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Springer-Lehrbuch

Brigitte Werners

Grundlagen des
Operations Research
Mit Aufgaben und Lösungen

Zweite, überarbeitete Auflage

123
Professor Dr. Brigitte Werners
Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre,
insbes. Unternehmensforschung und Rechnungswesen
Universitätsstraße 150
44801 Bochum
or@rub.de

ISBN 978-3-540-79973-3 e-ISBN 978-3-540-79974-0

DOI 10.1007/978-3-540-79974-0

Springer-Lehrbuch ISSN 0937-7433

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Gedruckt auf säurefreiem Papier

987654321

springer.de
Vorwort

Ziel dieses Buches ist die Vermittlung grundlegender Kenntnisse des Operations
Research, also der Entwicklung und des Einsatzes quantitativer Modelle und
Methoden zur Entscheidungsunterstützung. Hiermit lassen sich komplexe reale
Probleme strukturiert analysieren, erfassen und modellieren. Darauf aufbauend
werden quantitative Ergebnisse ermittelt und eine möglichst optimale Lösung
bestimmt. Charakteristisch für das Operations Research ist die Interdisziplinarität
der Anwendungsbereiche und der eingesetzten Methoden und Theorien, vor allem
der Wirtschaftswissenschaft, der Mathematik und der Informatik. Gefördert durch
die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien und
aufgrund des zunehmenden Bedarfs an Verbesserung und Optimierung in vielfäl-
tigen Einsatzbereichen findet Operations Research wachsende Verbreitung und
viele Fachdisziplinen integrieren seine Methoden.
Das vorliegende Lehrbuch ist begleitend zu einer einführenden Veranstaltung
oder auch zum selbstständigen Studium besonders für Studierende der Wirt-
schaftswissenschaft geeignet. Es wird als ergänzende Lektüre zu Vorlesungen für
Studierende der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Ruhr-Universität
Bochum eingesetzt. Auch Studierenden der Ingenieurwissenschaften, der Informa-
tik und der Mathematik wird es empfohlen, wenn diese sich besonders für die
Lösung wirtschaftlicher Problemstellungen interessieren. Zahlreiche Anwen-
dungsbeispiele und Übungen veranschaulichen die vorgestellten Modelle und
Methoden. So finden sich in einem separaten Kapitel vielfältige Gestaltungs- und
Einsatzmöglichkeiten von Optimierungsmodellen in den Bereichen Produktion
und Logistik, Investition und Finanzierung, Marketing, Personalplanung, Innova-
tionsmanagement und Krankenhausplanung. Graphen werden mit Beispielen aus
der Logistik und des Projektmanagements motiviert. Anhand der Anwendungen
Anlagenbelegung, Warteschlangen und Risikoanalyse lässt sich die Entschei-
dungsunterstützung mittels Simulation nachvollziehen.
Die grundlegenden Methoden der Optimierung, Graphentheorie und Simulation
werden jeweils nach ausführlichen, einleitenden Beispielen formal mathematisch
dargestellt, um die Allgemeinheit der Aussagen zu gewährleisten und die Abstrak-
tionsfähigkeit zu fördern. Über die üblichen schulischen Kenntnisse hinaus wer-
den keine mathematischen Anforderungen gestellt, auf Beweise wird durchgängig
verzichtet. Die hier angesprochenen Modelle und Methoden dienen einerseits der
Analyse von Problemen, andererseits der Optimierung. Die für die Lösung der
VI Vorwort

vorgestellten Modelle erforderlichen, grundlegenden algorithmischen Kenntnisse


werden ebenfalls vermittelt und auf OR-Software wird hingewiesen.
Leser sollen in die Lage versetzt werden, komplexe Problemstellungen der Rea-
lität systematisch zu analysieren, selbstständig zu modellieren und zu lösen.
Voraussetzung dazu ist eine angemessene Durchdringung des Problems, eine
Erfassung der Ziele und relevanten Zusammenhänge, die Ermittlung der Konse-
quenzen von Entscheidungen über Handlungsalternativen und auf dieser Basis die
Auswahl der besten verfügbaren Alternativen. Darüber hinaus soll auch gezeigt
werden, dass die Information über Ziele, Strukturen und Konsequenzen dabei
hilft, neue Alternativen zu generieren, um eine weitere Verbesserung zu erreichen.
Dazu ist Übung und Training anhand vielfältiger Beispiele erforderlich. Dies wird
durch die sehr zahlreichen Übungsaufgaben gefördert. Deren detaillierte Lösungen
im abschließenden Kapitel des Buches verhelfen zu vertieften Einblicken in
Problemstrukturen, algorithmische Vorgehensweisen und Modellierungsmöglich-
keiten. Insgesamt fördert die Auseinandersetzung mit den angebotenen Beispielen
den strukturierten Umgang mit Problemen und das analytische Denkvermögen,
welches durch die vielfältigen Abstraktionsgelegenheiten konsequent trainiert
wird. So wird über die Methodenkompetenz hinaus eine besondere Problemlö-
sungskompetenz erreicht.
Dass dieses Konzept von den Lesern geschätzt wird, zeigt die hohe Nachfrage,
welche bereits nach kurzer Zeit die vorliegende zweite Auflage erforderte. Der
Inhalt wurde mit geringfügigen Änderungen übernommen, die Literatur aktuali-
siert und einige Übungsaufgaben ergänzt.
Allen, die an der Entwicklung dieses Buches Anteil hatten, danke ich sehr herz-
lich. Besonders zu erwähnen sind meine wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, die mit vielfältigen Beiträgen unterstützten: Dipl.-Ök. Niels Becker,
Dipl.-Math. Mathias Einck, Dr. Stephanie Freiwald, Dipl.-Ök. Jens Kanacher,
Dipl.-Ök. Urs Pietschmann, Dipl.-Ök. Sebastian Rachuba und Dr. Jens Wiggers-
haus. Besonders danke ich ebenfalls meiner stets engagiert und umsichtig unter-
stützenden Sekretärin Frau Inge Spieker. Zu großem Dank verpflichtet bin ich
darüber hinaus den teilweise ehemaligen studentischen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern Kathrin Armborst, Felix Frühauf, Hendrik Hemke, Sonja Kassen-
böhmer, Ann-Kristin Klas, Jennifer Neuhaus, Stefanie Reinhart, Sarah Schülke,
Christine Stockey, Malte Rau und Thomas Wülfing, die mit größtem Engagement
die Umsetzung und Verbesserung des Manuskripts realisiert haben.

Bochum, im Juli 2008 Brigitte Werners


Inhaltsverzeichnis

Vorwort ................................................................................................................. V

Inhaltsverzeichnis..............................................................................................VII

Symbolverzeichnis .............................................................................................. XI

1 Quantitative Entscheidungsunterstützung ....................................................1


1.1 Operations Research: Strukturierte Problemlösung ..................................1
1.1.1 Modelle, Methoden, Algorithmen.................................................1
1.1.2 Inhalt des Buches........................................................................12
1.2 Entscheidungsunterstützung ...................................................................15
1.2.1 Entscheidungstheoretische Grundlagen ......................................15
1.2.2 Aufgaben ....................................................................................30

2 Grundlagen linearer Optimierung ...............................................................33


2.1 Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung ..............................33
2.2 Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells ...............................44
2.2.1 Grundmodell der linearen Optimierung......................................44
2.2.2 Lösung des Grundmodells mittels Simplexalgorithmus ............54
2.2.3 Lösungsbesonderheiten...............................................................60
2.2.4 Aufgaben ....................................................................................75

3 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse ...........................77


3.1 Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle................................77
3.1.1 Ermittlung einer zulässigen Ausgangslösung .............................77
3.1.2 Modellmodifikationen und Variablentransformation .................89
3.1.3 Aufgaben ....................................................................................97
3.2 Interpretation, Dualität und Sensitivität ..................................................98
3.2.1 Modellierung und Interpretation .................................................98
3.2.2 Dualität .....................................................................................102
3.2.3 Sensitivitätsanalyse...................................................................109
3.2.4 Aufgaben ..................................................................................117
VIII Inhaltsverzeichnis

4 Anwendungen linearer Optimierung ......................................................... 123


4.1 Rechnereinsatz...................................................................................... 123
4.2 Produktion und Logistik ....................................................................... 127
4.2.1 Produktionsprogrammplanung ................................................. 127
4.2.2 Supply Chain Planning ............................................................. 130
4.2.3 Standortplanung........................................................................ 133
4.2.4 Aufgaben .................................................................................. 137
4.3 Investition und Finanzierung ................................................................ 141
4.3.1 Dynamische Investitionsrechnung............................................ 141
4.3.2 Simultane Investitions- und Finanzierungsplanung.................. 147
4.3.3 Aufgaben .................................................................................. 154
4.4 Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen........................... 158
4.4.1 Revenue Management .............................................................. 158
4.4.2 Sonstige Einsatzbereiche .......................................................... 161
4.4.3 Aufgaben .................................................................................. 170

5 Graphentheorie............................................................................................ 173
5.1 Strukturmodellierung mittels Graphen ................................................. 173
5.1.1 Einführendes Beispiel Autobahnnetz NRW ............................. 173
5.1.2 Gerichtete und ungerichtete Graphen ....................................... 175
5.1.3 Repräsentationsformen von Graphen........................................ 186
5.1.4 Aufgaben .................................................................................. 192
5.2 Bewertete Graphen und kürzeste Wege................................................ 194
5.2.1 Bewertung und Entfernung....................................................... 194
5.2.2 Kürzeste-Wege-Algorithmus von Dijkstra ............................... 197
5.2.3 Aufgaben .................................................................................. 206

6 Projektplanung ............................................................................................ 209


6.1 Modellierung der Projektstruktur.......................................................... 209
6.1.1 Grundlagen der Projektplanung................................................ 209
6.1.2 Strukturanalyse ......................................................................... 211
6.1.3 Aufgaben .................................................................................. 218
6.2 Zeitliche Planung des Projektablaufs.................................................... 222
6.2.1 Zeitanalyse für Vorgangspfeilnetzpläne ................................... 222
6.2.2 Zeitanalyse für Vorgangsknotennetzpläne................................ 227
6.2.3 Pufferzeiten und Flexibilitätsreserve ........................................ 230
6.2.4 Aufgaben .................................................................................. 241
6.3 Kapazitäts- und Kostenplanung ............................................................ 244
6.3.1 Kapazitätsbedarf im Zeitablauf................................................. 244
6.3.2 Projektkostenoptimierung......................................................... 246
6.3.3 Aufgaben .................................................................................. 252

7 Simulation und Warteschlangensysteme ................................................... 255


7.1 Deterministische Simulation................................................................. 255
Inhaltsverzeichnis IX

7.1.1 Systeme und Modellexperimente..............................................255


7.1.2 Anwendungsbeispiel Simulation zur Produktionsplanung .......266
7.1.3 Aufgaben ..................................................................................269
7.2 Stochastische Simulation ......................................................................273
7.2.1 Modellierung stochastischer Einflüsse......................................273
7.2.2 Zufallszahlen und Verteilungen................................................279
7.2.3 Warteschlangensysteme und Risikoanalyse..............................293
7.2.4 Aufgaben ..................................................................................300

8 Lösungen.......................................................................................................305
8.1 Quantitative Entscheidungsunterstützung.............................................305
8.2 Grundlagen linearer Optimierung .........................................................308
8.3 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse ......................319
8.3.1 Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle..................319
8.3.2 Interpretation, Dualität und Sensitivität ....................................327
8.4 Anwendungen linearer Optimierung.....................................................335
8.4.1 Produktion und Logistik ...........................................................335
8.4.2 Investition und Finanzierung ....................................................342
8.4.3 Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen ...............346
8.5 Graphentheorie .....................................................................................349
8.5.1 Strukturmodellierung mittels Graphen .....................................349
8.5.2 Bewertete Graphen und kürzeste Wege ....................................353
8.6 Projektplanung......................................................................................357
8.6.1 Modellierung der Projektstruktur..............................................357
8.6.2 Zeitliche Planung des Projektablaufs........................................366
8.6.3 Kapazitäts- und Kostenplanung ................................................371
8.7 Simulation.............................................................................................376
8.7.1 Deterministische Simulation.....................................................376
8.7.2 Stochastische Simulation ..........................................................385

Abbildungsverzeichnis ......................................................................................393

Tabellenverzeichnis ...........................................................................................397

Literaturverzeichnis ..........................................................................................399

Sachverzeichnis..................................................................................................407
Symbolverzeichnis

≤, < kleiner oder gleich, echt kleiner


≥, > größer oder gleich, echt größer
strikte Präferenz

\ schwache Präferenz
∼ Indifferenz
⇒ daraus folgt
⇔ äquivalent
:= wird gesetzt auf, ist definiert als
⊕ Struktur, Rechenoperation

⊗ Struktur, Rechenoperation
n

∑a
i =1
i a1 + a2 + ... + an
∞, −∞ unendlich, minus unendlich

( a, b ) offenes Intervall von a bis b, a und b gehören nicht dazu bzw.


geordnetes Paar bzw. Pfeil von a nach b

(d ) ij Matrix mit den Elementen dij

[ a, b ] abgeschlossenes Intervall von a bis b, a und b gehören dazu

[ x] größte ganze Zahl ≤ x

[GE / ME ] Einheit, hier Geldeinheit pro Mengeneinheit


a a absolut, definiert als a für a ≥ 0 und -a für a < 0
∈ Element von
⊂ Teilmenge von
∅ leere Menge
XII Symbolverzeichnis

{a, b, c} Menge mit den Elementen a, b, c

{ x | ...} Menge aller x, für die gilt

{} Anzahl der Elemente einer Menge


A Matrix
At , c t Transponierte der Matrix A bzw. des Vektors c
aij* Koeffizient im aktuellen Simplextableau
B Basis
B −1 Basisinverse

(B ) −1
k
k-te Spalte von B −1

bik−1 i-te Komponente der k-ten Spalte von B −1


E(X ) Erwartungswert einer Zufallsvariablen X

FAij frühestmögliche Anfangszeit von Vorgang (i, j )

FEij frühestmögliche Endzeit von Vorgang (i, j )


FZ i frühestmöglicher Zeitpunkt von Ereignis i
FP freier Puffer

FRP freier Rückwärtspuffer


f :A→B Funktion, die jedes Element der Menge A auf jeweils ein Element
aus der Menge B abbildet
f −1 Umkehrfunktion von f

GP Gesamtpuffer
g (k ) Grad des Knotens k
g + (k ) Ausgangsgrad des Knotens k
g − (k ) Eingangsgrad des Knotens k
hi i-te Hilfsvariable
i, j Indizes, besonders für Restriktionen bzw. Variable
Im , I (mxm-) Einheitsmatrix
LP lineare Programmierung
Symbolverzeichnis XIII

MBK mittlere Beschleunigungskosten


max Maximum
min Minimum bzw. Minuten
mod m Modulo-Funktion
N Nichtbasismatrix
Natürliche Zahlen
n! n Fakultät, n ! = 1 ⋅ 2 ⋅ 3 ⋅ ... ⋅ n, n ∈ ; 0!:= 1
p ( x) Wahrscheinlichkeit, dass x eintritt
p(x | y) bedingte Wahrscheinlichkeit, dass x eintritt, unter der Bedingung,
dass y eingetreten ist

SAij spätestzulässige Anfangszeit von Vorgang (i, j )


SEij spätestzulässige Endzeit von Vorgang (i, j )
SZ i spätestzulässiger Zeitpunkt von Ereignis i
n
, reelle Zahlen, n-dimensionale reelle Zahlen bzw. Vektoren
RS Rechte Seite eines Gleichungssystems
s mittlere Warteschlangenlänge

si i-te Schlupfvariable
UP unabhängiger Puffer
V (X ) Varianz einer Zufallsvariablen X

w mittlere Wartezeit
X Zufallsvariable

xj j-te Strukturvariable
z Zielfunktionswert
Z ganze Zahlen
Z+ positive ganze Zahlen
Z + ∪ {0} nichtnegative ganze Zahlen
Δz Kriteriumswerte
XIV Symbolverzeichnis

Δ z (xj ) zu x j gehörender Kriteriumswert


Δ z '(xj ) modifizierter, zu x j gehörender Kriteriumswert
Θ Eliminationskriteriumswerte im Simplextableau
λ Parameter, z.B. für Änderung, Endtermin oder Ankunftsrate
μ Erwartungswert, auch Abfertigungsrate
O (n² ) Landau-Symbol, die maximale Laufzeit des Algorithmus wächst
quadratisch in Abhängigkeit von der Problemgröße

ρ Auslastung, Verkehrsdichte
σ ,σ 2 Standardabweichung, Varianz
Φ Präferenzfunktional, Entscheidungsregel bzw. Verteilungsfunktion
der Standardnormalverteilung
1 Quantitative Entscheidungsunterstützung

1.1 Operations Research: Strukturierte Problemlösung

1.1.1 Modelle, Methoden, Algorithmen

Dieses Buch vermittelt die Grundlagen des Operations Research, d. h. der Ent-
wicklung und des Einsatzes quantitativer Modelle und Methoden zur Entschei-
dungsunterstützung. Dieser Begriff, wie auch Operational Research oder in
Deutschland Unternehmensforschung, wurde Mitte des vorigen Jahrhunderts ge-
prägt, die typischen Vorgehensweisen und Methoden sind teilweise wesentlich
älter. Ähnliche Bezeichnungen sind Management Science oder quantitative Be-
triebswirtschaftslehre, sie beinhalten die Methoden des Operations Research und
stellen wirtschaftswissenschaftliche Fragestellungen in den Vordergrund. Die
Problemlösungsansätze des Operations Research sind durch ihre Interdisziplinari-
tät gekennzeichnet, wobei vor allem Methoden und Anwendungen der Mathema-
tik, der Wirtschaftswissenschaft, der Informatik und der Ingenieurwissenschaften
von Bedeutung sind.
Charakteristisch für die Vorgehensweise des Operations Research ist das Be-
streben, für komplexe reale Situationen optimale Handlungsvorschläge zu ermit-
teln. Optimalität wird entscheidungstheoretisch fundiert und die unter den zu
berücksichtigenden Bedingungen und gemessen an der Zielanforderung beste
Alternative ausgewählt. Auf Schwierigkeiten bei der Ermittlung einer optimalen
Lösung, die z. B. auf mangelnden Informationen, Risiko oder zu rechenaufwändi-
gen Methoden resultieren, wird reagiert, indem in solchen Situationen eine mög-
lichst gute Lösung oder mehrere effiziente Lösungen bestimmt werden. Operati-
ons Research ist hervorragend geeignet, bei der Verfolgung des ökonomischen
Prinzips zu unterstützen, welches besonders in den beiden folgenden Formen zum
Ausdruck kommt:
y Maximumprinzip: Mit einem gegebenen Einsatz an knappen Gütern ist ein
maximales Ergebnis zu erreichen.
y Minimumprinzip: Ein bestimmtes Ergebnis ist mit minimalem Einsatz knapper
Güter zu erreichen.
Damit erklärt sich auch die besondere Bedeutung des Operations Research im
Rahmen einer entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre. Hier liegt der
anwendungsbezogene Haupteinsatzbereich in der Planung und Entscheidungsvor-
2 Quantitative Entscheidungsunterstützung

bereitung, aber auch in der Kontrolle und Steuerung unterschiedlicher Unterneh-


mensbereiche und -aktivitäten sowie übergreifender Projekte und Prozesse. Da-
rüber hinaus nutzen viele andere Disziplinen und Fachgebiete die Methoden des
Operations Research und tragen zu deren Weiterentwicklung bei. Die Vielfalt der
Möglichkeiten kann entsprechenden Sammelwerken entnommen werden (z. B.
Fleuren et al. 2005, Werners u. Gabriel 1994).
Entscheidungen sollten durch Planung vorbereitet werden. Mit Planung wird
ein vom Planungsträger durchgeführter, systematischer und rationaler Prozess zur
Ermittlung von Maßnahmen zur zukünftigen Erreichung von Zielen bezeichnet,
auch unter Berücksichtigung von unsicheren Umwelteinflüssen oder rationalen
Gegenspielern (vgl. beispielsweise Berens et al. 2004, Domschke u. Scholl 2005).
Neben der Ermittlung von Alternativen, die die Erreichung eines angestrebten
Ergebnisses ermöglichen, kann auch das Aufzeigen anzustrebender Ergebnisse als
Aufgabe der Planung betrachtet werden. Planung wird quantitativ genannt, wenn
mathematische Modelle und Methoden zur Anwendung gelangen. Gerade für die
Lösung komplexer Fragestellungen sind quantitative Methoden von großer Bedeu-
tung. Durch die damit verbundene strukturierte Herangehensweise an ein Problem
und die Entwicklung eines geeigneten Modells ergeben sich bereits wertvolle
Einsichten. Diese werden nach der Lösung des Modells noch vergrößert, indem
entweder bereits ein optimaler Vorschlag festgestellt wird oder Hinweise auf eine
Ergebnisverbesserung abgeleitet werden können.

Verbales
Modell

Problem
Mathem. Modell
Realität spezieller Struktur

Lösungsalgorithmus/
IT-Einsatz

Lösung für
Lösung für mathem. Modell
reales Problem

Lösung für
verbales Modell

Abb. 1.1. Problemlösungsprozess


Operations Research: Strukturierte Problemlösung 3

Ein wesentliches Charakteristikum des Operations Research besteht darin, den


relevanten Ausschnitt der betrachteten Realität abstrahiert in einem zu entwi-
ckelnden quantitativen Modell adäquat abzubilden. Aus dem Modell werden
quantifizierte Aussagen gewonnen. Z. B. wird unter Einsatz eines auf die spezielle
Modellstruktur abgestimmten Algorithmus und geeigneter Informationsverarbei-
tungstechnologien eine optimale Lösung des Modells ermittelt. Diese ist zu
interpretieren und dient als Entscheidungsgrundlage für die reale Situation. Damit
lässt sich die Problemlösung grob wie in Abb. 1.1 darstellen.
Es ist zu beachten, dass der dargestellte Prozess nicht nur einmal durchlaufen
wird, um die Lösung des realen Problems zu bestimmen. Vielmehr wird durch die
Strukturierung, die für die Aufstellung eines Modells erforderlich ist, das reale
Problem besser analysiert. Eine erste optimale Modelllösung wird in vielen Fällen
für die Umsetzung in der Realität noch nicht geeignet sein. Eine auf sie gestützte
Diskussion mit den Anwendern liefert ggf. Hinweise, welche wichtigen realen
Zusammenhänge noch nicht ausreichend im Modell berücksichtigt wurden und in
einer modifizierten Modellversion abzubilden sind. Auf diese Weise trägt ein
wiederholter Modellierungs- und Lösungsprozess zu einer zunehmend besseren
Erfassung der Problematik und schließlich zu einer real umsetzbaren, möglichst
optimalen Lösung bei.
Das Operations Research hat vielfältige Modellstrukturen für verschiedene
Anwendungsbereiche mit Algorithmen zur Ermittlung der Lösungen entwickelt,
um Planung und Entscheidung in komplexen Situationen zu unterstützen. Zu-
nächst werden einige allgemeine Grundlagen zur Modellierung und zur Beschrei-
bung und Beurteilung von Algorithmen vorgestellt, bevor diese in den folgenden
Kapiteln für spezielle Strukturen konkretisiert werden.

Modelle

y Ein Modell ist ein zweckorientiertes, ggf. vereinfachtes Abbild eines Aus-
schnitts der Realität, welches hinsichtlich der interessierenden Zusammenhänge
strukturähnlich oder strukturgleich ist.
Modelle lassen sich hinsichtlich ihres Zwecks unterscheiden in Beschrei-
bungsmodelle, Erklärungs- oder Prognosemodelle und Entscheidungsmodelle.
Beschreibungsmodelle dienen der Abbildung der realen Situation zur Feststellung
bestimmter Sachverhalte, wie etwa die systematische Erfassung der Kosten und
Erlöse im betrieblichen Rechnungswesen zur Feststellung der Wirtschaftlichkeit
vergangener Aktivitäten. Erklärungs- und Prognosemodelle unterstützen bei der
Untersuchung von Konsequenzen geplanter Aktivitäten (What-If-Analyse). Ent-
scheidungsmodelle dienen der Ermittlung von Aktivitäten, die unter Berücksichti-
gung der Möglichkeiten und äußeren Einflüsse und der Bewertung der Ergebnisse
zu möglichst optimalen Entscheidungen führen.
4 Quantitative Entscheidungsunterstützung

Modell

Beschreibungs- Erklärungs- Entscheidungs-


modell modell modell

Information über Prognosemodelle Festlegung durch-


Ausgangssituation Zweck-Mittel-Analyse zuführender Aktionen
Kostenerfassung Kostenplanung mit Produktions-
betriebliches kostentheoretischen programmplanung
Rechnungswesen Modellen

Abb. 1.2. Modelle strukturiert nach ihrem Zweck

Beispiel Fertigteilelager
Modelle können sehr unterschiedliche Ausschnitte der Realität abbilden, wie das
Beispiel Fertigteilelager zeigt. Für ein Fertigteilelager kann als spezielles Be-
schreibungsmodell ein Standortplan gezeichnet werden, der die Warenträger bzw.
Regale mit den ihnen zugeordneten Produkten enthält. Entsprechen die räumliche
Anordnung und die Entfernungen der Realität, so kann hinsichtlich der zweidi-
mensionalen räumlichen Verhältnisse aufgrund der strukturellen Gleichheit vom
Modell auf die Realität geschlossen werden.

Produkt 1 Produkt 1

Produkt 1 Produkt 4

Produkt 2 Produkt 2

Produkt 3 Produkt 5

Abb. 1.3. Beschreibungsmodell Standortplan

Ein anderes Beschreibungsmodell des Fertigteilelagers ist das Inventar, in dem


die Produkte mit vorhandener Stückzahl, Wert pro Stück und Gesamtwert erfasst
sind. Auch hier ist eine strukturelle Ähnlichkeit zwischen Modell und Realität
Operations Research: Strukturierte Problemlösung 5

gegeben, sodass der Wert des Lagers im Modell ermittelt werden kann und in der
Realität Gültigkeit besitzt, sofern das Modell aktuell und hinsichtlich der Daten
zutreffend ist.

Produkt 1 2,00 € 52 Stück 104,00 €

Produkt 2 12,00 € 16 Stück 192,00 €

Produkt 3 1,20 € 400 Stück 480,00 €


Abb. 1.4. Beschreibungsmodell Inventar

Wird der Platzbedarf von Produkt 1 mit 0,1 m3 pro Einheit festgestellt, dann
erklärt das folgende kleine mathematische Modell den Gesamtplatzbedarf GP in
funktionaler Abhängigkeit von der Anzahl der Produkteinheiten und kann zur
„Prognose“ hinsichtlich des Platzbedarfs später einzulagernder Mengen verwendet
werden. Aus dem Erklärungsmodell
Gesamtplatzbedarf GP ( a ) = f (a) = a ⋅ 0,1

errechnet man den Platzbedarf z. B. für 100 Stück zu f (100) = 10 .


Ist der verfügbare Lagerplatz auf 400 m3 begrenzt und soll so viel wie möglich
von Produkt 1 eingelagert werden, kann die optimale Lösung mit dem folgenden
kleinen Entscheidungsmodell ermittelt werden:
max x
s.d . 0 ,1 x ≤ 400
wobei x ∈ Z + eine Variable ist, die die gesuchte Stückzahl erfasst. Die optimale
Lösung ist unmittelbar ersichtlich und lautet x 0 = 4000 , also können maximal
4000 Stück von Produkt 1 eingelagert werden. Typisch für ein Entscheidungsmo-
dell ist, dass von allen möglichen Alternativen, die in diesem Fall implizit durch
die ≤ -Bedingung festgelegt sind, diejenige auszuwählen ist, die hinsichtlich des
Zielkriteriums, hier größtmögliche Anzahl, die beste Bewertung erreicht.
Damit Modellergebnisse auf die Realität zurück übertragen werden können,
müssen die Elemente und ebenfalls die Strukturen zwischen Modell und Realität
auf eine bestimmte Art ähnlich oder sogar gleich sein. Für quantitative Modelle
kommt diese Strukturähnlichkeit bzw. -gleichheit darin zum Ausdruck, dass der
Zusammenhang zwischen der Realität und dem Modell bzw. deren Elementen und
auch den betrachteten Strukturen, also Relationen oder Rechenvorschriften,
6 Quantitative Entscheidungsunterstützung

mittels einer Funktion beschreibbar ist, die spezielle Eigenschaften aufweist. Die
Abbildung sollte ein Homomorphismus, d. h. vergröbernd und strukturerhaltend,
oder sogar ein Isomorphismus, d. h. eineindeutig und strukturgleich, sein. Ein
Homomorphismus ist eine Funktion, die Elemente einer Menge A in eine Menge B
abbildet und zwar so, dass strukturelle Eigenschaften und Beziehungen, ggf.
vergröbert, erhalten bleiben.

Realität
A Modell
3
2 6 B
b d
1 a
4 7 c
5

Abb. 1.5. Homomorphismus

In der Abbildung werden die Elemente des Ausschnitts der Realität


A = {1,..., 7} abgebildet auf das Modell mit B = {a,b,c,d } . Die Struktur in A sind
die existierenden Verbindungen zwischen den Elementen, entsprechend in B.
Die Funktion f , die 1 auf a, 2, 3, 4 auf b, 5, 6 auf c und 7 auf d abbildet, ist ein
Homomorphismus, der vergröbert. 1 ist mit keinem Element aus A in Verbindung,
Entsprechendes gilt für a. 6 ist von 2 aus erreichbar, entsprechend ist c = f ( 6 )
von b = f ( 2 ) erreichbar. Die Teilmengen, die durch den Homomorphismus auf
dasselbe Element in B abgebildet werden, bilden eine so genannte Äquivalenzklas-
se. Sollen Resultate des Modells auf die Realität zurück übertragen werden, ist das
bei Vorliegen eines Homomorphismus möglich. Wenn wie hier b und d miteinan-
der – indirekt – verbunden sind, gilt das auch in der Menge A für jedes Element,
das auf b abgebildet wurde, mit jedem Element, das auf d abgebildet wurde. Also
sind z. B. 3 und 6 miteinander verbunden. Eine formale Charakterisierung eines
Homomorphismus liefert die folgende Definition.
y ( A,⊗ ) ist eine Menge A mit einer Struktur ⊗ und ( B, ⊕ ) eine Menge B mit
einer Struktur ⊕ .
Eine Abbildung f : A → B ist ein Homomorphismus, falls für alle a1 ,a2 ∈ A
gilt
f ( a1 ⊗ a2 ) = f ( a1 ) ⊕ f ( a2 ) bzw.
a1 ⊗ a2 ⇒ f ( a1 ) ⊕ f ( a2 ) .
Gilt f ( A ) = B , dann ist ( B, ⊕ ) eine Vergröberung der Menge A mit ähnli-
cher, vergröberter Struktur, es liegt also eine durch f definierte Strukturähn-
lichkeit vor. Die beiden Mengen mit ihren Strukturen ( A, ⊗ ) und ( B, ⊕ )
Operations Research: Strukturierte Problemlösung 7

werden als homomorph bezeichnet. Die Elemente von A, die auf dasselbe b
abgebildet werden, bilden eine Äquivalenzklasse.
Strukturgleichheit liegt vor, wenn sowohl die beiden Mengen wie auch die bei-
den Strukturen bis auf ihre Bezeichnungen übereinstimmen. Für quantitative Mo-
delle lässt sich Strukturgleichheit mathematisch mittels eines Isomorphismus
beschreiben.
y Eine Funktion f : A → B ist ein Isomorphismus genau dann, wenn gilt
i. f ist bijektiv, d. h. eineindeutig, und f ( A ) = B , und
ii. f ist ein Homomorphismus und
iii. die Umkehrfunktion f −1 ist ein Homomorphismus.
Falls ein Isomorphismus zwischen zwei Mengen mit ihren Strukturen existiert,
heißen diese zueinander isomorph.
Aus der Definition ist unmittelbar ersichtlich, dass ein Isomorphismus ein spe-
zieller Homomorphismus ist.

Beispiel Homomorphismus
Wir betrachten die reellen Zahlen R mit der darauf definierten Relation ≤ und die
ganzen Zahlen Z , ebenfalls mit der ≤ -Relation. Damit entsprechen ( R, ≤ ) der
Struktur ( A, ⊗ ) und ( Z, ≤ ) der Struktur ( B, ⊕ ) .
Die Funktion f ist eine vergröbernde Abbildung, die jeder reellen Zahl eine ganze
Zahl zuordnet, die „größte ganze Zahl ≤ x “1:
f : x → [ x]
beispielsweise 1,8 → 1
2,9 → 2
−3, 6 → −4
Die Funktion f ist ein Homomorphismus zwischen den Mengen mit ihren
Strukturen ( R, ≤ ) und ( Z, ≤ ) , da für beliebige Zahlen a1 ,a2 ∈ R gilt
a1 ≤ a2 ⇒ [ a1 ] ≤ [ a2 ]

Beispiel: 1,8 ≤ 2 ,9 ⇒ 1 ≤ 2

Umgekehrt lässt sich ableiten, wenn b1 = [ a1 ] und b2 = [ a2 ] ist und b2 ≥ b1 ist,


dann gilt entweder a2 ≥ a1 oder a1 und a2 sind in derselben Äquivalenzklasse,

1
[ x ] := größte ganze Zahl ≤ x . Diese Vorschrift rundet, indem für nichtnegative Zah-
len die Nachkommastellen abgeschnitten werden und für negative Zahlen ebenfalls die
ganze Zahl „links“ von x zugeordnet wird.
8 Quantitative Entscheidungsunterstützung

d. h., sie weichen nur nach dem Komma voneinander ab. Da also 5 ≤ 7 ist, ist
auch 5,9 ≤ 7, 2 .
Betrachtet man dagegen (R, +) und (Z, +) , also übereinstimmende Mengen
mit anderen Strukturen, nämlich jeweils der Addition, und dieselbe Abbildung
f : x → [ x ] , dann zeigt sich, dass die Mengen mit diesen Strukturen nicht homo-
morph sind, die Funktion f hier also keinen Homorphismus darstellt. Es gilt:
[1,8 + 2,9] = [ 4,7] = 4 ≠ [1,8] + [ 2,9] = 1 + 2 = 3 .
Aus 1 + 2 = 3 kann also nicht geschlossen werden, dass auch 1,8 + 2,9 einen
Wert besitzt, der in der Äquivalenzklasse zu [3] , also von 3 bis unter 4, liegt.
Damit können Aussagen, die in der vergröberten Struktur ( Z, + ) ermittelt werden,
nicht in die Struktur ( R, + ) zurück übertragen werden, denn hier ist f kein Ho-
momorphismus.
Modelle bilden unterschiedliche Ausschnitte der Realität ab, wie das Beispiel
Fertigteilelager zeigt. Quantitative Methoden unterstützen darin, reale Probleme
strukturiert zu erfassen, zu modellieren, quantitative Ergebnisse zu ermitteln und
die optimale Lösung zu finden. Damit diese Aussagen, die für die Modelle ge-
wonnen werden, Bedeutung für die Realität haben, ist die Strukturähnlichkeit zu
dem betrachteten Teil der Realität einschließlich der wichtigen Zusammenhänge
sicherzustellen. So macht es im Beispiel Inventar Sinn, den durchschnittlichen
Wert eines Stücks im Lager aus den Produktstückzahlen multipliziert mit den
Einzelwerten zu ermitteln. Es ist jedoch nicht sinnvoll, aus den Produktnummern
ein durchschnittliches Produkt zu berechnen.

Methoden
Operations Research befasst sich insbesondere mit Entscheidungsmodellen und
der Ermittlung einer optimalen Lösung. Darüber hinaus werden auch quantitative
Erklärungsmodelle zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt, die zu einer Er-
gebnisermittlung und Bewertung jeweils einzelner Alternativen beitragen. Unter
einer Methode wird in diesem Zusammenhang meist das Vorgehen einschließlich
Modellierung und Problemlösung unter Einsatz von Algorithmen verstanden,
gelegentlich werden Methode und Algorithmus synonym verwendet.
Unter Optimierung versteht man die Ermittlung derjenigen zulässigen Hand-
lungsalternative, die einem vorgegebenen Ziel am besten von allen Alternativen
entspricht. Damit setzt eine Optimierung voraus, dass alle zulässigen Handlungs-
alternativen berücksichtigt werden, die Zielvorstellung muss bekannt sein, die
Handlungsalternativen sind bezüglich dieser Zielvorstellung zu bewerten und die
Bewertungsergebnisse müssen miteinander vergleichbar sein. Entscheidungstheo-
retische Anforderungen an die Bestimmung der besten Alternativen werden in
Kap. 1.2 ausführlich behandelt.
Sind nur wenige Handlungsalternativen zu berücksichtigen, kann eine vollstän-
dige Enumeration durchgeführt, d. h. alle Alternativen explizit aufgestellt und
bewertet und dann die optimale ausgewählt werden. Bei einer Vielzahl von Alter-
Operations Research: Strukturierte Problemlösung 9

nativen ist dieses Vorgehen zu aufwändig. Dann wird angestrebt, alle Handlungs-
alternativen mittels eines mathematischen Optimierungsmodells implizit zu
erfassen und unter Einsatz eines Optimierungsalgorithmus die beste Alternative zu
berechnen. Bei einigen Modellstrukturen, etwa wenn alle Zusammenhänge linear
sind, stehen sehr effiziente, geeignete Lösungsalgorithmen zur Verfügung. Ist eine
Optimierung nicht möglich oder aufgrund der Modellstruktur oder -größe zu
aufwändig, können ggf. Heuristiken geeignet sein, eine gute Lösung zu ermitteln.
Unter einer Heuristik versteht man eine Vorgehensweise oder einen Algorith-
mus, mit der durch ein systematisches Vorgehen eine möglichst gute Lösung
gefunden wird, wobei die Optimalität jedoch meist nicht erreicht wird und in der
Regel nicht beweisbar ist. Typisch für Heuristiken ist, dass nicht alle Alternativen
berücksichtigt werden. Mit den klassischen Heuristiken wird unter Verwendung
sinnvoller Regelungen teilweise nur eine einzige Alternative entwickelt. Ge-
bräuchliche Regeln zeigen häufig gute Ergebnisse. Moderne Heuristiken entwi-
ckeln und bewerten teilweise sehr schnell sehr viele unterschiedliche Alternativen
und haben ihre Qualität bei der Lösung vielfältiger, sehr komplexer Probleme
bereits gezeigt. Zur Beurteilung der Qualität der Problemlösung steht bei optimie-
renden Verfahren der Aufwand zur Berechnung bis zur optimalen Lösung im
Vordergrund, während für Heuristiken zusätzlich die Abweichung von dem Er-
gebnis bei optimaler Lösung bzw. der Vergleich der Ergebnisse verschiedener
Heuristiken relevant ist.

Algorithmus
In Entscheidungsmodellen ist die optimale Lösung zu ermitteln, daher spricht man
auch von einem Entscheidungsproblem und einer Problemlösung. Dazu werden
Algorithmen verwendet, die in Computerprogramme umgesetzt werden.
y Unter einem Algorithmus kann ganz allgemein eine Verarbeitungsvorschrift zur
Lösung eines Problems verstanden werden. Eine sehr detaillierte Darstellung
der Verarbeitungsvorschrift kann durch ein ablauffähiges Programm in einer
Programmiersprache geschehen.
Zur Darstellung von Programmabläufen und von Algorithmen stehen als Visua-
lisierungsmöglichkeiten insbesondere der Programmablaufplan und das Struk-
togramm zur Verfügung (z. B. Balzert 2005, Ernst 2003). Diese werden in unter-
schiedlichen Detaillierungen verwendet und unterstützen den Programmentwurf
und die Kommunikation zwischen verschiedenen Beteiligten, wie beispielsweise
Entwickler und Programmierer. Die darzustellenden Kontrollstrukturen sind
Sequenz, Auswahl, Wiederholung und Aufruf. Der Programmablaufplan, auch
Flussdiagramm oder Ablaufdiagramm genannt, ist in der DIN 66001 genormt. Die
Programmablaufplan-Notation verbindet grafische Symbole durch Linien. Sie
wird noch eingesetzt, lässt jedoch Sprünge zu und unterstützt damit nicht, im
Unterschied zum Struktogramm, die strukturierte Programmierung. Struktogram-
me, nach ihren Entwicklern auch Nassi-Shneiderman-Diagramme genannt, sind in
10 Quantitative Entscheidungsunterstützung

der DIN 66261 normiert. Die wichtigsten Sinnbilder mit ihrer Anwendung für die
Darstellung des Programmablaufs sind im Folgenden aufgeführt.
Eine Verarbeitung V bzw. Anweisung wird durch ein Rechteck gekennzeichnet.

Eine Sequenz oder Folge ist eine Aneinanderreihung von Anweisungen, die von
oben nach unten durchgeführt werden.

V1

V2

V3

Wiederholungen werden danach unterschieden, ob eine Bedingungsprüfung B


vorangeht, nachfolgt oder nicht vorhanden ist.

B
V
V
B

vorausgehende Bedingungsprüfung nachfolgende Bedingungsprüfung

ohne Bedingungsprüfung

Einfache oder mehrfache Alternativen werden in Abhängigkeit von Bedingun-


gen durchgeführt.

G
B1 B2

V2 V1

Ein Abbruch der Bearbeitung wird ebenfalls sinnbildlich dargestellt.


Operations Research: Strukturierte Problemlösung 11

Beispiel Prüfungstraining
Im Rahmen Ihrer Klausurvorbereitung bearbeiten Sie die zwei Kapitel Ihrer Un-
terlagen nacheinander. Anschließend prüfen Sie mittels Internet-Test, ob Sie aus-
reichend gut vorbereitet sind. Falls nicht, bearbeiten Sie erneut beide Kapitel. Dies
wiederholen Sie solange, bis Ihr Ergebnis ausreichend gut ist. Anschließend unter-
ziehen Sie sich der Prüfung. Sind Sie nicht erfolgreich, bearbeiten Sie noch einmal
beide Kapitel und lassen sich nachprüfen. Nach erfolgreicher Prüfung treten Sie
Ihren wohlverdienten Urlaub an.

