

SAG 175: Kurt Strasser, Experimentelle Literaturansätze im Nachkriegs-Wien. Konrad


Bayer als Beispiel. 1986, 132 Seiten, kart., ISBN 3-88099-179-0 DM 28.-

SAG 176: Helmuth Bublatzky, Literatur lesen lernen. Zur Konzeption eines schüler- und
gegenstandsadäquaten Literaturunterrichts als begreifender Erkenntnis von Literatur.
1986, 268 Seiten, kart., ISBN 3-88099-180-4 DM 44.-

SAG 177: Deutsche Romantik und das 20. Jahrhundert. LondonerSymposium 1985. Heraus¬
gegeben von Hanne Castein und Alexander Stillmark
1986, 178 Seiten, kart., ISBN 3-88099-181-2 vergriffen

SAG 178: Ruth Dinesen, Und Leben hat immer wie Abschied geschmeckt. Frühe Gedichte
und Prosa der Nelly Sachs. 1987, 266 Seiten, kart., ISBN 3-88099-182-0 vergriffen

SAG 179: Manfred Allenhöfer, Vierter Stand und Alte Ordnung bei Fontane. Zur Realistik
des bürgerlichen Realismus. 1986, 190 Seiten, kart., ISBN 3-88099-183-9 DM 33.-

SAG 180: Klaus Groth und Johannes Kneppelhout: Ein Briefwechsel 1868-1883 (nebst
dazugehörigen Dokumenten) Herausgegeben von U. Henry Gerlach.
1986, 100 Seiten, kart., ISBN 3-88099-184-7 DM 24.-

SAG 181: Fifteenth Century Studies. Vol. 12. Hrsg, von Edelgard DuBruck.
1987, 180 Seiten, kart., ISBN 3-88099-185-5 DM 38.-

SAG 182: Karl Menges, Das Private und das Politische. Bermerkungen zur Studenten¬
literatur, zu Handke, Celan und Grass,
1987, 130 Seiten, kart., ISBN 3-88099-186-3 DM 29.-
SAG 183: Sabine Lutz, Vom Ereignis zur Erzählung. Ein Vergleich zwischen C.F. Meyers
Geschichtsdichtung und der zeitgenössischen Geschichtsschreibung.
1992, 270 Seiten, kart., ISBN 3-88099-187-1 nicht erschienen

SAG 184: Spuren. Festschrift für Theo Schumacher. Hrsg, von Heidrun Colberg und
Doris Petersen. 1986, 504 Seiten, kart., ISBN 3-88099-188-X DM 80.-

SAG 185: Friedrich Tulzer, Karl Valentin und die Konstituenten seiner Komik.
1987, 250 Seiten, kart., ISBN 3-88099-189-8 DM 36.-

SAG 186: Patricia A. Giangrosso, Four Franciscan Saints' Lives: German texts from
Codes Sangallensis 589. 1987, 264 Seiten, kart., ISBN 3-88099-190-1 DM 40.-

SAG 187: Lisa Jessel, Die Egerer Marienklage der Prager Handschrift SVI.G.33, Band 2.
Edition und Untersuchung. 1987, 120 Seiten, kart., ISBN 3-88099-191-X ' DM 26.-

SAG 188: Nelly Sachs-Briefregister, zusammengestellt von Ruth Dinesen.


1989, Ln., 342 Seiten, 17 Mikrofiches, ISBN 3-88099-192-8 DM 168.-

SAG 189: "Sinnlichkeit in Bild und Klang". Festschrift für Paul Hoffmann zum 70. Geburtstag.
Herausgegeben von Hansgerd Delbrück.
1987, 526 Seiten, Ln., ISBN 3-88099-193-6 DM 75 -

SAG 190: Angelika Hille-Sandvoss, Überlegungen zur Bildlichkeit im Werk von Günter
Grass. 1987, 346 Seiten, kart., ISBN 3-88099-194-4 DM 64 -

SAG 191: Karl A. Zaenker, Sankt Brandans Meerfahrt. Ein lateinischer Text und seine drei
deutschen Übertragungen aus dem 15. Jahrhundert.
1987, 196 Seiten, kart., ISBN 3-88099-195-2 DM 56 -

SAG 192: August Obermayer, Livia Z. Wittmann, "Fernste Dinge erkannten sich". Kritische
Studien zu Johannes R. Bechers früher Prosa.
1987, 214 S.eiten, kart., ISBN 3-88099-196-0 DM40-

