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Ausdauersport
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Läufer leben länger


Ausdauersport im Alter
In einer Studie traten Freizeit-
läufer gegen Nichtsportler
an. Nach über 20 Jahren
zeigte sich: Wer regelmäßig
läuft, hat weniger Beschwer-
den und lebt länger.

S portler leben nicht länger, sie sterben


nur gesünder“, spottet der Volksmund.
Eine Langzeitstudie der Universität Stan-
ford widerlegt das nun: Regelmäßiges Jog-
gen verlangsamt den Alterungsprozess und
verlängert sehr wohl das Leben. Diese Er-
gebnisse sorgten für Schlagzeilen.

Wie die Studie angelegt war


Die Mediziner der kalifornischen Hoch-
schule hatten über einen Zeitraum von
21 Jahren rund 500 Jogger mit einer etwa
gleich großen Gruppe von Menschen ver-
glichen, die nicht regelmäßig liefen. Jedes
Jahr gaben sie ebenso wie die Nichtläufer in
einem umfangreichen Fragebogen Aus-
kunft darüber, wie leicht oder schwer ihnen
alltägliche Aktivitäten fielen, wie Gehen,
Aufstehen vom Stuhl, Greifen von Gegen-
ständen, Anziehen oder Körperpflege.
Zu Beginn der Studie waren die Mitglie-
der eines amerikanischen Laufclubs 50 Jah-
re oder älter. Im Schnitt liefen sie etwa vier
Stunden pro Woche. Am Ende der Langzeit-
studie, als viele Teilnehmer schon weit über
70 oder sogar 80 Jahre alt waren, kamen sie
immer noch auf eine wöchentliche Laufzeit
von rund 75 Minuten. Und sie profitierten
immer noch von ihrem Training.

Was die Forscher verblüffte


Im Vergleich zur weniger aktiven Gruppe starben auch später als die Studienteilneh- Was sich noch herausstellte
hatten die Läufer weniger körperliche Be- mer der Vergleichsgruppe. Nach 19 Jahren Ganz nebenbei konnten die Stanford-Wis-
schwerden und führten länger ein aktives waren 15 Prozent der Jogger gestorben, von senschaftler noch eine Befürchtung aus
Leben. Zwar nahmen bei allen Studienteil- den Nichtläufern waren zu diesem Zeit- der Frühzeit des Joggingbooms widerle-
nehmern, ob Läufer oder Nichtläufer, die punkt schon 34 Prozent verstorben. Diese gen: Ältere Läufer leiden nicht häufiger als
Beschwerden im Verlauf der zwei Jahrzehn- Daten entnahmen die Forscher dem amt- bewegungsarme Vergleichspersonen unter
te zu, doch bei den Joggern traten die Ein- lichen Todesfallverzeichnis. Die Läufer orthopädischen Erkrankungen wie Arthro-
schränkungen erst etwa 16 Jahre später als starben seltener aufgrund von Herz-Kreis- se. Sie benötigen auch nicht häufiger künst-
bei den Sportabstinenzlern auf. lauf-Erkrankungen, aber auch die Anzahl liche Kniegelenke als andere Personen.
Was sogar die Forscher verblüffte: Die der Todesfälle durch Krebs, neurologische Die Erkenntnis, dass Laufen und andere
Läufer blieben nicht nur länger gesund, sie Erkrankungen und Infektionen war geringer. Ausdauersportarten die Gesundheit er- 0

11/2008 test Journal Gesundheit 89


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dinationstraining – auch die Leistungs-


fähigkeit des Gehirns steigern kann.
R Neuroinformatiker der Ruhr-Universität
Bochum fanden, dass Menschen zwischen
65 und 85 Jahren, die regelmäßig tanzen,
über eine bessere Balance und ausgepräg-
tere Bewegungsfähigkeiten als Nichttänzer
verfügten. Auch bei Tests zu Tastempfin-
den, Aufmerksamkeit und Denkleistungen
schnitten sie besser ab.

