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Slow Food Magazin Slow Food Deutschland e.V.

V. Italien € 9,50 | Belgien € 8,50 | Schweiz CHF 11,40 | Österreich € 8,40 | Luxemburg € 8,50 04 | 2021 AUGUST/SEPTEMBER | Deutschland € 7,50

GENUSS & VERANTWORTUNG

GENUSS-SCHWERPUNKT
SLOW FAST FOOD

UNTERWEGS
DIE SÜDPFALZ
MIT DEM RAD

DOSSIER
GESUNDER BODEN

SLOW FOOD CHECK HALLOUMI


MATEN
SAISONKÜCHE SOMMERLICHE TO
APERO

Unsere Weine
sind wie wir:
echte Typen!
Weine von der Nahe:
Qualität, die man schmeckt.

Die 13 deutschen Weinregionen sind


geschützte Ursprungsbezeichnungen.

Die Nahe ist eines der 13 deutschen Anbaugebiete, das die EU als
geschützte Ursprungsbezeichnung anerkannt hat. Die Nahe steht
für Einzigartigkeit, denn so viele Bodentypen auf engstem Raum
gibt es nur hier. Sie ist geprägt von Rebhängen, Flüssen und wilden
Tälern. Dieses außergewöhnliche Zusammenspiel, kombiniert mit
der Begeisterung der Winzer, macht ihre Weine zu echten Typen.
www.weine-mit-herkunft.de/anbaugebiete/nahe
2 Slow Food | 04/2021
APERO
EDITORIAL

D
ass Fast Food heutzutage
auch bei uns zum Ernäh-
rungsalltag gehört, daran

Foto: Max Schwarzlose

Foto: Max Schwarzlose


führt kein Weg vorbei. Und nicht nur
bei vielen jungen Leuten sind Burger,
Falafel im Brot, Wraps auf die Hand
und anderes schnelles Essen, mit
dem sich auch beim Laufen der Hun-
ger stillen lässt, sehr beliebt. Dafür spricht zum Beispiel die ständig wachsende
Zahl von »Burger-Läden«, die zumindest in Berlin zu beobachten ist. Dort werden
aber auch zunehmend nicht nur Fleischpatties, sondern auch pflanzliche Alterna-
tiven im Brötchen angeboten.
Das ist doch gut, so der erste Gedanke, schließlich sollten wir alle weniger
Fleisch essen! Dummerweise hängen in kaum einem Imbiss, der Burger anbietet,
Zutatenlisten aus. Aber wer sich die Mühe macht, an der Tiefkühl-Theke im Super-
markt auf eine Packung mit Veggie-Burgern zu schauen, dem könnte der Appetit
ganz schnell vergehen! Vielfach enthalten sie künstliche Zusatzstoffe, darunter Sta-
bilisatoren, Bindemittel, Geschmacksverstärker und Ascorbinsäure – nichts für
Slowfoodies. Die Alternative lautet: Slowes Fast Food selber machen, tolle Rezepte
gibt es nämlich auch in unserem Genuss-Schwerpunkt ab Seite 39.
Gesundem Boden haben wir in diesem Heft unser Dossier ab Seite 61 gewid-
met, oder besser gesagt, der so wichtigen Aufgabe, sich um die Gesundheit unse-
res Bodens zu kümmern. Denn dem geht es gar nicht gut, von Burnout zu spre-
chen ist nicht übertrieben. Durch intensive Landwirtschaft ausgelaugte, mit
Pestiziden und Stickstoffüberschüssen überlastete, quasi tote Böden können uns
nicht mehr lange ernähren. Deshalb ist schnelles Handeln angesagt. Ein gesunder
Boden ist dagegen lebendig, humusreich und hat eine hohe natürliche Fruchtbar-
keit, erklärt Franz Rösl, Vorsitzender der IG gesunder Boden, im Interview. Eben-
falls wichtig: Artenvielfalt oberhalb des Bodens wie auch im Boden. Wir haben mit
Landwirten, Gärtnern und Winzern gesprochen, die sich bereits gut um »ihren«
Boden kümmern, ihn pflegen und seine Zukunftsfähigkeit sichern.
Um mehr Gesundheit – für Tiere, aber auch für Menschen – geht es in dem Buch
»Pillen vor die Säue«, Gesundheit ohne täglichen Antibiotikaeinsatz für Geflügel,
Rinder und Schweine, wie er in der Massentierhaltung üblich ist. Hineinlesen in
dieses wichtige Buch von Rupert Ebner und Eva Rosenkranz können Sie ab Seite
77. Vereinsmitglieder kennen Ebner schon als langjährigen Schatzmeister von Slow
Food Deutschland. Neuer Schatzmeister ist übrigens seit Juni Sebastian
Wenzel, auch Chef Alliance-Koch Jens Witt ist neu im Vorstand. Mehr zu den
Wahlen bei der Mitgliederversammlung lesen Sie auf den Slow Food Seiten.

Genussvolles und spannendes Lesevergnügen wünscht Ihnen

Ihre Martina Tschirner

Slow Food | 04/2021 3


INHALT

INHALT
Im Slow F
54 Chef Alliance Interview ood
Check
mit Renate Lieb. HALLOUM
Die Kunst des Könnens I
Seite 48
liegt im Wollen
58 Honigwissen.
3 Editorial Das Gold der Imker in der Küche

APERO DOSSIER:
6 Ursula Hudson Preis.
Kraft voraus für die Ernährungswende!! GESUNDER BODEN
10 Aktuelles
13 Hier sind die Guten 62 Boden mit Burnout.
Es muss sich etwas ändern!
14 Das Fischporträt.
Diesmal – der Zwergkalmar der Nordsee 65 Interview.
Für einen lebendigen Organismus.
16 Arche des Geschmacks.
Gespräch mit Franz Rösl, IG gesunder Boden
 Traditionelle Kirschsorten
aus dem Oberen Mittelrheintal 66 Bodenwissen.
Von A wie Agroforst bis Z wie Zeigerpflanzen
18 Standpunkt.
Mehr Strategie für unsere Ernährung! 68 Bodenvielfalt.
Wo Kartoffeln und Weizen gut wachsen
70 Experten zur Bodenbearbeitung.
UNTERWEGS Weniger Pflügen, mehr Regenwürmer
20 Genussreise mit dem Rad.
Südpfälzisch schlemmen und Wein entdecken
30 Heinzelmanns Winzerporträt.
TISCHGESPRÄCHE
Scharlachberg – aber biodynamisch 74 Slow Food Unterstützer.
Gemeinsam ans Ziel!
33 Zwischen Rügen und Zingst.
Die letzten Ostseefischer 77 Angelesen.
Pillen vor die Säue.
36 Von Hamburg bis Stuttgart.
Von Rupert Ebner und Eva Rosenkranz
Täglich aus der Küche die Welt verändern
80 Tischlektüre

GENUSS-SCHWERPUNKT: SLOW FOOD


SLOW FAST FOOD 83 Kolumne von Carlo Petrini.
40 Slow Food für Eilige. Biodiversität ist unsere Lebensversicherung
Hausgemacht, frisch & oft vegetarisch 84 Slow Food aktuell
42 Food Hero. 89 Aus den Convivien
»Emils Bio-Manufaktur« in Freiburg

45 Selbst gemacht.
RUBRIKEN
Do your own fast food!
96 Leserbriefe, Impressum
97 Vorschau
AUS DER KÜCHE 98 Kolumne Schluss damit
48 Im Slow Food Check.
Halloumi und Grillkäse www.blauer-engel.de/uz195
52 Chef Alliance Saisonküche. 100· %ressourcenschonend
Recycling: Dasund Slow Food
umweltfreundlich hergestellt
Von Tomaten und Paradiesäpfeln Magazin ist zertifiziert mit dem
· emissionsarm gedruckt
blauen Engel Druckerzeugnisse.
· überwiegend aus Altpapier XW1
Dieses Druckerzeugnis ist mit dem Blauen Engel ausgezeichnet.

4 Slow Food | 04/2021


INHALT
GENUSS-SCHWERPUNKT
SLOW FAST FOOD ab Seite 39

GENUSSREISE
SÜDPFALZ
ab Seite 20

REZEPTE in diesem Heft


Barbara Assheuer, Wikipe-

15 Gefüllter Tintenfisch 55 Tomaten-Gurken-Ragout


45 Pulled Chicken vom mit Ofenkartoffeln
Zweinutzungshuhn 56 Tomaten Linsen Tanz
46 Brioche Burger Buns 57 Gefüllte Ofentomate
DOSSIER 46 Gepickelte Rote Zwiebeln 57 Lachsforellenfilet mit
GESUNDER BODEN 46 Chipotle-Ingwer-Ketchup Basilikum-Gremolata auf
Ochsenherztomaten
47 Aioli mit Knoblauchsrauke


47 Portobello Burger
ab Seite 61
Fotos: Joachim von Ramin, Carla Ulrich, Luka Lübke, Barbara Stadler

Fotos:
dia

Slow Food | 04/2021 5


APERO

Ursula Hudson Preis

Kraft voraus für die

Ernährungs-
wende! Slow Food Deutschland (SFD) hat zum ersten Mal den Ursula Hudson Preis für
vorbildliches Engagement für die Ernährungswende verliehen. Ausgezeichnet
wurden »GreenfairPlanet« und deren Initiatorin Elisabeth Schmelzer. Sie ist
nicht die einzige Gewinnerin – gewonnen hat auch der Einsatz für eine bessere
Ernährungswelt generell. Zeigt die Preisvergabe doch, wie viele inspirierende
Initiativen mittlerweile für dieses Ziel eintreten. Von Sven Prange.

J
eder Einzelne«, sagte die SFD-Vorsitzende sam können wir etwas bewegen. Daran knüpft der nach
Nina Wolff am Ende einer stimmungsvollen ihr benannte Preis an und ehrt Einzelpersonen, Initia-
Zeremonie, »hat die Kraft, etwas zu verän- tiven oder Gruppierungen.
dern«. Das sei die wichtigste Botschaft des »Hinter den Bewerbungen stehen inspirierende Per-
am 14. Juni zum ersten Mal verliehenen sönlichkeiten und Initiativen, deren Gestaltungskraft
Ursula Hudson Preises in Gedenken an die viel zu früh unsere Wertschätzung und Hochachtung gebühren«,
verstorbene Vorsitzende von Slow Food Deutschland. so Nina Wolff. »Die Bewerbungen zeichnen sich durch
Die Trägerin des Ursula Hudson Preises, Elisabeth eine beeindruckende Vielfalt und Qualität aus, und sie
Schmelzer, Gründerin und Inspiratorin von »Greenfair- machen Mut: Die Veränderung unserer Ernährungs-
Planet«, verkörpert dieses Potenzial jedes Einzelnen, welt ist möglich, vorausgesetzt wir haben ausreichend
etwas Positives zu bewegen. Schmelzer versetzt Motivation und Kreativität, Geschick und Ausdauer im
andere in Bewegung – und verursacht damit wieder- Gepäck.«
um Bewegung. 80 Bewerbungen landeten auf dem Tisch des Ku-
ratoriums, bestehend aus Ursula Hudsons langjähriger
80 Bewerbungen für die Wegbegleiterin Barbara Assheuer, der Journalistin Tan-
Erstvergabe des Preises ja Busse, Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spie-
Tatsächlich ist genau das der Sinn dieses Preises: Zu gel, der Vorsitzenden der Freien Bäcker Anke Kähler
zeigen und zu ermutigen, wie schon das Engagement und dem Winzer und Lebensmittelaktivisten Sebasti-
Einzelner die Ernährungswende vorantreiben kann. Ur- an John auf dem Tisch. Neben der »Qual der Wahl«
sula Hudson galt national wie international als Vorden- hatten sie auch die schöne Aufgabe, nach außen zu
kerin für diese Transformation. Ihr Credo: Nur gemein- tragen, wie viele Menschen sich für eine saubere, gute

+++ Die erste Preisverleihung +++ Die erste Preisverleihung +++ Die erste Preisverleihung ++

6 Slow Food | 04/2021


APERO

Elisabeth Schmelzer, Gründerin des Vereins »GreenfairPlanet«


und Gewinnerin des Ursula Hudson Preises (1). Die Vorsitzende
von Slow Food Deutschland, Nina Wolff, freute sich über die
beeindruckende Vielfalt der Bewerbungen (2). Klaus Töpfer,
ehemaliger Bundesumweltminister (3). Die drei anderen Finalis-
ten: Judith Busch für den Ernährungsrat Oldenburg (4) Julia
Hartkemeyer, SoLaWi Hof Pente (5), Benedikt Haerlin (6).

++ Die erste Preisverleihung +++ Die erste Preisverleihung +++ Die erste Preisverleihung +++

Slow Food | 04/2021 7


APERO

und faire Ernährungswelt einsetzen, in der das Lebens- mittelproduktion mit Bildung für alle Altersstufen. »Für
mittelhandwerk und die planetenfreundliche Landwirt- die Zukunft ist es wichtig, dass wir alle die Ernährungs-
schaft über die industrialisierte Agrarwirtschaft gewin- welt bewusst mitgestalten«, sagte Mit-Antreiberin und
nen werden. Landwirtin Julia Hartkemeyer. »Ich kann jeden Land-
wirt nur ermutigen, seinen Hof zu öffnen. Es gibt vie-
Klaus Töpfer ermutigte zu Visionen le Leute, die sich einbringen wollen.« Das fand auch
Ermutigung und Aufforderung zugleich ist dieser Preis, Preis-Kurator Sebastian John: »Wir brauchen dringend
das wurde auf der hybriden Verleihung in der Landes- mehr Betriebe, die solche zukunftsfähigen Wege ein-
vertretung Baden-Württembergs in Berlin deutlich. schlagen.«
Etwa als Professor Klaus Töpfer seine Keynote sprach. Einziger Einzel-Nominierter in der Finalrunde des
Der ehemalige Bundesumweltminister und Umwelt- Preises war Benedikt Haerlin. Und das ist naheliegend.
schützer im Auftrag der Vereinten Nationen zitierte Nicht nur, weil er dem ebenso empathischen wie durch-
Ernst Bloch: »Nur das Erinnern ist fruchtbar, wenn es setzungsstarken Engagement der Namensgeberin des
daran erinnert, was noch zu tun ist.« Und zu tun sei in Preises durchaus ähnelt, sondern auch, weil Haerlin
der Ernährungswelt trotz all der guten, Mut machen- seit Jahren zu den prägenden Köpfen der Ernährungs-
den Initiativen einiges. »Sind wir schon dort, wo wir wende in Deutschland gehört. Er treibt die Agrarwen-
hin wollen?«, fragte Töpfer und verneinte natürlich. de mit innovativen Ideen voran, theoretisch und
Das aber so, dass er Mut spendete, nicht Enttäu- praktisch. »Und er ist ein führender Kopf beim Bekannt-
schung. Es gehe darum, auf dem Weg zu einer nach- machen des Weltagrarberichts in Deutschland, des
haltigen Welt wagemutig zu sein. »Alternativen auch Weltackers und der Wir-haben-es-satt-Demo«, hieß es
dann aufzeigen, wenn sie von Anfang an möglicher- in der Begründung. »Das Motto, das für Benny gilt:
weise als unrealistisch gewertet werden«, wie Töpfer Nicht über die Verhältnisse klagen, sondern gucken,
sagte. In dieser Disziplin sind die vier Finalisten, die was sich verändern lässt«, so Laudatorin Anke Kähler,
das Kuratorium für die Nominierung des Preises aus- »ich bin mir sicher, Du bleibst im Denken radikal – und
gewählt hatte, wahre Meister. Von der Demokratiebe- das ist gut so.« Und dass daran kein Zweifel besteht,
wegung bis zum Bauernhof decken sie ein breites verdeutlichte Haerlin selbst in seiner Dankesbotschaft:
Spektrum ab. »Was sich dringend verändern muss, ist die Kontrolle
einiger weniger internationaler Konzerne über die
Die vier Nominierten Grundlagen unserer Ernährung. Wir brauchen Ernäh-
Etwa der Ernährungsrat Oldenburg. Den gründeten rungssouveränität.« Und dafür will er weiter streiten.
Aktive in der niedersächsischen Stadt bereits vor vier Das gilt auch für die Gewinnerin des Ursula Hud-
Jahren, es war der erst fünfte Ernährungsrat in Deutsch- son Preises, Elisabeth Schmelzer von »GreenfairPla-
land überhaupt. Hier versammeln sich Menschen, die net«. Barbara Assheuer in ihrer Laudatio an Elisabeth
eine nachhaltige Ernährung in ihrer Stadt vorantreiben Schmelzer: »Alles, was Sie machen, machen Sie mit
und die Politik entsprechend bewegen wollen. »Der Leichtigkeit und Freude!« Und sie macht sehr viel: Seit
Ernährungsrat Oldenburg zeigt vorbildlich die große dem Jahr 2000 setzt sich »GreenfairPlanet« für gutes
Bedeutung von Ernährungsräten bei der Ernährungs- Essen, gute Landwirtschaft für alle sowie für die Be-
wende«, hieß es in der Begründung für den Hudson wahrung der biologischen Vielfalt und einen lebendi-
Preis. Oder wie Laudator Pirmin Spiegel sagte: »Es gen Planeten ein. »GreenfairPlanet« steht als Verein
scheint, dass das Wissen um Artenvielfalt, gutes Es- für die kritische Auseinandersetzung mit Ernährung,
sen und Landwirtschaft durch die industrialisierte Land- Armut und Gesundheit, Nahrungsproduktion weltweit
wirtschaft verloren geht. Gleichzeitig bestimmt unser sowie der Vernichtung von Nahrungsmitteln als Teil
Konsum Klima und Klimakrise mit. Darauf macht der des Wirtschaftssystems. »Ein Preis, den ich stellvertre-
Ernährungsrat aufmerksam.« tend für alle Initiativen hier heute entgegennehme«,
Vielfältige Akteure und der Kampf gegen eine in- betonte Schmelzer. Sie zeigte somit, was Tanja Busse
dustrielle Landwirtschaft prägen auch das Leben auf über die Gesamtheit der Finalisten zu Beginn sagte:
dem Hof Pente. Die solidarische Landwirtschaft mit »Wir verleihen heute einen Preis, bei dem es auch da-
Hof-Kindergarten und Schule arbeitet beispielhaft an rum geht, zu zeigen, dass wir in einer Demokratie alle
der Verbindung von fairer und ökologischer Lebens- mitwirken und gestalten können.« ●

rste Preisverleihung +++ Die erste Preisverleihung +++ Die erste Preisverleihung +++

8 Slow Food | 04/2021


APERO

Mit Gewalt oder mit Menschen?


Wo Ungerechtigkeit, Gewalt oder Armut herrschen, stellt sich MISEREOR ohne Wenn und Aber an die Seite der
Menschen. So ermöglichen wir zum Beispiel Geflüchteten im Nahen Osten ein neues Leben in Sicherheit. Gemeinsam
mit unseren Partnern vor Ort. Am liebsten mit Menschen wie Ihnen. misereor.de/menschen

MIT MENSCHEN.
Slow Food | 04/2021 9
APERO

EIN FILM VON BERTR AM VERHA AG

FILMTIPP:

Vergessenes
bäuerliches Wissen
Die fünf Protagonisten in dem neuen Film von sie im Burgenland ohne künstliche
Bertram Verhaag sind vielen Freunden der Slow- Bewässerung und ohne Ausgeizen (!)
Food-Szene gut bekannt. Zum Beispiel Karl anbaut. Bodenspezialist Sepp Braun
Schweisfurth vom Gut Hermannsdorf, der sich als (s. S. 72) ist der fünfte im Reigen der
Biolandwirt schon seit ein paar Jahren erfolgreich »innovativen« Landwirte, die sich bei-
dem Thema »Zweinutzungshühner« widmet, nahe vergessenes bäuerliches Wissen
BUCH UND REGIE BERTRAM VERHAAG KAMERA WALDEMAR HAUSCHILD GERALD FRITZEN SCHNITT WOLFGANG GRIMMEISEN
MUSIK MICHAELA DIETL FRITZ MOßHAMMER ERWIN REHLING FRANZ WECHSLER TON MARCUS VON KLEIST ZOLTAN RAVASZ
MISCHUNG RALPH P. BIENZEISLER POSTPRODUKTION B.O.A. VIDEOFILMKUNST HERSTELLUNGSLEITUNG EVA LINKE
PRODUKTIONSLEITUNG ALYSSA KOSKE HERBERT SPORN ANASTASIA BUBLIKOVA PRODUKTION DENKMAL-FILM VERHAAG GMBH

damit männliche Küken nicht sterben müssen. der letzten Jahrtausende zunutze
Oder Milchbäuerin Mechthild Knösel – auf ihrem machen, weiterentwickeln und damit
Hofgut Rengoldshausen am Bodensee ist Mutterkuhhaltung ein wichtiges Zeichen gegen die agrarwirtschaftliche Industri-
schon lange selbstverständlich. Auch Demeter-Landwirt Chris- alisierung setzen.
toph Simpfendörfer und seine biologisch-dynamische Arbeits-
weise werden in dem Dokumentarfilm vorgestellt. Auf dem Filmlänge: 98 Minuten, FSK: 0
Filmplakat ist Erich Stekovics aus Österreich zu sehen, Toma- Im Kino und ebenso im Netz anzuschauen:
tenfans als »Kaiser der Paradeiser« bekannt, der schon über ➽ www.kino-on-demand.com/movies/
3 000 Sorten der roten Paradiesäpfel gesammelt hat und wurzeln-des-uberlebens

ABC der regionalen Spezialitäten


V wie
Vulkanspargel
Altes Gemüse vom Kaiserstuhl. Die Chicorée-
Variante mit ihren charakteristischen Bitternoten
kann sowohl roh wie gekocht gegessen werden.
Kennzeichnend sind die dicht stehenden Blüten­
Fotos: Martina Tschirner, Sharon Sheets

knospen, die an Spargelköpfe erinnern. In Italien


als »Puntarelle« oder »Catalogna« bekannt.
Die deutsche Bezeichnung leitet sich vom
Kaiserstuhl ab, einem Mittelgebirge vulkanischen
Ursprungs, in dessen Gebiet der Anbau und damit
die Vermarktung forciert wurden.

Aus dem »Slow Food Genussführer


Deutschland 2019/20«

10 Slow Food | 04/2021


| BIO & GOLD | BIO & GOLD | BIO &
APERO

...Frankens beste Bohne.


FREISPRUCH!
Alexander Schiebel, Filmemacher und Au-
tor des Buchs »Das Wunder von Mals«,
wurde am 31. Mai vom Landesgericht Bo-
zen vom Vorwurf der üblen Nachrede end-
lich freigesprochen. Schiebel hatte in sei-
nem 2017 erschienenem Buch die massive
Verwendung von Pestiziden im Südtiroler
Apfelanbau angeprangert – und wurde da-
raufhin vom Südtiroler Landesrat für Land-
wirtschaft, Arnold Schuler, sowie von über
1 300 Obstbauern angezeigt. Letztendlich

ESPRESSO NUMERO UNO


erklärte der Richter, dass der Tatbestand
der Verleumdung in dem Buch nicht vorlie-
ge. Bereits im Oktober 2020 war das Ver-
fahren gegen Jacob Radloff, den Verleger
des oekom verlags, eingestellt worden.
Der Freispruch von Alexander Schiebel ist
ein weiterer wichtiger Erfolg im Kampf ge-
gen die juristischen Einschüchterungs-Ver-
suche der Südtiroler Agrarlobby.

 
  
 
     
O & GOLD | BIO & GOLD | BIO & GOLD | BIO & GOLD |

     


     
    
     
GUTE IDEEN GESUCHT
Im Rahmen der paneuropäischen Kampagne »Our Food  
our Future« setzt sich Slow Food Deutschland gemeinsam
mit 16 Partnerorganisationen für ein faires Lebensmittel-
system ein. Im Fokus steht die Fairness gegenüber
Arbeitsmigranten, Umwelt und Klima. Ziel ist es, Verbrau-
cher in Europa von nachhaltigen Kaufentscheidungen zu
überzeugen und den öffentlichen Druck auf politische
Entscheidungsträger zu erhöhen. Ab sofort können sich
junge Erwachsene zwischen 15 und 35 Jahren europaweit
an einem Ideenwettbewerb beteiligen und mit ihrer Krea-
tivität die Kampagne vorantreiben. Die tragfähigsten
Ideen werden prämiert und in der Kampagne umgesetzt.
Einsendeschluss ist der 31. August 2021.

➽w
 ww.slowfood.de/ofof_umfrage
DE-ÖKO 001
Nicht EU-Landwirtschaft

www.espressone.de Slow Food | 04/2021 11


APERO

DVD-VERLOSUNG
Zukunftsfähige Landwirtschaft
Saisongemüse
»Wie wollen wir in Zukunft leben?«, fragt Regisseur Marc
Aktuell Uhlig in seinem Dokumentarfilm für eine zukunftsfähige
Landwirtschaft. Weil wir mit unseren Böden umgehen, als
wären sie unerschöpflich, sind sie extrem bedroht. Und nur
wenige wissen, was sich eigentlich unter unseren Füßen
AUGUST abspielt, welch wichtige Rolle der Humus spielt. Auch für
Äpfel, Aprikosen, Auberginen, Birnen, Blattsa- Schüler ein spannender Lehrfilm.
late, Blaubeeren, Blumenkohl, Brokkoli, Brom- Fünf DVDs hat uns die Verleihfirma W-Film für eine Verlo-
sung im Slow Food Magazin zur Verfügung gestellt. Für eine
beeren, Fenchel, grüne Bohnen, Gurken, Hei-
Teilnahme schreiben Sie uns bitte, welche Lebewesen an der
del- und Johannisbeeren, Kartoffeln, Kohlrabi,
Entstehung von Humus beteiligt sind. Ihre E-Mail, Betreff
Kürbis, Lauch, Mangold, Mirabellen, Möh- »Unser Boden«, können Sie bis zum 31. August 2021 an
ren, Pastinaken, Pflaumen, Rettich, redaktion@slowfoodmagazin.de schicken, Adresse nicht ver-
Rucola, Rote Bete, Rotkohl, Sauerkir- gessen! Der Rechtsweg
schen, Sellerie, Stangensellerie, Stein- ist ausgeschlossen.
pilze, Tomaten, Weißkohl, Zucchini,
Unser Boden,
Zuckermais.
unser Erbe
Länge 79 Minuten,
FSK 0, DVD 13,99 Euro.
SEPTEMBER
Äpfel, Auberginen, Birnen,
Blattsalate, Blaubeeren, Blu-
menkohl, Brokkoli, Brombee-
ren, Fenchel, grüne Bohnen, Gur-
ken, Heidelbeeren, Kartoffeln, Kohlrabi,
Kürbis, Lauch, Mangold, Möhren, Pastinaken, Pflaumen,
Rettich, Rucola, Rote Bete, Rotkohl, Sellerie, Spinat,
Stangensellerie, Steinpilze, Tomaten, Vulkanspargel,
Weißkohl, Wirsing, Zucchini, Zuckermais.

THESE 12. FREITAGS FISCH? Der globale Pro-Kopf-


Verbrauch von Fisch hat erstmals die 20-Kilogramm-Grenze
überschritten, die Hälfte kommt aber aus Aquakultur.
Unser Fischhunger ist nicht enkeltauglich.
»95 Thesen für Kopf und Bauch« von Slow Food Deutschland und MISEREOR

12 Slow Food | 04/2021


APERO

HIER SIND Diese hand


hergestellte
werklich
n Lebensm
ittel
Qualitätskri
-

DIE GUTEN
erfüllen die Fo o d .
Slo w
terien von

SUTSCHE WITBIER
Hamburger Jungs und Deerns sind
die Macher dieses Biobiers nach dem
Vorbild der obergärigen Bierspeziali-
tät aus Belgien, empfohlen von
Slow Food Hamburg. Gewürzt mit
BIOHÄHNCHEN Koriander und Orange ist es per-
fekt, um entspannt in den Feier-
Eine Empfehlung des Convivi- abend zu »sutschen«. Unpasteu-
ums Nordhessen: Hähnchen – risiert und unfiltriert ist es auch
Foto: von den Herstellern

auch von Zweinutzungsrassen, (0,33 l, 2,39 Euro). Das Wild-


wo Henne und Hahn aufgezo- wuchs Brauwerk produziert
gen werden –, Teile vom hauptsächlich Biobiere, seit 2018
Hähnchen sowie anderes Ge- im eigenen Sudhaus. Der Hop-
flügel vom Bioland Geflügel- fen kommt vom Biohof Friedrich,
hof Roth. Als Eintagsküken das Malz von Rhön Malz, der
werden die Tiere von der Bio- nächstliegenden Biomälzerei.
landbrüterei Overmeyer bezogen. Sie haben viel Platz, wenn sie größer Und Umweltpartner der Stadt
werden, sowohl in Mobilställen als auch auf Wiesenflächen mit viel Aus- Hamburg ist die Kleinbrauerei
lauf. Erst nach ca. drei Monaten werden die Hähnchen im eigenen Be- auch.
trieb geschlachtet, ihr Fleisch ist fest und wohlschmeckend – und es wird
sogar verschickt, frisch vakuumverpackt. Ein ganzes Biohähnchen mit ei- Wildwuchs Brauwerk
nem Gewicht von 1,7-1,9 Kilo kostet 30 Euro. Jaffestr. 8, 21109 Hamburg,
Tel 040. 334 923 66,
Bioland Geflügelhof Roth Werksverkauf Di, Mi, Fr 10-16 Uhr,
Ludwigsteinstr. 40, 37214 Witzenhausen-Unterrieden, ➽ www.wildwuchs-brauwerk.de
Tel 05542. 72 44 15,
Hofladen geöffnet Mo, Do 15-18, Fr 10-18 Uhr,
➽ www.bio-frischgefluegel-roth.de

LUPINEN MISO
Miso einen süßlich-blumigen Touch. Es eignet
Miso ist ein Würzmittel aus der japani- sich zum Würzen, zum Marinieren und Einlegen
schen Küche, hergestellt hauptsächlich von Gemüse, Fleisch, Fisch – und natürlich tra-
aus Sojabohnen. Seit einigen Jahren stellt ditionell als Miso-Suppe. 220 Gramm kosten
Peter Koch auch Miso in Deutschland her, 9,90 Euro, im Online-Shop zzgl. Versandkosten.
und zwar aus biozertifizierten Zutaten
seiner Region, dem Schwarzwald. Für die Schwarzwald Miso
würzige Paste fermentiert er nicht nur Auf Hochstetten 13, 78187 Geisingen,
Sojabohnen, sondern auch Lupinen. Die Tel 07704. 358 07 78,
pflanzlichen Eiweißspender geben dem ➽ www.schwarzwald-miso.de

Slow Food | 04/2021 13


APERO

Kleiner Großaquariums, dass einer ihrer Tintenfische, der sich durch eine
Lampe belästigt fühlte, einen passgenauen Wasserstrahl auf das

muskulöser
Licht abschoss, was zu sofortigem Kurzschluss und Dunkelheit
führte. Tintenfische gelten als ausgesprochen intelligente Meeres-
bewohner, unter anderem wurde beobachtet, wie sie ihr Höhlen-

Athlet
versteck mit Steinen verbarrikadieren, um sich vor Raubfischen
zu schützen.

Klimagewinner Tintenfisch
Tintenfische haben sich auch in der Nordsee Mit der Erdüberhitzung durch die Klimakrise haben sich die Tin-
stark vermehrt – mit noch unbekannten Folgen tenfische in den Weltmeeren stark vermehrt. Die Welternährungs-
organisation FAO spricht in ihrem aktuellen großen Fischereibe-
für das Ökosystem. Die Nummer Eins heißt
richt von einem »seit 20 Jahren andauernden kontinuierlichen
Alloteuthis subulata, der Gepfriemte Zwerg­ Wachstum der Tintenfischfänge«. 2018 wurden weltweit 3,6 Mil-
kalmar. Von Manfred Kriener. lionen Tonnen angelandet.
Auch in der Nordsee, wo die mittlere Wassertemperatur in den
vergangenen 50 Jahren um eineinhalb Grad gestiegen ist, haben
die Tintenfisch-Bestände üppig zugelegt. Begünstigt wird ihre Ver-

ISCHPORTR
mehrung vermutlich auch durch das Abwandern des Kabeljaus
F ÄT
Richtung Norden und die generelle Abnahme größerer Raubfische

AS durch den Fischereidruck. Der Rostocker Wissenschaftler Daniel


Oesterwind veröffentlichte 2011 die erste Bestandsschätzung. Auf
D

2,7 Milliarden Exemplare bezifferte er damals die wachsende


Tintenfisch-Population der Nordsee während der kalten Jahres-
zeit, im Sommer waren es nur 440 Millionen, was mit dem kurzen
Lebenszyklus und dem Laichgeschäft im Sommer zusammenhängt.
Die junge Generation der Kalmare wächst im Sommer heran und
d i e s ma l

rd s e e

taucht dann nicht in den Netzen auf. Eine aktuelle Schätzung der
Bestände haben wir nicht gefunden, doch sie dürften weiter anstei-
gen.
Oesterwind hat auch alte Fischereidokumente ausgewertet. Er
schreibt: »In den 1960er, 1970er und 1980er Jahren wurden im Win-
No

ter bei 7 bis 20 Prozent der Fangstationen Tintenfische gefangen.«


de

Dagegen lag in den drei Untersuchungsjahren 2008 bis 2010 »der


rZ
er

Anteil der Stationen, in denen Tintenfische gefangen wurden, im


we d
rg k a l ma r
Winter zwischen 95 und 98 Prozent. Aktuelle Analysen zeigen
jedenfalls, dass sich heute einige Arten in der Nordsee vermehren,
Fotos: Wikipedia, Hans Hillewaert, StockFood / Mondadori Portfolio.

die vor 100 Jahren noch als Irrgäste gelistet wurden.

Kurze und lange Tentakel

T
intenfische gehören zu den faszinierendsten Lebewesen Beeindruckende 24 verschiedene Arten sind inzwischen in der
der Meere. Sie sind Meister des Mimikri und sie haben Nordsee vertreten, die häufigste ist der zierliche Langflossenkal-
gleich drei Herzen, um ihren komplizierten Blutkreis- mar Alloteuthis subulata, manchmal auch Gepfriemter Zwergkal-
lauf und schnellen Stoffwechsel am Laufen zu halten. An ihrem mar oder Europäischer Kalmar genannt. Man findet ihn auch in
Kopf hängen – je nach Art – in der Regel acht oder zehn Arme, der Adria und Ägäis, rund um die Britischen Inseln, vor allem im
dafür fehlt der Oberkörper. Sie sind aggressive Räuber, schnelle Ärmelkanal, aber auch in spanischen, portugiesischen oder nordaf-
Schwimmer und immer für eine Überraschung gut. Geradezu rikanischen Küstengewässern.
spektakulär ist die Färbung eines karibischen Kalmars, der einem Der stromlinienförmig geformte kleine Tintenfisch wird maxi-
attraktiven Weibchen seine hell gefärbte Schokoladenseite prä- mal 20 Zentimeter lang, die Weibchen nur 15 Zentimeter. Im 15 bis
sentiert. Gleichzeitig färbt er die andere Körperhälfte dunkel-ag- 150 Meter tiefen Wasser fühlt er sich wohl. In der Nordsee bleiben
gressiv ein, um einen männlichen Nebenbuhler abzuschrecken. diese Kalmare meist etwas kleiner als die gleiche Art im wärme-
Das muss man erstmal hinkriegen. ren Mittelmeer oder in anderen atlantischen Gewässern. Ihre zehn
Stein und Bein schwört die australische Mitarbeiterin eines mit Saugnäpfen bestückten Arme sind mit Sinneszellen bestückt

14 Slow Food | 04/2021


APERO

GEFÜLLTER TINTENFISCH
Nicht oft, aber immer öfter bekommt Patron Michael Recktenwald vom
»Seekrug« auf Langeoog von seinem Kutterfischer Tintenfische geliefert.
»Es sind nur wenige, die setze ich dann nicht auf die Karte, empfehle sie
aber an den Tischen.« Das sorgt für Gesprächsstoff. »Tintenfische aus der
Nordsee?«, fragen die Gäste irritiert. So könne er ganz nebenbei den Kli-
mawandel thematisieren und erklären, warum sich der Kabeljau verab-
schiedet und der Tintenfisch »Hallo« sagt.
Tintenfisch zubereiten, das sei vor allem eine Frage der Gartechnik,
sagt Recktenwald, »die müssen schön zart sein«. Er serviert Gefüllten Tin-
tenfisch und schneidet beim sorgfältig geputzten Kalmar zuerst die Arme
in kleine Stücke und brät sie mit Knoblauch und etwas Zwiebel. Manchmal
gibt er getrocknete Tomaten dazu, manchmal ein paar Oliven und immer
eine Handvoll Kräuter und etwas Paniermehl. Die gebratenen Arme stopft
er danach in die Tube des Tintenfischs, die in Olivenöl angebraten wird.
Ablöschen mit Fischfond und Weißwein und 20 bis 25 Minuten leise sim-
mern lassen, bis die Gabelprobe zeigt: Der Bursche ist zart.
Den eingekochten Sud mit kalter Butter zu einer Sauce aufschlagen.
Aromatisiert wird mit etwas Zitronenabrieb und einem Spritzer Zitronen-
saft, sonst nur Salz. Und dazu ein Glas Riesling oder einen gut gekühlten Manzanilla-Sherry.

Michael Recktenwald und seine Familie betreiben auf Langeoog das »Biohotel Strandeck« mit dem
Restaurant »Seekrug«. Recktenwald ist Mitglied der Chef Alliance von Slow Food.

und aufgeteilt in acht kürzere und zwei längere. Die beiden län- Zwergkalmar mit einem kurzen Leben. Auf sechs Monate bis
geren Arme sind die Tentakeln, sie machen etwa ein Viertel der maximal ein Jahr ist seine Lebensspanne begrenzt. Endpunkt
Körperlänge aus. Am Kopf fallen die riesengroßen Augen auf, des kurzen Lebenszyklus’ ist die Fortpflanzung, bei der das
dahinter sitzt der langgestreckte Mantel; am Ende sieht man die Männchen sein Spermapaket mit Hilfe des speziellen Begat-
herzförmigen Flossen mit ausgezogener schwanzartiger Spitze. tungsarms unter den Mantel des Weibchens schiebt. Es soll dabei
Das Outfit ist eher grau mit braunen und purpurnen Punkten auch zu Umarmungen kommen. Zum Laichen verlässt der Zwer-
am gesamten Körper. gkalmar die zentrale Nordsee und steuert flache und wärmere
Gewässer an, in denen sich die Eier schneller entwickeln.
Drei Meter pro Sekunde Zum Schluss noch ein Geständnis: Tintenfische, Sie ahnen
Wie alle Tintenfische hat auch der kleine Kalmar der Nordsee es, sind gar keine Fische, sie gehören zu den Kopffüßern, sind
keine Knochen, er ist ein rein muskulöser Athlet und toller wirbellos und mit den Muscheln und Schnecken verwandt.
Schwimmer. Mit der Rückstoßtechnik durch ausgestoßenes Was- Gleichwohl machen sie als Gast in unserer Fischkolumne alle-
ser können selbst kleine Tintenfische eine Geschwindigkeit von mal »bella figura«. Auch auf den Fischmärkten tauchen die
drei Metern je Sekunde erreichen. So schnell wie er schwimmt, ­Tintenfische der Nordsee jetzt öfter mal auf. Sie gelten zwar
so schnell wächst er auch, die Weibchen noch schneller als die noch nicht überall als Zielfisch der Fangflotte, werden aber als
Männchen, die dafür eher geschlechtsreif werden. »Wärmere Beifang gern mitgenommen. Einige niederländische Fischer
Wassertemperaturen beschleunigen das Wachstum, die Kalmare sind dabei, sich auf Tintenfische zu spezialisieren – Schotten
erreichen dann früher eine Größe, mit der sie nicht mehr von und Engländer fangen sie schon länger, zumal es noch keine
jedem Fisch gefressen werden«, sagt Tintenfischforscher Oes- Fangquoten gibt. Die Fangstatistiken belegen jedenfalls, dass
terwind. Die fast nur aus Muskeln bestehenden Tiere sind eine sich »die fischereiliche Nutzung« der verschiedenen Tintenfi-
begehrte eiweißreiche Beute, aber sie sind selbst auch hungrige sche in der Nordsee langsam etabliert. Das Thünen-Institut für
Jäger. Die große Frage: Wie wird die rasante Zunahme der Tin- Fischerei vermisst indes konkrete Managementpläne, um die
tenfische bei gleichzeitigem Rückgang vieler Raubfische das Tintenfischressourcen der Nordsee vorsichtig und damit nach-
Ökosystem Nordsee beeinflussen? Tintenfische fressen alle haltig zu befischen. Da sich Tintenfische nur einmal fortpflan-
Kleintiere weg – auch die jungen Raubfische. zen und danach direkt sterben, ist eine vorsichtige Nutzung
Turbowachstum und heiß laufenden Stoffwechsel bezahlt der umso wichtiger. ●

Slow Food | 04/2021 15


APERO

Neuer Passagier an Bord

Traditionelle
Kirschsorten
aus dem Oberen Mittelrheintal
Der 81. Arche-Passagier aus Deutschland besteht
aus einer ganzen Gruppe alter Kirschen:
Kirschenmarkt in Kamp in den 1930er-Jahren. 46 traditionell im Oberen Mittelrheintal ange-
baute Kirschsorten und deren Kultur rund um
Anbau, Verwertung und Vermarktung.
Gerhard Schneider-Rose aus der Arche-Kom-
mission stellt sie vor.

D as fast mediterrane Klima im Rheintal zwischen Bingen und


Koblenz wird schon seit der Römerzeit für den Weinbau
genutzt, seit dem Mittelalter spielt auch der Obstanbau eine wich-
tige Rolle. Der Kirschanbau wurde seit Beginn des 19. Jahrhunderts
massiv gefördert. Keimzelle des Anbaus war die Gemeinde Salzig.
Dort gab es ab 1830 regelmäßig Kirschmärkte und eine genossen-
schaftliche Organisation der Vermarktung. Gegen Ende des Jahr-
hunderts führten zwei Entwicklungen zu einem großen Aufschwung
des Kirschanbaus in der Region: Die Eisenbahn machte einen schnel-
len Transport zu den Märkten in den Wirtschaftszentren an Rhein
und Ruhr möglich, die Reblaus erzwang eine Suche nach Alternati-
ven zum Weinbau. Eine große Sortenvielfalt entstand, darunter viele
Regionalsorten, die als Zufallssämlinge gefunden und weitergezüch-
tet wurden. Insbesondere frühe Sorten wurden angebaut, die höhere
Preise erzielten und deshalb wirtschaftlich attraktiv waren.

Konkurrenz aus Südeuropa


Der Kirschanbau blühte bis in die 1960er-Jahre, dann brach der
Absatz ein: Südeuropäische Konkurrenz führte zu niedrigeren
Erzeugerpreisen, der Handel drängte auf eine Standardisierung der
Fotos: Jürgen Johann, Katja Verhoeven, Annette Braun-Lüllemann

Ware, Pflücker für die bis 15 Meter hohen Bäume gab es immer weni-
ger. Immer mehr Flächen wurden aufgegeben, Bäume wurden gero-
det oder vergreisten. Mit dem Schließen des letzten Obstmarktes in
Koblenz 1983 endete die genossenschaftliche Vermarktung. Nur
wenige Direktvermarktungsbetriebe machen bis heute weiter, sie
haben auf Plantagen mit niedrigen Bäumen und wenigen Sorten
umgestellt.
Im Rahmen eines Modellvorhabens der Ländlichen Bodenord-
nung Rheinland-Pfalz wurde im Gebiet des Welterbes Oberes Mit-
telrheintal durch die Pomologin Dr. Annette Braun-Lüllemann eine
Bestandsaufnahme der traditionellen Restbestände gemacht: 46
Kirschsorten wurden entdeckt und identifiziert, darunter 38 Süß-
kirschen, vier Sauerkirschen und vier Bastardkirschen (die stehen
zwischen Süß- und Sauerkirschen und sind heute nahezu unbe-
kannt).