SAG 193: Hans Michael Winteroll,Summae Innumerae. Die Buchanzeigen der Inkunabelzeit
und der Wandel lateinischer Gebrauchstexte im frühen Buchdruck.
1987, 484 Seiten, kart., ISBN 3-88099-197-9 DM 63 -

SAG 194: Uta Sadji (Hg.), Deutschlands Schriftstellerinnen von Samuel Baur (1790). Als
Nachdruck herausgegeben und mit einer Einleitung versehen.
1990, 136 Seiten, kart., ISBN 3-88099-198-7 DM25-

SAG 195. Philippe Marcq, Spatiale und temporale Präpositionen im heutigen Deutschund
Französisch. 1988, 130 Seiten, kart., ISBN 3-88099-199-5 DM 29-

SAG 196: Jeremias Jakob Oberlin: Abhandlungen zu Konrad von Würzburg und Ulrich Boner
Edition der "Diatnbe de Conrado Herbipolita" und Faksimile der "Bonerii Gemma sive Boners
Edelstein'. Mit einer Einleitung, Bibliographie und Register. Hrg. von Rüdiger Brandt
1988, 122 Seiten, kart., ISBN 3-88099-200-2 DM 30 -

Gm197q B'ldUn9 Und Belehrun9- Untersuchungen zum Dramenwerk


des Hans Sachs. 1988, 322 Seiten, kart., ISBN 3-88099-201-0 DM 43 -

SAG 198: Richard Zach. "Streut die Asche in den Wind". Ausgewählte Gedichte. Herausqeq.
u. emyeleitet von Christian Hawle.1988, 348 S., kart., ISBN 3-88099-202-9 DM 50 -
SAG 199: Harald Brauner, Die Suche nach dem "deutschen Fielding“. Englische Vorlagen
und deutsche Nachahmer in Entwürfen des 'Originalromans' (1750-1780).
1988, 158 Seiten, kart., ISBN 3-88099-203-7 DM 29.-

SAG 200: Christian Rechberger, Studienkarrieren. Leben, Leiden, Doktorhut. Studien¬


biographien von Doktoranden als erzählte Leidensgeschichten.
1988, 478 Seiten, kart., ISBN 3-88099-204-5 DM 49.-

SAG 201: Hans Höller (Hg.), Hinter jedem Wort die Gefahr des Verstummens. Sprach-
problematik und literarische Tradition in der "Ästhetik des Widerstands" von Peter Weiss.
1988, 200 Seiten, kart., ISBN 3-88099-205-3 vergriffen

SAG 202: Werner Gerabek, Naturphilosophie und Dichtung bei Jean Paul. Das Problem des
Commercium mentis et corporis. 1988, 320 Seiten, kart., ISBN 3-88099-206-1 DM 43.-

SAG 203: Marie-Renee Diot-Duriatti, La femme dans le Roman et le Theatre allemands du


dix-huitieme siede (1725-1784). 1990, 496 Seiten, kart., ISBN 3-88099-207-X DM 70.-

SAG 204: Harald Klauhs, Franz Theodor Csokor. Leben und Werk bis 1938 im Überblick.
1988, 592 Seiten, kart., ISBN 3-88099-208-8 DM 70.-

SAG 205: Monika Harand, Die Aussteiger als Einsteiger. Zivilisationsflüchtige Roman¬
helden in der völkischen Literatur (1931-1944)
1988, 320 Seiten, kart., ISBN 3-88099-209-6 DM 50 -

SAG 206: Herbert Genzmer, verlogen, mendacious, mentiroso -. On contrastive Discourse


Structures in German, English and Spanish.
1988, 144 Seiten, kart., ISBN 3-88099-210-X DM 30.-

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8.-10. Juni 1987. 1988, 292 Seiten, kart., ISBN 3-88099-211 -8 DM 45.-

SAG 208: Gerd-Dieter Stein (Hg.), Kafka-Nachlese.


1988, 320 Seiten, kart., ISBN 3-88099-212-6 vergriffen

SAG 209: Uwe Jahnke, Die Erfahrung von Entfremdung. Sozialgeschichtliche Studien zum
Werk Franz Kafkas. 1988. 480 S., kart., ISBN 3-88099-213-4 DM 70.-

SAG 210: Harry Redman, Jr., German Romantic Poetry's Treatment of the Roland Legend.
1988, 152 Seiten, kart., ISBN 3-88099-214-2 DM 30.-

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bei Jean-Paul Sartre und Christa Wolf. 1988, 182 S„ kart., ISBN 3-88099-215-0 DM 35.-

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l'Europe medievale. Actes du Veme Colloque International de la Societe Internationale pur
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1988, 632 Seiten, kart., ISBN 3-88099-217-7 DM 63.-

SAG 214: Manfred Mittermayer, Ich werde. Versuch einer Thomas-Bernhard-Lektüre.


