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Herausgegeben von
M. Eßig, Neubiberg, Deutschland
W. Stölzle, St. Gallen, Schweiz
Industrielle Wertschöpfung wird immer komplexer. Der steigende Wettbewerbs-
druck zwingt zu differenzierten Angeboten, gleichzeitig nimmt der Kostendruck zu.
Unternehmen können diesen gestiegenen Anforderungen nur gerecht werden, wenn
sie neben der Optimierung eigener Produktion besonderen Wert auf die Gestaltung
effektiver und effizienter Netzwerke legen. Supply Chain Management befasst sich
mit unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsaktivitäten von der Rohstoff-
gewinnung bis zur Endkundendistribution. Die Schriftenreihe sieht sich dabei
besonders den lange vernachlässigten betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen
Beschaffung und Logistik verpflichtet, die als Treiber des Supply Chain Management
gelten.
Herausgegeben von
Prof. Dr. Michael Eßig Prof. Dr. Wolfgang Stölzle
Universität der Bundeswehr München Universität St. Gallen
Professur für Materialwirtschaft Lehrstuhl für Logistikmanagement
und Distribution St. Gallen, Schweiz
Neubiberg, Deutschland
Florian C. Kleemann
Supplier Relationship
Management im
Performance-based
Contracting
Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
in komplexen Leistungsbündeln
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Michael Eßig
Florian C. Kleemann
München, Deutschland
Springer Gabler
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
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Geleitwort V
Geleitwort
Unternehmen sind in der Regel immer nur Teil einer Wertschöpfungskette – Ergebnis
des Prinzips der Arbeitsteilung, welches wir spätestens seit Adam Smiths Steckna-
delbeispiel erforschen. Bislang lag der Schwerpunkt jedoch überwiegend auf der
Frage, wie diese Arbeitsteilung und damit auch die Wertschöpfungskette weiter aus-
differenziert werden kann.
Zunehmende Arbeitsteilung fordert einen Preis, konkret sind das die mit ihr verbun-
denen steigenden Koordinations- bzw. Transaktionskosten. Aus absatzwirtschaftli-
cher Perspektive werden die damit verbundenen Probleme schon länger erkannt und
in konkrete Produktversprechen gegossen: Idee ist der Kauf eines „Rundum-sorglos-
Paketes“, in dem der Käufer nicht nur ein Gut („Hardware“) kauft, sondern bspw.
auch damit verbundene Instandhaltungsdienstleistungen. Wird dieses Paket konkret
am Leistungsergebnis (bspw. Verfügbarkeit) gemessen und dieses dann mit einem
entsprechenden Bepreisungsmechanismus versehen, sprechen wir von Performance
Based Contracting (PBC). PBC und (noch weitergehend) die Idee der „Servitization“,
also des Wandels von der Sach- zur Dienstleistung, werden derzeit von vielen be-
triebswirtschaftlichen Teildisziplinen erforscht. Neue – und durchaus umstrittene –
Theorien wie die Service Dominant Logic zeigen dies überdeutlich.
Ein Feld, das noch wenig Aufmerksamkeit genießt, ist die Frage, welche Auswirkun-
gen PBC lieferantenseitig nach sich zieht. Stellen Kunden an Unternehmen die An-
forderung eines PBC-basierten Vertrages, hat dies in der Regel einen nicht wesentli-
chen Risikotransfer zur Folge. Kauft ein Endprodukthersteller von seinem Lieferanten
bspw. nicht mehr eine Maschine, sondern fordert von diesem ihren (störungsfreien)
Betrieb, der nur bei fehlerfreier Produktion auch vergütet wird, ist zumindest das Be-
schäftigungsrisiko in Teilen weiterverlagert.
Weiß man nun, dass im industriellen Durchschnitt – und damit wohl auch im skizzier-
ten Beispiel des Maschinenbauers – der Fremdbezugsanteil am Umsatz bei über
50% liegt, stellt sich die Frage, wie Lieferanten in diese Kette einbezogen werden. Es
gilt, zu untersuchen, ob Wertschöpfungsketten zukünftig als eine Abfolge von PBC-
Verträgen ausgeprägt sein werden, oder ob eine absatzseitige PBC-Beziehung keine
oder wenig Auswirkungen auf die Lieferantenbeziehung(en) nach sich zieht.
Genau diese Frage steht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. Die ersten empiri-
schen Befunde zeigen, wie wenig dies derzeit in der Unternehmenspraxis noch prob-
VI Geleitwort
lematisiert wird. Dem Verfasser gelingt es, einen Beitrag in einer wichtigen For-
schungslücke zu liefern und systematisch aufzuzeigen, wie Lieferantenbeziehungen
modelliert werden können. Damit leistet er auch einen wichtigen Beitrag zum be-
triebswirtschaftlichen Gestaltungsziel. Ich wünsche der Arbeit daher eine weite Ver-
breitung!
Vorwort
Die Besonderheiten der Dienstleistungsbeschaffung wurden in der Forschung wie-
derholt aufgegriffen. Doch während sich in der Marketingforschung das Dienstleis-
tungsmanagement als eigenständige Disziplin etabliert hat, spielt dieser Bereich im
Beschaffungsmanagement immer noch eine untergeordnete Rolle. Auch die zuneh-
mende Bedeutung von Komplettlösungen als Kombination von Gütern und Dienst-
leistungen ist auf Marketingseite bereits umfassend untersucht. Die Fragen, denen
sich Anbieter solcher Lösungen, insbesondere ihren Lieferanten gegenüber, konfron-
tiert sehen, sind dagegen oft noch kaum beantwortet. Als ergebnis- und leistungsori-
entiertes Konzept für komplexe Leistungsbündel stellt Performance-based Contrac-
ting umso größere Herausforderungen an dessen Anbieter, doch die Frage nach
Einbindung der Lieferanten hierin blieb bisher unbeantwortet. Diese Arbeit adressiert
genau diesen Aspekt und entwickelt aus vorhandenen wissenschaftlichen Erkennt-
nissen sowie empirischen Fallstudien ein Modell für PBC-Anbieter-Lieferanten-
Beziehungen, das mit Empfehlungen zur Gestaltung der Beziehungen ergänzt wird.
Diese Dissertation entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitar-
beiter am Lehrstuhl für Materialwirtschaft und Distribution an der Universität der Bun-
deswehr München. Mein besonderer Dank gilt daher zunächst meinem akademi-
schen Lehrer und Betreuer dieser Arbeit, Herrn Prof. Dr. Michael Eßig, der mir nicht
nur die Möglichkeit zur Dissertation eingeräumt, sondern mich über den gesamten
Bearbeitungszeitraum hin fachlich wie persönlich umfassend unterstützt hat. Sein
hoher inhaltlicher Anspruch und seine gleichzeitig tief menschliche Art haben eine
ebenso freie wie zielorientierte Arbeitsweise ermöglicht und mich so nicht nur fach-
lich, sondern auch persönlich weiterentwickelt.
Darüber hinaus gilt mein Dank Frau Prof. Dr. Sandra Praxmarer, die sich freundli-
cherweise bereiterklärt hat, das Zweitgutachten dieser Arbeit zu übernehmen. Ihre
Forschung im Feld industrieller Geschäftsbeziehungen im Marketingkontext über-
schneidet sich wesentlich mit dem thematischen Rahmen dieser Abhandlung.
Mein Dank richtet sich zudem an die Herren Professoren Dr. Sebastian Kummer von
der Wirtschaftsuniversität Wien und Wolfgang Stölzle von der Hochschule St. Gallen,
die mich im Rahmen der gemeinsamen Doktorandenseminare mit kritischen und
ebenso konstruktiven Hinweisen unterstützt haben.
Die Kombination konzeptioneller Aspekte mit empirischen Inhalten dieser Arbeit wäre
nicht möglich gewesen ohne die Interviewpartner, die sich neben dem Tagesgeschäft
Zeit für die Gespräche genommen haben. Hierfür gilt mein spezieller Dank.
Auch den Kolleginnen und Kollegen vom Lehrstuhl für Materialwirtschaft & Distributi-
on, allen voran „PBC-Guru“ Dr. Andreas Glas, möchte ich für fachliche Anregungen
VIII Vorwort
Inhaltsübersicht
Geleitwort .................................................................................................................. V
Vorwort .................................................................................................................... VII
Inhaltsübersicht ....................................................................................................... IX
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................... XI
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ XVII
Tabellenverzeichnis .............................................................................................. XIX
Anhang ...................................................................................................................319
Anhang 1: Vorgehen bei der strukturierten Literaturrecherche ............................319
Anhang 2: Methodischer Ansatz zur Unterscheidung PBC-ähnlicher Konzepte ..322
Anhang 3: Übersicht der Fallstudieninterviews ....................................................324
Anhang 4: Gesprächsleitfaden für die Fallstudienuntersuchung ..........................325
Literaturverzeichnis ..............................................................................................327
Inhaltsverzeichnis XI
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort .................................................................................................................. V
Vorwort .................................................................................................................... VII
Inhaltsübersicht ....................................................................................................... IX
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................... XI
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ XVII
Tabellenverzeichnis .............................................................................................. XIX
Abbildungsverzeichnis
PBC ............................................................................................................. 14
Abb. 6: Aufbau der Forschungsarbeit ....................................................................... 16
Abb. 7: Kontinuum der Bewertbarkeit von Gütern und Dienstleistungen .................. 27
Abb. 8: Portfoliobasierte Unterscheidung beschaffter Dienstleistungen ................... 31
Abb. 21: Empfehlungen der Relational Coordination Theory für die Gestaltung
von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen ........................................... 158
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
BWL Betriebswirtschaftslehre
DL Dienstleistungen
FP Foundational Premises
i. S. v. im Sinne von
LB Leistungsbündel
PAT Prinzipal-Agenten-Theorie
PSS Product-Service-System
1. Einleitung
1.1 Hintergrund und thematische Einführung
Bereits im 18. Jahrhundert wiesen die Ökonomen Adam Smith und später David Ri-
cardo auf die Vorteile der Arbeitsteilung bzw. Spezialisierung hin. 1 Dementgegen ver-
folgten Unternehmen lange Zeit eine andere Strategie: die vertikale Integration also
Endprodukt, Vorprodukte und Zusatzleistungen vorwiegend selbst herzustellen.2 Oft
wurden sogar mit den Kernleistungen kaum verwandte Produkte oder Dienstleistun-
gen in das Leistungsportfolio eines Unternehmens aufgenommen (im Sinne der Di-
versifikation).3 Erst in den 1980er-Jahren wandten sich Unternehmen, zu Anfang v. a.
aus der Unterhaltungselektronik- und Computerindustrie, wieder verstärkt dem von
Smith oder Ricardo propagierten Prinzip der Arbeitsteilung zu: die Herstellung der
benötigten Sach- und Dienstleistungen wurde in immer größerem Umgang externen
Lieferanten übertragen.4
Während dies zunächst eher kleinere Bauteile und Komponenten betraf, wurden
dann zunehmend Systeme als Kombinationen von Einzelteilen oder Dienstleistungs-
aufgaben bzw. ganze Geschäftsprozesse extern vergeben. Diese Entwicklung wird
häufig unter die Begriffe „Outsourcing“ bzw. „Business Process Outsourcing“ subsu-
miert.5
Spätestens seit den 1990er-Jahren haben Unternehmen diese Strategie auf breiter
Front verfolgt. 6 Als Hintergrund dieser Entwicklung werden die Globalisierung und
Technologisierung (z. B. der Informations- und Kommunikationstechnologie) gese-
hen, die zu massiv verkürzten Innovations- und Produktentwicklungszyklen geführt
1
Die Vorteile der Spezialisierung belegte zunächst Smith (2009/ 1776), S. 8, für einen Produkti-
onsbetrieb von Stecknadeln; Ricardo (1987/ 1817), S. 84, forderte, wenn auch auf volkswirt-
schaftlicher Ebene, jedes Land solle sich bei der Produktion von Gütern auf diejenigen konzent-
rieren, für die es aufgrund einiger spezifischer Vorteile besonders geeignet sei.
2
Zum Ansatz der vertikalen Integration vgl. u. a. Harrigan (1984), S. 638, oder Hinterhuber/ Vogel
(1986).
3
Zur Diversifikation sowie deren Zusammenhang mit den Ausprägungen der vertikalen Integration
vgl. Harrigan (1985), S. 397, auch Balakrishnan/ Wernerfelt (1986) sowie Davis/ Duhaime (1992),
S. 511. Als Beispiel könnte z. B. die Integration des Luftfahrtunternehmens „DASA“ in den Auto-
mobilkonzern Daimler-Benz genannt werden, vgl. Töpfer (1999), S. 19.
4
Vgl. dazu u. a. Lüthje (2002), S. 288, Hwang (2003), S. 14, oder Verstraete (2004), S. 21. Sach-
leistungen werden dabei oft auch als Güter bezeichnet.
5
Der Begriff des Outsourcings soll zunächst als „Übergang von der internen zur externen Inan-
spruchnahme von Ressourcen zur Erstellung einer in einem ökonomischen System benötigten
Leistung“ definiert werden, Nagengast (1997), S. 53. Aus der Definition geht hervor, dass damit
v. a. die erstmalige Fremdvergabe bezeichnet wird. Die Begriffsvielfalt merken z. B. Sanders et al.
(2007), S. 4, an.
6
Vgl. Kakabadse/ Kakabadse (2002), S. 190, sowie zum statistischen Beleg Alajääskö (2007), S. 3.
7
Vgl. van Weele/ Rozemeijer (1996), S. 153f., Krause et al. (2001), S. 498, oder Boutellier (2003),
S. 456 ff.
8
So werden zentrale Fähigkeiten (also nicht Produkte) genannt, die Unternehmen am Markt lang-
fristig erfolgreich machen, vgl. Prahalad/ Hamel (1990), S. 79 bzw. 85, ähnlich auch Quinn et al.
(1990), S. 60.
9
Vgl. Quinn et al. (1990), S. 60, Venkatesan (1992), S. 98, oder McIvor (2000), S. 29.
10
Vgl. dazu z. B. Quinn et al. (1990), S. 60, Cox (2001b), S. 8 f., oder Baily et al. (2008), S. 118.
11
Vgl. Grochla/ Schönbohm (1980), S. 29, Venkatesan (1992), S. 98, Gadde/ Hakansson (1994), S.
29, oder Boutellier (2003), S. 454.
12
Dies lässt sich durch den Fremdbezugsanteil am Umsatzvolumen messen, der in einigen Bran-
chen mittlerweile über 70 % und im industrieübergreifenden Durchschnitt bereits etwa 50 % be-
trägt, vgl. Corsten/ Felde (2002); ähnlich Ford et al. (2003), S. 91, oder Vanteddu/ Chinnam
(2011), S. 204. Das „Beschaffungsvolumen“ (BV) bezeichnet dabei die beschaffungsrelevanten
Ausgaben.
13
Als vorläufige Definition des Begriffs wird zunächst die von Arnold (1997), S. 3, vorgelegte heran-
gezogen: „Beschaffung umfasst [...] sämtliche unternehmens- und/oder marktbezogene Tätigkei-
ten, die darauf gerichtet sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst hergestellten
Objekte verfügbar zu machen“. Eine genauere Definition des Begriffs erfolgt in Unterabschnitt
3.1.1.1 Zum Bedeutungsgewinn im Rahmen des gestiegenen Fremdbezugs vgl. z. B. Gadde/
Hakansson (1994), S. 28, oder Carr/ Pearson (1999), S. 498.
14
Vgl. Moser (2007), S. 199, oder Burt et al. (2010), S. 9.
Hintergrund und thematische Einführung 3
Die steigende Bedeutung von Dienstleistungen lässt sich auch aus gesamtwirtschaft-
licher Perspektive bestätigen. So haben sowohl die Anzahl der Beschäftigten im
Dienstleistungssektor als auch die von ihnen erzielte Wertschöpfung in den meisten
Industrieländern über die vergangenen Jahrzehnte massiv zugenommen. 20 Mittler-
weile hat der Dienstleistungssektor das produzierende Gewerbe als wichtigsten Wirt-
15
Vgl. u. a. Dyer et al. (1998), S. 73, Ford et al. (2003), S. 91, Ancarani/ Capaldo (2005), S. 232,
Gottfredson et al. (2005), S. 132, oder Krause et al. (2001), S. 498.
16
Vgl. z. B. Engelhardt/ Schwab (1982), S. 503, Sheth/ Sharma (1997), S. 99, oder Ellram et al.
(2004), S. 19.
17
Vgl. Tschetter (1987), S. 31, Haß (1996), S. 159, Smeltzer (1998), S. 6, oder McIntosh/ Ramadan
(2008), S. 49.
18
Vgl. Fearon/ Bales (1995), S. 8 f., die hierfür 59 produzierende sowie 23 Dienstleistungsunter-
nehmen und 34 öffentliche Organisationen, schwerpunktmäßig in Nordamerika, befragt haben.
Eine ähnliche Tendenz, wenn auch mit geringeren Dienstleistungsanteilen am Beschaffungsvo-
lumen, lässt sich in CAPS Research (2003), S. 2, finden.
19
Quelle: in Anlehnung an Fearon/ Bales (1995), S. 8 f.
20
Vgl. Grönroos (1990), S. 6, OECD (2000), S. 3, oder Machuca et al. (2007), S. 586.
4 Einleitung
21
Vgl. Statistisches Bundesamt (2012), S. 619.
22
Zum Beispiel IBM als Beleg für den Trend zur Dienstleistung, vgl. Hätönen/ Eriksson (2009), S.
142, sowie Neely (2009), S. 104, für Bilfinger (ehem. Bilfinger Berger) vgl. Bilfinger SE (2013), S.
3, in Verbindung mit Bubb (2004), S. 86.
23
Vgl. Engelhardt et al. (1993), S. 406, ähnlich Präuer (2004), S. 100.
24
Die Bezeichnung leitet sich aus dem englischen Begriff für Dienstleistungen („Service“) ab. Ein-
geführt wurde er von Vandermerwe/ Rada (1988), S. 315; weniger verbreitete Abwandlungen des
Begriffs lauten auf “servicitation”, Cook et al. (2006), S. 1455, oder “servitisation”, Johnson/ Mena
(2008), S. 28. Siehe hierzu im weiteren Verlauf Abschnitt 2.3.1.
25
Die Kernideen der „Service-dominant Logic“ werden in Unterabschnitt 2.2.4.1 näher ausgeführt.
Zur Begründung des Ansatzes vgl. Vargo/ Lusch (2004), S. 2, sowie Vargo/ Lusch (2006), S. 282.
26
Diese Feststellung findet sich u. a. bei Sheth/ Sharma (1997), S. 99, Ahlstrom/ Nordin (2006), S.
475, Thiell (2006), S. 4 f., Nordin/ Agndal (2008), S. 395, oder Holschbach/ Hofmann (2010), S.
764.
27
Vgl. hierzu zunächst Sasser (1976), S. 133, sowie Hilke (1989), S. 21; für eine ausführliche Be-
trachtung siehe Abschnitt 2.1.5.
28
Vgl. z. B. Axelsson/ Wynstra (2002), S. 24, Ellram et al. (2007), S. 45, van Weele (2010), S. 90,
oder Wynstra et al. (2006), S. 475.
Hintergrund und thematische Einführung 5
1 2 3 4 5
Insofern kann man davon ausgehen, dass das Beschaffungsmanagement für Leis-
tungsbündel einige besondere Probleme aufwirft. Einen Lösungsansatz hierfür bilden
Dienstleistungs- und Beschaffungskonzepte, bei denen der Fokus nicht mehr auf zur
Leistungserstellung benötigte Ressourcen, sondern auf ein Leistungsergebnis aus-
gerichtet ist, dessen Erreichen durch den Anbieter vom (beschaffenden) Abnehmer
entsprechend vergütet wird. In der Forschung wird dies z. B. als „Perfor-
mance(-based) Contracting“ (PBC), „Performance-based Logistics“ oder „Solutions
Sourcing“ diskutiert.31 Bis zu einer genauen Definition der Begriffe in Abschnitt 2.3.1
29
Als mögliche Leistungskombinationen standen „ausschließlich Güter“, „ausschließlich Dienstleis-
tungen“ (DL) sowie deren Kombination als „Leistungsbündel“ (LB) zur Auswahl. Die Studie um-
fasste 32 Unternehmen aus verschiedenen Industriebereichen mit einem Median des Umsatzes
von rund 4 Mrd. US-Dollar, vgl. CAPS Research (2003), S. 2.
30
Quelle: in Anlehnung an CAPS Research (2003), S. 6.
31
Vgl. zu Performance Contracting z. B. Kleikamp (2002), S. 21, zu Performance-based Contract-
ing z. B. Hypko et al. (2010b), S. 630, zu Performance-based Logistics z. B. Randall et al. (2010),
6 Einleitung
S. 35, sowie Präuer (2004), S. 82, zu Solutions Sourcing. Die Begriffsvielfalt wird allerdings kriti-
siert, vgl. exemplarisch hierzu Hypko et al. (2010b), S. 630.
32
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 697, oder Sols et al. (2007), S. 42.
33
Dieser Perspektive folgen u. a. Kleikamp (2002), S. 21, Freiling (2003), S. 32, Belz/ Wuensche
(2007), S. 4, oder Hypko et al. (2010a), S. 461.
34
Dem Begriff der Leistungserbringung oder Leistungserstellung entspricht in etwa das „Operations
Management“, der überwiegend im englischsprachigen Bereich verwendet wird, vgl. Thonemann
(2010), S. 18, dazu allgemeiner Slack et al. (2010), S. 4.
35
Vgl. Buse et al. (2001), S. 5.
36
Vgl. Randall et al. (2010), S. 35.
37
Vgl. Ng/ Nudurupati (2010), S. 665 f.
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit 7
fluss auf das Risikoempfinden) eine wesentliche Rolle bei der Betrachtung ergebnis-
orientierter Vertragskonzepte mit erfolgsvariabler Vergütung zukommt.38
Während dieser Zusammenhang für die Beziehung zwischen dem PBC-Anbieter und
dessen Kunden bereits in einigen Forschungsarbeiten untersucht wurde, existieren
für die Einbindung der Lieferanten durch den Anbieter keinerlei dezidierte Ergebnis-
se.39 Dies wirkt umso problematischer, als in der Literatur die Abhängigkeit der Leis-
tungsbündelanbieter von Lieferanten als besonders hoch angenommen und eine In-
teressensgleichung bzw. stärkere Kooperation der an der Leistungserbringung betei-
ligten Unternehmen vorgeschlagen wird.40 Es kann folglich festgestellt werden, dass
Lieferanten von PBC-Anbietern überwiegend eine zentrale Rolle zuerkannt wird
ohne dass dies jedoch bisher weiter analysiert wurde und obwohl die Auswirkungen
von PBC auf die Leistungserbringung durchweg als umfassend bezeichnet werden.
Insofern scheint es angebracht, genauer zu beleuchten, inwieweit sich das PBC-
Konzept auf die Beziehungen zwischen den PBC-Anbietern und deren Lieferanten
auswirkt.
Mögliche Sichtweisen auf Unternehmensbeziehungen sind dabei die (singuläre) Fir-
menperspektive, Dyaden (als eine Verbindung von zwei Beteiligten) sowie die Ver-
bindung von drei oder mehr Unternehmen in verschiedenen Konstellationen, z. B. in
Netzwerken, darunter auch Supply Chains oder Triaden.41
Als gängigste Betrachtungsweise bei den Verbindungen zwischen verschiedenen
Organisationen bzw. Unternehmen hat sich indes die Dyade etabliert sei es zu
Kunden- oder Lieferanten. 42 Gerade für die zunehmend strategische Beschaffung
38
Vgl. z. B. Geary/ Vitasek (2008), S. 4, oder Ng/ Nudurupati (2010), S. 664 f. Allgemeiner wurden
Beziehungen zu anderen Unternehmen als Quelle von Wettbewerbsvorteilen im sogenannten
Relational View dargestellt, vgl. Dyer/ Singh (1998), S. 661.
39
Dies ist das Ergebnis einer umfangreichen, strukturierten Literaturanalyse, wonach keine eigen-
ständigen Forschungsarbeiten für das Problem der Lieferantenbeziehungen seitens der PBC-
Anbieter existieren. Auch wird dieser Bereich explizit als Forschungslücke genannt, siehe z. B.
Selviaridis (2011), S. 527 f. Die Ausnahme bilden kurze Erwähnungen bei Lewis/ Roehrich (2009),
S. 132, Ng/ Nudurupati (2010), S. 665 f., und Randall et al. (2010), S. 48. Diese gehen jedoch
kaum über Aspekte wie der allgemeinen Bedeutung von Lieferanten für PBC hinaus. Siehe hierzu
im Detail Abschnitt 3.2 sowie zu konkretem Vorgehen und Ergebnissen der Literaturanalyse An-
hang 1.
40
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 33, Martinsuo/ Ahola (2010), S. 108, Ng/ Nudurupati (2010), S.
664 f., oder Randall et al. (2010), S. 44, ähnlich bereits Vandermerwe (1990), S. 469.
41
Vgl. Ritter et al. (2004), S. 179, spezifisch zur Supply Chain vgl. Mentzer et al. (2001), S. 4. Für
eine genauere Definition und Unterscheidung siehe außerdem Abschnitt 3.1.3.1.
42
Vgl. zunächst Blankhorn/ Banting (1991), S. 189, und Piercy (2009), S. 857. Die Dyade spielt in
der Forschung zu Beschaffung und industriellem Marketing eine Schlüsselrolle, vgl. dazu Ander-
son et al. (1994), S. 3, und Choi/ Wu (2009a), S. 265. Während sich auch die Netzwerkforschung
in den vergangenen Jahren deutlich entwickelt hat, vgl. dazu z. B. Arnold (2004), Becker et al.
2008, Bellmann/ Himpel (2002), Ford et al. (2003), Hakansson/ Johanson (1992), oder Sydow
2006, steht die Forschung spezifisch zur Triade noch am Anfang, siehe z. B. Wu/ Choi (2005),
8 Einleitung
Unterlieferant
PBC- PBC-
Lieferant Anbieter
PBC-Abnehmer
Unterlieferant (End-)Kunde
PBC-Lieferant
Unterlieferant
Choi/ Wu (2009a), oder Choi/ Wu (2009b), für die Dienstleistungsbeschaffung speziell van der
Valk/ van Iwaarden (2011).
43
Vgl. z. B. Dubois/ Pedersen (2002), S. 35, oder Bernardes/ Zsidisin (2008), S. 211.
44
Für eine genauere Betrachtung und kritische Auseinandersetzung mit den verschiedenen Bezie-
hungsperspektiven siehe nochmals Unterabschnitt 3.1.2.4.
45
Quelle: eigene Darstellung. Eine allgemeine Strukturierung der PBC-Wertschöpfungskette findet
sich bei Hobday et al. (2005), S. 1120.
Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit 9
Aus der Breite der möglichen Ausprägungen und den typischen Inhalten von Liefe-
rantenbeziehungen soll dann herausgearbeitet werden, ob und inwieweit sich PBC-
Anbieter-Lieferanten-Beziehungen von traditionellen Ansätzen unterscheiden. Hierzu
soll ein konzeptionelles Modell zur Beschreibung und dem Management der Liefe-
rantenbeziehungen von PBC-Anbietern entwickelt werden. Darauf basierend strebt
die vorliegende Arbeit an, diesen Anbietern praxisorientierte Empfehlungen zur Ge-
staltung ihrer Lieferantenbeziehungen zu geben.
Zusammengefasst ergibt sich daraus folgende Zielsetzung: die Implikationen von
Performance-based Contracting auf die anbieterseitigen Wertschöpfungsstruk-
turen, speziell die Lieferantenbeziehungen von PBC-Anbietern, zu analysieren
sowie Handlungsempfehlungen zu entwickeln, wie die Anbieter diese Lieferan-
tenbeziehungen gestalten und steuern können.
Damit folgt die Arbeit den zwei wesentlichen Zielen der Betriebswirtschaftslehre als
Realwissenschaft, dem der Erklärung (im Verständnis eines theoretischen Wissens-
zugewinns durch die Analyse) und dem der Gestaltung (im Sinne einer Unterstüt-
zung für die Entscheidungsfindung in der Praxis). 46 Ergänzend wird das Ziel der Be-
schreibung verfolgt, indem die Grundlagen von PBC für den spezifischen Untersu-
chungsausschnitt der Leistungserbringung und den Anbieter-Lieferanten-
Beziehungen aufbereitet werden.
Diese Zielsetzungen werden durch Unterteilung in verschiedene Forschungsfragen
weiter konkretisiert, wobei die einzelnen Fragen weiterhin dem Zielsystem der BWL
zuzuordnen sind.47 Konkret werden in dieser Abhandlung folgende Forschungsfragen
verfolgt bzw. beantwortet:
46
Vgl. hierzu und im Folgenden Schweitzer (1978), S. 2 ff., sowie erläuternd Grass (2000), S. 24.
Eine ähnliche Einteilung findet sich auch bei Chmielewicz (1994), S. 9. Speziell zur Erklärungs-
bzw. Gestaltungsaufgabe vgl. Schanz (1988), S. 28, Schanz (2009), S. 114, oder Schweitzer
(2009), S. 66.
47
Die Formulierung der Forschungsfragen wird als ein zentraler Schritt jedes Forschungsvorhabens
beschrieben. Zur Bedeutung allgemein vgl. Blaikie (2010), S. 58 ff. Hinweise zur Ausgestaltung,
die auch für diese Arbeit berücksichtigt wurden, gibt z. B. Creswell (2003), S. 105 ff.
10 Einleitung
Abb. 4: Forschungsfragen
Dabei lassen sich die Fragen 1a und 1b dem Forschungsziel der Deskription zuord-
nen, Frage 2 und 3 dem theoretischen Wissenschaftsziel der Erklärung sowie die
Fragen 4a und 4b dem Gestaltungsziel.48 Damit bestehen zudem sowohl Bezüge zur
theoretischen als auch zur angewandten Forschung. 49 Während Erstere den
Schwerpunkt der Arbeit bildet, um Probleme in der Wirklichkeit (Realwissenschaft)
möglichst allgemeingültig zu erklären, widmet sich angewandte Forschung der Gene-
rierung von Entscheidungsalternativen für die Ausgestaltung von Problemlösungen in
der Praxis. Auf Basis dieser Zielsetzungen wird im nächsten Unterkapitel die metho-
dische Herangehensweise für die vorliegende Arbeit festgelegt.
1.3 Forschungsstrategie und methodische Grundlagen
Zur Erreichung der im vorherigen Unterkapitel gesetzten Forschungsziele bzw. zur
Beantwortung der Forschungsfragen gilt es zunächst, eine dem Forschungsstand
sowie den darauf basierenden Zielen entsprechende Forschungsstrategie zu definie-
48
Vgl. Schweitzer (1978), S. 2 ff., ähnlich Chmielewicz (1994), S. 9, oder Ulrich (1995a), S. 165.
Für eine Erläuterung vgl. außerdem Grass (2000), S. 24–27.
49
Hierfür wird auch die Klassifizierung „pragmatische“ Forschungsziele genutzt. Auch wenn diese
für die BWL ausdrücklich gefordert werden (vgl. Ulrich (1995b), S. 181), wird auch kritisiert, dass
eine derartige Ausrichtung eine reine Fokussierung der Forschung auf Gestaltungsprobleme
(„Managementlehre“) nach sich zieht, vgl. Schauenberg (2005), S. 3.
Forschungsstrategie und methodische Grundlagen 11
ren. Für die Betriebswirtschaftslehre hat Grochla drei grundlegende Alternativen vor-
geschlagen:50
x Sachlich-analytisch: Diese Strategie dient der gezielten Analyse komplexer Zu-
sammenhänge, die sich v. a. auf Plausibilitätsüberlegungen stützt und darauf
aufbauend Schlussfolgerungen erzielen möchte. Diese setzen nicht zwingend ei-
ne empirische Überprüfung voraus.51 Das Ziel der Strategie besteht in der Ent-
wicklung konzeptioneller Modelle zur Abbildung komplexer Sachverhalte oder
auch der Entwicklung von Hypothesen, deren Überprüfung allerdings nicht oder
erst für spätere Forschungsvorhaben vorgesehen ist. Dem ähnlich ist der deduk-
tive Forschungsansatz, in dem auf Basis existierender Annahmen oder Grund-
aussagen neue Schlüsse über Zusammenhänge verschiedener betriebswirt-
schaftlicher Größen gezogen werden.52
x Dementgegen steht die empirische Forschungsstrategie, die hauptsächlich die
Prüfung von Aussagen über die sachliche Wirklichkeit mittels statistischer Ver-
fahren zum Ziel hat. Geprüft werden hierbei vorwiegend kausale Annahmen zwi-
schen bestimmten Variablen, deren Messung über operationale (= messbare)
Definitionen, spezielle Instrumente und entsprechende Indikatoren erfolgt. Wäh-
rend für diese Strategie sämtliche Erhebungsmethoden der empirischen Sozial-
forschung infrage kommen, bestehen enge Zusammenhänge zwischen der Ge-
neralisierbarkeit bzw. allgemeinen Aussagekraft der Ergebnisse und der Be-
stimmung der Stichprobe einer Studie. 53 Analog der Deduktion zur sachlich-
analytischen Strategie ist die Induktion zum empirischen Vorgehen zu sehen.
Hier werden aus einer Menge an (empirischen) Einzelbeobachtungen Gesetz-
mäßigkeiten als Theoriebeitrag abgleitet.54
x Die formal-analytische Strategie dagegen hat zum Ziel, konkrete Problemstruk-
turen vereinfacht und damit abstrakt wiederzugeben. Unter der Annahme, die
Realität sei eine beliebig große Menge an Entscheidungsproblemen, wird eine
eindeutige Beschreibung und zumeist mathematische Lösung eines dieser
50
Vgl. für die Übersicht Grochla (1978), S. 71, sowie für die einzelnen Forschungsstrategien „Sach-
lich-analytisch“ S. 72-78, „empirisch“ S.78-84, sowie „formal-analytisch“ S.95-93.
51
Empirisch festgestellte Teilzusammenhänge können jedoch ergänzend genutzt werden, vgl.
Grochla (1978), S. 73.
52
Vgl. Grass (2000), S. 29, Saunders et al. (2009), S. 124f., Schweitzer (2009), S. 71; spezifischer
zur Deduktion, vgl. Babbie (2010), S. 50ff., und Wöhe/ Döring (2010), S. 35.
53
Gängige Erhebungsmethoden sind z.B. Fallstudien, Experimente oder großzahlige Befragungen,
vgl. Saunders et al. (2009), S. 141ff.
54
Vgl. Grass (2000), S. 28f., Saunders et al. (2009), S. 125ff., Schweitzer (2009), S. 70; spezifi-
scher zur Induktion und der Unterscheidung zur Deduktion, vgl. Babbie (2010), S. 50ff., und Wö-
he/ Döring (2010), S. 34.
12 Einleitung
55
Die beiden Forschungsansätze schließen sich dabei keinesfalls gegenseitig aus; vielmehr wer-
den sie durchaus als vorteilhafte Kombination gesehen, vgl. Morse (2002), S. 193.
56
Vgl. Kubicek (1977), S. 17 f., ergänzend Rößl (1990), S. 99f., sowie Fellows/ Liu (2008), S. 66 f.
Forschungsstrategie und methodische Grundlagen 13
57
Zur Verwendung von Theorien als Beitrag zur betriebswirtschaftlichen Forschung allgemein vgl.
Schauenberg (2005), S. 48 ff. Die genutzten Theorien umfassen dabei die Service-dominant Lo-
gic, die Coordination Theory, die Informationsökonomie, die Relational Contracting- und die Soci-
al Exchange-Theorie.
58
Zur Forderung multipler Theorien allgemein, vgl. Grass (2000), S. 30, Rose (2003), S. 100, spezi-
fisch in der Beschaffungsforschung z. B. Kaufmann (2001), S. 387, oder Shook et al. (2009), S. 8,
sowie im PBC-Bereich Selviaridis (2011), S. 526.
59
Vgl. Denzin (1989), S. 236, der die Kombinationen von Theorien und Methoden zur Erhöhung der
Qualität von Forschungsergebnissen als „Triangulation“ bezeichnet, siehe hierzu auch Unterkapi-
tel 4.1.
60
Dies wird für die gewählte Forschungsstrategie explizit vorgesehen, vgl. Grochla (1978), S. 72.
Die empirische Erhebung ist Hauptinhalt von Kapitel 4.
61
Die Begründung für diese zwei Bezugspunkte findet sich nachfolgend. Bei der Konzeption eines
Bezugsrahmens explizit ist es möglich, heuristisch vorzugehen, vgl. hierzu Kubicek (1977), S.
16 f., und Rößl (1990), S. 100, generell zur Anwendung heuristischer Methoden vgl. Grass (2000),
S. 30.
62
So vorzugehen schlagen z. B. Buse et al. (2001), vor.
63
Entsprechende Bezüge zum Investitionsgütermarketing finden sich z. B. bei Weddeling (2010), S.
5, für Produkt-Service-Systeme bei Datta/ Roy (2011), S. 583.
14 Einleitung
Dienstleistungs-
management
Leistungsbündel Dienstleistungs-
& PSS beschaffung
PBC
SRM
(Strategisches)
(Investitionsgüter-) Lieferanten- Beschaffungs-
Marketing management management
64
PBC wird u. a. bei Buchanan/ Klingner (2007), S. 301, Kumar et al. (2007), S. 260, oder Geary/
Vitasek (2008), S. 15, als Beschaffungsstrategie (für Dienstleistungen) vorgeschlagen. Zur zent-
ralen Rolle der Lieferanten in der Beschaffung vgl. u. a. Monczka et al. (1993), S. 42, Ramsay
(2002), S. 121, oder Humphreys et al. (2009), S. 199.
65
Investitionsgüter werden in der Literatur unterschiedlich definiert. In dieser Arbeit sollen darunter
„materielle [...] Güter, die von Organisationen beschafft werden und die technische Vorausset-
zung der betrieblichen Leistungserstellung bilden. Kennzeichnend für Investitionsgüter sind die
Dauerhaftigkeit der Nutzung unter dem möglichen Einbezug von Bereitstellungs-, Wartungs- und
Instandsetzungsdienstleistungen sowie der im Vergleich zum Material hohe Wert eines einzelnen
Objektes.“, Hofmann et al. (2012b), S. 10. Ebenso wird „Marketing“ unterschiedlich verstanden.
Eine gängige Definition lautet: „Marketing ist ein Prozess [...], durch den [...] Gruppen ihre Wün-
sche und Bedürfnisse befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen, an-
bieten und miteinander austauschen.“, Kotler et al. (2011), S. 39.
Aufbau der Arbeit 15
ßerdem der weitere Forschungsbedarf skizziert und ein Ausblick auf mögliche weite-
re Entwicklungen gegeben. Dieser Aufbau lässt sich, wenn auch aus Gründen der
grafischen Darstellung leicht modifiziert, folgender Abbildung entnehmen:
Kapitel 1: Grundlagen der Arbeit
• Hintergrund und Problemstellung
• Ziele und Forschungsfragen
• Herangehensweise und Aufbau
Kapitel 6: Schlussbetrachtung
• Zusammenfassung
• Kritische Würdigung
• Weiterer Forschungsbedarf und Ausblick
66
Vgl. u. a. Arnfield (1968), S. 24, Levitt (1972), S. 47, Vandermerwe (1990), S. 465, Wise/ Baum-
gartner (1999), S. 134, und Kumar/ Kumar (2004), S. 310.
67
Vgl. Arnfield (1968), S. 25, und Levitt (1976), S. 65.
68
Vgl. Gordon et al. (1993), S. 46 f.
69
Zur Unterordnung generell vgl. z. B. Hilke (1989), S. 6, Bieberstein (2001), S. 15, zur Rolle spezi-
fischer Dienstleistungsbetriebslehren, z. B. der Bankbetriebslehre, vgl. Berry/ Parasuraman
(1993), S. 14.
schen Literatur sowie die daraus folgende Dominanz einer güterfokussierten For-
schung gesehen.70
Erste Versuche, Dienstleistungsmanagement eigenständig zu positionieren, haben
daher die Güterorientierung in der Forschung immer kritisiert und versucht, Dienst-
leistungen klar von physischen Gütern (als Sachleistungen) abzugrenzen.71 Der fol-
genden Tabelle sind gängige Unterscheidungsmerkmale diesbezüglich zu entneh-
men:
Sachleistungen Dienstleistungen
physisch greifbar immateriell
homogen heterogen
Produktion und Distribution getrennt von Produktion, Distribution und Verbrauch
Verbrauch als simultane Prozesse
ein physisches „Ding“ eine Aktivität oder ein Prozess
Wertschöpfung in Fabriken Wertschöpfung in Anbieter-Abnehmer-
Interaktion
Abnehmer sind normalerweise nicht in Abnehmer sind in Produktion eingebun-
Produktionsprozess eingebunden den
kann gelagert werden nicht lagerfähig
Eigentumsübertragung keine Eigentumsübertragung
Tabelle 1: Ein Vergleich von Gütern und Dienstleistungen72
Aus diesen Unterschieden heraus wurde die Notwendigkeit zur Begründung einer
eigenständigen Forschungsdisziplin bzw. der Entwicklung dienstleistungsspezifischer
Managementansätze abgeleitet.73 In der Folge war eine starke Zunahme der For-
schung zum Dienstleistungsmanagement festzustellen. 74 Mittlerweile wird der The-
70
Vgl. zur Breite von Dienstleistungen allgemein z. B. Rathmell (1966), S. 34, Fitzsimmons et al.
(1998), S. 372, Homburg/ Garbe (1999), S. 42, oder Chase/ Apte (2007), S. 379, sowie zu den
Auswirkungen in der Forschung Engelhardt/ Schwab (1982), S. 503, Sullivan (1982), S. 213, oder
Bieberstein (2001), S. 15. Der Bezug zur klassischen Ökonomie findet sich z. B. bei Corsten
(2001), S. 19, oder Vargo/ Lusch (2004), S. 6.
71
Vgl. Rathmell (1966), S. 32, Shostack (1977), S. 73, Gummesson (1978), S. 89, Thomas (1978),
S. 165, und Grönroos (1979), S. 49.
72
Quelle: Grönroos (2000), S. 47, ähnlich Lovelock (1992), S. 6 f.; Übersetzung durch den Autor.
Allerdings wird diese Trennung zunehmend kritisiert, vgl. dazu Lovelock/ Gummesson (2004), S.
23 f., und Vargo/ Lusch (2004), S. 2. Interessanterweise hat auch der Urheber der gezeigten Ab-
bildung diese in der aktuellsten Auflage seines Buches ersetzt, vgl. Grönroos (2007), S. 56.
73
Vgl. Grönroos (1990), S. 13, Lovelock/ Gummesson (2004), S. 22 f., oder Huang et al. (2009), S.
409.
74
Vgl. allgemein Gordon et al. (1993), S. 54 oder Johnston (1998), S. 106. Brown et al. (1994), S.
24, belegen dies mit einer strukturierten Literaturauswertung, in der sie eine Zunahme relevanter
Publikationen von 120 in den 27 Jahren von 1953 bis 1970 auf 720 in dem deutlich kürzeren Zeit-
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 19
raum von acht Jahren zwischen 1986 und 1993 feststellen. Ähnliche Auswertungen haben z. B.
Chase/ Apte (2007) oder Machuca et al. (2007) vorgelegt.
75
Vgl. Berry/ Parasuraman (1993), S. 17, Grönroos (1994), S. 5, und Gummesson (1994), S. 94.
76
Vgl. Heineke/ Davis (2007), S. 369, sowie zum vormals erwähnten industriellen Wandel Grönroos
(1990), S. 6, OECD (2000), S. 3, Machuca et al. (2007), S. 586, und Statistisches Bundesamt
(2012), S. 619. Gummesson (1994), S. 78, führt dazu spezifisch den technologischen Wandel hin
zur Produktionsautomatisierung an, aus dem eine Fokussierung auf Dienstleistungen resultierte.
77
Unternehmen sehen in Dienstleistungen die Möglichkeit, Umsätze zu verstetigen bzw. zu erhö-
hen sowie Gewinne bzw. Profitabilität zu steigern, vgl. Lovelock (1992), S. 7, Anderson/ Narus
(1995), S. 76, Cohen/ Whang (1997), S. 535, Goffin (1999), S. 390, Wise/ Baumgartner (1999), S.
134, Araujo/ Spring (2006), S. 802, Cohen et al. (2006), S. 130, Davies et al. (2006), S. 39, Ja-
cob/ Ulaga (2008), S. 251, und Pawar et al. (2009), S. 469. Konkrete Zahlenbeispiele für die Pro-
fitabilitätspotenziale von Dienstleistungen finden sich in einer Studie in fünf „typischen“ güterfo-
kussierten Industrien der Monitor Group (2004), S. 15, die dort bei Dienstleistungen gegenüber
Sachleistungen eine etwa um den Faktor 3 höhere Profitabilität feststellte. Dagegen führt Neely
(2009), S. 114, empirirsch belegt an, dass das Anbieten von Dienstleistungen keineswegs eine
höhere Profitabilität bewirkt.
78
Beispiele hierfür sind erhöhter Beratungsbedarf durch steigende Wettbewerbskomplexität oder
verstärktes Outsourcing von Dienstleistungen im Zuge der vormals erwähnten Kernkompetenz-
konzentration, vgl. Lehmann (1995), S. 1, de Brentani/ Ragot (1996), S. 518, Fitzsimmons et al.
(1998), S. 371, Oliva/ Kallenberg (2003), S. 160, und Wynstra et al. (2006), S. 474.
79
Vgl. Sasser et al. (1978), S. 13, Engelhardt et al. (1993), S. 396, oder Mittilä (2008), S. 1.
80
Zur Dominanz der Service-Marketing-Forschung vgl. u. a. Brown et al. (1994), S. 22, Jackson et
al. (1995), S. 100, und Furrer/ Sollberger (2007), S. 93 ff.; zu den Defiziten im Bereich Service
Operations Management vgl. Johnston (1998), S. 106, Chase/ Apte (2007), S. 376, Heineke/ Da-
vis (2007), S. 373, zu denen im Bereich Beschaffung exemplarisch Nordin/ Agndal (2008), S. 378,
sowie ausführlich in Unterabschnitt 3.2.3.2.
81
Vgl. Araujo/ Spring (2006), S. 799, Reckenfelderbäumer (2006), S. 34. Die Kritik an der Trennung
lässt sich sogar in einigen grundlegenden Werken des Dienstleistungsmanagements finden, vgl.
z. B. Sasser et al. (1978), S. 9, oder Levitt (1981), S. 94.
20 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
kaum Dienstleistungen, die nicht unter Zuhilfenahme physischer Güter erbracht wer-
den können; gleichzeitig spielen Dienstleistungen eine immer größere Rolle bei der
Vermarktung physischer Güter.82
Dabei herrscht weniger Uneinigkeit bei der Frage, ob es Unterschiede zwischen Gü-
tern und Dienstleistungen gibt. Vielmehr scheint das Problem in einer genauen (defi-
nitorischen) Abgrenzung zu bestehen. Zur Klärung dieser Diskussion werden nun
verschiedene Definitionen untersucht, um auf deren Basis ein entsprechendes Ver-
ständnis für die Besonderheiten von Dienstleistungen zu entwickeln.
2.1.2 Begriff der Dienstleistung
Bei der Annäherung an den Begriff „Dienstleistung“ bzw. „Service“ zeigt sich zu-
nächst, dass sich keine einheitliche Definition durchgesetzt hat obwohl dies bereits
in den frühen Werken zum Dienstleistungsmanagement gefordert wurde.83 Je nach
Ansatz handelt es sich um eine Tätigkeit, ein Ergebnis, einen Prozess oder gar einen
Wirtschaftssektor.84 Diese Ansätze lassen sich auf vier grundlegende Arten der Defi-
nition zurückführen:
x institutionell: In diesem Verständnis wird der volkswirtschaftlichen Drei-Sektoren-
Theorie folgend alles das als Dienstleistung erfasst, was nicht dem primären (da-
runter Land-/Forstwirtschaft, Grundstoffindustrie) oder sekundären (Produktions-
betriebe von Gütern) und somit tertiären Sektor zuzuordnen ist. Die Definition
geschieht dabei über die Zuordnung der Unternehmen (oder Institutionen) zu ei-
nem dieser Sektoren.85
x enumerativ: Erfassung der Dienstleistung über eine Aufzählung der darunter ver-
standenen Dienstleistungsarten.86
82
Vgl. Rathmell (1966), S. 33, Maleri/ Frietzsche (2008), S. 59, Zeithaml (1981), S. 186, oder Mef-
fert/ Bruhn (2003), S. 65.
83
Vgl. u. a. Berekoven (1974), S. 14, Nagengast (1997), S. 7, Maleri/ Frietzsche (2008), S. 4, oder
Huang et al. (2009), S. 408. Sasser et al. (1978), gehen auf dieselbe Problematik ein und bewer-
ten die Begriffsdefinition zum Veröffentlichungszeitpunkt sogar als Hemmschuh für die Entwick-
lung der Dienstleistungsmanagementforschung. Die von Edvardsson et al. (2005), S. 108, und
auch Ng et al. (2009a), S. 378, erwähnte Diskussion um die korrekte Definition zeigt, dass die
Frage bis heute nicht eindeutig geklärt ist – was nach Ansicht der genannten Autoren sogar die
Legitimität des gesamten Forschungszweigs infrage stellt.
84
Vgl. Seth et al. (2006), S. 83.
85
Vgl. Bieberstein (2001), S. 26, Kleinaltenkamp (2001), S. 30, oder Maleri/ Frietzsche (2008), S.
8 f., ähnlich auch Grönroos (2007), S. 1 f. Zur Definition von Dienstleistungsunternehmen vgl.
außerdem Thomas (1978), S. 158.
86
Vgl. u. a. Bieberstein (2001), S. 27, Corsten (2001), S. 21, Kleinaltenkamp (2001), S. 29 f., sowie
Bullinger et al. (2003), S. 277.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 21
87
Vgl. u. a. Maleri (1973), S. 7, Engelhardt/ Schwab (1982), S. 503, Bieberstein (2001), S. 27,
Corsten (2001), S. 21, Bullinger et al. (2003), S. 277, sowie Burr/ Stephan (2006), S. 18.
88
Vgl. u. a. Bieberstein (2001), S. 27, Corsten (2001), S. 21, Kleinaltenkamp (2001), S. 31 f., sowie
Bullinger et al. (2003), S. 277.
89
Vgl. dazu Berekoven (1974), S. 32, Levitt (1976), S. 63, Engelhardt et al. (1993), S. 395, sowie
Grönroos (2007), S. 1 f., der die so nicht erfassten Leistungen in diesem Zusammenhang als
„hidden services“, also „versteckte Dienstleistungen“, bezeichnet.
90
Zur Kritik vgl. Haller (2010), S. 6, zur Vielfalt der Dienstleistungen siehe Engelhardt/ Schwab
(1982), S. 503, Homburg/ Garbe (1999), S. 42, zudem auch Abschnitt 2.1.4.
91
Vgl. Corsten (1985), S. 147, weiterführend zu den Anforderungen an wissenschaftliche Definitio-
nen vgl. Zoglauer (2010), S. 19.
92
Für den dreiteiligen Aufbau der Definition vgl. u. a. Hilke (1989), S. 10–13, Bieberstein (2001), S.
29–34, Bullinger et al. (2003), S. 277, Meffert/ Bruhn (2003), S. 30, sowie Thiell (2006), S. 31. Die
verschiedenen Phasen sind dabei nicht als gegenseitige Ausschlüsse bzw. Abgrenzungen zu se-
hen, sondern als Ergänzungen, vgl. Engelhardt et al. (1993), S. 403.
93
Vgl. hierzu im Detail Hilke (1989), S. 11, sowie Corsten/ Gössinger (2003), S. 24, die v. a. die
Integration des externen Faktors (z. B. der Nachfrager selbst, aber auch materielle Güter) beto-
nen; ähnlich auch Johnston/ Clark (2008), S. 5. Grönroos (2007), S. 63, sieht in der
Prozessebene einen wesentlichen Unterschied zu Güterherstellern: “Service firms do not have
products, they only have processes to offer to their customers.”
22 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
94
Vgl. hierzu im Detail Hilke (1989), S. 12, sowie Corsten/ Gössinger (2003), S. 24.
95
Vgl. Hilke (1989), S. 13, Corsten/ Gössinger (2003), S. 24, ähnlich auch Engelhardt/ Schwab
(1982), S. 504, die dabei betonen, dass am Ergebnis kein juristisches Eigentum entsteht. Zu den
rechtlichen Aspekten von Dienstleistungen in Gegenüberstellung von Werk- und Dienstvertrag vgl.
Nagengast (1997), S. 8. Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, dass die Veränderung/ Wirkung
bzw. das Ergebnisse auch materielle Güter betreffen kann.
96
Meffert/ Bruhn (2003), S. 30.
97
Thiell (2006), S. 31.
98
Vgl. zur Beschreibung der Faktoren z. B. Boyt/ Harvey (1997), S. 294, Sampson (2006), S. 334 f.,
oder Spring/ Araujo (2009), S. 444; die ursprüngliche Ableitung der „IHIP“-Faktoren wird dabei
auf die Arbeit von Zeithaml et al. (1985) zurückgeführt, vgl. Zeithaml et al. (1985), S. 34, wobei
diese eine Zusammenfassung vorausgehender Forschungsergebnisse darstellt. Ohne das Akro-
nym „IHIP“ zu verwenden, beschreibt z. B. Sasser frühzeitig viele der darin subsumierten Dienst-
leistungsbesonderheiten, vgl. Sasser (1976), S. 133.
99
Levitt (1981) fordert gar, die Unterscheidung von Gütern und Dienstleistungen zugunsten dieses
Kriteriums aufzugeben: “A more useful way to make the same distinction is to change the words
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 23
we use. Instead of speaking of services and goods, we should speak of intangibles and tangi-
bles.” Levitt (1981), S. 94.
100
Vgl. Zoglauer (2010), S. 19; im Zusammenhang mit den IHIP-Definitionen scheinen v. a. Nicht-
Zirkularität und Nicht-Redundanz problematisch.
101
Vgl. zur Kritik an den IHIP-Merkmalen Lovelock/ Gummesson (2004), S. 32, und Edvardsson et al.
(2005), S. 115, zur Interpretation der merkmalsgestützten IHIP-Definition als Negativdefinition vgl.
Lusch/ Vargo (2004), S. 326.
24 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Arbeit sollen die IHIP-Faktoren, um einige weitere Merkmale ergänzt, daher nicht zur
Definition genutzt werden, sondern um die Herausforderungen des Dienstleistungs-
managements, insbesondere der Leistungserbringung, zu konkretisieren (siehe Kapi-
tel 2.1.3).
Ein Charakteristikum, das von zahlreichen Autoren aufgegriffen wird, um einen weite-
ren Ansatz zur Definition von Dienstleistungen zu begründen, ist derjenige des (feh-
lenden) Eigentumsübergangs. Demnach erwirbt der Nachfrager an den Ergebnissen
der Dienstleistung kein (juristisches) Eigentum, sondern lediglich den Zugang zur
Leistung und den zur Leistungserbringung ggf. nötigen Güter. 102 Lovelock und
Gummesson formulieren daher die Forderung: “We propose creation of a new [para-
digm] around the notion that marketing transactions that do not involve a transfer of
ownership are distinctively different from those that do.”103 Zwar wird auch hier die
Abgrenzung zu Gütern hervorgehoben. Dennoch scheint das Kriterium zumindest
grundlegend geeignet, die bestehenden aufgezeigten Defizite der vorhandenen
Dienstleistungsdefinitionen zu reduzieren.
Zuletzt betont eine zunehmende Anzahl von Autoren in Hinblick auf die seit über 40
Jahre andauernden Versuche, Dienstleistungen (bzw. „Services“) eindeutig zu defi-
nieren, dass diese keine distinkte Erscheinungsform einer Leistung, sondern eine
Perspektive seien, die Anbieter und Nachfrager auf einen Wertaustausch haben
(sollten).104 Hervorgehoben wird dabei vorwiegend der Nutzen für den Nachfrager in
Form eines erzielten Ergebnisses bzw. eines Wertes, der durch die Lösung eines
spezifischen Abnehmerproblems generiert wird ein Aspekt, der auch in zahlreichen
„klassischen“ Definitionen Verwendung findet. 105 Zudem wird eine gemeinsame
Wertschöpfung von Anbieter und Nachfrager als Teil dieser „Service-
Perspektive“ genannt. Auch dieser Gesichtspunkt wurde bereits in früh(er)en Dienst-
102
Vgl. Judd (1964), S. 59, Rathmell (1966), S. 33, Engelhardt/ Schwab (1982), S. 504, Lovelock/
Gummesson (2004), S. 34, sowie Huang et al. (2009), S. 407.
103
Lovelock/ Gummesson (2004), S. 34.
104
Vgl. Vargo/ Lusch (2004), S. 2, Edvardsson et al. (2005), S. 118, Grönroos (2006); Grönroos
(2007), S. 55.
105
Vgl. zur Ergebnisorientierung Berekoven (1974), S. 56, Levitt (1981), S. 97, Engelhardt et al.
(1993), S. 403, Bieberstein (2001), S. 42, und Maleri/ Frietzsche (2008), S. 18; zur Lösungsorien-
tierung Engelhardt/ Schwab (1982), S. 508, Gordon et al. (1993), S. 50, sowie Lehmann (1995),
S. 54; schließlich zur Wertorientierung Zeithaml (1981), S. 186, Grönroos (1990), S. 12, Kumar/
Kumar (2004), S. 311, Maleri/ Frietzsche (2008), S. 27, oder Pawar et al. (2009), S. 469.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 25
106
In enger Anlehnung an Thiell (2006), S. 31, mit Bezügen zu Meffert/ Bruhn (2003), S. 30, sowie
Hill (1977), S. 336, und Huang et al. (2009), S. 407.
107
Grund hierfür ist die Vielzahl völlig unterschiedlicher Dienstleistungen, die jeweils spezifische An-
forderungen stellen, vgl. hierzu allgemein für einen Überblick Fitzsimmons et al. (1998), S. 372,
Homburg/ Garbe (1999), S. 42, spezifisch für den Marketingbereich Rathmell (1966), S. 34, oder
Bieberstein (2001), S. 15, für das Operations Management Sullivan (1982), S. 213, oder Chase/
Apte (2007), S. 379, sowie für den Beschaffungsbereich Präuer (2004), S. 91, van der Valk et al.
(2005), S. 2, oder, empirisch bestätigt, Lindberg/ Nordin (2008), S. 296.
26 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
und somit die für die weitere Betrachtung relevanten Dienstleistungsarten einge-
grenzt.108
Einen ersten Ansatz zur Klassifizierung von Dienstleistungen entwickelte Judd (1964),
primär nach dem Aspekt, inwieweit der Nachfrager Eigentum bzw. Besitz an der
Dienstleistung bzw. deren Ergebnis erlangt. Er unterteilt danach in „Rented Goods
Services“, mithin Dienstleistungen, bei denen ein Gut im Rahmen einer Miete zeit-
weise in die Verfügung des Abnehmers gelangt, in „Owned Goods Services“
Dienstleistungen, bei denen deren Anbieter eine Veränderung an einem Gut vor-
nimmt, das sich im Eigentum des Abnehmers befindet sowie „Nongoods Ser-
vices“ für Dienstleistungen, die eine immaterielle „Erfahrung“ darstellen.109
Entlang des Dienstleistungscharakteristikums „Integration des externen Faktors“, in
diesem Fall dem Abnehmer, entwickelte Chase (1978) eine primär marketingfokus-
sierte Unterscheidung von Dienstleistungen in solche mit einem hohen und solche
mit einem niedrigen Integrationsgrad.110
Einen stärkeren Fokus auf das Operations Management von Dienstleistungen legt
Thomas (1978): er unterscheidet nach dem Grad der Automatisierung der Leistungs-
erbringung (primär anlagenbasiert vs. primär personenbasiert, mit jeweils drei Unter-
ausprägungen).111
Eine erste umfassende Klassifizierung von Dienstleistungen nahm Lovelock (1983)
vor und erstellte fünf Klassifikationsansätze, die jedoch nicht integriert wurden. Un-
terscheidungskriterien waren dabei jeweils zwei Dimensionen mit wiederum je zwei
Ausprägungen:112
x Art des Dienstleistungsaktes (materielle/immaterielle Aktionen) vs. direktem Emp-
fänger der Dienstleistung (Menschen/Objekte),
x Art der Leistungserbringung (fortlaufende/diskrete Transaktionen) vs. Typ der Be-
ziehung zwischen Anbieter und Nachfrager („Mitgliedschaft“/keine formale Bezie-
hung),
x Grad, zu dem das Dienstleistungspersonal gezielt auf Kundenwünsche eingeht
(hoch/niedrig) vs. Grad der Individualisierung (hoch/niedrig),
108
Basis für den Überblick bilden die im Zuge dieser Arbeit erfolgte Literaturrecherchen sowie dezi-
dierte Forschungsarbeiten, die verschiedene Klassifikationsschemata für Dienstleistungen unter-
suchen, u. a. Lovelock (1983), Fitzsimmons et al. (1998), oder Homburg/ Garbe (1999).
109
Vgl. Judd (1964), S. 59.
110
Vgl. Chase (1978), S. 138.
111
Vgl. Thomas (1978), S. 161.
112
Vgl. Lovelock (1983), S. 12 ff.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 27
Leicht zu Schwer zu
bewerten bewerten
Kleidung
Schmuck
Möbel
Gebäude
Autos
Restaurants
Urlaubsleistungen
Frisuren
Kinderpflege
Fernsehereparatur
Rechtsberatung
Zahnarztbehandlung
Autoreparatur
Ärztliche Diagnosen
113
Vgl. hierzu und im Folgenden Zeithaml (1981), S. 186. Ein ähnlicher, weniger konkretisierter und
stark marketingorientierter Ansatz stammt von Shostack (1977), S. 74.
114
Quelle: Zeithaml (1981), S. 186, Übersetzung durch den Autor.
28 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Eine grundlegende Art der Unterscheidung, die diesem Ziel näher kommt und zudem
für die vorliegende Themenstellung hohe Relevanz besitzt, ist diejenige nach Art der
Nachfrager. Diese grenzt Dienstleistungen in konsumtive (an private Haushalte) und
investive (an Unternehmen bzw. Organisationen) ab.115 Die Unterschiede zwischen
den beiden Kategorien werden v. a.
x in der Art bzw. dem Grad der Kundenindividualisierung der Dienstleistung,
x im Beschaffungsprozess sowie
x in der angestrebten Nutzung
gesehen. Konsumtive Dienstleistungen sind folglich weitgehend standardisierte Leis-
tungen, die überwiegend wenig spezifische Fähigkeiten des Dienstleistungsperso-
nals erfordern.116 Dagegen ist der Beschaffungsprozess für investive Dienstleistun-
gen potenziell komplexer und umfasst eine gezielte Bewertung des Mehrwerts beim
Abnehmer; außerdem sind professionelle Beschaffer und ggf. weitere Personen in
den Prozess eingebunden. 117 Die angestrebte Nutzung in konsumtiven Dienstleis-
tungen ist ausschließlich auf den kurzfristigen Bedarf ausgerichtet, während durch
Unternehmen zugekaufte Dienstleistungen sowohl kurzfristigen Bedarf als auch lang-
fristig als Teil kundenseitiger Angebote des Abnehmers dienen können. 118 Ausge-
hend von der Themenstellung wird daher die weitere Betrachtung auf solche Dienst-
leistungen beschränkt, die von Unternehmen nachgefragt werden.
Auch für diese investiven Dienstleistungen existieren wiederum einige Klassifikati-
onsansätze. Boyt und Harvey (1997) merken hier ein Defizit an und schlagen sechs
Dimensionen zur Untergliederung vor. Diese umfassen die Bedarfshäufigkeit (wie oft
wird die Dienstleistung vom Abnehmer benötigt), die Wichtigkeit (einer Dienstleistung
für das Funktionieren eines Produkts), das Risiko (und die Eintrittsfolgen eines Risi-
kos für die Leistungserbringung des Abnehmers), die Komplexität (der Dienstleis-
tungserbringung) und Vertrauenseigenschaften (als Problem der Qualitätsbewer-
tung).119 Diese werden jeweils mit Werten von hoch/mittel/niedrig eingestuft, um so
verschiedene Klassen von Dienstleistungen abzuleiten.
115
Vgl. Meffert et al. (2012), S. 28, Backhaus/ Kleikamp (2001), S. 78 f.; ähnlich auch Corsten
(2001), S. 82, der allerdings die Akronyme „B2C“ (Business to Consumer) und „B2B“ (Business to
Business) verwendet. In der englischsprachigen Forschung werden für die beiden Kategorien die
Bezeichnungen „consumer services“ bzw. „business services“ genutzt, wenn auch keine vollstän-
dige Einheitlichkeit gegeben ist, vgl. Homburg/ Garbe (1999), S. 42; Boyt/ Harvey (1997), S. 294,
dagegen bezeichnen unternehmensbezogene Dienstleistung als „industrial services“.
116
Vgl. Sasser et al. (1978), S. 403, Jackson et al. (1995), S. 100f., Davies (2004), S. 734. Allerdings
gibt es durchaus Dienstleistungen, die sowohl von privaten Haushalten als auch Unternehmen
nachgefragt werden.
117
Vgl. Grönroos (1979), S. 47.
118
Vgl. Grönroos (1979), S. 47, auch Boyt/ Harvey (1997), S. 291.
119
Vgl. Boyt/ Harvey (1997), S. 294 f.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 29
120
Vgl. Homburg/ Garbe (1999), S. 43.
121
Vgl. Gummesson (1978), S. 90, zusätzlich Sasser et al. (1978), sowie de Brentani/ Ragot (1996),
S. 517. Zum Begriff der wissensintensiven Dienstleistungen mit deren Schwerpunkt kreativer und
Beratungsdienstleistungen vgl. Burr/ Stephan (2006), S. 122.
122
Vgl. Hilke (1989), S. 35, Garbe (1998), S. 23, Homburg/ Garbe (1999), S. 42, oder Buse et al.
(2001), S. 3.
123
Konkret zum Leistungsumfang siehe Abbildung 9 in 2.1.4 sowie zur Konvergenz von Sach- und
Dienstleistungen 2.2.
124
Vgl. Murray/ Kotabe (1999), S. 793, ähnlich Roth/ Menor (2003), S. 149.
125
Vgl. Axelsson/ Wynstra (2000), S. 12–16, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 104–108, und Wynstra
et al. (2006), S. 490.
30 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
126
Vgl. Axelsson/ Wynstra (2000), S. 14, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 104, und Wynstra et al.
(2006), S. 479.
127
Vgl. Wynstra et al. (2006), S. 479; in früheren Publikationen war hier der „Working-method ser-
vice“ als Kategorie genannt worden, der ähnliche Charakteristika aufweist, vgl. Axelsson/
Wynstra (2000), S. 13, und Axelsson/ Wynstra (2002), S. 107 f.
128
Vgl. Wynstra et al. (2006), S. 479; in früheren Publikationen wurde hierfür der Begriff „Transfor-
mation Services“ genutzt, vgl. Axelsson/ Wynstra (2000), S. 13, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 107.
129
Vgl. Axelsson/ Wynstra (2000), S. 12, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 105 f., und Wynstra et al.
(2006), S. 479.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 31
Hoch
Einfluss auf Bedarfsträger
Semi-manufactured
Instrumental services
services
Niedrig Hoch
Einfluss auf Kunden / Abnehmer
Das lässt außerdem den Rückschluss zu, dass auch dann, wenn in dieser Arbeit ei-
ne dyadische Anbieter-Lieferanten-Untersuchungsperspektive eingenommen wird,
gleichsam (mindestens) triadische Konstellationen, z. B. bei direkter Interaktion zwi-
schen Abnehmer und Lieferant (siehe hierzu wiederum Abbildung 3), entstehen kön-
nen, wo der Anbieter eher als vertraglicher Intermediär fungiert. Jedenfalls kann ein,
zumindest indirekter, Einfluss zwischen Abnehmer und Lieferant nicht ausgeschlos-
sen werden.131
2.1.4 Produktbegleitende Dienstleistungen
Der überwiegende Teil der Forschung zum Dienstleistungsmanagement fokussiert
auf die Spezifika, denen sich Dienstleistungsbetriebe gegenübersehen. Nichtsdestot-
rotz können die meisten Dienstleistungen weder ohne Nutzung physischer Güter und
Anlagen erbracht werden, noch werden Dienstleistungen ausschließlich von Dienst-
leistungsunternehmen offeriert. Vielmehr bieten auch Güterhersteller umfangreiche
Dienstleistungen rund um ihre Produkte an, z. B. Transport- und Logistikleistungen,
Beratung und Schulung oder Instandhaltung, Reparatur und Produktüberholung
(samt der dazu benötigten Ersatzteile, siehe auch folgende Abbildung).132
130
Quelle: in enger Anlehnung an Wynstra et al. (2006), S. 490.
131
Vgl. van Mossel/ van der Valk (2008), S. 241.
132
Vgl. Burger/ Cann (1995), S. 95, Goffin (1999), S. 374, Kumar/ Kumar (2004), S. 310. Für den
Bereich der Instandhaltung, Reparatur und Überholung hat sich der Sammelbegriff „Maintenance,
Repair and Overhaul“ (MRO) etabliert, der im Folgenden weiter verwendet wird.
32 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Stufe 6
Stufe 5 +System-
Stufe 4 +Modul- betriebs-
Stufe 3 +Finan- betriebs- verantwor-
Stufe 2 +Ersatzteile zierung verantwor- tung
Stufe 1 +Lieferung +Wartung +Sale & tung
Kernleistung +Schulung +Reparatur Lease
und ggf. wei- +Inbetrieb- Back
tere eindeu-
tige abge- nahme
grenzte Zu-
satzleis-
tungen
Gerade der letzte Bereich, die „MRO“-Dienstleistungen, haben, nachdem sie von
Herstellern ursprünglich als Belastung und Kostentreiber empfunden wurden, zu-
nehmend an Bedeutung gewonnen.134 Tatsächlich kam und kommt eine Vielzahl
insbesondere langlebiger Güter kaum ohne solche Leistungen aus; allerdings wur-
de der Bedeutungszugewinn durch übergeordnete Entwicklungen begünstigt: wäh-
rend Nachfrager eigene Kapazitäten, z. B. Mitarbeiter zur Wartung und Instandhal-
tung eines internen Maschinenparks, zunehmend abbauen und outsourcen wollen,
werden für Anbieter dieser Leistungen hohe wirtschaftliche Potenziale gesehen.135
Dies ist dem Umstand geschuldet, dass bei Produkten mit langen Lebenszyklen die
langfristige Möglichkeit besteht, solche Leistungen abzusetzen und gleichzeitig eine
relativ hohe nachfrageseitige Abhängigkeit vom jeweiligen Anbieter existiert.136 Zu-
dem wurden auf Abnehmerseite traditionell die Erstbeschaffung langlebiger Güter
sowie die Beschaffung der MRO-Dienstleistungen getrennt. Dadurch herrschte keine
Transparenz über die tatsächlichen Kosten.137 Dies ist besonders für langlebige Gü-
ter wie z. B. Flugzeuge oder Lokomotiven relevant, bei denen das Verhältnis von An-
133
Quelle: Meier (2004b), S. 7, leicht modifiziert.
134
Vgl. Vandermerwe (1990), S. 465, Wise/ Baumgartner (1999), Cohen et al. (2006), S. 130, Jacob/
Ulaga (2008), S. 251, und Pawar et al. (2009), S. 469.
135
Zum Outsourcing-Trend für MRO auf Nachfragerseite vgl. Campbell (1995), S. 18, Ng/ Ding
(2010), S. 2, oder Howard/ Caldwell (2011), S. 4; in der Luftfahrtindustrie gibt es diesen Trend
bspw. bereits seit den 1970er-Jahren, vgl. Johnstone et al. (2009), S. 524. Zu den wirtschaftli-
chen Potenzialen vgl. zunächst allgemein Wise/ Baumgartner (1999), Kumar/ Kumar (2004), S.
314, Cohen et al. (2006), S. 130, und Driouchi et al. (2009), S. 6.
136
Vgl. Cox (2001a), S. 46, Dennis/ Kambil (2003), S. 42, oder auch Kumar et al. (2007), S. 252,
sowie konkret zum Zusammenhang von Umsatzpotenzial und Lebensdauer Davies et al. (2006),
S. 42.
137
Vgl. Sapolsky (2003), S. 18 f., Davies (2004), S. 736, Davies et al. (2009), S. 102, oder Kim et al.
(2009a), S. 2.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 33
138
Vgl. Goffin (1999), S. 387, Wise/ Baumgartner (1999), S. 135, Ng/ Yip (2009), S. 2, sowie allge-
mein Farris, II. et al. (2005), S. 5.
139
Vgl. Burt (1989), S. 128, und Johnstone et al. (2009), S. 525.
140
Vgl. Dennis/ Kambil (2003), S. 44, Cohen et al. (2006), S. 131, Park et al. (2010), S. 503, sowie
spezifisch für eine Übersicht möglicher Lagerkosten Baily et al. (2008), S. 164 f.
141
Vgl. Dennis/ Kambil (2003), S. 44, oder Cohen et al. (2006), S. 135.
142
Vgl. Burghardt et al. (2002), S. 686, Andreßen (2006), S. 34, und Cachon/ Zhang (2006), S. 881.
Als Faustregel gilt aufgrund der zunehmenden Grenzkosten Folgendes: Je höher die gewünschte
Verfügbarkeit ist, desto höher sind die erforderlichen Aufwände.
143
Vgl. zur Obsoleszenz Leenders et al. (2006), S. 296, Jones/ Zsidisin (2008), S. 194 f., Meier et al.
(2010), S. 614, sowie zum Reverse engineering Farris, II. et al. (2005), S. 8.
34 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
ihrem Vorteil auszunutzen, indem höhere bzw. überhöhte Preise für Ersatzteile ver-
langt werden.144
Zudem resultiert daraus die paradoxe Situation, dass ein Hersteller (bzw. Anbieter
von MRO-Dienstleistungen) seinen Umsatz steigern kann, je öfter sein Produkt Re-
paraturen, Ersatzteile etc. benötigt.145 Dies gilt natürlich v. a. nach Ablauf möglicher
Gewährleistungsfristen und besonders für Güter mit langem Lebenszyklus und in
Märkten, auf denen wenig Lieferantenkonkurrenz herrscht. Hier kann der Abnehmer
ein Produkt bzw. einen Lieferanten als Folge unzureichender Qualität bzw. hohen
MRO-Kosten nur schwer austauschen.146
Diese Divergenz zwischen Zielen bzw. diese Fehlstellung von Anreizen steht im kla-
ren Gegensatz zur (propagierten) Orientierung am Kundennutzen im Dienstleis-
tungsmanagement und wird daher zunehmend kritisiert.147 Diese Kritik, die meist mit
der Forderung nach einer stärkeren gemeinsamen Betrachtung von Gütern und
Dienstleistungen verbunden ist, wird im nächsten Unterkapitel näher betrachtet.
2.1.5 Besonderheiten der Leistungserbringung von Dienstleistungen
In diesem Abschnitt werden die Auswirkungen der oben erarbeiteten dienstleistungs-
spezifischen Besonderheiten auf die Leistungserbringung von Dienstleistungsanbie-
tern, zu denen auch der PBC-Anbieter als Untersuchungsobjekt dieser Arbeit gehört,
näher beleuchtet.148 So sollen Probleme und Lösungsansätze in Bezug auf die Ein-
bindung von Lieferanten in die Leistungserbringung der Anbieter ergebnisorientierter
Vertragskonzepte abgeleitet werden. Dabei offenbart der Blick auf den Stand der
Forschung zunächst, dass dieser Bereich, verglichen z. B. mit dem Dienstleistungs-
144
Vgl. Tysseland (2008), S. 366. Zwar gibt es mittlerweile Beschaffungskonzepte, die dies stärker
berücksichtigen, wie z. B. „Total Cost of Ownership“, oder „Life-cycle Costing“, vgl. hierzu Ellram/
Siferd (1993), S. 163 f., allerdings sind diese ggf. aufwendig und werden nicht bei allen potenziel-
len Gelegenheiten eingesetzt, vgl. Zachariassen/ Arlbjørn (2011), S. 449.
145
Vgl. Wildemann (2004), S. 51, Markeset/ Kumar (2005), S. 54, Mahon (2007), S. 55, oder Rosetti/
Choi (2008), S. 527.
146
Vgl. Cox (2001a), S. 46.
147
Vgl. Stremersch et al. (2001), S. 7, und Snir (2001), S. 190.
148
Der Begriff „Leistungserbringung“ bzw. „Leistungserstellung“ scheint an dieser Stelle angemes-
sen, würde die Verwendung des Begriffs „Produktion“ ja eine Nähe zur Herstellung von Gütern
implizieren, die aufgrund der zuvor vorgestellten Dienstleistungseigenschaften irreführend wäre,
vgl. hierzu auch Berekoven (1974), S. 58. Der Bereich umfasst neben dem Management der un-
mittelbaren Leistungserbringung auch die Beschaffung der dazu nötigen Güter sowie die Steue-
rung der Qualität, weshalb auch diese im Folgenden als Teil der Leistungserbringung angesehen
werden. Vgl. zum Dienstleistungserbringungs- bzw. Service Operations Management allgemein
Johnston (1994), S. 49, Johnston/ Clark (2008), S. 4, und Slack et al. (2010), S. 4, sowie zu des-
sen Aufgabenumfang Prentis (1987), S. 72, Krause et al. (2001), S. 497, Slack et al. (2004), S.
380, und Schönsleben (2011), S. 8. Zum PBC-Anbieter als Untersuchungsobjekt siehe Unterkapi-
tel 1.2 bzw. Abbildung 3 zu Beginn dieser Arbeit.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 35
marketing, lediglich eine relativ geringe Aufmerksamkeit erfahren hat. 149 Dies gilt,
obwohl wiederholt betont wird, dass bei der Güterproduktion bewährte Konzepte
nicht für das Management der Dienstleistungserbringung geeignet seien. 150 Dafür
werden nun wesentliche Problemfelder der Erbringung von Dienstleistungen skizziert.
2.1.5.1 Strategische Herausforderungen der Dienstleistungserbringung
Zahlreiche Publikationen beschäftigen sich generell mit der Aufgabe, eine spezifi-
sche Dienstleistungsstrategie zu entwickeln und diese in einen Leistungserbrin-
gungsprozess zu übertragen. 151 Einen wesentlichen Einflussfaktor dabei bildet die
Position in der Wertschöpfungskette, denn je näher ein Unternehmen am Endkunden
einer solchen Kette agiert, desto stärker wirken sich z. B. Aspekte wie die Einbindung
des externen Faktors im Rahmen der Leistungserbringung aus.152 Für die in Abbil-
dung 3 skizzierte PBC-Wertschöpfungskette bedeutet dies beispielsweise, dass das
Problem für den Anbieter komplexer ist als für die (Unter-)Lieferanten. Aus der Frage,
wer die Dienstleistungsabnehmer sind, ergibt sich wiederum die Schwierigkeit, den
Kundennutzen bzw. das gewünschte Ergebnis der Dienstleistungen zu definieren.153
Daraus resultiert dann die Frage nach der passenden Strategie für die Leistungser-
bringung.154
2.1.5.2 Kapazitätsmanagement in der Dienstleistungserbringung
Die nachfragesimultane Integration des externen Faktors in der Erbringung von
Dienstleistungen bedingt die Nichtlagerfähigkeit und somit entsprechende Probleme
für das Management von Nachfrage und Kapazität. 155 Entweder wird eine Dienstleis-
tung auftragsspezifisch abgewickelt (mit entsprechend wenig Möglichkeiten der
Standardisierung bzw. Rationalisierung), oder der Dienstleister muss ständig leis-
tungsbereit sein.156 In beiden Fällen sind hohe Anlauf- bzw. Fixkosten für den Anbie-
149
Vgl. Roth/ Menor (2003), S. 145, Heineke/ Davis (2007), S. 373, Machuca et al. (2007), S. 586,
und Metters/ Maruchek (2007), S. 199. Während einige Teilgebiete des „Service Operations Ma-
nagement“ demnach schon vergleichsweise intensiv untersucht wurden, z. B. das Kapazitäts-
und Nachfragemanagement oder Entwicklung und Design von Dienstleistungen, bleiben weite
Felder noch unzureichend gelöst, vgl. Chase/ Apte (2007), S. 376, sowie Machuca et al. (2007),
S. 593.
150
Vgl. Sullivan (1982), S. 213, Sampson (2000), S. 349, oder Maleri (2001), S. 132.
151
Vgl. Arnfield (1968), S. 32. Dabei sind für Güterhersteller, die produktbegleitende Dienstleistun-
gen anbieten wollen, ganz andere Fragen zu beantworten als für reine Dienstleister, vgl. Wise/
Baumgartner (1999), S. 139.
152
Vgl. Löfberg et al. (2010), S. 435.
153
Vgl. Grönroos (1990), S. 7, und Roth/ Menor (2003), S. 147.
154
Vgl. Roth/ Menor (2003), S. 147, ebenso Kumar/ Kumar (2004), S. 316.
155
Vgl. Parasuraman et al. (1985), S. 42, Garbe (1998), S. 175, sowie Maleri/ Frietzsche (2008), S.
209.
156
Vgl. Berekoven (1974), S. 60.
36 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
157
Vgl. Maleri/ Frietzsche (2008), S. 68.