16 Slow Food | 04/2021


APERO

Die Sorten tragen klangvolle Namen wie Bopparder Krächer, der Kirsche kümmert. Seit 2015 gibt es erste Produkte, die mit
Filsener Goldperle, Geisepitter, Geldklose, Kesterter Schwarze dem Label der Wort-Bild-Marke »Mittelrhein-Kirsche« gekenn-
und Lahnsteiner Süßweichsel und weisen ein großes Spektrum zeichnet sind. Dazu gehören Säfte, Obstweine, Pralinen und Mar-
an Farben, Größen, Formen, Geschmäckern und Erntezeitpunk- meladen. Mit der Aufnahme der Kirschen in die Arche des
ten auf. 80 Prozent der identifizierten Sorten sind gefährdet, dar- Geschmacks dürfen die Produkte, die zu 100 Prozent aus den alten
unter 27 Prozent vom Aussterben bedroht (hier gibt es nur noch Sorten hergestellt wurden, zusätzlich als Arche-Passagiere
ein oder zwei Bäume). Weil 14 der entdeckten Sorten von Obstex- gekennzeichnet werden. Die verwandten Sorten müssen benannt
perten nicht benannt werden können, erhalten sie vorläufige werden. In den letzten Jahren wurden Veranstaltungen etabliert
Arbeitsnamen. Besonders bedroht sind alle Bastardkirschen wie das Kirschblüten-Picknick im Frühjahr, der Filsener Kirsch-
sowie die hellfruchtigen und kleinwüchsigen, aber oft wunder- genuss-Tag oder geführte Genuss-Wanderungen mit Kirschver-
bar aromatischen Sorten. Sie passen nicht in das moderne Bild kostung entlang des »Kirschenpfads Filsen« und schließlich
der Kirsche, die dunkelrot, groß und regelmäßig herzförmig sein Stände auf Weihnachtsmärkten mit dem Ausschank von Kirsch-
muss. Glühwein und Kirsch-Kinderpunsch.
Mit den Aktivitäten des Zweckverbandes Weltkulturerbe
Gut Kirschen essen scheint ein tragfähiges Netzwerk zur Rettung der alten Sorten
Die Untersuchung von Frau Braun-Lüllemann hat dank des star- und zur Wahrung der identitätsstiftenden Rolle der Kirschen
ken Engagements des Zweckverbandes Weltkulturerbe Oberes gelungen zu sein. Allein die landschaftsprägende Wirkung der
Mittelrheintal einiges in Bewegung gebracht. In Filsen wurde ein Anlagen mit hochstämmigen großen Kirschbäumen wird sich
Sortengarten mit Nachpflanzungen der alten regionalen Kirschsor- nicht wiederbeleben lassen. ●
ten angelegt, der seit 2021 zur Deutschen Genbank Obst gehört.
Der »Kirschenpfad Filsen« führt durch die Anlage, die Früchte
von jedem Baum dürfen gekostet werden. Einige Erwerbsanbauer
Weitere Informationen
bieten die alten Sorten gezielt im Straßenverkauf an und pflan-
➽ www.slowfood.de/kirschen-vom-mittelrhein
zen die Sorten nach. Baumschulen haben die alten Sorten wieder
Welterbe Oberes Mittelrheintal
im Sortiment und für interessierte Laien werden Schnittkurse
angeboten. ➽ www.welterbe-mittelrheintal.de
In der Gastronomie haben sich »Kirschwochen« etabliert, in Zweckverband Welterbe Oberes Mittelrheintal
denen zum Beispiel Bandnudeln mit Pfifferlingen und Diemiet- ➽ www.mittelrhein-kirschen.de
zer Amarellen auf den Teller kommen. Der Zweckverband hat
einen Arbeitskreis Mittelrhein-Kirschen initiiert, der sich um die Kirschenpfad in Filsen
Erhaltung der Kirschenvielfalt, die Etablierung einer Spezialitä- ➽ www.loreley-touristik.de
tenmarke und um die kulturelle und identitätsstiftende ­Bedeutung

Slow Food | 04/2021 17


APERO STANDPUNKT

E
ineinhalb Jahre ist es her, seit die Denn just zum Zeitpunkt des Reform-Ab-
Staats- und Regierungschefs der schlusses öffnet sich in Deutschland die
Europäischen Union den »Green Tür zu einem größeren Zukunftsbewusst-
Deal« ganz oben auf ihre Agenda bis 2050 sein in der Landwirtschaft: Am 6. Juli über-
gesetzt und versprochen haben, bis dahin gab die Zukunftskommission Landwirt-
Klimaneutralität zu erreichen und Euro- schaft ihren mit Courage und Ausdauer
pas natürliche Umwelt zu erhalten: nicht geschaffenen Kompromiss der Bundes-
gegen, sondern mit und für die Wirtschaft. von Nina Wolff kanzlerin. Ein Schlüsselwort darin: »unver-
Doch das Ergebnis der Verhandlungen der Vorsitzende züglich«. Unverzüglich muss, so die von
Ende Juni beschlossenen Gemeinsamen von Slow Food Deutschland allen für die landwirtschaftliche Erzeugung
Agrarpolitik (GAP) für die Jahre 2023-2027 relevanten Akteuren gemeinsam formu-
bleibt weit hinter dem Anspruch zurück, lierte Botschaft, die Transformation der
der von »Farm-to-Fork«- und Biodiversi- Landwirtschaft starten. Laut Deutschem
tätsstrategie der EU gesetzt wurde: Bis Naturschutzring, dem Slow Food Deutsch-
2030 sollen unter anderem 25 Prozent Mehr Strategie für land angehört, beruht der Erfolg der Kom-
Ökolandbau und 50 Prozent Pflanzen- mission auf dem gemeinsamen Interesse
schutzmittelreduktion realisiert werden. unsere Ernährung! daran, den Klimawandel zu bremsen, den
Hierfür entschieden die Weichen zu stel- Verlust der Artenvielfalt zu stoppen und
len, hat die neue GAP versäumt. dabei eine vielfältige und zukunftsfähige
Dennoch priesen die EU-Ratsvertreter »Die neue GAP hat Landwirtschaft zu ermöglichen. Offenbar
die GAP-Reform als »Systemwechsel«. Die versäumt, entschieden die wurde die Dringlichkeit von allen Interes-
Rede war von einem Ausgleich zwischen sengruppen erkannt.
Interessen der Landwirte und der Regie- Weichen zu stellen.« Die Zukunftskommission hat gezeigt:
rungen auf der einen Seite und einem ver- Der Schlüssel zum Erfolg liegt im Begrei-
meintlich »grünen Anspruch« der Euro- fen, dass die verantwortungsvolle Erzeu-
päischen Kommission, einiger Mitglieder gung und Nutzung von Lebensmitteln
des Europäischen Parlaments und der Umweltverbände. Doch unter dem Druck der aktuellen Krisen eine gesamtgesellschaftli-
nicht nur Slow Food beklagt, dass von zukunftsweisenden Vor- che Aufgabe ist. Getragen von der Erkenntnis, dass ökologisches
schlägen der Kommission nach den Verhandlungen nicht viel Handeln auch wirtschaftlichen Erfolg und soziale Anerkennung
übriggeblieben ist. Ob Artenvielfalt, Klima, Wasser, Böden, Moore, braucht. Und klare, nicht nur von den landwirtschaftlichen Betrie-
Tiere: In der Natur schafft diese Reform keine Gewinner. Auf der ben zu verantwortende Ziele: Fairness, Biodiversität und Klima-
Minus-Seite steht, dass es kein rechtlich verbindliches Klima-Ziel schutz. Der Bericht der Kommission wird sehr deutlich darin, dass
für die GAP gibt, und eine Reihe verpasster Chancen, etwa öko- es ein zukunftsfähiges und gesellschaftlich anerkanntes Landwirt-
logisch wirtschaftende Kleinbauern umfassend zu fördern oder schafts- und Ernährungssystem nur mit Unterstützung sowohl
den Bestand an Nutztieren in der EU geregelt herunterzufahren. vom Staat als auch von den Verbrauchern geben wird. Und er
Die Anstrengungen hätten zukunftsgerichteter, die Zielsetzungen manifestiert, dass die Arbeit von Slow Food wirkt, wenn es heißt,
konkreter, die Verwässerungen durch Ausnahmen und Über- Geschmack und Genuss seien wichtige Faktoren einer erfolgrei-
gangsregelungen weniger dreist ausfallen müssen. Die europäi- chen Transformationsstrategie hin zu nachhaltigeren Ernährungs-
sche Agrar-Lobby zeichnete sich einmal mehr durch fehlenden mustern.
Weitblick aus. Denn auf einer Wirtschaftsweise zu beharren, die Die Nutzung des Zukunftsberichts für einen ernährungspoli-
der landwirtschaftlichen Produktion auf lange Sicht das Grab tischen Neuanfang ist Aufgabe der nächsten Bundesregierung.
schaufelt, liegt weder im Interesse der Erzeuger noch der Ver- Unabhängig vom parteilichen Farbmix braucht es einen Einschnitt,
braucher. Trotz des erheblichen Beitrags der industriellen Land- um das notwendige agrar- und ernährungspolitische Gerüst zu
wirtschaft zum Artensterben könnten künftig unterm Strich wei- bauen. Für die Verwirklichung einer zunehmend ökologischen
terhin zwei Drittel des 270-Milliarden-Budgets der GAP an Produktion und fairer Ernährungsumgebungen fordert Slow Food
intensive Bewirtschaftungsformen verteilt werden. Wenn eines mit der Kampagne »Zukunft würzen« eine ganzheitliche Ernäh-
klar ist: Systemwechsel geht anders. rungsstrategie mit einem passend vernetzten institutionellen
Wie weit die »Green-Deal-Idee« sich dennoch entfaltet, hängt Umfeld und angemessener finanzieller Ausstattung. Die politisch
nun vom Umsetzungswillen der einzelnen Mitgliedstaaten ab. Ein Verantwortlichen sollten »unverzüglich«, beginnend mit Koaliti-
Foto: Dirk Vogel

höheres Klima- und Artenschutzniveau auf nationaler Ebene onsverhandlungen, einen integrativen und gesellschaftsübergrei-
bleibt möglich, abhängig von den jeweiligen nationalen Plänen. fenden Ansatz für unsere Ernährung entwickeln. So geht System-
Und ganz sicher liegt darin, jedenfalls hierzulande, eine Chance: wechsel.

18 Slow Food | 04/2021


APERO

Natürlich köstlich genießen


Das macht COMTÉ so einzigartig: Die herrliche Natur des französischen Jura-Massivs, einer urgesunden
Landschaft im Osten Frankreichs, in der die rot-weißen Montbéliard-Kühe zu Hause sind, die natürliche
Zubereitung aus frischer Rohmilch und zum Reifen die Ruhe, die nur die Natur schenken kann. Mindestens
vier Monate, aber auch zwölf und mehr Monate, ruht jeder Laib im Reifekeller, wo er regelmäßig gewendet
und mit Salzwasser eingerieben wird. Was auf den kräuter-verwöhnten Wiesen im Jura-Massiv beginnt,
kommt so als naturreines, würzig-mildes Geschmackserlebnis auf den Tisch.

www.comte.de
www.comte.de/facebook
www.instagram.com/comte_kaese/

Slow Food | 04/2021 19


UNTERWEGS

Genussreise mit dem Rad

Südpfälzisch
schlemmen
und Wein
entdecken
Die Südpfalz und die Südliche Weinstraße sind
eine Genussregion, was Essen und Trinken, aber
auch was Radfahren angeht. Beides lässt sich auf
herrliche Weise verbinden. Judith Weibrecht hat
es ausprobiert.

J
etzt heißt es erstmal »Hihogge!«. Das ist kein Befehl,
sondern nett gemeint und garniert mit einem Pick-
nick gleichen Namens, das wir unter Bäumen in Ger-
mersheim verspeisen. »Was abhole und sich e schöns
Plätzle suche! Da es hier eine sehr hohe Dichte an
Direktvermarktern gibt, geht das überall«, erklärt Silke Wiedrig
von Südpfalz-Tourismus Landkreis Germersheim.
Radrouten-Schilder weisen in diverse Richtungen, auch zur
imposanten Festung Germersheim, wohin wir mit Gästeführer
Klaus Raithel aufbrechen: »Bereits 1090 stand hier eine Burg«,
erzählt er. Am Weißenburger Tor sieht man den bayerischen
Löwen, denn einst gehörte die Pfalz zu Bayern. »Beide Festungs-
Fotos: Ulrich Boeying, AdobeStock _Dziurek, Judith Weibrecht

tore wurden zwar abends um neun geschlossen, aber es gab für


Notfälle eine kleine Tür, durch die man reinschlüpfen konnte.«
Beim Bau der heute noch zu sehenden Festungsanlagen 1834–
1855 durch Architekt Friedrich von Schmauß waren 3 000 Men-
schen beschäftigt: Festungsarbeiter, -steinmetze, aber auch Metz-
ger, Schneider, Schreiner.

Mühlenland
Auf dem Queichtalradweg verlassen wir das Städtchen. Teils führt
er asphaltiert über eine Landstraße, teils auf Forstwegen durch
den tiefgrünen Wald, ab und an auch am gluckernden Flüsschen
entlang. Kein Wunder, dass es hier vor Mühlen nur so wimmelt.
Da ist schon die erste: Das bezaubernde Hofgut Holzmühle West­
heim in einer 1481 gegründeten Mühle. Heute wird hier kein Korn

20 Slow Food | 04/2021


SÜDPFALZ

dklöjsafjadösjaö djsa jsdflkajdflkjalfkjadlskfjadskjfa.s .h f h.a

Auf dem Tabakradweg zur Blütezeit. Im Garten des Hofguts


Holzmühle West­heim, in einer 1481 gegründeten Mühle, fühlen
sich auch die Pfauen wohl.

mehr gemahlen, aber im gut sortierten Mühlenladen kann man


verschiedene Mehlsorten und mehr erstehen. »Wir verkaufen
Mehl aus alten Getreidesorten, Sirup, Senf, Schokolade, Fertig-
backmischungen ohne Zusatzstoffe. Das sind alles saubere Pro-
dukte ohne Zusätze und Aromen«, erklärt Timo Heiny, einer der
beiden Besitzer. Der Strom wird mit Wasserkraft erzeugt, die Gäs-
tezimmer mittels Wärmepumpe beheizt. Als nächstes soll die Pho-
tovoltaik hinzukommen.
Es folgt ein Gang durch den zauberhaften Garten, in dem sogar
Pfauen leben. Im Haus ist es nicht minder magisch. Heiny zeigt
uns seine Ausstellung antiker Buddhas aus Burma und die zahl-
reichen Plastiken aus Papua-Neuguinea, afrikanischen und asia-
tischen Ländern. Beeindruckend auch seine einfühlsamen Ethno-
fotografien: »Mit 17 Jahren bin ich zum ersten Mal nach Afrika
gereist und war seitdem immer wieder dort. Diese Kulturen fas-
zinieren mich – sie sind so reich!« Die Menschen treten förmlich
aus seinen Bildern heraus.
Die Fotos im Kopf – sie wirken lange nach – fahren wir weiter
zur »Zeiskamer Mühle«. Gleich gegenüber wohnt ein Storchen-
paar mit seinen Jungen. Ihr Nest haben sie auf einem bereitge-
stellten Horst in den Queichwiesen erbaut. Rieselwiesen nennt
man die, denn hier kann mittels kleiner Kanäle, Wehre und Schlie-
ßen das Wasser gestaut werden oder frei fließen. Dieses alte
Bewässerungsprinzip wurde 2018 in das »Bundesweite Verzeich-
nis des Immateriellen Kulturerbes« der Deutschen UNESCO Kom-
mission aufgenommen.

Slow Food | 04/2021 21


UNTERWEGS

Genießerland
Stärkung holen wir uns nun durch den Besuch bei »Schickes Lädel
mit Hofcafé« in Zeiskam mit seiner Riesenauswahl an Obst und
Gemüse vom Hof, Brot, Gebäck und Getränken. Entstanden ist es
wirklich aus einem »Lädel«, alles begann mit dem Verkauf von
geputztem Feldsalat aus eigenem Anbau. Heute freuen sich Rad-
fahrer und andere Gäste über das schön gestaltete Café-Restau-
rant mit Laden in der ehemaligen Packhalle des Gemüseanbau-
betriebs und den Außenbereich mit Sitzplätzen. Hier gibt es
saisonale und regionale Gerichte. »Kee große Kart, aber was Schi-
ckes!«, betont Besitzerin Jutta Schick lachend.
Schon jetzt ist also klar, worum es in diesem Landstrich vor
allem geht: um Genuss! Entlang eines Walderlebnispfads, über
eine Holzbrücke und vorbei an einer E-Bike-Ladestation errei-
chen wir das Ottersheimer Teilungswehr und schließlich die 1996
gegründete Brauerei Bärenbräu.
Wie sie zu ihrem Namen kam, ist kurios: Die Menschen in den
umliegenden Ortschaften tragen alle Spitznamen. »Zu den Otters-
heimern sagt man, sie sind die Bären«, erzählt Braumeister und
Brauereichef Matthias Rüde, der selbst einmal der Bärenkönig
war. Sein Lieblingsbier ist das Weizen. »Aber natürlich gibt es auch
das klassische Helle und Dunkles und ab und an Spezialitäten wie
Vierkorn-Bier mit Dinkel und Roggen.« Eine Flasche verschwin-
det in der Fahrrad-Packtasche und fährt mit auf dem Tabakrad-
weg gen Rülzheim. An den Anbau der hübschen Pflanze mit den
rosafarbenen Blüten erinnern heute nur noch einige alte Schup-
pen. Doch um 1850 entfaltete sich hier aufgrund des Klimas und
der sandigen Böden ein wahres Tabak-Mekka. Wer hätt‘s gedacht?
Bei den braunen Blättern denkt man ja eigentlich eher an Kuba.

Im Tal der Strauße


Als wäre es nicht schon exotisch genug, tauchen hinter einem
Drahtzaun kapitale Straußenvögel auf. Keine Fata Morgana! Wir
Fotos: Judith Weibrecht, Thomas Haltner, Bildarchiv Südliche Weinstrasse e.V.

biegen ab zur »Straußenfarm Mhou«, lassen uns von Besitzerin


Uschi Braun über das riesige Gelände führen und besuchen
Strauße aller Altersgruppen. Besonders putzig sind natürlich die
Kleinen. »Die sind sehr neugierig und kommen gleich angerannt,
wenn sich was rührt«, weiß Frau Braun. Hübsch geschminkt ist
der Straußenmann, wenn er auf Partnerinnensuche ist: Derzeit
sieht er aus, als hätte er rund um den Schnabel roten Lippenstift
aufgetragen. »Superhahn Evan ist aber seiner Eliane ein Leben
lang treu«, betont sie. Normalerweise habe ein Hahn allerdings
bis zu vier Hennen um sich und könne 60 Jahre alt werden.
Im Laden kann man Eier und anderes vom Strauß erstehen, es
gibt auch Mitgebrachtes aus Zimbabwe. »Dort haben wir die Zucht
erlernt« erzählt Christoph Kistner beim gemeinsamen Mahl:
Schnittchen mit Straußenschinken, -salami oder -leberpaté. »Das
Fleisch ist mit maximal zwei Prozent Fett sehr mager, enthält viele
Mineralien und ist komplett unbelastet«, erklären die beiden. Ein-
mal mehr dämmert mir in dieser gemütlichen Runde, dass die
Südpfälzer ein Völkchen sind, das gerne gut isst und trinkt.

22 Slow Food | 04/2021


SÜDPFALZ

Jutta Schick (li.) mit Kollegin in ihrem Lädel mit


Hofcafé (li.); von der Kapelle auf der kleinen Kal-
mit hat man einen Wunderschönen Ausblick; pas-
send zum Radweg gibt es Zander auf Spargel im
»Zum Lamm« in Neupotz (unten).
hof in Minfeld, die Weine sind aus der Pfalz. Die Tradition reicht
weit zurück: »In seiner heutigen Form gibt es den ›Karpfen‹ seit
1898. Mit meiner Mutter zusammen bin ich schon in der vierten
Generation in der Gastgeberrolle«, so die Chefin. Als ich sie nach
ihrem Lieblingsgericht frage, muss sie nicht lange überlegen:
»Markklößchensuppe nach unserem Familienrezept – eine gebun-
dene Rindfleischsuppe, natürlich hausgemacht, mit handgeroll-
ten Markklößchen, meistens zehn bis fünfzehn Stück!« Seit Beginn
der Pandemie wird der Abholservice sehr gut nachgefragt. »Schön
war zu erfahren, dass ihn auch verstärkt jüngeres Publikum
genutzt hat. Eventuell haben einige ihre Essgewohnheiten in den
letzten Monaten etwas überdacht. Das würde uns sehr freuen.«

Vom Riesling zum Zander


Weitere empfehlenswerte Restaurants in Neupotz sind das Ster-
Karpfen und Herzpfeffer ne-Restaurant »Zur Krone« und die feine Küche im »Zum Lamm«,
Wir schlängeln uns auf vielen kleinen Routen durch die Lande, wo wir am Abend Zander auf Spargel verspeisen, dazu gibt es
die nur wenig Muskelschmalz erfordern und viel Muße für die einen feinen Riesling. Pamina Rheinpark-Guide Michael Walter
Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Highlights am Wegesrand kann ein Lied davon singen: „»Vom Riesling zum Zander« heißt
lassen. Im Restaurant »Zum Karpfen« mitten in Neupotz, empfoh- es. Und er legt noch eins drauf: »Ja so en guude Palzwoi, der laaft
len auch im Slow Food Genussführer, gibt es, wie der Name schon ääm in de Hals noi, der laaft ääm durch die dorschdisch Kehl, do
vermuten lässt, hervorragende Fischgerichte. Und keineswegs werd mer froh un kreizfidel«. Von regionalen Köstlichkeiten wie
nur Karpfen, sondern auch Rheinzander mit hausgemachtem Kar- Fleischknöpfen aus Rindfleisch, Schweinebauch und Kräutern mit
toffelsalat, Hecht oder Barsch aus Wildfang. Daneben ist die Betrei- Meerrettichsauce weiß er ebenfalls zu berichten. Auch sie wer-
berfamilie Gehrlein aber auch für ihre Fleischgerichte bekannt: den besungen. Mit Blick auf den Rhein stoßen wir an. Früher habe
»Das Fleisch beziehen wir von unseren Metzgerkollegen Sche- der Strom immer wieder sein Bett gewechselt, erklärt er. Damals
rer-Hatzenbühl, die Rind und Schwein aus der näheren Umge- fuhren hier Flusskriegsschiffe wie die »Lusoria Rhenana«, origi-
bung noch im eigenen Betrieb selbst schlachten. Höfe und Men- nalgetreuer Nachbau eines römischen Patrouillenboots, das im
schen sind uns persönlich bekannt, denn Saisonales und Setzfeldsee vor Anker liegt. »Im 19. Jahrhundert aber wurde der
Regionales liegen uns sehr am Herzen«, betont Daniela Gehr- Strom von Gottfried Tulla begradigt.«
lein-Bauer. Der Hit sind Gerichte wie Herzpfeffer und Kesselfleisch, Geschichten vom Rhein gibt es viele: Im »Haus am Strom«
die man wohl nicht mehr auf allzu vielen Speisekarten finden erläutert Altbürgermeister Heid: »Neupotz heißt so, weil der alte
dürfte, oder gefülltes Freilandhuhn (aus Neupotz). Gemüse und Ort Potz im Mittelalter in den Fluten versunken ist.« Seitdem hat
Salate kommen aus dem Südpfälzer Umland, z. B. vom Schossberg­ man viel für den Hochwasserschutz getan, Polder und Deiche

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UNTERWEGS

­ urden errichtet. Auf einem in den Boden eingelassenen Foto


w
sind sie zu sehen. »Das Landschaftsschutzgebiet mit den Rhein­
auen und der Altrheinbogen sind so schön, des kammer net
bezahle!«, schwärmt Mundartdichter Hofmann.
Wie wahr. An einem Altarm entdecken wir kleine, romantische
Fischerhütten, die Netze baumeln über dem Wasser im Wind.
Vögel zwitschern ein Konzert. Wir biegen ab und landen in Kan-
del beim besten Rhabarberkuchen meines Lebens. Dem »Café
Schaaf« eilt sein Ruhm voraus, und so darf es in meinem Reise-
plan nicht fehlen. »Viele Radfahrer kommen hier vorbei und pro-
bieren unsere Kuchen«, sagt Eigentümerin Silvia Meyer, »wir lie-
gen ja genau am Kraut-und-Rüben-Radweg!« Richtig, aber für
manche Köstlichkeiten würde ich auch einen Umweg in Kauf neh-
men – wie z.B. zum Hofmarkt Zapf, wo gerade der leckere Spar-
gel gestochen wird.

Weinprobe mit Unterlage


Nur fünf Kilometer weiter überrascht der »Schossberghof«, eine
Biolandwirtschaft mit Hofladen. SoLaWi, Solidarische Landwirt-
schaft, heißt das erfolgreiche Konzept, das seit dem Ende der Acht-
zigerjahre auch in Deutschland mit einer wachsenden Zahl von
Höfen vertreten ist. »Die Mitglieder zahlen einen Beitrag, helfen
aber auch beim Ernten oder Verpacken«, erklärt Marion Groß.
»Dafür bekommen die ›Solawisten‹ dann von allem, was gerade
reif ist, einen Anteil.« Vom Hofladen nehmen wir uns ein Picknick
mit: köstliches Brot, verschiedene Käsesorten. Eine Unterlage
werden wir brauchen, denn zwölf Kilometer weiter holt uns eine
»Radfahrer-Weinprobe« aus dem Sattel: »Dreimal 0,1 Liter – Ries-
ling, Grauburgunder und Rosé«, schlägt Sabine Bohlender vom und Apfeltarte mit selbst touriertem Blätterteig. Alles ohne Kon-
Weingut Rosenhof vor. »Radfahrer können und wollen ja unter- servierungsstoffe aus regionalen und saisonalen Produkten her-
wegs nicht so viel Alkoholisches trinken, und so bieten wir es auf gestellt, das Brot mit selbst kultiviertem Sauerteig aus besten Roh-
diese Art an.« Gute Idee! Danach können wir entspannt bis nach stoffen. Das Mehl kommt vielleicht auch aus der »Bischoff Mühle«,
Kandel rollen. Im Restaurant »Kochs« lernen wir Mario Koch ken- unserem nächsten Ziel.
nen. Seine Leidenschaft ist das Wild, das er unter dem Label »Wilde Mit Mandelbrot und Theos Bauernbrot, benannt nach dem
Pfalz« vermarktet. Auf der Speisekarte steht dann auch Reh aus Großvater des Besitzers, der das Rezept entwickelt hatte, machen
eigener Jagd, und man kann Produkte wie die hausgemachten wir Brotzeit. Seit 1748 ist die Mühle in Familienbesitz. »Eventuell
Wildteigtaschen erstehen. Wir reden lange und trinken noch ein existiert sie aber schon seit dem 15. Jahrhundert«, betont Johan-
Glas… Dann falle ich in einen tiefen Schlaf und träume von Begeg- nes Frey und dass es heutzutage nicht mehr viele Mühlenläden
nungen mit Hirschen auf Radwegen. gebe wie den seinen. Das hier zu erstehende Mehl aus regiona-
In Herxheim besuchen wir das sehenswerte Museum mit Abtei- lem Getreide stammt von Landwirten aus maximal 30 Kilometern
lungen zur Steinzeit, Archäologie, Geschichte, Totenschädelkult Entfernung: Weizen, Roggen und Dinkel. Pro Jahr werden 15 000
und Informationen über Sesshaftwerdung und Ackerbau. »Als Tonnen Getreide verarbeitet, zerkleinert, abgesiebt und portio-
man sesshaft geworden war, aß man aus Keramiktöpfen, sam- niert als Mehl, Gries oder Schrot.
melte Beeren, baute Getreide an, hatte Vieh, jagte Wild und würzte
es mit Salz und Kräutern«, erklärt Museumsführerin und Archäo- Es geht aufwärts
login Andrea Skametz. Hügeliger wird es nun. Links und rechts ziehen sich Reben die
Fotos: Judith Weibrecht

Ein paar Hundert Meter weiter stößt man aufs »Café Theobald« Hänge hinauf. Auf die Kleine Kalmit, Naturschutzgebiet und zur
mit eigenem Eislabor. »Mango und Kokos sind meine Lieblings- schönsten Weinsicht 2020 in der Pfalz geadelt, strampeln wir dank
sorten«, verrät Konditormeister und Besitzer Florian Theobald. Akku locker hinauf. Was für ein Blick! Das Picknick, das wir uns
Auch verführerische Kuchen sind in der Vitrine zu sehen: Mousse- »unten« vom Weingut Stentz in Mörzheim mitgenommen haben,
Torte, diverse Obstkuchen, American Cheesecake mit Himbeeren schmeckt hier oben nochmal so gut.

24 Slow Food | 04/2021


UNTERWEGS

Florian Theobald präsentiert seine herrli-

Echt, regional, herzlich.


che Kuchentheke im »Café Theobald« (li.);
sommerliches Picknick im Weingut Stentz
(li. unten); Radfahrer-Weinprobe im Ro-
senhof (unten); Parez Wared im »Café Pa-
rezzo« freut sich über seine große Röst-
trommel und pflegt die Leidenschaft zum
Kaffee (ganz unten).

Mögen Sie es gerne hopfig oder doch spritzig? In dieser


Reihenfolge? Gute Wahl! Treten Sie ein in unser char-
mantes Landhaus Tanner im wunderschönen, bayeri-
schen Chiemgau. Mit authentischer Leidenschaft und
echtem Handwerk erschaffen Gastgeber Steffie & Franz
Tanner ein magisches Fleckchen Erde, wo entspannungs-
hungrige Genießer einen natürlichen Rückzugsort finden.

Zimmer mit Blick ins Grüne, ein nachhaltiges Energie-


konzept in Kombination mit den abwechslungsreichen
Ausflugszielen sind Teil des Wohlfühlurlaubs. Im Einklang
mit der Natur wird entschleunigendes Landleben mit
regionaler, kreativer Kulinarik verbunden. Erleben Sie
einen malerischen Augenblick, welchen Sie am liebsten
für immer festhalten wollen.

Buchen Sie jetzt Ihre „Momente des Glücks“:


• 4 Übernachtungen im Doppelzimmer
• 2x viergängiges Gourmethalbpensionsmenü
• Bayerischer Picknickkorb für Ihren Fahrradausflug
• 30 minütige Nackenmassage

Ab 450 €/Person auf Direktanfrage.

Urlaub im Einklang mit der Natur.

Landhaus Tanner
Aglassing 1
D - 83329 Waging am See
www.landhaus-tanner.de
+49 (0) 8681 69750
office@landhaustanner.de
Slow Food | 04/2021
© Günter Standl Photography 25
GENUSSREISE

Eine Probe im Wein- und Sektgut Wilhelmshof muss noch Adresse zu kennen, zielsicher vom Duft geleitet. 21 Sorten wer-
sein. »Wir machen die Hälfte unserer Weine zu Sekt. Das ist vor den geröstet, die meisten davon sind direkt vom Kaffeebauern
50 Jahren durch das Hobby meiner Eltern entstanden, die dann bezogen und fair gehandelt. Vor 16 Jahren hat Parez Wared hier
auch in der Champagne hospitiert haben«, erzählt Barbara Roth. aus Liebhaberei zum Kaffee mit einem kleinen Geschäft ange-
Inzwischen werden auf zehn Hektar Riesling, Weiß-, Spät- und fangen und immer wieder vergrößert. Alles rund um den Kaf-
Grauburgunder für Sekt angebaut, der nach der »Méthode Cham- fee ist im Angebot, auch Kaffeemaschinen, Pralinen und Pâtis-
penoise« hergestellt wird, und zehn Hektar für den Wein. »Alles serie. Im Laden steht die kleine Rösttrommel, hinten in einem
ernten wir von Hand, da wir nur so auslesen und die Trauben weiteren Raum eine größere. »Aber die ist auch schon wieder
selektieren können, die für den Wein optimal sind. Der Rest fällt zu klein, ich werde wohl eine noch größere kaufen«, sagt Wared
auf den Boden und wird zu Humus.« Hinab geht‘s in den Rüttel- lachend, »denn Kaffee ist meine absolute Leidenschaft.«
keller, wo sie uns die schweißtreibende Arbeit vorführt. »Beim Mit einem exzellenten Cappuccino endet die Tour. Eine Tour
Sekt gibt es übrigens sieben Geschmacksrichtungen, beim Wein für Freunde der leisen Töne entlang kleinerer Radrouten,
nur vier!«, erfahren wir – und verstehen so langsam, warum das die sich abseits der großen Sehenswürdigkeiten über
Thema Sekt hier buchstäblich auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Geschichte und Geschichten, Kurioses und Exotisches freuen
Die Nase weist den Weg: Zum »Café Parezzo« mit Kaffeerös- und nicht zuletzt über regionale Genüsse und malerische
terei in der Landauer Marktstraße findet man, ohne die Weindörfer. ●

ADRESSEN
Empfehlungen des Conviviums Pfalz sind mit einem Sternchen * markiert, Slow Food Unterstützer mit (SFU), Adressen aus dem Slow Food
Genussführer erkennen Sie am +. Aktuelle Öffnungszeiten auf den Websites der Betriebe – oder einfach anrufen!

ESSEN & TRINKEN 5 Gasthaus zum Karpfen + 10 Café Konditorei Confiserie Theobald *
1 Zeiskamer Mühle Hauptstr. 1, 76777 Neupotz, Kuchen, Torten, Brot, Brötchen, Pralinen,
Hotel-Restaurant Tel 07272. 21 98, Schokolade, Eis – alles ohne Zusätze
67378 Zeiskam, www.gasthaus-zum-karpfen.de und Fertigmischungen hergestellt.
Tel 06347. 974 00, Bonifatiusstr. 9, 76863 Herxheim,
www.zeiskamermuehle.de 6 Zur Krone * Tel 07276. 91 81 51,
Sterneküche in einem kleinen, www.cafetheobald.de
2 Schickes Lädel pfälzischen Ort.
Hofcafé in der »Schicken Markthalle«. Hauptstr. 25, 76777 Neupotz, 11 Das Neue Café Herzog (SFU)
Im Häg, 67378 Zeiskam, Tel 07272. 933 78 45, Marktstr. 48, 76887 Bad Bergzabern,
Tel 06347. 70 02-0 www.zurkroneneupotz.de Tel 06343. 15 35,
www.schickes-laedel.de www.cafe-herzog.de
7 Stiftsgut Keysermühle (SFU)
3 Restaurant Farmhaus
 Genussführerlokal 12 Café Parezzo *
mit »Straußenfarm Mhou«. Hotel und Restaurant als integratives Mit eigener Rösterei, Kaffeemaschinen,
Am See, 76761 Rülzheim, Projekt, sozial und ökologisch. Schokolade und mehr.
Tel 07272. 929 767 50, Bahnhofstr. 1, 76889 Klingenmünster, Marktstr. 53-55,
www.straussenfarm-mhou.de/ Tel. 06349. 993 90, 76829 Landau in der Pfalz,
restaurant-farmhaus www.hotel-restaurant-stiftsgut- Tel. 06341. 94 25 55,
keysermuehle.de www.parezzo.de
4 Rheinschänke am
Fähranleger Leimersheim 8 Kochs Restaurant 13 Picknick SÜW – Südliche Weinstraße
Gut für die Radpause, auch Picknick Im Hotel »Zur Pfalz«. Im Voraus bestellen und abholen, bevor
zum Abholen und sich damit an den Marktstr. 57, 76870 Kandel, man zur Wanderung oder Radtour star-
Rhein setzen. Tel 07275. 98 55-0, tet, z.B. zum Kleinen Kalmit.
Rheinstr. 26, 76774 Leimersheim, www.hotelzurpfalz.de suew-shop.de/i/suew-picknick
Tel. 07272. 27 09,
www.rheinschaenke-leimersheim.de 9 Café Schaaf *
Hauptstr. 102, 76870 Kandel,
Tel 07275. 88 62

26 Slow Food | 04/2021


SÜDPFALZ
46 Deidesheim
Karte: Google Maps

14 Lindner‘s Hihogge
Fahrrad-Picknick zum Vorbestellen
(inkl. Fahrradtaschen und Geschirr hat der Fotograf Timo Heiny gemein-
möglich) und Abholen bei: sam mit seinem Partner Bernd Louis 20 Bischoff Mühle
Postgrabenstr. 52- 54, 76756 Bellheim, eine einzigartige Welt geschaffen: eine Mühle, Backkurse, Mühlenladen,
Tel 0156. 783 928 82, ethnologische und fotografische Samm- Dinkel-, Weizen, Roggen, Roggenvoll-
lindner-hotel.de/hihogge lung und eine Manufaktur mit regiona- kornmehle, Backschrote, Futtermittel.
len Produkten – eingebettet in eine exo- Mühlstr. 18, 76831 Billigheim-Ingenheim,
tische Parklandschaft. Tel 06349. 63 80,
ÜBERNACHTEN Hofgut Holzmühle, www.bischoff-muehle.de
67368 Westheim (Pfalz), www.mehlothek.de
15 »Zum Lamm« Tel 07274. 70 32 04,
Feine Küche, übernachten im Hotel. www.hofgut-holzmuehle.de 21 A. J. Schönung Agrarprodukte *
Hauptstr. 7, 76777 Neupotz, Bauernmarkt mit Marmeladen u.a. aus
Tel 07272. 28 09, 18 Hofmarkt Zapf eigener Herstellung, im Herbst/Winter
www.gasthof-lamm-neupotz.de Frischemarkt, Holzofenbäckerei, Café, Stollen und anderes Gebäck, Eier (eige-
Restaurant. ne Freilandhaltung), Gemüse und Obst
16 Gästehaus No. 31 im Rosengarten (SFU) Am Holderbühl 1, 76870 Kandel, von Bauern der Region.
Obere Hauptstr. 31, 76889 Kapel- Tel 07275. 988 77 10, Kandeler Str. 6,
len-Drusweiler, www.hofmarkt-zapf.de 76872 Erlenbach bei Kandel,
Tel 06343. 988 50 13, Tel 07275. 91 83 95
www.no31.de 19 Bioland-Hof Schossberghof *
Bioland-Anbau, solidarische Landwirt- 22 Hofgut Kuntz
schaft, Gemüse, Obst, Produkte aus ei- 50 verschiedene Eiernudeln aus eigener
HÖFE gener Herstellung und Hofladen. Produktion, Eierlikör, Hofladen.
Schossberghof 1, 76872 Minfeld, Alzheimer Weg 10,
17 Hofgut Holzmühle Westheim Tel 07275. 91 48 44, 76863 Herxheim b. Landau,
Mehlmanufaktur, Café, Gästezimmer, www.schossberghof.de Tel 07276. 14 59
Gärten. In einem alten Mühlenbetrieb hofgut-kuntz.de

Slow Food | 04/2021 27


GENUSSREISE

14 Lindner‘s Hihogge 20 Bischoff Mühle 26 Wilde Pfalz


Fahrrad-Picknick zum Vorbestellen Mühle, Backkurse, Mühlenladen, Wildfleisch und Wildprodukte
(inkl. Fahrradtaschen und Geschirr Dinkel-, Weizen, Roggen, Roggenvoll- von Mario Koch.
möglich) und Abholen bei: kornmehle, Backschrote, Futtermittel. Marktstr. 57, 76870 Kandel,
Postgrabenstr. 52- 54, 76756 Bellheim, Mühlstr. 18, 76831 Billigheim-Ingenheim, Tel 0175. 579 66 55,
Tel 0156. 783 928 82, Tel 06349. 63 80, wildepfalz.de
lindner-hotel.de/hihogge www.bischoff-muehle.de
www.mehlothek.de
MILCHPRODUKTE, KÄSE
21 A. J. Schönung Agrarprodukte *
ÜBERNACHTEN
Bauernmarkt mit Marmeladen u.a. aus 27 Die Meckerei
15 »Zum Lamm« eigener Herstellung, im Herbst/Winter Ziegenkäsemanufaktur
Feine Küche, übernachten im Hotel. Stollen und anderes Gebäck, Eier (eige- Kraftgasse 61,
Hauptstr. 7, 76777 Neupotz, ne Freilandhaltung), Gemüse und Obst 76927 Landau-Queichheim,
Tel 07272. 28 09, von Bauern der Region. Tel 0162. 943 33 11,
www.gasthof-lamm-neupotz.de Kandeler Str. 6, www.die-meckerei.de
76872 Erlenbach bei Kandel,
16 Gästehaus No. 31 im Rosengarten Tel 07275. 91 83 95
(SFU) BIER & BRAUEREIEN
Obere Hauptstr. 31, 76889 Kapel- 22 Hofgut Kuntz
len-Drusweiler, 50 verschiedene Eiernudeln aus eigener 28 Ottersheimer Bärenbräu *
Tel 06343. 988 50 13, Produktion, Eierlikör, Hofladen. Brauerei, Bräustüberl, Biergarten,
www.no31.de Alzheimer Weg 10, Bier zum Mitnehmen.
76863 Herxheim b. Landau, Waldstr. 35a,
Tel 07276. 14 59 76879 Ottersheim bei Landau,
HÖFE hofgut-kuntz.de Tel 06348. 75 95,
www.ottersheimer-baerenbraeu.de
17 Hofgut Holzmühle Westheim
FLEISCH
Mehlmanufaktur, Café, Gästezimmer, 29 Göcklinger Hausbräu
Gärten. In einem alten Mühlenbetrieb 23 Metzgerei Scherer * Hausbrauerei mit sehr schönem
hat der Fotograf Timo Heiny gemein- Fleisch von Tieren aus der Region, Lamm Innenhof und Gaststätte.
sam mit seinem Partner Bernd Louis aus eigener Zucht, Dry-aged Fleisch. Münsterweg 2, 76831 Göcklingen,
eine einzigartige Welt geschaffen: eine Luitpoldstr. 76, 76770 Hatzenbühl, Tel 06349. 53 35,
ethnologische und fotografische Samm- Tel 07275. 34 57, www.goecklingerhausbraeu.de
lung und eine Manufaktur mit regiona- www.metzgerei-partyservice-
len Produkten – eingebettet in eine exo- scherer.de
tische Parklandschaft.
WEIN & SEKT, SPIRITUOSEN
Hofgut Holzmühle, 24 Weisbrods Hausmacher *
67368 Westheim (Pfalz), Gutes Fleisch von der Schwäbisch-Hälli- 30 Wein- und Sektgut Rosenhof
Tel 07274. 70 32 04, schen Erzeugergemeinschaft, Gerichte Rosenhof 6, 76872 Steinweiler,
www.hofgut-holzmuehle.de aus eigener Herstellung im Glas. Tel 06349. 81 25,
Meerweibchenstr. 4, 76829 Landau, www.rosenhof-steinweiler.de
18 Hofmarkt Zapf Tel 06341. 866 65,
Frischemarkt, Holzofenbäckerei, Café, www.hausmacher.com 31 Wein- und Sektgut Wilhelmshof
Restaurant. Queichstr. 1, 76833 Siebeldingen,
Am Holderbühl 1, 76870 Kandel, 25 Hofmetzgerei Kerth Tel 06345. 91 91 47,
Tel 07275. 988 77 10, Die Tiere werden mit eigenem Futter www.wilhelmshof.de
www.hofmarkt-zapf.de bis zur Schlachtung aufgezogen und
verbringen ihre Zeit überwiegend auf 32 Weingut Jean Rapp (SFU)
19 Bioland-Hof Schossberghof * der Weide. Spezialität aus der eigenen Ecovin Bioweingut und Straußwirtschaft.
Bioland-Anbau, solidarische Landwirt- Küche: Fläschknepp (Pfälzer Fleisch- Obere Hauptstr. 4,
schaft, Gemüse, Obst, Produkte aus ei- knöpfe). 76889 Kapellen-Drusweiler,
gener Herstellung und Hofladen. In den Rötzwiesen, Tel. 06343. 93 97 77,
Schossberghof 1, 76872 Minfeld, 76870 Kandel-Minderslachen, www.jean-rapp.de
Tel 07275. 91 48 44, Tel 07275. 613 88,
www.schossberghof.de www.kerth-kandel.de 33 Biolandweingut
Martin Manderschied (SFU)
28 Slow Food | 04/2021
SÜDPFALZ

MUSEEN
Bioland-Weingut und langjähriger Tel 06341. 30 12,
Unterstützer von Slow Food Pfalz. stentz.de 39 Terra-Sigillata-Museum *
Dorfstr. 4, 76889 Kapellen-Drusweiler, MÄRKTE Ausstellung archäologischer Funde aus
Tel. 06343. 25 79, dem wohl bedeutendsten Töpfereibe-
www.weingut-manderschied.de 37 Wochenmarkt Landau * trieb der Römerzeit in Deutschland, vor-
wiegend feinkeramisches Tischgeschirr,
34 Weingut Jürgen Leiner (SFU) Rathausplatz, 76829 Landau in der Pfalz, sog. »Terra Sigillata«, das in den Nord-
Innovatives Bioweingut mit in Pandemie-Zeiten auf dem Alten Meß- westprovinzen des römischen Reichs
Demeter-Zertifizierung. platz. Di und Sa 7-14 Uhr, hohen Absatz fand.
Arzheimer Str. 14, 76831 Ilbesheim, www.suedlicheweinstrasse.de/ Hauptstr. 33, 76764 Rheinzabern,
Tel 06341. 306 21, regionale-produkte/wochenmarkt- Tel. 07272. 95 58 93,
weingut-leiner.de in-landau-in-der-pfalz www.terra-sigillata-museum.de

35 Weingut Fritz Walter (SFU) + 40 Lusoria Rhenana


Mit Weinrestaurant und Übernachtungs- KERAMIK-PRODUZENT Das Römerschiff am Rhein; verschiedene
möglichkeit. Themenfahrten.
Landauer Str. 82, 76889 Niederhorbach, 38 Schnorr Keramik Liegeplatz am Setzfeldsee,
Tel 06343. 93 65 50, Hersteller von »Terra Sigillata« nach 76777 Neupotz,
www.fritz-walter.de römischem Vorbild. www.lusoriarhenana.de
Neupotzer Str. 5, 76764 Rheinzabern,
36 Weingut Jürgen und Astrid Stentz Tel 07272. 972 22 22, 41 Haus Leben am Strom
Nächste Picknicktermine: 28.08. und schnorr-keramik.com Auf Schautafeln, interaktiven Bildschir-
04.09.21. men sowie an Hörstationen erhalten
Mörzheimer Hauptstr. 47, Besucher lebendige Eindrücke über den
76829 Landau-Mörzheim, Kampf der Menschen gegen das Hoch-
wasser früher und heute. Einmalig in

DIE NEUE REIHE

LITERATUR AUS
AFRIKA | ASIEN | LATEINAMERIKA | ARABISCHE WELT

Der Globus geht auf Sendung:


Ab sofort lässt die Reihe
Büchergilde Weltempfänger Literatur
aus Asien, Afrika, Lateinamerika und der
arabischen Welt entdecken – ganz analog.
Ausgewählt von der
Büchergilde Gutenberg und Litprom e. V.