Kap. 1 lernen

Kap. 2 lernen

Testergebnis: gut vorbereitet

nicht
nicht Prüfung
bestanden
bestanden bestanden

Kap. 1 lernen
Urlaub
Kap. 2 lernen

nicht
bestanden bestanden

Urlaub

Abb. 1.6. Struktogramm Prüfungstraining

Mit derartigen Struktogrammen lassen sich strukturierte Programme entwi-


ckeln, dazu erfolgt die Erfassung sehr detailliert. Eine aggregiertere Darstellung ist
geeignet, um Algorithmen oder Vorgehensweisen zu veranschaulichen und wird
zur Beschreibung einiger Algorithmen in folgenden Kapiteln verwendet.
Effizienz von Algorithmen Eine Beurteilung von Entscheidungsmodellen und zu
deren Lösung geeigneten Algorithmen geschieht hinsichtlich ihrer Effizienz. Im
Rahmen der Komplexitätstheorie werden allgemeine Aussagen über Laufzeit und
Speicherbedarf von Algorithmen getroffen, sodass deren Effizienz verglichen
werden kann. Hier unterscheidet man Aussagen über die worst case Komplexität,
also das Laufzeitverhalten im denkbar ungünstigsten Fall, von denen hinsichtlich
der average case Komplexität, also dem Laufzeitverhalten, welches im Mittel zu
beobachten ist. Für den praktischen Einsatz ist Letzteres von größerer Bedeutung.
12 Quantitative Entscheidungsunterstützung

Die maximale Laufzeit von Algorithmen in Abhängigkeit von Parametern der


Problemgröße wird häufig mittels Landau-Symbol bzw. O-Notation („groß-O“)
beschrieben. Die häufig verwendete Angabe f = O ( g ) für Funktionen
f , g : N → R bedeutet, dass die Funktion f asymptotisch nicht schneller wächst
als die Funktion g, d. h. f ( n ) g ( n ) ≤ C für eine Konstante C und für alle
n ≥ n0 gilt. Die Schreibweise f = O ( g ) ist formal nicht korrekt, da sich sehr
viele Funktionen durch eine Funktion g nach oben abschätzen lassen, O ( g ) also
eine Menge von Funktionen ist. Dennoch ist obige Schreibweise gebräuchlicher,
obwohl zutreffender die Darstellung f ∈ O ( g ) ist mit

O ( g ) := { f es gibt ein C ≥ 0 und ein n0 ∈ N ,


sodass für alle n ≥ n0 gilt: f ( n ) ≤ C ⋅ g ( n ) }
Beispielsweise wächst die Funktion f1 : N → R mit f1 ( n ) = 2n 2 + n + 5 quad-
ratisch, d. h., sie lässt sich bis auf einen Parameter durch eine quadratische Funk-
( )
tion abschätzen. Die Funktion f1 gehört zu O n 2 , da mit g ( n ) = n 2 und C = 4
für n ≥ n0 = 3 gilt:

f1 ( n ) = 2n 2 + n + 5 ≤ 2n 2 + n 2 + n 2 = 4n 2 = 4 ⋅ g ( n )

( )
Wie ein beliebiges Polynom 2. Grades zu O n 2 gehört, gehört auch z. B. ein
( )
beliebiges Polynom 5. Grades zu O n5 oder ein Polynom k. Grades zu O n k . ( )
Komplexitätsuntersuchungen von Algorithmen und Entscheidungsmodellen
sind Gegenstand der Komplexitätstheorie. Für den praktischen Einsatz bedeutend
ist neben dem worst case Verhalten besonders das durchschnittliche Laufzeitver-
halten (average case), welches sich bei üblichem praktischem Einsatz zeigt und
bei einigen Algorithmen sehr viel kürzer sein kann. Bei einigen der später vorzu-
stellenden Algorithmen wird auf das Laufzeitverhalten eingegangen.

1.1.2 Inhalt des Buches

Die vorliegenden Ausführungen schaffen die Grundlage dafür, komplexe Prob-


lemstellungen der Realität systematisch zu analysieren und zu lösen, indem
Handlungsalternativen, äußere Einflüsse und Zielvorstellungen erfasst und von-
einander abgegrenzt werden. Dazu gehören die Entwicklung geeigneter quantitati-
ver Modelle zur Repräsentation der Realität und der Einsatz von Algorithmen zu
deren möglichst optimaler Lösung. Voraussetzung dazu ist eine angemessene
Durchdringung des Problems, eine Erfassung der Ziele und relevanten Zusam-
menhänge, die Ermittlung der Konsequenzen von Entscheidungen über Hand-
lungsalternativen und auf dieser Basis die Auswahl der besten verfügbaren Mög-
lichkeit. Dazu sind Kenntnisse verschiedener Modellstrukturen und der zur Lö-
sung geeigneten Algorithmen erforderlich, die dargestellt und beispielhaft vertieft
werden. Die hier angesprochenen Modelle und Methoden dienen einerseits der
Operations Research: Strukturierte Problemlösung 13

Analyse von Problemen, andererseits der Optimierung. Zu den meisten Teilkapi-


teln wird der Inhalt mit vielen Übungsaufgaben aufgegriffen, zu denen am Ende
des Buches die Lösungen mit ausführlichem Lösungsweg angegeben sind. Eine
Fülle der Realität angelehnter Beispiele gibt einen Eindruck von der vielfältigen
Einsatzbreite der dargestellten Methoden.
Im folgenden Teil des ersten Kapitels werden grundlegende Begriffe der Ent-
scheidungstheorie eingeführt, da Operations Research gerade zur Entscheidungs-
unterstützung Anwendung findet und derartige Basiskenntnisse unbedingt erfor-
derlich sind.
Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der linearen Optimierung vorge-
stellt. Zunächst wird mittels eines Beispiels zur kurzfristigen Produktionspro-
grammplanung ein typischer Einsatzbereich linearer Optimierungsmodelle erläu-
tert und mit einem Zahlenbeispiel detailliert die Problemstellung und die Lösung
mittels Simplexalgorithmus vermittelt. Ergebnis ist ein deckungsbeitragsoptimales
Produktionsprogramm, welches mit verfügbaren, knappen Produktionskapazitäten
herstellbar ist. Anschließend wird der Simplexalgorithmus in seiner einfachsten
Form zur Lösung des Grundmodells linearer Optimierung theoretisch behandelt.
Es wird bewusst eine formale Darstellungsform verwendet, einerseits um den
Leser mit einer derartigen mathematischen Beschreibungssprache vertraut zu
machen, andererseits um die Aussagen verallgemeinern zu können. Auf Beweise
wird durchgängig verzichtet. Manche lineare Optimierungmodelle besitzen genau
eine optimale Lösung, während andere keine, mehrere oder sogar unendlich viele
optimale Lösungen aufweisen. Beispiele dafür und wie man diese unterschiedli-
chen Situationen bei Einsatz des Simplexalgorithmus erkennt, werden ebenfalls
ausführlich dargestellt.
Kapitel drei behandelt die Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle,
sodass die Beschränkungen auf das Grundmodell schrittweise aufgehoben werden.
So werden Methoden angegeben, mit denen eine zulässige Lösung linearer Glei-
chungssysteme mittels Simplexalgorithmus ermittelt wird, wenn diese nicht
einfach ablesbar ist. Auch Minimierungsprobleme und unbeschränkte Variable
lassen sich im Modell erfassen und entsprechende Probleme lösen. Ausführlich
wird die Interpretation der mittels Simplexalgorithmus erzielbaren Lösungen
erörtert. Dazu gehört die Umsetzung der Informationen des optimalen Endergeb-
nisses in unterschiedlichen Anwendungssituationen und erste Vorschläge für eine
Modellierung. Zu einem linearen Modell lässt sich stets das zugehörige duale
Modell angeben. Dessen optimale Lösung liefert weitere Einblicke in die Proble-
matik und erlaubt die Ermittlung von Opportunitätskosten und Schattenpreisen für
die optimale Lösung. Weiterführende Betrachtungen werden im Rahmen der
Sensitivitätsanalyse durchgeführt. Eine systematische, auf den Simplexalgorith-
mus gestützte Behandlung liefert zusätzliche Informationen über die optimale
Lösung und deren Veränderung, falls bestimmte Angaben hinsichtlich der Aus-
gangssituation zu modifizieren sind, wie es etwa in Entscheidungssituationen un-
ter Unsicherheit erforderlich ist.
14 Quantitative Entscheidungsunterstützung

Im vierten Kapitel steht der Einsatz der bis dahin behandelten Modelle und Me-
thoden in unterschiedlichen Anwendungssituationen im Mittelpunkt. Zunächst
wird auf die Möglichkeit der Rechnerunterstützung eingegangen, um auch große
Probleme behandeln zu können. Teilweise sind Studentenversionen verfügbar, auf
die hingewiesen wird. Ein Teilkapitel enthält umfangreichere Anwendungsmög-
lichkeiten der linearen Optimierung im Bereich der Produktion und Logistik.
Besonders werden Modelle und Lösungen zum Supply Chain Planning und zur
Standortplanung vorgestellt. Bevor im nächsten Teilbereich auf die simultane
Investitions- und Finanzierungsplanung eingegangen wird, erfolgt eine kurze
Einführung in die Methoden der dynamischen Investitionsrechnung. Weitere
wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen wie Revenue Management, Fallmix-
Optimierung im Krankenhaus, Personaleinsatzplanung, Forschungs- und Ent-
wicklungsprogrammauswahl und Spielplanoptimierung geben einen Eindruck von
der Vielfalt der realen Problemstellungen, für die eine wertvolle Unterstützung
und Lösung mittels linearer Optimierungsmethoden erfolgt.
In den anschließenden Kapiteln wird auf andere, ebenfalls klassische Methoden
des Operations Research mit ihren Einsatzmöglichkeiten eingegangen. Kapitel
fünf behandelt die Grundlagen der Graphentheorie. Graphen mit ihren Visualisie-
rungsmöglichkeiten sind hervorragend geeignet, komplexe Sachverhalte struktu-
riert zu erfassen, zu analysieren und daraus Erkenntnisse über die Realität abzulei-
ten. Zunächst wird die abstrakte mathematische Struktur eines Graphen, bestehend
aus zwei Mengen und deren Zusammenhang, definiert und anhand des einführen-
den Beispiels Autobahnnetz NRW erläutert. Eine solche mathematische Struktur
kann auf spezielle Eigenschaften hin untersucht werden, die Rückschlüsse auf die
Realität zulassen. Insbesondere quantifizierbare Sachverhalte sind von Interesse,
die etwa in Form von bewerteten Graphen Beachtung finden. Vertieft wird die
Behandlung von Entfernungen zwischen verschiedenen Orten, repräsentiert als
Knoten, und die daraus ableitbaren Ermittlungen kürzester Wege unter Einsatz des
Algorithmus von Dijkstra.
Die quantitativen Methoden der Projektplanung basieren auf graphentheoreti-
schen Modellen und werden in Kapitel sechs näher vorgestellt. Zunächst wird auf
die Grundlagen der Projektplanung eingegangen und eine Strukturanalyse durch-
geführt. Darauf baut die zeitliche Planung des Projektablaufs auf, die getrennt für
Vorgangspfeil- und Vorgangsknotennetzpläne behandelt wird. Neben der Projekt-
dauer werden auch Pufferzeiten und Flexibilitätsreserven ermittelt, die von beson-
derer Bedeutung für die Projektsteuerung sind. Auch hier sind ggf. knappe Kapa-
zitäten zu berücksichtigen, weiter sind die Projektkosten, welche von dem zeitli-
chen Ablauf des Projektes abhängen, zu beachten und zu optimieren.
Die im siebten Kapitel behandelte Simulation basiert auf einem gegenüber den
bis dahin vorgestellten Modellen und Methoden unterschiedlichen Konzept.
Anstatt ein geschlossenes Modelle zu entwickeln, zu analysieren und ggf. zu
optimieren werden hier zwar auch mathematische Modelle verwendet, jedoch
bestehen diese meist aus einzelnen Komponenten und werden zur Durchführung
von Experimenten eingesetzt. Auch die so erzielten Ergebnisse dienen der Ent-
Entscheidungsunterstützung 15

scheidungsunterstützung, jedoch ist nur in Ausnahmensituationen eine optimale


Lösung zu ermitteln. Das erste Teilkapitel behandelt die deterministische Simula-
tion und die Grundlagen, die ebenfalls für die stochastische Simulation gelten.
Anhand eines umfangreichen Anwendungsbeispiels wird das Potenzial der Simu-
lation zur Produktionsplanung aufgezeigt. Im Rahmen der stochastischen Simula-
tion lassen sich Entscheidungssituationen unter Risiko behandeln. Hierzu werden
einige statistische Grundlagen vermittelt und dargestellt, wie sich Zufallszahlen
für spätere Experimente generieren lassen. Wie bei der deterministischen Simula-
tion gilt auch für die stochastische Simulation, dass sie im Vergleich zu analyti-
schen Methoden meist wesentlich aufwändiger ist und keine allgemeinen Lösun-
gen liefert. Falls verfügbar und einsetzbar, sind daher stets analytische Ansätze
vorzuziehen. Ein bedeutender Einsatzbereich der Simulation umfasst komplizierte
Warteschlangensysteme. Um bei einfacheren Systemen analytisch Ergebnisse
ermitteln zu können, werden die entsprechenden theoretischen Grundlagen und
Resultate kurz vorgestellt. Weiter wird die Einsatzmöglichkeit der Simulation zur
Risikoanalyse behandelt.
Nach Bearbeitung dieser Unterlagen sollten Leser die grundlegenden Methoden
und Algorithmen des Operations Research beherrschen und anhand kleinerer
Anwendungen einsetzen können. Über die enthaltenen umfangreichen Übungen
mit Lösungen hinaus besteht zusätzlich die Möglichkeit, im Rahmen des virtuellen
Studienfachs Operations Research & Management Science VORMS an einem
Internet-basierten Übungsbetrieb teilzunehmen oder zusätzliche inhaltliche Aspek-
te zu vertiefen. VORMS ist ein virtuelles Wissensnetzwerk, bestehend aus interak-
tiven multimedialen Lernmodulen, nähere Informationen dazu finden Sie über die
Internetseiten www.ruhr-uni-bochum.de/or.

1.2 Entscheidungsunterstützung

1.2.1 Entscheidungstheoretische Grundlagen

Entscheidungstheoretische Ergebnisse können genutzt werden, das Entscheidungs-


verhalten von Entscheidungsträgern zu unterstützen und zu verbessern bzw. zu
prognostizieren und darauf zu reagieren. Da die Methoden des Operations Re-
search der Entscheidungsunterstützung dienen, werden im Folgenden einige
entscheidungstheoretische Grundlagen behandelt. Weiterführende Erkenntnisse
sind spezialisierter Literatur zu entnehmen (u. a. Bamberg u. Coenenberg 2008,
Dinkelbach u. Kleine 1996, Eisenführ u. Weber 2003, Laux 2007, Rommelfanger
u. Eickemeier 2002, Schneider 1995).
y Die Entscheidungstheorie ist mit der logischen und empirischen Analyse des
rationalen oder intendiert rationalen Entscheidungsverhaltens befasst. Sie glie-
dert sich in die vorschreibende, präskriptive und die beschreibende, deskriptive
Entscheidungstheorie.
16 Quantitative Entscheidungsunterstützung

y Die präskriptive Entscheidungstheorie, auch normative Entscheidungstheorie


oder decision analysis bezeichnet, untersucht die Entscheidungslogik. Ihre zent-
rale Fragestellung lautet: Wie sind Entscheidungen bei gegebenen Entschei-
dungsprämissen zu treffen, sodass sie dem Postulat subjektiver Formalrationali-
tät entsprechen? Dazu werden Annahmen über ein rationales Entscheidungs-
verhalten getroffen und daraus Konsequenzen für eine Entscheidung abgeleitet
und empfohlen.
y Die deskriptive Entscheidungstheorie, die auch empirisch-kognitive Entschei-
dungstheorie genannt wird, untersucht das Entscheidungsverhalten. Ihre Haupt-
fragestellung ist: Wie werden Entscheidungen in der Wirklichkeit getroffen und
warum werden sie so und nicht anders getroffen? Auf diese Weise wird ver-
sucht, Entscheidungsverhalten zu erklären und Verhaltensannahmen abzuleiten.
Die Ergebnisse der präskriptiven und deskriptiven Entscheidungstheorie haben
wechselseitigen Einfluss auf die Weiterentwicklungen beider Richtungen, sodass
Phänomene der Realität untersucht und beurteilt werden können. Die präskriptive
Entscheidungtheorie entwickelt Regeln zur Bewertung von Aktionsresultaten,
sodass ein Verhalten als rational bezeichnet werden kann. Es werden Anforderun-
gen gestellt, die bei Rationalität erwartet werden. Dazu gehört die Forderung nach
formaler Rationalität, d. h., der Entscheidungsträger verfügt über ein in sich
widerspruchsfreies Zielsystem und verhält sich diesem gemäß. Die subjektive
Rationalität unterstellt ein subjektiv wahrgenommenes Situationsbild, welches der
rationalen Entscheidung zugrunde liegt. Von objektiver Rationalität, bei der das
Situationsbild des Entscheidungsträgers mit der Wirklichkeit übereinstimmt, die
ein objektiver Beobachter wahrnehmen würde, wird abgesehen, da sie unrealis-
tisch ist. Die präskriptive Entscheidungstheorie analysiert Entscheidungen unter
der Voraussetzung subjektiver Formalrationalität.
Zur Entwicklung von Entscheidungsmodellen, die für das Operations Research
besondere Bedeutung haben, sind die wichtigsten Elemente und ihre Zusammen-
hänge in der Realität zu erkennen und im Modell abzubilden. Um die Frage zu
beantworten, welche Handlungsalternative in einer Situation optimal ist, sind
folgende wesentliche Bereiche zu untersuchen:

Welche Handlungsalternativen stehen zur Wahl?


Die Handlungsalternativen resultieren aus den Möglichkeiten, die dem Entschei-
dungsträger zur Verfügung stehen. Handlungsalternativen sollten vollständig und
überschneidungsfrei ermittelt werden. Die Beschreibung kann explizit durch
Auflistung oder implizit durch Anforderungen erfolgen.
Beispiel Würfeln Ihnen wird die Beteiligung an einem Würfelspiel angeboten,
dazu müssten Sie 1.000 € für die Teilnahme an dem Spiel bezahlen und einen
beliebigen Betrag bis zu 1.000 € setzen. Dann wird gewürfelt und für jeden
eingesetzten Euro bekommen Sie 6 € bei der Augenzahl 6, 5 € bei 5 und 4 € bei 4.
Entscheidungsunterstützung 17

Fällt eine 1, 2 oder 3, zahlen Sie pro eingesetzten Euro 4 €. Die vollständige Liste
der Handlungsalternativen, die hier implizit beschrieben wird, lautet:
Sie beteiligen sich nicht oder Sie beteiligen sich mit einem Betrag von x € mit 0 <
x ≤ 1.000.

Welche Umweltzustände können eintreten und welche Informationen liegen


dem Entscheidungsträger darüber vor?
Es ist festzustellen, welche äußeren Einflüsse das Ergebnis der Auswahl einer
Handlungsalternative beeinflussen, die – zumindest in der betrachteten Situation –
nicht durch den Entscheidungsträger zu beeinflussen sind. Eventuell ist bekannt,
mit welcher Wahrscheinlichkeit diese unterschiedlichen Umweltzustände eintreten
können.
Beispiel Würfeln In diesem Beispiel sind sechs Umweltzustände möglich: Der
Würfel kann die Augenzahl 1, 2 usw. bis 6 anzeigen. Alle Zustände sind gleich
wahrscheinlich mit der Wahrscheinlichkeit 1/6 .

Welche Ergebnisse werden erreicht?


Durch das Zusammentreffen einer Handlungsalternative und eines Umweltzu-
stands resultiert je ein Ergebnis. Jedoch ist bei Auswahl einer Handlungsalternati-
ve nicht bekannt, welcher Zustand und damit welches Ergebnis eintreten werden.
Ergebnisse können mehrwertig sein, so verfügt ein auszuwählender PKW über
viele Eigenschaften wie Benzinverbrauch, Höchstgeschwindigkeit usw.
Beispiel Würfeln Die folgende Übersicht enthält alle Handlungsalternativen,
Umweltzustände und Ergebnisse des Beispiels.

Tabelle 1.1. Ergebnisse des Würfelbeispiels

Umwelt-
zustände 1 2 3 4 5 6

Alternativen 1/ 1/ 1/ 1/ 1/ 1/
6 6 6 6 6 6

x=0 0 0 0 0 0 0

0 < x ≤ 1000 -1000 -1000 -1000 -1000 -1000 -1000


-4x -4x -4x +4x +5x +6x

Welche Ziele werden verfolgt?


Von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung von Ergebnissen und Hand-
lungsalternativen ist die Zielvorstellung des Entscheidungsträgers. Rational
handelnde Individuen werden bei einem erwünschten Merkmal höhere Ausprä-
gungen gegenüber niedrigeren bevorzugen. So wird ein zu erhaltender Betrag
18 Quantitative Entscheidungsunterstützung

umso besser beurteilt, je höher er ist. Umgekehrt wird ein abzugebender Betrag
umso besser beurteilt, je niedriger er ist. Bei einigen Merkmalen kann daher direkt
von einer Maximierungszielvorstellung bzw. einer Minimierungszielvorstellung
ausgegangen werden. Schwieriger wird die Entscheidungssituation, wenn Unsi-
cherheit, zeitliche Abweichungen oder mehrere Ziele zu berücksichtigen sind.
Dann sind zusätzliche Präferenzinformationen erforderlich, aus denen der Nutzen
der Ergebnisse abgeleitet werden kann. Derartige Fragestellungen sind Beschäfti-
gungsgegenstand der Entscheidungstheorie, auf die hier kurz eingegangen wird.
Beispiel Würfeln Das Ziel des Entscheidungsträgers besteht darin, ein möglichst
hohes Ergebnis zu erzielen. So ist der Nutzen von −1000 + 6 ⋅1000 = 5000 , der bei
einem Einsatz von 1000 im günstigsten Fall eintritt, also wenn der Würfel 6 zeigt,
höher als −1000 + 4 ⋅1000 = 3000 bei dem Wurf 4. Dies ist jedoch nicht vom
Entscheidungsträger auszuwählen. Er kann nur über seinen Einsatz entscheiden,
nicht über den Umweltzustand. Daher sind zusätzliche Informationen über die
Vorstellungen des Entscheidungsträgers hinsichtlich seines Verhaltens in Ent-
scheidungssituationen unter Risiko notwendig, um geeignete Bewertungen der
Alternativen vornehmen zu können. Ist er risikoneutral, bewertet er die Alternati-
ve mit dem jeweiligen Erwartungswert der Ergebnisse bzw. Zielerreichungen und
wählt diejenige mit höchstem Erwartungswert aus. Bei einem Einsatz von 0 ist das
erwartete Ergebnis 0, welches mit Sicherheit, also unabhängig vom Umweltzu-
stand, eintrifft. Für einen Betrag x mit 0 < x ≤ 1000 ist das erwartete Ergebnis
−1000 − 12 ⋅ 4 x + 16 ⋅ 4 x + 16 ⋅ 5 x + 16 ⋅ 6 x = −1000 + 12 x . Dieses ist selbst für den
höchstmöglichen Einsatz x = 1000 mit −500 negativ. Daher sollte sich ein
risikoneutraler Entscheidungsträger nicht an diesem Spiel beteiligen.

Grundmodell der Entscheidungstheorie


Vor einer Entscheidung oder für die Aufstellung eines Entscheidungsmodells ist
stets detailliert zu analysieren, welche wesentlichen Entscheidungskomponenten
zu berücksichtigen sind und in welchem Zusammenhang sie stehen. Das Grund-
modell der Entscheidungstheorie bietet eine Hilfestellung zur Strukturierung der
Entscheidungssituation. Möglichkeiten, externe Einflüsse und Konsequenzen der
realen Situation sollten entsprechend analysiert und den Elementen des Grundmo-
dells zugeordnet werden. Folgende Bezeichnungen werden verwendet:
A = {a1 ,..., am } Menge der Handlungsalternativen
Z = { z1 ,..., zn } Menge der Umweltzustände
p1 ,..., pn Eintrittswahrscheinlichkeiten (probabilities) der Um-
weltzustände, falls bekannt
eij Ergebnis, falls Handlungsalternative i gewählt wird
und Umweltzustand j eintritt
uij Nutzen (utility) bei Zusammentreffen von Hand-
lungsalternative i und Umweltzustand j
Entscheidungsunterstützung 19

Tabelle 1.2. Grundmodell der Entscheidungstheorie

Ergebnismatrix
z1 z2 … zn
p1 p2 … pn

a1 e11 e12 … e1n


a2 e21


am em1 … emn

Nutzenfunktion

Entscheidungsmatrix
z1 z2 … zn
p1 p2 … pn

a1 u11 u12 … u1n


a2 u21

am um1 … umn

Für eine endliche Zahl von Handlungsalternativen und Umweltzuständen lässt


sich eine Matrix mit den jeweils resultierenden Ergebnissen aufstellen, die Ergeb-
nismatrix. Unter Angabe des Nutzens zu jedem Ergebnis wird die Entscheidungs-
matrix aufgestellt. Diese stellt die Basis für die Auswahl der „besten“ Handlungs-
alternative dar, für die zusätzliche Präferenzinformationen vorliegen müssen. Eine
vergleichbare Strukturierung der Entscheidungssituation wird auch für unendlich
viele Handlungsalternativen oder ein Kontinuum von Umweltzuständen vorge-
nommen, lässt sich dann jedoch nicht explizit in Form einer Matrix, sondern
implizit mittels mathematischer Funktionen beschreiben.

Beispiel Wochenhändler
Der Händler eines Wochenmarktes hat zu entscheiden, wie viele Kilogramm der
leicht verderblichen Erdbeeren er auf dem Großmarkt einkaufen und auf dem
Wochenmarkt anbieten soll. Aufgrund der festen Gebindegrößen stehen als
Alternativen 50 kg, 70 kg oder 90 kg zur Auswahl. Die Nachfrage auf dem Wo-
20 Quantitative Entscheidungsunterstützung

chenmarkt im Laufe des Tages wird, u. a. beeinflusst durch die Wetterlage, ent-
weder 30 kg, 50 kg, 70 kg oder 90 kg betragen. Tagsüber nicht abgesetzte Erdbee-
ren lassen sich später nicht mehr verkaufen. Der Verkaufspreis V beträgt 3 € pro
kg Erdbeeren und wird als nicht beeinflussbar angenommen. Die Einkaufspreise
Ei , i = 1, 2,3 sind nach Gebinde gestaffelt und betragen für 50 kg 1,60 €/kg, für
70 kg 1,40 €/kg und für 90 kg 1,25 €/kg. Der Händler ist an einem möglichst
hohen Gewinn interessiert.
Zur Strukturierung der Entscheidungssituation werden zunächst die Handlungs-
alternativen ai zusammengestellt, wobei die Möglichkeit, nichts einzukaufen, mit
berücksichtigt wird. Die vier alternativen Umweltzustände z j sind bekannt,
jedoch nicht ihre Eintreffenswahrscheinlichkeiten. In einer Ergebnismatrix können
die durch das Zusammentreffen von je einer Handlungsalternative und einem
Umweltzustand resultierenden absetzbaren Mengen erfasst werden.

Tabelle 1.3. Ergebnismatrix Wochenhändler

Nachfrage z j
30 kg 50 kg 70 kg 90 kg
Angebot ai
0 kg 0 kg 0 kg 0 kg 0 kg
50 kg 30 kg 50 kg 50 kg 50 kg
70 kg 30 kg 50 kg 70 kg 70 kg
90 kg 30 kg 50 kg 70 kg 90 kg

Der zu erzielende Gewinn wird aus dem Erlös für die abgesetzte Menge abzüg-
lich der Einkaufskosten für die beschaffte Menge ermittelt:

Gewinn (ai , z j ) = min {ai , z j } ⋅ V − ai ⋅ Ei

Entspricht der Gewinn dem Nutzen des Entscheidungsträgers, wird damit die
Entscheidungsmatrix aufgestellt.

Tabelle 1.4. Entscheidungsmatrix Wochenhändler

Nachfrage z j
30 kg 50 kg 70 kg 90 kg
Angebot ai
0 kg 0€ 0€ 0€ 0€
50 kg 10 € 70 € 70 € 70 €
70 kg -8 € 52 € 112 € 112 €
90 kg -22,5 € 37,5 € 97,5 € 157,5 €
Entscheidungsunterstützung 21

Zur Strukturierung einer Entscheidungssituation mit dem Ziel der Auswahl der
besten Alternative sind hinsichtlich der einzelnen Elemente des Entscheidungs-
modells detaillierte Sachverhalte und wesentliche Prinzipien zu beachten, um eine
rationale Entscheidung treffen zu können, die im Folgenden etwas ausführlicher
erörtert werden.

Alternativenraum Die in einer Situation zur Wahl stehenden Alternativen sind


vollständig zu erfassen und zu berücksichtigen. Sind die Alternativen in realen
Situationen nicht vollständig vorab bekannt, sind diese zu generieren, was häufig
Kreativität und einen umfangreichen Suchprozess erfordert. Auch eine Entschei-
dung hinsichtlich des Abbruchs der Suche ist Bestandteil des Entscheidungsprob-
lems. So geht dem Kauf eines gebrauchten Pkws ein relativ umfangreicher Such-
prozess voraus. Zur Anlagenkonstruktion, zur Entwicklung von Finanzderivaten
und ggf. zur Studienplanung ist ein kreativer Prozess der Alternativengenerierung
ratsam. Aufgrund von Zeit- und Budgetrestriktionen muss der Suchprozess geeig-
net abgebrochen werden. Wenn im zeitlichen Verlauf bisherige Alternativen
wegfallen, so sind jeweils Weitersuch- oder Stopp-Entscheidungen zu treffen. Zur
Zusammenstellung der Handlungsalternativen ist das Prinzip der vollkommenen
Alternativenstellung zu berücksichtigen.
y Prinzip der vollkommenen Alternativenstellung
Die Auswahl einer Alternative erfolgt aus der vollständigen Menge sich gegen-
seitig ausschließender Alternativen. Die Angabe geschieht derart, dass
eine der Alternativen ergriffen werden muss und
nur eine Alternative realisiert werden kann.
Damit sind auch die Unterlassungsalternative und die Gewinnung zusätzlicher
Informationen zu berücksichtigen

Beispiel Anlagemöglichkeiten
Das Guthaben auf Ihrem Sparkonto beträgt 5.000 €. Sie erhalten von Ihrer Bank
folgende Angebote auf Beteiligung an Unternehmen, die jeweils genau einmal
möglich sind und sich nicht gegenseitig ausschließen:
Beteiligung an Unternehmen A mit einem Betrag von 5.000 €
Beteiligung an Unternehmen B mit einem Betrag von 3.000 €
Beteiligung an Unternehmen C mit einem Betrag von 1.000 €
Mit diesen drei Vorschlägen leiten Sie die Menge vollkommener Alternativen
ab. Wollen Sie keine zusätzlichen Angebote berücksichtigen, bestehen 5 Alterna-
tiven, von denen genau eine gewählt werden muss. Hinsichtlich der Alternativen-
stellung ist der Zeitbezug mit zu berücksichtigen. Stets ist zu prüfen, welche
Alternativen bereits zum Zeitpunkt der Planung festgelegt werden müssen und
über welche Teilaspekte erst zu einem späteren Zeitpunkt zu entscheiden ist, wenn
22 Quantitative Entscheidungsunterstützung

evtl. zusätzliche Informationen verfügbar sind. Die Auswirkungen der Teilent-


scheidungen auf spätere Handlungsmöglichkeiten sind ebenfalls zu beachten.

Tabelle 1.5. Vollkommene Alternativenstellung Anlagen

a1 Sparkonto 5.000 €
a2 Beteiligung A 5.000 €
a3 Beteiligung B 3.000 € Sparkonto 2.000 €
a4 Beteiligung C 1.000 € Sparkonto 4.000 €
a5 Beteiligung B 3.000 € Sparkonto 1.000€
Beteiligung C 1.000 €

Zustandsraum Die Umwelt beeinflusst das Ergebnis einer Aktion oder Hand-
lungsalternative und wird – zumindest hinsichtlich des Betrachtungshorizonts –
als durch den Entscheidungsträger nicht zu beeinflussend angesehen. Ein Umwelt-
zustand ist eine denkbare Konstellation relevanter Umweltfaktoren.
Je nach den möglichen Umweltzuständen und den darüber vorliegenden Infor-
mationen lassen sich Entscheidungssituationen klassifizieren. Von einer Entschei-
dungssituation unter Sicherheit spricht man, wenn nur ein Umweltzustand eintre-
ten wird, der bekannt ist, also sichere Erwartungen hinsichtlich der Zukunft
vorliegen, andernfalls spricht man von Unsicherheit. Unsicherheitssituationen
werden weiter differenziert nach Entscheidungssituationen unter Risiko, für die
die Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten der verschiedenen Umweltsituationen
angenommen werden können, und Entscheidungssituationen unter Ungewissheit,
bei denen nur die möglichen Umweltzustände, nicht jedoch deren Eintrittswahr-
scheinlichkeiten bekannt sind. Zu berücksichtigen ist, dass auch Situationen
vorkommen mit unvermuteten Umweltzuständen, die jedoch entscheidungstheore-
tisch kaum behandelbar sind.

Entscheidungssituation

Sicherheit Unsicherheit

Ungewiss-
Risiko ?
heit

Abb. 1.7. Klassifikation von Entscheidungssituationen


Entscheidungsunterstützung 23

Die in einer Entscheidungssituation relevante Umweltzustandsmenge ist ab-


hängig vom Zielsystem und sollte ebenfalls vollständig und überschneidungsfrei
erfasst werden. Handelt es sich um wenige Zustände bzw. Ereignisse, können
diese explizit aufgelistet werden. Andernfalls werden sie implizit beschrieben,
wozu gerade bei mit Risiko behafteten Umweltzuständen Zufallsvariable verwen-
det werden.

Beispiel Ausschussanteil
Der Ausschussanteil einer Lieferung kann zwischen 0 und 100 % schwanken,
sodass alle Zustände dieses Intervalls möglich sind. Hat der konkrete Ausschuss-
anteil Einfluss z. B. auf die Produktionskosten, sind sehr viele Umweltzustände zu
erfassen und die Konsequenzen z. B. mittels einer Kostenfunktion k ( z ) abzulei-
ten. Sind für den Entscheidungsträger nur bestimmte Bereiche von Interesse, kann
die Zahl der relevanten Umweltzustände reduziert werden. Wird z. B. die Liefe-
rung zurückgewiesen, falls mehr als 5 % defekt sind, können die vielen Zustände
auf zwei relevante Zustände, Ausschussanteil aus [0; 5] oder aus (5; 100], redu-
ziert werden, mit den Konsequenzen Zurückweisung oder Annahme.
Gerade für strategische Entscheidungen werden zur besseren Handhabung aus
Einzeleinflüssen zusammengesetzte Umweltzustände zu Szenarien zusammenge-
fasst. Die Modellierung der Unsicherheit geschieht dann durch Szenario-Analyse,
die auf Hauptszenarien reduziert werden.
In Entscheidungssituationen unter Risiko mit einer endlichen Menge von Zu-
ständen ist jedem Zustand zi eine Wahrscheinlichkeit pi mit i=1,...,n zugeordnet.
Wahrscheinlichkeiten sind sämtlich größer oder gleich null. Die Summe aller
Wahrscheinlichkeiten ergibt eins und die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten
eines von mehreren einander ausschließenden Zuständen ist gleich der Summe
deren Einzelwahrscheinlichkeiten.
Zur Untersuchung von Entscheidungen unter Risiko sind Kenntnisse der Wahr-
scheinlichkeitsrechnung erforderlich, die hier und in Kap. 7 kurz dargestellt und in
einführender Literatur ausführlich behandelt werden (Bamberg et al. 2008, Rei-
chardt u. Reichardt 2002). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Zustand x eintritt,
wird mit p ( x ) bezeichnet, der (unbedingten) Wahrscheinlichkeit. p ( x, y ) ist die
gemeinsame Wahrscheinlichkeit, dass Zustand x und y eintreffen. Allgemein
gilt die Additionsregel zur Erfassung der Wahrscheinlichkeit, dass x oder y ein-
treffen p ( x oder y ) = p ( x ) + p ( y ) − p ( x, y ) . Die bedingte Wahrscheinlichkeit
eines Zustandes y unter der Bedingung, dass Zustand x eingetreten ist, ist für
p(x) > 0 definiert mit

p ( x, y )
p ( y x) = .
p ( x)
24 Quantitative Entscheidungsunterstützung

Zwei Zustände x, y sind stochastisch unabhängig, wenn p ( y x ) = p ( y ) gilt.


Äquivalent dazu ist, dass p ( x y ) = p ( x ) oder dass für die gemeinsame Wahr-
scheinlichkeit p ( x, y ) = p ( x ) ⋅ p ( y ) gilt.

Ergebnisraum Ein Ergebnis ist die Konsequenz aus der Kombination einer
bestimmten Handlungsalternative mit einem bestimmten Umweltzustand. Zu einer
endlichen Alternativenmenge und einer endlichen Umweltzuständemenge lassen
sich die Ergebnisse explizit in Matrixform angeben. Diese Ergebnisse können
auch mehrwertig sein. Eine auszuwählende berufliche Position ist mit einer
bestimmten Vergütung, wöchentlichen Arbeitszeit, Einsatzart und Aufstiegschan-
cen verbunden, die für den Entscheider mehr oder weniger attraktiv sind. Die
Ermittlung von Ergebnissen geschieht ggf. durch Wirkungsmodelle. Beispielswei-
se ist der Umsatz das Produkt aus Preis und abgesetzter Menge, wobei die abge-
setzte Menge abhängt von der Nachfrage und der angebotenen Menge ist.

Zielsystem Entscheidungstheoretisch bezeichnet ein Ziel eine Eigenschaft mit


Angabe der Präferenz bez. dieser Eigenschaft. Andere Bezeichnungen für Eigen-
schaft sind Attribut, Zielgröße oder Zielvariable. Bestandteile eines Zielsystems
sind die Zielgröße oder Zielvariable, das Zielausmaß oder die Zielvorschrift und
die Zieldauer.
Ziele sind meist nicht gegeben, sondern zu erarbeiten, wobei die inhaltliche
Beurteilung der Ziele nicht Gegenstand der Entscheidungstheorie ist, sondern aus
dem Kontext, hier zumeist aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Zusammenhang
heraus, erfolgt. Die Entwicklung von Zielen resultiert beispielsweise aus der
Feststellung von Mängeln, dem Vergleich vorliegender Alternativen, aus den
Erfordernissen strategischer Ziele heraus oder durch externe Vorgaben. Ohne die
Verschaffung von Klarheit über die Ziele ist keine vernünftige Entscheidung
möglich (Keeney 1996).
Präferenzen sind Einstellungen des Entscheiders zu Konsequenzen bzw. zu
Handlungsalternativen. Man unterscheidet a b strikte Präferenz, a ∼ b Indiffe-
renz und a b schwache Präferenz. Im Falle strikter Präferenz wird eine Hand-
lungsalternative a einer anderen b strikt vorgezogen. Indifferenz zwischen zwei
Alternativen liegt vor, wenn beide dem Entscheidungsträger gleich lieb sind, er
also mit der einen genauso zufrieden bzw. unzufrieden ist wie mit der anderen.
Schwache Präferenz ist gegeben, wenn die eine Alternative vorgezogen oder
gleich geschätzt wird. Besteht keine derartige Relation zwischen zwei Alternati-
ven, sind diese unvergleichbar.
Die normative Entscheidungstheorie setzt voraus, dass ein rationaler Entschei-
dungsträger in der Lage ist, je zwei Alternativen miteinander zu vergleichen und
dass er sich konsistent verhält. Dies führt zu den beiden folgenden Anforderungen
an Präferenzrelationen auf einer Alternativenmenge:
Entscheidungsunterstützung 25

y Vollständigkeit, d. h., je zwei Alternativen sind miteinander vergleichbar, also


für je zwei Alternativen gilt a b oder b a .
c⇒a
Transitivität der Präferenzrelationen, d. h. a b und b  
c.
Obwohl Transitivität sehr plausibel klingt, wird sie nicht immer eingehalten. So
gibt es durchaus Personen, die zwar einen Apfel gegenüber einer Birne bevorzu-
gen und eine Birne lieber hätten als eine Banane, sich bei der Wahl zwischen
Apfel und Banane jedoch für die Banane entscheiden.
y Wird möglichst viel oder möglichst wenig oder ausreichend viel angestrebt,
kann dies durch die Höhenpräferenzrelation zum Ausdruck gebracht werden.
Weiter sind folgende Präferenzrelationen besonders bedeutsam:
y Artenpräferenzrelation, die sich auf unterschiedliche Ziele bezieht, z. B. Ge-
winn ist wichtiger als Umsatz oder Marktanteil,
y Zeitpräferenz, die Ergebnisse zu unterschiedlichen Zeitpunkten differenziert
beurteilt, z. B. eine Einzahlung sollte lieber früher als später erfolgen,
y Risiko- bzw. Unsicherheitspräferenz, die die Risikoeinstellung eines Entschei-
dungsträgers zum Ausdruck bringt, z. B. ein sicherer Gewinn wird einer Lotte-
rie vorgezogen.
Ein Zielsystem ist charakterisiert durch die Menge der verfolgten Zielgrößen
und Präferenzrelationen des Entscheidungsträgers bez. der Merkmalsausprägun-
gen der Aktionsresultate. Folgende Anforderungen werden an ein Zielsystem
gestellt: Das Zielsystem sollte vollständig und redundanzfrei sein. Die einzelnen
Ziele sollten sich operationalisieren lassen und koordinationsgerecht sein. Eine
formale Behandlung setzt häufig Präferenzen voraus, die unabhängig voneinander
sind.
Zur Unterstützung von Entscheidungen mittels mathematischer Modelle wer-
den Präferenzen durch Funktionen abgebildet. Eine Funktion bzw. Darstellung
von Präferenzen wird als Bewertungsfunktion, Entscheidungsregel oder Präferenz-
funktional auf den Alternativen bezeichnet, wenn jeder Alternative a ∈ A eine
reelle Zahl zugeordnet werden kann, sodass für je zwei Alternativen ai und ak
gilt:

ak ai ⇔ Φ ( ak ) ≥ Φ ( ai ) Präferenz
ak ai ⇔ Φ ( ak ) > Φ ( ai ) strikte Präferenz
ak ∼ ai ⇔ Φ ( ak ) = Φ ( ai ) Indifferenz

Mit einem Präferenzfunktional lässt sich eine optimale Entscheidung a∗ cha-


rakterisieren durch Φ ( a∗ ) = max Φ ( a ) , und ggf. ermitteln.
a∈ A

Eine Nutzenfunktion ist im Unterschied zu einer Entscheidungsregel eine Be-


wertungsfunktion u auf den Ergebnissen und bildet diese jeweils auf eine reelle
26 Quantitative Entscheidungsunterstützung

Zahl ab. Häufig findet man eine Normierung der Nutzenwerte auf das Intervall
[0, 1] . Nicht jede Präferenzrelation ist durch eine numerische Bewertungsfunkti-
on u zu repräsentieren, sondern nur solche Präferenzrelationen, die vollständig und
transitiv sind.
Es werden zwei Arten von Nutzenfunktionen unterschieden:
y Eine ordinale Nutzenfunktion gibt an, ob ein Ergebnis gegenüber einem ande-
ren präferiert wird, nicht, in welchem Maße dies gilt. Sie ist eindeutig bis auf
monoton steigende Transformation.
y Eine kardinale Nutzenfunktion, auch Höhenpräferenzfunktion oder messbare
Wertfunktion, gibt an, ob der Präferenzunterschied zwischen zwei Alternativen
a und b größer ist als zwischen zwei anderen c und d . Sie ist eindeutig bis
auf monoton steigende lineare Transformationen.
Wird den Ergebnissen einer Ergebnismatrix ihr Nutzen zugeordnet, erhält man
die so genannte Nutzenmatrix oder Entscheidungsmatrix. Zur Unterstützung von
Entscheidungen lassen sich stattdessen auch Schadensmatrix oder Opportunitäts-
kostenmatrix betrachten.