158
Vgl. zu den Herausforderungen der Kapazitätsveränderung im Dienstleistungsbereich Sasser
(1976), S. 135, und Berekoven (1974), S. 61, sowie zur Preisgestaltung von Dienstleistungen in
Hinblick auf Kapazitätsauslastung Schlissel/ Chasin (1991), S. 278 ff.
159
Vgl. Maleri (1973), S. 68 f., Gummesson (1994), S. 78, Maleri (2001), S. 137 f. Gleichwohl ist die
Integrationstiefe nicht zwingend umfassend und kann z. B. nur den auftragsauslösenden Nach-
frageimpuls betreffen, vgl. Lehmann (1995), S. 34, Gummesson (2001), S. 860, oder Grönroos/
Ojasalo (2004), S. 418. Dies muss auch nicht persönlich erfolgen, vgl. Thomas (1978), S. 159.
160
Vgl. zur dyadischen Interaktion Solomon et al. (1985), S. 101, und Ahlstrom/ Nordin (2006), S. 77,
zum iterativen Prozessablauf Solomon et al. (1985), S. 101, und Mittilä (2008), S. 2.
161
Vgl. Levitt (1983), S. 88 f., auch Grönroos (2007), S. 143.
162
Vgl. Hilke (1989), S. 16, Gummesson (1994), S. 81, sowie Guo/ Ng (2011b), S. 46.
Grundzüge des Dienstleistungsmanagements 37
von Gütern.163 Diese ergeben sich wiederum aus den zuvor beschriebenen Dienst-
leistungscharakteristika.164
Für die konkrete Leistungserbringung resultiert aus der (angenommenen) Immateria-
lität, dass eine Qualitätseinschätzung, wenn überhaupt, erst nach Leistungserbrin-
gung und selbst dann meist nicht in objektiver Form möglich ist.165 Da dies auch für
den Abnehmer gilt, bestehen beim Kauf von Dienstleistungen oftmals hohe Unsi-
cherheiten bez. der (tatsächlichen) Leistungsfähigkeit des Anbieters, der erbrachten
Leistungsqualität sowie dahin gehend, ob die gewährte Vergütung angemessen
ist.166
Mit Blick auf die Forschung zur Leistungsmessung von Dienstleistungen scheint je-
doch ein grundsätzlicheres Problem zu bestehen, nämlich überhaupt festzulegen,
was Leistung bzw. Leistungsqualität bedeutet. 167 Für den Begriff der Leistung bzw.
„Performance“ (engl.) existiert ein weites Begriffsverständnis, das Leistung entweder
als Aktivität bzw. Tätigkeit oder als Leistungsergebnis einordnet.168 Zudem erweist es
sich als schwierig, die Dienstleistungsqualität einheitlich zu definieren (und damit
wiederum zu messen), da diese wesentlich von der Qualitätserwartung bzw. dem
Qualitätsempfinden des individuellen Nachfragers abhängt. 169 Damit spielt auch der
Bewertungsprozess selbst eine Rolle bei der Qualitätsmessung.170 Die (empfundene)
Qualität hängt dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab, die sowohl das Leistungs-
ergebnis als auch die Leistungserbringung betreffen.171 Gängige Messverfahren be-
163
Zur Herausforderung der Leistungsmessung von Dienstleistungen allgemein vgl. Zeithaml (1981),
S. 187, und Maleri/ Frietzsche (2008), S. 244, sowie in der Abgrenzung zu Gütern vgl. Parasura-
man et al. (1985), S. 42, und Grönroos (2007), S. 236.
164
Vgl. Reckenfelderbäumer (2006), S. 37.
165
Vgl. Sasser (1976), S. 133, Sasser et al. (1978), S. 19, McLaughlin/ Coffey (1990), S. 48, Maleri
(2001), S. 141, Ellram et al. (2004), S. 18, sowie Maleri/ Frietzsche (2008), S. 248. Dies gilt so-
wohl für die Messung der (anbieterinternen) Leistungserstellung als auch für die externe Beschaf-
fung von Dienstleistungen. Siehe hierzu auch die Ausführungen zur Theorie der Informationsöko-
nomie in Unterkapitel 3.3.
166
Vgl. Boyt/ Harvey (1997), S. 294, und Bieberstein (2001), S. 53 f., sowie ausführlich Unterab-
schnitt 3.2.3.2 zu den Besonderheiten der Dienstleistungsbeschaffung, ergänzend auch Abschnitt
3.3.2.
167
Vgl. konkret Grönroos (2007), S. 73, sowie allgemeiner auch Sasser et al. (1978), S. 185, und
Reckenfelderbäumer (2006), S. 33. Zur Unterscheidung von Performance und Qualität vgl. Glas
(2012), S. 16 f., der Performance als Grad einer ggf. dynamisch-zukunftsorientierten Zielerrei-
chung bezeichnet, Qualität dagegen als statisches Konstrukt.
168
Vgl. Gleich (2001), und Maleri/ Frietzsche (2008), S. 15, zum Begriff „Leistung“ bzw. „Perfor-
mance“ und dessen Vielfalt außerdem Krause (2006), S. 17. Diese Aspekte werden in Hinblick
auf den Aspekt der „Ergebnisorientierung“ in Unterabschnitt 2.3.1.1 vertieft.
169
Vgl. Berry et al. (1985), S. 46, Parasuraman et al. (1985), S. 44, sowie Grönroos (2007), S. 73.
170
Vgl. Grönroos (1984), S. 37.
171
Zu den Einflussfaktoren generell vgl. Berry et al. (1985), S. 45 f., und Grönroos (2007), S. 90; zur
Unterscheidung dieser Faktoren in Ergebnis- und Prozessqualität vgl. Lehmann (1995), S. 83,
sowie als Unterscheidung von „what the service achieved“ and „how it was delivered“ vgl. Grön-
38 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
rücksichtigen dies, sind allerdings aufgrund der subjektiven Einflüsse in der Bewer-
tung nur bedingt geeignet, die Probleme der Leistungsmessung von Dienstleistungen
zu lösen.172
Zudem ergeben sich Probleme der Leistungsmessung auch durch die Integration des
externen Faktors bzw. der Heterogenität, was zu weniger einheitlichen (eben hetero-
genen) Leistungserstellungsprozessen führt und somit schwerer zu kalkulieren ist.173
Folglich wird in der weitestgehenden Entkopplung der Dienstleistungsprozesse vom
externen Faktor, z. B. durch die Standardisierung und Automatisierung, ein wesentli-
cher „Effizienztreiber“ gesehen.174
2.1.5.5 Lieferantenbeiträge im Dienstleistungserbringungsprozess
Bereits im Zusammenhang mit der Abgrenzung von Dienstleistungen (zu Gütern)
wurde deutlich, dass der Anbieter für deren Erbringung ggf. von externen Lieferan-
ten zugelieferte Güter bzw. Sachleistungen benötigt.175
Die besondere Herausforderung für Anbieter besteht dann, wenn Dienstleistungen
zugekauft werden, um diese als Teil der eigenen Dienstleistung gegenüber dem Ab-
nehmer zu nutzen (wie in Abbildung 3 für PBC skizziert und in Kapitel 2.1.3 konkreti-
siert), da sich hier die bereits skizzierten Charakteristika wie Immaterialität und feh-
lende Lagerfähigkeit auswirken. 176 Als besonders problematisch wird vor Beschaf-
fung die Begutachtung der Leistungsfähigkeit potenzieller Dienstleister angesehen,
nach Vertragsabschluss die Leistungsbeurteilung und Steuerung der extern be-
schafften Dienstleistungen.177
roos (2007), S. 73, bzw. technische Qualität (als Ergebnis) und funktionale Qualität (aus dem
Leistungsprozess) vgl. Grönroos (1984), S. 38 f.
172
Vgl. Grönroos (1990), S. 12, Haller (1995), S. 141, oder Fliess et al. (2006), S. 79.
173
Vgl. McLaughlin/ Coffey (1990), S. 48, Grönroos/ Ojasalo (2004), S. 416, Bruhn/ Stauss (2006), S.
5, ebenso Reckenfelderbäumer (2006), S. 47.
174
Vgl. Levitt (1972), S. 44, Chase (1981), S. 701, Thomas (1978), S. 160, Levitt (1981), S. 99, und
Berry et al. (1985), S. 50 f. Indessen werden durch solch eine Standardisierung auch Potenziale
der direkten Kundeninteraktion vergeben und könnten sich zudem negativ auf die Kundenzufrie-
denheit auswirken, Grönroos/ Ojasalo (2004), S. 415.
175
Vgl. Weißenfels (2007), S. 1, oder Maleri/ Frietzsche (2008), S. 59 bzw. 85; die Lieferanteninputs
werden aber nicht als der externe Faktor in der Dienstleistungserbringung betrachtet, vgl. Bruhn/
Stauss (2006), S. 20. Insbesondere der hohe Investitionsbedarf in Anlagen wird dabei hervorge-
hoben, vgl. Quinn et al. (1990), S. 59, und Helander/ Möller (2008), S. 578.
176
Vgl. Zeithaml (1981), S. 188. Dies ergibt sich aus dem „Uno actu“-Prinzips, mithin der Nachfra-
gesimultanität, zwischen Anbieter und Abnehmer und in der Folge dem Anbieter und seinen Lie-
feranten.
177
Vgl. hierzu zunächst Zeithaml (1981), S. 186 ff., und Bowen/ Ford (2002), S. 451, bzw. Nagen-
gast (1997), S. 32, und Bruhn et al. 2006, S. 12. Eine detaillierte Analyse der relevanten Literatur
zur Dienstleistungsbeschaffung erfolgt in Unterkapitel 3.2.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 39
178
Vgl. Meier (2004b), S. 7.
179
Frühe Forderungen nach einer gemeinsamen bzw. stärker verknüpften Sicht auf Güter und
Dienstleistungen finden sich z. B. bei Levitt (1972), S. 41 f., Kotler (1977), S. 8, Sasser et al.
(1978), S. 9, und wiederum Levitt (1981), S. 94.
180
Vgl. Vandermerwe/ Rada (1988), S. 315; andere synonyme Formen lauten auf “servicitation”, vgl.
Cook et al. (2006), S. 1455, oder “servitisation”, vgl. Johnson/ Mena (2008), S. 28.
181
Vgl. Hilke (1989), S. 7, Quinn et al. (1990), S. 58, Vandermerwe (1990), S. 465, Engelhardt et al.
(1993), S. 410, Gordon et al. (1993), S. 56, Bowen/ Ford (2002), S. 447, Araujo/ Spring (2006), S.
797, Reckenfelderbäumer (2006), S. 34, und Windahl (2007), S. 27, die alle die Dichotomie zwi-
schen Gütern und Dienstleistungen kritisieren, wobei Vandermerwe speziell den Aspekt der Prob-
lem- bzw. Lösungsorientierung betonte und Engelhardt et al. den Begriff der Leistungsbündel als
Kombination materieller (Güter) und immaterieller (Dienstleistungen) Leistungsanteile zu einem
Kundenangebot einführten.
40 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
gung verschiedener Konzepte geführt hat, die jedoch hohe Überschneidungen auf-
weisen.182
Complex Product Systems (CoPS) beschreiben komplexe Kombinationen vorwie-
gend materieller Leistungsbestandteile, die in kundenspezifischen Projekten herge-
stellt und als Investitionsgüter angesehen werden. 183 Die Betonung bei den CoPS
liegt auf der systemischen Zusammenführung der Leistungsbestandteile, nicht auf
Dienstleistungen oder dem Kundennutzen.
Bei Leistungsbündeln (auch: Package, Bundle) hingegen wird zwar ebenfalls von
einer Kombination zahlreicher Einzelleistungen (als individuelle Sach- und Dienstleis-
tungen) zu einem zusammenhängenden „Bündel“ ausgegangen. Ein mögliches Bei-
spiel hierfür wäre Fahrzeugleasing inklusive Wartung. Hier wird die Kundenorientie-
rung allerdings weniger stark betont wie bei (Integrated) Solutions (integrierte Prob-
lemlösungen).184
Dort werden ausgehend von einem spezifischen Kundenproblem Leistungen mög-
lichst so kombiniert, dass dieses Problem über einen längeren Zeitraum hinweg ge-
löst werden kann. 185 Die Möglichkeit hierzu wird insbesondere in der Kombination
von Sach- und Dienstleistungen zu einem umfassenden Lösungspaket gesehen, das
sich an einem Kundenbedürfnis orientiert. Dies wäre etwa bei der Entwicklung und
Realisierung einer abnehmerspezifischen Produktionsanlage der Fall.
Dem sehr ähnlich sind „Produkt-Service-Systeme“ (PSS), die zwar ebenfalls nicht
ganz einheitlich definiert sind, aber sowohl die systemische Kombination betonen als
auch den Aspekt, dass diese Sach- und Dienstleistungen (bzw. Produkte und Ser-
vices) enthält.186
In der Zusammenfassung sind den vorgestellten Konzepten mithin folgende Aspekte
gemein:187
182
Für eine Übersicht vgl. Bonnemeier/ Reichwald (2012), S. 51.
183
Vgl. Miller et al. (1995), S. 368, Hobday (1998), S. 690, Prencipe (2003), S. 114, sowie Windahl
(2007), S. 19. Als Beispiele nennen diese z. B. den Bau und Betrieb von Flughäfen oder Produk-
tionsanlagen als Gesamtsysteme.
184
Vgl. Sullivan (1982), S. 212, Engelhardt et al. (1993), S. 406, Ovans (1997), S. 18, Wildemann
(2004), S. 23, sowie Grönroos (2007), S. 184. Spezifisch für die Kombination von Gütern und
Dienstleistungen wird auch der Begriff „hybride Leistungsbündel“ verwendet, im Konsumgüterbe-
reich für standardisierte Leistungsbündel zudem „Produktbündel“, vgl. Becker et al. (2008), S. 16,
bzw. Davies (2004), S. 735.
185
Vgl. Wise/ Baumgartner (1999), S. 138, Krucken/ Meroni (2006), S. 1502 f., Nordin/ Kowalkowski
(2010), S. 445 f., Evanschitzky et al. (2011), S. 657, sowie Storbacka (2011), S. 699.
186
Vgl. Windahl (2007), S. 4, Johnstone et al. (2008), S. 872, Baines et al. (2009a), S. 548, Lindahl
et al. (2009), S. 1, oder Nordin/ Kowalkowski (2010), S. 443. Zu diesem Problem sowie zu einer
Übersicht verschiedener Konzepte bzw. Begriffe vgl. Bonnemeier/ Reichwald (2012), S. 50 f.
187
Vgl. u. a. Baines et al. (2007), S. 1545, Baines et al. (2009a), S. 554 f., Meier et al. (2010), S. 611,
und Bonnemeier/ Reichwald (2012), S. 51.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 41
188
Siehe hierzu auch Unterkapitel 1.1; vgl. zudem Quinn et al. (1990), S. 60, Cox (2001b), S. 8 f.,
sowie Baily et al. (2008), S. 118.
189
Diese Schlussfolgerung findet sich u. a. bei Andersson/ Norrman (2002), S. 5, Lay/ Jung-Erceg
(2002), S. 5 f., Morelli (2002), S. 3, Davies (2004), S. 730, Präuer (2004), S. 1 u. 83, Brady et al.
(2005), S. 362, Davies et al. (2006), S. 40, und Baines et al. (2007), S. 1548 f.
190
Vgl. Lindahl et al. (2009), S. 4, ähnlich Spring/ Araujo (2009), S. 446.
191
Vgl. Williams (2007), S. 1095, in Verbindung mit Tukker/ Tischner (2006), S. 1553.
42 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
192
Vgl. Vandermerwe/ Rada (1988), S. 319, Frambach et al. (1997), S. 350, Garbe (1998), S. 205,
Wise/ Baumgartner (1999), S. 136, Youngdahl/ Loomba (2000), S. 330, Mont (2002), S. 240, Gu-
lati/ Kletter (2005), S. 87, Aurich et al. (2006), S. 1480, Becker et al. (2008), S. 3, oder Baines et
al. (2009b), S. 495.
193
Eine bessere Kundenbindung geben z. B. Vandermerwe/ Rada (1988), S. 320, Chase/ Garvin
(1989), S. 62, Goedkoop et al. (1999), S. 22, Gulati/ Kletter (2005), S. 84, Johnstone et al. (2009),
S. 528, oder Li (2011), S. 1210, als Angebotstreiber komplexer Leistungsbündel an.
194
Vgl. Vandermerwe/ Rada (1988), S. 314, Schlissel/ Chasin (1991), S. 282 f., Jones et al. (1998),
S. 402, Wise/ Baumgartner (1999), S. 134, Hobday et al. (2000), S. 793, Meier (2004a), S. 393,
Brady et al. (2005), S. 361, Hobday et al. (2005), S. 1135, Cohen et al. (2006), S. 129, Bessant/
Davies (2007), S. 88, Neu/ Brown (2008), S. 246, Baines et al. (2009a), S. 558, Lindahl et al.
(2009), S. 5, Neely (2009), S. 104, Meier et al. (2010), S. 608, Nordin/ Kowalkowski (2010), S.
441, oder Lockett et al. (2011), S. 294.
195
Vgl. zur Herausforderung des Anbietens zunächst Baines et al. (2009a), S. 559, zur Beschaffung
Caldwell et al. (2009), S. 185, oder Rese/ Maiwald (2011), S. 340.
196
Vgl. Pawar et al. (2009), S. 470.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 43
197
„Verbraucher-Erlebnismarketings“. Dieser Aspekt wird aufgrund der in Ab-
schnitt 2.1.3 vorgenommenen Eingrenzung auf industrielle Dienstleistungen in dieser
Arbeit nicht weiter vertieft. Der zweite Forschungsbereich entstammt dem Themen-
komplex Nachhaltigkeit bzw. Ökologie.198 Hier wird der Ansatz verfolgt, dass durch
Kombination von Produkten und Dienstleistungen, Zusammenführung von Abneh-
mern im Sinne eines „Pooling“ oder „Sharing“ sowie auch der Orientierung am Kun-
dennutzen eine Reduktion ökologischer Auswirkungen moderner Produktionsmetho-
den und Nutzungsgewohnheiten eintritt. 199 Nichtsdestotrotz ist dieser Bereich nicht
immer ganz klar vom dritten Forschungsstrang zu trennen, in dem Produkt-
Dienstleistungsbündel aus Perspektive des Investitionsgütermarketings betrachtet
werden. Typische Begrifflichkeiten hierfür sind neben den bereits erwähnten Solu-
tions oder Leistungsbündeln auch „Industrial Product-Service-Systems“ (IPS²) oder
„Integrated Product Service Offering“ (IPSO).200 Der in Kapitel 2.1.3 vorgenommenen
Einordnung folgend, konzentrieren sich die weiteren Ausführungen auf diese indust-
riellen PSS-Anwendungen, die indes ebenfalls verschiedene Typen kennen. Zumeist
werden diese anhand von Dimensionen wie „Produktbezug“ bzw. „Servicegrad“ und
„Lösungs-„ bzw. „Ergebnisorientierung“ (auch der Anbietervergütung) untergliedert.
Gleichwohl offenbart sich bei genauer Betrachtung, dass die aufgeführten PSS-
Typen sich häufig überschneiden (z. B. nutzungsorientiert vs. funktionsorientiert). Der
Typus integrationsorientierter PSS scheint dagegen ohne Zusammenhang zu den
anderen zu stehen, die sich relativ klar nach deren Produkt- bzw. Dienstleistungs-
bzw. Nutzenorientierung differenzieren lassen, siehe auch nachfolgende Tabelle.201
197
Vgl. Sullivan (1982), S. 212.
198
Vgl. dazu v. a. Goedkoop et al. (1999), S. 18, die auch als Begründer des Begriffs „Product-
Service Systems“ gelten, sowie weiterhin Cook et al. (2006), S. 1457, oder Pawar et al. (2009), S.
476. Synonym verwendet wird auch der Begriff „Servicing“, der ebenfalls durch die Kombination
von Gütern und Dienstleistungen ökologische Ziele erreichen will, vgl. Rothenberg (2007), S. 83,
sowie Toffel (2008), S. 7.
199
Vgl. Tukker (2004), S. 249, und Neely (2009), S. 107.
200
Vgl. zu „IPS²“ Meier et al. (2010), S. 608, sowie zu „IPSO“ Lindahl et al. (2009), S. 1, ergänzend
zudem Bonnemeier/ Reichwald (2012), S. 51. Zu nennen sind auch nochmals die „Complex Pro-
duct Systems“ (CoPS), wobei hier der Fokus stärker auf der Komplexität bestimmter physischer
Güter als System liegt und der Dienstleistungsaspekt weit weniger betrachtet wurde, vgl. Hobday
(1998), S. 690, der „CoPS“ als technisch komplexe Produkte, Systeme, Netzwerke oder Kon-
strukte mit hohem Kostenvolumen definiert, vgl. ähnlich auch Miller et al. (1995), S. 364, Prencipe
(2003), S. 114, und Windahl (2007), S. 19, die noch die Aspekte von hoher Kundenspezifität der
Produkte sowie in der Folge geringe Produktionsvolumina hinzufügen. Die rein güterfokussierte
Betrachtung der CoPS wurde in den vergangenen Jahren allerdings zunehmend zugunsten der
kombinierten Produkt-Dienstleistungs-Perspektive aufgegeben Caldwell et al. (2009), S. 182.
201
Vgl. Tukker (2004), S. 248 f.
44 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Die Besonderheit des integrationsorientierten PSS-Typus ist dagegen, dass hier von
einer Übernahme eines Unternehmens im Sinne einer Integration durch bzw. in das
Anbieterunternehmen erfolgt (z.B. durch Firmenübernahme bzw. -fusion). 202 Hier
wird mithin ein Aspekt der Leistungserbringungs- und nicht der Angebotsstruktur an-
gesprochen. Allerdings stellt dieser Typus nicht die einzige mögliche Alternative der
202
Vgl. Neely (2009), S. 108.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 45
Nutzen v. a.
in der Leistung
Nutzen v. a.
im Gut
extern
(immaterieller)
Po Dienstleistungsanteil
reines
Gut
kooperativ
Leistungsbündel/
DLo Produkt-Service-Systeme
Vo No
o
Fo reine Io
Dienst-
leistung intern
(materieller) Eo
Güteranteil
Leistungsanteil
203
Diese Einteilung erfolgt angelehnt an das Hierarchie-Markt-Kontinuum der Transaktionskosten-
theorie. Dieses unterscheidet als primäre Marktstrukturen die hierarchische (vertikale) Integration,
folglich die Bündelung der Wertschöpfung in einem Unternehmen, sowie rein externe, transaktio-
nal-marktliche Beziehungen. Zwischen diesen beiden Extremen liegen als dritte Alternative soge-
nannte hybride Kooperationsformen, vgl. Williamson (1991), S. 284. Vgl. jeweils Tuli et al. (2007),
S. 14, bzw. Neely (2009), S. 108, bzw. Zuther (2002), S. 17, ähnlich Hypko et al. (2010b), S. 646.
204
Quelle: in Anlehnung an Tukker (2004), S. 248, mit Bezügen zu Neely (2009), S. 108, sowie Glas
(2012), S. 49.
46 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
205
Vgl. Neely (2009), S. 108.
206
Auf dieser abstrakten Ebene äußern sich z. B. Mont (2002), S. 244, Brady et al. (2005), S. 362,
Windahl (2007), S. 7, oder Reinartz/ Ulaga (2008), S. 91.
207
Vgl. Spath/ Demuß (2001), S. 37, Johnstone et al. (2008), S. 870, Kindström/ Kowalkowski
(2009), S. 157, und Salonen (2011), S. 687.
208
Vgl. Oliva/ Kallenberg (2003), S. 166, auch Huang et al. (2009), S. 405.
209
Vgl. Spath/ Demuß (2001), S. 38, Davies (2004), S. 731, Hornschild et al. (2004), S. 67, Wilde-
mann (2004), S. 23, oder Sakao/ Shimomura (2007), S. 591.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 47
210
Vgl. Davies/ Brady (2000), S. 938, Morelli (2002), S. 9, Zuther (2002), S. 144, Grönroos (2007), S.
192, Pawar et al. (2009), S. 487, Storbacka (2011), S. 703.
211
Bezüglich der Organisationsstruktur vgl. Mont (2002), S. 242, Davies et al. (2006), S. 43, Tuli et
al. (2007), S. 8, oder Johnstone et al. (2009), S. 531, sowie der cross-funktionalen Zusammenar-
beit Brady et al. (2005), S. 363, Li (2011), S. 1210, und Storbacka (2011), S. 699.
212
Vgl. Davies et al. (2007), S. 191, Windahl (2007), S. 75, und Storbacka (2011), S. 706.
213
Vgl. Mont (2002), S. 241, Hobday et al. (2000), S. 795, sowie Meier (2004a), S. 396.
214
Vgl. Miller et al. (1995), S. 370, Davies (2004), S. 738, Mont (2002), S. 242, Meier (2004a), S.
395, Williams (2007), S. 1093, und Windahl (2007), S. 27.
215
Zur Veränderung der Beziehungen generell vgl. zunächst Hobday (1998), S. 702, Oliva/ Kallen-
berg (2003), Johnson/ Mena (2008), S. 37, Roehrich/ Lewis (2010), S. 1155, oder Lockett et al.
(2011), S. 296. Zur Einschätzung, dass diese Beziehungen kooperativ geprägt sind, vgl. Hobday
et al. (2005), S. 1138, Tuli et al. (2007), S. 7 bzw. 13, Windahl (2007), S. 71, Becker et al. (2008),
S. 486, Piercy (2009), S. 857,
216
Vgl. Hobday et al. (2000), S. 799, ähnlich Präuer (2004), S. 204.
48 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
tigung finden.217 Durch die langfristige Perspektive und die Orientierung am Kunden-
nutzen sind ggf. neue Steuerungsgrößen („Key Performance Indicators“) zu entwi-
ckeln, die auf die individuellen PSS-Ziele aufseiten des Abnehmers, aber auch auf
die des Anbieters abgestimmt sind, z. B. Leistungsmaximierung, Lebenszykluskos-
tenminimierung. 218 Da sich im Laufe einer längerfristigen Geschäftsbeziehung die
Kundenbedürfnisse immer wieder ändern, sollte auch die notwendige Flexibilität auf
Anbieterseite vorhanden sein, Vertrags- bzw. Leistungsinhalte entsprechend dyna-
misch anzupassen.219
Dazu wird Risiko als wesentliche Spielgröße in PSS betrachtet bzw. als ein wesentli-
cher Kundennutzen der Lösungsorientierung dahin gehend, dass bestimmte Risiken
in PSS auf die Anbieter übergehen. 220 Eine Auswirkung hiervon ist, dass PSS-
Anbieter eine risikoorientierte Kosten- bzw. Preiskalkulation vornehmen.221 Eine an-
dere Auswirkung hängt dagegen mit einem weiteren Aspekt der PSS-
Leistungserbringung, der Wertschöpfungsstruktur, zusammen. Komplexe Leistungs-
bündel erfordern zumeist die Kombination einer Vielzahl von Gütern und Dienstleis-
tungen, die das Leistungsvermögen eines einzelnen Anbieterunternehmens im Nor-
malfall übersteigen.222 In PSS wird hierfür die Rolle eines systemintegrierenden An-
bieterunternehmens („Systemintegrator“) vorgeschlagen ein Aspekt, der in Ab-
schnitt 2.3.2.3 weiter ausgeführt wird.
Die vorhergehenden Aspekte der Leistungserbringung lassen sich auch entlang ei-
nes lebenszyklusbezogenen Prozesses abbilden. Nachstehende Abbildung veran-
schaulicht einen solchen modelltypischen Prozess für die Konzeption von und Leis-
tungserbringung für PSS, wobei die Interaktion mit dem Abnehmer, die Einbindung
und Auswahl der Lieferanten sowie das Performance- und Risikomanagement be-
sonders hervorzuheben sind.
217
Vgl. Lindahl et al. (2009), S. 3.
218
Vgl. Markeset/ Kumar (2005), S. 62, auch Grönroos (2007), S. 179.
219
Vgl. Roehrich/ Lewis (2010), S. 1159–1161, und Selviaridis/ Spring (2010), S. 171, die damit das
Problem unvollständiger Verträge insbesondere bei Dienstleistungen und Leistungsbündeln auf-
greifen, vgl. dazu allgemeiner Londsdale (2001), S. 24.
220
Vgl. Hobday (1998), S. 706, Davies (2000), S. 8, oder Baines et al. (2007), S. 1549.
221
Vgl. Oliva/ Kallenberg (2003), S. 169, Storbacka (2011), S. 706.
222
Vgl. hierzu zunächst Meier (2004a), S. 395, oder Tuli et al. (2007), S. 14. Dieser Aspekt wird in
Abschnitt 2.3.2 weiter vertieft.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 49
5) Angebotserstellung
• ggf. iterative und interaktive Weiterentwicklung
8) Betriebsphase
• laufende Leistungserbringung, mit Lieferanten und ggf. Abnehmer
9) Beendigung
• Vertragsbeendigung, Rücknahme oder Übergabe Sachgut
Dabei lassen die vorherigen Ausführungen bereits erkennen, dass die PSS-
bezogene Forschung zur Leistungserbringung eher auf das Anbieterunternehmen
und ggf. die abnehmerseitige Kooperation (also Dyade Anbieter/Abnehmer) fokus-
siert, die Beschaffung und die Lieferanten des Anbieters entlang der Wertschöp-
fungskette (trotz der angenommenen Leistungsvielfalt) dagegen nur eine Nebenrolle
spielen. Während diese Aspekte in Abschnitt 2.3.2 bzw. 3.2 weiter vertieft werden,
223
Quelle: in Anlehnung an Davies (2000), S. 938, und Zuther (2002), S. 144.
50 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
folgt im nächsten Abschnitt noch eine Reflexion der PSS aus Sicht der „Service-
dominant Logic“.
2.2.4 Reflexion von Produkt-Service-Systemen aus Sicht der Service-dominant Lo-
gic
In diesem Abschnitt wird mit der „Service-dominant Logic“ (SDL) ein theoretischer
Erklärungsansatz genutzt, um das PSS-Konzept mit besonderem Blick auf die Leis-
tungserbringung zu betrachten. So sollen die Probleme der Konvergenz von Sach-
und Dienstleistungen für Anbieterunternehmen bzw. für die leistungserbringende
Wertschöpfungskette verdeutlicht werden, um die Zweckmäßigkeit ergebnisorientier-
ter Vertragskonzepte mit leistungsbasierter Vergütung vorbereitend zu illustrieren.
Dazu werden zunächst die Hintergründe der SDL-Entstehung beleuchtet, bevor die
Grundzüge des Ansatzes dargelegt und im Anschluss auf die PSS-
Leistungserbringung übertragen werden.
2.2.4.1 Entwicklungshintergrund und Grundzüge der Service-dominant Logic
Bereits in den Ausführungen zum Dienstleistungsmanagement wurde darauf hinge-
wiesen, dass die Forschung in diesem Bereich überwiegend versucht hat, Dienstleis-
tungen zu physischen Gütern abzugrenzen.224 Kritisiert wurde in diesem Zusammen-
hang zumeist, dass insbesondere Werke der klassischen Ökonomie die Rolle der
Dienstleistung gegenüber den Gütern ignorierten, indem sie volkswirtschaftliche Leis-
tungen bzw. Leistungsfähigkeit ausschließlich an der Menge der produzierten Güter
festmachten.225 In der Folge konzentrierten sich die Forschungsarbeiten zum Dienst-
leistungsmanagement lange darauf, Güter und Dienstleistungen gegenüberzustel-
len.226
Allerdings lassen sich auch frühe Ausführungen finden, nach denen Abnehmer nicht
den Erhalt eines distinkten Gutes oder einer Dienstleistung zum Ziel haben, sondern
vielmehr den darin gebundenen Nutzen.227 Auch in der eigenständigen Dienstleis-
tungsforschung gab es wiederholt ähnliche Einschätzungen, ohne dass diese die
224
Vgl. Rathmell (1966), S. 32, Gummesson (1978), S. 89, Thomas (1978), S. 165, Grönroos (1979),
S. 49, Grönroos (1990), S. 13, Lovelock/ Gummesson (2004), S. 22 f., oder Huang et al. (2009),
S. 409.
225
Vgl. Smith (2009/ 1776), in Verbindung mit Vargo/ Lusch (2004), S. 5, Vargo/ Lusch (2008c), S.
26, sowie Ng et al. (2011b), S. 2, ähnlich auch Gummesson (1994), S. 77 f.
226
Vgl. Sasser et al. (1978), S. 8, Hilke (1989), S. 7, Lovelock (1992), S. 6 f., oder Huang et al.
(2009), S. 405f. Siehe auch Tabelle 1 in Abschnitt 2.1.1.
227
Vgl. Bastiat (1848), S. 32, der betont, dass die Erstellung einer Dienstleistung („Service“) im Aus-
tausch für eine Gegenleistung („Service“) erfolgt. Penrose (1995 / 1959), S. 25, untermauert da-
bei die Ergebnisorientierung in der Leistungserstellung, die unabhängig von der Art der Produkti-
onsfaktoren erfolgt: “It is never resources themselves that are the ‘inputs’ to the production pro-
cess, but only the services that the resources can render.”
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 51
228
Vgl. hierzu Rathmell (1966), S. 33, Shostack (1977), S. 74, Levitt (1980), S. 84, Levitt (1981), S.
94 und 97, Quinn et al. (1990), S. 58, Engelhardt et al. (1993), S. 395, Gordon et al. (1993), S. 56,
Gummesson (1994), S. 78, sowie Lusch/ Vargo (2004), S. 333 f. Zentrales Ergebnis der Kritik ist
die Unterscheidung nach materiellen und immateriellen Leistungsanteilen entlang eines Kontinu-
ums, vgl. ebenfalls Rathmell (1966), S. 33, sowie Zeithaml (1981), S. 186, ähnlich auch Meffert/
Bruhn (2003), S. 65.
229
Vgl. hierzu Lovelock/ Gummesson (2004), S. 23 f., Edvardsson et al. (2005), S. 115, sowie Ab-
schnitt 2.1.2. Ähnliche Kritik findet sich auch in der deutschsprachigen Literatur, vgl. Fassnacht
(1996), S. 110 f.
230
Vgl. Lusch/ Vargo (2004), S. 326.
231
Vgl. Vargo/ Lusch (2004), S. 10.
232
Vargo/ Lusch (2004), S. 2. Später wurde die Definition verfeinert und insbesondere die Bedeu-
tung der Nutzung des Singulars „Service“ (Dienstleistung) hervorgehoben, da der Plural eine
quantitative Orientierung der Leistungsergebnisse vorgeben würde, vgl. Vargo/ Lusch (2008c), S.
26.
233
Vgl. Vargo/ Lusch (2004), S. 6 ff., sowie Vargo/ Lusch (2008b), S. 7.
52 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Eine bzw. die entscheidende Besonderheit der SDL besteht darin, Leistungen immer
im Austausch mit einer Gegenleistung zu sehen, wobei hierzu durchaus „indirek-
te“ Mechanismen genutzt werden können. So werden Güter als Instrumente gesehen,
einen bestimmten Wert beim Abnehmer zu erzielen, die Vergütung einer Leistung ist
eine monetarisierte Gegenleistung etc. Diese dienstleistungsorientierte Betrachtung
sorgt dafür, dass die Wege der Leistungserbringung in den Hintergrund treten und
der erzielte bzw. wahrgenommene Kundennutzen als übergeordnetes Leitmotiv dient.
Für die Leistungserbringung selbst wird dem Abnehmer eine Schlüsselrolle zuteil
(womit auch Bezüge zur Integration des externen Faktors deutlich werden, siehe Ab-
schnitt 2.1.5.3). Gemäß der SDL liegt die Wertschöpfung inhärent in Prozessen, wo
spezialisiertes Wissen des Leistungsanbieters ebenso wie das des Kunden zur
Anwendung kommt. Die Leistung wird dabei in komplexen Systemen erbracht, in der
einzelne Parteien durch enge, interaktive Beziehungen verbunden sind und jede Par-
tei (ob nun Unternehmen oder Verbraucher) als Ressourcenintegrator gegenüber
den anderen auftritt.
Diese Grundsätze stehen im klaren Gegensatz zu der (auch in der Dienstleistungsli-
teratur immer wieder kritisierten) Dominanz der betriebswirtschaftlichen Betrachtung
auf physische Güter. Im SDL-Verständnis wird dies als „Goods-dominant
gic“ (GDL) bezeichnet.235 Diese steht den Ideen der SDL sowie hybriden bzw. transi-
tionalen Dienstleistungskonzepten wie folgt gegenüber:
234
Quelle: in enger Anlehnung an Vargo/ Lusch (2008b), S. 7.
235
Vgl. Grönroos (2007), S. 55, außerdem Vargo/ Lusch (2008a), S. 255.
54 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Die SDL bezweckt mithin, die getrennte Perspektive auf Güter und Dienstleistungen
aufzulösen und durch eine kundennutzenorientierte Perspektive zu ersetzen. Dabei
will sich die SDL auch gegenüber der traditionellen Dienstleistungsforschung ab-
grenzen, obwohl einzelne Aspekte, wie z. B. die zwingende Kundeninteraktion oder
die inhärente Ergebnisorientierung, durchaus auf Gemeinsamkeiten hinweisen.
Gleichzeitig wird die klassische merkmalsbasierte Dienstleistungsdefinition anhand
der IHIP-Faktoren in der SDL abgelehnt, weil sie ja wie auch schon an anderer
Stelle dargestellt nicht geeignet sei, Dienstleistungen eindeutig abzugrenzen. 237
Vielmehr sei der Versuch der Abgrenzung Ausdruck der tradierten „Goods-dominant
Logic“, da Kunden im Rahmen einer Austauschbeziehung nicht zwingend eine
Dienstleistung oder ein Gut erwerben wollen, sondern eben lediglich einen Nutzen-
236
Quelle: Vargo/ Lusch (2006), S. 286, Übersetzung durch den Autor.
237
Vgl. Lusch/ Vargo (2004), S. 326 f., und Vargo/ Lusch (2008b), S. 4.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 55
gewinn suchen, unabhängig davon, wie dieser zustande kommt. 238 Die SDL spricht
sich weder dafür aus, Güter zu ignorieren, noch Dienstleistungen als etwas klar Ab-
grenzbares zu sehen. Sie tritt vielmehr für eine übergeordnete, kundennutzenorien-
tierte Perspektive ein.239
Diese ist auch ein wesentlicher Schnittpunkt zu den PSS, ebenso die gemeinsame
Perspektive auf Sach- und Dienstleistungen. Daher kann es nicht überraschen, dass
bereits einige Arbeiten existieren, die PSS oder verwandte Konzepte aus Sicht der
SDL analysieren. Zahlreiche Autoren sehen großflächige Überschneidungen zwi-
schen dem PSS-Konzept und der SDL-Perspektive, einige davon sehen PSS gar als
unmittelbare Umsetzung der eher abstrakten SDL an.240
Als direkte Implikation der SDL für PSS wird z. B. eine noch stärkere Fokussierung
auf Kundenbedürfnisse bzw. -nutzen, eine engere cross-funktionale Integration, er-
höhter Informationsaustausch, eine langfristige Beziehungsperspektive und eine nut-
zenorientierte Veränderung von Innovationsprozessen gesehen. 241 Auch die hohe
Bedeutung koordinativer Fähigkeiten für die Leistungserbringung wird sowohl in PSS
als auch SDL erkannt.242
Dennoch gibt es auch kritische Stimmen zu den Ähnlichkeiten von PSS und SDL.
Zwar werden Gemeinsamkeiten durchaus bestätigt, allerdings in zentralen Punkten
auch Unterschiede betont, so z. B. die Analyseperspektive, die für die SDL eher auf
Markt- bzw. sogar volkswirtschaftlicher Ebene, für PSS eher auf Systemebene gese-
hen wird.243 Ferner wird argumentiert, dass die SDL weiter geht als PSS; Güter und
Dienstleistungen sind in PSS klar abgegrenzt und haben eine gleichberechtigte,
komplementäre Funktion inne. Die SDL sieht dagegen jede wissensbasierte Interak-
tion als „Dienstleistung“ und schreibt dieser eine übergeordnete Rolle zu. 244
Diese Perspektive hat in den vergangenen Jahren hohes Forschungsinteresse im
Marketingbereich geweckt, zunehmend aber auch andere betriebswirtschaftliche
Teildisziplinen erreicht.245 Gleichwohl erfährt die SDL auch Kritik. Zunächst wird be-
238
Vgl. Vargo/ Lusch (2008c), S. 28.
239
Vgl. Vargo/ Lusch (2008c), S. 29.
240
Diese Schlussfolgerung findet sich bei Tuli et al. (2007), S. 1, sowie ähnlich bei Morelli (2002),
und Alter (2010), S. 113.
241
Vgl. Kowalkowski (2010), S. 289–291.
242
Vgl. Aarikka-Stenroos/ Jaakkola (2012), S. 21.
243
Vgl. Alter (2010), S. 107.
244
Vgl. Kowalkowski (2010), S. 286. Windahl (2007) fordert daher sogar, eine „Integrated Solutions
Logic“ als Kombination der Service- und Goods-dominant Logic zu entwickeln, vgl. Windahl
(2007), S. 59.
245
Zur Popularität der SDL generell vgl. Vargo/ Lusch (2011), S. 1319. Auch zahlreiche Sonderaus-
gaben wissenschaftlicher Fachzeitschriften können als Beleg hierfür angesehen werden, z. B.
Marketing Theory, 2006, Jg. 6, H. 3; Industrial Marketing Management 2008, Jg. 37, H. 3; Euro-
56 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
mängelt, dass die SDL zu abstrakt bzw. deskriptiv sei und für die Einordnung als be-
triebswirtschaftliche Theorie zu wenig Erklärungsgehalt aufweise.246 Tatsächlich sind
die „Foundational Premises“ der SDL eher allgemeine Leitsätze; eine Operationali-
sierung, also Messbarmachung der Ausprägung einzelner Dimensionen, ist bisher
ebenso wenig erfolgt wie eine empirische Fundierung. Die Begründer der SDL halten
solcherlei Argumentationen entgegen, dass in den Grundlagenarbeiten niemals der
Anspruch einer erklärenden Theorie formuliert wurde. 247 Sie betonen vielmehr, die
SDL solle als ein Paradigma oder eine breite Perspektive gesehen und genutzt wer-
den.
Dessen ungeachtet hält sich die Kritik, dass die Einblicke, die sich durch die Nutzung
der SDL ergeben würden, so wenig konkret seien, dass sie für spezifische Probleme
der Betriebswirtschaft kaum hilfreich sind.248
Die Auflösung einer Abgrenzung von Gütern und Dienstleistungen führte z. B. dazu,
dass die zweifellos vorhandenen operativen Besonderheiten der Leistungserbringung
in Dienstleistungsbetrieben durch die SDL negiert würden, ohne dass Handlungs-
empfehlungen zur SDL-gemäßen Gestaltung ableitbar seien.249 Auch die in der SDL
untergeordnete Rolle physischer Güter würde deren tatsächlichen Bedeutung als
Wertträger kaum gerecht.250 Ebenso wird die Rolle von Lieferanten und damit auch
die Beschaffungsperspektive in der SDL kaum behandelt.251 Diese Aspekte werden,
um die Probleme, denen sich Anbieter von Leistungsbündeln (wie in PBC) in der
Leistungserbringung gegenübersehen, nun vertieft.
2.2.4.2 Leistungserbringung aus Sicht der Service-dominant Logic
Bei den grundlegenden Hinweisen zur Adaption der SDL in die Unternehmensstrate-
gie zeigt sich zwar grundlegend ein starker Marketingfokus, allerdings haben mittler-
weile einige Autoren auch die Implikationen aus Sicht der Leistungserbringung unter-
sucht.252 Ausgehend von den in Abschnitt 2.1.3 entwickelten Aspekten, soll im fol-
pean Journal of Marketing, 2011, Jg. 45, H. 7-8. Zur ursprünglichen Ausrichtung der SDL auf
Marketingfragen vgl. Vargo/ Lusch (2004), S. 5, oder Vargo/ Lusch (2008c), S. 29. Anwendungs-
beispiele der SDL außerhalb des Marketings sind z. B. Ng et al. (2009a), Glenn Richey et al.
(2010), Randall et al. (2010), Yazdanparast et al. (2010), Lusch (2011), oder Tokman/ Beitelspa-
cher (2011).
246
Vgl. insbesondere O’Shaughnessy/ O’Shaughnessy (2011), S. 1312 ff. , zudem Ballantyne et al.
(2011), S. 179.
247
Vgl. Vargo/ Lusch (2008b), S. 9.
248
Vgl. O’Shaughnessy/ O’Shaughnessy (2011), S. 1312 ff.
249
Vgl. Lovelock/ Gummesson (2004), S. 20, ähnlich Grönroos/ Ravald (2011), S. 6.
250
Vgl. Kowalkowski (2010), S. 286.
251
Vgl. Glenn Richey et al. (2010), S. 73, Ford/ Mouzas (2010), S. 3, sowie Ford (2011), S. 238.
Dies gilt, obwohl deren Rolle auch in den „Foundational Premises“ durchaus gewürdigt wird.
252
Zu den Hinweisen für die Unternehmensstrategie vgl. Vargo/ Lusch (2004), S. 5.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 57
genden Abschnitt der Erklärungsbeitrag der SDL für die Leistungserbringung allge-
mein sowie für Beschaffung und Lieferantenmanagement im Speziellen kritisch ana-
lysiert werden.
Als Kernaspekt der Leistungserbringung wird üblicherweise ein Transformations- bzw.
Herstellungsprozess auf Basis von (materiellen) Inputfaktoren gesehen, dessen Er-
gebnisse einen Mehrwert darstellen sollen. Die SDL unterscheidet jedoch Produkti-
ons- und Wertschöpfungsprozesse und stellt Produktionsprozesse als Herstellpro-
zesse physischer Güter lediglich als einen Teilaspekt der Wertschöpfung dar. 253 Die
eigentliche Wertschöpfung findet nach der SDL erst durch die Nutzung einer Leis-
tung (z. B. eines Gutes) durch den Abnehmer statt. Die häufig (produkti-
ons)technische Ausrichtung von Güterherstellern muss daher durch eine stärkere
Kundenorientierung, z. B. engere Einbindung des Abnehmers in Entwicklungs- oder
Produktionsprozesse, ersetzt oder ergänzt werden.
Die starke Fokussierung auf die gemeinsame Wertschöpfung zwischen Abnehmer
und Anbieter wird auch in den Teilaussagen der SDL als dominierende Veränderung
der Wertschöpfung angesehen.254 Die Veränderung gegenüber der Güterherstellung
ist hier besonders groß; aber auch die Dienstleistungserbringung, die ja die Integrati-
on eines externen (Abnehmer-)Faktors vorsieht, geht hier nicht so weit, als dass die
Wertschöpfung ausschließlich in Interaktion mit dem Abnehmer erfolgen würde.
Durch den starken Interaktionsfokus wird auch die Bedeutung des Anbieters in der
Leistungserbringung reduziert. In den traditionellen Rollen als Hersteller oder Dienst-
leister war deren Position deutlich ausgeprägter, der Abnehmer spielte lediglich eine
Nebenrolle. Dies ändert sich nach der SDL hier stellt der Anbieter nur seine Fähig-
keiten und ggf. weitere Ressourcen, z. B. die seiner Lieferanten, zur Verfügung, um
Nutzen für den und gemeinsam mit dem Abnehmer zu generieren.255
Die starke Kundenorientierung wirkt sich gleichsam auf die Betrachtungsebene der
Wertschöpfungsstrukturen aus. Hierarchische Modelle wie die Supply Chain spielen
eine eher geringe Rolle, dafür wird die vielschichtigere Netzwerkperspektive vorge-
schlagen.256 Als Verbindungen zwischen den Unternehmen werden dabei enge, in-
tensive und ggf. kooperative Beziehungen angenommen. In diesen Beziehungen
253
Vgl. hierzu sowie in der Folge Vargo/ Lusch (2006), S. 284, Lusch et al. (2010), S. 21, und Grön-
roos/ Ravald (2011), S. 7.
254
Vgl. Cova/ Salle (2008), S. 276, Yazdanparast et al. (2010), S. 389, und Aarikka-Stenroos/ Jaak-
kola (2012), S. 22.
255
Vgl. Grönroos/ Ravald (2011), S. 15, ähnlich Aarikka-Stenroos/ Jaakkola (2012), S. 17, speziell
zur Rolle der Lieferanten außerdem Lusch et al. (2010), S. 20.
256
Vgl. Vargo/ Lusch (2008b), S. 5, und Lusch (2011), sowie ausführlich 3.1.3.1.
58 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
257
Zur Annahme kooperativer Beziehungen Lusch et al. (2010), S. 21, Yazdanparast et al. (2010), S.
393, zur Bedeutung von Information und Kommunikation außerdem Vargo/ Lusch (2004), S. 9.
258
Vgl. Tokman/ Beitelspacher (2011), S. 723, und Ng et al. (2009a), S. 381.
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 59
Aus der Tabelle ist bereits ersichtlich, dass die Aussagekraft der SDL für die Ausge-
staltung der Leistungserbringung meist zu abstrakt ist. Nachdem im vorherigen Un-
terabschnitt große Schnittmengen zwischen SDL und PSS erkannt wurden, sollen
nun die SDL-Grundaussagen auch kritisch für die PSS-Leistungserbringung analy-
siert werden.
Zur SDL-FP1, Dienstleistungen seien der fundamentale Austauschmechanismus,
lässt sich in Hinblick auf PSS feststellen, dass diese auch dort eine deutlich wichtige-
re Rolle spielen als im reinen Investitionsgütergeschäft. Gleichwohl bezeichnet die zu
PSS führende Servitization die Entwicklung, Güter zunehmend mit Dienstleistungen
zu Leistungsbündeln kombinieren, nicht aber, dass die Dienstleistungen die dominie-
rende Funktion einnehmen. Dies spiegelt sich auch in der PSS-Typisierung wider,
bei denen je nach Typ eine mehr oder minder starke Produkt- oder Dienstleistungs-
ausprägung vorliegt. PSS durchgehend als reine Dienstleistungen zu bezeichnen, ist
daher nicht haltbar.
In eine ähnliche Richtung argumentiert auch die SDL-FP2, nach der indirekte Aus-
tauschmechanismen oftmals den Dienstleistungskern verdecken. Diese Aussage ist
auch für PSS grundsätzlich zu bejahen, da diese zunächst häufig um ein Produkt
259
Quelle: in enger Anlehnung an Alter (2010), S. 103–107, mit Anleihen von Vargo/ Lusch (2008b),
S. 7. Die FP 9 und 10 sind von Alter nicht untersucht worden, da sie erst später zu den SDL-
Grundsätzen hinzugefügt wurden.
60 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
herum entwickelt werden, für das ggf. neue Vergütungsansätze genutzt werden (z. B.
„Pay-per-use“). Beides stellt im SDL-Verständnis indirekte Austauschmechanismen
dar, die eigentlich, wie auch bei PSS betont, zur Lösung eines spezifischen Kunden-
problems dienen sollen. Nach Ansicht der SDL repräsentiert demnach die Prob-
lemlösung für den Kunden die eigentliche Dienstleistung. PSS dagegen betonen wei-
ter die Rolle von Gütern.
Nach der SDL-FP3 sind Güter „nur“ Distributionsmechanismen für Dienstleistungen.
Zwar kann auch dies bei Betrachtung von PSS nicht verneint werden. Es sollte je-
doch zunächst Beachtung finden, dass Produkte (also Güter) in den meisten PSS
noch eine zentrale Rolle spielen und trotz der Lösungsorientierung in den seltensten
Fällen ein PSS ohne Güteranteil vorstellbar ist. Auch die Entstehung von PSS aus
der Investitionsgüterindustrie hieraus lässt zweifelhaft erscheinen, ob Güter tatsäch-
lich eine derart untergeordnete Rolle spielen. Zuletzt würde diese rein distributive
Funktion von Gütern auch außer Acht lassen, dass viele PSS v. a. deshalb als
Dienstleistungen verstanden werden, weil die PSS-Erbringung dies im klassischen
Verständnis von Dienstleistungen nahelegt (z. B. interaktive Leistungserbringung,
fehlender Eigentumsübergang). Tatsächlich aber sind zahlreiche PSS ohne Güteran-
teile nicht denkbar. Dies nach der SDL als reinen Distributionsmechanismus zu be-
werten, wird dieser Rolle mithin kaum gerecht.
Die Ausführungen zu PSS haben veranschaulicht, dass deren Erbringung viele neue
Fähigkeiten bzw. Expertenwissen, z. B. im Bereich der Koordination, erfordert und
diese Fähigkeit für Systemintegratoren sogar als zentrale Kernkompetenz und nicht
mehr die Herstellung einzelner Komponenten, Subsysteme etc. oder deren Montage
genannt wurde. Somit lässt sich die SDL-FP4, „Operante Ressourcen“ wie Wissen
und Fähigkeiten seien der Schlüssel zu Wettbewerbsvorteilen, zunächst bestätigen.
Tatsächlich lässt sich erkennen, dass auch die Herstellung der in PSS benötigten
Güteranteile eine Anwendung spezialisierter Produktionskompetenzen erfordert. Ein-
schränkend ist jedoch zu bedenken, dass auch die im Produktionsprozess verwende-
ten Güter gewisse Eigenschaften (Qualitätsanforderungen wie Haltbarkeit, Beschaf-
fenheit etc.) aufweisen müssen. Diesen Aspekt lediglich auf die Wissensanwendung
der Hersteller zu begrenzen, der die Güter (bzw. Materialien) nur in der richtigen
Qualität zu beschaffen hätte, reduziert wiederum die Bedeutung von Güteranteilen zu
stark.
Die Adaption der SDL-FP5 auf die PSS-Leistungserbringung scheint aufgrund der
ursprünglich verstärkt volkswirtschaftlichen Ausrichtung eher problematisch. Fokus-
siert man indes auf den in diesem Grundsatz erwähnten Aspekt der Spezialisierung,
kann man einige Bezüge erkennen. Insbesondere die Annahme, dass PSS die Fä-
higkeiten eines Unternehmens übersteigt und so die Einbindung zahlreicher (spezia-
Konvergenz von Produkten und Dienstleistungen 61
260
Vgl. hierzu jeweils Lockett et al. (2011), S. 296, bzw. Petrick (2007), S. 247.
261
Vgl. Fassnacht (1996), S. 111. Als Spezifikation wird dabei die Beschreibung einer gewünschten
Leistung verstanden, vgl. Burt et al. (2010), S. 121 ff.
262
Vgl. Ng et al. (2009a), S. 378.
62 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
263
An dieser Stelle sei zunächst allgemein auf die Arbeiten der IMP Group hingewiesen, die diesen
Aspekt Anfang der 1980er-Jahre in den Fokus ihrer Arbeit legten, vgl. Hakansson (1982), S. 1,
sowie Unterabschnitt 3.4.3.1. Eine vergleichende Analyse von IMP und SDL nimmt Ford (2011),
vor.
264
Vgl. Lindberg/ Nordin (2008), S. 292. Dabei wird keine Perspektive genannt, es könnte also in
Anlehnung an Abbildung 3 sowohl das Beschaffungsverhältnis zwischen Abnehmer und Anbieter,
aber ebenso zwischen Anbieter und Lieferant etc. betrachtet sein.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 63
rations Management ebenso wie dessen Teilaspekt der Beschaffung. 265 Tatsächlich
sollte trotz der grundsätzlichen Richtigkeit bzw. Nicht-Falsifizierbarkeit der SDL bez.
Nutzen- und Ergebnisorientierung nicht vernachlässigt werden, dass greifbare Res-
sourcen wie Güter, fest definierte Leistungen und Prozesse nicht nur eine Berechti-
gung haben, sondern Fundamente in Austauschbeziehungen darstellen. 266 Hier sei
auch erneut an die allgemeine Kritik hinsichtlich der SDL erinnert, welche die fehlen-
de Messbarkeit der SDL als klares Defizit anmerkt. Gerade für diese Probleme bieten
sich ergebnisorientierte Vertragskonzepte mit leistungsbasierter Vergütung an, die im
nächsten Unterkapitel erläutert werden.
Der Beitrag der SDL liegt darin, auch für die Bereiche der Leistungserbringung die
Perspektive stärker auf die tatsächlichen Kundenbedürfnisse auszurichten und ggf.
alternative Ansätze zur Leistungserbringung zu entwickeln bzw. die bisherigen stär-
ker am tatsächlichen Kundennutzen auszurichten. Die Bezugnahme zu PSS ermög-
licht hierbei eine Konkretisierung der Probleme. Dessen ungeachtet wurde bei der
Betrachtung der Herausforderungen in der PSS-Leistungserbringung deutlich, dass
wie bei der SDL, die Vermarktungsperspektive, spezieller die Anbieter-Abnehmer-
Beziehung, im Forschungsfokus stand. Wesentlichster Unterschied ist die Sichtweise
von Gütern, die in PSS durchaus eine zentrale, in der SDL indes eine eher unterge-
ordnete Rolle einnehmen. Dazu gehört auch der inhärente Beziehungsfokus der SDL.
So lässt sich festhalten, dass sowohl PSS als auch SDL Anbieterunternehmen in ei-
ner integrierenden und koordinierenden Rolle sehen, primär aber die Dyade zwi-
schen Anbieter und Abnehmer (gemäß der Einordnung in Abbildung 3, Unterkapitel
1.2) betrachten. Wie allerdings die dazu benötigten Teilleistungen durch die Anbieter
zu beschaffen und die sich daher ergebenden Lieferantenbeziehungen zu gestalten
sind, ist bisher kaum untersucht. Inwieweit hier thematische Anleihen im Bereich er-
gebnisorientierter Vertragskonzepte möglich sind, wird im nächsten Unterkapitel be-
leuchtet.
2.3 Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaf-
fungskonzept
Bereits in vorhergehenden Ausführungen zu Konvergenz von Gütern und Dienstleis-
tungen wurden ergebnisorientierte PSS als besonders kundenorientierte Konzept-
form vorgestellt. Ihre fundamentalen Ideen jedoch sind weder grundsätzlich neu noch
auf PSS beschränkt. Tatsächlich haben sich in vielen Bereichen ergebnisorientierte
265
Zu dieser Einschätzung vgl. Lusch et al. (2010), S. 29, Grönroos/ Ravald (2011), S. 7, und Lusch
(2011), S. 16.
266
Kritische Anmerkungen in dieser Richtung finden sich bei Alter (2010), S. 110, sowie Ballantyne
et al. (2011), S. 180, ähnlich auch Randall et al. (2011), S. 342.
64 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
267
Vgl. Buse et al. (2001), S. 3, Berkowitz et al. (2004), S. 256, Mast (2004), S. 17, und Mahon
(2007), S. 55.
268
Vgl. Stremersch et al. (2001), S. 7, ebenso Caldwell/ Settle (2011), S. 151. Dazu kommt steigen-
der Kostendruck aufgrund der Globalisierung, vgl. Kratz (2001), S. 1, Berkowitz et al. (2004), S.
260, sowie CAPS Research (2004). Speziell für öffentliche Abnehmer ergab sich die Herausfor-
derung, immer höhere Leistungsanforderungen bei sinkenden oder maximal konstanten Budgets
zu erfüllen, vgl. Beggs et al. (2006), S. 1, Wall (2011), ähnlich Bartle/ LaCourse Korosec (2003),
S. 194.
269
Zu frühen Forderungen nach ergebnisorientierter Beschaffung von Dienstleistungen vgl. Schon-
berger (1980), S. 27, Zeithaml (1981), S. 189, oder Baker/ Faulkner (1991), S. 42.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 65
270
Vgl. CAPS Research (2003), S. 10, allgemeiner Glas et al. (2010), S. 6, oder Howard/ Caldwell
(2011), S. 11.
271
Vgl. Berkowitz et al. (2004), S. 260, Hypko et al. (2010a), S. 471 f., oder Randall et al. (2010), S.
35.
272
Vgl. hierzu und in der Folge Cohen et al. (2006), sowie Pawar et al. (2009), S. 484.
273
Vgl. zunächst Foliente (2000), S. 13, der ähnliche Prinzipien bereits im alten Babylonien festge-
stellt hat. Ergebnisorientierte Verträge für Maschinen werden danach im Zeitalter der Dampfma-
schine etwa im 18. Jahrhundert eingeordnet, wo Abnehmer nicht mehr die Maschine beschafften,
sondern bspw. pro Kubikmeter Dampf, vgl. Weddeling (2010), S. 26, ähnlich Ng/ Yip (2009), S. 3,
oder Hypko et al. (2010b), S. 626 f.
274
Zur Historie hierzu vgl. zunächst Ng et al. (2009b), S. 9, Ng et al. (2009a), S. 380, sowie als bei-
spielhafte Publikationen Hamrin (1972), oder Mecklenburger (1973).
275
Vgl. Belz/ Wuensche (2007), S. 3 f., Ng/ Nudurupati (2010), S. 656, Hypko et al. (2010b), S.
627 f., oder Cohen (2012), S. 4814.
66 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Luftfahrt kommt der Ansatz zum Einsatz.276 Gleichwohl hat auch der öffentliche Sek-
tor verstärkt darauf zurückgegriffen, sowohl im zivilen als auch im militärischen Be-
reich.277
Zuletzt lässt sich auch in der Forschung seit einigen Jahren ein stark steigendes Inte-
resse an dem Themenfeld feststellen, wenn auch noch umfassende Lücken existie-
ren.278 Ein wesentliches Defizit ist darin zu sehen, dass die Thematik bisher v. a. aus
Marketingsicht untersucht wurde.279 Aspekte der Leistungserbringung sowie aus Be-
schaffungsperspektive sind dagegen noch kaum beleuchtet.280
Auch eine einheitliche Definition liegt noch nicht vor. Bisher bildete sich keine einheit-
liche Definition heraus, oder die Definitionen umfassten keine tatsächlich konstituti-
ven Merkmale.281 Ergebnisorientierte Verträge im rechtlichen Sinne sehen beispiels-
weise vor, dass ein Anbieter einer (Dienst-)Leistung lediglich ein Anrecht auf Vergü-
tung hat, wenn er auch das im Rahmen einer Transaktion geschuldete Ergebnis leis-
tet.282 Im vorgehend erarbeiteten Verständnis von Dienstleistungen und insbesonde-
re Leistungsbündeln gehen ergebnisorientierte Verträge jedoch weiter. Statt die Sys-
tembeschaffung (eines Gutes) und dessen Erhalt durch Dienstleistungen entlang des
Lebenszyklus zu trennen, wird das vom Kunden durch den Erwerb eines Gutes er-
wünschte Leistungsergebnis (engl. „Performance“) zum Inhalt der Verträge (engl.
„Contracts bzw. „Contracting“) gemacht. Diese umfassen dann nicht mehr entweder
276
Für die Nutzung ergebnisorientierter Verträge im Maschinen- und Anlagenbau vgl. Hünerberg/
Hüttmann (2003), S. 729, Präuer (2004), S. 4, Lay (2007), S. 140, Hypko et al. (2010a), S. 465,
sowie Koll (2010), S. 54. Zur Luftfahrt vgl. Ahlstrom/ Nordin (2006), S. 78, Phillips (2008), S. 74,
Ng/ Yip (2009), S. 2, sowie Hypko et al. (2010b), S. 627 u. 654.
277
Für empirische Daten im zivilen öffentlichen Sektor in den USA vgl. Lawther (2003), S. 170, wei-
tere Beispiele sind z. B. öffentlicher Nahverkehr, vgl. Stenbeck (2008), S. 265, oder Hensher/
Stanley (2010), S. 519, oder die Finanzierung von Straßenbau, vgl. Sánchez Soliño/ Vassallo
(2009), S. 26. In den USA sind ergebnisorientierte Vertragskonzepte unter dem Begriff „Perfor-
mance-based Logistics“ sogar die bevorzugte Beschaffungsmethode des Verteidigungsministeri-
ums (als Abnehmer), vgl. allgemein Camm et al. (2004), S. 9, Defense Acquisition University
(2005), S. 2 f., Buchanan/ Klingner (2007), S. 301, und Geary/ Vitasek (2008), S. 1. Im Jahr 2005
waren demnach bereits über 50 % der waffensystembedingten MRO-Beschaffungen über ergeb-
nisorientierte Verträge kontrahiert, vgl. Cipicchio (2006), S. 1.
278
Bezüglich des zunehmenden Interesses vgl. Hypko et al. (2010b), S. 626, und Selviaridis (2011),
S. 517. Die Forschungslücke konstatieren z. B. Kim et al. (2007), S. 1844, Ng/ Ding (2010), S. 8,
oder Weddeling (2010), S. 36 und 199.
279
Vgl. Buse et al. (2001), S. 2, ähnlich Hypko et al. (2010a), S. 465.
280
Vgl. Ng et al. (2009a), S. 380, und Hypko et al. (2010b), S. 637.
281
Vgl. Martin (2003), S. 93 f., Berkowitz et al. (2004), S. 256, Gruneberg et al. (2007), S. 695, Hyp-
ko et al. (2010b), S. 630, sowie Weddeling (2010), S. 24–26. Die Begriffsvielfalt wird in Unterab-
schnitt 2.3.1.4 weiter ausgeführt.
282
Zur juristischen Betrachtung allgemein vgl. Fikentscher/ Heinemann (2006), S. 610, für die Beur-
teilung aus Dienstleistungssicht vgl. zudem Nagengast (1997), S. 8.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 67
283
Zur Ausrichtung am Lebenszyklus bzw. Zusammenführung von Güter- und Dienstleistungsbe-
schaffung in ein ergebnisorientiertes Dienstleistungsbündel vgl. u. a. Kleikamp (2002), S. 21,
Berkowitz et al. (2004), S. 258, oder Devries (2004), S. 244. Zum Leistungsergebnis vgl. zu-
nächst u. a. Behn/ Kant (1999), S. 473, Kleikamp (2002), S. 24–26, oder Kim et al. (2010), S.
1552.
284
Der Terminus „leistungsvariable Vergütung“ wird durch „Leistungsvergütung ersetzt. Zur Verwen-
dung des Begriffs „PBC“ in der Literatur vgl. exemplarisch Hypko et al. (2010b), S. 630, Selviari-
dis (2011), S. 516, sowie die Ausführungen in 2.3.1.4.
285
Zur transaktionsübergreifenden Betrachtung vgl. Vitasek/ Geary (2008), S. 63, sowie 2.3.1.1. Zur
Verknüpfung von Leistungsergebnis und Anbietervergütung vgl. u. a. Buse et al. (2001), S. 5 f.,
Freiling (2003), S. 32 f., oder Glas et al. (2010), S. 5.
286
Vgl. Caldwell et al. (2009), S. 178, ähnlich Cohen (2012), S. 4815.
287
Vgl. u. a. Buse et al. (2001), S. 9, Freiling (2004), S. 686, oder Straub (2007), S. 140. Einige Au-
toren gehen sogar davon aus, dass PBC eine Leistungsgarantie darstellt, vgl. Brown/ Burke
(2000), S. 897, Buchanan/ Klingner (2007), S. 307 f., oder Hypko et al. (2010a), S. 477.
288
Zur Interessensangleichung in PBC vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 3, zur Bedeutung der Interes-
sensangleichung in Wertschöpfungsstrukturen allgemein Lee (2004), S. 105. Zur größeren Frei-
heit in der Leistungserbringung vgl. u. a. Gruneberg et al. (2007), S. 697, Kim et al. (2007), S.
1844, oder Ng/ Yip (2009), S. 1.
68 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
289
Vgl. hierzu spezifisch für PBC als Lösungsmechanismus der MRO-Interessensabweichung
Johnstone et al. (2008), S. 528.
290
Vgl. Buse et al. (2001), S. 3.
291
Vgl. Ng/ Nudurupati (2010), S. 659.
292
So existieren z. B. Unternehmenskooperationen bei der Beschaffung homogener Güter und
Dienstleistungen, vgl. Eßig (1999), S. 154, oder der Erbringung industrieller Dienstleistungen, vgl.
Hartel (2004), S. 194, ohne dass diese notwendigerweise ergebnisorientiert ablaufen. Risikover-
schiebung ist dagegen ein zentraler Aspekt des „Just-in-time“-Steuerungskonzepts für Wert-
schöpfungsketten, vgl. Frazier et al. (1988), S. 55, in Verbindung mit Gadde/ Hakansson (1994),
S. 32.
293
Zum Eigentumsübergang vgl wie vormals erwähnt Rathmell (1966), S. 33, Lovelock/ Gummesson
(2004), S. 34, sowie Huang et al. (2009), S. 409. Der Aspekt Kostensenkung bzw. Leistungsstei-
gerung findet sich in der Definition von Beggs et al. (2006), S. 2.
294
Zur Kritik an den vorhandenen PBC-Definitionen vgl. wiederum Weddeling (2010), S. 24–26, so-
wie zur Definition von PBC über die genannten Kernaspekte Berkowitz et al. (2004), S. 258,
Straub/ van Mossel (2005), S. 991, Kim et al. (2007), S. 1843, Glas et al. (2010), S. 7, Kim et al.
(2010), S. 1552, Weddeling (2010), S. 27, oder Selviaridis (2011), S. 515.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 69
te werden nun noch einmal vertieft betrachtet, bevor eine Abgrenzung von PBC ge-
genüber ähnlichen Konzepten vorgenommen wird.
2.3.1.1 Ergebnisorientierung als primäres konstitutives PBC-Merkmal
Den Kernaspekt von PBC bildet der Fokus auf ein transaktionsübergreifendes Leis-
tungsergebnis. Dieser Aspekt wird im Folgenden durch eine vergleichende Analyse
am Beispiel von Beratungs- und MRO-Dienstleistungen erläutert. Erstere sind typisch
für immaterielle, wissensintensive Dienstleistungen, Zweitere für produktbegleitende
Dienstleistungen, wie sie auch in PBC häufig vorkommen dürften (siehe hierzu auch
den Sachleistungsbezug in Unterabschnitt 2.3.1.3).
Grundlegend ist das Leistungsergebnis das Ergebnis der Leistungserbringung auf
Basis spezifischer Produktions- bzw. Inputfaktoren. Viele traditionelle Dienstleis-
tungsverträge beruhen noch auf dieser Größe, indem die zur Leistungserbringung
notwendigen Ressourcen Vertragsinhalt sind, z. B. Abrechnungsstunden von Mitar-
beitern im Rahmen eines Beratungsprojektes oder im MRO-Bereich für eine unge-
plante Reparaturmaßnahme. 295 Zwar erwartet auch hier der Abnehmer, eine be-
stimmte Leistung im Sinne eines Ergebnisses zu erhalten. Grundlage der Anbieter-
vergütung und damit maßgeblich ist indes der Ressourcenaufwand.
Dem ähnlich ist ein prozessbasierter Vertragsansatz, in dem zwischen Anbieter und
Abnehmer vereinbart wird, welche Tätigkeiten im Rahmen des Leistungserstellungs-
prozesses zu leisten sind (aber nicht zwingend mit welchen Ressourcen).296 Im ge-
wählten Beispielfeld der Beratungsdienstleistungen wäre dies z. B. die Abarbeitung
eines aufgabenspezifischen Projektplans, bei MRO-Dienstleistungen eine Instandhal-
tungsmaßnahme anhand eines Lastenheftes oder einer Vorgehensbeschreibung.
Die erste Messgröße für Dienstleistungsprozesse mit Ergebnisfokus ist das „Output“.
Es kann als quantitatives Ergebnis eines einzelnen Leistungsprozesses und damit
analog zur Produktion von Gütern als „Ausbringungsmenge“ angesehen werden.297
Für Beratungsdienstleistungen offenbart sich dabei das Problem, das immaterielle
Leistungsergebnis, z. B. ein Konzept oder eine Präsentation, sinnvoll zu bewerten.
Im MRO-Bereich könnte dies eine Anbietervergütung unabhängig von den notwendi-
gen Ressourcen bedeuten, etwa einen festen Vergütungssatz pro Reparatur.
295
Vgl. Lehmann (1995), S. 29, van Looy et al. (1998), S. 366, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 147 ff.,
Gössinger (2003), S. 2, oder Grönroos/ Ojasalo (2004), S. 414.
296
Vgl. Lehmann (1995), S. 29, van Looy et al. (1998), S. 359, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 144 f.,
und Schalock/ Bonham (2003), S. 230.
297
Vgl. Lehmann (1995), S. 29, Corsten (2001), S. 141, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 145 f., Gös-
singer (2003), S. 4, Schalock/ Bonham (2003), S. 230, oder Grönroos/ Ojasalo (2004), S. 418.
70 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
298
Vgl. de Bruijn (2002), S. 580, Schalock/ Bonham (2003), S. 230, Gössinger (2003), S. 4, oder
Grönroos/ Ojasalo (2004), S. 414.
299
In der englischsprachigen Forschung wird dies auch als „functional value“ oder „value in
use“ bezeichnet. Vgl. Markeset/ Kumar (2005), S. 56, Ng/ Yip (2009), S. 8, sowie Macdonald et al.
(2011), S. 671.
300
Vgl. Czerniawska (2002), S. 10.
301
Vgl. hierzu zunächst für eine Übersicht Weddeling (2010), S. 25, oder Glas (2012), S. 49.
302
Vgl. zu Definition und Einsatzfeldern Schubert (2003), S. 95, Holzer et al. (2007), S. 377, sowie
Fleßa (2010), S. 87.
303
Vgl. Schröer/ Sigmund (2012), S. 95. Zur Einordnung bzw. Abgrenzung von Anbieter, Abnehmer
und Endkunde siehe auch Abbildung 3.
304
Vgl. z. B. So/ Tang (2000), Honore et al. (2004), oder Ng et al. (2009a).
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 71
sein, eine verlässliche Abgrenzung legen diese jedenfalls nicht vor. 305 Die Verbin-
dung zu PBC bildet viel eher die Stufigkeit der Begriffe: während Outcome ein (ge-
wünschtes) Leistungsergebnis allgemein bezeichnet, ist „Performance“ als Grad der
Zielerreichung bzw. als erreichte Leistung in Hinblick auf das Leistungsergebnis zu
verstehen.306 Um den Zielerreichungsgrad zu messen, werden Kennzahlen bzw. eine
Schlüsselkennzahl vorgeschlagen, die das Leistungsziel des PBC-Abnehmers zum
Inhalt hat (im Folgenden: „Ergebnisindikator).307
Auf Grundlage der Ergebnisorientierung in PBC, die sich aus einem angestrebten
Kundennutzen ableitet, haben sich zunächst einige grundlegende Kategorien für die-
se Ergebnisindikatoren herausgebildet. Diese richten sich unterschiedlich stark an
einem tatsächlichen Kundennutzen aus.308
x Verfügbarkeitsorientierung: 309 Hier wird eine prozentuale Verfügbarkeit eines
Leistungsbündels als Schlüsselkennzahl festgelegt, deren Unterschreiten ggf.
Pönalien, deren Überschreiten aber evtl. die Gewährung einer Anreizprämie
nach sich zieht. Die Ergebnisorientierung gilt dabei insofern als nur bedingt, da
die Verfügbarkeit einer Lösung an sich meist noch keinen optimalen Mehrwert für
den Kunden schafft. Als Beispiel sei hier eine Produktionsanlage genannt, die
dem Abnehmer lediglich zur Verfügung steht. Zwar liegt in der Verfügbarkeitsga-
rantie auch ein Mehrwert. Tatsächlich generiert die Anlage aber einen höheren
Wertzuwachs, wenn sie z. B. Produkte für die Kunden des Abnehmers herstellt,
nicht aber, wenn sie „nur“ verfügbar ist.
305
Siehe z. B. Ng/ Nudurupati (2010), S. 659. Diese konstatieren, dass Autoren, die PBC als Begriff
nutzen, dazu tendieren, “to give the term an ‚inside-out‘ view with a strong provider focus. The
term OBC denotes a more ‘outside-in‘ approach without explicitly stating the responsibility for the
outcomes which could be attributable to both firm and customer performances”. Allerdings wird
keine weitere Fundierung oder Erklärung vorgelegt. Auch hat sich die hier geäußerte Ansicht
nicht durchgesetzt, weshalb PBC und OBC im Verlauf der Arbeit als synonym betrachtet werden.
306
Zum hier vorgebrachten Zusammenhang von Performance und Outcome vgl. Baily et al. (2008),
S. 423, Geary/ Vitasek (2008), S. 90, ähnlich auch Ng/ Yip (2009), S. 3. Dabei ist auch der Begriff
„Performance“ wiederum nicht einheitlich belegt, vgl. nochmals Krause (2006), S. 17, ergänzend
Glas (2012), S. 16.
307
Vgl. hierzu Geary/ Vitasek (2008), S. 113, in Verbindung mit Berkowitz et al. (2004), S. 263,
Straub/ van Mossel (2005), S. 995, und Selviaridis (2011), S. 523.
308
Zu dieser Dreiteilung vgl. Weddeling (2010), S. 25, der sich dabei auf die Potenzial-, Prozess-
und Ergebnisorientierung von Dienstleistungen nach Hilke (1989), S. 10–13, beruft; weiterhin
Glas (2012), S. 49, ähnlich Lay et al. (2003), S. 10. Ergänzend zu den folgenden Beschreibungen
sowie zum verwendeten Beispiel der Produktionsanlage vgl. Wiendahl/ Harms (2001), S. 324 f.,
Freiling (2003), S. 32 f., Mast (2004), S. 19, und Lay (2007), S. 33.
309
Vgl. Meier et al. (2010), S. 609, dazu Tukker (2004), S. 248 f. Für eine Definition von Verfügbar-
keit in diesem Zusammenhang vgl. außerdem Defense Acquisition University (2005), S. 2–5.
72 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
310
Vgl. Tukker (2004), S. 248 f., ähnlich Meier et al. (2010), S. 609; für eine Definition von Nut-
zungseinheiten vgl. zudem Defense Acquisition University (2005), S. 2–5.
311
Vgl. Tukker (2004), S. 248 f., sowie Meier et al. (2010), S. 609.
312
Solche Konzepte finden sich z. B. unter dem Namen „Pay-on-Production“ in der Maschinenbau-
branche, vgl. zunächst Meier (2004a), S. 395, sowie ausführlicher Unterabschnitt 2.3.1.4.
313
Vgl. Freiling (2004), S. 687, Wynne (2004), S. 2, Ng et al. (2009a), S. 382, sowie Weddeling
(2010), S. 201.
314
Vgl. Doerr et al. (2005), S. 167.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 73
kommt auch nicht jedes Leistungsbündel für PBC infrage bzw. ist PBC nicht immer
die zweckmäßigste Lösung.
Die Wirtschaftlichkeitsberechnung gibt weiterhin Hinweise darauf, wo der Abnehmer
durch die Beschaffung eines Leistungsbündels einen zusätzlichen Nutzen anstrebt
oder erwartet. Nicht immer kann der tatsächliche Kundennutzen direkt gemessen
werden. 315 Deshalb werden PBC-Schlüsselkennzahlen in den oben beschriebenen
Kategorien (Verfügbarkeit, Nutzung und Ergebnis) herangezogen, um den Kunden-
nutzen näherungsweise oder indirekt abzubilden. Dennoch wird die Festlegung der
passenden KPI(s) als grundlegende Schwierigkeit in PBC angesehen, mit dem ho-
hen Risiko, dass sich Fehler dauerhaft negativ auf die Vertragsbeziehung auswirken
oder sogar zu deren vorzeitigen Beendigung führen.316
Nichtsdestotrotz sollte hier nicht außer Acht gelassen werden, dass die Definition
geeigneter Kennzahlen auch in anderen Dienstleistungsbereichen, die nicht den
PBC-Prinzipien folgen, eine große Herausforderung birgt.317 Auf der anderen Seite
treffen auch „typische“ Probleme der Leistungsmessung von Dienstleistungen, wie in
Unterabschnitt 2.1.5.4 behandelt, auf PBC zu. So muss aufgrund der immanenten
Dienstleistungsorientierung von PBC die Einbindung und Leistungsbewertung des
externen Faktors, z. B. Mitarbeitern des Kunden, Berücksichtigung finden. Nach
Möglichkeit sollte folglich der gewählte PBC-KPI auch nur den vom Anbieter beein-
flussbaren Bereich messen.318
2.3.1.2 Leistungsvergütung als konstitutives PBC-Merkmal
Im vorherigen Abschnitt wurde bereits dargelegt, dass im PBC die vom Anbieter er-
reichte Performance als Basis von dessen Vergütung fungiert. Die Unterscheidung
der beiden Merkmale ist notwendig, da auch ergebnisorientierte Verträge existieren,
die nicht nach der erreichten Leistung, sondern leistungsunabhängig, z. B. für be-
stimmte Zeitabschnitte, mit festen Sätzen vergütet werden.319 In PBC dagegen wird
davon ausgegangen, dass zumindest Teile der Vergütung von der erreichten Leis-
tung abhängen.320
315
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 27.
316
Vgl. Straub/ van Mossel (2005), S. 995, Datta/ Roy (2011), S. 584, sowie Selviaridis (2011), S.
523. Diese stellen das Problem für die Anbieter-Abnehmer-Beziehung fest, lassen aber eine
Übertragung auf die Anbieter-Lieferanten-Beziehung offen.
317
Vgl. Allen/ Chandrashekar (2000), S. 27.
318
Vgl. Defense Acquisition University (2005), S. 3–18, oder Caldwell/ Settle (2011), S. 160.
319
Vgl. Kleikamp (2002), S. 28; siehe hierzu auch die Abgrenzungen in 2.3.1.4.