BAND 1 BAND 2
Aus dem argentinischen Spanisch von Aus dem Japanischen von
Klaus Laabs und Christian Hansen, Sabine Mangold, Flexcover,
Flexcover, Kopffarbschnitt, 304 Seiten Kopffarbschnitt, 352 Seiten
buechergilde.de/weltempfaenger € 22,– | NR 172631 € 22,– | NR 172828 Slow Food | 04/2021 29
UNTERWEGS

Heinzelmanns Winzerporträt

Scharlachberg – aber biodyna


Nicht vom gleichnamigen Weinbrand ist hier die
Qualität als Bedingung
Rede, sondern von Riesling und dem rheinhessi- Dabei hatte er die Winzerlehre nur in Ermangelung von Besse-
schen Winzer Erik Riffel, der ihn produziert. Spit- rem angefangen; eigentlich hatte ihn Elektronik viel mehr inter-
essiert, die tatsächliche Arbeit auf diesem Gebiet nach einem Prak-
zenriesling, wie er besser kaum sein könnte, fin- tikum jedoch orientierungslos werden lassen. Der Vater brachte
det Ursula Heinzelmann. »den Bub« daraufhin bei einem winzernden Nachbarn unter. Was
sich als Glücksfall herausstellen sollte, weil dort nach Feierabend
Theorie gepaukt wurde und der Ehrgeiz geweckt. Hochmotiviert
stieg er 1990 zu Hause ein – unter der Bedingung, die bis dahin
gemischte Landwirtschaft und Fassweinerzeugung ganz auf Qua-

D a stand ich kleiner Azubi aus einem klitzekleinen Weingut


in einer Büdesheimer Hintergass und staunte die großen
Châteaux an, mit ihren weißgekiesten kilometerlangen Alleen –
litätsweinbau umzustellen.
Das war in Büdesheim, einem Vorort von Bingen, zu diesem
Zeitpunkt alles andere als selbstverständlich, denn der Ruf des
und dachte: Winzer sein ist ja richtig cool, da geben wir doch mal Binger Hausbergs war damals vor allem vom gleichnamigen Wein-
richtig Gas!« Das war im denkwürdigen Jahr 1989. Erik Riffel, 17jäh- brand geprägt. Was im Rückblick kaum vorstellbar ist, denn der
rig, hatte in einem Berufswettkampf als bester Winzerlehrling Scharlachberg gehört zu den imposantesten Weinbergen Rhein-
Rheinhessens abgeschlossen und ein dreimonatiges Stipendium hessens. Er stellt sich als Herzstück des Rochusbergs wehrhaft wie
in Südwestfrankreich gewonnen. ein mächtiger Riegel in den Weg, wenn man von Gensingen dem
Er probierte, was das Zeug hielt, und wenn er davon heute Lauf der Nahe nach Norden zu ihrer Mündung in den Rhein folgt.
erzählt, wird ganz deutlich, dass dieses Staunen vor den großen Von seiner nördlichen Seite oberhalb der Stadt bietet sich ein
Schlössern der Ursprung seiner Motivation ist, aus der Büdeshei- großartiger Blick auf die Rüdesheimer Lagen gegenüber am ande-
Fotos: Weingut Riffel

mer Hintergass seinen Weg in die große weite Weinwelt zu fin- ren Rheinufer, zu denen der von Quarzit geprägte Rochusberg
den. Was ihm zusammen mit seiner Frau Carolin mehr als gelun- geologisch eigentlich gehört. Großbürgerliche Villen zeugen
gen ist: In ihrem neuen, 2007 eingeweihten Weingut mit dem zusammen mit den ausgedehnten Gebäuden der zahlreichen
markanten Turm, lässt sich seit einigen Jahren das Ausnahme-Ter- Großkellereien von seiner einstigen Größe. Seit der Flurbereini-
roir des Binger Rochusbergs in all seiner Vielfalt im Glas erleben. gung Ende der 1960er ist der imposant steile Scharlachkopf­

30 Slow Food | 04/2021


UNTERWEGS

Tomaten-Brot-Salat
mit COMTÉ

misch
an der westlichen Flanke oberhalb der historischen Nahe-Brü-
cke rebfreie Ökozone, die Trockenmauern der vielen schma-
Ob am Stück, als Käse- COMTÉ und Rucola? Viele
len Weinbergsterrassen nur noch museale Überreste alter,
würfel, geraspelt, gerieben weitere Rezepte, die die
gewachsener Weinkultur. Der Rest des Berges litt damals
oder überbacken: Es gibt Aromenvielfalt des erle-
unter c­hronischer Vernachlässigung. Vater Riffel bewirtschaf-
unzählige Möglichkeiten, senen Bergkäses hervor-
tete 1 200 Quadratmeter im Scharlachberg, und das 600 Liter
den COMTÉ zu genießen. bringen, enthält auch das
fassende Halbstückfaß, erzählt Erik Riffel, war grundsätzlich
Tolle Rezeptideen finden COMTÉ-Kochbuch – von
»der beste Wein im Keller, immer«. Ihm war klar: Der Schar-
sich unter Fingerfood und Kleinig-
lachberg war sein Leitstern, davon wollte er mehr, und der
www.comte.de/rezepte. keiten über Suppen und
Kommentar seines Vaters, »den haben nur die Großen«,
Wie wäre es zum Beispiel Salate bis hin zu speziellen
scherte ihn nicht besonders.
mit Käsehäppchen mit Anregungen zum Kochen
Birnensalsa, Käse-Wein- und (Über)-Backen.
Preise und Medaillen
Suppe mit Roter Beete Neben den Rezepten
Während der folgenden zehn Jahre machte er die unter den
oder Flammkuchen mit finden sich in dem hand-
Umständen bestmöglichen Weine, Ehrenpreise und Medail-
lichen Kochbuch wertvolle
len häuften sich. Und er lernte Carolin kennen, beinahe eine
Informationen über die
Nachbarin, die jedoch inzwischen als Diplom-Informatikerin
Herkunft, Herstellung,
in München arbeitete und nun ihren Weg zurück nach Büdes-
Reifung und Lagerung
heim fand.
des Premium-Hartkäses.
Dann kam der verregnete Jahrgang 2000. Die Essigfäule
Weitere Infos: www.comte.
wütete in den Weinbergen, die Trauben waren »vergammel-
de/rezepte/kochbuch.
ter, übelriechender Matsch«. Erik Riffel zog alle konventio-
Gutes Gelingen
nellen Register, machte auch daraus Goldmedaillengewinner
und „Bon appétit!“
– und beschloss gleichzeitig, von nun an endlich richtig gute
Weine mit Charakter zu machen statt solcher Blender, mit
Handlese und Spontangärung zu arbeiten statt mit Vollern-
ter, Reinzuchthefen und scharfer Vorklärung wie für die
www.comte.de
www.comte.de/facebook
www.instagram.com/comte_kaese
Slow Food | 04/2021 31
UNTERWEGS

»Goldmedaillenproduktion«. Das war beileibe kein einfacher Geisenheim zum Vergleich von konventioneller, biologisch-orga-
Schritt. Doch der Ehrgeiz trieb ihn an, ließ ihn immer wieder fra- nischer und biodynamischer Bewirtschaftung tat ein Übriges: Die
gen: Wie geht das? Geht das besser? Wie geht das besser? Das Weine aus letzterer Gruppe landeten sämtlich auf Platz Eins, und
Gasgeben war und ist ein ständiges Vorantasten. seitdem werden die Riffelschen Weinberge mit Kamillen- und
Zugleich platzte der kleine Betrieb aus allen Nähten, Fässer Schafgarbentee, Hornmist- und Hornkieselpräparaten behandelt.
und Tanks waren an acht Standorten über das ganze Dorf verteilt, Wiederum war die Umstellung keine einfache, erst 2015 wie-
und Carolin hatte nun ihren Platz neben Erik gefunden. Der der ein rundum gelungener Jahrgang, doch jetzt sagt Erik: »2020
nächste Schritt lag auf der Hand und war wiederum mutig: Drei haben wir zu 90 Prozent handgelesen und hatten wunderbar
Jahre lang planten die beiden ihr neues, heutiges Weingut, wäh- gesunde Trauben – dann ist es so einfach, gute Weine zu machen!«
rend sie außerdem heirateten, mit zwei Töchtern für Nachwuchs Immer mehr Stückfässer finden ihren Platz in dem lange von Edel-
sorgten und ihre Rebfläche von zwei auf gut acht Hektar ausdehn- stahl dominierten Keller, die Weine vergären mit vollem Trub und
ten – unter anderem mit einer Silvaner-Parzelle im Scharlachberg. spontan, liegen bis in den Sommer auf der Vollhefe und brauchen
2005 rollte der erste Bagger an, im Sommer 2007, die Töchter drei immer weniger Schwefel. Im Weinberg werden die Reben für
und zwei Jahre jung, wurde mit einem großen Hoffest die Einwei- Lagen- und Reserve-Weine nicht mehr beschnitten, sondern die
hung des neuen Anwesens gefeiert, das von einem an Bordeaux Triebe stattdessen aufwendig um den oberen Draht gewickelt,
erinnernden Turm dominiert wird: »Der Blick auf den Scharlach- sodass weniger Wuchskraft in die Trauben geht, diese kleiner und
berg, unseren Grand Cru, vom Weingut aus, das war wichtig!« lockerer ausfallen.
Einige Jahre fungierte der bis dahin als »Quarzit« bezeichnete tro-
ckene Spitzen-Riesling als »Turm«, seit dem Jahrgang 2010 heißt Drei trockene Spitzen
der Wein ganz einfach Scharlachberg. Und immer weiter fragen sich die Beiden: Geht das noch besser?
Wie geht das noch besser? Fahren ins Burgund, um sich für Char-
Noch besser mit bio donnay und Pinot Noir bei den Besten zu orientieren, besuchen
Dann stellte sich wiederum die Frage nach noch mehr Qualität, Fassbinder, um auch da genau das Passende zu finden. Verkosten
noch besseren Weinen. Wer da draußen in der großen weiten großangelegt Rosé der Spitzenklasse und tasten sich auch hier
Weinwelt war richtig gut – und warum? Mit auffallender Häufig- weiter. Erkunden erfolgreich PetNat und Orangewein, bauen die
keit stießen sie dabei auf ökologisch wirtschaftende Betriebe wie kleine Kollektion an Sekten aus und erweitern das Angebot um
etwa Weinbach und Zind-Humbrecht im Elsass. Ihnen wurde klar: einen alkoholfreien Wein.
Wir müssen Biobetrieb werden. Erik besuchte Seminare, las sich Und werden immer stärker beim Riesling, der auf 60 Prozent
in die Materie ein, diskutierte mit Kollegen. Ausgerechnet 2009, der heute gut 18 Hektar wächst. Längst gibt es drei trockene Spit-
in einem Jahr mit schweren Gewitterschäden und dementspre- zen: Vom östlichen Ende des Rochusberg der nach Osten gewen-
chender Traubeneinbuße aufgrund von Peronospora begannen dete Kirchberg, dessen rötliche Quarzitböden zusammen mit der
sie intern umzustellen. Ein Drittel der Ernte ging verloren, »es kühleren Luft vom Rhein für vibrierende, nervige Weine sorgen.
war dramatisch – aber der Rest der Trauben war großartig«. Erst- Aus seiner oberen Mitte der ganz und gar unterschiedliche Oster-
mals verlief die Spontangärung ohne Stocken: »Es war der rich- berg, ein altes Flussbett der Nahe, dessen Boden von Tonmergel,
tige Weg.« 2012 wurde das Weingut durch Ecovin biozertifiziert. Muschelkalk und Kieseln geprägt ist, von vielen kleinen Quellen
Die Weine veränderten sich weder über Nacht noch auf radi- gut mit Feuchtigkeit versorgt wird, kräftig und würzig schmeckt.
kale Weise, sondern wuchsen mit Erik und Carolin, die sich immer Und selbstverständlich, souverän, der Scharlachberg, der heute
weiter an den Charakter »ihres« Scharlachbergs heranarbeiteten. aus dem bereits im 13. Jahrhundert dokumentierten Filetstück
Der Schritt von bio zu biodynamisch war beinahe unausweich- Katharinenzins kommt und die tonigen, gelben Quarzitböden
lich. In den Fortbildungsseminaren des Ecovin-Verbands ging es durch rauchige, warme gelbe Frucht zum Ausdruck bringt. Doch
immer auch um die auf den anthroposophischen Grundsätzen im steinig-mineralischen Silvaner Quarzit meldet er sich genauso
von Rudolf Steiner basierenden Bewirtschaftungsmethoden; und zu Wort wie in der dichten Riesling Auslese – und seit wenigen
schließlich vertiefte sich Erik in Steiners Landwirtschaftlichen Jahren auch in dem spannungsgeladenen Spiel eines klassisch
Kurs. Las ihn einmal, zweimal, dreimal – und winkte ab: »Das feinherben Riesling Kabinett – geht das noch besser? ●
funktioniert nicht.«

Hornkiesel und Kamille


Zum Glück, sagt er im Rückblick, gab es andere, verständlichere Weingut Riffel
Bücher zum Thema, und schließlich fand er seinen Zugang: »Du Mühlweg 14a, 55411 Bingen-Büdesheim,
musst dich da hineinleben. Ich habe zwar nicht verstanden, was Tel 06721. 99 46 90,
er wollte, aber ich habe verstanden, dass es extrem gut funktio- ➽ www.weingut-riffel.de
niert.« Eine Blindprobe mit Weinen aus einem Versuch der Uni

32 Slow Food | 04/2021


UNTERWEGS

Zwischen Rügen und Zingst

Die letzten Ostseefischer

Der traurigen Tatsache, dass die handwerkliche Fischerei fast am Aussterben ist,
widmet sich nicht nur eine Fotoausstellung in Zingst. Auch die Fischkommission
von Slow Food hatte im Juni zu einer Veranstaltung im Norden eingeladen,
um zusammen mit Politikern der Region nach Lösungen zur Verhinderung des
Dramas zu suchen. Hoffnung gibt es jetzt schon mit der Initiative »Hiddenseer
Kutterfisch«. Von Udo Tremmel.

A
m Strand des Ostseebades Zingst können mal bereit sind, vor eine Kamera zu treten. Die nied- Ausstellung »Die Letz-
Urlaubsgäste derzeit eine eindrucksvolle rige Fangquote für die »Brotfische« Hering und Dorsch ten ihrer Zunft« mit Fo-
Fotoausstellung bewundern: Dutzende sei das größte Problem der Fischer, erläutert Thürke tos von Franz Bischof
meterhoher Porträts von Fischern in Arbeitskleidung. Die erlaubten Fangmengen für Hering und Dorsch und Jan Kuchenbecker
Die Porträtierten, letztes Jahr abgelichtet, wirken in der westlichen Ostsee sind auf einem historischen
inmitten des sommerlichen Urlaubstrubels wie aus Tiefststand angelangt, nahe Null. Die jährlichen Fang-
einer fernen Zeit. quoten werden von den EU-Ländern festgelegt, mal
Die küstennahe »kleine« Ostseefischerei steht in mehr, mal weniger dem Rat der Wissenschaft folgend.
Deutschland unter Druck, die Zahl der Fischer und Die EU und die Länder haben erst jüngst die Abwrack-
Fischerinnen – ja, die gibt es auch – geht kontinuier- prämien für Fischereifahrzeuge noch einmal erhöht,
lich zurück. Das ist in Schleswig-Holstein nicht viel um mehr Fischer zum Aufhören zu bewegen.
anders als in Mecklenburg-Vorpommern. Heute wer- Auf die Wissenschaft sind die Fischer nicht gut zu
den an der deutschen Ostsee 417 Berufsfischer gezählt, sprechen, wie auch Sven Thürke im Gespräch
Anfang der 1990er-Jahre waren es mehr als 1 300. freimütig zum Ausdruck bringt. Dennoch, die Emp-
Damit droht die jahrhundertealte Fischerei- und Küs- fehlungen der Forschung sind eindeutig und wohlbe-
tenkultur gänzlich zu verschwinden. gründet. Neben einer jahrzehntelangen starken
Befischung und komplexen ökologischen Prozessen
Foto: Anke Großklaß

Niedrige Fangquoten spielt inzwischen die Klimakrise eine Schlüsselrolle,


Unterwegs auf Rügen und Hiddensee trafen Mitglie- zumindest beim Rückgang des Herings. Dessen
der der Slow Food Fischkommission anlässlich des Bestände sind infolge der immer wärmeren Ostsee
»Tages der Meere« am 8. Juni Sven Thürke im Hafen gefährdet. Die Fischer bestehen darauf, die Zusam-
von Vitte. Er ist einer der wenigen Fischer, die auch menhänge anders zu deuten.

Slow Food | 04/2021 33


UNTERWEGS

Gefrustet von Freizeitanglern fangfrischen Naturprodukt umgehen können. Vor die-


Da bereits seit Jahrzehnten die erzielten Preise für Ost- sem Hintergrund erstaunt es nicht, dass die Kultur der
seefisch notorisch zu niedrig sind, wissen die Fische- Direktvermarktung anders als in Schleswig-Holstein
reibetriebe sich nicht anders zu helfen, als auf Menge an der Küste Mecklenburg-Vorpommerns kaum ent-
zu fischen – komme, was wolle. Wurde das Gros der wickelt ist.
Fänge früher nach Dänemark verkauft, geht es heute
in die nach Osteuropa abgewanderten großen Hiddenseer Kutterfisch
Fischwerke. Hier kommt die Initiative »Hiddenseer Kutterfisch«
Die Fischer frustriert zusätzlich, dass die Politik ins Spiel. Ihr Initiator Mathias Schilling bewohnt mit
dem gut organisierten Freizeitangler-Tourismus in seiner Familie die Insel Öhe und betreibt Rinderhal-
Mecklenburg-Vorpommern ähnlich hohe Fischmen- tung. Eine Zeitlang hat er sein Öhe-Biofleisch erfolg-
gen zubilligt wie der Berufsfischerei. Freizeitangler reich im rund 300 Fahrtkilometer entfernten Berlin
brächten eben mehr Geld ins Land, heißt es. Kürzlich verkauft. Mit fangfrischem Seefisch klappte das nicht:
eskalierte der Streit, der Minister musste schlichten. »Mit dem Fischwagen in Berlin und nur einer einzigen
In Mecklenburg-Vorpommern bewegt sich die Sorte Fisch in der Auslage, weil am Vortag nichts ande-
handwerkliche Fischerei zudem im Umfeld einer von res im Netz der Fischer war, das haben die wenigsten
saisonabhängigem Massentourismus geprägten Gas- Kunden verstanden.« Heute schmunzelt er darüber.
tronomie, die dem Thema Nachhaltigkeit keinen hohen Irgendwann entschloss sich Schilling, die gesamte
Stellenwert einräumt. Aus der Tradition der DDR her- Wertschöpfung in die Hand zu nehmen und eine
aus galt lange, dass Urlaub preisgünstig zu sein habe, eigene, qualitätsorientierte Gastronomie zu schaffen
was Unterkünfte und Verpflegung angeht. Damit hat – mit dem Fleisch seiner Rinder und dem heimischen
das Bundesland nach der Wende durchaus Erfolg Fisch. Gut ein halbes Dutzend Restaurants und
gehabt. Jetzt gelangt das Tourismusmodell spürbar an Geschäfte hat der engagierte Enddreißiger nach und
seine Grenzen, die kritischen Stimmen werden lauter. nach in der Region aufgebaut. Erst jüngst ist die tra-
ditionsreiche Stralsunder Fischhandlung »Rasmus«
Anonymer Fisch auf den Tellern dazugekommen, bekannt für ihren Bismarck-Hering.
Für den interessierten Esser ist es heute praktisch Die hier verarbeiteten Heringe gehen in die lokale Gas-
kaum nachvollziehbar, woher der Fisch in der Gastro- tronomie und werden in schmucken Holzkisten in alle
nomie des Bundeslandes kommt. Im unteren einstel- Welt verschickt.
ligen Bereich soll der Fisch aus der Ostsee stammen, Angesicht der niedrigen Erträge entwickelten die
hört man. Den meisten Gästen ist das völlig egal, Hiddenseer Fischer mit Schilling eine Vision: Fisch-
Hauptsache irgendwas mit Fisch. Das darf dann auch konserven, geschmacklich hochwertig, transparent,
Pangasius sein! Fragen nach der Herkunft sind ungern regional verwurzelt und zu einem fairen Preis. Die Ini-
gesehen, es herrscht die »Omertà«, eine Art Schwei- tiative »Hiddenseer Kutterfisch« war geboren.
gegelübde. Kaum jemand vor Ort glaubte an die Idee, den
Sicher gibt es auch die guten Beispiele. Die Gastro- Hering hochpreisig zu vermarkten. Heute stehen die
nomie der Störtebeker-Brauerei in Stralsund bietet Fischdosen im künstlerisch gestalteten Kartonschu-
ihren durchaus angemessen bepreisten Tagesfang nur ber in den führenden Feinkostläden von Hamburg bis
dann an, wenn der Fischer liefert. Mitunter finden sich München, gefüllt mit heimischem Fisch nach eigens
unscheinbare Lokale mit Plastikstühlen, die Fisch aus entwickelten Rezepten. »Hiddenseer Kutterfisch« ist
eigener Strandfischerei oder vom Fischer um die Ecke drauf und dran, eine Kultmarke zu werden.
anbieten.
In Mecklenburg-Vorpommern haben Politik und Zukunft der handwerklichen Fischerei?
Verbände es über Jahrzehnte nicht vermocht, durch Was es braucht, um die handwerkliche Fischerei zu
Marketingmaßnahmen, etwa Herkunfts- und Quali- erhalten, war auch Thema einer Veranstaltung, zu der
tätszeichen, den heimischen Seefisch mehr Wertschät- Slow Food Deutschland in Schillings Gasthof am Hafen
zung zu verschaffen und eine regionale Marke zu ent- von Schaprode auf Rügen einlud. Die Frage traf offen-
wickeln. Die kleine Küstenfischerei wurde aufgegeben. sichtlich einen Nerv, der NDR hatte sich angekündigt,
Generell tun sich jedoch auch die Fischer mit der auch die Politik war da. Für Slow Food Deutschland
Eigenvermarktung schwer. Sie verstünden sich nicht war es eine Gelegenheit, die eigene Position mit loka-
als Fischverkäufer, wird den Slow-Food-Besuchern len Akteuren zu teilen: »Wir setzen uns für eine Stär-
bedeutet. Zugleich haben sie die Erfahrung machen kung der handwerklichen Fischerei ein, um die regio-
müssen, dass die wenigsten Küchenchefs mit einem naltypische Fischerei zu erhalten und die biokulturelle

34 Slow Food | 04/2021


UNTERWEGS

Vielfalt der Region zu bewahren und teils erst einmal polnischen Nachbarn hätten die Deutschen es verlernt,
wieder bekannt zu machen«, erklärte Nina Wolff, Vor- mit grätenreichen Fischen in der Küche oder auf dem
sitzende des Vereins. »Wir wollen die Diversität von Teller umzugehen. Hier brauche es öffentliche Nach-
Fisch und Meeresfrüchten auf dem Teller auch für hilfe, Informationskampagnen und Weiterbildung für
künftige Generationen sichern und für einen meeres- die Gastronomie.
gesunden Fischgenuss begeistern.« Mathias Schilling ist diesen Sommer bereits auf
Die Gäste durften den hier angelandeten Fisch eine neue Idee gekommen: Er serviert seinen Gästen
frisch zubereitet genießen, Hornhecht und Ostsee-Ma- kleine Ostsee-Sprotten, um die sonst nicht viel Aufhe-
krele. Die Reden und Gespräche an der langen Tafel bens gemacht wird. Meist kommen Sprotten lieblos
gingen hin und her, die Sache war ernst. geräuchert daher. Im »Hafenkater« auf Hiddensee wer-
»Wir müssen aufpassen, dass die Fischer und ihr den sie ohne Kopf leicht mehliert, fein gewürzt und
Handwerk nicht immer mehr zur Folklore werden, knusprig ausgebacken. Ein Hingucker auf dem Tisch
wenn sie nur noch im Hafen Netze flicken, um als und ein schöner sommerlicher Snack, ideal zu Sonne,
Anschauungsobjekte für Touristen zu dienen«, warnte Strand und einem kühlen Bier oder Weißwein.
Heiko Miraß, Politiker auf der Insel Rügen, beruflich Bestimmt lässt sich mit der Sprotte noch viel mehr
als Staatssekretär im Schweriner Finanzministerium machen. ●
tätig.
Auch wenn abschließende Antworten an diesem
Abend rar waren, einige Hinweise gab es doch: Die
Zukunft liege weniger im Frischfisch, sondern in der
Verarbeitung des vorhandenen Fischs zu Produkten, Hiddenseer Kutterfisch GmbH
nachhaltig und hochwertig. Da seien jetzt die Jungen Insel Öhe 2, 18569 Schaprode,
gefordert, neue Ideen zur Verkaufsreife zu bringen. Tel 038309. 70 85 99,
Die Politik könne gezielt fördern, auch im Landesmar- www.hiddenseer-kutterfisch.de
keting mehr tun für die heimischen Produkte in hand-
werklicher Qualität. Fischhandel und Räucherei Rasmus
Erste Anfänge einer neuen Kultur hochwertiger Heilgeiststr. 10, 18439 Stralsund,
Fischfeinkost an der Ostsee gibt es bereits hie und da Tel 03831. 28 15 38,
– Nachwuchsfischer, die sich mit dem Lebensmittel- www.fischhandel-rasmus.de
handwerk in der Stadt zusammentun.
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Appetit auf Weißfisch machen ➽ www.zingst.de/veranstaltungen/
Und warum nicht vermehrt jene »weißen« Fischarten die-letzten-ihrer-zunft
fangen, die in der Ostsee und den Boddengewässern
in großer Vielfalt vorhanden sind und nur wenig
befischt werden? Die Fischer wären dazu bereit, nur
werde dieser Fisch kaum nachgefragt. Anders als die

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Slow Food | 04/2021 35
UNTERWEGS

Von Hamburg bis Stuttgart

Aus der Küche die


Welt verändern
Am 18. Juni, dem Internationalen Tag der Nachhaltigen Gastronomie, machte Slow Food auf
die Bedeutung der Köche für eine faire und saubere Lebensmittelwelt aufmerksam. Tatsächlich
stehen die Chancen für ganzheitliche Gastronomie nach dem Corona-Lockdown gut – wenn
Verbraucher und Politik jetzt weiter mitziehen. Sven Prange hat sich umgehört.

auch, wie wichtig der Beitrag einer nachhal-


tig arbeitenden Gastronomie für die Wende
in der Ernährungspolitik ist.
Seit einigen Jahren boomen in Deutsch-
land Herstellung und Verzehr von Ziegenkäse.
Nur: Auf jedes milchgebende Zicklein kommt
auch ein kleiner Bock. 10 000 kleine Ziegen
werden so in Deutschland Jahr für Jahr gebo-
ren, die keine Milch für Käse geben. Aber einen
wirklichen Markt für Zickleinfleisch gibt es
nicht. Deswegen war es Sebastian Junge an
diesem Aktionstag wichtig, in seinem Ham-
burger Fine-Dining-Restaurant »Wolfs Junge«
die Ziege auf die Speisekarte zu schreiben. Die
Idee dahinter: Wenn seine Gäste hier auf den
Geschmack kommen, kaufen sie vielleicht
auch privat mehr Ziegenfleisch. Und es käme
eine Nachfrage in Gange, die nicht Tausende
Zicklein-Böcke Jahr für Jahr in der Landwirt-
schaft quasi »nutzlos« macht.
Es ist genau die Hebelwirkung einer gut,
sauber und fair arbeitenden Gastronomie für
eine bessere Ernährungswelt auf die Slow
Food Deutschland mit dem Tag der Nachhal-
tigen Gastronomie aufmerksam machen
Ziegenherz sous vide gegart mit Pastinakenstaub und rohem Spargel – zuberei- wollte. »Die Gastronomie hat eine Schlüssel-
tet in der Nähe von Berlin. funktion, indem sie zeigt, wie ganzheitliche
Werte auf dem Teller umgesetzt werden können«,

D
ie Ziege also. Sie hatte Slow Food Deutschland als Sym- so Nina Wolff, Vorsitzende von Slow Food Deutschland. Tatsäch-
bol ausgewählt, um am Internationalen Tag der Nach- lich sind die Küchenchefs Multiplikatoren zwischen Erzeugung,
Fotos: Barbara Stadler, Ben Perry

haltigen Gastronomie Mitte Juni die Kraft für die Umset- Verarbeitung und Gast. Dieses Engagement habe Vorbildcharak-
zung der Ernährungswende zu zeigen, die in vielen Profiküchen ter und verdiene Wertschätzung, sagt auch Jens Witt, Leiter der
schlummert. Auch wenn allen klar ist: Eine zukunftssichere Ernäh- deutschen Chef Alliance: »Wenn diese ›Netzwerkgastronomie‹
rung wird uns nur gelingen, wenn wir unseren Fleischkonsum weiter wächst, sich ihr immer mehr Köche der Außerhausverpfle-
reduzieren. Dennoch eignet sich das Tier für so einen internati- gung anschließen, gewinnen wir an Strahlkraft und ermutigen
onalen Aktionstag. Denn die Ziege ist nicht nur ein nachhaltiger eine wachsende Anzahl an Menschen, ganzheitlich gesunde Ernäh-
Fleischlieferant, weil sie Landschaften pflegt und ihr Futter in kei- rung mit guten Grundnahrungsmitteln auch in den eigenen vier
ner Konkurrenz zur menschlichen Nahrung steht. Die Ziege zeigt Wänden umzusetzen.«

36 Slow Food | 04/2021


UNTERWEGS

Nicht nur die Ziege ganz denken


Für Sebastian Junge, der zu den Shooting-Stars unter den jungen,
nachhaltigen Köchen im Norden zählt, ist das genau die Aufgabe
für die Gastronomie der Zukunft. Sein super-regionales Restau-
rant-Angebot, komplett in Bioqualität, vereint Nachhaltigkeit und
Genuss. Er sagt: »Mit Freude am Handwerk kann man Menschen
begeistern. Zeigen, was es heißt, sich mit Produzenten auszutau-
schen, wie Lebensmittel aus der Region schmecken, was Hand-
werk leisten kann.«
Genau das ist ja auch das Hauptziel der Chef Alliance (CA), in
der sich nachhaltig arbeitende Köche wie auch Köchinnen unter
dem Dach von Slow Food Deutschland versammeln. Dass sich
immer mehr auf diesen Weg machen, spiegelt sich im stetig wach-
senden CA-Netzwerk sowie im Genussführer wider. Beides sind
wichtige Orientierungshilfen bei der Suche nach Gastronomen, CA-Köchin Inés Lauber bekam Unterstützung von Ben Perry
die nachhaltig wirksam sind. bei der Zubereitung ihres Ziegenmenüs.
Viele der Restaurants, die im Genussführer auftauchen, arbei-
ten genau nach den Prinzipien, die am Tag der Nachhaltigen einigen Monaten biozertifiziert. Sie arbeitet auch schon länger
Gastro­nomie betont werden. Da ist etwa die »Speisekammer am Ziegen-Thema. Für den regionalen Biolandhof »Die Käsma-
West« in Stuttgart. Dorit Münzer-Bock betreibt nicht nur enge cher« etwa ist das Genussführer-Restaurant ein wichtiger Abneh-
Beziehungen zu regionalen Landwirten und ihr Restaurant ist seit mer von Zickleinfleisch. »Wenn man als Biobetrieb arbeitet, kann
Slow Food-Misereor_210x140_3mm_Beschnitt.pdf 1 09.11.20 11:34

Man braucht viel, ganz viel Geduld, um


Bio-Kaffee anzubauen. Ihn von Hand zu
pflücken, zu verlesen. Und ganz sanft
11 Minuten zu rösten. Aber es lohnt
sich: feinste Arabicas, Espressi oder
Single Origins – unverschämt lecker
und in Demeter-Qualität.
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Slow Food | 04/2021
de
UNTERWEGS

»Flexibilität und Kreativität sind enorm wichtig«, sagt Lauber.


»Wer nicht um die Ecke denken kann und nicht wirklich hinter
der Idee steht, wird auch nicht weiterkommen.« Diesen Grund-
satz zeigte sie auch beim Tag der Nachhaltigen Gastronomie. Da
hat sie in ihr Studio in Beelitz-Heilstätten unweit von Berlin gela-
den, eine ehemalige Lungenheilstätte, die heute mit ihren mehr
als 50 Gebäuden denkmalgeschützt ist. Gemeinsam mit Ben Perry,
Küchenmeister und Betreiber einer Kochschule in Brandenburg,
entwickelte sie ein Ziegenmenü: Von der Milch über Herz, Wild-
Jens Witt (li.) und Sebastian Junge (re.) von der Slow kräutern und Blättern von Radieschen bis hin zu Rhabarber mit
FoodChef Alliance beim Tag der Nachhaltigen Gastronomie Ziegenjoghurt im Dessert.
im Hamburger »Hobenköök«.
Für Lauber bietet diese moderne und nachhaltige Inszenierung
von Gastronomie auch die Möglichkeit, Gastronomie und Land-
wirtschaft, Stadt und Land neu und zusammen zu denken.
man nicht nur die Rosinengeschäftsmodelle bearbeiten«, meint »Womöglich bleibt, dass man das Land stärker einbezieht«, sagt
Bauer Hartmut Binder. »Sie müssen sich dann schon auch um das sie mit Blick auf die Nach-Corona-Zeit, »in Berlin haben die Leute
Ganze kümmern und deswegen bemühen wir uns, das Zicklein- während Corona ja gemerkt: So weit ist das Umland gar nicht.«
fleisch zumindest kostendeckend zu verkaufen.» Und dabei hilft Der Einfluss der Städter wird sich bemerkbar machen. »Die Stan-
die Partnerschaft zu aufgeschlossenen Gastronomen wie der dard-Ausflugsgastronomie in Brandenburg wird sich sehr stark
»Speisekammer«. verändern. Hier entstehen viele Betriebe mit höherer Qualität, mit
handwerklicher Fertigung«, glaubt Lauber.
Was kommt nach Corona? Es wäre ein weiterer Beleg dafür, wie stark die Transformati-
Genau solche Restaurants hoffen nun auf einen Schub, wenn in onskraft der Gastronomie auch in andere Lebens- und Sozialbe-
der Nach-Corona-Zeit die Gastronomie wieder richtig startet. reiche strahlt. Dieser Ansatz eint viele der jungen, nachhaltigen
Tatsächlich haben die Deutschen während der Pandemie vermehrt Küchenchefs. Auch für Sebastian Junge geht Ganzheitlichkeit noch
zu biologisch produzierten und regionalen Lebensmitteln gegrif- über die eigentliche Küche hinaus. »Wir wollen ganzheitlich nach-
fen. Die Frage ist: Ziehen sie das mit Blick auf die Gastronomie haltig arbeiten, das geht bis dahin, wie sich ganze Abläufe nach-
nun durch? haltig gestalten lassen«, erklärt er.
Jochen Strehler, Chef-Alliance-Koch vom Kieler Catering-Anbie-
ter »Gildepark« glaubt, dass es genau diesen neuen Schwung geben Verbraucher und Politik gefordert
wird. »Es gibt nun die Chance, dass sich die Gastronomie nun in Nur mit guten Konzepten aber wird es nicht gehen. Junge mit Blick
die richtige Richtung bewegt«, sagt Strehler. Tatsächlich ist bei vie- auf die Gäste: »Wir brauchen auch ein Umdenken in Sachen Bezah-
len Gastronomen, die von jeher ganzheitlich arbeiten, auch mehr lung: Handwerkliche Arbeit kostet eben und das muss auch wert-
Mut zu spüren, das selbstbewusst zu vertreten, dafür die Konzepte geschätzt werden.« Jochen Strehler hofft: »Viele Kollegen hier
auch noch konsequenter als bisher abzustimmen. Jochen Strehler haben sich vorgenommen, nun auch die Preise zu nehmen, die sie
ist da ein gutes Beispiel. Als Veranstaltungs-Caterer hätten er und eigentlich schon lange hätten nehmen müssen.«
seine Frau eigentlich doppelt unter Corona leiden müssen. Statt- Und, auch das wird an diesem Aktionstag klar: Ohne politische
dessen haben sie ihren nachhaltig-regionalen Ansatz im Herbst Unterstützung führt das nicht zum Ziel. »Die Hilfen aus der Poli-
einfach in ein neues Konzept gegossen – und einen Außerhausver- tik reichen nicht, wir brauchen auch ein Zeichen«, so Jens Witt.
kauf gestartet. »Ab Herbst haben wir damit ernsthaft Vollgas gege- »Wertschätzung findet sicherlich auch über den Preis statt. Das
ben und es ist wirklich gut gelaufen«, sagt Stehler. wird interessant, wie die Politik sich in Sachen Gemeinschaftsver-
Wenn Strehler heute mit den guten, engagierten Kollegen pflegung positionieren wird.« Um nachhaltigen Gastronomen ihre
spricht, spürt er echte Aufbruchstimmung: »Alle haben gemerkt, wichtige Arbeit zu erleichtern, fordert Slow Food politische Unter-
dass sie sich noch mehr unterscheiden müssen vom ganz norma- stützung und Förderung. ●
len Betrieb«, sagt er. »Ich hoffe, dass wir unsere Branche da in
eine Ecke kriegen, in der sich mehr Leute heimisch fühlen.« ➽ www.wolfs-junge.de
➽ www.speisekammer-west.de
Aufbruchstimmung ➽ www.gildepark.de
Auch das Brandenburger Chef-Alliance-Mitglied Inés Lauber spürt ➽ www.ineslauber.com
Aufbruchstimmung: »Ich habe wahrgenommen, dass die Gastro-
nomie sich von sehr kreativer Seite gezeigt hat«, sagt sie mit Blick Tag der Nachhaltigen Gastronomie –
auf die Corona-Zeit. Viele hätten das Jahr genutzt, um sich hinzu- alle teilnehmenden CA-Köche und ihre Rezepte:
setzen und zu überlegen: Was wollen wir eigentlich machen? ➽ www.slowfood.de/tdng

38 Slow Food | 04/2021


SLOW FAST FOOD

SLOW
FAST
FOOD
Foto: Luka Lübke

Slow Food | 04/2021 39


AUS DER KÜCHE

Slow Food für Eilige

HAUSGEMACHT,
frisch & oft vegetarisch
Gesundes, nachhaltiges Fast Food – gibt es das überhaupt? Nach dem Blick auf
die Zutatenlisten von Burger & Co. hat Ingeborg Pils Ideen für schnelles Essen
gesammelt, das zu Slow Food passt.

Falafeln im Fladen- kühlten industriellen Fertigprodukten und dem weit-


brot schmecken gehenden Verzicht auf frische Lebensmittel. Ob Döner,
auch Fleischessern – Burger, Pizza, Hotdog oder Pommes – all diese nicht
wobei Kichererbsen- nur bei vielen jungen Konsumenten so beliebten
Bällchen aus indust- Schnellgerichte schmecken weltweit aufgrund der
rieller Produktion standardisierten Rezepte gleich, in vielen stecken
E-Zusatzstoffe ent- außerdem billiges Fleisch aus Massentierhaltung
halten, die Slow- sowie künstliche Zusatzstoffe und Geschmacksverstär-
foodies wiederum ker. »Gut, sauber und fair« – dieser Slow-Food-Philo-
nicht schmecken. sophie werden sie definitiv nicht gerecht.

Was ist drin? Oft zu viel!


Dass sich »slow« und »fast« beim Essen nicht zwangs-
läufig ausschließen, zeigen die in den letzten Jahren
aufgekommenen Schnellrestaurants und Imbissstände
der zweiten Generation, die »Fast-Good-Food« anbie-
ten: Burger, Bratwürste oder Döner mit Fleisch aus art-
gerechter Haltung und frischen Zutaten, die von loka-

F
ast Food, warmes Essen zum kleinen Preis und len Produzenten stammen. Erfreulich: Viele Kunden
raschen Verzehr, setzte sich in den vergange- sind bereit, für eine Currywurst in Demeter-Qualität
nen acht Jahrzehnten auf der ganzen Welt mit hausgemachter Sauce und einem Vollkornbrötchen
durch. Doch neu ist die Idee nicht. Schon in der Antike etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Denn immer mehr
gab es Imbisse, die hungrige Passanten quasi im Vor- Menschen erwarten auch in Schnell­restaurants gesün-
übergehen mit Bratfisch, gesüßtem Gerstenkuchen dere, ethisch einwandfreie und umweltverträgliche
und gefüllten Feigenblättern versorgten. Die ersten Nahrungsmittel.
Fotos: Stock Food / News Life Media, Hermannsdorfer

Vorläufer der heutigen Schnellrestaurants fanden Pflanzlich basierte Fleischersatzprodukte sind auch
Archäologen in Pompeji: Garküchen, in deren schmale beim Fast Food deutlich auf dem Vormarsch. Bestes
Theken Mulden für Eintöpfe oder Getreidebrei einge- Beispiel ist der Trend-Veggie-Burger von »Beyond
lassen waren. Meat«, der 2019 von den USA auch auf den deutschen
Heute sind Schnellrestaurants ein fester Bestand- Markt kam. Die vegetarischen Patties bestehen größ-
teil des modernen Ernährungsalltags. Doch während tenteils aus Soja- oder Erbsenproteinen, Fetten wie
sich in früheren Zeiten das schnelle Essen auf den Ver- Rapsöl oder raffiniertem Kokosöl und Rote Bete. Das
zehr der Speisen bezog, gilt die Schnelligkeit heute ist wahrscheinlich besser für Tiere und Umwelt, aber
auch für die Zubereitung. Von der Bestellung bis zum keineswegs ganzheitlich gut. Belastbare Zahlen liegen
Erhalt des Essens vergehen in den Fast-Food-Ketten noch nicht vor, pflanzliche Zutaten wie Soja kommen
in der Regel weniger als zehn Minuten. Möglich wird vielfach aus Monokulturen. Doch wie fleischfreie
das durch den intensiven Einsatz von oftmals tiefge- Schnitzel, Frikadellen und Würstchen enthalten sie

40 Slow Food | 04/2021


AUS DER KÜCHE

Der süddeutsche Fast-


Food Klassiker in slow:
Diese Leberkäs-Semmel
von den Herrmannsdor-
fer Landwerkstätten ist
bio, aus handwerklicher
Verarbeitung und regi-
onalen Zutaten.

viele künstliche Zusatzstoffe, darunter Stabilisatoren, gebräunten Schichten dünn abgeschnitten und in oder
Bindemittel, Geschmacksverstärker und Ascorbin- auf Fladenbrot mit Joghurt und Gemüse angerichtet.
säure. Die besten und gesündesten Burger Patties So weit, so gut. Leider stellen viele Imbissstände die
bereitet man selbst zu – z.B. aus schwarzen Bohnen, Fleischspieße nicht mehr selbst her, sondern beziehen
Haferflocken, gehackten Champignons und frischen sie aus industrieller Produktion. Woher das Fleisch
Kräutern. Fertig sind diese Patties in kaum mehr als ursprünglich stammt, ist für den Kunden ebenso wenig
zehn Minuten. Oder man belegt das Burgerbrötchen nachvollziehbar wie die Zusammensetzung der
mit einem gegrillten Parasol. Wegen seiner fleischar- Marinade. Gleiches gilt für jedes Fast Food, das tierische
tigen Konsistenz wird dieser Pilz auch gerne wie ein Produkte enthält, sei es die Bratwurst, der Hotdog, das
Schnitzel paniert und ausgebacken. Pulled Pork Brötchen oder der Döner. Herkunft und Ver-
arbeitung der pflanzlichen Alternativen lassen sich oft
Döner-Industrie nicht nachverfolgen. In das Geschäft mit Fleischersatz-
Eine gute pflanzliche Alternative zu Frikadellen, Bou- produkten sind längst auch die Global Player, Super-
letten oder Fleischpflanzl »auf die Hand« sind Fala- märkte und Discounter eingestiegen, die nicht nur unter
feln – saftig-knusprige Bällchen, die mit pürierten ihren eigenen Markennamen produzieren, sondern ihre
Kicher­erbsen oder Favabohnen, Kräutern und Gewür- Produkte auch von Töchterfirmen unter unbekannten
zen zubereitet werden. Wird das arabische Fast Food Namen vertreiben lassen.
in Pita-Brot mit Tahin, einer Sesampaste, Joghurt und
Salat oder gegrilltem Gemüse angerichtet, ist es eine Und die Leberkäs-Semmel?
gehaltvolle fleischlose Mahlzeit für unterwegs, reich Herkunft und Qualität der Zutaten – vom Hauptprodukt
an Eiweiß und Ballaststoffen. Wie Falafeln gehört auch über das Brot bis zu den Saucen und Gewürzen – legen
Shawarma zum klassischen Street Food der Levante. fest, wie sauber, gut und fair der schnelle Bissen für
Traditionell besteht es wie Döner Kebab oder Gyros unterwegs ist. Wer diese Kriterien nicht überprüfen
aus marinierten Fleischscheiben, die lagenweise auf kann, greift besser zur Leberkäs-Semmel vom Metzger
einen Drehspieß gesteckt und gegrillt werden. Von seines Vertrauens. Oder bereitet sein Fast Food – ob mit
diesem Fleischspieß werden jeweils die äußeren oder ohne tierische Anteile – zuhause selbst zu. ●

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Slow Food | 04/2021 41


GENUSS-SCHWERPUNKT

In unserer Reihe Food Heroes stellen wir


Menschen vor, die voller Überzeugung
den Slow-Food-Gedanken leben und
weitertragen. Es sind Landwirte, Köche und
Produzenten wie Michael Wiese und Jens
Wages, die wir bekannter machen wollen.