Beispiel Wochenhändler
Entspricht der Gewinn dem Nutzen des Wochenhändlers, ist die Nutzenmatrix
bereits bekannt. Eine Normierung der Nutzenwerte auf [ 0, 1] liefert folgende
Entscheidungsmatrix mit gerundeten Nutzenwerten:

Menge vom Nachfrage


Großmarkt 30 kg 50 kg 70 kg 90 kg
0 kg 0,13 0,13 0,13 0,13
50 kg 0,18 0,51 0,51 0,51
70 kg 0,08 0,41 0,75 0,75
90 kg 0 0,33 0,67 1

Zieht der Entscheidungsträger einen höheren Gewinn einem niedrigeren vor,


trifft jedoch keine Aussagen über die Stärke der Vorziehungswürdigkeit, sind
ordinale Nutzenfunktionen zur Beschreibung seiner Präferenzen geeignet, die in
jeder der beiden folgenden Entscheidungsmatrizen gleichermaßen erfasst sind, da
sie bis auf monoton steigende Transformation übereinstimmen:
Entscheidungsunterstützung 27

Entscheidungsmatrix (ordinale Nutzenfunktion)


⎛3 3 3 3⎞ ⎛5 5 5 5 ⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
4 7 7 7⎟ 6 10 10 10 ⎟
U1 = ⎜ U2 = ⎜
⎜2 6 9 9⎟ ⎜ 1 9 50 50 ⎟
⎜⎜ ⎟ ⎜⎜ ⎟⎟
⎝1 5 8 10 ⎟⎠ ⎝ 0 7 30 1000 ⎠
Mit reellen Zahlen, die eine ordinale Präferenz zum Ausdruck bringen, sind nur
wenige Berechnungen sinnvoll. Das liegt daran, dass sie Bewertungsabstände
gerade nicht strukturähnlich abbilden. Zulässig sind Minimierung und Maximie-
rung, jedoch nicht z. B. Durchschnittsbildung, was für kardinale Nutzenfunktionen
zulässig ist.
In Entscheidungssituationen unter Unsicherheit ist eine Handlungsalternative
mit mehreren möglichen Ergebnissen je nach eintreffendem Umweltzustand
verbunden. Ähnlich können für die Wahl einer Handlungsalternative mehrere
Zielkriterien relevant sein, die im Konflikt zueinander stehen. In derartigen Situa-
tionen sind zusätzliche Präferenzinformationen durch den Entscheidungsträger
hinsichtlich seiner Risikopräferenz bzw. seiner Artenpräferenz zu geben, um eine
Unterstützung zu ermöglichen. Unabhängig von der individuellen Präferenz wird
von einem rationalen Entscheidungsträger erwartet, dass er sich nicht für eine
Alternative entscheidet, wenn er sich noch verbessern kann. Dies wird im Domi-
nanzprinzip formalisiert.

Dominanzprinzip
y Dominanz (Vergleich mit einer Alternative)
Eine Handlungsalternative ai dominiert eine Alternative a j , wenn ai bez.
keines Kriteriums schlechter und mindestens bez. eines Kriteriums besser als
a j ist. a j wird dann von ai dominiert.
y Effizienz (Vergleich mit allen anderen Alternativen)
Eine Alternative a∗ , die von keiner anderen Alternative aus A dominiert wird,
heißt in A undominiert. Eine undominierte Alternative a∗ wird als effizient
(vektoroptimal, funktionaleffizient) in A bezeichnet, wenn verschiedene Ziele
betrachtet werden; als zeitlich effizient, wenn unterschiedliche Zeiten zu be-
rücksichtigen sind; als pareto-optimal, wenn verschiedene Entscheidungsträger
mit unterschiedlichen Präferenzen zu beachten sind und als effizient, wenn ver-
schiedene Umweltzustände auftreten können.
y Das Dominanzprinzip verlangt von einem rationalen Entscheidungsträger, aus-
schließlich undominierte bzw. effiziente Handlungsalternativen zu wählen.
Unter Berücksichtigung des Dominanzprinzips lassen sich Alternativen mit
mehrwertigen Ergebnissen daraufhin überprüfen, welche für eine Wahl geeignet
sind, nämlich gerade die nicht dominierten, also die effizienten bzw. pareto-
optimalen in der Menge aller zulässigen Alternativen.
28 Quantitative Entscheidungsunterstützung

Beispiel Investitionsalternativen
Es sind vier unterschiedliche Investitionsalternativen durch ihre Zahlungsreihen,
also Auszahlungen zu Beginn und Einzahlungen nach dem 1. und dem 2. Jahr,
angegeben. Über die Zeitpräferenzen des Entscheidungsträgers liegen keine Infor-
mationen vor. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Nutzen umso größer
ist, je höher eine Einzahlung und je geringer eine Auszahlung ist.

Tabelle 1.6. Investitionsalternativen

Zahlungen
Alter- Beginn 1. Jahr 2. Jahr
nativen
a1 -10.000 5.000 5.000

a2 -8.000 5.000 6.000

a3 -10.000 6.000 5.000

a4 -8.000 6.000 5.500

Ohne Kenntnisse der Zeitpräferenz können nur Aussagen hinsichtlich der Do-
minanz getroffen werden. Alternative a1 wird von a2 , a3 und a4 dominiert. Die
Alternativen a2 und a4 sind nicht vergleichbar. a4 dominiert a3 . a2 und a3 sind
nicht vergleichbar. Damit werden in der Menge aller betrachteten Alternativen a2
und a4 nicht dominiert. Sie sind die einzigen effizienten Alternativen in der
Menge der erwogenen Investitionen, ein rationaler Entscheidungsträger sollte sich
für eine der beiden entscheiden. Sind zusätzliche Zeitpräferenzen des Entschei-
dungsträgers bekannt, kann eine weitere Unterstützung bei der Auswahl erfolgen,
wie in Kapitel 4 ausführlich beschrieben wird.

Beispiel Wochenhändler
Aufgrund der bei der Entscheidung noch unbekannten Nachfrage und der fehlen-
den Risikopräferenzinformation lassen sich die Alternativen nur hinsichtlich ihrer
Dominanz untersuchen. Die Alternative, nichts auf dem Großmarkt zu kaufen,
wird von der Alternative „50 kg“ dominiert. Diese Aussage ist sowohl auf der
Grundlage einer ordinalen als auch einer kardinalen Nutzenfunktion möglich. Die
übrigen Alternativen sind nicht miteinander vergleichbar. Ist der Entscheidungs-
träger risikoneutral und kann davon ausgegangen werden, dass alle Nachfragen
gleich wahrscheinlich sind, wählt er diejenige Alternative, die den höchsten
Erwartungswert der Ergebnisse, die hier den Nutzen entsprechen, aufweist.
Entscheidungsunterstützung 29

0 kg : 1 ( 4 ⋅ 0)
4 = 0€
50 kg : 1 (10 + 3 ⋅ 70 ) = 55 €
4
70 kg : 1 ( −8 + 52 + 112 + 112 ) = 67 €
4
90 kg : 1 ( −22,5 + 37,5 + 97,5 + 157,5 ) = 67,5 €
4

Damit sollte sich der risikoneutrale Wochenhändler für den Kauf von 90 kg auf
dem Großmarkt entscheiden. Ist er sehr risikoavers und will auf jeden Fall einen
Verlust vermeiden, kommt nur die Alternative „50 kg“ für ihn in Betracht –
„0 kg“ nicht, da diese dominiert wird. Die Ermittlung des Erwartungswerts ist nur
für kardinale Nutzenbewertungen sinnvoll.
Liegt eine Entscheidungssituation unter Sicherheit vor, dann ist der Umweltzu-
stand bekannt. Damit kann jeder Handlungsalternative das Ergebnis eindeutig
zugeordnet werden. Sind außerdem die Präferenzen hinsichtlich der Ergebnisse
bekannt, bleibt zur Entscheidungsunterstützung übrig, die Handlungsalternative
mit dem besten Ergebnis zu ermitteln. Dies kann aufgrund der Fülle der Möglich-
keiten und der zu berücksichtigenden Interdependenzen problematisch sein. Eine
Unterstützung durch quantitative Modelle und Methoden ist hier hilfreich. So
wurde eine Vielfalt von deterministischen Entscheidungsmodellen entwickelt, die
unterschiedliche mathematische Strukturen aufweisen. Weiterhin existieren zu
speziellen mathematischen Strukturen zugehörige exakte Algorithmen, die sehr
effizient eingesetzt werden können und optimale Lösungen ermitteln. Zur Lösung
anderer Modelle sind Heuristiken entwickelt worden, die auf die Optimalität
zugunsten eines beschleunigten Problemlösungsprozesses verzichten. Wird die
Entscheidungsfindung aufgrund der vorhandenen Unsicherheit über das Eintreffen
möglicher Umweltzustände schwieriger, bieten Modelle und Methoden des
Operations Research bei der Analyse der Situation und dem Aufzeigen günstiger
Alternativen wertvolle Unterstützung. Die Berücksichtigung zusätzlicher Präfe-
renzinformationen wird im Rahmen von Operations Research Methoden ebenfalls
unterstützt, hier sind insbesondere stochastische Optimierungsansätze (z. B. Birge
u. Louveaux 1999), Robuste Optimierung (z. B. Scholl 2001), Vektoroptimie-
rungsmethoden (z. B. Ehrgott 2005) und Ansätze auf der Grundlage unscharfer
Mengen (z. B. Zimmermann 2001) zu nennen, die über den Rahmen einer Einfüh-
rung hinausgehen.
In diesem Buch werden ausgewählte grundlegende Modelle und Methoden zur
Entscheidungsunterstützung vorgestellt. Es wird besonderer Wert auf die Anwen-
dung der theoretischen Grundlagen zur Lösung betriebswirtschaftlicher Planungs-
und Entscheidungsprobleme gelegt, daher werden vielfach anwendungsbezogene
Beispiele herangezogen, um über eine Methodenkompetenz hinaus die Anwen-
dungskompetenz zu erreichen.
30 Quantitative Entscheidungsunterstützung

1.2.2 Aufgaben

Aufgabe 1.2.1
In einem Auswahlverfahren soll darüber entschieden werden, welcher Schüler der
„optimale“ Schüler ist. Die Schüler haben folgende Noten:

Schüler Deutsch Mathematik Englisch

a1 3 4 2
a2 1 3 1
a3 5 2 4
a4 3 3 3

Eine Note ist bekanntermaßen umso besser, je kleiner die Zahl ist. Nehmen Sie
zur Richtigkeit der folgenden Aussagen Stellung.
a) Schüler a2 dominiert Schüler a1 .
b) Die Schüler a2 und a3 sind effiziente Schüler.
c) Es gibt keinen effizienten Schüler.
d) Schüler a4 und a1 sind gleich gut.
e) a2 ist der beste Schüler.

Aufgabe 1.2.2
In folgender Matrix sind die ordinalen Nutzenwerte der Alternativen a1 bis a4
hinsichtlich der Zielerreichung der Ziele k1 bis k4 angegeben. Sortieren Sie die
Alternativen im Hinblick auf ihre Vorziehenswürdigkeit.

k1 k2 k3 k4

a1 10 5 8 15
a2 5 5 7 7
a3 7 9 10 12
a4 7 8 9 11

Aufgabe 1.2.3
Ein risikoneutraler Verleger plant die Auflagenhöhe des neuen Romans „Hog-
wards Geheimnisse“. Je nachdem, ob das Konkurrenzwerk „Der Ring“ vorher,
Entscheidungsunterstützung 31

gleichzeitig oder später erscheinen wird, erwartet er eine unterschiedliche Nach-


frage, die in folgender Tabelle angegeben ist. Jede der Situationen sieht er als
gleichwahrscheinlich an.

Ring erscheint Ring erscheint Ring erscheint


vorher gleichzeitig nachher
Nachfrage 100 200 400

Mit dem Druck sind Fixkosten in Höhe von 100 GE und variable Kosten von
1 GE pro Stück verbunden. Der Erlös für jedes abgesetzte Buch beträgt 2 GE.
Stellen Sie die Ergebnismatrix für die Auflagenhöhen 0, 100, 200 und 400 auf.

Aufgabe 1.2.4
Setzten Sie sich strukturiert mit der Entscheidungssituation „Wahl einer Pauschal-
reise für den zweiwöchigen Weihnachtsurlaub“ auseinander. Geben Sie jeweils
zwei konkrete Beispiele für die folgenden Begriffe an und erläutern Sie diese
kurz: Zielvorstellungen, Handlungsalternativen, Umweltzustände und Ergebnisse.
Stellen Sie zu den gewählten Konkretisierungen den Ausschnitt einer passen-
den Ergebnismatrix auf.

Aufgabe 1.2.5
Wolfgang Optimax steht vor der Entscheidung, seinen Lottogewinn in Höhe von
10.000 € gewinnbringend anzulegen. Ihm stehen zwei Möglichkeiten zur Verfü-
gung. Er kann die Mittel auf seinem Sparbuch anlegen, bei dem er nach einem
Jahr 2 % erhält. Die zweite Möglichkeit ist eine Investition in Staatsanleihen des
Staates Optinien, die in beliebiger Höhe getätigt werden kann. Mit einer Wahr-
scheinlichkeit von 90 % erbringt diese Anlage nach einem Jahr einen um 10 %
erhöhten Auszahlungsbetrag, mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 % ist das Geld
verloren.
Strukturieren Sie das Problem auf Basis des Grundmodells der Entscheidungs-
theorie. Für welche Handlungsalternative sollte sich Wolfgang Optimax, der
risikoneutral ist, entscheiden?
2 Grundlagen linearer Optimierung

2.1 Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung

Das Unternehmen Optima stellt die Produkte A und B her, die hervorragenden
Absatz finden. Die aktuelle Nachfrage ist so hoch, dass die derzeitige Produk-
tionskapazität nicht ausreicht den Bedarf zu decken. Daher ist kurzfristig zu
entscheiden, wie viel von welchem Produkt im nächsten Monat produziert werden
soll. Dazu sind zunächst einige Informationen zu sammeln. Der Erlös für Pro-
dukt A beträgt 8 Geldeinheiten (GE) pro Mengeneinheit (ME), der für Produkt B
beträgt 9 GE je ME. Damit wird je ME von Produkt B ein höherer Erlös erzielt als
je ME von Produkt A. Jedoch lässt sich den Daten des Rechnungswesens entneh-
men, dass die variablen Kosten für die Produktion von Produkt A mit 5 GE/ME
niedriger sind als die für Produkt B mit 7 GE/ME.
Im Unterschied etwa zu Ein- und Auszahlungen werden Erlöse und Kosten be-
wertet, sachziel- und periodenbezogen abgegrenzt ermittelt (z. B. Kistner u.
Steven 2002, Plinke u. Rese 2006, Schweitzer u. Küpper 2003). Variable Kosten
ändern sich bei Variation einer Kosteneinflussgröße, fixe Kosten dagegen nicht.
Hier werden die beschäftigungsvariablen Kosten betrachtet, die mit zunehmender
Produktionsmenge steigen, beispielsweise Materialkosten.
Unter kurzfristigen Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten sollten diejenigen Pro-
dukte produziert werden, welche einen positiven Deckungsbeitrag aufweisen.
Dieser errechnet sich aus dem Erlös abzüglich der variablen Kosten. Fixe Kosten
sind kurzfristig nicht zu beeinflussen, daher hier nicht entscheidungsrelevant und
somit nicht zu berücksichtigen. Für Produkt A ergibt sich der Deckungsbeitrag mit
8 − 5 = 3, für Produkt B mit 9 − 7 = 2. Damit ist kurzfristig die Produktion beider
Produkte wirtschaftlich und es sollte soviel wie absetzbar von beiden Produkten
produziert werden, falls ausreichende Produktionskapazitäten verfügbar sind. Da
Produkt A einen höheren Deckungsbeitrag aufweist, ist zu vermuten, dass in einer
Knappheitssituation nur Produkt A produziert wird.
Bei Optima hat sich nun gezeigt, dass die Produktionskapazität nicht ausreicht,
den Bedarf zu erfüllen. Daher erfolgt eine eingehende Betrachtung der Produktion.
Es handelt sich um einen dreistufigen Produktionsprozess, der von beiden Produk-
ten A und B durchlaufen wird. Die jeweiligen Bearbeitungsdauern für die ver-
schiedenen Produkte auf den Anlagen in Zeiteinheiten (ZE) je ME, also die
Produktionskoeffizienten, und die Verfügbarkeit der Anlagen der Produktionsstu-
fen 1 bis 3 sind Tabelle 2.1 zu entnehmen.
34 Grundlagen linearer Optimierung

Tabelle 2.1. Produktionskoeffizienten Optima

Produktionsstufen

1 2 3

Produkt A 2 1 4

Produkt B 1 2 1

Anlagenverfügbarkeit 22 ZE 23 ZE 40 ZE

Aufgrund der knappen Anlagenkapazitäten sollten nicht nur die Deckungsbei-


träge der beiden Produkte berücksichtigt werden, sondern die Deckungsbeiträge
relativiert werden um die Inanspruchnahme der knappen Kapazität. Eine Analyse
der ersten Produktionsstufe zeigt, dass die Anlagenverfügbarkeit 22 ZE beträgt,
die Inanspruchnahme der Kapazität durch Produkt A 2 ZE/ME, durch Produkt B
1 ZE/ME. Der Deckungsbeitrag pro Einheit Kapazitätsbedarf auf Produktionsstu-
fe 1 ergibt sich für
Produkt A: 3 [GE/ME] : 2 [ZE/ME] = 1,5 [GE/ZE] und für
Produkt B: 2 [GE/ME] : 1 [ZE/ME] = 2 [GE/ZE].

Wird ausschließlich Produktionsstufe 1 berücksichtigt, lautet das günstigste


Produktionsprogramm: Es sollte nichts von Produkt A und so viel wie möglich,
also 22 ME, von Produkt B produziert werden. Der Gesamtdeckungsbeitrag
beträgt damit
22 [ME] ⋅ 2 [GE/ME] = 44 GE.

Der relative Deckungsbeitrag pro Einheit Kapazitätsbedarf der zweiten Produk-


tionsstufe ist für
Produkt A: 3 [GE/ME] : 1 [ZE/ME] = 3 [GE/ZE] und für
Produkt B: 2 [GE/ME] : 2 [ZE/ME] = 1 [GE/ZE].

Bei der Kapazität der Anlage der zweiten Stufe von 23 ZE ist der günstigste
Vorschlag unter ausschließlicher Berücksichtigung dieser Stufe, 23 ME von
Produkt A und nichts von Produkt B zu produzieren mit einem Gesamtdeckungs-
beitrag von 69 GE.
Die Betrachtung der dritten Produktionsstufe zeigt, der Deckungsbeitrag je in
Anspruch genommene ZE der Anlage beträgt für
Produkt A: 3 [GE/ME] : 4 [ZE/ME] = 0, 75 [GE/ZE] und für
Produkt B: 2 [GE/ME] : 1 [ZE/ME] = 2 [GE/ZE].
Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung 35

Hier sollte nichts von Produkt A und 40 ME von Produkt B produziert werden,
um mit 80 GE den für diese Stufe günstigsten Gesamtdeckungsbeitrag zu erzielen.
Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass die Vorschläge für jeweils eine Pro-
duktionsstufe auf den anderen überwiegend nicht durchgeführt werden können, da
sie dort unzulässig viel Zeit in Anspruch nehmen. Etwa die 23 ME von Produkt A
aus Stufe 2 beanspruchen auf Stufe 3 92 ZE, jedoch steht die Anlage nur 40 ZE
zur Verfügung. Die 40 ME von Produkt B auf Stufe 3 benötigen auf Stufe 1
40 ZE, verfügbar sind nur 23 ZE. Um das optimale Produktionsprogramm zu
ermitteln, müssen alle Produktionsstufen gleichzeitig betrachtet werden.
Der technische Leiter von Optima ist ohnehin der Ansicht, dass ohne Kapazi-
tätserweiterung die bisherige Produktion nicht erhöht werden kann, da mit dem
derzeitigen Produktionsprogramm von 9 ME des Produktes A und 4 ME des
Produktes B die Anlagenkapazitäten von zwei Produktionsstufen bereits zu 100 %
ausgeschöpft sind. Dies zeigt auch die folgende Darstellung der bisherigen Anla-
genbelegung und Kapazitätsauslastung. Damit stellt aus seiner Sicht dieses Pro-
duktionsprogramm, mit dem ein Gesamtdeckungsbeitrag von 35 GE erzielt wird,
eine optimale Ausnutzung der vorhandenen Produktionskapazität dar.

22 23 40
B
B

B
A
A

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3

Abb. 2.1. Derzeitige Anlagenbelegung Optima

Der Leiter des Controllings empfiehlt, zunächst eine simultane Berücksichti-


gung aller drei Produktionsstufen mit allen möglichen Produktionsprogrammalter-
nativen durchzuführen und daraus das optimale Produktionsprogramm auszuwäh-
len. Produktionsprogrammalternativen sind alle Kombinationen von Mengen der
Produkte A und B, die mit den verfügbaren Anlagekapazitäten produziert werden
können. Bewertet werden die Alternativen mit dem erzielbaren Gesamtdeckungs-
beitrag, der möglichst hoch sein sollte. Aufgrund der unendlich vielen möglichen
Alternativen erfolgt ihre Erfassung implizit mittels Variabler, deren Ausprägungen
durch Restriktionen beschränkt werden. Ihre Bewertung erfolgt durch die Ziel-
funktion, sodass das folgende Modell die Situation bei Optima mit den kurzfristi-
gen Produktionsprogrammmöglichkeiten erfasst. Einschließlich der Dimension
der Koeffizienten lautet die Zielfunktion:
max z [GE] = 3 [GE/ME] ⋅ x A [ME] + 2 [GE/ME] ⋅ xB [ME]
36 Grundlagen linearer Optimierung

Auch für die Restriktionen sind die Dimensionen stimmig, z. B. gilt für die ers-
te Restriktion:
2 [ZE/ME] ⋅ x A [ME] + 1 [ZE/ME] ⋅ xB [ME] ≤ 22 [ZE]

Insgesamt sind im folgenden linearen Optimierungsmodell alle Anforderungen


an das optimale Produktionsprogramm erfasst.

Lineares Optimierungsmodell Optima


Zunächst werden die Variablen definiert, über deren Ausprägungen zu entscheiden
ist.
x A : zu produzierende ME von Produkt A
xB : zu produzierende ME von Produkt B
Die Zielfunktion lautet:
Maximiere den Gesamtdeckungsbeitrag

max z = 3 x A + 2 xB

Folgende Restriktionen sind zu beachten:


Einhaltung der Kapazitätsgrenzen auf allen Produktionsstufen
s.d. 2 xA + 1 xB ≤ 22 Produktionsstufe 1
1 xA + 2 xB ≤ 23 Produktionsstufe 2
4 xA + 1 xB ≤ 40 Produktionsstufe 3

Eine negative Produktion ist nicht möglich

x A ,xB ≥ 0 Nichtnegativitätsbedingung

Dieses Modell ist in Abb. 2.2 veranschaulicht.


Zulässige Lösung: Jedes Produktionsprogramm, welches mit den vorhandenen
Kapazitäten produziert werden kann, ist eine zulässige Lösung. Die Gesamtmenge
aller zulässigen Lösungen ist in Abb. 2.2 schraffiert dargestellt.
Optimale Lösung: Dasjenige von allen zulässigen Produktionsprogrammen mit
dem höchsten Gesamtdeckungsbeitrag ist die optimale Lösung. Werden Isoziel-
funktionslinien wie hier mittels unterbrochener Linien dargestellt, geht in diesem
Beispiel diejenige mit dem höchsten Gesamtdeckungsbeitrag gerade durch die
äußerste Ecke rechts oben, die hier mit 7 ME von Produkt A und 8 ME von
Produkt B dem optimalen Produktionsprogramm mit maximalem Gesamtde-
Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung 37

ckungsbeitrag von 37 GE entspricht. Die Produktionsstufen 1 und 2 bilden die


Engpässe, in der dritten Produktionsstufe besteht noch freie Kapazität von 4 ZE.
Auch ohne Erweiterung der Produktionskapazität ist damit eine Erhöhung des
Gesamtdeckungsbeitrags gegenüber der bisherigen Produktion möglich.

xB

R1 R3
12

10

6
R2

4
z = 37
2

0 xA
0 2 4 6 8 10 12
Abb. 2.2. Zulässigkeitsbereich Optima

Für dieses Anwendungsbeispiel wird im Folgenden schrittweise die Lösung


unter Einsatz des Simplexalgorithmus ermittelt, bevor im anschließenden Ab-
schnitt der Simplexalgorithmus theoretisch dargestellt wird. Aufgrund der mathe-
matischen Struktur kann eine vorhandene optimale Lösung gefunden werden,
wenn man sich auf die Ecken des Zulässigkeitsbereichs beschränkt. Der Simplex-
algorithmus startet in einer Ecke und geht so lange wie möglich zu benachbarten
Ecken mit höherem Zielfunktionswert über. Kann keine Verbesserung mehr
erreicht werden, ist eine optimale Lösung ermittelt.

Aufstellung eines äquivalenten Gleichungssystems


Zunächst wird zu dem Restriktionensystem mit ≤ -Restriktionen ein äquivalentes
Gleichungssystem formuliert, indem die nicht ausgeschöpften Kapazitäten der drei
Produktionsstufen jeweils durch eine weitere Variable erfasst werden. Die Variab-
len x A und xB des Modells, deren Ausprägungen gesucht werden, werden als
Strukturvariable bezeichnet. Schlupfvariable heißen hingegen diejenigen Vari-
ablen, die die nicht ausgeschöpften Kapazitäten der Produktionsstufen aufnehmen.
38 Grundlagen linearer Optimierung

Produktionsstufe 3 : 4 x A + 1 xB + s3 = 40

Das Produktionsprogramm xA = 7 und xB = 8 beansprucht die Kapazität der


dritten Produktionsstufe im Umfang von 36 ZE, damit sind 4 ZE nicht ausge-
schöpft und für die Lösung gilt s3 = 4 . Derartige Schlupfvariable werden für jede
Restriktion hinzugefügt. Da die Kapazität zwar unter-, jedoch nicht überschritten
werden darf, müssen diese Variablen größer oder gleich null sein, also ebenfalls
die Nichtnegativitätsbedingung erfüllen. Da die nicht ausgeschöpften Kapazitäten
den Gesamtdeckungsbeitrag nicht beeinflussen, wird in der Zielfunktion der zuge-
hörige Koeffizient gleich null gesetzt. Auf diese Weise erhält man die folgende, zu
der vorherigen Darstellung äquivalente Formulierung.

Äquivalentes lineares Optimierungsmodell


max z = 3 x A + 2 xB + 0 s1 + 0 s2 + 0 s3
s.d. 2 x A + 1 xB + s1 = 22
1 x A + 2 xB + s2 = 23
4 x A + 1 xB + s3 = 40
x A , xB , s1 , s2 , s3 ≥ 0

Statt dieser ausführlichen Darstellung kann auch die folgende Matrixdarstel-


lung gewählt werden.

⎛ xA ⎞
⎜ ⎟
⎜ xB ⎟
max ( 3 2 0 0 0 ) ⎜ s1 ⎟
⎜ ⎟
⎜ s2 ⎟
⎜s ⎟
⎝ 3⎠
⎛ xA ⎞
⎜ ⎟
⎛2 1 1 0 0 ⎞ ⎜ xB ⎟ ⎛ 22 ⎞
⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟
s.d . ⎜ 1 2 0 1 0 ⎟ s1 = ⎜ 23 ⎟
⎜4 1 0 0 ⎜ ⎟
⎝ 1 ⎟⎠ ⎜ s2 ⎟ ⎜⎝ 40 ⎟⎠
⎜s ⎟
⎝ 3⎠
x A , xB , s1 , s2 , s3 ≥ 0

Damit sind die zulässigen Produktionsprogramme x A , xB genau den Lösungen


des Gleichungssystems zu entnehmen, die zusätzlich die Nichtnegativitätsbedin-
gung erfüllen.
Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung 39

Gesucht wird nun die optimale Lösung dieses linearen Gleichungssystems, d. h.


diejenige zulässige Lösung, die von allen zulässigen den maximalen Zielfunkti-
onswert aufweist. Dies geschieht unter Anwendung des Simplexalgorithmus.

Simplexalgorithmus
Aufgrund der mathematischen Struktur eines derartigen linearen Optimierungs-
modells ist bekannt: Wenn eine optimale Lösung existiert, ist mindestens eine
Ecke des Zulässigkeitsbereichs optimal. Gibt es mehrere optimale Lösungen, ist
mindestens eine davon eine Ecke. Folglich reicht es aus, nur die Ecken des Zuläs-
sigkeitsbereichs zu untersuchen, um eine optimale Lösung zu finden.
Die Ecken in der Grafik entsprechen gerade den Basislösungen des linearen
Gleichungssystems, also werden nur Basislösungen untersucht. Basislösungen
sind einer Basis zugeordnet und haben die Eigenschaft, dass die Werte der so
genannten Nichtbasisvariablen gleich null gesetzt und die zu einer Basis gehören-
den Variablen dann aus dem Gleichungssystem ermittelt werden. Das Gleichungs-
system wird gegebenenfalls jeweils so transformiert, dass die Lösung für die
Basisvariablen direkt ablesbar ist, wenn Nichtbasisvariable den Wert null anneh-
men. Beispielsweise entsprechen dem Punkt (10, 0 ) die Basisvariablen x A = 10,
s1 = 2 und s2 = 13 , die Nichtbasisvariablen sind xB = s3 = 0 . Eine detaillierte
Darstellung folgt in Kapitel 2.2.
Als Ausgangsbasis wird die Einheitsmatrix mit den zugehörigen Basisvariablen
s1 , s2 und s3 gewählt. Die Nichtbasisvariablen x A und xB werden gleich null
gesetzt. Dann gilt etwa, dass für die erste Gleichung
2 x A + 1 xB + s1 = 22

s1 = 22 unmittelbar ablesbar ist.


Zur Strukturierung der Vorgehensweise wird eine Tableaudarstellung benutzt.
Dort wird die Information bezüglich jeweils einer Basis aktualisiert dargestellt.
Zielfunktionskoeffizienten
Variablen RS

aktuelle Basis-
variablen mit aktuelle aktuelle
Zielfunktion- Koeffizientenmatrix rechte Seite
skoeffizienten

aktuelle Kriteriumswerte aktueller


Zielfunktionswert

Als Ausgangsbasis wird die Einheitsmatrix I gewählt, deren Inverse wieder I


ist. In der ersten Spalte sind die aktuellen Basisvariablen mit ihren Zielfunktions-
koeffizienten genannt. Werden die Nichtbasisvariablen null gesetzt, sind die
40 Grundlagen linearer Optimierung

Werte der Basisvariablen in der rechten Spalte ( RS ) ablesbar. Die Werte der
Δ z -Zeile beziehen sich auf die Zielfunktion. Mit ( −1) multipliziert geben sie die
Erhöhung des Zielfunktionswertes an, wenn die zugehörige Variable um eine
Einheit erhöht wird. Der rechte Wert in der Δ z -Zeile entspricht dem aktuellen
Zielfunktionswert.
Dem folgenden Tableau 1 ist ein erstes zulässiges Produktionsprogramm ent-
nehmbar. Die Strukturvariablen sind nicht in Basis, haben folglich den Wert null.
So wird nichts produziert, die freien Kapazitäten der drei Produktionsstufen sind
mit s1 = 22 , s2 = 23 und s3 = 40 ablesbar. Der mit diesem zulässigen Produk-
tionsprogramm erzielbare Deckungsbeitrag ist null.

Simplextableau 1
3 2 0 0 0
xA xB s1 s2 s3 RS

0 s1 2 1 1 0 0 22

0 s2 1 2 0 1 0 23

0 s3 4 1 0 0 1 40

Δz -3 -2 0 0 0 0

Nach Multiplikation mit (−1) ist in der Δ z -Zeile ablesbar, welche Verbesse-
rungen des Deckungsbeitrags möglich sind. Wird ausgehend von der vorliegenden
Lösung eine zusätzliche Einheit von Produkt A produziert, erhöht sich der De-
ckungsbeitrag um 3 Einheiten, wird eine zusätzliche Einheit von Produkt B
produziert, steigt der Deckungsbeitrag um 2 Einheiten. Da die Erhöhung des
Deckungsbeitrags bei zusätzlicher Produktion von Produkt A größer als bei B ist,
sollte die Produktion von Produkt A möglichst weit erhöht werden. Daher wird
x A neu in die Basis aufgenommen, um einen Wert größer als null anzunehmen.

Aufnahmekriterium
Von allen bisherigen Nichtbasisvariablen, die zu einer Erhöhung der Zielfunktion
führen, erkennbar am negativen Wert in der Δ z -Zeile, wird jeweils diejenige mit
niedrigstem Wert zur Aufnahme in die Basis ausgewählt. Die zugehörige Spalte
im Tableau wird Pivotspalte genannt.
Von Produkt A wird nun möglichst viel produziert, jedoch sind die Produk-
tionskapazitäten zu berücksichtigen. Wie der Pivotspalte zu entnehmen ist, bean-
sprucht eine Einheit Produkt A in der ersten Produktionsstufe 2 ZE. Hier können
folglich maximal 22 : 2 = 11 Einheiten produziert werden, dann ist diese Kapazität
ausgeschöpft. In der zweiten Produktionsstufe können höchstens 23 :1 = 23 und
in der dritten Produktionsstufe höchstens 40 : 4 = 10 Einheiten von Produkt A
produziert werden. Also kann x A nun höchstens den Wert min {11, 23, 10} = 10
Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung 41

annehmen. Dann ist die freie Kapazität der dritten Produktionsstufe auf null
gesunken, d. h. s3 = 0 . Damit wird s3 aus der Basis entfernt und ist im nächsten
Tableau Nichtbasisvariable mit Wert null. x A wird im nächsten Schritt den Wert
10 annehmen.

3 2 0 0 0
xA xB s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 2 1 1 0 0 22 11

0 s2 1 2 0 1 0 23 23

0 s3 4 1 0 0 1 40 10 min

Δz -3 -2 0 0 0 0

min

Eliminationskriterium
Diejenige Variable ist aus der Basis zu eliminieren, die bei Erhöhung der aufzu-
nehmenden Variablen als erstes auf den Wert null absinkt, also den kleinsten Θ -
Wert besitzt.
Die zugehörige Zeile im Tableau wird als Pivotzeile bezeichnet. Das Element
im Schnittpunkt von Pivotzeile und Pivotspalte ist das Pivotelement.
Um die Basistransformation durchzuführen, werden erlaubte Transformatio-
nen, d. h. Additionen von je zwei Zeilen oder Multiplikationen mit einer reellen
Zahl ungleich null, angewandt, sodass die Pivotspalte entsprechende Einheitsspal-
te mit „1“ an der Stelle des Pivotelements wird, die neue Basislösung ist wieder
der rechten Seite zu entnehmen.

Simplextableau 2
xA xB s1 s2 s3 RS Θ
0 s1 0 1/ 1 0 -1/2 2 4
2
0 s2 0 7/ 0 1 -1/4 13 52/
4 7
3 xA 1 1/ 0 0 1/ 10 40
4 4
Δz 0 -5/4 0 0 3/
4 30

Das nun vorgeschlagene Produktionsprogramm lautet 10 Einheiten von Pro-


dukt A und keine Einheit von Produkt B. Die dritte Produktionsstufe ist jetzt
42 Grundlagen linearer Optimierung

Engpass und es bestehen freie Kapazitäten in der ersten Produktionsstufe in Höhe


von 2 und in der zweiten Produktionsstufe in Höhe von 13, jeweils erkennbar an
den Werten der Schlupfvariablen s1 , s2 und s3 .
Eine weitere Verbesserung des Zielfunktionswertes ist durch zusätzliche Pro-
duktion von Produkt B möglich, jedoch muss dazu die Produktion von Produkt A
reduziert werden, da die Kapazität der dritten Produktionsstufe ausgeschöpft ist.
Wenn eine zusätzliche Einheit von Produkt B produziert wird, müssen 1 4 Ein-
heiten von Produkt A weniger produziert werden, wie der Pivotspalte zu entneh-
men ist. Die Konsequenz auf den Gesamtdeckungsbeitrag beträgt also
2 ⋅1 − 3 ⋅ 1 4 = 5 4 , wie auch der Δ z -Zeile zu entnehmen ist.
Durch Berechnung der Θ -Werte mit 2 : 1 2 = 4 , 13 : 7 4 = 52 7 und 10 : 1 4 = 40
wird das Minimum bei s1 festgestellt. Daher ist s1 aus der Basis zu eliminieren.
Die entsprechenden Tableautransformationen führen zu folgendem Tableau.

Simplextableau 3
xA xB s1 s2 s3 RS Θ
2 xB 0 1 2 0 -1 4 -
0 s2 0 0 -7/2 1 3/
2 6 4

3 xA 1 0 -1/2 0 1/
2 9 18

Δz 0 0 5/ 0 - 1 /2 35
2

Das hier vorgeschlagene Produktionsprogramm lautet x A = 9 und xB = 4 und


erzielt einen Gesamtdeckungsbeitrag von 35 GE. Diese Lösung stimmt mit dem
gegenwärtigen Produktionsprogramm überein. Auch die hiermit auftretenden
Kapazitätsauslastungen in den Produktionsstufen 1 und 3 sind durch die Schlupf-
variablen s1 = s3 = 0 erkennbar.
In der Δ z-Zeile steht unter s3 der Wert − 1 2 und zeigt die Möglichkeit einer
weiteren Verbesserung des Zielfunktionswertes an. Wird s3 um 1 Einheit erhöht,
muss xB ebenfalls um 1 Einheit von 4 auf 5 erhöht, s2 um 3 2 Einheiten von 6
auf 4,5 reduziert und x A um 1 2 Einheit auf 8,5 reduziert werden, damit das
Gleichungssystem erfüllt bleibt. Die Konsequenz auf den Gesamtdeckungsbeitrag
dieser Erhöhung der Schlupfvariablen s3 , die keinen direkten Einfluss auf die
Zielfunktion hat, ist 3⋅ (Änderung von x A ) + 2 ⋅ (Änderung von xB ), bei 1 Einheit
folglich 3 ⋅ (− 1 2) + 2 ⋅1 = 1 2 , also positiv und genau (-1)-mal dem entsprechenden
Δ z-Wert von s3 . Daher wird s3 mit möglichst hohem Wert in die Basis aufge-
nommen.
Eine beliebige Erhöhung von s3 erhöht xB entsprechend. xB wird folglich
nicht negativ und es ist kein Θ -Wert zu bestimmen. Für die übrigen Basisvariab-
len werden die Θ -Werte ermittelt zu 6 : 3 2 = 4 und 9 : 1 2 = 18 . Aus der Basis zu
eliminieren ist folglich s2 und die Transformation führt zu folgendem Tableau.
Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung 43

Simplextableau 4: Optimales Endtableau


xA xB s1 s2 s3 RS
2 xB 0 1 -1/3 2/
3 0 8

0 s3 0 0 -7/3 2/
3 1 4

3 xA 1 0 2/ -1/3 0 7
3
Δz 0 0 4/ 1/ 0 37
3 3

Eine weitere Verbesserung ist nicht möglich, denn für alle Nichtbasisvariable
hat aufgrund der positiven Werte in der Δ z-Zeile die Aufnahme in die Basis
negative Auswirkungen auf die Zielfunktion. Damit liegen das optimale End-
tableau und eine optimale Lösung vor.

Optimalitätskriterium
Sind alle Werte in der Δ z -Zeile nichtnegativ, ist eine optimale Lösung gefunden.
Es gibt keine zulässige Lösung, die einen höheren Zielfunktionswert erreicht.
Es wird vorgeschlagen, 7 Einheiten von Produkt A und 8 Einheiten von Pro-
dukt B zu produzieren. Damit kann der maximale Deckungsbeitrag in Höhe von
37 GE erzielt werden. Engpässe stellen die ersten und zweiten Produktionsstufen
dar, da s1 = s2 = 0 . In der dritten Produktionsstufe wird die Kapazität bis auf
4 Einheiten genutzt, sie ist damit zu (40 − 4) : 40 = 90 % ausgelastet. Es zeigt sich
also, dass trotz ausgelasteter Kapazitäten auf zwei Produktionsstufen das de-
ckungsbeitragsoptimale Produktionsprogramm entgegen der Annahme des techni-
schen Leiters mit der gegenwärtigen Produktion von 9 ME von Produkt A und
4 ME von Produkt B noch nicht erreicht ist, sondern auch ohne Kapazitätserweite-
rung durch optimale Produktion der Gesamtdeckungsbeitrag um 2 GE auf 37 GE
gesteigert werden kann.
Die Anlagenbelegung des optimalen Produktionsprogramms zeigt Abb. 2.3.
22 23 40

B B
B

A A

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3

Abb. 2.3. Optimale Anlagenbelegung Optima


44 Grundlagen linearer Optimierung

Betrachtet man das Beispiel der kurzfristigen Produktionsprogrammplanung als


Entscheidungsproblem, so lässt sich feststellen, dass von einer Entscheidungssitu-
ation unter Sicherheit ausgegangen wird. Alle relevanten Parameter und Bezie-
hungen der einzigen zu berücksichtigenden Umweltsituation werden als bekannt
angenommen. Konkret wird die Umweltsituation beschrieben durch die Gesamt-
heit der Angaben: die Deckungsbeiträge in der Zielfunktion, die Produktionskapa-
zitäten der unterschiedlichen Anlagen, die Produktionskoeffizienten und der
jeweilige, im Modell erfasste Zusammenhang. Die Handlungsalternativen, zwi-
schen denen der Entscheidungsträger auswählen kann, sind alle zulässigen Pro-
duktionsprogramme, also alle produzierbaren Kombinationen von Produktions-
mengen der Produkte A und B. Da es unendlich viele Handlungsalternativen gibt,
werden diese nicht einzeln aufgelistet, sondern implizit durch die Restriktionen
beschrieben. Beispiele sind ( 0; 0 ) , ( 2,5;1) , ( 9; 4 ) also jede zulässige Ausprä-
gung von x A und xB . Ergebnisse der Handlungsalternativen sind u. a. die erzielba-
ren Deckungsbeiträge und die Kapazitätsauslastungen der verschiedenen Anlagen.
Der Nutzen einer Handlungsalternative wird als umso höher angesehen, je größer
der zugeordnete Gesamtdeckungsbeitrag ist. Die Höhe der Kapazitätsauslastung
selbst ist dagegen nicht von Bedeutung, wenn sie in dem Zielkriterium nicht
berücksichtigt ist.
Da es sich um eine Entscheidung unter Sicherheit handelt und nur ein Zielkrite-
rium vorliegt, wird die Präferenz des Entscheidungsträgers durch die Zielfunktion
ausreichend erfasst. Durch die Modellformulierung sind somit alle Handlungsal-
ternativen, Anforderungen, Bewertungen und Nutzenvorstellung formuliert und
damit steht die optimale Handlungsalternative fest. Durch einen geeigneten Algo-
rithmus, hier der Simplexalgorithmus, wird der Entscheidungsträger im Auffinden
der optimalen Alternative unterstützt.
Nachdem nun anhand eines Beispiels der Einsatz des Simplexalgorithmus zur
Ermittlung einer optimalen Lösung eines linearen Optimierungsmodells beschrie-
ben wurde, werden im folgenden Abschnitt Voraussetzungen und Grundlagen der
linearen Optimierung auch theoretisch behandelt, um beliebige lineare Optimie-
rungsmodelle zu lösen.