320
Vgl. hierfür zunächst Brown/ Burke (2000), S. 893, oder Glas (2012), S. 46.
74 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Dahinter steht die Idee, dass der Vergütungsmechanismus die Interessen von Anbie-
ter und Abnehmer annähert bzw. angleicht.321 Ausgehend davon, dass das Ziel der
Gewinnmaximierung angestrebt wird, muss also dem Anbieter ein wirtschaftlicher
Anreiz gegeben werden, die zusätzlichen Risiken der Ergebnisorientierung zu über-
nehmen und von den bisher angewandten, teilweise widersprüchlichen Anreizme-
chanismen im MRO-Bereich Abstand zu nehmen.322
Der Anreiz kann verschiedene Formen annehmen, wird überwiegend aber in den
verwendeten Vergütungsmodellen gesehen.323 Diese sollten so gestaltet sein, dass
die Risikoübernahme durch den Anbieter honoriert wird (z. B. höhere Gewinne) und
gleichzeitig Möglichkeiten zur Leistungssteigerung durch Investitionen lässt.324 Dies
setzt voraus, es dem Anbieter durch längerfristige Verträge überhaupt erst zu ermög-
lichen, Optimierungspotenziale zu identifizieren, diese ggf. durch Investitionen zu
nutzen und diese dann auch zu amortisieren.325 Das oberste Prinzip dabei lautet, die
Vergütung so an das vom Kunden gewünschte Leistungsergebnis zu knüpfen, dass
die Interessenlage von Anbieter und Abnehmer möglichst konvergiert.326 Strebt z. B.
ein Abnehmer einer Maschine eine möglichst hohe Verfügbarkeit eines Investitions-
gutes wie einer Produktionsanlage an, so könnte man die Anbietervergütung variabel
an die erzielte Verfügbarkeit (als Ergebnisindikator) in einem vereinbarten Zeitraum
binden und ggf. sogar zusätzliche Anreizprämien (auch: „Incentives“) für die Errei-
chung bestimmter Verfügbarkeitslevel gewähren.327 So hat der Anbieter einen ent-
sprechenden Anreiz, die höchstmöglichen Verfügbarkeiten zu erreichen, um seinen
Umsatz (und/oder Gewinn) zu maximieren. Bei einem Abnehmer, der dagegen eine
konstante Verfügbarkeit benötigt, sollte die Vergütung an eine möglichst stabile An-
lagenverfügbarkeit geknüpft werden.
321
Vgl. Sols et al. (2007), S. 41, Geary/ Vitasek (2008), S. 3, Frost & Sullivan (2009), S. 4, oder Ng/
Ding (2010), S. 7.
322
Das Ziel der Gewinnmaximierung wird zumindest für privatwirtschaftliche Unternehmen ange-
nommen, für öffentliche Organisationen, die in PBC v. a. in der Rolle der Abnehmer auftreten,
stehen dagegen eher Formalziele wie Nutzenmaximierung im Vordergrund, vgl. Brede (2001), S.
211–212, und Och (2007), S. 19 f. Zur Auflösung der Interessenswidersprüche in klassischen
MRO-Verträgen vgl. zudem Phillips (2005), S. 55, oder Ng/ Yip (2009), S. 3.
323
Vgl. Spring/ Araujo (2009), S. 454.
324
Vgl. Phillips (2005), S. 52, Glas et al. (2010), S. 6, sowie ausführlich Hünerberg/ Hüttmann (2003),
S. 727.
325
Vgl. Belz/ Wuensche (2007), S. 8 f., und Hughes et al. (2011), S. 67.
326
Vgl. Defense Acquisition University (2005), S. 3/20 f., Cohen et al. (2006), S. 134 f., oder Norr-
man (2008), S. 372.
327
Vgl. Berends (2000), S. 167 f., Sols et al. (2007), S. 41, oder Geary/ Vitasek (2008), S. 114 ff.
Allerdings sind die Incentives nicht zwingender Bestandteil von PBC-Lösungen, noch sind alle In-
centive-Verträge PBC, vgl. Beggs et al. (2006), S. 6, oder Kleemann et al. (2012), S. 158; zur An-
reizwirkung allgemein vgl. außerdem Laux (2006), S. 10.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 75
Das Merkmal der Leistungsvergütung hängt demnach eng mit der Ergebnisorientie-
rung zusammen. Dessen ungeachtet nimmt die Ergebnisorientierung eine überge-
ordnete Rolle ein und dient als notwendige Bedingung für PBC, da ohne Ergebnis-
orientierung auch keine Ausrichtung der Leistungsvergütung darauf möglich ist. Die
Leistungsvergütung stellt im Rahmen der PBC-Definition dagegen eine hinreichende
Bedingung dar und wird im Folgenden als Vergütung für die (Teil-)Erreichung eines
Leistungsziels aufgefasst.
Auch hier sind für die eigentliche Umsetzung in Verträgen (hier zunächst zwischen
PBC-Anbieter und -Abnehmer) zahlreiche Ausprägungen denkbar, die keinesfalls
einheitlich eingesetzt werden sollten. Vielmehr sollte der Vergütungsmechanismus
ebenfalls am Kundennutzen orientiert und somit eng mit der Schlüsselkennzahl ver-
knüpft sein.328 Gleichwohl muss in der Vergütung auch das Instrument zur Motivation
der Anbieterseite gesehen werden.329
Wie erwähnt, bedingt PBC oftmals einen massiven Risikotransfer vom Abnehmer
zum Anbieter. In vielen typischen PBC-Industrien ist die Anbietersituation jedoch kei-
neswegs als Käufermarkt einzuordnen, in dem die Abnehmer einen solchen Risiko-
transfer „diktieren“ könnten.330 Eher existieren auch auf Anbieterseite zahlreiche Vor-
behalte gegenüber PBC, z. B. gegen den erwähnten Risikotransfer. Dies muss durch
entsprechende (monetäre) Anreize ausgeglichen werden, wobei der Vergütung hier
die Schlüsselfunktion zukommt.331 Haupterfolgsfaktor ist folglich die Auswahl desje-
nigen Vergütungsmechanismus, der sowohl den Kundennutzen als auch die Anbie-
terziele ausreichend berücksichtigt und die jeweiligen Interessen, wie durch PBC
vorgesehen, angleicht.332
Für die Vergütungsmechanismen stehen eine Reihe von Preistypen zur Verfügung,
die sich allerdings an zwei Extremen eines Kontinuums festmachen lassen: auf-
wandsbezogene Preise auf der einen sowie „feste“, leistungsbezogene auf der ande-
ren Seite.333 Grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal ist hier der Grad der Unsi-
cherheit für bzw. Risikoübernahme durch den Anbieter (bzw. Abnehmer).334 Bei auf-
328
Vgl. Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 729, ähnlich Hypko et al. (2010b), S. 647.
329
Vgl. u. a. Buse et al. (2001), Präuer (2004), S. 223, oder Sols et al. (2007), S. 41.
330
Vgl. Miller et al. (1995), S. 365, Mast (2004), S. 19, sowie Howard/ Caldwell (2011), S. 7.
331
Zu den Vorbehalten auf Anbieterseite vgl. zunächst Freiling (2004), S. 680, konkreter Brost/ Leins
(2004), S. 88.
332
Vgl. Berends (2000), S. 167 f., Caldwell/ Settle (2011), S. 150 sowie 158, und Selviaridis (2011),
S. 524.
333
Vgl. zu dieser grundlegenden Unterscheidung u. a. Garrett (2005), S. 48, Straub/ van Mossel
(2005), S. 990 f., oder Baily et al. (2008), S. 240, ähnlich Burt et al. (2010), S. 357 ff., Caldwell/
Settle (2011), S. 153.
334
Diesen Zusammenhang findet man u. a. bei Kim et al. (2007), S. 1844, Ng/ Yip (2009), S. 3, oder
Monczka et al. (2010), S. 336.
76 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
wandsbasierten Preisen („Cost plus“) werden dem Anbieter die für die Leistungser-
bringung nachgewiesenen oder prognostizierten Aufwände bzw. Kosten erstattet und
zusätzlich ein absoluter oder prozentualer Gewinnzuschlag gewährt. 335 Als Vorteil
und bevorzugte Einsatzmöglichkeit dieses Preistyps wird die Risikoübernahme durch
den Abnehmer gesehen: gerade bei komplexen Entwicklungs- oder Produktvorhaben
wäre sonst ggf. kein Anbieter bereit, die durch die hohen Unsicherheiten entstehen-
den Risikopotenziale und damit den Auftrag zu übernehmen. Insbesondere wenn die
Kosten nicht gedeckelt, also auf eine bestimmte Maximalhöhe begrenzt oder der
Gewinn an die Höhe der Kosten geknüpft ist, besteht das Risiko, dass der Anbieter
völlig gegensätzlich zum Abnehmerinteresse handelt, da keine Motivation zur Kos-
tendisziplin existiert. Vielmehr wird der Anbieter sogar noch belohnt, je höher seine
Aufwände sind.
Dem entgegen steht mit einem Fixpreis ein Typ, der die Risiken eines Vertrages vor-
nehmlich dem Anbieter überträgt, da der Anbieter unabhängig von den tatsächlichen
Aufwänden nur den vereinbarten Betrag (pro Leistungseinheit) erhält.336 Allerdings
kann der Anbieter die Differenz aus Kosten und erzieltem Preis (vollständig) als Ge-
winn für sich behalten. Damit entsteht eine besondere Motivation zu wirtschaftlichem
Handeln.337 Da genau dies durch PBC angestrebt wird, ist dies auch der bevorzugte
Vergütungsmechanismus im Rahmen des Konzepts.338 Zu berücksichtigen ist hierbei
jedoch, dass es auch Fixpreise gibt, die eher aufwandsbezogen sind, weil sie ledig-
lich auf ein (transaktionsbezogenes) Output ausgerichtet sind, für das ein fester Preis
zu bezahlen ist. Dieser Ansatz wird, allerdings nicht durchgängig, auch als „preisba-
sierter Vergütungsmechanismus“ bezeichnet.339 Dem soll auch in dieser Arbeit ge-
folgt werden. Für PBC geeignet sind demnach v. a. die nicht preis-, sondern tatsäch-
lich leistungsbezogenen Fixpreise.
Die erläuterten Preistypen bzw. Vergütungsmechanismen lassen sich auch entlang
eines Kontinuums der Risikoübernahme zwischen Abnehmer und Anbieter darstellen.
Dies veranschaulicht die nachstehende Abbildung. Dabei folgt aus aufwandsbezoge-
335
Diese Preistypen werden als „Cost plus fixed fee“ beim absoluten bzw. „Cost plus markup“ beim
Kostenzuschlagspreis mit prozentualem Gewinnaufschlag bezeichnet. Vgl. zur Beschreibung und
Bewertung dieses Preistypus u. a. McCall (1970), S. 837, Reichelstein (1992), S. 713, Berends
(2000), S. 166, und Geary/ Vitasek (2008), S. 5.
336
Vgl. ebenfalls McCall (1970), S. 837, Reichelstein (1992), S. 713, Berends (2000), S. 166, zudem
Hughes et al. (2011), S. 66.
337
Vgl. Ng/ Nudurupati (2010), S. 664, sowie Beißel (2003), S. 140, ähnlich Koll (2010), S. 54.
338
Vgl. Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 724, Defense Acquisition University (2005), S. 3–9, sowie
Lay (2007), S. 33.
339
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 61, Caldwell/ Settle (2011), S. 153, ähnlich Cohen (2012), S. 4815.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 77
nen Preisen ohne Deckelung die größte Risikoübernahme durch den Abnehmer, bei
leistungsbezogenen Fixpreisen die durch den Anbieter.
„Volles PBC“
Anbieterrisikoübernahme
„Partielles PBC“
„Non-PBC“
340
Vgl. Kleikamp (2002), S. 17, sowie Freiling (2004), S. 679, zum Begriff der Fixkosten zudem
Scherrer (1999), S. 30.
341
Zu Incentives generell vgl. Defense Acquisition University (2005), S. 3–25, Hughes et al. (2011),
S. 64, sowie Geary/ Vitasek (2008), S. 64, zu Hinweisen bez. der Anreizsetzung vgl. Buchanan/
Klingner (2007), S. 321, ähnlich auch Eichhorn (1997), S. 74.
342
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 64, sowie Caldwell/ Settle (2011), S. 150.
343
Vgl. hierzu zunächst Norrman (2008), S. 371, sowie im weiteren Verlauf der Arbeit die Abschnitte
3.1.3.5 und 5.3.3.
78 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
344
Vgl. Freiling (2004), S. 682, Ng/ Ding (2010), S. 30, Glas (2012), S. 26. Ergebnisorientierung mit
Leistungsvergütung findet sich auch bei reinen, nichtgüterbezogenen Dienstleistungen wie dem
Value-based Consulting, vgl. Czerniawska (2002), S. 10. Gleichwohl handelt es sich hierbei we-
der um ein Leistungsbündel, noch wird der transaktionsübergreifende Charakter betont.
345
Vgl. Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 727 f., Sols et al. (2007), S. 40, oder Weddeling (2010), S.
17.
346
Vgl. Caldwell et al. (2009), S. 182, ähnlich Selviaridis/ Spring (2010), S. 171.
347
Vgl. jeweils Wildemann (2004), S. 3, oder Belz/ Wuensche (2007), S. 2, Ng et al. (2009a), S. 378,
sowie Kumar et al. (2007), S. 260.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 79
348
Ausgangspunkt der Betrachtung waren die Überblicke über die PBC-Forschung von Hypko et al.
(2010b), S. 631, und Selviaridis (2011), S. 516, sowie die Einordnung von PBC durch Glas (2012),
S. 51.
349
Vgl. Markeset/ Kumar (2005), S. 61, der PBC als weitentwickelte Form des Outsourcing bezeich-
net, sowie Doerr et al. (2005), S. 165, die betonen, wie vorteilhaft die Nutzung externen Spezial-
wissens ist.
350
Vgl. hierzu Nagengast (1997), S. 53, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 67, oder Ancarani/ Capaldo
(2005), S. 232. Siehe auch Unterkapitel 1.1.
351
Vgl. Li/ Choi (2009), S. 28, ähnlich Allen/ Chandrashekar (2000), S. 27.
352
Vgl. Doerr et al. (2005), S. 165, ähnlich Damnjanovic/ Zhang (2008), S. 492.
353
Vgl. jeweils Gadde/ Jellbo (2002), S. 44, und Ancarani/ Capaldo (2005), S. 235, Quinn/ Hilmer
(1994), S. 48, bzw. Ellram et al. (2008), S. 155.
80 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
354
Für eine allgemeine Definition von PPP vgl. Eggers (2004), S. 33. Zum Zusammenhang von PPP
und PBC vgl. hier und in der Folge: Sánchez Soliño/ Vassallo (2009), S. 22, ähnlich Glas (2012),
S. 100.
355
Vgl. hierzu generell Larbi (2001), S. 306, und Martin (2007), S. 131. Beispiele sind Gesundheits-
fürsorge, vgl. Schalock/ Bonham (2003), S. 232, oder Conrad/ Uslub (2011), S. 46, Drogenbera-
tung, vgl. Shen (2003), S. 536, Erziehung und Bildung, vgl. Honore et al. (2004), S. 452, oder Ju-
gendfürsorgedienste McBeath/ Meezan (2009), S. 513.
356
Vgl. hierzu allgemein Baily et al. (2008), S. 121.
357
Vgl. hierzu und in der Folge Driouchi et al. (2009), S. 10. Ein Beispiel hierfür wäre z. B. das „Ser-
vice-level“, eine bestimmte Mitarbeiterzahl bereitzustellen.
358
Vgl. Martens (2004), S. 105.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 81
359
Vgl. Stremersch et al. (2001), S. 2.
360
Vgl. Stremersch et al. (2001), S. 3.
361
Vgl. Mattsson (1973), S. 108 f. System Selling kann in etwa als „Systemvertrieb“ verstanden wer-
den, folgt also klar einem Marketingansatz.
362
Vgl. Andreßen (2006), S. 41.
363
Vgl. Andreßen (2006), S. 127.
364
Vgl. Präuer (2004), S. 30 f.
365
In der vorhandenen Literatur vertritt diese Auffassung vom Sachgutbezug von PBC ausschließ-
lich Präuer (2004), S. 102.
366
Vgl. Howard/ Caldwell (2011), S. 10.
82 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
tungen und Gütern. 367 Eine Ergebnisorientierung wie in PBC ist dabei explizit Be-
standteil von PCP. Die Leistungsvergütung wird als Möglichkeit bzw. als zu bevorzu-
gender Vergütungsmechanismus genannt.368 Besonders hervorgehoben werden zu-
dem die Lebenszyklusperspektive von Beschaffungsvorgängen nach PCP, eine hohe
Bedeutung der interaktiven bzw. kundenintegrierten Wertschöpfung und daraus eine
Betonung der Beziehungsperspektive zwischen Anbieter und Abnehmer. 369 Damit
ergibt sich insgesamt eine hohe Überschneidung mit PBC. Lediglich in der Betonung
der Beschaffungsperspektive, der besonders hohen Komplexität von PCP-
Beschaffungsobjekten, der expliziten Hervorhebung der Beziehungsperspektive und
der Leistungsvergütung als nur einer von mehreren Optionen der Anbietervergütung
können sich Unterschiede zum PBC-Verständnis dieser Arbeit ergeben.
Einen PBC-verwandten Ansatz, der nicht nur begrifflich, sondern auch inhaltlich sehr
nahe, jedoch auf einen speziellen Industriesektor beschränkt ist, verkörpert das „Per-
formance Contracting“, das synonym auch „Energy Contracting“ genannt wird.370
Hierbei tätigt ein Anbieter Investitionen zur Energieeffizienzsteigerung, z. B. in Ge-
bäuden, die sich über Kosteneinsparungen für die gehobenen Effizienzpotenziale
amortisieren sollen, wobei der Anbieter seine Vergütung aus Anteilen der berechne-
ten bzw. erzielten Einsparungen erhält.371 Die Wahl der Mittel zur Energieeinsparung
ist dem Anbieter überlassen. Damit ist sowohl das Kriterium der Ergebnisorientierung
als auch der Leistungsvergütung erfüllt, womit vorhandene Erkenntnisse zum Energy
(Performance) Contracting auch für PBC nutzbar sind, soweit sich aus der Energie-
fokussierung keine Besonderheiten ergeben.
Dem ähnlich ist das „Performance-based Building“, indem für Bauprojekte be-
stimmte Erfolgsparameter definiert werden (z. B. Qualität, Projektdauer), an welche
die Anbietervergütung ganz oder in Teilen geknüpft ist, wobei die Gewährung der
367
Vgl. Lewis/ Roehrich (2009), S. 128.
368
Zum Aspekt der Ergebnisorientierung und Leistungsvergütung sowie entsprechenden Beispielen,
die auch in der PBC-Forschung häufig genannt werden, vgl. Lewis/ Roehrich (2009), S. 126, Ho-
ward/ Caldwell (2011), S. 11, sowie Lewis/ Roehrich (2011), S. 21.
369
Vgl. Lewis/ Roehrich (2009), S. 128, Howard/ Caldwell (2011), S. 16, sowie Lewis/ Roehrich
(2011), S. 24. Die Beschaffungsobjekte sind dabei oftmals einmalige Großvorhaben, wie z. B.
Bau und Betrieb eines Flughafens, vgl. Caldwell et al. (2009), S. 179, oder Brady/ Davies (2011),
S. 174 f. PBC dagegen ist auch bei spezifischen, jedoch in deutlich größeren Umfängen produ-
zierten Investitionsgütern denkbar, wie z. B. Flugzeugen oder Flugzeugtriebwerken, vgl. Hypko et
al. (2010b), S. 627.
370
Zu den Begriffen vgl. zunächst Pütter (2007), S. 108 ff., Checket-Hanks (2008a), S. 1, Checket-
Hanks (2008b), S. 20, sowie Burt et al. (2010), S. 211.
371
Vgl. Hansen (2006), S. 3.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 83
Vergütung auch auf den Lebenszyklus ausgedehnt erfolgen kann, z. B. durch Nut-
zungsgebühren für ein Gebäude.372
Ein Konzept, das insbesondere in Hinblick auf die Leistungsvergütung dem in PBC
sehr nahe kommt, bildet das „Incentive Contracting“. Kerninhalt ist es, das Errei-
chen eines vordefinierten Leistungsziels mit einer Anreizprämie zu belohnen (bzw. zu
„incentivieren“), um so den Anbieter zu motivieren, größtmögliche Anstrengungen zur
Zielerreichung zu unternehmen.373 Implizit kann zwar in Teilen eine Ergebnisorientie-
rung erkannt werden. Diese ist indes auf die Maßnahmen zur Beschleunigung und
außerdem auf einen einzelnen Vertrag bzw. eine einzelne Transaktion beschränkt:374
tatsächlich wird der Anbieter angehalten, vereinbarte Vertragsinhalte, die ggf. sehr
detailliert spezifiziert sind, priorisiert zu bearbeiten insofern ist eine Ergebnisorien-
tierung im Verständnis von PBC nur in Teilen erkennbar. Zudem wird mit der Gewäh-
rung einer monetären Anreizprämie lediglich ein PBC-typischer Vergütungsmecha-
nismus in Verbindung mit Incentive Contracting genannt. Insofern stellt Incentive
Contracting eine eingeschränkte, spezifische PBC-Form dar.
Im deutschsprachigen Raum am ehesten mit PBC vergleichbar sind sogenannte „Be-
treibermodelle“.375 Hier übernimmt ein Anbieter die Erstellung und den Betrieb eines
Investitionsgutes, wobei eine direkte Einbindung in die Wertschöpfungsprozesse des
Abnehmers vorgesehen ist.376 Es existieren zahlreiche Ausprägungen für Betreiber-
modelle, die v. a. die Verantwortung für die Errichtung bzw. Erstellung des Investiti-
onsgutes sowie für dessen Betrieb beinhalten sowie die Eigentumsfrage während
372
Vgl. Lee/ Bramwell (2004), S. 1, sowie Straub (2007), S. 131, ergänzend zudem Gruneberg
(2007), S. 111 f., und Hughes et al. (2011), S. 60 f. Dies hieße z. B., dass ein Bauunternehmen
die Errichtungskosten für ein Gebäude erst mit den Nutzungsgebühren amortisieren könnte und
somit auch langfristig für die eigene Leistung Verantwortung übernehmen müsste.
373
Vgl. Meinhart/ Delionback (1968), S. 428. Dieser Ansatz wurde von der US-amerikanischen
Raumfahrtagentur NASA in allen zur Beschleunigung von Entwicklungs- und Konstruktionspro-
jekten im Raumfahrtbereich konzipiert und eingesetzt, um im „Wettrüsten“ mit der damaligen
Sowjetunion wichtige Raumfahrtprojekte zu beschleunigen, siehe auch NASA (1967), NASA
(1969).
374
Vgl. insbesondere zur Beschränkung auf einzelne Transaktionen Beggs et al. (2006), S. 5.
375
Diese Verbindung findet sich z. B. bei Freiling (2003), S. 3, oder Lay (2007), S. 1, ähnlich auch
bei Hypko et al. (2010b), S. 631, in Verbindung mit Hornschild et al. (2004), S. 66, die in eng-
lischsprachigen Publikationen den Begriff „Operator Models“ prägen.
376
Vgl. zu dieser Definition Wiendahl/ Harms (2001), S. 327, und Zuther (2002), S. 28, die vorwie-
gend auf den Industriebereich des Anlagenbau abzielen. Betreibermodelle sind aber auch aus
dem öffentlichen Sektor bekannt, wobei hier grundsätzlich dieselben Mechanismen zum Einsatz
kommen Wildemann (2004), S. 2. Die Fokussierung auf Investitionsgüter lässt sich für Betreiber-
modelle allerdings nicht durchgängig einhalten, was nach der in der Arbeit vertretenen Auffas-
sung einen Unterschied zu PBC ausmacht. So hat in Deutschland die Bundeswehr den Betrieb
ihres zivilen Fuhrparks an eine entsprechende Betreibergesellschaft ausgegliedert, vgl. Stöber
(2012), S. 130, ähnlich Glas et al. (2011), S. 188, wobei hier als Kernleistung nicht die Fahrzeuge
als Investitionsgüter, sondern das Fuhrparkmanagement anzusehen ist.
84 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
oder nach der Laufzeit eines Betreibermodellvertrages. 377 Damit bleibt grundsätzlich
auch die Frage nach dem Grad der Ergebnisorientierung und der daran verknüpften
Vergütung offen bzw. ist nicht einheitlich beantwortbar.378 Einige Autoren gehen nicht
oder nur am Rande auf diesen Aspekt ein, andere nehmen eindeutig eine leistungs-
orientierte Vergütung an. Insbesondere im (Produktions-)Anlagenbau hat sich hierbei
die Vergütung für auf den Anlagen produzierte Einheiten etabliert, was auch als
„Pay-on-Production“ bezeichnet wird. 379 Demnach verfügt das Betreibermodell-
Konzept über eine größere Anzahl von Vergütungsansätzen, wobei überwiegend,
wie in PBC, eine leistungsorientierte Vergütung empfohlen wird. Zur Ergebnisorien-
tierung lässt sich keine einheitliche Aussage treffen. In einigen Fällen wird davon
ausgegangen, dass der Abnehmer noch stark in die Wertschöpfung eingreift, in an-
deren dagegen sind wie bei den Solutions eine Orientierung am Kundennutzen und
damit keine detaillierten Spezifikationsvorgaben durch den Abnehmer vorgesehen.380
Grundsätzlich aber sollten die Erkenntnisse zu Betreibermodellen auch für PBC
nutzbar sein. Der größte Unterschied besteht darin, dass Betreibermodelle beson-
ders eng auch räumlich in die Wertschöpfung des Kunden eingebunden sind und
eben auch tatsächlich den Betrieb des Investitionsgutes beinhalten.381 Insofern las-
sen sich zahlreiche Überschneidungen zwischen PBC und dem Betreibermodell-
Konzept erkennen und vorhandene Erkenntnisse entsprechend übertragen.
Ein Konzept, das PBC nicht nur begrifflich besonders ähnlich ist, bildet „Perfor-
mance-based Logistics“(PBL). Es war zunächst v. a. im US-amerikanischen Rüs-
tungsbereich gebräuchlich, findet aber zunehmend auch darüber hinaus Verwen-
dung.382 Der Terminus „Logistics“ leitet sich dabei aus dem militärischen Verständnis
377
Gängige Ausprägungen sind z. B. „Build-operate-own“, wo der Anbieter nach Ende des Betrei-
bervertrages das Eigentum am Investitionsgut behält, oder „Build-operate-transfer“, wo das Ei-
gentum nach Vertragsablauf an den Abnehmer übergeht. Vgl. hierzu sowie für eine Übersicht der
möglichen Ausprägungen Wiendahl/ Harms (2001), S. 324, oder Wildemann (2004), S. 30.
378
Zur Heterogenität der Auffassungen von Betreibermodellen vgl. Zuther (2004), S. 176.
379
Vgl. zur leistungsorientierten Vergütung für Betreibermodelle allgemein vgl. Brost/ Leins (2004), S.
87, Zuther (2004), S. 177, ähnlich auch Lay et al. (2003), S. 10, die aber sowohl produkt- als
auch leistungsorientierte Vergütungsmechanismen für Betreibermodelle vorschlagen. Zum Begriff
„Pay-on-Production“ vgl. Meier (2004a), S. 395. Auch hier sind verschiedene Ausprägungen mög-
lich, die massiven Einfluss auf den Umfang der Risikoübernahme durch den Anbieter haben, z. B.
Mindeststückzahl-Abnahmegarantien oder lange Vertragslaufzeiten, vgl. Zwirner (2003), S. 62,
sowie Mast (2004), S. 19.
380
Vgl. jeweils Zwirner (2003), S. 62, bzw. Präuer (2004), S. 104.
381
Zu diesen konstitutiven Merkmalen von Betreibermodellen vgl. noch einmal Wiendahl/ Harms
(2001), S. 324. Dies kann in PBC auch der Fall sein, allerdings nicht zwingend, dort reicht ggf. die
Bereitstellung eines Leistungsbündels aus.
382
Zur Verwendung von „Performance-based Logistics“ im Rüstungssektor vgl. Berkowitz et al.
(2004), S. 256, oder Glas et al. (2010), S. 7, ebenso zunächst auch Randall et al. (2010), S. 38,
die dann allerdings auch zivile Industrien mit dem Konzept in Verbindung bringen. Anfänglich
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 85
der „Logistik“ ab: Dieser umfasst neben den klassischen Logistikaufgaben wie
Transport- und Lagerprozessen von Gütern auch Aktivitäten der Wartung, Reparatur
und Instandhaltung von Systemen und Anlagen. 383 Dies indes deckt sich mit den
gängigen Inhalten von PBC-Verträgen, die ja üblicherweise aus der transaktions-
übergreifenden Perspektive auf ein Leistungsergebnis auch die Verantwortung für
MRO-Dienstleistungen an einen Anbieter übertragen. Das Leistungsergebnis kann
dabei, ähnlich PBC, z. B. Systemverfügbarkeiten, Reparaturzeiten oder Nutzungs-
einheiten umfassen.384 Ebenso sind die Vergütungsmechanismen für PBL weitestge-
hend deckungsgleich mit denen für PBC, auch wenn z. B. die Nutzung von An-
reizprämien in PBL gängiger ist.385 Daher sind die zu PBL vorliegenden Forschungs-
ergebnisse, solange sie nicht spezifische militärische Belange betreffen, auch auf
PBC übertragbar. Ähnliches gilt gleichsam für das „Availability Contracting“, das
auf die Entwicklung PBL-ähnlicher Konzepte in Großbritannien zurückgeht. 386 Wie
sich aus der Bezeichnung selbst ergibt, befasst sich das Konzept mit der Verfügbar-
keit (hier von Waffensystemen) und damit nur mit einer Art von Leistungsergebnis
nach dem Verständnis von PBC.387 Ansonsten ist der Ansatz PBL bzw. PBC freilich
sehr ähnlich.
Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass tatsächlich zahlreiche Ansätze
existieren, welche die Charakteristika von PBC zum Inhalt haben. Die folgende Ta-
belle fasst die Überschneidungen und Unterschiede noch einmal zusammen und
bewertet dabei die Überschneidungsgrade von PBC und dem jeweiligen Konzept in
Hinblick auf die konstitutiven und ergänzenden Merkmale sowie die industriellen
Verwendungsbereiche.388
wurde in den USA auch der Begriff „Performance-based Service Acquisition“ genutzt, vgl. Doerr
et al. (2005), S. 166, was zudem als Hinweis auf den Aspekt der Dienstleistungsbeschaffung ge-
sehen werden kann. Eine frühe Vorform von PBL ist dabei der Begriff „Performance-based Sup-
portability“, vgl. Rogers (1997), S. 10, der sich jedoch nicht durchgesetzt hat.
383
Zu den „klassischen“ Aufgaben der Logistik vgl. Eberle (2005), S. 56, sowie Pfohl (2010), S. 8,
zum militärischen Logistik-Begriff vgl. NATO (2007), S. 4, erläuternd Lysons/ Farrington (2012), S.
82.
384
Vgl. Defense Acquisition University (2005), S. 2–5.
385
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 114 ff., ähnlich Kleemann et al. (2012), S. 158.
386
„Availability Contracting“ wird z. B. bei Frost & Sullivan (2009), S. 3, als großbritannisches Pen-
dant zu PBL genannt. Zur Entstehung des Availability Contracting vgl. zudem U. K. Ministry of
Defence (2001). Synonym wird auch die Bezeichnung „Contracting for Availability“ genannt, vgl.
Caldwell/ Settle (2011), S. 149, und Hockley et al. (2011), S. 237.
387
Vgl. Datta/ Roy (2011), S. 580. Andere PBC-Leistungsergebnisse orientieren sich bspw. an der
Nutzung oder dem Ergebnis eines Leistungsbündels.
388
Dabei zeigt der Füllgrad des Kreises den Grad der Überschneidung zum jeweiligen konstitutiven
PBC-Merkmal an. Eine genaue Erläuterung der Einordnung sowie der Skalierung findet sich in
Anhang 2.
86 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Die auf diese Weise nutzbar gemachten Erkenntnisse zu PBC und den verwandten
Konzepten werden auch in den folgenden Abschnitten hinsichtlich der Besonderhei-
ten von PBC für die Leistungserbringung verwendet.
2.3.2 PBC aus Sicht der Leistungserbringung
Bereits in den Abschnitten 2.1.5 bzw. 2.2.3 wurden mit den Problemfeldern der Leis-
tungserbringung für Dienstleistungen bzw. PSS mögliche Herausforderungen veran-
schaulicht, die auch für PBC relevant sein dürften (z. B. Integration des externen
Faktors, Leistungsmessung, Lieferantenbeiträge und Kapazitätsmanagement). Ge-
rade zu (insbesondere ergebnisorientierten) PSS bestehen hohe Überschneidungen,
die aufgrund der mit der Vergütung verknüpften Ergebnisorientierung und damit ein-
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 87
hergehenden Risiken für PBC besonders wichtig sind und daher detailliert betrachtet
werden.389
2.3.2.1 Risikotransfer als Kernimplikation von PBC
Bereits in den vorangegangen Abschnitten wurde immer wieder darauf hingewiesen,
dass PBC v. a. einen Transfer von Risiken beinhaltet. 390 Daher soll dieser Aspekt
erneut genauer beleuchtet werden.
Zunächst kann es nicht überraschen, dass in PBC für die Abnehmerseite kaum spe-
zifische Risiken gesehen werden, ist doch die Entlastung des Abnehmers von Leis-
tungsverantwortung bzw. die Lösung eines spezifischen Problems Kernziel des Leis-
tungsbündels, wobei der Transfer bzw. die Reduktion von Risiken ein expliziter Teil
hiervon ist.391
Nichtsdestotrotz ergeben sich durch PBC-Verträge auch einige spezifische Risiken,
insbesondere dann, wenn im Zuge des Abschlusses eines PBC-Neuvertrages bisher
intern erbrachte Leistungen an den Anbieter übertragen, also „outgesourced“ werden.
Hier entsteht zunächst das Risiko abnehmerinterner Widerstände gegen die Imple-
mentierung des PBC-Vertrages.392 Damit verbunden ist das Risiko, das Wissen über
die ausgelagerten Aktivitäten zu verlieren.393 Entsprechend hoch kann auch die Ab-
hängigkeit des Abnehmers vom Anbieter sein, der durch PBC detailliertes Wissen
über die Abläufe des Abnehmers erhält.394 Als problematisch könnte sich ferner er-
weisen, wenn die vom Kunden erhofften PBC-Vorteile wie Kostensenkung, Leis-
tungssteigerung oder Reduktion der Managementkomplexität nicht wie erwartet ein-
treten.395 Dieses Risiko besteht allerdings auch auf Anbieterseite. Diese und weitere
anbieterseitige Risiken werden nun im Kontext der Besonderheiten der PBC-
Leistungserbringung behandelt.
389
Zu den Überschneidungen von PSS und PBC in der Leistungserbringung sowie den erhöhten
Risiken hierdurch vgl. Behn/ Kant (1999), S. 471, Präuer (2004), S. 239, Ng/ Nudurupati (2010),
S. 667, sowie Datta/ Roy (2011), S. 600.
390
Diese Einschätzung findet sich explizit u. a. bei Wildemann (2004), S. 43, Kim et al. (2007), S.
1844, Sols et al. (2007), S. 49, oder Koll (2010), S. 54.
391
Zum Vorteil der Kundenentlastung durch PBC konkret vgl. Backhaus/ Kleikamp (2001), S. 88,
ebenso Spath/ Demuß (2001), S. 37, zum Risikoaspekt Buse et al. (2001), S. 9, Hünerberg/
Hüttmann (2003), S. 728, und Freiling (2004), S. 686. Bei Hypko et al. (2010a), S. 470, findet sich
sogar die Aussage, dass PBC für Abnehmer insbesondere dann passend ist, wenn die Unsicher-
heit bei Beschaffung einer Leistung besonders hoch ist.
392
Vgl. Freiling (2004), S. 687.
393
Vgl. Helander/ Möller (2008), S. 581, sowie Lewis/ Roehrich (2009), S. 137, ähnlich wiederum
Freiling (2004), S. 687.
394
Vgl. u. a. Quinn/ Hilmer (1994), S. 47, oder Andreßen (2006), S. 1.
395
Zu den erwarteten Vorteilen von PBC vgl. für die Kostensenkung u. a. Kumar et al. (2007), S. 252,
Ng et al. (2009a), S. 380, Hypko et al. (2010a), S. 478, sowie für die Leistungssteigerung Straub
(2007), S. 134, Kotlanger/ Guintini (2008), S. 2 f., Guajardo et al. (2012), S. 969. Zum entspre-
chenden Risiko vgl. Phillips (2005), S. 53, Tremaine (2007), S. 7, Fowler (2010), S. 18.
88 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
Durch die Ergebnisorientierung geht das Risiko für die Leistungsfähigkeit des Leis-
tungsbündels auf den Anbieter über.396 Dies gilt, wie vorher erwähnt, schon bei der
Umsetzung des vom Abnehmer spezifizierten Leistungsziels in entsprechende Leis-
tungsbestandteile, aber auch aufgrund der langfristigen Ausrichtung für die Vertrags-
dauer, die den gesamten Lebenszyklus eines Leistungsbündels umfassen kann. 397
Alle Probleme, die in dieser Zeit die Erreichung des Leistungsziels beeinflussen, z. B.
ausbleibende Zulieferungen von Lieferanten, nicht ausreichende Zuarbeit des Ab-
nehmers als externer Faktor, unvorhergesehene technische Probleme wie erhöhte
Defektraten, liegen demnach zunächst in der Verantwortung und somit dem Risiko
des Anbieters.398 Gerade bei Fixpreisen als Vergütungsmechanismus und bei neu
konzipierten Leistungsbündeln ergibt sich das Risiko, unvorhergesehene Kostenab-
weichungen auf sich nehmen zu müssen, was ggf. durch lange Vertragslaufzeiten
weiter verkompliziert wird.399
Für stärker ergebnisorientierte PBC-Verträge, welche die Nutzung oder das Ergebnis
eines Leistungsbündels als Grundlage haben, geht zudem das Markterfolgsrisiko des
Abnehmers zumindest teilweise auf den Anbieter über.400 Ist die Nachfrage nach den
Produkten oder Leistungen des Abnehmers (zu) gering, wird dieser auch weniger auf
die PBC-Lösung zurückgreifen. Beispiele wären geringe Produktionsstückzahlen im
Rahmen eines „Pay-on-Production“-Vertrages für eine Produktionsanlage oder ge-
genüber einer Planung reduzierte Stundenleistungen flugstundenbasierter PBC-
Verträge für Flugzeugtriebwerke.
Als Folge dieser Marktrisiken, aber auch der Leistungserbringungsrisiken, ergeben
sich gleichsam Probleme im wirtschaftlich-finanziellen Bereich. Dies betrifft z. B. das
Finanzierungsrisiko, da in PBC die im Leistungsbündel integrierten Investitionsgüter
durch den Anbieter häufig vorfinanziert werden müssen und erst im Vertragsverlauf
amortisiert werden.401 Besonders problematisch wird dies, wenn ein Abnehmer dabei
396
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 692, und Freiling (2004), S. 687 f., sowie abgleitet aus Brown/
Burke (2000), S. 897, Buchanan/ Klingner (2007), S. 304 f., Straub (2007), S. 140, oder Hypko et
al. (2010a), S. 477.
397
Vgl. Spath/ Demuß (2001), S. 37, Wildemann (2004), S. 71 f., oder Gruneberg (2007), S. 112.
398
Vgl. Hansen (2006), S. 173 ff., auch Gruneberg et al. (2007), S. 692. Gerade das Fehlen relevan-
ter Informationen vom Abnehmer betrifft dabei sowohl den Anbieter als auch in der Folge die Lie-
feranten. Siehe hierzu ausführlich Unterabschnitt 3.3.2.5.
399
Vgl. Brost/ Leins (2004), S. 88, Wildemann (2004), S. 43, Gruneberg et al. (2007), S. 695, sowie
Caldwell/ Settle (2011), S. 157.
400
Vgl. Buse et al. (2001), S. 18, Spath/ Demuß (2001), S. 37, Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 718,
Bromberg (2004), S. 8, und Koll (2010), S. 54.
401
Vgl. Hansen (2006), S. 166 ff., sowie Weddeling (2010), S. 30.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 89
insolvent geht, da der Anbieter dann eine hochspezifische Lösung entwickelt hat, die
ggf. so nicht anderweitig genutzt werden kann.402
Gerade bei PBC-Verträgen, die (implizit) eine Beteiligung am Marktrisiko des Ab-
nehmers vorsehen, ergibt sich entgegen den erwarteten Vorteilen von Dienstleis-
tungen das Risiko unsteter Umsatzerlöse;403 dies gilt ebenso für die immanente
Leistungsgarantie: in den meisten Fällen erhält der Anbieter ja nur noch eine Vergü-
tung, wenn die Leistung erbracht, ggf. aber auch nur, wenn diese auch wirklich benö-
tigt und abgerufen wird. Hier offenbart sich z. B. das Problem der Nachfrageschwan-
kungen wie bei der „klassischen“ Dienstleistungserbringung (siehe Unterabschnitt
2.1.5.2).
Zuletzt birgt auch die engere Integration mit dem Kunden ein erhöhtes Risiko sei es,
weil der Abnehmer im Vertragsverlauf veränderte Leistungsanforderungen stellt oder
durch die ggf. direkte Einbindung in die Leistungserbringung. 404 Dieser Aspekt wird
als wesentliche Besonderheit der Leistungserbringung im folgenden Unterabschnitt
erneut genauer dargestellt.
2.3.2.2 Interaktionsmechanismen in der PBC-Leistungserbringung
Die direkte Einbindung des Abnehmers kann in PBC verschiedene Formen anneh-
men, die sich entsprechend auf die Leistungserbringung auswirken, z. B. in der Kon-
zeptionsphase eines PBC-Vertrages bei der Aufnahme der Anforderungen, als Nut-
zer eines Leistungsbündels, als Beteiligter in der tatsächlichen Leistungserbringung
oder durch Bereitstellung eigener Anlagen oder Liegenschaften. 405 Entsprechend
abhängig ist der PBC-Anbieter davon, dass diese Leistungen im vereinbarten Um-
fang und der vereinbarten Qualität eingebracht werden. 406 Als Lösungsansatz gilt
hierbei, klare Festlegungen bez. der vom Kunden einzubringenden Faktoren und de-
ren Abgrenzung bzw. Schnittstellen zum Anbieter zu treffen.407 Freilich sollten solche
Festlegungen nicht zu eng gesetzt werden, da sonst die in PBC intendierten Effizi-
enzpotenziale durch die Freiheit in der Leistungserbringung nicht zu heben sind, oder
aber der Anbieter nur noch auf die für ihn vereinbarten Leistungsaspekte fokussiert
und so das eigentliche Ziel den Kundennutzen aus den Augen verliert.408
402
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 693.
403
Vgl. Kim et al. (2010), S. 1552.
404
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 697.
405
Vgl. Kleikamp (2002), S. 21, Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 728, Ng et al. (2009a), S. 382, oder
Guo/ Ng (2011b), S. 44.
406
Vgl. Guo/ Ng (2011a), S. 164.
407
Vgl. Berkowitz et al. (2004), S. 263, und Brost/ Leins (2004), S. 91.
408
Vgl. Kleikamp (2002), S. 21, Lay (2007), S. 195, Guo/ Ng (2011a), S. 171, sowie Ng et al.
(2011a), S. 441.
90 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
409
Vgl. Freiling (2003), S. 33, und van der Valk/ Rozemeijer (2009), S. 7.
410
Zur Bedeutung von Vertragsmanagement in Outsourcing allgemein vgl. Allen/ Chandrashekar
(2000), S. 25, für PBC spezifisch Freiling (2003), S. 34.
411
Zur Individualität von Verträgen in PBC vgl. Sols et al. (2007), S. 40, zum Problem der Anreizstel-
lung bzw. Gefahr des Opportunismus vgl. Freiling (2004), S. 687, Norrman (2008), S. 372.
412
Vgl. zur Problematik und (geringen) Zweckmäßigkeit vollständiger Verträge in PBC vgl. Caldwell
et al. (2009), S. 180, zum Bedarf nach Flexibilität im Vertragsverlauf vgl. zudem Buse et al.
(2001), S. 19.
413
Vgl. Guo/ Ng (2011b), S. 49, ähnlich Caldwell et al. (2009), S. 184.
414
Diesen Wandel sehen z. B. Geary/ Vitasek (2008), S. 14, Ng et al. (2009a), S. 383, oder Randall
et al. (2010), S. 39. Weitere Autoren, die für PBC enge, sogar bisweilen partnerschaftliche Bezie-
hungen sehen, sind z. B. Behn/ Kant (1999), S. 473, Spath/ Demuß (2001), S. 35, Freiling (2004),
S. 689, Mast (2004), S. 17, Caldwell et al. (2009), S. 184, Glas et al. (2010), S. 6, Hypko et al.
(2010a), S. 474, Guo/ Ng (2011b), S. 48, sowie Howard/ Caldwell (2011), S. 9.
415
Kim et al. (2007), S. 1844.
416
Zur besonderen Stellung von Vertrauen in PBC-Beziehungen vgl. Freiling (2004), S. 690, Bucha-
nan/ Klingner (2007), S. 304, Geary/ Vitasek (2008), S. 113, zu Langfristigkeit und gemeinsamer
Zielerreichung Defense Acquisition University (2005), S. 1-1, sowie Geary/ Vitasek (2008), S. 131,
weiterhin zu Informationsaustausch vgl. Ng/ Ding (2010), S. 11.
417
Vgl. Guo/ Ng (2011b), S. 48, Guo/ Ng (2011a), S. 177, sowie Ng/ Nudurupati (2010), S. 669.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 91
Ebenso kann auch nicht überraschen, dass das Beziehungsmanagement als eine
der wichtigsten Aufgaben für PBC-Anbieter betrachtet wird.418 Dies gilt umso mehr,
als PBC-Anbieter dabei nicht nur die Beziehung zum Abnehmer steuern müssen,
sondern auch zu zahlreichen weiteren Beteiligten in den Wertschöpfungsstrukturen,
wie z. B. Lieferanten. 419 Dieser Aspekt wird im nächsten Unterabschnitt erneut ge-
sondert ausgeführt.
2.3.2.3 Strukturelle Besonderheiten der PBC-Leistungserbringung
Bereits in der Ausarbeitung zur SDL zu den Aspekten der PSS-Leistungserbringung
wurde kurz darauf eingegangen, dass deren Leistungsbündelung eine integrative
Rolle der Anbieterunternehmen voraussetzt.420 Die Ausrichtung eines Leistungsbün-
dels an einer umfassenden Problemlösung erfordert die Kombination zahlreicher
Einzelleistungen. Für PBC wird daher davon ausgegangen, dass sich die Wertschöp-
fungsstrukturen über die Grenzen des Anbieterunternehmens hinaus verändern.421
Neben den im vorherigen Unterabschnitt erwähnten Veränderungen in der Bezie-
hung bzw. Einbindung des Abnehmers betreffen diese auch die anbieterseitigen
Strukturen bzw. entlang der Wertschöpfungskette.
Es wird, wie in Abschnitt 2.2.3 erwähnt, dabei davon ausgegangen, dass die ange-
sprochene Leistungsvielfalt die Fähigkeiten eines einzelnen Unternehmens über-
steigt, also Lieferanten bzw. Anbieter für die Leistungserbringung herangezogen
werden müssen.422 Gleichzeitig streben die Abnehmer von Leistungsbündeln oft an,
den Aufwand für Kombination und Koordination einzelner Teilleistungen abzugeben
– sie möchten mithin nicht mehrere Lieferanten für ein Leistungsbündel steuern. 423
Sowohl in der PSS- als auch der PBC-Forschung wird daher überwiegend vorausge-
setzt, dass dabei die Zusammenführung der Teilleistungen durch ein Unternehmen
erfolgt, welches dann als umfassender Ansprechpartner für den Abnehmer dient.424
Die Komplexität des zusammenzustellenden Leistungsbündels wiederum wird als so
418
Vgl. Berkowitz et al. (2004), S. 264.
419
Vgl. Hypko et al. (2010b), S. 647.
420
Siehe hierzu Abschnitt 2.2.4.2, für PSS spezifisch vgl. auch Meier (2004b), S. 11, Baines et al.
(2007), S. 1549, oder Tuli et al. (2007), S. 14.
421
Zum Erfordernis, die PBC-Lösung aus zahlreichen Einzelleistungen zusammenzuführen, vgl.
Randall et al. (2010), S. 55, ergänzend Präuer (2005), S. 31. Die Veränderung der Wertschöp-
fungsstrukturen merken Gruneberg et al. (2007), S. 697, und Weddeling (2010), S. 29, an, spezi-
ell die unternehmensübergreifenden Veränderungen kommentieren Ng et al. (2009a), S. 5.
422
Diese Entwicklung wurde bereits in den Anfängen der „Servitization“ angenommen, vgl. Vander-
merwe/ Rada (1988), S. 316, de Toni et al. (1994), S. 6, und setzt sich auch heute fort, vgl. Präu-
er (2004), S. 216, Lindahl et al. (2009), S. 6, Martinsuo/ Ahola (2010), S. 107, und Lockett et al.
(2011), S. 296.
423
Vgl. jeweils exemplarisch Lindberg/ Nordin (2008), S. 296, bzw. Straub (2007), S. 134.
424
So äußern sich u. a. Defense Acquisition University (2005), S. 3-6 und 3-12, Gruneberg et al.
(2007), S. 694, Mahon (2007), S. 58, oder Randall et al. (2010), S. 35 und 43 f.
92 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
groß angenommen, dass viele Anbieter kaum noch Güteranteile selbst herstellen,
sondern sich vielmehr vorwiegend auf die Koordination der eigenen, produzierenden
Lieferanten konzentrieren.425 Der Anbieter kann aber auch Hersteller der Kernsach-
leistung eines Leistungsbündels sein, ein unabhängiger Dienstleister (der keine Gü-
ter selbst herstellt) oder eine rechtlich eigenständige Gesellschaft, welche die Leis-
tungen eines Netzwerks an (kleineren) Unternehmen konsortial bündelt.426 Dies birgt
die Herausforderung, die Fähigkeiten und Wertschöpfungsanteile der Lieferantenba-
sis bestmöglich mit dem abnehmerseitigen PBC-Leistungsergebnis in Einklang zu
bringen.427 Unter der Annahme, dass die Beiträge der Lieferanten Subsysteme (ei-
nes komplexen Leistungsbündels) darstellen, wird diese Aufgabe auch als „Sys-
temintegration“ bezeichnet, die Rolle des PBC-Anbieters als „Systemintegrator“.428
Als besonders sinnvoll wird dabei primär die Integrationsebene des Gesamtsystems
gesehen. Aber auch relevante Subsysteme können in eigenständigen PBC-
Verträgen abgebildet werden.429 Nur so ist auch die durch PBC intendierte Entlas-
tung des Abnehmers von Wertschöpfungsverantwortung, speziell den Koordinations-
aufgaben für die Lieferanten der einzelnen Teilleistungen, tatsächlich zu realisieren.
Die Systemintegration wird als ein Schlüsselaspekt der Leistungserbringung in PSS
bzw. PBC angesehen. 430 Die Hauptaufgabe des Systemintegrators besteht dabei,
wie bereits erwähnt, in der Koordination der Leistungserbringung, d. h. die notwendi-
425
Vgl. Brusoni/ Prencipe (2001), S. 202, Präuer (2004), S. 313, Petrick (2007), S. 247, Weißenfels
(2007), S. 287, sowie Johnson/ Mena (2008), S. 28 und 37. Genau hierin liegt der Unterschied zu
sogenannten Systemlieferanten bzw. Systemanbietern, bei denen man davon ausgeht, dass sie
in einem hohen Umfang vertikal integriert sind, also Leistungen selbst herstellen, statt diese
fremdzubeziehen, vgl. Davies et al. (2007), S. 187, ähnlich auch Salonen (2011), S. 684.
426
Vgl. Buse et al. (2001), S. 5, Wiendahl/ Harms (2001), S. 325, Zuther (2002), S. 17 und 86, Frei-
ling (2004), S. 690, Präuer (2004), S. 278, Tuli et al. (2007), S. 14, Weißenfels (2007), S. 56, zu-
dem Hypko et al. (2010b), S. 646. Allerdings sind dort wiederum höhere konsortiumsinterne Ko-
ordinationsaufwände zu erwarten, ebenso gegenüber dem Abnehmer, vgl. Vandermerwe (1990),
S. 471, Brandes (1994), S. 80, Präuer (2004), S. 308, und Becker et al. (2008), S. 21.
427
Vgl. Hobday et al. (2000), S. 796, Brusoni/ Prencipe (2001), S. 192, Hobday et al. (2005), S. 1136,
und O'Sullivan (2006), S. 223.
428
Vgl. Hobday et al. (2005), S. 1110, und Davies et al. (2006), S. 41. Als Treiber der Entwicklung
von Unternehmen zu Systemintegratoren wird v. a. steigende Produktkomplexität gesehen. Als
Ursprung werden zumeist Rüstungsvorhaben genannt, bei denen ursprünglich alle benötigten
Subsysteme nacheinander von einem einzelnen Unternehmen entwickelt und produziert werden.
Um jedoch immer höheren Systemanforderungen in weniger Zeit gerecht zu werden, wurde eine
Parallelisierung der Aktivitäten angestrebt, wobei einem Unternehmen die Koordinationsrolle zu-
fiel, vgl. Sapolsky (2003), S. 19, oder Hobday et al. (2005), S. 1116.
429
Zur Möglichkeit, PBC-Verträge auch auf Subsystem-Ebene umzusetzen, vgl. Gerrish/ Hodgson
(1998), S. 218, und Beggs et al. (2006), S. 5. Relevant bedeutet in diesem Fall, dass die Subsys-
teme auch in eigenständiger Sichtweise einen wesentlichen Beitrag zum Kundennutzen darstel-
len. Beispielhaft seien hier Triebwerke für Flugzeuge genannt, die einen relativ hohen Wartungs-
aufwand aufweisen und gleichzeitig kritisch für die Betriebsfähigkeit des Gesamtsystems „Flug-
zeug“ sind, vgl. Ng/ Yip (2009), S. 2, sowie Hypko et al. (2010b), S. 627.
430
Vgl. Hobday (1998), S. 706, Brusoni/ Prencipe (2001), S. 193, oder Hobday et al. (2005), S. 1136.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 93
gen Ressourcen des Anbieters, von dessen Lieferanten und des Kunden zusam-
menzuführen. Dafür muss indes die Abnehmererwartung richtig aufgenommen und
aus einem Leistungsbündel in Teilaufgaben aufgeteilt werden, dann entsprechend
spezifiziert und einem Leistungserbringer, z. B. Lieferanten, zugeteilt werden.431 Im
Verlaufe der Leistungserbringung sind dann nicht durch die operativen Erstellungs-
prozesse, sondern v. a. auch die Beziehungen zwischen den Wertschöpfungsbetei-
ligten zu steuern, z. B. über den Informationsfluss vom Kunden über den Systemin-
tegrator zu den Lieferanten (und umgekehrt).432 Genau diese Steuerung (oder „Koor-
dination“) wird dabei als eine spezifische Fähigkeit oder gar Kernkompetenz von Sys-
temintegratoren angesehen.433
Da gerade in PBC (und, wie in Abschnitt 2.2.3 dargelegt, PSS) häufig eine Vielzahl
von Einzelleistungen (und somit ggf. Lieferanten) zu integrieren sind, wird hierfür zu-
nehmend eine hierarchische Wertschöpfungsstruktur über mehrere Stufen empfoh-
len.434 Dies bedeutet, dass ausgehend von der Stufe des Systemintegrators auf jeder
Stufe die einzelnen Wertschöpfungsanteile granularer werden, also von einem Ge-
samtsystem über bestimmte Subsysteme hin zu Modulen, einzelnen Bauteilen oder
gar Rohstoffen.435 Gleichzeitig nimmt die Anzahl der Unternehmen je Stufe zu. Dies
wurde bereits zu Beginn der vorliegenden Arbeit im Rahmen der schematischen
PBC-Wertschöpfungskette (siehe Abbildung 3) erläutert. Dem Systemintegrator soll
auf diese Weise ermöglicht werden, den Koordinationsaufwand beherrschbar zu ma-
chen, indem er diesen auf Subsystemlieferanten konzentriert, die ihrerseits wiederum
auf die für sie unmittelbar wichtigen (Unter-)Lieferanten für einzelne Module, Kompo-
nenten bzw. Dienstleistungen fokussieren können.
Diese Stufigkeit der Wertschöpfungsstruktur entstammt ursprünglich der Automobil-
industrie, wo sogenannte „Original Equipment Manufacturer“ (OEM), also Fahrzeug-
431
Vgl. Hobday et al. (2005), S. 1133, Petrick (2007), S. 251.
432
Vgl. zum Beziehungsmanagement allgemein Präuer (2004), S. 309, Liinamaa/ Gustafsson (2010),
S. 211 f.; zur Schlüsselrolle des Systemintegrators für den Informationsfluss vgl. zudem Grover/
Saeed (2007), S. 185, Johnstone et al. (2009), S. 530, und Rebolledo/ Nollet (2011), S. 530. Die-
se Steuerung von Beteiligten wird unter dem Aspekt der Koordination eingeordnet und aufgrund
der spezifischen Relevanz für PBC in Abschnitt 3.2.2 mithilfe der „Coordination Theory“ nochmals
vertieft.
433
Vgl. Iyer (1996), S. 85, Dosi et al. (2003), S. 102, und Hobday et al. (2005), S. 1110.
434
Vgl. Davies (2004), S. 728, Hobday et al. (2005), S. 1120, sowie Petrick (2007), S. 248. Für die
Lieferantentypen auf den verschiedenen Wertschöpfungsebenen in PBC bzw. PSS vgl. Buse et
al. (2001), S. 12 f., Wiendahl/ Harms (2001), S. 326, Zuther (2002), S. 86, Präuer (2004), S. 294,
Wildemann (2004), S. 108, Zuther (2004), S. 184, sowie Garrett (2005), S. 43. Die schematische
Darstellung in Unterkapitel 1.2 verzichtet jedoch auf eine allzu kleinteilige Darstellung und be-
schränkt sich folglich auf die Ebenen Unterlieferanten, Lieferanten, Anbieter, Abnehmer und
(End-)Kunden, ohne vorzugeben, welche Teilleistungen jeweils erbracht werden.
435
Vgl. allgemein McIvor et al. (1998), S. 90f., Baily et al. (2008), S. 221, und Appelfeller/ Buchholz
(2011), S. 123 f.
94 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
hersteller, sich auf immer weniger direkte Lieferantenkontakte beschränken und die
Koordination der nachgeordneten Wertschöpfungsstufen den Vorlieferanten überlas-
sen.436
Gegenüber der für PBC empfohlenen Systemintegration lassen sich allerdings einige
Unterschiede feststellen: zum einen wird im Automobilsektor trotz der Hierarchisie-
rung durch die OEMs häufig auch auf nachgelagerte Wertschöpfungsstufen durch-
gegriffen, indem man z. B. bestimmte Unterlieferanten vorschreibt.437 Dies ist, gerade
für ergebnisorientierte PSS- und PBC-Verträge, aufgrund der „Freiheit der Leis-
tungserbringung“ eher nicht zu erwarten.438 Auf der anderen Seite sind in typischen
PBC-Industrien oftmals netzwerkartige Marktstrukturen vorhanden, mit vielfach kom-
plex verflochtenen Unternehmensbeziehungen (siehe hierzu auch 2.3.1.3 sowie
4.2.3). So wäre z. B. denkbar, dass ein Systemintegrator auch Lieferant eines Kom-
ponentenlieferanten auf einer nachgelagerten Wertschöpfungsstufe ist, der wiederum
Kunde des PBC-Abnehmers sein könnte.439 Gerade weil für PBC als dienstleistungs-
spezifisches Merkmal die Integration des externen Faktors, z. B. des PBC-
Abnehmers, in die Leistungserbringung anzunehmen ist (siehe hierzu u. a. Unterab-
schnitt 2.1.5.3), könnten dabei gleichsam Unterlieferanten direkt mit dem Abnehmer
in Kontakt kommen. 440 Dies wiederum liegt zumeist nicht im Interesse des PBC-
Anbieters und sollte folglich durch diesen gesteuert werden.441
Trotz der Versuche der PBC-Anbieter, Kontakte zwischen PBC-Abnehmer und den
eigenen Lieferanten zu unterbinden oder zumindest zu kontrollieren, besteht ggf. ei-
ne hohe Abhängigkeit von den Lieferanten. Dies gilt insbesondere für Systemintegra-
toren, für welche angenommen wird, sie würden für weite Teile der Leistungserbrin-
gung auf externe Lieferanten zurückgreifen. 442 Damit gehen wiederum spezifische
Risiken einher, die gezielte Mechanismen zur Steuerung der Lieferanten erfordern.
Den Ursprung dieser Risiken bildet die durch die Ergebnisorientierung implizierte
436
Vgl. McIvor et al. (1998), S. 91.
437
Vgl. Girschik/ Schulz (2003), S. 507.
438
Vgl. an dieser Stelle exemplarisch Becker et al. (2008), S. 13, in Verbindung mit Andreßen (2006),
S. 127.
439
Vgl. Meier (2004b), S. 11, Meier (2004a), S. 395, oder Weißenfels (2007), S. 17 f.
440
Vgl. Kaiser/ Schramm (2004), S. 192, Piercy (2009), S. 861, oder van der Valk/ van Iwaarden
(2011), S. 198.
441
Vgl. Farris, II. et al. (2005), S. 11, Davies et al. (2006), S. 43, oder Petrick (2007), S. 247.
442
Vgl. zur Bedeutung generell Präuer (2004), S. 216, Petrick (2007), S. 243, Lindahl et al. (2009), S.
6, Martinsuo/ Ahola (2010), S. 107, Howard/ Caldwell (2011), S. 13, sowie zur daraus resultie-
renden Abhängigkeit vgl. Dosi et al. (2003), S. 101, Hobday et al. (2005), S. 1120, Rose-
Anderssen et al. (2008), S. 311, Jaspers/ van den Ende (2010), S. 286, Kwon et al. (2010), S.
400, oder Liinamaa/ Gustafsson (2010), S. 206.
Performance-based Contracting als spezifisches Leistungs- und Beschaffungskonzept 95
Freiheit in der Leistungserbringung.443 Zwar ist der Anbieter damit frei in der Wahl
der Ressourcenkombination, die das Ergebnisziel erreichen soll. 444 Gleichwohl ob-
liegt ihm damit auch die Verantwortung, aus einem mehr oder weniger klar definier-
ten Leistungsergebnis die optimale Kombination physischer und immaterieller Leis-
tungsbestandteile zusammenzuführen, was insbesondere bei komplexen Leistungs-
bündeln wie in PBC schwierig ist.445 Die Abnehmeranforderungen an eine funktionale
bzw. ergebnisorientierte Spezifikation in Wertschöpfungsstrukturen und -prozesse zu
übertragen, bietet dem Anbieter zwar zunächst ein hohes Maß an Flexibilität. 446
Gleichzeitig jedoch haben traditionelle, detaillierte Spezifikationen durch den Abneh-
mer natürlich den Vorteil, dass der Anbieter diese lediglich umsetzen muss. Die
PBC-immanente Leistungsgarantie in PBC führt zudem dazu, dass der Anbieter sei-
ne Vergütung nur erhält, wenn er das Leistungsziel erreicht, wobei er, wie erwähnt,
stark von den Lieferanten abhängt.447 Die Aufteilung der daraus resultierenden Risi-
ken zwischen dem PBC-Anbieter und weiteren Parteien der Wertschöpfungsstruktur,
z. B. Lieferanten, spielt hierbei eine gewichtige Rolle. 448 Diese Zusammenhänge
werden daher im nächsten Kapitel, eingebettet in einen Rahmen von Beschaffungs-
und Lieferantenmanagement als übergeordnete Themenfelder, genauer betrachtet.
Mit diesem Übergang schließt das Kapitel zum Dienstleistungsmanagement als Ur-
sprung der PBC-Forschung. Zunächst wurden hierbei mit einem Fokus auf die Her-
ausforderungen für die Leistungserbringung das Dienstleistungsmanagement gene-
rell sowie im Anschluss konvergierende Produkt-Service-Konzepte (PSS) untersucht.
Die Anwendung der SDL zeigte auf, dass insbesondere die Orientierung an einem
eher abstrakten „Abnehmerproblem“ die Leistungserbringung durch den Anbieter bei
der Kombination von Sach- und Dienstleistungen vor große Herausforderungen stellt
– nicht zuletzt, weil in der PSS-Forschung bisher verstärkt die Vermarktungssicht im
Vordergrund stand. Als ein Weg, den Abstraktionsgrad zu reduzieren und die Leis-
tungserbringungsperspektive zu konkretisieren, wurde PBC dargestellt und gegen-
über ähnlichen ergebnisorientierten oder leistungsvergütenden Konzepten abge-
grenzt. Als spezielle Herausforderung hierbei wurde dabei die Koordination zwischen
443
Vgl.Kim et al. (2007), S. 1844, Gruneberg et al. (2007), S. 697, und Randall et al. (2010), S. 44.
444
Vgl. Glas et al. (2011), S. 195.
445
Vgl. Kumar et al. (2007), S. 260.
446
Vgl. Sols et al. (2007), S. 40.
447
Zur Leistungsgarantie vgl. an dieser Stelle noch einmal Brown/ Burke (2000), S. 897, Spath/
Demuß (2001), S. 37, sowie Straub (2007), S. 140; für eine umfangreichere Betrachtung der ge-
nauen Risiken siehe Folgeabschnitt.
448
Vgl. Johnson/ Mena (2008), S. 37, und Spring/ Araujo (2009), S. 460.
96 Grundlagen ergebnisorientierter Vertragskonzepte
449
Vgl. Grochla/ Schönbohm (1980), S. 9, Leenders et al. (2006), S. 2, Large (2009), S. 2, oder
Monczka et al. (2010), S. 12 f.
450
Thiell (2006), S. 48, ähnlich Koppelmann (2004), S. 5.
451
Vgl. Arnold (1997), S. 3.
Beschaffungsmärkten bzw. Lieferanten wird als eine wichtige Funktion der Beschaf-
fung betrachtet.452
Diese Wahrnehmung ist Ausdruck des Bedeutungswandels, den die Beschaffung
und mit ihr das Lieferantenmanagement in den vergangenen zwei Jahrzehnten voll-
zogen haben.453 Von einer lange auf ausführende (= operative) Tätigkeiten reduzier-
ten Aufgabe, die anderen betrieblichen Kernfunktionen wie der Produktion unterge-
ordnet war, wird die Beschaffung zunehmend erfolgskritisch oder sogar strategisch
für das Gesamtunternehmen angesehen. Ebenso wandelte sich die Rolle von Liefe-
ranten, die im Verlaufe der vergangenen Jahre zunehmend als wichtige Quelle von
Wettbewerbsvorteilen erkannt wurden.454 Heute werden die Beziehungen zu Liefe-
ranten und deren Management als eine der wichtigsten Ressourcen bzw. Unterneh-
mensaufgaben überhaupt angesehen, für die primär die Beschaffungsfunktion ver-
antwortlich ist.455
Hinsichtlich dieser Entwicklung lassen sich einige Gründe identifizieren, z. B. die
Kernkompetenzkonzentration, in deren Folge immer größere Leistungsanteile an ex-
terne Lieferanten vergeben werden, ebenso die Globalisierung, die steigenden Mög-
lichkeiten zur digitalen Kommunikation und damit die vereinfachte Nutzung weltweiter
452
Vgl. u. a. Dobler/ Burt (1996), S. 23, Arnold (1997), S. 1, Stanley/ Wisner (2001), S. 289, Moeller
et al. (2006), S. 69, Monczka et al. (2010), S. 109, oder van Weele (2010), S. 7.
453
Den Bedeutungswandel stellen u. a. fest Gadde/ Hakansson (1994), S. 27, Leenders et al. (1994),
S. 41, Carr/ Smeltzer (1997), S. 199, Stanley/ Wisner (2001), S. 288, Cousins/ Lawson (2007), S.
124, oder Moser (2007), S. 199. Zahlreiche Autoren konstatieren entweder die gestiegene Be-
deutung der Beschaffung direkt in Verbindung mit der Kernkompetenzkonzentration oder folgern
diese aus der gestiegenen Bedeutung der Lieferanten. Vgl. jeweils van Weele/ Rozemeijer (1996),
S. 155, Gadde/ Shehota (2000), S. 306, Ramsay (2001a), S. 258, Gottfredson et al. (2005), S.
132, Kannan/ Tan (2006), S. 755, sowie McIvor/ MacHugh (2006), S. 15, bzw. Han et al. (1993),
S. 332, Dyer et al. (1998), S. 73, McIvor et al. (1998), S. 93, oder Cox (2001b), S. 8. Allerdings
existieren auch kritische Stimmen, insbesondere bez. der tatsächlichen Bedeutungsveränderung
in Unternehmen, vgl. z. B. Ramsay (2001a), S. 261, Ramsay (2002), S. 116, Pechek (2003), S.
24, McIvor/ MacHugh (2006), S. 18, oder Large (2009), S. 28. Weiterführende Betrachtungen zur
Historie der Beschaffung als Unternehmensaufgabe liefern etwa Kaufmann (2001), S. 17–30, o-
der Leenders/ Fearon (2008).
454
Lange Zeit wurden Lieferanten nämlich lediglich als externe „Auftragserfüller“ gesehen, vgl. Hel-
per (1991), S. 781, Sriram et al. (1992), S. 304, Han et al. (1993), S. 332, Zaheer et al. (1998), S.
20, allgemeiner auch Bagozzi (1975), S. 32, siehe auch 3.1.1.3. Zu diesem Bedeutungswandel
allgemein vgl. Kaufmann (1993), S. 1, Ellram/ Carr (1994), S. 17, Araujo et al. (1999), S. 498,
Dubois/ Pedersen (2002), S. 35, oder Humphreys et al. (2009), S. 199; zum Aspekt der Wettbe-
werbsvorteile vgl. weiterhin Leenders et al. (1994), S. 41, und Sheth/ Sharma (1997), S. 96, zur
verbesserten Kundenorientierung vgl. Talluri/ Sarkis (2002), S. 4258, und Hartmann (2004), S. 14,
zur Innovation vgl. Lamming et al. (2005), S. 558, und Rebolledo/ Nollet (2011), S. 328, sowie
zum Qualitätsaspekt vgl. Monczka et al. (2010), S. 279, und Rebolledo/ Nollet (2011), S. 328.
455
Zur Bedeutung des Lieferantenmanagements vgl. Wagner (2001), S. 23, oder Stanley/ Wisner
(2002), S. 105, bzw. für die des Beziehungsmanagements Watts et al. (1992), S. 3, oder Kannan/
Tan (2006), S. 769, sowie für die Rolle der Beschaffung hierbei u. a. Pearson/ Gritzmacher
(1990), S. 97, Axelsson/ Wynstra (2000), S. 16, Talluri/ Sarkis (2002), S. 4257, oder Moeller et al.
(2006), S. 85.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 99
456
Zur Kernkompetenzkonzentration vgl. Shapiro (1985), S. 1, oder Ford et al. (2003), S. 93, zur
Globalisierung und IT-Technologie Ellram/ Carr (1994), S. 17, Krause et al. (2001), S. 498, Bou-
tellier (2003), S. 456, Giunipero et al. (2006), S. 823, sowie zur veränderten Wettbewerbsdynamik
vgl. Hahn et al. (1990), S. 3, Krause et al. (1998), S. 39, Zaheer et al. (1998), S. 20, oder Lasch/
Janker (2005), S. 409.
457
Vgl. zunächst Pearson/ Gritzmacher (1990), S. 94, Baily et al. (2008), S. 13, und Monczka et al.
(2010), S. 86.
458
Vgl. z. B. Kaufmann (2001), S. 39 f., auch Large (2009), S. 40.
459
Ähnliche bzw. synonyme Bezeichnungen sind Beschaffungsmarketing, Einkauf, Materialwirt-
schaft oder (Beschaffungs-)Logistik im deutschsprachigen sowie „Purchasing“, „Acquisition“,
„Procurement“, „Sourcing“ oder „Supply Management“ im englischsprachigen Raum Vgl. hierzu
Grochla/ Schönbohm (1980), S. 4, Kaufmann (2001), S. 30 f., Kaufmann (2002), S. 9, Leenders
et al. (2006), S. 7, Moser (2007), S. 19, Mohr (2010), S. 26, Monczka et al. (2010), S. 11, sowie
Arnolds et al. (2012), S. 1.
460
Die Forschungslücke stellen z. B. Koppelmann (2004), S. 378, oder Giunipero et al. (2008), S.
81 f. fest, denselben Schluss, jedoch in Verbindung mit einer Zunahme der Forschung, ziehen
z. B. Carter/ Ellram (2003), S. 39, oder Harland et al. (2006), S. 744.
461
Vgl. Arnold (1997), S. 3, Kaufmann (2001), S. 39 f., Thiell (2006), S. 48, Burt et al. (2010), S. 6,
sowie van Weele (2010), S. 6.
462
Schwerpunkt hierbei sind langfristige Erfolgspotenziale, die eine entsprechend zielgerichtete Pla-
nung, Steuerung und Kontrolle erfordern, vgl. Carr/ Smeltzer (1997), S. 201, Carr/ Smeltzer
(1999), S. 44, Bernardes/ Zsidisin (2008), S. 209, und Large (2009), S. 25 und 40. Ähnlich ausge-
100 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Noch weiter geht das „Supply Management“. Es umfasst alle wesentlichen internen
und externen, operativen und strategischen Aktivitäten, die das Unternehmen mit
den Materialien und Dienstleistungen versorgt, die es zur abnehmerseitigen Leis-
tungserbringung befähigt.463 In einigen Fällen umfasst das Supply Management so-
gar die Versorgung bis hin zum Abnehmer. Dies könnte gerade in PBC aufgrund der
in Abbildung 3 skizzierten Wertschöpfungskonstellation besondere Relevanz besit-
zen. Die internen Aufgaben umfassen z. B. gezielte Kostensenkung durch Bedarfs-
management, die externen v. a. das Lieferantenmanagement. Der wesentliche Un-
terschied zur Beschaffung liegt im Aufgabenumfang, der klar funktionsübergreifend
(also auch die Leistungserstellung/Produkt, sofern diese intern erfolgt, umfasst) und
damit neben dem „Demand Management“ einer von nur zwei Kernprozessen in Un-
ternehmen ist.464
Stärker auf die logistischen Prozesse (Transportprozesse, ebenso wie solche zu La-
ger-, Geldfluss- oder Informationsaustausch) entlang der gesamten Wertschöpfungs-
kette ausgerichtet ist das „Supply Chain Management“ (SCM).465
Aufgrund der Bedeutung der Lieferantenbeziehung als Managementaufgabe der Be-
schaffung soll an dieser Stelle außerdem eine genauere begriffliche Unterscheidung
getroffen werden, insbesondere zwischen Lieferantenmanagement, Lieferantenbe-
ziehung und Lieferantenbeziehungsmanagement. Hierbei sind zunächst starke Über-
lappungen festzustellen, wenn in der Literatur auch keine einheitliche Begriffsver-
wendung vorzufinden ist.466
Eine Beziehung soll im weiteren Verlauf der Abhandlung als eine Verbindung von
Ressourcen durch Aktivitäten verstanden werden, von denen in dieser primär die
richtet, wenn auch stärker auf den Beschaffungsmarkt bezogen, sind das „Beschaffungsmarke-
ting“, vgl. Koppelmann (2004), S. 6, sowie das „Sourcing“, vgl. Seshadri (2005), S. 6.
463
Vgl. Dobler/ Burt (1996), S. 36, bzw. ähnlich in einer späteren Auflage Burt et al. (2010), S. 6,
zudem Kaufmann (2002), S. 12.
464
Vgl. Burt/ Starling (2002), S. 93, und Harland et al. (2006), S. 730. Hier liegt der Unterschied zum
bereits beschriebenen „Operations Management“, das eher intern ausgerichtet ist; vgl. hierzu
Slack et al. (2010), S. 373, zur Abgrenzung vgl. außerdem Krause et al. (2001), S. 497.
465
Zur Definition von Supply Chain Management vgl. Scannell et al. (2000), S. 24, Mentzer et al.
(2001), S. 4, Ellram et al. (2004), S. 17, sowie Lysons/ Farrington (2012), S. 98. Letztere setzen
SCM auch mit dem Management der Wert(schöpfungs)kette („Value Chain“) gleich einem Ver-
ständnis, welchem in der vorliegenden Arbeit gefolgt wird.
466
So wird der englische Begriff „Supplier Relationship Management“ (SRM) keineswegs durchgän-
gig als Lieferantenbeziehungsmanagement übersetzt, sondern darunter wird z. T. eine Beschaf-
fungsstrategie mithilfe von Informationstechnologien und -systemen verstanden. Vgl. zu Begriffs-
vielfalt und Auslegung von SRM als IT-basiertes Konzept Appelfeller/ Buchholz (2011), S. 4, er-
gänzend Juhantila/ Virolainen (2003), S. 7, oder Wagner (2003), S. 694.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 101
Beziehung von Unternehmen von Bedeutung ist. 467 Die Beziehung zwischen dem
beschaffenden Unternehmen und den jeweiligen Lieferanten wird dabei als zentrales
Gestaltungsobjekt des Lieferanten(beziehungs)managements angesehen. Letzteres,
mithin das gezielte Management der Lieferantenbeziehungen eines Unternehmens
v. a. durch die Beschaffungsfunktion, wird in der Folge als Supplier Relationship Ma-
nagement (SRM) bezeichnet.468
Einen Unterschied von SRM zum Lieferantenmanagement als verwandtem Begriff
bildet die Betonung der Beziehung als konkretes Gestaltungsobjekt und Träger des
Austauschverhältnisses zwischen einem Abnehmer und einem Lieferanten, außer-
dem der Aspekt der sozialen Interaktion. Zuletzt umfasst Lieferantenmanagement
ebenfalls übergeordnete formale bzw. administrative Aktivitäten der Beschaffung
(siehe hierzu auch den Folgeabschnitt); diese haben ggf. zwar Auswirkungen auf die
Lieferantenbeziehung, sind aber nicht zwingend auf diese ausgerichtet. 469 Diese Ar-
beit fokussiert in der konzeptionellen Betrachtung folglich auf die Beziehung, die Ge-
staltungsempfehlungen dagegen umfassen auch das Lieferantenmanagement. Die-
ses wird im nächsten Unterabschnitt weiter detailliert.
3.1.1.3 Lieferantenmanagement im Kontext der strategischen Beschaffung
Für eine genauere Ausführung des Lieferantenmanagements wird zunächst dessen
Rolle in der strategischen Beschaffung funktional abgegrenzt. Eine Strategie be-
zeichnet dabei ein Bündel an verbundenen Maßnahmen, die unter Berücksichtigung
interner wie externer Voraussetzungen und möglicher Entwicklungen dabei einer
speziellen Handlungsrichtung folgend langfristige Erfolgspotenziale, mithin Ziele,
für ein Unternehmen anstreben.470 Strategien zur Zielerreichung müssen ihrerseits in
mittelfristige, taktische Maßnahmenpläne und/oder tatsächliche operative Aktivitäten
umgesetzt werden. 471 Ziele und häufig auch Strategien werden dabei üblicherweise
467
Vgl. Hakansson/ Snehota (2002), S. 163, ähnlich Kaufmann (1993), S. 45, sowie zur Abgrenzung
von Unternehmensbeziehungen zu sonstigen sozialen oder privaten Beziehungen Lian/ Laing
(2007), S. 714.
468
Vgl. Corsten/ Hofstetter (2001), S. 131, Moeller et al. (2006), S. 73, Lambert/ Schwieterman
(2012), S. 340, erläuternd auch Lysons/ Farrington (2012), S. 94. Dabei soll der in der Literatur
auch vorhandenen Auffassung bzw. Verwendung von SRM als informationstechnologisches Kon-
zept, siehe hierzu bspw. Appelfeller/ Buchholz (2011), S. 4 bzw. 7, nicht gefolgt werden.
469
Tatsächlich werden die Begriffe in der Literatur oft synonym bzw. stark überlappend verwendet.
Die o. g. Auffassung zur Unterscheidung von Lieferantenmanagement und SRM basiert auf ähn-
lich geäußerten Einschätzungen von Kaufmann (2001), und Lasch/ Janker (2005), S. 410.
470
Definition abgeleitet, vgl. Pearson/ Gritzmacher (1990), S. 91, Appelbaum (1991), S. 41, sowie
Domschke/ Scholl (2005), S. 29.
471
Vgl. zur Hierarchie von Zielen und Strategien Grochla/ Schönbohm (1980), S. 32 f., Carr/ Smelt-
zer (1997), S. 200, sowie Jung (2006), S. 35 f., sowie der von Strategien und taktischen bzw.
operativen Aktivitäten Monczka et al. (2010), S. 53.
102 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
472
Vgl. Nollet et al. (2005), S. 136. Möglich wären zunächst aber auch Teilstrategien für einzelne
Geschäftsfelder.