Der
doppelte
Emil
nehmens und sie stellten sich die Frage: Wie bekommen wir die
Fertige Salatsauce, Mayo und Ketchup ohne
Sauce in die Flasche? Eine Sauce ohne Zusatzstoffe, wie Oma sie
Zusatzstoffe – geht das? Es geht, fanden Michael machen würde?
Wiese und Jens Wages von »Emils Bio-Manufak- Das war der Beginn einer Zeit des Tüftelns, der Kündigung
ihrer Jobs. Und schließlich der Geburt der Emils: »Es war das
tur«. Die beiden Hobbyköche nahmen als Erstes Nachhaltigste, was wir in unserem Leben geschafft hatten«, so die
ihr Salatsaucen-Rezept und tüftelten so lange mit beiden 45-Jährigen. Und daher wurde 2009 nicht nur Wieses ers-
ter Sohn Emil genannt, sondern auch das im selben Jahr gegrün-
den Zutaten, bis das Dressing fertig war für das
dete Unternehmen »Emils Bio-Manufaktur«.
Glas. Nach ihrem eigenen Reinheitsgebot – wie
Oma es machen würde. Karin Wiemer hat bei Ohne Verdickungsmittel!
Vor allem war die erste Zeit eine, in der sie auf der Suche waren
den Saucen-Puristen ins Glas geschaut. nach den passenden Zutaten und den Lieferanten dafür. Bis heute
machen sie in dieser Hinsicht keine Kompromisse. »Die Rohstoffe
besorgen wir alle selbst, zum Teil auch für die Weiterverarbei-
tung: Die Äpfel bringen wir zum Entsafter, den Saft dann weiter

D er Auslöser war für Michael Wiese und Jens Wages ein Essen
bei eigentlich fremden Menschen. Denn dort gab es einen
Salat, der schmeckte wie aus ihrer Küche. Die beiden kannten sich
zum Essigmacher, der für uns den Apfelessig herstellt. Und der
landet dann hier bei uns und im Produkt«, erklärt Michael Wiese.
»Das ist dann wirklich slow«, ergänzt Jens Wages. Das könnten
vom Zivildienst im Hochschwarzwald, hatten dort zusammen sie sich einfacher machen, aber nur so erhalten sie das reine Pro-
gewohnt und gekocht, lebten mittlerweile in Stuttgart. Sie erkann- dukt, das sie sich vorstellen.
ten »ihre« Salatsauce und erfuhren, das Rezept war von Mutter Denn die beiden Kochfreunde haben etwas geschafft, dass die
Fotos: www.emils.com

zu Mutter weitergegeben worden. Und ihnen wurde klar: Das war Lebensmittelindustrie nicht mal in Betracht zieht: Die beiden
eigentlich ein Markttest ohne Auftrag. Schon länger vermissten haben Salatsaucen und Ketchups, Senfe und vegane Mayonnaisen
sie gute fertige Produkte für Menschen, die abends spät heim- in den Handel gebracht, die komplett ohne Zusatzstoffe auskom-
kommen. Wie sie, Michael Wiese als Logistikberater und Jens men, ohne Verdickungsmittel, ohne Kristallzucker oder Zitronen-
Wages als Werber. Daher reifte die Idee eines gemeinsamen Unter- säure. Jens Wages schmunzelt heute, wenn er von der Bewerbung

42 Slow Food | 04/2021


SLOW FAST FOOD

Alles bio, was die Regionale Vorreiter


Saucen-Spezies Michael Aber auch bei den Hobbyköchen dauerte es eine Weile, bis sie aus
Wiese und Jens Wages der vorhandenen Rezeptur der Salatsauce das erste fertige Pro-
(li. außen) sowohl für dukt im Glas hatten, das Honig-Senf-Dressing. Vor allem die Suche
ihre Dressings, als nach den Zutaten aus der Region nahm viel Zeit in Anspruch. »Am
auch für Burger-Beglei- Anfang haben wir voll auf Regionalität gesetzt«, sagt Jens Wages,
tungen wie Ketchup »aber da war die Zeit wohl noch nicht reif dafür.« Sie merkten
und Sandwich-Creme bald, dass biologisch hergestellte Zutaten den Käufern wichtiger
verarbeiten (li.). waren als die Herkunft. Bioqualität spielte zwar bei der Auswahl
der Rohstoffe von Anfang an eine Rolle, aber daraufhin legten sie
immer mehr Wert auf ökologische Zutaten.
Heute sind ihre Produkte alle Bioland-zertifiziert. Und bis auf
das Honig-Senf-Dressing alle vegan. In den letzten Jahren spür-
ten sie, dass beim Verbraucher neben bio auch regional vermehrt
nachgefragt wird – was die beiden selbst immer im Blick hatten:
Jeden Lieferanten kennen sie persönlich, pflegen langjährige
Beziehungen.
So erfährt der Verbraucher bei Senf und Apfelmus auf jedem
Glas, von welchem Erzeuger die Hauptzutat stammt. »Transpa-
renz ist uns wichtig«, betont Jens Wages. »Bei uns gibt es eine
für die erste Slow Food Messe erzählt: »Erstmal wurden wir abge- kurze Zutatenliste, aber wir schreiben nicht einfach ›Gewürze‹,
lehnt. Keine Fertigsaucen, hieß es, da ist Verdickungsmittel und sondern listen sie einzeln auf.«
Zitronensäure drin. Damals konnte sich auch bei Slow Food Inzwischen hat sich ihr selbst auferlegtes »Reinheitsgebot«
zunächst keiner vorstellen, dass es ohne geht.« Am Ende wurden und die Beharrlichkeit ausgezahlt. Zwar bildete sich bereits 2011
sie zugelassen – und lernten auf der Messe 2010 auch ihren ers- auf der Biofach in Nürnberg eine Menschentraube vor ihrem Tisch,
ten Lieferanten kennen, der noch heute einen speziellen Senf für als sie ihre ersten beiden Salatdressings präsentierten. Es gab
sie herstellt: kalt gemahlen in der Steinmühle, um die ätherischen Auszeichnungen und Preise, den Publikumspreis der Biofach 2012
Öle zu erhalten. etwa oder die Auszeichnung als Biomarke des Jahres 2013 und




Slow Food | 04/2021 43


Warum heißt der natürliche Faktoren, um die Produkte ohne Erhitzen zu konser-
Ketchup von vieren. »Entscheidend ist das Zusammenspiel aus der Qualität
»Emils« »Tomaten- der Zutaten, ihrer Kombination und ein gutes Hygienekonzept.«
Tomaten Ketchup«? Es sei wie bei einer Fußballmannschaft, so Jens Wages, es funkti-
Weil er zu 80 Pro- oniere nur mit allen Spielern zusammen, nicht mit nur einem Spit-
zent aus Tomaten zenspieler.
besteht, Zucker ist Über zehn Jahre haben die Saucen-Puristen die Produktion
keiner drin. selbst aufgebaut und optimiert, um Ressourcen zu sparen.
2015 zogen sie mit der Manufaktur von Stuttgart nach Freiburg.
Heute füllen sie trotz Maschinen nur wenige 1 000 Gläser pro Tag,
verschlossen mit PVC-freien »Blueseal«-Deckeln. »Bei uns bleibt
das Produkt slow, auch wenn wir es schneller herstellen können«,
erklärt der Dressing-Spezialist.
2017, auf der Internorga den Zukunftspreis 2017 als »Trendsetter
Convenience« und 2019 durch Peta Deutschland den Vegan Food Der Wow-Effekt
Award für die »Beste Sauce«. Beiden ist vor allem wichtig: »Unsere Ganz wichtig dafür sei auch das Know-how der Mitarbeiter, bekräf-
Produkte sollen in erster Linie schmecken und Freude machen tigen die Unternehmer. Mittlerweile haben sie zehn Mitarbeiter
beim Essen, aber mit Bio-Anspruch.« Daher freute sie auch der – einige in Teilzeit – in Produktion, Qualitätskontrolle und Ent-
zweite Platz beim BBQ-Saucen-Ranking der Genießer-Zeitschrift wicklung, alles Lebensmitteltechnologen und Köche, die genau
»Falstaff«, »wenn es Leute einfach überzeugt, die gar nicht aus wissen, wie die Herstellungsbedingen bei Bedarf angepasst wer-
dem Biobereich kommen«. den müssen. Ihre erste Vollzeitangestellte kam erst 2014 ins
Zwei-Mann-Unternehmen, Juliane Ankenbrand begann als Prak-
Projekt »Vegane Mayo« tikantin, noch während ihres Studiums an der Uni Hohenheim.
Trotz aller Auszeichnungen war es schwer, ihre fertigen Salatsaucen Heute ist sie als Produkt-Entwicklerin unentbehrlich.
im Handel für einen Preis von über drei Euro zu verkaufen. »Wir Neue Produkte probieren sie gemeinsam. Fertig ist die Rezep-
waren mit Abstand das teuerste Produkt in diesem Segment«, tur erst, wenn alle davon begeistert sind. »Wenn es den Wow-Ef-
erinnern sich die Saucen-Spezialisten mit Reinheitsanspruch. fekt gibt«, sagt Michael Wiese, erst dann fällt die Entscheidung
Einen Aufschwung brachte dann erst das nächste Produkt, an dem für ein neues Produkt. »Bei einem kleinen Unternehmen ist es
sie zeitweise fast verzweifelten: eine vegane Mayonnaise – ohne sonst schwierig, wenn nicht alle dahinterstehen.« Im letzten Jahr
Ei. Dafür gab es kein Vorbild. Fast drei Jahre probierten sie, kamen entwickelten sie die »Baden-Württemberg-Vinaigrette«: vom
mehrfach an den Punkt, an dem sie sagten: Es wird keine geben! Wein bis zum Essig, vom Sonnenblumenkern bis zum Öl – sämt-
Und es gibt doch eine – auf die damals sogar die Zeitschrift »Essen liche Zutaten werden in Baden-Württemberg angebaut und ver-
& Trinken« aufmerksam wurde. Sie freuten sich: »Wenn Genießer arbeitet. Ein aufwendiges Projekt, das sie gereizt und zu vielen
unsere veganen und eifreien Produkte mögen, dann haben wir es interessanten Gesprächen mit Lieferanten geführt hat. Dieses Jahr
geschafft.« Das Geschäft nahm Fahrt auf, die Mayo aus lediglich kam dann nach allgemeiner Zustimmung eine neue vegane Bur-
sechs Zutaten, reduziert auf das Minimum, brachte größere ger- und Sandwich-Creme in den Handel. Jedes Jahr wächst die
Bekanntheit. Bio-Manufaktur inzwischen um rund 30 Prozent, komplett eigen-
Und sie brachte auch einen erweiterten Erfahrungsschatz. Bei finanziert, wie Michael Wiese sagt. Da werde es zunehmend
jedem neuen Produkt wissen sie, worauf es ankommt: Konsistenz, schwerer, genügend Bioland-Zutaten zu bekommen.
Geschmack und Farbe müssen am Ende stimmen. Und: »Die Kon- Gar nicht schwer ist es, die Mitarbeiter zum Probieren der Pro-
sistenz ist die größte Herausforderung«, sagt Jens Wages. Schließ- dukte zu bewegen. Ein gutes Zeichen: »Unsere Leute nehmen sich
lich arbeiten sie ohne jegliche Verdickungsmittel. Dass sich die bei der gemeinsamen Mittagspause gern unsere Saucen zum Salat
Zutaten mit der Zeit entmischen können, hätten sie immer akzep- und Senf oder Mayo zum Brot«, meint Jens Wages. »Sie haben die
tiert. »Das ist nur natürlich«, meint der Bio-Tüftler, »der natürli- Produkte immer noch nicht satt.« Schmunzelnd ergänzt er: »Und
che physikalische Vorgang, der sonst außer Kraft gesetzt wird.« wir auch nicht, obwohl wir noch länger dabei sind.« Es stimmt
Auf ihren Ketchup sind sie besonders stolz. 80 Prozent davon wohl, was die Oma sagte: »Man schmeckt, wenn es mit Liebe
sind Tomaten, als Mark und getrocknet, es wird keine Maisstärke gekocht ist.« ●
und kein Zucker zugesetzt, nur mit Apfelsaft gesüßt. Das Produkt
enthält lediglich zwölf Gramm Gesamtzucker auf 100 Gramm:
Davon kommen vier Gramm aus sonnengetrockneten Tomaten, Emils Bio-Manufaktur
Foto: www.emils.com

vier Gramm aus Apfelsaft, vier Gramm aus dem Aceto Balsamico. Michael Wiese & Jens Wages
Natürlich gesüßt eben. Kartäuserstr. 60, 79102 Freiburg,
»Wir lösen alles durch die natürlichen Eigenschaften der Zuta- Tel 0761. 216 091 63-0,
ten«, erklärt Jens Wages, auch im Hinblick auf die Haltbarkeit. So ➽ www.emils.com
wirke Senf antibakteriell, Öl halte Sauerstoff ab, Essig säuere –

44 Slow Food | 04/2021


SLOW FAST FOOD

Selbst gemacht

DO YOUR OWN
FAST FOOD!
Burger, Pommes & Co. –
inklusive passender
Saucen und Beilagen –
lassen sich auch slow
zubereiten. Barbara
Koriander und Chipotle in der Pfanne trocken
Stadler, Köchin und Mit- Pulled Chicken vom anrösten. Danach in einen Mörser geben und
glied der Chef Alliance, Zweinutzungshuhn fein mörsern. Kurkuma und Knoblauch hinzu-
hat Rezepte für unsere fügen und alles zu einer Paste mörsern.
Entweder man lässt sich das ganze Hähnchen
Leser, die sich kinder- von jemandem auslösen, der es kann, oder Zwiebelringe in etwas Olivenöl anbraten, bis
leicht zubereiten lassen. man probiert es einmal selbst. Der Vorteil ist, sie glasig werden, sie sollen hell bleiben. Die
dass man ganz nebenbei aus den anderen Tei- Gewürze zufügen und einen guten Schluck
len eine Hühnersuppe kochen kann. Einige Er- Hühnerbrühe dazugießen. Alles noch einen
zeuger bieten ausgelöste Brust sowie Keulen Moment köcheln lassen, damit es schön sä-
an. Wir nehmen die Brust. Das geht schneller. mig wird und sich verbindet.
Wer riesige Hähnchenbrust erwartet wie aus
der Mast, liegt hier falsch. Die Schenkel sind Wenn die Hähnchenbrüste gar sind, aus der
kräftig, die Hähnchenbrust kleiner bei einem Brühe nehmen. Die Haut und evtl. Knochen
Zweinutzungshuhn als die, die man vom Flei- entfernen und mit den Händen in sehr dünne
scher kennt. Streifen reißen. Das geht ganz einfach, denn
die Fasern lassen sich prima auseinanderzie-
Zutaten für 4 Personen: hen. Die Hähnchenstreifen in die Zwiebelmas-
2 Hähnchenbrüste se geben und noch etwas Brühe zufügen, es
400 ml Hühnerbrühe (etwas mehr schadet soll eine saftige und würzige Masse sein. Nun
nichts) Limettenschale und Saft sowie den Honig zu-
1 TL Cumin (Kreuzkümmel) im Ganzen fügen, alles gut durchziehen lassen, evtl. noch
1 TL Koriandersaat einmal nachsalzen oder mehr Chipotle zuge-
1 TL Rauchpaprikapulver ben – für die, die es gern scharf haben. Das
1/2 - 1 kleine, getrocknete Chipotle-Chili schmeckt ganz herrlich in Tacos oder in
½ TL Kurkuma Brioche Burger Buns (Brötchen, Rezept S. 46),
2 Knoblauchzehen dazu gepickelte rote Zwiebeln und Chipotle
3 Zwiebeln (in halbe Ringe geschnitten) Ingwer Ketchup (Rezepte S. 46).
etwas Olivenöl .
1 Limette (Saft, Schale von ½ Limette) Das restliche Hähnchenfleisch in ein ausge-
1 TL Honig kochtes Schraubglas füllen und bei 120 Grad
Foto: Barbara Stadler

1 Std. im Wasserbad (in einem Topf oder im


Die Hähnchenbrüste in der Hühnerbrühe bei Backofen) einkochen. Das hält dann an einem
sanfter Hitze (d.h., es darf nicht sprudeln) für kühlen Ort (Keller oder Vorratskammer) ein
10-15 Min. köcheln. Sie sind gar, wenn beim paar Wochen – und man hat immer ein lecke-
Reinpieksen kein rosa Saft mehr hinausläuft. res Essen parat.

Slow Food | 04/2021 45


GENUSS-SCHWERPUNKT

Brioche Burger Buns kneten, bis er sich vom Rand der Schüssel löst. An-
schließend wird er mit einem sauberen Küchentuch
Die Zeit, die es braucht, um Buns oder Brötchen für abgedeckt und muss ca. 30 Min. (60 Min. schaden
Pulled Chicken, pflanzliche oder fleischige Burger auch nicht) gehen.
selbst zu backen, lohnt sich auf jeden Fall – schwie-
rig ist die Zubereitung nicht! Und weil in den Teig Nachdem der Hefeteig luftig geworden ist, möchte
für diese Buns auch Butter für den besseren Ge- er bitte auf keinen Fall platt geklopft werden. Er will
schmack kommt, heißen sie Brioche Burger Buns. zart behandelt und eher gefaltet als gedrückt wer-
den. Je mehr Zeit er zum Aufgehen hatte, desto
Zutaten für 10-12 kleine Buns: fluffiger das Ergebnis. Nach der Ruhezeit den Teig
600 g Weizenmehl mithilfe eines Teigschabers oder eines Messers in
Fotos: AdobeStock, Anna Huchak, Stock Food_Springlane

200 ml warme Milch gleich große Stücke teilen und die zu Kugeln for-
45 g weiche Butter men. Diese müssen abgedeckt weitere 10 Minuten
1 Ei (Raumtemperatur) ruhen. Zum Schluss die Kugeln mit den Händen
1 Würfel Hefe sanft in Form bringen und auf ein mit Backpapier
1 TL Salz, 1 EL Zucker belegtes Backblech legen. Nun noch einmal gehen
1 Eigelb und 2 EL kaltes Wasser lassen. Eigelb mit Wasser verquirlen und dünn auf
optional: Sesam den Teigstücken verteilen. Eventuell die Buns mit
etwas Sesam bestreuen.
Als Erstes die Hefe mit etwas Zucker in warmer
Milch auflösen und 15 Minuten zur Seite stellen. Im vorgeheizten Backofen die Buns bei 220 °C
Danach Mehl mit Salz, Butter und Milch (diese bitte 15-20 Min. backen. Die Backzeit variiert bei jedem
nach und nach zufügen), Ei und der aufgelösten Ofen etwas.
Hefe mit der Hand verkneten. Den Teig so lange

Chipotle-Ingwer-Ketchup
Ketchup kann man wunderbar und unkompliziert auf Vorrat herstellen. Wichtig:
Bevor er ins Schraubglas eingefüllt wird, sollte man dieses zuvor für 5 Min. in
heißes Wasser legen. Danach das Glas mit dem Ketchup im Wasserbad im Ofen
einkochen und an einem kühlen Ort (Vorratskeller oder Kühlschrank) aufbewah-
ren. Dort hält sich der Ketchup ein paar Wochen.

Zutaten für ca. 500 ml: Zwiebelwürfel in etwas Öl leicht braun


1 Glas oder Dose passierte Tomaten anschwitzen, den Knoblauch zufügen
(ca. 400 ml) sowie die Tomatensauce und das
Gepickelte 2 EL Tomatenmark -mark. Das Ganze soll ca. 15 Min. kö-
1 große Zwiebel in feine Würfel cheln.
rote geschnitten
Zwiebeln 2 Knoblauchzehen Danach kann man anfangen abzu-
½ TL gemahlene Fenchelsaat schmecken. Die getrocknete Chipot-
Passen ganz wunderbar zum 2 Sternanis le-Chili im Mörser fein zerkleinern, ei-
Pulled Chicken und zum Por- 1 getrocknete Chipotle-Chili nen Teil davon in die Sauce geben.
tobello Burger, super einfach 1 daumengroßes Stück Ingwer Ebenso Honig, Balsamico und Salz.
zuzubereiten. 2 EL Honig Je nach Geschmack kann man mehr
1 EL Balsamico Essig Schärfe oder Süße hervorheben. Den
Zutaten für 8 Burger: Salz Ketchup zum Schluss noch etwas ein-
3 rote Zwiebeln kochen lassen.
1 Limette

Die Zwiebeln schälen und in


sehr feine halbe Ringe schnei-
den, mit dem Saft der Limette
begießen.

46 Slow Food | 04/2021


SLOW FAST FOOD

Aioli mit
Knoblauchs-
rauke
Die Knoblauchmayonnaise passt zum
Burger ebenso gut wie zu Pommes!
Statt Knoblauchsrauke geben auch
Schnittlauch oder Frühlingszwiebeln
einen Hauch frisches Grün.
Zutaten:
1 Ei (Zimmertemperatur)
1 ganze, geschälte Knoblauchzehe Portobello Burger
8 Blätter Knoblauchsrauke
1 gut bemessene Prise Salz Mehr Vegetarisches wie Pilze auf den Grill –
250 ml Rapsöl (evtl. mehr) und danach ins Burger Brötchen!

Ei, Knoblauch und Salz in ein hohes Zutaten für 4 Personen: den Grillrost (es geht auch unter dem
Gefäß geben und mit dem Pürierstab 4 Portobello-Pilze Backofengrill) legen, die Lamellenseite
vermixen. Nun langsam das Öl hinein- 2 EL Olivenöl ´ nach oben. Ca. 3-5 Min. grillen, wen-
geben. Durch die hohen Umdrehun- Salz & frisch gemahlener Pfeffer den und weitere 5 Min. grillen, bis die
gen entsteht aus Öl und Ei eine Emul- 4 Scheiben Bergkäse Pilze gar sind.
sion – so viel Öl zugeben, bis die Aioli 2 Zweige Thymian
ganz fest ist. 4 Brioche Burger Buns Die Pilze mit Thymianblättchen be-
Chipotle-Ingwer-Ketchup streuen, mit Käse belegen und solange
Knoblauchsrauke fein schneiden und 1 Bund Rucola auf dem Grill lassen, bis der Käse zu
zufügen. gepickelte rote Zwiebeln schmelzen beginnt – meist nur einige
Sekunden. Gleichzeitig mit dem Käse
Sollte es mit der Emulsion nicht klap- Die Pilze putzen, den Stiel abschnei- kommen die halbierten Burger Buns
pen, mit einem neuen Ei von vorn an- den und für einen Gemüsefond aufhe- mit den Schnittflächen auf den Grill.
fangen und die misslungene Aioli ganz ben oder in die auf S. 45 vorgeschlage- Anschließend nach Geschmack mit
langsam dazugeben. Dann weiter so ne Hühnerbrühe geben. Die Pilze Ketchup, Rucola, Zwiebeln belegen.
viel Öl hinzufügen, bis die Aioli fest ist. beidseitig mit Olivenöl bepinseln und
mit Salz und Pfeffer würzen. Pilze auf

Perfekt zum Backen, Braten,


Dampfgaren, Grillen, Dörren

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Slow Food | 04/2021 47


AUS DER KÜCHE

In Zusammen­arbeit
mit der Slow Food
Qualitäts­kommission

Im Slow Food Check:


Halloumi und Grillkäse

Käse okay,
Marinade
mittelmäßig
Grill- und Bratkäse werden in-
zwischen das ganze Jahr über
gegessen. Klettern die Tempe- Deutschen bezeichnen sich selbst als Flexitarier, ergab das von
der Bundesregierung durchgeführte Ökobarometer 2020.
raturen, können Halloumi & Co. Am bekanntesten unter den Grillkäsen ist wohl der Halloumi.
auch wieder auf den Grill gelegt Der Käse mit der leicht gummiartigen Konsistenz quietscht beim
Kauen etwas, weshalb er auch Quietschkäse genannt wird. Seit
werden. Aber welchen Käse
Kurzem darf sich jedoch nicht mehr jeder Käse dieser Art Hal-
nimmt man am besten? loumi nennen. In der EU kann nur noch Käse unter dieser Bezeich-
Bio-Food-Testerin Annette nung vermarktet werden, der nach traditionellem Rezept auf
Zypern aus Schafs- und Ziegenmilch hergestellt wird. Erst im April
Sabersky hat sich Grillkäse aus 2021 wurde für Halloumi die »geschützte Ursprungsbezeichnung«
industrieller Produktion und festgeschrieben. Etliche Käse in hiesigen Supermärkten werden
in nächster Zeit also unter anderem Namen zu finden sein. Auch
handwerklich hergestellte Hal- die Bauck-Käserei überlegt sich jetzt einen neuen Namen für ihren
loumi angeguckt und probiert. Heide-Halloumi (s. S. 51).
Hier sind die Unterschiede.
Mit oder ohne Quietschen?
Anders als man meinen könnte, werden für die Herstellung von
Käse, der auf dem Grill nicht schmilzt, keine ausgefeilten Verfah-

K
Foto: AdobeStock, goodmoments

äse für Grill, Pfanne und Backofen ren eingesetzt. Verwendet wird Kuhmilch, Schafs- oder Ziegen-
boomt. 27 100 Tonnen Halloumi, milch, oder auch ein Mix aus allen drei Milchsorten – am besten
Grillkäse und Co. gingen 2019 über aus bio-fairer Freilandhaltung. Die Milch wird pasteurisiert und
die Ladentische. Das ist ein Plus von fünf wie jeder herkömmliche Käse zum Dicklegen mit Labferment ver-
Prozent zum Vorjahr, errechnete Marktfor- setzt – entweder aus dem Kälbermagen oder mikrobiell erzeugt.
scher IRI aus Düsseldorf. Der Trend zu Durch das Lab fällt Milcheiweiß aus, Molke und Eiweiß trennen
»öfters mal kein Fleisch« wird auch beim sich. Der Käsebruch wird dann geknetet, gepresst, geschnitten
Käse sichtbar. Immerhin 55 Prozent der und gefaltet. Es können auch noch Kräuter und Gewürze zuge-

48 Slow Food | 04/2021


AUS DER KÜCHE

Historische Senfmühle Monschau

Zwischen alten Mühlsteinen wird noch heute der


Monschauer Senf handwerklich hergestellt.
Die Mühle ist ein technisches Denkmal, 1882 erbaut
und seitdem in Familienbesitz. Erfahren Sie bei einer
Führung mehr über die aufregende Geschichte der
Historischen Senfmühle in Monschau.

Im angeschlossenen Senflädchen können Sie die


KEINE BEEINFLUSSUNG DURCH FIRMEN! derzeit 22 verschiedenen Senfsorten probieren.
Unabhängigkeit in der redaktionellen Berichterstat-
Ihren Lieblingssenf können Sie auch online bestellen.
tung ist uns ein wichtiges Anliegen, auch und insbe-
sondere beim Slow Food Check. Die Auswahl der zu Im Restaurant Schnabuleum genießen Sie leckere Senf-
testenden Produkte trifft darum allein die Autorin in gerichte unseres Meisterkochs.
Absprache mit der Qualitätskommission von Slow
Food Deutschland. Eine Beeinflussung oder Finanzie-
rung durch Firmen findet nicht statt, auch nicht indi-
Laufenstraße 118 · 52156 Monschau
rekt über Anzeigenbuchungen.
Tel. +49 (0) 24 72/ 22 45 · www.senfmuehle.de

setzt werden. In den traditionellen Halloumi aus Zypern aus mikrobiell erzeugtes Lab, das mithilfe von Schimmelpilzkulturen
Schafsmilch werden Minze-Blättchen eingelegt. gewonnen wird. Das Lab selbst ist zwar nicht genetisch verän-
Anschließend werden die Käsestücke in Molke gekocht. So dert, die Schimmelpilze, die es produzieren, können es aber sein.
werden die Enzyme im Lab in ihrer Aktivität gestoppt, der Säu- Ihnen werden Kälber-Gene eingeschleust, sodass Lab mit einem
rewert pendelt sich bei über pH 5,9 ein. Ab diesem Wert ist der besonders hohen Chymosin-Gehalt gebildet wird. Zwar gibt es
Schmelzpunkt erhöht, der Käse zerläuft beim Erhitzen nicht. keine Kennzeichnungspflicht für die Herstellungsweise des
Durch diesen »Stopp« entsteht auch die leicht gummiartige Kon- ­mikro­biellen Labs, jedoch wird auf Packungen zunehmend ange-
sistenz. Für Geschmack und Haltbarkeit kommen die fertigen Grill- geben, welche Art von Lab eingesetzt wird, ob also mikrobiell
käse abschließend für etwa 24 Stunden in eine Salzlake. gewonnenes oder tierisches. Vegetarier, die null Zutaten vom toten
Daneben gibt es auch Grill-, Brat- und Backkäse ohne Quiet- Tier essen wollen, haben so die Möglichkeit, einen Halloumi oder
schen. Sie werden an sich wie herkömmliche Weich- und Hart- Grillkäse auszuwählen, der mikrobiell erzeugtes Lab enthält. ­Ist
käse hergestellt, also mit Lab und eventuell Milchsäurekulturen der Käse bio, sind Lab und Mikroorganismen frei von GVO – Vor-
versetzt – oder das Eiweiß wird mithilfe von Säure und Hitze aus- gaben für Bioqualität.
gefällt. Die Vorgänge werden gestoppt, wenn der Käsebruch eine Nun aber Grill anheizen, Halloumi oder Grillkäse auspacken
gewisse Festigkeit und den höheren pH-Wert hat, sodass der Käse und ab in die Grillschale damit – in eine z.B. aus Edelstahl,­
beim Erhitzen nicht schmilzt. Die Konsistenz ist aber etwas wei- keine aus Aluminium wegen möglicher Gesundheitsgefährdung,
cher als die des Halloumi. On top erhalten die Grillkäse teils eine warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung. Auf den nächsten
Marinade aus Öl, Kräutern und Gewürzen. Seiten erfahren Sie, wie sich handwerklich und industriell
Wird der Milch Lab zugesetzt, ist es entweder tierischer Her- ­erzeugter Grillkäse unterscheiden. Was gibt es außerdem? Guten
kunft oder mikrobiell erzeugtes. Tierisches Lab wird gern als Appetit! ●
»Naturlab« bezeichnet, denn es kommt aus dem Magen toter Käl-
ber. In Bioqualität ist es fast nicht erhältlich, auch Bio-Halloumi
wird also meist mit konventionellem Lab hergestellt. Die Mägen Slow Food Deutschland zu Umweltgerechtigkeit und
für das Lab kommen aus Neuseeland und Australien und werden Nachhaltigkeit in der Milchwirtschaft:
teils in Europa zu Lab verarbeitet.
Eine Alternative für 100 Prozent vegetarischen Grillkäse ist ➽ www.slowfood.de/milchwirtschaft

Slow Food | 04/2021 49


AUS DER KÜCHE

MARINIERTER BIO-BRATKÄSE
GRILLKÄSE Das ist drin (Angaben lt.
PROVENÇAL
GARTENKRÄUTER Anbieter): 89 % halbfester VON ZÜGER FRISCHKÄSE
VON ROUGETTE / Schnittkäse (pasteurisierte
Milch, Salz, mikrobielles Lab,
KÄSEREI CHAMPIGNON Hier gibt es das Produkt: Bio-Supermarkt
Milchsäurekulturen), 11 % Ma-
rinade (Rapsöl, Kräuter, Gewür- Preis je 100 Gramm: 2,18 Euro
ze, Rapsöl (ganz gehärtet),
Hier gibt es das Produkt: Supermarkt Lauch, Zucker, natürliches
Preis je 100 Gramm: 1,49 Euro Aroma, Salz, Gewürzextrakt).

Das ist dran: Regi- schädliche Substan- Das ist dran: Die Milch für den
onalität ist der Kä- zen entstehen. Bratkäse hat keine weiten Wege
serei Champignon Doch gehärtete hinter sich. Genau 24,54 Kilometer
wichtig. Darum wird Fette sind unge- weit weg sind die milchliefernden
beim Bezug der sund. Es können Biohöfe durchschnittlich vom Zü-
Milch für den Rou- sich Transfette ger-Werk in Oberbüren in der Ost-
gette-Grillkäse Wert bilden, die das schweiz entfernt. Da dem Unterneh-
auf kurze Transport- Risiko für Herzin- men kurze Wege wichtig sind,
wege gelegt. farkt und Schlagan- erhebt es jährlich auf den Meter ge-
Höchstens 100 Kilo- fall erhöhen. nau die Entfernung zu ihren wich-
meter sind die Höfe Auch die hier tigsten Mitarbeitern, den Kühen.
vom Werk in Moos- verwendeten natür- Die Herstellung des Käses ist weit-
burg an der Isar entfernt, erklärt lichen Aromen in der Marinade gehend automatisiert. Zwar wird der
Rougette- Brand-Managerin Stefa- lehnt Slow Food ab. Sie täuschen Käse von Hand ins Salzbad gege-
nie Frank. Die Milch werde zwar einen Geschmack vor, der so nicht ben und auch wieder hinausgenom-
konventionell erzeugt, doch alle gegeben ist. Das ist vor allem für men. Doch von der Milchvorberei-
Rohstoffe seien GVO-frei, betont Kinder heikel, denn sie sollen das tung bis zum Abfüllen des Bruchs in
sie. Bei der Erzeugung kommen echte Aroma von Gewürzen ken- die Formen erledigen alle Vorgänge
also keine gentechnisch veränder- nenlernen, keine Imitate. Zwar wer- Maschinen. Auch das Schneiden,
ten Organismen (GVO) bezie- den natürliche Aromen aus natürli- Marinieren und Abpacken erfolgt
hungsweise Futtermittel zum Zuge. chen Rohstoffen wie Blättern, halb automatisch.
Auch das mikrobielle Lab, das zum Hölzern und Lebensmittel­abfällen Im Rahmen der Herstellung wird
Ausfällen der Milch benötigt wird, gewonnen, jedoch meist im Labor die Milch für den Bratkäse mithilfe
und die säuernden Milchsäurekul- mithilfe von Mikroorganismen erst von Hitze und Säure aus der Milch
turen seien ohne GVO. Ein GVO- zu Aromen verarbeitet. Das ist nicht ausgefällt. Dann kommt der Bruch
frei Zertifikat stellte das Unterneh- dasselbe wie ein frisches oder ge- in Formen, anschließend ins Salz-
men dem Slow Food Magazin trocknetes Kraut. bad und wird schließlich in Form
jedoch nicht zur Verfügung. Problematisch ist auch, dass der geschnitten und mit der Marinade
Auch wie der Käse genau herge- Käse in einer Aluschale angeboten versetzt. Der pH-Wert ist dann ent-
stellt wird, warum er nicht zerfließt wird: Neben unnötigem Müll ist der sprechend hoch, sodass der Käse
und nicht quietscht und warum na- Kontakt von Essen mit Aluminium beim Braten und Grillen nicht
türliche Aromen und Gewürzextrak- kritisch (s. S. 49). Der Grillkäse kann schmilzt. Er quietscht auch nicht.
te an die Marinade kommen, erfah- auch abfallfrei in einer mehrfach Schön ist, dass nicht nur regionale
ren wir nicht: »Betriebsgeheimnis«. verwendbaren Schale aus Edelstahl Biomilch eingesetzt wird, sondern
In Bezug auf die Verwendung von auf den Grill gestellt oder direkt in alle Zutaten bio sind.
gehärtetem Rapsöl in der Marinade der Bratpfanne zubereitet werden. Nicht im Sinne von Slow Food
wird jedoch verraten: Das behan- Der gebackene Käse ist weicher als sind jedoch das Palmöl und der
Fotos: Peer Axel

delte Öl soll die Haftung der Sauce ein Halloumi. Er schmeckt sehr aro- Emulgator aus Sonnenblumenleci­
am Käse verbessern. Andernfalls matisch, fast schon ein bisschen zu thin in der Marinade. Das Palmöl
würde sie beim Grillen in die Glut würzig ist er. Das kommt aber von werde eingesetzt, damit die Marina-
tropfen, der Käse verbrennen und der Marinade.

50 Slow Food | 04/2021


AUS DER KÜCHE

Das ist drin (Angaben lt. Anbie- HEIDE-HALLOUMI MINZE


ter): Weichkäse aus pasteurisierter VON BAUCKHOF KÄSEREI
Milch (94 %), Provençal-Marinade
6 % (Sonnenblumenöl, Palmöl,
Emulgator: Sonnenblumenleci­ Hier gibt es das Produkt: Bio-Supermarkt
thin), Kräuter (Thymian, Basilikum, Preis je 100 Gramm: 2,71 Euro
Liebstöckel, Petersilie, Rosmarin,
Oregano, Bohnenkraut, Lorbeer, Das ist drin (Angaben lt. Anbieter): Kuhmilch, Nana-Minze (1 %),
Lavendel), Salz, Gewürze (Pfeffer, Naturlab, Salz.
Zwiebel, Knoblauch, Ingwer, Mus-
kat)).

de gut am Käse hafte, erklärt Clau- Das ist dran: Schwarzbunte, Rotvieh Milcherhitzung und eine Presse, die
dia Kuratli, Leitung Marketing bei und Angler sind die Kuhrassen, die die Molke aus den Käseplatten
Züger Frischkäse. Die Menge, die die Milch für den Heide-Halloumi von drückt, bei der Arbeit Unterstützung.
verwendet wird, sei aber sehr ge- der Bauckhof-Käserei geben. Die hof­ »Diese Arbeiten können nicht per
ring. Zwar ist das Palmfett bio, es eigenen Tiere werden nach Deme- Hand durchgeführt werden«, erklärt
kommen also keine synthetischen ter-Richtlinien gehalten, dürfen also Tobias Riedl von Bauck. Zur Gerin-
Pflanzenschutzmittel und minerali- Hörner tragen und erhalten nur hofei- nung der Milch wird tierisches Lab aus
schen Düngemittel zum Einsatz – genes Futter. Vom Frühjahr bis zum dem Kälbermagen verwendet. Dies
das ist gut. Doch es wird aus Costa Herbst ist das vor allem Gras von den bezieht die Bauck-Käserei von der Fir-
Rica importiert, es werden also lan- umliegenden Weiden, im ma Hundsbichler. Tobi-
ge und umweltbelastende Transpor- Winter auch wieseneige- as Riedl weiß jedoch
te in Kauf genommen – alles für ein nes Heu, Futtermöhren, nichts Genaueres über
bisschen Marinade-Haftung am Kartoffeln und Lupinen- die Herkunft des Labs.
Käse. Auch Emulgatoren erlauben schrot. Auch wichtig: Die Eine Anfrage bei
die Slow-Food-Richtlinien nicht Kälbchen werden, obwohl Hundsbichler ergab,
(eine Ausnahme ist Lecithin in Scho- es die Demeter-Richtlinien dass es sich um Lab der
kolade). erlauben, nach der Geburt Marke Bioren handelt.
Schön, dass alle Gewürze wie nicht sofort von der Mutter Dies wird in Österreich
Thymian, Basilikum, Liebstöckel und getrennt. Sie bleiben eine bei Hundsbichler aus
Knoblauch »echte« Gewürze sind. Woche bei ihren Müttern, Mägen hergestellt, die
Der an sich milde und nicht sehr sal- dann leben sie in Klein- aus Neuseeland und
zige Käse schmeckt dadurch schön gruppen mit anderen Käl- Australien stammen.
würzig nach den Kräutern aus der bern in einer Herde. Zum Trinken geht Die Firma gehört seit 2019 zum Port-
Marinade. Lecker. es aber weiterhin zweimal täglich zur folio des Dänischen Biotechnolo-
Mama. Erst nach etwa drei Monaten gie-Giganten Christian Hansen. Das
werden die Kälber abgesetzt, aber schmälert aber nicht den Genuss. Der
auch dies nicht von heute auf morgen, Käse ist zwar wie alle Halloumis recht
sondern slow. salzig. Doch die Nana-Minze gibt
Die Milch der Mutterkühe wird dem Käse eine schöne Würze. Das
handwerklich zu Halloumi verarbeitet. Rezept für den Heide-Halloumi hat
Das Lab wird also von Hand in die hei- übrigens der Syrer Osama Alkaima
ße Milch eingerührt und die Milch so entwickelt. Seit 2018 gehört er zum
bewegt, dass sich das Eiweiß trennt Team der Bauckhof-Käserei und berei-
und Molke und Käsebruch zurückblei- chert das Käsemachen mit seinem
ben. Der Käseteig wird auch von Wissen. Geschmacklich ist der Hallou-
Hand geknetet und manuell in Tücher mi hervorragend. In der Pfanne ge-
gepackt. Nach dem Pressen wird der lingt er schön knusprig. Dies und die
Käse von Hand geschnitten, in die guten Rohstoffe, die schlichte Rezep-
heiße Molke gegeben und wieder he- tur und handwerkliche Fertigung ma-
rausgefischt. Jedoch bieten das Rühr- chen den Heide-Halloumi zu einem
werk am Kessel, die Ausstattung zur empfehlenswerten Produkt.

Slow Food | 04/2021 51


GENUSS-SCHWERPUNKT

Chef Alliance Saisonküche

Von Tomaten und


Paradiesäpfeln
Als Zierpflanze kam sie aus Mittelamerika nach Europa. Den langen Weg
der Tomate zum Lieblingsgemüse und die Vielfalt der Sorten beschreibt
Luka Lübke, Mitglied der Chef Alliance von Slow Food.

D
ie Tomate ist weltweit das wirtschaftlich Gesund und köstlich
wichtigste Gemüse. Allein wir Deutschen Auch in Sachen Gesundheit hat uns die Tomate eini-
essen 27 Kilo pro Jahr und Kopf, einen Groß- ges zu bieten. Sie besteht zu 90 Prozent aus Wasser,
teil davon in der Form von Konserven. Doch bis hier- ist also als kalorienarmes Gemüse bestens für die
her war es für die Tomate ein langer, weiter Weg vol- leichte Küche geeignet. Neben Spurenelementen,
ler Missverständnisse. So wie der von Christoph Kalium, Kalzium, Eisen, Magnesium, Folsäure sowie
Kolumbus, der sie 1489 von seiner zweiten Reise mit B- und C-Vitaminen im Rohzustand, enthält sie das
nach Spanien und Portugal brachte, wo sie – genau wie Karotinoid Lycopin, das freie Radikale neutralisieren
die Kartoffel – zunächst nur Zierpflanze war. Durch kann. So schützt der Verzehr von Tomaten die Haut
ihre Ähnlichkeit mit der Tollkirsche galt die Urtomate vor UV-Strahlen und beugt Ablagerungen in den Blut-
als gefährliche Frucht – je nach Dosis als berauschende gefäßen vor, was das Risiko von Herz-Kreislauf-Er-
oder tödliche Giftpflanze. Wahrscheinlich trägt sie des- krankungen vermindern kann. Damit der Körper das
halb in Ländern wie Österreich, Ungarn und Serbien Lycopin optimal aufnehmen kann, sollte die Tomate
den Namen Paradiesapfel, Goldapfel heißt sie in Ita- erwärmt werden – auch die Kombination mit Olivenöl
lien und Polen. ist förderlich für die Wirkung.
Der Name Tomate, wie wir ihn heute benutzen, lei- Viel braucht eine gute, reife Tomate nicht, außer
tet sich vom aztekischen »xitomatl« ab, was »anschwel- einer Prise Salz und einen Tropfen Öl. Das sagt auch
len« bedeutet – wenn wir die prallen, saftigen Früchte Chef-Alliance-Köchin Renate Lieb, von der die Rezepte
der Tomatenpflanze betrachten, die botanisch gese- auf den folgenden Seiten stammen. Mit frischen Toma-
hen Beeren sind, leuchtet das ein. Tatsächlich giftig ten lässt sich fast alles anstellen. Sie schmecken ein-
sind aber nur Zweige und Blätter, die Beeren nicht. fach so, als Salat, gefüllt oder überbacken, als Suppe
Doch es hat Jahrhunderte gedauert, bis die neue Wun- oder Sauce, als tragendes Element in Sugo, Ragout oder
derfrucht sich ihres brisanten Rufes entledigen konnte. Hackfleischsaucen, für tausend Pasta-Varianten, aber
Denn tatsächlich starben vermehrt Menschen der auch zu Käse, Grillgemüse oder allem, was aus dem
nord­europäischen Aristokratie nach dem Verzehr von Meer kommt. Sogar im Dessert überzeugen sie durch
Tomaten. Schuld daran war allerdings nicht die Tomate ihre feine Süße, sie harmonieren zum Beispiel hervor-
selbst, sondern das Geschirr, von dem sie gegessen ragend mit Vanille.
wurde. In Adelskreisen waren damals Teller aus blei-
haltigem Hartzinn groß in Mode. Erst viel später wurde Kritische Konserven
herausgefunden, dass säurehaltige Lebensmittel Tomaten sind Sommerfrüchte und brauchen Wärme,
Blei in sich aufnehmen. Die bessergestellten Opfer deshalb können wir sie auch nur dann ernten. Im Win-
waren also nicht der schönen Tomate, sondern einer ter bei uns angebotene kommen aus beheizten, das
Bleivergiftung erlegen, während die Menschen ärme- Klima belastenden Gewächshäusern, selbst aus Spa-
rer Schichten, die von Holz oder Tongeschirr aßen, nien importierte. Wie gut, dass es Konserven wie die
ihren Genuss bestens vertrugen. Leicht hatte sie es »Passata« im Glas gibt, mit denen wir die roten Para-
Fotos: Luka Lübke

nicht, sich außerhalb Mittelamerikas als Lebensmittel diesäpfel das ganze Jahr über genießen können. Der
zu etablieren. Maßgeblich dazu beigetragen haben Haken: Wir sehen der Dose nicht an, wo ihr Inhalt her-
zwei Erfindungen des 19. Jahrhunderts: der Ketchup kommt und schon gar nicht, wie er dort hineingekom-
und die Pizza. men ist. Die Ernte- und Produktionsbedingungen bei

52 Slow Food | 04/2021


AUS DER KÜCHE

konventionellen Tomaten- und noch heute macht


konserven sind in der die Rundtomate mit
Regel nicht sauber und ihren 60 – 100 Gramm
fair im Sinne unseres heu- Gewicht 70 Prozent
tigen Lebensmittelver- des weltweiten Toma-
ständnisses. Das ist – wie tenanbaus aus. Inzwi-
in vielen Bereichen der schen gelten die klei-
Landwirtschaft – ein weites nen Formen aber
Feld, für das ich ein kritisches wieder als Delikatesse.
Audio-Feature von Slow Food Auch wenn Italien Europas
Youth empfehle: »Rot wie Blut – der größtes Anbauland ist, sind
bittere Beigeschmack italienischer Tomaten kein rein italienisches
Tomaten«: Thema. Über die Jahrhunderte haben
www.slowfood.de/bittere_tomaten sich überall auf der Welt ortstypische Sorten etabliert:
Deshalb ist die beste Konserve, sei es Sauce, Pas- in Amerika, in Russland, auf der Balkanhalbinsel, in
sata oder Dörrtomaten, wie immer eine selbstge- den D-A-CH-Ländern und sogar in Japan.
machte, probieren Sie es diesen Sommer doch mal aus!
Noch ein paar Tipps für Küche und Vorratskammer: Eigener Anbau
Tomaten gehören nicht in den Kühlschrank, wenn sie Das Anbauen von Tomaten auf der Terrasse oder im
ihr Aroma behalten sollen. Zur Unterstützung eines Garten ist zwar keine Zauberei, aber auch nicht ganz
jeden Tomatengerichts hilft ein kleiner Spritzer Honig anspruchslos. Folgendes lohnt sich zu beachten: Toma-
oder eine Prise Zucker, um die Fruchtsüße so richtig ten werden im März im Haus angezüchtet und erst
nach vorn zu bringen. nach den Eisheiligen im Mai nach draußen gepflanzt.
Sie brauchen eine Rankhilfe und mögen gern Sonne.
Arten und Sorten Aber gar keinen Regen, sodass es sich empfiehlt, sie
In den vergangenen Jahrzehnten gab es im Handel fast an eine Hauswand zu pflanzen und ihnen ein kleines,
nur noch runde, rote Sorten. Inzwischen werden wie- transparentes Dach zu bauen. Damit die Pflanze nicht
der vermehrt ovale, längliche, gefurchte und asymme- nur Grün bildet, sondern auch Früchte trägt, sollten
trisch geformte Tomaten angebaut, in allen Schattie- die Achseltriebe regelmäßig ausgeknipst werden.
rungen zwischen gelb und rot, aber auch grüne, Tomaten müssen unbedingt vor dem Frost geerntet
schwarze und gestreifte Sorten. Zum Teil sind es Neu- werden. Sind sie noch nicht voll reif, kann man sie mit
züchtungen, zum Teil aber auch alte, wiederentdeckte Äpfeln zusammen im Haus nachreifen lassen. ●
Sorten. An der Tomate lässt sich besonders gut erken-
nen, wie sehr die Nachfrage nach Sorten, die
geschmacksintensiv sind und sich auch zur Weiter-
vermehrung eignen (samenfeste Sorten) erfreulich BUCHTIPPS
steigt. Es gibt weltweit 8 000 – 10 000 Sorten, von der
kirschgroßen Wildtomate bin hin zu ein Kilogramm Ute Studer: Tomatenlust. Die Geheimnisse der Tomatenpionie-
schweren Fleischtomate. re. Tipps für den Anbau richtig guter Tomaten, Haupt 2017, 240
Die bekannteste ist wohl die längliche San Marzano, Seiten, gebunden, 39,90 Euro.
die zuerst in Sizilien kultiviert wurde, um im großen
Stil nach Neapel, der Geburtsstadt der Pizza, geliefert Melanie Grabner: Tomatenliebe. Wie Amore und die Olympi-
zu werden. Die Fleischtomate mit weniger Wasser und sche Flamme den Weg in meinen Garten fanden, Ulmer 2014,
Kernen ist praktisch zum Kochen, aber sehr empfind- 159 Seiten, gebunden, 24,90 Euro.
lich beim Anbau in Gegenden mit kurzen Sommern,
weil sie später reift als ihre kleineren Verwandten. Das Lexikon der alten Gemüsesorten. 800 Sorten – Geschichte,
Kirschtomaten sind der Urform der Tomate, die wirk- Merkmale, Anbau und Verwendung in der Küche, AT Verlag 2021
lich nur kirschengroß und gelb war, am ähnlichsten. (4. Auflage), 672 Seiten, gebunden, 69,90 Euro.
Lange lautete zwar die Devise »größer, runder, roter«

Slow Food | 04/2021 53


AUS DER KÜCHE

Interview mit Renate Lieb

Die Kunst
des Könnens
liegt im Wollen
Die Chef Alliance Deutschland gründete sich beim
Terra Madre Salone del Gusto 2016 in Turin – der
größten internationalen Slow-Food-Veranstaltung. In-
zwischen besteht sie aus 58 Köchen, die für die Her-
kunft ihrer Produkte, ihre Kultur- und Naturlandschaf-
ten und den Genuss ihrer Gäste Verantwortung
übernehmen. »Zur Scheunenwirtin«, so heißt ein 250
Jahre altes Hofgut auf der schwäbischen Ostalb im
idyllischen Luftkurort Bartholomä, der liebevoll »Das
Dorf am Rande des Himmels« genannt wird. Am Herd
– besser gesagt am offenen Feuer – steht Chef Allian-
ce-Köchin Renate Lieb, die das Hofgut mit ihrem
Mann Günther betreibt. Luka Lübke hat sie besucht.
➽ www.slowfood.de/chef-alliance

Am Rande des Himmels – wo genau erwähnen. Wir haben verschiedene Sor- einen ganz anderen Beruf, aber mit den
sind wir hier? ten Alblinsen hier, die alle unterschiedlich Jahren ist aus dem Bauernhof ein Ort für
Im Ostteil der Schwäbischen Alb. Lange schmecken. Früher ein Arme-Leute-Essen Gäste geworden. Ein Ort zum Feiern und
galt die Ostalb als raue, karge Region, weil – inzwischen eine Delikatesse. Aber Erleben, zum Urlaub machen und in der
es hier auf 700 Metern immer »an Kittel damals wie heute bildet die Linse ernäh- Natur zu entschleunigen. Das Besondere:
kälder« (eine Jacke kälter) ist. Die Schwä- rungsphysiologisch eine vollwertige Mahl- Wir kochen ausschließlich mit den besten
bische Alb ist eine Kartoffelgegend, aber zeit – da braucht‘s kein Fleisch. Spannend Bioprodukten und achten ganz bewusst
auch der Dinkelanbau hat hier Tradition, ist beim Anbau auch die Symbiose mit auch bei denen, die von weiter weg kom-
der Rotkorndinkel kommt heute noch von anderen Pflanzen, wie dem Leindotter, der men, auf Planetengesundheit. Wenn wir
hier, das ist der samenfeste Ur-Dinkel, aus fast ausgestorben wäre. Er dient der Lin- z.B. die Paranuss verwenden, unterstützen
dem wir unser Brot backen und auch für senpflanze als Rankhilfe zum Wachsen und wir den Erhalt des Regenwalds, und die-
unsere Maultaschen und vieles andere ver- liefert uns ein gesundes Öl, das es vom sen brauchen wir alle ganz dringend. Wir
wenden. Inzwischen wissen viele Gemü- Omega-3-Fettsäuregehalt mit Fisch auf- selbst bauen im Permakultur-Garten und
sebauern, dass die Ostalb für Salate und nehmen kann. auf weiteren Flächen Gemüse und Kräuter
Blattgemüse gerade durch das kühlere an, beziehen aber den Großteil der Ware
Klima perfekt ist, das Gemüse wächst lang- Warum stehst Du morgens auf, was von befreundeten Hofläden, Gärtnern,
samer und schießt nicht so schnell aus. treibt Dich an? Bauern und Winzen in der Region. Eine
Fotos:: Luka Lübke

Ich möchte Spuren in der Welt hinterlas- Speisekarte haben wir nicht – unsere
Und Linsen? sen. Meine Kinder waren die größten Menüs werden durch die Zutaten
Oh ja! Die Linse ist hier so selbstverständ- Antriebsfedern dazu, dass es jetzt so ist, bestimmt, die die Natur uns gerade zur
lich, dass man sie schon fast vergisst zu wie es ist. Als sie klein waren, hatte ich Verfügung stellt. Das gilt bei uns für alle

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CHEF ALLIANCE

TOMATENREZEPTE VON RENATE LIEB

»Sommer auf dem Land« – Tomaten-


Gurken-Ragout mit Ofenkartoffeln
Zutaten für 4 Personen: Speiseöl
1 kg Kartoffeln 1 EL Honig
2 Fleischtomaten 200 g Saure Sahne
2 Schalotten Salz, Pfeffer
1 Salatgurke optional:
1 Bund Dill Rosenpaprikapulver

Kartoffeln in der Schale

Unsere
15-20 Min. vorkochen.
Danach in Öl schwen-
ken, ungewürzt auf ein
Backblech geben und

süßen
bei max. 170° C Ober-/
Unterhitze 30 Min. ba-
cken.