1988, 352 Seiten, kart., ISBN 3-88099-218-5 vergriffen
SAG 215: Leopold Federmair, Die Leidenschaften der Seele Johann Christian Günthers. Ein
Versuch über den Mißerfolg. 1989, 560 Seiten, kart., ISBN 3-88099-219-3 DM 75.-

SAG 216: Gudrun Aker, Narrenschiff. Literatur und Kultur in Deutschland an der Wende zur
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1989, 182 Seiten, kart., ISBN 3-88099-222-3 nM 36 -

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Erzählungen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur aus den Jahren 1978-1988.
1989, 124 Seiten, kart., ISBN 3-88099-223-1 nv .

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1989, 482 Seiten, kart., ISBN 3-88099-225-8 DM 5g .

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Versionen und mythischen Konstruktionen von H.C. Andersen, H.C. Artmann, K. Bayer, C.M.
Wieland, O. Wilde. 1989, 270 Seiten, kart., ISBN 3-88099-226-6 DM 42 -

SAG 223: Thomas Strawman, The New Myth of Organicism: Recreation of Seif and Society
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250 Seiten, kart., ISBN 3-88099-227-4 in Vorbereitung

SAG 224: Roland Hoermann, Achim von Arnim's 1854 'Kronenwächter' Text Bettina's
forgery or Berthold's forerunner Start of a sequel or end of an Ur-Kronenwächter?
1991, 132 Seiten, kart., ISBN 3-88099-228-2 DM 32 -

SAG 225: Sabine Heimann, Begriff und Wertschätzung der menschlichen Arbeit bei
Sebastian Brant und Thomas Murner. 1990, 244 Seiten, kart., ISBN 3-88099-229-0

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1989, 410 Seiten mit zahlreichen Abb., kart., ISBN 3-88099-230-4 DM 62 -

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Schriften Carl Einsteins. 1989, 242 Seiten, kart., ISBN 3-88099-231-2
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SAG 228: Reinhard Tschapke, Anmutige Vernunft. Christoph Martin Wieland und die
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™ ^l,sabet^ Galvan- Mütter-Reich: Zur deutschen Erzählprosa der Dreißiger Jahre.


1994, 244 Seotem. kart., ISBN 3-88099-233-9 44 _

SAG 230: Hartmut Fröschle (Hg.), SUEVICA. Beiträge zur schwäbischen Literatur- und
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,R™ zum 65' Geburtstag. Herausgegeben von Sabine Heimann, Gotthard Lerchner
Ulrich Müller, Ingo Reiffenstein, Uta Störmer.
1989, 530 Seiten, kart., ISBN 3-88099-235-5 DM 80.-
SAG 232: Herwig Gottwald, Wirklichkeit bei Kafka. Methodenkritische Untersuchungen
zu ihrer Gestaltung, Funktion und Deutung anhand der Romane "Der Prozeß” und "Das

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1990, 302 Seiten, kart., ISBN 3-88099-237-1 DM 44.-

SAG 234: Wolfgang Pöckl, Formen produktiver Rezeption Frangois Villons im


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SAG 235: John H. Collins, A Chinese story from a Berlin practice. Alfred Döblin's Narrative
Technique in "Die drei Sprünge des Wang-lun"
1990, 246 Seiten, kart., ISBN 3-88099-239-8 DM 40.-

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Untersuchungen zum Einfluß von Versehens- und Sprachtraditionen auf die Ausprägung
individuellen Sprach- und Schriftverständnisses, Sprachverhaltens und die Bedeutung ausge¬
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1990, 328 Seiten, kart., ISBN 3-88099-240-1 DM 56.-

SAG 237: Hanne Castein/Alexander Stillmark (Hg.), Erbe und Umbruch in der neueren
deutschsprachigen Komödie. Londoner Symposium 1987.
1990, 190 Seiten, kart., ISBN 3-88099-241-X DM 30.-

SAG 238: Friedrich Tulzer, Studien zum süddeutschen Wortschatz des Reitens vom 16. bis
zum 18. Jahrhundert. 1990, 80 Seiten, 8 Abb., kart., ISBN 3-88099-242-8 DM 25.-