2.2 Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells

2.2.1 Grundmodell der linearen Optimierung

Der Simplexalgorithmus mit seinen Erweiterungen und Modifikationen ist der


bekannteste und am stärksten verbreitete Algorithmus zur Lösung linearer Opti-
mierungsmodelle. Mit linearer Optimierung oder auch linearer Programmierung
wird die Aufstellung und Lösung eines linearen Optimierungsmodells bezeichnet,
wobei häufig an die Lösung mittels Simplexalgorithmus gedacht ist. Das lineare
Optimierungsmodell wird auch als LP-Modell oder kurz LP bezeichnet.
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 45

Nachdem anhand eines Beispiels die einzelnen Schritte des Simplexalgorith-


mus zum Auffinden einer optimalen Lösung beschrieben wurden, erfolgt nun die
allgemeine Darstellung des Algorithmus. Hierzu wird von dem Grundmodell der
linearen Optimierung, hier bezeichnet mit (P), ausgegangen. Modellmodifikatio-
nen erlauben Anpassungen an vielfältige reale Situationen. Wie Modellerweite-
rungen mittels Simplexverfahren behandelt werden, wird in Kapitel 3 erläutert.
y Das Grundmodell der linearen Optimierung ist dadurch charakterisiert, dass
eine lineare Zielfunktion unter Einhaltung linearer Restriktionen zu maximie-
ren ist. Es liegen ausschließlich ≤ -Restriktion vor, die rechte Seite b weist
ausschließlich Werte größer oder gleich null auf. Für alle Variable ist die
Nichtnegativitätsbedingung einzuhalten. Formal dargestellt:

max z = ct x
s.d . Ax ≤ b
(P)
x ≥ 0
c,x ∈ R n , b ∈ R m , b ≥ 0, A ∈ R mxn

y Die folgenden Bezeichnungen sind üblich:


z = ct x Zielfunktion
c, c t Vektor der Zielfunktionskoeffizienten bzw. seine Transponierte1
A Koeffizientenmatrix
b Kapazitätenvektor (rechte Seite)
x Strukturvariable
Ax ≤ b Restriktionen, Nebenbedingungen
x≥0 Nichtnegativitätsbedingungen

Statt mit dieser sehr kompakten Matrixdarstellung kann das gleiche Modell
etwas ausführlicher beschrieben werden mit x j , c j , aij , bi ∈ R, bi ≥ 0 :
n
max z = ∑j =1
cj xj

n
(P)
s.d . ∑j =1
aij x j ≤ bi i = 1,..., m

xj ≥ 0 j = 1,..., n

Die Indizes j = 1,..., n werden meist für die Variablen und zugeordneten Pa-
rameter, die Indizes i = 1,..., m für die Restriktionen und zugehörigen Parameter

1 Transponiert bedeutet Spiegelung einer Matrix an der Hauptdiagonalen bzw. hier Zei-

lenvektor statt Spaltenvektor und wird mittels hochgestelltem t kenntlich gemacht. Ein
Vektor ohne weitere Angabe ist stets als Spaltenvektor zu verstehen. c t bezeichnet also
einen Zeilenvektor.
46 Grundlagen linearer Optimierung

verwendet. Die ganz detaillierte folgende Form findet insbesondere dann Verwen-
dung, wenn die Parameter ci , bi und aij mittels Zahlen konkretisiert werden.
max z = c1 x1 + c2 x2 + ... + cn xn
s.d . a11 x1 + a12 x2 + ... + a1n xn ≤ b1
( P)
am1 x1 + am 2 x2 + ... + amn xn ≤ bm
x1 ,x2 ,...,xn ≥ 0

y Der Lösungsraum L ( P ) des linearen Programmierungsmodells ( P ) , d. h. die


Menge der zulässigen Lösungen oder der Zulässigkeitsbereich, ist durch die
Restriktionen und die Nichtnegativitätsbedingungen für alle Variable eindeutig
festgelegt. Er ist ein abgeschlossenes 2, konvexes 3 Polyeder (Vieleck) und be-
schrieben durch:

L ( P ) = { x ∈ Rn | A x ≤ b, x ≥ 0} = X

Jede einzelne Restriktion und jede einzelne Nichtnegativitätsbedingung definie-


ren einen Halbraum des R n . Da alle Restriktionen und Nichtnegativitätsbedin-
gungen des Optimierungsmodells erfüllt sein müssen, ergibt sich der Lösungsraum
als Durchschnitt dieser Halbräume.

xB xB

xA xA

Abb. 2.4. Abgeschlossene, konvexe Polyeder

Der Lösungsraum kann unbeschränkt oder beschränkt sein, d. h. in mindestens


einer Richtung ist der Bereich bis unendlich ausgedehnt oder eben nicht. Abb. 2.4

2 Eine Menge ist abgeschlossen genau dann, wenn alle Randpunkte zu dieser Menge

gehören.
3 Eine Menge M ⊂ Rn ist konvex genau dann, wenn für je zwei beliebige Elemente aus

M auch alle Elemente der verbindenden Strecke zu M gehören. Also ∀ x, y ∈ M gilt:


λ x + (1 − λ ) y ∈ M ∀ λ ∈ [ 0 ,1] .
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 47

stellt im schraffierten Teil einschließlich Rand ein beschränktes bzw. unbe-


schränktes, jeweils abgeschlossenes, konvexes Polyeder dar. Beide Polyeder
können Zulässigkeitsbereichen linearer Optimierungsmodelle entsprechen.
y Wie bereits bei dem vorangehenden Beispiel gezeigt, wird statt des Unglei-
chungssystems ein äquivalentes Gleichungssystem betrachtet, indem das Sys-
tem ( P ) geeignet um Schlupfvariable s1 ,...,sm ≥ 0 erweitert wird.
Für die j-te Restriktion wird also statt der ≤ -Restriktion
a j1 x1 + a j 2 x2 + ... + a jn xn ≤ b j

die äquivalente Gleichheitsrestriktion


a j1 x1 + a j 2 x2 + ... + a jn xn + s j = b j

berücksichtigt, wobei sj jeweils den Wert


s j = b j − a j1 x1 − a j 2 x2 − ... − a jn xn

annimmt. Die Zielfunktionswerte aller Lösungen sollen durch diese Maßnahme


unverändert bleiben, daher werden die zu den Schlupfvariablen gehörenden
Zielfunktionskoeffizienten null gesetzt. Insgesamt ergibt sich dann das folgende
zugehörige lineare Optimierungsmodell mit Gleichheitsrestriktionen.
n m
max z = ∑
j =1
c j x j + ∑ 0 si
i =1
n
s.d . ∑
j =1
aij x j + si = bi i = 1,..., m

x j , si ≥ 0 j = 1,..., n i = 1,..., m

Wird mit I m die mxm -Einheitsmatrix, mit 0t die Nullzeile und mit A die
mxn -Koeffizientenmatrix des Ausgangsmodells bezeichnet, lautet die entspre-
chende Matrixform
max ct x + 0t s
s.d . A x + Im s = b
x,s ≥ 0

Ist für eine Lösung des Gleichungssystems der Wert einer Schlupfvariablen
si = 0 , ist die Restriktion mit Gleichheit erfüllt, d. h., die Restriktion ist bindend.

Beispiel
Das folgende lineare Optimierungsmodell weist alle Eigenschaften auf, die das
Grundmodell charakterisieren. Zu ermitteln sind die optimalen Werte der drei
Strukturvariablen x1 , x2 und x3 .
48 Grundlagen linearer Optimierung

max x1 + 2 x2 + x3
s.d . x1 + x2 ≤ 12
4 x1 + x2 + 2 x3 ≤ 24
x1 ,x2 ,x3 ≥ 0

⇔ max x1 + 2 x2 + x3
s.d . x1 + x2 + s1 = 12
4 x1 + x2 + 2 x3 + s2 = 24
x1 ,x2 ,x3 ,s1 ,s2 ≥ 0

Das zugehörige äquivalente Modell mit Gleichheitsrestriktionen, wobei die mit


null multiplizierten Variablen nicht aufgeführt sind, ergibt sich durch Hinzufü-
gung der beiden Schlupfvariablen s1 und s2 . Die Darstellung in Matrixform
lautet:

⎛ x1 ⎞
⎜ ⎟ ⎛ s1 ⎞
max (1 2 1) ⎜ x2 ⎟ + ( 0 0 ) ⎜ s ⎟
⎜x ⎟ ⎝ 2⎠
⎝ 3⎠
⎛ x1 ⎞
⎛1 1 0⎞ ⎜ ⎟ ⎛1 0 ⎞ ⎛ s1 ⎞ ⎛12 ⎞
s.d . ⎜ ⎟ ⎜ x2 ⎟ + ⎜ 0 1 ⎟ ⎜ s ⎟ = ⎜ 24 ⎟
⎝4 1 2⎠ ⎜x ⎟ ⎝ ⎠⎝ 2⎠ ⎝ ⎠
⎝ 3⎠
⎛ x1 ⎞
⎜ ⎟ ⎛ s1 ⎞
⎜ x2 ⎟ ≥ 0, ⎜ s ⎟ ≥ 0
⎜x ⎟ ⎝ 2⎠
⎝ 3⎠
Grundmodell und zugehöriges lineares Optimierungsmodell mit Gleichheitsre-
striktionen sind zwar nicht identisch, jedoch bezüglich des Lösungsraums und der
optimalen Lösungen äquivalent, da allgemein gilt:
Ist ( x 0t , s 0t ) zulässige bzw. sogar optimale Lösung des Modells mit Gleich-
heitsrestriktionen, dann ist x 0 zulässige bzw. optimale Lösung von ( P ) . Ist x 0
zulässige bzw. optimale Lösung von ( P ) , dann lässt sich s 0 bestimmen, sodass
( x0t , s 0t ) zulässige bzw. optimale Lösung des Modells mit Gleichheitsrestriktio-
nen ist. Die Zielfunktionswerte stimmen jeweils überein.
Im Folgenden werden die Schlupfvariablen nicht immer gesondert hervorgeho-
ben, sondern ebenfalls die anschließende allgemeine Darstellung verwendet,
wobei x dann neben den Strukturvariablen auch Schlupfvariable enthalten kann
und die Matrix A gegebenenfalls auch die Einheitsmatrix als Teilmatrix enthält.
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 49

max z = ct x
s.d . A x = b (1)
x≥0

Diese Darstellungsform wird in der Literatur auch als Standardform oder Nor-
malform bezeichnet, jedoch ist diese Terminologie nicht einheitlich.
Die zulässigen Lösungen dieses Modells sind also gerade alle Lösungen des
Gleichungssystems, die zusätzlich die Nichtnegativitätsbedingungen erfüllen.
Für das Gleichungssystem
x1 + x2 + s1 = 12
4 x1 + x2 + 2 x3 + s2 = 24
x1 ,x2 ,x3 ,s1 ,s2 ≥ 0

ist beispielsweise s1 = 12 , s2 = 24 und x1 = x2 = x3 = 0 eine solche Lösung, die


sich leicht ermitteln lässt, indem x1 , x2 und x3 null gesetzt werden und dann
aufgrund der vorliegenden Einheitsmatrix s1 und s2 unmittelbar abgelesen
werden können.
Bezeichnen wir jetzt die gesamte Koeffizientenmatrix mit A , also
⎛1 1 0 1 0⎞
A=⎜ ⎟,
⎝4 1 2 0 1⎠

so besteht A aus der Einheitsmatrix I und dem restlichen Teil N mit


⎛1 1 0⎞
N =⎜ ⎟.
⎝4 1 2⎠

Eine andere Lösung erhält man, wenn das Gleichungssystem mit erlaubten
Transformationen so umgeformt wird, dass die Einheitsmatrix zu den ausgewähl-
ten Variablen x3 und s1 gehört und die Variablen x1 , x2 und s2 gleich null
gesetzt werden. Erlaubte Transformationen eines Gleichungssystems, wie Multi-
plikation einer Zeile mit einer reellen Zahl ungleich null oder Addition zweier
Zeilen, ändern die Lösungsmenge nicht. Das folgende Ergebnis kann dann abgele-
sen werden:
x1 + x2 + s1 = 12
2 x1 + 1
2 x2 + x3 + 1
2 s2 = 12
x1 ,x2 ,x3 ,s1 ,s2 ≥ 0

Diese Lösung lautet x3 = 12 , s1 = 12 und x1 = x2 = s2 = 0 mit der folgenden


transformierten Matrix und transformierten rechten Seite.
50 Grundlagen linearer Optimierung

⎛1 1 0 1 0 12 ⎞
⎜ 1 1 ⎟
⎝2 2 1 0 2 12 ⎠

Eine Lösung eines Gleichungssystems lässt sich einfach ablesen, falls die Ein-
heitsmatrix I in der Koeffizientenmatrix enthalten ist.
y Ein Gleichungssystem D x = b mit x ∈ Rn , b ∈ Rm und D ∈ R mxn hat kanoni-
sche Form, falls die Einheitsmatrix I Teilmatrix von D ist. Ausgehend von
dem Grundmodell linearer Optimierung liegt nach Hinzufügung der Schlupfva-
riablen das äquivalente Gleichungssystem stets in kanonischer Form vor.
y Lösungen des Gleichungssystems lassen sich mittels Basen bzw. deren Inver-
sen darstellen. Jede nichtsinguläre 4 mxm -Teilmatrix B von A ist eine Basis
des Modells (1). Der Nichtbasisteil von A wird hier mit N bezeichnet.
Da zu jeder Basis B die Inverse B −1 existiert, lässt sich durch Linksmultipli-
kation mit der Basisinversen das Gleichungssystem in kanonischer Form darstel-
len.

Beispiel
Zu dem Gleichungssystem mit
⎛1 1 0 1 0⎞ ⎛12 ⎞
A=⎜ ⎟, b=⎜ ⎟
⎝4 1 2 0 1⎠ ⎝ 24 ⎠
kann die Basis
⎛0 1 ⎞
B=⎜ ⎟
⎝ 2 0⎠
als nichtsinguläre Teilmatrix gewählt werden. Die Spalten sind den Variablen x3
und s1 zugeordnet. Basisinverse zu B ist

⎛0 1 ⎞
2
B −1 = ⎜ ⎟.
⎝1 0⎠

Durch Multiplikation des Gleichungssystems A x = b von links mit B −1


B −1 A x = B −1b

4 Eine quadratische Matrix D ist nichtsingulär genau dann, wenn ihre Determinante

ungleich null ist. Genau dann existiert die Inverse D −1 der Matrix, sodass gilt
D -1D = D D −1 = I .
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 51

⎛2 1
2 1 0 1 ⎞
2
mit B −1 A = ⎜ ⎟
⎝1 1 0 1 0⎠

erhält man das Gleichungssystem


2 x1 + 1
2 x2 + x3 + 1
2 s2 = 12
x1 + x2 + s1 = 12 ,

welches in kanonischer Form vorliegt.


Die Einheitsmatrix I ist den Variablen x3 und s1 , den Basisvariablen, zuge-
ordnet, deren Werte nach Festlegung der Werte von x1 , x2 und s2 ermittelt
werden können über
x3 = 12 − 2 x1 − 1
2 x2 − 1
2 s2
s1 = 12 − x1 − x2

Werden die Nichtbasisvariablen mit Wert null gewählt, sind x3 = 12 und


s1 = 12 direkt ablesbar.
Wird die Matrix A in die Teile B und N zerlegt mit A = ( B,N ) , dann gilt
für B −1 A = B −1 ( B, N ) = ( I , B −1 N ). Damit steht die Basis in der Ausgangsmatrix
immer in den Spalten, in denen sich in dem transformierten Tableau die Einheits-
spalten befinden und zwar in übereinstimmender Reihenfolge. Die Transformation
des Gleichungssystems mittels erlaubter Transformation von Zeilen und Spalten,
bis die zu den Basisvariablen gehörenden Spalten Einheitsspalten sind, liefert das
gleiche Ergebnis wie die Multiplikation mit der Basisinversen von links.
y Ist B Basis von (1), so wird sie zulässige Basis von (1) genannt genau dann,
wenn B −1 b ≥ 0 ist.
Ist B Basis von (1), so werden die Nichtbasisspalten mit N bezeichnet, ent-
sprechend mit xB , xN , cB , cN die aufgeteilten Teilvektoren von x und c . Mo-
dell (1) kann dann dargestellt werden als:

⎛ xB ⎞
max z = ( cBt cNt ) ⎜ ⎟
⎝ xN ⎠
⎛x ⎞
s.d . ( B N )⎜ B ⎟ = b
⎝ xN ⎠
xB , x N ≥ 0

Nach Multiplikation mit B −1 erhält man die folgende Form.


max z = cBt xB + cNt xN
s.d . I x B + B −1 N x N = B −1 b
xB , x N ≥ 0
52 Grundlagen linearer Optimierung

Diese Gleichungssysteme werden jeweils verkürzt mittels eines Tableaus dar-


gestellt, welches nach geeigneter Spaltenvertauschung folgende Darstellung hat.
c Bt c Nt
x Bt x Nt RS

cB xB B -1 A B -1 b

Δz -c t + c Bt B -1 A c Bt B -1 b

bzw.
c Bt c Nt
x Bt x Nt RS

cB xB I B -1 N B -1 b

Δz -c t + c Bt B -1 A c Bt B -1 b

Bei dem Grundmodell der linearen Optimierung enthält das erste Gleichungs-
system die Einheitsmatrix I , deren Inverse I −1 wieder I ist. Damit ist auch
I −1 ⋅ A = IA = A und I −1 ⋅ b = Ib = b, das Ausgangstableau lässt sich folglich
einfach angeben.

⎛x ⎞
y Eine Lösung ⎜ B ⎟ des Gleichungssystems heißt Basislösung, falls alle Nicht-
⎝ xN ⎠
basisvariable gleich null gesetzt sind. Dann gilt xB = B −1b und xN = 0 .

y Eine Basislösung ist zulässig, falls xB = B −1b ≥ 0 gilt.


Eine zulässige Basislösung erfüllt folglich sowohl die Restriktionen als auch
die Nichtnegativitätsbedingungen. Eine Basis ist also genau dann zulässig, wenn
die zugehörige Basislösung zulässig ist.

Beispiel
Folgende 2x2 -Teilmatrizen Bk , k = 1,...,9 sind bis auf Spaltenvertauschung alle
Basen der Matrix A
⎛1 1 0 1 0⎞
A=⎜ ⎟
⎝4 1 2 0 1⎠
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 53

⎛1 0⎞ ⎛1 1⎞ ⎛1 0⎞
B1 = ⎜ ⎟ B2 = ⎜ ⎟ B3 = ⎜ ⎟
⎝0 1⎠ ⎝4 1⎠ ⎝4 2⎠
⎛1 1⎞ ⎛1 0⎞ ⎛1 0⎞
B4 = ⎜ ⎟ B5 = ⎜ ⎟ B6 = ⎜ ⎟
⎝4 0⎠ ⎝4 1⎠ ⎝1 2⎠
⎛1 1⎞ ⎛1 0⎞ ⎛0 1⎞
B7 = ⎜ ⎟ B8 = ⎜ ⎟ B9 = ⎜ ⎟
⎝1 0⎠ ⎝1 1⎠ ⎝2 0⎠

⎛ 0 0⎞
Die Teilmatrix D = ⎜ ⎟ ist keine Basis, da die Spalten linear abhängig sind
⎝ 2 1⎠
und somit die Determinante gleich null ist und keine Inverse existiert.
Zu den übrigen Matrizen lauten die Inversen wie folgt.

⎛ 1 0⎞ ⎛− 1 1 ⎞ ⎛ 1 0⎞
B1−1 = ⎜ ⎟ B2−1 = ⎜ 4 3 3
1 ⎟
B3−1 = ⎜ 1 ⎟
⎝ 0 1⎠ ⎝ 3 − 3⎠ ⎝ −2 2 ⎠
⎛ 0 14 ⎞ ⎛ 1 0⎞ ⎛ 1 0⎞
B4−1 = ⎜ −1
⎟ B5 = ⎜ ⎟ B6−1 = ⎜ 1 1 ⎟
⎝ −4 1 ⎠
1
⎝1 − 4⎠ ⎝ − 2 2⎠

⎛0 1
⎛ 0 1⎞ ⎛ 1 0⎞ 2⎞
B7−1 = ⎜ ⎟ B8−1 = ⎜ ⎟ B9−1 = ⎜ ⎟
⎝ 1 −1⎠ ⎝ −1 1 ⎠ ⎝1 0⎠

Werden jeweils die Nichtbasisvariablen gleich null gesetzt, errechnen sich die
⎛12 ⎞
Basisvariablenwerte mit B −1 ⋅ ⎜ ⎟ für die unterschiedlichen Basen zu
⎝ 24 ⎠

⎛ s ⎞ ⎛ 12 ⎞ ⎛ x ⎞ ⎛4⎞ ⎛ x ⎞ ⎛ 12 ⎞
B1 : ⎜ 1 ⎟ = ⎜ ⎟ B2 : ⎜ 1 ⎟ = ⎜ ⎟ B3 : ⎜ 1 ⎟ = ⎜ ⎟
s
⎝ 2⎠ ⎝ ⎠ 24 x
⎝ 2⎠ ⎝ ⎠ 8 ⎝ x3 ⎠ ⎝ −12 ⎠
⎛ x1 ⎞ ⎛ 6 ⎞ ⎛ x1 ⎞ ⎛ 12 ⎞ ⎛ x2 ⎞ ⎛12 ⎞
B4 : ⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ B5 : ⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ B6 : ⎜ ⎟ = ⎜ ⎟
s
⎝ 1⎠ ⎝ ⎠ 6 s
⎝ 2⎠ ⎝ −24 ⎠ ⎝ x3 ⎠ ⎝ 6 ⎠
⎛ x ⎞ ⎛ 24 ⎞ ⎛ x2 ⎞ ⎛12 ⎞ ⎛ x3 ⎞ ⎛ 12 ⎞
B7 : ⎜ 2 ⎟ = ⎜ ⎟ B8 : ⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ B9 : ⎜ ⎟ = ⎜ ⎟
s
⎝ 1⎠ ⎝ − 12 ⎠ s
⎝ 2⎠ ⎝ ⎠ 12 ⎝ s1 ⎠ ⎝ 12 ⎠
Zulässige Basen mit zulässigen Basislösungen sind folglich B1 , B2 , B4 , B6 , B8
und B9 . Die erreichbaren Zielfunktionswerte sind:
B1 : 0 B2 : 20 B4 : 6 B6 : 30 B8 : 24 B9 : 12

Die zulässigen Basislösungen sind gerade sämtliche Ecken des Zulässigkeitsbe-


reichs. Die Basislösung mit dem höchsten Zielfunktionswert von 30 ist x2 = 12
und x3 = 6 und x1 = s1 = s2 = 0 .
54 Grundlagen linearer Optimierung

Die Theorie und Lösung linearer Gleichungssysteme ist Gegenstand der linea-
ren Algebra und wird in Einführungen in die Mathematik behandelt, besonders in
solchen, die sich an Wirtschaftswissenschaftler wenden (z. B. Jaeger u. Wäscher
1998, Luderer u. Würker 2005, Ohse 2005, Schwarze 2005, Sydsaeter u. Ham-
mond 2007, Tietze 2007). Entsprechende Kenntnisse werden genutzt, um darauf
aufbauend das Vorgehen des Simplexalgorithmus zu erläutern.

2.2.2 Lösung des Grundmodells mittels Simplexalgorithmus

Das Simplexverfahren ist das bekannteste und am weitesten verbreitete Verfahren


zur Lösung linearer Optimierungsmodelle. Es wurde ab 1947 von George Dantzig
entwickelt und propagiert und seitdem fortlaufend verbessert. Die Bezeichnung
leitet sich ab von Simplex, einem n -dimensionalen Polytop 5 mit n + 1 Ecken,
z. B. Strecke, Dreieck, Tetraeder, und nimmt Bezug auf das Untersuchen des
Lösungsraums eines linearen Modells.
Die Erforschung und den frühen Einsatz des Simplexverfahrens zur Entschei-
dungsunterstützung haben neben Dantzig (1998) insbesondere von Neumann,
Kantorovich, Leontief und Koopmans maßgeblich vorangetrieben, wie dem
kurzen geschichtlichen Überblick von Dantzig (2002) zu entnehmen ist. Die
Untersuchung linearer Ungleichungssysteme ist noch älter und die ersten linearen
Optimierungsansätze 1939 von Kantorovich wurden zunächst nicht bekannt
(Goldfarb u. Todd 1989). Für ihre Beiträge zur Theorie der optimalen Zuordnung
von Ressourcen erhielten Leonid v. Kantorovich, USSR und Tjalling C. Koop-
mans, USA 1975 den Nobelpreis, exakt den Sveriges Riksbank Prize in Economic
Sciences in Memory of Alfred Nobel.

Idee des Simplexalgorithmus


Es lässt sich zeigen, dass, wenn genau eine optimale Lösung eines linearen Opti-
mierungsmodells existiert, diese in einer Ecke des zulässigen Polyeders liegt.
Existieren mehrere optimale Lösungen, liegt mindestens eine von ihnen in einer
zulässigen Ecke. Daher müssen nur Ecken des Lösungsraums hinsichtlich ihrer
Optimalität untersucht werden.
Es wird von einer zulässigen Basislösung eines linearen Optimierungsmodells
ausgegangen. Diese entspricht einer Ecke des Zulässigkeitsbereichs.
Durch Übergang von einer zulässigen zu einer benachbarten zulässigen Basis-
lösung – durch Basistausch – wird schrittweise eine Verbesserung der Lösung
bezüglich der Zielfunktion erreicht. In jedem Schritt wird eine aktuelle Basisvari-
able durch eine bisherige Nichtbasisvariable ersetzt. Die Aufnahmeregel sorgt
dafür, dass in jedem Schritt eine Erhöhung des Zielfunktionswertes erreicht wird.

5 Ein Polytop ist die konvexe Hülle einer endlichen Punktmenge, also ein beschränktes

Polyeder.
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 55

Die Eliminationsregel stellt sicher, dass die nächste Basislösung zulässig ist.
Mittels Optimalitätskriterium wird geprüft, ob eine weitere Verbesserung möglich
ist oder ob eine optimale Lösung gefunden wurde.

Aufnahme
Ausgehend von einem Simplextableau wird die Δ z -Zeile daraufhin überprüft, ob
eine Verbesserung der Zielfunktion möglich ist. Im Einzelnen sind die Werte der
Δ z -Zeile wie folgt bezeichnet:
m
Δ z j = −c j + ∑ cBi a*ij Kriteriumswert der Variablen x j
i =1

cBi ist der Zielfunktionskoeffizient der i-ten Basisvariablen. a*ij das Element im
aktuellen Tableau. * bezeichnet die bereits durchgeführte Multiplikation mit der
aktuellen Basisinversen bzw. die durchgeführte Transformation.
-Δ z j , also der mit ( −1) multiplizierte Δ z j -Wert, gibt an, um wie viele Ein-
heiten sich der Zielfunktionswert erhöht, wenn die Nichtbasisvariable x j um eine
Einheit erhöht wird. Das Ausmaß der möglichen Erhöhung der Nichtbasisvariab-
len x j ist gemäß Eliminationskriterium begrenzt und kann null betragen. Eine
Verbesserung der Zielfunktion ist nur durch Aufnahme solcher Nichtbasisvariab-
len x j möglich, für die Δ z j < 0 gilt. Wird das Minimum für mehrere Variable
angenommen, wird eine beliebige davon ausgewählt.
y Aufnahmekriterium
xl wird in Basis aufgenommen, falls gilt

Δ zl = min {Δ z j | j = 1,..., n, Δ z j < 0} .

Kann in einem Schritt keine weitere Verbesserung erreicht werden, ist eine op-
timale Lösung gefunden.
y Optimalitätskriterium
Gilt für alle (Nichtbasis-) Variable x j
Δ z j ≥ 0, ∀ j = 1,..., n ,

dann ist die zulässige Basis optimal und die zugehörige Basislösung ist eine
optimale Basislösung bzw. optimale Lösung des Modells.

Elimination
Wird die Variable xl in Basis aufgenommen, muss eine bisherige Basisvariable
aus der Basis eliminiert werden. xl beansprucht ebenfalls Anteile der knappen
„Kapazitäten“, und zwar ail* Einheiten der i-ten Kapazität, von der aktuell bi*
Einheiten verfügbar sind. xl wird gegen diejenige Basisvariable xk ausgetauscht,
deren „Kapazität“ als erstes ausgeschöpft ist.
56 Grundlagen linearer Optimierung

bk*
xl wird im nächsten Schritt dann den Wert annehmen.
akl*

Achtung: Ist a*il ≤ 0 , wird keine Kapazität verbraucht, sondern eventuell sogar
freigesetzt. In diesem Fall könnte xl beliebig erhöht werden, ohne dass es hier zu
einem Engpass kommt. Die zugehörige Basisvariable sinkt nicht auf null ab und
kann somit nicht aus der Basis entfernt werden.
y Eliminationskriterium
xk wird aus der Basis eliminiert, falls gilt

bk* ⎧ bi* ⎫
*
= min ⎨ * | i = 1,...,m,ail > 0 ⎬ .
*

akl ⎩ ail ⎭
Wird das Minimum für mehrere Basisvariable angenommen, wird davon eine
beliebige als Nichtbasisvariable gewählt. Die übrigen sind dann mit Wert null in
Basis. Nimmt mindestens eine der Basisvariablen den Wert null an, spricht man
von primaler Entartung. Ein Austausch gegen eine Nichtbasisvariable würde zu
einer neuen Basis und gegebenenfalls einem anderen Tableau, aber der gleichen
Lösung führen.

Basistausch
Durch Aufnahme- und Eliminationskriterium ist die neue Basis bestimmt. Die l-te
Spalte wird neu in die Basis aufgenommen an der Position, an der die zu eliminie-
rende Spalte steht. Es bleibt, den Basistausch im Gleichungssystem zu realisieren.
Das bedeutet, dass eine Transformation des Gleichungssystems so vorgenommen
wird, dass die l-te Spalte Einheitsspalte wird mit der Eins in der k-ten Zeile. Dies
geschieht zweckmäßig durch Pivotisierung im Simplextableau, wie im Folgenden
beschrieben wird. Pivot bezeichnet einen Drehpunkt bzw. „sich drehen“.

Bezeichnungen:
a*ij Element der i-ten Zeile und j-ten Spalte
*
a il i-tes Element der Pivotspalte l
*
a kj j-tes Element der Pivotzeile k
*
a kl Pivotelement
*
b i i-tes Element der rechten Seite

neu
Die entsprechenden Elemente des nächsten Tableaus werden jeweils durch
gekennzeichnet, z. B. a*ij neu .
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 57

c1 … ci … ck … cm … cm+1 … cj … cl …
x1 … xi … xk … xm … xm+1 … xj … x … RS
l

c1 x1 1 al*,m +1 … al*, j … al*,l … bl*

ci xi 1 ai*,m +1 … ai*, j … ai*,l … bi*

Pivot-
ck xk 1 ak* ,m +1 … ak* , j … ak* ,l … bk*
zeile

cm xm 1 *
am *
a*
, m +1 … am , j … m , l
*
bm

Δz Δ zm+1 … Δ zj Δ zl z*

Pivot-
spalte
y Transformation
akl∗ ist Pivotelement.
Die Pivotspalte wird Einheitsspalte:
⎧1 i=k
a*il neu = ⎨ i = 1,...,m Δzineu = 0
⎩0 sonst

Die Pivotzeile wird durch das Pivotelement dividiert:


akj* bk*
akj*neu = *
j = 1,..., n bk*neu = ( = Θk )
a kl akl*

Die Kreisregel gilt für alle übrigen Transformationen:


a*kj ⋅ a*il i = 1,...,m i≠k
a*ij neu = a*ij −
a *
kl j = 1,...,n j≠l
bk* ⋅ a*il
bi* neu = bi* − i = 1,...,m i≠k
a*kl
a*kj ⋅ Δ zl
Δ z neu
j = Δ zj − j = 1,...,n j ≠1
a*kl
bk* ⋅ Δ zl
z* neu = z* −
a*kl
58 Grundlagen linearer Optimierung

Nach Durchführung der Transformation liegt ein neues Tableau vor und eine
Iteration des Simplexalgorithmus ist abgeschlossen. Nach einer endlichen Zahl
von Iterationen bricht der Simplexalgorithmus ab mit einer optimalen Lösung oder
der Information, dass keine optimale Lösung existiert, da beliebige Verbesserun-
gen möglich sind (vgl. Kap. 2.2.3).

Beispiel
Nach Hinzufügung der Schlupfvariablen enthält A eine Einheitsmatrix und
wegen I −1 ⋅ A = A und I −1 ⋅ b = b kann das erste Simplextableau direkt aufgestellt
werden:

1 2 1 0 0
x1 x2 x3 s1 s2 RS Θ

0 s1 1 1 0 1 0 12 12

0 s2 4 1 2 0 1 24 24

Δz -1 -2 -1 0 0 0

Basisvariable sind s1 und s2 mit den aktuellen Werten 12 bzw. 24. Die Nicht-
basisvariablen sind gleich null. Der aktuelle Zielfunktionswert ist
0 ⋅12 + 0 ⋅ 24 = 0 und die Δ z -Werte bestimmen sich mit
Δ z j = − c j + cBt B −1a j = −c j + cBt ⋅ a*j

und wegen cBi = 0 für die beiden Basisvariablen jeweils zu −c j für die Struk-
turvariablen bzw. 0 für die Schlupfvariablen.

min {Δ z j | z j < 0} = min {−1, −2, −1} = −2


n

j =1

Damit wird x2 in die Basis aufgenommen, die zugehörige Spalte ist Pivotspal-
te. So wird sichergestellt, dass die nächste Lösung einen höheren Zielfunktions-
wert aufweist als die vorliegende. Aufgrund des Eliminationskriteriums mit
m ⎧ b∗ ⎫ ⎧12 24 ⎫
min ⎨ ∗i ,ai∗2 > 0 ⎬ = min ⎨ , ⎬ = 12
i =1 a
⎩ i2 ⎭ ⎩1 1 ⎭

wird s1 aus der Basis eliminiert. Die erste Zeile ist Pivotzeile und a12∗ ist Pivot-
element.
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 59

Durch Pivotisieren erhält man das transformierte Tableau mit der aktuellen Lö-
sung x2 = 12 und s2 = 12 sowie dem Zielfunktionswert 24. Die aktuelle Basis
⎛1 0 ⎞
findet sich im Ausgangstableau unter den Basisvariablen mit B8 = ⎜ ⎟ , die
⎝1 1 ⎠
zugehörige aktuelle Basisinverse steht im aktuellen Tableau dort, wo im Aus-
⎛ 1 0⎞
gangstableau die Einheitsspalte stand, also unter s1 und s2 mit B8−1 = ⎜ ⎟.
⎝ −1 1 ⎠

x1 x2 x3 s1 s2 RS Θ

2 x2 1 1 0 1 0 12 -
0 s2 3 0 2 -1 1 12 6

Δz 1 0 -1 2 0 24

Nur die Aufnahme von x3 führt zu einer weiteren Verbesserung der Zielfunkti-
on, daher wird x3 in Basis aufgenommen. x3 beansprucht keine Kapazität hin-
sichtlich der ersten Restriktion, wohl jedoch 2 Einheiten je Einheit von der aktuel-
len rechten Seite der zweiten Restriktion. Damit können maximal 6 Einheiten von
x3 in Lösung sein, s2 nimmt dann genau den Wert null an und wird Nichtbasisva-
riable.

x1 x2 x3 s1 s2 RS

2 x2 1 1 0 1 0 12
1 x3 1,5 0 1 -0,5 0,5 6

Δz 2,5 0 0 1,5 0,5 30

Da alle Δ z -Werte größer oder gleich null sind, ist das Optimalitätskriterium
erfüllt und die vorliegende Basislösung ist optimal. Also wird der optimale Ziel-
funktionswert 30 erreicht mit x2 = 12 , x3 = 6 und x1 = s1 = s2 = 0 . Für die
optimale Lösung sind alle Restriktionen mit Gleichheit erfüllt, da die Schlupfvari-
ablen sämtlich den Wert null annehmen. Damit sind alle Restriktionen bindend.
Eine andere optimale Lösung gibt es für dieses Beispiel nicht, da die Erhöhung
eines Wertes einer anderen, d.h. einer Nichtbasisvariablen, jeweils zu einer Ver-
ringerung des Zielfunktionswertes führt. Der optimale Lösungsvektor stellt die
optimale Lösung als Vektor dar und lautet in transponierter Form
( x1 , x2 , x3 , s1 , s2 )t = (0,12, 6, 0, 0)t .
60 Grundlagen linearer Optimierung

Die optimale Basis ist also unter x2 , x3 im Ausgangstableau abzulesen und


⎛1 0 ⎞ −1 ⎛ 1 0 ⎞
lautet B6 = ⎜ ⎟ . Die Basisinverse B6 = ⎜ ⎟ ist dem optimalen
⎝1 2 ⎠ ⎝ −0,5 0 ,5 ⎠
Endtableau zu entnehmen.
Der Δ z -Zeile des optimalen Endtableaus sind weitere Informationen zu ent-
nehmen. Würde etwa eine Einheit von x1 produziert, könnte aufgrund der knap-
pen Kapazitäten eine Einheit weniger von x2 und 1,5 Einheiten weniger von x3
produziert werden. Der Gesamtdeckungsbeitrag würde folglich um 2,5 Einheiten,
den Δ z -Wert von x1 , sinken. Dies sind die Opportunitätskosten von Produkt 1.
Eine Aufnahme einer Einheit von s1 ließe den Deckungsbeitrag um 1,5 Einheiten,
den Δ z -Wert von s1 , sinken. Würde die zugehörige Kapazität um eine Einheit
erhöht, könnte der Gesamtdeckungsbeitrag entsprechend um 1,5 Einheiten steigen.
Die Δ z -Werte der Schlupfvariablen im Grundmodell der linearen Optimierung
entsprechen den Schattenpreisen der Restriktionen. Detailliertere Ausführungen
zu den Opportunitätskosten und Schattenpreisen erfolgen im Zusammenhang mit
den Dualitätsbetrachtungen und Sensitivitätsanalysen in Kapitel 3.

2.2.3 Lösungsbesonderheiten

Bei den bisher behandelten Beispielen war stets die Situation gegeben, dass genau
eine optimale Lösung existierte, die dann mittels Simplexalgorithmus ermittelt
wurde. Dies ist jedoch nicht immer so, wie im Folgenden gezeigt wird.

Zulässige, keine optimale Lösung


Es kann der Fall auftreten, dass es zwar zulässige Lösungen gibt, jedoch keine
optimale Lösung existiert, da zu jeder zulässigen Lösung noch eine bessere gefun-
den werden kann. Diese Situation ist dadurch charakterisiert, dass der Zulässig-
keitsbereich in Richtung steigender Zielfunktionswerte unbeschränkt ist.

Beispiel
max z = 2 x1 + 4 x2
s.d . −2 x1 + 3 x2 ≤ 12
− x1 + 3 x2 ≤ 18
x1 ,x2 ≥ 0

In diesem Beispiel können x1 und x2 unter Einhaltung der Restriktionen belie-


big hohe Werte annehmen. Damit kann auch der Zielfunktionswert unendlich groß
werden. Der unbeschränkte Zulässigkeitsbereich ist in Abb. 2.5 zu erkennen.
Ausgehend von der Ecke im Nullpunkt ist durch schrittweisen Übergang zu einer
benachbarten Ecke eine Erhöhung der Zielfunktion möglich bis zur Ecke ( 6, 8 ) .
t
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 61

Darüber hinaus ist eine beliebige Erhöhung des Zielfunktionswerts möglich, z. B.


durch Wahl geeigneter Punkte auf der Geraden R2 . Etwa ( 9, 9 ) erzielt den
t

Zielfunktionswert 54.
x2
z = 54
12 R1

R2
10
z = 44
8

0 x1
0 2 4 6 8 10 12
Abb. 2.5. Unbeschränkter Zulässigkeitsbereich

Bei Anwendung des Simplexalgorithmus lässt sich dieser Fall daran erkennen,
dass die Optimalitätsbedingung nicht erfüllt werden kann: In einem Tableau tritt
mindestens ein Δ zl < 0 auf, jedoch ist die Elimination einer bisherigen Basisvari-
ablen nicht möglich, da ail∗ ≤ 0 für alle i = 1,..., m gilt. Der Simplexalgorithmus
bricht ab mit der Information, dass zulässige, jedoch keine optimalen Lösungen
existieren.

Beispiel
Das Modell wird um die Schlupfvariablen erweitert, das Ausgangstableau aufge-
stellt und der Simplexalgorithmus angewandt.