Begleiter
Fleischtomaten kreuz-
weise einritzen und für
5 Sek. in sprudelnd
kochendes Wasser
tauchen, danach in Eis-
wasser abschrecken

Rezepte & mehr über unser natives Kaffee-Olivenöl auf www.arteFakt.eu


und abziehen und
würfeln, Schalotten
schälen und fein wür-
feln. Salatgurke schä-
len, längs halbieren
und schräg in ca. 1 cm
dicke Spalten schnei-
den. Dill fein hacken.

Die Schalotten im
Kochtopf mit Speiseöl
anschwitzen, Gur-
kenspalten zugeben. Honig zugeben und Gurkenspalten darin schwenken.
1 TL Salz zugeben, damit die Gurken Wasser ziehen. Fleischtomatenwürfel
und die Hälfte des Dills zugeben und solange schmoren, bis die Gurken
außen glasig, aber im Kern noch bissfest sind. Saure Sahne und restlichen
Dill unterheben und das Ragout mit Salz und Pfeffer, optional mit Paprika-
pulver abschmecken. Vor dem Anrichten die Kartoffeln mit der Gabel
aufbrechen, mit wenig Salz würzen und auf dem Teller anrichten. Das
Tomaten-Gurken-Ragout zu den Kartoffeln geben und mit frischem Dill
bestreuen.

Slow Food | 04/2021 55


AUS DER KÜCHE

»Tomaten-Linsen-Tanz«
Zutaten für 4 Personen: Zwiebel, Knoblauch, Ingwer und Kurku-
2 Zwiebeln, gewürfelt ma in Öl leicht anschwitzen. Dann mit
2 Knoblauchzehen, gewürfelt Kumin, Nelken, Salz und Zucker wür-
20 g frischer Ingwer, gewürfelt zen. Gewürfelte Paprika und Linsen
20 g frischer Kurkuma, gewürfelt zugeben und mit Gemüsebrühe und
1/2 TL gemahlener Kumin den passierten Tomaten auffüllen, alles
(Kreuzkümmel) ca. 25 Min. bei kleiner Flamme köcheln
1/2 TL gemahlene Gewürznelken lassen. Bei Bedarf nochmals Flüssigkeit
1 TL Zucker nachfüllen.
1 TL Salz Fünf Minuten vor dem Servieren die
100 g Alblinsen Tomatenwürfel dazugeben.
100 g Rote Linsen
je 1/2 rote und gelbe Paprika, Tipp: Zum Schluss mit griechischem
gewürfelt Joghurt oder veganer Mayonnaise,
500 ml Gemüsebrühe Petersilie oder Koriander garnieren.
500 ml passierte Tomaten Schmeckt einfach mit Brot oder auch
3 Tomaten, gewürfelt als Füllung für Ofentomaten (s. S. 57).

Arten von Feiern: nur Überraschungsme- hier wegzudenken ist, ist das Ritual des will. Wir hören uns nicht nur an, was die
nüs! Dadurch können wir jahreszeitlich gemeinsamen täglichen Mittagessens um Bauern sagen, sondern wir kontrollieren
und »Nose to Tail« arbeiten und haben kei- halb eins. Alle Familienmitglieder und Mit- es auch vor Ort. Und jeder noch so kleine
nen Abfall. arbeitenden sitzen für diese eine, fast hei- Schritt zu mehr Konsequenz erfüllt uns.
lige Stunde an einem Tisch – über die Nachhaltigkeit findest Du hier nicht nur
Warst Du schon immer Wirtin? Arbeit geredet wird frühestens beim auf dem Teller, sondern auch in Glas und
Nein. Aber der Hof ist ein Teil von mir. Ich Espresso. Als wir klein waren, mussten wir Tasse, in der Wandfarbe unserer Gästehäu-
bin hier mit meinen vier Geschwistern alle mithelfen am Hof. Ich wollte nie Bäu- ser, im Kopfkissen oder im Saunaaufguss.
groß geworden, noch heute sind wir ein erin werden. Die viele Arbeit, das frühe
Familienbetrieb. Obwohl wir inzwischen Aufstehen, das Steine und Kartoffeln klau- Warum bist Du der Slow Food Chef
40 Angestellte in den verschiedenen Berei- ben – das wollte ich nicht. Ich wollte immer Alliance beigetreten?
chen haben, arbeite ich Seite an Seite mit etwas Kreatives tun. Heute habe ich bei- Ach, es gibt Millionen von Köchen, auch so
meinem Mann Günther und meiner inzwi- des – das erfüllt mich sehr. viele gute. Was ich in der Chef Alliance
schen 80jährigen Mutter Lore, die den Hof suche, sind aber Verbündete. Menschen,
schon geführt hat, bevor er gastronomisch Inwiefern ist essen für Dich politisch? die im gleichen Gedankengut kochen wie
wurde. Sie konnte super organisieren, die- Durch und durch! Ich hatte immer mit ich.
ses Talent durfte ich von ihr erben. Gekocht Lebensmitteln zu tun. Sie sind der Anfang
hat sie damals wenig, das hat bei uns die von allem und je mehr ich mich damit aus- Wenn Du Ernährungsministerin wärst,
Oma gemacht. Meine Mutter konnte den einandersetze, desto mehr merke ich, dass was würdest Du als Erstes tun?
größten Traktor mit dem größten Anhän- in ihnen liegt, ob wir eine gute Zukunft Den Kindern den Bezug zum Lebensmittel
ger auf den Zentimeter genau abstellen – werden haben können. Wir sind seit 2015 zurückgeben. Denn darin verbinden sich
das hätte mein Vater nie fertiggebracht. Sie Demeter-zertifiziert und leben die Nach- Ursprung und Zukunft. Ich bin so reich
arbeitet immer noch mit auf dem Hof, sam- haltigkeit hier bis in die Haarspitzen. Es beschenkt worden mit meinem Wissen –
melt Teekräuter und die Eier unserer mehr beflügelt uns jedes Mal, wenn wieder ein das möchte ich weitergeben. Viele fürchten,
als zehn verschiedenen alten Hühnerras- Produkt nicht nur gut, sondern von vorne der Zug unseres Lebensmittelsystems sei
sen ein, ist immer dabei – so wie auch bis hinten sauber und fair erzeugt ist. Wie abgefahren. Aber die Kunst des Könnens
meine Geschwister immer mit Rat und Tat der Wein, den wir gerade trinken. Wir liegt im Wollen. Es einfach machen und nicht
zur Seite stehen, das ist schön. haben den Winzer durch langjährige aufgeben, auch wenn es steinig wird.
Was schon immer da war, ist unser Zusammenarbeit dazu bringen können,
Holzherd und -ofen – seit ich denken kann, auch auf Demeter umzustellen. Beim Öff- Welches war Dein größtes Menü?
wurde bei uns auf offenem Feuer gekocht. nen jeder Flasche wird uns bewusst, was Ich habe mal ein ganzes Zicklein im Holz-
Was auch geblieben und für niemanden man doch ändern kann, wenn man nur backofen gegart. Und niemandem gesagt,

56 Slow Food | 04/2021


CHEF ALLIANCE

was es ist. Es war eine Offenbarung – so


archaisch wie köstlich. Größe liegt für mich im
Genuss, nicht in der Teller- oder Personenzahl.
Jedes Lebensmittel, jedes Gericht hat auch eine
Geschichte zu erzählen. Die will ich zum Gast
transportieren.

Kochen Frauen anders als Männer?


Sie kochen sinnlicher und intensiver. Und sie
performen nicht nur, sie sind mit Herz dabei.
Sie kochen nicht, um zu zeigen, was sie kön-
nen, sondern um dem Menschen, der den Tel-
ler bekommt, glücklich zu machen. Sie sind in
allem mutiger. Mein Kollege Valentin, der aus Gefüllte Ofentomate
der Sterneküche kommt und ein begnadeter
Koch ist, sagt immer: »Renate, Du kochst viel Zutaten für 4 Personen:
gefährlicher als ich.« Ich spiele einfach gern 8 Fleisch- oder Ochsenherztomaten
mit dem Feuer. Und ich liebe die täglichen 1 EL Öl
Experimente, alles neu zu erfinden aus dem, Salz, Pfeffer
womit die Natur uns beschenkt. Bei uns gibt 1/2 Menge vom »Tomaten Linsen Tanz« (s. S. 56)
es niemals das gleiche Menü – denn das
bestimme nicht ich, das bestimmt der Bauer Die Deckel der Tomaten abschneiden, die Tomate vorsichtig
bzw. die Natur. mit einem Löffel aushöhlen. 1 EL Öl mit Salz und Pfeffer wür-
zen und die Tomate damit außen und innen bepinseln.
Zur Scheunenwirtin Den Deckel nicht vergessen. Mit dem »Linsentanz« füllen
Helmut-Ginzkey-Weg 10, und 10 Min. bei 180 °C (Ober-/ Unterhitze), dann weitere
73566 Bartholomä, 5 Min. nur bei Oberhitze fertig garen.
Tel 07173. 915 22 20,
➽ www.scheunenwirtin.de

Lachsforellenfilet mit Basilikum-Gremolata auf Ochsenherztomaten


Zutaten für 4 Personen: Ochsenherztomaten waschen und in 1 cm
600 g Lachsforellenfilet ohne Haut große Würfel schneiden. Schalotten in
und Gräten Olivenöl bei kleiner Hitze andünsten.
2 Scheiben trockenes Weißbrot Ochsenherztomaten zugeben, kurz durch-
ohne Rinde schwenken und mit Salz und buntem Pfef-
1 Bund Basilikum fer aus der Mühle abschmecken. Auf
2 Knoblauchzehen einem tiefen Blech oder in einer Auflauf-
Abrieb von 1 Zitrone form verteilen.
Olivenöl
Salz, Pfeffer Lachsforellenfilet in 4 Portionen schnei-
bunter Pfeffer aus der Mühle den. Von beiden Seiten salzen und pfef-
600 g Ochsenherztomaten fern, in der Pfanne mit wenig Speiseöl an-
2 Schalotten, feingehackt braten und auf die Ochsenherztomaten
Speiseöl zum Braten vom Fisch legen.

Weißbrot reiben. Basilikum und Backofen auf 180 °C (Ober-/ Unterhitze)


Knob­lauch fein hacken und mit dem vorheizen. Das Backblech auf die mittlere
Zitronenabrieb, 2 EL Olivenöl und Schiene stellen und das Lachsforellenfilet
einer Prise Salz zu einer Gremolata ca.10 Min. vorgaren. Gremolata auf den
mischen. Lachsforellenfilets gleichmäßig verteilen
und bei Oberhitze weitere 5-7 Min. fertig-
garen.

Slow Food | 04/2021 57


AUS DER KÜCHE

Honigwissen

Das Gold der Imker


Honig ist ein jahrtausendealtes Heil- und Süßungsmittel. Der Charakter eines jeden Honigs ist
dabei einzigartig und hängt vom Standort, der Jahreszeit mit ihrem Nektarangebot und natürlich
vom handwerklichen Können des Imkers ab. Im Kücheneinsatz wird das vielseitige Naturprodukt
oft verkannt. Denn es kann mehr als nur Honigbrot und heiße Milch mit Honig. Von Ira Schneider.

N
icht nur die einzelnen Honigsorten Inzwischen hat er aus Honig und besonders gut zu Süßspeisen, während
überzeugen durch ihren Eigenge- Bio-Essenzen eine Geschäftsidee gemacht. Wasabi in Honig mit Fisch, gegrilltem
schmack und werden von Kennern Unter dem Label »honeyfaktur« vertreibt naturbelassenem Fleisch oder auch mit
gerne zum Glasieren von Fleisch und er seit 2014 hauptberuflich Honigspeziali- Käse zu Geschmackexplosionen am Gau-
Gemüse, zum Würzen von herzhaften Bra- täten aus hauseigenem Blütenhonig der men führe. Insgesamt empfiehlt der Imker,
tensaucen, Salat- und Fleischmarinaden Region und Zutaten aus aller Welt. »Auch Honig immer etwas zu erwärmen vor dem
oder Süßspeisen in der Küche verwendet. bei Nicht-Honig-Essern kommen Kombi- Kücheneinsatz, um seine Geschmacksno-
Fotos: Stock Food, Tetra; AdobeStock, valentinamaslova

»Verschiedene Zutaten zeigen sich in Kom- nationen wie Minze in Honig, Vanille in ten noch besser rauszukitzeln. Wichtig sei
bination mit Honig als wahres Geschmacks­ Honig oder Ingwer in Honig gut an. Selbst- jedoch, das Naturprodukt nicht über 40 °C
erlebnis«, berichtet Paul Büki aus Much im verständlich kann der Verbraucher auch zu erhitzen und immer zum Schluss einem
Bergischen Land. Als Hobby-Imker ist er Limetten, Yuzu (eine asiatische Zitrus- Gericht zuzufügen, denn sonst würden die
vor einigen Jahren gestartet und hatte frucht), Lemongras, Orangen oder Wasabi wertvollen Inhaltsstoffe, darunter Mineral-
während einer Einladung zum Essen ein frisch mit Honig kombinieren – allerdings stoffe und Spurenelemente, Aminosäuren,
Aha-Erlebnis, das sein Leben verändern hat man nicht immer alle Zutaten im Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe, und
sollte. »Ich bekam als Vorspeise einen Zie- Hause. Und in der Tat reicht auch eine win- Enzyme im Honig zerstört. Das gelte auch
genkäse mit Trüffelhonig serviert. Dadurch zige Menge aus, um die verschiedenen bei der Zubereitung von Heißgetränken.
dass der Käse warm war, entfaltete der Gerichte oder auch Cocktails und selbst-
Honig ein ganz besonderes Aroma. Das hat gemachte Limonaden aufzupeppen und 100 Sorten Honig
mich auf die Idee gebracht, mit Honig zu rund zu machen«, so Paul Büki. Auch wenn es dokumentierte Funde noch
experimentieren«, erinnert sich Büki. Vanille in Honig passe beispielsweise genießbarer Honig-Vorräte in Pharao-

58 Slow Food | 04/2021


CHEF ALLIANCE

Mit Honig aus der Region


lässt sich die Kulturlandschaft
vor der eigenen Haustüre un-
terstützen (li.). Ziegenkäse
mit Birne und etwas Honig
darüber, sehr fein!

nen-Gräbern gibt, so ist Honig nicht ohne


Weiteres unbegrenzt haltbar. Über diese
und weitere Aspekte rund um das aroma-
tische Naturprodukt informierte Klaus
Stein­hilber, Inhaber der Demeter Natu-
ra-Imkerei in Wattenheim in der Pfalz und­­
2. Vorsitzender Bundesverband Dunkle
Biene Deutschland e.V., im Rahmen einer
Online-Verkostung. Die Veranstaltung
führte Slow Food Deutschland e.V. mit
Experten zum Weltbienentag am 20. Mai
2021 durch – mit vorangehender ­Diskussion
über eine bienenfreundliche L ­ andschaft. Geschick des Imkers. Im Gegensatz zu
Etwa 100 Honigsorten von A wie Akazi- industriell abgefüllten Honigen, die häufig
enhonig bis W wie Wildblütenhonig sind wegen langer Streichfähigkeit und Haltbar-
im Handel erhältlich. Ihr Farbspektrum keit erhitzt würden und »tot seien«, könne
reicht von fast farblos bis dunkelbraun, von man sich beim Imker nebenan indessen
lieblich-süß bis kräftig-würzig oder sogar auf handwerkliches Können und naturbe-
malzig. »Während die Biene den Blütenho- lassene Qualität verlassen – so Klaus
nig oder Nektarhonig aus dem Nektar der ­Steinhilber während der Verkostung.
Pflanzen gewinnt, stellt sie den Wald- oder Dass alle Imker-Honige früher oder spä-
Honigtauhonig aus den Absonderungen ter auskristallisieren, sei ein Zeichen für
von Blattläusen her. Letztere geben dem ihre Ursprünglichkeit. Kristallisierter
Honig eine kräftige Note«, erläutert der Honig lasse sich bei geringer Temperatur
Imker. Reinsortige Honige müssten indes (25-30 °C reichen bereits aus) im Wasser-
immer einen mindestens 60-prozentigen bad erhitzen und so wieder flüssig machen.
Anteil eines Nektars oder Honigtaus einer Bei einer Temperatur von 15 °C sollte der
m it
angegebenen Blühpflanze enthalten, Her- Honig möglichst im Glas verschlossen, tro- a lt er n ativ er
kunftshonige sogar zu 100 Prozent aus dem cken und dunkel aufgehoben werden, rät Sü ß e
ausgelobten Gebiet stammen. Klaus Steinhilber. Denn durch eindrin-
gende Feuchtigkeit und warmes Klima
Kristallisation als gutes Zeichen kann der Honig gären und umkippen.
Die Konsistenz eines Honigs hängt von der MEHR ALS SAUCEN
Zusammensetzung der in ihm enthaltenen Der Geschmack der Pfalz
Zuckerarten ab. Wenn der Fructoseanteil Im Zuge der Verkostung stellte der Pfälzer Entdecken Sie die Vielfalt
überwiegt, dann ist der Honig eher flüssig Imker drei seiner Honige vor. Der »Honig der Naturata Grillsaucen:
und kristallisiert erst spät, während er bei von der Dunklen Biene« stammt von der von cremig-mild bis zu
Dominanz von Glucose eine überwiegend ehemals heimischen Bienenrasse Apis mel-
feurig-scharf! Und finden
cremige (feste) Konsistenz aufweist. Die lifera mellifera, die noch bis 1850 die weit-
Textur des Honigs einzustellen, obliegt verbreitetste Honigbiene im heutigen Sie Ihre ideale Sauce für
darüber hinaus dem handwerklichen Europa war. Erstaunlich sei, dass die Gegrilltes, Bowls oder
Fingerfood.
www.naturata.de
Slow Food | 04/2021 59
AUS DER KÜCHE

Wie wunderbar Eis und Honig


harmonieren, können Sie mit
dem Rezept unten selbst aus-
probieren.

Dunkle Biene von ihrem Charakter her und Kennzeichnung von Honig informie-
keine Honigjägerin ist und gegenüber den ren. Außerdem klären der Deutsche Imker-
heutigen Zuchtbienenrassen Carnica und bund (mit dem Label »Echter Deutscher
Buckfast besonders viele Blühpflanzen Honig«) und die jeweiligen Öko-Anbauver-
anfliegt, erläuterte Klaus Steinhilber. bände auf ihren Internetseiten auf, welche
In einer Analyse seines Honigs konnten Voraussetzungen sie jeweils an die stren-
160 verschiedene Pflanzenarten ausge- gere Qualität ihrer Honige stellen. »Beim
macht werden, die seine Bienen zum Nek- Kauf von Honig lohnt sich ein Blick auf das
tarsammeln aufgesucht hatten. Sein Fazit Etikett. Denn nur wo deutscher Honig
Quark-Honig-Eis des Ganzjahreshonig: »Die Westpfalz hat draufsteht, ist auch hiesiger Honig drin«,
Rezept von Ira Schneider einen Geschmack bekommen. Verglichen so Imker Paul Büki.
mit einer Weinverkostung würde man Demeter-Imker Klaus Steinhilber erläu-
Zutaten: beschreibend sagen, der Honig schmeckt terte, dass Biohonig sich vom konventio-
250 g Magerquark, grün nach Gräsern. Auch etwas Zimtarti- nellen Honig im Großen und Ganzen in
4-5 EL flüssiger bzw. leicht er- ges, Blumenwiese, Sommerkräuter wie einigen Aspekten der Bienenhaltung (z.B.
wärmter, vorzugsweise reinsor- Thymian, Rosmarin, Honigtau vom Fich- Betriebsmittel aus natürlichen Materia-
tiger Honig (z.B. Edelkastanie), tenbaum, Waldhimbeere und Brombeere lien, Naturwabenbau, Verbot des Flügel-
250 ml geschlagene Sahne, sind zu schmecken.« Ein Edelkastanienho- stutzens) und der Rückstandsfreiheit von
Saft von ½ Zitrone. nig mit Standort seiner Stöcke in der bestimmten Stoffen (Wachs- und Honig­
Südpfalz, wo Maronenbäume das Land- analyse) unterscheide.
Die Zutaten nacheinander mitei- schaftsbild prägen, und ein Wald- und Wie- Der Hype um den bis 50 Euro pro­
nander verrühren und in eine Eis- senhonig aus Blüten und Honigtau mit 100 Gramm teuren Manuka-Honig aus
maschine geben. Etwa 30 Min. Standort am Rande des Hunsrücks nah- Übersee ob seiner besonderen gesund-
cremig rühren. Alternativ die Zu- men ebenfalls an der Verkostung teil. heitsfördernden Wirkung lassen ihn und
taten in eine Gefrierform füllen Insgesamt wiesen alle drei Honige sel- auch den konventionell arbeitenden Kol-
und unter gelegentlichem Rüh- ten komplexe und dichte Aromen-Portfo- legen Büki allerdings kalt. Denn allen
ren 2-3 Stunden fest werden lios auf, was Klaus Steinhilber auch für die naturbelassenen Honigen sei eine gewisse
Foto: Stock Food, PhotoCuisine

lassen. Küche einige Tipps entlockte. Zimmer- immunstärkende, antibiotische und anti-
warm oder mit den Händen leicht erwärmt, septische Wirkung nachzuweisen – so die
Mit Waldhonig-Topping und ge­ würden die Honige gut zu Frisch- und Imker unisono. ●
rösteten Nüssen, mit Obst-Grüt- anderen Käsen oder Wein passen. Insbe-
ze oder frischem Beerensalat sondere der Wald- und Wiesenhonig har-
servieren. moniere mit seinen Wildbeeren-Aromen
gut mit Pecorino und Spätburgunder. Der Tipp
Edelkastanienhonig mache sich ob seiner
einzigartigen Kastaniennote besonders gut Die Slow-Food-Veranstaltung »Eine
zum Aromatisieren von Quarkspeisen oder bienenfreundliche Welt für das
passe optimal zu Blauschimmelkäse. Leben der Biene!« (Online-Verkos-
tung und Diskussion am Weltbie-
Honig im Handel nentag) können Interessierte hier
In der Honigverordnung des Bundesminis- nachträglich anschauen:
teriums für Verbraucherschutz, Ernährung ➽ www.slowfood.de/honig_
und Landwirtschaft von 2004 können sich verkostung
Honigfans im übrigen über Anforderungen

60 Slow Food | 04/2021


GESUNDER BODEN

RETTET
DEN
BODEN
Damit er gesund und lebendig ist,
können alle etwas tun!
Ilustrationen: Barbara Kleiber-Wurm

Slow Food | 04/2021 61


DOSSIER

Boden mit Burnout

Es muss
Boden mit Burnout

sich etwas
ändern!
Alles, was uns ernährt, beginnt im Boden. Leider geht es dem nicht besonders gut.
Die Bodenkrise ist neben der Klima- und der Artenkrise die dritte große Herausfor-
derung der Menschheit – und eng mit den anderen beiden verbunden. Durch nach-
haltige Landwirtschaft, hat Sven Prange erfahren, könnte sich unser Boden erholen.

D
en Spaten hat Stefan Schmutz jedes Mal da- Zerstörung der Humusschicht
bei, wenn er auf einen seiner Äcker fährt. Womit er Dimension und Dilemma des Bodens in
Der Landwirt aus dem Chiemgau nutzt ihn einem Satz beschrieben hat. Denn tatsächlich hängt
dann gerne mal, um ein Stück Boden ans Tages- vom Boden alles Leben ab – und gleichzeitig ist der
licht zu befördern. »Die Farbe, der Geruch, die fruchtbare Teil des Bodens ein fragiles System. Im
­Krümeligkeit«, sagt Stefan Schmutz, »geben sofort Boden entstehen nicht nur die Voraussetzungen für
einen Eindruck über den Zustand des Bodens.«­ Biodiversität an der Erdoberfläche, der Boden lei-
Und der ist wichtig. »Der Boden ist ja nicht nur det wiederum nachhaltig unter Hitze oder Dürren.
Substrat, auf dem etwas wächst«, erklärt Schmutz, Neben diesen beiden Plagen setzen auch Versie-
»er ist ein eigener lebendiger Organismus.« Und gelung, Verdichtung und eine Zerstörung der
als solcher Ausgangspunkt für die Qualität der Humusschicht durch falsche Nutzung den Böden
Pflanzen und Lebensmittel, die auf ihm gedeihen. zu. »Der Zustand der Böden ist schlecht«, sagt Franz
»Viele Kunden spüren, dass ihnen saisonale und Rösl, Vorstand der auch von Slow Food unterstütz-
regionale Lebensmittel guttun – und zwar vor al- ten Interessensgemeinschaft gesunder Boden
lem, wenn sie aus gesunden Pflanzen stammen, die (siehe Interview S. 64). Der Weltagrarbericht spricht
eben einen gesunden Boden haben«, ergänzt von einem »dramatischen Zustand«. Etwa 970 Mil-
Julia Reimann. lionen Tonnen fruchtbarer Boden gehen der EU je-
In ihrem Betrieb »Chiemgaukorn«, einem des Jahr durch Erosion verloren. Europas Boden
180-Hektar-Hof im Voralpenland, legen Julia Rei- hat Burnout.
mann und Stefan Schmutz deswegen schon lange
Wert auf guten Boden. Und weil ein Boden leben- Leindotter stützt Ackerbohne für
dig bleibt, wenn man ihn an der Oberfläche gut be- Wurzelvielfalt
handelt, ihm vor allem durch eine nachhaltige Be- Als Stefan Schmutz und Julia Reimann vor einein-
pflanzung viele Nährstoffe zuführt, setzt der Hof auf halb Jahrzehnten den Betrieb übernahmen, war für
viele verschiedene Pflanzen und eine bodenscho- sie klar: Sie wollten ihren Hof so aufstellen, dass sie
nende Bearbeitung. »Alles, was wir erwirtschaften, möglichst unabhängig vom Auf und Ab der Märk-
kommt ja aus dem Boden«, sagt Stefan Schmutz. te, von Zwängen großer Marktpartner und falschen
»Wir leben alle von dieser dünnen, nur 20 Zentime- Rahmenbedingungen der Landwirtschaftspolitik
ter dicken Haut.« abhängig wurden. Der Kern dieser Überlegungen:

62 Slow Food | 04/2021


GESUNDER BODEN

der Rückgriff auf alte, besondere Sorten im Anbau sunder Boden-Vorstand Franz Rösl. Und diese Fol-
und Direktvermarktung im Verkauf. gen sieht man dann auch an der Oberfläche: Ar-
So legten die beiden aber nicht nur den Grund- tenvielfalt oberhalb des Bodens ist ohne
stein für eine ökonomische Nachhaltigkeit ihres Be- Artenvielfalt im Boden undenkbar.
triebs – sondern auch für die ökologische. »Erst Entsprechend arbeiten immer mehr Landwirte
wenn der Boden ökologisch funktioniert, kann es an der Rettung des Bodens: durch Weglassen che-
auch ökonomisch funktionieren. Und andersher- misch-synthetischer Pestizide, durch pflugloses Ar-
um«, sagt Julia Reimann. Dafür legt ihr Mann Ste- beiten, kluge Mulchsysteme, durch ausgetüftelte
fan Wert auf eine ausgiebige Fruchtfolge, auf Kompoststrategien.
Mischkulturen, auf Untersaaten. So wächst neben
vielen Kulturen, etwa Ackerbohnen oder Erbsen, Das System muss sich ändern!
Leindotter als Stützpflanze mit. Parallel zum Dinkel Benedikt Bösel ist die jüngste Generation auf dem
sät Schmutz Klee aus, lässt Beikräuter lange stehen. Schlossgut Alt Madlitz, einem 1 000 Hektar Biobe-
Das Prinzip dabei: Eine Vielfalt an Pflanzen veran- trieb eine Stunde außerhalb von Berlin. Als er vor
kert natürlich auch eine Vielfalt an Wurzeln im Bo- einigen Jahren in den Familienbetrieb einstieg, war
den, sodass dieser verschiedene Nährstoffe be- er schnell ernüchtert: »Mich nervt, wie alle Men-
kommt. Die lange Begrünung schützt den Boden schen an der Landwirtschaft verdienen, nur Land-
zudem. »Was man oben sieht, ist nur ein kleiner wirte nicht«, sagt Bösel. Gleichzeitig bemerkte er
Teil. Viel mehr läuft im Boden ab«, weiß Schmutz. die ökologischen Herausforderungen, die ein Be-
Das Ziel all dieser Mühen: Dass die Humus- trieb mit hauptsächlich sandigen Böden nach meh-
Schicht mindestens erhalten bleibt, sich sogar sicht- reren Dürre-Jahren so zu bewältigen hat. Für Bösel
bar wieder aufbaut. Denn Humus ist die lebendige war schnell klar: »Die aktuellen Bewirtschaftungs-
Schicht des Bodens, das Leben dort bildet sich vor systeme, egal ob bio oder konventionell, sind an-
allem durch zersetzende Organismen. Nur diese fällig.« Zwar sieht er, dass viele Kolleginnen und Kol-
Bodenschicht gibt Pflanzen einen fruchtbaren Un- legen sich um ein ökologisches Gleichgewicht
tergrund. Das ist ein ebenso komplexes wie anfäl- bemühen, schon um ihre Betriebe resilienter zu ma-
liges System. Eine Handvoll Ackerboden enthält chen. »Viele arbeiten mit Zwischenfrüchten und Un-
mehr Organismen als Menschen auf diesem Plane- tersaaten oder lassen den Pflug weg, das ist alles
ten leben. Die dünne Erdkrume, in und auf der sich gut«, sagt Bösel. »Aber am Ende bekämpft man da-
das Landleben unseres Planeten abspielt, ist das mit nur Symptome eines falschen Systems. Wir wol-
Produkt jahrhundertelanger, permanenter Zerset- len sagen: Wie muss ich das System ändern, damit
zungs-, Umwandlungs- und Aufbauprozesse unzäh- ich die Symptome gar nicht mehr habe?«
liger, größtenteils sehr kleiner Lebewesen. Und dafür hat sich Bösel, der auch dank der Un-
terstützung einer Stiftung mittlerweile 35 Menschen
Immense Kosten beschäftigt, einiges einfallen lassen. Er arbeitet nach
An der Bodengare, dem optimalen Zustand zur Be- den Prinzipien von Agroforst-Landwirtschaft, syntro-
pflanzung, haben Generationen von Landwirten pischer Landwirtschaft und ganzheitlichem Weide-
und Bodenkundlern geforscht und getüftelt. Tieri- management. In Kürze heißt das: Auf Feldern wach-
sche und menschliche Exkremente, stickstofffixie- sen nicht nur klassische Feldfrüchte und Getreide,
rende Leguminosen, Mulchtechniken, Kompost und sondern auch Hölzer. Bei der Auswahl der Kulturen
geeignete Fruchtfolgen spielen dabei eine eben- auf den Feldern greifen Bösel und seine Mitstreiter
so wichtige Rolle wie Aufbereitung und Schutz der wieder auf die natürliche Abfolge von Pflanzenge-
Bodenstruktur, Durchwurzelung, Belüftung, Schat- meinschaften an einem Standort zurück. Und die
ten, Wasseraufnahme und -speicherung sowie Rinder des Hofs leben nicht nur das ganze Jahr auf
Windschutz. Das klingt nach viel Aufwand. Noch der Weide, sie werden auch mal auf Ackerflächen
aufwendiger ist es allerdings, nichts zu tun: Die Kos- mit Untersaaten oder Zwischenfrüchten eng zusam-
ten der Bodenzerstörung belaufen sich laut mengestellt und jeden Tag weiterbewegt. So fres-
Welt-Agrarbericht weltweit auf 10 Billionen Dollar sen die Kühe die Gräser nicht bis zum Boden ab,
jährlich. sondern nur etwa die Hälfte, was die verbliebenden
»Durch unser Bodenmanagement in den vergan- Pflanzen zu mehr Wachstum anregt.
genen Jahrzehnten ist die Biodiversität in den Das Ziel des Ganzen: Den Boden regenerieren,
Böden extrem zurückgegangen«, sagt der ­IG ge- Humus aufbauen, Kohlenstoff in den Böden spei-

Slow Food | 04/2021 63


DOSSIER

chern. Natürlich, das Modell »Gut & Bösel«, wie das Entsprechend lassen sie sich bei »Chiemgau-
Gut Madlitz heute heißt, ist nicht 1:1 auf andere Be- korn« einiges einfallen: Ihre alten, zum Teil unbe-
triebe übertragbar. Bösel selbst spricht von einer kannten Getreidesorten, vermarkten sie als »Baye-
»demütigen Grundhaltung«, mit der sie die ange- rischen Reis«, ihre Saaten pressen sie zu wertvollen
stoßenen Prozesse beobachten. Er sieht das Gan- Ölen, Getreide fügen sie zu praktischen Backmi-
ze eher wie eine Mischung aus Forschung und prak- schungen zusammen. Mit viel Liebe zum Detail in-
tischer Landwirtschaft. »Wir wollen hier nicht Bäume formieren sie ihre Kunden über jeden Schritt. Ver-
pflanzen und auf das Beste hoffen, sondern Lösun- langen etwa Kunden, dem Trend folgend,
gen suchen, die wir Open Source zur Verfügung Superfoods wie Chia-Samen, schlägt Julia Reimann
stellen«, sagt er. »Uns muss es gelingen, alle Land- ihnen die besser in hiesige Verhältnisse passende
wirte mitzunehmen. Viele Menschen entwickeln Braunhirse vor. »Viele sind dankbar für diese erklä-
schlaue Sachen, aber das meiste kommt nicht an, rungsbedürftigen Produkte«, sagt Julia Reimann.
weil viele Landwirte zu viel zu tun haben – das müs- Vor allem, wenn sie hören, dass Stefan Schmutz, Ju-
sen wir dringend ändern.« lia Reimann und ihr Team nur so die ökologisch
wertvolle Arbeit leisten können. Dieses Jahr hat
Vermarktung der Vielfalt Stefan Schmutz wieder zwei neue Sorten gepflanzt.
Das alles klappt aber nur, wenn Landwirte in ihren Welche? Das möchte er nicht verraten. »Ich arbei-
Bemühungen nicht alleine gelassen werden. »Wir te lieber so, dass ich erstmal schaue, ob ein Ver-
müssen ja auch die Sachen verkaufen«, so die such Erfolg hat«, sagt er, «dann erst rede ich darü-
Chiemgauer Landwirtin Julia Reimann, »das ist ja ber.«
kein Naturschutzprojekt.« Somit hat es jeder Ver-
braucher ein Stück mit in der Hand, ob er Produk- ➽ www.chiemgaukorn.de
te aus bodenschonender Landwirtschaft kauft oder ➽ www.schlossgutaltmadlitz.com
nicht. ➽ www.ig-gesunder-boden.de

Interview

Für einen lebendigen Organismus


Um den Boden steht es schlecht – aber jeder von uns kann etwas zu seiner Genesung tun,
erklärt Franz Rösl von der IG gesunder Boden im Gespräch mit Sven Prange.

Slow Food Magazin: reparierbar sind. Gilt das für den Boden auch?
Herr Rösl, was ist ein gesunder Boden? Das hängt von der Perspektive ab. Der Boden selbst kann
Franz Rösl: Ein gesunder Boden ist lebendig. Er ist humus- sich schon regenerieren. Dafür gibt es unwahrscheinlich vie-
reich und hat eine hohe natürliche Fruchtbarkeit. Im Ergeb- le Möglichkeiten. Die einfachste ist, dass man die Wurzel­
nis zeichnet sich der gesunde Boden dadurch aus, dass er ausscheidungen von Pflanzen nutzt, die über die Fotosyn-
gesunde Pflanzen hervorbringt, die wiederum gesundheitli- these produziert werden und so das Bodenleben ernährt. Je
che Effekte auf Tier und Mensch haben und gesundes Was- vielseitiger die Pflanzenarten, die man anbaut, desto besser
ser erzeugen. Ein toter Boden erzeugt all das nicht. regeneriert der Boden. Das ist der gute Teil der Nachricht.
Der schlechte ist: Wir haben zum Teil schon Schäden produ-
Und wie gesund sind unsere Böden? ziert, deren Reparatur länger dauert als eine Generation.
Bevor die Menschen begannen, mit dem Pflug den Boden
zu bearbeiten und intensiv Landwirtschaft zu betreiben, Es gibt derzeit großen Handlungsdruck gegen die Klima­
hatten wir zehn bis 20 Prozent Humus-Anteil, also lebendi- krise, gegen das Artensterben – nur nicht für einen gesun-
gen Boden. Heute sind es etwa 1,5 bis 3 Prozent in Acker­ den Boden. Warum spielt er öffentlich kaum eine Rolle?
böden und etwa vier bis zehn Prozent in Wiesen. Wir sind Man muss ganz nüchtern feststellen, dass die höchste gene-
da also im Vergleich dem Tode näher als dem Leben. Viele tische Diversität und mikrobielle Aktivität unterirdisch vor-
Böden sind in einem extrem schlechten Zustand. herrschen. Weil man das nicht sieht, steht das aber nicht so
im Fokus. Der Boden ist ein lebendiger Organismus, kein
Bei Klimakrise und Artensterben sprechen wir von Kipp- Nährstoffbehälter, auf den man etwas draufgibt und dann
punkten – also so großen Problemen, dass sie kaum noch wächst etwas. Es wäre jetzt an der Zeit, den Fokus darauf zu

64 Slow Food | 04/2021


GESUNDER BODEN

legen. Jeder Bürger kann da einen Beitrag leisten. Und das Viele Landwirte sagen, dass sie selbst die größten
ist die wirklich gute Nachricht: Ich bin 2021 Gast auf Erden Bodenbewahrer seien.
und kann mitwirken, dass die Schöpfung nicht nur erhalten Wir dürfen in der Diskussion natürlich die Landwirte nicht al-
wird, sondern sich auch regeneriert. leine lassen. Ich kenne tolle Landwirte, die arbeiten ohne
Pflug, ohne Pestizide und dennoch mit vollem Ertrag. War-
Was kann ich denn leisten? um machen das nicht alle? Die Produzenten müssen sich
Jeder sollte sich bewusst machen, dass er oder sie über das wertgeschätzt fühlen, sonst schätzen die ja ihren Boden
Einkaufsverhalten und den Energieverbrauch direkt auf den auch nicht wert. Es müssten regionale Möglichkeiten her,
Boden einwirkt. Wer Produkte kauft, die auf einem gesun- Leistungen für den Boden besser zu bezahlen. Wir Verbrau-
den Boden gewachsen sind, leistet einen großen Beitrag. cher können mit unserem Kaufverhalten diese Landwirte un-
terstützen, indem wir regionale Produkte kaufen oder direkt
Woher weiß man, ob der Boden gesund war? im Hofladen einkaufen, wo wir mit den Bauern persönlich
Produkte, die ohne Pestizide erzeugt wurden, sind besser kommunizieren können. Das wirkt sich in der Folge auch auf
für den Boden. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob allen Konsu- die anderen Betriebe positiv aus, denn niemand möchte
menten klar ist, was für eine enorme Fracht an Pestiziden sich ausgegrenzt fühlen.
etwa ein konventionell erzeugter Apfel enthält oder konven-
tionelle Baumwollkleidung. Braucht man davon wirklich so Warum fällt das so schwer?
viel, obwohl sie bodenschädlich angebaut wird? Wir brau- Weil wir uns dazu auch eingestehen müssten, Jahrzehnte in
chen mehr Suffizienz und Subsistenz. Genügsamkeit, Sel- die falsche Richtung gelaufen zu sein. Die Landwirtschaft
bermachen und Wiederverwenden müssten unsere Leitmo- wollte ja nicht bewusst den Boden degradieren. Es gab
tive sein. Und zwar nicht aus einem schlechten ökologischen eben andere Schwerpunkte. Aber sind die heute noch sinn-
Gewissen heraus, sondern aus Freude. voll? Jede Generation muss bereit sein, die Aufgaben ihrer
Generation zu lösen. Und dazu gehört, die Aufgaben von
Was schädigt den Boden am meisten? morgen nicht mit dem Wissen von vorgestern zu lösen. Es
Der größte Teil ist die Bodennutzung. Dazu gehört der Um- gibt für alle Bodenprobleme Lösungen und wir sollten ler-
bruch von Wiesen in Äcker, ein großes Drama. Vor allem nen, diese auch sinnvoll zu nutzen. ●
aber gehört dazu die Bodenverdichtung durch falsche Land-
nutzung. Früher gab es Pferde, dann kleine Traktoren. Franz Rösl ist Gründer und 1. Vorsitzender der Inter-
Heute haben Sie große Traktoren, die ganz anders essengemeinschaft gesunder Boden e.V. Schon
auf die Böden wirken. Dabei wächst die Zone, in die seit 1997 betreibt er das Kompost- und Erden-
die Verdichtung hineinragt, viel tiefer. Das ist ein werk Liemehna bei Leipzig sowie das Erden-
werk, Leonardit- und Tontagebau Friedrich-
Riesenproblem, weil durch die Verdichtung Pflan-
Zeche in Regensburg. Er berät Landwirte zum
zen nicht mehr tief wurzeln können. Die Wurzel
Foto: privat

Humusaufbau, Kompostierung, Tiergesund-


aber, die nur 30 Zentimeter in den Boden geht, die heit, Gülleaufbereitung und Verringerung von
trägt nicht mehr wie bisher zum Bodenleben bei. Nährstoffverlusten.