SAG 239: Matthias Thibaut, Sich-selbst-Erzählen. Schreiben als poetische Lebenspra¬


xis. Untersuchungen zu diaristischen Prosatexten von Goethe, Jean Paul, Dostojewskij,
Rilke u.a. 1990, 224 Seiten, kart., ISBN 3-88099-243-6 DM 35.-

SAG 240: Ulrike Greiner-Kemptner, Subjekt und Fragment: Textpraxis in der (Post-)
Moderne. Aphoristische Strukturen in Texten von Peter Handke, Botho Strauß, Jürgen
Becker, Thomas Bernhard, Wolfgang Hildesheimer, Felix Ph. Ingold und Andre V. Heiz.
1990. 312 Seiten, kart., ISBN 3-88099-244-4 DM 45-

SAG 241: Marylin Sephocle, Die Rezeption der "Negritude“ in Deutschland.


1991, 100 Seiten, kart., ISBN 3-88099-245-2 DM 24.-

SAG 242: Alaaeldin Hilmi/Ursula Müller-Speiser (Hg.), AI Harafisch - Beiträge zur


arabischen und deutschen Literatur und Sprache. Festschrift für Moustafa Mäher.
1990, 268 Seiten, kart., ISBN 3-88099-246-0 DM 54.-

SAG 243: Katrina Bachiner, Ingrid Bennewitz, Gabriele Blaikner-Hohenwart und Ger¬
traud Steiner (Hg.), Feministische Wissenschaft. Methoden und Perspektiven. Beiträge zur
2. Salzburger Frauenringvorlesung. 1990, 242 Seiten, kart., ISBN 3-88099-247-9 DM 38.-

SAG 244: Robert Beardsworth, From Virgin to witch: The male mythology of the female
unmasked in the works of Ödön von Horvath
1991, 146 Seitem, kart., ISBN 3-88099-248-7 DM 30-

SAG 245: Adrian Stevens und Fred Wagner (Hg ): Elias Canetti. Londoner Symposium
1991, 158 Seiten, kart.,ISBN 3-88099-249-5 DM 32.-

SAG 246: Oliver Pfefferkorn, Georg Philipp Harsdörffer. Studien zur Textdifferenzierung
unter besonderer Berücksichtigung seines Erbauungsschrifttums.
1991,278 Seiten, kart., ISBN 3-88099-250-9 DM 40.-
SAG 247: Russell E. Brown, Names in Modem German Literature. Essays on Character-
and Place-Name Selection by Twentieth Century German Authors.
1991, 110 Seiten, kart., ISBN 3-88099-251-7 DM 28.-

SAG 248: Nicola May, Das Bild des Jakob Michael Reinhold Lenz als Bühnenfigur.
1991,200 Seiten, kart., ISBN 3-88099-252-5 DM 38.-

SAG 249: Gudrun Sowerby, Das Drama der Weimarer Republik und der Aufstieg des
Nationalsozialismus: "Der Feind steht rechts"
1991,426 Seiten, kart., ISBN 3-88099-253.3 DM 60.-

SAG 250: Regina Pecksen, Schreiben als Lebensort - Zur literarischen Identitätsbildung
Ingeborg Bachmanns. Mit einem Essay über Christa Wolf.
1991, 412 Seiten, kart., ISBN 3-88099-254-1 DM 60.-

SAG 251: Sabine Kälin, Die Anfänge des Hörspiels in der Weimarer Republik. Versuch
einer Analyse, 1991, 132 Seiten, kart., ISBN 3-88099-255-X DM 30.-

SAG 252: Martin Neubauer, Indikation und Katalyse. Funktionsanalytische Studien zum
Lesen in der deutschen Literatur des ausgehenden 18. Jahrhunderts.
1991,426 Seiten, kart., ISBN 3-88099-256-8 DM 60.-

SAG 253: John L. Flood (Hg.), Common Currency? Aspects of Anglo-German Literary
Relations since 1945. London Symposium.
1991, 216 Seiten, kart., ISBN 3-88099-257-6 DM 44-

SAG 254: Angela Bader, Die semantische Leistung der deklinablen Merkmalwörter in der
deutschen Gegenwartssprache. 1991, 178 S., kart., ISBN 3-88099-258-4 DM 34-

SAG 255: Andrea Rudolph, Zum Modernitätsproblem in ausgewählten Erzählungen


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SAG 256: John L. Flood und Martin Swales (Hg.), Gottfried Keller 1819-1890. London
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SAG 257: Hartmut Fröschle (Hg.), Suevica Bd. 6, Beiträge zur schwäbischen Literatur-
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SAG 258: Gisela Ros, Suffixale Wortbildungsmorpheme. Untersuchungen zu ihrer