Was Einsteiger beachten sollten


Mit Bewegung und Sport kann man in je-
dem Alter beginnen. Auch wer die Aktivität
erst in späten Jahren für sich entdeckt,
macht Fortschritte. Gerade im hohen Alter
zeigen sich schnelle Trainingserfolge (siehe
„Fit für 100“, test 7/07 ). Und eine Reihe von
Starthilfen gibt es auch (siehe S. 91).
Die Deutsche Herzstiftung bietet auf ih-
rer Internetseite www.herzstiftung.de zum
Beispiel Tipps für den Einstieg ins Ausdau-
ertraining. Wer keinen Spaß am Laufen hat,
kann wandern, Fahrrad fahren, tanzen oder
schwimmen. Auch Herzkranke können
Sport treiben. Sie sollten aber vorher mit ih-
rem Arzt sprechen, um individuelle Beson-
derheiten und eine angemessene Belastung
zu klären. Die folgenden Ratschläge gelten
aber auch für Herzgesunde:
R Absolvieren Sie am Anfang nur kurze Trai-
ningseinheiten von ein bis zwei Minuten,
legen Sie dann eine (Geh-)Pause ein. Stei-

Wer regelmäßig läuft, verbessert seine Chancen,


länger gesund zu bleiben. Auch andere Aus-
dauersportarten wie Walking, Rad fahren, Tanzen
und Schwimmen bieten gute Möglichkeiten,
Herz und Hirn zu trainieren.

halten und sogar verbessern können, ist R So berichteten australische Forscher, dass gern Sie das Pensum im Verlauf von mehre-
nicht ganz neu. Doch Forschungsstudien, leichter Sport – meist Walking – den Beginn ren Wochen langsam auf 10 Minuten, dann
die das Wohl und Wehe von Freizeitsport- einer Alzheimererkrankung verzögerte. allmählich auf 30 Minuten.
lern über einen so langen Zeitraum wie in R In einer Studie des Berliner Universitäts- R Eine Pulsuhr ist beim Ausdauersport kein
Stanford dokumentieren, sind selten. klinikums Charité, an der Frauen zwischen Muss. Allerdings lässt sich die Belastung ge-
70 und 93 Jahren teilnahmen, verbesserte nau steuern und Trainingsfortschritte sind
Wie man Körper und Kopf trainiert Sport die Gedächtnisleistung . schnell und besser zu erkennen.
Doch die positiven Auswirkungen sport- R Wissenschaftler der Universität Bremen R Die Kleidung sollte nicht zu dünn sein, da-
licher Aktivität, vor allem fürs Gehirn, ha- wiesen im Rahmen der Studie „Bewegtes mit der Körper nicht auskühlt, aber auch
ben in neuester Zeit auch verschiedene an- Altern“ nach, dass regelmäßige Bewegung – nicht zu dick, um Überhitzung zu vermei-
dere Studien untermauert: wie zum Beispiel Nordic Walking oder Koor- den. Günstig: eine Jacke mit Reißverschluss.