473
Vgl. Carr/ Pearson (1999), S. 501, Krause et al. (2001), S. 500, Nollet et al. (2005), S. 136, Baier
et al. (2008), S. 46, sowie Large (2009). Dem gegenüber steht die operative Beschaffung mit ih-
ren primären Aufgaben im Bereich der Bestellabwicklung, vgl. Leenders et al. (2006), S. 61 f.,
Burt et al. (2010), S. 21, Lysons/ Farrington (2012), S. 174, zudem van Weele (2010), S. 29.
474
Vgl. Cousins/ Spekman (2003), Koppelmann (2004), S. 107, Leenders et al. (2006), S. 29 f., so-
wie Large (2009), S. 49. Zunehmend spielen aber auch Nachhaltigkeitsziele wie Umweltschutz
oder soziale Verantwortung eine wichtigere Rolle, vgl. Walker/ Phillips (2009), S. 41, allgemeiner
zudem Melzer-Ridinger (2007), S. 57, und Large (2009), S. 57 f.
475
Vgl. u. a. Pearson/ Gritzmacher (1990), S. 94, Anderson/ Katz (1998), S. 7, Seshadri (2005), S. 7,
Day/ Lichtenstein (2006), S. 317, Cooper (2007), S. 4 f., Baily et al. (2008), S. 13, sowie Monczka
et al. (2010), S. 86, ergänzend wiederum Burt et al. (2010), S. 33. Fettgedruckte Elemente wei-
sen einen relevanten Bezug zum Lieferantenmanagement auf.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 103
476
Quelle: in Anlehnung an Carter/ Narasimhan (1996), S. 22–24, und Dobler/ Burt (1996), S. 10 f.
Fettgedruckte Elemente weisen einen relevanten Bezug zum Lieferantenmanagement auf.
477
Ergänzend zu den in Unterabschnitt 3.1.1.1 getroffenen Aussagen vgl. für eine steigende Bedeu-
tung Pearson/ Gritzmacher (1990), S. 97, Blankhorn/ Banting (1991), S. 187, Monczka/ Trent
(1991), S. 4, Monczka et al. (1993), S. 42, Carr/ Smeltzer (1997), S. 199, Carr/ Smeltzer (1999),
S. 44, Cavinato (1999), S. 75, Cox (2001b), S. 12, Hug (2001), S. 312, Cousins/ Spekman (2003),
S. 19, Paulraj et al. (2006), S. 117, Bernardes/ Zsidisin (2008), S. 209, oder Allen et al. (2009), S.
94. Dennoch bleibt dies ein kontrovers diskutiertes Thema, Ramsay (2001a), S. 261, ebenso
Ramsay (2002), S. 116, sowie in Replik darauf vgl. Mol (2003), S. 49, und ergänzend Nollet et al.
(2005), S. 137.
478
Vgl. Ellram/ Carr (1994), S. 17, Carr/ Smeltzer (1997), S. 200, sowie Appelfeller/ Buchholz (2011),
S. 53, ähnlich zudem Watts et al. (1992), S. 6, und van Weele (2010), S. 63.
479
Zu dieser dyadischen Verknüpfung von Beschaffung und Absatz vgl. z. B. Large (2009), S. 20
oder Domschke/ Scholl (2005), S. 6, sowie in der Folge für die vorgenommene funktionale Hie-
rarchie der Absatzfunktion auf Lieferantenseite nochmals Domschke/ Scholl (2005), S. 179 bzw.
225 f., ergänzend Palupski (2002), S. 191 ff. sowie Winkelmann (2013), S. 10 ff. Auf eine aus-
führliche Diskussion der Begriffe und Struktur auf der Absatzseite des Lieferanten soll an dieser
Stelle angesichts der Themenstellung bewusst verzichtet werden. Insofern ist die verwendete
Benennung als indikativ anzunehmen.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 105
Gesamtunternehmen (PBC-Anbieter)
Beschaffung
Strategische Beschaffung
Lieferantenmanagement
Lieferantenbeziehungs-
management (SRM)
Lieferantenbeziehung
Kundenbeziehungs-
management (CRM)
Kundenmanagement
Strategischer Vertrieb
Absatz
Gesamtunternehmen (PBC-Lieferant)
Abb. 13: Strategische Beschaffung als Rahmen von Lieferantenbeziehung und -
management in der dyadischen Anbieter-Lieferanten-Beziehung
480
Siehe auch Unterkapitel 1.1. Für eine allgemeine Definition der Frage vgl. u. a. Grochla/ Schön-
bohm (1980), S. 29, Engelhardt/ Schwab (1982), S. 505 f., Gadde/ Hakansson (1994), S. 29, o-
der Seshadri (2005), S. 13. Der Begriff „Leistungen“ soll an dieser Stelle sowohl Güter als auch
Dienstleistungen umfassen, zumal Letztere ebenfalls zunehmend Inhalt der Make-or-Buy-
Entscheidung sind, vgl. Kotabe/ Murray (2001), S. 41.
106 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
481
Vgl. hierzu Venkatesan (1992), S. 98, Large (2009), S. 93, sowie Burt et al. (2010), S. 219, er-
gänzend auch Kaufmann (1993), S. 122 ff., und Quinn/ Hilmer (1994), S. 48.
482
Personal, Kapital und Informationen bzw. Rechte sind dagegen ausgenommen; vgl. u. a. Theisen
(1970), S. 5, Grochla/ Schönbohm (1980), S. 3, Kaufmann (2001), S. 39, Large (2009), S. 8, so-
wie ähnlich Seshadri (2005), S. 16.
483
Diese Gruppen werden z. B. als Waren- oder Materialgruppen bzw. „Categories“ bezeichnet. Un-
terschieden werden diese neben der Art der Objekte bspw. auch nach der wertmäßigen Bedeu-
tung, Komplexität oder den Beschaffungsmärkten, vgl. Grochla/ Schönbohm (1980), S. 20 f.,
Stremersch et al. (2001), S. 8, Baily et al. (2008), S. 41, sowie Large (2009), S. 70.
484
Vgl. hierzu ähnlich Präuer (2004), S. 2, siehe außerdem ausführlich Unterabschnitt 3.1.1.4.
485
Siehe 3.1.3.1 sowie Ellram/ Carr (1994), S. 177, und Carr/ Smeltzer (1997), S. 200.
486
Vgl. u. a. Arnold (1997), S. 124, Baier (2008), S. 41, sowie Trent/ Roberts (2010), S. 256, ähnlich
auch Rajagopal/ Bernard (1993), S. 16, oder Large (2009), S. 67.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 107
satz zur Ableitung von Beschaffungsstrategien entwickelt, der von Glas (2012) durch
die Aufnahme PBC-relevanter Aspekte modifiziert wurde.487
Das Strategieelement „Lieferant“ veranschaulicht noch einmal den engen Zusam-
menhang von Beschaffungs- und Lieferantenstrategie. Hier geht es um die Anzahl
der Lieferanten für ein Beschaffungsobjekt und damit auch die Art der Lieferantenbe-
ziehung, mithin „Sole“ für einen Monopollieferanten, „Single“ für eine bewusste Nut-
zung nur eines, „Dual“ für eine parallele Nutzung von zwei sowie „Multiple“ bei meh-
reren Lieferanten.488 Der in der Literatur geäußerten Einschätzung folgend, in PBC
würden enge, kooperative Lieferantenbeziehungen dominieren, ist davon auszuge-
hen, dass PBC-Anbieter eher auf Single- oder Dual-Sourcing-Strategien zurückgrei-
fen.
Das Element „Beschaffungsobjekt“ beschreibt den Bündelungsgrad des Beschaf-
fungsobjektes in Einzelleistungen, Module, Systeme und die bereits untersuchten
„Solutions“ als komplexe Leistungsbündel.489 Für PBC-Anbieter kommt dabei grund-
sätzlich infrage, sowohl Einzelleistungen als auch komplexere Leistungsbündel bei
ihren Lieferanten zu beschaffen. Um jedoch den Koordinationsaufwand für den An-
bieter beherrschbar zu halten, bietet sich eine gebündelte Beschaffung von Leistun-
gen bei einer reduzierten Anzahl direkter Lieferanten an.490
In Bezug auf „Wertschöpfungsort“ wird unterschieden, wo die Leistungserstellung
stattfindet. Denkbar und zunächst am naheliegendsten ist dies beim Lieferanten
selbst („external“), außerdem vorgeschlagen auch die Integration des Lieferanten am
Standort des beschaffenden Unternehmens („individual“). 491 Für PBC sollte dabei
indes noch berücksichtigt werden, dass die Leistungserbringung durch den Anbieter
(und damit auch seinen Lieferanten) auch auf Betriebsanlagen des PBC-Abnehmers
487
Vgl. jeweils Arnold (1996), S. Sp. 1872, Arnold/ Eßig (2000), S. 128, sowie Glas (2012), S. 142.
488
Zu erklärenden Ausführungen von Arnold selbst vgl. Arnold (1997), S. 95 ff., ergänzend Quayle
(1998), S. 199. Spezifisch zu „Sole Sourcing“ auch Larson/ Kulchitsky (1998), S. 74, zum Ver-
gleich von „Single Sourcing“ und „Multiple Sourcing“ u. a. Burt et al. (2010), S. 254 f., sowie zum
„Dual Sourcing“ bzw. „Parallel Sourcing“ Richardson (1993), S. 342, und Dubois/ Fredriksson
(2008), S. 176.
489
Systeme sind hier als funktional aufeinander abgestimmte Baugruppen auf der Stufe unterhalb
eines komplexen Gesamtsystems zu verstehen. Für eine allgemeine Erläuterung der Teilkonzep-
te vgl. Arnold (1997), S. 100 f., spezifisch zur Systembeschaffung Gadde/ Jellbo (2002), S. 43 f.,
und Andreßen (2006), S. 41, sowie zum Solutions Sourcing Präuer (2004), S. 2.
490
Der Aspekt, dass der PBC-Anbieter den Umfang des Fremdbezuges von den Lieferanten be-
stimmt, ergibt sich aus der Freiheit in der Leistungserbringung als Folge der Ergebnisorientierung
(siehe auch Unterabschnitt 2.3.1.1). Das Problem des Koordinationsaufwandes wurde mit Bezug
auf PSS und PBC in 2.3.2.3 dargestellt und wird in Abschnitt 3.2.2 vertieft.
491
Vgl. Arnold (1997), S. 121 f.
108 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Demand
Beschaffungszeit Stock Just-in-time
Tailored
Bei der Festlegung der jeweiligen Strategie müssen indessen weitere, durch den be-
schaffenden PBC-Anbieter lediglich bedingt beeinflussbare Faktoren Berücksichti-
492
Dies ist z.B. bei „Pay-on-Production“ der Fall, vgl. Zwirner (2003), S. 62. Zur oft räumlich engen
Zusammenarbeit in PBC allgemein vgl. Wiendahl/ Harms (2001), S. 326, Brost/ Leins (2004), S.
84, und Hypko et al. (2010b), S. 642.
493
Weiterführend zu den Inhalten dieser Strategieelemente vgl. Arnold (1997), S. 104–120. Zur ge-
troffenen Einschätzung der geringen PBC-Relevanz siehe auch Abschnitt 3.2
494
Quelle: in Anlehnung an Arnold (1996), S. Sp. 1872, ergänzend Arnold/ Eßig (2000), S. 128, so-
wie Glas (2012), S. 142.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 109
gung finden.495 Wesentliches Ergebnis der Bewertung dieser Determinanten ist die
Art der Lieferantenbeziehung, die ein beschaffendes Unternehmen anstreben kann.
Dieser Aspekt wird in Abschnitt 3.1.3 erneut aufgegriffen und weiter ausgeführt.
3.1.2 Bedeutung und Inhalte von Lieferantenmanagement
In den folgenden Unterabschnitten werden allgemeine Aspekte zur Entwicklung und
Bedeutung von Lieferantenmanagement veranschaulicht. Bereits in Unterabschnitt
3.1.1.1 wurde an verschiedenen Stellen die gewandelte Bedeutung von Lieferanten
sowie die daraus folgende Notwendigkeit entsprechend gezielter Managementaktivi-
täten angedeutet.
Im Verlaufe der 1970er-Jahre mehrten sich, zunächst im Marketingbereich, die
Stimmen, die eine reine transaktionale Fokussierung für die Austauschbeziehungen
als wenig zweckmäßig erachteten.496 Hauptsächlich in industriellen Märkten sei da-
von auszugehen, dass eine regelmäßige Interaktion zwischen Anbieter und Abneh-
mer stattfindet und durch eine Abfolge von Transaktionen zunehmend intensivere
Beziehungen entstehen.
3.1.2.1 Die Beziehung als Kerngestaltungsobjekt des Lieferantenmanagements
Durch die zu Beginn dieses Kapitels skizzierte Bedeutungsveränderung hat sich also
nicht die Tatsache verändert, dass zwischen Unternehmen Beziehungen bestehen,
sondern wie diese Beziehungen aufgefasst werden.497 Sie werden zunehmend als
die Grundlage unternehmerischer Aktivitäten verstanden.498
Konkreter werden sie mittlerweile als „Vermögenswert“ angesehen, den es zu entwi-
ckeln bzw. pflegen gilt. 499 Diese Aktivitäten, mithin gezielte(r) Aufbau, Pflege und
495
Beispiele dieser Einflüsse sind z. B. die Bedeutung des Beschaffungsobjektes auf Grundlage der
Kritizität für den Leistungserbringungsprozess oder des Wertanteils am Beschaffungsvolumen,
die Komplexität des Beschaffungsobjektes und dazu intern vorhandenes Wissen, ebenso die
Machtverhältnisse auf den Beschaffungsmärkten, vgl. Kraljic (1983), S. 110, Olsen/ Ellram
(1997a), S. 104, Schübpach (2001), S. 336 ff., Wagner/ Johnson (2004), S. 728, Ford/ Hakans-
son (2006), S. 256, und Gelderman/ Semeijn (2006), S. 214.
496
Vgl. Arndt (1979), S. 69, Hakansson/ Wootz (1979), S. 29, Kern (1990), S. 217, Gummesson
(1997), S. 268, Eiriz/ Wilson (2006), S. 277, und Grönroos (2007), S. 24, speziell zur Sichtweise,
Beziehungen seien eine bzw. entstünden aus einer Abfolge von Transaktionen, vgl. Wehrli (2003),
S. 63. Erst später setzte sich diese veränderte Sichtweise auch im Beschaffungsbereich durch,
vgl. Lamming (2005), S. 85, Baily et al. (2008), S. 15, Terpend et al. (2008), S. 42.
497
Starke Verfechter dieses Verständnisses waren die im Forschernetzwerk „IMP Group“ organisier-
ten Akademiker, vgl. Hakansson (1982), ergänzend Ford et al. (2003), S. 37 f., oder Autoren im
Themengebiet des „Relationship Marketing“, vgl. Gummesson (1997), S. 268.
498
Vgl. u. a. Dyer/ Singh (1998), S. 661, die damit die Forderung nach einem „Relational View“ ver-
binden, weiterhin Dwyer et al. (1987), S. 11, Hakansson/ Snehota (2002), S. 165, Gulati/ Kletter
(2005), S. 89, sowie Grönroos (2007), S. 35. Hier werden auch Parallelen zur „Service-dominant
Logic“ sichtbar, deren Ideen wiederum durch PBC umfassend aufgegriffen werden.
499
Vgl. Gadde/ Shehota (2000), S. 315, Cox et al. (2003), S. 138, Ford et al. (2003), S. 49, oder Gu-
lati/ Kletter (2005), S. 77.
110 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
500
Eigene Definition, entwickelt aus Gummesson (1997), S. 267, und Leek/ Naude (2002), S. 2.
501
Vgl. zum Aufwand für das Beziehungsmanagement Dwyer et al. (1987), S. 14, Anderson/ Katz
(1998), S. 10, Corsten/ Felde (2002), S. 91, Zubko (2008), S. 52, oder Claro/ Claro (2010), S. 221.
Zur Sichtweise dieses Aufwands als Investition vgl. zudem Stuart (1993), S. 27, Carr/ Pearson
(1999), S. 499, Londsdale (2001), S. 23, Hakansson/ Snehota (2002), S. 167, oder Cheng (2009),
S. 17. Mögliche Wettbewerbsvorteile wurden in 3.1.1.3 dargelegt.
502
Vgl. Morgan (1987), S. 53 f., Pearson/ Gritzmacher (1990), S. 97, McIvor et al. (1998), S. 97,
Araujo et al. (1999), S. 498, Cousins (1999), S. 150, sowie Forker/ Stannack (2000), S. 36. Hin-
tergrund dieser Entwicklung ist die Notwendigkeit, den Aufwand für das Lieferantenbeziehungs-
management, also knappe Ressourcen (z. B. Beschaffungspersonal), auf weniger, dafür wichti-
gere Lieferanten zu begrenzen.
503
So könnte z. B. ein Lieferant höhere Preise oder anderweitig für ihn günstige Konditionen durch-
setzen, wenn sich das beschaffende Unternehmen (durch Investitionen) in einem Abhängigkeits-
verhältnis befindet. Vgl. zum konkreten Umstand und entsprechenden Auswirkungen Frazier et al.
(1988), S. 58, Stuart/ McCutcheon (1995), S. 5, Wolters/ Schuller (1997), S. 162, Londsdale
(2001), S. 24, Cox et al. (2003), S. 139, oder Anderson/ Jap (2005), S. 78. Solcherlei Betrachtun-
gen von Investitionen und deren Auswirkungen sind ebenfalls Gegenstand der Transaktionskos-
tentheorie, vgl. Williamson (1985).
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 111
umfang nicht einheitlich definiert. Die folgende Umschreibung der einzelnen Aufga-
benbereiche gibt deshalb einen Überblick und veranschaulicht dabei mögliche Über-
lappungen:504
x Lieferantidentifikation505
Bereits die Identifikation potenzieller Lieferanten auf den fokussierten Beschaffungs-
märkten für ein bestimmtes Beschaffungsobjekt wird teilweise als initialer Schritt des
Lieferantenmanagements gesehen. Dies zielt darauf ab, eine möglichst große Basis
potenzieller Lieferanten ansprechen zu können und ggf. Abhängigkeiten einzelner
Unternehmen zu reduzieren. Gleichwohl existieren Überschneidungen zur:
x Lieferantenauswahl506
Hier geht es darum, aus der Grundgesamtheit möglicher Lieferanten den- oder die-
jenigen auszuwählen, mit dem bzw. denen tatsächlich ein Vertragsverhältnis einge-
gangen werden soll. Dabei gilt es, die strategische Lieferantenauswahl (für langfris-
tige Verträge) von der operativen (für einzelne Bestellvorgänge) zu unterscheiden;
allein Erstere ist Gegenstand des Lieferantenmanagements. Da in dieser Phase
weitreichende Entscheidungen getroffen werden, repräsentiert die Lieferantenaus-
wahl eine der wichtigsten in der Beschaffung.
x Lieferantenbewertung und Lieferantenentwicklung507
Nach erfolgter Lieferantenauswahl gilt es, deren Leistung zu überprüfen und zu
steuern (daher wird diese Teilaufgabe auch „Lieferantencontrolling“ genannt).508 Die
Leistungserwartungen sollten sich an den Auswahlkriterien orientieren, die wiede-
rum die Prioritäten für das jeweilige Beschaffungsobjekt widerspiegeln.
504
Die Auswahl der folgenden Aufgaben als Teile des Lieferantenmanagements beruht auf quantita-
tiven Auswertungen (Anzahl Nennungen) sowie entsprechenden Übersichten bei Janker (2008),
S. 23 sowie 32 ff., ähnlich auch Hartmann (2004), S. 21 bzw. 89, Lasch/ Janker (2005), S. 410,
und Lysons/ Farrington (2012), S. 8.
505
Vgl. Koppelmann (2004), S. 235, Lasch/ Janker (2005), S. 411, ähnlich Lasch/ Janker (2007), S.
116.
506
Allgemein zur Aufgabe der Lieferantenauswahl vgl. Lasch/ Janker (2005), S. 411, zu deren Ebe-
nen vgl. Large (2009), S. 170, zu deren Bedeutung Leenders (1989), S. 47, oder Stuart (1993), S.
23, zur beschaffungsobjektspezifischen Auslegung de Boer et al. (2001), S. 77, Bevilacqua/ Pet-
roni (2002), S. 239, oder Moser (2007), S. 204, zur Herausforderung der Methodik- und Kriterien-
auswahl Degraeve et al. (2000), S. 38, Pressey et al. (2007), S. 283, oder Chen (2011), S. 1653,
sowie zu empirischen Untersuchungen zur Verwendung bestimmter Auswahlkriterien Dickson
(1966), S. 14, Weber et al. (1991), S. 10 f., Ittner et al. (1999), S. 262 f., und Juhantila/ Virolainen
(2003), S. 17 f.
507
Zur Lieferantenbewertung allgemein vgl. Lasch/ Janker (2005), S. 411, zum Zusammenhang von
Lieferantenauswahl und -bewertung Weber et al. (2000), S. 135, Axelsson/ Wynstra (2002), S.
165. Auch einzelne Aspekte werden in beiden Phasen gesehen, so z. B. die kontextbezogene
bzw. beschaffungsobjektspezifische Kriterienbestimmung, vgl. Choi/ Wu (2009a), S. 264, oder
Kannan/ Tan (2006), S. 770, bzw. Lamming et al. (1996), S. 175, oder Schübpach (2001), S. 331.
508
Vgl. Lasch/ Janker (2005), S. 411, ähnlich Hartmann (2004), S. 21, sowie Henke et al. (2010), S.
47.
112 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Daran angelehnt setzt das Konzept der Lieferantenentwicklung an, indem Bewer-
tungsergebnisse (ggf. bereits im Verlaufe der Lieferantenauswahl gesammelte) ge-
nutzt werden, um Defizite des Lieferanten zu identifizieren und dies wiederum als
Basis für strukturierte, langfristige Optimierungsprogramme zu nutzen. 509 Dazu ge-
hört explizit auch, dass der Abnehmer diese Verbesserungsansätze mit eigenem
Personal, Know-how oder sogar finanziellen Ressourcen unterstützt. Dies ist ein ty-
pisches Beispiel für Investitionen in Lieferantenbeziehungen, die sich aus dem Liefe-
rantenmanagement ergeben, und auch ein Ansatzpunkt, um in PBC-Anbieter-
Lieferanten-Beziehungen Verbesserungen zu treiben.
x Beziehungs- und Vertragsmanagement510
Das Management der Lieferanten im Vertragsverlauf umfasst sowohl die Pflege bzw.
Verbesserung der Lieferantenbeziehung als auch der Vertragsinhalte (zu diesem
Zusammenhang spezifisch in PBC siehe erneut Abschnitte 5.3.2 und 5.3.3). Aktives
Management der Lieferantenbeziehung beinhaltet z. B. die gezielte Förderung von
Kommunikation zwischen den Unternehmen sowie gemeinsame Aktivitäten auch im
sozialen Bereich. Vertragsmanagement beinhaltet dagegen die eigentliche Vertrags-
abwicklung bzw. Leistungserbringung und darin v. a. regelmäßige Prüfungen, ob die
vertraglich vereinbarten Leistungsanforderungen ggf. anzupassen sind.
x Beendigung511
Lediglich vereinzelt wurde bisher darauf hingewiesen, dass auch die Beendigung von
Vertragsverhältnissen eine wichtige Rolle spielen kann. Gerade im Zuge verstärkter
Integrationsbemühungen mit Lieferanten bedeutet die Beendigung eines Vertrages
zunächst auch, dass gemeinsam aufgebaute Strukturen entflochten, Wissen doku-
mentiert, transferiert und der zukünftige Umgang miteinander definiert werden müs-
sen.
509
Zur Lieferantenentwicklung vgl. Leenders (1989), S. 52, Hahn et al. (1990), S. 4, Krause/ Ellram
(1997), S. 21, Moeller et al. (2006), S. 78, zum Zusammenhang mit der Lieferantenbewertung
konkret zudem Wagner/ Krause (2009), S. 3172, zur Notwendigkeit, Lieferanten einzubinden,
Krause/ Ellram (1997), S. 27, Andreßen (2006), S. 290, ähnlich auch Lamming et al. (1996), S.
175. Zum Prozess der Lieferantenentwicklung vgl. Krause et al. (1998), S. 40, oder Monczka et al.
(2010), S. 231, zu den Methoden hierin vgl. zudem Wagner/ Krause (2009), S. 3171.
510
Die Elemente von Lieferantenbeziehungen, die Ziel des Lieferantenbeziehungsmanagements
sind, werden in Unterabschnitt 3.1.3.5 genauer untersucht. Zu den hier genannten Ansätzen des
Beziehungsmanagements vgl. Carr/ Pearson (1999), S. 499, Guo/ Ng (2011b), S. 47, und
Lysons/ Farrington (2012), S. 8. Zum Vertragsmanagement vgl. Caldwell et al. (2005), S. 249,
Baily et al. (2008), S. 419, sowie ausführlich für den Dienstleistungsbereich Unterabschnitt
2.1.5.3 und für PBC 2.3.2.2. Zum Zusammenhang von relationaler und vertraglicher Beziehungs-
steuerung vgl. Corsten/ Felde (2002), S. 89, allgemeiner Poppo/ Zenger (2002), sowie speziell für
PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen Abschnitt 5.3.2.
511
Zur Beendigung und den notwendigen Aktivitäten in diesem Rahmen vgl. Hüsler (2001), S. 106,
Moeller et al. (2006), S. 84, Large (2009), S. 274 ff., zum Zusammenhang mit der Lieferantenre-
duktion vgl. Cousins (1999), S. 153.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 113
512
Vgl. Giunipero/ Eltantavy (2004), S. 704, Nordin (2008), S. 46. Als Risiko wird dabei allgemein die
Wahrscheinlichkeit der Abweichung eines tatsächlichen von einem geplanten Ergebnis verstan-
den, vgl. Spekman/ Davis (2004), S. 416, Beschaffungsrisiko demnach als Ergebnisabweichung
im Beschaffungsbereich, vgl. Zsidisin/ Ellram (2003), S. 15. Risikomanagement ist folglich der
gezielte Prozess, Risiken frühzeitig zu erkennen, um Handlungsalternativen zu entwickeln und
diese zu verfolgen, um die Auswirkungen der Zielabweichungen zu reduzieren, vgl. Eberle (2005),
S. 42.
513
Solche Abweichungen ergeben sich z. B. in der physischen Zulieferung bez. der Lieferfähigkeit
des jeweiligen Lieferanten oder durch Störungen des makroökonomischen Marktgefüges. Zu den
Risikoarten vgl. Eberle (2005), S. 71 f., ergänzend Mitchell et al. (2003), S. 3, sowie Fisher et al.
(2007), S. 124, zu den Auswirkungen auf die Austauschverhältnisse Spekman/ Davis (2004), S.
419.
514
Zu Abhängigkeitsrisiken allgemein vgl. Eberle (2005), S. 84 ff., und Spekman/ Davis (2004), S.
431, zum Risiko des Opportunismus in diesem Zusammenhang Specht et al. (2007), S. 141, so-
wie nochmals Spekman/ Davis (2004), S. 431, ähnlich jedoch Li/ Choi (2009), S. 34.
515
Vgl. Cousins (2002), S. 71. Hohes Vertrauen bedeutet jedoch keine Garantie, sondern lediglich
eine höhere empfundene Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Verhaltens, vgl. Norrman (2008),
S. 387, in Verbindung mit Hartmann/ Offe (2001), S. 211.
516
Vgl. u. a. Gélinas et al. (1996), S. 44, Ramsay (1996), S. 17, Wolters/ Schuller (1997), S. 162,
oder Spekman/ Davis (2004), S. 423.
114 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
So könnten PBC-Anbieter gemeinsam mit dem Abnehmer und/ oder den Lieferanten
risikomindernde Maßnahmen ergreifen (z.B. Prozessveränderungen). Eine Überwäl-
zung der PBC-Risiken auf den Abnehmer dagegen würde den grundlegenden Ideen
des Konzeptes widersprechen, die Lieferanten miteinzubeziehen ist dagegen durch-
aus denkbar, wie die weiteren Ausführungen (siehe hierzu u.a. Unterabschnitte
3.2.1.2, 3.3.2.5 und 5.1.2) zeigen werden.520
517
Vgl. Giunipero/ Eltantavy (2004), S. 710, sowie die informationsökonomische Bewertung in Un-
terabschnitt 3.3.1.2.
518
Für diese Einteilung vgl. Saitz (1999), S. 79f., sowie Beispiele zur Umsetzung vgl. Füser et al.
(1999), S. 757.
519
Quelle: in Anlehnung an Saitz (1999), S. 79f., Koppelmann (2004), S. 412 ff. und Eberle (2005), S.
52 bzw. 170. Versicherungen könnten z. B. eine Verlängerung von Gewährleistungsfristen in
PBC abdecken.
520
Zum Risikotransfer als Kernimplikation von Leistungsbündeln vgl. an dieser Stelle Johnson/ Mena
(2008), sowie von PBC vgl. Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 728. Für eine ausführliche Betrach-
tung siehe zu dem 3.2.1 dieser Arbeit.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 115
Gleichwohl muss nicht jedes identifizierte Risiko tatsächlich adressiert werden. 521
Zudem spielt der Aufwand für das Management eines bestimmten Risikos eine Rol-
le.522
Zahlreiche Firmen versuchen ferner, die Risiken, die sie abnehmerseitig übernehmen,
wiederum an ihre Lieferanten weiterzugeben und diese so zu den vorgenannten
Maßnahmen zu veranlassen.523 Nichtsdestotrotz ist diese einseitige Weitergabe um-
stritten und oft auch nicht zweckmäßig. Insbesondere dann, wenn die Lieferanten,
welche die Risiken auffangen sollen, über eine geringe Risikoneigung verfügen
und/oder keinen Anreiz zur Risikoübernahme haben (z. B. durch einen Machtüber-
hang), können sich daraus Kostensteigerungen ergeben, die ggf. sogar höher ausfal-
len, als wenn sie durch das ursprünglich weitergebende Unternehmen übernommen
worden wären. 524 Diese Überlegungen sollten ebenfalls in der Ausgestaltung von
PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen aufgrund des PBC-inhärenten Risikotrans-
fers gezielt Berücksichtigung finden.
3.1.2.4 Organisatorisch-strukturelle Gestaltung des Lieferantenmanagements
Angesichts des umfassenden und bedeutenden Umfangs eines in der strategischen
Beschaffung verankerten Lieferantenmanagements erweist es sich als wenig überra-
schend, dass sich auch im organisatorischen Bereich Implikationen durch ein inte-
griertes Lieferantenmanagement ergeben, so etwa für die Aufbau- und Ablauforgani-
sation, die Personalpolitik sowie Informationssysteme.525 Als Grundlage für das Ma-
521
Vgl. Koppelmann (2004), S. 412 ff., Eberle (2005), S. 170, sowie Fisher et al. (2007), S. 115,
speziell zur erforderlichen Abdeckungsbreite des Risikomanagements Giunipero/ Eltantavy
(2004), S. 710.
522
Der Aufwand sollte in angemessenem Verhältnis zu Eintrittswahrscheinlichkeit und Risikoauswir-
kung stehen, vgl. Peukert/ Read (2003), S. 201, oder Norrman (2008), S. 383. Typische (operati-
ve) Risikomanagementmaßnahmen, die Aufwand nach sich ziehen, sind z. B. Pufferläger, um
sich gegen Lieferausfälle abzusichern, wobei Kosten für Lagerhaltung, Gebäude, Personal oder
Kapitalbindung entstehen, vgl. Zsidisin/ Ellram (2003), S. 15, Giunipero/ Eltantavy (2004), S. 699,
Moser (2007), S. 155, sowie Monczka et al. (2010), S. 391, erläuternd zu den Lagerhaltungskos-
ten z. B. Kummer et al. (2009), S. 139.
523
Vgl. Haindl (1996), S. 157, Giunipero/ Eltantavy (2004), S. 699, Eberle (2005), S. 52, oder Brady/
Davies (2011). In der Folge zur Empfehlung, Risikomanagement mit Lieferanten kooperativ zu
betreiben, vgl. Thiemt (2003), S. 265 f.
524
Zum Aspekt der Risikoneigung vgl. Steven/ Pollmeier (2007), S. 277, und Moser (2007), S. 155 f.,
zur angemessenen Aufteilung von Risiken und Anreizen Hall/ Andriani (1999), S. 60, sowie Tang
(1999), S. 51. Interessanterweise herrscht zwischen beschaffendem Unternehmen und den Liefe-
ranten häufig eine deutlich abweichende Einschätzung, ob Risiken und Anreize tatsächlich an-
gemessen aufgeteilt werden Ellram/ Hendrick (1995), S. 50. Zum Kostenaspekt in diesem Zu-
sammenhang vgl. außerdem Norrman (2008), S. 383.
525
Diese Elemente sollen unter dem Aspekt der Beschaffungsorganisation betrachtet werden, vgl.
Monczka et al. (2009), S. 18, ähnlich zudem Accenture (2007), S. 8, und Cousins (2002), S. 78.
Zur Unterscheidung von Aufbau- und Ablauforganisation als Organisationsstruktur bzw. Prozess-
landschaft vgl. Jung (2006), S. 266 bzw. 290.
116 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
526
Vgl. u. a. Arnold (1997), S. 207, Baily et al. (2008), S. 58 f., Burt et al. (2010), S. 34 f., sowie
Monczka et al. (2010), S. 92 ff.
527
Vgl. u. a. Arnold (1997), S. 209, Baily et al. (2008), S. 58 f., Burt et al. (2010), S. 35 f., sowie
Monczka et al. (2010), S. 92 ff.
528
Vgl. Kalbfuß (2003), S. 836, Rüdrich et al. (2004), S. 15, Wannenwetsch (2010), S. 127, in Ver-
bindung mit Large (2009), S. 283 bzw. 285. Populär ist dabei z. B. das „Lead-Buyer“-Konzept.
Dort übernehmen dezentrale Einheiten die strategische Führung einer bestimmten Beschaf-
fungsobjektgruppe, für die sie besonders geeignet sind, z. B. aufgrund der Nähe zu wichtigen Lie-
feranten, was gerade für ein PBC-Lieferantenmanagement passend sein könnte.
529
Vgl. Lysons/ Farrington (2012), S. 169.
530
Zur cross-funktionalen Integration generell vgl. Spekman/ Johnston (1986), S. 520 f., weiterhin
zur Abnehmerorientierung Carr/ Smeltzer (1999), S. 49, Stanley/ Wisner (2001), S. 301, Nollet et
al. (2005), S. 137, Stolle (2008), S. 90, oder Burt et al. (2010), S. 9. Hintergrund sind die Nachtei-
le der funktionalen Isolierung, in der die einzelnen Funktionsbereiche lediglich ihr Verantwor-
tungsgebiet optimieren, ohne die Auswirkungen ihrer Aktionen auf andere Abteilungen etc. aus-
reichend zu berücksichtigen, vgl. Stanley/ Wisner (2002), S. 97, und Piercy (2009), S. 858. Die
Forderung nach cross-funktionaler Integration der Beschaffung findet sich u. a. bei Monczka/
Trent (1991), S. 9, Leenders et al. (1994), S. 41, Sheth (1996), S. 13, oder Ogden et al. (2005), S.
36. Der Erfolg dieses Ansatzes ist sogar empirisch belegt, vgl. Narasimhan/ Das (2001), S. 601,
oder Moser (2007), S. 203.
531
Vgl. Giunipero et al. (2006), S. 833 f., und Glenn Richey et al. (2010), S. 84 f.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 117
532
Besondere Fähigkeiten werden z. B. für die strategische Planung und Entscheidungsfindung,
Kommunikation und Beziehungspflege mit den Lieferanten, Projektmanagement, Vertragsgestal-
tung, Kostenmanagement benötigt, ebenso wie detailliertes Wissen über Beschaffungsobjekte
und/oder -märkte, vgl. Giunipero et al. (2006), S. 836, ähnlich Pearson/ Gritzmacher (1990), S.
97f., Pechek (2003), S. 31, sowie speziell zu den Fähigkeiten für das Lieferantenmanagement
Stuart (1993), S. 27. Allgemein zudem Humphreys et al. (2000), S. 92.
533
Vgl. einleitend Hakansson/ Snehota (2002), S. 164.
118 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Netzwerke.534 Diese werden im Folgenden erneut genauer abgegrenzt und ihre mög-
liche Eignung für das vorliegende Forschungsvorhaben bewertet.
x Firmenperspektive535
Ausgehend von der verstärkt erhobenen Forderung, Unternehmen sollten ihre inter-
ne Organisation funktionsübergreifend ausrichten, sind auch die Beziehungen zwi-
schen einzelnen Organisationsbereichen intensiver untersucht worden. Für die Be-
schaffung hieße dies bspw., dass gezielt die Beziehungen zu den internen Bedarfs-
trägern betrachtet würden. Für PBC-Anbieter wären dies z. B. Beziehungen zwi-
schen den Abteilungen für Beschaffung, Dienstleistung, Marketing oder Produktion,
etwa wie im vorherigen Unterabschnitt in Hinblick auf die cross-funktionale Organisa-
tion angedeutet. Auch die Beschaffung selbst ist zunächst natürlich intern (also fir-
menbezogen), wird aber durch den Lieferantenbezug extern (also unternehmens-
übergreifend). Hierzu existieren bereits zahlreiche Untersuchungen zu den organisa-
torischen Herausforderungen für PSS- bzw. PBC-Anbieter.536 So liegen die Anbieter-
Lieferanten-Beziehungen, die im Rahmen dieser Arbeit genauer untersucht werden
sollen, außerhalb der Firmenperspektive, weshalb diese nicht genutzt wird. Lediglich
das anbieterspezifische Beziehungsmanagement könnte als Teil dieser Perspektive
gelten.
x Dyade537
Dyaden bezeichnen die Verbindung von zwei Unternehmen und deren gegenseitige
Beeinflussung. Die Unternehmen werden dabei als Gesamtheit ihrer Funktionsberei-
che aufgefasst („holistische Perspektive“). Diese Perspektive ist die in der Forschung
gängigste, v. a. aus dem Grund, da sie die wechselseitigen Einflüsse zwischen Un-
ternehmen aufnimmt, gleichzeitig aber die Analysekomplexität reduziert. Kritische
Stimmen bemängeln indes, dass eine dyadische Betrachtung die heutigen, oft kom-
plexen Wertschöpfungsstrukturen zu stark vereinfacht. Dennoch ist eine Untersu-
chung der Beziehungen zwischen PBC-Anbieter und -Lieferanten mittels einer dyadi-
schen Perspektive gut denkbar.
534
Diese Zusammenstellung basiert auf ähnlichen Darstellungen von Johnston/ Lewin (1996), S. 5,
Harland et al. (1999), S. 660, Hakansson/ Snehota (2002), S. 177, Ritter et al. (2004), S. 179,
sowie Choi/ Wu (2009a), S. 264.
535
Vgl. Johnston/ Lewin (1996), S. 5, Hakansson/ Snehota (2002), S. 164, Choi/ Wu (2009a), S. 164,
ähnlich zudem Anderson et al. (1994), S. 3.
536
Siehe Abschnitt 2.2.3, 2.3.2 sowie beispielhaft Mont (2002), S. 242, Davies et al. (2007), S. 191,
oder Storbacka (2011), S. 699.
537
Vgl. zur Definition von Dyaden Anderson et al. (1994), S. 3, Hakansson/ Snehota (2002), S. 171,
und Choi/ Wu (2009b), S. 10, zu deren Verbreitung in der Forschung Dyer/ Singh (1998), S. 661,
Choi et al. (2002), S. 119, Cousins (2002), S. 78, sowie Lamming (2005), S. 91, zur Kritik dann
Roseira et al. (2010), S. 925.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 119
x Triade538
Eine Erweiterung der dyadischen Perspektive um ein weiteres Unternehmen findet
mit einer triadischen Betrachtung statt. Eine Triade bezeichnet in dem Fall eine
Dreiecksbeziehung zwischen Unternehmen, die jeweils direkt miteinander verbun-
den sind. So werden Auswirkungen der Handlungen eines oder zweier Unterneh-
men nicht nur auf deren direkte Verbindung, sondern auch auf die eines weiteren
Unternehmens analysiert. Ein Beispiel hierfür wäre die in Abschnitt 2.1.3 beschrie-
bene und auch für PBC durchaus denkbare Situation, nach der ein Lieferant von
„Component Services“ ggf. in Kontakt mit dem Kunden seines Abnehmers kommt,
woraus eine Triade resultiert. Für das vorliegende Forschungsproblem kann diese
Perspektive daher geeignet sein. Allerdings folgt durch PBC, dass über den Sys-
temintegrator die Lieferanten vom PBC-Abnehmer entkoppelt werden, weshalb sich
die Triade nicht in allen Fällen als passend erweist.
x Wertschöpfungskette/Supply Chain539
Die „lineare“ Verbindung von mindestens drei Unternehmen über alle Stufen einer
Wertschöpfungskette hinweg bis zu einem Endkunden bildet die Grundlage der
„Supply Chain“-Perspektive. Der Schwerpunkt dieser Perspektive besteht darin, die
Aktivitäten der einzelnen Unternehmen so auszurichten, dass das für einen Endkun-
den optimale Ergebnis erzielt wird. Die Verbindung zwischen PBC-
Abnehmer, -Anbieter und dessen Lieferanten könnte eine solche Betrachtungsebene
rechtfertigen. Voraussetzung ist jedoch, dass die einzelnen Unternehmen auch tat-
sächlich über mehrere Wertschöpfungsebenen hinweg in Kontakt und bereit sind,
ihre Aktivitäten aufeinander abzustimmen, oder aber ein Unternehmen über entspre-
chende Macht verfügt, dies herbeizuführen. Kritiker bezweifeln, dass dies der Reali-
tät entspricht, und merken zudem an, dass die Supply-Chain-Perspektive mit zu-
nehmender Bedeutung der Netzwerkperspektive in den Hintergrund tritt. Für PBC
könnte diese Perspektive dennoch für eine detailliertere Betrachtung der Wechse-
leinflüsse zwischen PBC-Abnehmer und -(Unter)Lieferanten sinnvoll sein, die bei ei-
ner dyadischen Anbieter-Lieferanten-Betrachtung (nur) als indirekt angenommen
werden.
538
Vgl. zur Definition von Triaden Dubois/ Fredriksson (2008), S. 170, Choi/ Wu (2009b), S. 10, zu
den Anwendungsbeispielen Girschik/ Schulz (2003), S. 511, sowie Wu/ Choi (2005), S. 45, zur
Anwendung in der Forschung Choi/ Wu (2009a), S. 265, und Dubois (2009), S. 267.
539
Vgl. zur Definition von Supply Chains Mentzer et al. (2001), S. 4, Seuring (2008), S. 128, zu den
Zusammenhängen darin Pagell/ Sheu (2001), S. 2783, Hakansson/ Snehota (2002), S. 166, oder
Coronado/ Lyons (2007), S. 576, zur Kritik ergänzend Harland et al. (2001), S. 22, und Reiß/
Präuer (2003), S. 28.
120 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
x Netzwerk540
Eine Betrachtung von Unternehmensbeziehungen aus der Netzwerkperspektive be-
deutet eine Berücksichtigung direkter und indirekter Verbindungen zwischen einer
Vielzahl von Unternehmen auf der gleichen sowie (sämtlichen) vor- bzw. nachgela-
gerten Wertschöpfungsstufen. Tatsächlich sind Wertschöpfungsstrukturen heutzuta-
ge oft beliebig komplex: Abnehmer eines Unternehmens sind an anderer Stelle häu-
fig deren Lieferanten, oder bei einem Abnehmer konkurrierende Anbieterunterneh-
men kooperieren bei einem anderen. Die Grundannahme besagt, dass zwischen
zwei Akteuren stets auch Auswirkungen auf zahlreiche andere Beziehungen in einem
Netzwerk vorhanden sind. Tatsächlich kommt die Netzwerkperspektive der heutzuta-
ge vielschichtigen Unternehmensumwelt am nächsten. Allerdings besteht damit auch
das Problem der Abgrenzung dahin gehend, wann ein Netzwerk als Untersuchungs-
einheit als abgeschlossen angesehen werden kann. Geht man davon aus, dass alle
Unternehmen, wenn auch überwiegend indirekt, miteinander verbunden sind, wäre
eine Abgrenzung oftmals eine subjektive Entscheidung; und selbst wenn eine sinn-
volle Abgrenzung vorgenommen wird, bleibt das Problem der Komplexität, die in der
Netzwerkperspektive bei Weitem am höchsten ist.
Die vorherigen Ausführungen haben gezeigt, dass Beziehungen unter einer Vielzahl
von Perspektiven betrachtet werden können und dass für das vorliegende For-
schungsproblem außer der Firmenperspektive grundsätzlich alle vorgestellten infrage
kommen. Dies verdeutlicht gleichsam die nachfolgende Abbildung, die in Rückgriff
auf Unterkapitel 1.2 bzw. Abbildung 3 die erläuterten Beziehungsperspektiven sche-
matisch darstellt.
540
Vgl. zur Definition Hakansson/ Johanson (1992), S. 29, Ritter (1999), S. 468, Hakansson/ Ford
(2002), S. 134, Ford et al. (2003), S. 18, oder Sydow (2006), S. 402, zur Bewertung der Netz-
werkperspektive Zolkiewski/ Turnbull (2000), S. 15, Harland et al. (2001), S. 22, Cousins/ Spek-
man (2003), S. 21, oder Ford et al. (2003), S. 4.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 121
Forschungsfokus
Unterlieferant
PBC-Lieferant 2
3
Unterlieferant
5
Aufgrund der spezifischen Situation in PBC ist die Triade freilich nicht durchgängig
einsetzbar. Die Netzwerkperspektive anzuwenden, ist zwar auch für PBC möglich,
jedoch aufgrund der hohen Komplexität generell und wegen des geringen For-
schungsstandes für eine erste Untersuchung im Speziellen eher nicht geeignet. Die
Supply-Chain-Perspektive könnte eine Alternative sein, birgt aber auch Komplexi-
tätsprobleme. Zudem ist in PBC aufgrund der Ergebnisorientierung (bzw. Freiheit der
Leistungserbringung des PBC-Anbieters) überhaupt nicht vorgesehen, dass sich der
PBC-Abnehmer mit den Lieferanten befasst (auch wenn Einflüsse bestehen können).
Somit wird aufgrund des Forschungsstandes zur Einbindung von Lieferanten in PBC-
Verträge sowie um die Komplexität und somit den Forschungsaufwand zu begrenzen,
auf eine dyadische Perspektive zurückgegriffen, um die Beziehung zwischen PBC-
Anbietern und deren Lieferanten zu untersuchen. Welche Möglichkeiten zur Ausge-
staltung dieser Beziehungen grundsätzlich existieren und wie die Beziehungen mo-
dellhaft abgebildet werden können, ist Inhalt der folgenden Abschnitte.
3.1.3.2 Differenzierung von Lieferantenbeziehungen
Eine grundlegende Unterscheidung von Lieferantenbeziehungstypen orientiert sich
zumeist an zwei Ausprägungen, die als Extreme eines Kontinuums angesehen wer-
den.541
541
Zu den beiden Ausprägungen allgemein vgl. Dwyer et al. (1987), S. 13, Parker/ Hartley (1997), S.
115, Brennan/ Turnbull (1999), S. 491, Cox et al. (2003), S. 137, Spekman/ Davis (2004), S. 415,
Wu/ Choi (2005), S. 28, Svahn/ Westerlund (2009), S. 174, und Meehan/ Wright (2011), S. 33;
grundlegend werden diese Ausprägungen auf die Abhandlungen von Macaulay (1963), sowie
Macneil (1978), und Macneil (1980), zu klassisch-transaktionalen und demgegenüber „relationa-
len“ Verträgen zurückgeführt. Weiter definiert und als Kontinuum dargestellt werden sie bei
122 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Kooperativ Transaktional
Cooper/ Gardner (1993), S. 15, Stuart (1993), S. 23 f., Homburg/ Werner (1998), S. 986, Cannon/
Perreault, JR. (1999), S. 450, Rinehart et al. (2004), S. 27, oder Monczka et al. (2010), S. 109 f.
542
Ergänzend sei erneut auf die Erkenntnisse der Transaktionskostentheorie verwiesen, die relatio-
nale Beziehungen als eine von mehreren möglichen Koordinationsformen ansieht und ansonsten
zwischen transaktionalen („marktlichen“) Beziehungen und Integration in das betrachtete Unter-
nehmen unterscheidet, vgl. Williamson (1991), S. 284.
543
Quelle: in Anlehnung an Cooper/ Gardner (1993), S. 15, Parker/ Hartley (1997), S. 117, sowie
Cannon/ Perreault, JR. (1999), S. 450.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 123
544
Vgl. Cooper/ Gardner (1993), S. 16, weiterhin Gulati/ Kletter (2005), S. 90, Large (2009), S. 218,
sowie Macneil (1978), S. 856, und Homburg/ Werner (1998), S. 990.
545
Dementsprechend ist auch die Transaktionsatmosphäre rein technisch-funktional. In der eng-
lischsprachigen Forschung ist sogar der Ausdruck „adversarial“, zu Deutsch etwa „feindlich“ oder
„gegnerisch“, gebräuchlich. Vgl. z. B. Blankhorn/ Banting (1991), S. 179, Wilson (1995), S. 336,
Goffin et al. (1997), S. 422, oder Carr/ Pearson (1999), S. 500.
546
Da weitestgehend Einigkeit über die Charakterisierung transaktionaler Austauschverhältnisse
herrscht, vgl. an dieser Stelle zusammenfassend Shapiro (1985), S. 1, Hahn et al. (1986), S. 3,
Morgan (1987), S. 50, Hahn et al. (1990), S. 3 f., Watts et al. (1992), S. 7, Stuart (1993), S. 23,
Bensaou (1999), S. 39 f. sowie 41, de Toni/ Nassimbeni (1999), S. 597, Forker/ Stannack (2000),
S. 31, und Scannell et al. (2000), S. 27.
124 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
547
Die Dominanz transaktionaler Lieferanten„beziehungen“ wird v. a. rückblickend erkannt, vgl. Hel-
per (1991), S. 781, Han et al. (1993), S. 332, oder Sriram et al. (1992), S. 301; zu aktuelleren
Einschätzungen vgl. Cusumano/ Takeishi (1991), S. 571, Bensaou (1999), S. 36, oder Lindberg/
Nordin (2008), S. 297 f. Die Forschungsergebnisse sind indes nicht eindeutig bzw. haben sich in
den vergangenen Jahren verändert, vgl. Terpend et al. (2011), S. 83.
548
Zu Wechselkosten und Abhängigkeit vgl. de Toni/ Nassimbeni (1999), S. 601, zur Risikovertei-
lung Burt et al. (2010), S. 255, zu kurzfristig hoher Effizienz Gadde/ Hakansson (1994), S. 29,
und Cousins/ Lawson (2007), S. 126, sowie zur Reduktion subjektiver Einflüsse Anderson/ Jap
(2005), S. 78 f., ähnlich Macneil (1978), S. 859.
549
Zu den Einsatzfeldern vgl. Dyer et al. (1998), S. 69, Carr/ Pearson (1999), S. 500, de Toni/ Nas-
simbeni (1999), S. 602, Ford et al. (2003), S. 100, zu allgemeinen Empfehlungen zum Einsatz
Baily et al. (2008), S. 14 bzw. 211, sowie zur Bevorzugung kooperativer Beziehungen an dieser
Stelle zunächst Ramsay (1996), S. 13.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 125
Bei den Nachteilen werden einige Aspekte genannt, deren Umkehr wiederum als
Vorteile der kooperativen Beziehung angesehen werden können. So wird angenom-
men, dass die tatsächlichen Kosten für diesen Beziehungstyp für das beschaffende
Unternehmen oftmals höher sind als angenommen, da Lieferanten im ständigen Ri-
siko agieren, ausgetauscht zu werden, und daher höhere Preise ansetzen, um Puffer
zu bilden.550
Ist die Pufferbildung über höhere Preise nicht möglich, birgt dies langfristig die Ge-
fahr, dass Lieferanten die Märkte verlassen und so die transaktionale Strategie über-
haupt nicht mehr umsetzbar ist, weil eine ausreichende Anzahl potenzieller Lieferant
nicht mehr zur Verfügung steht. Dass dies auch in typischen PBC-Industrien bereits
zu Problemen führt, wird in Unterkapitel 4.2 weiter ausgeführt. Auf qualitativer Ebene
hat der Ansatz den Nachteil, dass die Innovationspotenziale von Lieferanten unge-
nutzt bleiben (was gerade in PBC wichtig wäre), nur geringe Kommunikation bzw.
Informationsaustausch stattfindet, bei Problemen die Kooperationsbereitschaft zur
Lösung auf Lieferantenseite gering ist oder aufgrund der kurzfristigen Verträge bei
Knappheit Lieferausfälle auftreten können.551 Insofern scheinen transaktionale Aus-
tauschverhältnisse für PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen tatsächlich nur be-
grenzt passend.
3.1.3.4 Kooperative Lieferantenbeziehungen
Weniger eindeutig zuzuordnen als die transaktionalen Austauschverhältnisse sind
kooperative Lieferantenbeziehungen, allein weil die Eingrenzung, ab bzw. bis zu wel-
chem Punkt eine Beziehung als kooperativ gilt, kaum eindeutig möglich ist. Daher ist
auch die Annahme, Unternehmensbeziehungen in PBC seien grundsätzlich koopera-
tiv, wohl zu undifferenziert. Vielmehr geht man von einer kooperativen Beziehung
aus, wenn bestimmte Werte und Mechanismen Anwendung finden, wobei deren In-
tensität als Indikation für den Grad der Kooperation angesehen werden kann. 552 Ähn-
lich den transaktionalen Austauschverhältnissen existieren dabei einige Aspekte, die
spezifisch mit kooperativen Lieferantenbeziehungen in Verbindung gebracht wer-
den:553
550
Vgl. Hahn et al. (1986), S. 5, Landeros/ Monczka (1989), S. 13, Anderson/ Katz (1998), S. 1,
Carr/ Pearson (1999), S. 500, Cousins/ Spekman (2003), S. 23, und Pechek (2003), S. 27 f.
551
Vgl. Shapiro (1985), S. 1, Morgan (1987), S. 51, Gadde/ Hakansson (1994), S. 27, Carr/ Pearson
(1999), S. 514, sowie Bernardes/ Zsidisin (2008), S. 217.
552
Grundlegend aber wird eine kooperative Beziehung als Zwischenlösung des rein transaktionalen
Austauschs und einer Integration in Eigentumsverhältnisse angesehen, vgl. Landeros/ Monczka
(1989), S. 10.
553
Aufgrund starker Überschneidungen zwischen den einzelnen Quellen vgl. an dieser Stelle insge-
samt Campbell (1985), S. 45, Shapiro (1985), S. 2, Dwyer et al. (1987), S. 13, Ellram (1991c), S.
14, Cooper/ Gardner (1993), S. 19, Stuart (1993), S. 23, Ellram/ Hendrick (1995), S. 43, Ellram/
126 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Edis (1996), S. 28, Dyer et al. (1998), S. 72, de Toni/ Nassimbeni (1999), S. 601, Paulraj et al.
(2006), S. 109, Moser (2007), S. 76, Monczka et al. (2010), S. 109 f., und Park et al. (2010), S.
501; speziell zur gegenseitigen Aufteilung von Vorteilen Wilson (1995), S. 342, zum „Single Sour-
cing“ Larson/ Kulchitsky (1998), S. 74, zur funktionalen Spezifikation Cusumano/ Takeishi (1991),
S. 577, zur Kommunikationsintensität Landeros/ Monczka (1989), S. 12.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 127
554
Vgl. Landeros/ Monczka (1989), S. 13, Dyer/ Singh (1998), S. 662, Carr/ Pearson (1999), S. 516,
Stanley/ Wisner (2001), S. 300, Hartmann (2004), S. 71, Lee (2004), S. 107, und Manna (2008),
S. 76.
555
Vgl. Morgan (1987), S. 52 f., Ellram (1991a), S. 3, Monczka/ Trent (1991), S. 8, Han et al. (1993),
S. 335, Monczka et al. (1993), S. 44, Stuart (1993), S. 26, Swift/ Coe (1994), S. 175, Ellram/ Edis
(1996), S. 22, Gibbs (1998), S. 47, Scannell et al. (2000), S. 38, Shin et al. (2000), S. 330, Ford
et al. (2003), S. 97, Corsten/ Felde (2005), S. 454, sowie Power (2008), S. 78.
556
Zu den Kostensenkungspotenzialen durch kooperative Lieferantenbeziehungen Gadde/ Hakans-
son (1994), S. 30 f., Sheth/ Sharma (1997), S. 95, und Wolters/ Schuller (1997), S. 163; zu höhe-
128 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
diert kooperative Beziehungen verfolgen, gegenüber solchen, welche nicht oder we-
nig tun, ist eindeutig empirisch belegt.557
Allerdings muss nicht jede längerfristige Beziehung zwingend kooperativ sein. Als
Hauptgründe werden zum einen der bereits erwähnte hohe Ressourcenaufwand für
Aufbau und Pflege der Lieferantenbeziehungen ausgemacht, zum anderen erhöhte
Abhängigkeitsrisiken von „Single Source“-Lieferanten, gerade durch die Beziehungs-
investitionen.558 Zuletzt wird immer wieder bemängelt, das Eintreten für kooperative
Lieferantenbeziehungen sei häufig nicht durch das tatsächliche, dann doch opportu-
nistische Handeln der Beteiligten gedeckt. Dementsprechend herrscht insbesondere
auf Lieferantenseite Unsicherheit bzw. Misstrauen bez. des Eingehens kooperativer
Beziehungen.559 Dies gilt es in PBC besonders dann zu berücksichtigen, wenn der
systemintegrierende Anbieter den direkten Abnehmer-Lieferanten-Kontakt be-
schränkt.
Tatsächlich sind in der Praxis auch nicht alle Beziehungen, die als solche angesehen
werden, kooperativ. Die Verfolgung des einen oder anderen Beziehungstypus bzw.
einer Ausprägung hiervon sollte viel eher von einigen spezifischen Faktoren abhän-
gig gemacht werden. Dessen ungeachtet sollten auch etablierte (kooperative) Liefe-
rantenbeziehungen immer wieder überprüft werden.560
Zunächst sind die Beschaffungsmarktsituation bzw. die dort herrschenden Machtver-
hältnisse zu berücksichtigen.561 Ebenso zentral ist die Bedeutung des Beschaffungs-
objektes für das beschaffende Unternehmen je kritischer dies für den Unterneh-
menserfolg ist, desto eher sollten die Lieferanten hierfür kooperativ eingebunden
ren Umsatzpotentialen vgl. Wolters/ Schuller (1997), S. 163, Anderson/ Katz (1998), S. 3, sowie
Cousins/ Lawson (2007), S. 133.
557
Entsprechende Ergebnisse hierzu haben u. a. Gibbs (1998), S. 47, Carr/ Pearson (1999), S. 514,
Spekman et al. (1999), S. 109, sowie Cousins/ Spekman (2000), S. 14, veröffentlicht.
558
Vgl. Dwyer et al. (1987), S. 25, Cannon/ Perreault, JR. (1999), S. 456, Cannon/ Homburg (2001),
S. 38, Cox et al. (2003), S. 136, Kannan/ Tan (2006), S. 769, oder Cousins/ Lawson (2007), S.
126, bzw. Dwyer et al. (1987), S. 14, Pilling/ Zhang (1992), S. 3, Han et al. (1993), S. 337, Cous-
ins (1999), S. 147, Spekman/ Davis (2004), S. 431, Anderson/ Jap (2005), S. 75, Ford/
Hakansson (2006), S. 252, Caniels/ Gelderman (2007), S. 227, und Ryals/ Humphries (2007), S.
324.
559
Vgl. Stuart/ McCutcheon (1995), S. 8, Araujo et al. (1999), S. 497, Bensaou (1999), S. 37, Cox et
al. (2003), S. 136, Anderson/ Jap (2005), S. 78 f., McIvor/ MacHugh (2006), S. 16, oder Power
(2008), S. 79.
560
Zum situativen Einsatz bzw. Anstreben bestimmter Lieferantenbeziehungstypen allgemein vgl.
Corsten/ Felde (2005), S. 456, zur Notwendigkeit, kooperative Beziehungen regelmäßig auf de-
ren Leistungsfähigkeit zu überprüfen, vgl. außerdem Hartmann/ Caerteling (2010), S. 360.
561
Vgl. Sriram et al. (1992), S. 314, Iyer (1996), S. 84, Cox (2001b), S. 9, und Cox (2001a), S. 46.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 129
werden.562 Dies könnte auch als generelle Leitlinie in PBC gelten, wie auch die Mo-
dellentwicklung in Unterabschnitt 5.2.3.2 hervorheben wird. Weitere Faktoren wie
Marktdynamik oder Einfluss auf die Kundenzufriedenheit des Abnehmers werden in
diesem Zusammenhang ebenfalls genannt, stehen aber zumeist in Zusammenhang
mit dem Aspekt der Beschaffungsmarktkomplexität und der Beschaffungsobjektkriti-
zität.563 Sie scheinen daher besonders geeignet, Lieferantenbeziehungen abzuleiten,
und werden damit bei der Entwicklung des PBC-SRM-Modells in Abschnitt 5.2.3 eine
wichtige Rolle spielen.
Überträgt man nun die beiden vorgestellten Beziehungstypen auf die besonderen
Anforderungen von PBC, scheint sich die in der Literatur geäußerte Einschätzung,
PBC würde kooperative oder sogar partnerschaftliche Beziehungen erfordern, zu
bestätigen. Die inhärente Langfrist- bzw. Lebenszyklusperspektive von PBC z. B.
spricht klar gegen einen rein transaktionalen Austausch, der Ansatz der Interessens-
angleichung in PBC wiederum explizit für eine kooperative Beziehung. Auch die
PBC-typische Freiheit der Leistungserbringung lässt sich auf die Empfehlung funkti-
onaler Spezifikationen als Innovationstreiber in kooperativen Beziehungen zurückfüh-
ren. Nach Erläuterung der entsprechenden Beziehungselemente im nächsten Unter-
abschnitt lassen sich ggf. konkretere Rückschlüsse auf die für PBC besonders rele-
vanten Beziehungsaspekte ziehen.
3.1.3.5 Charakterisierungselemente von Lieferantenbeziehungen
Bereits die bisher vorgenommenen Abgrenzungen von Beziehungstypen haben eini-
ge Elemente von Beziehungen erkennen lassen. Anhand der Ergebnisse der Litera-
turrecherche werden die wichtigsten bzw. am häufigsten genannten Beziehungsele-
mente beschrieben und mit einer kurzen Bewertung für die angenommene Bedeu-
tung in PBC abgeschlossen.
x Vertrauen: Dieses Beziehungselement wird oftmals als die zentrale Vorausset-
zung für erfolgreiche (kooperative) Lieferantenbeziehungen erachtet.564 Vertrau-
en bedeutet, dass ein Akteur (z. B. Abnehmer) mit hoher Wahrscheinlichkeit von
einem bestimmten Verhalten eines anderen Akteurs (z. B. Lieferanten) ausgehen
562
Vgl. Landeros/ Monczka (1989), S. 14, Dyer et al. (1998), S. 71, Homburg/ Werner (1998), S.
1001 f., Carr/ Pearson (1999), S. 500, Lasch/ Janker (2005), S. 421, sowie Cousins/ Lawson
(2007), S. 126.
563
Zu den genannten Faktoren als (zusätzliche) Determinanten für den Beziehungstyp vgl. Blank-
horn/ Banting (1991), S. 185, Homburg/ Werner (1998), S. 1003, sowie Kraljic (1983), S. 110.
564
Vgl. Morgan (1987), S. 51, Han et al. (1993), S. 334, Mohr/ Spekman (1994), S. 144, Zaheer et al.
(1998), S. 22, Spekman et al. (1999), S. 110, Tang (1999), S. 51, Hsiao et al. (2002), S. 4, Kwon/
Suh (2004), S. 4, Gulati/ Kletter (2005), S. 91, Tangpong et al. (2008), S. 576, und Choi/ Wu
(2009a), S. 265.
130 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
565
Aus Vertrauen wiederum resultieren erhöhte Offenheit sowie Kommunikation (vgl. Hartmann
(2004), S. 76, Manna (2008), S. 78, und es verringert die Notwendigkeit für allzu detaillierte Ver-
tragsvereinbarungen, vgl. Poppo/ Zenger (2002), S. 721, und Hakansson/ Gadde (2002), S. 409 f.
Für eine allgemeine Definition von Vertrauen vgl. zudem Hartmann/ Offe (2001), S. 211, zu den
risikomindernden Auswirkungen in Lieferantenbeziehung ferner Koppelmann (2004), S. 31,
Spekman/ Davis (2004), S. 424, und Ryals/ Humphries (2007), S. 324.
566
Vgl. Hakansson/ Wootz (1979), S. 30, Zaheer et al. (1998), S. 25, oder Corsten/ Felde (2002), S.
89.
567
Vgl. zur Zielangleichung als Beziehungsaspekt Ellram (1991b), S. 40, Han et al. (1993), S. 335,
Wilson (1995), S. 340 f., Cousins/ Spekman (2000), S. 10, Hartmann (2004), S. 76, Spekman/
Davis (2004), S. 429, Rosetti/ Choi (2008), S. 528, oder Kwon et al. (2010), S. 402.
568
Vgl. zur Interessensangleichung Helper (1991), S. 796, Monczka et al. (1993), S. 50, Lee (2004),
S. 110, Naranayan/ Raman (2004), S. 96, oder Sridharan/ Simatupang (2009), S. 255. Der Ver-
gütungsmechanismus hat hierbei eine wichtige Rolle, vgl. Reiß/ Präuer (2003), S. 31.
569
Zu gemeinsamer Problemlösung bzw. Kooperation vgl. Landeros/ Monczka (1989), S. 12, Kauf-
mann (1993), S. 45, Stuart (1993), S. 25, Stuart/ McCutcheon (1995), S. 4, und Gummesson
(1997), S. 268f., zu ausgeglichener Risiko-Anreiz-Verteilung bzw. Anstreben von Gegenseitigkeit
und „Win-Win“ als Ansatz zur Interessensangleichung Macneil (1978), S. 895, Corsten/ Gabriel
(2004), S. 18, Gulati/ Kletter (2005), S. 92, Ryals/ Humphries (2007), S. 325, und Rose-
Anderssen et al. (2008), S. 312.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 131
fixierten Vertragsinhalte hinaus für die Beziehung engagieren.570 Auch die bereits
erwähnten Beziehungsinvestitionen werden zumeist in der Erwartung getätigt,
dass die andere Partei diesen folgt. Langfristig werden Beziehungen nur als fair
und damit kooperativ empfunden, wenn Risiken und Vorteile bzw. Investitionen
ausgewogen verteilt sind. Ansonsten dominiert eine Partei die andere, und eine
echte Kooperation findet nicht statt.571
x Macht: Der Faktor „Macht“ wird im weitesten Sinne als die Möglichkeit gesehen,
eine Handlung zu vollziehen; in Lieferantenbeziehungen dagegen wird darunter
primär die Möglichkeit bzw. der Umfang der Fähigkeiten verstanden, das andere
Unternehmen auf eigene Ziele auszurichten, ohne dass diese Ziele denen des
anderen entsprechen oder diesen sogar widersprechen. 572 Die Abhängigkeit
eines Unternehmens ist dabei ein wesentlicher Faktor für die Entstehung von
Machtasymmetrien. Dies kann jeweils ein Ziel von Abnehmern oder Lieferanten
sein, da es die Einflussnahme auf den jeweils anderen erleichtert. 573 Das Anstre-
ben einer Machtasymmetrie deckt sich jedoch nicht mit der Ausrichtung koopera-
tiver Beziehungen, die Gegenseitigkeit und Interessensangleichung vorgeben.
Gleichwohl können auf Beschaffungsmärkten Machtverhältnisse vorherrschen,
die das weniger mächtigere Unternehmen durch eine kooperative Beziehung zu
umgehen sucht.574 Die exponierte Position bzw. Kundennähe von PBC-Anbietern
in der Systemintegratorenrolle erhöht z. B. die Macht der Anbieter; in zahlreichen
typischen PBC-Industrien indes stehen für kritische Beschaffungsobjekte oft nur
wenige Lieferanten zur Verfügung, was wiederum die Lieferantenmacht erhöht.
Auch hier kommen die Aspekte zur Interessensangleichung mittels kooperativer
Beziehung als Gegenansatz infrage.575
570
Vgl. Ellram (1991a), S. 2, Morgan/ Hunt (1994), Hakansson/ Snehota (2002), S. 169, Rinehart et
al. (2004), S. 31, Grönroos (2007), S. 40, und Martinsuo/ Ahola (2010), S. 115; zum Zusammen-
hang von Commitment und Beziehungsinvestitionen zudem Brennan/ Turnbull (1999), S. 486.
Gerade dieses „Commitment“ zu zeigen, wird als zentraler Prozess für einen Vertrauensaufbau
gesehen.
571
Vgl. zu dieser Einschätzung Pilling/ Zhang (1992), S. 8, ähnlich Wilson (1995), S. 342.
572
Grundlegende definitorische Aspekte von „Macht“ werden bei Münch (2004), S. 169 f., und
Swedberg/ Agevall (2005), S. 205 f. diskutiert, in Bezug auf Beziehungen Emerson (1962), S. 32.
Macht als Element von Lieferantenbeziehungen Stuart/ McCutcheon (1995), S. 7, Hsiao et al.
(2002), S. 4, Cox et al. (2003), S. 140, Rose-Anderssen et al. (2008), S. 308, und Large (2009), S.
263.
573
Der Zusammenhang von Macht und Abhängigkeit Emerson (1962), S. 32, McIvor et al. (1998), S.
92, Cox (2001b), S. 11, Hakansson/ Gadde (2002), S. 410, und Caniels/ Gelderman (2007), S.
224.
574
Vgl. Wilson (1995), S. 342.
575
Vgl. zu Quellen von Macht Turnbull et al. (1996), S. 56, und Cox (2001b), S. 11, für Ansätze zur
Machtangleichung vgl. Dwyer et al. (1987), S. 25, und Cox (2001a), S. 44.
132 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
576
Vgl. zur Bedeutung von Informationsaustausch und Kommunikation Dwyer et al. (1987), S. 14,
Landeros/ Monczka (1989), S. 12, Ellram (1991a), S. 2, Ellram (1991b), S. 40, Mohr/ Spekman
(1994), S. 144, Stuart/ McCutcheon (1995), S. 8, Homburg/ Werner (1998), S. 989, Monczka et al.
(1998), S. 570, Cannon/ Perreault, JR. (1999), S. 441, Spekman et al. (1999), S. 110, Cox et al.
(2003), S. 140, Kwon/ Suh (2004), S. 10, Rinehart et al. (2004), S. 30 ff., Ogden et al. (2005), S.
40, Tangpong et al. (2008), S. 576, Humphreys et al. (2009), S. 204, und Sridharan/ Simatupang
(2009), S. 267. Interaktion als sozialen Aspekt des Austauschs und deren Bedeutung in Lieferan-
tenbeziehung heben u. a. Hakansson/ Wootz (1979), S. 29, Ford (1984), S. 102, Metcalf et al.
(1992), S. 40, Boddy et al. (2000), S. 1007, Saccani/ Perona (2007), S. 29, und Cousins et al.
(2006), S. 859, hervor.
577
Vgl. Macneil (1978), S. 898, Dwyer et al. (1987), S. 25, Heide/ John (1990), S. 32, Blankhorn/
Banting (1991), S. 189, Hakansson/ Gadde (2002), S. 405 f., und Helander/ Möller (2008), S. 578,
speziell zum nicht zwingenden Zusammenhang von Langfristigkeit und kooperativen Beziehun-
gen vgl. Parker/ Hartley (1997), S. 117.
578
Vgl. Poppo/ Zenger (2002), S. 707.
579
Vgl. Macneil (1978), S. 868, Brandes (1994), S. 80, Selviaridis/ Spring (2010), S. 179, Meehan/
Wright (2011), S. 36, und Guo/ Ng (2011b), S. 49. Für eine ausführliche Betrachtung aus Sicht
der „Relational Contracting Theory“ siehe auch Unterkapitel 5.3.2.
Grundlegende Zusammenhänge von Beschaffungs- und Lieferantenmanagement 133
580
Vgl. Londsdale (2001), S. 24.
134 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
581
Vgl. Buse et al. (2001), S. 12 f., Freiling et al. (2004), S. 75, Präuer (2004), S. 149f., und Slack et
al. (2004), S. 384.
582
Vgl. Ng/ Yip (2009), S. 5 f., ähnlich Lewis/ Roehrich (2009), S. 137.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 135
von den Innovationen der Lieferanten ab.583 Tatsächlich wird davon ausgegangen,
dass sich die Beschaffungsaufgabe von PBC-Anbietern durch das Konzept deutlich
verändert.584
Umso überraschender ist, dass trotz der erkannten Bedeutung der und Abhängigkeit
von Lieferanten von zahlreichen Autoren eine Forschungslücke konstatiert wird.585
Zunächst sollen daher die vorhandenen Erkenntnisse zur anbieterseitigen Beschaf-
fung im Rahmen von PBC veranschaulicht werden, und zwar einerseits dahin ge-
hend, wie sich die Aufgabe der Beschaffung verändert, sowie andererseits, inwieweit
Lieferanten PBC in die konstitutiven Merkmale von PBC eingebunden sind.
3.2.1.1 Besonderheiten der Beschaffung durch PBC-Anbieter
Besonderheiten für die Beschaffung von PBC-Anbietern ergeben sich sowohl vor
Abschluss möglicher Verträge im Rahmen der Lieferantenauswahl als auch nach
Vertragsabschluss im Rahmen des Lieferantenmanagements.586
So wird davon ausgegangen, dass die Lieferantenauswahl von besonders hoher Be-
deutung ist und den Charakteristika von PBC Rechnung getragen werden muss.587
Speziell die Langfristigkeit der meisten PBC-Verträge ist zu berücksichtigen. Das gilt
sowohl für die Flexibilität der Lieferanten, auf Änderungen in den abnehmerseitigen
Anforderungen im Vertragsverlauf zu reagieren, als auch für die Beurteilung, wie sich
die Leistungsfähigkeit des Lieferanten langfristig entwickelt.588 Die Einschätzung soll-
te dabei, im Sinne der Ergebnisorientierung, die Kompetenzen der Lieferanten aus
strategischer Sicht beachten und daraus den Wertbeitrag über den PBC-
(Vertrags-)Lebenszyklus ermitteln.589
Wegen der hohen Abhängigkeit des PBC-Leistungsergebnisses von den Lieferanten
spielt ferner deren Zuverlässigkeit eine besonders wichtige Rolle. 590 Verkomplizie-
rend wirkt sich aus, dass PBC-Anbieter sich beschaffungsmarktseitig oft nur wenigen
583
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 693, Ng/ Nudurupati (2010), S. 664, dazu Sumo et al. (2012), S.
5.
584
Vgl. Präuer (2005), S. 30, und Gruneberg et al. (2007), S. 692.
585
Eine Forschungslücke stellen Hypko et al. (2010a), S. 465, Lewis/ Roehrich (2009), S. 136,
ebenso wie Lewis/ Roehrich (2011), S. 22, fest. Einige Autoren verbinden die Feststellung zudem
mit der Forderung, die Forschungsbemühungen hierfür zu intensivieren, vgl. Präuer (2004), S.
175, allgemeiner auch bei Stjernström/ Bengtsson (2004), S. 139.
586
Beide Aspekte werden in Kapitel 3 näher ausgeführt.
587
Zur hohen Bedeutung vgl. Sols et al. (2007), S. 41, zur Veränderung der Lieferantenauswahl
durch PBC allgemein: Buse et al. (2001), S. 14, sowie Präuer (2004), S. 213.
588
Vgl. jeweils Berkowitz et al. (2004), S. 256, bzw. Howard/ Caldwell (2011), S. 6.
589
Vgl. Präuer (2004), S. 42 bzw. 294, sowie Lewis/ Roehrich (2009), S. 130, spezifisch für den As-
pekt des Wertbeitrags zudem Howard/ Caldwell (2011), S. 13. Vertiefend siehe zudem Unterab-
schnitt 3.2.3.5. Auch die in 2.1.5.4 beschriebenen Probleme der Qualitätsmessung von Dienst-
leistungen sind hier zu erkennen.
590
Vgl. Buse et al. (2001), S. 9.
136 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
potenziellen Lieferanten gegenübersehen, die dadurch häufig über eine hohe Markt-
macht verfügen.591
Auch nach Vertragsabschluss verändern sich die Mechanismen, mit denen Lieferan-
ten gesteuert werden: das abnehmerseitig vereinbarte Leistungsergebnis wird zum
übergeordneten Leistungsziel; eine reine Fokussierung darauf, ob Lieferanten ihre
Leistung gemäß (vorvereinbarter) Spezifikation geliefert haben, ist dagegen nicht
mehr ausreichend. 592 Vielmehr muss die Leistung der Lieferanten permanent ge-
messen und entsprechend gesteuert werden.593 Dies könnte auch durch die Bereit-
stellung spezifischer IT-Instrumente unterstützt werden.594 Es ist also davon auszu-
gehen, dass in PBC höhere Aufwände für das Lieferantenmanagement entstehen. 595
An dieser Stelle kann zusammenfassend festgehalten werden, dass PBC die Be-
schaffung der Anbieter deutlich verändert. Ob dies auch eine Einbindung der Liefe-
ranten in die PBC-Charakteristika „Ergebnisorientierung“ und „Leistungsvergü-
tung“ erfordert, bzw. welche Herausforderungen sich hieraus ergeben, wird im
nächsten Unterabschnitt untersucht.
3.2.1.2 Einbindung von Lieferanten in PBC-Merkmale
Zahlreiche Autoren gehen davon aus, dass Lieferanten besonders in PBC eingebun-
den werden sollten, um so eine engere Verflechtung und letztlich Ausrichtung am
angestrebten Leistungsergebnis zu erreichen.596 Gleichzeitig wird eine Lieferanten-
einbindung auch als Mittel zur Risikoweitergabe gesehen.597
Kooperative bzw. partnerschaftliche Beziehungen können einen wichtigen Ansatz für
eine solche Einbindung bilden.598 Wege dazu sind z. B. erleichterter Zugriff auf Res-
591
Die Marktverhältnisse in „typischen“ PBC-Beschaffungsmärkten bemerken u. a. Rose-Anderssen
et al. (2008), S. 311, Lewis/ Roehrich (2009), S. 130, oder Howard/ Caldwell (2011), S. 7. Die
verkomplizierende Auswirkung bemerkt Präuer (2004), S. 219, der daraus eine besondere Rolle
der Beschaffungsmarktforschung ableitet. Beispiele solcher Konstellationen finden sich in Unter-
kapitel 4.2.
592
Der Hinweis auf die Auswirkung des Leistungsergebnisses auf das Lieferantenmanagement fin-
det sich bei Präuer (2005), S. 33, die konkreter Veränderung beschreibt Randall et al. (2010), S.
46.
593
Vgl. Präuer (2004), S. 218; gerade die Optimierung der Lieferanteninputs in Hinblick auf das ab-
gezielte Leistungsergebnis ist dabei in PBC wichtig, vgl. Buse et al. (2001), S. 9.
594
Vgl. Berkowitz et al. (2004), S. 265.
595
Vgl. Lewis/ Roehrich (2009), S. 132.
596
Die Auffassung einer engen Einbindung vertreten u. a. Präuer (2005), S. 31, Mahon (2007), S. 55,
oder Caldwell et al. (2009), S. 185, ähnlich zudem Quinn/ Hilmer (1994), S. 53, sowie Allen/
Chandrashekar (2000), S. 28. Die Zielrichtung „Leistungsergebnis“ erwähnt explizit Zuther (2002),
S. 55.
597
Vgl. Kleikamp (2002), S. 36.
598
Vgl. zunächst zu den Annahmen kooperativer Beziehungen zwischen Systemintegratoren Wol-
ters/ Schuller (1997), S. 155, Mont (2002), S. 241, zuletzt Petrick (2007), S. 253. Spezifischer für
PBC vgl. Präuer (2004), S. 294, Zuther (2004), S. 177, ähnlich auch Freiling et al. (2004), S. 76.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 137
599
Vgl. Ng/ Nudurupati (2010), S. 666.
600
Vgl. Randall et al. (2010), S. 43.
601
Zur Klassifizierung vgl. Wildemann (2004), S. 64, zur Reduktion des Lieferantenportfolios vgl.
Präuer (2004), S. 294 f.
602
Vgl. zur höheren Einbindung Präuer (2004), S. 300, Stjernström/ Bengtsson (2004), S. 145, oder
Lockett et al. (2011), S. 296, zum Lieferantenmanagement allgemein Reiss/ Präuer (2002), S. 13,
und Kwon et al. (2010), S. 403, sowie zur differenzierten Einbindung vgl. Stjernström/ Bengtsson
(2004), S. 144, und Petrick (2007), S. 249.
603
Vgl. Buse et al. (2001), S. 20, Berkowitz et al. (2004), S. 256, Präuer (2004), S. 221, Beggs et al.
(2006), S. 2, sowie Geary/ Vitasek (2008), S. 33.
604
Vgl. Frost & Sullivan (2009), S. 12.
605
Vgl. Stjernström/ Bengtsson (2004), S. 143.
606
Vgl. Davies (2004), S. 740, oder Dubois/ Fredriksson (2008), S. 178.
138 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
607
Vgl. Andreßen (2006), S. 41 f.
608
Vgl. Buse et al. (2001), S. 14, Phillips (2005), S. 55, sowie Geary/ Vitasek (2008), S. 4.