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1992, 170 Seiten, kart., ISBN 3-88099-262-2 DM 38-

SAG 259: H.R. Klieneberger, George, Rilke, Hofmannsthal and the Romantic Tradition.
1991, 158 Seiten, kart., ISBN 3-88099-263-0 DM 30-

SAG 260: Günther Bärnthaler und Josef Sampl (Hg.), Deutschunterricht zwischen
Realität und Utopie. Modelle, Konzepte und Erfahrungen. Zum 60. Geburtstag von
Josef Donnenberg. 1991, 260 Seiten, kart., ISBN 3-88099-264-9 DM 45-

SAG 261: Horst L. Preisler, Gesellige Kritik. Ludwig Tiecks kritische, essayistische und
literarhistorische Schriften. 1992, 330 Seiten, kart., ISBN 3-88099-265-7 DM 48-

SAG 262: Theresia Klugsberger, Christa Gürtler, Sigrid Schmid-Bortenschlager


(Hg.), Schwierige Verhältnisse. Liebe und Sexualität in der Frauenliteratur um 1900
1992, 200 Seiten, kart., ISBN 3-88099-266-5 DM 30.-
SAG 263: Elke Frederiksen, Luise Rinser - Leben, Literatur, Engagement
1996, ca. 300 Seiten, kart. ISBN 3-88099-267-3 in Vorbereitung

SAG 264: Eberhard Müske, Diskurssemiotik. Zur funktionellen Integration des Frame-
Konzepts in ein dynamisches Modell literarisch-künstlerischer Texte.
1992, 290 Seiten, kart., ISBN 3-88099-268-1 DM 44 -

SAG 265: Walter Weiss, Hans Höller (Hg.), DDR-Literatur / Österreichische Literatur.
Ein Dialog im Herbst 1989. 1992, 122 Seiten, kart., ISBN 3-88099-269-X DM 28-

SAG 266: Jacques Lajarrige, Hans Carl Artmann, Tradition litteraire et exercices de style:
La memoire ouverte ou la mort dejouee.
1992, 248 Seiten, kart., ISBN 3-88099-270-3 DM 56.-

SAG 267: Alexander Schwarz (Hg.), Ererben, Erwerben, Besitzen. Heldrunger Gesprä¬
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1992, 148 Seiten, kart., ISBN 3-88099-271-1 DM 29.-

SAG 268: Alexander Stillmark und Fred Wagner (Hg.), Lenau zwischen Ost und West.
Londoner Symposium. 1992, 152 Seiten, kart., ISBN 3-88099-272-X DM 30.-

SAG 269: Elke Bauernfeind, Agnes Günther: Die Heilige und ihr Narr. Leserlenkung
und Rezeption. 1993, 182 Seiten, kart., ISBN 3-88099-273-8 DM 34.-

SAG 270: Martina Schwanke, Index zu Goethes Roman "Wilhelm Meisters Lehrjahre"
1994, 874 Seiten, kart., ISBN 3-88099-274-6 DM 110.-

SAG 271: Martina Schwanke, Index zu Goethes Roman “Wilhelm Meisters Wanderjahre"
1995,784 Seiten, kart., ISBN 3-88099-075-4 DM98.-

SAG 272: Martina Schwanke, Lemmatisierter Index zu Goethes Roman “Die Leiden des
jungen Werther". 1994, 298 Seiten, kart., ISBN 3-88099-276-2 DM 44-

SAG 273: Martina Schwanke, Lemmatisierter Index zu Goethes Roman "Die Wahl¬
verwandtschaften". 1994, 580 Seiten, kart., ISBN 3-88099-277-1 DM 76-

SAG 274: Martina Schwanke, Lemmatisierter Index zu Goethes Versepos "Hermann und
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SAG 275: Ruixiang Han, Der komische Aspekt in Bernhards Romanen.


1995, 220 Seiten, kart., ISBN 3-88099-279-7

SAG 276: Jochen Marquardt, "Vermittelnde Geschichte". Zum Verhältnis von ästhetischer
Theorie und historischem Denken bei Adam Heinrich Müller.
1993, 272 Seiten, kart., ISBN 3-88099-280-0 DM 45.-

SAG 277: Wolfgang Albrecht, Streitbarkeit und Menschlichkeit. Studien zur literarischen
Aufklärung Lessings. 1993, 178 Seiten, kart., ISBN 3-88099-281-9 DM 34-