2 4 0 0
x1 x2 s1 s2 RS Θ

0 s1 -2 3 1 0 12 4

0 s2 -1 3 0 1 18 6

Δz -2 -4 0 0 0
62 Grundlagen linearer Optimierung

x1 x2 s1 s2 RS Θ

4 x2 - 2 /3 1 1/
3 0 4 -

0 s2 1 0 -1 1 6 6

Δz -14/3 0 4/
3 0 16

x1 x2 s1 s2 RS Θ
4 x2 0 1 -1/3 2/
3 8 -
Keine Pivotzeile
2 x1 1 0 -1 1 6 - bestimmbar

Δz 0 0 -10/ 14/ 44
3 3

s1 sollte in die Basis aufgenommen werden, da jede zusätzliche Einheit von s1


den Zielfunktionswert um 10 3 Einheiten erhöht. Dies führt jedoch nicht zu einer
Verringerung von x1 oder x2 , sondern vielmehr zu deren Erhöhung. Die Glei-
chungen lauten
− 1 3 s1 + 2 3 s2 = 8
x2
x1 − s1 + s2 = 6
Mit der Nichtbasisvariablen s2 = 0 zeigt sich unmittelbar, dass bei steigendem
s1 auch x1 und x2 steigen.
x2 = 8 + 1 3 s1
x1 = 6 + s1

Keine der beiden Variablen nimmt bei wachsendem s1 den Wert null an. Der
Zielfunktionswert kann also beliebig hoch steigen.
Ist es in einem Simplextableau möglich, eine Pivotspalte l zu bestimmen, je-
doch keine Pivotzeile, da alle ail∗ ≤ 0 sind, so zeigt dies, dass der Lösungsraum in
Richtung Zielfunktionsverbesserung unbeschränkt ist und keine optimale Lösung
existiert. Das Aufnahmekriterium zeigt hier an, welche Variable zusätzlich zu den
Basisvariablen beliebige positive Werte annehmen und so die Zielfunktion unend-
lich verbessern kann.
Da in der Praxis unendlich hohe Zielfunktionswerte üblicherweise nicht zu er-
reichen sind, ist ein derartiges Ergebnis meist ein Zeichen dafür, dass begrenzende
Bedingungen der Realität in dem Modell noch nicht ausreichend berücksichtigt
sind.
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 63

Mehrere Lösungen sind optimal


Gelegentlich gibt es nicht nur eine, sondern mehrere optimale Lösungen, die dann
denselben Zielfunktionswert besitzen. Aufgrund der mathematischen Struktur des
linearen Optimierungsmodells liegen die optimalen Lösungen auf dem Rand des
Zulässigkeitsbereichs. Daher sind bei mehreren optimalen Lösungen in einem
beschränkten Zulässigkeitsbereich mindestens zwei Ecken, d. h. Basislösungen,
optimal und alle Punkte auf ihrer Verbindung. Ist der Zulässigkeitsbereich unbe-
schränkt, können mehrere optimale Lösungen auch bei nur einer optimalen Basis-
lösung vorkommen.

Beispiel Optima
Bei Optima hat sich herausgestellt, dass der Deckungsbeitrag für Produkt B nur
1,5 statt 2 GE pro Stück beträgt. Optima modifiziert daher die Zielfunktion aus
dem ersten Beispiel.

Lineares Optimierungssystem Optima II


max z = 3 x A + 1,5 xB Modifizierte Zielfunktion
s.d . 2 xA + xB ≤ 22 Produktionsstufe 1
xA + 2 xB ≤ 23 Produktionsstufe 2
4 xA + xB ≤ 40 Produktionsstufe 3
x A ,xB ≥ 0 NNB

xB

R1 R3
12
z = 33
10

8 Menge der
optimalen Lösungen
6

R2
4

0 xA
0 2 4 6 8 10 12

Abb. 2.6. Optima II: mehrere optimale Lösungen


64 Grundlagen linearer Optimierung

Abb. 2.6 zeigt, dass die Isozielfunktionslinien nun parallel zu Restriktion R1


verlaufen. Es gibt nun unendlich viele optimale Lösungen, und zwar die zwei
Eckpunkte und alle Punkte auf der Strecke dazwischen.
Die Anwendung des Simplexalgorithmus liefert nach zwei Iterationen ein op-
timales Endtableau.

3 3/ 0 0 0
2
xA xB s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 2 1 1 0 0 22 11
0 s2 1 2 0 1 0 23 23

0 s3 4 1 0 0 1 40 10

Δz -3 - 3 /2 0 0 0 0

xA xB s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 0 1/ 1 0 - 1 /2 2 4
2
0 s2 0 7/ 0 1 - 1 /4 13 52/
4 7
3 xA 1 1/ 0 0 1/ 10 40
4 4
Δz 0 - 3 /4 0 0 3/
4 30

Optimales Endtableau:
xA xB s1 s2 s3 RS
3/ x 0 1 2 0 -1 4
2 B
0 s2 0 0 - 7 /2 1 3/
2 6

3 xA 1 0 - 1 /2 0 1/
2 9

Δz 0 0 3/ 0 0 33
2

Die optimale Lösung ist ablesbar mit x A = 9, xB = 4, s2 = 6 für die Basisvari-


ablen und s1 = s3 = 0 für die Nichtbasisvariablen. Der erreichte Zielfunktionswert
ist mit 33 aufgrund des verringerten Deckungsbeitrags von xB nun geringer als
der optimale Wert von 37 in dem Ausgangsbeispiel.
Eine genaue Betrachtung des Tableaus zeigt, dass ein Δ z -Wert von null auch
bei der Nichtbasisvariablen s3 auftritt, diese also in Basis aufgenommen werden
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 65

kann, ohne den Zielfunktionswert zu verändern. Für die Aufnahme von s3 ist s2
zu eliminieren und das neue Tableau zu berechnen.
Weiteres optimales Endtableau:

xA xB s1 s2 s3 RS
3/ x 0 1 - 1 /3 2/ 0 8
2 B 3
0 s3 0 0 - 7 /3 2/
3 1 4
3 xA 1 0 2/ - 1 /3 0 7
3
Δz 0 0 3/ 0 0 33
2

Dieses zweite optimale Endtableau zeigt die zweite optimale Basislösung mit
x A = 7, xB = 8, s3 = 4 und s1 = s2 = 0, auch diese wieder mit dem Zielfunkti-
onswert 33. Außerdem sind alle Punkte auf der Strecke dazwischen optimal,
sodass die Menge der optimalen Lösungen für dieses Modell lautet
⎧⎛ x A ⎞ ⎛ xA ⎞ ⎛9⎞ ⎛7⎞ ⎫
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ xB ⎟ ⎜ xB ⎟ ⎜ 4⎟ ⎜8 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎜ s1 ⎟ = λ ⎜ 0 ⎟ + (1 − λ ) ⎜ 0 ⎟ , λ ∈ [ 0, 1]⎬⎪
L = ⎨ s1
⎪⎜ s ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ 2 ⎟ ⎜ s2 ⎟ ⎜6⎟ ⎜0⎟ ⎪
⎪⎩⎜⎝ s3 ⎟⎠ ⎜s ⎟ ⎜0⎟ ⎜ 4⎟ ⎪⎭
⎝ 3 ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

Jeder optimale Lösungsvektor entspricht hier einer Konvexkombination der


beiden optimalen Basislösungsvektoren. Mit λ = 12 ist z. B. auch x A = 8, xB = 6,
s1 = 0, s2 = 3 und s3 = 2 eine optimale Lösung, die keine Basislösung ist. Da
diese keine der Kapazitäten der 2. und 3. Produktionsstufen vollständig aus-
schöpft, wird sie in der Praxis möglicherweise den extremen Ausprägungen
vorzuziehen sein. Es gibt unendlich viele optimale Produktionsprogramme, von
denen eines auszuwählen ist.
Die Existenz mehrerer optimaler Lösungen eines linearen Optimierungsmodells
ist dem optimalen Endtableau zu entnehmen. Ist der zu einer Nichtbasisvariablen
gehörende Δ z -Wert gleich null, kann diese in Basis aufgenommen werden und
der Austausch führt ebenfalls zu einer optimalen Lösung. Außer für den Sonder-
fall, dass der neue Wert der Variablen nach Aufnahme in die Basis null bleibt,
erhält man eine andere optimale Basislösung. In diesem Fall existieren unendlich
viele optimale Lösungen. Sind x1 ,..., x k optimale Basislösungen, dann sind auch
alle Konvexkombinationen optimale Lösungen des Modells

⎧ k k

L = ⎨ x ∈ Rn | x = ∑ λi x i , λi ∈ [ 0, 1] mit ∑λ i = 1⎬
⎩ i =1 i =1 ⎭
66 Grundlagen linearer Optimierung

Ist in einem optimalen Endtableau der Δ z -Wert mindestens einer Nichtbasis-


variablen gleich null, bezeichnet man dies als duale Entartung. Diese ist notwen-
dige Voraussetzung für die Existenz mehrerer optimaler Lösungen. Damit ist eine
optimale Lösung x 0 ∈ Rn , für die im optimalen Tableau keine Nichtbasisvariablen
Δ z -Werte gleich null aufweisen, einzige optimale Lösung, also L = { x 0 } .

Mehr als die erforderlichen Restriktionen bestimmen eine Ecke


Im R2 bestimmen zwei unterschiedliche Geraden eindeutig den Schnittpunkt, im
R3 drei unterschiedliche Flächen usw. Möglicherweise ist eine Ecke durch mehr
als die jeweils notwendige Anzahl Restriktionen bestimmt. Dies ist bei Anwen-
dung des Simplexalgorithmus daran erkennbar, dass das Eliminationskriterium die
Elimination mehrerer Basislösungen gleichermaßen erlaubt, da das Minimum der
Θ -Werte nicht eindeutig ist. Meist wird im Laufe der nächsten Iterationen diese
Ecke des Zulässigkeitsbereichs wieder verlassen, wenn sie noch nicht optimal ist.

Beispiel Optima III


Ergänzend wird eine weitere Restriktion zu dem Ausgangstableau Optima I
hinzugefügt, die den Zulässigkeitsbereich im Punkt ( 9, 4 ) berührt.
xB

R1
12 R4
z = 37 R3

10

6 R2

0 xA
0 2 4 6 8 10 12

Abb. 2.7. Zulässigkeitsbereich Optima III


Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 67

max z = 3 x A + 2 xB
s.d . 2 xA + 1 xB ≤ 22 Produktionsstufe 1
1 xA + 2 xB ≤ 23 Produktionsstufe 2
4 xA + 1 xB ≤ 40 Produktionsstufe 3
2 xA + 3
4 xB ≤ 21 zusätzliche Restriktion 4
x A ,xB ≥ 0 NNB

Die Berechnung führt zunächst zu folgenden zwei Tableaus:

3 2 0 0 0 0
xA xB s1 s2 s3 s4 RS Θ

0 s1 2 1 1 0 0 0 22 11

0 s2 1 2 0 1 0 0 23 23
0 s3 4 1 0 0 1 0 40 10
0 s4 2 3/ 0 0 0 1 21 21/
4 2
Δz -3 -2 0 0 0 0 0

xA xB s1 s2 s3 s4 RS Θ

0 s1 0 1/ 1 0 - 1 /2 0 2 4
2
0 s2 0 7/ 0 1 - 1 /4 0 13 52/
4 7
3 xA 1 1/ 0 0 1/ 0 10 40
4 4
0 s4 0 1/ 0 0 - 1 /2 1 1 4
4
Δz 0 - 5 /4 0 0 3/
4 0 30
Aufzunehmen ist die Variable xB , das Eliminationskriterium ist für mehrere
Basisvariable erfüllt. Bei Aufnahme von xB mit 4 Einheiten nehmen sowohl s1
als auch s4 den Wert null an. Eine beliebige der beiden Variablen, hier s1 , wird
aus der Basis eliminiert. Die andere bleibt dann in Basis mit Wert null, wie das
nächste Tableau zeigt. In einem weiteren Simplexschritt erhält man das optimale
Endtableau.
68 Grundlagen linearer Optimierung

xA xB s1 s2 s3 s4 RS Θ

2 xB 0 1 2 0 -1 0 4 -

0 s2 0 0 -7/2 1 3/
2 0 6 4
3 xA 1 0 -1/2 0 1/
2 0 9 18
0 s4 0 0 -1/2 0 1
- /4 1 0 -

Δz 0 0 5/ 0 -1/2 0 35
2

xA xB s1 s2 s3 s4 RS

2 xB 0 1 -1/3 2/
3 0 0 8

0 s3 0 0 -7/3 2/3 1 0 4
3 xA 1 0 2/ -1/3 0 0 7
3
0 s4 0 0 -13/12 1/6 0 1 1

Δz 0 0 4/ 1/ 0 0 37
3 3

Ist eine Ecke des Lösungsraums durch Restriktionen überbestimmt, existieren


für dieselbe Ecke unterschiedliche Basisdarstellungen. Da die Basislösungen
jedoch übereinstimmen, bedeutet dies, dass jeweils mindestens eine der Basisvari-
ablen den Wert null besitzt. Ist mindestens eine Variable mit Wert null in Basis,
spricht man von primaler Entartung.

Bei der Lösung von Modellen realer Probleme mittels Simplexalgorithmus


kann u. U. aufgrund des Eliminationskriteriums die Ecke nicht verlassen werden,
da nur zwischen verschiedenen Basen gewechselt wird. Standardprogramme zur
linearen Optimierung verhindern ein solches Kreisen in einer Ecke und gehen zu
einer besseren benachbarten Ecke weiter.

Mehr als die erforderlichen Restriktionen bestimmen eine optimale Ecke


Tritt die Situation auf, dass nicht eine beliebige, sondern die optimale Ecke des
Lösungsraums durch mehr als die erforderlichen Restriktionen bestimmt ist,
können unterschiedliche Basisdarstellungen dennoch für dieselbe, einzige optima-
le Lösung stehen.
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 69

Beispiel Optima IV
Ausgehend von dem Grundmodell wird eine andere zusätzliche Restriktion 4
hinzugefügt, die den Lösungsraum in der optimalen Ecke schneidet.

max z = 3 x A + 2 xB
s.d . 2 xA + 1 xB ≤ 22 Produktionsstufe 1
1 xA + 2 xB ≤ 23 Produktionsstufe 2
4 xA + 1 xB ≤ 40 Produktionsstufe 3
3 xA + 3,5 xB ≤ 49 zusätzliche Restriktion 4
x A ,xB ≥ 0 NNB

xB

14
R1 R3
12

10

6 R2

4 R4

2
z = 37
0 xA
0 2 4 6 8 10 12
Abb. 2.8. Zulässigkeitsbereich Optima IV
70 Grundlagen linearer Optimierung

Es ergeben sich folgende Berechnungen:

3 2 0 0 0 0
xA xB s1 s2 s3 s4 RS Θ

0 s1 2 1 1 0 0 0 22 11

0 s2 1 2 0 1 0 0 23 23
0 s3 4 1 0 0 1 0 40 10
0 s4 3 7/ 0 0 0 1 49 49/
2 3
Δz -3 -2 0 0 0 0 0

xA xB s1 s2 s3 s4 RS Θ

0 s1 0 1/ 1 0 - 1 /2 0 2 4
2
0 s2 0 7/ 0 1 - 1 /4 0 13 52/
4 7
3 xA 1 1/ 0 0 1/ 0 10 40
4 4
0 s4 0 11/ 0 0 - 3 /4 1 19 76/
4 11
Δz 0 - 5/ 4 0 0 3/
4 0 30

xA xB s1 s2 s3 s4 RS Θ

2 xB 0 1 2 0 -1 0 4 -

0 s2 0 0 - 7 /2 1 3/
2 0 6 4
3 xA 1 0 - 1 /2 0 1/
2 0 9 18
0 s4 0 0 -11/2 0 2 1 8 4

Δz 0 0 5/ 0 - 1 /2 0 35
2
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 71

Eines der optimalen Endtableaus:

xA xB s1 s2 s3 s4 RS

2 xB 0 1 - 1 /3 2/
3 0 0 8

0 s3 0 0 - 7 /3 2/
3 1 0 4
3 xA 1 0 2/ - 1 /3 0 0 7
3
0 s4 0 0 - 5 /6 - 4 /3 0 1 0

Δz 0 0 4/ 1/ 0 0 37
3 3

Wäre im vorherigen Schritt an Stelle von s2 die Schlupfvariable s4 aus der


Basis eliminiert worden, hätte man das folgende optimale Endtableau erhalten.

xA xB s1 s2 s3 s4 RS

2 xB 0 1 -3/4 0 0 1/
2 8

0 s2 0 0 5/ 1 0 -3/4 0
8
3 xA 1 0 7/ 0 0 -1/4 7
8
0 s3 0 0 11
- /4 0 1 1/ 4
2
Δz 0 0 9/ 0 0 1/ 37
8 4

Beide optimale Endtableaus zeigen die primale Entartung der optimalen Lö-
sung, d. h. dass eine andere Basisdarstellung dieser Ecke möglich ist. Da in beiden
Fällen für alle Nichtbasisvariable die Δ z -Werte ungleich null sind, wird auch
angezeigt, dass die ermittelte optimale Lösung die einzige ist. Die Menge aller
Lösungen besteht nur aus einem Element.

L= {( 7, 8, 0, 0, 4 ) }
t

Nachdem nun die verschiedenen Situationen bei Lösung des Grundmodells


linearer Optimierung vorgestellt sind, fasst das Struktogramm in vergröberter
Form den Ablauf des Simplexalgorithmus zusammen. Da von dem Grundmodell
ausgegangen wird, ist die Existenz mindestens einer zulässigen Lösung, nämlich
x = 0 , s = b , sichergestellt.
72 Grundlagen linearer Optimierung

Struktogramm des Simplexalgorithmus für das Grundmodell

Initialisierung: Ausgangsgleichungssystem Ax = b, x ≥ 0
Zielfunktion ct x, j = 1,…,n Variablenindizes

Wähle eine zulässige Ausgangsbasislösung (Strukturvariablen = 0)

Bestimme Δ zj für alle Nichtbasisvariablen

Existiert mindestens
ein Δ zj < 0?
Ja Nein
Aufnahmeregel: Aktuelle
Bestimme Index l Basislösung
n ist optimal
mit Δ zl = min {Δ z j }
j =1
l-te Spalte: Pivotspalte

Gibt es ail* > 0?


Ja Nein
Eliminationsregel: Es existiert keine
Bestimme optimale Basislö-
m ⎧ b*
sung, der Lösungs-

Θk = min ⎨ i* ,a*il > 0⎬ raum ist in Richtung
i=1 a
⎩ il ⎭ der Zielfunktion
unbeschränkt
k-te Zeile: Pivotzeile
Pivotisieren:
Bestimme neues
Tableau

Ein weiteres Beispiel behandelt die Aufstellung und Lösung eines Modells zur
Entscheidungsunterstützung im primären Wirtschaftssektor, in Kapitel 4 werden
vielfältige weitere Einsatzgebiete linearer Optimierungsmodelle vorgestellt.

Beispiel Landwirtschaft
Ein Landwirt beabsichtigt, seinen 1 ha = 10.000 qm großen Acker teils mit Blu-
men und teils mit Gemüse zu bestellen. Er erwartet, pro qm Blumen einen De-
ckungsbeitrag von 2,5 GE zu erzielen, pro qm Gemüse 1 GE. Die Beschaffung des
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 73

Saatguts erfordert Mittel in Höhe von 1 GE pro zu bepflanzendem qm Blumen


und 0,5 GE pro qm Gemüse, wofür insgesamt maximal 8000 GE verwendet
werden sollen.
Wie viel Acker soll mit Blumen und wie viel mit Gemüse bepflanzt werden,
um ein optimales Ergebnis zu erreichen? Entscheidungsvariable sind x1 für die
mit Blumen zu bestellenden qm und x2 für die mit Gemüse zu bepflanzenden qm.
Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist der erzielbare Gesamtdeckungsbeitrag
zu maximieren.
max 2,5 x1 + 1 x2

Zu beachten ist die Maximalgröße des Ackers, der verfügbar ist.


1 x1 + 1 x2 ≤ 10.000

Weiterhin muss das Budget eingehalten werden.


1 x1 + 0,5 x2 ≤ 8.000

Natürlicherweise sind die Nichtnegativitätsbedingungen einzuhalten.


x1 ,x2 ≥ 0

Die Lösung des linearen Optimierungsmodells erfolgt in einer Iteration, wie


den beiden Tableaus zu entnehmen ist.

2,5 1 0 0
x1 x2 s1 s2 RS Θ

0 s1 1 1 1 0 10000 10000

0 s2 1 0,5 0 1 8000 8000

Δz -2,5 -1 0 0 0

x1 x2 s1 s2 RS

0 s1 0 0,5 1 -1 2000

2,5 x1 1 0,5 0 1 8000

Δz 0 0,25 0 2,5 20000

Der optimale erzielbare Gesamtdeckungsbeitrag beträgt 20.000 GE. Es werden


nur Blumen und kein Gemüse angebaut. Die Schlupfvariable s1 mit Wert 2.000 in
Basis zeigt, dass nicht die gesamte Fläche bepflanzt wird, vielmehr 2.000 qm
brach liegen werden. Den Engpass stellt das knappe Budget dar. Könnte dieses
74 Grundlagen linearer Optimierung

erhöht werden, würde ein weiterer Teil der verfügbaren Fläche mit Blumen
bepflanzt und pro Einheit ein zusätzlicher Deckungsbeitrag von 2,5 erzielt werden.
Der Schattenpreis der knappen Ressource Budget beträgt also 2,5 GE. Wird ein
qm mit Gemüse bepflanzt, reduziert sich wegen des dadurch notwendigen Ver-
zichts auf Blumen der Deckungsbeitrag um 0,25 GE, die Opportunitätskosten für
das Pflanzen von Gemüse, welche der Δ z -Zeile zu entnehmen sind. Dass diese
Kosten so gering sind, ist darauf zurückzuführen, dass ein zusätzlicher qm Gemü-
se nicht nur -noch freie- Fläche beansprucht, sondern auch 0,5 Einheiten knappes
Budget, also auf 0,5 qm Blumen verzichtet werden muss.

x2

R2 z = 20000
10000

8000

6000

4000

2000
R1

0 x1
0 2000 4000 6000 8000 10000
Abb. 2.9. Zulässigkeitsbereich Beispiel Landwirtschaft

Wird verlangt, dass die gesamte Fläche bepflanzt wird, reduziert sich der Zu-
lässigkeitsbereich erheblich auf die Linie von ( 6000, 4000 ) bis ( 0, 10000 ) . Die
t t

optimale Bepflanzung besteht dann aus 6.000 qm Blumen und 4.000 qm Gemüse.
Das zugehörige lineare Optimierungsmodell lautet:
max z = 2,5 x1 + x2
s.d . x1 + x2 = 10.000
x1 + 0,5 x2 ≤ 8.000
x1 ,x2 ≥ 0

Da hier das Grundmodell der linearen Optimierung aufgrund der = -Restriktion


nicht vorliegt, ist mit dem bisher beschriebenen Algorithmus eine Lösung nicht
möglich, da nicht direkt eine zulässige Ausgangsbasislösung angegeben werden
kann. Die sonst übliche Nullalternative, d. h. weder Gemüse noch Blumen anzu-
bauen, ist hier nicht zulässig, da die Gesamtfläche bepflanzt werden muss.
Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells 75

Im Folgenden werden Erweiterungen und Modellmodifikationen vorgestellt,


mit denen beliebige lineare Optimierungsmodelle mittels Simplexalgorithmus
gelöst werden können bzw. der Nachweis geführt wird, dass keine Lösung bzw.
keine optimale Lösung existiert.

2.2.4 Aufgaben

Aufgabe 2.2.1
Bei der Krümelmonster GmbH soll für die beiden Produkte klassische Butterkek-
se, Variable x1, und Butterkekse mit Schokoladenüberzug, Variable x2, das de-
ckungsbeitragsmaximale Produktionsprogramm ermittelt werden. Das zugehörige
lineare Programm ist bereits formuliert:
max z = 8 x1 + 28 x2
s.d . x1 + 2 x2 ≤ 54
x1 ≤ 21
x2 ≤ 33
x1 , x2 ≥ 0

Ermitteln Sie die Menge aller optimalen Lösungen mit Hilfe des Simplexalgo-
rithmus. Wie hoch ist der erzielbare Gesamtdeckungsbeitrag?
Ist es vorteilhaft, die Kapazität der ersten Produktionsstufe zu erhöhen? Welche
Konsequenzen hat die Produktion einer weiteren Einheit klassischer Butterkekse?

Aufgabe 2.2.2
Der Betreiber eines mobilen Heißgetränkeverkaufs beabsichtigt vor der Mensa
einer Universität Kaffee und Espresso anzubieten. Da sein Mini Cooper nur über
begrenzte Kapazität verfügt und sehr viele Studierende die Mensa täglich aufsu-
chen, kann er davon ausgehen, dass seine Absatzzahlen nur von seinen Vorräten
an Wasser, Bechern und Plätzchen begrenzt werden.
a) Lohnt sich der Verkauf, wenn das folgende Modell seine tägliche Situation
beschreibt und gleichzeitig die Universität 20 € Standgebühr pro Tag erhebt? Wie
viel Kaffee x1 und Espresso x2 sollte pro Tag verkauft werden, um den Deckungs-
beitrag zu maximieren?
max z = 0, 2 x1 + 0, 4 x2 Deckungbeitrag
s.d . 0, 2 x1 + 0,1 x2 ≤ 50 Wasser
x1 + x2 ≤ 300 Becher
x2 ≤ 100 Plätzchen
x1 , x2 ≥ 0
76 Grundlagen linearer Optimierung

b) Wie lautet das beste Angebot, falls Wasser, Becher und Plätzchen in beliebiger
Kombination bis zur Erreichung der Mini Cooper-Kapazität mitgenommen wer-
den, wobei der Platzbedarf für 1 Liter Wasser dem von 10 Bechern bzw. 20
Plätzchen entspricht?

Aufgabe 2.2.3
Ein Unternehmen bietet vier Produkte an, die sämtlich drei Produktionsstufen
durchlaufen. Aufgrund knapper Produktionskapazitäten ist zu entscheiden, wie
viel von welchem Produkt in der nächsten Periode zur Erzielung eines möglichst
hohen Gesamtdeckungsbeitrags zu fertigen ist. Ermitteln Sie alle optimalen
Lösungen des folgenden Modells:
max z = 20 x1 + 40 x2 + 35 x3 + 80 x4
s.d . x1 + 4 x2 + 2 x3 + 5 x4 ≤ 60
3 x1 + 6 x2 + 3 x3 + 3 x4 ≤ 72
3 x1 + x2 + 2 x3 + 2 x4 ≤ 76
x1 , x2 , x3 , x4 ≥ 0

Aufgabe 2.2.4
Lösen Sie die folgenden linearen Optimierungsmodelle zunächst grafisch, an-
schließend mittels Simplexalgorithmus. Geben Sie alle optimalen Lösungen an
und erläutern Sie die Lösungen. Gehen Sie auf Besonderheiten ein. Sollte der
Simplexalgorithmus keine optimale Lösung ermitteln, geben Sie die beste festge-
stellte Lösung an.
a) b)
max z = x1 + 2 x2 max z = x1 + 2 x2
s.d . x1 + 2 x2 ≤ 10 s.d . 2 x1 + x2 ≤ 15
x1 + 4 x2 ≤ 16 −0,5 x1 + x2 ≤ 2,5
x1 ≤ 5 x2 ≤ 5
x1 , x2 ≥ 0 x1 , x2 ≥ 0
c) d)
max z = x1 + 2 x2 max z = x1 − x2
s.d . x2 ≤ 10 s.d . 2 x1 − 2 x2 ≤ 4
− 2 x1 + x2 ≤ 5 x1 , x2 ≥ 0
−2 5 x1 + x2 ≤ 8
x1 , x2 ≥ 0
3 Modellerweiterungen, Dualität und
Sensitivitätsanalyse

3.1 Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle

3.1.1 Ermittlung einer zulässigen Ausgangslösung

Nicht immer weist das lineare Optimierungsmodell, welches eine reale Entschei-
dungssituation adäquat abbildet, die für das Grundmodell charakteristischen
Eigenschaften auf. Damit ist der bisher vorgestellte Simplexalgorithmus zur
Lösung nicht unmittelbar einsetzbar. Mittels welcher Maßnahmen dennoch effi-
zient eine optimale Lösung ermittelt werden kann, wird im Folgenden behandelt.

Beispiel kurzfristige Produktionsprogrammplanung Optima


Bei Optima hat sich ergeben, dass bei der Ermittlung des optimalen Produktions-
programms zusätzliche Anforderungen zu berücksichtigen sind. Dem Kunden-
dienst wurde zugesagt, dass mindestens 5 Einheiten produziert werden, wobei die
Kombination der Produkte A und B beliebig ist. Aufgrund technischer Gegeben-
heiten ist zusätzlich folgender Produktionszusammenhang zwischen den Produk-
ten A und B zu gewährleisten:
xA = 6 + 1
3 xB

Damit ist das ursprüngliche lineare Optimierungsmodell um eine ≥ -Restriktion


und eine = -Restriktion zu ergänzen. Das neue Modell ist nicht in Standardform
und die Alternative, nichts zu produzieren, erfüllt die beiden zusätzlichen Anfor-
derungen nicht.

Abb. 3.1 veranschaulicht den resultierenden Zulässigkeitsbereich. Die Schraf-


furen deuten für jede ≤ - und ≥ -Restriktion den zulässigen Halbraum an. Da die
Gleichheitsrestriktion R5 nur durch die auf der entsprechenden Geraden liegenden
Punkte erfüllt ist, ist der Zulässigkeitsbereich stark eingeschränkt und umfasst nur
noch den fett gezeichneten Teil dieser Geraden.
78 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Lineares Optimierungsmodell Optima V


max z = 3 x A + 2 xB
s.d. 2 xA + 1 xB ≤ 22 R1 : Produktionsstufe1
1 x A + 2 xB ≤ 23 R2 : Produktionsstufe 2
4 xA + 1 xB ≤ 40 R3 : Produktionsstufe 3
1 xA + 1 xB ≥ 5 R4 : Kundendienst
1 xA − 1
3 xB = 6 R5 : Produktionsbedingung
xA , xB ≥ 0 NNB

R1 R3 R5

14

12

10

8
Zulässige
6 Lösungen

R2
4 R4

z = 36
2

0 xA
0 2 4 6 8 10 12 14
Abb. 3.1. Zulässigkeitsbereich Optima V

Zur Ermittlung einer optimalen Lösung wird auch für dieses Modell zunächst
durch Hinzufügung von Schlupfvariablen ein äquivalentes Gleichungssystem
aufgestellt. Alle Schlupfvariablen müssen die Nichtnegativitätsbedingung erfüllen,
daher ist die Kundendienst-Schlupfvariable s4 mit negativem Vorzeichen einzu-
fügen und erfasst die Produktionsmenge, die über die Mindestanforderung des
Kundendienstes von 5 ME hinausgeht.
x A + x B − s4 = 5
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 79

Hinweis: Aus didaktischen Gründen wird hier für ein Problem mit nur zwei
Strukturvariablen ein Lösungsalgorithmus angewandt, welcher für eine beliebige
Variablenanzahl geeignet ist. In diesem kleinen Beispiel ließe sich die Gleich-
heitsrestriktion R5 nach einer Variablen auflösen und dann das Problem unmittel-
bar lösen. Dieses Vorgehen ist jedoch bei mehreren Variablen nicht möglich.
Die fünfte Restriktion ist bereits als Gleichung formuliert, sodass das resultie-
rende äquivalente Gleichungssystem lautet:
2 xA + 1 xB + s1 = 22
1 x A + 2 xB + s2 = 23
4 xA + 1 xB + s3 = 40
1 x A + 1 xB − s4 = 5
1 x A − 13 xB = 6
x A , xB , s1 , s2 , s3 , s4 ≥ 0

Da dieses Gleichungssystem nicht in kanonischer Form vorliegt, d. h. keine


Einheitsmatrix enthalten ist, kann nicht unmittelbar eine zulässige Ausgangslö-
sung abgelesen werden. Der Simplexalgorithmus ist somit nicht direkt anwendbar,
vielmehr ist zunächst eine zulässige Basislösung zu ermitteln, von der aus dann,
wie bekannt, durch schrittweise Verbesserung bei Übergang zu einer benachbarten
Basislösung die optimale Lösung bestimmt wird.

Groß-M-Methode
Auch für das Auffinden einer ersten zulässigen Lösung lässt sich der Simplexalgo-
rithmus einsetzen. Zunächst wird ein Hilfsmodell formuliert, zu welchem eine
Ausgangslösung einfach angegeben werden kann. Zu diesem wird eine optimale
Lösung durch Einsatz des Simplexalgorithmus ermittelt. Falls diese zulässig
bezüglich des Ausgangsmodells ist, ist sie auch optimale Lösung des ursprüngli-
chen Modells. Das Hilfsmodell wird aufgestellt, indem der Zulässigkeitsbereich
durch das Hinzufügen von Hilfsvariablen zunächst künstlich vergrößert wird,
sodass im Nullpunkt gestartet werden kann. Diese Hilfsvariablen werden in der
Zielfunktion mit sehr hohen Strafkosten (Groß-M) versehen, da diese Variablen
unbedingt sämtlich den Wert null annehmen sollen. Durch schrittweise Verbesse-
rung der Zielfunktion bei Anwendung des Simplexalgorithmus wird erreicht, dass
die Hilfsvariablen aus der Basis entfernt werden, d. h. den Wert null annehmen,
und damit der Zulässigkeitsbereich wieder reduziert wird. Lässt sich die Entfer-
nung der Hilfsvariablen aus der Basis auf diese Weise nicht erreichen, dann ist sie
überhaupt nicht möglich. Das bedeutet dann, dass zu dem ursprünglichen Modell
keine zulässige Lösung existiert, die Anforderungen folglich nicht alle gleichzeitig
erfüllbar sind.
Im Beispiel wird nun für die vierte und fünfte Gleichung jeweils eine Hilfsvari-
able eingefügt, die ebenfalls die Nichtnegativitätsbedingung erfüllen müssen. Die
80 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Strafkosten je Einheit der Hilfsvariablen werden mit –M in die Zielfunktion


aufgenommen. M steht für eine sehr große reelle Zahl, die ggf. problemabhängig
zu konkretisieren ist.
max z = 3 x A + 2 xB + 0 s1 + 0 s2 + 0 s3 + 0 s4 − M h4 − M h5
s.d . 2 x A + 1 xB + s1 = 22
1 x A + 2 xB + s2 = 23
4 x A + 1 xB + s3 = 40
1 x A + 1 xB − s4 + h4 = 5
1 x A − 13 xB + h5 = 6
x A , xB , s1 , s2 , s3 , s4 , h4 , h5 ≥ 0

Die Hinzufügung der Hilfsvariablen h4 hat denselben Effekt wie eine Ver-
schiebung der ≥ -Restriktion. Beispielsweise für h4 = 5 lautet die resultierende
Anforderung an die Strukturvariablen x A + xB ≥ 0 und lässt damit den Nullpunkt
zu. Positive Werte von h5 lassen entsprechende Unterschreitungen der rechten
Seite zu. Damit wird der Zulässigkeitsbereich der fünften Restriktion künstlich auf
einen Halbraum, also wie bei einer ≤ -Restriktion, ausgedehnt. Abb. 3.2 zeigt den
gegenüber dem Ausgangsmodell wesentlich vergrößerten Zulässigkeitsbereich des
Hilfsmodells.

xB
R1 R3 R5≤

14

12

10

6
R2
4

2
R4
0 xA
0 2 4 6 8 10 12 14
R4′

Abb. 3.2. Zulässigkeitsbereich Hilfsmodell Optima V


Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 81

Zu beachten ist, dass nicht alle Lösungen des Hilfsmodells zulässig für das
Ausgangsmodell, jedoch alle Lösungen des Ausgangsmodells zulässig bezüglich
des Hilfsmodells sind. Der ursprüngliche Zulässigkeitsbereich stellt also eine
Teilmenge des Zulässigkeitsbereichs des Hilfsmodells dar.
Dieses Hilfsmodell besitzt kanonische Form, sodass die erste zulässige Basislö-
sung unmittelbar ablesbar ist. Sie lautet x A = xB = s4 = 0 , s1 = 22 , s2 = 23 ,
s3 = 40 , h4 = 5 , h5 = 6 . Diese positiven Werte der Hilfsvariablen weisen auf das
Ausmaß der Verletzung der ursprünglichen Restriktionen hin.
Die Δ z -Werte werden unter Verwendung der Hilfszielfunktionsparameter
nach der bekannten Formel Δ z j = −c j + cB B −1 a j ermittelt, wobei mit M wie mit
einer sehr großen Zahl gerechnet wird. Beispielsweise gilt
Δ z xA = −3 + 0 ⋅ 2 + 0 ⋅1 + 0 ⋅ 4 + (− M ) ⋅1 + (− M ) ⋅1 = −2M − 3 und aktueller Ziel-
funktionswert ist cBt b* = 0 ⋅ 22 + 0 ⋅ 23 + 0 ⋅ 40 + ( − M ) ⋅ 5 + ( − M ) ⋅ 6 = −11M .

3 2 0 0 0 0 -M -M
xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS Θ
0 s1 2 1 1 0 0 0 0 0 22 11
0 s2 1 2 0 1 0 0 0 0 23 23

0 s3 4 1 0 0 1 0 0 0 40 10
-M h4 1 1 0 0 0 -1 1 0 5 5
-M h5 1 - 1/ 3 0 0 0 0 0 1 6 6

Δz -2M-3 -2/3M-2 0 0 0 M 0 0 -11M

Der Zielfunktionswert mit −11M zeigt ebenso wie die in der Basis enthaltenen
Hilfsvariablen an, dass diese Lösung bezüglich des ursprünglichen Modells nicht
zulässig ist. Da −2M viel kleiner ist als − 2 3 M , gilt dies auch für Δ z x A im
Vergleich zu Δ z xB , unabhängig von dem zusätzlichen Wert ( −3) bzw. ( −2) .
Also wird x A gemäß Aufnahmekriterium im nächsten Schritt in die Basis aufge-
nommen. Wie bisher werden die Δ z -Werte der folgenden Tableaus mittels
Pivotisierens bestimmt. Eine Ermittlung mit obiger Formel ist ebenfalls stets
möglich.
82 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS Θ
0 s1 0 -1 1 0 0 2 -2 0 12 6

0 s2 0 1 0 1 0 1 -1 0 18 18

0 s3 0 -3 0 0 1 4 -4 0 20 5

3 xA 1 1 0 0 0 -1 1 0 5 -

-M h5 0 -4 /3 0 0 0 1 -1 1 1 1

Δz 0 4/ M+1 0 0 0 -M-3 2M+3 0 -M+15


3

Die Hilfsvariable h4 wurde aus der Basis eliminiert und hat als Nichtbasisvari-
able den Wert null. Die Mindestanforderung des Absatzbereichs wird nun mit der
Produktion von 5 Einheiten Produkt A erfüllt. Damit ist die Ausweitung des
Lösungsraums durch „Verschiebung von Restriktion 4“ nicht mehr notwendig und
wird auch später nicht wieder vorgenommen. Folglich wird die Hilfsvariable h4
nie mehr aufgenommen und die Spalte könnte aus dem Tableau gestrichen wer-
den. Dies wird deshalb hier nicht vorgenommen, um auch weiterhin die aktuelle
Basisinverse ablesen zu können. Diese ist dort zu entnehmen, wo im Aus-
gangstableau die Einheitsmatrix steht, was für die Hilfsvariablen gerade gilt.
Da weiterhin h5 mit einem Wert 1, also größer als null, in Basis ist, ist die Zu-
lässigkeit noch nicht erreicht. Dies belegt auch der Zielfunktionswert, der noch
mit Strafkosten von M den Gesamtdeckungsbeitrag von 15 GE schmälert, der bei
dieser Lösung mit Produkt A erzielt wird. Eine Verbesserung der Zielfunktion
wird durch Aufnahme von s4 in Basis erreicht, zu eliminieren ist h5 .

xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS Θ
0 s1 0 5/ 1 0 0 0 0 -2 10 6
3

0 s2 0 7/ 0 1 0 0 0 -1 17 51/
3 7

0 s3 0 7/ 0 0 1 0 0 -4 16 48/
3 7
3 xA 1 -1 / 3 0 0 0 0 0 1 6 -

0 s4 0 -4 /3 0 0 0 1 -1 1 1 -

Δz 0 -3 0 0 0 0 M M+3 18

Sämtliche Hilfsvariablen sind aus der Basis entfernt. Sie sind nun überflüssig,
da die erste zulässige Basislösung für das Ausgangsmodell gefunden wurde und
der Zulässigkeitsbereich des Ausgangsmodells nicht mehr verlassen wird. Die
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 83

Hilfsvariablen werden, auch aufgrund ihres hohen negativen Zielkoeffizienten, im


Rahmen des Aufnahmekriteriums nicht wieder aufgenommen. Die erste ermittelte
zulässige Lösung des Ausgangsmodells lautet somit x A = 6 , xB = 0 , s1 = 10 ,
s2 = 17 , s3 = 16 und s4 = 1 mit Zielfunktionswert 18. Der aktuelle Zielfunkti-
onswert enthält keine Strafkosten mehr, jedoch ist durch Aufnahme von xB in
Basis eine Verbesserung möglich.

xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS

2 xB 0 1 3/ 0 0 0 0 -6 /5 6
5
0 s2 0 0 -7 /5 1 0 0 0 9/
5 3

0 s3 0 0 -7 /5 0 1 0 0 -6 /5 2

3 xA 1 0 1/ 0 0 0 0 3/ 8
5 5
0 s4 0 0 4/ 0 0 1 -1 -3 /5 9
5
Δz 0 0 9/ 0 0 0 M M-3/5 36
5
Die optimale Lösung für das Hilfsmodell ist gefunden. Da diese für das ur-
sprüngliche Modell ebenfalls zulässig ist, liegt somit auch die optimale Lösung für
das ursprüngliche Modell vor. Es sind 8 Einheiten von Produkt A und 6 Einheiten
von Produkt B zu produzieren, der erzielbare Deckungsbeitrag beträgt 36 GE.
Diese Reduktion des Zielfunktionswertes erklärt sich aus den zusätzlichen Anfor-
derungen, welche zu einer Verkleinerung des Zulässigkeitsbereichs führen. Insbe-
sondere der Produktionszusammenhang, modelliert mittels = -Restriktion, wirkt
hier einschränkend. Freie Kapazitäten sind in der zweiten und dritten Produktions-
stufe vorhanden, während die erste Produktionsstufe vollständig ausgelastet ist.
Mit s4 = 9 wird die Forderung des Kundendienstes um 9 Einheiten überschritten.