609
Bezüglich der Ergebnisorientierung vgl. Straub/ van Mossel (2005), S. 992, und Sols et al. (2007),
S. 41, zur Einbindung in PBC-Vergütung vgl. Präuer (2004), S. 220 ff., ähnlich Forker/ Stannack
(2000), S. 31.
610
Zur Interessensangleichung in PBC allgemein vgl. Lockett et al. (2011), S. 302, oder van der
Valk/ van Iwaarden (2011), S. 199, zur Rolle der Kennzahlen hierbei vgl. Tukker (2004), S. 254.
Die Kennzahlen können sich im Zeitablauf jedoch verändern.
611
Vgl. Hobday et al. (2005), S. 1135, Ogden et al. (2005), S. 38, und Lockett et al. (2011), S. 307.
612
Zum Sachverhalt generell sowie dem genannten Beispiel vgl. Ng/ Nudurupati (2010), S. 665 f.
613
Vgl. Lewis/ Roehrich (2009), S. 132, ebenso Lewis/ Roehrich (2011), S. 29.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 139
614
Vgl. Petrick (2007), S. 247, ähnlich Malone (1988), S. 9, wobei hier sowohl die Koordination in-
nerhalb des Anbieterunternehmens allein gemeint sein kann O'Sullivan (2006), S. 245.
615
Vgl. Cooper/ Ellram (1993), S. 13, Brandes (1994), S. 81, und Fagerström/ Jackson (2002), S.
29 f.
140 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
bündeln, um für den Abnehmer eine Ergebnisziel zu erreichen (siehe hierzu wiede-
rum die schematische PBC-Wertschöpfungskette aus Unterkapitel 1.2, wo der PBC-
Anbieter die Mittelposition zwischen zahlreichen PBC-Lieferanten und dem
-Abnehmer einnimmt). Dies wurde bereits in Unterabschnitt 2.3.2.3 als Herausforde-
rung der anbieterseitigen PBC-Leistungserbringung erläutert. Aufgrund dieses Kon-
texts mit der „Koordination“ und der zentralen Rolle der Beziehungen zwischen den
Wertschöpfungsbeteiligten darin scheint die Konstellation als passender Anwen-
dungsfall für die Coordination Theory.616 Diese wird im nächsten Unterabschnitt zu-
nächst vorgestellt und anschließend auf die Fragestellung der PBC-Anbieter-
Lieferanten-Beziehung ausgelegt, um dann die entsprechenden Managementheraus-
forderungen der PBC-Anbieter ableiten und strukturieren zu können.
3.2.2.1 Entstehung und Grundzüge der Coordination Theory
Gemäß der Begründer der Coordination Theory, Malone und Crowston, wird der Be-
griff der Koordination oftmals intuitiv verwendet.617 Tatsächlich repräsentiert die Ko-
ordination ein Kernproblem betriebswirtschaftlichen Handelns, das gemäß zahlrei-
cher ähnlicher Definitionen in etwa als das Abstimmen von Teilaktivitäten auf ein
übergeordnetes Problem hin verstanden wird.
Ursprünglich wurde in der Koordination v. a. ein Problem der (internen) Unterneh-
mensorganisation gesehen, in der die Unternehmensaufgaben zunächst (z. B. in
verschiedene Organisationsbereiche) aufgeteilt und dann Mechanismen zur Steue-
rung der Teilaktivitäten benötigt werden.618
In dieser Abhandlung wird Koordination als die Aufgabe verstanden, Abhängigkeiten
zwischen zwei (oder mehreren) Akteuren zu steuern, die bestimmte Aktivitäten über-
nehmen, um ein übergeordnetes Ziel zu erreichen. Dabei kann auch die Zusammen-
arbeit zwischen Unternehmen gemeint sein.619 Die wesentlichen Untersuchungsge-
genstände der Koordination sind somit die Ziele, die zu erreichen sind, die Aufgaben,
die zur Zielerreichung notwendig sind, die Auswahl der Akteure hierfür (ggf. also
auch Unternehmen), die Abhängigkeiten, die hierbei zwischen den Akteuren vorhan-
616
Grundsätzlich läge es nahe, die „Coordination Theory“ auch mit „Koordinationstheorie“ zu über-
setzen. Allerdings existiert in der Chemie eine ebenso bezeichnete Theorie, vgl. Gade (2002), die
jedoch zur „Coordination Theory“ nach Malone und Crowston keinerlei Überschneidungen auf-
weist. Um Verwechslungen vorzubeugen, wird daher der englische Begriff verwendet.
617
Vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 111.
618
Vgl. Baligh/ Damon (1980), S. 133 f., und Baligh/ Burton (1981), S. 252, ähnlich später auch
Crowston (1997), S. 173. Eine ähnlich lautende Definition im deutschsprachigen Raum findet sich
bei Reger (1997), S. 37. Später wurde diese Perspektive dann auf unternehmensübergreifende
Koordinationsmechanismen auf Marktebene erweitert, vgl. Baligh (1986), S. 1489.
619
Eigene Definition, in enger Anlehnung an Malone (1988), S. 1319, und Malone/ Crowston (1990),
S. 362.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 141
den sind, sowie die Prozesse, die hierfür jeweils erforderlich sind, also Zielidentifika-
tion, Zielaufgliederung, Akteursauswahl und -aufgabenzuordnung sowie Steuerung
der übergreifenden Abhängigkeiten (siehe auch folgende Abbildung). 620
Coordination
Theory
Abhängigkeiten Prozesse
• Erkennen und • Koordination
Steuern von • Entscheidungs-
Abhängigkeiten findung
zwischen Aktivitäten
bzw. Akteuren, z.B. • Kommunikation
Informationsaustausch, • Wahr-
Ressourcen nehmungs-
angleichung
Ausgangspunkt für das Erreichen der Ziele ist demnach, die dazu nötigen Aktivitäten
in Teilaufgaben aufzugliedern, die in ihrer Kombination die Erledigung einer überge-
ordneten Aufgabe bzw. die Erreichung eines übergeordneten Ziels ermöglichen.622
Die Erfüllung der Teilaufgaben wird dabei unterschiedlichen Akteuren zugeordnet,
wobei es denkbar ist, die Aufgliederung über mehrere Ebenen kaskadieren zu las-
sen.623 Auf der höchsten Akteursebene findet dann neben der Koordination der Teil-
aufgaben auch die Zusammenführung der Teilergebnisse statt womit sich ein deut-
licher Bezug zu den Ansätzen der Systemintegration zeigt. 624 Der Koordinationsbe-
620
Vgl. Malone/ Crowston (1990), S. 361.
621
Quelle: in Anlehnung an Malone/ Crowston (1990), S. 361.
622
Vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 95, und Crowston (1997), S. 159.
623
Vgl. Malone (1987), S. 1320, und Malone/ Crowston (1994), S. 96.
624
Vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 98. Zur Systemintegration siehe auch die Abschnitte 2.2.3 oder
2.2.4.2.
142 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
darf ergibt sich dabei aus den Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Aufgaben
die unzureichende Erledigung einer Teilaufgabe kann bewirken, dass das überge-
ordnete Ziel nicht oder lediglich durch zusätzliche Anstrengungen erreicht werden
kann. 625 Koordinationsprozesse sind daher Entscheidungen über die Aufgabentei-
lung, Akteursauswahl, den Ausgleich der ggf. divergierenden Akteursinteressen und
über die Sicherstellung des Informationsaustauschs zwischen den Akteuren auf den
verschiedenen Aggregationsstufen bis hin zur integrierenden Koordinationsebene.626
Die unternehmensübergreifende Koordination umfasst dabei die Steuerung des Ma-
terial-, Finanz- und Informationsflusses.627 Der Informationsfluss zwischen den Akt-
euren wird als wesentliche Steuerungsgröße angenommen. 628 Die „Immaterialisie-
rung“ und der Fokus auf Interaktion durch Informationsaustausch lassen Bezüge
zwischen PBC und der Service-dominant Logic, die in Abschnitt 2.2.4 erläutert wurde,
erkennen.
3.2.2.2 Anwendungsfelder der Coordination Theory
Die Coordination Theory wird als interdisziplinäre Theorie angesehen (siehe Abbil-
dung 18), womit sich zahlreiche Anwendungsfelder ergeben, die auch für diese Ar-
beit relevant sind. Neben der Berücksichtigung operativer Informationsflüsse auf Ba-
sis von Informationstechnologien wird dabei explizit auch die Gestaltung von Bezie-
hungen zwischen Unternehmen als Anwendungsfall genannt.629
Auch zur in der Organisationstheorie populären Systemtheorie bestehen enge Bezü-
ge, z. B. bei der Strukturierung organisationaler Elemente und Zusammenhänge. 630
Die Coordination Theory fokussiert dabei jedoch eher auf organisationale Prozesse,
die Systemtheorie mehr auf Strukturen.
625
Vgl. Malone (1987), S. 1325, Malone/ Crowston (1990), S. 364, Malone/ Crowston (1994), S. 91,
und Crowston (1997), S. 159.
626
Vgl. Malone/ Crowston (1990), S. 366, und Malone/ Crowston (1994), S. 99.
627
Allerdings betreffen die Koordinationsprozesse dabei nicht die Materialien selbst als physische
Objekte, sondern die Umsetzung durch die Akteure, Malone/ Crowston (1994). Vgl. zu den Wert-
flüssen als Koordinationsproblem Ostertag (2008), S. 13.
628
Vgl. Malone (1988), S. 17, Malone/ Crowston (1990), S. 359, und Malone/ Crowston (1994), S. 93.
629
Zur Anwendung der Coordination Theory in der Informatik vgl. z. B. Lai et al. (2008), für diesen
und weitere Anwendungsbereiche vgl. Malone (1988), S. 6 ff., oder Malone/ Crowston (1994), S.
110.
630
Zur Verankerung der Systemtheorie in den Organisationstheorien vgl. Krüger (2005), S. 140 f.,
sowie Martens/ Ortmann (2006), S. 427. Zu Ähnlichkeiten von Systemtheorie und Coordination
Theory vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 91, bzw. Hentze et al. (2001), S. 79, ähnlich auch
Schwaiger/ Meyer (2011), S. 309. Die Systemtheorie wurde bereits explizit auf die Leistungser-
bringung in PBC angewendet, vgl. Ng et al. (2009a).
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 143
Management-
Wissenschaften
Informatik Psychologie
Coordination
Theory
Organisations-
Ökonomie
theorie
631
Quelle: Malone (1988), S. 7, Übersetzung durch den Autor.
632
Zum Aspekt der Organisationstheorie als möglicher Rahmen der Beziehungsforschung vgl. er-
gänzend Homburg/ Werner (1998), S. 982, zum Aspekt der Social Exchange-Theorie Malone/
Crowston (1994), S. 91.
633
Vgl. Sriram et al. (1992), S. 305.
634
Vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 103 f., ausführlicher zur Institutionenökonomie siehe Unterab-
schnitt 3.3.1.1.
635
Vgl. zur Anwendbarkeit bzw. Kritik vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 92, bzw. Dyer/ Singh (1998),
S. 660; zur Verwendung des Resource-based View in der Beschaffungsforschung vgl. u. a.
Ramsay (2001b), Mol (2003), oder Moser (2007), S. 30 f.
144 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Relationships Communication
Shared goals Frequent
Shared Knowledge Timely
Mutual respect Accurate
Problem-solving
Dementsprechend erweitert sich auch der empirische Gehalt der Relational Coordi-
nation Theory als Teilgebiet der Coordination Theory, womit diese Aussagen auch
kohärent mit Erkenntnissen zu kooperativen Lieferantenbeziehungen sind (siehe
636
Zu den Anforderungen an wissenschaftliche Theorien Popper (1994), S. 83 ff. bzw. 213, erläu-
ternd dazu Schweitzer/ Küpper (1997), S. 12 f.
637
Vgl. Crowston (1997), S. 159.
638
Vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 97.
639
Vgl. Gittell (2001), Gittell (2002), sowie Gittell/ Weiss (2004).
640
Vgl. Gittell (2012), S. 402.
641
Quelle: in Anlehnung an Gittell (2012), S. 402.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 145
hierzu Unterabschnitt 3.1.3.4), wie sie auch für PBC angenommen werden. Aufgrund
des stärkeren Fokus auf die Austauschprozesse (als Beziehungsaspekt) soll in die-
ser Abhandlung schwerpunktmäßig die Coordination Theory zum Einsatz kommen,
zumal diese durch Nutzung der Relational Coordination Theory auch Gestaltungszie-
le der Arbeit unterstützt. Mögliche Arten zum Einsatz der Theorie(n) ergeben sich
konkreter aus dem folgenden Forschungsüberblick.
3.2.2.3 Koordination als Problem der Leistungserbringung: Stand der Forschung
Das Ziel der Koordination besteht darin, eine Interessensangleichung zwischen
Anbieterunternehmen und Lieferanten entlang einer Wertschöpfungskette herzustel-
len. 642 Der Informationsfluss über Kommunikation wird als zentrales Steuerungs-
instrument angesehen. Daher wird Koordination über den Informationsfluss auch in
engem Zusammenhang zu Kooperation, also vertrauensbasierter Interaktion, unter
konvergierenden Zielen gesehen. 643 Dies wiederum würde die Erkenntnisse der
Relational Coordination Theory für die Analyse von Lieferantenbeziehungen
bestätigen.
Dabei sollte indes nicht vergessen werden, dass die Koordination bzw. Aktivitäten
zum Informationsaustausch für die betreibenden Unternehmen mit Aufwänden
verbunden sind. 644 Die stärkere Untergliederung der Wertschöpfungskette bedingt
dabei, dass der Koordinationsaufwand in den vergangenen Jahren zugenommen hat.
Die Strukturierung der Kette über mehrere Ebenen hinweg wird dabei als Möglichkeit
betrachtet, den Koordinationsaufwand für einzelne Unternehmen zu reduzieren. 645
Angesichts der hohen Bedeutung von Koordination in Wertschöpfungsketten erweist
es sich als überraschend, dass die Coordination Theory in diesem Gebiet bisher nur
wenig zum Einsatz gekommen ist.646 In der Folge werden nun Arbeiten präsentiert,
die einen relevanten Bezug zum hier betrachteten Forschungsproblem aufweisen.
Bankvall et al. (2010) untersuchen Koordinationsprobleme als spezifisches Problem
projektbezogener Wertschöpfungsketten, und hier insbesondere die Abhängigkeiten
642
Zum Aspekt des Informationsaustauschs vgl. Holweg/ Pil (2008), S. 392, zum Aspekt der Interes-
sensangleichung zudem Naranayan/ Raman (2004), S. 102.
643
Vgl. Gadde/ Shehota (2000), S. 309, oder Petrick (2007), S. 247.
644
Vgl. Araujo et al. (1999), S. 503, Cachon/ Lariviere (2005), S. 31, oder O'Sullivan (2006), S. 224.
645
Zum Zusammenhang komplexer Wertschöpfungsstrukturen, Koordination und der Mehrstufigkeit
vgl. Bales et al. (2004), S. 252.
646
Bei einer strukturierten Literaturrecherche hierzu wurden von 650 Suchergebnissen nur 27 den
Gebieten von Operations und/oder Supply Chain Management zugeordnet (4 %). Die meisten
Arbeiten legen den Schwerpunkt bei der Koordination auf Kommunikationsprozesse in informati-
onstechnischen Systemen in den Logistik- oder Produktionsbereich, vgl. Adamides (1995),
Raposo et al. (2001), Friedrich et al. (2003), Zhao/ Li (2006), Adamides et al. (2008), Lai et al.
(2008), und Lai et al. (2010b).
146 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
647
Vgl. hier und in der Folge Bankvall et al. (2010), S. 390 f. Weitere Arbeiten, welche die Coordina-
tion Theory für Probleme des Projektmanagements allgemein betrachten, sind z. B. Bailetti et al.
(1994), oder Meixell et al. (2006).
648
Zur Individualität bzw. Spezifität lösungsorientierter Leistungsbündel allgemein vgl. Becker et al.
(2008), S. 21, spezifischer für PBC vgl. Freiling (2004), S. 682, oder Belz/ Wuensche (2007), S. 3.
649
Vgl. Kim et al. (2009b), S. 385, allgemeiner dazu Malone (1987), S. 1324.
650
Vgl. Lai et al. (2010a), S. 18 ff.
651
Vgl. Seyda (2009), S. 52.
652
Vgl. Simatupang et al. (2002), S. 292 f.
653
Vgl. Simatupang et al. (2002), S. 294 ff.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 147
654
Vgl. Wei (2008), S. 4.
655
Vgl. Wong et al. (2011), S. 161.
656
Vgl. hier und in der Folge Xu/ Beamon (2006), S. 9.
148 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
657
Vgl. Arshinder/ Deshmukh (2008), S. 327.
658
Vgl. Shah et al. (2008), S. 780 f.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 149
659
Vgl. Singh (2011), S. 622.
660
Vgl. Ng (2012), S. 166.
661
Vgl. Kwon et al. (2010), S. 399.
662
Vgl. Kwon et al. (2010), S. 401.
663
Vgl. Kwon et al. (2010), S. 403.
150 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
finden. Auf dieser Grundlage wird die (Relational) Coordination Theory im nächsten
Abschnitt auf die Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC angewandt.
3.2.2.4 Strukturierung der PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehung mithilfe der Coordi-
nation Theory
Die vorangegangenen Ausführungen haben klare Bezüge zwischen Coordination
Theory und typischen Problemen der PBC-Leistungserbringung verdeutlicht, so z. B.
die Funktion des Systemintegrators als Koordinationsebene, die Betonung interorga-
nisationaler Abhängigkeiten, die Bedeutung der Kommunikation, aber auch die der
Anreizangleichung und Integration bzw. Kooperation im Rahmen der zu koor-
dinierenden Lieferantenbeziehungen. Dessen ungeachtet stellt die Weiterentwicklung
der Relational Coordination Theory weitere Erkenntnisse zur Ausgestaltung von
Lieferantenbeziehungen bereit. Insofern scheint es sinnvoll, die Theorie auf das
gewählte Forschungsproblem anzuwenden, um hieraus strukturierende, erklärende
ebenso wie gestaltende Hinweise abzuleiten. Dazu werden zunächst die Grundzüge
der Coordination Theory auf die Situation von PBC-Anbietern übertragen. Im
Anschluss werden Empfehlungen für die Modellierung und Gestaltung von PBC-
Anbieter-Lieferanten-Beziehungen entwickelt.
Gemäß den Ausführungen in Unterabschnitt 3.2.2.1 bilden dabei Ziele, Aktivitäten,
Akteure und Abhängigkeiten als Untersuchungsobjekte sowie Prozesse als
Steuerungsmechanismen das Fundament der Coordination Theory.
Die Ziele von PBC-Anbietern müssen zunächst einmal in länger- und eher
kurzfristige unterschieden werden. Langfristige Motivation von Unternehmen, PBC
anzubieten, ist v. a. eine erhöhte Profitabilität, in Verbindung mit stärkerer Wettbe-
werberdifferenzierung und Kundenbindung.664 Da davon auszugehen ist, dass auch
die PBC-Lieferanten ähnliche wirtschaftliche Interessen verfolgen, ergibt sich bereits
hieraus ein Interessenkonflikt. Wenn Lieferanten hohe Preise für ihre Leistungen
verlangen, erhöht dies die Kosten des Anbieters und senkt seine Möglichkeiten zur
Profitabilitätssteigerung. 665 Die langfristige Ausrichtung in PBC erhöht indes den
Handlungsspielraum des Anbieters, höhere Kosten durch Lieferanten zu akzeptieren,
wenn diese einen (ggf. längerfristigen) Mehrwert für das PBC-Leistungsbündel
erzielen.666
664
Vgl. Belz/ Wuensche (2007), S. 4, oder Hypko et al. (2010b), S. 627 f.
665
Argumentation nach Koppelmann (2004), S. 107.
666
Zur langfristigen Ausrichtung von PBC vgl. exemplarisch Sols et al. (2007), S. 44, zur wertorien-
tierten Beschaffung außerdem Wouters et al. (2005), S. 186.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 151
Maßgeblich ist dabei der Wertbeitrag zu einer spezifischen Lösung für einen PBC-
Abnehmer. 667 Dieser gibt nach dem Verständnis der Coordination Theory das
kurzfristige Leistungsziel vor, indem er ein gewünschtes Ergebnis spezifiziert, das
der Anbieter (unter Nutzung seiner Lieferanten) zu erreichen anstrebt.668 Da diese
gewünschten Leistungsergebnisse je nach Abnehmer (bzw. Vertrag) variieren, ist
davon auszugehen, dass auch der Koordinationsmechanismus jeweils anzupassen
ist. 669 Auch wenn sich die genutzten Lieferanten von Vertrag zu Vertrag nicht
zwingend unterscheiden, bringen sie ggf. unterschiedliche Leistungen ein. Dem
PBC-Anbieter obliegt demnach die Aufgabe, seine eigenen Aktivitäten sowie die
seiner Lieferanten auf das übergeordnete, vom PBC-Abnehmer vorgegebene
Leistungsergebnis als Ziel auszurichten.
Aus dem Ziel, das der Abnehmer vorgibt oder gemeinsam mit dem Anbieter
entwickelt, muss der PBC-Anbieter ableiten, wie das Leistungsziel erreicht werden
soll.670 Im Gegensatz zu traditionellen Verträgen kommt ihm hier in PBC wegen der
Ergebnisorientierung (und daraus der Freiheit der Leistungserbringung) eine größere
Verantwortung zu. 671 Für die Festlegung der Aktivitäten, die für die
Leistungserbringung notwendig sind, ist der PBC-Anbieter als Systemintegrator
verantwortlich. Dabei gilt es zunächst festzulegen, welche Ressourcenkombination
angewandt werden soll, um das Leistungsziel zu erreichen. Dies ist ebenso wie das
Management des PBC-Abnehmers auf Beziehungs- und Vertragsebene eine der
Schlüsselaufgaben des PBC-Anbieters. 672 Dazu kommt die eigentliche Leistungs-
erbringung im Vertragsverlauf, mithin operative Leistungen wie die Herstellung oder
Lieferung von Gütern für das PBC-Leistungsbündel, aber auch die Integration des
Abnehmers in die Leistungserbringung.673 Ferner ist die Koordination möglicherweise
einbezogener Lieferanten sowie deren Leistungsanteilen ein wichtiger Bestandteil
zum erfolgreichen Erreichen des kundenseitigen Leistungsergebnisses, um den
667
Vgl. Howard/ Caldwell (2011), S. 13.
668
Vgl. Gruneberg (2007), S. 112, oder Randall et al. (2010), S. 45.
669
Vgl. Belz/ Wuensche (2007), S. 4, oder Hypko et al. (2010b), S. 627 f., ähnlich auch Meier
(2004a), S. 395.
670
Vgl. Foliente (2000), S. 14, oder Gruneberg et al. (2007), S. 697.
671
Vgl. Weddeling (2010), S. 27, oder Ng et al. (2009a), S. 378.
672
Zu den Aufgaben des Systemintegrators in PBC allgemein vgl. Davies (2000), S. 4, oder Mahon
(2007), S. 58, spezifischer zu Vertrags- und Beziehungsmanagement Lewis/ Roehrich (2009), S.
137, sowie Howard/ Caldwell (2011), S. 2.
673
Zu den Eigenleistungen des Systemintegrators vgl. Brusoni/ Prencipe (2001), S. 201, oder Hob-
day et al. (2005), S. 1136, zur Abnehmerintegration zudem Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 728.
152 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
674
Vgl. zur Koordinationsproblematik für PBC-Systemintegratoren Präuer (2004), S. 309, Ng/ Nu-
durupati (2010), S. 664 f., allgemeiner auch Sapolsky (2003), S. 24. Zur Entlastung des Abneh-
mers in PBC vgl. außerdem Backhaus/ Kleikamp (2001), S. 88, oder allgemeiner Lay/ Jung-
Erceg (2002), S. 5 f.
675
Vgl. Buse et al. (2001), S. 12 f.
676
Vgl. Gadde/ Hakansson (1994), S. 29, weiter auch Burt et al. (2010), S. 219.
677
Vgl. zunächst zur Schnittstellenfunktion der Beschaffung Arnold (1997), S. 1, sowie zur hohen
Bedeutung der Lieferantenauswahl allgemein Stuart (1993), S. 23, und spezifisch in PBC Ho-
ward/ Caldwell (2011), S. 2. Zur funktionsübergreifenden Lieferantenauswahl in PBC vgl. dann
Rese/ Maiwald (2011), S. 338, allgemeiner Moser (2007), S. 203.
678
Vgl. Zwirner (2003), S. 62, oder Pawar et al. (2009), S. 482.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 153
679
Zur Art der Einbindung von Lieferanten in PBC vgl. Kleemann et al. (2011), S. 38 f., zur Über-
nahme der Abnehmerrisiken in PBC Spath/ Demuß (2001), S. 37, oder Hünerberg/ Hüttmann
(2003), S. 718.
680
Vgl. Ostertag (2008), S. 13.
681
Zum Informationsfluss als Koordinationsinstrument vgl. Malone/ Crowston (1994), S. 93, zur Rolle
des Systemintegrators in PBC hierzu vgl. Phillips (2005), S. 55, ähnlich auch Lockett et al. (2011),
S. 307.
682
Vgl. Kwon/ Suh (2004), S. 10, siehe außerdem Unterabschnitt 3.3.1.2.
154 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
683
Vgl. zur Mehrstufigkeit allgemein McIvor et al. (1998), S. 90 f., sowie spezifisch in PBC bzw. PSS
Präuer (2004), S. 294, und Hobday et al. (2005), S. 1120.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 155
3.2.2.5 Ansätze der „Relational Coordination Theory“ zur Gestaltung der PBC-
Anbieter-Lieferanten-Beziehung
Die Relational Coordination Theory erweitert, wie bereits erwähnt, die eher
strukturierend angelegten, von Malone und Crowston erarbeiteten Theoriegrund-
lagen um Empfehlungen zur Ausgestaltung von Koordinationsbeziehungen.
Bereits veranschaulicht wurde die hohe Bedeutung der Kommunikation als
Informationsbereitstellung. Dies umfasst nach Gittell (2000) die Häufigkeit, Recht-
zeitigkeit und Problemlösungsfähigkeit (als Richtigkeit) der im Rahmen der
Koordination zur Verfügung gestellten Informationen.684 Für die Koordination in PBC
bedeutet dies insbesondere, dass der systemintegrierende Anbieter Informationen
zur Leistungserbringung umfassend an die Lieferanten weitergibt, da diese sonst
kaum ihre Organisation darauf vorbereiten können, dass eine Leistung tatsächlich
abgerufen wird. 685 Gezielte Informationen zu Art und Umfang der Nutzung eines
Leistungsbündels durch den Abnehmer im gesamten Lebenszyklus bereitzustellen,
ist dementsprechend ein zentraler Koordinationsprozess für PBC-Anbieter.686 Zudem
wurde auch darauf hingewiesen, dass bereits in der Konzeption eines
Leistungsbündels die Einbindung der Lieferanten vorgesehen sein sollte. 687
Allerdings scheint diese Praxis bisher noch nicht ausreichend umgesetzt.688
Dieses Umsetzungsdefizit könnte u. a. auf die Kosten für Kommunikations-
maßnahmen zurückzuführen sein, die als Koordinationsaufwand angesehen werden.
Die im vorherigen Unterabschnitt angedeutete Strukturierung der Lieferantenbasis
kann ein Weg zur Reduktion sein, die Ausgestaltung der (Koordinations-)Beziehung
ein anderer. Die Relational Coordination Theory schlägt hier als Ansätze
gemeinsame Ziele, gegenseitigen Respekt und Vertrauen sowie Kooperation bei der
Problemlösung vor.689
Dies kann als (theoretisch fundierte) Bestätigung der bisher geäußerten Annahmen
zu den Beziehungen in PBC-/PSS-Wertschöpfungsstrukturen angesehen werden,
insbesondere beim Aspekt des Vertrauens, der Empfehlung zur Zielangleichung,
684
Vgl. Gittell (2000), S. 519.
685
Vgl. Cohen (2012), S. 4818, der aufzeigt, dass PBC-Leistungen in eine Konzeptions- und Kontra-
hierungs- sowie eine Leistungserbringungsphase zu unterteilen sind. Für Lieferanten ist dabei
durchaus denkbar, dass sie in der Leistungserbringung erst bei „Service Incidents“ (dt. etwa
„Leistungsereignisse“) wie der Bereitstellung eines Ersatzteils o. Ä. direkt in die laufende Leis-
tungserbringung eingebunden werden.
686
Vgl. Hobday et al. (2005), S. 1135, Krucken/ Meroni (2006), S. 1503, Johnson/ Mena (2008), S.
37, und Johnstone et al. (2009), S. 530. Ergänzend zur besonderen Rolle der Kundeninformatio-
nen vgl. zudem Liinamaa/ Gustafsson (2010), S. 207.
687
Vgl. Zuther (2002), S. 144.
688
Vgl. Lockett et al. (2011), S. 302.
689
Vgl. Gittell (2000), S. 519, und Gittell (2006), S. 78 ff.
156 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
aber auch vorher beim Aspekt der Kommunikation. Spezifisch mithilfe Interessens-
angleichung und Vertrauensaufbau sollten PBC-Anbieter daher versuchen, das
Verhalten der Lieferanten am übergeordneten Ziel der PBC-Leistungserbringung
auszurichten.690 Durch die inhärente Zielausrichtung der Lieferantenaktivitäten mit-
tels Interessensangleichung könnte der unmittelbare Koordinationsaufwand durch
Informationsbereitstellung und gleichzeitig der Aufwand für eine formale Kontrolle der
Lieferantenaktivitäten reduziert werden.691
Betrachtet man nun erneut genauer, wie eine Umsetzung von
Interessensangleichung bzw. Vertrauensaufbau durch den PBC-Anbieter gestaltet
werden könnte, so empfiehlt sich ein differenziertes Vorgehen. Zunächst muss sich
der Anbieter den Interessen der Lieferanten bewusst werden bzw. diese verstehen.
So ist zunächst davon auszugehen, dass für Lieferanten ähnliche Motivationsanreize
für das Anbieten von PBC-Leistungen gelten dürften wie für Anbieter, also
Profitabilität, Differenzierung und langfristige Kundenbindung. 692 All dies wäre
gegeben, wenn der PBC-Anbieter die Lieferanten nach PBC-Mechanismen
(Ergebnisorientierung, Leistungsvergütung) über den Lebenszyklus eines
Leistungsbündels einbinden und entsprechend an den Potenzialen und Risiken
partizipieren lassen würde.693 Freilich muss die Aufteilung als fair empfunden werden,
was in der Praxis eher nicht der Fall ist.694
Ein gewichtiger Faktor ist hierbei sicherlich das Risikoempfinden der Lieferanten,
was insbesondere durch den Verlust des Kontakts zum PBC-Abnehmer deutlich
verstärkt wird, wodurch eine hohe Abhängigkeit vom PBC-Anbieter entsteht.695 Die-
ser Aspekt wird in Unterkapitel 3.3 noch einmal analytisch vertieft.
Der Aufbau von Vertrauen, auch durch intensive Kommunikation, kann dem
entgegenwirken. Jedoch ist auch zu beachten, dass einige Lieferanten, insbesondere
kleinere bzw. für das PBC-Leistungsbündel weniger bedeutendere, ggf. andere
Risikoneigungen in Hinblick auf ihre Zielerreichung haben als der PBC-Anbieter.696
690
Vgl. Mont (2002), S. 241, Petrick (2007), S. 253, oder Randall et al. (2010), S. 43. Eine fundierte
Einordnung dieser Beziehungselemente und die Typisierung entsprechender Beziehungen erfol-
gen in Abschnitt 3.1.3.
691
Zum Koordinationsaufwand durch Information vgl. Cachon/ Lariviere (2005), S. 31, zur Senkung
von Kontrollaufwänden durch kooperative Beziehungen vgl. Kwon/ Suh (2004), S. 5, spezifischer
für PSS zudem Martinsuo/ Ahola (2010), S. 115.
692
Zu den Gründen, PBC anzubieten, vgl. Freiling (2004), S. 688, oder Kim et al. (2007), S. 1843.
693
Vgl. Präuer (2004), S. 223, Straub/ van Mossel (2005), S. 992, oder Sols et al. (2007), S. 41.
694
Vgl. Forker/ Stannack (2000), S. 31, McIvor/ MacHugh (2006), S. 16, oder Power (2008), S. 79.
695
Vgl. McIvor et al. (1998), S. 91, Freudenberg (2002), S. 159 f., Davies (2004), S. 740, oder Roeh-
rich et al. (2013), S. 117.
696
Das könnte z. B. heißen, dass die Bereitschaft zur Risikoübernahme bei kleineren Lieferanten
eher gering ausgeprägt ist, dass Mittel zur Risikoabfederung fehlen, ebenso aber auch, dass die
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 157
Konkret könnte dies heißen, dass diese Lieferanten bspw. ihre Kernkompetenz nicht
in der (Teil-)Erstellung von Leistungsbündeln, sondern noch in der klassischen
Güterherstellung sehen. Ebenso könnten die durch PBC erhöhten Risiken aus Sicht
einiger Unternehmen nicht in Relation zu den höheren Profitabilitätspotenzialen
stehen. Daher empfiehlt es sich, Lieferanten differenziert in PBC einzubinden.697
Zuletzt ist auch eine „gelebte“ Kooperation wichtige Voraussetzung, um hieraus die
Vorteile relationaler Koordination zu erzielen. In PBC bedeutet dies z. B. ein hohes
Maß an Interaktion, auch auf persönlicher Ebene. 698 Aber auch die gemeinsame
Lösung von Problemen, ggf. durch gezielte Einbindung der Lieferanten, dient unter
dem Aspekt der Kooperation dem Vertrauensaufbau. So könnte der PBC-Anbieter
bspw. unter dem Aspekt eines „Early Supplier Involvement“ besonders wichtige
Lieferanten frühzeitig in die Entwicklung eines Leistungsbündels einbeziehen. 699
Auch eine offene Kommunikation über die Leistungsansprüche im Ausgleich für
entsprechende Vergütungsanteile bereits in der Konzeptionsphase kann als Beleg
für das Anstreben einer gemeinsamen „Win-Win-Situation“ betrachtet werden.700
All diese Ansätze unterstreichen die hohe Bedeutung von Kommunikation sowie
Interessensangleichung als Koordinationsinstrumente, erfordern ggf. aber ebenfalls
eine Differenzierung, da das frühzeitige Einbinden aller an einem Leistungsbündel
beteiligten Lieferanten ebenso wie eine lieferantenindividuell vereinbarte
ausgeglichene „Risiko-Anreiz“-Verteilung im Rahmen der Leistungs- und
Vergütungsvereinbarung kaum zweckmäßig erscheint.
Damit ergeben sich durch die Untersuchung von PBC-Anbieter-Lieferanten-
Beziehungen aus Sicht der Relational Coordination Theory zahlreiche Gestaltungs-
empfehlungen, die in der nachstehenden, adaptierten Abbildung 21 zu den Kernas-
pekten der Theorie zusammenfassend dargestellt sind.
Beziehungen Kommunikation
Gemeinsame Ziele Häufig
PBC-Kundenergebnisziel => Entlang des Lebenszyklus
Umsatz => Profitabilität Pünktlich
Gegenseitigkeit „Early Supplier Involvement“
„Win-Win-Situation“ Akkurat
Vertrauen PBC-Leistungsanforderungen
Verlässlichkeit, Offenheit Lösungsorientiert
PBC-Abnehmer-Orientierung
Abb. 21: Empfehlungen der Relational Coordination Theory für die Gestaltung von
PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen701
701
Quelle: in Anlehnung an Gittell (2012), S. 402.
702
Vgl. z. B. Kraljic (1983), S. 112, Dobler/ Burt (1996), S. 10 f., oder Cousins (1999), S. 151; siehe
zudem Unterabschnitt 3.1.1.4 zum Zusammenhang von Lieferanten- und Beschaffungsobjektstra-
tegie.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 159
zeigt, dass PBC zwischen dem Abnehmer und dem Anbieter zumeist ein Investiti-
onsgut als Teil eines komplexen Leistungsbündels als Kern hat. Dieses wird vom
Anbieter aus zahlreichen Teilleistungen eigenen sowie von Lieferanten beigesteu-
erten zusammengefügt. Welcher Art diese Teilleistungen sind, kann dabei nicht
allgemeingültig geklärt werden. Zudem besteht die Möglichkeit, Lieferanten ohne
Anwendung der PBC-Charakteristika „Ergebnisorientierung“ und „Leistungsvergü-
tung“ zu nutzen.703 Das hieße, Teilleistungen als Einzelleistungen zu beziehen, mit-
hin bestimmte Komponenten und Dienstleistungen separat. 704 Auch eine Beschaf-
fung von Teilleistungsbündeln (als Subsysteme) ohne Nutzung der PBC-
Charakteristika ist denkbar. Die folgende Abbildung stellt diese Unterscheidungen
schematisch in Anlehnung an die bereits in 1.2 und 3.1.3.1 verwendete PBC-
Wertschöpfungskette dar:
Unterlieferant
Komponente
(Einzelleistung) PBC-Lieferant
Teilleistungsbündel
Unterlieferant (Subsystem)
Komponente
(Einzelleistung) PBC-Anbieter
Leistungsbündel PBC-Abnehmer
Unterlieferant (Gesamtsystem) (End-) Kunde
Einzelleistung: Komponente
Unterlieferant
Einzelleistung: Dienstleistung
703
Zu Besonderheiten bei einer Beschaffung durch den Anbieter, die den PBC-Charakteristika folgt,
siehe 3.2.1.2.
704
Vgl. Lewis/ Roehrich (2009), S. 132, dazu Glas (2012), S. 132, Gruneberg et al. (2007), S. 697, in
Verbindung mit Arnold (1997), S. 100 f., und Rese/ Maiwald (2011), S. 340.
160 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
werden. Die spezifischen Herausforderungen hiervon werden, ebenso wie die von
Dienstleistungen, kurz dargelegt, um die Implikationen, die sich hierbei für den PBC-
Anbieter bei der Kooperation mit seinen Lieferanten ergeben können, zu skizzieren.
Bei der Beschaffung von Komponenten ohne Einbindung des jeweiligen Lieferanten
in PBC-Charakteristika wäre die Lieferantenbeziehung im PBC-Kontext durch evtl.
Beschaffungsobjektspezifika zunächst inhaltlich kaum anders als „klassische“, eher
transaktionale Lieferbeziehungen für Komponenten, die vom beschaffenden Unter-
nehmen klar spezifiziert werden. Eine solch feste, enge Spezifikation als Charakteris-
tikum traditioneller Lieferbeziehungen würde dem PBC-Anbieter jedoch auch die
Möglichkeit nehmen, Lieferanten zu kurzfristigen Veränderungen ihrer eigenen Leis-
tung (z. B. Produktoptimierungen) zu bewegen, ohne umfassende Vertragsanpas-
sungen vorzunehmen.705
Allerdings bedingt die langfristige Perspektive in PBC auch eine höhere Unsicherheit
bez. der Qualität der Güteranteile, also ob diese die Qualitätserwartung (z. B. Halt-
barkeit) auch langfristig erfüllen. Bei Komponenten ist indes eine geringere Komplexi-
tät der Beschaffungsobjekte anzunehmen, wodurch deren Lieferanten entlang des
Lebenszyklus eines PBC-Leistungsbündels ggf. leichter zu substituieren sind. 706
Nichtsdestotrotz würden in diesen Fällen die Potenziale, auch die Lieferanten auf das
übergeordnete Leistungsergebnis auszurichten, vergeben.707
Gerade in der Langfristigkeit liegt dann bereits eine Gemeinsamkeit zwischen Einzel-
leistungen als Komponenten und Subsystemen als Teilen von Investitionsgütern,
deren Besonderheiten in der Literatur schon einige Aufmerksamkeit erfahren haben.
Sollte ein PBC-Anbieter auf diese Art beschaffen, ohne eine Einbindung des Liefe-
ranten in die PBC-Charakteristika zu realisieren, gilt dabei neben der erwähnten
Langfristigkeit als deren Konsequenz eine erhöhte Abhängigkeit von Lieferanten.
Auch die Abschätzung der Lebenszykluskosten erweist sich als schwieriger, ebenso
Risiken und Chancen des technologischen Fortschritts, die aufgrund der Innovati-
onsausrichtung auch in PBC relevant sein dürften.708
3.2.3.2 PBC-Beschaffungsobjekte: Dienstleistungen
In der Beschaffung spielen Dienstleistungen, nicht zuletzt wegen der in Unterkapitel
1.1 dargelegten Entwicklungen, eine immer wichtigere Rolle.709 Dabei herrscht wei-
705
Vgl. Sols et al. (2007), S. 42, bzw. Hypko et al. (2010a), S. 471 f.
706
Vgl. Buse et al. (2001), S. 9, Petrick (2007), S. 244 f., sowie Nordin (2008).
707
Vgl. an dieser Stelle exemplarisch Lee (2004), S. 105, und Geary/ Vitasek (2008), S. 33.
708
Vgl. Leenders et al. (2006), S. 426 f., auch Burt et al. (2010), S. 178 ff.
709
Zum Bedeutungszuwachs selbst vgl. Bryntse (1996), S. 193, van Weele/ Rozemeijer (1996), S.
157, Lindberg/ Nordin (2008), S. 296, oder Burt et al. (2010), S. 7, empirisch belegt weiterhin
durch Fearon/ Bales (1995), S. 8 f., CAPS Research (2003), S. 2, Cox et al. (2005), S. 44, als
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 161
testgehend Einigkeit, dass sich daraus besondere Probleme für die Beschaffung er-
geben – und auch, dass diese bisher eher unzureichend gelöst sind.710
Konkrete Probleme resultieren zunächst aus der (vielfach angenommenen) Immate-
rialität. Dementsprechend können Dienstleistungen durch einen Beschaffer (hier: den
PBC-Anbieter) nicht in Augenschein genommen und bewertet, keine Materialproben,
Muster o. Ä. genutzt werden, um eine Abschätzung der Leistungsqualität vorzuneh-
men.711 Viel eher erhält man lediglich ein Leistungs- bzw. Qualitätsversprechen vom
Lieferanten.712 Dies gilt gleichsam für die Bewertung der Preise bzw. Kosten der ein-
zelnen Dienstleistungsanbieter. Hier stehen deutlich weniger greifbare Anhaltspunkte
für die Abschätzung bereit, inwieweit geforderte Preise angemessen sind.713 Diese
Problematik wird mithilfe der Informationsökonomie im nächsten Unterkapitel aus-
führlich untersucht.
Für PBC-Anbieter besonders relevant ist mit der Integration des externen Faktors ein
weiteres Dienstleistungscharakteristikum: nämlich dann, wenn eine Dienstleistung
nicht für das eigene Unternehmen, sondern für den eigenen Abnehmer beschafft
wird.714 Dann stammt der externe Faktor nicht aus dem beschaffenden Unternehmen
(also dem PBC-Anbieter), sondern die Interaktion findet zwischen Dienstleistungslie-
feranten und dem „Abnehmer“ statt.715 So kann der Lieferant die Interaktion zu sei-
nem Vorteil nutzen, die bisher mittelbare Beziehung (es besteht kein Vertragsver-
hältnis zwischen Lieferanten und Abnehmer) in eine unmittelbare zu verändern, um
unter Ausschaltung des bisherigen Anbieters ggf. eigene Leistungsangebote vorzu-
bringen.716 Für PBC könnte das heißen, dass der Lieferant dem Abnehmer Teilleis-
auch Wildemann (2010), S. 7. Zu den zugrunde liegenden Entwicklungen vgl. u. a. Sheth (1996),
S. 14, Kotabe et al. (1998), S. 10, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 20, Ellram et al. (2004), S. 19,
Thiell (2006), S. 3, Ellram et al. (2007), S. 44, oder Wildemann (2010), S. 3.
710
Früh bereits findet sich die Feststellung der Besonderheiten bei Wittreich (1966), S. 127, später
dann z. B. bei Jackson et al. (1995), S. 102, Smeltzer/ Ogden (2002), S. 58, oder Martin (2003),
S. 89. Zur Forschungs- und Managementkonzeptlücke vgl. dann Sheth (1996), S. 99, Smeltzer/
Ogden (2002), S. 55, Thiell (2006), S. 4 f., Wynstra et al. (2006), S. 475, Nordin/ Agndal (2008), S.
395, oder Holschbach/ Hofmann (2010), S. 764.
711
Vgl. Jackson et al. (1995), S. 101, West (1997), S. 5 f., Ellram et al. (2007), S. 48, Werr/ Pemer
(2007), S. 99, Baily et al. (2008), S. 365, sowie Lysons/ Farrington (2012), S. 482.
712
Vgl. Bitner (1995), S. 247, Axelsson/ Wynstra (2000), S. 2, Michel (2003), S. 525 f., und Thiell
(2006), S. 23. Dieser Bezug zum Leistungsversprechen entspricht der Potenzialorientierung als
Teilaspekt der Dienstleistungsdefinition.
713
Vgl. Engelhardt/ Schwab (1982), S. 511, Hilke (1989), S. 21, sowie Ahlstrom/ Nordin (2006), S.
81.
714
Dies entspricht z. B. den in Abschnitt 2.1.3 vorgestellten Dienstleistungstypen „Component“ und
„Semi-manufactured“ nach Axelsson und Wynstra, vgl. Axelsson/ Wynstra (2000), S. 12, Axels-
son/ Wynstra (2002), S. 105 f., und Wynstra et al. (2006), S. 479.
715
Vgl. Kaiser/ Schramm (2004), S. 204, Kotabe/ Murray (2004), S. 615, Thiell (2006), S. 2, und van
Mossel/ van der Valk (2008), S. 242.
716
Vgl. Li/ Choi (2009), S. 32, und Rosetti/ Choi (2008), S. 32, ähnlich Davies (2004), S. 740.
162 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
tungen der Lösung, für die er zuliefert, individuell anbietet. Die Beziehung zum Ab-
nehmer ist demnach durch den PBC-Anbieter zu schützen; ggf. muss hier auch
durch die Beschaffer auf die Lieferanten eingewirkt oder die Lieferantenauswahl be-
reits in Hinblick auf das Konkurrenzpotenzial hin erfolgen.717
Aus der Integration des externen Faktors ergibt sich mit der Heterogenität der Leis-
tungsergebnisse (siehe hierzu noch einmal Unterabschnitt 2.1.5.4) ein weiteres Prob-
lem für die Dienstleistungsbeschaffung. Die erwarteten Schwankungen in Qualität
und Volumen können durch den Beschaffer wegen der Nichtlagerfähigkeit nicht aus-
geglichen werden.718 Übertragen auf den PBC-Kontext folgt hieraus eine weiter er-
höhte Abhängigkeit des Anbieters von Lieferanten, da sich Qualitätsschwankungen
auf die erfolgreiche Erbringung des gesamten abnehmerseitigen PBC-
Leistungsbündels auswirken können. Dieses Problem wird durch die problematische
Messbarkeit der Leistungsergebnisse weiter verkompliziert.719
Auf prozessualer Ebene kommt bei der Dienstleistungsbeschaffung noch hinzu, dass
die Beschaffungsfunktion häufig nur vor und zu Beginn eines Leistungsvertrages in-
volviert ist. Doch gerade bei Dienstleistungen müsste sie in die laufende Interaktion
eingebunden werden, um ggf. die Beziehung zu steuern, die Einhaltung der Verträge
zu prüfen oder die Verträge an veränderte Anforderungen anzupassen – also typi-
sche Aufgaben eines Lieferantenmanagements.720
Für einige der skizzierten Probleme wurden jedoch auch Lösungsansätze entwickelt.
So können spezielle IT-Tools wie standardisierte Lieferantenbewertungsschemata
oder Lieferantendatenbanken, die bereits vorhandene Erfahrungen mit Dienstleistern
sammeln, die Informationsverfügbarkeit im Vorfeld einer Beschaffungsentscheidung
verbessern und so die Probleme der Immaterialität zumindest vermindern.721 Sowohl
Lieferantenauswahl als auch -bewertung sind dem Lieferantenmanagement zuzu-
ordnen und offenbaren die Notwendigkeit eines strategischen Ansatzes hierfür. Als
weitere Möglichkeit, der Immaterialität als Problem zu begegnen, wurde erfolgs- bzw.
ergebnisorientierte Vergütung genannt, ohne expliziten Bezug zu PBC. 722
717
Vgl. Ahlstrom/ Nordin (2006), S. 83, und van der Valk (2008), S. 303.
718
Vgl. Fitzsimmons et al. (1998), S. 373, Axelsson/ Wynstra (2002), S. 24, Ellram et al. (2007), S.
48; siehe ergänzend Unterabschnitt 2.1.5.2.
719
Hauptgründe hierfür werden wiederum in der Immaterialität gesehen, vgl. Fitzsimmons et al.
(1998), S. 373, Michel (2003), S. 525, und Ellram et al. (2007), S. 48.
720
Vgl. Mitchell (1994), S. 335, Ellram et al. (2004), S. 25, Ahlstrom/ Nordin (2006), S. 81, Ellram et
al. (2007), S. 54, und van der Valk/ Rozemeijer (2009), S. 6, Caldwell et al. (2009), S. 185. Zum
Aufgabenumfang des Lieferantenmanagements siehe darüber hinaus 3.1.2.2.
721
Vgl. Monczka et al. (2010), S. 437 ff.
722
Vgl. Baker/ Faulkner (1991), S. 42.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 163
723
Der Bezug von MRO zu PBC findet sich u. a. bei Devries (2004), S. 244, oder Hypko et al.
(2010a), S. 463.
724
Vgl. Kumar/ Kumar (2004), S. 310, mit Bezug zu Investitionsgütern wie bei PBC zusätzlich auch
Koppelmann (2004), S. 167.
725
Kosten entstehen z. B. für die Lagerhaltung, ebenso sind der Aufbau und langfristige Erhalt des
Spezialwissens sehr aufwendig, sofern überhaupt möglich. Zum Ersatzteilmanagement als Prob-
lem der Beschaffung und den Kostenaspekten vgl. Bechtel/ Patterson (1997), S. 20, Le Sueur/
Dale (1998), S. 248, und Monczka et al. (2010), S. 386, zum Aspekt des Wissensbedarfs in
MRO-Dienstleistungen vgl. Meier (2004b), S. 5.
726
Vgl. Large (2009), S. 144, ähnlich Levitt (1980), S. 88, und Kern (1990), S. 2.
727
Für Investitionsgüter wurde hier das Konzept der Lebenszykluskosten-Betrachtung („Life Cycle
Costing“) entwickelt. Zur Bedeutung der MRO-Kosten für Investitionsentscheidungen generell vgl.
Koppelmann (2004), S. 167, und Markeset/ Kumar (2005), S. 53, zum „Life Cycle Costing“ vgl.
zudem Leenders et al. (2006), S. 429, ähnlich Jones/ Zsidisin (2008), S. 189.
164 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
728
Vgl. zu Unsicherheit und Abhängigkeit Cox (2001a), S. 46, Stremersch et al. (2001), S. 7, Marke-
set/ Kumar (2005), S. 54, und Driouchi et al. (2009), S. 9. Speziell zu diesem Problem im Rah-
men der Investitionsgüterbeschaffung als PBC-Leistungsbestandteil vgl. Perry (1987), S. 33,
Discenza/ Gurney (1990), S. 33, sowie Leenders et al. (2006), S. 426 f.
729
Vgl. Rosetti/ Choi (2008), S. 508, ähnlich Markeset/ Kumar (2005), S. 58.
730
Vgl. Cook et al. (2006), S. 1460, und Rese/ Maiwald (2011), S. 340.
731
Vgl. Stremersch et al. (2001), S. 8. Das Sammeln dieser Erfahrungen ist allerdings schwierig,
weil PSS-Beschaffungsvorgänge eher selten vorkommen und zudem sehr komplex sind, vgl. Mil-
ler et al. (1995), S. 374.
732
Vgl. Lindberg/ Nordin (2008), S. 296.
Herausforderungen der Beschaffung für PBC-Anbieter 165
733
Vgl. Stremersch et al. (2001), S. 8, bzw. Bovaird (2006), S. 83.
734
Vgl. Schonberger (1980), S. 26.
735
Vgl. z. B. Schlissel/ Chasin (1991), S. 282 f., oder Tillmann/ Simon (2004), S. 997.
736
Vgl. de Boer et al. (2003), S. 920.
737
Vgl. van Mossel/ van der Valk (2008), S. 242, die dies v. a. für „Component Services“, also end-
kundenbezogene Dienstleistungen, die auch in PBC zu erwarten sind, hervorheben. Vgl. weiter-
hin Engelhardt/ Schwab (1982), S. 510, Stremersch et al. (2001), S. 9, und Rese/ Maiwald (2011),
S. 338; ergänzend siehe auch Abschnitt 2.1.3.
738
Vgl. Jackson et al. (1995), S. 103, bzw. Young/ Varble (1997), S. 38.
739
Vgl. Lindberg/ Nordin (2008), S. 297, und Caldwell et al. (2009), S. 178.
166 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
740
Vgl. Monczka/ Trent (1991), S. 10, Ellram/ Siferd (1993), S. 164, und Leenders et al. (2006), S.
237. Dies umfasst sowohl Kosten vor einem Vertragsabschluss, z. B. für die Suche, Auswahl und
Qualifizierung von Lieferanten, mit direktem Bezug zum Vertragsabschluss, z. B. Transportkosten,
Zölle oder Qualitätskontrolle, sowie danach, z. B. für Nutzung/Betrieb des Beschaffungsobjekts,
vgl. Ellram (1993), S. 7, Ellram (1994), S. 172, Ferrin/ Plank (2002), S. 24, und Burt et al. (2010),
S. 304 ff.
741
Für die strategische Beschaffung wird der Vorteil einer TCO-Betrachtung primär darin gesehen,
eine deutlich breitere, strategische Entscheidungsgrundlage zu erhalten ‒ und nicht auf Basis
kurzfristiger Daten wie dem Einstandspreis langfristig wirksame Entscheidungen zu treffen ist, vgl.
Ellram/ Siferd (1993), S. 170, Ellram (1994), S. 172, Ellram/ Siferd (1998), S. 59, Bevilacqua/ Pet-
roni (2002), S. 244, oder Hurkens et al. (2006), S. 28.
742
Vgl. Ellram (1994), S. 175, Degraeve et al. (2000), S. 35, und Zachariassen/ Arlbjørn (2011), S.
462
743
Vgl. Eßig/ Arnold (2003), S. 66, bzw. Eßig (2003), S. 336, sowie Batran (2008), S. 94. Kosten
bleiben hierbei aber eine wichtige Bezugsgröße.
744
Vgl. Wouters et al. (2005), S. 186, sowie Wynstra/ Hurkens (2005), S. 479, ähnlich Glas et al.
(2012), S. 5. Als Beispiel für solche Wertbeiträge sind durch besonders leistungsfähige Lieferan-
ten erzielte Steigerungen von Umsatzerlösen zu nennen.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 167
745
Der Begriff „Controlling“ ist in der Literatur nicht eindeutig definiert. In dieser Arbeit soll darunter
Unterstützung der Managementfunktion durch Information, Analyse, Planung und Steuerung ver-
standen werden, vgl. Jung (2007), S. 4, ähnlich Weber/ Schäffer (2001), S. 901 f., Preißler (2009),
S. 16, oder Horvàth (2012), S. 18.
746
Vgl. Henke et al. (2010), S. 55, ähnlich Lasch/ Janker (2005), S. 411, und Large (2009), S. 232 ff.
747
Vgl. Zuther (2002), S. 55, Datta/ Roy (2011), S. 583, und Lockett et al. (2011), S. 302.
168 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Beziehung genauer beleuchtet. Dazu dient zunächst die Vorstellung der Grundzüge
der Informationsökonomie allgemein und deren Anwendung in der Beschaffungsma-
nagementforschung. Mithilfe dieser Grundlagen werden dann verschiedene Szenari-
en für die Beschaffung durch PBC-Anbieter entwickelt. Den Abschluss bilden daraus
entwickelte Handlungsempfehlungen, die gleichsam die Überleitung zum letzten Teil
des Kapitels, dem Lieferantenmanagement, bilden.
3.3.1 Grundzüge der Informationsökonomie
In diesem Abschnitt werden zunächst die Entstehungshintergründe und allgemeinen
Grundlagen der Theorie erörtert. Dann erfolgt eine Einordnung bzw. Abgrenzung der
Informationsökonomie von verwandten Theorieansätzen. Den Abschluss des Ab-
schnitts bildet eine Übersicht über beschaffungsrelevante Forschung, die informa-
tionsökonomische Aspekte nutzt.
3.3.1.1 Neue Institutionenökonomie und Informationsökonomie
Auch wenn die Einordnung der Informationsökonomie nicht eindeutig ist, wird sie in
dieser Arbeit als Teil der „Neuen Institutionenökonomie“ (NIÖ) angesehen.748 Ausge-
hend von einem Verständnis von Institutionen, dass diese als verhaltenssteuernde
Regelsysteme im Rahmen menschlicher Interaktion ansieht und nicht als Synonym
für Organisationen, erweitert dieses Theorienbündel wesentliche Annahmen der
klassischen ökonomischen Theorien.749 Während Letztere nämlich von stets rationa-
lem Handeln („homo oeconomicus“) und, auch hinsichtlich der Verteilung von Infor-
mationen zwischen den Teilnehmern, von vollkommenen Märkten ausgeht, berück-
sichtigt die NIÖ explizit informationsbedingte Ungleichheiten in Märkten und Kompo-
nenten des menschlichen Verhaltens im sozialökonomischen Sinne. 750 Das bedeutet,
dass der Institutionalbegriff sowohl formal-juristische als auch sozial-relationale Nor-
men umfasst.751 Das Ziel des Theorienbündels besteht darin, die Koordination von
Märkten (und darin die Austauschbeziehungen zwischen Marktteilnehmern, wie z. B.
Unternehmen) zu analysieren und zu verbessern.
Als Theorienbündel wird die Neue Institutionenökonomie deshalb bezeichnet, weil sie
selbst keine geschlossene Theorie darstellt, sondern als übergeordneter Rahmen für
748
Weitere in dieser Arbeit nicht genutzte Bezeichnungen für dieses Theorienbündel sind u. a.
„Neue Instiutionenökonomik“, „Neue institutionelle Mikroökonomie“ oder „Neue Institutionenlehre“,
vgl. Adler (1996), S. 6, oder Blum et al. (2005), S. 43 f. Im Englischen ist v. a. die Bezeichnung
der „New Institutional Economics“ gebräuchlich, vgl. Ménard/ Shirley (2005), S. 1.
749
Vgl. zum Institutionenbegriff im Rahmen der Neuen Institutionenökonomie Göbel (2002), S. 3,
ähnlich Richter/ Furubotn (2003), S. 50.
750
Vgl. u. a. Meffert/ Bruhn (2003), S. 83, oder Richter/ Furubotn (2003), S. 22 bzw. 55.
751
Vgl. Ménard/ Shirley (2005), S. 1. Ähnlich argumentiert auch die Relational Coordination Theory,
die in 5.3.2 auf ein Teilproblem des PBC-Anbieter-Lieferanten-Managements Anwendung findet.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 169
752
Vgl. Rogall/ Rogall (2006), S. 85.
753
Der Umfang der NIÖ ist bez. der drei erstgenannten Theorien unstrittig, vgl. z. B. Göbel (2002), S.
60, oder Ebers/ Gotsch (2006), S. 247. Die Erwähnung und Einordnung der Informationsökono-
mie zur NIÖ sind dagegen nicht durchgängig gegeben bzw. umstritten, vgl. z. B. Mäki (2001), S.
270, Jacob/ Ehret (2006), S. 107, oder Thiell (2006), S. 166.
754
Vgl. z. B. Picot (1991), S. 145f .
755
Vgl. Adler (1996), S. 12. Jedoch verwendet z. B. Glas (2012), S. 179 ff., die Theorie, um PBC im
öffentlichen Sektor zu untersuchen, was jedoch auch der stärkeren Regulierung der öffentlichen
Betriebswirtschaft bzw. Beschaffung geschuldet ist.
756
Ausgangspunkt der Transaktionskostentheorie ist die Arbeit von Coase (1937), die später von
Williamson (1975), aufgegriffen und weiterentwickelt wurde.
757
Zur Erläuterung der Transaktionskostentheorie vgl. z. B. Picot (1991), S. 147–149, und Ebers/
Gotsch (2006), S. 277 ff., zum erwähnten Kontinuum zudem Williamson (1991), S. 284.
170 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
758
Vgl. Ebers/ Gotsch (2006), S. 258 f., erläuternd ebenso Palupski (2002), S. 62 f. Zu den grundle-
genden Werken der Theorie vgl. Ross (1973), und Jensen/ Meckling (1976).
759
Vgl. Weiber/ Adler (1995), S. 43 f., Mäki (2001), S. 270, sowie Kleinaltenkamp/ Jacob (2002), S.
152, ergänzend Macintosh (2002), S. 9 f., Jacob/ Ehret (2006), S. 107, oder Thiell (2006), S. 166.
760
Vgl. Sichtmann (2007), S. 62, ergänzend Mäki (2001), S. 270.
761
Zur grundlegenden Bedeutung der informationsökonomischen Analyse vgl. Thiell (2006), S. 166,
ähnlich Weiber/ Adler (1995), S. 52. Zur Bedeutung der PAT für die Entwicklung von Gestal-
tungsempfehlungen vgl. Picot (1991), S. 150.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 171
762
Wichtigstes Anwendungsbeispiel der PAT im Rahmen von PBC ist die Arbeit von Hypko et al.
(2010a), S. 460 ff. Den Stand der in der PBC-Forschung genutzten Theorien hat Selviaridis
(2011), S. 521, analysiert. Dabei verwendeten über 50 % der theoriebasierten Publikationen die
PAT.
763
Vgl. Cox et al. (2003), S. 140, Lamming et al. (2005), S. 555, Paulraj et al. (2006), S. 117, Han-
sen (2009), S. 232, oder Claro/ Claro (2010), S. 221.
764
Vgl. Stigler (1961), S. 213, der in diesem Zusammenhang auch erstmals den Begriff „Information
Economics“ benutzte.
765
Vgl. Arrow (1964), S. 92, erläuternd zudem Hirshleifer (1973), S. 33.
766
Vgl. Beißel (2003), S. 24.
767
Vgl. Thiell (2006), S. 168. Die grundlegenden Arbeiten der Informationsökonomie beziehen sich
überwiegend auf Probleme beim vertraglichen Austausch von Gütern, vgl. z. B. Stigler (1961), S.
213, Akerlof (1970), S. 488, oder Nelson (1970), S. 311. Erst später wurden auch Dienstleistun-
172 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
x Preisunsicherheit, d. h., der Abnehmer kann nicht bzw. nur unzureichend beurtei-
len, ob der für eine Leistung verlangte Preis gerechtfertigt ist.
x Qualitätsunsicherheit, d. h., der Abnehmern kann die Qualität der zu beschaffen-
den bzw. beschafften Leistung nicht bzw. nur unzureichend beurteilen. Natürlich
ist es auch möglich, dass Preis- und Qualitätsunsicherheit existiert, also dahin
gehend, ob der Preis für eine Leistung in der angebotenen bzw. gelieferten Qua-
lität angemessen ist.
Für die Beurteilung der Angemessenheit stehen dem Abnehmer nach dem weitver-
breiteten Ansatz von Nelson (1970, 1974) sowie nach Darby und Karni (1973) drei
Eigenschaften der benötigten Leistung zur Verfügung.768
Bei den „Sucheigenschaften“ (engl. „search qualities“) können die Leistungseigen-
schaften vor Vertragsabschluss (vollständig) überprüft werden („ex ante“).769 Diese
Eigenschaft wird überwiegend Gütern zugeschrieben; für Dienstleistungen ergibt sich
diese Möglichkeit aufgrund der Simultaneität von Absatz und Produktion sowie aus
den häufig fehlenden physischen Eigenschaften nicht. 770 Allerdings sind auch mit
dieser Art von Informationsbeschaffung Kosten, z. B. für eine Qualitätsinspektion,
verbunden.
Die „Erfahrungseigenschaften“ (engl. „experience qualities“) bezeichnen solche In-
formationen, die erst mit oder nach Vertragsabschluss („ex post“) bzw. Leistungsnut-
zung zu messen sind oder auf der subjektiven Einschätzung des Abnehmers basie-
ren.771 Diese Beurteilungsmöglichkeit besteht sowohl für Güter als auch für bestimm-
te Dienstleistungen. 772 Zwar können hier die Kosten für Ex-ante-
Informationsbeschaffung deutlich niedriger ausfallen als bei Leistungen mit hohen
Sucheigenschaften, allerdings entstehen durch die Wahrnehmung der Leistung ent-
sprechende Kosten, die ggf. in Ansatz zu bringen sind.773
„Vertrauenseigenschaften“ (engl. „credence qualities“) zuletzt sind solche Informati-
onseigenschaften, die weder vor Vertragsabschluss bzw. Leistungsnutzung noch
gen mit einbezogen, vgl. Darby/ Karni (1973). Für die allgemeinen Ausführungen soll daher der
gemeinsame Begriff „Leistungen“ genutzt werden.
768
Vgl. Nelson (1970), S. 312, Nelson (1974), S. 730, sowie Darby/ Karni (1973), S. 68 f., zu deren
Popularität z. B. Essig/ Arnold (2001), S. 45, Thiell (2006), S. 168, oder Sichtmann (2007), S. 60.
769
Vgl. Nelson (1970), S. 312, sowie Nelson (1974), S. 730, erläuternd zudem Weiber/ Adler (1995),
S. 54, Beißel (2003), S. 37 f., Rose (2003), S. 105, und Thiell (2006), S. 168.
770
Vgl. Zeithaml (1981), S. 186, Bowen/ Ford (2002), oder Thiell (2006), S. 194.
771
Vgl. Nelson (1970), S. 312, sowie Nelson (1974), S. 730, erläuternd zudem Weiber/ Adler (1995),
S. 54, Beißel (2003), S. 38, Rose (2003), S. 105 f., und Thiell (2006), S. 168.
772
Vgl. Zeithaml (1981), S. 186, oder Thiell (2006), S. 195.
773
Vgl. Nelson (1970), S. 312.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 173
100 %
Erfahrungs-
käufe
Vertrauenskäufe
Ausmaß an
Erfahrungs-
100 % eigenschaften
100 % Suchkäufe
Ausmaß an
Sucheigenschaften
774
Vgl. Darby/ Karni (1973), S. 68 f., erläuternd zudem Weiber/ Adler (1995), S. 54, Beißel (2003), S.
38 f., Rose (2003), S. 106, und Thiell (2006), S. 168.
775
Vgl. Essig/ Arnold (2001), S. 46.
776
Quelle: Weiber/ Adler (1995), S. 61.
174 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Allerdings trifft diese Darstellung keine direkte Aussage darüber, in welchem Umfang
Informationsasymmetrien existieren. Gleichwohl ging aus den vorhergehenden Aus-
führungen hervor, dass bei Erfahrungseigenschaften die Informationsasymmetrie
erst nach Vertragsabschluss bzw. Leistungsnutzung, ggf. in Verbindung mit hohen
Kosten, und bei Vertrauenseigenschaften nicht einmal dann (vollständig) aufgelöst
werden kann. Die hohe Unsicherheit bei der Beschaffung von Dienstleistungen (sie-
he hierzu ausführlicher Unterabschnitt 3.2.3.2) leitet sich demnach aus deren Infor-
mationseigenschaften ab. Beschaffungsobjekte mit hohen Vertrauenseigenschaften,
z. B. spezialisierte, wissensintensive Dienstleistungen, bringen dabei eine besonders
hohe Informationsasymmetrie mit sich. Dies geht ebenfalls aus nachstehender Abbil-
dung hervor. Nach Einteilung der Beschaffungsobjekte gemäß ihren Informationsei-
genschaften im informationsökonomischen Dreieck kann folglich der Grad der Infor-
mationsasymmetrie zwischen Anbieter (= Lieferant) und Abnehmer abgeleitet werden.
100 %
Grad der potenziellen
Informations-
asymmetrie
0%
Such- Erfahrungs- Vertrauens-
objekt objekt objekt
Informationsökonomische
Beschaffungsobjekttypen
Je höher die Informationsasymmetrie, desto größer die Unsicherheit (und die hierfür
be- bzw. entstehenden Opportunitätskosten) bei der jeweils schlechter informierten
Vertragspartei. Dabei wäre es jedoch nicht ausreichend, physische Güter durchgän-
gig als „Suchobjekte“, also als Beschaffungsobjekte, mit hohen Sucheigenschaften
777
Quelle: Thiell (2006), S. 171.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 175
778
Vgl. Weiber/ Adler (1995), S. 57, in Verbindung mit Rosetti/ Choi (2008), S. 527, und Hofmann et
al. (2012a), S. 17 ff.
779
Vgl. Nelson (1970), S. 312.
780
Vgl. z. B. Göbel (2002), S. 100.
176 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Informationsasymmetrien
Formen der
Informations- Hidden- Hidden Hidden- Hidden
asymmetrie: Characteristics Intention Information Action
Hidden Characteristics bezeichnen dabei vor dem (möglichen) Beginn eines Vertra-
ges „verborgene Charakteristika“ und damit den Zustand, in dem ein Prinzipal (z. B.
Auftraggeber/Abnehmer) die Fähigkeiten des Agenten (z. B. Lieferant) nicht vollstän-
dig beurteilen kann.782 Hieraus entsteht das Risiko bzw. das Problem, nicht den op-
timalen Vertragspartner auszuwählen, was in der PAT als „Adverse Selection“ be-
zeichnet wird.783 Im Rückbezug zur Informationsökonomie lässt sich hier das Prob-
lem (nicht) vorhandener Sucheigenschaften von Beschaffungsobjekten erkennen.
Die nachvertragliche Problematik, die Handlungen des Agenten nicht oder nur mit
hohen Kosten verbunden beobachten zu können, wird in der PAT „Hidden Action“,
also „verborgene Handlung“, genannt.784 Für den Prinzipal bleibt v. a. unklar, welche
Anstrengungen ein Agent zur Erreichung eines Leistungsergebnisses unternommen
hat und ob die hierfür gewährte Entlohnung angemessen ist. Hier sind Parallelen zu
den „Erfahrungseigenschaften“ aus der Informationsökonomie zu erkennen. Das da-
raus folgende Risiko nennt sich „Moral Hazard“ (dt. etwa „moralisches Risiko“ oder
781
Quelle: in enger Anlehnung an Beißel (2003), S. 26.
782
Vgl. z. B. Picot (1991), S. 152, oder Göbel (2002), S. 101.
783
Vgl. Richter/ Furubotn (2003), S. 239 ff., oder Voigt (2009), S. 85. Ursprünglich wurde dieses
Problem für Versicherungen erkannt, bei denen der Versicherte mögliche Falschangaben macht,
um Versicherungsschutz in Anspruch nehmen zu können, vgl. Cameron (1946), S. 120 f.
784
Vgl. z. B. Wenger/ Terberger (1988), S. 507, Picot (1991), S. 151 f., oder Voigt (2009), S. 86 f.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 177
785
Vgl. ursprünglich Holmström (1979), S. 74, weiterhin erläuternd Göbel (2002), S. 103, oder Rich-
ter/ Furubotn (2003), S. 224 ff.
786
Vgl. zur ursprünglichen Einführung und Erläuterung des Begriffs Arrow (1985), S. 38 f., weiterhin
Göbel (2002), S. 102, oder Voigt (2009), S. 86.
787
Vgl. z. B. Dietl (1993), S. 141, oder Göbel (2002), S. 102.
788
Vgl. ursprünglich Goldberg (1976), S. 439, erläuternd zudem Spremann (1990), S. 568.
789
Vgl. Richter/ Furubotn (2003), S. 100 f., und Voigt (2009), S. 88.
790
Vgl. Riley (2001), S. 432 ff.
791
Vgl. Stiglitz (1975c), S. 283, erläuternd Thiell (2006), S. 197 f.
178 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
792
Vgl. Beißel (2003), S. 81, oder Thiell (2006), S. 172. Weitere, unmittelbare Anwendungsbeispiele
finden sich auch bei den in Unterabschnitt 3.2.3.2 diskutierten Lösungsansätzen für die Heraus-
forderungen der Dienstleistungsbeschaffung.
793
Vgl. Stiglitz (1975a), Jensen/ Meckling (1976), S. 308, sowie erläuternd Göbel (2002), S. 112.
794
Vgl. Dewally/ Ederington (2006), S. 693 f., auch Spremann (1988), S. 614.
795
Dieser Ansatz wird auch „Self Selection“ genannt, vgl. Rothschild/ Stiglitz (1976), S. 632.
796
Vgl. Sichtmann (2007), S. 65.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 179
797
Zur Anreizgewährung und Interessensangleichung in diesem Zusammenhang generell vgl. Stig-
litz (1974), Stiglitz (1975b), und Laffont/ Martimort (1997), zu deren Einordnung als Screening vgl.
außerdem Stiglitz (1975a), S. 552.
798
Vgl. wiederum Stiglitz (1975a), S. 552, sowie Eisenhardt (1989a), S. 61.
799
Siehe 2.3.2.3 sowie ausführlich Unterkapitel 3.2.
800
Vgl. Beißel (2003), S. 21 ff.
801
Vgl. Hypko et al. (2010a), S. 460 ff., sowie Selviaridis (2011), S. 521.
802
Siehe hierzu die weiteren Ausführungen sowie die Ausführungen von Beißel (2003), für den Arti-
kel zu PBC und Informationsökonomie Kleemann/ Essig (2013), S. 187 f.
180 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
803
Vgl. Gallouj (1997), S. 42.
804
Vgl. Gallouj (1997), S. 54 ff. bzw. 61.
805
Vgl. Kirmani/ Rao (2000), S. 66.
806
Vgl. Bienstock (2002), S. 640 f.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 181
tisch gelöst werden können.807 Dies kann eher für grundlegende Fragen der vorlie-
genden Untersuchung genutzt werden.
Heide (2003) erwähnt die Wirkung von Informationsasymmetrien nur am Rande,
schlägt interessanterweise aber kooperative Beziehungen als Angleichungsmecha-
nismus vor, was auch anderen, spezifischeren Vorschlägen für Dienstleistungsbe-
schaffung sowie PBC entspricht.808
Ein Aufsatz von Dewally und Ederington (2006) prüft verschiedene Signaling-
Ansätze (wie Zertifikate oder den Aufbau von Reputation) in deren Wirkung auf ver-
schiedene Informationsasymmetrien. 809 Nichtsdestotrotz wird die Problematik eher
aus Marketingsicht und darüber hinaus lediglich für den sehr spezifischen (Kon-
sum-)Gütermarkt des Online-Comicbuchhandels analysiert. Dies besitzt für die vor-
liegende Abhandlung nur bedingte Relevanz.
Thiell (2006) hat eine umfassende Analyse hinsichtlich der Besonderheiten der stra-
tegischen Dienstleistungsbeschaffung aus Sicht der Informationsökonomie und der
Prinzipal-Agenten-Theorie vorgelegt.810 Daraus werden konkrete Handlungsempfeh-
lungen entwickelt, ein Rahmenmanagementkonzept für die Dienstleistungsbeschaf-
fung, außerdem konkrete Gestaltungshinweise, darunter u. a. lange Vertragslaufzei-
ten und kooperative Lieferantenbeziehungen als Mechanismen zur Reduktion von
Informationsasymmetrien und daraus entstehender Unsicherheit als speziellem Prob-
lem der Dienstleistungsbeschaffung. 811 Diese Erkenntnisse können umfassend für
die Betrachtung und Gestaltung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen heran-
gezogen werden.
Der Aufsatz von Sichtmann (2007) operationalisiert den Forschungsrahmen der In-
formationseigenschaften nach Nelson sowie Darby/Karni auf das informationsöko-
nomische Dreieck von Weiber und Adler und beleuchtet die Auswirkungen auf die
Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen. 812 Insbesondere wird aufgezeigt, wie sich die
Informationseigenschaften im Beziehungsablauf verändern, also durch Erfahrungen
bei einzelnen Beschaffungen Sucheigenschaften entstehen oder durch Vertrau-
ensaufbau die Informationsasymmetrien zwischen Vertragsparteien reduziert werden.
Sowohl die Anwendung des informationsökonomischen Dreiecks als auch die Aus-
wirkungen sind somit für die PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen von Bedeutung.
807
Vgl. Beißel (2003), S. 1 ff.
808
Vgl. Heide (2003), S. 26.
809
Vgl. Dewally/ Ederington (2006), S. 693.
810
Vgl. Thiell (2006), S. 164.
811
Vgl. Thiell (2006), S. 246.
812
Vgl. Sichtmann (2007), S. 66 f.
182 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Zusammenfassend lässt sich mit Blick auf den Stand der Forschung der Informa-
tionsökonomie im Bereich Beschaffung und der Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen
konstatieren, dass die dort entwickelten Grundlagen sehr gut auf die in dieser Arbeit
untersuchte Problemstellung zur Anwendung kommen können. Insbesondere die
beschaffungsobjektbezogenen Unsicherheiten, die dynamische Veränderung von
Informationseigenschaften sowie die Bedeutung von Signaling-Aktivitäten durch In-
formationen und Informationssurrogate können als Ansatzpunkte auf PBC übertra-
gen werden, was im nächsten Abschnitt erfolgt.
3.3.2 Informationsökonomische Analyse für die PBC-Anbieter-Lieferanten-
Beziehung
Im Folgenden werden zunächst die Grundzüge der informationsökonomischen For-
schung allgemein auf die PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehung übertragen. Im An-
schluss werden verschiedene, an Abschnitt 3.2.3 angelehnte, beschaffungsob-
jektspezifische Szenarien für die Beschaffung von PBC-Anbietern bei ihren Lieferan-
ten entwickelt und analysiert.
3.3.2.1 Ausgangspunkt der informationsökonomischen PBC-Analyse
Wie eingangs erwähnt, untersucht die Informationsökonomie die Verteilung von In-
formationen zwischen Vertragsparteien in Beschaffungssituationen. Anbieter von
PBC stehen vor einer doppelten Herausforderung. Sie müssen einerseits bei der
Konzeption ihrer Leistungsbündel auf vom Abnehmer ggf. nur in begrenztem Umfang
bereitgestellte Informationen zurückgreifen. Weiter verkompliziert wird dies, weil auch
der Abnehmer selbst ggf. nicht über vollständige Informationen verfügt (und evtl. ge-
nau deshalb auf PBC zurückgreifen möchte). Daraus wiederum ergibt sich, dass
auch der Anbieter in vielen Fällen überhaupt nicht über vollständige Informationen
verfügt. Andererseits ist der PBC-Anbieter umfassend auf Leistungen seiner Liefe-
ranten angewiesen, um PBC-Leistungsbündel erbringen zu können.813 Je nach Art
des Fremdbezugs der Anbieter entstehen dabei unterschiedliche Informationsasym-
metrien zwischen Anbieter und Lieferanten.
Die hierbei bestehenden Optionen werden, in Anlehnung an Abschnitt 3.2.3, im Fol-
genden als Szenarien des Fremdbezugs durch PBC-Anbieter dargestellt. Die kon-
zeptionelle Analyse der Lieferanteneinbindung in die PBC-Charakteristika hat erge-
ben, dass die vollständigen Potenziale des Konzepts gerade wegen der großen Lie-
ferantenabhängigkeit nur dann erreicht werden können, wenn eine Interessensan-
gleichung erfolgt, d. h., zumindest dann, wenn wichtigen Lieferanten die Teilhabe an
813
Vgl. Buse et al. (2001), S. 4.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 183
Erfolgspotenzialen von PBC wie erhöhter Profitabilität auf Basis der Leistungsvergü-
tung ermöglicht wird. Dies würde bedeuten, dass PBC-Anbieter die Teilleistungen
ihrer Lieferanten als Leistungsbündel auf Subsystemebene beziehen und nach den
Charakteristika der Ergebnisorientierung und der Leistungsvergütung steuern. Als
andere Option ist eine vollständige Entkoppelung des abnehmerseitigen PBC-
Konzepts von den Lieferanten denkbar, sodass diese lediglich Einzelleistungen (oder
auch Teilleistungsbündel) nach aufwandsbezogenen Vergütungsmechanismen zulie-
fern also nach traditionellen Vertragsansätzen zusammengearbeitet wird. 814
Für jedes dieser Szenarien wird nun der Umfang der Informationsasymmetrien auf
Anbieter- und Lieferantenseite analysiert. 815 Je nach Ergebnis werden dann die
Handlungsempfehlungen der Informationsökonomie (z. B. Interessensangleichung)
genutzt, um abzuwägen, welche Optionen des Fremdbezugs PBC-Anbieter verfolgen
sollten.
3.3.2.2 Szenario 1: Beschaffung von Einzelleistungen für PBC-Leistungsbündel
Dass PBC-Anbieter ihr Leistungsbündel nach den PBC-Charakteristika „Ergebnisori-
entierung“ und „Leistungsvergütung“ erbringen müssen, kann als gegeben vorausge-
setzt werden. Unmittelbare Folge der Ergebnisorientierung ist aber auch, dass wei-
testgehende Entscheidungsfreiheit besteht, nach welchen Vertragsmechanismen die
eigenen Lieferanten gebunden werden.816
So ist es, wie in diesem Szenario beschrieben und analysiert wird, durchaus möglich,
eine vollständige Entkopplung des abnehmerseitigen PBC-Vertrages von den Liefe-
ranten vorzunehmen und von diesen Leistungen nur nach klassischen, aufwandsbe-
zogenen Vertragsmustern zu beziehen.