SAG 278: Stephen J. Hollender, The Altas and the Hearth: Religious and Secular Christmas
in Selected Works of German Literature in the 19th Century.
1995, ca. 240 Seiten, kart., ISBN 3-88099-282-7 In Vorbereitung

SAG 279: Oswald Panagl u.a. (Hg.), Politische Betrachtungen einer Zeit von Gestern:
Öffentliche Sprache in der Zwischenkriegszeit.
1995, ca. 500 Seiten, kart., ISBN 3-88099-283-5 In Vorbereitung
SAG 280: John L. Flood, Paul Salmon, Olive Sayce and Christopher Wells (Hg.), Das
unsichtbare Band der Sprache1. Studies in German Language and Linguistic History in
Memory of Leslie Seiffert. 1993, 696 Seiten, kart., ISBN 3-88099-284-3 DM 100.-

SAG 281: Peter Skrine, Rosemary E. Wallbank-Turner and Jonathan West (Hg.),
Connections: Essays in Honour of Eda Sagarra on the Occasion of her 60th Birthday.'
1993, 354 Seiten, kart., ISBN 3-88099-285-1 DM 5(

SAG 282: Ulrich Seelbach, Saitenspiel und Poesie. Gedichte der Ceres-Gesellschaft zu
Altdorf (1668-1669). Dokumente einer studentischen Societas poetica. Hrsg nach dem
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1993, 142 Seiten, kart., ISBN 3-88099-286-X nu or

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1994, 202 Seiten, kart., ISBN 3-88099-287-8 DM 36 -

SAG 284: Sabine Dorothea Jordan, Ludwig Ferdinand Huber das große Schauspiel.
Ausgewählte Schriften zur Französischen Revolution.
1994, 138 Seiten, 1 Abb., kart., ISBN 3-88099-288-6 DM 30 -

SAG 285: Sabine Vollprecht, Science-Fiction für Kinder in der DDR


1994, 140 Seiten, kart., ISBN 3-88099-289-4 DM 28 -

SAG 286: Gert Theile, Aufschwung und Refugium. Studien zu Dichtung und geistiger Welt
Friedrich Leopold Stolbergs. 1994, 164 Seiten, kart., ISBN 3-88099-290-8 DM 32 -

SAG 287: Michael Braun, Untersuchungen zu 'Niemand'. Beitrag zur Geschichte einer
paradoxen literarischen Figur und ihrer Darstellung im Bild.
1994, 92 Seiten, 38 Abb., kart., ISBN 3-88099-291-6 DM 28 -

SAG 288: Maxi Krause, Elements pur une grammaire des prepositions, substituts et
particules Verbales de I Allemand (ab, an, in/ein-, über, um, unter vor)
1994, 504 Seiten, kart., ISBN 3-88099-292-4 ’ DM 78 -

SAG 289: Jürgen Strasser, Wenn Monarchen Mittelalter spielen. Die Schlösser Pierrefonds
und Neuschwanstein im Spiegel ihrer Zeit.
1994, 166 Seiten, 16 Abb., kart., ISBN 3-88099-293-2 DM 38 -

SAG 290: Artur Nickel, Hans Werner Richter - Ziehvater der Gruppe 47. Eine Analyse im
Spiegel ausgewahlter Zeitungs- und Zeitschriftenartikel.
1994, 416 Seiten, kart., ISBN 3-88099-294-0 DM 60 -

nm mir ^ Fassbir’c*'Ei9enheer, UNDINE oder DIE NASSE GRENZE ZWISCHEN MIR


ND MIR. Ursprung und literarische Bearbeitungen eines Wasserfrauenmythos. Von Para¬
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1994, 194 Seiten, kart., ISBN 3-88099-295-9 DM 36 -

SAG 293: Gise|a Brandt (Hg.), Sprachgebrauch in Varianten sozio-kommunikativen Bezü¬


gen. Sozioliguistische Studien zur Geschichte des Neuhochdeutschen
1994, 408 Seiten, kart., ISBN 3-88099-297-5 DM 60 -

SAG 294: Wolfgang Beutln, Eros, Eris. Beiträge zur Literaturpsychologie, zur Sprach-
und Ideologiekritik. 1994, 374 Seiten, kart., ISBN 3-88099-298-3 DM 58 -
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Schriftstellers Julian Schütting. 1995, 624 Seiten, kart., ISBN 3-88099-301-7 DM 88.-

SAG 297: Maren Jochimsen, Die Poetisierung der Ökonomie. Novalis' Thesen im Heinrich
von Ofterdingen als Anregungen zu einer ökologieorientierten Ökonomie.
1994, 270 Seiten, kart., ISBN 3-88099-300-9 DM 45.-