≥ -Restriktionen
Zur Lösung eines linearen Optimierungsmodells, welches nicht in Standardform
vorliegt, da ≥ -Restriktionen zu berücksichtigen sind, führt das folgende Vorgehen
zu einer optimalen Lösung, falls diese existiert. Ausgehend von dem Modell
max z = c t x
s.d . A x ≥b
x ≥0
mit b ≥ 0 wird durch Hinzufügen von Schlupfvariablen s ≥ 0 ein äquivalentes
System mit Gleichheitsrestriktionen aufgestellt. Da die Schlupfvariablen die
Nichtnegativitätsbedingung erfüllen sollen, ist die entsprechende Koeffizienten-
matrix nicht die Einheitsmatrix I , sondern − I .
Das äquivalente Modell mit Gleichheitsrestriktion lautet
84 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

max z = ct x + 0t s
⎛ x⎞
s.d . ( A, −I ) ⎜ ⎟ = b
⎝s⎠
x, s ≥ 0
Um als Ausgangsbasis die Einheitsmatrix zu erhalten, werden zusätzliche
Hilfsvariablen eingefügt und ein Hilfsmodell formuliert, in welchem die Hilfsvari-
ablen mit sehr hohen negativen Werten in der Zielfunktion berücksichtigt werden.
Das zugehörige Hilfsmodell liegt in kanonischer Form vor. M bezeichnet den
geeignet dimensionierten Vektor, dessen Komponenten sämtlich gleich M sind.
max z = c t x + 0t s − M t h
⎛ x⎞

s.d . ( A, − I , I ) ⎜⎜ s ⎟ = b
⎜ h⎟
⎝ ⎠
x, s , h ≥ 0
Anschließend wird der Simplexalgorithmus auf das Hilfsmodell zur Optimie-
rung der Hilfszielfunktion bis zur Erreichung des optimalen Endtableaus ange-
wandt. Sind in der optimalen Lösung Hilfsvariablen mit Wert echt größer als null
in Basis, existiert keine zulässige Lösung des ursprünglichen Modells. Dessen
Zulässigkeitsbereich ist leer. Andernfalls ist die optimale Lösung des Hilfsmodells
– reduziert um die Hilfsvariablen – optimale Lösung des ursprünglichen Modells.
Diese Vorgehensweise wird als Groß-M-Methode bezeichnet, nach den sehr hohen
Strafkosten M für die Hilfsvariablen.

= -Restriktionen
Bei Gleichheitsrestriktionen sind keine Schlupfvariablen erforderlich, da Glei-
chungen bereits vorhanden sind. Es werden nur entsprechende Hilfsvariablen zur
Formulierung des Hilfsmodells eingeführt, um eine Einheitsmatrix als Ausgangs-
basis wählen zu können. Diese werden wie bei ≥ -Restriktionen mittels Groß-M-
Methode berücksichtigt und durch den Simplexalgorithmus eliminiert, falls das
möglich ist, d. h. mindestens eine zulässige Lösung des Ausgangsmodells exis-
tiert.

2-Phasen-Methode
Eine vergleichbare Vorgehensweise zum Auffinden zunächst einer zulässigen
Basislösung und dann einer optimalen Lösung sowohl für ≥ - wie für = -
Restriktionen ist die 2-Phasen-Methode. Hier wird gleichermaßen der durch
Hilfsvariable vergrößerte Zulässigkeitsbereich behandelt, das Vorgehen gliedert
sich jedoch in zwei Phasen. In der ersten Phase wird eine Hilfszielfunktion maxi-
miert, die nur auf die Elimination der Hilfsvariablen aus der Basis abstellt.
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 85

m
max z h = ∑ −h
i =1
i

Die erste Phase endet mit Erreichen der optimalen Lösung bezüglich der Hilfs-
zielfunktion. Ist der erreichte Zielfunktionswert gleich null, enthält die Basis keine
Hilfsvariablen mit Wert größer als null mehr und die erste zulässige Lösung des
Ausgangsmodells ist gefunden. Andernfalls können die Hilfsvariablen nicht
eliminiert werden und folglich existiert keine einzige zulässige Lösung des Aus-
gangsmodells. Dessen Zulässigkeitsbereich ist also leer, da nicht alle Anforderun-
gen erfüllbar sind.
Wurde die erste Phase mit Auffinden einer zulässigen Basislösung des Aus-
gangsmodells abgeschlossen, werden in der zweiten Phase die Hilfsvariablen nicht
mehr beachtet und die ursprüngliche Zielfunktion wird zugrunde gelegt. Konkret
werden die aktuellen Δ z -Werte ermittelt und der Simplexalgorithmus weiter
angewandt bis zum Auffinden einer optimalen Lösung.
Die Groß-M-Methode und die Zwei-Phasen-Methode stimmen nicht nur hin-
sichtlich der ermittelten Lösung überein. Vielmehr sind in der Regel auch sämtli-
che Schritte und sämtliche Tableaus bis auf die Δ z - bzw. Δ zh -Zeile gleich.
Unterschiedliche Iterationen können dann vorkommen, wenn in der ersten Phase
der 2-Phasen-Methode die aufzunehmende Variable nicht eindeutig festgelegt ist.

Beispiel Optima V mit 2-Phasen-Methode


Bei Lösung des Modells Optima V mit der 2-Phasen-Methode stimmt das Glei-
chungssystem mit dem der Groß-M-Methode überein. In der ersten Phase wird die
Hilfszielfunktion
max z H = − h4 − h5
für die Optimierung verwendet und das entsprechende Ausgangstableau lautet für
die erste Phase

0 0 0 0 0 0 -1 -1
xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS Θ
0 s1 2 1 1 0 0 0 0 0 22 11
0 s2 1 2 0 1 0 0 0 0 23 23

0 s3 4 1 0 0 1 0 0 0 40 10
-1 h4 1 1 0 0 0 -1 1 0 5 5

-1 h5 1 -1 /3 0 0 0 0 0 1 6 6

Δ zH -2 - 2 /3 0 0 0 1 0 0 -11
86 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Unter Anwendung des Simplexalgorithmus werden Iterationen durchgeführt,


bis die optimale Lösung bezüglich der Hilfszielfunktion erreicht ist. Dies ist im
Beispiel in zwei Schritten der Fall, die Hilfsvariablen konnten eliminiert werden,
wie dem folgenden Endtableau der ersten Phase zu entnehmen ist.

xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS Θ
0 s1 0 5/ 1 0 0 0 0 -2 10 6
3

0 s2 0 7/ 0 1 0 0 0 -1 17 51/
3 7

0 s3 0 7/ 0 0 1 0 0 -4 16 48/
3 7
0 xA 1 -1/ 3 0 0 0 0 0 1 6 -

0 s4 0 -4 /3 0 0 0 1 -1 1 1 -

Δ zH 0 0 0 0 0 0 1 1 0

Die erste zulässige Lösung des Ausgangsmodells ist gefunden und es wird mit
der zweiten Phase begonnen. Nun wird die ursprüngliche Zielfunktion verwendet.
Dazu werden die aktuellen Δ z -Werte ermittelt, z. B. Δ z xB = − 2 + 3 ⋅ (− 13 )
= − 3 und in das Tableau aufgenommen. Anschließend wird der Simplexalgo-
rithmus angewandt. Die Hilfsvariablen können gestrichen werden, ihre Aufnahme
würde zu Unzulässigkeit führen. Sie werden nur noch mitgeführt, um Informatio-
nen bezüglich der Basis zu erhalten.

3 2 0 0 0 0 0 0
xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS Θ
0 s1 0 5/ 1 0 0 0 0 -2 10 6
3

0 s2 0 7/ 0 1 0 0 0 -1 17 51/
3 7

0 s3 0 7/ 0 0 1 0 0 -4 16 48/
3 7
3 xA 1 - 1 /3 0 0 0 0 0 1 6 -

0 s4 0 - 4 /3 0 0 0 1 -1 1 1 -

Δz 0 -3 0 0 0 0 0 3 18
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 87

xA xB s1 s2 s3 s4 h4 h5 RS

2 xB 0 1 3/ 0 0 0 0 - 6 /5 6
5
0 s2 0 0 - 7 /5 1 0 0 0 9/
5 3

0 s3 0 0 - 7 /5 0 1 0 0 - 6 /5 2

3 xA 1 0 1/ 0 0 0 0 3/ 8
5 5
0 s4 0 0 4/ 0 0 1 -1 - 3 /5 9
5
Δz 0 0 9/ 0 0 0 0 - 3 /5 36
5

Das optimale Endtableau stimmt mit dem der Groß-M-Methode bis auf die
Δ z -Werte der Hilfsvariablen überein, die jetzt lauten Δ zh = 0 und Δ zh = − 35 . 4 5
Für die Optimalität der Lösung ist dieser negative Wert ohne Bedeutung, da die
Hilfsvariable nicht mehr aufgenommen werden darf. Er liefert jedoch eine Infor-
mation über die zugehörige Dualvariable, wie im Abschnitt über die Dualität
gezeigt wird.

Beispiel Landwirtschaft
Mit einer der beiden vorgestellten Vorgehensweisen kann das Landwirtschaftsbei-
spiel gelöst werden, wobei im Modell zu gewährleisten ist, dass die Gesamtfläche
bestellt wird, d. h. die erste Restriktion mit Gleichheit zu erfüllen ist. Hier wird die
Groß-M-Methode eingesetzt.
max z = 2,5 x1 + x2
s.d . x1 + x2 = 10.000
x1 + 1
2 x2 ≤ 8.000
x1 , x2 ≥ 0

2,5 1 -M 0
x1 x2 h1 s2 RS Θ

-M h1 1 1 1 0 10000 10000

0 s2 1 0,5 0 1 8000 8000


Δz -M-2,5 -M-1 0 0 -10000M
88 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

x1 x2 h1 s2 RS Θ

-M h1 0 0,5 1 -1 2000 4000

2,5 x1 1 0,5 0 1 8000 16000

Δz -2000M
0 -0,5M+0,25 0 M+2,5
+20000

x1 x2 h1 s2 RS

1 x2 0 1 2 -2 4000

2,5 x1 1 0 -1 2 6000

Δz 0 0 M-0,5 3 19000

Optimal ist es, 6.000 qm mit Blumen und 4.000 qm mit Gemüse zu bepflanzen.
Ist eine Brachfläche aus landwirtschaftlichen Gründen nicht zulässig, sinkt der
andernfalls erzielbare Deckungsbeitrag um 1.000 GE, also um 5 %.
Hinweis: Bei der Abbildung der Realität in einem Modell wirkt die Formulie-
rung von = -Restriktionen stark einschränkend auf den Zulässigkeitsbereich. Da-
durch verringert sich unter Umständen der andernfalls erreichbare Zielfunktions-
wert beträchtlich oder es existiert möglicherweise keine zulässige Lösung. Daher
sollte stets geprüft werden, ob zwingend die Gleichheit verlangt werden muss.
Wird im Beispiel die Brachfläche deshalb nicht zugelassen, weil deren Pflege
Kosten verursacht, die 0,1 Einheiten pro qm Brache betragen, ist dies im Modell
durch Aufnahme einer Variablen x3 mit negativem Deckungsbeitrag abzubilden.
Entsprechen den Kosten Auszahlungen, sind diese in der Budgetrestriktion eben-
falls zu berücksichtigen. So lautet das modifizierte Modell
max z = 2,5 x1 + x2 − 0,1 x3
s.d . x1 + x2 + x3 = 10.000
x1 + 0,5 x2 + 0,1 x3 ≤ 8.000
x1 , x2 , x3 ≥ 0

Trotz dieser Gleichheitsrestriktion ist der Zulässigkeitsbereich für die Variab-


len x1 und x2 nun größer als bei dem vorherigen Modell. Bei der Aufstellung des
Ausgangstableaus ist die Hinzufügung einer Hilfsvariablen erforderlich, die mit
Wert 10.000 in Basis ist.
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 89

2,5 1 --0,1 -M 0
x1 x2 x3 h1 s2 RS Θ

-M h1 1 1 1 1 0 10000 10000
0 s2 1 0,5 0,1 0 1 8000 8000
Δz -M-2,5 -M-1 -M+0,1 0 0 10000M

2,5 1 -
-0,1 -M 0
x1 x2 x3 h1 s2 RS Θ

-M h1 0 0,5 0,9 1 -1 2000 2222 2/9


2,5 x 1 1 0,5 0,1 0 1 8000 80000
Δz 0 -0,5M -0,9M 0 M+2,5 -2000M
+0,25 +0,35 +20000

2,5 1 -
-0,1 -M 0
x1 x2 x3 h1 s2 RS
-0,1 x3 0 5
/9 1 10
/9 - 10/9 2222 2/9
2,5 x 1 1 4
/9 0 - 1/9 10
/9 7777 7/9
26 19222 2/9
Δz 0 1
/18 0 M- 7/18 /9

Die optimale Lösung besteht darin, 2.222 2 9 qm als Brachfläche vorzusehen und
7.777 7 9 qm mit Blumen zu bestellen. Der Gesamtdeckungsbeitrag beträgt
19.222 2 9 Einheiten, also 222 2 9 Einheiten mehr als bei Verzicht auf die Brache.
Beachtenswert ist, dass es trotz des negativen Deckungsbeitrags optimal ist, einen
Teil der Fläche brach liegen zu lassen. Durch die gesamten simultan zu beachten-
den Anforderungen ermöglichen positive Ausprägungen von x3 hier höhere
Werte von x1 . Die Opportunitätskosten für 1 qm Gemüse betragen hier 118 GE,
der Schattenpreis für 1 GE Budget beträgt 2 8 9 . Steht 1 qm mehr Fläche zur
Verfügung, reduziert sich der Gesamtdeckungsbeitrag um 718 GE, wäre die
Fläche um 1 qm geringer, könnte ein um 718 GE höherer Gesamtdeckungsbeitrag
erzielt werden.

3.1.2 Modellmodifikationen und Variablentransformation

Das Grundmodell der linearen Optimierung besitzt einige weitere Eigenschaften,


die für den vorgestellten Simplexalgorithmus vorausgesetzt werden. Für reale
90 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Problemstellungen können durchaus auch abweichende Modellformulierungen


sinnvoll sein. Zur Lösung sind grundsätzlich zwei Wege vorstellbar. Zum einen
könnte der Simplexalgorithmus jeweils geeignet modifiziert und dann Modelltyp
spezifisch angewandt werden. Zum anderen können die unterschiedlichen Modelle
auf Grundmodelltyp umformuliert, dann mit dem Simplexalgorithmus gelöst und
anschließend die Lösung für das Ausgangsmodell abgeleitet werden. Die zweite
Vorgehensweise wird für zwei Voraussetzungen des Grundmodells näher erläu-
tert.

Negative rechte Seite


Ist mindestens einer der Koeffizienten der rechten Seite echt kleiner als null, ist
die Anwendung des Simplexalgorithmus nicht unmittelbar möglich, da die Aus-
gangsbasislösung die Nichtnegativitätsbedingung nicht erfüllt, also nicht zulässig
ist. In diesem Fall werden die entsprechenden Restriktionen mit ( −1) multipliziert
und dann wie bekannt weiter berücksichtigt. Da die Multiplikation mit ( −1) eine
erlaubte Transformation ist, ändert sich nur die Darstellung der Ungleichung, ein
Einfluss auf die Lösungsmenge ist nicht gegeben.
Beispielsweise wird statt einer Restriktion
x1 + 2 x2 ≤ −2

die äquivalente Restriktion


− x1 − 2 x2 ≥ 2

in das Restriktionensystem übernommen und so eine nichtnegative rechte Seite


erreicht.

Minimierungszielfunktion
In realen Problemstellungen kann die Situation eintreten, dass bestimmte Anforde-
rungen mit minimalen Kosten zu erfüllen sind, beispielsweise wenn die vorhande-
ne Nachfrage mit minimalen Beschaffungs- und Produktionskosten zu erfüllen ist.
Ein entsprechendes Modell wird mit Minimierungs- statt der bisher betrachteten
Maximierungszielfunktion formuliert und der Simplexalgorithmus ist nicht unmit-
telbar anwendbar. Jedoch lässt sich der bekannte Zusammenhang zwischen Mini-
mierung und Maximierung ausnutzen, ein modifiziertes Modell anzugeben, dieses
mit dem Standardsimplexalgorithmus zu lösen und das optimale Ergebnis für das
Minimierungsproblem davon abzuleiten.
Für eine beliebige Funktion f : X ⊂ Rn → R gilt die folgende Übereinstim-
mung:
min f ( x ) = − max − f ( x )
x∈ X x∈ X
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 91

Wird das Minimum von f über X für x 0 ∈ X angenommen, wird auch das
Maximum von − f für x 0 angenommen. Der umgekehrte Zusammenhang gilt
ebenfalls.
Statt ein Minimierungsmodell
min z = ct x
s.d . A x =b
x≥0

zu lösen, wird ein entsprechend formuliertes Maximierungsmodell gelöst und der


damit erreichte optimale Zielfunktionswert anschließend mit ( −1) multipliziert:

max − z = − ct x
s.d . Ax =b
x≥0

Ist x 0 optimale Lösung des Maximierungsmodells mit Zielfunktionswert ct x 0 ,


dann ist x 0 ebenfalls optimale Lösung des Minimierungsmodells und der Ziel-
funktionswert ist −(−ct x 0 ) = ct x 0 .

Beispiel 3.1
Gelöst werden soll das Minimierungsmodell
min z = 2 x1 − 3 x2
s.d − x1 + x2 ≤ 1
x1 + x2 ≤ 8
x1 , x2 ≥ 0

Die Lösung erfolgt nicht direkt, stattdessen wird die Zielfunktion mit ( −1)
multipliziert und das entsprechende Maximierungsmodell gelöst.
max − z = −2 x1 + 3 x2
s.d − x1 + x2 ≤ 1
x1 + x2 ≤ 8
x1 , x2 ≥ 0

Der Simplexalgorithmus wird auf das Ausgangstableau für das Maximierungs-


modell angewandt, bis die optimale Lösung erreicht ist.
92 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

-2 3 0 0
x1 x2 s1 s2 RS Θ

0 s1 -1 1 1 0 1 1

0 s2 1 1 0 1 8 8

Δz 2 -3 0 0 0

x1 x2 s1 s2 RS Θ

3 x2 -1 1 1 0 1 -

0 s2 2 0 -1 1 7 3,5

Δz -1 0 3 0 3

x1 x2 s1 s2 RS

3 x2 0 1 0,5 0,5 4,5

-2 x1 1 0 -0,5 0,5 3,5

Δz 0 0 2,5 0,5 6,5

Die einzige optimale Lösung des Maximierungsmodells ist dem Tableau zu


entnehmen mit ( x10 , x20 , s10 , s20 ) = ( 3,5; 4,5; 0; 0 ) , die den maximalen Zielfunkti-
onswert − z 0 = 6,5 erreicht. Diese Lösung ist auch die optimale Lösung des
ursprünglichen Modells, also des Minimierungsmodells, und erzielt dort den
minimalen Zielfunktionswert z 0 = −6,5 .

Vorzeichenunbeschränkte Variable
Wird von einer bestehenden Situation ausgegangen und beispielsweise eine
Erhöhung oder eine Reduktion der gegenwärtigen Produktion erwogen, können
Variable sowohl positive als auch negative Werte annehmen. Die im Standardmo-
dell vorausgesetzte Nichtnegativitätsbedingung x ≥ 0 für alle Variablen ist aus
algorithmischen Gründen notwendig. Auf ihr basiert das Eliminationskriterium
des Simplexalgorithmus.
Um den Simplexalgorithmus zur Lösung auch derartiger Modelle einsetzen zu
können, wird ein geeignet modifiziertes Modell entwickelt, welches nur Variable
enthält, die die Nichtnegativitätsbedingung erfüllen. Dies gelingt, indem eine Va-
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 93

riablensubstitution durchgeführt wird. Alle unbeschränkten Variablen xi werden


in ihren positiven Teil xi+ und ihren negativen Teil xi− wie folgt zerlegt:

xi = xi+ − xi−
mit xi+ = max { xi , 0} ≥ 0
xi− = max {− xi , 0} ≥ 0

Zerlegt man reelle Zahlen entsprechend, erhält man beispielsweise für xi = 5


die Substitution xi+ − xi− mit xi+ = 5 und xi− = 0 , für xi = −3 entsprechend mit
xi+ = 0 und xi− = 3 . Von den beiden Variablen xi+ und xi− kann jeweils höchstens
eine in Basis sein, da die beiden zugehörigen Spalten linear abhängig sind.
Das Modell

max z = ct x
s.d . A x ≤b
(x unbeschränkt )

wird dann durch das folgende Standardmodell ersetzt

max z = ct x + − ct x −
s.d . A x+ − A x− ≤ b
x+ , x− ≥ 0

Beispiel 3.2
Gelöst werden soll ein lineares Optimierungsmodell, für welches die Variable x1
unbeschränkt ist, also die Nichtnegativitätsbedingung nicht erfüllen muss.

max z = − x1 + x2
s.d . x1 + x2 ≤ 4
−0,5 x1 + x2 ≤ 2
− x1 ≤ 2
x2 ≥ 0

Abb. 3.3 zeigt den Zulässigkeitsbereich und diejenige Isozielfunktion, die die
optimale Ecke (−2; 1) berührt.
94 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

x2
R3 R1 z=3 R2

x1
-4 -2 2 4

Abb. 3.3. Zulässigkeitsbereich Beispiel 3.2

Zur Anwendung des Simplexalgorithmus wird die Variable x1 im Modell


durch die Differenz der beiden nichtnegativen Variablen x1+ und x1− substituiert,
sodass das resultierende Modell in Standardform ist und mittels Simplexalgorith-
mus gelöst werden kann.
max z = − x1+ + x1− + x2
s.d . x1+ − x1− + x2 ≤ 4
−0,5 x1+ + 0,5 x1− + x2 ≤ 2
− x1+ + x1− ≤ 2
x , x , x2 ≥ 0
+
1

1

Mit folgenden Iterationen wird die optimale Lösung ermittelt.

-1 1 1 0 0 0
x1 + x1 - x2 s1 s2 s3 RS Θ
0 s1 1 -1 1 1 0 0 4 -
0 s2 -0,5 0,5 1 0 1 0 2 4

0 s3 -1 1 0 0 0 1 2 2

Δz 1 -1 -1 0 0 0 0
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 95

x1 + x1 - x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 0 0 1 1 0 1 6 6

0 s2 0 0 1 0 1 -0,5 1 1

1 x1- -1 1 0 0 0 1 2 -

Δz 0 0 -1 0 0 1 2

x1 + x1 - x2 s1 s2 s3 RS

0 s1 0 0 0 1 -1 1,5 5

1 x2 0 0 1 0 1 -0,5 1

1 x1 - -1 1 0 0 0 1 2

Δz 0 0 0 0 1 0,5 3

Die optimale Lösung lautet x10 = x10 + − x10 − = 0 − 2 = −2 , x20 = 1 , s1 = 5 ,


s2 = s3 = 0 mit dem optimalen Zielfunktionswert z 0 = 3 . Damit ist tatsächlich der
optimale Wert der Variablen x1 negativ.
Das optimale Endtableau zeigt bei x1+ einen Δ z -Wert von null an, sodass es
möglich erscheint, x1− in der Basis durch x1+ zu ersetzen. Ein entsprechender
Versuch scheitert jedoch aufgrund des Eliminationskriteriums, welches wegen der
nicht positiven Werte der zugehörigen Spalte keine Elimination einer Basisvariab-
len zulässt. Damit ist die ermittelte optimale Lösung die einzige optimale.
Wie die bisherigen Ausführungen gezeigt haben, lassen sich beliebige lineare
Optimierungsmodelle geeignet umformulieren oder erweitern, sodass ein Grund-
modell linearer Optimierung vorliegt, auf welches der Simplexalgorithmus in der
vorgestellten Standardversion zur Ermittlung einer optimalen Lösung angewandt
werden kann. Diese Modifikationen des Modells sind in Tabelle 3.1 übersichtlich
zusammengefasst. Eigenschaften, die für das Grundmodell gelten, sind entspre-
chend gekennzeichnet.
Bei Verwendung von Software zur Lösung linearer Optimierungsmodelle sollte
stets geprüft werden, welche Modellformen zugelassen sind. Es ist zu beachten,
dass bei Standardsoftware häufig standardmäßig vorausgesetzt wird, dass alle
Variablen die Nichtnegativitätsbedingung erfüllen sollen. Wenn dies aufgrund der
Anwendung nicht gewünscht ist, muss dann eine explizite Angabe, z. B. der
Unbeschränktheit, erfolgen. Meist fehlen bei der Lösungsausgabe Hinweise auf
weitere optimale Lösungen, selbst wenn solche existieren. Daher sollte man die
Δ z -Werte auf entsprechende Hinweise hin untersuchen.
96 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Tabelle 3.1. Maßnahmen zur Modellmodifikation

Modellstruktur Maßnahmen
Zielfunktion
max ct x Grundmodell
min ct x −max − c t x
rechte Seite
bi ≥ 0 Grundmodell
bi < 0 Multiplikation der Zeile mit ( −1)
Restriktionen
≤ Schlupfvariable, Grundmodell
≥ Schlupf- und Hilfsvariable
= Hilfsvariable
Hilfsvariablen müssen entfernt
werden!
Variablen
xi ≥ 0 Grundmodell
xi ≤ 0 xi = − xi− , xi− ≥ 0
xi unbeschränkt xi = xi+ − xi− , xi+ , xi− ≥ 0

Darstellungen des Simplexalgorithmus zur Lösung linearer Optimierungsmo-


delle sind in jeder Operations Research Einführung enthalten (z. B. Corsten et al.
2005, Domschke u. Drexl 2007, Ellinger et al. 2003, Kistner 2003, Neumann u.
Morlock 2004, Suhl u. Mellouli 2006, Zimmermann 2008). Weitere Übungen
findet man dort ebenfalls oder z. B. bei Dinkelbach (1992), Domschke et al.
(2007). Die Vorgehensweise ist ziemlich einheitlich, jedoch findet man gelegent-
lich eine Tableaudarstellung, in der die Δ z -Zeile der ersten Zeile zu entnehmen
ist. Gelegentlich sind alle Δ z -Werte mit ( −1) multipliziert ausgewiesen, in
diesem Fall führt die Aufnahme von Variablen mit positiven Δ z -Werten zu
Erhöhungen der Zielfunktion. Das Aufnahmekriterium ist dann entsprechend
modifiziert.
Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle 97

3.1.3 Aufgaben

Aufgabe 3.1.1
Ermitteln Sie alle optimalen Lösungen der folgenden linearen Optimierungsmo-
delle. Geben Sie jeweils an, in welchem Tableau eine erste zulässige Lösung des
Ausgangsproblems erreicht ist. Weisen Sie auf Besonderheiten hin. Lösen Sie die
Modelle c) und d) auch grafisch.
a) min z = −3 x1 + 4 x2 − 6 x3
s.d . 2 x1 + x2 + 4 x3 ≤ 120
x1 + x2 + x3 ≥ 20
2 x1 + x2 + 3 x3 = 48
x1 , x2 , x3 ≥ 0

b) max z = 2 x1 + 3 x2 + 4 x3
s.d . x1 + 2 x2 + 2 x3 ≤ 45
2 x2 + x3 ≥ 20
− x1 + x2 + x3 = 30
x1 ∈ R, x2 , x3 ≥ 0

c) max z = x1 + x2
s.d . x1 + x2 ≥ 15
x1 + 3 x2 ≤ 25
2 x1 + x2 ≤ 20
x1 , x2 ≥ 0

d) max z = x1 + x2
s.d . x1 + x2 ≥ 12
x1 + 3 x2 ≤ 25
2 x1 + x2 ≤ 20
x1 , x2 ≥ 0

Aufgabe 3.1.2
Die Chemo AG stellt die Produkte A, B und C her, wobei A und B Kuppelproduk-
te sind, die auf der ersten Anlage durch Aufspaltung im Verhältnis 2:1 entstehen.
Alle Produkte durchlaufen zwei Anlagen. Das entsprechende lineare Optimie-
rungsmodell zur Ermittlung des deckungsbeitragsoptimalen Produktionspro-
gramms liegt vor, wobei die Variablen x A , xB und xC die jeweils zu produzie-
renden Mengen bezeichnen. Ermitteln Sie alle optimalen Lösungen und geben Sie
98 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

die Schattenpreise der beiden Anlagen an. Ist auch eine andere Modellformulie-
rung möglich, die effizienter zu berechnen ist?
max z = 5 x A + 8 xB + 4 xC
s.d . 2 xA + xB + xC ≤ 20
x A + 2 xB + 2 xC ≤ 25
x A − 2 xB = 0
x A , xB , xC ≥ 0

3.2 Interpretation, Dualität und Sensitivität

3.2.1 Modellierung und Interpretation

Typisch für Optimierungsmodelle ist, dass sehr konsequent die Maximierung bzw.
Minimierung der Zielfunktion angestrebt wird. Das Optimum wird stets in einer
Ecke des Lösungsraums angenommen, das bedeutet, dass stets einige der Restrik-
tionen bis an die Grenze ausgeschöpft werden. Aufgrund der speziellen Struktur
werden nur Basislösungen ermittelt. Damit ist die Anzahl derjenigen Variablen,
die Werte ungleich null annehmen, durch die Zahl der Restriktionen beschränkt.
Dies ist bei der Modellierung zu berücksichtigen. Sobald das Modell formuliert
ist, steht die optimale Lösung fest, auch wenn sie noch nicht bekannt ist und erst
durch Anwendung eines Algorithmus zu ermitteln ist.

Beispiel Opti-Shop
Ein Einzelhändler kauft Blusen und Hosen für seinen Jeans Shop. Unterschiedli-
che Ausführungen werden ihm zu verschiedenen Preisen angeboten. Er kennt
seine Kunden gut und entwickelt unmittelbar Preisvorstellungen, zu denen er
problemlos die eingekaufte Ware absetzen kann. Die entsprechenden Daten sind
übersichtlich zusammengestellt.

Blusen Bw Br Bb Bg Bs Bk

Preis weiß rot blau grün gestreift kariert

Einkaufspreis 20 22 22 22 24 24
Verkaufspreis 42 45 45 45 49 49
Interpretation, Dualität und Sensitivität 99

Jeans Js Jb Jw

Preis schwarz blau weiß

Einkaufspreis 32 30 32
Verkaufspreis 67 62 65

Außerdem möchte er nicht mehr Hosen als Blusen einkaufen, sein Budget von
8.000 € nicht überschreiten und einen optimalen Einkauf tätigen.
Der Einzelhändler strebt die Maximierung seines Deckungsbeitrags an und
formuliert ein lineares Optimierungsmodell, wobei die Variablen Bw die Anzahl
zu beschaffender weißer Blusen, J s die Anzahl zu beschaffender schwarzer Jeans
usw. bezeichnen. Alle Variablen genügen der Nichtnegativitätsbedingung. Da die
sonstigen variablen Kosten für Beschaffung und Verkauf von Blusen und Jeans
übereinstimmen, wählt der Einzelhändler die Differenz zwischen Verkaufs- und
Einkaufspreis als entscheidungsrelevante Parameter der Zielfunktion. Eine Ganz-
zahligkeitsbedingung wird bei den folgenden Betrachtungen nicht berücksichtigt.
Das lineare Optimierungsmodell für Opti-Shop lautet damit

max 22 Bw + 23 Br + 23 Bb + 23 Bg + 25 Bs + 25 Bk + 35 J s + 32 J b + 33 J w
s.d . 20 Bw + 22 Br + 22 Bb + 22 Bg + 24 Bs + 24 Bk + 32 J s + 30 J b + 32 J w ≤ 8000
Bw + Br + Bb + Bg + Bs + Bk − Js − Jb − Jw ≥ 0
Bw , Br , Bb , Bg , Bs , Bk , J s , J b , J w ≥ 0

Da die rechte Seite der ≥ -Restriktion null beträgt, vereinfacht hier die Multi-
plikation dieser Zeile mit ( −1) das Modell, für das folgendes Ausgangstableau
aufgestellt wird.

22 23 23 23 25 25 35 32 33 0 0
Bw Br Bb Bg Bs Bk Js Jb Jw s1 s2 RS Θ

0 s1 20 22 22 22 24 24 32 30 32 1 0 8000 250

0 s2 -1 -1 -1 -1 -1 -1 1 1 1 0 1 0 0

Δz -22 -23 -23 -23 -25 -25 -35 -32 -33 0 0 0

Nach vier Iterationen: 1. Aufnahme von J s mit Wert null, 2. Aufnahme von
Bs , 3. Aufnahme von Bw , Elimination von Bs , 4. Elimination von J s , Aufnahme
s2 , erhält man das folgende optimale Endtableau.
100 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

B w Br Bb Bg Bs Bk Js Jb Jw s1 s2 RS

22 Bw 1 1,1 1,1 1,1 1,2 1,2 1,6 1,5 1,6 0,05 0 400

0 s2 0 0,1 0,1 0,1 0,2 0,2 2,6 2,5 2,6 0,05 1 400

Δz 0 1,2 1,2 1,2 1,4 1,4 0,2 1,0 2,2 1,1 0 8800

Die optimale Lösung besteht für den Einzelhändler darin, trotz des geringen
Deckungsbeitrags von nur 22 € pro Stück 400 weiße Blusen zu verkaufen. Dies ist
darin begründet, dass der relative Deckungsbeitrag in Bezug auf die knappe
Kapazität Budget bei den Blusen mit 22 : 20 = 1,1 pro Einheit Budget am höchsten
ist. Jeans werden nicht eingekauft. Der Händler kann so einen maximalen Ge-
samtdeckungsbeitrag von 8.800 € erzielen. Die zweite Restriktion ist nicht bin-
dend.
Dieses Beispiel demonstriert überspitzt die extreme Lösung, die bei Optimie-
rung eines Zielkriteriums insbesondere in Verbindung mit einer geringen Anzahl
weiterer Anforderungen zwangsläufig resultiert. Diese Tatsache ist unabhängig
von dem verwendeten Lösungsalgorithmus und gilt allgemein bei linear be-
schreibbaren Zusammenhängen. Dies sollte daher stets berücksichtigt werden,
wenn ein Ziel zur Verhaltenssteuerung vorgegeben wird, das mit knappem finan-
ziellem und zeitlichem Budget zu erreichen ist. Dann zeichnet sich effizientes
Verhalten durch den ausschließlichen Fokus auf die Engpassfaktoren aus. Bei
einem linearen Optimierungsmodell ist zu beachten, dass die Anzahl der Variab-
len und damit insbesondere auch die der Strukturvariablen in Basis, also mit Wert
größer oder gleich null, höchstens gleich der Zahl der Restriktionen sein kann.
Aus dem optimalen Endtableau ist weiterhin ersichtlich, welchen zusätzlichen
Deckungsbeitrag der Händler erwirtschaften könnte, wenn er sein Budget margi-
nal erhöhen würde. Der Δ z -Wert in der s1 -Spalte beträgt 1,1. Dies bedeutet, dass
eine Erhöhung seines Budgets um 1 € eine Erhöhung des Deckungsbeitrags um
1,1 € nach sich zieht. Dies gilt jedoch in der Regel nicht unbegrenzt, d. h. für
beliebige Budgeterhöhungen, da möglicherweise andere Beschränkungen relevant
werden, die im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse festgestellt werden, auf die
später näher eingegangen wird.
Ein Anstieg des Verkaufspreises der weißen Blusen hat keine Auswirkung auf
die optimale Einkaufsmenge, jedoch erhöht sich der Deckungsbeitrag entspre-
chend. Sinkt hingegen der Verkaufspreis der weißen Blusen, so kann direkt keine
Aussage über die Konsequenzen getroffen werden. Auch hierzu ist eine Sensitivi-
tätsanalyse durchzuführen. Würde der Einzelhändler eine rote Bluse einkaufen,
verringerte sich wegen der notwendigen Reduktion weißer Blusen sein Deckungs-
beitrag um 1,2 €, den zu Br gehörenden Opportunitätskosten. Die Beschaffung
einer schwarzen Jeans ist mit Opportunitätskosten von 0,2 € verbunden.
Interpretation, Dualität und Sensitivität 101

Beispiel Opti-Shop II
Da das gesamtdeckungsbeitragsoptimale Sortiment dem Einzelhändler zu einför-
mig ist, stellt er die zusätzliche Anforderung, dass mindestens zwanzig farbige
Blusen und mindestens zehn Jeans zu beschaffen sind. Dies wird mittels zweier
zusätzlicher Restriktionen abgebildet. Die eine lautet etwa J s + J b + J w ≥ 10 . Das
neue Modell wird unter Anwendung des Simplexalgorithmus gelöst. Da zusätzli-
che Anforderungen den Zulässigkeitsbereich im Allgemeinen einschränken,
jedoch auf keinen Fall vergrößern, wird das optimale Ergebnis im günstigsten Fall
gleich gut, vermutlich jedoch geringer als das ohne diese zusätzlichen Anforde-
rungen erzielbare Ergebnis ausfallen.
Das optimale Endtableau für das Modell mit zusätzlichen Restriktionen wird
ermittelt zu

22 23 23 23 25 25 35 32 33 0 0 0 -M 0 -M
Bw Br Bb Bg Bs Bk Js Jb Jw s1 s2 s3 h3 s4 h4 RS

22 Bw 1 0 0 0 0,1 0,1 0 -0,1 0 0,05 0 1,1 -1,1 1,6 -1,6 362

35 Js 0 0 0 0 0 0 1 1 1 0 0 0 0 -1 1 10

0 s2 0 0 0 0 0,1 0,1 0 -0,1 0 0,05 1 0,1 -0,1 2,6 -2,6 372

23 Br 0 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 -1 1 0 0 20
M- M-
Δz 0 0 0 0 0,2 0,2 0 0,8 2 1,1 0 1,2 0,2 8774
1,2 0,2

Die optimale Lösung besteht in der Beschaffung von 362 weißen Blusen, 20
roten Blusen und 10 schwarzen Jeans. Es wird wiederum eine optimale Lösung
ermittelt, die konsequent den Gesamtdeckungsbeitrag unter strikter Einhaltung der
Restriktionen maximiert und jetzt 8.774 € erreicht. Beide zusätzlichen Restriktio-
nen sind bindend. Dem Tableau ist in der Δ z -Zeile beispielsweise zusätzlich zu
entnehmen, dass eine Aufnahme von s3 in Basis den Zielfunktionswert um 1,2
reduziert. Das bedeutet, eine Lockerung der zugehörigen Restriktion, mindestens
20 farbige Blusen zu beschaffen, um eine Einheit auf die Forderung nach 19
farbigen Blusen erhöht den Gesamtdeckungsbeitrag um 1,2 €. Die Reduktion des
Gesamtdeckungsbeitrags gegenüber dem vorherigen Modell beträgt gerade
10 ⋅ 0, 2 + 20 ⋅1, 2 = 26 und ist aufgrund der Opportunitätskosten im optimalen
Endtableau Opti Shop I auch ohne Neuberechnung bereits ableitbar. Dies gilt
jedoch nur in diesem Beispiel Opti Shop I aufgrund der Tatsache, dass nur die
Kapazitätsrestriktion bindend ist.
In der Δ z -Zeile finden sich Nullelemente bei den Nichtbasisvariablen Bb und
Bg . Das bedeutet, dass diese Variablen alternativ in Basis aufgenommen werden
können und ebenfalls zu einer optimalen Lösung führen. Der entsprechende Basis-
102 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

tausch ist hier unmittelbar ersichtlich. Die Gesamtmenge optimaler Lösungen


lautet

⎧⎛ Bw ⎞ ⎛ 362 ⎞ ⎛ 362 ⎞ ⎛ 362 ⎞ ⎫


⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
B
⎪⎜ r ⎟ ⎜ 20 ⎟ ⎜0 ⎟ ⎜0 ⎟ ⎪
⎪⎜ Bb ⎟ ⎜0 ⎟ ⎜ 20 ⎟ ⎜0 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ Bg ⎟ ⎜0 ⎟ ⎜0 ⎟ ⎜ 20 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎪
L = ⎨⎜ Bs ⎟ = λ1 ⎜ 0 ⎟ + λ2 ⎜ 0 ⎟ + λ3 ⎜ 0 ⎟ mit λ1 , λ2 , λ3 ∈ [ 0,1] , λ1 + λ2 + λ3 = 1⎬
⎪⎜ B ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ k ⎟ ⎜0 ⎟ ⎜0 ⎟ ⎜0 ⎟ ⎪
⎪⎜ J s ⎟ ⎜ 10 ⎟ ⎜10 ⎟ ⎜10 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ J b ⎟ ⎜ 0 ⎟ ⎜ 0 ⎟ ⎜ 0 ⎟ ⎪
⎪⎜⎜ J ⎟⎟ ⎜⎜ 0 ⎟⎟ ⎜⎜ 0 ⎟⎟ ⎜⎜ 0 ⎟⎟ ⎪
⎪⎩⎝ w ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎪⎭

Damit ist neben den 362 weißen Blusen und 10 schwarzen Jeans jede Kombi-
nation von 20 farbigen Blusen außer gestreift und kariert ebenfalls optimale
Lösung. Aus diesem Spektrum kann nun eine gewünschte Zusammenstellung
gewählt werden.

3.2.2 Dualität

Über die optimale Lösung eines Modells hinaus können dem optimalen End-
tableau des Simplexalgorithmus weitere Informationen wie Opportunitätskosten
und Schattenpreise entnommen werden. Dies ist durch die Dualitätstheorie be-
gründet, die hier kurz angesprochen wird. Zu einem linearen Optimierungsmodell
kann stets ein entsprechendes duales lineares Optimierungsmodell angegeben
werden.
• Das dem primalen linearen Optimierungsmodell

max z = ct x
s.d . A x ≤ b
x≥0
mit x, c ∈ R und A mxn − Matrix, b ∈ Rm
n

zugehörende duale lineare Optimierungsmodell lautet


min Z = bt y
s.d . At y ≥ c
y≥0
mit y ∈ R und c, b, A wie oben
m
Interpretation, Dualität und Sensitivität 103

Die Variablen x werden als Primalvariablen bzw. primale Strukturvariablen,


die Variablen y als Dualvariablen bzw. duale Strukturvariablen bezeichnet.
Zur besseren Unterscheidung wird der duale Zielfunktionswert mit Z bezeich-
net.
Die Dualisierung eines derartigen Modells, welches bis auf den Verzicht auf
die Nichtnegativität von b mit dem Grundmodell linearer Optimierung überein-
stimmt, geschieht mittels der folgenden Dualisierungsregeln vom primalen zum
dualen Modell:
1. Einem primalen Maximierungsmodell ist ein duales Minimierungsmodell
zugeordnet.
2. Zu jeder primalen Restriktion gehört eine duale Strukturvariable. Für eine ≤ -
Restriktion gilt die Nichtnegativität der dualen Variablen.
3. Jeder Variablen im primalen ist eine Restriktion im dualen Modell zugeordnet.
Gilt für die Variable die Nichtnegativitätsbedingung, handelt es sich um eine
≥ -Restriktion.
4. Der Matrix A im primalen ist die transponierte Matrix At im dualen Modell
zugeordnet.
5. Der Zielfunktionsvektor des primalen Modells wird die rechte Seite im dualen
Modell.
6. Der Kapazitätenvektor des primalen Modells wird Zielfunktionsvektor im
dualen Modell.
Andere lineare Modelltypen werden zunächst auf die Grundform gebracht und
anschließend unter Anwendung der Regeln dualisiert.