BRUDERKÜKEN LEBEN SCHENKEN


Bei Naturland gibt es echte Gleichberechtigung: 100% ökologisch und
artgerecht. Alle Bruderküken von Naturland Legehennen dürfen künftig
wie ihre Schwestern groß werden. Damit lösen wir zwei Probleme des
Geflügelmarkts auf einen Schlag: Wir beenden das Kükentöten. Und wir
stellen die ökologische Aufzucht der Bruderhähne sicher. Sie setzen zwar
ÖKOLOGISCH, im Gegensatz zu Masthähnchen weniger Fleisch an – wir finden aber, sie
haben das gleiche Recht auf ein artgerechtes Leben als Nutztier. Unsere
ARTGERECHT UND Öko-Bruderhähne leben überwiegend in reinen Hahnengruppen und wer-
den mit viel Liebe, Auslauf im Freiland, Platz zum Scharren und Bio-Futter
UNTERSTÜTZENSWERT aufgezogen.
Helfe auch du als Verbraucher:in mit, den Bruderküken Leben zu schen-
ken. Achte beim Kauf von Eiern auf das neue Bruderküken-Logo neben
dem Naturland Zeichen, das in Zukunft auf immer mehr Eierschachteln zu
finden sein wird. www.bruderküken.de

bruderküken.de Slow Food | 04/2021 65


DOSSIER

Agroforst verarmte Böden, die Anzahl Gülle Einzigen sind, die sich auch
Statt weitläufiger Felder, die und Vielfalt der im Boden Wie so oft, kommt es auf mal Schnecken schmecken
ungeschützt Hitzestress und enthaltenen Klein- und die Dosis an. Grundsätzlich lassen, sind sie bei Gärtnern
Wind und damit der Erosion Kleinstlebewesen hat sich ist Gülle – also die Aus- besonders beliebt. Höchs-
preisgegeben sind, wech- dramatisch reduziert. Leben scheidungen von landwirt- tens, um Würmer oder Rau-
seln sich kleinere Feldflä- kommt wieder in den Bo- schaftlich genutzten Tieren pen herauszupulen, macht
chen mit Strauch- und den, wenn er mit Hilfe von – wertvolles Bodenfutter, sich das Stacheltier über
Baumreihen ab. Das Ergeb- Gründüngungspflanzen wie das Stickstoff, Phosphat, Ka- Fallobst her.
nis: mehr Artenvielfalt und Lupinen, Gelbsenf oder lium und Magnesium liefert.
damit ein stabileres Ökosys- Phacelia sowie mit Mist an- Im Übermaß aber ist es Gift.
tem, weniger Erosion, weni- gereichert wird. Wird – leider in der konven- Jäten
ger Verdunstung, leichterer tionellen Landwirtschaft ak- Es hilft nichts: Die einzige
Aufbau von Humus. tuell die Regel – zu viel Gül- bodenfreundliche Art, sich
EHEC le ausgebracht, landet es im von unerwünschter Spon-
In der Erde tummeln sich Grundwasser und verseucht tanvegetation zu befreien,
Bodenwertzahl unzählige nützliche Lebewe- es mit Nitrat. Phosphat wie- besteht darin, sie auszurup-
Sie misst die Ertragsfähigkeit sen – aber auch ein paar ge- derum macht Oberflächen- fen und komplett, samt
eines Bodens. Am frucht- fährliche Mikroorganismen gewässern zu schaffen, kann Wurzel zu entsorgen. Ein-
barsten ist Schwarz­erde, die wie EHEC- und Tetanus-Er- sie zum »Kippen« bringen. fach der Natur ihren Lauf
Bezugsgröße in Deutschland reger. Deshalb darf beim lassen ist keine Option,
ist die Schwarzerde in der Umgang mit Erde auch die wenn man dem Boden Salat
Magdeburger Börde mit Hygiene nicht zu kurz kom- und Gemüse abgewinnen
dem Wert 100. Die größten men. Das heißt: Hände nach möchte, denn die wuchs-
Vorkommen bester Schwar-

A wie Agroforst bis


zerde gibt es in der Ukrai-
ne, die deshalb auch einst Bodenwissen
als »Kornkammer Europas«
galt. Von
CO2 Welche Pflanzen verbergen sich hinter dem
und andere Treibhausgase dem Wühlen in der Erde, Oberbegriff Leguminosen? Schon mal was von
wie Methan und Lachgas und Gemüse, wenn es roh
machen die Landwirtschaft verzehrt werden soll, immer
Terra preta gehört? Nach einem Blick in das von
zu einem bedeutenden Kli- gut waschen! Rozsika Farkas zusammengestellte Boden-ABC
makiller, mindestens 15 Pro-
steht dem Fachsimpeln mit Gartenprofis nichts
zent der Emissionen gehen
auf ihr Konto. Unbedingt Fruchtfolge mehr im Wege.
nötig: eine Agrarwende, wie Nicht nur in der professio-
sie seit Jahren unter dem nellen Landwirtschaft von
Motto »Wir haben es satt« Bedeutung, auch im kleinen
auch von Slow Food gefor- Gemüsegarten wichtig. Da- Humus starken Unkräuter rauben
dert wird, d.h. eine naturna- bei geht es darum, boden- heißt eigentlich nichts an- den Schätzchen Licht, Platz,
he Landwirtschaft mit weni- schonend eine optimale deres als Erde oder Erdbo- Wasser und Nährstoffe.
ger Stickstoffdünger auf den Ausbeute zu sichern, indem den. Gemeint ist damit die
Äckern, weniger Tieren und nach einem Jahr mit stark- obere Bodenschicht, die
weniger – oder besser kei- zehrenden Pflanzen wie Kür- aus fein zersetzten organi- Kompost
nen – Pestiziden. bis oder Kohl Mittelzehrer schen Substanzen besteht. Eigentlich nur Abfall – aber
wie Zwiebeln oder Rettich was für einer! Aus Obst-
Dünger und danach Schwachzehrer und Gemüseschalen, Gras-
Von Chemiefabriken herge- wie Bohnen oder Erbsen Igel schnitt und Laub entsteht,
stellte Kunstdünger haben gepflanzt werden – im Ideal- Niedlich und nützlich sind wenn alles gut geht, inner-
im vergangenen Jahrhun- fall ergänzt durch ein Jahr die stachelbewehrten Rund- halb eines Jahres kostbarer
dert der Landwirtschaft Brache, in dem nur düngen- linge. Weil sie Obst und Ge- fruchtbarer
enorme Ertragssteigerun- de Pflanzen wie Senfsaat müse verschmähen und Humus.
gen eingebracht. Der Preis: wachsen. gleichzeitig beinahe die

66 Slow Food | 04/2021


GESUNDER BODEN

Leguminosen zide, Fungizide – langfristig Terra preta schützt ist, hilft es, ihn zwi-
verbessern die Bodenquali- tötet man damit nicht nur Portugiesisch für »schwarze schen den Pflanzen mit
tät, indem sie Stickstoff aus Schädlinge, sondern den Erde« – gemeint sind damit Stroh oder Grasschnitt oder
der Luft aufnehmen und in Boden selbst – und begeht zuerst im Amazonasgebiet auch mit Wollvlies abzude-
den Boden leiten. Bohnen, damit am Ende gewisserma- entdeckte hochwertige Bö- cken.
Erbsen, Linsen und Lupinen ßen Suizid. den, die ihre Farbe und
liefern also nicht nur wohl- Fruchtbarkeit einer Mi-
schmeckendes, gesundes schung aus über Jahrhun- Xenie
Gemüse, sondern sind ech- Quecke derte abgelagerter Holz- bezeichnet in der Genetik
te Wohltäter für den Boden. Wer über Giersch klagt, hat kohle, Dung, Fäkalien und eine Veränderung des Sa-
es noch nicht mit der Küchenabfällen verdanken. mens einer Pflanze, etwa
Quecke zu tun gehabt. In Manche Ökogärtner stellen beim Mais: Wenn Blüten ei-
Mutterboden Windeseile durchwurzelt sie sie gern selbst her, indem ner rezessiv-gelbsamigen
Die oberste und fruchtbars- den Boden und durchbohrt sie Pflanzenkohle, Mist, ef- Rasse durch Pollen einer
te Bodenschicht, die Acker- dabei sogar Kartoffeln. Ein- fektive Mikroorganismen dominant-violetten be-
krume, braucht Jahrtausen- ziges Gegenmittel: Gedul- und Gesteinsmehl mischen. stäubt werden, ergibt dies
de zu ihrer Entstehung. dig immer wieder die Grä- gemischtfarbige Maiskol-
Mutterboden nährt Pflan- ser samt Wurzeln ausgraben ben.
zen, filtert und reinigt Was- und darauf achten, dass Urgesteinsmehl
ser. Inzwischen ist er aller- kein Wurzelstückchen übrig- Zermahlenes Gestein, meist
dings zunehmend mit bleibt, das unweigerlich vulkanischen Ursprungs, das Ysop
Plastik aus Biomüll und Rei- wieder austreibt. Eine Auf- durch die enthaltenen Mine- auch als »Bienenkraut« be-
fenabrieb verunreinigt. gabe fürs Leben. ralien die Bodenfruchtbar- kannt, und andere Kräuter
wie Salbei, Lavendel, Ore-

Z wie Zeigerpflanzen
gano (Dost), Rosmarin und
Thymian sind genügsam,
verlangen dem Boden
nichts ab und sind mit ihren
Blüten ein Labsal für Bienen
und Hummeln.

Neophyten keit verbessern und die Wi-


Hübsch können sie sein, etwa derstandskräfte der darauf Zeigerpflanzen
das Indische Springkraut mit gesetzten Pflanzen erhöhen helfen beim Erkennen von
seinen violetten Blüten oder soll. Streut man trocken aus Bodenqualität. So steht der
die Kanadische Goldrute. oder setzt es Gießwasser Seidelbast für kalkhaltigen,
Aber: Sie verdrängen teilwei- oder Pflanzenjauche zu. die Große Brennnessel für
se aggressiv standorttypische Regenwürmer stickstoffhaltigen Boden.
Pflanzen und damit auch die sind des Gärtners beste Wo das Hungerblümchen
Nahrung, auf die manche Freunde, sie lockern den Vögel wächst, ist der Stickstoff hin-
Tiere und Insekten angewie- Boden gründlich und scho- vernaschen Blattläuse, gegen rar. Die Heidelbeere
sen sind. nend zugleich und düngen bestäuben Pflanzen und gedeiht auf saurem Unter-
ihn dabei mit ihren Aus- erfüllen damit eine wichtige grund, die Königskerze auf
scheidungen. Funktion im biologischen Lehm.
Ökologische Kreislauf des Gartens. Die schönsten Zeigerpflan-
Landwirtschaft zen aber sind die Rosen am
Zu den Grundprinzipien des Schnecken Ende von Rebzeilen, die
Bio-Anbaus gehört, dass Gegen die schleimigen Ge- Wasser den Winzer rechtzeitig vor
nicht die Pflanze mit Dünger sellen, die sich gern im Bo- Damit der Boden das Was- Mehltau warnen.
künstlich ernährt wird, son- den verstecken, ist kaum ein ser halten kann, muss er lo-
dern dass vielmehr der Bo- Kraut gewachsen. Sonnen- cker sein, allzu fester Boden
den so gefüttert wird, auf blumen, Rittersporn, Kohlra- kann nichts aufnehmen.
dass er mit den in ihm woh- bi und Salat meucheln sie Deshalb ist Bodenlockerung
nenden Lebewesen, den über Nacht. Effektiv hilft ein ebenso so wichtig wie aus-
Pflanzen, optimale Wachs- Schneckenzaun. reichendes Gießen. Damit
tumsbedingungen bereitet. der Boden im Gemüsegar-
Pestizide, Insektizide, Herbi- ten vor Austrocknen ge-

Slow Food | 04/2021 67


DOSSIER

Bodenvielfalt

WO KARTOFFELN UND WEIZEN


Marschböden
Die Zahl der für die Landwirtschaft relevanten
Entstehung im Bereich der
Bodenarten ist groß – größer als die Auswahl, Küsten und tidenabhängiger
die Andreas Heins hier vorstellt. Er be- Flussmündungen. Nährstoff-
und salzreicher Schlick wird
schreibt jeweils ihre Entstehung und die Ei- zusammen mit Sand und
genschaften. Beispiele für die Nutzung nennt Kalkschalen als Watt abgela-
gert. Durch Eindeichungs-
Parabraun- &
er auch, jedoch spielen da auch andere Fak-
maßnahmen wird der Boden Fahlerde
toren wie Klima und Topografie eine Rolle. vom Salzwassereinfluss abge- … sind gekennzeichnet durch
schnitten. Regen wäscht das Entkalkung von Lössböden
Salz allmählich aus, es entste- und Verlagerung von Tonteil-
hen fruchtbare Kalkmarsch- chen in tiefere Schichten.
Braunerde böden. Durch Auswaschung Auch als Lessivés (von franzö-
… entsteht durch Ver­ des Kalks entwickeln sich sisch lessivage = Auswa-
witterung aus unterschied- Kleimarschen. schung) bezeichnet. Gehören
lichsten lockeren Ausgangs­ Junge Kalkmarschen ge- zu den häufigsten Bodenty-
gesteinen. Tonminerale hören zu den ertragreichsten pen in Mitteleuropa. Fahler-
werden frei, das enthaltene Grundwasser- Böden, besonders Weizen de entsteht vorwiegend im
Eisen ­oxidiert und färbt den gedeiht gut. Mit zunehmen- Nordosten Deutschlands, im
Boden braun. Je nach Aus- böden – Gley der Entkalkung nimmt der Er- Süden und Südwesten domi-
gangssubstrat nährstoffarm Gley, norddeutsch Klei, ent- trag ab. Altmarschen werden niert die Parabraunerde.
bis nährstoffreich. Typisch für steht über gleichmäßig hoch- vorwiegend als Grünland ge- Parabraunerden sind gut
gemäßigt feuchte Klima­ stehendem Grundwasser. nutzt. durchlüftet, besitzen eine
bedin­gungen, bildet sie vie- Unter dem Humus oxidiert hohe Wasserspeicherfähig-
lerorts den vorherrschenden Eisen und bildet eine rostro- keit und Nährstoffverfügbar-
Bodentyp. te Zone. Im Einflussbereich keit. Gutes Ackerland, opti-
In Berglagen der Mittelge- des Grundwassers wird Eisen mal für Zuckerrüben und
birge oft flachgründig und und Mangan unter Luftab- Weizen, gute Waldstandor-
steinig, in Norddeutschland schluss reduziert und bildet te. Fahlerden ergeben bei
liegt der pH-Wert oft im sau- eine untere tiefschwarze Winterweizen, Wintergers-
ren Bereich, daher meist Schicht. Gley gibt es vor al- te, Winterraps und Hack-
forstwirtschaftlich genutzt. lem in Niederungen und am früchten reiche Erträge.
Sandige Braunerden können Rande der Urstromtäler.
in günstigen klimatischen La- Geringer Nährstoffgehalt,
gen auch als Ackerland (Kar- vor allem als Grünland ge-
toffel und Roggen) und Wei- nutzt. Nach Entwässerung Pelosol
de genutzt werden, teilweise auch Anbau von Feldfrüch- entsteht durch Verwitterung
Weinbau, sind aber anfällig ten mit hohem Wasserbedarf tonhaltiger Ausgangsgestei-
für Trockenheit und Windero- wie Mais und Ackerbohnen ne. Lange Trockenperioden
sion. möglich. Trockengelegter führen zu Schrumpfung und
Gley versauert rasch und ist zu Trockenrissen, regnerische
von Auswaschung bedroht. Perioden zu Quellung des
Tons und Wasserstau. Pelosol
lässt sich nur in einem be-
stimmten Feuchtezustand
optimal bearbeiten (Minuten-
boden). Über die Trockenris-
se dringt Humus in tiefere

68 Slow Food | 04/2021


GESUNDER BODEN

GUT WACHSEN
Schichten ein, der sich beim Stauwasser­
Quellen mit dem Boden ver- böden –
mischt (Selbstmulchen).
Bindet in hohem Maße Pseudogley
Nähr- und Schadstoffe. Ho- Befindet sich im Boden eine Tschernosem
her Wassergehalt, dieser aber Niederschlagswasser stauen-
nur bedingt für Pflanzen nutz- de Schicht, entwickelt sich oder
bar. Vorwiegend als Grün- Podsol der Pseudogley. Unter wech- Schwarz­erde
land, für Obstwiesen und als Auf sandigen nährstoff- und selndem Wasserstand löst entstand auf Lössablagerun-
Waldstandort genutzt, unter kalkarmen Substraten mit sich bei Luftabschluss Eisen gen im Steppenklima. Das
günstigen Bedingungen auch hohen Niederschlägen und und Mangan aus dem Boden kontinentale Klima mit hei-
als Ackerstandort für Getrei- hoher Luftfeuchtigkeit ent­- und fällt bei Trockenheit in ßen, trockenen Sommern und
de, Mais und Raps. wickelt sich Podsol. Streu- unregelmäßigen Klumpen kalten Wintern verhinderte
rückstände von Kiefern und wieder aus. Das verleiht dem den vollständigen Abbau der
Heidekraut werden nur Pseudogley im Verlauf der organischen Substanz. Bo-
schwer zersetzt und bilden di- Zeit sein fleckiges Aussehen. dentiere arbeiteten den Hu-
Plaggenesch cke Humusauflagen. Aus dem Bei Regen ist der Pseudo- mus in immer tiefere Schich-
Eine menschengemachte Bo- Humus ausgewaschene orga- gley zu nass, im Sommer zu ten ein, es entwickelten sich
denart. Gras-, Strauch und nische Säuren bilden mit dem trocken. Geringer Nährstoff- bis zu einem Meter mächtige,
Krautsoden wurden mitsamt Eisen wasserlösliche Verbin- gehalt, vor allem mit Misch­ schwarzbraune, nährstoffrei-
anhaftender Erde gestochen dungen, die in der Tiefe als wald bedeckt, Fichten finden che Schichten.
(daher »Plackerei«) und als rostrote Schicht wieder aus- in flachgründigem, feuchten Während Schwarzerden in
Streu in Viehställen genutzt. fallen, zum Teil steinartig ver- Boden keinen Halt. Auch als asiatischen Steppengebieten
Die mit Dung gesättigten festigt (Ortstein). Der Ober- Grünland genutzt, vorwie- noch immer entstehen, han-
Plaggen wurden aufs Feld boden bleicht aus. Besonders gend als Wiese, als Weide delt es sich bei den in
verbracht. Im Laufe der Jahr- die großen Rodungen im Mit- nicht trittfest genug. In güns- Deutschland vereinzelten
hunderte entwickelten sich telalter und die Plaggenwirt- tigen Lagen auch Anbau von Vorkommen um Tausende
bis zu 150 Zentimeter hohe, schaft (siehe Plaggenesch) Getreide und Mais. von Jahren alte Relikte. Die
fruchtbare Schichten. Diese führten zur Verbreitung des Ablagerungen sind heute vor
sind heute noch an den Podsols. allem durch Erosion und Ver-
Kanten zwischen Abstich und Leicht zu bearbeitende siegelung bedroht. Schwarz­
Feld zu erkennen. Da die Böden, aber arm an Nährstof- erden gehören zu den er-
Gewinnung der Plaggen ein fen und Spurenelementen. tragsreichsten Bodentypen
Mehrfaches an Fläche der Fel- Beim Ausbleiben von Nieder- (s. auch Terra preta, S. 67).
der verbrauchte, begünstigte schlägen trocknet der Boden
die Plaggenwirtschaft die Ent- rasch aus. Typische Kartoffel-
stehung von Podsolen. und Roggenböden, mit Zu-
Die Plaggenwirtschaft war nahme der künstlichen Dün-
besonders im Mittelalter auf gung auch für andere
den nährstoffarmen Böden Feldfrüchte genutzt. Ihre
Nordwestdeutschlands ver- Wasserdurchlässigkeit führt
breitet. War früher der Rog- aber zu stärkerer Grundwas-
gen die dominierende Feld- sergefährdung.
frucht, so werden heute auch
Getreide und Hackfrüchte,
wie Rüben und Kartoffeln
angebaut.

Slow Food | 04/2021 69


DOSSIER

Experten zur Bodenbearbeitung

Weniger Pflügen,
mehr Regenwürmer
In einem sind sie sich alle einig: Der Boden ist mehr als nur eine Fläche, auf der man irgendwie
Pflanzen aussetzt und zum Wachsen bringt. Für alle Befragten ist der Boden vielmehr ein lebendi-
ger Organismus, der unverwechselbar ist und aus vielen Bestandteilen besteht – und dessen Güte
auf einer Vielzahl von Wechselwirkungen beruht. Und so gibt es dann doch einige Unterschiede,
wie die Landwirte, Gärtner und Winzer »ihren« Boden pflegen und seine Zukunftsfähigkeit sichern.
Johannes Bucej hat neun Experten befragt.

Thomas Domin
Domin's Hof,
Peickwitz bei Senftenberg

Albert Brandmair
W ir beschäftigen uns seit
2012 mit dem nachhalti-
gen Landbausystem der Agro-
Biolandwirt in Ismaning

forstwirtschaft. Mit Dr. Christi-


an Böhm vom Lehrstuhl für
Bodenschutz und Rekultivierung
W ir wissen ja praktisch
nichts über den Bo-
den. Meine Devise ist
der BTU Cottbus Senftenberg ar- deshalb, möglichst we-
beiten wir in vielen Projekten zusam- nig einzugreifen. Jede
men und haben 2019 gemeinsam mit über Schicht hat ihre speziel-
80 Mitstreitern den Deutschen Fachverband für len Organismen. 30 Zen-
Agroforstwirtschaft timeter tief zu pflügen,
(DeFAF) gegründet. Agroforstwirtschaft ist ein heißt in 30 000 Jahren Erd-
Landbausystem, bei dem Ackerkulturen und/ geschichte zu wühlen. Ich versu-
oder Grünland zusammen mit Gehölzen (mit che, den natürlichen Zustand zu erhalten bzw. na-
oder ohne Tierhaltung) auf einer Bewirtschaf- türliche Zustände nachzuahmen. In der Natur ist
tungsfläche (Schlag) angebaut und genutzt der Boden nie unbedeckt. Deshalb liegt immer
werden. eine organische Schicht darauf. Außerdem ist es
Der Boden profitiert dabei durch die gegen- wichtig, viele verschiedene Pflanzen zu haben.
seitigen Wechselwirkungen zwischen den Gehöl- Die Erforschung der Wurzeln, für die der Name
zen und den Ackerkulturen. Wir senken Windge- Monika Sobotnik steht, hat uns viele wichtige Er-
schwindigkeiten und verhindern damit Erosion, kenntnisse gebracht. Unsere Bodenbearbeitung ist
gleichzeitig senken wir damit die Verdunstung in sehr zurückhaltend. Wir bearbeiten den Boden
Fotos: von den Interviewpartnern

der Fläche. Mit den Gehölzen schaffen wir neue höchstens 5-7 Zentimeter tief. Im Gemüseanbau
Strukturen, die zu mehr Biodiversität und vielen mulchen wir seit 20 Jahren. Das ermutigende Er-
andern Ökosystemleistungen führen. Die ersten gebnis: Es wachsen keine Unkräuter. Beim Getrei-
Erfolge konnten bereits im zweiten und dritten de arbeiten wir mit Untersaaten, die nach der Ern-
Jahr nach der Anlage beobachtet werden. Seit- te im Boden eingearbeitet werden.
dem haben wir unser Agroforstsystem ständig
weiterentwickelt. Im nächsten Jahr planen wir,
Pflanzenkohle, zur Verbesserung des Wasser-
und Nährstoffhaltevermögens unserer sandigen
Böden einzusetzen.

70 Slow Food | 04/2021


GESUNDER BODEN

Dr. Felix Prinz zu Löwenstein


Vorstand Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW),
Hofgut Habitzheim

A uf unserem Betrieb arbeiten wir seit vielen Jah-


ren ohne Pflug. Dank moderner und speziali-
sierter Bodenbearbeitungstechnik gelingt es so,
nur noch sehr flach einzugreifen und die Locke-
rung und den Aufbau der Bodenfruchtbarkeit
dem Bodenleben zu überlassen. Das erfordert
allerdings auch ein Gleichgewicht der verschie-
denen Mineralien im Boden, die durch gezielte
Mikro-Nährstoffdüngung erreicht wurde. Dazu
Olaf Schnelle gehört auch eine möglichst wenig unterbrochene
Gärtnerei Schnelles Grünzeug, Begrünung der Flächen.
Grammendorf Das gelingt je nach Wasserverfügbarkeit mal besser und mal schlechter.
Es handelt sich um ein ständiges Anpassen und nicht um einen »Umstieg«,

F ür mich war die Grundfrage: Wo


kommen die besten Böden vor?
Viele denken an den Wald, aber es ist
für den man den genauen Zeitpunkt benennen könnte. Kollegen wie Sepp
Braun, Sepp Hägler oder Näser und Wenz haben haben uns hier inspiriert.
Auch das hat sich allmählich entwickelt und es hat ja auch nicht alles gleich
die Steppe. Die Steppenvegetation funktioniert. Aber sehr deutlich werden die Fortschritte in diesem Frühjahr
bietet Gras mit Kräutern. Die Bewei- sichtbar: Die starken Regengüsse, die zum Teil auf frisch eingesäte und damit
dung durch Wiederkäuer fördert den quasi schutzlose Flächen gefallen sind, haben denen nichts anhaben können.
Humusaufbau und es kommt zu einer
Grunddüngung. Das erbringt eine gute
Versorgung mit Mikroorganismen. In Bernhard Ehrmann
der Gärtnerei versuche ich, die Symbi- Leiter WALA Heilpflanzengärten,
ose der Mikroorganismen nachzuah- Bad Boll/Eckwälden
men. Allerdings ohne tierische Kompo-
nenten, sondern mit Gründüngung.
Wir graben prinzipiell nicht um, son-
dern fräsen, vielleicht fünf Zentimeter
U nser Heilpflanzengarten liegt direkt am
Fuße der Schwäbischen Alb. Die dortigen
Landwirte hatten unserem Firmengründer Dr.
tief, nicht mehr. Nach dem Pflanzen Rudolf Hauschka in den 1950er-Jahren ein
mulchen wir den Boden. Pflanzenfer- Grundstück mit schwerem, lehmigem Boden
mente tragen zur Stabilisierung bei – verkauft. Als Rudolf Hauschka begann, dort
und auch die Permakultur mit Pflanzen- einen Heilpflanzengarten anzulegen, schüt-
familien, die sich gegenseitig telten die Nachbarn ungläubig ihre Köpfe.
unterstützen und für durchgehende Er- Umso mehr wunderten sie sich, als sie sahen,
träge sorgen, praktizieren wir. Diese re- welche Oase nach mehrjähriger Arbeit aus dem
generative Methode eignet sich auch Lehm gewachsen war.
für große Flächen, das ist wichtig, ge- Über die Jahre ist aus unserem kleinen Gärtchen, in
rade im Osten Deutschlands. Inzwi- dem nur mit der Hand gearbeitet wird, ein rund fünf
schen übernehmen immer mehr Gärt- Hektar großer Garten geworden. Unsere intensive und
ner und Landwirte diese Methode, weil konsequente Kompostwirtschaft baut den Gartenboden
sie einfach umzusetzen ist und gute Er- über die Jahre immer weiter auf, er wird fruchtbarer und
träge bringt. gesünder. Die vielfältigen Lebensbereiche im Heilpflan-
zengarten wirken wie Organe eines vollständigen Orga-
nismus' und sorgen für die innere Stabilität des Gesamt-
kunstwerkes Garten.

Tipp für Hobbygärtner: Lassen Sie Vielfalt zu, gerade


auf einer ungemähten Wiese oder in einem Bereich, in
dem Sie nie herumwerkeln. Beobachten Sie viel in Stun-
den der Ruhe. Lernen Sie Ihren Kompost lieben. Er ist
das Gold des Gartens. Schützen Sie Ihren Boden.

Slow Food | 04/2021 71


DOSSIER

Frank John Josef Braun


Winzer, Hirschhorner Hof, Neustadt-Königsbach Biolandhof Braun, Dürneck bei Freising

W ir verwenden Kompostauszüge, Pflanzen­


auszüge, Fermente und biodynami-
sche Präparate sowie Kompost mit Pflan-
W ir müssen den Boden als einen leben-
digen Organismus betrachten, bei
dem Mikroorganismen, Pflanzen, Klein- und
zenkohle und Gesteinsmehle. Dabei Kleinstlebewesen eine Einheit bilden. Seit
arbeiten wir mit Flächenkompostie- 1984 pflüge ich nicht mehr und setze nur
rung, sorgen für Begrünungen mit leichte Maschinen zur Bodenbearbeitung
Spezialsaatmischungen und für Grün- ein. Die gezielte Förderung der Regen-
brachen. Eine Nachsaat mit Direktsä- würmer bewirkt, dass die Böden nachhaltig
technik sorgt dafür, dass der Boden gelockert werden. Durch die Röhren, die sie
niemals offen liegt und bearbeitet wer- graben, und den fruchtbaren Wurmhumus
den muss. Das praktiziere ich seit Beginn hat sich das Wasserspeichervermögen dras-
meiner beruflichen Arbeit 1986. Im Weinbau tisch verbessert. Ein hochaktiver, lebendiger
gibt es nur sehr wenige Betriebe, die so arbeiten. Boden ist für die Pflanzenernährung unver-
Wir sind der einzige Betrieb der Humuszertifikate zichtbar. Denn eigentlich ernähren wir nicht
verkauft. Grund für dieses aufwendige Vorgehen ist die die Pflanze, sondern füttern das Bodenle-
Einsicht, dass die Bodenfruchtbarkeit im Weinbau stark ben. Nur fünf Prozent der Energie aus der
verfällt. Welche Monokultur kann Jahrhunderte beste- Photosynthese verwendet die Pflanze
hen, ohne humuszehrend zu wirken? Der Klimawandel für den Aufbau von Spross und
ist da nur noch der zusätzliche Turbo für diese Prozes- Wurzel, die übrigen 95 Prozent
se. Der Fortschritt zeigt sich deutlich in heißen Jahren, kommen der Ernährung der
da dann keine Bewässerung benötigt wird, es keinen Bodenorganismen zugute.
Sonnenbrand der Trauben gibt und sehr viel mehr Bio- Die liefern den Pflanzen En-
masse auf der Fläche erzeugt wird. Der zuckerfreie Ex­ zyme, Fermente und natür-
trakt der Weine steigt, der Anthocyan-Gehalt der Trau- liche Antibiotika. In unse-
ben ist höher, die natürliche Hefeflora auf den Trauben rem Mischbetrieb, bei dem
ist vitaler. Damit gelingt immer die Spontangärung. wir neben Rindern und
Schweinen auch Hühner halten,
wird freilich auch der Mist kompos-
tiert und trägt zur Bodenfruchtbarkeit bei.

Martin Müllen
Winzer, Weingut Müllen, Traben-Trarbach

W ir finden es wichtig, die Böden in sich ruhen zu lassen. Bei Ver-


dichtung bearbeiten wir sie einmal jährlich durch Grubbern,
sonst höchstens alle zwei bis drei Jahre einmal. Insbesondere in
trockenen Jahren entfernen wir die Kräuter samt ihren Wurzeln,
damit die Reben keinen Trockenstress erleiden. Sonst lassen wir
aber die Kräuter stehen. Wir haben außerdem festgestellt, dass
eine Bodenbeschattung durch relativ enge Pflanzreihen vorteil-
haft für die Rebstöcke ist.
Den Einsatz von schweren Maschinen versuchen wir zu vermei-
den. Denn durch das Gewicht entstehen tiefe Furchen, die bei star-
ken Regenfällen wie ein Sturzkanal fürs Wasser wirken. Weil wir nach
dieser Methode bereits seit rund 30 Jahren arbeiten, haben wir auch hu-
musreiche Böden, die das Wasser hervorragend speichern. Dabei handelt
es sich um Dauerhumus, der im Gegensatz zum Nährhumus sehr stick-
stoffarm ist. Das erbringt mit unseren uralten, wurzelechten Reben kleine
aromatische Beeren, wie wir sie für unsere hochwertigen Weine brauchen.

72 Slow Food | 04/2021


GESUNDER BODEN

Florian Pfänder
Pfänder-Hof, Schwabmünchen

W ir haben zur Bodenbearbeitung eine relativ flexible Einstellung.


Weil wir für unsere Gemüse einen lockeren Boden brauchen, ist
es manchmal noch nötig zu pflügen, vor allem, wenn der Boden zu nass
ist. Allerdings pflügen wir nicht mehr so tief, und wenn wir es vermeiden
können, lassen wir es – nach der Kartoffelernte zum Beispiel.
Der Boden für Wurzelgemüse wird im Winter mit Gründüngung, Roggen und
Winterwicken vorbereitet, die pfluglos im Frühjahr eingearbeitet werden. Für eine tie-
fere Lockerung grubbern wir. Ende Mai und im Juni wird gemulcht. Im Sommer ist die Bo-
denbearbeitung wichtig, um Schädlinge abzuwehren, zum Beispiel um die Eiablage des
Drahtwurms zu unterbinden. Bei Sellerie und Lauch hat sich eine Mischkultur mit Acker-
bohnen bewährt, ebenso beim Kohl, bei dem sie den Erdfloh ablenkt. Durch die Boden-
beschattung halten wir auch die Wildkräuter in Schach.

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Bio-Boden ist Kräuterexperte SONNENTOR

kein Dreck
in Österreich und Deutschland
direkt zusammenarbeitet.
Das 1988 gegründete Unter-
nehmen setzt seit Beginn auf
Für eine enkeltaugliche Zukunft intensiven Austausch mit
seinen PartnerInnen. Ein eigenes Anbaube-
müssen wir uns um den Boden ratungsteam hilft, die richtigen Kulturen für
Foto: SONNENTOR

den Boden zu finden, denn nicht jedes Kraut


kümmern. Die biologische Land-
gedeiht überall gleich gut. SONNENTOR
wirtschaft ist dafür ein wichtiger vernetzt die Betriebe auch untereinander,
um Erfahrungen und wertvolles Wissen zu
Wegbereiter. Der Bio-Pionier teilen.
SONNENTOR und seine Anbau- Menschen. Der Boden ist die Basis, um uns Selbst wenn die komplexe Dynamik des Bo-
partnerInnen haben sich einem ein Zuhause zu schaffen, Wirtschaft zu be- denlebens noch nicht vollständig erforscht
treiben und Nahrungsmittel anzubauen – ist: Eine Vielfalt im Anbau, organische Dün-
gesunden Boden verschrieben, wie aromatische Kräuter und Gewürze, die gung und der Verzicht auf chemisch-synthe-
uns täglich Geschmack und gute Laune auf tische Pestizide wirken sich positiv auf die
in dem Kräuter ihre Wurzeln
den Teller bringen. lebenden Organismen im Boden aus. Dass
schlagen können. „Ein gesunder Boden kooperiert mit der Bio dem Boden gut tut, spürt also jeder
Pflanze und lässt ihr die freie Wahl über die Regenwurm.

D er Boden ist eines unserer kostbarsten


Güter! Er ist Puffer und Speicher von
Wasser, Mineral- und Nährstoffen, filtert
für sie nötige Nährstoffaufnahme“, weiß
Bio-Bauer Rudolf Votzi. Die Hände sieht er
als Arbeitswerkzeug: „Sie sind für mich das
Schadstoffe, bindet große Mengen an Koh- wichtigste Mittel, um mit meinem Boden zu
lenstoff und reguliert dadurch das Klima. Je- kommunizieren.“. Auf seinen Feldern gedei-
des noch so kleine Körnchen ist Lebensraum hen unter anderem Koriander, Schwarzküm- Mehr Infos gibt‘s im
von Mikroorganismen, Pflanzen sowie Tieren mel und Gelbsenf. Er ist einer von rund 150 SONNENTOR SINN-TERNET
– und damit auch Lebensgrundlage von uns Bio-Bäuerinnen und Bauern, mit denen der www.sonnentor.com/esgehtauchanders
Slow Food | 04/2021 73
TISCHGESPRÄCH

2021
Slow Food Unterstützer

Gemeinsam ans Ziel!


Zu den meist kleineren Unternehmen, die Slow Food Deutschland unterstützen,
gehören Produzenten ebenso wie Vereine, Gastronomen ebenso wie Weingüter.
Und es sind viele, die damit nicht nur die Arbeit des Vereins mitfinanzieren, son-
dern auch die Ernährungswende vorantreiben. Martina Tschirner hat mit eini-
gen gesprochen.

A
m 1. Juni 2021 waren es fast 1 200 Deutschland zu unterstützen? »Wir selbst sind der Meinung, dass
Unterstützer, genauer gesagt 1 189, viel Wert auf gute und saubere Ernährung gelegt werden sollte.
so die Auskunft von Marleen Zeit und Genuss statt Masse, dieses Lebensgefühl haben wir bei
Busche in der Berliner Geschäftsstelle, die Slow Food gefunden und auch bisher diesen Gedanken weiter-
Ansprechpartnerin für Unterstützer von verfolgt. Und wir finden den auch regelmäßig in den Publikatio-
Slow Food. Es sind vor allem kleine und nen und Unternehmungen von Slow Food«, beantwortet Geschäfts-
mittlere Unternehmen, die sich der Philo- gründer Thomas Michel die Frage. Die Arbeit des Vereins für gute,
sophie von Slow Food in ihrer täglichen saubere und faire Lebensmittel sei ihm sehr wichtig, »auch da wir
Arbeit verbunden fühlen und die Arbeit selbst gute, saubere Schokoladen herstellen, in Bio- und lizensier-
des Vereins finanziell unterstützen wollen. ter Fair-Trade-Qualität. Unser ganzes Team ist da sehr engagiert«,
Slow Food Deutschland kann so als Multi- ergänzt er.
plikator und Initiator neue Kontakte zwi- Diese Übereinstimmung der Werte fällt auch bei anderen
schen den Unterstützern und bewussten Unternehmen auf. Birgit Krauße, Assistentin der Geschäftsfüh-
Verbrauchern schaffen. Zudem dürfen die rung von Hochland-Kaffee in Stuttgart, begründet, warum dem
Unterstützer mit der Schnecke, dem offi- Unternehmen das Motto »gut, sauber, fair« ebenfalls wichtig ist:
ziellen Unterstützer-Logo als Aufkleber »So handeln wir selbst. Und es ist nicht immer leicht, die Kunden
sowie in digitaler Form auf ihr Engage- zu überzeugen, auch den ›preis-werten‹ Betrag für solche
ment hinweisen – allerdings nicht direkt ›wert-vollen‹ Lebensmittel bezahlen zu müssen. Wir waren auf
auf Produkten oder deren Verpackung. der ersten Slow Food Messe zu Besuch – das war dann, glaube ich
Zu finden sind alle Unterstützer von auch der Start. Slow Food entspricht unseren eigenen Werten.«
Slow Food Deutschland, die in den ersten
Jahren des Vereins noch Förderer hießen, Unterstützer werden
auf der SFD-Website. Sie sind aufgeteilt in Die Übereinstimmung der Werte ist auch genau eine der Voraus-
die Kategorien Gastronomen & Hotels, setzungen, um Unterstützer von Slow Food Deutschland zu wer-
Händler, Produzenten, Winzer sowie die den. Kleine und mittelständische Unternehmen ebenso wie Ver-
verhältnismäßig kleinen Kategorien eine und Verbände müssen hinter den Zielen und Prinzipien des
Verbände & Vereine sowie Agenturen & Vereins stehen und deren Umsetzung in ihrem Umfeld vorantrei-
Verlage. Kliniken, Schulen, Tourismusbü- ben wollen. Dem Antrag ist deshalb auch eine ausführliche Stel-
ros sind bei »Sonstige Unterstützer« auf- lungnahme beizufügen, die beantwortet »Warum ich Slow Food
geführt. Deutschland e. V. unterstützen möchte«. Darin erklären die Unter-
nehmer, was sie dazu motiviert und davon überzeugt, Unterstüt-
Gleiche Werte zer von Slow Food zu werden.
In der Kategorie »Produzenten« sind auch Was das für die Byodo Naturkost GmbH im bayerischen
die »Edelmond Chocolatiers« aus dem Mühldorf war und heute noch ist, erklärt Marketing/PR-Leiterin
Spreewald zu finden, seit 2014 dabei. Was Tanja Springer: »Weil Verantwortung und Genuss für uns untrenn-
hat sie veranlasst, die Arbeit von Slow Food bar zusammengehören, unterstützen wir Slow Food Deutschland.

74 Slow Food | 04/2021


TISCHGESPRÄCH

Mit den Zielsetzungen, der Philosophie und Marketing der Biomolkerei kümmert. Die Arbeit des Vereins für
dem Werteverständnis der Organisation dieses Ziel ist dem Betrieb sehr wichtig, »da wir seit unserer Grün-
fühlen wir uns als Bio-Pionier eng verbun- dung im Jahr 1996 dieselben Ziele verfolgen. Als Molkerei möch-
den. Wir selbst stehen seit über 35 Jahren ten wir unsere Kunden erreichen und der Verein hilft und unter-
für hochwertige, genussvolle Lebensmittel stützt uns dabei, Ideen weiterzuverbreiten und Verbraucher zu
aus 100 Prozent Biozutaten, ohne Kompro- motivieren, sich entsprechend zu verhalten.« Auf die Frage nach
misse. Verbündete in diesem Bereich fin- Wünschen für eine bessere Zusammenarbeit kommt die Antwort:
den wir im Biofachhandel und auch mit »Wir sind zufrieden und haben keine Verbesserungsvorschläge.
Slow Food Deutschland und erachten jedes Es wird eine gute Arbeit geleistet, vielen Dank dafür!«
Engagement für gute, sauberere und faire
Lebensmittel als äußerst wichtig.« Seit Der Vorstand entscheidet
2015 ist Byodo anerkannter Unterstützer. Die Anerkennung als Unterstützer erfolgt nach sorgfältiger Durch-
Noch länger Partner von Slow Food sicht der Unterlagen in der Regel durch die zuständige Regional-
Deutschland ist die Upländer Bauernmol- gruppe (Convivium) in Vertretung des Vorstandes von Slow Food
kerei in Usseln, Nordhessen – schon seit Deutschland e.V. Die Stellungnahme ist zusammen mit der Emp-
Beginn dieses Jahrtausends. Veranlassung fehlung durch die zuständige Regionalgruppe (Convivium) Vor-
für einen Unterstützer-Antrag war »der aussetzung für die Antragsstellung. Den Antrag können künftige
Einsatz und das Engagement für gute, faire Unterstützer entweder direkt an die zuständige Regionalgruppe
und sauber hergestellte Lebensmittel«, so richten oder an die SFD-Geschäftsstelle senden. Die finale Ent-
Henrike Habermann-Diez, die sich um das scheidung über die Anerkennung obliegt dem Vorstand von Slow

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2021 Ein neuer Slow Food Unterstützer


stellt sich vor: Die Biohennen AG
Vor 25 Jahren entstand aus einer kleinen hochwertigen Bio-Eiern, entstehen auch
Gemeinschaft die erste Biobauern AG mit leckere Bio-Suppenhuhn- und Bio-Go-
heute 35 Bio-Bauern in Süddeutschland. ckel-Produkte, um Henne und Hahn kom-
Die Legegemeinschaft steht für ein faires plett zu verwerten. Ein wichtiger Aspekt
System aus artgerechter, ökologischer bei den Biohennen!
Hühnerhaltung, Erhalt von kleinbäuerli-
„Schon lange sehen wir in der Slow Food
chen Familienbetrieben und die Wert-
eine Verbündete, die Menschen und Un-
schätzung ihrer Arbeit durch gerechte Ent-
ternehmen mit ethischen Werten, hohem
lohnung. Neben der Erzeugung von
Anspruch an Produktqualität und enga-
giertem Handeln vereint. Die Arbeit von
Slow Food zu unterstützen, war eigentlich
längst überfällig. Seit Herbst 2020 sind wir
nun endlich dabei!“
Die Biohennen AG
Habichtstraße 42
85088 Vohburg
Tel. 08457 – 93 450
Gerlinde Wagner, Geschäftsführerin der E-Mail: info@diebiohennen.de
Legegemeinschaft www.DieBiohennen.de
TISCHGESPRÄCH

Food Deutschland. Eine Ablehnung muss Slow Food hat maßgeblich dazu beigetragen, dass wir in
nicht begründet werden. Deutschland beim heutigen Ernährungsdiskurs angekommen
Die Anerkennung als Unterstützer gilt sind. Die öffentliche Diskussion und die erforderliche Ernährungs-
jeweils für ein Jahr, ihre Laufzeit verlängert wende treibt der Verein weiter tatkräftig an – in Theorie und Pra-
sich automatisch, sofern der Unterstützer xis. Genau das möchten Unterstützer wie Mitglieder auch! Der
nicht bis zum 31. Oktober des laufenden Jah- wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung zählte Slow Food
res schriftlich kündigt. Das zuständige Con- bereits 2011 zu den Pionieren des Wandels, welche die Transfor-
vivium prüft nach Möglichkeit regelmäßig, mation hin zu einer ökologisch verträglicheren Ernährung sowie
ob die Voraussetzungen für eine Anerken- den Bewusstseinswandel und die Verhaltensänderungen von Ver-
nung weiterhin gegeben sind. brauchern vorantreiben. Als internationale Bewegung hat Slow
Wichtig: Unterstützer sind nicht auto- Food eine hohe Strahlkraft und den Zugang zur Basis, wodurch
matisch Vereinsmitglieder, können es aber der Verein auch in der Politik als Partner ernst genommen wird.
werden! Eine individuelle Mitgliedschaft Weltweit umfasst das Netzwerk von Slow Food nach fast drei Jahr-
bei Slow Food lohnt sich auch und zahlt sich zehnten Millionen von Menschen. Zum Netzwerk gehören Akti-
aus! Denn sie ebnet den Weg, sich ak­­t­iv(er) visten, Köche, Bauern, Fischer, Händler und Lebensmittelhand-
bei Slow Food einzubringen, das Vereinsge- werker, Laien ebenso wie Experten u.a. aus Wissenschaft und
schehen und seine Zukunft proaktiv mitzu- Forschung. Menschen aus mehr als 170 Ländern, die die Liebe zum
gestalten. Vertreter bzw. Mitarbeiter des guten Lebensmittel eint, sowie der Wille, Genuss mit ökologischer
Unterstützers können verschiedene For- und sozialer Verantwortung zu verbinden. Sie haben den Mut und
men der Mitgliedschaft abschließen, u.a. die Ausdauer, Veränderung mitzutragen und konkret zu gestal-
Einzel- oder Familienmitgliedschaft, und ten. Der Beitrag eines jeden Unterstützers ist für den Verein von
erhalten damit u.a. das Stimmrecht bei Mit- enormer Bedeutung – finanziell ebenso wie ideell, denn damit
gliederversammlungen. werden wir gemeinsam die Ernährungskompetenz in Deutsch-
land auf sichere Beine stellen, den Wissensaustausch vorantrei-
Viele gute Gründe ben, Richtungsänderungen im Ernährungssystem weiterentwi-
Sechsmal im Jahr erhalten Unterstützer bis ckeln und umsetzen sowie immer mehr Menschen für eine
zu drei Freiexemplare des Slow Food Maga- Ernährungsweise gewinnen, die im Einklang mit Gemeinwohl,
zins. Weiter können sie vergünstigte Umwelt, Klima und Tieren steht.
Abo-Angebote nutzen, und so das Magazin Ganz sicher ist: Unterstützer schärfen ihr Profil gegenüber
an Kunden verkaufen oder verschenken. Geschäftspartnern sowie Kunden, indem sie zeigen: Mit meinem
Unterstützer erhalten dafür einen regio- Unternehmen stehe ich für »gut, sauber, fair«, ich stehe hinter der
nalen Service-Eintrag oder eine Kleinan- Philosophie von Slow Food, unterstütze bzw. lebe sie und gestalte
zeige im Slow Food Magazin. Auf alle Anzei- die Zukunft dadurch heute schon aktiv mit! ●
gen im Magazin gibt es für Unterstützer
20 Prozent Rabatt. Zudem stehen ihnen
exklusive Unterstützer-Formate für ihre
Werbung zur Verfügung. Wenn ein Maga- Möchten Sie die Arbeit von Slow Food unterstützen?
zinthema besonders gefallen hat, kann die Hier können Sie Anträge und Informationen als PDF-Dateien
entsprechende Ausgabe in größeren Men- herunterladen:
gen nachbestellt werden. ➽ www.slowfood.de/unterstuetzer

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Wie verwundbar wir und unser Gesundheitssystem sind, hat uns die Corona-Pandemie
eindrücklich vor Augen geführt. Damit bakterielle Infektionen nicht zur nächsten
globalen Gesundheitskrise werden, müssen wir umsteuern. Rupert Ebner und
Eva Rosenkranz beschreiben in ihrem vor Kurzem erschienenen Buch, was jetzt
geschehen muss – für mehr Tierwohl, gesunde Menschen und eine intakte Umwelt.
Die Einleitung dieses aufrüttelnden Buches lesen Sie hier.