SAG 298: Barbara Heber-Schärer, Paul Celan: Gespräch im Gebirg. Eine Untersuchung zum
Problem von Wahrnehmung und Identität in diesem Text Celans.
1994, 134 Seiten, kart., ISBN 3-88099-302-5 DM 30.-

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Beiträge zur Literatur- und Sprachgeschichte. Rolf Bräuer zum 60. Geburtstag.
1994, 558 Seiten, 1 Abb., kart., ISBN 3-88099-304-1 DM 84-

SAG 301: Franziska Binder, Kluft und Zwiesprache. Ein literaturwissenschaftlicher Versuch
zu Hölderlins 'Hyperion'. 1994, 142 Seiten, kart., ISBN 3-88099-305-X DM 33.-

SAG 302: Wolfgang Albrecht, Um Menschenwahl und Staatsentwicklung. Text¬


dokumentation zur deutschen Aufklärungsdebatte zwischen 1770 und 1850 mit drei zeitge¬
nössischen Kupfern. 1995, 522 Seiten, kart., ISBN 3-88099-306-8 In Vorbereitung

SAG 303: Elin Mererid Hopwood, Johann Peter Hebel and the Rhetoric of Orality.
1994, 152 Seiten, kart., ISBN 3-88099-307-6 DM 32-

SAG 304: Andreas Rogal, Dugald Sturges (Hg.), Carl Sternheim 1878-1942. London
Symposium. 1995, 204 Seiten, 1 Abb., kart., ISBN 3-88099-308-4 DM 40-

SAG 305: Cornelia Hermanns, Mensch und Göttin "Seele". Carl Spittelers "Prometheus“-
Dichtungen. 1994, 186 Seiten, kart., ISBN 3-88099-309-2 DM 34.-

SAG 306: Cindy Mackey, “Dichter der Bezogenheit" - A Study of Paul Celans Poetry, with
Specific Reference to Die Niemandsrose.
1995, ca. 460 Seiten, kart., ISBN 3-88099-310-6 In Vorbereitung

SAG 307: Reinhard Breymayer (Hg.), SUEVICA Bd. 7. Beiträge zur schwäbischen Literatur-
und Geistesgeschichte. 1994, 246 Seiten, kart., ISBN 3-88099-311-4 DM 44-

SAG 308: William Abbey, Charmian Brinson, Richard Dove u.a. (Hg.), Between Two
Languages. German-speaking Exiles in Great Britain 1933-45.
1995, 2.52 Seiten, kart., ISBN 3-88099-312-2 DM 44-

SAG 309: Mechthild M. Matheja-Theaker, Alternative Emanzipationsvorstellungen in der


DDR-Frauenliteratur (1971-1989). Ein Diskussionsbeitrag zur Situation der Frau.
1996, 434 Seiten kart., ISBN 3-88099-313-0 DM 62.-
SAG 310: Alan Bance, Helen Chambers, Charlotte Jolles (Hg.), Theodor Fontane The
London Symposium. 1995, 312 Seiten, kart., ISBN 3-88099-314-9 DM 49-

SAG 311: Gerhard Giesa (Hg.), Der Gaucho Martin Fierro von Jose Flernandes. Deutsche
Nachdichtung von Alfredo Bauer mit Kommentar, Anmerkungen und Transkriptionen.
1995, 334 Seiten, kart., ISBN 3-88099-315-7 DM 52-

SAG 312: Sabine Werner-Birkenbach, Flugo Ball und Hermann Hesse-eine Freundschaft,
die zu Literatur wird. Kommentare und Analysen zum Briefwechsel, zu autobiographischen
Schriften und zu Balls Hesse-Biographie.
1995, 528 Seiten, kart., ISBN 3-88099-316-5 DM 80 -

SAG 313: Elke Pflugradt-Abdel Aziz, Islamisierte Architekturin Kairo: Carl von Diebitsch und
der Hofarchitekt Julius Franz - Preußisches Unternehmertum im Ägypten des 19. Jahrhun¬
derts. Mit einem Geleitwort von Moustafa Mäher (Kairo)
1996, ca. 330 Seiten, kart., ISBN 3-88099-317-3 In Vorbereitung

SAG 314: Matthias Morgenroth, Formen und Funktionen des Komischen in Büchners
"Leonce und Lena”. 1995, 156 Seiten, kart., ISBN 3-88099-318-1 DM 32.-

SAG 315: Altrud Dumont, Interimistisches Provisorium - Methodischer Wahnsinn: Das