Beispiel Optima
Das Produktionsplanungsprogramm Optima wird als primales Modell aufgefasst.
Es liegt in Grundform vor.
max z = 3 x A + 2 xB
s.d. 2 x A + 1 xB ≤ 22
1 x A + 2 xB ≤ 23
4 x A + 1 xB ≤ 40
x A , xB ≥ 0

Das diesem Modell zugeordnete duale Modell lautet


min Z = 22 y1 + 23 y2 + 40 y3
s.d . 2 y1 + 1 y2 + 4 y3 ≥ 3
1 y1 + 2 y2 + 1 y3 ≥ 2
y1 , y2 , y3 ≥ 0
104 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Zur Lösung wird das Modell umformuliert und mit dem bereits behandelten
Simplexalgorithmus, dem primalen Simplexalgorithmus, gelöst. Alternativ könnte
der duale Simplexalgorithmus zur Lösung verwendet werden, der an anderer Stelle
beschrieben wird (z. B. Zimmermann 2008).
-max −22 y1 − 23 y2 − 40 y3
s.d . 2 y1 + 1 y2 + 4 y3 ≥ 3
1 y1 + 2 y2 + 1 y3 ≥ 2
y1 , y2 , y3 ≥ 0

Zu diesem Modell ermittelt man das optimale Endtableau, dessen Lösung bis
auf den Zielfunktionswert, der mit ( −1) zu multiplizieren ist, mit der Lösung des
dualen Modells übereinstimmt.

y1 y2 y3 s1 h1 s2 h2 RS

y1 1 0 7/ - 2 /3 2/ 1/ - 1 /3 4/
3 3 3 3

y2 0 1 - 2 /3 1/
3 - 1 /3 -2/3 2/
3
1/
3

ΔZ 0 0 4 7 M-7 8 M-8 -37

Die optimale Lösung ist folglich y1 = 4 3 , y2 = 13 und y3 = s1 = s2 = 0 mit


optimalem Zielfunktionswert 37.
Vergleicht man dieses Tableau mit dem optimalen Endtableau des primalen
Modells, erkennt man einige Zusammenhänge.
Optimales Endtableau des primalen Modells:

xA xB s1 s2 s3 RS

2 xB 0 1 -1/3 2/
3 0 8

0 s3 0 0 -7/3 2/
3 1 4

3 xA 1 0 2/ -1/3 0 7
3
Δz 0 0 4/ 1/ 0 37
3 3

Die optimalen Werte der Strukturvariablen des primalen Modells, x A = 7 und


xB = 8 , stimmen mit den Δ Z -Werten der dualen Schlupfvariablen, Δ Z s1 = 7
und Δ Z s2 = 8 , überein. Die optimalen Werte der primalen Schlupfvariablen,
s1 = s2 = 0 , s3 = 4 , stimmen mit den Δ Z -Werten der dualen Strukturvariablen,
Δ Z y1 = Δ Z y2 = 0 , Δ Z y3 = 4 überein. Entsprechend lassen sich die Δ z -Werte des
Interpretation, Dualität und Sensitivität 105

primalen optimalen Endtableaus im optimalen dualen Endtableau wiederfinden:


Die optimalen Werte y1 = 4 3 , y2 = 13 und y3 = 0 entsprechen den Δ z -Werten
der primalen Schlupfvariablen und die optimalen dualen Schlupfvariablenwerte
s1 = s2 = 0 stimmen mit den Δ z -Werten der primalen Strukturvariablen überein.
Damit lassen sich sowohl die optimalen Lösungen des primalen wie des dualen
Modells jedem der beiden optimalen Endtableaus entnehmen.
Die optimalen Variablen des dualen Modells geben Auskunft über die Knapp-
heit im primalen Modell. Für das Grundmodell gelten die folgenden Zusammen-
hänge, falls keine duale Entartung vorliegt. Die dualen Strukturvariablen sind den
primalen Restriktionen zugeordnet. Ihr optimaler Wert ist der Schattenpreis der
Restriktion und zeigt die Erhöhung des primalen Zielfunktionswertes an, wenn die
Restriktion um eine Einheit erhöht werden kann und keine andere Restriktion
bindend wird. Die dualen Schlupfvariablen sind den primalen Strukturvariablen
zugeordnet und ihre optimalen Werte geben die Opportunitätskosten bei Aufnah-
me einer Einheit dieser Variablen in Basis an, wenn dadurch nur Basisvariablen
reduziert werden, jedoch kein Basistausch erforderlich ist. Diese Interpretation
korrespondiert mit den Dimensionen der Variablen im dualen Modell, wie bei-
spielhaft gezeigt wird. Die Ermittlung von Opportunitätskosten für den allgemei-
neren Fall behandeln Domschke u. Klein (2004) ausführlicher.

Beispiel Optima
Im primalen Modell haben die Zielfunktionskoeffizienten die Dimension De-
ckungsbeitrag pro Stück, diese bilden im dualen Modell die rechte Seite. Die
Koeffizienten der Matrix A sind mit Zeit pro Stück dimensioniert. Damit eine
duale Restriktion, z. B. 2 y1 + 1 y2 + 4 y3 ≥ 3 inhaltlich sinnvoll ist, müssen die
Variablen yi die Dimension Deckungsbeitrag pro Zeiteinheit der knappen Kapa-
zität besitzen
2[ZE/St] ⋅ y1 [DB/ZE]+1[ZE/St] y 2 [DB/ZE]+ 4[ZE/St] y3 [DB/ZE] ≥ 3[DB/St]

Die Schlupfvariablen haben, um geeignet in die Restriktion eingefügt werden


zu können, die Dimension Deckungsbeitrag pro Stück, wobei die Dimension
Stück sich auf das entsprechend zugeordnete Produkt bezieht. Damit gibt y1 = 4 3
an, dass eine Zeiteinheit der Kapazität der Produktionsstufe 1 aufgrund des beste-
henden Engpasses einen „Wert“ von 4 3 € hat, während mit y3 = 0 für die opti-
male Situation eine Zeiteinheit von Produktionsstufe 3 einen Schattenpreis von 0
aufweist, d. h. eine Erhöhung keinen Wert bezüglich des optimalen Produktions-
programms besitzt.
Zwischen einem primalen und dem zugehörigen dualen linearen Optimie-
rungsmodell bestehen allgemein die folgenden Zusammenhänge:
• Das duale des dualen Modells ist das primale Modell.
106 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Da das duale des dualen Modells das primale Modell ist, kann beispielsweise
bei der Dualisierung eines Minimierungsmodells mit ≥ -Restriktionen und Nicht-
negativitätsbedingung für alle Variablen dieses als das duale eines Maximie-
rungsmodells mit ≤ -Restriktionen und Nichtnegativitätsbedingung für alle Vari-
ablen, also dem primalen Modell, aufgefasst werden. So ist eine schrittweise
Vereinfachung nicht erforderlich und das duale Modell direkt angebbar.
• Für optimale Lösungen x 0 des primalen und y 0 des dualen Modells gilt
ct x 0 = bt y 0 . Damit stimmen die optimalen Zielfunktionswerte überein.
• Komplementaritätsbedingung:
Sind x eine zulässige Lösung des primalen und y eine zulässige Lösung des
dualen Modells und xs und ys die zugehörigen Schlupfvariablen, dann gilt:
x und y sind jeweils optimal, genau dann wenn gilt
x j ⋅ ys j = 0 für alle j = 1,..., n und
yi ⋅ xsi = 0 für alle i = 1,..., m

Ist der optimale Wert einer Strukturvariablen positiv, die Variable folglich in
Basis, dann ist die zugehörige duale Schlupfvariable, die unter entsprechenden
Voraussetzungen den Opportunitätskosten entspricht, gleich null. Ist eine Struk-
turvariable nicht in der optimalen Basis und besitzt somit den optimalen Wert null,
kann der zugehörige optimale Wert der Dualvariablen positiv sein. Damit wäre in
einem Produktionsprogramm die Produktion dieses Produkts mit Opportunitäts-
kosten verbunden. Ist eine primale Schlupfvariable mit positivem Wert in Basis,
die Restriktion folglich nicht bindend, muss die zugehörige duale Strukturvariable
gleich null sein, die ggf. dem Schattenpreis für die Kapazität entspricht. Positive
Schattenpreise für Restriktionen können nur dann auftreten, wenn die zugehörige
Schlupfvariable gleich null ist, die Restriktion also einen Engpass für die optimale
Lösung darstellt.
• Ist das primale Modell in Richtung der Zielfunktion unbeschränkt, besitzt das
duale keine zulässige Lösung. Besitzt das primale Modell keine zulässige Lö-
sung, ist das duale in Richtung der Zielfunktion unbeschränkt.
Liegt das primale Modell in Grundform vor, dann gelten weiterhin die folgen-
den Zusammenhänge, die bei Abweichungen vom Grundmodell entsprechend zu
modifizieren sind.
• Ist x eine beliebige zulässige Lösung des primalen Modells und y beliebig
zulässig für das duale, dann gilt
c t x ≤ bt y .

Folglich ist der Zielfunktionswert einer beliebigen zulässigen Lösung des dua-
len Modells eine obere Schranke für die Zielfunktionswerte aller primal zulässigen
Lösungen.
Interpretation, Dualität und Sensitivität 107

• Die optimale Lösung des dualen Modells ist dem optimalen Endtableau des
primalen Modells zu entnehmen. Die dualen Strukturvariablenwerte sind die
Δ z -Werte der primalen Schlupfvariablen, die dualen Schlupfvariablenwerte
sind die Δ z -Werte der primalen Strukturvariablen.
Da die optimale Lösung des dualen Modells im optimalen primalen Endtableau
enthalten ist und umgekehrt, reicht die Optimierung eines der beiden Modelle zur
Ermittlung beider optimaler Lösungen aus. Es kann folglich das einfacher zu
lösende Modell ausgewählt werden, auch wenn man an dessen Lösung selbst nicht
interessiert ist.
Zu einem beliebigen linearen Optimierungsmodell lässt sich das zugehörige
duale Modell ermitteln, indem das primale zunächst auf Grundform gebracht wird,
anschließend dualisiert und dann umgeformt wird, bis die Matrix At vorliegt.

Beispiel
Das primale Modell aus Beispiel 3.2 soll dualisiert und die optimale Lösung des
dualen Modells angegeben werden.
max z = − x1 + x2
s.d . x1 + x2 ≤ 4
−0,5 x1 + x2 ≤ 2
− x1 ≤ 2
x2 ≥ 0

Da x1 unbeschränkt ist, ist zunächst durch geeignete Transformation die Nicht-


negativitätsbedingung für alle Variablen sicherzustellen
max z = − x1+ + x1− + x2
s.d . x1+ − x1− + x2 ≤ 4
−0,5 x1+ + 0,5 x1− + x2 ≤ 2
− x1+ + x1− ≤ 2
x , x , x2 ≥ 0
+
1

1

Nun kann unter Anwendung der Regeln hinsichtlich des Grundmodells dieses
primale Modell dualisiert werden:
min Z = 4 y1 + 2 y2 + 2 y3
s.d . y1 − 0,5 y2 − y3 ≥ −1
− y1 + 0,5 y2 + y3 ≥ 1
y1 + y2 ≥ 1
y1 , y2 , y3 ≥ 0
108 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Die zweite Restriktion wird mit ( −1) multipliziert:


y1 − 0,5 y2 − y3 ≤ − 1

Da weiterhin die 1. Restriktion gilt


y1 − 0,5 y2 − y3 ≥ − 1

folgt daraus insgesamt


y1 − 0,5 y2 − y3 = − 1

Das duale Modell lautet also:


min Z = 4 y1 + 2 y2 + 2 y3
s.d . y1 − 0,5 y2 − y3 = −1
y1 + y2 ≥ 1
y1 , y2 , y3 ≥ 0

Für dieses Bespiel und auch allgemein gilt, dass zu einer unbeschränkten Vari-
ablen im primalen Modell eine Gleichheitsrestriktion im dualen Modell gehört.
Die optimale Lösung dieses dualen Modells ist dem optimalen Endtableau in
Beispiel 3.2 zu entnehmen: y1 = 0 , y2 = 1 und y3 = 0,5 . Der optimale Schlupf-
variablenwert ist s2 = 0 . Ein positiver Schlupf ist für die Gleichheitsrestriktion
nicht zulässig, eine Schlupfvariable wird nicht eingeführt. Die Δ z -Werte zu x1+
und x1− im primalen Endtableau sind entsprechend jeweils gleich null.

Beispiel Optima V
Zu dem linearen Optimierungsmodell Optima V, welches gegenüber dem Grund-
modell um eine ≥ -Restriktion und eine = -Restriktion erweitert ist, wird das duale
Modell ermittelt und gelöst. Dazu wird ein äquivalentes Modell in Grundform
aufgestellt.
max z = 3 x A + 2 xB
s.d. 2 xA + 1 xB ≤ 22
1 x A + 2 xB ≤ 23
4 xA + 1 xB ≤ 40
−1 x A − 1 xB ≤ −5
1 xA − 1
3 xB ≤ 6
−1 x A + 1
3 xB ≤ −6
xA , xB ≥ 0
Interpretation, Dualität und Sensitivität 109

Dieses Modell wird dualisiert zu dem folgenden dualen Modell, wobei zunächst
die Variablen mit yi′ bezeichnet werden, um später ein passendes Modell zu
formulieren.
min Z = 22 y1′ + 23 y2′ + 40 y3′ − 5 y4′ + 6 y5′ − 6 y6′
s.d . 2 y1′ + 1 y2′ + 4 y3′ − 1 y4′ + 1 y5′ − 1 y6′ ≥ 3
1 y1′ + 2 y2′ + 1 y3′ − 1 y4′ − 13 y5′ + 13 y6′ ≥ 2
y1′, y2′ , y3′ , y4′ , y5′ , y6′ ≥ 0

Mittels entsprechender Variablenumbenennung bzw. -transformation y1 = y1′ ,


y2 = y2′ , y3 = y3′ , y4 = − y4′ , y5 = y5′ − y6′ erhält man das duale des Ausgangsmo-
dells, für das die Matrix A und die Vektoren c und b übereinstimmen. y4 ist
kleiner oder gleich null, da y4′ größer oder gleich null ist. y5 ist unbeschränkt, da
y5 sich aus der Differenz von y5′ ∼ y5+ und y6′ ∼ y5− ergibt.
min Z = 22 y1 + 23 y2 + 40 y3 + 5 y4 + 6 y5
s.d . 2 y1 + 1 y2 + 4 y3 + 1 y4 + 1 y5 ≥ 3
1 y1 + 2 y2 + 1 y3 + 1 y4 − 13 y5 ≥ 2
y1 , y2 , y3 ≥ 0
y4 ≤ 0
y5 unbeschränkt

Die optimale Lösung des dualen Modells lautet y1 = 9 5 , y2 = y3 = y4 = 0 ,


y5 = − 35 und s1 = s2 = 0 . Sie kann durch Lösung des obigen Modells oder direkt
aus dem optimalen Endtableau des primalen Modells abgeleitet werden, wobei y5
dem Δ z -Wert der Hilfsvariablen h5 abzüglich M zu entnehmen ist. Damit führt
eine Erhöhung der rechten Seite der Gleichheitsrestriktion im primalen Modell zu
einer Erhöhung des Zielfunktionswertes um − 35 , d. h. zu einer Verringerung um
3 . Der „Schattenpreis“ der Gleichheitsrestriktion ist hier negativ, damit ist eine
5
Verringerung der rechten Seite in diesem Fall günstig.

3.2.3 Sensitivitätsanalyse

Zum Zeitpunkt der Planung ist nicht immer genau bekannt, welche exakten Daten
zukünftig eintreten werden. Lineare Optimierungsmodelle setzen eine Entschei-
dungssituation unter Sicherheit voraus, bei der der eintretende Umweltzustand und
die daraus resultierenden Zusammenhänge, die Werte für die Zielkoeffizienten,
die Aktivitätenmatrix und die rechte Seite exakt angegeben werden können. Die so
resultierenden Festlegungen zulässiger Lösungen werden im Rahmen der Optimie-
rung teilweise extrem ausgeschöpft. Daher ist es häufig sinnvoll zu untersuchen,
ob geringfügige Änderungen einzelner Parameter zu anderen als den vorgeschla-
genen optimalen Lösungen führen. Wichtige Hinweise hierzu liefert die Sensitivi-
110 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

tätsanalyse, mittels derer festgestellt wird, welche Parameteränderungen ohne


Einfluss auf die Optimalität einer ermittelten Basis bleiben. Ausgehend von den
Informationen im optimalen Endtableau eines linearen Optimierungsmodells ist
die Sensitivität der Ergebnisse auf Abweichungen der Modellparameter ableitbar,
wie im Folgenden zunächst beispielhaft, dann allgemein demonstriert wird.
Die Optimierung des kurzfristigen Produktionsprogramms bei Optima lieferte
den Vorschlag, 7 Einheiten von Produkt A und 8 Einheiten von Produkt B herzu-
stellen, womit der Gesamtdeckungsbeitrag von 37 GE erzielbar ist. Das optimale
Endtableau lautet

xA xB s1 s2 s3 RS

2 xB 0 1 -1/3 2/
3 0 8

0 s3 0 0 -7/3 2/
3 1 4

3 xA 1 0 2/ -1/3 0 7
3
Δz 0 0 4/ 1/ 0 37
3 3

In der Produktionsbesprechung stellt sich heraus, dass die Daten der Verkaufs-
abteilung hinsichtlich des erzielbaren Preises von Produkt B möglicherweise nicht
zutreffen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der erzielbare Preis etwas niedriger,
aber eventuell auch etwas höher festgelegt wird als 2 GE, was direkte Auswirkun-
gen auf den Stückdeckungsbeitrag hat. Ist das vorgeschlagene Produktionspro-
gramm auch bei Preisänderungen noch optimal? Wie wird der Gesamtdeckungs-
beitrag beeinflusst?
Angenommen, der Stückdeckungsbeitrag weicht um den noch unbekannten
Wert λ ∈ R vom bisher berücksichtigten Wert 2 ab, d. h. c ′xB = 2 + λ . Diese
Änderung hat bezüglich des optimalen Endtableaus zunächst nur Auswirkungen
auf die linke Spalte, die Basisvariablen-Zielkoeffizienten, und auf die Δ z -Zeile.
Die sonstigen Parameter, wie die rechte Seite des optimalen Endtableaus, bleiben
durch diese Modifikation unverändert. Die neuen Δ z ′ -Werte errechnen sich
gemäß Definition zu Δ z ′ = −c ′t + cB′t B −1 A und der neue Zielfunktionswert zu
z ′ = cB′ t B −1b .
Um die Werte der Δ z - bzw. Δ z ′ -Zeile einzeln benennen zu können, wird fol-
gende Schreibweise vereinbart: Δ z ( x A ) bzw. Δ z′( x A ) entsprechen dem Wert von
Δ z bzw. Δ z ′ in der zu xA gehörenden Spalte.
Nach Änderung von c xB in c ′xB = 2 + λ berechnen sich die neuen Werte wie
folgt:
Für die Basisvariablen ergibt sich keine Änderung, die Werte lauten weiterhin
Δ z ′( x A ) = Δ z ′( xB ) = Δ z ′( s3 ) = 0 .
Für die übrigen Werte gilt:
Interpretation, Dualität und Sensitivität 111

Δ z ′( s1 ) = − 0 + (2 + λ ) ⋅ (− 13) + 0 ⋅ (− 7 3) + 3 ⋅ 2 3
= − 0 + 2 ⋅ ( − 13) + 0 ⋅ ( − 7 3) + 3 ⋅ 2 3 + λ ⋅ ( − 1 3)
= Δ z ( s1 ) + λ ⋅ (− 13) = 4
3 −λ⋅ 1
3
Δ z ′( s2 ) = Δ z ( s2 ) + λ ⋅ 2 3 = 1
3+ λ ⋅ 3
2

Damit die Optimalität erhalten bleibt, muss weiterhin Δ z ′ ≥ 0 gelten, also


4
3 −λ⋅ 1
3≥ 0 ⇔ λ≤4 und
1
3 +λ⋅ 2
3≥ 0 ⇔ λ≥ −1 2 ,

also λ ∈ ⎣⎡ − 1 2 ; 4 ⎦⎤ und damit c ′xB ∈ [1,5; 6] .

Der Deckungsbeitrag von Produkt B kann also um bis zu 0,5 GE abnehmen


oder um bis zu 4 GE steigen, ohne die Optimalität der vorgeschlagenen Lösung zu
beeinträchtigen. Also sind auch bei abweichenden Preisen für Produkt B, die von
1,5 GE bis 6 GE reichen, die vorgeschlagenen Produktionsmengen optimal. Der
mit der optimalen Lösung erzielbare Gesamtdeckungsbeitrag ändert sich jedoch
proportional zur Preisänderung. Das Ausmaß der Änderung ist dem optimalen
Endtableau zu entnehmen und beträgt 37 + λ ⋅ 8 . Steigt der erzielbare Preis für
Produkt B bspw. um 2 GE, bleibt das vorgeschlagene Produktionsprogramm
optimal und der Deckungsbeitrag erhöht sich um 16 GE.
Ein anderes Problem beschäftigt die Produktionsplaner ebenfalls. Es ist nicht
sichergestellt, dass die Anlagen auf Produktionsstufe 1 zuverlässig einsetzbar sind.
Möglicherweise ergeben sich während der Produktion Probleme, die zu einer
Reduktion der verfügbaren Kapazität auf dieser Stufe führen. Es stellt sich daher
die Frage, welche Auswirkungen Abweichungen auf die optimale Lösung haben.
Beträgt die Kapazität der ersten Produktionsstufe nicht 22, sondern 22 + λ ZE
mit λ ∈ R , hätte im Ausgangstableau die rechte Seite gelautet (22 + λ , 23, 40)t .
Diese rechte Seite läge dann im vorliegenden Endtableau mit der optimalen Basis-
inversen von links multipliziert vor. Die aktuelle rechte Seite lautet folglich:

⎛ 22 + λ ⎞ ⎛ λ ⎞ ⎛ 8 ⎞ ⎛ − 13 2 3 0 ⎞ ⎛ λ ⎞ ⎛ 8 ⎞ ⎛ − 13 λ ⎞
⎜ ⎟ −1 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 7 2 ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ 7 ⎟
⎟ = B b + B ⎜ 0 ⎟ = ⎜ 4 ⎟ + ⎜ − 3 3 1⎟ ⎜ 0 ⎟ = ⎜ 4 ⎟ + ⎜ − 3 λ ⎟
−1 −1
B ⎜ 23
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎝ 40 ⎠ ⎝ 0 ⎠ ⎝ 7 ⎠ ⎝ 2 3 − 13 0 ⎠ ⎝ 0 ⎠ ⎝ 7 ⎠ ⎝ 2 3 λ ⎠

B −1 ist die aktuelle, also optimale Basisinverse. Sie ist im optimalen Tableau
an der Position ablesbar, an der im Ausgangstableau die Einheitsmatrix steht, also
hier unter den Schlupfvariablen. Weiterhin ändert sich der Gesamtdeckungsbeitrag
zu 2 ⋅ (8 − 13 λ ) + 0 ⋅ (4 − 7 3 λ ) + 3 ⋅ (7 + 2 3 λ ) = 37 + 4 3 λ . Es bleibt zu prüfen, für
welche Werte für λ die rechte Seite größer oder gleich null bleibt, d. h. die
vorgeschlagene Lösung zulässig ist. Da die Δ z -Zeile durch die Modifikation der
rechten Seite nicht beeinflusst ist, bleibt dann auch für die ermittelten Lösungen
die Optimalität erhalten.
112 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Die rechte Seite ist größer oder gleich null, falls die drei folgenden Bedingun-
gen sämtlich erfüllt sind.
8 − 13 λ ≥ 0 ⇔ λ ≤ 24 und
4− 3λ≥0 ⇔
7 λ≤ 12
7 und
7 + 23 λ ≥ 0 ⇔ λ≥ − 21 2

Für alle λ mit − 21 2 ≤ λ ≤ 12 7 und folglich 11,5 ≤ b1′ ≤ 23 5 7 bleibt die Opti-
malität der Basis erhalten, d. h., es ist weiterhin optimal, gerade die vorgeschlage-
nen Produkte und keine anderen zu produzieren. Die Mengen müssen jedoch der
verringerten bzw. erweiterten Kapazität angepasst werden und lauten 7 + 2 3 λ von
Produkt A und 8 − 13 λ von Produkt B, mit dem Gesamtdeckungsbeitrag von
37 + 4 3 λ . Eine Reduktion der Kapazität auf der ersten Produktionsstufe um 3 ZE,
also λ = −3 , führt folglich zu dem neuen optimalen Produktionsprogramm
5 Einheiten von Produkt A und 9 Einheiten von Produkt B mit einem Gesamtde-
ckungsbeitrag von 33 GE. Ist die Reduktion höher als 10,5 Einheiten, also
λ < −10,5 , kann die Konsequenz nicht aus dem vorliegenden Tableau abgeleitet
werden, da zunächst eine andere, für die geänderte Situation optimale Basis zu
ermitteln ist.

Sensitivität der optimalen Lösung eines LP-Modells


Bei einer Sensitivitätsanalyse im Rahmen der linearen Optimierung wird unter-
sucht, welche Auswirkungen eine Parametermodifikation auf die optimale Lösung
hat. Dazu wird zunächst die Optimalität der Basis analysiert. Für die Bereiche, für
die die Basis optimal bleibt, bleiben wesentliche Teile des optimalen Endtableaus
unverändert und daraus sind Aussagen über die Sensitivität der optimalen Lösung
ableitbar. Daher werden stets zunächst die Bereiche für mögliche Abweichungen
der Parameter ermittelt, innerhalb derer die bisher optimale Basis optimal bleibt.
Ist ein Basiswechsel erforderlich, um die Optimalität bei Parametervariation
wieder herzustellen, sind Aussagen über Konsequenzen nur nach Neuberechnung
möglich. Derartige systematische Untersuchungen werden im Rahmen einer
parametrischen Optimierung durchgeführt, auf die hier nicht näher eingegangen
wird. Weiterführende Behandlungen sind etwa Gal und Greenberg (1997) zu
entnehmen. Mit Bezug auf die Dualitätstheorie lässt sich die Optimalität einer
Lösung bzw. einer Basis eines linearen Optimierungsmodells modifiziert definie-
ren.
y Eine Lösung ist optimal, wenn sie zulässig ist (primale Zulässigkeit), d. h.
xB (0) = B −1b ≥ 0
und wenn die Δ z -Zeile nichtnegativ ist (duale Zulässigkeit)
Δ z j = cBt B −1a j − c j ≥ 0 j = 1,..., n .
Genau dann ist auch die Basis B optimal.
Interpretation, Dualität und Sensitivität 113

Sensitivitätsanalysen können sich auf die Änderung eines oder mehrerer Para-
meter eines linearen Optimierungsmodells beziehen. Hier werden nur die Variati-
on eines Zielfunktionskoeffizienten bzw. eines Parameters der rechten Seite in
ihren Auswirkungen untersucht. In einem ersten Schritt wird geprüft, welches der
beiden Kriterien, Zulässigkeit oder nichtnegative Δ z -Zeile, eventuell durch die
Modifikation betroffen ist. Dieses wird anschließend detaillierter betrachtet.

Variation eines Zielfunktionskoeffizienten


Eine Veränderung von Koeffizienten der Zielfunktion hat keine Auswirkung auf
die rechte Seite und damit auf die primale Zulässigkeit. Die Nichtnegativität der
Δ z -Zeile, also die duale Zulässigkeit, muss geprüft werden.
Eine Änderung der Komponente ck im Umfang von λ zu ck′ = ck + λ verletzt
die Nichtnegativität der Δ z -Zeile der ermittelten Lösung nicht, solange Δ z ′j ≥ 0
für j = 1,..., n erhalten bleibt mit Δ z ′j = cB′t B −1a j − c′j .
Ist die zugehörige Variable xk nicht in Basis, ist nur eine eventuelle Aufnahme
dieser Variablen in Basis zu prüfen, also ob gilt

Δ zk′ = cBt B −1ak − ck′ = cBt B −1ak − ck − λ


= Δ zk − λ ≥ 0
d. h. λ ≤ Δ zk .

Solange also die Änderung des Zielfunktionskoeffizienten einer Nichtbasisvari-


ablen geringer als der zugehörige Wert von Δ z ist, bleibt der optimale Wert der
Nichtbasisvariablen xk null. Damit ist eine Aufnahme dieser Variablen in die
Basis erst vorteilhaft, wenn λ den Wert Δ zk überschreitet.
Ist xk in Basis, sind die Δ z ′j aller Nichtbasisvariablen zu prüfen, d. h., für alle
Nichtbasisvariablen ist zu untersuchen, wann eine Aufnahme in die Basis vorteil-
haft wird. Für alle Basisvariablen gilt weiterhin Δ z ′j = 0 .

Δ z ′j = cB′t B −1 a j − c j = cBt B −1 a j + λ a*kj − c j


= Δ z j + λ a*kj ≥ 0

Also bleibt das Optimalitätskriterium erfüllt, solange

⎧⎪ Δ z j ∗ ⎫⎪
λ ≥ max ⎨− ∗ j = 1,..., n, für akj > 0 ⎬ und
⎩⎪ akj ⎪⎭
j

⎪⎧ Δ z j ∗ ⎪⎫
λ ≤ min ⎨− ∗ j = 1,..., n, für akj < 0 ⎬ gelten.
j
⎪⎩ akj ⎪⎭
114 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Beispiel Opti-Shop
Ausgehend von dem Endtableau Opti-Shop 1 lassen sich gewünschte Sensitivi-
tätsuntersuchungen durchführen.

22 23 23 23 25 25 35 32 33 0 0
Bw Br Bb Bg Bs Bk Js Jb Jw s1 s2 RS

22 Bw 1 1,1 1,1 1,1 1,2 1,2 1,6 1,5 1,6 0,05 0 400

0 s2 0 0,1 0,1 0,1 0,2 0,2 2,6 2,5 2,6 0,05 1 400

Δz 0 1,2 1,2 1,2 1,4 1,4 0,2 1,0 2,2 1,1 0 8800

Der Einzelhändler interessiert sich dafür, welchen Preis für schwarze Jeans die
Kunden mindestens akzeptieren müssten, damit er aufgrund des Deckungsbeitrags
auch schwarze Jeans beschaffen sollte.
Der Deckungsbeitrag für schwarze Jeans beträgt 35 GE, eine Aufnahme in die
Basis ist nur optimal, wenn der Deckungsbeitrag um mindestens λ = Δ z ( J s ) =
0, 20 , die Opportunitätskosten, steigt, der Verkaufspreis also mindestens 67,20 €
beträgt.
Außerdem möchte der Einzelhändler wissen, ab welcher Änderung des Ver-
kaufspreises weißer Blusen besser andere Teile beschafft werden sollten.
Ändert sich der Verkaufspreis und damit der Deckungsbeitrag der weißen Blu-
sen um λ , hat dies ggf. Auswirkungen auf die Δ z -Werte der Nichtbasisvariab-
len.
Δ z ′( Br ) = Δ z ′( Bb ) = Δ z ′( Bg ) = 1, 2 + λ ⋅1,1 ≥ 0 ⇔ λ ≥ −1, 09
Δ z ′( Bs ) = Δ z ′( Bk ) = 1, 4 + λ ⋅1, 2 ≥ 0 ⇔ λ ≥ −1,17
Δ z ′( J s ) = 0, 2 + λ ⋅1, 6 ≥ 0 ⇔ λ ≥ −0,125
Δ z ′( J b ) = 1, 0 + λ ⋅1, 5 ≥ 0 ⇔ λ ≥ −0, 67
Δ z ′( J w ) = 2, 2 + λ ⋅1, 6 ≥ 0 ⇔ λ ≥ −1, 375

Die Optimalität der Basis bleibt erhalten für


λ ≥ max {−1,09; − 1,17; − 0,125; − 0,67; − 1,375} = −0,125 . Solange λ ≥ −0,125
gilt, sind ausschließlich weiße Blusen zu beschaffen. Sinkt der Verkaufspreis unter
42 − 0,125 ≈ 41,87 €, sollten auch schwarze Jeans eingekauft werden, da wegen
Δ z ′( J s ) < 0 J s in Basis aufzunehmen ist. Jedoch werden nicht ausschließlich
schwarze Jeans zur Beschaffung vorgeschlagen, da zu berücksichtigen ist, dass
mindestens so viele Blusen wie Jeans einzukaufen sind, also dann auch die zweite
Restriktion relevant wird. Zur Ermittlung einer neuen optimalen Lösung sind
weitere Simplexschritte erforderlich.
Interpretation, Dualität und Sensitivität 115

Wie bereits dargestellt, führt die Erhöhung des Budgets pro € zu einer Erhö-
hung des Gesamtdeckungsbeitrags um 1,1 €. Bis zu welcher Erhöhung gilt diese
Tatsache?
Unter der Annahme, dass das Modell die Realität zutreffend beschreibt und
keine weiteren Restriktionen, wie beispielsweise Absatzrestriktionen, zu berück-
sichtigen sind, kann dies mittels Sensitivitätsanalyse festgestellt werden. Die
aktuelle Basis bleibt optimal, solange die aktualisierte rechte Seite größer oder
gleich null ist.
⎛ 400 ⎞ ⎛ 0, 05 0 ⎞⎛ λ ⎞ ⎛ 400 + 0, 05 ⋅ λ ⎞
⎜ ⎟+⎜ ⎟⎜ ⎟ = ⎜ ⎟ ≥ 0 für λ ≥ 0
⎝ 400 ⎠ ⎝ 0, 05 1 ⎠⎝ 0 ⎠ ⎝ 400 + 0, 05 ⋅ λ ⎠
Da für beliebig große positive Werte von λ die Zulässigkeit nicht verletzt ist,
gilt in diesem Fall die entsprechende Erhöhung des Gesamtdeckungsbeitrags bei
Erhöhung des Budgets unbegrenzt, was hier auf das etwas konstruierte Beispiel
zurückzuführen ist, da nur ein geringer Teil der realen Bedingungen im Modell
Berücksichtigung findet.

Variation der rechten Seite


Der Einfluss von Änderungen der k-ten Komponente der ursprünglichen rechten
Seite zu bk′ = bk + λ , λ ∈ R auf die optimale Lösung wird im Folgenden darge-
stellt.
Die Δ z -Zeile, also die duale Zulässigkeit, ist durch diese Änderung nicht be-
rührt, alle Werte bleiben nichtnegativ, jedoch ist die primale Zulässigkeit zu
prüfen. Daher wird zunächst die modifizierte, mit der optimalen Basisinversen
B −1 aktualisierte rechte Seite des Modells ermittelt und geprüft, für welche Werte
von λ sie zulässig bleibt, also

⎛ ⎛0 ⎞⎞
⎜ ⎜ ⎟⎟
⎜ ⎜# ⎟ ⎟
B b′ = B b + ⎜ λ ⎟ ⎟ = B −1b + λ ⋅ ( B −1 ) ≥ 0
−1 −1 ⎜

⎜ ⎜ ⎟⎟ k

⎜ ⎜# ⎟ ⎟
⎜ ⎜0 ⎟⎟
⎝ ⎝ ⎠⎠
gilt, wobei ( B −1 ) k die k-te Spalte der Inversen von B −1 bezeichnet. Ist bi∗ die i-te
Komponente der rechten Seite im optimalen Endtableau und bik−1 die i-te Kompo-
nente der k-ten Spalte der Inversen von B , dann muss gelten:
bi∗ + λ ⋅ bik−1 ≥ 0 für alle 1≤ i ≤ m

und damit
116 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

⎧ bi∗ ⎫
λ ≥ max ⎨− −1
i = 1,..., m, bik−1 > 0 ⎬
b
⎩ ik ⎭
⎧ bi∗ ⎫
λ ≤ min ⎨− −1
i = 1,..., m, bik−1 < 0 ⎬ .
⎩ bik ⎭
Für alle λ ∈ R , die diese Bedingungen erfüllen, bleibt die Basis B optimal.
Die optimale Lösung ist anzupassen und lautet
xB′ (0) = b* + λ ⋅ ( B −1 ) k bzw. xi′ = bi∗ + λ bik−1 .

Auch der optimale Zielfunktionswert ändert sich entsprechend zu


z ( xB′ ) = cBt (b∗ + λ ( B −1 ) k ) = z ( xB ) + λ cBt ( B −1 ) k .

Beispiel Optima
Ändert sich das optimale Produktionsprogramm von Optima, falls die Kapazität
der zweiten Produktionsstufe von 23 ZE abweicht?
Die ursprüngliche rechte Seite ist gleich (22, 23, 40)t . Die optimale rechte Sei-
te b∗ ist (8, 4, 7)t mit der optimalen Lösung x A = 7 , xB = 8 und s3 = 4 .

⎛ − 13 2
3 0⎞
⎜ ⎟
Mit der aktuellen Basisinversen B −1 = ⎜ − 7 3 2
3 1 ⎟ ist
⎜ 2 1
− 3 0 ⎟⎠
⎝ 3

⎛ 23 ⎞
⎜ ⎟
λ ⋅ ( B −1 ) 2 = λ ⋅ ⎜ 2 3 ⎟ .
⎜− 1 ⎟
⎝ 3⎠
Zu untersuchen bleibt
b1* + b12−1 ⋅ λ = 8 + 2 3 λ ≥ 0 ⇔ λ ≥ −12 und
b2* + b22−1 ⋅ λ = 4 + 2 3 λ ≥ 0 ⇔ λ ≥ −6 und
b + b ⋅λ = 7 −
*
3
−1
32
1 λ
3 ≥ 0 ⇔ λ ≤ 21 .

Ergebnis: Die Optimalität der Basis bleibt für alle Modifikationen λ auf der
zweiten Produktionsstufe mit −6 ≤ λ ≤ 21 und 17 ≤ b2′ ≤ 44 erhalten. Die opti-
male Lösung ist dann

⎛ xB ⎞ ⎛ 8 + 2 3 λ ⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ s3 ⎟ = ⎜ 4 + 3 λ ⎟ und s1 = s2 = 0
2
⎜ x ⎟ ⎜7 − 1 λ ⎟
⎝ A⎠ ⎝ 3 ⎠
Interpretation, Dualität und Sensitivität 117

mit dem Zielfunktionswert 37 + 13 λ .


Führt man eine entsprechende Sensitivitätsuntersuchung bezüglich der Verän-
derung der dritten Produktionsstufe durch, zeigt sich, dass für alle λ ≥ −4 die
Lösung zulässig und die Basis folglich optimal bleiben.

⎛ 0 ⎞ ⎛8 ⎞ ⎛ 0 ⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
B b + B ⎜ 0 ⎟ = ⎜ 4⎟ + ⎜ λ ⎟ ≥ 0
−1 −1

⎜λ ⎟ ⎜7⎟ ⎜0 ⎟
⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠
Somit bleibt das optimale Produktionsprogramm mit 7 Einheiten Produkt A
und 8 Einheiten Produkt B unverändert, nur die nicht ausgeschöpfte Kapazität der
dritten Produktionsstufe erhöht sich. Dieses Ergebnis ist unmittelbar dem optima-
len Endtableau zu entnehmen, da s3 mit Wert 4 in Basis ist. Diese Produktions-
stufe stellt folglich keinen Engpass dar und eine Erhöhung dieser Kapazität kann
keine positive Wirkung haben. Auch die Reduktion der Kapazität um bis zu
4 Einheiten ändert nur die zugehörige Schlupfvariable, erst größere Reduktionen
beeinflussen das optimale Produktionsprogramm. Die ausführliche Berechnung
wäre folglich hier zur Sensitivitätsanalyse nicht erforderlich gewesen.
Wenn mehrere Parameter gleichzeitig schwanken, sind umfangreichere Sensiti-
vitätsanalysen möglich, auf die Darstellung wird hier verzichtet. Für die Ermitt-
lung von Konsequenzen bei größeren Abweichungen ist etwa mittels dualem
Simplexalgorithmus, der unter Beibehaltung der dualen Zulässigkeit zusätzlich die
primale Zulässigkeit und damit die Optimalität anstrebt, eine neue optimale
Lösung zu ermitteln. Eine Beschreibung des dualen Simplexalgorithmus geben
beispielsweise Hadley (1980), Zimmermann (2008).