Zwischen Zorn und Zuversicht etwa durch Antibiotika im Futter/Wasser, resistente Keime, im
Skandalöse Zustände in Milchviehbetrieben, Ständerhaltung von Extremfall sogenannte Killerkeime, können die auf den Menschen
Zuchtsauen, Ferkelkastration ohne Betäubung, mensch- und tier- überspringen und bei Infektionen antibiotische Wirkstoffe unwirk-
verachtende Verhältnisse in Schlachthöfen und Fleischfabriken, sam machen. Von jährlich 30 000 Toten in Europa ist die Rede;
die in Zeiten von Covid-19 einmal mehr ins Licht der Öffentlich- Studien prognostizieren Millionen bis 2050. Und dabei drohen
keit gerückt sind, brutale Tiertransporte und alltäglicher Antibio- nicht nur neue Erreger; auch alte, vermeintlich ausgerottete Krank-
tikaeinsatz in der Tierhaltung – Status quo eines Systems der heiten kehren dann zurück.
Erzeugung von Lebensmitteln tierischer Herkunft, das so nicht
zukunftsfähig ist und auch nicht sein darf. Wichtige Zusammenhänge
Antibiotika sind uns dabei in diesem Buch Indikator für dieses Im Folgenden begeben wir uns in unwegsames Gelände. Kaum ein
System, das über kurz oder lang gegen die Wand fahren wird. Im gesellschaftspolitischer Bereich ist so voller Widerstände, Fußan-
Zentrum steht dabei die Erkenntnis, dass die Tierhaltung in der geln, manchmal Minen wie Landwirtschaft, Tierhaltung, Produk-
industriellen Landwirtschaft nur mit Tonnen von Antibiotika zu tion tierischer Lebensmittel, Ernährung mit all ihren Kollateral-
realisieren ist. Antibiotikaeinsatz und daraus folgend Antibiotika­ schäden für Umwelt und Gesundheit: Wir verknüpfen, was gern
resistenzen, die sich seit Jahrzehnten weltweit und immer schnel- getrennt betrachtet wird, weil Zusammenhänge dann nicht so
ler ausbreiten, sind also systemimmanent. Sie gefährden in einem augenfällig werden und man das ebenso lahmende wie entmuti-
solchen Ausmaß bereits heute unser aller Gesundheit, dass For- gende »alles sehr komplex« vor die Realität schieben kann.
scher und Gesundheitsorganisationen von der größten Gesund- Wir vereinfachen hier und da, weil wir möglichst viel für mög-
heitskrise sprechen, in der wir uns bereits befinden und gegen lichst viele durchschaubar machen möchten. Wir berichten über
deren Opfer die aktuellen Todesfälle durch das neue Corona-Vi- einiges, das längst bekannt ist, seit Jahrzehnten bemängelt und
rus leidvoll, aber gering sind. Denn die moderne Medizin fußt auf schnell wieder verdrängt wird – im Sinne der von uns sogenann-
der einstigen Wunderwaffe der Antibiotika, die innerhalb weni- ten »7 V der Agrarpolitik«, die wir unterwegs vorstellen und denen
ger Jahrzehnte wertlos zu werden droht. Nicht nur für Lungen- wir immer wieder Wissen entgegensetzen.
entzündung und Co. Keine Transplantation, keine Krebstherapie, Wir erzählen von Matthias Sammer, dem Fußballprofi, der
keine größeren Operationen sind ohne Antibiotika möglich. schmerzlich erlebte, was Antibiotikaresistenz im eigenen Körper
Weltweit werden Forschungsprogramme aufgelegt, um den anrichtet, von der heiligen Johanna der Schlachthöfe und von Erich
Absturz in ein postantibiotisches Zeitalter abzubremsen. Und Kästners Weitsicht, vom Sonderrecht für Grillwürste und den Mil-
dabei stehen auch die sogenannten Zoonosen im Zentrum, die bei lionen vergasten Nerzen, die an Corona erkrankt waren.
der Corona-Pandemie diskutiert werden. Also Infektionen, die Wir suchen nach guten Beispielen für Veränderung; etwa wenn
Tiere und Menschen treffen, vom Tier auf den Menschen und sich Tier- und Menschenärzte zusammenfinden im Kampf gegen
umgekehrt übertragen werden können. Züchten wir also im Stall, Massentierhaltung, wenn Wissenschaftler an der Nahtstelle von

Slow Food | 04/2021 77


TISCHGESPRÄCH

Mensch und Tier forschen. Das »One-Health-Denken« ist spätes- Wir: Das ist eine Bürgerin, die seit Jahrzehnten die Zerstörung
tens in Corona-Zeiten kein Nischenphänomen mehr. im ländlichen Raum, in der oberbayerischen Scheinidylle, beob-
achtet und sich mit ihren Mitteln zu wehren sucht, die sowohl
Tierarzt und Bürgerin Widerstände als auch Veränderung unmittelbar vor Augen hat
Wir: Das ist ein Tierarzt, der fasziniert ist von der Welt der soge- und denkend wie handelnd dem Prinzip »trotzdem« folgt.
nannten Nutztiere, er sagt lieber »Tiere in der Landwirtschaft«, Beide kennen wir bis zum Überdruss leere Worte von Ent-
denen wir Menschen große Teile unserer Überlebensgeschichte scheidungsträgern auf allen Ebenen, Abwehr gegen das Offen-
verdanken, der sich seit 30 Jahren den Fehlentwicklungen in der sichtliche. Beide sehen wir aber auch Menschen, die begreifen,
Landwirtschaft und innerhalb seines Berufsstandes entgegen- dass es um mehr geht als glückliche Schweine, bunte Wiesen oder
stellt. Auf der Basis seiner Erfahrungen und seiner Kompetenz billiges Fleisch. Beide sind wir manchmal zornig, mutlos, müde.
engagiert er sich für eine zukunftsfähige Landwirtschaft, zu der Doch die Zuversicht überwiegt. Deshalb versuchen wir mit die-
notwendig eine andere Form der Tierhaltung und damit auch der sem Buch, ein unangreifbar erscheinendes System transparent
tierärztlichen Verantwortung gehören. zu machen, zu zeigen, warum wir was tun müssen. Jetzt und jeder;

Die größte Gesundheitskrise unserer Zeit ist da


Zehn Thesen
3 Risiken für
die Medizin 5 Es wird zu breit und
zu oft verschrieben

1 Wunderwaffen wirken
nicht mehr
Einst waren Antibiotika die Wunderwaffe
Ohne Antibiotika ist die moderne Medi-
zin hochgradig gefährdet. Operationen,
Transplantationen oder Krebstherapien
In der Humanmedizin werden weiterhin
zu häufig Antibiotika verschrieben, etwa
gegen grippale Infekte, wobei Viren auf
der Medizin. Seit Jahren nehmen jedoch müssen vielfach mit Antibiotika flankiert Antibiotika nicht ansprechen. Vielfach
Resistenzen gegen diese Wirkstoffe zu, werden, um das Risiko von Infektionen zu werden zu schnell breit wirkende Präpa-
das heißt, sie helfen nicht mehr, und In- verringern. Forscher beschreiben die Si- rate eingesetzt und/oder Einnahmere-
fektionen werden unbehandelbar. Schon tuation als eine auf den Kopf gestellte geln nicht befolgt. So können ebenfalls
heute sterben in Deutschland pro Jahr Pyramide: Eine Vielzahl von medizini- Resistenzen bei Bakterien gefördert wer-
mindestens 15 000 Menschen infolge sol- schen Eingriffen und Verfahren fußen auf den.
cher nicht beherrschbarer Infektionen. immer weniger noch wirksamen Antibio-
Die Dunkelziffer liegt wohl weit höher. tika.
6 Wir haben jede
Empathie fur die

2 Tod durch Bagatell-


krankheiten
Experten warnen, dass ein postantibioti-
4 Gesundheitseinrich-
tungen werden zu
Krankheitsherden
sogenannten
Nutztiere verloren
Zu den wesentlichen Treibern bei der
sches Zeitalter angebrochen sei, in dem In Krankenhäusern greifen die gefürchte- Entwicklung von mehrfach resistenten
Menschen wieder an Zahnentzündungen, ten »Killerkeime« wie MRSA und ESBL- Bakterien gehört die Massentierhaltung.
Blaseninfekten oder Tripper sterben kön- Erreger (Bakterien, die antibiotikazerstö- Dort wird der Großteil aller Antibiotika in
Fotos: Ruppert Ebner, Matthias Francke

nen. Wir bewegen uns damit in eine mit- rende Enzyme bilden) um sich. Gegen Deutschland eingesetzt. Unter den Be-
telalterliche Zukunft. Die Resistenzen von solche multiresistenten Keime können dingungen heutiger Geflügel-, Rinder-
Bakterien gegen verfügbare Antibiotika viele Antibiotika nichts mehr ausrichten. und Schweinemast würden viele große
schreiten weltweit so schnell voran, dass Begegnungen mit ihnen sind heute ärztli- Tierbestände ohne Antibiotika nicht bis
wir uns bereits jetzt in der größten Ge- cher Alltag. Damit ist jeder Patient po- zur Schlachtung überleben. Denn wir ver-
sundheitskrise unserer Zeit befinden. tenziell solchen Bakterien ausgesetzt. langen Nutztieren immer mehr Leistung
ab, halten sie in Stallungen, die deren Le-
bensweise in höchstem Maße einschrän-
ken, und füttern sie mit Substanzen, die
sie unter natürlichen Haltungsbedingun-

78 Slow Food | 04/2021


TISCHGESPRÄCH

auf allen Ebenen nationaler und internationaler Entscheidun-


gen. Dabei entziehen wir uns weitgehend der schnellen Emo-
tion, die Debatten um Antibiotika im Futter, Intensivtierhaltung,
Billigfleisch vielfach prägt. Empörung und Mitleid reichen nicht,
stumpfen genauso schnell ab wie der medial aufgeladene Skan-
dal. So verändert sich seit Jahren – nichts.
Die Lage ist offensichtlich, und sie ist riskant. Es gilt, furcht-
los hinzuschauen, genau hinzuhören, den Blickwinkel immer Rupert Ebner, Eva Rosen-
wieder zu wechseln. Und dann zu handeln, wo sich Möglich- kranz: Pillen vor die
keitsräume zur Veränderung auftun. Denn Antibiotika neu den- Säue. Warum Antibioti-
ken heißt, Tierhaltung neu denken, heißt Landwirtschaft neu ka in der Massentierhal-
denken, Medizin neu denken, Ernährung neu denken. Für jeden tung unser Gesundheits-
system gefährden,
von uns. ●
oekom 2021, 256 Seiten,
Softcover, 20 Euro; als
E-Book oder PDF 15,99
Euro.

– und sie heißt nicht Covid-19 (Corona)


gen nie fressen würden. Tierärzte sind als
Antibiotikaverkäufer Mittler und Profiteu-
re dieser unheilvollen Entwicklung; sie
8 Tier- und Menschen­
gesundheit gehören
z­usammen
menten meist stillschweigend
unterstützen, indem wir zu viel zu billiges
Fleisch essen. Damit entwerten wir das
sind Teil eines Geflechts aus Großmäs- Im Zentrum von Antibiotikaresistenzen Lebensmittel Fleisch in bisher unbekann-
tern, Fleischkonzernen, Futtermittelher- wie von Pandemien stehen Masse, Mono- tem Ausmaß. Den wahren Preis zahlen
stellern, Pharma- und Lebensmittelindus- tonisierung und Zerstörung von Lebens- Umwelt, Tiere und am Ende wir alle.
trie. räumen mit begleitendem Artensterben.

7 Massentierhaltung
treibt Resistenzen
In der Folge verschärft sich das Über-
springen veränderter oder neuer Mikroor-
ganismen von Tieren auf Menschen
10  ie vorherrschen-
D
de Form der Land-
wirtschaft ist nicht
voran (Stichwort Zoonosen). Tier- und Men- zukunftsfähig
Für die Intensivtierhaltung sind Antibioti- schengesundheit gehören untrennbar zu- Die derzeit vorherrschende Form des
ka systemimmanent. Denn die Produktion sammen, beeinflussen sich gegenseitig. Landwirtschaftens basiert auf einer Lüge
von immer mehr und immer billigerem Hier setzt der »One-Health-Planetary- (anders kann die Welt nicht ernährt wer-
Fleisch, billigeren Eiern und billigerer Health-Gedanke« an, der die weltweite den); ihre Kollateralschäden sind gewaltig
Milch funktioniert nur mit großen Men- Debatte um Resistenzen wie um unbe- – für Umwelt, Gesellschaft und jeden Ein-
gen antibiotischer Substanzen. Nicht ein kannte Erreger und Pandemien mehr und zelnen. Der Wissenschaftliche Beirat der
krankes Tier wird behandelt, sondern alle, mehr prägt. Bundesregierung stellte bereits 2015 in
weil ein einziges krankes Tier in großen einem Gutachten fest, dass die gegen-
Beständen die anderen anstecken könn-
te. Besonders folgenschwer ist der Ein-
satz sogenannter Reserveantibiotika, oft-
9  ir müssen unseren
W
Fleischkonsum
reduzieren
wärtige Intensivtierhaltung »nicht zu-
kunftsfähig« sei. Die große Gesundheits-
krise unserer Zeit, die Antibiotikakrise,
mals das letzte Mittel, wenn bakterielle Die Fleischindustrie basiert auf Ausbeu- fungiert somit auch als Spiegel für den
Infektionen nicht mehr in den Griff zu be- tung von Mensch und Tier, wie die dorti- Notstand des Planeten.
kommen sind. Es gibt bereits Bakterien, gen Infektionsherde mit Covid-19 im Jahr
die auch gegen diese Wirkstoffe resistent 2020 einmal mehr gezeigt haben. Ein Tat-
sind. Billig (Fleisch) beschleunigt also die bestand, der seit Langem bekannt ist,
Resistenzentwicklung weiter. hinter Veränderungsfloskeln versteckt
und weitgehend vergebens gebrand-
markt wird. Diese Zustände gehen mit ei-
ner Verrohung einher, die wir als Konsu-

Slow Food | 04/2021 79


BÜCHER

Plastik, Müll & Ich auf, welchen unterschiedlichen Risiken


sowohl Menschen als auch Tiere und
Wer Plastik sagt, denkt an Plastikmüll Umwelt in hohem Maße ausgesetzt sind.
und meint, schon alles darüber zu wis- »Pack aus! – Plastik, Müll und ich« ist ein
sen. Nun noch ein Buch über Müll? Nein, Buch für junge Menschen ab 12 Jahren
sondern 70 Fragen und Antworten für und wurde zusammen mit Jugendlichen

Süßwasserfisch alle, die wissen wollen, was Plastik mit aus nationalen und internationalen
uns zu tun hat. Jugendbeiräten entwickelt. Auf die Fra-
gen der Jugendlichen wurden Antworten
In diesem geglückten Fischkochbuch Wo ist Plastik überall drin? Was ist Plastik gesucht und gefunden, Zahlen und Fak-
kommen neben einfallsreichen und lecke- eigentlich und warum ist Recycling keine ten von der mehrfach ausgezeichneten
ren Rezepten auch die Hintergründe zu Lösung? Das Buch der Heinrich Böll Stif- Berliner Buchgestalterin Gesine Grotrian
den namensgebenden Süßwasserfischen tung zeigt, dass dort, wo die Probleme mit einprägsamen Infografiken umge-
sowie deren Weg auf den Teller zur Spra- anfangen, auch Lösungen da setzt.
che. sind. Deshalb liegt sein
Fokus nicht (!) speziell auf Heinrich Böll Stiftung e.V.
Die Autoren verbin- dem Thema Entsorgung von (Hrsg.): Pack aus! – Plastik,
det eine Leidenschaft Plastik(müll). Es ist ein Buch, Müll und ich, 2021, 160 Sei-
fürs Grillen, weshalb das sehr viel tiefer geht. Es ten, auch als PDF, broschiert,
der Zubereitung hei- beginnt bei der Plastik-Her- Buch kostenfrei, bestellbar
mischer Süßwasser- stellung am Bohrloch von zzgl. Versandkosten über
fische über Glut hier Erdöl und Erdgas und zeigt buchversand@boell.de.
eine besonders entlang der gesamten Wert-
wichtige Rolle schöpfungskette von Plastik
zukommt. Bemer-
kenswert an die-
sem Buch sind

Japanisch & vegetarisch


aber vor allem die Gedanken zum Pro-
dukt, die in dieses Buch eingeflossen sind.
So werden bekanntere und unbekanntere
Arten vorgestellt, aber auch Informationen Ob Ramen,´ Miso, Sushi, Rice-Bowls, Gemüse-Snacks
und Hintergründe rund um Fischfang und oder Yakitori-Grill – kein Fitzelchen Fleisch oder Fisch
Aquakultur, Kulinarik, Gesundheit sowie die ist in den Zutatenlisten von mehr als 80 vegetarischen
Schlachtung von Fischen vermittelt. Prob- Rezepten von Stevan Paul zu finden.
lematische Arten wie der Aal werden leider
nicht ausreichend besprochen und manche »Was mich an der neuen grünen Küche Japans so begeis-
der im Buch porträtierten Produzenten sind tert«, schreibt Stevan Paul in seinem Kochbuch, »lässt
aus Slow-Food-Sicht bestimmt diskutabel. man Fisch und Fleisch weg – die in der japanischen
Insgesamt gelingt es den Autoren aber, auf Küche ohnehin oft ganz pur nur dem Eigengeschmack verpflichtet sind –,
nachhaltige Alternativen, wie z.B. die große öffnet sich die ganze große Aromenwelt Japans noch einmal anders. Es
Gruppe der Karpfenartigen, aufmerksam zu ist Platz für neue Zubereitungstechniken, Würzungen und Umami-Aben-
machen. Daher ist »Süßwasserfisch« mit sei- teuer.« Und die hat der gelernte Koch für sein Buch erfolgreich auspro-
nem Fokus auf regionalen Bezug von Fisch biert. Appetit macht z.B. die Wafu-Salatbowl gleich vorn, das Geheimnis
aus vertrauensvollen Quellen eine wertvolle des würzigen Dressings sind in Sojasauce geschmorte Schalottenwürfel-
Bereicherung für jeden fischinteressierten chen. Für seine drei Sushi-Varianten »Fang des Tages« toppen raffinierte
Kochenden. Stefan Linzmaier Gemüsezubereitungen die Nigiri-Klassiker. Wie der perfekte Sushi-Reis
gelingt und Ingwer für »Gari« süßsauer eingelegt wird, ist ebenfalls nach-
Jürgen Kernegger, Adi Bittermann, Franz zulesen. Auch Eintöpfe gehören zur grün-japanischen Wohlfühlküche, z.B.
Größing & Leo Gradl: Süßwasserfisch – »Nikujaga«, ein Gemüsetopf mit Nudeln und Tofu – ausprobiert und ein-
gegrillt, gekocht, geräuchert, einge- fach köstlich!
macht, Südwest 2021, 224 Seiten, gebun-
den, 30 Euro. Stevan Paul: Meine grüne japanische Küche. Vegetarische Rezepte für
jeden Tag, Hölker 2021, 224 Seiten, gebunden, 32 Euro.

80 Slow Food | 04/2021


BÜCHER

Bienen halten Antibiotika –


Ein Ratgeber für den Aufbau einer kleinen Hobby-Im-
unterschätzte
kerei mit einfachen Mitteln sowie Haltung und Pflege Gefahr
von Bienenvölkern – in Anlehnung an die volkstümli-
che jahrhundertalte Standimkerei der Bauern.

Anhand des Ablaufs eines Bienenjahres erklärt die


Autorin in ihrer überarbeiteten Neuauflage eine bienengemäße, naturnahe Bewirt-
schaftung der Völker bei möglichst geringem Arbeitsaufwand. Besonderen Wert
legt sie auf die Anpassung der Arbeiten und Eingriffe an die natürlichen Vorgänge
im Bienenvolk. In einer Selbstversorger-Imkerei entfällt jedoch manches, was in
einer größeren Erwerbsimkerei notwendig ist, wie etwa die »Hohe Schule« der
Königinnenzucht. Auch die Rolle der Honigbiene im Naturhaushalt unserer Land-
schaften ist Thema, ebenso die Bedeutung des Honigs, der mehr ist als ein süßes
Nahrungsmittel und heilende Eigenschaften hat. Natürlich sollte jeder Hobby-Im-
ker auch die wichtigsten Bienenkrankheiten kennen und erkennen können, um
vorzubeugen bzw. richtig zu handeln, wenn es sich z.B. um eine meldepflichtige
Seuche handelt. Praktisch sind ebenfalls die Hinweise auf die Kosten des Bienen-­
Hobbys oder auf das Verhalten bei Bienenstichen.

Gabriele Probst: Selbstversorgen durch Bienenhaltung. Der Ratgeber für die


Haltung und Pflege von Bienenvölkern, im Selbstverlag 2020, 200 Seiten, Soft-
cover, 19,80 Euro; bestellbar über www.bauernstimme.de/buchcd/sachbuecher.

Rupert Ebner, Eva Rosenkranz


Pillen vor die Säue
Backen auf Italienisch Warum Antibiotika in der Massen-
tierhaltung unser Gesundheits-
system gefährden
Wäre der in Großbritannien lebende
Italiener nicht Koch geworden, so wäre 20 Euro, 256 Seiten,
Klappenbroschur
er heute Bäcker. Ob Pizza, Pane oder
ISBN: 978-3-96238-206-3
Panettone, Gennaro Contaldo kennt alle Erscheinungstermin: 16.03.2021
Tricks – und gibt sie in seinem neuen Auch als E-Book erhältlich
Buch weiter.

Mehl, Hefe und Wasser: Drei Zutaten die bauen 14 Pizzavarianten auf, dazu kommt Der immense Einsatz von Antibiotika in
die Welt ernähren. Doch mit welchem Mehl eine mit einem Teig aus Polentagrieß. Dass der Massentierhaltung vermehrt nicht
gelingt Ciabatta am besten? Was bedeuten Gennaro, vielen auch als Mentor von Jamie nur das Leid der Tiere, er gefährdet
die Typenzahlen 405, 550, 1050 auf den Oliver bekannt, auch Süßes aus dem Ofen auch unser gesamtes Medizinsystem.
Packungen? Kann ich auch mit Hartweizen- liebt, beweisen Rezepte wie »Torta di Pere Die Autoren sprechen Klartext, enthül-
len »Schweinereien« aus Ställen und
grieß einen Teig machen? Ja, er eignet sich e Cioccolato«, einem Birnenkuchen mit
Schlachtbetrieben und entwerfen einen
gut für rustikale Brote. Gut zu wissen für Schokolade, wie ihn schon seine Großmut- Weg aus dem Teufelskreis.
Hobbybäcker mit einer Glutenunverträg- ter gemacht hat.
lichkeit: Auch mit Kichererbsen- oder Kas-
tanienmehl wird in Italien gebacken. Glu- Gennaro Contaldo: Gennaros Pizza,
tenfreie Rezepte z.B. für Kichererbsenbrot Pane, Panettone. Italienisch backen von
und Kastanienkuchen sind ebenfalls im herzhaft bis süß, Ars Vivendi 2021, 224
Buch zu finden. Es ist eingeteilt in Kapitel Seiten, gebunden, 26 Euro.
für Brot, Focaccia, Pizza, herzhafte Kuchen, oekom.de
süße Brote, Crostate (Tartes), Kekse und
Torten. Auf das Grundrezept für Pizza

Slow Food | 04/2021 81


SLOW FOOD

Was ist Slow Food?


Das ist Slow Food!
Gut, sauber und fair!
Unsere Ziele:
→ Wir wollen wissen, woher das, was wir auf unserem Teller haben, kommt.
→ Wir wollen, dass den Erzeugern ein fairer Preis für ihre Arbeit
bezahlt wird und Nahrung nicht durch ruinösen Preiskampf in ihrer
Qualität verschlechtert wird.
→ Slow Food spricht sich im Sinne der Nachhaltigkeit für eine möglichst
naturnahe und ökologische Lebensmittelerzeugung aus.
→ Tritt ein für eine nachhaltige und umweltfreundliche Landwirtschaft,
Fischerei und Lebensmittelproduktion
→ Slow Food trägt zur Bewahrung lokaler und regionaler Mehr Informationen
Lebensmittel bei über unsere Ziele, un-
sere Arbeit und aktuelle
Kampagnen sowie die
Ansprechpartner in Ihrer

Werden Sie Mitglied! Region finden Sie unter


→ www.slowfood.de

Ihre Vorteile als Mitglied:


→ Sie erhalten zum Beispiel das Slow Food Magazin
im Abonnement gratis nach Hause geliefert und noch vieles mehr…

→ Mitglied werden ist ganz einfach unter www.slowfood.de/mitgliedwerden


oder wenden Sie sich an unsere Geschäftsstelle:
Slow Food Deutschland e. V., Luisenstraße 45, 10117 Berlin,
Tel: 030. 200 04 75-0, Fax: -99, info@slowfood.de

Das Slow Food Youth Network ist die Jugendbewegung von Slow Food.
Hier kommen junge Konsumenten, Bauern, Köche, Lebensmittelhandwerker,
Künstler und Studenten zusammen, um gemeinsam eine nachhaltige und
lebendige Esskultur zu schaffen – mit Aktionen wie Schnippeldiskos, Eat-Ins,
Kochaktionen, Workshops und und und …
www.slowfoodyouth.de

8282 SlowSlow
Food
Food
| 04/2021
| 02/2015
SLOW FOOD

W
ir dürfen nicht länger zögern: die Landwirtschaft – mittlerweile dem
Schützen wir die Artenvielfalt! kapitalistischen Paradigma unterworfen –
Die Welt lebt, wenn die biolo- scheint vergessen zu haben, dass sie
gische Vielfalt lebt. Vielmehr als ein bloßer eigentlich von der Artenvielfalt lebt und
Slogan oder ein Statement aus Politik oder dass es in einer Welt, die sich in ständiger
Kultur ist Biodiversität das Abbild von Evolution befindet, notwendig ist, viele
dem, das uns jeden Tag umgibt. Sorten anzubauen. Wir wissen ja heute
Biodiversität setzt sich aus der Gesamt- nicht, welche sich am besten an zukünftige
heit unterschiedlicher und scheinbar nicht Bedingungen anpassen werden.
miteinander verwandter Organismen Nach 30 Jahren Arbeit, um biologische
zusammen: vom unmerklichen Plankton, Vielfalt mit Slow Food zu sichern, möchte
das in den Ozeanen schwimmt und den rie- ich sagen, dass wir trotz des gerade
sigen Walhai ernährt, über die Wildblu- beschriebenen apokalyptischen Szenarios
menwiesen, über die bestäubende Insek- noch Hoffnung haben dürfen, wenn wir so
ten fliegen, bis hin zu den Rebsorten, aus schnell wie möglich von Worten zu Taten
denen wir Wein gewinnen. Diese Systeme übergehen. In einer Welt, in der alles von-
stützen das Lebensnetz des gesamten Pla- Biodiversität einander abhängt, wenn die Krisen mitei-
neten. Biodiversität ist etwas zutiefst Greif- ist unsere nander verbunden sind, sind es auch die
bares, dessen man sich aber kaum bewusst Lösungen. Die Biodiversität ermöglicht es
war, bis es zusammen mit Klimawandel Lebensversicherung unserem System, Umweltschocks, Klima-
und Umweltverschmutzung zu einer Kon- wandel und Pandemien zu überwinden,
stante geworden ist, wann immer vom »Selbst die Landwirtschaft vorausgesetzt, sie ist nicht aus dem Gleich-
Wohlergehen unserer Erde die Rede ist. Es gewicht gebracht worden. Sie erbringt
genügt, durch die Seiten der 2030-Agenda
scheint vergessen zu haben, wichtige Ökosystemleistungen, wie
der Vereinten Nationen, der EU-Biodiver- dass sie eigentlich von der Bestäubung und Bodenfruchtbarkeit. Sie
sitätsstrategie 2030 oder des FAO-Berichts ermöglicht es uns, Lebensmittel mit weni-
über den Zustand der globalen Biodiversi-
Artenvielfalt lebt.« ger Belastung der Ressourcen (Wasser,
tät für Ernährung und Landwirtschaft zu Boden) und mit weniger Bedarf an exter-
blättern, um festzustellen, dass Dokumente, die sich in Struk- nen Zugaben (Dünger, Antibiotika) zu produzieren. Es hängt alles
tur, Motivation und Zielsetzung stark unterscheiden, immer wie- von unserer Bereitschaft ab, zu entscheiden, ob wir weiterhin
der zu einer ähnlichen Feststellung kommen: Wenn wir den gedankenlose Herren der Erde sein oder deren verantwortungs-
Fortbestand unserer Art sichern wollen, müssen wir aufhören, volle Verwalter werden wollen.
eine Welt aufzubauen, in der genetische Armut das Kennzei- Teil der Lösung zu sein – das hatten die Vereinten Nationen
chen unserer Existenz ist. für den Welttag der biologischen Vielfalt am 22. Mai als Thema
Derzeit nimmt die biologische Vielfalt mit einer Rate ab, die gewählt. Dafür müssen wir nicht nur Verbündete werden, son-
100- bis 1 000-mal höher ist als die physiologische Aussterbens- dern auch Solidarität mit der menschlichen und kulturellen Viel-
rate. Binnen eines knappen Jahrhunderts hat sich der Wildbe- falt zeigen. Denn wenn wir uns entschlossen für den Schutz der
stand um 60 Prozent reduziert, während von den 8 803 gezüch- biologischen Vielfalt einsetzen, müssen wir auch die Frage der
teten Tierrassen nur drei (d.h. 0,03 Prozent) den größten Teil sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheit angehen, die parado-
unseres Bedarfs decken: die Friesenkuh, das »Large Whi- xerweise vor allem die Bewahrer der biologischen Vielfalt tref-
te«-Schwein und die Legehenne. Selbst die landwirtschaftliche fen: Bauern, Züchter, Fischer, indigene Völker leben seit jeher im
Produktion konzentriert sich auf eine kleine Anzahl von Sor- Einklang mit der Erde.
ten. Innerhalb dieser hat sie einige wenige Sorten Kartoffeln, Nur wenn wir uns um dieses komplexe Netzwerk kümmern
Mais, Reis und Weizen ausgewählt, und diese liefern 60 Prozent und darauf achten, keinen seiner Knotenpunkte zu vernachlässi-
der von der Weltbevölkerung benötigten Kalorien. Hinzu gen, sondern jeden einzelnen zu erkennen, zu entwickeln, zu bele-
kommt, dass etwa drei Viertel der Erdoberfläche tiefgreifenden ben und zu pflegen, können wir alle – Individuen, Gemeinschaf-
Veränderungen unterworfen sind, die die Natur zwingen, sich ten, Unternehmen, Institutionen – dazu beitragen, die Grundlagen
immer mehr zurückzuziehen. Es ist nicht verwunderlich, dass für eine bessere Zukunft zu schaffen. Fangen wir heute damit an.
der Ausdruck »Massenaussterben«, den man gemeinhin mit Biodiversität ist unsere Lebensversicherung und es ist wichtig,
Geschichtsbüchern und Dinosauriern assoziiert, wieder in sich daran zu erinnern.
Foto: Alberto Peroli

Gebrauch ist. Für die Tragödie ist diesmal jedoch der Mensch
verantwortlich, der die natürlichen Ressourcen unvernünftig
ausbeutet, das natürliche Gleichgewicht der Ökosysteme ver-
ändert und riesige Mengen an Treibhausgasen ausstößt. Selbst Übersetzung: Elisabetta Gaddoni

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GAP-REFORM MISSGLÜCKT
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N
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ach monatelangen Verhandlungen setzte der Trilog am Die wichtigsten Kritikpunkte von Slow Food:
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25. Juni einen Schlusspunkt unter die Reform der Gemein-
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samen Agrarpolitik der EU, die 2023 in Kraft treten wird ● Keine verbindliche Ausrichtung der GAP am Grünen Deal.
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und bis zum Jahr 2027 Gültigkeit behält. Anfang nächsten Jahres
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werden dann die nationalen Strategiepläne bewilligt, die den ● Schwache verbindliche Regeln zum Schutz der Umwelt und
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Reformprozess zum Abschluss bringen. Leider steht das Ergeb- der Biodiversität – die GAP schreibt keine verbindliche Ein-
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nis in krassem Widerspruch zu den EU-Strategien des Grünen haltung der Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie vor, bis 2030
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Deals: Es gefährdet die Umwelt und die ökologische Wende, dar- mindestens 10 Prozent Landschaftselemente in Betrieben
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über hinaus bietet es keine Vergünstigungen für Produzenten von vorzusehen.
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»guten, sauberen und fairen« Lebensmitteln sowie keinen Schutz
für die Gesundheit der Bürger. ● Keine verbindlichen Angaben zur Reduzierung von Pestizi-
Slow Food hatte die europäischen Institutionen im Laufe der den und Düngemitteln: Die GAP bezieht keines der Ziele der
letzten Jahre wiederholt aufgefordert, eine »ehrgeizige, grüne und Strategie »Vom Hof auf den Tisch« ein, den Einsatz von Pes-
faire Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vorzulegen«, und tiziden und Düngemitteln um 50 Prozent zu reduzieren und
zwar im Rahmen des breiter gesteckten Ziels für den Übergang eine Quote von 25 Prozent an biologischer Landwirtschaft zu
zu einem Europa, das in allen Bereichen umweltfreundlicher ist. erreichen. Freiwillige Umweltregelungen wie die Öko-Rege-
Dazu Francesco Sottile, Agronom und Mitglied des Vorstands von lungen würden so letztlich minimale Veränderungen finan-
Slow Food Italien: »Die Slow-Food-Bewegung sieht den Ausgang zieren.
dieser Trilog-Verhandlungen als verpasste Gelegenheit, einen ech-
ten Wandel in unserem Lebensmittelsystem herbeizuführen. Wäh- ● Keine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, auf nationaler
rend sich die Ideen und auch die Gesellschaft hin zu mehr Nach- Ebene starke Ziele festzulegen: Die Kommission hat nur
haltigkeit und Rücksicht auf die Umwelt bewegen, hat es die schwache Instrumente zur Verfügung, um zu bewerten, wie
rückschrittliche Politik nicht geschafft, sich weiterzuentwickeln. gut die nationalen GAP-Strategiepläne mit dem Europäischen
Sie wird auch weiterhin industrielle und nicht nachhaltige Land- Grünen Deal in Einklang stehen.
wirtschaft fördern.«
● Unfaire Verteilung der Subventionen: In Europa gehen 80
Prozent der Zahlungen an 20 Prozent der Agrarbetriebe, was
ein Hindernis für die Unterstützung von agrarökologisch
arbeitenden Landwirten darstellt, deren Praktiken die Bio-
diversität schützen, die Gesundheit der Böden erhalten und
der Umwelt helfen, sich zu regenerieren. Es wurden nur unzu-
reichende Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Tatsache ein-
geführt, wodurch dieses ungerechte System der Status Quo
bleibt.

● GAP-Zahlungen für Massentierhaltung werden vermutlich


fortbestehen (rund 3 Mrd. Euro gehen an die Viehzucht):
Öko-Regelungen zur Verbesserung des Tierwohls könnten
Subventionen für die Massentierhaltung werden.
INTERNATIONALE TERMINE
18.09.2021: Slow Food Market Zürich (Zürich, CH)

84 Slow Food | 04/2021


SLOW FOOD

ÖSTERREICH
ERLEBNISWANDERUNG

V om Slow Food Village Obervellach in Kärnten bis zur Launs-


berghütte geht die von einer Kräuterpädagogin begleitete
Wanderung, die im August viermal angeboten wird. Entdecken
lassen sich bei dieser leichten Bergwanderung die Schönheit der
Bergwelt mit ihren wilden Wassern und die Artenvielfalt der Pflan-
zen. Angekommen auf der Hütte erwartet die Teilnehmer ein
ITALIEN
Slow-Food-Jausenmenü. Gestärkt geht es auf den Rückweg nach
SLOW FISH – WASSERKREISLÄUFE Obervellach, wo jeder Teilnehmer noch eine Box mit regionalen
Köstlichkeiten zum Mitnehmen erhält.

A uch in 2021 fand das internationale Event von Slow Food über
die Biodiversität der Wasser-Ökosysteme, Fischergemein-
schaften und das Meer als lebenswichtige Ressource statt. Im
Wann? 05., 12., 19. und 28.08.2021, jeweils 10 Uhr
Wo? Start, Landhotel Pacher
zweiten Pandemie-Jahr in einem teils neuen Format: ab 3. Juni Hauptplatz 64, A-9821 Obervellach
online auf digitalen Kanälen – in Präsenz vom 1. bis 4. Juli in Genua. Wie viel? 89 Euro, Kinder 6-10 Jahre 44,50 Euro, Kinder 11-15
Wasserkreisläufe waren in diesem Jahr das Thema der Slow Fish. Jahre 67 Euro
Sie beschreiben die Existenz und die Bewegung des Wassers auf, Anmeldung per E-Mail: info@obervellach.at
in und über der Erde. Und zeigen, dass Wasser immer in Bewe-
gung ist und ständig seinen Aggregatzustand ändert, von flüssig
zu Eis, auf alle möglichen Arten. Seit Milliarden Jahren dauert die
Geschichte der Wasserkreisläufe an, die ganze Erde hängt von
ihnen ab.
Die Slow Fish hat immer auf das Meer und die Ozeane geblickt.

Foto: Launsberghütte
Denn das Leben der Meere und ihr Gesundheitszustand bestim-
men unser eigenes Leben auf dem Planeten Erde sehr stark. Umge-
kehrt ist es stark von uns bestimmt, u.a. von Produktionsbetrie-
ben, die mit massivem Einsatz von Chemikalien arbeiten und
damit eine starke Umweltverschmutzung verursachen.
Veranstaltungen, Webinare und Angebote zum Mitmachen,
Mitkochen und Mitessen gab es natürlich auch bei der diesjähri-
gen Slow Fish. Ähnlich wie bei Terra Madre Salone del Gusto wur-
den z.B. Food Talks über Zubereitungsarten von Fisch und Mee-
resfrüchten angeboten. Das Rezept für eine Fischsuppe mit
Sardinen stellte Lila Bentivegna, Mitglied der Slow Food Chef Alli-
ance in Italien, auch für die Website zur Verfügung:
www.slowfood.com/de/von-der-slow-food-chef-alliance-in-
italien-kommt-die-fischsuppe-mit-sardinen

Mitten im internationalen
Naturpark Moor-Veenland

49767 Twist,☎ 05936 904770


www.gasthof-backers.de

Slow Food | 04/2021 85


SLOW FOOD

Jens Witt, Klaus Flesch, Nina Wolff,


Lea Leimann, Sebastian Wenzel (v.l.n.r.).