Für den Fall, dass physische Güter bezogen werden, beschafft der PBC-Anbieter
klar spezifizierte Produkte, für PBC z. B. Subsysteme oder Komponenten.817
Aus informationsökonomischer Sicht wird generell davon ausgegangen, dass Güter
einen relativ hohen Anteil von Sucheigenschaften aufweisen, d. h., dass sie vor ei-
nem Vertragsabschluss gut zu inspizieren sind und deren Qualität überprüft werden
814
Dies ergibt sich aus der Ergebnisorientierung und daraus abgeleitet der Freiheit in der Leistungs-
erbringung in PBC, vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 697. Andere Autoren betonen dagegen die
Notwendigkeit der Lieferanteneinbindung in PBC, vgl. Sols et al. (2007), S. 41. Zum Fremdbezug
von Teillistungsbündeln vgl. Tukker (2004), S. 248, in Verbindung mit Lay (2003), S. 10 sowie
ausführlich Unterabschnitt 3.2.3.4.
815
Einleitend und übergreifend zu den Informationseigenschaften und resultierenden Informations-
asymmetrien vgl. Thiell (2006), S. 174.
816
Vgl. noch einmal Gruneberg et al. (2007), S. 697.
817
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 691, in Verbindung mit Burt et al. (2010), S. 121 ff. Siehe außer-
dem Abschnitt 3.2.3, insbesondere Abbildung 22.
184 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
kann.818 Damit spielen Probleme der „Hidden Characteristics“ für diese Bezugsoption
eine vielmehr untergeordnete Rolle. Tatsächlich besteht aufgrund der hohen Suchei-
genschaften das eher geringe Risiko einer falschen Lieferantenauswahl („Adverse
Selection“) aufgrund unrichtiger Annahmen über Lieferantenfähigkeiten und folglich
der zu erwartenden Güterqualität.819 Weniger eindeutig ist dies ggf. für das Risiko der
„Hidden Intention“ wie erwähnt, kann die Konzeption eines PBC-Leistungsbündels
(abnehmerseitig) über mehrere Iterationsstufen ablaufen und so die Leistung des
Lieferanten schrittweise besser beurteilt werden.820 Sollte dennoch eine frühe Festle-
gung der Lieferanten erforderlich sein, könnten zu Beginn unvollständige Verträge
nach Vertragsabschluss zu einem „Hold Up“-Risiko führen.821 Dies gilt umso mehr,
als auch der Anbieter ggf. nur über unzureichende Informationen vonseiten des Ab-
nehmers verfügt und unvollständige Verträge daher zunächst gar nicht vermeiden
kann.822 Dessen ungeachtet ist die langfristige Bindung an einzelne Lieferanten in
PBC aufgrund der Leistungsspezifität überhaupt nicht zu umgehen.823
Anders stellt sich dies für Dienstleistungen dar, die durch PBC-Anbieter als Einzel-
leistungen für ein Leistungsbündel beschafft werden. Diese weisen zumeist keine
Such-, maximal mittlere Erfahrungs- und oft überwiegend Vertrauenseigenschaften
auf.824
Die klassische Beschaffung von Gütern für PBC-Leistungsbündel birgt die Problema-
tik, dass die Güteranteile normalerweise auf einen langfristigen Einsatz ausgelegt
sind. Dementsprechend verfügen Güter aufgrund ihrer physischen Beschaffenheit
durchaus über Erfahrungseigenschaften, womit ein eher geringes „Hidden Action“-
Problem existieren dürfte. Die Beurteilbarkeit der physischen Güter wirkt sich hier
also (für den Anbieter) positiv auf den Grad der Informationsasymmetrie aus.
Deren Leistung bzw. Qualität der Güteranteile kann indessen nur kurzfristig gemes-
sen werden ob ein Gut auch langfristig leistungsfähig ist, kann allein unter hohem
Aufwand bzw. gar nicht in Erfahrung gebracht werden.825 Der Anbieter kann nur da-
rauf vertrauen, dass der Lieferant positive Vertrauenseigenschaften aufweist. Eine
vollständige Beurteilung ist aufgrund fehlender Informationen nicht möglich („Hidden
Information“). Hierin besteht eine PBC-bedingte Besonderheit, ähnlich der Problema-
818
Vgl. Zeithaml (1981), S. 186.
819
Vgl. Jones et al. (1998), S. 397.
820
Vgl. Hobday et al. (2000), S. 794, in Verbindung mit Selviaridis/ Spring (2010), S. 180.
821
Vgl. Londsdale (2001), S. 24.
822
Vgl. Hobday et al. (2005), S. 1135, in Verbindung mit Ellram et al. (2008), S. 154.
823
Vgl. Freiling (2003), S. 33, ebenso Hypko et al. (2010a), S. 474.
824
Vgl. Zeithaml (1981), S. 186.
825
Vgl. hier und in der Folge allgemein Hofmann et al. (2012a), S. 54 bzw. 72, ähnlich auch Kim et al.
(2007), S. 1844, sowie spezifischer Perry (1987), S. 33, oder Discenza/ Gurney (1990), S. 33.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 185
826
Vgl. Pawar et al. (2009), S. 484.
827
Vgl. Friedrich/ List (2009), S. 57.
828
Vgl. Lindberg/ Nordin (2008), S. 296.
829
Vgl. Londsdale (2001), S. 24, in Verbindung mit Geary/ Vitasek (2008), S. 33, und Ng/ Nudurupati
(2010), S. 664.
830
Vgl. Thiell (2006), S. 197 f., in Verbindung mit Hofmann et al. (2012a), S. 54.
831
Vgl. Sichtmann (2007), S. 67 f., in Verbindung mit Thiell (2006), S. 199 f.
186 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
leistungen verlangt werden.832 Dies offenbart eine eindeutige Tendenz auf ergebnis-
orientierte Verträge und somit auf das in der Folge untersuchte Szenario 3. Vor der
Analyse der Informationsasymmetrien für diesen Kontext wird als Zwischenschritt die
Beschaffung von Teilleistungsbündeln als Güter-Dienstleistungs-Kombination unter-
sucht.
3.3.2.3 Szenario 2: Beschaffung von Teilleistungsbündeln
In diesem Szenario, einem Zwischenschritt zwischen der Beschaffungsoption klar
spezifizierter Einzelleistungen und dem der ergebnisorientierten Vertragseinbindung,
wird davon ausgegangen, dass der PBC-Anbieter von seinen Lieferanten ein Leis-
tungsbündel aus Gütern und Dienstleistungen bezieht, das jedoch nicht ergebnisori-
entiert spezifiziert und nicht leistungsorientiert vergütet wird (siehe hierzu auch noch
einmal Unterabschnitt 3.2.3.4). Viel eher greift der Anbieter als Beschaffer noch rela-
tiv stark in die Spezifikation bzw. Auslegung des Leistungsbündels ein. 833 Darüber
hinaus werden die Lieferanten nach Aufwand oder zeitraumbezogen vergütet. Die
PBC-inhärente Interessensangleichung, z. B. gemeinsam Optimierungen am ab-
nehmerseitigen Gesamtleistungsbündel vorzunehmen, fehlt damit ebenso wie die
Entlastung von Wertschöpfungsverantwortung durch die Ergebnisorientierung.834
Auch im Beschaffungsprozess sind sowohl ex ante als auch ex post informationsbe-
dingte Probleme zu erwarten.835 Zwar wird auch in diesem Szenario angenommen,
dass der PBC-Anbieter ein Gut als Kernleistung definiert durch die enge Verknüp-
fung an die Dienstleistungen als weiteren Aspekt des Leistungsbündels reduzieren
sich jedoch die Möglichkeiten einer vollständigen, vorvertraglichen Beurteilung. 836
Dementsprechend bestehen deutlich stärkere „Hidden Characteristics“ als bei Einzel-
leistungen und damit das Risiko der „Adverse Selection“, wenn sich nachvertraglich
ergibt, dass der Lieferant die angebotenen Leistungen nicht erfolgreich zu einem
Leistungsbündel zusammenführen kann.
Als mindestens ebenso problematisch erweist sich das Risiko unvollständiger Ver-
träge im Sinne der „Hidden Intention“, da aufgrund der fehlenden Ergebnisorientie-
rung es immer noch dem PBC-Anbieter obliegt, die Vollständigkeit des benötigten
Leistungsbündels herzustellen. Auslegungslücken gehen zulasten des nachfragen-
832
Vgl. Naranayan/ Raman (2004), S. 99, in Verbindung mit Kaas (2001), S. 161, sowie Defense
Acquisition University (2005), S. 2–5.
833
Vgl. Zuther (2002), S. 55, ähnlich auch Davies/ Brady (2000), S. 938.
834
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 71, sowie in Verbindung damit Sumo et al. (2012), S. 5.
835
Vgl. Lindberg/ Nordin (2008), S. 296, allgemeiner auch Caldwell et al. (2009), S. 185.
836
Vgl. Rese/ Maiwald (2011), S. 342, in Verbindung mit Engelhardt et al. (1993), S. 417, Stre-
mersch et al. (2001), S. 8, sowie Ahlstrom/ Nordin (2006), S. 83.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 187
den Anbieters, da die Lieferantenvergütung nicht von der Leistung abhängig ist.837
Ein einmal geschlossener Vertrag beinhaltet folglich das „Hold Up“-Risiko.838
Nach Vertragsabschluss stellt sich die Frage, inwieweit der PBC-Anbieter beurteilen
kann, ob der Lieferant eine Leistung wie gewünscht und zu angemessenen Kosten
bzw. Preisen erbringt. Auch hier dürfte sich die Bündelung von Gütern und Dienst-
leistungen problematisch auswirken, da die Anstrengungen eines Lieferanten nicht
vollständig zu beobachten sind, denn auf eine vollständige Spezifikation wird (be-
wusst) verzichtet.839 Ebenso sind Dienstleistungen häufig besonders schwer zu er-
fassen, v. a. dahin gehend, ob bzw. wie diese tatsächlich erbracht worden und in-
wieweit die Aufwände hierfür angemessen sind. Allerdings ist zumindest das Prob-
lem aus Szenario 1 (die problematische Abschätzbarkeit von MRO-Aufwänden) teil-
weise adressiert. Die Leistungsbündelung kann nämlich wenn auch nicht leis-
tungsorientiert vergütet bedingen, dass entsprechende Aufwände bereits in der
Vergütung enthalten sind, womit der PBC-Anbieter diese Information ggf. nicht mehr
zwingend benötigt. 840 Ob indes die Vergütung auch tatsächlich den Aufwänden an-
gemessen ist, ergibt sich hieraus nicht.
Ferner stellt sich die Leistungskontrolle ggf. als problematisch dar, weil im Gegensatz
zu einer PBC-basierten Ausrichtung Leistungsergebnis und Vergütung nicht ver-
knüpft werden. 841 Auch hier wirken sich die weniger detailliert spezifizierten Leis-
tungsanteile auf eine (vollständige) Beurteilbarkeit negativ aus. Sonach verfügt ein
Fremdbezug von Leistungsbündeln ohne PBC-Ansätze nur über relativ geringe Er-
fahrungs-, dafür über umso mehr Vertrauenseigenschaften. Ein PBC-Anbieter, der
nach diesen Charakteristika bei seinen Lieferanten beschafft, muss also darauf ver-
trauen, dass diese tatsächlich leistungsfähig sind, und dabei wirtschaftlich agieren.842
So bringt dieser Ansatz für den PBC-Anbieter eine eher ungünstige Informationsver-
teilung mit sich. Er läuft Risiko, opportunistischem Verhalten des Lieferanten (im Sin-
ne des „Moral Hazard“) ausgeliefert zu sein, da er einerseits keine vollständig „greif-
837
Vgl. Selviaridis/ Spring (2010), S. 171, und Ellram et al. (2008), S. 154, in Verbindung mit Eisen-
hardt (1989a), S. 59 f.
838
Vgl. Londsdale (2001), S. 24, allgemeiner Goldberg (1976).
839
Vgl. Day/ Barksdale (1994), S. 49, sowie Ellram et al. (2007), S. 45, sowie empirisch dazu
CAPS Research (2003), S. 7.
840
Vgl. Tillmann/ Simon (2004), S. 989 ff., in Verbindung mit Martens (2004), S. 105.
841
Vgl. Bieberstein (2001), S. 293 bzw. 302, ergänzend und ausführlicher Axelsson/ Wynstra (2002),
S. 183–208.
842
Vgl. Lindberg/ Nordin (2008), in Verbindung mit Hartmann/ Caerteling (2010), S. 359, und Darby/
Karni (1973).
188 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
843
Vgl. Ellram et al. (2004), S. 31, Barthélemy/ Quélin (2006), S. 1775, und Bovaird (2006), S. 83.
844
Vgl. Thiell (2006), S. 197 f., in Verbindung mit Stiglitz (1975c), S. 283.
845
Vgl. Töllner et al. (2011), S. 718, gegenüber Präuer (2004), S. 217.
846
Vgl. an dieser Stelle Lockett et al. (2011), S. 296.
847
Vgl. zu dieser Option Präuer (2004), S. 223, sowie Sols et al. (2007), S. 41.
848
Vgl. ausführlich hierzu Kleemann et al. (2011), S. 39.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 189
bene, hat zur Folge, dass der PBC-Anbieter als Beschaffer maximal noch funktionale
Spezifikationen vorgibt.849 Die Freiheit der Leistungserbringung, die sich aus der Er-
gebnisorientierung ergibt, bedingt, dass der Lieferant die Wertschöpfungsressourcen
frei wählen kann. Ex ante prüfbare Leistungen, wie z. B. inspizierbare, physische Gü-
ter, sind dabei sicher notwendig. Zentraler aber ist deren ex post erzielte Leistung.
Insofern kann davon ausgegangen werden, dass die Beschaffung in diesem Szena-
rio geringe bis gar keine Sucheigenschaften aufweist, wobei dies auch nicht mehr
zwingend erforderlich bzw. vorgesehen ist. Daher besteht zunächst ein durchaus ho-
hes Risiko der „Adverse Selection“. Auch wurde in Unterabschnitt 2.3.2.2 dargelegt,
dass Vertragsentwicklung und -management, also Vereinbarungen gleichzeitig aus-
reichend flexibel und detailliert zu gestalten, wichtige Aufgaben für PBC-Anbieter re-
präsentieren. 850 So ist auch das Problem unvollständiger Verträge (und damit die
Folgen von „Hidden Intention“) tatsächlich vorhanden, dürfte indes durch die klare
Ergebnisorientierung weniger stark ins Gewicht fallen als bei den vorhergehenden
Szenarien.851
Die in den Verträgen vereinbarten Ergebnisindikatoren spielen dann auch nach Ver-
tragsabschluss eine Rolle, da die eindeutige Messung der Lieferantenleistung hier-
durch wesentlich erleichtert werden soll. Somit bewirken sie eine reduzierte Informa-
tionsasymmetrie durch höhere Erfahrungseigenschaften. Die Lieferantenleistung wird
durch Ausrichtung auf bestimmte, messbare Ergebnisse besser nachvollziehbar
und verringert damit das Risiko für den Anbieter, die tatsächliche Leistung des Liefe-
ranten, wie in Szenario 2, nicht beurteilen zu können.852 Das Problem von „Hidden
Information“ wird folglich durch den Einsatz von PBC-Charakteristika in der Anbieter-
Lieferanten-Beschaffung vermindert.
Dass dennoch das Risiko von „Moral Hazard“ besteht, liegt an möglicher „Hidden
Action“, d. h., der PBC-Anbieter kann die Aktivitäten der Lieferanten als Folge der
Ergebnisorientierung nicht mehr beobachten und die Wirtschaftlichkeit der vereinbar-
ten Bezugsmodalitäten (wie z. B. Preise) beurteilen. Daraus kann sich opportunisti-
sches Verhalten der Lieferanten ergeben, z. B. dass diese wegen der erschwerten
849
Vgl. Axelsson/ Wynstra (2002), S. 146 ff., in Verbindung mit Gruneberg et al. (2007), S. 691.
850
Zu den Sucheigenschaften vgl. Bonnemeier/ Reichwald (2012), S. 62, zur „Adverse Selec-
tion“ Richter/ Furubotn (2003), S. 239 ff., sowie zur Rolle des Vertragsmanagements in PBC Kim
et al. (2007), S. 1843.
851
Vgl. Gruneberg (2007), S. 111. Dies ist aber nicht unumstritten, vgl. Straub (2007), S. 142.
852
Anders formuliert, reduziert sich die Notwendigkeit der Beurteilung durch die leistungsbasierte
Vergütung, vgl. Buchanan/ Klingner (2007), S. 304 f.
190 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
853
Vgl. Freiling (2004), S. 687, ebenso Lewis/ Roehrich (2009), S. 137, in Verbindung mit Ellram et
al. (2004), S. 27 f., sowie Spekman/ Davis (2004), S. 431.
854
Siehe Unterabschnitt 3.2.3.5, noch ausführlicher Randall et al. (2012).
855
Zur Interessensangleichung im Rahmen der PAT allgemein vgl. Laffont/ Martimort (1997), S. 875,
zu ergebnisorientierten Verträgen als Instrument hierfür vgl. Eisenhardt (1989a), S. 59 f. Aller-
dings entspricht das von Eisenhardt geprägte Verständnis ergebnisorientierter Verträge nicht
vollständig dem von PBC.
856
Vgl. Rose-Anderssen et al. (2008), S. 311, außerdem Randall et al. (2010), S. 43 f.
857
Vgl. zu dem Problem Phillips (2005), S. 55, Petrick (2007), S. 247, sowie Johnstone et al. (2009),
S. 530.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 191
PBC-Risiken ergeben. Während dies in den Szenarien 1 und 2 lediglich eine unter-
geordnete Rolle spielt, weil hier keine Einbindung des Lieferanten nach PBC-
Merkmalen erfolgt, ist dies beim vorliegenden Szenario 3 eine zentrale Erwägung.
Dies gilt insbesondere dann, wenn eine direkte Weitergabe der abnehmerseitigen
PBC-Ergebnisorientierung mit Leistungsvergütung und dem entsprechenden Risiko
vorgesehen ist.858
Wirkt der PBC-Anbieter dieser Unsicherheit auf Lieferantenseite nicht gezielt entge-
gen, könnten sich die Lieferanten gegen eine Einbindung wehren oder mit Risikozu-
schlägen reagieren. Entsprechend wichtig ist es, dass auch der PBC-Anbieter in der
Beziehung zu seinen Lieferanten gezielte Maßnahmen zum Unsicherheitsabbau er-
greift, z. B. Informationsweitergabe. 859 Im Rahmen der informationsökonomischen
Analyse würde dies als „Signaling“ eingeordnet, wobei hier der eigentliche Auftrag-
geber („Prinzipal“), der PBC-Anbieter, eine Art Rollenwechsel vollzieht, da die Infor-
mationsweitergabe üblicherweise ein „Signal“ des Agenten darstellt.860 Hier bestätigt
sich die in Unterabschnitt 3.2.2.5 vorgenommene Analyse mithilfe der (Relational)
Coordination Theory, die Informationsaustausch bzw. Kommunikation als Schlüssel-
prozess der Koordinationsaufgabe, wie sie der PBC-Anbieter erfüllt, einordnet. Au-
ßerdem werden Informationsweitergabe, Kommunikation und das Anstreben ge-
meinsamer Vorteile in Lieferantenbeziehungen als Bestandteile kooperativer Bezie-
hungen gesehen.861 Nichtsdestotrotz muss der Anbieter auch tatsächlich bereit sein,
die möglichen Vorteile von PBC, wie höhere Gewinne, mit den Lieferanten zu tei-
len.862 Insofern scheint der Ansatz der PBC-Einbindung der Lieferanten aus informa-
tionsökonomischer Sicht als wichtige Option, da er relevante, für das Konzept spezi-
fische Probleme der Informationsverteilung adressiert und entsprechende Lösungs-
vorschläge aufgreift.
3.3.2.5 Zusammenfassende informationsökonomische Bewertung der PBC-Anbieter-
Lieferanten-Beziehung
Bei den Ausführungen zu den oben skizzierten Szenarien wurde bewusst auf eine
weitergehende vergleichende Analyse verzichtet. Dies wird nun auf Basis zusam-
menfassender Tabellen vorgenommen, die zum einen die Szenarien bez. der Infor-
858
Vgl. zur Einbindung Kleikamp (2002), ebenso Sols et al. (2007), S. 41, sowie zur Unsicherheit
aus dem Risikotransfer in PBC Buse et al. (2001), und allgemeiner Seshadri (2005), S. 98.
859
Vgl. Petrick (2007), S. 251.
860
Diese Flexibilität der Rollenverteilung in der Informationsökonomie bzw. PAT wird explizit auch
als Vorteil der Theorien genannt, vgl. Weiber/ Adler (1995), S. 51 f.
861
Vgl. Monczka et al. (1998), S. 567, sowie ausführlich Abschnitt 3.1.3.
862
Vgl. Kleemann/ Essig (2012a), S. 8.
192 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde der Übersicht noch die Objektkategorie
„traditionelle Güter“ hinzugefügt, die gegenüber dem lebenszyklusorientierten Aspekt
in PBC weniger langfristig ausgerichtet sind als in Szenario 1. Daher wirkt sich die
langfristige Qualitätsunsicherheit deutlich weniger aus. Dafür wiederum werden die
Potenziale der Optimierung durch Lieferanten vergeben, während weiterhin eine ho-
he Abhängigkeit zwischen Anbieter und Lieferant besteht.
Vergleicht man die beschriebenen Szenarien, fällt auf, dass Leistungsbündel gegen-
über physischen Einzelleistungen problematischere Informationseigenschaften auf-
weisen. Warum dabei die PBC-Einbindung der Beschaffung „klassischer“ Leistungs-
bündel (ohne PBC, Szenario 2) vorzuziehen ist, geht dabei aus der folgenden Abbil-
dung zu den Formen von Informationsasymmetrien hervor. Dabei gilt: je höher die
Bewertung in der Tabelle, desto problematischer für den beschaffenden PBC-
Anbieter:
863
Quelle: mit ergänzenden Bezügen zu Thiell (2006), S. 174.
PBC-Anbieter-Lieferanten-Management aus informationsökonomischer Perspektive 193
Aus dieser Übersicht geht hervor, dass auch wenn zwischen den Szenarien 2 und 3
ähnliche Informationseigenschaften vorhanden sind, die Folgen bei der PBC-artigen
Beschaffung deutlich unproblematischer erscheinen. Dies wird angesichts der fol-
genden Tabelle noch klarer ersichtlich. Diese Tabelle fasst die Risikowahrscheinlich-
keit der wesentlichen Folgen von Informationsasymmetrien der skizzierten Szenarien
zusammen:
Beschaffungs- Adverse Selekti- Hold Up Moral Hazard
objektkategorie on
„traditionelle“ gering gering bis mittel gering
Güter
Szenario 1a (Gü- gering bis mittel mittel mittel
ter)
Szenario 1b mittel bis hoch mittel bis hoch mittel bis hoch
(Dienstleistungen)
Szenario 2 (Leis- hoch mittel bis hoch mittel bis hoch
tungsbündel ohne
PBC)
Szenario 3: (Leis- hoch mittel gering bis mittel
tungsbündel mit
PBC)
Tabelle 11: Folgen von Informationsasymmetrien von PBC-
Beschaffungsobjektkategorien865
864
Quelle: mit ergänzenden Bezügen zu Beißel (2003), S. 26, und Thiell (2006), S. 183 bzw. 223.
865
Quelle: mit ergänzenden Bezügen zu Beißel (2003), S. 26, und Thiell (2006), S. 183 bzw. 223.
194 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
866
Siehe zur Integration des externen Faktors in die Dienstleistungserbringung Abschnitte 2.1.2 so-
wie 2.1.5.3 sowie zu den Auswirkungen hiervon auf anbieterseitig zugekaufte Dienstleistungen
Abschnitt 2.1.3 bzw. vgl. Wynstra et al. (2006), S. 479.
196 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
867
Vgl. Lysons/ Farrington (2006), S. 235. Betont wird dabei jedoch auch, dass diese Modelle auch
variabel anpassbar sind, um die jeweiligen Beziehungsumstände spezifischer abbilden zu können,
vgl. Wilson (1995), S. 337, ebenso Turnbull et al. (1996), S. 58.
868
Zu Vielfalt und Uneinheitlichkeit allgemein vgl. Kern (1990), S. 5, sowie Meehan/ Wright (2011), S.
32, für einen Überblick von Modellen vgl. zudem Peitz (2002), und Moser (2007), S. 60-70.
869
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass aufgrund der gewählten Kriterien in der Literatur
wiederholt genannte Modelle zur Beschaffungsanalyse, z. B. des industriellen Kaufverhaltens
(u. a. nach Webster, JR./ Wind (1972), oder Sheth (1973)) oder der Beschaffungsprozesse (z. B.
Robinson et al. (1967)) zwar untersucht, indes nicht weiter betrachtet wurden.
Modellierungsansätze für Lieferantenbeziehungen 197
870
Vgl. hierzu und in der Folge Hakansson (1982), S. 10 ff. Einzelne Aspekte wurden bereits vorher
publiziert, vgl. z. B. Hakansson et al. (1976), Hakansson/ Wootz (1979), oder Ford (1980).
871
Vgl. zu dieser Feststellung Stölzle (1999), S. 28, ähnlich Metcalf et al. (1992), S. 27, die die dya-
dische Perspektive und die Betonung interaktiv-kooperativer Beziehungen als Vorteile aufgreifen.
Auch die Anzahl der Zitationen (2473) nach Google Scholar kann als ergänzender Beleg für die
Popularität herangezogen werden. Anwendungsbeispiele sind z. B. Campbell (1985), S. 40, Kern
(1990), S. 137, Metcalf et al. (1992), S. 35, Wagner (2001), S. 113, Hines (2004), S. 172, oder
Mittilä (2008). Zudem wurden die Ideen das Interaktionsansatzes zur Entwicklung weiterer Bezie-
hungsansätze genutzt, z. B. des in der Netzwerkforschung populären „Actor-Resources-Activity“-
Modells, vgl. Hakansson/ Snehota (1995), S. 26 ff., oder des 30R-Typenansatzes, vgl. Gummes-
son (1997), sowie Gummesson (2012), S. 27 ff.
872
Vgl. Baraldi et al. (2007), S. 890.
873
Vgl. Kaufmann (2001), S. 140 f.
198 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Environment
Market Structure Position in the manu-
Dynamism facturing channel
Internationalising Social System
Atmosphere
Power/ dependence Closeness
Co-operation Expectations
Short Term
Product/ service Information
Financial Social
Customer Provider
Exchange Episodes
Organisation Organisation
- Technology - Technology
- Structure - Structure
Interaction
- Strategy - Strategy
Individual process Individual
- Aims - Aims
- Experiences - Experiences
874
Quelle: Hakansson (1982), S. 22.
875
Vgl. hierzu und in der Folge Dwyer et al. (1987), S. 15 ff., Übersetzung durch den Autor.
876
Trotzdem wird das Modell in der Forschung bis heute auf breiter Basis eingesetzt (6649 Zitatio-
nen nach Google Scholar). Zahlreiche Arbeiten, auch das in der Folge vorgestellte Beziehungs-
modell von Wilson (1995), nehmen Bezug auf die Konzeption von Dwyer et al.
Modellierungsansätze für Lieferantenbeziehungen 199
877
Vgl. hierzu und in der Folge Pilling/ Zhang (1992), S. 5 ff.
878
Vgl. zum Gang der Untersuchung Wilson (1995), S. 337 f.
879
Powers/ Reagan (2007), S. 1238 f. haben das Modell selbst einer empirischen Untersuchung
unterzogen und es in weiten Teilen bestätigt.
880
Vgl. Wilson (1995), S. 340 ff., gegenüber Dwyer et al. (1987), S. 15 ff.
881
Vgl. Wilson (1995), S. 337.
200 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
882
Einschätzung des Autors; die Beschreibung des Originalmodells erfolgt in Wilson (1995), S.
337 ff.
883
Vgl. hierzu und in der Folge Cannon/ Perreault, JR. (1999), S. 441 ff.
884
Diese Größen bilden auch die Eckpfeiler wichtiger (Beschaffungs-)Strategie-Ansätze, vgl. Porter
(1979), S. 142, bzw. Kraljic (1983), S. 110.
Modellierungsansätze für Lieferantenbeziehungen 201
sungsansätzen und einer Entscheidung für diese dienen als deren Beschreibung o-
der Erklärung.885 Sie kombinieren meist zwei (oder mehr) der in den eigentlichen Be-
ziehungsmodellen identifizierten Elementen bzw. Einflussfaktoren. Aus der Kombina-
tion der Faktoren und Abgrenzung verschiedener Teilbereiche lassen sich dann
meistens Beschaffungs- bzw. Lieferantenstrategien und/oder entsprechende Bezie-
hungstypen ableiten. Somit können Portfolio-Modelle als praxisorientierte Ergänzung
zu den verstärkt analytischen Modellen der vorherigen Unterabschnitte angesehen
und als solche für das zu entwickelnde PBC-SRM-Modell in Betracht gezogen wer-
den.
Im Beschaffungsbereich besondere Popularität erlangt hat dabei das „Purchasing
Portfolio“ von Kraljic (1983).886 Anhand der Einflussfaktoren „Bedeutung der Beschaf-
fung“ (mit darunter liegenden Kriterien wie Wertanteil am Beschaffungsvolumen, Be-
deutung der fremdbeschafften Leistungen für eigene Produkte etc.) sowie „Beschaf-
fungsmarktkomplexität“ (darunter Anzahl der Marktteilnehmer, Eintrittsbarrieren für
neue Wettbewerber, technischer Fortschritt etc.) leitet Kraljic vier Entwicklungsstufen
der Beschaffung ab. Jede dieser Entwicklungsstufen impliziert dabei eine bestimmte
Beschaffungsstrategie, je nachdem, wie relevant ein Beschaffungsobjekt, wie kom-
plex der zugehörige Beschaffungsmarkt und damit die mögliche Lieferantenbezie-
hung ist. Für besonders wichtige und komplex zu beschaffende Beschaffungsobjekte
wird so z. B. eine enge bzw. langfristige Lieferantenbeziehung empfohlen, für unkriti-
sche dagegen durchaus eine kurzfristige, preisorientierte.
Eine Weiterentwicklung dieses Modells haben Olsen und Ellram (1997) vorgelegt.
Sie haben die „Kraljic“-Dimensionen weiter ausdifferenziert („strategische Wichtigkeit
des Kaufs“ bzw. „Schwierigkeit der Einkaufssituation“) und einen direkteren Bezug
zwischen den Dimensionen, den Beschaffungsobjekten, den dazu passenden Stra-
tegien und Lieferantenbeziehungstypen hergestellt. Je nach Beziehungstyp werden
dabei auch unterschiedliche Ansätze für das Lieferanten(beziehungs)management
abgeleitet:
885
Allgemein zur Portfolio-Technik vgl. z. B. Hentze et al. (2001), S. 218 ff., die diese als Instrument
der strategischen Planung bzw. des strategischen Managements vorstellen. Zur Popularität von
Portfolio-Modellen für die strategische Beschaffung vgl. Olsen/ Ellram (1997a), S. 102,
Gelderman/ van Weele (2003), S. 208, Caniels/ Gelderman (2007), S. 220, Terpend et al. (2011),
S. 73; Ähnliches stellen auch Dubois/ Pedersen (2002), S. 37 bzw. 40, fest, kritisieren dabei wie
andere Autoren aber auch, dass Portfolios nur Zeitpunktbetrachtungen vornehmen und damit
nicht ausreichend dynamisch seien, sowie zudem, dass oft subjektive Bewertungseinflüsse be-
stehen, vgl. ergänzend Ramsay (1996), S. 16, Eberle (2005), S. 166 f., oder Gelderman/ van
Weele (2003), S. 210.
886
Vgl. Kraljic (1983), S. 111 ff. Das Modell wird in der Praxis bis heute genutzt und in der For-
schung weiterentwickelt, vgl. exemplarisch Drake et al. (2013), S. 3 f., sowie ergänzend die Quel-
lenverweise aus der vorhergehenden Fußnote.
202 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Hoch
Lieferanten- strategischer
beziehung oder Partnerschaft
Beschaffungssituation • Entwicklung • Enge, kooperative
Schwierigkeit der
alternativer Beziehung
Bezugsquellen
Non-Critical Items Leverage Items
Strategie Marktpotenzialen
• Wettbewerbliche, • Wirtschaftlich
ggf. langfristige orientierte, ggf.
Beziehung Kooperative
Beziehung
hung
Niedrig Hoch
Strategische Bedeutung
des Beschaffungsobjektes
Das Modell von Olsen und Ellram unterscheidet vier Arten von Beschaffungsobjekten
und empfiehlt dazu entsprechende Beziehungstypen.888
Die „Non-Critical“-Kategorie umfasst dabei unkritische Beschaffungsobjekte, bei de-
nen die Beschaffungseffizienz im Vordergrund steht, also nur geringe Beziehungsin-
vestitionen getätigt werden, und bei denen die Beziehung keine besondere (koopera-
tive) Nähe zwischen den Vertragsparteien erfordert. Bei der „Leverage“-Kategorie
handelt es sich um wichtige, indes nicht allzu komplizierte Beschaffungsobjekte, für
die eine grundsätzlich kooperative, allerdings nicht allzu enge Beziehung empfohlen
wird, die noch relativ stark auf wirtschaftliche Optimierung und eben weniger auf so-
ziale Interaktion ausgerichtet ist. Ähnliches gilt auch für die „Bottleneck“-Kategorie,
bei der sich aufgrund einer hohen Beschaffungskomplexität für weniger bedeutende
Beschaffungskategorien empfiehlt, eine eher funktional-technisch orientierte Bezie-
hung einzugehen. Diese muss aufgrund der geringen Bedeutung der Beschaffungs-
objekte, ebenso wegen des Machtvorsprungs der Lieferanten, nicht allzu kooperativ
sein. Ferner ist es denkbar, alternative Lieferanten aufzubauen, um die eigene
887
Quelle: in enger Anlehnung an Olsen/ Ellram (1997a), S. 105, Übersetzung durch den Autor.
888
Vgl. hierzu und in der Folge Olsen/ Ellram (1997a), S. 105.
Modellierungsansätze für Lieferantenbeziehungen 203
Machtposition zu verbessern. Dies gilt umso mehr bei den Lieferanten der Beschaf-
fungsobjektkategorie „Strategic“, die eine hohe Bedeutung aufweisen, aber auch eine
hohe Komplexität. Dem sollte durch besonders enge, ggf. gar partnerschaftliche Be-
ziehungen, die auf langfristige, gemeinsame Wertsteigerung abzielen, Rechnung
getragen werden. Dazu gehört z. B. das bereits erwähnte „Early Supplier Involve-
ment“ oder sogar eine gemeinsame Angebotsentwicklung.
Für die Einordnung einzelner Beziehungen entlang der übergeordneten Dimensionen
zur Ableitung der zuvor beschriebenen Kategorien wurden folgende Faktoren vorge-
schlagen, wobei jeweils eine Bewertung in „hoch“ bzw. „niedrig“ eine entsprechende
Einordnung entlang der Dimensionen zur Folge hat:
Dimension Faktorengruppe Faktor/Beschreibung
strategische Bedeu- Kompetenzfaktoren 1.Grad, zu dem das Beschaffungs-
tung des Beschaf- objekt zu den Kernkompetenzen
des Unternehmens gehört
fungsobjektes
2.Beschaffungsobjekt erhöht das
Wissen des Unternehmens
3.Beschaffungsobjekt erhöht die
technologische Kompetenz des
Unternehmens
wirtschaftliche Fak- 1. (Gesamt-)Volumen oder Wert des
toren Beschaffungsobjektes
2. Grad, zu dem das Beschaffungs-
objekt Teil des Endprodukts wird
und dabei einen Mehrwert erzielt
3. Grad, zu dem das Beschaffungs-
objekt in ein hochprofitables End-
produkt eingeht
4. Kritizität des Beschaffungsob-
jektes, um Bündelungseffekte
beim selben Lieferanten zu erzie-
len
Imagefaktoren 1. Lieferant des Beschaffungs-
objektes verfügt über spezifisch
positives Image
2.Auswirkungen auf Image bei
Umwelt- oder Sicherheitsproble-
men
204 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Weitere Portfolio-Modelle stammen z. B. von Krapfel et al. (1991). Diese grenzen die
Lieferanten über „Interessensgleichheit“ und „Machposition“ ab.890 Cooper und Gard-
ner (1993) nutzen ebenfalls Elemente wie Machtsymmetrie oder Gegenseitigkeit zur
Differenzierung.891 Der Grad der Eigenständigkeit sowie der Umfang der Einbezie-
hung bei Produktinnovationen stehen im Fokus der Typisierung von Kamath und Li-
ker (1994). 892 Ellram und Edis (1996) unterscheiden Lieferantentypen nach deren
Bedeutung für das beschaffende Unternehmen vom Nischenlieferanten bis zum
globalen Einzellieferanten.893 Bensaou (1999), dessen Modell ebenfalls recht hohe
Popularität erlangt hat, stellt die spezifischen Investitionen der Beziehungsbeteiligten
gegenüber und entwickelt so vier Beziehungstypen.894 Tang (1999) differenziert da-
gegen über die Kommunikationsintensität vier Lieferantentypen vom einfachen Lie-
feranten bis zum bevorzugten Partner.895 Gulati und Kletter (2005) legen den Intensi-
tätsgrad der Beziehung über die Komplexität des Beschaffungsobjektes fest, wobei
„Solutions“ die intensivste Beziehungsart vorgeben. 896 Caniels und Geldermann
(2007) leiten aus dem bereits vorgestellten „Kraljic“-Portfolio die Unterscheidungskri-
terien „Abhängigkeit und „Macht“ ab und empfehlen jeweils angepasste Lieferanten-
889
Quelle: in enger Anlehnung an Olsen/ Ellram (1997a), S. 104, Übersetzung durch den Autor.
890
Vgl. Krapfel et al. (1991), S. 29, ein sehr ähnlicher Ansatz wurde von Gibbs (1998), S. 48, vorge-
legt.
891
Vgl. Cooper/ Gardner (1993), S. 20.
892
Vgl. Kamath/ Liker (1994), S. 164.
893
Vgl. Ellram/ Edis (1996), S. 24.
894
Vgl. Bensaou (1999), S. 36.
895
Vgl. Tang (1999), S. 40 ff.
896
Vgl. Gulati/ Kletter (2005), S. 80.
Zwischenfazit: Kernaspekte für ein PBC SRM 205
beziehungen.897 Die Autoren Saccani und Perona (2007) nutzen die Faktoren „Ko-
operation“ und „Interaktion“ als Determinanten für verschiedene Beziehungsausprä-
gungen.898 Als nachteilig an diesen Modellen erweist sich, dass sie sich zumeist auf
zwei Beziehungselemente als differenzierende Dimensionen konzentrieren. Dabei
haben bereits die Ausführungen in den Unterabschnitten 3.1.3.5 bzw. 3.1.3.6 erge-
ben, dass Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC sich über eine Vielzahl von
Elementen definieren. Eine Beschränkung auf nur zwei solcher Faktoren würde dem
Anspruch des Modells nicht gerecht werden. Mithin kommt für eine breitere Fundie-
rung primär das „Kraljic“-Modell bzw. dessen Weiterentwicklung von Olsen und Ell-
ram infrage. Die Entwicklung eines PBC-spezifischen SRM-Portfoliomodells erfolgt in
Abschnitt 5.2.3.
Mit diesem Überblick über verschiedene Beziehungsmodelle schließt die Betrach-
tung des Beschaffungsmanagements bzw. Lieferantenbeziehungen ab und somit
auch die Betrachtung der konzeptionellen Grundlagen für PBC SRM. Im nächsten
Unterkapitel werden die wesentlichen Erkenntnisse hieraus erneut zusammengefasst.
897
Vgl. Caniels/ Gelderman (2007), S. 220 f.
898
Vgl. Saccani/ Perona (2007), S. 31.
206 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Die Breite der benötigten Teilleistungen übersteigt häufig die Leistungsfähigkeit eines
einzelnen Unternehmens. Somit werden Leistungen von einer Vielzahl von
Lieferanten benötigt bzw. erbracht. Der Systemintegrator – in der in Unterkapitel 1.2
gezeigten, indikativen PBC-Wertschöpfungskette als PBC-Anbieter dargestellt
übernimmt dabei meist weniger die tatsächliche Herstellung von Gütern oder die
Erbringung operativer Dienstleistungen (z. B. Reparaturen), sondern konzentriert
sich überwiegend auf die Koordination der Leistungserbringung gegenüber dem
Kunden unter Nutzung externer Lieferanten. Dies umfasst auch die Steuerung des
Informationsflusses und ggf. der Interaktion zwischen PBC-Abnehmer und den
Lieferanten. Entsprechend hoch ist die Abhängigkeit des Systemintegrators von den
Lieferanten und deren Leistungsfähigkeit.
Als primäres Charakteristikum von PBC wurde zudem die Ergebnisorientierung her-
ausgearbeitet. Dies bedeutet für den Anbieter zwar einen hohen Grad von Freiheit in
der Leistungserbringung, also in der Wahl, welche Kombination von Ressourcen
genutzt wird, um das abnehmerseitige Leistungsergebnis zu erreichen. Allerdings
bedeutet diese Freiheit gegenüber traditionellen, technischen Spezifikationen
ebenfalls eine deutlich höhere Komplexität und erfordert vom Anbieter ein hohes
Maß an Expertise sowie Innovationsfähigkeit bei der Übertragung des eher
abstrakten Leistungsergebnisses in tatsächliche, klar umrissene Teilleistungen.
Ausgehend davon, dass Kundenbedürfnisse meist hoch individuell sind, lassen sich
zwar vertragsübergreifende Prozesse und Strukturen entwickeln, dennoch ergeben
sich je nach Vertrag immer wieder neue Herausforderungen. Dazu kommen im Zuge
der Ergebnisorientierung auch Risiken aus der zwingenden Einbindung des Kunden
als Charakteristikum von PBC als Dienstleistung. Denn die Qualität der
eingebrachten Leistungen und deren Auswirkung können bei der Konzeption eines
Leistungsbündels nicht mit Sicherheit abgesehen werden.
Dies wird durch das zweite, abgeleitete PBC-Charakteristikum der
Leistungsvergütung weiter verkompliziert. Aufgrund der Fokussierung auf tatsächlich
erbrachte Leistungen spielen die Gründe, die zu einem Nichterreichen des avisierten
Leistungsziels führen, keine Rolle. Die Ausnahme bilden vorab definierte
Exkulpationstatbestände.
Der Abnehmer eines PBC-Leistungsbündels möchte sich durch die
Lösungsorientierung von operativer Verantwortung sowie den entsprechenden
Risiken, die auch Marktrisiken auf Abnehmerseite umfassen können, entlasten. Die
Parteien, die für die Leistungserbringung verantwortlich sind, bspw. der Anbieter und
ggf. weitere Lieferanten, müssen dagegen diese Risiken übernehmen. Sollte also ein
Abnehmer ein PBC-Leistungsbündel weniger oft nutzen als geplant, entstehen hier
entsprechende Umsatzausfälle für den Anbieter. Gleichzeitig besteht für den
Zwischenfazit: Kernaspekte für ein PBC SRM 207
899
Vgl. an dieser Stelle nochmals Geary/ Vitasek (2008), S. 3, oder Rose-Anderssen et al. (2008), S.
312. Neben der Interessensangleichung stünden aber noch weitere Handlungsalternativen zur
Verfügung, z. B. weitestgehende Entkopplung von Abnehmer und Lieferanten, Risikoüberwäl-
zung auf den Lieferanten oder externe Risikoabsicherung, z. B. durch Versicherungen, vgl. Eber-
le (2005), S. 170.
208 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Ein hohes Maß an Interaktion zwischen Anbieter und Lieferanten stellt dabei ferner
sicher, dass die abstrakte Ergebnisorientierung gemeinsam konkretisiert und dabei
trotzdem voll auf das PBC-Abnehmerbedürfnis ausgerichtet wird. Dies ist zum einen
typisch für Dienstleistungen, aber auch für die Investitionsgütermärkte, auf denen
PBC vorwiegend zum Einsatz kommt. So verändert sich auch der Ansatz zur
Auswahl der PBC-Lieferanten durch Anbieter, mit stärkerem Fokus auf deren
langfristige Wertbeiträge. Diese und weitere beschaffungsrelevante Aspekte zu PBC
werden im Folgenden noch einmal zusammengeführt.
3.5.3 Strategische Beschaffung und Lieferantenmanagement durch Anbieter kom-
plexer Leistungsbündel
Die bisherigen Ausführungen haben zu der Annahme geführt, dass Lieferanten in
PBC eine zentrale Rolle für den Anbieter spielen können, nicht nur bezogen auf ein-
zelne Leistungen, sondern als Erfolgsfaktor für die Erbringung eines komplexen Leis-
tungsbündels. Ausgehend von dem Schluss, dass das Anbieten von PBC dem Errei-
chen langfristiger Unternehmensziele (wie der Gewinnerzielung) dient, leistet auch
die Beschaffung als Schnittstelle zu den Lieferanten einen wichtigen Beitrag hierzu.
Dementsprechend stehen die Beschaffungsaktivitäten in Verbindung zu den (strate-
gischen) Zielen des Anbieterunternehmens und erfordern somit eine strategische
Beschaffung. Dies bringt sowohl strukturelle als auch inhaltliche Probleme mit sich.
Da die strukturellen Aspekte stark umsetzungsbezogen sind, werden diese zunächst
nicht fokussiert, sondern erst in Unterkapitel 5.3 für die Handlungsempfehlungen er-
neut aufgegriffen.
Als zentrale Elemente für eine strategische Beschaffung bleiben demnach an dieser
Stelle markt- und beschaffungsobjektspezifische Gestaltungselemente, die ggf. auch
für eine strategische Beschaffung durch PBC-Anbieter relevant sind. So lässt sich
aus der Bedeutung der Lieferanten in PBC die Notwendigkeit ableiten, diese mittels
dezidierter Strategien zu steuern. Ausgangspunkt der Überlegungen auf dieser Ebe-
ne ist die Empfehlung, Beschaffungsstrategien objektspezifisch zu entwickeln. In
PBC steht es dem Anbieter ja grundsätzlich frei, zu entscheiden, in welchem Umfang
und zu welchem Bündelungsgrad er Leistungen extern beschafft, um damit das kun-
denseitige Leistungsergebnis zu erreichen.
Das heißt, ein PBC-Anbieter muss bei seinen Lieferanten keinesfalls zwingend Leis-
tungsbündel beschaffen, sondern auch einzelne Leistungen (Dienstleistungen wie
Güter) und diese dann selbst zusammenführen. Jedoch bestünden dann, der Emp-
fehlung folgend, die gesamte Wertschöpfungskette auf das abnehmerseitige Leis-
tungsergebnis auszurichten, kaum Anreize für die Lieferanten, die für PBC so wichti-
gen Innovationsimpulse für Leistungsverbesserungen im Lebenszyklusverlauf zu ge-
Zwischenfazit: Kernaspekte für ein PBC SRM 209
ben: Eine Übertragung der Risiken bzw. Mehraufwand ohne Partizipation an den
Vorteilen, wie z. B. stabilere Umsätze, dürfte bei Lieferanten eher ablehnend aufge-
nommen werden. Vielmehr würde der Anbieter für die Teilleistungen vor dem Prob-
lem stehen, sich ggf. langfristig an einzelne Lieferanten zu binden, die gänzlich ande-
re Ziele verfolgen können als er selbst. Dies betrifft besonders den Bereich der MRO-
Dienstleistungen zum Erhalt von PBC-Leistungsbündeln, wo in traditionellen Verträ-
gen die Umsatzmaximierung über die Notwendigkeit von Reparaturleistungen erfolg-
te, während in PBC durch die Ergebnisorientierung das Gegenteil der Fall ist. Somit
sollten auch Anbieter Teilleistungen als Bündel beschaffen, mit den entsprechenden
Konsequenzen für die Beschaffungsaktivitäten.
Die Analyse der Literatur zur Beschaffung von Dienstleistungen und Leistungsbün-
deln hat ebenso wie die informationsökonomische Analyse für diese Situation bestä-
tigt bzw. empfohlen, für wichtige Beschaffungsobjekte in PBC eine Interessensan-
gleichung über die enge Einbindung in die PBC-Charakteristika im Rahmen einer
kooperativen Beziehung vorzunehmen.
Die Lieferantenbeziehung stellt somit das zentrale Gestaltungsobjekt der objektspezi-
fischen Beschaffungsstrategie dar. Die hohe Diversität von PBC-Leistungsbündeln
lässt es dabei gegeben erscheinen, sich stärker auf den Aspekt der Lieferantenbe-
ziehungen zu fokussieren. Zum einen, da weitere Aspekte der Beschaffung (z. B.
Beschaffungsobjekt, geografische Ansiedelung der Lieferanten etc., siehe auch Un-
terabschnitt 3.1.1.4) je nach Industrie, Anbieter und eben Leistungsbündel unter-
scheiden. Zum anderen soll auf diese Weise auch die Untersuchungskomplexität
reduziert werden.
Hintergrund der Bedeutung von Lieferantenbeziehungen ist die Verschlankung ein-
zelner Unternehmen und stärkere Vernetzung mit anderen Unternehmen. Erfolgrei-
che Beziehungen zwischen Unternehmen ermöglichen es diesen, erfolgreicher zu
sein (siehe hierzu ausführlich in 3.1.3.2). Zwar wird strategische Beschaffung oftmals
mit kooperativ ausgerichteten Beziehungen in Verbindung gebracht; allerdings wird
auch immer wieder betont, dass nicht jede Beziehung zwingend kooperativ sein
müsse. Unternehmen hätten vielmehr ein Portfolio an Beziehungen bzw. Bezie-
hungstypen zu steuern.
Es kann folglich bezweifelt werden, ob in PBC alle Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
kooperativ ausgerichtet sein müssen, bzw. es stellt sich die Frage nach der Differen-
zierung. Hierzu wird als Teilaspekt der strategischen Beschaffung die beschaffungs-
übergreifende Perspektive für Beschaffer und deren Lieferanten betont, Innovationen
stärker am Kunden des beschaffenden Unternehmens auszurichten für PBC also
die PBC-Lieferanten an dem vom PBC-Abnehmer gewünschten Leistungsergebnis.
210 Lieferantenmanagement als Teilgebiet der Beschaffung
Daraus resultiert, dass nicht nur die Totalkosten (TCO) aufgrund der langfristigen
Perspektive in PBC besondere Aufmerksamkeit benötigen, sondern wie vereinzelt
schon gefordert sich die Beschaffung gegenüber den Lieferanten an deren langfris-
tigen Wertbeiträgen (TVO) für ein PBC-Leistungsbündel orientiert. Ein weiterer As-
pekt in diesem Zusammenhang besteht darin, inwieweit Lieferanten in direktem Kun-
denkontakt stehen, wie sich aus der Berücksichtigung des Wertschöpfungsortes für
PBC als Strategieelement ergeben hat. Langfristig gilt es zudem zu berücksichtigen,
dass sich durch Fokussierung einzelner Lieferantenbeziehungen auch Veränderun-
gen am Beschaffungsmarkt ergeben, z. B. Rückzug von Unternehmen. Dies wiede-
rum hat Einfluss auf bestehende Lieferantenbeziehungen, z. B. Veränderungen im
Machtverhältnis zwischen Anbieter und Lieferanten. Die strategische Beschaffung
geht mithin über das Management einzelner Lieferantenbeziehungen hinaus bis hin
zur Marktebene.
3.5.4 Inhalte von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Die stark zunehmende Bedeutung von Lieferanten allgemein und in PBC besonders
hat Lieferantenmanagement zur wichtigsten Beschaffungsaufgabe werden lassen.
Die Identifikation, Auswahl, Entwicklung und Steuerung bis hin zur Ausphasung von
Lieferanten sind Kernaktivitäten des Lieferantenmanagements, die Beziehungen zu
den Lieferanten die wesentlichen Gestaltungsobjekte. Die erwähnten Beziehungsty-
pen beziehen sich dabei auf Ausprägungen bestimmter Beziehungsinhalte. Wie die-
se Inhalte geprägt werden, hängt von den Verhaltensweisen als Beziehungsprozesse
ab, die wiederum dem Einfluss weiterer, auch übergeordneter Faktoren dem Be-
ziehungsumfeld unterliegen.
Zunächst werden dabei der Grad der Zielangleichung sowie die zeitliche, z. B. lang-
fristige, Orientierung im Rahmen der Beziehung als maßgebliche Einflussfaktoren
innerhalb sowie die Machtverhältnisse auf Basis der Marktstrukturen auch von au-
ßerhalb der Beziehung gesehen.
Als wesentliche Steuerungsprozesse werden Kommunikation bzw. Informationsaus-
tausch sowie das aktive Bestreben nach ausgeglichener Anreiz-Risiko-Übernahme
für eine Interessensangleichung zwischen den Beziehungsparteien herausgestellt.
Als Ergebnis und zentraler Beziehungswert entsteht so Vertrauen, das als „Siche-
rungsmechanismus“ gegen allzu ausgeprägte Kontroll- und Regelungsdichte und
Opportunismus dient.
Mit diesen Ausführungen schließt das Zwischenfazit zu den bisher erarbeiteten
Grundlagen für PBC- und Beschaffungs- bzw. Lieferantenmanagement. Die folgende
empirische Untersuchung soll eruieren, inwieweit diese konzeptionellen Schlussfol-
gerungen durch die derzeit in der Praxis verwendeten Ansätze gedeckt sind.
Methodische Überlegungen zur empirischen Untersuchung 211
900
Diese Forderung findet sich bei bspw. Craighead et al. (2007), S. 23.
901
Vgl. z.B. Creswell (2003), S. 13, oder Punch (2005), S. 3 f.
902
Vgl. Creswell (2003), S. 18, Healey (2011), S. 3 f., Punch (2005), S. 241 f.
903
Vgl. Bailey (1994), S. 62 f., Creswell (2003), S. 18, Punch (2005), S. 241 f., und Saunders et al.
(2009), S. 145 ff.
904
Vgl. Voss et al. (2002), S. 198.
905
Vgl. Yin (2009), S. 8 f.
906
Vgl. Ellram (1996), S. 98.
907
Eine allgemeine Erläuterung der Exploration findet sich bei Saunders et al. (2009), S. 145 ff.,
spezieller für Fragestellungen des Supply (Chain) Managements bei Ellram (1996), S. 98. Dort
sowie bei Pinnsoneault/ Kraemer (1993), S. 79, werden auch weitere Forschungszwecke genannt,
charakterisiert und den empirischen Forschungsansätzen zugeordnet, z. B. Erklärung, Bestäti-
gung, Beschreibung, Prognose.
908
Vgl. Riesenhuber (2009), S. 6, spezifischer für Fallstudien als eine Erhebungsmethode der quali-
tativen Forschung u. a. bei Creswell (2003), S. 22, Ellram (1996), S. 98, und Saunders et al.
(2009), S. 145 f. Auch die Herleitung über die Forschungsfragen scheint diese Richtung zunächst
zu bestätigen, da die „Was“-Fragen einem tendenziell deskriptiven Zweck folgen und durch die
„Wie“-Fragen der Problemkern der Auswirkungen von PBC auf die Lieferantenbeziehungen der
Anbieter adressiert und somit eine explorative Richtung vorgeben werden. Allerdings finden sich
in der Literatur auch andere Verknüpfungen von Forschungsfrage und Forschungszweck, z. B.
dass „Was“-Fragen einem explorativen Zweck folgen, „Wie“- bzw. „Warum“-Fragen dagegen ei-
nem erklärenden und „Was“-, „Wo“- oder „Wer“-Fragen einem beschreibenden, vgl. Brannick
(1997), S. 7. Daher wird die Forschungsfrage als Ausgangspunkt für die Forschungsmethodik
dieser Arbeit abgelehnt.
909
Die Erhebungsmethoden der qualitativen Forschung finden sich z. B. bei Brannick (1997), S. 8,
oder Saunders et al. (2009), S. 142, die auch die Verwendungshäufigkeit der Methoden kommen-
tieren. Spezifisch für den Beschaffungs- bzw. Supply Chain-Bereich können die Auswertungen
von Carter/ Ellram (2003), S. 33, genutzt werden. Zur Einordnung der Aktionsforschung in die
angewandte Forschung vgl. Sichler/ Heimerl (2012), S. 103. Explorative Methoden werden dabei
für die Forschung im Operations-/Supply-Chain- bzw. Beschaffungsbereich explizit gefordert, vgl.
hierzu u. a. Coughlan/ Coghlan (2002), S. 224, Näslund (2002), S. 333 f., oder Näslund et al.
(2010), S. 331.
910
Vgl. grundlegend Eisenhardt (1989b), S. 532, für den Operations- bzw. Supply-Chain-
Management-Bereich Voss et al. (2002), S. 195, bzw. Carter/ Ellram (2003), S. 33, oder auch Ell-
ram (1996), S. 93.
Methodische Überlegungen zur empirischen Untersuchung 213
sogar explizit gefordert.911 Deshalb, und auch weil diese Arbeit weniger der Lösung
eines konkreten Praxisproblems als vielmehr der Entwicklung einer Wissensgrundla-
ge dient, wurden Fallstudien als Erhebungsmethode der empirischen Daten gewählt.
Sie können durch folgende Merkmale charakterisiert werden:
x Fallstudiendaten werden in nicht standardisierter Form gesammelt.
x Die Anzahl der Untersuchungsobjekte bzw. befragten Teilnehmer ist relativ nied-
rig.912
x Die Untersuchungsobjekte werden weitestgehend bewusst ausgewählt.913 Damit
soll sichergestellt werden, dass die Daten bei gezielt ausgewählten, als beson-
ders relevant erachteten Untersuchungsobjekten erhoben werden und so beson-
ders detaillierte Einblicke ermöglichen.914
Aufgrund der geringen Erhebungsbreite erfährt die Fallstudienmethodik auch Kritik,
da diese keine Generalisierbarkeit der Erkenntnisse erlaube und damit einen we-
sentlichen Anspruch an wissenschaftliche Forschung nicht erfülle. Ferner werden
die Erhebungsmethoden als kaum überprüf- bzw. reproduzierbar und somit nicht
ausreichend valide beanstandet.
Befürworter halten dieser Kritik entgegen, dass Fallstudien zum einen anderen Zie-
len folgen eben die Entwicklung neuer Wissensfelder weshalb die Generalisier-
barkeit weniger hoch priorisiert wird. Zum anderen wird angeführt, dass bei entspre-
chender Berücksichtigung methodischer Qualitätskriterien die vermeintlichen Nach-
teile der Fallstudienmethodik reduziert bzw. gelöst werden können.915 Die nachfol-
gende Tabelle gibt einen Überblick über die wesentlichen methodischen Qualitätskri-
terien und Hinweise, wie diese in Fallstudien befolgt werden können.
911
Diese Forderung findet sich in beiden Arbeiten, die einen grundlegenden Überblick über PBC
geben, vgl. Hypko et al. (2010b), S. 648, und Selviaridis (2011), S. 527.
912
Der Untersuchungsumfang in der Fallstudienforschung wird in Abschnitt 4.1.2 genauer diskutiert.
Bei empirischen Umfragen sind häufig größere Stichproben mit mehr als 100 Befragungen vor-
gesehen, vgl. hierzu Bartlett et al. (2001), S. 46.
913
Vgl. hierzu zunächst Flick (2006), S. 134, weitere Ausführungen erfolgen in Abschnitt 4.1.2.
914
Vgl. Eisenhardt (1989b), S. 537.
915
Die Kritik beschreiben z. B. Aharoni (2011), Flyvbjerg (2006), S. 219, oder Yin (1981), S. 58. Inte-
ressanterweise wird sie kaum explizit belegt, sondern vielmehr allgemein genannt. Yin geht auf
die Kritik auch in seinen Büchern wiederholt ein und schlägt dafür die rigorose Beachtung der
Qualitätskriterien vor, vgl. Yin (2009), S. 41. Ähnlich äußern sich auch Voss et al. (2002), S. 196.
214 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
916
Quelle: in Anlehnung an Miles/ Huberman (1994), S. 277 ff., Saunders et al. (2009), S. 156 ff.,
sowie Yin (2009), S. 41; ergänzend Eisenhardt (1989b), S. 538, sowie Kaufmann/ Denk (2011), S.
68 f.
Methodische Überlegungen zur empirischen Untersuchung 215
sucht, wozu ggf. die Sammlung und Auswertung weiterer Daten gehören.917 Daran
richtet sich auch das Vorgehen in dieser Arbeit unter Rückgriff auf Unterkapitel 1.3
aus.
4.1.2 Auswahl der zu untersuchenden Fallstudien
Zentraler Ausgangspunkt für die Datenerhebung in Fallstudien ist die Festlegung des
Untersuchungsobjektes. In dieser Arbeit wird eine holistische, multiple Herange-
hensweise gewählt. 918 Das heißt zum einen, dass die untersuchten PBC-Anbieter als
Gesamtunternehmen und nicht als einzelne Organisationseinheiten innerhalb eines
Unternehmens betrachtet werden. Zum anderen scheint, da PBC in der Literatur oft
als vielschichtiges, industrie- oder gar kundenspezifisches Konzept dargestellt wird,
eine Einzelfallstudie kaum geeignet, diese Breite abzudecken.919 Die Empfehlungen
bez. der Anzahl der Fälle schwanken zwischen vier und 15 Fällen für eine grundle-
gende Aussagekraft.920 Die in dieser Arbeit verwendeten theoretischen Erklärungs-
ansätze erhöhen dabei die externe Validität.921
Wie bereits erwähnt, erlauben Fallstudien eine bewusste Auswahl der Untersu-
chungsobjekte; wichtig ist dabei, dass die ausgewählten Fälle tatsächlich erhoben
werden können (Zugang zum Untersuchungsobjekt) und dass diese umfangreiche
Informationen ergeben.922 Um diese Auswahl zu unterstützen, existiert eine Vielzahl
möglicher Kriterien; für diese Abhandlung sollte durch eine Kombination mehrerer
Auswahlkriterien sichergestellt werden, dass die gewählten Fälle sowohl typisch für
PBC sind als auch besonders relevante, mithin kritische Erkenntnisse gewonnen
werden konnten. 923 Folgende Kriterien kamen dabei zur Anwendung:
1. Untersuchungsobjekt ist ein Unternehmen, das in einer Industrie aktiv ist, die in
der Literatur als Beispiel für PBC-relevant genannt wird (siehe hierzu nachfolgen-
917
Vgl. u. a. Eisenhardt (1989b), S. 533, Brannick (1997), S. 3, Stuart et al. (2002), S. 420, Saun-
ders et al. (2009), S. 10 f., oder Yin (2009), S. 3 ff.
918
Yin (2009) unterscheidet diese zwei Ebenen (Betrachtungsperspektive, Fallanzahl) als wesentli-
che Entscheidungen zur Festlegung des Untersuchungsobjektes, vgl. Yin (2009), S. 46 ff. Dabei
kann einerseits das Untersuchungsobjekt als Ganzes („holistisch“) oder einzelne Teilbereiche des
Untersuchungsobjektes („embedded“) betrachtet werden, ebenso die jeweiligen Fälle bei einem
einzelnen oder mehreren Untersuchungsobjekten, also z. B. Unternehmen.
919
Die zu treffende Abwägung ist zwischen Untersuchungstiefe (je detaillierter, desto weniger Fälle)
und Generalisierbarkeit (je mehr Fälle, desto höher) zu treffen, vgl. Herriott/ Firestone (1983), S.
15, ähnlich Ellram (1996), S. 100.
920
Eisenhardt (1989b), S. 545, empfiehlt eine Fallanzahl zwischen vier und zehn, ebenso Yin (2009),
S. 54. Miles/ Huberman (1994), S. 30, empfehlen eine Begrenzung auf maximal 15 Fälle, nennen
aber keine Untergrenze.
921
Vgl. Yin (2009), S. 41.
922
Vgl. Glaser/ Strauss (1967), S. 23, und Marshall/ Rossman (2006), S. 64.
923
Eine Übersicht hierzu bieten Miles/ Huberman (1994), S. 28, detailliertere Beschreibungen finden
sich bei Patton (2002), S. 230 ff.
216 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
924
Persönliche Kontakte werden – wiederum im Gegensatz zu der in der quantitativen Forschung
üblichen zufälligen Auswahl – in Fallstudien sogar positiv gesehen, da dies besonders intensive
Einblicke und folglich Erkenntnisse ermöglicht, vgl. Stuart et al. (2002), S. 426 f.
Methodische Überlegungen zur empirischen Untersuchung 217
Dadurch, dass immerhin fünf der vorab abgeleiteten PBC-Industrien in der Studie
repräsentiert sind, wird außerdem das Fallauswahlkriterium der „maximalen Variati-
on“ erfüllt. 925 Um eine fundierte, kritische Perspektive auf die Fallstudien bzw. die
umgebenden Industrien zu geben, werden diese in Unterkapitel 4.2 kurz charakteri-
siert. Zunächst aber wird mit der Datenerhebung der nächste Schritt des empirischen
Forschungsprozesses erläutert.
4.1.3 Erhebung der Fallstudiendaten
Die in Fallstudien gängigste Methode der Datenerhebung sind Interviews, weshalb
diese auch in der vorliegenden Studie zur Anwendung kamen. 926 Für explorative
Forschungsvorhaben kommen dabei v. a. un- und teilstrukturierte Interviews infrage,
die aufgrund der vorhandenen Forschungskapazitäten zumeist auf ein bis zwei Be-
fragte beschränkt wurden.927 Da aufgrund der Auseinandersetzung mit der existie-
renden Forschung zu den themenrelevanten Themenfelder für „PBC SRM“ eine aus-
reichende Wissensbasis bestand, wurden semi-strukturierte Interviews als passend
925
Vgl. Creswell (2007), S. 120, und Patton (2002), S. 234 f.
926
Einen Überblick über die Datenerhebungsmethoden der qualitativen Forschung gibt Creswell
(2003), S. 186 f. Zur Häufigkeit der Nutzung von Interviews vgl. Gillham (2000), S. 2.
927
Andere Interviewarten unterscheiden v. a. im Grad ihrer Strukturierung durch vorgegebene Fra-
gen und Antworten sowie die Anzahl der Teilnehmer. Zu den Interviewarten vgl. Berg (2007), S.
93 ff., Kvale (2008), S. 70 ff., zur Anzahl der Befragten je Gespräch vgl. Saunders et al. (2009), S.
321.
218 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
erachtet.928 Die Fragen für den Interviewleitfaden wurden dabei auf Grundlage der
Forschungsfragen entwickelt.929
Für die eigentliche Durchführung der Interviews wurden Vertreter aus den PBC-
relevanten Fachbereiten, vornehmlich „Service“ und „Beschaffung“, befragt. 930 Die
Interviews, die zwischen 60 und 120 Minuten dauerten, wurden mit einer Ausnahme
digital aufgezeichnet (und im Anschluss vollständig transkribiert). 931 Dessen unge-
achtet wird so den Qualitätskriterien „Konstruktvalidität“ durch Etablieren einer Be-
weiskette sowie der „Reliabilität“ durch die Anfertigung eines Fallstudienprotokolls,
das in einer entsprechenden Datenbank abgelegt wird, entsprochen. 932
Der nächste Abschnitt beschreibt das Vorgehen bei der Auswertung der erhobenen
Interviewdaten.
4.1.4 Qualitative Datenanalyse
Ein wesentliches Charakteristikum der Fallstudienforschung bildet die Menge der
gesammelten Interviewdaten, was bei der Auswertung zunächst die Reduktion der
gesammelten Daten, dann eine Vereinheitlichung und später eine Gruppierung der
als relevant erachteten Datenelemente erfordert.933
Im Vorfeld wurden aus den vollständigen Interviewtranskripten diejenigen Elemente
extrahiert, die hierfür aufgrund ihrer inhaltlichen Nähe zu den gestellten Forschungs-
fragen relevant erschienen.934 In diesem Fall waren dies Textelemente, die spezifisch
auf die Beschaffungspraktiken der befragten Unternehmen im Rahmen von PBC-
928
Vorteil hierbei ist, dass ein Grundstock an Fragen existiert, die jedoch im Verlauf eines Interviews
variiert oder gezielt vertieft werden können; gleichzeitig ist der Befragte in seinen Antworten nicht
an Vorgaben gebunden, was den explorativen Zweck der Erhebung stützt, vgl. Aghamanoukjan
et al. (2009), S. 421.
929
Diese Empfehlung findet sich bei Creswell (2007), S. 133, ebenso Kvale (2008), S. 58. Letzterer
empfiehlt zudem, die Interviewfragen abzuleiten, pragmatischer zu formulieren und ggf. aufzutei-
len, um den Befragten nicht zu überfordern. Der verwendete Leitfaden findet sich in Anhang 3.
930
Mit einer Ausnahme wurden hierzu persönliche Gespräche geführt, was vorteilhaft für eine ver-
trauensvolle Gesprächsatmosphäre ist und damit tiefere Einblicke in die Fälle erlaubt, vgl. Saun-
ders et al. (2009), S. 321. Eine Übersicht der geführten Gespräche samt genauer Funktion der
Gesprächspartner findet sich in Anhang 3: Übersicht der Fallstudieninterviews.
931
Eine Aufzeichnung wird empfohlen, da der Interviewer im Gespräch auf die Befragten fokussieren
kann und nicht durch das Mitschreiben abgelenkt wird; außerdem wird die spätere Datenanalyse
auf diese Weise wesentlich erleichtert. Gleichwohl werden in der Gesprächsaufnahme auch
Nachteile gesehen, v. a. eine möglicherweise niedrigere Auskunftswilligkeit der Befragten. Dem
wird durch die Zusicherung von Anonymität, Vertraulichkeit und Sicherheit der Daten sowie die
Möglichkeit, die Gesprächsprotokolle im Anschluss an das Gespräch zu prüfen, begegnet. Letzte-
res wiederum wird zudem als Beitrag zur Reliabilität der Studie gesehen, vgl. Creswell (2003), S.
190, Yin (2009), S. 41.
932
Vgl. Yin (2009), S. 41.
933
Zu diesem Vorgehen allgemein vgl. Saunders et al. (2009), S. 492, zur Notwendigkeit der Daten-
reduktion in qualitativer Forschung vgl. Richards (2005), S. 52.
934
Vgl. Auerbach/ Silverstein (2003), S. 37.
Industriespezifische Hintergrundbetrachtung der Fallstudien 219
935
Vgl. Boyatzis (1998), S. 29, und Strauss/ Corbin (1998), S. 62 ff.
936
Zu den Möglichkeiten der „Within-Case Analysis“ als fallbezogene bzw. „Cross-Case Analy-
sis“ als fallübergreifende Analyse, vgl. Eisenhardt (1989b), S. 540 f.
937
Die Potenziale grafischer Analysetechniken beschreiben Miles/ Huberman (1994), detailliert; die
in dieser Arbeit verwendete Technik leitet sich aus der „Conceptually Clustered Meta Matrix“ ab
(a. a. O., S. 127 ff.).
938
Yin nennt diesen Ansatz „Explanation Buidling“, also Erklärungsbildung. Dieser soll aus Rück-
koppelungen zwischen den empirischen Daten und existierender Forschung die Ableitung fun-
dierterer Erklärungsmuster und das Aufzeigen möglicherweise unentdeckter Zusammenhänge
ermöglichen, vgl. Yin (2009), S. 141.
939
Dieses Vorgehen wird in der Methodikliteratur als „Pattern Matching“ bezeichnet und beschreibt,
wie empirische Ergebnisse mittels vorab festgelegter Erklärungsmuster überprüft werden, vgl. Ei-
senhardt (1989b), S. 544, Saunders et al. (2009), S. 500 f.
940
Das Modell wurde 1979 vorgestellt und umfasst fünft Marktkräfte, die Einfluss auf die Wettbe-
werbssituation haben: die Verhandlungsmacht von Kunden bzw. Lieferanten, die Bedrohung des
Markteintritts weiterer Wettbewerber, die wettbewerbliche Dynamik und die Bedrohung durch
Substitutprodukte; vgl. hierzu Porter (1979), S. 142, sowie zur Verbreitung des Modells in der
Managementforschung und -praxis Bea/ Haas (2005), S. 99 ff.
220 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
4.2.1 Luftfahrtindustrie
In der produzierenden Luftfahrtindustrie sind zahlreiche unterschiedliche Unterneh-
men aktiv. Die Abnehmer sind üblicherweise Fluggesellschaften.941 Trotz eines an-
haltenden Konsolidierungsprozesses gibt es weltweit eine breite Anzahl von Flugli-
nien.942 Diese treffen indes auf nur wenige Flugzeughersteller, von denen wiederum
lediglich zwei größere Passagierflugzeuge anbieten und deshalb über relativ hohe
Marktmacht verfügen sowohl gegenüber den Kunden als auch gegenüber den Lie-
feranten.943
Lange Zeit waren Lieferanten relativ kleine Unternehmen, die in starker Abhängigkeit
zu den Flugzeugherstellern standen. 944 Allerdings haben die mächtigen Hersteller
zunehmend ihre Lieferantenbasis verkleinert, damit zahlreiche Lieferanten zum
Marktaustritt gezwungen und sehen sich nun, zumindest was spezifische Komponen-
ten angeht, lieferantenseitig oft einem Oligopol gegenüber.945 Sobald ein Lieferant für
eine Flugzeugbaureihe ausgewählt wurde, besteht aufgrund des hohen Entwick-
lungsaufwands für die hochkomplexen Produkte sowie luftfahrttechnischen-
bzw. -rechtlichen Vorschriften sogar kaum noch eine realistische Möglichkeit, einen
Lieferanten auszutauschen oder eine alternative Bezugsmöglichkeit aufzubauen.946
Die Produkte haben häufig lange Laufzeiten, wodurch der „Aftermarket“, also das
Ersatzteilgeschäft, besonders hohe Bedeutung als Umsatzquelle hat. 947 Versuche
der Flugzeughersteller, auch diesen Bereich zu kontrollieren, wurden hier von den
Lieferanten als sehr negativ aufgenommen.948 Dennoch ist auch hier verstärkt eine
Trendwende erkennbar, hin zu Risk-Sharing-Partnerschaften, kooperativen Lieferan-
tenbeziehungen und erhöhtem Informationsaustausch. 949 Diesen Beziehungen ste-
hen nichtsdestotrotz weiterhin große Flugzeughersteller als mächtige Systemintegra-
toren voran. 950 So existieren weiterhin verschiedene Koordinationsebenen in der
Wertschöpfungskette ggf. auch mit Auswirkungen auf die PBC-Anbieter-
Lieferanten-Beziehungen.951
941
Vgl. Burghardt et al. (2002), S. 675.
942
Vgl. Schwierholz (2007), S. 73.
943
Vgl. Burghardt et al. (2002), S. 678.
944
Vgl. Rosetti/ Choi (2005), S. 46.
945
Vgl. Bales et al. (2004), S. 254, Rosetti/ Choi (2005), S. 52, und Rosetti/ Choi (2008), S. 511.
946
Vgl. Burghardt et al. (2002), S. 675, Rosetti/ Choi (2005), S. 51, und Reich (2009), S. 269.
947
Vgl. Burghardt et al. (2002), S. 678, Farris, II. et al. (2005), S. 7, und Rosetti/ Choi (2005), S. 47 f.
948
Teilweise führt dies bis heute zu eher wettbewerblichen Beziehungen, vgl. Gadde/ Hakansson
(1994), S. 33, Rosetti/ Choi (2005), S. 46 bzw. 51, sowie Rosetti/ Choi (2008), S. 531.
949
Vgl. Brusoni/ Prencipe (2001), S. 190, Rosetti/ Choi (2008), S. 531, und Rebolledo/ Nollet (2011),
S. 328.
950
Vgl. Rebolledo/ Nollet (2011), S. 331.
951
Vgl. Bales et al. (2004), S. 255.
Industriespezifische Hintergrundbetrachtung der Fallstudien 221
4.2.2 Rüstungsindustrie
Zunächst zeichnet sich die Rüstungsindustrie dadurch aus, dass sie primär staatliche
bzw. öffentliche Kunden bedient, z. B. Landesarmeen.952 Wegen der Sicherheitsrele-
vanz der Produkte sowie in Hinblick darauf, dass in der Regel öffentlichen Auftrag-
geber auftreten, unterliegt die Industrie umfangreichen rechtlichen Auflagen. 953 Im
Gegensatz zu privatwirtschaftlich orientierten Kunden folgen Rüstungskunden näm-
lich gänzlich anderen Zielen, wie z. B. der äußeren Sicherheit der jeweiligen Län-
der. 954 Außerdem ist die Anzahl der Kunden stark limitiert, was diesen eine hohe
Marktmacht verleiht.955
Die wenigen potenziellen Kunden bewirken, dass oftmals nur eine niedrige Stückzahl
eines Gutes nachgefragt wird mit hoher Lebensdauer und bei gleichzeitig hoher
Produktkomplexität sowie hohem Investitionsvolumen je Einheit.956 Als Folge wird die
Rüstungsindustrie von privaten Unternehmen häufig als unattraktiv empfunden. 957
Die verbliebenen Anbieter verfügen dadurch zwar gegenüber den Kunden über stei-
gende Macht, gleichzeitig aber haben deren Zulieferer vielmals kein großes Interesse
an der Geschäftsbeziehung.
Zwar fragen die öffentlichen Kunden zunehmend integrative Leistungen von den
Herstellern bzw. Anbietern nach, wodurch sich dort Beziehungen deutlich kooperati-
ver entwickeln. 958 Die (Unter-)Lieferanten jedoch scheinen hieran kaum interes-
siert.959 Dies gestaltet einen Einbezug in PBC ggf. schwierig, obwohl dieses Konzept
an sich im Rüstungsbereich sehr populär ist.960
4.2.3 Anlagenbauindustrie
Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Industrien zeichnet sich die Anlagenbauin-
dustrie durch eine Vielzahl möglicher Abnehmer, Hersteller und Lieferanten aus, die
952
Vgl. Hartley (1998), S. 58.
953
Vgl. Trybus (1999), S. 62, Graham et al. (2001), S. 251, und Schlüter (2006), S. 222.
954
Vgl. hierzu McCall (1970), S. 838, Doerr et al. (2005), S. 169, sowie allgemein zu den Besonder-
heiten der Ziele öffentlicher Organisationen Hieber (1999), S. 41, Brede (2001), S. 15, oder
Schauer (2008), S. 10.
955
Vgl. Hartley (1998), S. 58, dazu Trybus (1999), S. 24.
956
Vgl. Hartley (1998), S. 59 f., Trybus (1998), S. 71 f., und Schlüter (2006), S. 222.
957
Oftmals geben Unternehmen diesen Markt sogar ganz auf, vgl. Trybus (1999), S. 7–10.
958
Generell wird für den öffentlichen Sektor von eher kurzfristigen bzw. transaktionalen Lieferanten-
beziehungen ausgegangen, vgl. Burns/ Coram (1999), S. 44. Für die zunehmende Nutzung priva-
ter Lieferanten für Teilaufgaben im Rüstungsbereich vgl. Bartle/ LaCourse Korosec (2003), S.
194, Doerr et al. (2005), S. 179, Pawar et al. (2009), S. 485. In der Folge werden kooperativere
Beziehungen angestrebt, vgl. Graham et al. (1998), S. 146, und Mittilä (2008), S. 8.
959
Vgl. Pilling/ Zhang (1992), S. 8, Schlüter (2006), S. 225, und Kleemann et al. (2012), S. 170.
960
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 6.
222 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
häufig durch komplexe Beziehungen verbunden sind. 961 So sind Lieferanten be-
stimmter Hersteller oftmals auch deren Kunden, bspw. wenn sie eine Komponente
für eine Anlage zuliefern, die sie dann selbst im Produktionsprozess verwenden. Die
Unternehmen sind vielfach mittelständisch geprägt. Dies führt zu einer relativ homo-
genen Machtverteilung, zumal die Anlagebaubranche als Sammelbegriff für eine
Vielzahl von Industriezweigen verwendet wird.962
Gleichwohl werden Anlagen auch an Kunden in anderen Industrien verkauft, was ggf.
zu Machtungleichheit führt, z. B. bei Lieferung von Anlagen an die Automobilindustrie,
wo große Hersteller über hohe Abnehmermacht verfügen.963 Entsprechend vielseitig
sind die möglichen Produkte und deren Charakteristika, die von relativ standardisier-
ten Anlagensystemen hin zu hoch (kunden-)individuellen Lösungen reichen können,
deren Laufzeiten und Bedarfsintensität für MRO-Dienstleistungen kaum einheitlich
wiedergegeben werden können.964
Deshalb können Lieferantenbeziehungen in der Anlagenbauindustrie sehr heterogen
sein.965 Die daran geknüpfte Einschätzung, dass Lieferantenbeziehungen im Anla-
genbau aufgrund der projektartigen Abwicklung daher eher kurzfristig sind, scheint
im Zuge des klaren Trends zu lebenszyklusorientierten Konzepten wie Betreibermo-
dellen zumindest zweifelhaft.966
4.2.4 Sonstige industrielle Perspektiven
Die Schienenfahrzeugindustrie (als Anbieter) hat im Zuge der europaweiten Privati-
sierung der Bahnbetriebe (als Abnehmer) seit den 1990er-Jahren eine deutliche Ver-
änderung in den Abnehmerstrukturen erlebt, ohne dass sich dies wesentlich auf die
Anbieterstruktur ausgewirkt hätte.967 Dominante Kunden sind immer noch ehemalige
Staatsbahnen, die allerdings verstärkt Konkurrenz durch kleinere, private Betreiber
bekommen.968
Auf Herstellerseite haben die hohe Kundenmachtkonzentration sowie der hohe staat-
liche (und somit industriepolitische) Einfluss auf die Marktstrukturen. Das eher gerin-
ge Marktwachstum bei hohem anfänglichen Investitionsbedarf hat dazu geführt, dass
nur wenige, sehr große Unternehmen Schienenfahrzeuge anbieten und selbst diese
961
Vgl. Staudinger (2007), S. 67, ähnlich Wiendahl/ Harms (2001), S. 326, und Hypko et al. (2010b),
S. 647.
962
Vgl. Keuper/ Schunk (2011), S. 145 f.