90 Journal Gesundheit test 11/2008


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Ausdauersport
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Interview
Starthilfen
„Schrittweise zum aktiven Leben“
Studie. Für die bundesweite Studie
„Gesund und fit älter werden“ können Dr. Jochen Ziegelmann, Psychologe an der Freien Univer-
sich noch Teilnehmer ab 60 Jahre sität Berlin, leitet die Studie „Gesund und fit älter werden“.
anmelden. Unter der Leitung von
Dr. Jochen Ziegelmann (siehe Inter-
view) soll es Motivationshilfen geben. Wie würden Sie jemandem, der mit einer starten, und wenn das klappt,
Anmeldung im Internet unter www. träge und dabei zufrieden ist, den noch eine weitere hinzunehmen. Dann
altern-und-gesundheit.de oder per Sport schmackhaft machen? kann er bei Regen in die Schwimmhalle
Post: Dr. Jochen Ziegelmann, Freie Die Vorgabe, für die Gesundheit fünf- gehen statt im Park zu joggen.
Universität Berlin, Gesundheits- mal in der Woche 30 Minuten Sport
psychologie PF 10, Habelschwerdter
machen zu müssen, ist eher abschre- Was ist besser – allein trainieren
Allee 45, 14195 Berlin.
ckend. Es geht zunächst einmal um oder in der Gruppe?
mehr körperliche Bewegung, und da Das sollte jeder selbst ausprobieren.
Kurse. Volkshochschulen, Sportver- sind vor allem positive Botschaften Der eine mag sich durch ein schnelles
eine, Kirchen und Kommunen bieten wichtig. Wer sich wenig bewegt, sollte Fortkommen in der Gruppe überfordert
häufig Kurse an. Auch bei vielen Kran- einmal an einem schönen Tag eine hal- fühlen, einen anderen dagegen moti-
kenkassen gibt es Einsteigerhilfen,
be Stunde spazieren gehen und einfach viert das zusätzlich. Und Menschen im
von der AOK zum Beispiel „Fit in
mal auskosten, was das mit dem Kör- höheren Alter verspüren vielleicht eher
30 Tagen“; die Techniker Krankenkasse
per macht. Ein angenehmes Erlebnis ein Bedürfnis, mit anderen Menschen
listet in der Broschüre „Aktiv und
könnte zu mehr Bewegung anregen. zusammen zu sein. Sie sollten nach
gesund“ zahlreiche Kursangebote auf.
Gruppenaktivitäten Ausschau halten,
Wie kann man sich selbst motivie- bei denen sie sich austauschen können
Buchtipp. Norbert Bachl und andere:
ren, wenn man eher unsportlich ist? und Sport eher nebenher passiert.
Aktiv ins Alter. Mit richtiger Bewegung
Das ist ein Prozess, der etwas länger
jung bleiben. Springer Verlag, Wien
dauert. Wer Angst hat, dass er beim Was kann man tun, wenn man
2006. 9,95 Euro.
Sport beobachtet wird und sich der unter Zeitmangel leidet?
Lächerlichkeit preisgibt, kann zum Bei- Häufig kostet ein aktiveres Leben gar
Internet. www.richtigfitab50.de, spiel erst einmal zuhause bestimmte keine Zeit, vieles lässt sich auch ein-
www.sportprogesundheit.de
Übungen machen. Oder man kann sich fach nebenher machen. Zum Beispiel
vornehmen, im U-Bahnhof die Treppe warten manche Leute lieber 20 Mi-
hochzugehen statt die Rolltreppe zu nuten auf den Bus und fahren dann
nehmen. Das sind Möglichkeiten, 10 Minuten mit dem Bus statt in den
schrittweise ein aktiveres Leben zu füh- 30 Minuten nachhause zu laufen. Das
ren. In unserem Forschungsprojekt soll keine abfällige Bemerkung sein,
wollen wir auch die Teilnehmer moti- aber man kann den Leuten einfache
vieren, sich selber Ziele zu setzen. Es Bewegungsmöglichkeiten aufzeigen.
ist dann schon ein Erfolg, wenn jemand
ein kleines Bewegungsziel erreicht, Und wie lässt sich sportliches Trai-
der sich vorher gar nicht bewegt hat. ning in den Zeitplan integrieren?
Das ist nicht so einfach wie bei den All-
Wie schafft man den Übergang vom tagsaktivitäten. Aber man kann schon
aktiveren Leben zum Sport? versuchen, bestimmte Verhaltenswei-
Man braucht schon eine bestimmte sen zu automatisieren. Man kann vorab
Strategie, um die sportlichen Absichten überlegen, wie man sich verhält, wenn
auch in die Tat umzusetzen. Man sollte man abends müde nachhause kommt
nicht nur auf dem Sofa sitzen und sa- und keine Lust mehr hat, sich zu bewe-
R Wer nach längerer Zeit körperlicher Inak- gen, ich möchte körperlich aktiver wer- gen: Etwa vor Beginn des Fernseh-
FOTOS: JUMP / M. STEINKÜHLER, L. LENZ; ISTOCKPHOTO

tivität wieder regelmäßig Sport treiben den. Es ist wichtig, dass man sich erst abends grundsätzlich eine Joggingrun-
will, sollte sich vorher sportmedizinisch einmal gedanklich ganz konkret vor- de einplanen. Das muss man einfach
untersuchen und vor allem ein Belastungs- stellt, was man machen möchte. Das mal gedanklich durchspielen. Ich habe
EKG machen lassen. Die Untersuchung soll klingt natürlich sehr simpel, aber viele das selber auch schon probiert, habe
eventuelle Schäden des Herz-Kreislauf- scheitern schon an diesem ersten mich gar nicht erst hingesetzt, sondern
Systems aufdecken. Sie kann aber auch eine Schritt. Jemand, der bisher komplett habe die Joggingschuhe geschnürt und
Grundlage dafür bieten, individuell geeig- inaktiv war, kann sich zunächst drei bin 20 Minuten gelaufen. Danach fühl-
nete Sportarten und sinnvolle Trainings- Sportarten überlegen, mit denen er te ich mich plötzlich ganz anders und
intensitäten zu empfehlen, aber auch Be- sich anfreunden könnte. Dann sollte er war gar nicht mehr total erschlagen.
lastungsgrenzen zu zeigen. j

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