DEUTSCHLAND
NEUER VORSTAND GEWÄHLT

A m 19. Juni 2021 wurde auf der jedes Jahr stattfindenden


ordentlichen Mitgliederversammlung von Slow Food
Deutschland e. V. (SFD) ein neues Führungsteam gewählt. Der
Dialog mit privaten und öffentlichen Akteuren der Ernährungs-
welt.
Als Team bündelt der neu gewählte Vorstand ein breites Spek-
neue fünfköpfige Vorstand besteht aus der Vorsitzenden Dr. Nina trum an Kompetenzen und Erfahrungen für eine erfolgreiche
Wolff, dem stellvertretenden Vorsitzenden Jens Witt sowie aus Vorstandsarbeit von Slow Food Deutschland. Die neuen Mitglie-
dem Schatzmeister Sebastian Wenzel, dem Beisitzer Klaus Flesch der Jens Witt und Sebastian Wenzel vertiefen das Expertenwis-
und der Beisitzerin Lea Leimann. Gemeinsam freuen sie sich dar- sen in den Bereichen Gastronomie/Außerhausverpflegung, öko-
auf, als Vorstand von Slow Food Deutschland die Ernährungs- logische Lebensmittelerzeugung und Qualität.
wende mitzugestalten. »Als Vorstandsteam werden wir in den nächsten Jahren den
Damit bestätigte die Mitgliederversammlung die Juristin und größtmöglichen Beitrag dazu leisten, die dringend erforderli-
Fischerei-Expertin Dr. Nina Wolff (Convivium Berlin) im Amt der chen und tiefgreifenden Veränderungen in unserem Lebensmit-
Vorsitzenden. Seit Juli 2019 gehört sie dem SFD-Vorstand an, seit telsystem voranzubringen. Unsere Arbeit kennzeichnet vor allem,
Juli 2020 als amtierende Vorsitzende; sie ist außerdem Mitglied Lebensmittel in den Kontext von Mensch, Tier, Umwelt und Klima
im Beirat von Slow Food International. Ebenfalls verlängert zu stellen, denn da gehören sie hinein. Ein weiteres zentrales
wurde die Amtszeit von IT-Experte Klaus Flesch (Convivium Frei- Anliegen ist es, Menschengesundheit in deutlicher Verbindung
burg) als Beisitzer und von Lea Leimann aus Köln (Slow Food zu und Abhängigkeit von der Planetengesundheit zu sehen, zu
Youth Deutschland) als Beisitzerin und Vertreterin der jüngeren verstehen und zu vermitteln«, so die Vorsitzende Nina Wolff nach
Generation. Neu im Vorstand sind Jens Witt (Convivium Lübeck) ihrer Wahl.
im Amt des stellvertretenden Vorsitzenden und Sebastian Wen-
zel (Convivium Hamburg) als Schatzmeister. Coronabedingt fand
die diesjährige Mitgliederversammlung digital statt.
Alle fünf Vorstandsmitglieder eint ihr engagierter Einsatz für DANK AN RUPERT EBNER
Slow Food in unterschiedlichen Funktionen, ihre leidenschaftli- Mit der Wahl des neuen Vorstands hat Rupert Ebner
Fotos: meerfreiheit.com, privat

che und ganzheitliche Auseinandersetzung mit Ernährung sowie


den Posten des Schatzmeisters an seinen Nachfolger
die Motivation, Slow Food zu einer der bedeutendsten Stimmen
der Ernährungswende zu machen. Gemeinsam möchten sie in Sebastian Wenzel übergeben. Für Ruperts engagierten
den nächsten Jahren Slow Food als Bewegung in Deutschland Einsatz in dieser Position seit 2010 im Namen von Slow
und international stärken und weiterentwickeln. Kernanliegen
Food Deutschland ein herzliches Dankeschön!
sind: der Schutz der biologischen und kulturellen Vielfalt, die
Ernährungs- und Bewusstseinsbildung sowie der konstruktive

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86 Slow Food | 04/2021


SLOW FOOD

GEMEINSAM FÜR EINE EUROPÄISCHE ZUKUNFT ACKERN

S
eit Anfang 2020 entwickeln Slow Food Deutschland (SFD) und Gesellschaftsgruppen, verschiedenen Konfessionen und
und die Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung Weltanschauungen. Die Arbeit mit jungen Menschen spielt dabei
gemeinsam praxisorientierte Lern- und Lehrmaterialien für für uns eine zentrale Rolle – wir wollen sie für eine Kultur der
Kinder und Jugendliche. Das Ziel: die Verbindung von Tradition Verantwortung und Offenheit für andere sensibilisieren, damit
und Moderne bei der Erhaltung regionaler und saisonaler Wert- sie sich in Zukunft als aktive Bürger für eine europäische Zivil-
schöpfungsketten. Neben der Entwicklung von Lernmodulen, gesellschaft erfolgreich einsetzen können.
Workshops und einem Saisonkalender unterstützt Slow
Food Deutschland die Stiftung Kreisau bei der In dem von der DBU geförderten Projekt richten
Errichtung eines interkulturellen Lerngartens, der die Stiftung Kreisau und SFD gemeinsam ei-
innerhalb eines (Garten-)Jahres gemeinsam mit nen Lerngarten für Kinder und Jugendliche
Kindern und Jugendlichen entwickelt und in Kreisau ein – warum ist das für Euch ein
gestaltet wird. Die Lernmodule werden dabei wichtiges Projekt?
in der Praxis erprobt und ggf. entsprechend Ich würde zwei Hauptgründe nennen. Der Bau
den gemachten Erfahrungen in den Garten- und des Gartens ist die Umsetzung eines bisher
Küchenworkshops weiter optimiert nicht realisierten Punktes der Satzung der Stif-
Die Idee hinter diesem innovativen Bildungs- tung Kreisau, der besagt, dass die Arbeit der
projekt ist, einen interkulturellen, generationen- Stiftung neben ihrem Einsatz für Dialog und Ver-
übergreifenden polnisch-deutschen Austausch für ständigung auch ökologische Landwirtschaft umfas-
eine innovative Modelllösung zur Förderung des bewuss- sen soll – hiermit knüpfen wir an die ursprüngliche Funk-
ten Umgangs mit Lebensmitteln bei Kindern und Jugendlichen tion der Anlage an, die bis 1990 über mehrere Jahrhunderte ein
anzuregen und die Erfahrungen und das Wissen daraus zu bewah- landwirtschaftlicher Betrieb war. Somit wird mit dem Garten in
ren. Bei der Arbeit im Garten geht es um gemeinsame Lern-Er- Kreisau ein Teil der Vorstellungen und Wünsche erfüllt, die die
fahrungen rund um den Anbau von Lebensmitteln und um eine Gründer der Stiftung Anfang der 1990er-Jahre hatten. Der zweite
ganzheitliche Ernährungsbildung entlang der gesamten Wert- Grund: Der Bau des Lerngartens ist ein komplexes Unterfangen,
schöpfungskette von der Aussaat bis zum Teller. Im Projekt wer- mit dem wir eine bisher ungenutzte, an unsere Anlage angren-
den zwei wichtige Schwerpunkte aufgesetzt: die Sensibilisierung zende Wiese für Bildungszwecke bewirtschaften. Nach der Fer-
für lokale ökologische Bedingungen und die Sicherung und Wie- tigstellung haben wir dort einen Gemüse- und Kräutergarten,
dergewinnung traditionellen Handlungswissens. einen kleinen Obstgarten und den sogenannten Waldgarten zwi-
Gefördert wird das Vorhaben von der Deutschen Bundesstif- schen imposanten Eichen. Das bietet uns unzählige Möglichkei-
tung Umwelt (DBU). Allein der Ort macht dieses Projekt zu einem ten, mit Kindern und Jugendlichen zu ökologischen Themen
besonderen: Das Gut Kreisau, auf halbem Wege zwischen Bres- praktisch und sehr erfahrungsorientiert zu arbeiten.
lau und der tschechischen Grenze, steht beispielhaft für die pol-
nisch-deutsche Aussöhnung. Historisch ein Ort des Widerstands Wie siehst Du die Zukunft des gemeinsamen Lerngartens?
gegen den Nationalsozialismus ist er heute eine internationale Wie wird er Eure Arbeit verändern?
Jugendbegegnungsstätte im Geiste der internationalen Verstän- In der Mission der Stiftung steht: »Kreisau ist ein Ort des Dia-
digung. logs, der von der Vielfalt der Menschen, die sich hier begegnen,
Die Stiftung Kreisau wurde nach der politischen Wende in und von ihrer Bereitschaft, einander zuzuhören, lebt«. Wir hof-
Polen im Jahr 1990 von einer zivilgesellschaftlichen Initiative von fen, dass wir mit dem Lerngarten diesen Ansatz noch stärker
Polen, Deutschen und Bürgern anderer Länder gegründet. umsetzen können – die hinter dem Garten stehende Idee ist,
Andreas Fischer hat mit Daniel Bodył, Projektkoordinator der dass er schrittweise zusammen mit unseren jungen Gästen
Stiftung Kreisau, darüber gesprochen, welche Rolle der gemein- angelegt und dann auch gepflegt wird. Das Wirken im Garten
same Lerngarten hierbei spielt. wollen wir sehr systematisch in unsere Arbeit mit Gruppen ein-
binden. So werden sie die Anlage aktiv mitgestalten können.
Slow Food Magazin: Was ist der Zweck der Stiftung Ein weiterer sehr wichtiger Faktor: Das Thema Nachhaltigkeit
Kreisau und welche Rolle spielt die Arbeit mit Kindern und spielt seit Jahren eine große Rolle in unserem Bildungsangebot.
Jugendlichen? Mit einem Lerngarten bekommt diese Arbeit eine ganz neue
Daniel Bodył: Der Tätigkeitsbereich der Stiftung ist sehr kom- Dimension.
plex und ich bin mir sicher, dass jeder von uns Mitarbeitenden
die Schwerpunkte bei der Antwort ein bisschen anders setzen Stiftung Kreisau
würde. Der gemeinsame Nenner wäre aber immer derselbe: ➽ www.krzyzowa.org.pl/de
Mit unserer Arbeit wollen wir Verständigung und einen von
gegenseitiger Wertschätzung getragenen Dialog zwischen Men- Gemeinsames Bildungsprojekt Kreisau
➽ www.slowfood.de/kreisau
schen fördern – zwischen Menschen aus verschiedenen Ländern

Slow Food | 04/2021 87


SLOW FOOD

DEUTSCHLAND
DIE ROLLE DER POLITIK IN DER ERNÄHRUNGSWENDE
Mehr Wertschätzung für Landwirte, Bereitschaft zu faireren Preisen, Unterstützung re-
gionalen Lebensmittelhandwerks: Verbraucher können aktiv den Wandel zu einer bes-
seren Lebensmittelwelt vorantreiben. Am Ende braucht es aber politische Unterstüt-
zung – und die fällt zu unentschlossen aus, zeigte ein politisches Werkstattgespräch
Ende Juni von Slow Food Deutschland und dem Institut für Welternährung.
Von Sven Prange.

TRAUER UM RUDOLF BÖHLER


Nach langer, schwerer Krankheit ver-
starb im Juni Rudolf Böhler. Mit ihm
A chim Spiller ist einer der renommier-
testen Forscher in Deutschland, wenn
es um Fragen einer nachhaltigen Land-
offen an. Es folgten dann aber keine Versu-
che, diese Missstände durch staatliche
Regulierung einzudämmen. Stattdessen
verliert Slow Food Deutschland und wirtschaft geht. Die Zahl seiner Publikati- arbeitete man mit Appellen und freiwilli-
ganz besonders das Convivium onen zum Thema geht in die Hunderte, er gen Erklärungen. Das hat die Ernährungs-
München einen überaus aktiven Mit- ist Mitglied der Zukunftskommission politik in Deutschland nicht wirklich vor-
streiter. Er gehört zu den Initiatoren Landwirtschaft und des Wissenschaftli- angebracht. Und weil das aus Sicht von
der Slow Mobile und kümmerte sich chen Beirats für Agrarpolitik und Ernäh- Slow Food und Slow Food Youth Deutsch-
darum, dass einer dieser zum Ko- rung. Und trotz all dieser wissenschaftli- land anders werden muss, rufen sie die
chen und Lernen ausgebauten Bau- chen Autorität hielt auch Achim Spiller es kommende Bundestagswahl im Septem-
wagen erfolgreich Zwischenstopp an an diesem Abend für geboten, seine Kern- ber zur Ernährungswahl aus.
Münchner Schulen machte. forderung doppelt abgesichert, ausführ- »Damit Menschen künftig Lebensmit-
Als stellvertretender Convivienlei- lich erklärend, ja fast etwas entschuldi- tel auswählen können, die positiven Ein-
ter in München trug Rudolf Böhler gend, vorzutragen: »Wir brauchen mehr fluss auf die Vielfalt der Nahrung, der
über viele Jahre dazu bei, die staatliche Steuerung in der Ernährungs- Natur und den Erhalt des Handwerks
Slow-Food-Philosophie in der Lan- politik«, so Spiller. Und schiebt nach: »Ich haben«, begründete die Slow Food
deshauptstadt Bayerns zu verankern. weiß, dass das umstritten ist.« Deutschland-Vorsitzende Nina Wolff den
Den Zielen und Werten unseres Ver- In der Tat. Vor allem in den vergange- Einsatz des Vereins. Und begrüßte zusam-
eins verlieh er durch die Gründung nen vier Jahren liefen Landwirtschafts- und men mit Wilfried Bommert, Gründer des
des Slow-Food-Radios in München Ernährungspolitik in der Bundesregierung Instituts für Welternährung, Politiker der
noch mehr öffentliche Aufmerksam- meistens so: Die zuständigen Menschen Bundestagsparteien zu einem Werkstatt-
keit. Er sorgte außerdem dafür, dass sprachen die Probleme – Rückgang der gespräch. Letzterer fand mit Blick auf den
die Arche des Geschmacks um neue Artenvielfalt, Dumpingpreise für Milch- Zustand der Ernährungspolitik auch gleich
Passagiere erweitert wurde; zuletzt oder Fleischprodukte, immer industrieller klare Worte: »Das kann doch so nicht wei-
begleitete er das Ismaninger Kraut werdende Lebensmittelproduktion – zwar tergehen.«
2017 in die Arche.
Rudolf Böhler, von engen Freunden
und Mitstreitern auch Bolo genannt,
charakterisierte eine besondere Lei-
denschaft für die Basis. Diese ver- Die Tomate
band er mit einer Neugierde für die aus dem
圀椀爀 攀爀洀最氀椀挀栀攀渀 䈀椀氀搀甀渀最 椀渀
internationale Ausrichtung von Slow 䤀渀搀椀攀渀 洀椀琀 䌀甀爀爀礀瀀甀氀瘀攀爀渀 渀愀挀栀 spanischen
Food. Grund genug für ihn, um an 䠀愀甀猀昀爀愀甀攀渀ⴀ刀攀稀攀瀀琀甀爀攀渀⸀ Folientunnel
den drei Weltkongressen in Puebla, 挀漀氀氀攀最攀挀甀爀爀椀攀猀⸀搀攀 hat eine geringere
Turin und Chengdu teilzunehmen. Co2-bilanz als die durchschnitt-
Diese Leidenschaft für Slow Food, liche regional produzierte
seine Verbundenheit zur Basis sowie im hiesigen supermarkt.
seine Kreativität und seine Präsenz > Mehr auf biorama.eu/regionalitaet
ganz allgemein werden uns fehlen.
Im Namen von Slow Food Deutsch- Klimafakten in Perspektive gesetzt.
Foto: Dietmar Freitsmiedl

land spricht der Vorstand seiner Fa-


milie und seinen Hinterbliebenen – MAgAzIn für nAChhAltIgen lebensstIl
von ganzem Herzen sein Beileid aus,
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im Besonderen seiner Ehefrau, Sig- biorama.eu/abo 6 AusgAben
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88 Slow Food | 04/2021


SLOW FOOD

Vorbild Norwegen Lenkert, der für Die Linke Umweltpolitik im der Breite nur durchsetzen, wenn sie im
Die Frage ist nur: Wie soll es dann weiter- Bundestag gestaltet, sagte: »Die Verbrau- Rahmen klarer Regeln und nicht durch
gehen? Für Spiller ist der Weg zu einer nach- cher sind überfordert, wenn sie all diese unterschiedliche Preise entstehen.
haltigeren Ernährungswende klar. Und auch Urteile selbst treffen müssen. Das geht nicht,
wissenschaftlich vorgezeichnet. Schließlich die haben anderes zu tun.« Mehr für die Erzeuger
haben sowohl die Zukunftskommission Dennoch scheint Konsens in Politik wie Wis-
Landwirtschaft der Bundesregierung als Gesund und bezahlbar senschaft: Es muss nicht unbedingt mehr
auch der Wissenschaftliche Beirat beim Skeptischer zeigte sich Marlene Mortler, Geld ins Ernährungssystem, aber mehr Geld
Landwirtschaftsministerium längst aufge- Sprecherin der CSU im Europaparlament bei den Erzeugern und Handwerkern
schrieben, dass eine künftige Regierung für Ernährungspolitik. Sie warnte davor, ankommen. »Wir müssen da mehr Geld in
Landwirtschaftspolitik nachhaltiger, Ernäh- dass einzelne verbindliche Regeln »Verbrau- die Hand nehmen«, sagte Spiller. Und auch
rungspolitik ganzheitlicher denken sollte. cher nicht unbedingt klüger machen« und CSU-Frau Mortler meinte: »Wir müssen der
Das schließt nahtlos an eine der sieben For- sprach sich eher für den bisherigen Ansatz EU-Kommission bei der Gemeinsamen
derungen von Slow Food und Slow Food aus: »Wir müssen die Menschen aufklären, Agrarpolitik ganz klarmachen: Wenn sie
Youth zur Ernährungswahl an: Schafft eine mehr Bewusstsein schaffen.« Dazu die ›Farm to Fork‹ will, muss sie auch die klei-
integrierte Ernährungspolitik! CDU-Bundestagsabgeordnete Ingrid Pahl- nen, regionalen Kreisläufe entsprechend
Was das heißt? Nun, zum einen, dass mann: »Es gibt natürlich auch Menschen, fördern.«
Agrarpolitik nicht nur aus Sicht der indust- die Hilfe brauchen. Aber denen wollen wir Was sinngemäß zu Nina Wolffs Erklä-
riellen Landwirtschaft, sondern aus der Per- ermöglichen, nicht verbieten.« Der nieder- rung einer der grundlegendsten Slow
spektive aller Beteiligten – vom Landwirt, sächsische FDP-Landwirtschaftspolitiker Food-Forderungen entspricht: »Es braucht
über die Verarbeiterin bis hin zum Kunden Hermann Gruppe warb dafür, sich nicht nur ein gutes, institutionelles Umfeld und eine
– gedacht wird. Aber auch, dass der Staat auf Wissenschaft zu verlassen und den Bau- angemessen finanzielle Ausstattung«, so die
sich wieder traut, mehr Regeln zu setzen. ern mehr zuzutrauen. Mit Blick auf Wün- Vorsitzende, »wir müssen jetzt eine Strate-
»Viele Menschen sind mit der komplexen sche, mehr Biolebensmittel in Deutschland gie entwickeln, die zu unseren Zielen führt.
Aufgabe, sich nachhaltig zu ernähren, im All- zu erzeugen, um menschen- und planeten- Und dafür bitte einen schnellen Weg
tag überfordert«, sagte Spiller. Und leitete freundlicher zu wirtschaften, sagte er: »Wir beschreiten.« ●
daraus die Frage ab: »Wie kann Politik ein können das nicht nur mit kalten Rechenbei-
Umfeld einrichten, das den Einzelnen in spielen ausrechnen, welche Bilanz nun
ALS NEUE MITGLIEDER DER
Ernährungsfragen nicht überfordert?« Er gerade besser ist.« SLOW FOOD CHEF ALLIANCE
verwies etwa auf das Beispiel Norwegen – Die SPD-Ernährungspolitikerin Ursula BEGRÜSSEN WIR HERZLICH:
auch ein liberaler Staat –, der seinen Bür- Schulte warnte dagegen, Verbrauchern die Aaron Hasenpusch
gern ein recht dichtes Netz an staatlichen Entscheidung zu überlassen: »Ich bin zuletzt Restaurant Klinker, 20144 Hamburg,
Vorgaben bei der Ernährung bietet. durch den Supermarkt gegangen und habe ➽ www.restaurant-klinker.de
Mit mehr verbindlichen Regeln kann sich Obstpreise gesehen. Ich war erschrocken,
auch Turgut Altug anfreunden, der für die wer eine Familie ernähren muss, hat da ein Jockl Kaiser
Meyers Keller, 86720 Nördlingen,
Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Ver- Problem«, sagte sie. Und stellte auch klar:
➽ www.jockl-kaiser.de
braucher- und Ernährungspolitik betreibt. »Für gute landwirtschaftliche Produkte
Harte Verbote will er zwar nicht ausspre- muss man angemessene Preise erzielen Alexander Brosin
2017 Anzeige
chen, sympathisiert aberSlowfood
deutlich mitMagazin
dem können, anders geht das ja nicht.« Aber derzeit ohne Restaurant, Berlin
von Spiller aufgezeigten Weg. Auch Ralph nachhaltige Lebensmittel würden sich in
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Slow Food | 04/2021 89


SLOW FOOD

SLOW FOOD MÜNCHEN


ZU EHREN DER ZIEGE

Z um Tag der Nachhaltigen Gastronomie hatten die Slow Food


Chef Alliance und die Genussgemeinschaft Städter und Bau-
ern gemeinsam aufgerufen – und so gab es am 18. Juni deutsch-
landweit Gerichte von der Ziege und vom Ziegenkitz (S. 36).
Denn deren Fleisch wird immer noch viel zu wenig geschätzt –
im Gegensatz zum Ziegenkäse, der sich wachsender Beliebtheit
erfreut. Doch ohne Zicklein kein Käse – das ist nicht anders als

Fotos: Luka Lübke, Genussgemeinschaft Städter und Bauern e.V., bio-renner.de, rummel-biowein.de
bei der Kuh. Bisher aber wird der Großteil der Tiere meist in
weit entfernte Länder exportiert. Das sollte sich mit diesem
Aktionstag ändern.
Küchenmeister Bernhard Wolf von »machtSinn« in Holzkir-
chen und Kollege Manuel Reheis vom Restaurant »Broeding« in
München wurden kurzfristig noch unterstützt von Hubert Hoh-
SLOW FOOD STUTTGART ler von der Buchinger Fastenklinik. Zu dritt servierten die Chef
Alliance Mitglieder Gerichte wie Ziegenragout mit Ras el
BESUCH BEI DEN VIELFALTSGÄRTNERN Hanout aus dem Feuerkessel oder einen Burger vom gezupften
Zicklein – und als »Dreingabe« noch einen Innereienspieß vom

G leich zwei Abendtermine bietet das Convivium Stuttgart für


einen Besuch bei den Vielfaltsgärtnern von den Fildern an,
den 9. und den 19. August. Bei einer Gartenführung können die
Grill. Demeter-Bauer Werner Haase war sichtlich erfreut, was
die Köche aus seinen Zicklein kreiert hatten. Und auch den
zahlreichen Gästen stand ein Lächeln ins Gesicht geschrieben.
Teilnehmer alles über die Samengärtnerei und den Sortenerhalt
Die Genussgemeinschaft war den ganzen Tag mit einem bun-
von Nutzpflanzen erfahren – vor allem von Tomaten (S. 52). Im
ten Infotisch vor Ort und führte viele Gespräche mit Gästen. Am
Anschluss an die Führung gibt es eine Vielzahl von Tomatensor-
späten Nachmittag überreichte die Münchner Genussfüh-
ten zu verkosten. Der Veranstaltungsort bzw. genaue Treffpunkt
rer-Gruppe die aktuelle Genussführer-Urkunde an die Familie
wird den angemeldeten Teilnehmern einige Tage vorher bekannt
Bernhard Wolf. Eindrücke fing auch ein Fernsehbeitrag des
gegeben.
Bayerischen Rundfunks ein, der am gleichen Tag in der Abend-
schau gesendet wurde (noch in der BR-Mediathek).
Wann? 09.08. und 19.08.2021, jeweils 18-21 Uhr
Wo: 70567 Stuttgart Möhringen, Nähe Freibad Marlene Hinterwinkler, Johannes Bucej
Max. Teilnehmerzahl: 15
Wie viel? Spende
Verbindliche Anmeldung: bis 01.08.2021 für Termin 1, bis
09.08.2021 für Termin 2, jeweils über die Website von
Slow Food Stuttgart

➽ www.slowfood.de/slow_food_vor_ort/stuttgart/termine

TELEGRAMM
+++ Slow Food Markt Eltville am Rhein vom 11.09.-
12.09.2021 +++ regionale Produkte, handwerkliche Vielfalt,
nachhaltig, respektvoll und artgerecht produziert : gut,
sauber, fair +++ es lädt ein das Convivium Rheingau +++ Hubert Hohler, Bernhard Wolf, seine Gattin Andrea Brenner
Wo? Am Rheinufer der Stadt Eltville +++ und Tochter Corinna Brenner, Manuel Reheis und Azubi Jan-
www.slowfood-rheingau.de nes Modra (v.l.n.r.).

90 Slow Food | 04/2021


SLOW FOOD

SLOW FOOD BRUCHSAL-KRAICHGAU


AUF ZUM BIO-WEINGUT RUMMEL

Z u einem geführten Spaziergang durch den Weinberg und einer


kulinarischen Weinprobe danach im Weingut Rummel lädt
die Regionalgruppe Bruchsal-Kraichgau ein – selbstverständlich
nur, wenn die aktuelle Pandemielage es zulässt! Seit 1987 bauen
Klaus und Susanne Rummel mit Erfolg sogenannte PIWIs an (pilz-
widerstandsfähige Rebsorten).
Ute Seitz von »Naturpur & Weinkultur« wird die Teilnehmer
begleiten und führen. Auch die Besichtigung des Kelterhauses
gehört dazu, ebenso eine besondere Weinprobe mit sechs Wei-
nen (incl. 1 Secco) und einer Stärkung mit diversem Fingerfood
SLOW FOOD PFALZ und einer Forelle mit Kartoffelsalat.
HOFBESICHTIGUNG BIO RENNER
Familienweingut – Winzer-

U nsere Leidenschaft auf deinem Teller«, so lautet die Devise


des Bioland-Hofes, der seit 2001 von Dieter und Gabi Renner
betrieben wird. Ihr Ziel ist eine partnerschaftliche Bindung an
meister und Idealist Klaus
Rummel (li.), Weinbautechni-
ker und Schaffer Karl Rum-
die Kunden, die durch möglichst transparente Produktion und mel (u.li.) und Winzertochter
Susanne Rummel, die Kreati-
informativen Austausch ihre Arbeitsweise und Einstellung zur
ve (u.re.).
Natur und Umwelt kennenlernen sollen, um sie dann hoffentlich
wertzuschätzen. Schwerpunkte im Frühjahr waren der Anbau
und Verkauf von Spargel, Rhabarber und Erdbeeren. Speziell zu
erwähnen sind der Aroniasaft und die seit letztem Jahr kultivier-
ten Linsen. Der kleine Hofladen bietet neben den hofeigenen
Produkten auch Fruchtaufstriche, Honig, Eier sowie Nudeln von
Bioland-Partnern. Die Teilnehmer können sich auf einen zwei-
stündigen, vom Chef geführten Rundgang zu verschiedenen
Anbauflächen freuen – es darf natürlich auch genascht werden.
Bei Kaffee, Kuchen und einem vitaminreichen Aroniasaft danach
wird der Besuch entspannt ausklingen.

Wann? 14.08.2021, 11-14.30 Uhr


Wo: Bio Renner
Hauptstr. 50, 67482 Böbingen
Max. Teilnehmerzahl: 20 Wann? 27.08.2021
Wie viel? Individuelle Spende Wo? Bio-Weingut Rummel, Geißelgasse 36 /bzw. Walsheimer
Anmeldung: bis 08.08.2021 über die Str, am Eingang von 76829 Landau-Nussdorf
Website von Slow Food Pfalz Max. Teilnehmerzahl: 25
Wie viel? ca. 38 Euro inkl. Weinprobe, Fingerfood und
➽ www.slowfood.de/slow_food_vor_ort/pfalz/termine Pfälzer Biospezialitäten sowie begleitende Tischweine
Anmeldung: über die Website von Slow Food
Bruchsal-Kraichgau

➽ w ww.slowfood.de/slow_food_vor_ort/bruchsal_
kraichgau/termine

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Slow Food | 04/2021 91


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Termin vivien
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KONTAKTE ZU DEN CONVIVIEN C o n


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Convivium heißt eine regionale Gruppe von Slow Food-Mit- slow_fo


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gliedern, der Begriff lässt sich mit Tafelrunde übersetzen.


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Zurzeit gibt es 86 Convivien in Deutschland. Sie tafeln regel­ ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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mäßig zusammen, organisieren Verkostungen, Seminare und ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●


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Märkte, knüpfen Beziehungen zu den Erzeugern der Region. ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●


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Und bieten Kennenlern-Abende für Slow Food- Interessierte an.


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Für die Kontaktaufnahme zu einem Convivium in Ihrer Nähe


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finden Sie hier die Telefonnummern und E-Mail-Adressen. ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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Aachen Bodensee Duisburg - Niederrhein


Gaby Kaus, Manfred Lieber, Claudia Bochinger, Tel 07732. 982 77 43, Markus Welters,
Beate Zaengel, Anja Schmid, bodensee@slowfood.de Tel 02831. 977 95 60, 0172. 200 74 77,
Anne Klasen-Habeney, Ute Meusel,
Bonn Tel 02151. 80 40 09, 0157. 347 394 95,
aachen@slowfood.de
Sabina Schlinke, Tel 0228. 620 44 90, duisburg@slowfood.de
bonn@slowfood.de
Allgäu
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Essen ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
Peter Guggenberger-Waibel, Braunschweiger Land
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Hanne Wortberg,
●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
Tel 08331. 750 79 57, Regina Oestmann, Tel 0531. 123 37 90,
●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
essen@slowfood.de
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allgaeu@slowfood.de braunschweigerland@slowfood.de ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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Altmühlfranken Frankfurt/Main
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Bremen ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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Dieter Popp, Tel 09837. 97 57 08, Andreas Eggenwirth,
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Michael Heise, Tel 0421. 45 05 95, ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
altmuehlfranken@slowfood.de frankfurt@slowfood.de
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& Heimo Schulte, ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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bremen@slowfood.de Freiburg
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Augsburg ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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Petra Kraft, Klaus Flesch, Tel 07667. 20 73 62,


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Bruchsal-Kraichgau ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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augsburg@slowfood.de freiburg@slowfood.de
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Harald Schlusche, Tel 07203. 925 87 80, ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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bruchsal-kraichgau@slowfood.de ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
Fünfseenland
Baden-Schwarzwald ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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Tina Schey, Tel 07221. 37 68 34, Dr. Richard Bartels, Tel 0175. 731 38 24,
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Chiemgau – Rosenheimer Land ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●

fuenfseenland@slowfood.de
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baden-schwarzwald@slowfood.de Helga Geistanger,
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Tel 0861. 209 09 73, Fulda
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Bad Tölz-Tegernsee ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
chiemgau@slowfood.de ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
Arthur Schulz,
über Geschäftsstelle von Slow Food ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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Deutschland, fulda@slowfood.de
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Cuxland ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
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info@slowfood.de über Geschäftsstelle
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Hamburg ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
von Slow Food Deutschland, ●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●●
Barnim-Oderland Yvonne Aßmann, Tel 040. 551 97 07,
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info@slowfood.de
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Mathias Schirmer, Tel 0173. 949 78 15, assmann@slowfood-hamburg.de
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barnim-oderland@slowfood.de Diepholz
Hannover
Hans Schüler, Tel 0421. 37 30 58,
Bergisches Land Elisabeth Gaebler, Tel 0172. 166 15 81,
diepholz@slowfood.de
Bernward Geier, Tel 02245. 61 86 52, Wolfgang Schatz, Tel 0170. 204 94 33,
Sofia Bengel, Tel 02196. 97 27 50, Donnersberger Land – Glantal hannover@slowfood.de
bergischesland@slowfood.de Rainer u. Ingrid Schulmeyer,
Tel 06357. 14 52, Harz
Berlin Peter Osten, Tel 03943. 557 45 36,
donnersberg-glantal@slowfood.de
Lars Jäger, Tel 030. 50 89 87 17, harz@slowfood.de
kontakt@slowfood-berlin.de Dortmund
Klaus Dietrich, Heilbronner Land
Bielefeld/Ostwestfalen Heinrich Leutenberger,
dortmund@slowfood.de
Fritz Feger, Tel 07131. 700 78,
owl@slowfood.de Dresden heilbronn1@slowfood.de
Kai Brinckmann, Hartmut Freter,
Bocholt Ingolstadt
Jens Hoffsommer,
Monika Ludwig, Tel 0163. 771 57 02, Michael Olma, Tel 0841. 379 05 53,
dresden@slowfood.de
bocholt@slowfood.de ingolstadt@slowfood.de
Düsseldorf
Bochum
Lothar Herstix, Tel 0151. 591 606 39, Karlsruhe
Wiebke Rieck Tel 02302. 971 77 00,
duesseldorf@slowfood.de Jens Herion,
bochum@slowfood.de
karlsruhe@slowfood.de

92 Slow Food | 04/2021


SLOW FOOD

Kiel Nürnberg Rostock


Björn Ahrens, Tel 0152. 292 132 82, Torsten Härtelt, Tel 09872. 71 54, Tillmann Hahn, Tel 0170. 432 77 10,
kiel@slowfood.de nuernberg@slowfood.de rostock@slowfood.de

Köln Oberfranken Rügen


Tanja Moreno Aviles, Tel 0160. 973 076 78, Norbert Heimbeck, Viola Würker, Tel 0177. 248 19 19,
Sven Johannsen, Tel 0176. 431 054 35, oberfranken@slowfood.de ruegen@slowfood.de
koeln@slowfood.de
Oberschwaben Saarland
Lausitz Joachim Rehm, Tel 0751. 557 94 97, Holger Gettmann, Tel 0681. 480 09,
Anke Knaak, Tel 0173. 937 25 04, oberschwaben@slowfood.de saarland@slowfood.de
lausitz@slowfood.de
Odenwald/Südhessen Sauerland
Leipzig-Halle Ferdinand Böhm, Tel 06071. 12 27, Ingrid Schlicht-Olbrich, Tel 0171. 683 19 28,
Catherine Winter, odenwald@slowfood.de sauerland@slowfood.de
leipzig-halle@slowfood.de
Oldenburg Schwäbische Donau
Lörrach Ralph Peter Mallonn, Tel 04431. 748 21 96, Robert Friedenberger, Tel 0177. 743 96 25,
Gudrun Heute-Bluhm, Dr. Klaus Ruwisch, Tel 0441. 322 99, schwaebische-donau@slowfood.de
Ulrike Krämer, Tel 0151. 178 507 43, oldenburg@slowfood.de
Schwarzwald-Baar-Heuberg
loerrach@slowfood.de.
Osnabrück Gudrun Strangfeld, Tel 07654. 80 77 33,
Lübeck Dr. Edgar Klinger, Tel 05483. 87 08, sbh@slowfood.de
Petra Schiwiaka (stellvertr. CVL), Oscar Alvarado-Schnake,
Tel 05401. 339 00 81, Slow Food Youth
luebeck@slowfood.de
osnabrueck@slowfood.de youthleitung@slowfood.de
Lüneburg – Heide – Wendland
Ostalb-Limpurger Land Stuttgart
Walter Dieckmann, Tel 04134. 383,
Roland Gentner, Tel 07367. 41 66, Ingo Plessing,
lueneburg@slowfood.de
ostalb@slowfood.de stuttgart@slowfood.de
Magdeburg
Ostfriesland Südl. Teutoburger Wald
Roman Stutzki, Tel 0391.733 98 63,
Regina Fette, Tel 04942. 45 61, Gerhard Dirkwinkel, Tel 02944. 59 80 59,
magdeburg@slowfood.de
ostfriesland@slowfood.de stw@slowfood.de
Mainfranken Hohenlohe
Pfaffenwinkel Südniedersachsen (ehemals Göttingen)
Gerd Sych, Tel 0931.78 34 11,
Heiner Putzier, Tel 0881. 927 98 34, Andreas Landhäußer, Eike Tiemann,
mainfranken-hohenlohe@slowfood.de
pfaffenwinkel@slowfood.de goettingen@slowfood.de
Mecklenburgische Seenplatte
Pfalz Südwest-Sachsen
Sybille Lüers, Tel. 0174. 436 55 36,
Ralf Honsberg, Tel 07272. 95 56 02, Edgar Weber,
mecksee@slowfood.de
pfalz@slowfood.de suedwestsachsen@slowfood.de
Mittelhessen
Pforzheim-Enzkreis Taunus + Westerwald
Christian Weingran, Tel. 06421. 510 37,
Uli Graze, Tel 0177. 606 30 98, Frank Menz, Tel 0157. 744 302 69,
mittelhessen@slowfood.de
pforzheim-enzkreis@slowfood.de taunus-westerwald@slowfood.de
Mosel Hunsrück Eifel
Potsdam Tübingen/Neckar-Alb
Alfons Schramer,
Claudia Gilka-Bötzow, Stephan Allgöwer, Tel 0173. 231 64 37,
mosel@slowfood.de
potsdam@slowfood.de tuebingen@slowfood.de
München
Regensburg Oberpfalz Ulm
Rupert Ebner, Tel 0172. 816 56 14,
Oliver Ehrlich, Ingrid Maucher-Marquard,
muenchen@slowfood.de
regensburg@slowfood.de Tel 0176. 632 336 77,
Münster / Münsterland ulm@slowfood.de
Manfred Wöstmann, Tel 0172. 287 15 96, Rheingau
Marion Thomas-Nüssler, Weimar-Thüringen
muenster@slowfood.de
Tel 0611. 986 18 24, Harald Mohr,
Müritz rheingau@slowfood.de weimar@slowfood.de
Manfred Achtenhagen,
Rheinhessen Zugspitzregion
Tel 039931. 84 00,
Petra Buhl, Tel 0170. 354 80 45, über Geschäftsstelle
mueritz@slowfood.de
rheinhessen@slowfood.de von Slow Food Deutschland,
Niederbayern info@slowfood.de
Team: Franz Anneser, Claudia Baron, Rhein-Mosel
Georg Flingelli (Kontakt), Winfried Heuft,
Tel 09441. 64 21 25, rhein-mosel@slowfood.de
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94 Slow Food | 04/2021


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pflegung im Slow Food Magazin 03/2021 trieb »Lotta Karotta« in Gleichen, die ja Zur Frage »Artischocken frisch oder aus
haben Sie mir richtig Mut gemacht, dass ebenfalls Mitglied bei euch sind, haben wir der Dose«: Aus der Dose sind diese über-
wirklich endlich etwas passieren könnte den Hinweis auf den Artikel »Ganz schön sauren und nach nahezu sonst nichts als
in Richtung nachhaltiger, frisch gekochter geliefert« im letzten Heft erhalten. Das Säure schmeckenden Artischockenböden
und appetitlicher Mahlzeiten in Mensen Modell ist dem Autor offensichtlich tatsächlich grauselig. Ich finde aber, dass
und Betriebskantinen. Hut ab auch vor den bekannt und er erwähnt ja auch explizit es beeindruckend gut schmeckende Arti-
vorgestellten Küchen in Krankenhäusern, seine Entwicklung von den »guten, alten schocken aus dem Glas gibt, die eben ganz
wo versucht wird, neue Wege zu gehen. Öko-Kisten« hin zu »ausgewachsenen und gar nicht zu viel Säure haben und noch
Dass dies bitter nötig ist, habe ich bei mei- Webshops«. Da hat es uns doch sehr ver- erstaunlich gut nach dem frischen Produkt
nem letzten Klinikaufenthalt erfahren, das wundert, dass er die Darstellung unseres schmecken. Einfach mal beim italienischen
Essen war unmöglich. Interessant war Modells auf einen einzigen Satz beschränkt. Großhändler einkaufen gehen. Noch lieber
ebenfalls das Interview mit Lotte Rose und Was fehlt, sind die vielen regionalen wäre es mir, sie wären bio, da steht mein
die Information, dass für Schüler der Rah- Bio-Lieferservices in Deutschland (und Test noch aus. Pascal Rutsch, Ahrensburg
men, wo gemeinschaftliches Essen statt- anderen Ländern). Ein Großteil unserer
findet, nicht vernachlässigt werden sollte. Mitglieder sind Erzeugerbetriebe, die in
Viele interessante Ansätze, weiter so! kleinbäuerlichem Rahmen Gemüse und
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe zu kürzen.
Hildegard Maier, per E-Mail Obst, teilweise auch tierische Produkte

IMPRESSUM »Slow Food Magazin« Zeitschrift der Slow Food Bewegung in Deutschland
HERAUSGEBER REDAKTION ANZEIGEN BEZUGSBEDINGUNGEN
Slow Food Deutschland e. V. Martina Tschirner (Redaktionsleitung), Verlagsbüro Andreas Hey, Jahresabonnement 35,80 Euro
Vereinssitz Berlin/Amtsgericht Nina Wolff, Sarah Niehaus, Tel 06785. 9 41 00, Fax 06785. 9 4101, inkl.Versandkosten (innerhalb Deutschland),
Charlottenburg VR 34593 B Katrin Schießl hey@oekom.de CHF 59,55 Euro
Amtierende Vorsitzende: Dr. Nina Wolff Einzelheft 7,50 Euro.
Verantwortlich im Sinne des ANSCHRIFT DER REDAKTION BESTELLUNG, ABO-VERWALTUNG Alle Preise inkl. MwSt.
Pressegesetzes: Dr. Nina Wolff Slow Food Magazin, UND VERTRIEB
Abonnement unter
Martina Tschirner, Verlegerdienst München GmbH, Abo­
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VERLAG Ziekowstraße 164, 13509 Berlin, service oekom verlag, Gutenbergstraße 1,
oekom Gesellschaft für Tel 030. 49 99 74-49, 82205 Gilching, Für Mitglieder ist die Zeitschrift im Mitglieds-
ökologische Kommunikation mbH, Fax 030. 49 99 74-59, Tel 08105. 388-563, Fax -533 beitrag enthalten. Alle Rechte vorbehalten.
Waltherstraße 29, 80337 München; redaktion@slowfoodmagazin.de oekom-abo@verlegerdienst.de Nachdruck, Vervielfältigung und Aufnahme
Gesellschafter: J. Radloff, 77 %, in Online-Angebote nur nach vorheriger
C. v. Braun: 23 % KONZEPTION UND ENTWURF Vertrieb Zeitschriftenhandel schriftlicher Genehmigung des Verlags.
Agentur Brauer, Kleiber-Wurm, VU VERLAGSUNION KG, Hamburg Der Verlag haftet nicht für unverlangt ein­
GESCHÄFTSSTELLE München, mail@bkw-design.de gesandte Manuskripte und Fotos.
Slow Food Deutschland e. V., DRUCK Die Verwendung der Wort- / Bild-Marke »Slow
Marienstraße 30 ART DIRECTION UND GRAFIK Mayr Miesbach GmbH, Am Windfeld 15, Food« in Deutschland erfolgt mit Genehmi-
10117 Berlin, Barbara Kleiber-Wurm 83714 Miesbach gung von Slow Food Deutschland e. V.
Tel 030. 200 04 75-0, Gedruckt auf 100% Recyclingpapier ISSN 2195-545X
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96 Slow Food | 04/2021


VORSCHAU

Die Verschwendung
Foto: BMEL / Walkscreen

von Lebensmitteln
Foto: AdobeStock_ beats_

Dass zu viel weggeworfen wird, ist uns allen klar. Schon auf dem Acker geht es los – wenn krummes oder zu
kleines Gemüse liegenbleibt, weil es schwer zu verkaufen ist. Doch wo geht wie viel verloren, auch mit Blick auf
Lager und in die Küchen, private wie öffentliche? Welche Verantwortung müssen Konsumenten, Köche, Handel
und Landwirte übernehmen, damit das von der Bundesregierung gesetzte Ziel, die Halbierung der Lebensmit-
telverschwendung bis 2030, Realität wird?

GENUSS-SCHWERPUNKT: 5 JAHRE CHEF ALLIANCE TISCHGESPRÄCH:


WEIN – BIO & MIT KRÄUTERN Hoch lebe die Chef Alliance von Slow GENERATIONENWECHSEL
Wir schauen zurück auf 20 Jahre Ökowein- Food Deutschland, denn die 2016 bei Auf vielen Höfen und ebenso bei kleinen
bau und wie Biowein vom Nischenprodukt Terra Madre Salone del Gusto in Turin Produzenten von Lebensmitteln steht ein
zum Trendwein wurde. Für unser Porträt gegründete Vereinigung wird in diesem Generationenwechsel an. Was ist damit
eines Food Heroes haben wir bereits eine Jahr 5 Jahre alt! Viele Köchinnen und Kö- verbunden, welche Hoffnungen, Ängste
Biowinzerin ausgeguckt, verraten aber che haben sich seitdem der Chef Alliance und Pläne? Was soll verändert werden,
noch nicht, welche. Kein bisschen traurig angeschlossen, übernehmen Verantwor- was beibehalten, wie kann der Generati-
wird es, wenn wir dem gerade um sich tung für die Herkunft ihrer Produkte, ihre onendialog funktionieren? Und von der
greifenden Wermut-Trend nachspüren, Kultur- und Naturlandschaften und den anderen Seite betrachtet: Wo finden
also dem gekräuterten Wein. Und Rezepte Genuss ihrer Gäste. Alle können wir nicht interessierte junge Menschen einen Hof
zum Kochen mit Wein und Wermut wird es vorstellen, einige schon. zur Übergabe? Wie finden Landwirte einen
auch geben im nächsten Heft. Nachfolger?

Das nächste Heft erscheint am 28.09.2021

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Slow Food | 04/2021 97


KOLUMNE

SCHLUSS mit den


unfairen Preisen
Die gegenwärtige Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ist in großen Teilen weder nachhaltig
noch fair. Die Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher will, dass sich das ändert. Allein über
einzelne Kaufentscheidungen ist das jedoch nicht möglich. Stattdessen ist es Aufgabe der Politik, die
notwendigen Rahmenbedingungen für eine nachhaltigere Landwirtschaft und Lebensmittelprodukti-
on zu schaffen. Die Rezepte dafür liegen auf dem Tisch. Von Klaus Müller, Vorstand des Verbrau-
cherzentrale Bundesverbands (vzbv).

Bewusst nachhaltig einzukaufen, ist schwer: Erstens ist das Ange- brauchern für die negativen Folgen – etwa einer fleischlastigen
bot nachhaltiger Lebensmittel vielerorts überschaubar. Zweitens Ernährung – zu schärfen. Transparenz allein schafft aber keine
ist es für Verbraucher oft kaum nachvollziehbar, unter welchen nachhaltigen Produktionsbedingungen. Ziel muss es sein, diese
Bedingungen Lebensmittel erzeugt wurden. Ob zum Beispiel Kuh, negativen externen Effekte entweder einzupreisen oder, noch bes-
Schwein oder Huhn vorher gut gelebt haben, können sie in der ser, sie durch Änderung der Produktionsweise zu minimieren.
Regel nicht verläss- Dann ist der Preis eines Lebensmittels auch viel eher ein Indika-
»Verbraucher können am Preis lich erkennen. Selbst tor für Qualität.
wenn Verbrauchern Das alles können aber die Verbraucher nicht leisten. Allein mit
eines Lebensmittels nicht schwant, dass das dem Einkaufswagen lässt sich die Lebensmittelwirtschaft nicht
erkennen, ob Landwirte einen Hühnerleben, das in transformieren. Stattdessen ist die Politik gefragt. Sie muss die
einem Kilo Schenkel notwendigen Rahmenbedingungen setzen. Durch gesetzliche Vor-
fairen Preis erhalten haben.« für zwei Euro endete, gaben muss sie für eine klimaverträglichere Landwirtschaft und
nicht sonderlich höhere Tierwohlstandards sorgen, die gleichzeitig mit einer bes-
»wohl« gewesen sein kann, wissen sie nicht, ob das Leben des seren Kontrolle und Kennzeichnung verbunden sein müssen. Auch
Huhns für drei oder vier Euro mehr wirklich besser war. Die Landwirte müssen fair entlohnt werden. Das kürzlich verabschie-
Lebensqualität der Tiere lässt sich nicht schmecken. Wir brau- dete Gesetz gegen unlautere Handelspraktiken ist ein wichtiger
chen deshalb dringend gesetzliche Regelungen für höhere Stan- Schritt für mehr Fairness im Lebensmittelmarkt. Ob es wirklich
dards in der Nutztierhaltung und verbindliche Kennzeichnungen hilft, steht und fällt jedoch mit der Umsetzung.
beim Tierwohl. Damit Verbraucher nachhaltiger konsumieren können, muss
Verbraucher können am Preis eines Lebensmittels nicht erken- sich das Angebot und die Art, wie Lebensmittel produziert wer-
nen, ob Landwirte einen fairen Preis erhalten haben. Zudem wer- den, ändern. Entscheidend ist, dass bei dieser notwendigen Trans-
Foto: cguthknech

den externe Kosten, die bei der Produktion eines Lebensmittels formation des Lebensmittelsystems alle Verbraucher mitgenom-
entstehen, zum Beispiel durch Treibhausgas-Emissionen, Pesti- men werden. Es ist deshalb auch Aufgabe der Politik
zideinsatz oder Ressourcenverbrauch, bisher nicht ausreichend sicherzustellen, dass eine gesunde und nachhaltige Ernährung
eingepreist. Es ist durchaus wichtig, das Bewusstsein von Ver- für jede und jeden möglich ist.

Klaus Müller ist seit 2014 Vorstand des


Verbraucherzentrale Bundesverbands
(www.vzbv.de). In den acht Jahren zuvor
war er Vorstand der Verbraucherzen-
trale Nordrhein-Westfalen. Als Mit-
glied von Bündnis 90/Die Grünen war
er von 2000 bis 2005 Umwelt- und
Landwirtschaftsminister des Landes
Schleswig-Holstein.

98 Slow Food | 04/2021


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22 Euro

reiche Ernte, gutes Essen

Charles Dowding Gertrud Franck, Brunhilde Bross-Burkhardt


Gelassen gärtnern Gesunder Garten durch Mischkultur
ISBN 978-3-86581-769-3 ISBN 978-3-96238-101-1
15 Euro 24 Euro

Slow Food | 04/2017


04/2021 99
Dem Himmel
so nah.
In Lich gebraut nach benediktinischer Originalrezeptur
für die Benediktiner Weissbräu GmbH, Ettal.
www.benediktiner-weissbräu.de

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