Interessante. Theorie und narrative Praxis bei Friedrich Schlegel und E.T.A. Hoffmann.
1995, 216 Seiten, kart., ISBN 3-88099-319-X DM 40-

SAG 316: Paul Zöchbauer, Der Krieg in den Essays und Tagebüchern Robert Musils.
1995, ca. 170 Seitenkart., ISBN 3-88099-320- in Vorbereitung

SAG 317: Christian Angerer, Rollenspiele. Soziales Rollenverhalten und Identitäts¬


verweigerung in Robert Walsers Texten der frühen und der Berliner Zeit.
1995. 228 Seiten, kart., ISBN 3-88099-321-1 DM 42-

SAG 318: Gisela Brandt, Rainer Hünecke, Wie redet der Deudsche man jnn solchem fall?
Studien zur deutschen Sprachgeschichte. Festschrift anläßlich des 65. Geburtstages von
Erwin Arndt. 1995. kart., ISBN 3-88099-322-X In Vorbereitung

SAG 319: C. J. Thornhill, Walter Benjamin and Karl Kraus' problems of a "Wahlverwandt¬
schaft“. 1996. 196 Seiten, kart., ISBN 3-88099-323-8 DM 35-

SAG 320: Alexander Stillmark (Hg.), Joseph Roth: Der Sieg über die Zeit. Londoner
Symposion. 1996, 160 Seiten, kart., ISBN 3-88099-324-6 In Vorbereitung

SAG 321: Michel Lefevre, Die Sprache Liselottes (von der Pfalz). Eine Studie anhand der
deutschen Briefe (1676-1714) der Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans an ihre Tante,
Sophie von Hannover. 1996. ca. 300 Seiten, kart., ISBN 3-88099-325-4 In Vorbereitung

SAG 322: Petra M. Bagley, Somebody's Daughter: The portrayal of Daughter-Parent-


relationships by Contemporary women writers from German-speaking countries.
1996. 190 Seiten, kart., ISBN 3-88099-326-2 DM 34-

SAG 324: Gisela Brandt (Hg.), Historische Soziolinguistik des Deutschen II. Sprachgebrauch
in soziofunktionalen Gruppen und in Textarten. Internationale Fachtagung Frankfurt/Oder
12.-14.9.1994. 1995, 242 Seiten, kart., ISBN 3-88099-328-9 In Vorbereitung
SAG 325: Barbara Burns, Theory and Patterns of Tragedy in the later Novellen of Theodor
Storm. 1996, 274 Seiten, kart., ISBN 3-88099-329-7 In Vorbereitung

SAG 326: Philippe Buschinger, La poesie concrete dans les pays de langue allemande
1995, ca. 600 Seiten, kart., ISBN 3-88099-330-0 In Vorbereitung

SAG 327: Walter Weiss, Annäherungen an die Literatur(wissenschaft) I. Literatur-Sprache


1995, ca. 200 Seiten, kart., ISBN 3-88099-331-9 In Vorbereitung

SAG 328: Walter Weiss, Annäherungen an die Literatur(wissenschaft) II. Österreichische


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SAG 329: Walter Weiss, Annäherungen an die Literatur(wissenschaft) III. Goethe, Thomas
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1995, ca. 200 Seiten, kart., ISBN 3-88099-333-5 In Vorbereitung

SAG 330: Martin Anderle, Wiener Ly<rik im 18. Jahrhundert. Die Gedichte des Wiener
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1996, ca. 220 Seiten, kart. ISBN 3-88099-334-3 In Vorbereitung

SAG 331: Peter Alter/Rudolf Muhs (Hg.), Exilanten und andere Deutsche in Fontanes
London. 1996, kart., ISBN 3-88099-335-1 In Vorbereitung

SAG 332: Wiebke Strehl, Vererbung und Umwelt: Das Kindermotiv im Erzählwerk Theodor
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SAG 333: Herwig Gottwald, Mythos und mythisches in der Gegenwartsliteratur. Studien zu
Christoph Ransmayr, Peter Handke, Botho Strauß.
1996, 198 Seiten, kart., ISBN 3-88099-337-8 DM 35.-

SAG 334: Pierre Balliet, La Relative en Alsace Bossue: Le groupe verbal dependant relatif
dans les parlers de l'Alsace Bossue
1996, ca. 300 seiten, kart., ISBN 3-88099-338-6 In Vorbereitung
DATE DUE / DATE DE RETOUR


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JAN • ' 1777

CARR MCLEAN
38-297
ISSN 0179-2482
ISBN 3-88099-313-0

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