963
Vgl. Spath/ Demuß (2001), S. 35.
964
Vgl. Meier (2004b), S. 7.
965
Vgl. Heß (2008), S. 271.
966
Vgl. Apel et al. (1997), S. 360, gegenüber Freiling (2003), S. 33.
967
Vgl. Gómez-Ibáñez (2006), S. 1, ergänzend Steimel (2006), S. 12 f.
968
Vgl. Verband der Bahnindustrie in Deutschland e.V. (VDB) (2011), S. 11.
Ergebnisse der Fallstudien 223
969
Vgl. Steimel (2006), S. 13, und Steimel (2008), S. 11.
970
Ergänzend zu den nachfolgenden Fallstudienerkenntissen hierzu vgl. Steimel (2008), S. 122.
971
Vgl. Balck (2004), S. 20, sowie Barrett/ Baldry (2009), S. 146 f.
972
Vgl. Balck (2004), S. 22, umfangreicher auch Hellerforth (2006), S. 11 ff., ergänzend empirisch
außerdem Lünendonk GmbH (2012), S. 1.
973
Vgl. zum breiten Aufgabenumfang des Facility Managements Braun (2007), S. 3, zu den Markt-
strukturen nochmals Hellerforth (2006), S. 12 f., und Lünendonk GmbH (2012), S. 1.
974
Vgl. Balck (2004), S. 20, sowie Hellerforth (2006), S. 18 f.
224 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Das Fallunternehmen Aeronavis ist ein weltweit agierender, führender Hersteller von
Passagier- und Frachtflugzeugen verschiedener Größen bzw. Baureihen. Der
Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der Entwicklung und Integration von Gesamtsys-
temen, der entsprechenden Endmontage sowie MRO-Dienstleistungen, wobei Kom-
ponentenreparaturen nicht durch das Unternehmen selbst, sondern durch die jeweili-
gen Lieferanten vorgenommen werden. Schwerpunkte der Dienstleistungen sind e-
her die Lagerhaltung und Koordination des Ersatzteillieferantennetzwerkes. In die-
sem Bereich sieht sich das Unternehmen trotz seiner Stellung als mitführender Her-
steller jedoch auch Konkurrenz großer, flugtechnischer Dienstleister ausgesetzt.
Dabei bietet Aeronavis auch ergebnisorientierte Verträge im Bereich Materialerhalt
an, wobei als Leistungskennzahl üblicherweise die absolvierte Flugstunde dient, die
wiederum mit einem Fixpreis vergütet wird. Die Leistungen können sich auf einen
bestimmten Umfang kritischer Ersatzteile beschränken, umfassen in einigen Fällen
indes auch das gesamte Flugsystem. Insgesamt wird von Aeronavis eine klar stei-
gende Nachfrage nach PBC-Verträgen festgestellt.
Neben wirtschaftlichen Aspekten sieht das Unternehmen ebenfalls technische Vortei-
le, solche flugstundenbasierten Verträge anzubieten, da die Beziehung zu den Kun-
den enger wird, zudem aber auch die Nähe zur Nutzung des Produktes steigt. Prob-
leme und Fehlerquellen können nun viel direkter identifiziert werden. Durch die Er-
gebnisorientierung in PBC besteht zudem die Motivation, diese umgehend abzustel-
len.
Lieferanteneinbindung in PBC
Ein Interessanter Aspekt bei Aeronavis besteht darin, dass sowohl Erfahrungen mit
der unmittelbaren Einbindung von Lieferanten in die PBC-Aspekte als auch mit klas-
sischen, aufwandsbezogenen Modellen vorhanden sind. Derzeit wird jedoch ver-
stärkt eine Entkopplung der Kundenverträge von den Lieferantenverträgen ange-
strebt, d. h., Lieferanten werden weder auf das Ergebnis „Flugstunde“ ausgerichtet
noch hiernach vergütet. Zum Einsatz kommen vielmehr aufwandsorientierte, oft ein-
zelfallbezogene Verträge („Time and Material“), über die in vielen Fällen noch nicht
einmal eine Rahmenvereinbarung mit den Lieferanten existiert. Stattdessen investiert
Aeronavis selbst in den Aufbau eines Ersatzteilpools, dessen Umfang auf Basis ab-
geschätzter bzw. spezifizierter Teileausfallraten bestimmt wird, und greift dann bei
Bedarf auf Reparaturdienstleister oder auf den Teilehersteller zurück. Insofern wer-
Ergebnisse der Fallstudien 225
den Lieferanten nicht in PBC einbezogen, die Risiken werden selbst übernommen
und durch den Teilepool reduziert.
Allerdings hatte Aeronavis in den Anfangszeiten der eigenen PBC-Angebote ver-
sucht, eine relativ enge Bindung der Lieferanten in die Spezifika des Konzepts zu
erreichen. So wurde eine volle Weitergabe der flugstundenbasierten Vergütung an
die Lieferanten angestrebt („Back-to-Back“-Verträge). Die Idee dahinter lautete, den
Lieferanten einen Anreiz zu geben, die gewünschte (Teil-)Leistung mit möglichst we-
nig Reparaturaufwand zu erreichen und die Effizienzgewinne einzubehalten. Entge-
gen dieser Intention reagierten die Lieferanten auf die Einbindung jedoch mit so ho-
hen Risikoaufschlägen, dass das durch Aeronavis integrierte Leistungspaket am
Markt nicht mehr wettbewerbsfähig angeboten werden konnte. So ging das Unter-
nehmen auf den oben beschriebenen Ansatz der geringen Einbindung von Lieferan-
ten in PBC über.
Charakterisierung der PBC-Lieferantenbeziehungen
Der Ansatz, die Lieferanten zunächst direkt in PBC einzubinden, wurde in den Inter-
views als Versuch angeführt, eine Win-Win-Situation zwischen Aeronavis und des-
sen Lieferanten herzustellen. Gleichwohl wurde dies offenbar durch die Lieferanten
nicht so empfunden, weshalb diese mit Risikoaufschlägen auf ihre Preise reagierten.
Es wurde eingeräumt, dass durch die zunehmende Einbindung der Lieferanten in die
Entwicklung von Neuprodukten (und den damit verbundenen Kosten) der Druck ent-
steht, Gewinne überwiegend aus dem „After Sales“, also MRO-Geschäft, zu generie-
ren. Insofern werden integrierende Angebote von Aeronavis für diesen Bereich als
zusätzliche Konkurrenz empfunden bzw. als Gefahr, auch dort bald den Vorgaben
des Gesamtsystemintegrators zu unterliegen. Insofern lässt sich nur ein Teil der Ri-
sikoaufschläge mit den Unsicherheiten der PBC-Leistungserbringung erklären; nicht
unwesentlich ist offenbar zusätzliches Misstrauen vor zu starker Abhängigkeit, was
wirkt sich entsprechend negativ auf eine PBC-Einbindung der Lieferanten auswirkt.
Für diese Reaktion zeigten die Aeronavis-Gesprächspartner durchaus auch Ver-
ständnis, gingen jedoch dennoch davon aus, dass die Lieferantenbeziehungen durch
PBC deutlich enger und langfristig auch kooperativer sein würden. Freilich wurde die
Lieferantenmacht auch als Hindernis dafür gesehen, die PBC-Einbindung der Liefe-
ranten auf breiter Basis umzusetzen. Aufgrund der hohen Entwicklungskosten würde
üblicherweise auf einen Lieferanten je Bauteil oder Subsystem fokussiert; zudem be-
stehen in vielen Beschaffungsmärkten bereits grundsätzlich wenige Alternativen, so-
dass man sich hier zu einem gewissen Teil auch abhängig von den Lieferanten fühlt.
226 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Mechanicus ist ein führender Hersteller von Triebwerken für zivile und militärische
Luftfahrzeuge wie Passagierflugzeuge, Kampfjets oder Helikopter. Dabei tritt das Un-
ternehmen sowohl als Systemintegrator als auch als Subsystemlieferant für einen
Integrator auf Gesamtflugsystemebene auf. Das Unternehmen verfügt über Standor-
te weltweit mit Schwerpunkt in Mitteleuropa.976 Dort werden umfassende produktbe-
zogene Dienstleistungen angeboten.
Der Schwerpunkt der Dienstleistungen ist das klassische „Time and Material“-
Ersatzteilgeschäft. Die Finanzierung der Triebwerke für die Kunden gehört dagegen
nicht zu den selbst wahrgenommenen Kernkompetenzen, d. h., die Triebwerke wer-
den von den Kunden erworben, die benötigten MRO-Dienstleistungen dann je nach
Kundenwunsch separat. Dabei gilt Mechanicus als Vorreiter integrierter, ergebnisori-
entierter Produkt-Service-Systeme, was auch aktiv vermarktet wird. Schlüsselkenn-
zahl für ergebnisorientierte Verträge sind abgeleistete Flugstunden, die mit einem
975
Weitere Detailauskünfte zu den Lieferantenmanagementpraktiken konnten vom Gesprächs-
partner nicht erteilt werden, da dieser im Logistikbereich zuzuordnen war. Eine Gesprächsanfra-
ge spezifisch für den Einkaufsbereich wurde negativ beschieden.
976
Die zur Erhebung dieser Fallstudie nötigen Gespräche wurden im deutschen Hauptsitz des Un-
ternehmens unter fallweiser Bezugnahme auf die weltweite Unternehmensleitung geführt.
Ergebnisse der Fallstudien 227
Risikos „übergewälzt“.977 Es wird versucht, dieses Vorgehen der Einbindung für alle
infrage kommenden Vendoren flächendeckend einzusetzen, sofern auch der Ab-
nehmer einen PBC-Vertrag hat. Daher ist es auch klare Leitlinie von Mechanicus,
diese Option mit den Lieferanten frühzeitig zu vereinbaren.
Wie eingangs erwähnt, tritt Mechanicus jedoch in einigen Fällen auch als Subsys-
temlieferant für den Integrator eines Gesamtsystems auf und ist hier interessanter-
weise zurückhaltend, mit dem Systemintegrator einen PBC-Vertrag abzuschließen.
Als Grund hierfür wurden die Risiken genannt, die sich aus den Vereinbarungen, die
kundenseitig durch den Systemintegrator getroffen wurden, ergeben. Mechanicus hat
in diese Vereinbarungen häufig keinen Einblick und zumeist keinen Einfluss; dazu
haben die Systemintegratoren meist kein Interesse an einem direkten Kontakt zwi-
schen Kunden und Lieferanten. Die Zwischenschaltung hat laut Mechanicus zudem
die Folge, dass wichtige Informationen (z. B. Nutzungsdaten) nur noch selektiv wei-
tergegeben werden, obwohl der Systemintegrator möglicherweise gar nicht die de-
taillierte Expertise (in diesem Fall für das Triebwerksmanagement) für alle Subsys-
teme hat. Darüber hinaus entstehen durch die indirekte Kommunikation immer wie-
der Reibungsverluste an den Schnittstellen. Zusätzlich wird das Risiko gesehen,
dass Mechanicus in Abhängigkeit zum Funktionieren anderer Teilsystemen bzw. des
Gesamtsystems gerät: auch durch von Mechanicus nicht zu vertretende Umstände
könnten dann zum Vergütungsausfall führen. Interessant ist dabei, dass das Unter-
nehmen in der Rolle des (Sub-)Systemintegrators zwar versucht, eigene Lieferanten
nach PBC-Aspekten einzubinden, dies aber in der Rolle eines Subsystemlieferanten
vermeidet.
Charakterisierung der PBC-Lieferantenbeziehungen
977
Zum Begriff der „Risikoüberwälzung“ in diesem Zusammenhang vgl. Koppelmann (2004), S. 413 f.
Ergebnisse der Fallstudien 229
tausch bzw. -weitergabe, desto geringer wirken sich die Unsicherheiten von PBC
auch auf die Preisgestaltung aus, mithin durch den Verzicht auf bzw. Reduktion von
Risikozuschlägen. Während sich Mechanicus selbst gegenüber seinen direkten Flug-
linienkunden in einer komfortablen, da oligopolistischen Marktposition sieht, besteht
gegenüber den Gesamtsystemherstellern ein gewisses Maß an Misstrauen. Nach
eigener Ansicht herrscht indes zu den Vendoren ihrerseits ein relativ vertrauensvol-
les Verhältnis. Dies liegt offenbar an der Konkurrenzsituation, dass Vendoren grund-
sätzlich das Recht haben, MRO-Dienstleistungen zu ihren Produkten auch eigen-
ständig im Markt anzubieten. Würde man hier keinen kooperativen Ansatz verfolgen,
würden sich die Vendoren viel stärker eigenständig engagieren und sich nicht durch
Mechanicus als Systemintegrator vertreten lassen.
Ansatzpunkte für PBC-Lieferantenmanagement
Wie bereits skizziert, ist die Beschaffung als übergeordnete Funktion des Lieferan-
tenmanagements v. a. zu Beginn eines Produktlebenszyklus involviert. Sie legt den
Grundstein für später greifende Servicekonzepte im MRO-Bereich. In die Ausgestal-
tung einzelner PBC-Verträge ist sie daher nicht eingebunden. Lediglich während der
Leistungserbringung fallen ihr operative Aufgaben wie die Bestellung von Ersatztei-
len zu.
Das Management der Vendoren (also Lieferantenmanagement i. e. S.) wird als ei-
genständige, produkt- bzw. programmbezogene Aufgabe, die nicht der Beschaffung
zugeordnet ist, gesehen. Allerdings werden im Rahmen des Vendor-Managements
auch spezifische Aufgaben wie das Lieferantenmanagement wahrgenommen; dabei
ist diese Funktion ebenfalls dafür zuständig, spezielle Anforderungen, die sich z. B.
aus PBC ergeben, gemeinsam mit den Lieferanten auszuarbeiten. Die Beschaffung
wird dann lediglich für die vertragsseitige Umsetzung einbezogen.
In anderen Teilaufgaben des Lieferantenmanagements scheint Mechanicus keine
weiteren, PBC-spezifischen Aktivitäten zu betreiben.978 Obwohl die Bedeutung des
Informationsaustauschs zwischen Kunde, Mechanicus und den Lieferanten bzw.
Vendoren betont wurde, findet sich hierzu kein formalisierter Ansatz.
Zusammenfassend lässt sich dennoch feststellen, das Mechanicus zumindest in ei-
nigen Teilgebieten bereits eine volle PBC-Einbindung der Lieferanten vornimmt. In
diesem Zusammenhang wurden Kommunikation und Informationsaustausch als be-
sonders wichtige Elemente der Lieferantenbeziehungen genannt, die dann von einer
eigenen Funktion, dem „Vendor-Management“, gesteuert werden.
978
So existieren keine spezifischen Bewertungsansätze für PBC-Lieferanten.
230 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Die Interviews bei Turbineus ergaben, dass Lieferanten nicht in die Spezifika von
PBC eingebunden werden: sie werden nicht an ein Leistungsergebnis gebunden und
nicht entsprechend vergütet. Viel eher werden Lieferanten als reine Teilelieferanten
gesehen, die Produkte nach Turbineus‘ genauer Spezifikation herstellen. Die Ser-
viceanteile werden bei Turbineus selbst erbracht, die nötigen Ersatzteile im MRO-
Bereich werden über aufwandsbezogene Einzelaufträge bzw. Rahmenverträge ab-
gedeckt (auch hier also „Risikohinnahme“). 979 Leistungsverbesserungen (z. B. Re-
duktion von Ausfallzeiten) werden von Turbineus ebenfalls selbst gesteuert und
durch überarbeitete Spezifikationen an die Lieferanten weitergegeben.
Die Gründe für diese klare Aufteilung liegen laut den Interviewaussagen zunächst in
der Annahme, dass Lieferanten überhaupt nicht an der Einbindung in die PBC-
Mechanismen interessiert seien. Auch sähen Lieferanten in PBC eher einen Risiko-
treiber: sie haben keine Einblicke mehr darin, wie das abnehmerseitige Geschäft ab-
läuft und wie es sich entwickelt (z. B. Volumen von Flugstunden und damit Höhe der
zu erzielenden Vergütung). In der Konsequenz reagieren die Lieferanten mit hohen
979
Vgl. Koppelmann (2004), S. 414.
Ergebnisse der Fallstudien 231
Trotz der klaren Abtrennung der Lieferanten aus den PBC-Konzepten zeigte sich in
den Interviews dennoch deutlich, dass Turbineus Lieferanten als wichtige Partner in
der Leistungserbringung sieht und dementsprechende Beziehungen anstrebt.
Eine Voraussetzung hierfür wird in der Etablierung gemeinsamer Ziele und dem Auf-
teilen von Chancen und Risiken gesehen.980 In kritischen Situationen Zusammenhalt
zu demonstrieren, der dann in erfolgreicheren Zeiten belohnt wird, generiert nach
Turbineus‘ Aussagen Vertrauen. Daraus wiederum resultiert ein Gefühl der Verläss-
lichkeit und Partnerschaftlichkeit zwischen Turbineus und seinen Lieferanten und
damit die Möglichkeit, Turbineus durch schnellere Reaktionszeiten, Innovationen o. Ä.
zu unterstützen.
Dass dies allerdings im Rahmen von PBC auch für Optimierungen mit Blick auf den
Lebenszyklus funktionieren könnte, wird von Turbineus klar bezweifelt. Das Unter-
nehmen sieht keine Möglichkeiten, Lieferanten hier zu motivieren, Produkte aus ei-
genem Antrieb heraus zu optimieren. In einem solchen Fall wird davon ausgegangen,
dass die Lieferanten die daraus entstehenden Vorteile (z. B. Kostensenkung durch
Teileverbesserung) selbst einbehalten wollen. Dennoch räumt Turbineus auch ein,
bei selbst angestoßenen Optimierungen ebenfalls davon auszugehen, die Vorteile
einzubehalten.
980
Als konkretes Beispiel wurde die Situation nach den Terroranschlägen von 2001 in New York
genannt, nach denen der Luftverkehr einbrach und so auch die Umsätze der Hersteller: „Wir
mussten zu unseren Lieferanten gehen und vereinbarte Volumina reduzieren, obwohl unsere
Verträge uns zum Gegenteil verpflichtet hätten.“ Stattdessen herrschte ein klares Verständnis da-
für, dass die Situation nur gemeinsam durchgestanden werden kann.
232 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Bei dem von Turbineus geäußerten Ansatz, Lieferanten nicht in PBC einzubinden,
kann kaum überraschen, dass keine dezidierten Lieferantenmanagementaktivitäten
hierfür bestehen.
Es existiert allerdings ein generelles Klassifikationsschema für Lieferanten, das diese
nach deren Wichtigkeit einteilt (A-Lieferanten: für hochwertige Teile; B-Lieferanten:
durchschnittlicher Wert und Volumen; C-Teil: niedriger Wert, hoher Volumenanteil).
Turbineus ging davon aus, dass wenn eine PBC-spezifische Einbindung von Liefe-
ranten angestrebt würde, sich diese Bemühungen auf „A-Lieferanten“ konzentrieren
würden.
Darüber hinaus existieren Überlegungen, den Lieferanten mehr Informationen zu
PBC-Verträgen zur Verfügung zu stellen, um deren Unsicherheit (und so die resultie-
renden Kosten bzw. Risikoprämien) zu reduzieren. Ebenso wurden hierfür Abnah-
megarantien seitens Turbineus vorgeschlagen.
Nichtsdestotrotz sind dies lediglich Ideen, die Turbineus derzeit nicht umzusetzen
plant, und daher bei der beschriebenen klaren Nichteinbindung von Lieferanten in
PBC bleibt.
4.3.4 Fallstudie „Volatus“
Unternehmenshintergrund und PBC-Angebote
Der Fall „Volatus“ beschreibt ein international tätiges Unternehmen, das sich auf
Ausrüstungssysteme von militärischen und zivilen Flugzeugen spezialisiert hat.
Kernprodukte sind Steuerungs-, Kabinenbelüftungs- sowie -beleuchtungssysteme,
die zu einem größeren Teil noch selbst hergestellt und gewartet werden. Zudem bie-
tet das Unternehmen auch für zahlreiche der selbst hergestellten Teilsysteme die
Systemverantwortung im Flugbetrieb und tritt somit auf Subsystemebene als Sys-
temintegrator auf. Historisch gesehen war das Unternehmen allerdings eher reiner
Produktzulieferer, während Dienstleistungen erst seit einigen Jahren an Bedeutung
gewonnen haben.
Für die zugelieferten Teilsysteme bietet Volatus auch die MRO-Dienstleistungen über
die Betreuung eines weltweiten Ersatzteilpools an, den das Unternehmen selbst an-
hand geplanter Ausfallraten und weiterer Nutzungsdaten steuert. Kundenseitig wer-
den die angebotenen Ersatzteilumfänge auch im PBC-Modus offeriert, d. h., für das
Leistungsergebnis „Flugstunde“ wird eine feste Vergütung berechnet. Die Verfügbar-
keit der Ersatzteile ist, ebenso wie bestimmte Spezifikationswerte, zudem an ein
„Service-level Agreement“ gekoppelt. Als Zwischenschritt zwischen klassischen auf-
Ergebnisse der Fallstudien 233
wandsbezogenen Verträgen und PBC wird ferner eine fixe Pauschalvergütung pro
Reparatur (unabhängig vom tatsächlichen Reparaturaufwand) angeboten.
In den Gesprächen wurde betont, dass das Unternehmen durch Übernahme der
(Teil-)Systemverantwortung vor zahlreichen neuen Herausforderungen stand. So war
es durch die neue Aufgabe möglich, sehr viel exaktere Nutzungsdaten zu sammeln
und dementsprechend Produktverbesserungen anzustoßen allerdings stieg durch
die neue Rolle gleichsam die Abhängigkeit von Lieferanten, deren Optimierungspro-
zesse es zu initiieren und zu steuern galt. Inwieweit dies auch für den PBC-Bereich
gilt, ergibt sich aus dem nächsten Unterabschnitt.
Lieferanteneinbindung in PBC
Bei der Einbindung nutzt Volatus einen differenzierten Ansatz: mit einigen Lieferan-
ten bestehen sogenannte „Risk-Sharing“-Agreements, bei denen die Lieferanten ei-
nen Teil der MRO-Risiken der gelieferten Produkte übernehmen bzw. die auf diese
übergewälzt werden. Übersteigt z. B. die Ausfallrate gemeinsam vereinbarte Para-
meter, so ist der Lieferant für die zusätzlichen Reparaturen selbst kostenverantwort-
lich, partizipiert aber nicht an der Flugstundenvergütung, sondern wird nach fixen
Preisen entlohnt.
Unter dem Aspekt, dass Volatus im Außenverhältnis zum Kunden hin verantwortlich
ist, wird für jeden Lieferanten zudem geprüft, inwieweit das Risiko, welches das Un-
ternehmen hierbei auf sich nimmt, besser durch den Lieferanten übernommen wer-
den sollte. Zusätzlicher Prüfaspekt ist hier, welcher Leistungsanteil auf den jeweiligen
Lieferanten entfällt; liefert dieser bspw. ganze Geräte innerhalb eines Teilsystems,
wird durchaus eine volle Weitergabe der PBC-Aspekte also Vergütung je Flugstun-
de realisiert. Die veränderte Stellung von Volatus in der Wertschöpfungskette
macht sich in der permanenten Abwägung, ob Risiken selbst übernommen oder an
den Lieferanten weitergegeben werden sollen, bemerkbar. Dessen ungeachtet war
es in den Fällen, in denen Volatus die PBC-Einbindung eines Lieferanten angestrebt
hat, zumeist auch möglich, dies umzusetzen. Festgestellt wurde Folgendes: je klei-
ner ein Lieferant ist, desto weniger ist er bereit, für ihn schlecht bewertbare Risiken
einzugehen.
Trotzdem wendet das Unternehmen auch klassische, aufwandsbezogene Vertrags-
konstrukte an, übernimmt mithin das Risiko der PBC-Leistungsgarantie (z. B. durch
Bildung von Pufferbeständen) selbst und greift einzelfallbezogen auf Lieferanten zu-
rück.
234 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Während Volatus den Großteil des PBC-Geschäfts im zivilen Sektor erzielt, wurde
v. a. durch Probleme im militärischen Geschäftsbereich zunächst die Bedeutung
langfristiger Beziehungen hervorgehoben. Nur so seien auch tatsächlich die lebens-
zyklusbezogenen Risiken, die durch PBC entstehen können, zu beherrschen. Dabei
wurden v. a. fallbezogene Verträge als wichtiges Steuerungsinstrument für die Liefe-
rantenbeziehung gesehen.
Hauptsächlich für die von Volatus genutzten Risk-Sharing-Verträge wurde betont,
dass eine angemessene Risiko-Chancen-Aufteilung auch gegenüber den Lieferanten
angestrebt wird, um diese in die PBC-Aspekte einbeziehen zu können. Hierbei wurde
auch bewusst der Begriff der Partnerschaft verwendet. In anderen Fällen dagegen
hält man es durchaus für möglich, für ein Bauteil mehrere Lieferanten zu nutzen (im
Sinne eines Multiple Sourcing). Im PBC-Bereich läuft es jedoch eher auf einen Liefe-
ranten pro Bauteil (Single Sourcing) hinaus, da hier ein besonderes Vertrags-, aber
auch Vertrauensverhältnis notwendig ist, um den aus dem „Single Sourcing“ entste-
henden Risiken Rechnung zu tragen. Dazu gehört ferner, dass Volatus spezifische
Partnermanagementprogramme etabliert hat, die im nächsten Unterabschnitt be-
schrieben werden.
Ansatzpunkte für PBC-Lieferantenmanagement
Die Bedeutung einzelner Lieferanten für bestimmte Systeme bzw. Programme hat
dazu geführt, dass hierfür eine eigene Organisationsstruktur bei Volatus aufgebaut
wurde. Sogenannte Partnermanager sind dabei für besonders wichtige Lieferanten
relevant und sollen die Zusammenarbeit mit diesen über den gesamten Lebenszyk-
lus des jeweiligen Programms begleiten und steuern.
Ansatzpunkt hierfür ist, das Produktportfolio, das den Kunden angeboten wird, auch
durch die leistungserbringende Programmorganisation abzubilden und eine direkte
Einbindung der Lieferanten zu ermöglichen. Zwar existiert diese Organisation unab-
hängig davon, ob Partner in PBC-Verträge direkt eingebunden sind oder nicht; in je-
dem Fall aber ist dies ein Ziel der Partnermanager. Bei der Aufgabenerfüllung wird
der Partnermanager sowohl seitens der Service- als auch der Beschaffungsabteilung
involviert, ist jedoch nicht an deren Weisungen gebunden. Die Aufgaben, die durch
die Beschaffungsabteilung wahrgenommen werden, beschränken sich vielmehr auf
die operative Beschaffung von Ersatzteilen sowie ggf. Verhandlungsunterstützung.
Die strategische Lieferantenbeziehung ist in jedem Fall Kompetenz des zuständigen
Partnermanagers. Daher erkannten die Gesprächspartner auch, dass für die Aufga-
be des Partnermanagers ganz besondere Fähigkeiten nötig sind. Dazu gehört die
Erfahrung, Lieferanten entlang eines Programmlebenszyklus und somit langfristig zu
Ergebnisse der Fallstudien 235
Trotz der klar geäußerten Bedeutung der Lieferanten für Milvus werden diese nur in
wenigen Verträgen nach PBC-Parametern eingebunden. Stattdessen werden in
Rahmenverträgen fixe Preise für Arbeitsleistungen und Ersatzteile vereinbart und als
Abrechnungsbasis für aufwandsbezogene Leistungsabrufe genutzt. Damit ist der
überwiegend praktizierte Ansatz zur Lieferanteneinbindung als traditionell zu charak-
terisieren, das PBC-spezifische Risiko wird vom Anbieter selbst übernommen.
Allerdings erkennt Milvus ebenso die Bedeutung und Potenziale, Lieferanten kriti-
scher Subsysteme direkt in PBC einzubinden und setzt dies zumindest in Teilen
bereits um. In einigen Verträgen werden Subsystemlieferanten für Triebwerke oder
die Avionik bereits nach denselben Parametern gemessen und vergütet wie Milvus
gegenüber seinen Abnehmern.
236 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Die Lieferanten sind dafür zuständig, ihr eigenes Subsystem funktionsfähig zu halten.
Damit entspricht der Ansatz zur Einbindung klar den PBC-Charakteristika von Er-
gebnisorientierung und Leistungsvergütung. Als Erfolgsfaktor wurde außerdem eine
frühzeitige und auch in der Folge intensive Einbindung der Lieferanten in die Ent-
wicklung von PBC-Konzepten genannt.
Auch in den Fällen, wo keine direkte PBC-Einbindung der Lieferanten erfolgt, ist Mil-
vus bestrebt, die Beziehungen gezielt zu entwickeln. So wird versucht, Lieferanten
möglichst viele Informationen zur kundenseitigen Nutzung zur Verfügung zu stellen,
z. B. Nutzungsprofile, sodass die Lieferanten sich daran orientieren können. Damit
soll das Verständnis für den gemeinsamen Kunden und folglich die Ausrichtung an
dessen Zielen erhöht werden.
Charakterisierung der PBC-Lieferantenbeziehungen
PBC hat bei Milvus ebenfalls umfassende organisatorische Auswirkungen für die Be-
schaffung als funktionaler Rahmen des Lieferantenmanagements. Dies betrifft insbe-
sondere die inhärente Lebenszyklusperspektive, konkreter die Verknüpfung von Se-
rienproduktion und MRO-Dienstleistungen. Dementsprechend hat Milvus die Organi-
sation so angepasst, dass zwar keine Zusammenfassung von Serien- und MRO-
Beschaffung besteht, jedoch der Austausch von Erfahrungen, Leistungsdaten etc. als
Kernaufgabe des Lieferantenmanagements viel stärker institutionalisiert und betont
wird als außerhalb von PBC. Dies wird durch regelmäßige Meetings, Lieferanten-
workshops und verknüpfte Lieferantenbewertung erreicht.
Durch die integrierte Herangehensweise sollen intensivere Lieferantenbeziehungen
gefördert, das gegenseitige Vertrauen gestärkt, aber auch die Machtsituation gegen-
über den Lieferanten verbessert werden. Insbesondere der letzte Aspekt spielt dabei
in oligopolistischen Märkten wie der (militärischen) Luftfahrtindustrie eine wichtige
Rolle. Darüber hinaus ist im Entwicklungsprozess spezifischer PBC-Angebote explizit
vorgesehen, kritische Lieferanten frühzeitig in das Design des komplexen Leistungs-
bündels einzubinden, Kundenanforderungen klar zu kommunizieren, aber auch Liefe-
rantenideen aufzugreifen.
So kann zusammengefasst werden, dass Milvus zwar in vielen Bereichen noch nach
traditionellen Vertragsansätzen arbeitet, allerdings einige wichtige Schritte in Rich-
tung dezidierter PBC-Lieferantenbeziehungen unternommen hat.
4.3.6 Fallstudie „Defensio“
Unternehmenshintergrund und PBC-Angebote
Das Fallunternehmen ist ein führendes Unternehmen auf dem europäischen Rüs-
tungsmarkt, das schwerpunktmäßig militärisches Fluggerät sowie begleitende
Dienstleistungen anbietet. In beiden Bereichen agiert es auf Systemebene als In-
tegrator. Die einzelnen Systembestandteile werden auf Subsystemebene extern be-
schafft, d. h. bei Systemlieferanten für das Triebwerk, Chassis, Avionik etc. Defensio
produziert nur in geringem Umfang selbst und konzentriert sich v. a. auf die Endmon-
tage der beschafften Subsysteme. Im Servicebereich fungiert das Unternehmen als
„Single Point of Contact“ zwischen den jeweiligen Kunden (überwiegend nationale
Streitkräfte und Vollzugsbehörden) und den eigenen Systemlieferanten. Defensio
bietet sogar MRO-Dienstleistungen für Systeme an, die nicht selbst hergestellt wur-
den.
PBC wird überwiegend für systemerhaltende Dienstleistungen offeriert, insbesondere
für das momentane Kernprodukt, ein Kampfflugzeug. Hierfür bietet das Unternehmen
den europaweiten Austausch einer Reihe von kritischen Ersatzteilen innerhalb einer
vorab festgelegten Reaktionszeit an, die mit acht Stunden deutlich niedriger liegt, als
238 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
in der Industrie sonst üblich ist.981 Defensio zeichnet dafür verantwortlich, die Lager-
bestände der Ersatzteile so zu steuern, dass die Austauschzeiten eingehalten und
defekte Teile schnellstmöglich wieder dem „Kreislauf“ zugeführt werden. Die Repara-
turen selbst werden von den Herstellern der Teile vorgenommen, also auf Lieferan-
tenebene.
Die Schlüsselkennzahl, nach der die Verträge dieser Art gesteuert werden, ist die
Anzahl (in Prozent) der innerhalb der vorgegebenen Zeit erfolgten Austauschvorgän-
ge für die kontrahierten Ersatzteile. Die Vergütung ist eine Mischung aus einem Preis
auf Kostenbasis sowie einer Prämie, deren Höhe sich nach den nach verschiedenen
Vertragsphasen verbleibenden Mittel in einem Risikofonds sowie der erzielten Leis-
tung (gemäß Schlüsselkennzahl) richtet. Demnach sind mit der Schlüsselkennzahl
als Leistungsindikator die Voraussetzungen für PBC vollständig sowie der leistungs-
variablen Gewinnprämie als Vergütungsmechanismus teilweise erfüllt.
Lieferanteneinbindung in PBC
981
Laut den Aussagen in den Interviews liegt die Austauschzeit sonst bei neueren Systemen bei
mehreren Monaten, bei älteren sogar über einem Jahr bis hin zur Obsoleszenz.
982
Die tatsächlichen Reparaturtätigkeiten werden dagegen von den eigentlichen Herstellern durch-
geführt, wobei hier individuelle Verträge bzw. Bestellungen geschlossen und nach Aufwand ver-
gütet werden.
Ergebnisse der Fallstudien 239
Cautio ist ein führendes Unternehmen aus dem Bereich des Anlagenbaus für Sicher-
heitssysteme, das Objektschutz, Zugangskontrollsysteme und Einbruchsschutz für
Gebäude anbietet. Zum Leistungsportfolio gehören die Entwicklung entsprechender,
kundenspezifisch angepasster Anlagen auf Basis relativ generischer Teilsysteme, die
Wartung und der Betrieb der Anlagen sowie bei Bedarf die Bereitstellung von Wach-
schutzpersonal. Insbesondere für die zugelieferten Teilsysteme sowie das Wach-
schutzpersonal wird umfassend auf externe Lieferanten und Anbieter zurückgegriffen.
Cautio selbst integriert die Teilsysteme zu der vom Abnehmer gewünschten Anlage,
nutzt dabei jedoch auch selbst hergestellte Komponenten.
Das Unternehmen bietet sein gesamtes Leistungsspektrum ggf. auch integriert im
Rahmen von Betreibermodellen an, bei denen Kunden grundsätzlich ein gewünsch-
tes Sicherheitsniveau spezifizieren, das Cautio in eine kosten-/leistungsoptimale Lö-
sung überträgt.
Im Rahmen einer Vertragslösung, die üblicherweise auf zehn Jahre ausgerichtet ist,
garantiert das Unternehmen z. B. die Zugangskontrolle zu Gebäuden oder Standor-
ten eines Abnehmers. Während die Vergütung mit monatlich fixen Raten lediglich
bedingt leistungsvariabel ist, ist die Ergebnisorientierung im Verständnis von PBC
besonders ausgeprägt: sollte die technische Lösung der Cautio-Zugangskontrolle
ausfallen, ist das Unternehmen verpflichtet, diese ggf. durch Bereitstellung von
Wachschutzpersonal so lange auf eigene Kosten sicherzustellen, bis die technische
Lösung wieder funktioniert. Als großer Vorteil für den Kunden wird die Risikoabgabe
für den betrieblichen Teilbereich der Zugangssicherheit bei gleichzeitiger Planungs-
sicherheit durch die Cautio-Leistungsgarantie gesehen. Inwieweit hierfür Lieferanten
eine Rolle spielen, ergibt der nächste Unterabschnitt.
Lieferanteneinbindung in PBC
Wie bereits skizziert, nutzt Cautio Lieferanten sowohl für spezifische als auch für
Standardmarktleistungen. Während man grundsätzlich in beiden Feldern um langfris-
tige Beziehungen bemüht ist, legt man darauf eher für Lieferanten spezifischer, ggf.
neu zu entwickelnder Produkte besonderen Wert. Hier wird dann versucht, durch
cross-funktionale Integration, ggf. auch durch gemeinsame Entwicklung, eine ver-
trauensvolle Beziehung aufzubauen. Dazu gehört auch, dass Lerneffekte über die
Lebensdauer aktiv an die Lieferanten weitergegeben und zu Produktoptimierungen
genutzt werden. Hier soll ganz bewusst die durch das Betreibermodell entstehende
Nähe zur Produktnutzung als Optimierungs- und Innovationsquelle genutzt werden.
Ferner wird die Finanzierung eindeutig als Aufgabe des Betreibers gesehen, um die
Lieferanten von den daraus entstehenden Verpflichtungen und Risiken freizuhalten.
242 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Ein interessanter Aspekte im Sinne der Anreizangleichung besteht darin, dass Cautio
in einigen Fällen auch ohne entsprechende vertragliche Regelungen Leistungsprä-
mien an Lieferanten ausgezahlt hat, wenn bestimmte Leistungen besonders erfolg-
reich erbracht wurden, z. B. sehr geringe Ausfallzeiten bei Komponenten.
Ansatzpunkte für PBC-Lieferantenmanagement
Trotz des Verzichts auf Einbindung der Lieferanten in PBC-Modalitäten spielt die Be-
schaffungsfunktion eine wichtige Rolle für die Entwicklung von Betreibermodellen; sie
ist bereits in den frühen Phasen eingebunden. Zunächst wird, unter Nutzung des
vorhandenen Erfahrungsschatzes, die „Make-or-Buy“-Frage beantwortet, also inwie-
weit benötigte Teile und Leistungen selbst erbracht oder auf den Beschaffungsmärk-
ten vorhandene oder zu entwickelnde Teile fremdbezogen werden sollen. Die im An-
schluss im Rahmen der Beschaffungsmarktforschung eingeholten Preisindikationen
gehen dann direkt in die Kalkulation des Kundenangebots ein. Sollte Cautio den Zu-
schlag für ein Betreibermodell erhalten, kann auf die bereits vorausgewählten Liefe-
ranten und deren Konditionen in einer Datenbank zurückgegriffen werden.
Sobald ein Lieferant unter Vertrag steht, wird er regelmäßigen Lieferantenbewertun-
gen unterzogen, die sowohl die unmittelbare Leistung (z. B. Qualität zugelieferter
Teile) als auch Nebenaspekte (z. B. Serviceorientierung, Erreichbarkeit) umfassen.
Diese Erkenntnisse werden ebenfalls in einer Datenbank gesammelt; allerdings exis-
tieren keine formalen Prozesse zum Umgang mit den Ergebnissen. Sind die Leistun-
gen eines Lieferanten nicht ausreichend, liegt es im Ermessen des jeweiligen Be-
schaffers, in Abstimmung mit dem internen Kunden, z. B. Manager eines Betreiber-
modells, Konsequenzen aus den Lieferantenleistungen zu ziehen. Die Beschaffung
agiert hier mithin unabhängig von dem für PBC-Betreibermodelle zuständigen Ge-
schäftsbereich; eine formale Integration der Beschaffung bzw. einzelner Beschaf-
fungsmitarbeiter ist nicht vorgesehen.
Somit kann man zusammenfassen, dass Cautio zwar Lieferanten durchaus als wich-
tige Ressourcen für die Betreibermodelle sieht und entsprechend langfristige, ver-
trauensvolle Beziehungen anstrebt. Nichtsdestotrotz wird den Lieferanten in PBC-
Betreibermodellen keine spezifische Rolle zugedacht.
4.3.8 Fallstudie „Machinator“
Unternehmenshintergrund und PBC-Angebote
Durch die Vielseitigkeit der von Machinator betriebenen PBC-Lösungen existiert auch
eine Vielzahl von Einbindungsvarianten für die Lieferanten.
Für Hilfsstofflieferanten, die dem Anlagenbetrieb direkt zuliefern, besteht weder über
Vergütung noch über Ergebnisorientierung eine PBC-Einbindung. Bezahlt wird nach
der spezifiziert gelieferten Menge. Meistens werden die Lieferanten noch nicht ein-
mal vom Anbieter selbst ausgesucht, sondern von dessen Abnehmer, da diese über
mehr Beschaffungsmacht verfügen. Ähnlich werden auch Zeitarbeitsanbieter, die
Betriebspersonal bereitstellen, nach Aufwand bezahlt. Beides entspricht nicht den
PBC-Charakteristika.
Aber auch für die Lieferanten, die Bauteile (Subsysteme, Module, Komponenten) für
die Produktionsanlagen liefern, erfolgt die Vergütung nach aufwandsbezogenen An-
gebotspreisen sowohl bei Erstproduktion der Anlagen als auch bei Bedarf an Er-
satzteilen entlang des Lebenszyklus. Die Spezifikation der Bauteile erfolgt zwar nicht
nach Ergebnis, wurde aber von Machinator als „funktional“ beschrieben. Demnach
wird es dem Lieferanten nach bestimmten Rahmenvorgaben überlassen, wie er sie
erfüllt.
Im Weiteren sieht Machinator auch keine Veranlassung, Lieferanten gezielt in die
PBC-Spezifika einzubinden. Es sei nicht sinnvoll, die Risiken des und die Kontrolle
über die PBC-Betreibermodelle an die Lieferanten weiterzugeben. Es wurde klar
formuliert, dass die Kontrolle aller Eventualitäten durch Machinator selbst als Grund-
244 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Obwohl Lieferanten von Machinator nicht in PBC eingebunden werden, erkennt das
Unternehmen an, dass die Lieferantenbeziehungen besonders zu adressieren sind.
Zunächst liegt dies an der Langfristigkeit, mit der Betreibermodelle konzipiert werden
die Laufzeiten liegen zumeist bei über zehn Jahren. Viele Lieferanten werden zu-
dem bei entsprechender Leistung in verschiedenen Betreibermodellen wiederholt
eingesetzt. So ergeben sich auch Möglichkeiten, persönliche, vertrauensbasierte Be-
ziehungen aufzubauen. Gleichzeitig werden gegenseitiges Engagement und Flexibili-
tät gefördert.983
Weiterhin wurde in den Interviews betont, dass Machinator eine offene Kommunika-
tion mit den Lieferanten anstrebt, selbst im Auswahlprozess wie genau sich diese
gestaltet, ergibt sich aus dem nächsten Unterabschnitt.
Ansatzpunkte für PBC-Lieferantenmanagement
Machinator setzt ein spezifisches Tool für die Lieferantenauswahl ein, den sogenann-
ten „Supplier Comparison Factor“. Hier erhält im Auswahlverfahren jeder Lieferant je
nach Angebotsqualität eine Punktzahl, die dann je nach den vorherigen Erfahrungen
mit dem Lieferanten mit einem Bonus oder Malus (der vorab fixiert und den jeweili-
gen Lieferanten mitgeteilt wurde) belegt wird. Lieferanten mit durchgängig hoher
Qualität haben einen messbaren Vorteil. Machinator bezeichnete den Vergleichsfak-
tor als eine Quantifizierung von erworbenem Vertrauen. Auch die Tatsache, dass der
Faktor vorab offen kommuniziert wird, soll dabei zu einer vertrauensvollen Beziehung
beitragen. Allerdings wird eine regelmäßige, konsistente Lieferantenbewertung als
Grundvoraussetzung für einen aussagekräftigen Vergleich gesehen, da nur so ver-
lässliche und objektive Entscheidungen möglich sind.
Eine weitere Besonderheit des Lieferantenmanagements bei Machinator bildet die
Organisation der Beschaffungsfunktion. Während operative Einkaufsaufgaben sowie
Rahmenbedingungen wie Richtlinien, IT-Systeme etc. durch eine zentrale Einkaufs-
abteilung erbracht werden, existiert daneben auch ein Beschaffungsteam, das direkt
in der Geschäftseinheit der PBC-Betreibermodelle angesiedelt ist. Dort ist es v. a. für
983
Für Machinator bedeutet dies z. B., dass in Ausnahmefällen auch Leistungen erbracht werden,
die nicht direkt von einem Vertrag geregelt werden, etwa beschleunigte Ersatzteillieferung.
Ergebnisse der Fallstudien 245
das Management der Lieferantenbeziehungen zuständig. Als Grund hierfür wurde die
Spezifität der betreibermodellspezifischen gegenüber den üblichen Beschaffungs-
aufgaben genannt.
Somit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass Machinator zwar Lieferanten
nicht direkt in PBC einbindet, aber dennoch gezielte Ansätze für deren Management
im Rahmen von PBC-Modellen einsetzt.
4.3.9 Fallstudie „Ferrivia“
Kernfähigkeit von Ferrivia ist, wie bereits erwähnt, die Koordination eines Leistungs-
netzwerks. Die Güter (Lokomotiven, Züge, Waggons...) werden direkt bei deren Her-
stellern beschafft. Obwohl Letztere in der Lage wären, umfassende Dienstleistungen,
v. a. im Bereich MRO, zu erbringen und dabei auch über PBC-ähnliche Konzepte
246 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
984
Dies belegt auch folgende Interviewaussage: „Wir sind in einem relativ kleinen Markt, da kennt
man sich. Zudem sind wir neben den ehemaligen Staatsbahnen der größte Kunde der meisten
Lieferanten – und werden entsprechend als Geschäftspartner geschätzt.“
248 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
Für den Großteil des Lieferanten- und Dienstleisternetzwerks gilt, dass Sapo hier
keine PBC-ähnlichen Aspekte weitergibt bzw. in diese einbindet. Bei Gütern und den
meisten Dienstleistungen existieren fest vereinbarte, nutzungs- bzw. ergebnisunab-
hängige Preise. Im Textilbereich sind zwar Pönalien für schlechte Qualität üblich,
allerdings auf Basis klarer technischer Spezifikationen. Somit trifft hier weder die Er-
gebnisorientierung noch eine leistungsbezogene Vergütung zu. Die Präferenz hierfür
wurde auch in den Gesprächen klar betont eine Weitergabe der Ergebniserwartung
an die Lieferanten und Dienstleister sei aus Sicht von Sapo schlicht nicht sinnvoll, da
zu kleinteilig. Die PBC-spezifischen Risiken werden folglich „hingenommen“ und
durch eigene Maßnahmen, z. B. gezielte Lieferantenauswahl, Qualitätssicherung
oder eigene Ressourcen für den („MRO“-)Kundendienst, zu reduzieren versucht.
Ergebnisse der Fallstudien 249
Gerade für den Bereich „Berufsleidung“ betonte Sapo die Notwendigkeit langfristiger
Lieferantenbeziehungen, da Kunden im Bereich Berufskleidung häufig über Jahr-
zehnte hinweg die gleichen Produktkollektionen nutzen und Lieferanten entspre-
chend lang lieferfähig sein müssen. Das führt auch dazu, dass die Anzahl der tat-
sächlich infrage kommenden Lieferanten relativ begrenzt ist, obwohl z. B. im Textil-
bereich generell eine Vielzahl potenzieller Lieferanten weltweit zur Verfügung steht.
Gleichzeitig wurde Lieferantenmacht nicht als ein für Sapo kritisches Thema gesehen.
Zwar werden Lieferanten primär nach Kostengesichtspunkten ausgewählt, dennoch
verfolgt das Unternehmen einen partnerschaftlichen Ansatz, sodass z. B. bei Prob-
lemen in der Produktqualität versucht wird, gemeinsam und ohne Anwendung evtl.
vereinbarter Vertragsstrafen Lösungen zu entwickeln. Auch wenn in der Lieferanten-
auswahl die prognostizierten Lebenszykluskosten eine wichtige Rolle spielen, wer-
den die Qualität und bereits vorhandene Erfahrungen umfassend berücksichtigt und
ggf. etwas höherpreisige, indes bewährte Lieferanten bevorzugt. Auch hier wurde
wieder das Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit betont, die nur möglich
ist, wenn Sapo den Lieferanten „angemessene“ Preise zahlt.
Ansatzpunkte für PBC-Lieferantenmanagement
wenn er aufgrund vorheriger Erfahrungen einen höheren Preis bei einem anderen,
bewährten Lieferanten akzeptiert.
So bleibt in der Zusammenfassung zunächst festzustellen, dass PBC-ähnliche Kon-
zepte nicht ausschließlich für komplexe Systeme zum Einsatz kommen müssen. Bei
der Einbindung in die PBC-Aspekte offenbarte sich gleichwohl, dass Sapo keine Ein-
bindung der Lieferanten anstrebt, was im Wesentlichen auf die Produktspezifika (Ge-
ringwertigkeit) zurückgeführt wurde. Dennoch wurden partnerschaftliche und v. a.
langfristige Beziehungen als gängiger Ansatz angegeben.
4.4 Zusammenfassende Betrachtung der empirischen Untersuchung
Nachstehend werden die Ergebnisse aus den Fallstudien anhand wesentlicher Aus-
sagen tabellarisch zusammengefasst und fallübergreifende Muster abgeleitet. Die
Tabellen orientierten sich dabei an den vier Kerndimensionen der Fallstudiendarstel-
lung. Die Diskussion dieser Ergebnisse erfolgt dann mit Bezug zur bereits vorhande-
nen Literatur zu Beginn des nächsten Kapitels.
Fall- Kernleistung PBC- PBC-
bezeichnung Ergebnisindikator Leistungsvergütung
Aeronavis funktionsfähiges Anzahl Flugstunden Fixpreis je Flugstunde
Gesamtsystem
Mechanicus funktionsfähiges Anzahl Flugstunden Fixpreis je Flugstunde
kritisches Subsys-
tem
Turbineus funktionsfähige(s) Anzahl Flugstunden Fixpreis je Flugstunde
kritisches Subsys-
tem und Module
Volatus funktionsfähiges Anzahl Flugstunden Fixpreis je Flugstunde
kritisches Subsys-
tem
Milvus funktionsfähiges Anzahl Flugstunden Fixpreis je Flugstunde
Gesamtsystem
Defensio Ersatzteilversor- Leistungskennzahl Kostenzuschlagspreis
gung Gesamt- (%) mit erfolgsvariablem
system Gewinnanteil
Cautio funktionsfähiges Verfügbarkeits- Fixpreis pro Abrech-
Gesamtsystem garantie nungsperiode
Machinator funktionsfähiges Anzahl produzierter Fixpreis je Produkti-
Gesamtsystem Einheiten onseinheit
Ferrivia funktionsfähiges Nutzung (km) bei fixer Grundpreis pro
Gesamtsystem garantierter Verfüg- Abrechnungsperiode
barkeit zzgl. fixem Nutzungs-
entgelt pro km
Sapo Full Service Nutzungseinheiten Fixpreis je Nutzungs-
einheit
Tabelle 16: PBC-Angebote der Fallstudienunternehmen
Zusammenfassende Betrachtung der empirischen Untersuchung 251
Informationsbereit-
stellung
Volatus Partnermanager als besondere Fähigkei-
langfristige Liefe- ten der Partnerma-
rantenmanager nager entwickeln
Milvus enge Integration langfristige Beschaf-
von Serien- und fungsmarktstrategie
MRO-Beschaffung
Defensio PBC-Supply Man-
agement Team
Cautio Beantwortung Datenbank für Liefe-
„Make-or-Buy“- rantenbewertung
Frage je Vertrag;
frühzeitige Einbin-
dung von Lieferan-
ten
254 Empirische Untersuchung zu PBC SRM
985
Vgl. u. a. Freiling (2004), S. 682, Sols et al. (2007), S. 40, oder Weddeling (2010), S. 17.
986
Dies steht im Gegensatz zu Aussagen von Freiling (2004), S. 685, Meier (2004a), S. 395, oder
Belz/ Wuensche (2007), S. 3.
987
In der Literatur dagegen wird überwiegend auf Gesamtsystemebene argumentiert, vgl. Randall et
al. (2010), S. 35; es existieren indes auch anderslautende Ansichten, vgl. Beggs et al. (2006),
Gruneberg et al. (2007), S. 691, sowie Driouchi et al. (2009), S. 8.
Auch wurde in Unterabschnitt 2.3.1.3 definiert, dass PBC einen Güteranteil in Form
eines (komplexen) Investitionsgutes enthält. Die Fallstudien haben dies zwar über-
wiegend bestätigt, allerdings weicht hier der Sapo-Fall ab, da hier nicht komplexe
Investitionsgüter, sondern überwiegend langlebige Textilien den Güteranteil darstel-
len. Daher sollten entweder zukünftige PBC-Definition weiter gefasst oder aber eine
genauere Abgrenzung von PBC-Gütern vorgenommen werden. Dieser Aspekt betrifft
zudem die grundlegende Abgrenzungsproblematik von Dienstleistungen und Gütern,
die in Kapitel 2 umfassend behandelt wurde.988
Ein wesentlicher Treiber, der zu PBC geführt hat, war die Anreizfehlstellung in traditi-
onellen Investitionsgüter- bzw. MRO-Verträgen. 989 Statt Investitionsgut und nut-
zungsbedingte Dienstleistungen separat zu beschaffen, werden diese in PBC zu-
sammengefasst. Hieraus ergibt sich jedoch, dass der Anbieter häufig ein hohes Fi-
nanzierungsrisiko übernehmen muss, was fallweise einen Grund zum Nichtanbieten
verkörpert.990
Die Fallbeispiele (z. B. Mechanicus) ergeben immerhin, dass es auch denkbar ist, die
Erstbeschaffung eines Investitionsgutes weiterhin dem Abnehmer zu überlassen und
nur die lebenszyklusbegleitenden Leistungen wie MRO nach PBC-Aspekten zu re-
geln.991 Gerade bei stark abnehmerspezifischen Leistungsbündeln wäre so ein we-
sentliches PBC-Anbieterrisiko adressiert, wenn auch die Entlastung des Abnehmers
nicht ganz so umfangreich ausfällt wie bei vollumfänglichen PBC-Angeboten. Dies ist
dementsprechend sinnvoll, wenn die Risikokosten bei Abnehmer niedriger ausfallen
als bei der Risikoübernahme durch den Anbieter.992
Beleuchtet man abschließend für den Bereich der PBC-Angebote die Kernaspekte
der Ergebnisorientierung und Leistungsvergütung, so ergibt sich ein relativ einheitli-
ches Bild. Als Ergebnisindikator werden überwiegend Nutzungsgrößen herangezo-
gen (Aeronavis, Sapo, Volatus, Milvus, Turbineus, Mechanicus, Ferrivia), aber auch
solche zur Verfügbarkeit (Cautio, Ferrivia, ähnlich Defensio) oder zum Ergebnis
988
Stellvertretend seien hier die Arbeiten von Zeithaml (1981) sowie Vargo und Lusch (2004, 2006
etc.) für die SDL genannt.
989
Vgl. u. a. Mahon (2007), S. 55, Tysseland (2008), S. 366, oder Hypko et al. (2010a), S. 471 f.
990
Vgl. Freiling (2003), S. 32.
991
Dies würde der z. B. von Sols et al. (2007), S. 40, oder Randall et al. (2010), S. 35, formulierten
PBC-Definition folgen, die sich explizit auf „System sustainment“, also Erhalt des beschafften
Systems, bezieht. Vgl. im Gegensatz hierzu die angenommene Verknüpfung von Erstbeschaf-
fung und MRO-Dienstleistungen in PBC Berkowitz et al. (2004), S. 256.
992
Vgl. Norrman (2008), S. 383.
Diskussion der Fallstudienergebnisse 257
selbst (Machinator). 993 Dies bestätigt zunächst die bereits geäußerte These, dass
PBC-Leistungsbündel nicht zwingend hochspezifisch sein müssen.
Weiterhin lassen sich einige industrielle Schwerpunkte erkennen, so z. B. die Domi-
nanz nutzungsorientierter PSS im Luftfahrtbereich. Das deckt sich auch mit der vor-
handenen Literatur. 994 Das Angebot von Machinator dagegen ist als „Pay-on-
Production“-Konzept durchaus typisch für die Anlagenbauindustrie.995
Bei den in den Fallstudien angewandten PBC-Vergütungsmechanismen dominieren
eindeutig fixe Preise für PBC-Leistungseinheiten, mithin bspw. Flugstunden für nut-
zungsorientierte oder produzierte Einheiten für ergebnisorientierte PBC (Aeronavis,
Sapo, Volatus, Milvus, Turbineus, Mechanicus bzw. Machinator). In der Literatur
werden dagegen „zusätzliche Anreizprämien“(„Incentives“) wiederholt als wesentli-
cher Bestandteil von PBC bzw. dessen Vergütungsoptionen angesehen. 996 Dies
wurde durch den Großteil der Fallstudien widerlegt: zwar wird in der Literatur emp-
fohlen, PBC-Vergütungsmechanismen situativ bzw. mit Bezug zur Lebenszykluspha-
se des kontrahierten Investitionsgutes anzuwenden. 997 Die befragten Unternehmen
nutzen jedoch größtenteils nur einen Vergütungsmechanismus, und zwar unabhän-
gig von situativen Faktoren.
Als Ausnahme hierzu kann der Vergütungsmechanismus des Defensio-Falles gelten.
Hier könnten Besonderheiten der Rüstungsindustrie wie der sehr begrenzte Markt
und/oder die besondere Komplexität der gehandelten Güter als Risikotreiber gese-
hen werden, für die Anreizprämien als Kompensation vorhanden sein müssen, um
auch die Anbieter zu einem PBC-Angebot zu bewegen.998
Zu hinterfragen sind ebenfalls die Vergütungsmechanismen der Fälle Ferrivia und
Cautio. Im ersten Fall wird eine Kilometerleistung bei garantierter Verfügbarkeit ge-
leistet. Dies weist eine relativ hohe Ähnlichkeit mit Leasing-Konzepten auf, da auch
diese nach ähnlichen Kennzahlen angelegt sein können. Ähnliches gilt für die Ver-
fügbarkeitsgarantie von Cautio, die mit einem monatlichen Fixpreis vergütet wird.
Eine periodenbezogene Vergütung ist zwar auch für PBC denkbar, allerdings ver-
993
Siehe die entsprechende Einteilung in Abschnitt 2.3.2 sowie ergänzend Tukker (2004), S. 248,
und Glas (2012), S. 49.
994
Gleichwohl wird aufgrund des geringen Untersuchungsumfangs hierbei nur von Indikationen aus-
gegangen; eine verlässliche Schlussfolgerung würde eine breitere empirische Basis erfordern.
Zum Aspekt der Luftfahrt vgl. Hypko et al. (2010b), S. 648.
995
Vgl. Mast (2004), S. 19.
996
Vgl. Defense Acquisition University (2005), S. 3–25, Geary/ Vitasek (2008), S. 64, sowie Hughes
et al. (2011), S. 64.
997
Vgl. Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 729.
998
Zu den Besonderheiten des Rüstungsmarktes siehe Abschnitt 5.2.1 und vgl. spezifisch Hartley
(1998), S. 58, oder Trybus (1999), S. 24. Für den Zusammenhang von Risiko und Vergütung vgl.
außerdem Gruneberg et al. (2007), S. 692.
258 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
wischt hier die Grenze zu traditionellen Leasing- bzw. Mietkonzepten.999 Wichtig ist
hier stets der Grad der Ergebnisorientierung in Kombination mit dem Aspekt der Leis-
tungsvergütung. Diese Abgrenzung soll jedoch aufgrund der Ausrichtung dieser Ar-
beit nicht weiter verfolgt werden; sie wird als Ansatzpunkt für tiefer gehende For-
schungsarbeiten vorgeschlagen.
5.1.2 Reflexion der Lieferanteneinbindung und Beziehungsgestaltung durch PBC-
Anbieter
Den zentralen Aspekt bei der Untersuchung der PBC-Anbieter-Lieferanten-
Beziehungen bildet die Frage, inwieweit sich die Besonderheiten des Konzepts da-
rauf auswirken. Die Einbindung in die konzeptionellen Besonderheiten ist dabei ein
wichtiger Prüfaspekt. Allerdings hat sich gezeigt, dass dieser Ansatz von den PBC-
Anbietern bisher kaum verfolgt wird.
Die meisten Anbieter verfolgen die Einbindung der Lieferanten in die PBC-
Charakteristika nicht (Turbineus) oder nur sehr bedingt, indem z. B. funktionale Spe-
zifikationen oder SLAs genutzt werden (Cautio, Sapo, Machinator, Ferrivia). Nichts-
destotrotz beziehen sich diese funktionalen Spezifikationen auf physische Güter und
nicht auf deren transaktionsübergreifenden Nutzen; außerdem werden diese in kei-
nem Fall leistungsorientiert vergütet. Insofern kann hier nicht von einer PBC-artigen
Einbindung gesprochen werden.
In anderen Fällen (Aeronavis, Defensio) wurde von den befragten Unternehmen
zeitweise versucht, eine PBC-artige Einbindung der Lieferanten umzusetzen, einer-
seits direkt, also durch Weitergabe des abnehmerseitigen Ergebnisindikators mit
dem gleichen Vergütungsmechanismus. Im anderen Fall wurde eine indirekte Wei-
tergabe praktiziert, d. h., die Einbindung erfolgte durch einen angepassten Ergebnis-
indikator und veränderte Vergütungsmechanismen (hier Verzicht auf Weitergabe der
Anreizprämien). 1000 Allerdings hat man die PBC-Einbindung nach einiger Zeit zu-
gunsten traditioneller Vertragsmechanismen aufgegeben.
Die folgende Abbildung veranschaulicht zusammenfassend eine indikative Einord-
nung der Fälle in eine Matrix vom Grad der Ergebnisorientierung und der Leistungs-
vergütung als zentrale PBC-Charakteristika:
999
Zur Möglichkeit der periodenbezogenen Abrechnung in PBC vgl. Kleikamp (2002), S. 149, zu
Leasing außerdem Burt et al. (2010), S. 187 ff., oder Lysons/ Farrington (2012), S. 452 f.
1000
Zur Einbindung vgl. auch Ng/ Nudurupati (2010), S. 665 f., kritischer auch Hobday et al. (2005), S.
1138.
Diskussion der Fallstudienergebnisse 259
Vollständig
Milvus
(Kritische Subsysteme)
Mechanicus
(Vendoren)
Volatus
Ergebnisorientierung
(Partner)
Mechanicus
Cautio
Machinator
Aeronavis
Volatus Milvus
Sapo
Turbineus
Ferrivia
Keine
Defensio
Keine Vollständig
Leistungsvergütung
Abb. 28: Fallstudienergebnisse zur PBC-Lieferanteneinbindung
Sowohl für den generellen Verzicht als auch für die nachträgliche Aufgabe der PBC-
Einbindung wurden ähnliche Gründe angegeben. Der am meisten genannte Grund
waren die von den Lieferanten angesetzten Risikozuschläge für den Fall einer Ein-
bindung (Aeronavis, Defensio, Turbineus).1001 Die hohen Unsicherheiten sowie der
Verlust des direkten Abnehmerkontaktes waren hier die von den Interviewpartnern
angenommenen Gründe. 1002 Ähnlich wurde auch in anderen Fällen die fehlende
Transparenz zwischen Abnehmer (als Nutzer) und Lieferanten bzw. der fehlende In-
formationsaustausch zwischen diesen genannt (Machinator, Milvus, Mechanicus).
Dies bestätigt die Annahme der hohen Bedeutung von Informationsaustausch als
Ergebnis der in Abschnitt 3.2.3 vorgenommenen Analyse aus Sicht der Coordination
Theory. 1003 Diese sowie die informationsökonomische Untersuchung schlugen als
Lösungsmechanismen die Interessensangleichung (im Rahmen kooperativer Bezie-
1001
Vgl. Seshadri (2005), S. 98.
1002
Zum Widerstand von Lieferanten gegen PSS aufgrund des potenziellen Verlustes des Kunden-
kontaktes Davies (2004), S. 740.
1003
Vgl. Gittell (2012), S. 402.
260 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
hungen) vor.1004 Offenbar nutzen die Unternehmen folglich die Instrumente zum Auf-
bau und zur Steuerung kooperativer Lieferantenbeziehungen nur unzureichend.
Stattdessen setzen Anbieterunternehmen auf „interne“ Risikomanagementstrategien
wie Übernahme und Reduktion. Externe Absicherungen über Versicherungslösungen
spielten dagegen ebenso wie Verringerung der Eintrittswahrscheinlichkeit (z. B.
durch Produktverbesserungen zur Reduktion von Ausfallraten) eine geringe Rolle. 1005
Dabei wurden bei der Frage nach besonderen Elementen in den PBC-Anbieter-
Lieferanten-Beziehungen durchaus solche genannt, die kooperativen Beziehungen
zugeschrieben werden. 1006 Dies betrifft v. a. eine langfristige Orientierung (Cautio,
Sapo, Volatus, Machinator), Gegenseitigkeit und Anstreben einer ausgeglichenen
Risiko-Anreiz-Aufteilung (Cautio, Volatus, Machinator, Milvus, Turbineus, Mechani-
cus), Vertrauen und persönliche Beziehungen (Machinator, Milvus, Turbineus, Ferri-
via), (vertragliche) Flexibilität (Volatus, Machinator, Milvus, Turbineus) oder intensive
Kommunikation (Machinator, Milvus, Mechanicus). All dies spricht eigentlich für ko-
operative Beziehungen. Lediglich in relativ wenigen Fällen wurden fehlendes Ver-
trauen und Machtungleichgewicht als Gründe für eine nicht funktionierende PBC-
Einbindung genannt (Aeronavis, Defensio, Turbineus, Mechanicus).
Deshalb und aufgrund der geringen Einbindung von Lieferanten in die PBC-
Charakteristika generell ist zu bezweifeln, ob die Beziehungen tatsächlich vollum-
fänglich kooperativ sind, so wie in den Fallstudieninterviews überwiegend dargestellt
und auch aus der konzeptionellen Analyse dieser Arbeit heraus empfohlen.1007 Gera-
de die für kooperative (PBC-)Beziehungen so wichtige Ziel- bzw. Interessensanglei-
chung kann ohne eine Einbindung in die Ergebnisorientierung und Leistungsvergü-
tung von PBC kaum erreicht werden.1008 Dafür spricht ferner, dass in einigen Fällen
Eigeninteressen (Cautio, Machinator, Ferrivia) oder gegenläufige Lieferanteninteres-
sen (Defensio, Turbineus) als Grund für eine Nichteinbindung der Lieferanten ge-
nannt wurden.
Zuletzt wurde der hohe Koordinationsaufwand für eine PBC-Einbindung, z. B. die
aufwendige Zurechnung der von den Lieferanten erbrachten Leistungen und den
1004
Ausführlich hierzu siehe Abschnitt 3.3.2.
1005
Zu diesen Grundtypen von Risikostrategien vgl. Koppelmann (2004), S. 412 ff., ergänzend Eberle
(2005), S. 52 bzw. 170.
1006
Siehe hierzu Unterabschnitt 3.1.3.5, für eine Übersicht auch Wilson (1995), S. 337, oder Ng
(2012), S. 164.
1007
Die Kritik, dass der Kooperationsgrad von Beziehungen von den beteiligten Unternehmen oft ab-
weichend beurteilt wird, findet sich u. a. bei Bensaou (1999), oder McIvor/ MacHugh (2006), S. 16.
1008
Zur Bedeutung der Interessens- bzw. Anreizangleichung allgemein vgl. Lee (2004), S. 105, spe-
ziell für PBC außerdem Geary/ Vitasek (2008), S. 33. Die Vergütung ist hierbei ein wichtiges In-
strument der Angleichung, vgl. Reiß/ Präuer (2003), S. 31, oder Randall et al. (2011), S. 341.
Diskussion der Fallstudienergebnisse 261
1009
Vgl. zum Aspekt der Koordinationskosten allgemein Malone (1987), S. 1324, zu deren Reduktion
durch kooperative Beziehungen vgl. Gittell (2000), S. 534. Siehe hierzu auch Unterabschnitt
3.2.2.5, spezifischer für PBC auch Roehrich/ Lewis (2010), S. 1157.
1010
Zum Aufwand für Beziehungspflege allgemein vgl. exemplarisch Claro/ Claro (2010), S. 221, zur
Notwendigkeit der Differenzierung Carr/ Pearson (1999), S. 500, oder Gadde/ Shehota (2000), S.
315.
1011
Vgl. Bensaou (1999), oder McIvor/ MacHugh (2006), S. 16.
1012
Vgl. Cousins (2002), S. 71.
262 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1013
Vgl. Rosetti/ Choi (2005), S. 46, und Rosetti/ Choi (2008), S. 511.
1014
Vgl. Geary/ Vitasek (2008), S. 33, zu den Optimierungsanreizen in PBC vgl. Hypko et al. (2010a),
S. 471 f., oder Ng/ Nudurupati (2010), S. 664.
1015
Vgl. Zuther (2002), S. 144, bzw. Monczka et al. (1993), S. 49.
Diskussion der Fallstudienergebnisse 263
lue“ oder des „Total Value of Ownership“ herangezogen, die ebenfalls bereits in der
konzeptionellen Analyse hierfür vorgeschlagen wurden.1016
Die Ansätze, strukturierte Kommunikationsprogramme für die Informationsweitergabe
und risikomindernde Vertragsbestandteile wie Abnahmegarantien zu entwickeln
(Turbineus), können als zentraler Beitrag zur Unsicherheitsreduktion aufseiten der
PBC-Lieferanten gesehen werden und damit ein gemäß der Fallstudien wesentliches
Problem zur PBC-artigen Lieferanteneinbindung lösen.1017 Sie nehmen Gestaltungs-
ansätze der informationsökonomischen sowie Coordination-Theory-Analyse auf und
können dabei auf konzeptionelle Grundlagen zu „Risk Sharing“-Verträgen zurückgrei-
fen.1018 Diese besagen, dass vorhandene Risiken nicht einseitig weitergegeben, son-
dern aufgeteilt werden sollten.
Ebenfalls aus dem Turbineus-Fall stammt die Empfehlung, die PBC-Lieferantenbasis
entsprechend ihrer Bedarfshäufigkeit und Wertanteile in verschiedene Gruppen auf-
zuteilen und die Einbindung in die PBC-Charakteristika daran auszurichten. Hierbei
wurde ein klarer Bezug zu existierenden Strukturierungsansätzen, genauer der ABC-
Analyse der Beschaffung, hergestellt.1019
5.1.3.2 Organisatorisch-strukturelle Empfehlungen der Fallstudien für ein PBC SRM
Dass das Lieferantenmanagement in PBC im Rahmen einer strategischen Beschaf-
fung auch bestimmte Ressourcenanforderungen stellt, wurde konzeptionell bereits in
3.1.2.4 erläutert. Daran angelehnt, lässt sich bez. der cross-funktionalen Ausrichtung
auch ein Gestaltungsansatz für die PBC-Beschaffung erkennen, der in den Fallstu-
dien mehrfach aufgegriffen wurde. Die Vorschläge sahen eine stärkere Zusammen-
führung der Bereiche für die Beschaffung von Leistungen für eine initiale Herstellung
des Güteranteils in Leistungsbündeln sowie des Bereichs für die Beschaffung ent-
lang des Lebenszyklus („MRO“ bzw. „After Sales“) vor.
Auf prozessorganisatorischer Ebene wurde dabei eine Stärkung des Austauschs
zwischen der Produktions- und der Lebenszyklusbeschaffung im Rahmen gemein-
samer Planungsgespräche, Lieferantenmanagementaktivitäten o. Ä. vorgebracht
(Milvus). Eine stärkere Institutionalisierung sieht dagegen der Ansatz vor, die Zu-
sammenführung der Beschaffung in Form dezidierter Organisationseinheiten vorzu-
nehmen. Diese Einheiten könnten dann entweder als eigener Bereich innerhalb einer
1016
Vgl. Wouters et al. (2005), S. 186, ähnlich Glas et al. (2012), S. 5.
1017
Vgl. Cox et al. (2003), S. 143, Naranayan/ Raman (2004), S. 97, sowie Seshadri (2005), S. 35
bzw. 77, speziell zu den Kommunikationsprogrammen Bales et al. (2004), S. 253.
1018
Vgl. Zsidisin/ Ellram (2003), S. 25, bzw. Malone/ Crowston (1994), S. 93, sowie Norrman (2008),
S. 383 f.
1019
Vgl. Flores/ Whybark (1986), S. 39, erläuternd zudem Gelderman/ van Weele (2005), S. 21.
264 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1020
Vgl. Davies et al. (2006), S. 43, Tuli et al. (2007), S. 8, ebenso Johnstone et al. (2009), S. 531,
bzw. Dobler/ Burt (1996), S. 10 f., Burt et al. (2010), S. 34 f., und van Weele (2010), S. 70.
1021
Eine ähnliche Funktion, den „Supply Manager“, schlagen Lysons/ Farrington (2012), S. 169 f. vor,
ähnlich Mühlmeyer/ Belz (2003), S. 585, das „Key Supplier Management“; ebenso wird allgemei-
ner das Lieferantenmanagement als Hauptaufgabe der Beschaffung angesehen, vgl. exempla-
risch Ellram (1991a), S. 6. Auch hier sei noch einmal auf die in Unterabschnitt 3.1.2.4 erarbeite-
ten Grundlagen verwiesen.
1022
Vgl. allgemein für PSS/ PBC Brady et al. (2005), S. 363, Li (2011), S. 1210, Storbacka (2011), zu
cross-funktionaler Zusammenarbeit in der strategischen Beschaffung Monczka/ Trent (1991), S. 9,
oder Ogden et al. (2005), S. 36, sowie zu diesem Konzept in der PBC-Beschaffung Rese/ Mai-
wald (2011), S. 338.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 265
1023
Vgl. Cook et al. (2006), S. 1460, sowie Rese/ Maiwald (2011), S. 340, in Verbindung mit Ander-
son/ Katz (1998), S. 11. Ergänzend hierzu vgl. auch noch einmal Lysons/ Farrington (2012), S.
169 f., zur Rolle des „Supply Managers“.
1024
Zu den Möglichkeiten des IT-Einsatzes in der Beschaffung vgl. Glenn Richey et al. (2010), S.
84 f., zum Nutzen von IT in PBC vgl. Berkowitz et al. (2004), S. 264.
1025
Vgl. für ähnliche Vorschläge Bales et al. (2004), S. 253.
1026
Vgl. Johnstone et al. (2009), S. 530, außerdem Gittell (2012), S. 402. Spezifisch zum Aspekt der
Daten vgl. zudem Spath/ Demuß (2001), S. 37.
266 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1027
Vgl. Kern (1990), S. 5, Wilson (1995), S. 337, oder Meehan/ Wright (2011), S. 32.
1028
Vgl. Wilson (1995), S. 340, Peitz (2002), S. 107 ff. bzw. 201, sowie de Castro et al. (2005), Moser
(2007), S. 60–70, sowie Ng (2012), S. 164.
1029
Vgl. Kaiser/ Schramm (2004), S. 192, Kotabe/ Murray (2004), S. 615, und Ng et al. (2009a), S.
378.
1030
Vgl. an dieser Stelle zur Ergebnisorientierung Gruneberg et al. (2007), S. 697, zum Vergleich mit
der Systembeschaffung Andreßen (2006), S. 127.
1031
Zu den Besonderheiten von Investitionsgütermärkten vgl. Senn (1996), S. 57 ff., spezifischer für
PBC Lewis/ Roehrich (2009), S. 130, allgemeiner zudem Backhaus/ Voeth (2010), zu Struktur
und Dynamik auch Porter (1979), S. 142, sowie van Weele (2010), S. 141. Weitverbreitete Be-
ziehungsmodelle, die Markteinflüsse berücksichtigen, sind z. B. Hakansson (1982), S. 22, oder
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 267
Webster, JR./ Wind (1972), S. 13. Diese Aspekte wurden für PBC zudem in 2.3.1.3 und 4.2 die-
ser Arbeit behandelt.
1032
Vgl. u. a. Cox (2001a), S. 46, oder Cox et al. (2003), S. 140.
1033
Vgl. zu Beziehungen als Abfolge von Transaktionen Ford/ Hakansson (2006), S. 249, oder Wehrli
(2003), S. 63.
1034
Zum Aspekt der Kundenindividualität von Leistungsbündeln vgl. Lehmann (1995), S. 1, bzw. Mei-
er (2004a), S. 395, spezifisch in PBC Belz/ Wuensche (2007), S. 3, zum Aspekt der Leistungser-
bringung allgemein Weißenfels (2007), S. 287, zum Zusammenhang in PBC zudem Glas et al.
(2011), S. 195.
1035
Vgl. Howard/ Miemczyk (2011), ergänzend Kleemann/ Essig (2012a), S. 13.
1036
Allgemein zum Zusammenhang von Lieferantenvergütung und Risiko vgl. Baily et al. (2008), S.
240, spezifischer für komplexe Leistungsbündel Caldwell et al. (2009), S. 185, und speziell für
Lieferanten in PBC Kleemann/ Essig (2012b), S. 4.
268 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1037
Zum Aspekt der Subprozesse vgl. Dwyer et al. (1987), S. 16–18, ähnlich auch Hakansson (1982),
S. 16, sowie Ng (2012), S. 163 f.
1038
Vgl. Hakansson (1982), S. 10 ff., Peitz (2002), S. 201, und Ng (2012), S. 164.
1039
Zur Rolle des Abnehmers in PBC vgl. Freiling (2004), S. 687, und Helander/ Möller (2008), S. 581.
1040
Für die Trennung von transaktionalen Episoden vgl. Ford/ Hakansson (2006), S. 249, Hakansson
(1982), S. 16, Wehrli (2003), S. 63, zum Zusammenhang von Vertrag und Beziehung allgemein
auch Macneil (1978), S. 865, oder Poppo/ Zenger (2002), S. 721, spezifischer für PBC zudem
Lewis/ Roehrich (2009), S. 137.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 269
Im Gegensatz dazu ist das bereits erläuterte Modell der IMP-Gruppe nach
Hakansson (1982) recht umfassend. 1041 Es berücksichtigt sowohl die
Beziehungsumwelt als auch die Beziehung selbst und unterteilt diese in eine kurz-
und eine langfristige Perspektive, die jeweils auf bestimmte Elemente bzw.
Determinanten zurückgeht. Zudem ist das IMP-Modell, wie bereits erwähnt,
empirisch fundiert und wurde sowohl in der Beziehungsforschung allgemein als auch
im Beschaffungsumfeld wiederholt verwendet. 1042 Insofern scheint es für die
Übertragung auf das in dieser Arbeit untersuchte Forschungsproblem besonders
geeignet und wird daher im Folgenden darauf adaptiert.
Jedoch enthält das ursprüngliche Modell (siehe Abschnitt 3.4.1) einige Elemente, die
in der bisherigen PBC-Betrachtung keine Rolle spielen und daher auch keine
Berücksichtigung finden. Ebenso führen einige PBC-Spezifika dazu, dass bestimmte
Elemente aufgenommen bzw. angepasst werden. Zudem müssen die verschiedenen
Ebenen klar differenziert, gleichzeitig aber auch ausreichend verknüpft sein.
Ausgehend davon werden im Folgenden die notwendigen Anpassungen des IMP-
Modells erläutert. Leitlinie ist dabei eine spezifische PBC-Relevanz, d. h., allgemeine
Aspekte, die in oder durch PBC keine Besonderheiten erfahren, wurden nur am
Rande betrachtet.
Zuerst sind die beteiligten Akteure zu definieren. Aufgrund der dyadischen Perspekti-
ve des Forschungsvorhabens ebenso wie des IMP-Modells sind zwei fokale Akteure
zu benennen, im vorliegenden Fall der PBC-Anbieter und der bzw. die PBC-
Lieferanten. Im ursprünglichen IMP-Modell sind dabei zusätzlich Determinanten der
Unternehmensstruktur und -kultur („Organisation“), ebenso wie solche der
handelnden Individuen („Individuals“) vorgesehen. 1043 Dieser Aspekt wird indes im
PBC-Modell nicht gezielt berücksichtigt, da diese Faktoren in PBC bisher nicht als
spezifisch hervorgehoben wurden.
Ein weiterer Akteur, der allerdings nur indirekt auf die Beziehung einwirkt, ist der
PBC-Abnehmer. Dieser hat in jedem Fall eine Beziehung zum PBC-Anbieter, da hier
der übergeordnete PBC-Vertrag besteht. Auch zu PBC-Lieferanten können
Beziehungen vorhanden sein: zum einen in Form individueller Verträge, die
außerhalb des jeweiligen PBC-Vertrages existieren, zum anderen, weil durch die
Integration des externen Faktors im Rahmen der PBC-Leistungserbringung eine
1041
Vgl. Hakansson (1982), S. 22 ff.
1042
Zur Nutzung des IMP-Modells allgemein vgl. Ford/ Hakansson (2006), S. 250 f., sowie Paliwoda
(2011), S. 1055, spezifisch für den Beschaffungsbereich z. B. Metcalf et al. (1992), S. 35, oder
Wagner (2001), S. 113.
1043
Vgl. Hakansson (1982), S. 18 f.
270 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
direkte Interaktion stattfindet.1044 Insoweit wird auch wieder die in Abbildung 3 vorge-
nommene Schematisierung bestätigt, die eine isolierte Dyade zwischen PBC-
Anbieter und -Lieferanten zumindest fallweise um den Kontextfaktor „PBC-
Abnehmer“ ergänzt.
Dessen ungeachtet ist eine Besonderheit von PBC die Freiheit der
Leistungserbringung. Damit ist der PBC-Anbieter frei in der Konfiguration der
Leistungserbringung, weshalb die Interaktion zwischen Abnehmer und Lieferant nicht
zwingend vorgesehen bzw. erforderlich ist. Weiterhin hat der PBC-Abnehmer auch
keinen Einfluss auf die Wahl oder Einbindung des Lieferanten. Zuletzt besteht auch
kein vertragliches Austauschverhältnis (im PBC-Rahmen), das als Grundlage von
Beziehungen dienen könnte.1045 Daher scheint es angemessen, den PBC-Abnehmer
als Einflussfaktor der Beziehungsumwelt darzustellen, der aufgrund seiner Bedeu-
tung sowie möglicher direkter Einflüsse auf die Anbieter-Lieferanten-Dyade
besonders hervorzuheben ist.
Weniger direkt, aber dennoch zu berücksichtigen sind das Marktumfeld sowie die
darin auftretende Dynamik als Teil der Beziehungsumwelt („Environment“), in der
sich der Anbieter bzw. die Lieferanten befinden. 1046 Gerade weil sich aus der
Marktstruktur auch teilweise ergibt (insbesondere bez. der Machtverteilung aufgrund
der Anzahl von Marktteilnehmern), welche Gestaltungsoptionen für Beziehungen
genutzt werden, spielt dieser Aspekt gleichsam im adaptierten Modell eine Rolle.1047
Auch die in Unterabschnitt 3.1.3.1, dort Abbildung 15, skizzierten weiteren möglichen
Teilnehmer der PBC-Wertschöpfungskette (z. B. Endkunden, Unterlieferanten) wer-
den als Teil dieser Umwelt verstanden, indessen aufgrund der dyadischen Grund-
ausrichtung des Modells nicht weiter ausdifferenziert bzw. berücksichtigt.
Die anderen Umweltaspekte des ursprünglichen IMP-Modells sind entweder (bisher)
nicht als PBC-kritisch identifiziert worden (Internationalisierung, Sozialsystem) oder
besitzen aufgrund von PBC-Spezifika eine veränderte Relevanz (Position in der
Wertschöpfungskette). Die „Position in der Wertschöpfungskette“ ergibt sich im PBC-
spezifischen Modell nämlich aus sich selbst, nimmt der Anbieter doch die Rolle des
Systemintegrators zum PBC-Abnehmer ein und hat demnach eine festgelegte
1044
Zur Rolle des PBC-Anbieters als Vertragsmanager vgl. Petrick (2007), S. 249, zu nebenbei exis-
tierenden Vertragsverhältnissen zwischen Lieferanten und dem Abnehmer Li/ Choi (2009), S. 32,
sowie zur ggf. direkten Interaktion Kaiser/ Schramm (2004), S. 192.
1045
Allerdings setzen Unternehmensbeziehungen nicht zwingend auch einen Vertrag voraus, wenn
kein aktives Austauschverhältnis besteht, die Unternehmen aber weiter in Kontakt stehen.
1046
Vgl. Hakansson (1982), S. 20 f.
1047
Vgl. an dieser Stelle exemplarisch Howard/ Caldwell (2011), S. 7.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 271
Position sowie Rolle als Schnittstelle zum Abnehmer und hierdurch meistens eine
relativ hohe Macht gegenüber den Lieferanten.1048
Die Darstellung des Austauschverhältnisses erfolgt im IMP-Modell auf den Ebenen
der „Exchange Episodes“ als kurzfristige Vertragsverhältnisse Darüber spannen
kurzfristige („Short Term“) und langfristige Beziehungsinhalte („Atmosphere“) den
Rahmen. 1049 Dieser Aufteilung soll grundlegend auch im adaptierten PBC-
Beziehungsmodell gefolgt werden. Trotzdem sind die Elemente des IMP-Modells
nicht ausreichend differenziert, sodass für das zu entwickelnde Modell eine
Strukturierung in Beziehungsprozesse und -werte nach dem Vorschlag von Ng (2012)
vorgenommen wird.1050 Dabei werden die „Werte“ in Form von Beziehungselementen
als Resultat spezifischer Beziehungsprozesse verstanden, welche die Interaktion
zwischen PBC-Anbieter und Lieferant prägen. Hier sei auf die vorhergehende Analy-
se mithilfe der Relational Coordination Theory verwiesen, nach der eine intensive
Kommunikation sowie faire Aufteilung von Anreizen und Risiken (als Prozesse) zu
erhöhtem Vertrauen und höherer Zielkongruenz (als Werte) führen.1051 Die dezidierte
Ableitung der Elemente wird im nächsten Unterabschnitt im Rahmen der
Modellerläuterung vorgenommen. Nachstehende Abbildung fasst die Anpassungen
am ursprünglichen, in Abschnitt 3.4.1 vorgestellten IMP-Modell zusammen, indem
die Aspekte, die am Modell verändert werden, hervorgehoben werden.
Spezifischer Anpassungsbedarf besteht also v. a. bei der Strukturierung der
Beziehungsinhalte bzw. -prozesse. Abhängig von der Ausrichtung dieser Prozesse
sollte eine bestimmte Art von Beziehung entstehen, die sich grundlegend nach dem
Grad der Kooperation unterscheiden lässt.1052 Je nach Umfang des Risikotransfers,
der aus den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen der PBC-Beziehungen entsteht,
sollte der Grad der Kooperation dies widerspiegeln, wobei als Grundregel gilt: je
höher der (intendierte) Risikotransfer ist, desto kooperativer sollte die Beziehung
sein. 1053 Da dies eine Strukturierung und differenzierte Steuerung der
Lieferantenbasis erfordert, wird neben dem auf PBC adaptierten IMP-Modell auch ein
1048
Vgl. spezifisch für PBC Randall et al. (2010), allgemeiner auch Hobday et al. (2005), S. 1120,
siehe zudem Abbildung 3 für die Schnittstellenposition des PBC-Anbieters.
1049
Vgl. Hakansson (1982), S. 16f. bzw. 21 f.
1050
Vgl. Ng (2012), S. 164, ähnlich auch Peitz (2002), S. 107 ff. bzw. 201, sowie Bagdoniene/ Zilione
(2009), S. 19.
1051
Vgl. Gittell (2012), S. 402.
1052
An dieser Stelle sei nochmals auf die grundlegenden Ausprägungen von Austauschverhältnissen
als entweder transaktionale oder relationale Beziehung sowie einem Kontinuum zwischen diesen
beiden Extremen verwiesen, vgl. Macneil (1978), S. 865.
1053
Vgl. Cousins (2002), S. 79, ähnlich auch Cox et al. (2003), S. 143.
272 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Umwelt
Marktstruktur Position in der
Dynamik Wertschöpfungskette
Internationalisierung Gesellschaft
Atmosphäre
Macht/ Abhängigkeit Nähe
Kooperation Erwartungen
Kurzfristig
Produkt/ Dienstleistung Information
Finanzen Soziales
Anbieter Lieferant
Austauschepisoden
Organisation Organisation
- Technologie - Technologie
- Struktur - Struktur
Interaktions-
- Strategie - Strategie
Individuum prozess Individuum
- Ziele - Ziel
- Erfahrungen - Erfahrungen
Abnehmer
Legende: Gelöschte Elemente / Anzupassende Elemente
Wie vorhergehend dargelegt, soll der PBC-Abnehmer als mittelbar Einfluss nehmen-
de Größe der Beziehungsumwelt dargestellt werden. In dieser Rolle hat er Einfluss
1054
Vgl. zur Rolle von Portfoliomodellen im Beschaffungs- und Beziehungsmanagement vgl. Dubois/
Pedersen (2002), S. 37, für das PBC SRM-Modell hieraus siehe Abschnitt 5.2.3.
1055
Quelle: in Anlehnung an Hakansson (1982), S. 22.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 273
primär auf den PBC-Anbieter, aber (ggf. nur mittelbar) auch auf die PBC-
Lieferanten.1056 Der PBC-Vertrag zwischen Anbieter und Abnehmer auf den Säulen
Ergebnisorientierung und Leistungsvergütung gibt zudem den Rahmen für die daran
geknüpfte Vertragsvereinbarung zwischen Anbieter und Lieferanten in PBC vor. 1057
Dies wird in dem Modell entsprechend reflektiert.
Als weitere, die Beziehung umgebende Ebene wurden das Marktumfeld und die
Marktdynamik aus dem IMP-Modell übernommen. Zwischen diesen Größen besteht
ein enger Zusammenhang. Eine hohe Dynamik hat normalerweise Einfluss auf die
Marktstrukturen (und umgekehrt). 1058 Daher werden diese beiden Einflussgrößen
gemeinsam als wesentliche Aspekte der PBC-Beziehungsumwelt in das Modell
übernommen.
Interaktionsprozess Vertragsebene
Innerhalb der Beziehung sind als Akteure zunächst der PBC-Anbieter und der PBC-
Lieferant zu veranschaulichen. Beide verbindet ein Interaktionsprozess, der sich, wie
im Modell dargelegt, in eine kurzfristige, vertragsbasierte sowie eine langfristige, rela-
tionale Beziehungsebene teilt.1059 Unter der Annahme, dass PBC-Verträge hochspe-
zifisch sind, wird davon ausgegangen, dass die Einbindung eines PBC-Lieferanten in
die konzeptionellen Besonderheiten je nach Abnehmervertrag variiert (direkt, indirekt,
keine).1060 Als wesentliche, aus dem ursprünglichen IMP-Modell adaptierte Größen
auf der kurzfristigen Beziehungsebene gelten dabei die PBC-Ergebnisorientierung
als Äquivalent der „Produkt-Dienstleistungs“-Dimension und die PBC-
Leistungsvergütung als die Dimension der „Finanzen“. Je nach der Einbindung des
Lieferanten in die PBC-Charakteristika leitet sich daraus, in Anlehnung an das Preis-
Risiko-Kontinuum aus Abbildung 12 in Unterabschnitt 2.3.1.2, der Grad des Risiko-
transfers vom Anbieter auf den Lieferanten ab. Je höher wiederum der Umfang der
Risikoweitergabe ist, desto höher muss entweder die Beteiligung an den wirtschaftli-
1056
Vgl. Petrick (2007), S. 246.
1057
In den meisten Fallstudien in Kapitel 4.4 wurde der PBC-Abnehmer überhaupt nicht genannt,
wohl aber (z. B. Defensio) als indirekter Einfluss bei der Ableitung des Rahmens für eine PBC-
Einbindung.
1058
Vgl. Porter (1979), S. 143. Dabei wird davon ausgegangen, dass je weniger Marktteilnehmer auf-
treten, desto weniger Dynamik in einer Industrie vorherrscht. Dies wird auch durch die Fallstu-
dienergebnisse bestätigen, wo z. B. bei Defensio und Milvus das Beschaffungsmarktumfeld als
Einfluss auf die Möglichkeit, Lieferanten in PBC einzubinden, genannt wurde.
1059
Vgl. Hakansson (1982), S. 15 f.
1060
Vgl. Kleemann et al. (2011), S. 38 f., in Verbindung mit Belz/ Wuensche (2007), S. 3.
274 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1061
Vgl. Zsidisin/ Ellram (2003), S. 25, in Verbindung mit Rosetti/ Choi (2008), S. 526, bzw. Gélinas et
al. (1996), S. 44, oder Spekman/ Davis (2004), S. 423. In den Fallstudien ergab sich hierzu, dass
tatsächlich keine einheitliche Einbindung erfolgt, sondern diese situativ geprüft wird (z. B. Mecha-
nicus, Volatus). Auch wurde dabei die Risiko-Anreiz-Abwägung erwähnt (Cautio).
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 275
„Partielles PBC“
„Non-PBC“
Niedrig
Vertrags- Kooperation
basiert Kooperationsgrad der
PBC-Anbieter-Lieferanten Beziehung
Interaktionsprozess Beziehungsebene
Die Beziehungen basieren dabei auf den in Unterabschnitt 3.1.3.6 abgeleiteten Ele-
menten, die jedoch für das Modell differenziert werden müssen. Als langfristige Basis
und Besonderheit kooperativer Beziehungen (gegenüber transaktionalen Austausch-
verhältnissen) sind dabei Vertrauen und Abhängigkeit zu nennen. 1062 Diese wiede-
rum stehen zueinander insoweit im Verhältnis, als dass der Grad des Vertrauens de-
terminiert, inwieweit be- oder entstehende Abhängigkeiten als Risiko empfunden
werden.1063 Je höher das gegenseitige Vertrauen, desto weniger problematisch wird
Abhängigkeit empfunden. Einseitige Abhängigkeit führt dagegen zu einem Macht-
überhang für die jeweils andere Beziehungspartei und folglich zu einem erhöhten
Risiko opportunistischen Verhaltens.1064 Daher werden im Modell Vertrauen und die
Elemente Abhängigkeit/Machtverhältnis ergänzend zueinander dargestellt. Hierzu
passen auch die Fallstudienergebnisse (siehe v. a. Tabelle 18 in Kapitel 4.4).
Es wurde indes bereits betont, dass Vertrauen nur langfristig entsteht und von ent-
sprechenden Verhaltensweisen im Rahmen der Beziehung abhängt. Diese werden
im Modell in Anlehnung an Dwyer et al. (1987), Peitz (2002) und Ng (2012) als relati-
1062
Vgl. Cox et al. (2003), S. 141, ergänzend Hakansson/ Gadde (2002), S. 409 f., oder Hsiao et al.
(2002), S. 4, sowie ursprünglich Emerson (1962).
1063
Vgl. Wilson (1995), S. 342.
1064
Vgl. Spekman/ Davis (2004), S. 431, in Verbindung mit Cox (2001b), S. 11.
276 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1065
Vgl. Dwyer et al. (1987), S. 16–18, Peitz (2002), S. 201, sowie Ng (2012), S. 164.
1066
Vgl. an dieser Stelle Malone/ Crowston (1994), S. 98 f., sowie ausführlich Unterabschnitt 3.2.2.5.
1067
Vgl. Gittell (2012), S. 402, sowie ebenfalls 3.2.2.5. In den Fallstudien wurde Kommunikation ent-
weder als kritischer Beziehungsprozess (z. B. Mechanicus) hervorgehoben oder Informationsas-
ymmetrien als wesentliches Problem in PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen dargestellt (z. B.
Cautio, Machinator).
1068
Vgl. Stuart/ McCutcheon (1995), S. 4, in den Fallstudien wurde dies z. B. von Machinator, Sapo
und Volatus angeführt.
1069
Vgl. Martinsuo/ Ahola (2010), dazu Ellram (1991a), S. 2.
1070
Vgl. Naranayan/ Raman (2004), S. 94 ff., in Verbindung mit Powers/ Reagan (2007), S. 1239.
1071
Vgl. Landeros/ Monczka (1989), S. 10, ähnlich Jones et al. (1998), S. 402. In den Fallstudien
wurde die Interessensangleichung u. a. beim Milvus-Fall genannt.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 277
strebungen zur Interessensangleichung dient dabei wiederum als Messgröße für den
Wert des Kooperationsgrad(s) im Rahmen der Beziehung.
Interaktionsprozess Atmosphäre
Ebenso wie das ursprüngliche IMP-Modell auch den Zeithorizont von Beziehungen
betrachtet, ist dies gerade für PBC wegen der Lebenszyklusorientierung wichtig.
Auch wenn Beziehungen im Laufe der Zeit entstehen, sind grundlegende Normen
bzw. Zielwerte doch zentrale Fundamente für den gemeinsamen Erfolg.
Besonders relevant in PBC ist dabei die langfristige Orientierung, die jedoch auch für
klassische kooperative Beziehungen besondere Bedeutung hat. 1072 Diese Langfris-
tigkeit prägt nicht allein die Bereitschaft, in die Beziehung zu investieren, sondern sie
reduziert gleichsam die Unsicherheit, ob die jeweils andere Partei ebenfalls an einem
langfristig ausgeglichenem Verhältnis interessiert ist.1073 Entsprechend erhöhen sich
auch die zeitlichen Spielräume, um die Verteilung von Anreizen und Risiken ausge-
glichen zu gestalten.1074 Hierfür wiederum ist allerdings Voraussetzung, dass Anbie-
ter und Lieferanten die gleichen Ziele verfolgen.
Während die Interessensangleichung die Annäherung der (eher kurz-/mittelfristigen)
Interessen (als Prozess) vorsieht, kann die Zielangleichung bzw. der Grad der Ziel-
überschneidung als Basis der Fragestellung gesehen werden, inwieweit sich Ziele in
einer Beziehung tatsächlich überschneiden und inwiefern Bereitschaft vorhanden ist,
auf die Ziele des jeweils anderen Rücksicht zu nehmen. 1075 Gehen die PBC-
Beziehungsparteien hier nämlich von grundlegend anderen Voraussetzungen aus,
kann eine Beziehung auch nicht wirklich kooperativ sein (was wiederum Einfluss auf
die Möglichkeiten des Anbieters hat, die PBC-Risiken weiterzugeben).
Nachstehende Abbildung stellt dies auf Grundlage der vorhergehenden Ausführun-
gen entwickelte Modell grafisch dar:
1072
Vgl. Sols et al. (2007), S. 44, gegenüber Ellram (1991b), S. 38. Dazu passt, dass in den Fallstu-
dien bei dem Aspekt, ob bei den jeweiligen Unternehmen Lieferanten nun direkt in PBC einge-
bunden werden oder nicht, die Langfristigkeit bei nahezu allen Unternehmen als wichtig hervor-
gehoben wurde.
1073
Vgl. Heide/ John (1990), S. 33.
1074
Vgl. Selviaridis/ Spring (2010), S. 179.
1075
Vgl. Han et al. (1993), S. 335, im Gegensatz zu Monczka et al. (1993), S. 50, und Lee (2004), S.
110. Im Rahmen der Fallstudien wurde die Zielangleichung z. B. von Defensio und Milvus als Er-
folgsfaktor in Beziehungen angemerkt.
278 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Beziehungsumwelt
Marktstruktur & Dynamik
Langfristige Atmosphäre
Macht/ Abhängigkeit Langfristorientierung
Vertrauen Zielkongruenz
“Commitment”
Interessensangleichung
Kommunikation
Risikobewältigung
Kooperationsgrad
Beziehungs-Ebene
Anbieter-
Kooperationsgrad
Kooperationsgrad
(PBC Abnehmer)
Das Modell hat, analog zum IMP-Ansatz, nicht die Intention, bestimmte Beziehungs-
typen vorzugeben. Vielmehr soll es die Zusammenhänge zwischen kurz- und lang-
fristigem Austausch, die davon berührten Prozesse und die daraus entstehenden
Beziehungswerte sowie grundlegende Einflüsse hierauf darstellen. Die Integration
des Risiko-Kooperationskontinuums soll jedoch den Optionsraum verdeutlichen, über
den PBC-Anbieter verfügen: zum einen, weil eine kooperative Lieferantenbeziehung
nur eine Möglichkeit der PBC-Risikoabsicherung repräsentiert, zum anderen, weil die
Kooperationsintensität die Möglichkeiten der PBC-Einbindung von Lieferanten durch
den Anbieter determiniert. Eine weitere PBC-spezifische Besonderheit bildet die Ver-
tragsebene, nach welcher der Risikotransfer je nach abnehmerseitigem Vertrag indi-
viduell festzulegen ist. Dazu spielt auch der Abnehmer in PBC-Anbieter-Lieferanten-
Beziehung eine, wenn auch nicht zwingend direkte, Rolle (siehe wiederum 1.2 bzw.
3.1.3.1 sowie 3.2.3.2).
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 279
1076
Vgl. eine entsprechend lautende Einschätzung für Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen allgemein
von Olsen/ Ellram (1997b), S. 288.
1077
Um der stärkeren Betonung des „Management“-Aspekts Rechnung zu tragen, gleichzeitig aber
auf etablierte Begriffe zurückzugreifen, wird in der Folge für diesen Modellteil vom „PBC SRM“-
Modell für „Performance-based Contracting Supplier Relationship Management“ gesprochen.
1078
Vgl. für diese Kritik, insbesondere Portfolio-Modelle seien zu statisch, Ramsay (1996), S. 15, so-
wie Dubois/ Pedersen (2002), S. 40. Auch Probleme in der Messbarkeit der Kriterien werden ge-
äußert, jedoch auch Lösungsvorschläge bereitet Gelderman/ van Weele (2003), S. 210. Gegen
die vereinzelte Kritik steht auch die hohe Popularität dieser Technik und deren Anwendbarkeit für
Gestaltungsprobleme Wagner/ Johnson (2004), S. 728, Gelderman/ Semeijn (2006), S. 211, oder
Terpend et al. (2011), S. 73.
1079
Vgl. Olsen/ Ellram (1997a), bzw. in der Folge Kraljic (1983).
280 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
zur Verfügung und kann folglich auch der Kritik an der Messbarkeit der Zuordnung
begegnen. Ferner wird ein klares Vorgehen für die Entwicklung und Umsetzung des
Beziehungsportfolios beschrieben, was den Anwendungsbezug auch im Rahmen
von PBC deutlich erhöht. Das ursprüngliche Modell wird im nachfolgenden Unterab-
schnitt auf den Einsatz in PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen adaptiert. Dabei
gilt folgende Grundrichtung: je höher die Einordnung auf den Achsen „Komplexität
der Beschaffung“ sowie „strategische Bedeutung des Beschaffungsobjektes“ ist, des-
to höher ist der empfohlene Integrationsgrad mit dem jeweiligen Lieferanten im Sinne
einer kooperativen Beziehung bzw. der Kooperationsgrad.1080 Hier werden auch noch
einmal die Bezüge zwischen Beschaffungsobjekt und Lieferantenbeziehung deutlich,
die in Abschnitt 3.2.3 erarbeitet wurden.
Die für PBC existierenden Besonderheiten sollen dabei entweder als zusätzliche o-
der als Modifikation der ursprünglichen Bewertungsfaktoren Eingang finden, wobei
als für PBC SRM wenig relevante erachtete Faktoren auch weggelassen werden
können.
Die Einordnung in den Dimensionen dient als Basis für die Empfehlung, welcher Be-
ziehungstyp verfolgt werden sollte. Daraus ergeben sich wiederum Handlungsemp-
fehlungen zur Gestaltung der Beziehung bzw. des Beziehungsmanagements. In die-
sem Aspekt wird gezielt das Modell der PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehung ergänzt,
das stärker deskriptiv fokussiert ist (und somit lediglich einen Optionsraum zur PBC-
Risikoeinbindung vorgab, aber keine dezidierten Gestaltungsempfehlungen).
5.2.3.2 Portfolio-Modell für PBC SRM
Für eine PBC-Anbieter-spezifische Ausarbeitung des SRM-Modells werden die von
Olsen und Ellram vorgegebenen und in Tabelle 18 dargestellten Faktoren auf ihre
Nutzbarkeit im PBC-Kontext überprüft.
Dimension „strategische Bedeutung des Beschaffungsobjektes“
Die Besonderheiten der „Kompetenzfaktoren“ sind dabei für PBC nicht einheitlich zu
identifizieren. Die Kernkompetenz des PBC-Anbieters besteht, wie bereits in 2.2.3,
2.3.2 und 3.2.2 veranschaulicht, primär in der Koordination und weniger in der tat-
sächlichen Herstellung von (physischen) Leistungen.1081 Insofern spielt der „Grad, zu
dem das Beschaffungsobjekt den Kernkompetenzen des Unternehmens angehört“,
in PBC eine geringere bzw. keine spezifische Rolle (lediglich in Rückbezug auf das
1080
Dieses Vorgehen folgt den Kontinua von Beziehungstypen von Cooper/ Gardner (1993), S. 15,
Parker/ Hartley (1997), S. 117, sowie Cannon/ Perreault, JR. (1999), S. 450.
1081
Vgl. Brusoni/ Prencipe (2001), S. 202.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 281
1082
Vgl. Spath/ Demuß (2001), S. 37, in Verbindung mit Gruneberg et al. (2007), S. 691.
1083
Vgl. Wynne (2004), S. 2, oder Geary/ Vitasek (2008), S. 71. Auch wurde die langfristige Atmo-
sphäre als wichtige Ebene im PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungsmodell dargelegt, siehe auch
5.2.2.2.
1084
Zum Zusammenhang von Wertanteil im PBC-Lebenszyklus vgl. Howard/ Caldwell (2011), S. 13.
Als PBC-typisches Beispiel könnte ein Flugzeug genannt werden, wo z. B. das Triebwerk als
Subsystem einen relativ hohen MRO-Bedarf aufweist, die Zelle dagegen einen eher geringen bei
dennoch hohem initialen Wertanteil, vgl. nach Friedrich/ List (2009), S. 57 ff. In den Fallstudien
wurde erwähnt, dass teilweise die PBC-Verträge sogar nur MRO-kritische Ersatzteile umfassten
(z. B. Defensio, Volatus).
1085
Vgl. Boyt/ Harvey (1997), S. 295.
1086
Vgl. Cohen (2012), S. 4818, in Verbindung mit Cannon/ Perreault, JR. (1999), S. 442.
282 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Auch der zweite wirtschaftliche Faktor, der „Grad, zu dem das Beschaffungsobjekt
Teil des Endproduktes wird und dabei einen Mehrwert erzielt“, ist für PBC von spezi-
fischer Bedeutung. Bereits in Unterabschnitt 3.2.3.5 wurde auf die Bedeutung des
„Total Value of Ownership“ als wichtige (Wert-)Größe für PBC-Leistungsanteile hin-
gewiesen. 1087 Empfindet ein PBC-Abnehmer einen Anteil an „seinem“ PBC-
Leistungsbündel, z. B. ein Subsystem, als besonders wertvoll, so kommt diesem als
Beschaffungsobjekt (und damit dessen Lieferanten) aufseiten des Anbieters eine
entsprechend höhere Bedeutung zu. So könnte es hier besonders zweckmäßig sein,
eine volle PBC-Einbindung, wie sie für das PBC-Anbieter-Lieferanten-
Beziehungsmodell (siehe Unterabschnitt 5.2.2.2 bzw. Abbildung 31) skizziert wurde,
anzustreben, was dann einen kooperativen Beziehungstypen erfordern würde.
Aus den Vorarbeiten in Abschnitt 2.3.2 kann ferner ein weiterer Faktor zur Bewertung
der Bedeutung eines Beschaffungsobjektes abgeleitet werden, der in das PBC-SRM-
Modell integriert werden sollte. Während die oben skizzierte Wertorientierung die
Nutzenbewertung durch den Abnehmer betrifft, bestehen auch in der Leistungser-
bringung unterschiedliche Zusammenhänge zwischen den von den Lieferanten er-
brachten Leistungsanteilen. Der Ausfall eines weniger wichtigen Teilleistungsbündels
kann zu einer eingeschränkten Funktionalität des gesamten Bündels führen, das
aber weiterhin nutzbar bleibt; bei anderen Teilleistungen dagegen ist der Ausfall so
gravierend, dass das Gesamtsystem nicht mehr funktioniert bzw. nicht das ge-
wünschte Leistungsergebnis erzielen kann.1088 Folglich wird als weiterer Faktor die
„Kritizität des Beschaffungsobjektes für die Funktionalität des PBC-
Leistungsbündels“ in das Modell eingeführt. Die Funktionalität korreliert dabei mit
dem Umfang der Ergebnisorientierung zwischen PBC-Anbieter und -Lieferant, die
sich wiederum aus dem abnehmerseitig angestrebten Leistungsergebnis bestimmt,
das in Abbildung 3 zur PBC-Wertschöpfungskette angedeutet und im PBC-Anbieter-
Lieferanten-Beziehungsmodells durch den indirekten Einfluss des PBC-Abnehmers
gezielt reflektiert wurde.
Hinsichtlich des dritten wirtschaftlichen Faktor des Olsen/Ellram-Modells besteht für
den Einsatz in PBC Anpassungsbedarf. Der „Grad, zu dem das Beschaffungsobjekt
in ein hochprofitables Endprodukt eingeht“, sollte die Vertragsspezifizität von PBC-
Leistungsbündeln berücksichtigen. Zwar geht man grundsätzlich davon aus, dass
PBC profitabler ist als reines Produktgeschäft.1089 Allerdings sind die Leistungsbün-
1087
Vgl. Wouters et al. (2005), S. 186, in Verbindung mit Howard/ Caldwell (2011). Ähnlich gelagert
kann auch der „Supplier Comparison Factor“ aus der Machinator-Fallstudie gesehen werden.
1088
Vgl. Miller et al. (1995), S. 369.
1089
Vgl. Hypko et al. (2010a), S. 473.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 283
1090
Vgl. Belz/ Wuensche (2007), S. 2.
1091
Vgl. Howard/ Caldwell (2011), S. 7, in Verbindung mit van Weele (2010), S. 16. Aus den Fallstu-
dien ergab sich hierzu, dass eher aus Gründen der Alternativlosigkeit (oligopolistische Beschaf-
fungsmärkte) denn aus dem Bestreben nach Bündelungseffekten wiederholt die gleichen Liefe-
ranten genutzt werden.
1092
Vgl. Petrick (2007), S. 246, in Verbindung mit Kim et al. (2007), S. 1844.
284 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1093
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 691.
1094
Vgl. Aurich et al. (2006), S. 1483, bzw. Straub (2007), S. 129.
1095
Vgl. Helander/ Möller (2007), S. 725, in Ergänzung Wiendahl/ Harms (2001), S. 326.
1096
Vgl. Howard/ Caldwell (2011), S. 7. Dieses Problem wurde in den Fallstudien v. a. für die Luft-
fahrt- und die Rüstungsindustrie hervorgehoben (z. B. Defensio, Milvus).
1097
Vgl. Petrick (2007), S. 245, in Verbindung mit Straub (2007), S. 140.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 285
1098
Vgl. Howard/ Miemczyk (2011), S. 151, allgemeiner Steven/ Pollmeier (2007), S. 277. Eine sehr
ähnliche Aussage wurde im Rahmen der Turbineus-Fallstudie getätigt, ähnlich auch bei Defensio.
1099
So wurde in Abschnitt 4.2.1 darauf hingewiesen, dass bspw. in der Luftfahrtindustrie auch histo-
risch bedingt ein eher gespanntes Verhältnis zwischen den Gesamt- und Subsystemlieferanten
herrscht, vgl. Rosetti/ Choi (2008), S. 511.
1100
Vgl. Weddeling (2010), S. 5.
1101
Vgl. Bessant/ Davies (2007), S. 91.
1102
Vgl. Backhaus/ Kleikamp (2001), S. 87.
286 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
sungen und Erweiterungen zusammenfassend dar und hebt auch die gesetzten Be-
züge zum PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungsmodell aus 5.2.2.2 hervor:1103
Dimension Faktorengruppe Faktor/Beschreibung
strategische Bedeu- Kompetenzfaktoren 1. Grad, zu dem das Beschaffungs-
tung des Beschaf- objekt zu den Kernkompetenzen
des Unternehmens gehört
fungsobjektes
2. Beschaffungsobjekt erhöht das
Wissen des Unternehmens
3. Beschaffungsobjekt erhöht die
technologische (PBC-
)Kompetenz des Unternehmens
wirtschaftliche Fak- 1. (Gesamt-)Volumen oder Wert
toren des Beschaffungsobjektes (PBC-
Lebenszyklus)
2. Grad, zu dem das Beschaffungs-
objekt Teil des Endproduktes
wird und dabei einen Mehrwert
erzielt (TVO)
3. Grad, zu dem das Beschaffungs-
objekt in Verträge hochprofitabler
Leistungsbündel eingeht
4. Kritizität des Beschaffungsobjek-
tes, um Bündelungseffekte beim
selben Lieferanten zu erzielen
5. Bedarfshäufigkeit des Beschaf-
fungsobjektes entlang des Le-
benszyklus
6. Kritizität des Beschaffungsobjek-
tes für die Funktionalität des
PBC-Leistungsbündels
Imagefaktoren 1. Lieferant des Beschaffungs-
objektes verfügt über spezifisch
positives Image
2. Auswirkungen auf Image bei
Umwelt- oder Sicherheitsproble-
men
1103
Schattierte Elemente weisen keine oder geringe spezifische PBC-Relevanz auf; die unterstriche-
nen Elemente haben außerdem Bezug zum vorher entwickelten PBC-Anbieter-Lieferanten-
Beziehungsmodell (siehe auch Unterabschnitt 5.2.2.2).
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 287
Die genauen Bewertungsmodalitäten für die einzelnen Faktoren zur Einordnung der
Lieferanten in das Portfolio sollen, wie im ursprünglichen Modell von Olsen und Ell-
ram, offen bleiben. 1105 Ebenso bleibt das generelle Vorgehen bei der Einordnung
weitestgehend gleich: je nach Ausprägung der einzelnen Faktoren soll ein Beschaf-
fungsobjekt in das Portfolio eingeordnet werden, wobei sich aus der Einordnung eine
Empfehlung für eine bestimmte Lieferantenstrategie eines bestimmten Typus einer
Lieferantenbeziehung ergibt. Dies wird im folgenden Abschnitt noch einmal ausführli-
cher erläutert.
5.2.3.3 Beziehungstypen des PBC-SRM-Modells
Analog zu den ursprünglichen Typologien von Kraljic sowie von Olsen und Ellram
werden die vorhergehend untersuchten Faktoren zunächst zu Faktorengruppen und
schließlich zu den zwei Kerndimensionen des Portfolio-Modells verdichtet. Aus
dieser Kombination entstehen dann vier Typen von Lieferantenstrategien, die jeweils
mit entsprechenden Arten von Lieferantenbeziehungen verknüpft sind. Als Grundsatz
gilt dabei: je komplexer und gleichzeitig bedeutsamer ein Beschaffungsobjekt und
1104
Mit Bezügen zu Olsen/ Ellram (1997a), S. 104.
1105
Denkbar sind verschiedene Instrumente, wie z. B. die Likert-Skala-Punktbewertung, Scoring, No-
tensysteme, vgl. Janker (2008), S. 115 ff.
288 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Lieferant, desto enger und kooperativer die Beziehung. Das heißt auch, dass die in
3.1.3.6 erarbeiteten und 5.2.2.2 dargestellten Beziehungsinhalte für PBC umso
intensiver berührt sind, z. B. die höhere Bedeutung von Vertrauen, umfangreichere
Kommunikation und Informationsaustausch oder eine stärkere Ziel- und
Interessensangleichung.
Das Portfolio-Modell soll zudem als Entscheidungshilfe für Art und Umfang der PBC-
Einbindung eines Lieferanten genutzt werden. Aufgrund der in Abschnitt 3.3.2
vorgenommenen informationsökonomischen Analyse, aus dem Vorgehen der
wenigen Fallstudien-Unternehmen, die eine solche Einbindung umsetzen, sowie dem
in 5.2.2.2 entwickelten und in das PBC-Anbieter-Lieferantenbeziehungsmodell inte-
grierte Risiko-Kooperationskontinuum kann abgeleitet werden, dass je bedeutsamer
ein Beschaffungsobjekt ist, desto eher sollte (gestützt von einer kooperative
Beziehung) eine Einbindung des jeweiligen Lieferanten in die PBC-Charakteristika
Ergebnisorientierung und Leistungsvergütung erfolgen. 1106 Aus diesem Grund wird
das Kontinuum auch indikativ in die Adaption des ursprünglichen Olsen/ Ellram-
Modells aus Abschnitt 3.4.6 aufgenommen, um die Zusammenhänge der beiden
Teilmodelle zu verdeutlichen. Dies wird in der Folge erläutert und auch durch die
nachfolgende Abbildung 32 dargestellt
Analog zum ursprünglichen Olsen und Ellram-Modell wird für die „Non-critical“-
Beschaffungsobjekte eine stark kosten- bzw. effizienzorientierte Lieferantenstrategie
vorgeschlagen. Durch die Langfristigkeit in PBC sollte zwar auch hier keine rein
transaktional-wettbewerbliche Beziehung verfolgt werden, gemeinsame Ziele sind
aber ebenso wenig erforderlich wie ein gesteigertes Maß an Vertrauen oder umfang-
reiche Kommunikation.1107 Da die Leistungsanteile dieser Kategorie nur eine geringe
Bedeutung für das PBC-Leistungsbündel haben, sollten weder ein hoher Aufwand für
die Lieferantenbeziehungspflege betrieben noch eine gezielte Einbindung in die
PBC-Charakteristika angestrebt werden. 1108 Diese Handlungsrichtung würde sich
auch aus dem Risiko-Kooperationskontinuum aus Unterabschnitt 5.2.2.2 ergeben,
wo diese Kombination als „Non-PBC“ eingeordnet wurde. Gründe hierfür sind der
Kontrahierungsaufwand sowie das geringe Maß an Zielangleichung. Wegen des Effi-
zienzfokus wird diese Kategorie im Modell als „PBC Savers“ bezeichnet.
1106
Im Rahmen der Fallstudien nutzten Mechanicus und Volatus ein solches Vorgehen tatsächlich,
Turbineus schlug dies zumindest vor (ABC-Klassifizierung).
1107
Vgl. Rinehart et al. (2004), S. 48 f.
1108
Vgl. Olsen/ Ellram (1997a), S. 104.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 289
g
un
Hoch
PBC-Beschaffungssituation
Lieferanten- partnerschaftliche
äl r-
ew ete
tig
beziehung Beziehung
ob bi
ik An
• PBC-Einbindung • Umfassende PBC-
Schwierigkeit der
Ermessen
R
ad
Non-Critical Items: Leverage Items:
gr
ns
“PBC Savers” “PBC Followers”
tio
• Nutzung von • Selektives
ra
Niedrig
pe
Skalen-Vorteilen Vorgehen
oo
ziehungsaufwand kooperativer, je
• Keine PBC- stärker die PBC-
ng - Einbindung g Einbindung g
n
i n
du t e n Niedrig Hoch
nb r a
Ei e f e St t
Strategische Bedeutung
Li des Beschaffungsobjektes für PBC
1109
Quelle: eigene Darstellung, mit Bezügen zu Olsen/ Ellram (1997a), S. 105
1110
Vgl. Olsen/ Ellram (1997a), S. 104.
1111
Vgl. Emerson (1962), S. 32.
290 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Charakteristika einbinden will oder nicht (in 5.2.2.2 als „partielles PBC“ bezeichnet,
wobei dort eher eine indirekte PBC-Einbindung und nicht eine selektive gemeint ist).
Entscheidet man sich für eine Einbindung, sollte jedoch der Kooperationsgrad der
Beziehung (z. B. Vertrauen, Zielangleichung), mindestens aber das Kommunikati-
onsverhalten angepasst (= intensiviert) werden.1112 Die Kategorie wird im PBC-SRM-
Modell „PBC Followers“ genannt, da hier Lieferanten den Vorgaben des PBC-
Anbieters bez. ihrer Einbindung in das Konzept folgen dürften.
Von hoher Komplexität und geringer Bedeutung der Beschaffungsobjekte geprägt ist
die „Bottleneck“-Kategorie. Der Anbieter sieht sich hier ggf. mächtigen Lieferanten
gegenüber; dies aber ist aufgrund der geringen Bedeutung ihrer Leistungsanteile nur
bedingt problematisch. Eine kooperative Beziehung ist mithin schwierig umzusetzen,
weil die Lieferanten ggf. gar nicht interessiert sind.1113 Dies gilt umso mehr für die
PBC-Einbindung: je größer die Bedeutung des Beschaffungsobjektes, desto eher
sollte versucht werden, die PBC-Charakteristika weiterzugeben.1114 Allerdings kann
dies nur erfolgen, wenn die Lieferanten eine solche Einbindung als für sich positiv
bewerten ihre Macht gegenüber dem PBC-Anbieter erlaubt es ihnen, hier selektiv
zu agieren. Daher wird diese Kategorie als „PBC Selectors“ bezeichnet. Auch hier
würde das Risiko-Kooperationskontinuum aus Unterabschnitt 5.2.2.2 ein „partielles
PBC“ vorgeben, wobei hier der Anbieter eher auf eigene Risikobewältigungsstrate-
gien zurückgreifen dürfte, da er eine Einbindung in PBC (also eine Weitergabe) nicht
selbst initiieren kann. Eine partielle, also indirekte Beteiligung wäre aber als Option
denkbar, um Lieferanten der Gruppe „PBC Selectors“ mehr Entscheidungsoptionen
anbieten zu können und so ihre Bereitschaft zur PBC-artigen Einbindung möglicher-
weise zu steigern.
Die wichtigste und gleichzeitig komplizierteste Beschaffungs- und damit Beziehungs-
kategorie repräsentiert „Strategic“. Hier sind wichtige und mächtige Lieferanten ein-
geordnet. Um diese Beziehungen erfolgreich zu gestalten, sind ein hohes Maß an
Integration, Zielangleichung und ein aufwendiger Aufbau „sozialer“ Beziehungsinhal-
te erforderlich.1115 Damit eine spezifische Einbindung in PBC möglich wird, wäre zu-
dem ggf. eine intensive Konzepteinbindung nötig, folglich gemeinsame Lösungsent-
wicklung, Interessensangleichung über Teilhabe der Lieferanten an den wirtschaftli-
chen Potenzialen, offene Kommunikation und intensiver Informationsaustausch bis
hin zur Integration in die Kommunikationskanäle zwischen PBC-Anbieter
1112
Vgl. Dwyer et al. (1987), S. 13.
1113
Vgl. Power (2008), S. 79.
1114
Siehe hierzu die Turbineus-Fallstudie in Verbindung mit Gelderman/ van Weele (2005), S. 21.
1115
Vgl. Cooper/ Gardner (1993), S. 19, und Stuart/ McCutcheon (1995), S. 4.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 291
1116
und -Abnehmer. Die Interessensangleichung wäre über eine volle PBC-
Einbindung im Rahmen einer kooperativen Beziehung möglich, was sich wiederum
mit der Einordnung auf dem mehrfach erwähnten Risiko-Kooperationskontinuum de-
cken würde. Dennoch kann es sein, dass sich Lieferanten aufgrund ihrer Machtposi-
tion dafür entscheiden, nicht in die PBC-Charakteristika eingebunden werden zu wol-
len, z. B. weil sie anstreben, weiterhin eigenständig mit dem PBC-Abnehmer zu in-
teragieren. Hier obliegt es dem PBC-Anbieter, die Einbindung so partnerschaftlich zu
gestalten, dass der Lieferant einer Einbindung positiv gegenübersteht. 1117 Dieser Be-
ziehungstyp wird „PBC Partners“ genannt.
So lassen sich, in Anlehnung an das ursprüngliche Modell von Olsen und Ellram, vier
Grundtypen bzw. Kategorien von PBC-Lieferanten mit entsprechenden Empfehlun-
gen zur Beziehungsgestaltung ableiten. In Anlehnung an die Dimension „strategische
Bedeutung des Beschaffungsobjektes“ können auch Zusammenhänge zwischen den
in Abschnitt 3.2.3 dargelegten Beschaffungsobjektspezifika und der Ausgestaltung
der jeweiligen Lieferantenbeziehung hergestellt werden. Die folgende Abbildung zeigt
beispielhaft, wie Beziehungstypen des PBC-SRM-Modells mit den Beschaffungsob-
jekten korrelieren könnten. Allerdings kann hier keine generelle Aussage getroffen
werden, dass bestimmte Beschaffungsobjekte (z. B. Einzelleistungen, Teilleistungs-
bündel) immer bestimmte Beziehungstypen erfordern. Vielmehr ist die individuelle
Bedeutung relevant. Gemäß dem Ansatz, v. a. kritische Beschaffungsobjekte nach
den PBC-Charakteristika zu beschaffen, sollten hier partnerschaftliche Beziehungen
angestrebt werden. Für unkritische Einzelleistungen dagegen wäre z. B. der Bezie-
hungstyp „PBC Saver“ ausreichend.
1116
Ergänzend zu den vorgenannten Quellen vgl. Landeros/ Monczka (1989), S. 10, Mohr/ Spekman
(1994), S. 144, sowie Axelsson/ Wynstra (2000), S. 12, in Verbindung mit Martinsuo/ Ahola
(2010), S. 108. Auch die verschiedenen PBC-Wertschöpfungskonstellationen aus Abbildung 15 in
bschnitt 3.1.3.1 lassen sich hier wiedererkennen, insbesondere die Anbieter-Lieferanten-
Abnehmer-Triade.
1117
Dies folgt dem Prinzip der Interessensangleichung als Elemente kooperativer Beziehungen, vgl.
Powers/ Reagan (2007), S. 1239.
292 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Unterlieferant
Komponente
(„PBC Saver“) PBC-Lieferant
Teilleistungsbündel
Unterlieferant („PBC Selector“)
Komponente
(„PBC Saver“) PBC-Anbieter
PBC-Abnehmer
Leistungsbündel (End-) Kunde
PBC-Lieferant
Kritische Komponente („PBC Partner“)
PBC-Lieferant
Dienstleistung („PBC Follower“)
Gleichwohl scheinen die Typologie und auch die indikative Adaption auf die PBC-
Wertschöpfungskette, ähnlich dem Risiko-Kooperationskontinuum, vorzugeben, dass
hier eine eindeutige Einteilung jedes Lieferanten möglich ist. Dabei erfolgt eine Ein-
teilung natürlich auf einem Kontinuum, sodass die hier dargelegten normativen Emp-
fehlungen für die Beziehungen als Tendenzen aufgefasst werden sollten. 1118 Dazu
unterliegt die Einordnung situativen Faktoren, sodass sich z. B. durch dynamische
Entwicklungen auf den relevanten Beschaffungsmärkten oder durch Anpassungen
eines Leistungsbündels Veränderungen in der Portfolio-Einordnung ergeben kön-
nen.1119 Zuletzt dürfte es in den seltensten Fällen zutreffen, dass PBC-Anbieter die
Lieferantenbeziehungen in Isolation entwickeln können; viel eher dürften diese oft
schon bestehen (und sich bereits bestimmte Beziehungscharakteristika entwickelt
haben).
In diesen Fällen können sich Diskrepanzen in der Auslegung des Beziehungsma-
nagement ergeben, z. B. dass „Non-critical“-Lieferanten kooperativ gebunden wer-
den, ohne dass die hierfür erforderlichen Aufwände nötig wären oder umgekehrt,
dass wichtige und kritische Lieferanten in eher technisch-wettbewerblichen Bezie-
hungen genutzt und kooperativ-partnerschaftliche Beziehungsinhalte zu wenig ge-
pflegt werden.1120
1118
Vgl. Gelderman/ Semeijn (2006), S. 211, in Verbindung mit Ramsay (1996), S. 15, sowie Olsen/
Ellram (1997a), S. 101.
1119
Vgl. Cheng (2009), S. 18, in Verbindung mit Roseira et al. (2010), S. 925.
1120
Vgl. Dyer et al. (1998), S. 69 bzw. 71, in Verbindung mit Cox et al. (2003), S. 139, oder auch
Bensaou (1999), S. 36.
Konzeption eines Modells für Anbieter-Lieferanten-Beziehungen in PBC 293
1121
Vgl. zu diesem Zusammenhang Carr/ Pearson (1999), S. 499 f. Für einen Vorschlag zur Umset-
zung hiervon siehe auch Unterabschnitt 5.3.2.2, sowie 5.3.3.2 zu entsprechenden Vorschlägen
für Lieferantenmanagementaktivitäten.
294 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1122
Zu den Elementen allgemein vgl. Carter/ Narasimhan (1996), S. 22–24, und Dobler/ Burt (1996),
S. 10 f., sowie Tabelle 7. Auf nochmalige individuelle Quellennennung im Verlaufe dieses Ab-
schnitts wird aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.
1123
Vgl. Straub (2007), S. 129, sowie Ng/ Nudurupati (2010), S. 664, in Verbindung mit Brusoni/
Prencipe (2001), S. 202.
296 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1124
Vgl. konkret Fagerström/ Jackson (2002), S. 33, sowie erläuternd zum Thema Handfield et al.
(1999).
1125
Vgl. Cox (2001a), S. 44.
1126
Zu den oligopolistischen Marktstrukturen in PBC vgl. Howard/ Caldwell (2011), S. 7, sowie aus-
führlicher Unterkapitel 4.2. Konkreter zu den Lieferantenstrukturen und -strategien im Marktkon-
text vgl. außerdem Cousins (1999), S. 153. Dies trifft auch für einige Industrien, in denen die Fall-
studienunternehmen agieren, zu, z. B. die Rüstungsindustrie, siehe hierzu auch Abschnitt 4.3.1.
1127
Vgl. z. B. Ng et al. (2011a), S. 442, in Verbindung mit Hahn et al. (1990), S. 2.
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 297
1128
Vgl. an dieser Stelle Berkowitz et al. (2004), S. 256, sowie Gruneberg et al. (2007), S. 692. Siehe
hierzu ausführlich Unterkapitel 3.3.
1129
Vgl. Defense Acquisition University (2005), S. 2–6, allgemeiner Freiling et al. (2004), S. 66 f.
1130
Vgl. Straub/ van Mossel (2005), S. 995.
1131
Vgl. Brady et al. (2005), S. 363, oder Storbacka (2011), S. 699, ergänzend Piercy (2009). In den
Fallstudien wählte Milvus die informelle Integration, Aeronavis unterhält ein spezialisiertes Team
für PBC in der Beschaffungsabteilung (ähnlich auch Defensio), während Machinator Beschaf-
fungsexperten in den PBC-Geschäftsbereich integriert hat.
298 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
ben. 1132 Eine daran angelehnte Lösung bildet die Funktion des „Partnermana-
gers“ als dezidiertem Betreuer besonders wichtiger Lieferanten; hier wäre sicherzu-
stellen, dass dieser auch die Besonderheiten von PBC umfassend abdeckt und dies
nicht durch „klassisches“ Güter- und Dienstleistungsgeschäft überlagert wird. 1133
Auch hier beeinflussen die Erfordernisse des integrierten Lieferantenmanagements
in PBC die gesamte Beschaffungsfunktion, hier speziell organisatorische und perso-
nelle Fragen.
Über den Aspekt des Lieferantenmanagements hinaus in der Verknüpfung mit der
strategischen Beschaffung geht die „Zentralisierung“ PBC-spezifischer Kompetenz,
sowohl was Entscheidungsbefugnisse als auch was Fachwissen betrifft (siehe hierzu
auch 3.1.2.4). Dies ist insbesondere beim Aufbau spezieller PBC-Ressourcen im Be-
schaffungsbereich sowie bei der Zusammenführung in einem eigenen PBC-
Geschäftsbereich gegeben.1134
Auch wenn dieser Aspekt in dieser Arbeit nur untergeordnet berücksichtigt wurde,
darf die Rolle „skalierbarer Informationssysteme (als) IT-Unterstützung für ein inte-
griertes Lieferantenmanagement nicht außer Acht gelassen werden. Dies gilt sowohl
für den bereits behandelten Bereich des „Performance-Managements“ bzw. der „Lie-
ferantenbewertung“ sowie der Lieferantenauswahl, z. B. bei der Erhebung und Aus-
wertung der Leistungsdaten konkreter PBC-Verträge (siehe hierzu auch den Vor-
schlag zu speziellen Datenbanken in Unterabschnitt 3.2.3.2), als auch, wie im Rah-
men der Fallstudien vorgeschlagen, indem Informationen über Märkte und Lieferan-
ten in entsprechenden Datenbanken gesammelt werden.1135 Ein weiterer Aspekt des
IT-gestützten Lieferantenmanagements ergibt sich aus der Coordination Theory-
Analyse. Diese beschreibt, mittels IT-Systemen die Kommunikation und den Informa-
tionsaustausch mit Lieferanten zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Dies dürfte eine
Weitergabe der Leistungsanforderungen und -daten vom PBC-Abnehmer zu den Lie-
feranten wesentlich erleichtern. Bei der Umsetzung können sich PBC-Anbieter an
existierende Konzepte aus dem Supply Chain Management anlehnen.1136
Der zunächst letzte Aspekt des (bisherigen) Konzeptrahmens für strategische Be-
schaffung, „professionelles, gezielt ausgebildetes Personal“ einzusetzen, wurde be-
1132
Vgl. Davies et al. (2006), S. 43, Tuli et al. (2007), S. 8, sowie Johnstone et al. (2009), S. 531.
Siehe außerdem Unterabschnitt 5.1.3.2.
1133
Vgl. Mühlmeyer/ Belz (2003), S. 585, dazu auch 5.1.3.2.
1134
Vgl. Davies et al. (2007), S. 191, oder Windahl (2007), S. 75, in Verbindung mit Burt et al. (2010),
S. 34 f.
1135
Vgl. Berkowitz et al. (2004), S. 264, in Verbindung mit Glenn Richey et al. (2010), S. 84 f.
1136
Beispielhaft seien an dieser Stelle das „Collaborative planning, forecasting and replenish-
ment“ (CPFR), also gemeinsame Logistikplanung, oder „Electronic data interchange“ (EDI) als
vereinfachter Austausch digitaler Daten, genannt, vgl. van Weele (2010), S. 374 f.
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 299
1137
Vgl. Cook et al. (2006), S. 1460, in Verbindung mit Anderson/ Katz (1998), S. 11, dazu auch Ab-
schnitt 5.1.3.3. Hier kann der Bezug zu den in der Volatus-Fallstudie vorgeschlagenen „Partner-
managern“ hergestellt werden. An diesen würden ganz besondere Ansprüche, insbesondere im
Bereich der Sozialkompetenz, gerichtet. Dazu gehören ggf. auch entsprechende Personalent-
wicklungsmaßnahmen wie Schulungen, strategische Personalplanung etc., vgl. Rese/ Maiwald
(2011), in Verbindung mit Mühlmeyer/ Belz (2003), S. 585, sowie Monczka et al. (2010), S. 29 f.
1138
Vgl. allgemein Freiling et al. (2004), S. 66 f., konkreter zur Wirtschaftlichkeitsberechnung Freiling
(2004), S. 687, zu TVO außerdem Wouters et al. (2005), S. 186.
1139
Vgl. Eßig (2003), S. 323 ff., bzw. Ng et al. (2009a), S. 382.
1140
Vgl. Wynne (2004), S. 2, und Doerr et al. (2005), S. 167.
300 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1141
Vgl. Sols et al. (2007), S. 49, bzw. Giunipero/ Eltantavy (2004), S. 699. Siehe ausführlich Unter-
abschnitte 2.3.2.1 bzw. 3.1.2.3.
1142
Vgl. Eberle (2005), S. 236 ff., ergänzend Kaufmann (2002), S. 24.
1143
Vgl. Norrman (2008), S. 383. Auch spiegelt sich in dieser Abwägung von Kosten und Nutzen der
Ansatz des TVO wider, siehe Unterabschnitt 3.2.3.5.
1144
Vgl. Zuther (2002), S. 17
1145
Vgl. Kaiser/ Schramm (2004), S. 192, in Verbindung mit Petrick (2007), S. 245.
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 301
Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht einzelne Elemente, sondern die Kombination
der gesamten Elemente (in ggf. unterschiedlicher Ausprägung) die Voraussetzung
für ein integriertes Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter verkörpern. Daher
wird aus den adaptierten Elementen im folgenden Unterabschnitt eine zusammen-
fassende Konzeption entwickelt, um so auch noch einmal den integrativen Anspruch
des Ansatzes hervorzuheben.
5.3.1.3 Konzeptmodell eines „House of PBC Supplier Management“
Mit den zuvor auf PBC adaptierten bzw. aufgrund PBC ergänzten Elementen wurden
die Bestandteile eines Rahmenkonzepts für eine strategische Beschaffung auf ein
integriertes Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter übertragen. Die Bedeutung
der einzelnen Aspekte kommt jedoch erst durch ihre Kombination bzw. Integration
vollständig zur Geltung.
Solch integrierte, ganzheitliche Konzepte werden wiederholt am Aufbau eines Ge-
bäudes bzw. Hauses orientiert veranschaulicht. Im gewählten Themengebiet exis-
tieren z. B. das „House of Supply Chain Management“, das „House of (Purchasing
and) Supply Management“, das „House of Sourcing and Supply Management“ oder
das „House of Supply Controlling & Risk Management“.1147 Meist bilden dabei orga-
nisatorisch-strukturelle Voraussetzungen das Fundament, die zentralen prozessua-
len Elemente die tragenden Säulen und strategische Ziele oder das Konzept selbst
das Dach. Einem ähnlichen Aufbau folgt auch der Vorschlag für ein „House of PBC
Supplier Management“ als Integration der Elemente eines anbieterseitigen PBC-
Lieferantenmanagements (vgl. nachstehende Abbildung). Die engen Bezüge zur
strategischen Beschaffung, in den grundlegenden Abgrenzungen zum Lieferanten-
management in Unterabschnitt 3.1.1.3 aufgezeigt und in der Diskussion in 5.3.1.2 für
PBC konkretisiert, werden dabei auf zweierlei Weise reflektiert: einerseits, indem die
Aspekte, die weniger Lieferantenmanagement als vielmehr allgemeine Relevanz für
die strategische Beschaffung haben, grafisch nur angedeutet werden. Andererseits,
indem das „House of PBC Supplier Management“ indikativ in ein übergeordnetes
1146
Quelle: eigene Darstellung, schattierte Elemente in Anlehnung an Carter/ Narasimhan (1996), S.
22–24, und Dobler/ Burt (1996), S. 10 f.
1147
Vgl. jeweils Stadtler (2002), S. 12, bzw. Stadtler (2005), Carter et al. (1998), S. 23, dazu ergän-
zend A.T. Kearney (2005), S. I, bzw. ähnlich Carter et al. (2000), sowie A.T. Kearney (2005), E-
ßig (2005), S. 14, bzw. ähnlich Hapke/ Jung (2005), zuletzt Henke (2009), S. 126. Ursprünglicher
zur „House of“-Methodik vgl. Hauser/ Clausing (1988), S. 63 f., ergänzend wiederum Eßig (2005),
S. 13 f.
304 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Konzept „PBC Supply Management“ eingeordnet wird, das indes nicht Inhalt dieser
Abhandlung ist, sondern lediglich als Ausgangspunkt für weitere Forschungsarbeiten
dienen kann. Das Lieferantenmanagement bildet dabei nicht nur einen wesentlichen
Bestandteil der beiden Konzepte, sondern auch deren Verknüpfungspunkt.
1148
Eine weitere Ausarbeitung und kritische Auseinandersetzung mit dem unterbreiteten Vorschlag
wird aber explizit für zukünftige Forschungsarbeiten vorgeschlagen, siehe auch Unterkapitel 6.2.
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 305
1149
Vgl. an dieser Stelle noch einmal exemplarisch Selviaridis/ Spring (2010), S. 179, bzw. Kim et al.
(2007), S. 1843. Zur Rolle von Verträgen in PBC aus Anbietersicht vgl. Unterabschnitt 2.3.2.2
sowie in der Beziehung zu Lieferanten zudem 3.1.2.2 und 3.1.3.6.
1150
Vgl. Macaulay (1963), S. 56, und Macneil (1978), S. 868, erläuternd Macneil (1980).
1151
Vgl. Macneil (1978), S. 859, siehe auch die Ausführungen zur Beziehungsforschung in Unterab-
schnitt 3.1.2.1, wonach diskrete Austauschverhältnisse zumindest für industrielle Märkte nahezu
ausgeschlossen sind.
1152
Vgl. Dyer/ Singh (1998), S. 662, oder Poppo/ Zenger (2002), S. 721.
1153
Arbeiten im Bereich des SCM bzw. der Beschaffung, welche die Relational Contracting-Theorie
nutzen, sind z. B. Provan/ Gassenheimer (1994), S. 55, die damit den Zusammenhang von
„Commitment“ und Macht in Lieferantenbeziehungen erklären, oder Chen et al. (2004), S. 509,
die „Relational Contracting“ als Erfolgsfaktor für die strategische Beschaffung nachweisen. Ver-
wandte Arbeiten der Beziehungsforschung allgemein sind z. B. Dwyer et al. (1987), Hallèn et al.
306 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Tatsächlich existiert ein (empirisch belegter) Zusammenhang, der auch als Leitlinie
zur Gestaltung von Lieferantenbeziehungsstrukturen (in PBC) genutzt werden kann:
je spezifischer ein Vertragsinhalt (z. B. ein Beschaffungsobjekt), desto kooperativer
wird eine Beziehung angelegt, und je kooperativer eine Beziehung ist, desto komple-
xer bzw. individueller werden die vertraglichen Regelungen angelegt. 1154 Anders for-
muliert, beugen standardisierte Verträge Opportunismus vor und erleichtern koopera-
tive Beziehungen Verträge über komplexere Inhalte. Wegen der hervorgehobenen
Bedeutung von Verträgen (und Beziehungen) in PBC wird dieser Aspekt im folgen-
den Unterabschnitt auf PBC SRM übertragen und zur Entwicklung eines ergänzen-
den PBC-SRM-Portfolio-Ansatzes herangezogen.
5.3.2.2 Relational Contracting für PBC-Anbieter
Aus Abschnitt 5.2.3 geht hervor, dass PBC-Anbieter die Art der Einbindung ihrer Lie-
feranten differenziert vornehmen sollten. Außerdem wurde die Wechselbeziehung
von Vollständigkeit von Verträgen und intensiven Lieferantenbeziehungen skizziert.
Durch die Ergebnisorientierung in PBC ergibt sich hierfür die Notwendigkeit der ge-
zielten Steuerung auf Anbieterseite.
Der Argumentation der Relational Contracting-Theorie folgend, gilt, dass je (lieferan-
ten-)spezifischer die Inhalte eines Vertrages sind, desto kooperativer sollten die Lie-
ferantenbeziehungen angelegt sein.1155 Ebenso folgt aufgrund der Ergebnisorientie-
rung, dass je stärker die PBC-Einbindung eines Lieferanten, desto offener bzw. we-
niger detailliert sollten die Spezifikationen sein.1156 Hieraus lassen sich zwei Dimen-
sionen ableiten: zum einen der „Kooperationsgrad der Lieferantenbeziehung“ mit den
Ausprägungen „hoch“ und „niedrig“ und zum anderen der „Vertragsmechanismus“,
der in „offen-lieferantenspezifisch“ und „detailliert-standardisiert“ unterschieden wird.
Diese Dimensionen lassen sich anhand der bereits genutzten Portfoliomodell-
Technik und im Rückgriff auf Unterabschnitt 5.2.3.2 wie folgt veranschaulichen:
(1991), Parker/ Hartley (2003), Doornik (2006), oder Palmatier et al. (2007). Zur konkreten Aus-
sage vgl. dagegen Terpend et al. (2011), S. 83.
1154
Vgl. Poppo/ Zenger (2002), S. 721.
1155
Vgl. Poppo/ Zenger (2002), S. 719 ff., spezifisch für PBC Howard/ Caldwell (2011), S. 2.
1156
Vgl. Gruneberg et al. (2007), S. 691.
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 307
offen-lieferanten-
• Geringe • Hohe Kooperation
spezifisch
Kooperation • Hohe Komplexität
Vertragsmechanismus • Hohe Komplexität • Intensive
• Technisch- Beziehung
funktionale • Offen-funktionale
Fokussierung Verträge
Spezifikationen Komplexität
• Geringer Be- • Geringer
ziehungsaufwand Vertragsaufwand
• Standardisierte • Ergänzend ggf.
Verträge Kooperation
Niedrig Hoch
Kooperationsgrad
der Beziehung
Das Portfolio kann aufgrund der Zielrichtungen, die aus der etablierten Relational-
Contracting-Theorie übernommen wurden, von PBC-Anbietern genutzt werden, um
das Management des Lieferantenportfolios auf Vertrags- und Beziehungsebene in
Einklang zu bringen: je nach Bedeutung eines Lieferanten bzw. der von ihm bezoge-
nen Leistungsanteile wird der passende Vertrags- und Beziehungsansatz vorge-
schlagen. Maßgabe ist dabei, eine Übereinstimmung von Vertrags- und Beziehungs-
ansatz auf Basis der Bedeutung des Lieferanten bzw. Beschaffungsobjektes anzu-
streben bzw. zu verwirklichen. Hierin liegt auch die Verbindung zu dem in Abschnitt
5.2.3 entwickelten PBC-SRM-Portfoliomodell.
Für einfache bzw. standardisierte Leistungen ergibt sich beispielsweise, dass im
Aufbau einheitliche, in der Spezifikation aber möglichst detaillierte Verträge zur An-
wendung kommen sollten, die nicht unbedingt durch kooperative Beziehungen ge-
deckt sein müssen bzw. in Fällen, in denen rein funktionale Beziehungen ausrei-
chen. 1158 Für komplexe Leistungsbündel als Beschaffungsobjekt wiederum sollten
1157
Quelle: mit Bezügen zu Kleemann/ Essig (2012a), S. 14.
1158
Vgl. Macneil (1978), S. 856 bzw. 873, in Verbindung mit de Toni/ Nassimbeni (1999), S. 602.
308 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
Gerade bei erstmaliger Umsetzung des Konzepts ist nicht zu erwarten, dass immer
eine Übereinstimmung zwischen dem empfohlenem und dem genutztem Ansatz be-
steht. Hierfür sei auch auf die Ergebnisse der Fallstudien verwiesen, in denen unab-
hängig von den jeweiligen Beschaffungsobjekten kaum eine Einbindung über ergeb-
nisorientierte (und damit spezifische und weniger detaillierte) Verträge erfolgt, und
das, obwohl überwiegend kooperative Beziehungen angegeben wurden. Dies erfor-
dert ggf. gezielte Maßnahmen zur Anpassung der Lieferantenstruktur und/oder der
jeweiligen Beziehungen, je nachdem, welcher Art die Diskrepanz zwischen Vertrags-
und Beziehungsansatz ist: 1160
x Sollte der Kooperationsgrad höher sein als empfohlen, wären die entspre-
chenden Maßnahmen zur Beziehungspflege zu reduzieren, im umgekehrten
Fall zu erhöhen.
x
Sollte der Vertrag detaillierter und/oder standardisierter sein, als es gemäß
des Kooperationsgrades angeraten ist, könnte bei zukünftigen Verträgen der
Detaillierungsgrad und damit ggf. der Kontrahierungsaufwand reduziert wer-
den (und umgekehrt).
Gerade für Lieferanten, die gezielt in PBC-Charakteristika eingebunden werden, sind
dementsprechend zusätzliche Aktivitäten zu Aufbau und Pflege der Beziehung erfor-
1159
Vgl. Araujo et al. (1999), S. 498, ähnlich Kamath/ Liker (1994), S. 159.
1160
Dieses Missverhältnis, also eine „Über-“ bzw. „Unterdimensionierung“ des Beziehungsmanage-
mentaufwandes, gilt auch im nicht PBC-spezifischen Lieferantenmanagement als Problem, vgl.
Stuart/ McCutcheon (1995), S. 5, Anderson/ Jap (2005), S. 78, und Claro/ Claro (2010), S. 221.
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 309
1161
Als zentrale Arbeiten werden Homans (1958), Thibaut/ Kelley (1959), und Blau (1964) angesehen.
Eine Zusammenfassung und Diskussion der Theorie findet sich bei Emerson (1976).
1162
Vgl. hierzu und in der Folge Homans (1958), S. 601 f., Thibaut/ Kelley (1959), S. 12, sowie Blau
(1964), S. 16 f.
1163
Zur Individualität von Motivationsstrukturen allgemein vgl. Rheinberg (2008), S. 128 f., spezifi-
scher für Lieferanten vgl. Giunipero (1990), S. 21.
1164
Dies weist Bezüge zu den in 3.1.3.4 erwähnten Aufwänden für das Management von Lieferan-
tenbeziehungen auf, vgl. an dieser Stelle exemplarisch Ford et al. (2003), S. 95.
1165
Vgl. Homans (1958), S. 606, ähnlich zu diesem Effekt spezifisch in Lieferantenbeziehungen Gad-
de/ Hakansson (1994), S. 33.
310 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1166
Zur Übertragung der Social Exchange-Theorie von Individuen auf Gruppen vgl. Thibaut/ Kelley
(1959), S. 9. Spezifischer zum Zusammenhang von Verhaltensstrukturen Einzelner und Organi-
sationen haben Akerlof und Kranton auch die „Identity Economics“-Theorie entwickelt, vgl. Aker-
lof/ Kranton (2000), Akerlof/ Kranton (2005), Akerlof/ Kranton (2010), und Akerlof/ Kranton (2010).
1167
Vgl. Kern (1990), S. 10f. bzw. 218.
1168
Vgl. Morgan/ Hunt (1994), S. 23 bzw. 31.
1169
Vgl. Wolters/ Schuller (1997), S. 156 f.
1170
Vgl. Lambe et al. (2001), S. 12 ff.
1171
Vgl. Parker/ Russel (2004), S. 58.
1172
Vgl. Griffith et al. (2006), S. 87.
1173
Vgl. Kingshott (2006), S. 730. Eine ähnliche Ausrichtung hat auch die Arbeit von Carey et al.
(2011).
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 311
1174
Vgl. Narasimhan et al. (2009), S. 378.
1175
Vgl. Wagner/ Coley (2011), S. 31.
312 Modellierung von PBC-Anbieter-Lieferanten-Beziehungen
1176
Pfohl (2010) empfiehlt bei der Adaption der Beschaffungspolitik nach Grochla und Schönbohm
(1980) eher allgemein eine gezielte Kommunikationspolitik, um Lieferanten besser auf die Ziele
eines Abnehmers auszurichten. Ähnliche Maßnahmen wie die in der Folge ausgearbeiteten
schlagen auch Bichler et al. (2011), S. 40, vor und dienen daher als Leitlinie.
1177
Speziell zu den Workshops vgl. Hofmann et al. (2012b), S. 30. Zu den Lieferantentagen vgl.
Arnolds et al. (2012), S. 177, Büsch (2011), S. 173, oder Heß (2008), S. 316. Zu den digitalen
Maßnahmen, wie z. B. E-Mail-Newsletter, vgl. Heß (2008), S. 328, ergänzend auch Kaune/ Neu-
schulz (2004), S. 159.
1178
Vgl. Appelfeller/ Buchholz (2011), S. 74, Pfohl (2010), S. 178, sowie Schönsleben (2011), S. 224.
1179
Vgl. Appelfeller/ Buchholz (2011), S. 74.
1180
Vgl. ähnlich Kaune/ Neuschulz (2004), S. 159. Von besonderem Wert für den Aufbau von Ver-
trauen und Lieferanten-„Commitment“ dürfte es sein, wenn hochrangige Vertreter des beschaf-
fenden Unternehmens, also des PBC-Anbieters, die Veranstaltungen mit begleiten, vgl. Ellram
(1991a), S. 4, ebenso Sheth/ Parvatiyar (1992), S. 80 f.
1181
Vgl. Baily et al. (2008), S. 106, Pfefferli (2002), S. 86 ff., van Weele (2010), S. 242, sowie Wisner
et al. (2011), S. 91.
1182
Vgl. Large (2009), S. 248, ähnlich Ng/ Nudurupati (2010), S. 666.
1183
Vgl. Guo/ Ng (2011b), S. 47.
Gestaltungsempfehlungen für das Lieferantenmanagement durch PBC-Anbieter 313
1184
Vgl. Harland et al. (2005), S. 163.
Zusammenfassung und Reflexion der wesentlichen Erkenntnisse 315
Einen Aspekt, der im Verlauf der Arbeit mehrfach angesprochen wurde, bildet die
ausgewählte Forschungsperspektive auf das Analyseobjekt. Während hier aufgrund
des grundlegend explorativen Charakters der Studie eine Begrenzung auf die dyadi-
sche Perspektive vorgenommen wurde, sollten weitere Forschungsarbeiten auf kom-
plexere Zusammenhänge ausgerichtet werden, die insbesondere den Einfluss bzw.
die Einbindung des PBC-Abnehmers stärker berücksichtigen (auf triadischer oder
Supply Chain-Betrachtungsebene). Wenn auch die Komplexität dort am höchsten ist,
sollte auch die Nutzung der Netzwerksperspektive geprüft werden. Einerseits, weil
gerade die für PBC relevanten Investitionsgütermärkte ohnehin eine starke Vernet-
zung aufweisen. Andererseits, da bereits zahlreiche Forschungsarbeiten auf dem
Gebiet komplexer Leistungsbündel aufgrund von deren Komplexität die Betrachtung
auf Netzwerkebene als besonders geeignet empfehlen und nutzen.
Auch wenn dieser Aspekt bereits in Kapitel 4.1 umfassend behandelt wurde, sollen
hier die Limitationen des Fallstudienansatzes als gewählte Methodik für die empiri-
sche Untersuchung reflektiert werden. Sowohl die Auswahl der Untersuchungsobjek-
te als auch deren Anzahl erlauben, noch dazu in Hinblick auf die Diversität von PBC,
keine verlässlichen Generalisierungen. Bevor jedoch großzahlige Untersuchungen
durchgeführt werden können, muss zunächst die oben erwähnte konzeptionelle Fun-
dierung von PBC deutlich verstärkt werden. Dann erst ist es zweckmäßig, eine Ope-
rationalisierung vorzunehmen und die in dieser Arbeit erzielten indikativen Ergebnis-
se auf Basis umfassender, strukturierter empirischer Erhebungen zu prüfen.
Zuletzt wurde in den Gestaltungsempfehlungen mit dem „House of PBC Supplier
Management“ ein indikativer Rahmen für ein integriertes Lieferantenmanagement
durch PBC-Anbieter entworfen, der aufgrund der Fokussierung der vorliegenden Ar-
beit zunächst nur indikativ ausgearbeitet wurde. Dies sollte in weiteren Forschungs-
vorhaben konkretisiert und ggf. zu einem „House of PBC Supply Management“ er-
weitert werden.
Derzeit sind keine Anzeichen zu erkennen, dass eine Umkehr der prägenden wirt-
schaftlichen Trends wie der Globalisierung und (Informations-)Technologisierung
stattfinden wird. Insofern ist auch davon auszugehen, dass die Konsequenzen für
Unternehmen wie wettbewerbliche Dynamik und daraus die Notwendigkeit, sich auf
Kernkompetenzen zu fokussieren, nicht nachlassen werden. Für Anbieter komplexer
Leistungsbündel bedeutet dies, dass die Nachfrage nach spezifischen, nutzwertori-
entierten Lösungen weiter steigen dürfte. Umso wichtiger erscheint es, die Lieferan-
ten als wichtige Ressourcen im Leistungserstellungsprozess zu erkennen und durch
gezielte Einbindung im Rahmen von Lieferantenmanagement in Zukunft noch besser
zu nutzen. Hierzu wiederum können die oben angeregten Forschungsarbeiten einen
wichtigen Beitrag leisten.
Anhang 1: Vorgehen bei der strukturierten Literaturrecherche 319
Anhang
Anhang 1: Vorgehen bei der strukturierten Literaturrecherche
Ausgangspunkt der Untersuchung des aktuellen Forschungsstandes war ein struktu-
riertes, mehrstufiges Vorgehen. Das Ziel bestand darin, festzustellen, ob bereits For-
schungsergebnisse vorliegen, die sich mit dem Zusammenhang ergebnisorientierter
Beschaffungskonzepte mit erfolgsvariabler Vergütung (Performance-based Contrac-
ting) und den Lieferantenbeziehungen (ggf. genauer für die Beziehung seitens der
Anbieter) auseinandersetzen. Orientiert an den Ansätzen von Tranfield et al. (2003)
sowie Pittaway et al. (2004), wurde zunächst mit initialen Schlagworten eine explora-
tive Recherche in mehreren Universitätsbibliotheken und Bibliotheksverbunden
durchgeführt und die Ergebnisse dann nach ihrer thematischen Relevanz beur-
teilt.1185
Bereits aus der Anzahl der Suchergebnisse ergab sich, dass die Thematik noch nicht
umfassend durchdrungen ist (31 Treffer seit 1972). Vielmehr wird eine Vielzahl von
Themengebieten angesprochen, z. B. der Einsatz des Konzepts in sozialen öffentli-
chen Dienstleistungen oder für die Steuerung von Energieeinsparungen. Nur einige
Ergebnisse (sechs von 31 Treffern) beschäftigten sich mit ergebnisorientierten Ver-
tragskonzepten mit Leistungsvergütung mit Blick auf komplexe Leistungsbündel bzw.
mit Fragen der Lieferantenbeziehung (zwei von 31 Treffern). Sie wurden als teilweise
relevant für das identifizierte Forschungsproblem erachtet. Als voll relevant, also mit
Aussagen zu Lieferantenbeziehungen in ergebnisorientierten Beschaffungskonzep-
ten mit erfolgsvariabler Vergütung, wurde ausschließlich eine Publikation bewertet.
Basierend auf der explorativen Literaturrecherche wurden weitere Schlagworte zur
Thematik des ergebnisorientierten Beschaffungskonzepte mit erfolgsvariabler Vergü-
tung identifiziert (z. B. Availability Contracting, Solutions Sourcing). Diese wurden
durch abgeleitete Schlagworte, insbesondere aus dem Beschaffungsbereich, ergänzt,
um die Lieferantenbeziehungsperspektive zu berücksichtigen (z. B. purchasing, pro-
curement, services, incentive, supplier, relationship). Die Schlagworte wurden zu 24
Suchketten zusammengefügt (z. B. incentive contracting, supplier relationship ma-
nagement). Diese wurden genutzt, um die Datenbank „EBSCO Host“ bzw. „Business
Source Premier“ gezielt nach Beiträgen in englischsprachigen wissenschaftlichen
Fachzeitschriften („Journals“) zu durchsuchen.
1185
Vgl. zum Vorgehen Tranfield et al. (2003), S. 214, und Pittaway et al. (2004), S. 138 f.
Die daraus resultierenden 2.178 Ergebnisse wurden nach dem gleichen Muster wie
die Suchergebnisse der Bibliotheksrecherche auf ihre thematische Relevanz zur
Problemstellung hin untersucht, zunächst durch Prüfung der Titel der Publikationen.
Danach wurden noch 256 Beiträge als potenziell relevant erachtet. Von diesen ver-
bleibenden „relevanten“ Artikeln wurden die Zusammenfassungen („Abstracts“, falls
vorhanden) gelesen. Nach dieser Auswahl wurden noch 36 Artikel als „voll rele-
vant“ beurteilt und daraufhin vollständig gelesen.
Dabei zeigte sich, dass 28 Publikationen entweder die Lieferanten-Abnehmer-
Beziehung behandeln oder ergebnisorientierte Vertragskonzepte mit Leistungsvergü-
tung. Gleichwohl gehen lediglich acht Aufsätze auf Auswirkungen dieser Konzepte
auf die Leistungserbringungsstrukturen (z. B. Lieferanten, Anbieter) ein, wobei keiner
die speziellen Auswirkungen auf die Lieferantenbeziehungen seitens der Anbieter
betrachtet. Die Abbildung auf der Folgeseite zeigt die Verteilung der 36 hoch relevan-
ten Publikationen im Zeitverlauf:
7
4 Ergebnisorientierte
Leistungskonzepte
Ergebnisorientierte
3 Leistungskonzepte
mit Fokus
Lieferantenbeziehung
2
Lieferantenbeziehung
0
1998 1999 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Die geringe Zahl der relevanten Publikationen ist auch ein Beleg dafür, dass kein
eigenständiges Forschungsfeld existiert. Somit schien es notwendig, thematisch
verwandte Gebiete mit einzubeziehen, um ggf. Übertragungen auf das konkrete For-
schungsproblem zu ermöglichen. Zum einen zeigte sich, dass ergebnisorientierte
Vertragskonzepte mit erfolgsvariabler Vergütung v. a. mit der Erbringung oder Ver-
Anhang 1: Vorgehen bei der strukturierten Literaturrecherche 321
1186
Bei einer Einteilung der 36 hoch relevanten Suchergebnisse in deren Fokus in entweder Beschaf-
fungs- oder Dienstleistungsperspektive wurden zwölf Artikel (33,3 %) entsprechend zugeordnet.
1187
Vgl. Vargo/Lusch (2004), S. 2, und Vargo/Lusch (2006), S. 282.
322 Anhang
1188
Zu den Möglichkeiten, eigene Skalierungen zu entwickeln, vgl. Möhring/ Schlütz (2010), S. 101,
spezifisch zum „Open Coding“-Verfahren als Weg der Erkenntnisgenerierung aus gering struktu-
rierten Daten zudem Strauss/ Corbin (1998), S. 101 ff.
1189
Zur Erläuterung und Verwendung von „Harvey Balls“ vgl. Katz (2012), S. 65.
Anhang 2: Methodischer Ansatz zur Unterscheidung PBC-ähnlicher Konzepte 323
Insofern wurden in den Fällen „Turbineus“ und „Milvus“ zwei Gespräche pro Unter-
nehmen geführt. Bei „Sapo“, „Ferrivia“, „Cautio“ und „Aeronavis“ wurden die Gesprä-
che mit einer Person geführt, in den anderen Fällen mit mindestens zwei Personen.
Anhang 4: Gesprächsleitfaden für die Fallstudienuntersuchung 325
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