3.2.4 Aufgaben

Aufgabe 3.2.1
Die SuperOpt GmbH wurde beauftragt, mehrere lineare Entscheidungsmodelle
mittels Simplexalgorithmus zu lösen. Bei der Datenübertragung ist jedoch ein Teil
der Daten verloren gegangen und es sind nur noch die unvollständigen optimalen
Endtableaus verfügbar. Da eine erneute Berechnung zu viel Zeit in Anspruch
nimmt, werden Sie gebeten, mit Ihren Kenntnissen die Endtableaus ohne Berech-
nung zu vervollständigen.
118 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

a) Modell:
max z = x1 − 2 x2 + 1, 5 x3
s.d . 2 x1 + 4 x2 ≤ 12
2 x2 − x3 ≤ 9
−1, 5 x1 + 3 x3 ≤ 21
x1 , x2 , x3 ≥ 0

Endtableau:

x1 x2 x3 s1 s2 s3 RS
1
x1 2 /2 0 6
1 1
s2 3 /4 /3 19
1 1
x3 1 /4 /3 10

Δz

b) Modell:
max z = 2 x1 + 3 x2 + 1, 5 x3
s.d . x1 + 3 x2 + 2 x3 ≤ 6
3 x1 + x2 ≤ 9
2 x1 + x2 + 3 x3 ≤ 12
x1 , x2 , x3 ≥ 0

Endtableau:

x1 x2 x3 s1 s2 s3 RS
3 -1 9
x2 /8 /8 /8
x1 -1/8 3
/8 21
/8
s3 -1/8 -5/8 45
/8
Δz
Interpretation, Dualität und Sensitivität 119

c) Modell:
max z = 2 x1 + x2
s.d . − x1 + 2 x2 ≤ 5
x1 + x2 ≥ 2
− x2 ≤ 5
x1 ≥ 0, x2 ∈ \

Endtableau:

x1 x 2+ x 2- s1 s2 h2 s3 RS
s1 -3 1

x1 -1 1

s3 1 0

Δz -1 2+M

Aufgabe 3.2.2
Ermitteln Sie zu folgenden linearen Optimierungsmodellen jeweils das zugehörige
duale Modell.
a) max z = x1 + 2 x2
s.d . 2 x1 + x2 = 10
x1 + 3 x2 ≤ 12
x1 ,x2 ≥ 0

b) min z = x1 − 2 x2 + 2 x3 + 6 x4
s.d . 4 x1 − 7 x2 − x3 + x4 = 2
x1 + 4 x2 + x3 + 3 x4 ≥ 3
x3 + x4 ≥ 5
x1 , x2 , x3 , x4 ≥ 0

Aufgabe 3.2.3
Die Garibaldi GmbH stellt Schnellkochtöpfe aus Edelstahl in den drei unterschied-
lichen Varianten „Single“, „Standard“ und „Silberpfeil“ her. Da der Stahlpreis
derzeit auf hohem Niveau schwankt, möchte die Geschäftsleitung gerne wissen, in
welchem Preisintervall das aktuelle Produktionsprogramm optimal bleibt.
120 Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse

Die relevanten Rahmenbedingungen sind durch ein lineares Optimierungsmo-


dell zur Maximierung des Gesamtdeckungsbeitrags beschrieben:
x1 ~ Produktionsmenge der Variante „Single“
x2 ~ Produktionsmenge der Variante „Standard“
x3 ~ Produktionsmenge der Variante „Silberpfeil“
max z = 18 x1 + 20 x2 + 25 x3 Gesamt-Deckungsbeitrag
s.d . 4 x1 + 5 x2 + 8 x3 ≤ 900 Rohstoffrestriktion
x1 + x2 + x3 ≤ 220 Produktion
x1 + 2 x2 + 2 x3 ≤ 280 Nachbearbeitung
3 x1 + 2 x2 + x3 ≤ 675 Endmontage
x1 , x2 , x3 ≥ 0

Der Geschäftsleitung liegt das folgende optimale Endtableau der Planungsab-


teilung vor, dem die Daten zur aktuell realisierten Produktion entnommen werden
können:

x1 x2 x3 s1 s2 s3 s4 RS

x2 0 1 4 1 -4 0 0 20
x1 1 0 -3 -1 5 0 0 200
s3 0 0 -3 -1 3 1 0 40
s4 0 0 2 1 -7 0 1 35
Δz 0 0 1 2 10 0 0 4000

a) In welchem Bereich darf der Deckungsbeitrag des „Standard“-Kochtopfs


schwanken, ohne dass das aktuelle Programm seine Optimalität verliert? Wie
ändert sich der jeweils erreichbare Deckungsbeitrag?
b) Wie ändert sich die optimale Lösung (einschließlich Deckungsbeitrag), wenn
aufgrund plötzlicher Lieferengpässe 20 Einheiten Rohmaterial weniger zur Verfü-
gung stehen?
c) Formulieren Sie das zugehörige duale Modell und geben Sie seine optimale
Lösung an – möglichst ohne zu rechnen.
d) Zeigen Sie für dieses Beispiel das Vorliegen der Komplementaritätsbedingung.
Interpretation, Dualität und Sensitivität 121

Aufgabe 3.2.4
Für den kommenden Monat liegen für die drei Produkte A, B und C Aufträge in
Höhe von 100 Einheiten, 50 Einheiten und 70 Einheiten vor, die mit minimalen
Kosten zu erfüllen sind. Die Produktion erfolgt auf einer Produktionsstufe, auf der
200 Einheiten pro Monat hergestellt werden können. Durch Überstunden sind
weitere Einheiten zu realisieren, die zusätzliche Kosten in Höhe von 150 Geldein-
heiten pro Produkteinheit erfordern. Alternativ können Produkte gleicher Qualität
kurzfristig zugekauft werden, dafür entstehen Kosten in Höhe von 150 Geldein-
heiten für A, 170 Geldeinheiten für B und 165 Geldeinheiten für C. Die Einsatz-
faktoren für A, B und C kosten 20, 25 bzw. 30 Geldeinheiten, die variablen
Produktionskosten betragen jeweils 5 Geldeinheiten.
Schlagen Sie vor, welche Produkte in welchem Umfang selbst gefertigt bzw.
fremdbezogen werden sollen und ermitteln Sie das optimale Ergebnis. Wie weit
sind die zusätzlichen Überstundenkosten pro Produkteinheit zu reduzieren, damit
aus Kostengründen ausschließlich selbst gefertigt werden sollte? Welche Kosten-
reduktion ist mit einer Erweiterung der monatlichen Kapazität um eine Einheit
verbunden?
4 Anwendungen linearer Optimierung

4.1 Rechnereinsatz

Für die bisherigen Beispiele war eine manuelle Ermittlung der optimalen Lösung
möglich. Selbstverständlich ist bei realistischen Problemgrößen eine Rechnerun-
terstützung notwendig. Vielfältige Entwicklungen von Hard- und Software und
von Algorithmen haben dazu beigetragen, dass heute sehr effiziente LP-Standard-
software-Systeme zur Lösung linearer Optimierungsmodelle selbst für den PC
verfügbar sind. Diese sind teilweise mit für den Anwender komfortablen Benut-
zeroberflächen versehen.
Die in den vorherigen beiden Kapiteln behandelten Problemstellungen verlang-
ten stets, dass die Variablen unter Berücksichtigung der Restriktionen und ggf.
Nichtnegativitätsbedingungen beliebige reelle Werte annehmen können. Dann
führt der Simplexalgorithmus zu einer optimalen Lösung, sofern diese existiert.
Dürfen Variablen nur ganzzahlige, natürliche oder binäre Werte annehmen, z. B.
wenn über die Beschaffung von zwei, drei oder vier zusätzlichen Maschinen ent-
schieden werden soll, müssen im Allgemeinen andere Algorithmen zur Lösung
eingesetzt werden, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Sind Zielfunktion
und alle Restriktionen linear, spricht man dann von (rein-) ganzzahliger oder
gemischt-ganzzahliger linearer Programmierung (mixed-integer linear program-
ming, MILP). Solche Probleme sind wesentlich aufwändiger zu lösen und kom-
men in der Praxis sehr häufig vor. Moderne Standardsoftware zur linearen Pro-
grammierung umfasst meist die Berücksichtigung von gemischt-ganzzahligen
Optimierungsmodellen und auch einigen nichtlinearen Modellstrukturen, wie qua-
dratische Optimierungsmodelle, deren Lösung sich auf die Verwendung spezieller
linearer Optimierungsmodelle stützt. Sind die Variablen kontinuierlich wie in den
bisherigen Beispielen, sind fast beliebig große Probleme lösbar. Jedoch auch
Problemstellungen mit mehreren hundert ganzzahligen Variablen sind häufig
selbst mittels PC optimierbar.

Methoden und Software zur linearen und gemischt-ganzzahligen Optimierung


und die eingesetzte Hardware werden ständig weiterentwickelt und verbessert. Die
Steigerung der Geschwindigkeit der gemischt-ganzzahligen linearen Optimierung
ist teilweise auf eine Beschleunigung der Rechner zurückzuführen. Zusätzlichen
Anteil hat die Verbesserung der Lösungsalgorithmen, von denen einige erst auf-
grund der gestiegenen Speicherkapazität realisierbar sind. Über die Entwicklung
124 Anwendungen linearer Optimierung

der Lösungsgeschwindigkeiten gibt Bixby (2002) einen detaillierten Überblick. Er


zeigt, dass die Steigerung der Rechengeschwindigkeit den Simplexalgorithmus in
den letzten 20 Jahren um einen Faktor zwischen 500 und 1000 beschleunigt hat;
Weiterentwicklungen der Lösungsalgorithmen führen problemabhängig zu zusätz-
lichen Verbesserungen um Faktoren bis über 1000. Beide Faktoren zusammen
führen zu einer Beschleunigung um mehr als das Millionenfache und erlauben
heute das Lösen realistischer Modelle mit mehreren zehntausend Zeilen und Spal-
ten unter Einsatz von Standardsoftware auf einem PC innerhalb weniger Minuten.
Der Rechenaufwand zur Lösung eines linearen Optimierungsmodells hängt ei-
nerseits von der Anzahl der bis zum optimalen Ergebnis erforderlichen Iteratio-
nen, zum anderen von der Zahl der Berechnungen für eine Iteration ab. Zur
Durchführung eines Simplexschritts sind nicht alle Daten eines Tableaus erforder-
lich, vielmehr reicht die Kenntnis jeweils der aktuellen Basisinversen, der rechten
Seite, der Δ z -Zeile einschließlich Zielfunktionswert und der aufzunehmenden
Spalte aus, um mit den Daten des Ausgangstableaus die für den Simplexalgorith-
mus erforderlichen Informationen bei Bedarf zu ermitteln. Der entsprechende
Algorithmus wird als revidierter Simplexalgorithmus bezeichnet und ist meist in
Standardsoftware implementiert. Der Rechenaufwand für eine Iteration ist stark
reduziert und insbesondere von der Größe der Basis abhängig. Zusätzlich wird
meist die Basisinverse als Produkt von Elementarmatrizen dargestellt, was weitere
rechentechnische und Stabilitätsvorteile bringt. Ansatzpunkte zur weiteren Ver-
besserung des Laufzeitverhaltens bestehen durch Reduktion der Größe der Basis.
Diese ist abhängig vom Minimum der Gesamtzahl der Variablen und der Restrik-
tionen. Gelingt die Vermeidung von Restriktionen bei der Modellierung, sind ggf.
in jeder Iteration die Basis und damit der Rechenaufwand reduziert.
Eine derartige Maßnahme besteht in der separaten Berücksichtigung von unte-
ren und oberen Schranken einzelner Variablen, welche nicht als reguläre Restrik-
tion formuliert, sondern mit einem modifizierten Vorgehen behandelt werden. Soll
beispielsweise für die Variable x1 die Restriktion x1 ≥ 5 gelten, besteht also eine
untere Schranke, wird diese Variable durch x1′ = x1 − 5 substituiert, sodass die
äquivalente Restriktion für x1′ lautet: x1′ ≥ 0 . Dies entspricht gerade der Nichtne-
gativitätsbedingung, welche ohne Vergrößerung der Basis stets implizit berück-
sichtigt wird. Der zusätzliche Aufwand besteht in der einmaligen Modellmodifika-
tion zu Beginn und der Rücktransformation am Ende der Berechnungen.
Auch die Berücksichtigung einer oberen Schranke einer Variablen kann ohne
Vergrößerung der Basis erfolgen. Das algorithmische Vorgehen ist jedoch etwas
komplizierter, daher wird auf die Darstellung verzichtet (vgl. etwa Hadley 1980).
Spezialisierte Software zur linearen Optimierung sieht daher üblicherweise die
Möglichkeit der Angabe von unteren und oberen Schranken (lower, upper bound
LB, UB) für die Variablen vor, die vorteilhafterweise anstelle einer expliziten
Restriktion xi ≥ LB oder xi ≤ UB verwendet werden sollte.
Rechnereinsatz 125

Aus dem Internet frei herunterladbar ist die Studentenversion von ClipMOPS®,
ein von Suhl, FU Berlin, entwickeltes System zur Lösung linearer und gemischt-
ganzzahliger Optimierungsmodelle, welches ein Add-In zu Excel® ist (Suhl 2000).
Mit dieser Version lassen sich Probleme mit maximal 50 stetigen Variablen und
30 Restriktionen lösen. Eine Kurzeinführung dazu ist verfügbar (Werners 2008).

Beispiel Optima
Die folgenden Abbildungen zeigen Eingabe und Ergebnisausgabe in Anlehnung
an die ClipMOPS®–Bildschirmausgaben am Beispiel der Produktionsprogramm-
planung von Optima. Ein derartiges MPS-Format (MPS = Mathematical Pro-
gramming System) ist weitgehend für Optimierungssoftware standardisiert. Die
Variablen sind kontinuierlich (Typ: CON), d. h. nehmen reelle Werte an, und nicht
nach oben beschränkt (UB: INF), d. h., die obere Schranke ist unendlich. Die
Nichtnegativitätsbedingungen gelten (LB: ), d. h., die unteren Schranken sind
null. Standardmäßig wird Nichtnegativität unterstellt, sodass die Einträge leer
bleiben können und als 0 interpretiert werden.

Optima xA xB TYP RHS


MAX 3 2
LB
UB INF INF
TYP CON CON
Stufe 1 2 1 <= 22
Stufe 2 1 2 <= 23
Stufe 3 4 1 <= 40

Abb. 4.1. Eingabemaske Optima Produktionsprogramm

Nach Durchführung der Optimierung werden die Eingabedaten erneut ange-


zeigt, erweitert um die Zeile „Activity“, die die optimalen Werte der Strukturvari-
ablen und den erreichten optimalen Zielfunktionswert enthält. Wird die Option
„erweiterte Ergebnisanzeige“ gewählt, erscheinen zusätzliche Angaben.
126 Anwendungen linearer Optimierung

Optima xA xB TYP RHS


MAX 3 2
LB
UB INF INF
TYP CON CON
Stufe 1 2 1 <= 22
Stufe 2 1 2 <= 23
Stufe 3 4 1 <= 40

Activity 7,00 8,00 37


Name xA xB
Status BS BS
Reduced Cost 0 0

Activity Name Status Reduced Cost


22 Stufe 1 UB 1,3333
23 Stufe 2 UB 0,3333
36 Stufe 3 BS 0

Abb. 4.2. Erweiterte Ergebnisanzeige

In einem erweiterten Ergebnisreport sind unter den Bezeichnungen Status und


reduced Cost zusätzliche Informationen zu entnehmen. Bei den Strukturvariablen
gibt der Status an, ob sich die optimale Variable in Basis BS, an der unteren Gren-
ze LB oder der oberen Grenze UB befindet. Die reduced Cost, die den Strukturva-
riablen im Ergebnisbericht zugeordnet sind, geben für die Nichtbasisvariablen die
Veränderung der Zielfunktion pro Einheit Veränderung der Variablen bei entspre-
chender Anpassung der übrigen Variablen an. Sie hängen eng mit den Δ z -Werten
der Strukturvariablen und damit den Opportunitätskosten zusammen. Im Unter-
schied zu Abb. 4.2 sind die Angaben, die sich auf die Restriktionen beziehen, am
Bildschirm rechts neben den Restriktionen abzulesen. Activity gibt den Wert der
linken Seite an, der durch die optimale Lösung erreicht wird. Aus der Differenz
zwischen RHS und Activity ist folglich der Wert der zugehörigen optimalen
Schlupfvariablen zu entnehmen, im Beispiel etwa für s3 = 40 − 36 = 4 . Die redu-
Produktion und Logistik 127

ced Cost der Restriktionen korrespondieren mit den dualen Strukturvariablen und
geben Hinweise auf die Schattenpreise etwa der Kapazitäten. Der den Restriktio-
nen zugeordnete Status signalisiert, ob die Restriktion bindend UB, nicht bindend
BS oder mit Gleichheit FX erfüllt ist. Die Definition der reduced Cost ist nicht
einheitlich, insbesondere werden teilweise positive, teilweise negative Vorzeichen
in unterschiedlichen Systemen für denselben Sachverhalt ausgewiesen, was bei
der Interpretation zu berücksichtigen ist. Bei Beschränkung von Variablen durch
die Angabe von Schranken weichen die reduced Cost von denen bei Modellierung
mittels expliziter Restriktionen ab, dies ist ebenfalls zu beachten. Im Beispiel sind
für die erste und die zweite Produktionsstufe die Kapazitäten ausgeschöpft, er-
kennbar am Status UB. Eine marginale Erhöhung der Kapazität der ersten Stufe
führt zur Erhöhung des Deckungsbeitrags um 1 13 , die der zweiten Stufe um 13 .
Auch mittels des standardmäßig in Excel® verfügbaren Solvers lassen sich line-
are Optimierungsmodelle geringerer Größe lösen. Er ist jedoch hinsichtlich des
Laufzeitverhaltens, der Lösungsermittlung, der Ergebnisgenauigkeit und der Be-
nutzerunterstützung mit spezialisierten Solvern wie MOPS®, CPLEX®, XPRESS-
MP®, LINDO® oder anderen nicht vergleichbar. Für verschiedene dieser Systeme
sind ebenfalls Kurzeinführungen verfügbar (z. B. Werners 2007), teilweise sind
Studentenversionen erhältlich, z. B. für XPRESS-Ive®.
Zu den weiterentwickelten Programmen sind häufig integrierte oder zusätzliche
Modellierungssprachen vorhanden. Sie erlaubt beispielsweise Daten und Modell
zu trennen. Dies ermöglicht die Formulierung eines an die Belange eines Unter-
nehmens angepassten Modells etwa zur Produktionsplanung, für das die Daten,
wie Deckungsbeiträge und Anlagenverfügbarkeit, über Schnittstellen nach Bedarf
aktuell eingelesen werden. Zu erwähnen sind besonders AMPL®, GAMS®, MPL®
und die integrierten Sprachen Mosel® in XPRESS-Ive® und OPL® in ILOG OPL
Studio® mit CPLEX.
Für vielfältige Anwendungsbereiche sind lineare oder gemischt-ganzzahlige
Modelle im Einsatz, über die umfangreiche Literatur verfügbar ist. In den folgen-
den Abschnitten werden einige Gebiete beispielhaft angesprochen. Bei der Model-
lierung größerer Problemstellungen empfiehlt es sich, sich an bekannten Modellen
für ähnliche Fragestellungen zu orientieren und dann situationsbezogene Anpas-
sungen und Ergänzungen vorzunehmen.

4.2 Produktion und Logistik

4.2.1 Produktionsprogrammplanung

In Produktion und Logistik werden Modelle und Methoden des Operations Re-
search vielfältig eingesetzt. Klassisch ist die Produktionsprogrammplanung, die
bereits am Beispiel Optima vorgestellt wurde. Bei dieser operativen Problemstel-
lung sind die Art und Menge der innerhalb einer bzw. mehrerer Betrachtungsperi-
oden zu fertigenden Güter unter Beachtung der Produktionskapazitäten, der Nach-
128 Anwendungen linearer Optimierung

frage und ggf. der Beschaffungsmöglichkeiten zu ermitteln, die den Gesamt-


deckungsbeitrag maximieren. Optimierungsmodelle zur Planung des aktuellen
Produktionsprogramms lassen sich hinsichtlich des Planungshorizonts in ein- oder
mehrperiodische Modelle und hinsichtlich der Stufigkeit der Produktion in ein-
oder mehrstufige Modelle unterscheiden. Einstufig bedeutet, dass Vor- und Zwi-
schenprodukte in dem Modell nicht explizit aufgeführt werden, aber durchaus
mehrere Produktionsanlagen mit ihren Kapazitäten berücksichtigt werden. Mittels
algebraischer Modelle werden die strukturellen Beziehungen zwischen wesentli-
chen Modellkomponenten beschrieben, welche in der realen Situation konkreti-
siert werden.

Einperiodisches, einstufiges Modell


Die Produktionsmengen x j von n Produkten j = 1,..., n sind so festzulegen, dass
der gesamte Deckungsbeitrag DB der betrachteten Periode maximiert wird. Die
Deckungsbeiträge d j je Einheit der verschiedenen Produkte sind bekannt oder aus
der Differenz von Erlös p j und variablen Kosten k j zu ermitteln. Die Produktion
erfolgt auf m verschiedenen Anlagen i = 1,...m und ist durch deren Kapazität
K i beschränkt. Die Produktion einer Einheit von Produkt j auf Anlage i bean-
sprucht aij Kapazitätseinheiten, aij sind die Produktionskoeffizienten. Zusätzlich
werden Absatzhöchstmengen Aj je Produkt berücksichtigt. Das entsprechende
lineare Optimierungsmodell lautet:
n
max DB ( x ) = ∑ d j x j (4.2.1)
j =1
n
(4.2.2)
s.d . ∑
j =1
aij x j ≤ Ki i = 1,..., m
(4.2.3)
x j ≤ Aj j = 1,..., n
xj ≥ 0 j = 1,..., n (4.2.4)

Im Unterschied zum Beispiel Optima liegen hier zusätzlich Absatzrestriktionen


vor, also obere Schranken der Variablen x j . Eine Erweiterung auf mehrere Perio-
den, Berücksichtigung von Zwischenprodukten oder Einbeziehung von Lagerhal-
tung führt zu detaillierteren Modellen (siehe z. B. Domschke u. Scholl 2005,
Dyckhoff u. Spengler 2007, Günther u. Tempelmeier 2007, Kistner u. Steven
2001, Schneeweiß 2002). Ein umfassenderes Modell wird im Folgenden darge-
stellt.

Mehrperiodisches, einstufiges Modell


Werden mehrere Perioden t = 1,..., T betrachtet, ist zusätzlich die Lagerhaltung,
also Produktion auf Lager und Entnahme in einer späteren Periode, im Modell zu
erfassen, um das Produktionsprogramm vom Absatzprogramm zeitlich zu entkop-
peln.
Produktion und Logistik 129

Die Variable x jt bezeichnet die Menge von Produkt j , j = 1,..., n , die in Peri-
ode t produziert wird. Mit l jt wird die Lagermenge erfasst, die sich von Pro-
dukt j am Ende von Periode t im Lager befindet. Anfangs- und Endlagerbestän-
de der Produkte werden mit l aj und l ej modelliert. y jt erfasst die abgesetzte
Menge von Produkt j in Periode t . Es wird davon ausgegangen, dass die Produk-
tionsmenge bereits in der Produktionsperiode verfügbar ist. Weitere Parameter
sind die Kapazität des Lagers L , der Lagerkapazitätsbedarf a j von Produkt j , die
Lagerkosten k ljt für die Lagerung und die Produktionskosten k jtp für die Produkti-
on von einer Einheit Produkt j in Periode t und die Nachfrage Ajt nach Pro-
dukt j in Periode t .
Das lineare Optimierungsmodell zur Maximierung des Gesamtdeckungsbei-
trags lässt sich wie folgt formulieren:
T n
max DB ( x , y , l ) = ∑∑ ( p
t =1 j =1
jt ⋅ y jt − k jtp ⋅ x jt − k ljt ⋅ l jt ) (4.2.5)

s.d . l j ,t −1 + x jt − y jt = l jt für j = 1,..., n; t = 1,..., T (4.2.6)


n

∑a
j =1
ij ⋅ x jt ≤ K it für i = 1,..., m; t = 1,..., T (4.2.7)
n

∑a
j =1
j ⋅ l jt ≤ L für t = 1,..., T (4.2.8)

y jt ≤ A jt für j = 1,..., n; t = 1,..., T (4.2.9)


x jt , l jt , y jt ≥ 0 für j = 1,..., n; t = 1,..., T
(4.2.10)
l j 0 = l , l jT = l
a
j
e
j für j = 1,..., n (4.2.11)
Die Zielfunktion (4.2.5) maximiert den Gesamtdeckungsbeitrag über alle Peri-
oden t und über alle Produkte j, der sich aus dem Erlös p jt für die abgesetzten
Mengen y jt der Periode ergibt, abzüglich der variablen Produktionskosten k jtp für
die in der Periode produzierten Mengen x jt und der variablen Kosten für die in
der Periode gelagerten Mengen l jt .
Mit den Lagerbilanzgleichungen (4.2.6) wird sichergestellt, dass Lagerzugänge
durch Produktion und Lagerabgänge durch Absatz im Lagerbestand der Perioden
korrekt berücksichtigt sind. Aufgrund der Nichtnegativität aller Variablen (4.2.10)
wird so ebenfalls gewährleistet, dass nur soviel abgesetzt werden kann, wie auch
verfügbar ist. Die Kapazitätsrestriktionen (4.2.7) bzw. (4.2.8) sorgen dafür, dass
die Kapazitäten der Anlagen und des Lagers nicht überschritten werden. Durch die
Restriktionen (4.2.9) werden die Absatzhöchstgrenzen eingehalten. Restriktionen
(4.2.11) legen Anfangs- und Endbestand des Lagers fest.
Vielfältige Erweiterungen derartiger Modelle sind möglich. So können Verän-
derungen der Anlagenkapazitäten oder des Personalbestands Berücksichtigung
finden und Fehlmengen einer Periode lassen sich explizit erfassen und bspw. unter
zusätzlichen Kosten in einer späteren Periode absetzen.
130 Anwendungen linearer Optimierung

4.2.2 Supply Chain Planning

Zunehmend wird die Produktion nicht separat für einen Standort betrachtet, son-
dern das gesamte Produktions- und Logistiknetzwerk vom Einsatzmaterial über
mehrere Produktionsstufen bis zum Endkunden wird simultan berücksichtigt. Dies
führt zu komplexen Informationsverarbeitungs-, Planungs- und Koordinationsauf-
gaben, die im Rahmen des Supply Chain Managements zu erfüllen sind. Quantita-
tive Methoden kommen vielfältig zur Entscheidungsunterstützung zum Einsatz,
wie zahlreiche Veröffentlichungen belegen (u. a. Corsten u. Gössinger 2008,
Freiwald 2005, Günther et al. 2005, Knolmayer et al. 2000, Stadtler u. Kil-
ger 2005, Steven 2004, Thorn 2002, Werners et al. 2003a, Werners u. Thorn 2003,
Werners u. Thorn 2002). Beispielhaft wird eine kleine Problemstellung des Supply
Chain Plannings behandelt, die von einer zentralen Entscheidungsinstanz ausgeht.

Beispiel OptiMasch AG
Die OptiMasch AG möchte eine standortübergreifende Planung für Produktion
und Logistik ihrer beiden Werke, ihrer beiden Distributionslager und ihrer beiden
Kundengebiete durchführen.
i j k
Kunden-
Werk 1 Lager 1 gebiet 1

1 2,5 1
4
2
2,3

2,1
Kunden-
Werk 2 Lager 2 3
gebiet 2

1,1 1,2
5 2,3

Abb. 4.3. Kosten für OptiMasch AG

Es wird eine Periode und eine Produktart betrachtet, wobei das Produkt zu-
nächst in einem der beiden Werke hergestellt und anschließend über eines der
beiden Lager zu dem Kundengebiet transportiert werden soll. Zusätzlich wird
Produktion und Logistik 131

gefordert, dass jedes Kundengebiet nur von je einem Lager aus beliefert wird und
die Nachfrage vollständig zu erfüllen ist. Die Kosten für Produktion, Lagerum-
schlag sowie Transport pro Einheit des betrachteten Produkts sind in Abb. 4.3
dargestellt.
Die Transportkapazitäten sind unbeschränkt, die der Werke und Lager sind an-
gegeben, auch die Nachfrage wird als bekannt vorausgesetzt:

Tabelle 4.1. Kapazität der Werke und Lager

Werk 1 Werk 2 Lager 1 Lager 2

Kapazität 300 350 300 275

Tabelle 4.2. Nachfrage in den Kundengebieten

Kundengebiet 1 Kundengebiet 2

Nachfrage 235 275

Zur Ermittlung des optimalen Produktions-, Lager- und Transportplans wird ein
gemischt-ganzzahliges lineares Optimierungsmodell formuliert, welches die Kos-
ten für die betrachtete Periode minimiert. Eine derartige Zielfunktion kann ge-
wählt werden, da die Kundennachfragen sämtlich zu erfüllen sind, was durch Res-
triktionen sichergestellt wird.

Entscheidungsvariable:
xijk Menge, die im Werk i hergestellt und über Lager j zum Kundengebiet k
transportiert wird, i, j , k = 1, 2
y jk Binärvariable, die den Wert 1 annimmt, wenn Kundengebiet k von La-
ger j aus beliefert wird, j , k = 1, 2

Parameter:
ai Kosten je Einheit für die Herstellung in Werk i , i = 1, 2
bij Kosten je Einheit für den Transport von Werk i zu Lager j , i, j = 1, 2
cj Kosten je Einheit für den Lagerumschlag in Lager j , j = 1, 2
d jk Kosten je Einheit für den Transport von Lager j zum Kundengebiet k ,
j , k = 1, 2
Ki Kapazität Werk i , i = 1, 2
Lj Kapazität Lager j , j = 1, 2
Ak Nachfrage im Kundengebiet k , k = 1, 2
132 Anwendungen linearer Optimierung

In der Zielfunktion werden die mit einer Menge xijk verbundenen Kosten für
Herstellung, Transport und Lagerumschlag berücksichtigt und die Minimierung
angestrebt.
2 2 2
(
min z = ∑∑∑ ai + bij + c j + d jk ⋅ xijk ) (4.2.12)
i =1 j =1 k =1

Die Produktionskapazitätsrestriktionen (4.2.13) stellen sicher, dass die Summe


aller im Werk i zu produzierenden Mengen für beide Kundengebiete über beide
Lager die Kapazitäten K i nicht übersteigt.
2 2
∑∑ xijk ≤ Ki i = 1, 2 (4.2.13)
j =1 k =1

Die Lagerkapazitätsrestriktionen sorgen dafür, dass für die gesamten zu be-


rücksichtigenden Lagermengen die Lagerkapazitäten eingehalten werden.
2 2
∑∑ xijk ≤ L j j = 1, 2 (4.2.14)
i =1 k =1

Die Kundenbedarfsrestriktionen stellen sicher, dass der Bedarf jedes Kunden-


gebiets genau erfüllt und unter Berücksichtigung der Zuordnungsrestriktionen
dazu nur jeweils ein Lager genutzt wird.
2
∑ xijk = Ak ⋅ y jk j , k = 1, 2 (4.2.15)
i =1

Durch die Zuordnungsrestriktionen wird erreicht, dass jeweils nur ein y jk = 1


ist und somit die eindeutige Zuordnung eines Kundengebiets zu einem Lager
erfolgt.
2
∑ y jk = 1 k = 1, 2 (4.2.16)
j =1

Außerdem sind die Variablen entsprechend zu vereinbaren.

xijk ≥ 0 i, j , k = 1, 2 (4.2.17)

y jk ∈ {0,1} j , k = 1, 2 (4.2.18)

Die Lösung des Beispiels ist mit ClipMOPS® möglich. Die konkrete Modell-
formulierung, die Variablenvereinbarungen und die optimale Lösung sind ables-
bar. Insgesamt entstehen für die Erfüllung der Nachfrage minimale Kosten von
insgesamt 4.631 Geldeinheiten. Kundengebiet 1 wird von Lager 1 aus beliefert,
Produktion und Logistik 133

die Produktion dafür erfolgt mit 235 Einheiten in Werk 1. Kundengebiet 2 wird
aus Lager 2 beliefert, die Produktion erfolgt mit 65 Einheiten in Werk 1 und
210 Einheiten in Werk 2.
x111 x112 x121 x122 x211 x212 x221 x222 y11 y12 y21 y22 TYPRHS

MIN 8,5 9,8 11,3 9,5 10,6 11,9 11,4 9,6


LB
UB INF INF INF INF INF INF INF INF 1 1 1 1
TYP CONCON CONCONCONCONCONCON BIN BIN BIN BIN
PC1 1 1 1 1 <= 300
PC2 1 1 1 1 <= 350
LC1 1 1 1 1 <= 300
LC2 1 1 1 1 <= 275
KB11 1 1 -235 = 0
KB21 1 1 -235 = 0
KB12 1 1 -275 = 0
KB22 1 1 -275 = 0
KL1 1 1 = 1
KL2 1 1 = 1
Activity 235 0 0 65 0 0 0 210 1 0 0 1 4631

Abb. 4.4. Ergebnisausgabe Supply Chain Management

4.2.3 Standortplanung

Bei der Ermittlung möglichst günstiger Standorte für Produktionsstätten, Lager


oder sonstige Einrichtungen sind vielfältige quantitative und qualitative Kriterien
zu berücksichtigen. Auch hier kann auf umfangreiche Literatur zurückgegriffen
werden (u. a. Domschke u. Scholl 2005; Domschke u. Drexl 1996; Drezner u.
Hamacher 2004). Zur Unterstützung der Bochumer Feuerwehr, die neben dem
Brandschutz auch für das Rettungswesen verantwortlich ist, sind quantitative
Modelle zum Einsatz gekommen, mit denen verschiedene Fragestellungen unter-
sucht wurden (Werners et al. 2001 und 2003b). So wurde beispielsweise optimiert,
wie viele Rettungswachen zur vollständigen Sicherstellung der Versorgungsanfor-
derungen notwendig sind und wo diese stationiert sein sollen. Auch welche Stand-
134 Anwendungen linearer Optimierung

orte bei einer reduzierten Anzahl von Wachen gewählt werden müssen, um eine
höchstmögliche Versorgung der Bevölkerung zu erzielen, wurde untersucht. Im
Folgenden wird beispielhaft eine Version des Set Covering Location Problems
(SCLP) vorgestellt, welches die minimal erforderliche Anzahl von Standorten zur
Bedarfsdeckung an allen Nachfrageknoten bestimmt.

2
Park
5 4

6 7

8
N

W O

Abb. 4.5. Beispiel Feuerwehrwachen

Zur Datenerhebung wird das Stadtgebiet in Teilbereiche eingeteilt, die durch


ihre Mittelpunkte als Knoten repräsentiert werden. Die durchschnittlichen Fahrzei-
ten zwischen den Knoten werden ermittelt. Die Teilbereiche, die den Park abde-
cken, sollen nicht weiter berücksichtigt werden, da die Einsatzzahlen zu gering
sind und auch Standorte von Rettungswachen dort nicht möglich sind. Es ist si-
cherzustellen, dass jeder Einsatzort (Knoten) bei einem Notfall innerhalb von
acht Minuten erreicht wird. Die Wachen können an jedem Knoten positioniert
werden.
Als Entscheidungsvariablen werden

⎧1 falls Knoten j Standort einer Wache ist


xj = ⎨
⎩0 sonst
Produktion und Logistik 135

gewählt mit j ∈ {1,...,8} = J . Mit i ∈ {1,...8} = I werden die Knoten bezeichnet, an


denen die Notfälle eintreten können. In dieser Anwendung stimmen I und J über-
ein. Mit N i wird die Menge aller Knoten j bezeichnet, von denen aus die Entfer-
nung d ji zu i so gering ist, dass Knoten i innerhalb der Frist s von 8 Minuten
erreicht werden kann. Für diese Anwendung gilt d ji = dij , da Fahrten in beiden
Richtungen gleich lange dauern.

Tabelle 4.3. Standorte, von denen aus i innerhalb der Frist erreichbar ist

i N i (8 Minuten)

1 1, 2
2 1, 2, 4, 5

3 3, 6

4 2, 4, 5, 7, 8

5 2, 4, 5, 6, 7, 8

6 3, 5, 6

7 4, 5, 7, 8

8 4, 5, 7, 8

Diese Liste gibt für jeden Knoten i die Menge N i aller Standorte j für Wa-
chen an, die jeweils die rechtzeitige Erreichung von i sicherstellen. Diese werden
als Nachbarn bzw. Nachbarschaft von i bezeichnet, die Gesamtliste als Nach-
barn- bzw. Nachbarschaftsliste. Da auch eine Wache i zum rechtzeitigen Errei-
chen eines Notfalls in i geeignet ist, gehört hier jedes i selbst zu seiner Nachbar-
schaft. Nachbarschaftsliste ist ein graphentheoretischer Begriff und wird in
Kapitel 5 näher behandelt.
Das Set Covering Location Problem (SCLP) zur Ermittlung einer minimalen
Anzahl von Standorten lautet:

min z = ∑ xj
j∈J

s.d . ∑ xj ≥ 1 ∀i ∈ I (4.2.19)
j∈Ni

x j ∈ {0; 1} ∀j ∈ J

Die Zielfunktion verlangt, dass die minimale Anzahl an Wachen eingerichtet


wird. Andere SCLP Ansätze berücksichtigen differenzierte fixe und variable Kos-
ten für die Errichtung von Wachen an unterschiedlichen Standorten. Die Restrik-
136 Anwendungen linearer Optimierung

tionen gewährleisten, dass Wachen so platziert werden, dass jeder Standort i von
mindestens einer Wache aus in höchstens 8 Minuten erreichbar ist. Dazu sind die
geeigneten Standorte in der Menge N i erfasst.

Das binäre lineare Optimierungsmodell lässt sich mittels Standardsoftware lö-


sen. Es lautet hier ausformuliert:
min z = x1 + x2 + x3 + x4 + x5 + x6 + x7 + x8
s.d . x1 + x2 ≥1
x1 + x2 + x4 + x5 ≥1
x3 + x6 ≥1
x2 + x4 + x5 + x7 + x8 ≥ 1
(4.2.20)
x2 + x4 + x5 + x6 + x7 + x8 ≥ 1
x3 + x5 + x6 ≥1
x4 + x5 + x7 + x8 ≥ 1
x4 + x5 + x7 + x8 ≥ 1
x1 , x2 , x3 , x4 , x5 , x6 , x7 , x8 ∈ {0;1}

Es existieren mehrere optimale Lösungen mit gleichem minimalem Zielfunkti-


onswert 3. Folglich sind mindestens drei Wachen im Stadtgebiet notwendig, um
jeden Einsatzort innerhalb von 8 Minuten zu erreichen. Eine der optimalen Vertei-
lungen der Wachen ist Abbildung 4.6 zu entnehmen. Bei ganzzahligen Optimie-
rungsproblemen sind jedoch im Unterschied zu solchen mit ausschließlich stetigen
Variablen die weiteren optimalen Lösungen nicht unmittelbar aus einem End-
tableau ersichtlich. Sie lassen sich nur mittels zusätzlicher Eingriffe in das Modell,
z. B. Unzulässigkeit der gefundenen Lösung, feststellen.
Für praktische Anwendungen ist zu beachten, dass die ausgewiesene optimale
Lösung häufig am Rand des Plangebiets Wachen vorschlägt, obwohl für die Ver-
sorgung der Bevölkerung eine zentralere Lage vorzuziehen ist. Weiterführende
Modelle berücksichtigen die unterschiedlichen Einsatzzahlen der Teilgebiete und
sehen z. B. eine Doppelabdeckung bedarfsstarker Bereiche vor. Aktuell diskutiert
werden Modelle, bei denen die Kapazität der Wachen und zeitlich schwankende
Bedarfe berücksichtigt werden (siehe etwa Brotcorne et al. 2003). Ähnliche An-
sätze sind für viele Anwendungsbereiche geeignet, wenn Standorte so zu ermitteln
sind, dass Kunden innerhalb einer vorgegebenen Frist bedient werden sollen.
Auch die Planung von Versorgungseinrichtungen, die von ihren Kunden innerhalb
einer bestimmten Zeit oder durch Zurücklegen einer maximalen Strecke erreicht
werden sollen, kann mit einem derartigen Ansatz unterstützt werden.
Produktion und Logistik 137

2
Park
5 4

6 7

8
N

W O

Abb. 4.6. Optimale Verteilung der Feuerwehrwachen

4.2.4 Aufgaben

Aufgabe 4.2.1
Die OptiWasch AG stellt das Waschpulver Megaclean Color in Paketen mit 2,5 kg
und Paketen mit 5 kg Waschpulver her. Das Waschpulver wird ausschließlich auf
Paletten mit je 100 Paketen produziert und verkauft. Die Abfüllanlage steht in der
kommenden Planungsperiode maximal 60 Stunden für das Produkt Megaclean
Color zur Verfügung. Die Abfüllung von 100 Paketen mit 2,5 kg Inhalt bean-
sprucht die Abfüllanlage 30 Minuten, die Abfüllung von 100 Paketen mit 5 kg
Inhalt 40 Minuten. Von dem abzufüllenden Waschpulver können maximal
35 Tonnen (=35.000 kg) bereitgestellt werden. Es ist davon auszugehen, dass von
Paketen mit 5 kg Inhalt maximal 50 Paletten abgesetzt werden können. Der De-
ckungsbeitrag beträgt 0,25 € je 2,5 kg Paket und 0,40 € je 5 kg Paket.
Formulieren Sie ein geeignetes LP-Modell, welches den Gesamtdeckungsbei-
trag der Planungsperiode maximiert. Wie viele und welche Pakete mit Megaclean
Color sollte die OptiWasch AG unter den beschriebenen Voraussetzungen herstel-
len? Welcher Gesamtdeckungsbeitrag kann maximal erreicht werden? Stellen Sie
Zulässigkeitsbereich und optimale Lösung grafisch dar.
138 Anwendungen linearer Optimierung

Aufgabe 4.2.2
Die OptiTech AG hat im Rahmen eines Forschungsprojektes den neuen Nah-
rungsmittelzusatzstoff Vitatech entwickelt. Vitatech kann aus einem Vorprodukt
entweder in dem Werk in Kanada oder in Polen gefertigt werden. Für die Herstel-
lung einer Tonne des Produktes wird eine Tonne des Vorproduktes benötigt. Für
die Vorprodukte stehen zwei Lieferanten A und B zur Verfügung. Die OptiTech
wird im kommenden Jahr mit der Produktion beginnen und möchte zunächst die
Märkte in Asien, Nordamerika und Europa versorgen. Die Einkaufspreise je Ton-
ne des Vorproduktes, die Transportkosten sowie die Produktionskosten je Tonne
sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

Asien
Zulieferer A Kanada

1.400 € 3.100 €
3.800 € 1.
90
13.000 € 0

Nordamerika
2.90

2.50
0€

0€

0€
0
2.50

Zulieferer B Polen
3.30


0
20
2. Europa

3.200 € 1.400 €
4.100 €
16.000 €

Die Transportkapazitäten sind unbeschränkt. Die bereitgestellten Kapazitäten


der Zulieferer und Werke werden für das kommende Jahr wie folgt angenommen:

Kanada Polen Zulieferer A Zulieferer B

Kapazität 40 t 65 t 50 t 40 t
Produktion und Logistik 139

Ein von OptiTech beauftragtes Marktforschungsinstitut hat folgende Nachfra-


gemengen des Produktes Vitatech für das kommende Jahr auf den einzelnen Ab-
satzmärkten ermittelt:

Asien Nordamerika Europa


Nachfrage 23 t 33 t 29 t

Stellen Sie zur Ermittlung des optimalen Einkaufs-, Produktions- und Trans-
portplans ein mathematisches Optimierungsmodell auf, welches für die betrachtete
Periode die gesamten Kosten minimiert unter der Voraussetzung, dass die Nach-
frage erfüllt wird.

Aufgabe 4.2.3
Die MaschBau AG möchte eine Standort übergreifende Produktionsplanung über
ihre beiden Werke und ihre beiden Distributionslager bis zu ihren vier Kunden
durchführen.
Kunde 1

Werk 1 Lager 1

1€
1€
2,5 € 1,2 € Kunde 2
4€ 2,3 €
2€ 2,7 €

2,1 € Kunde 3
3€
Werk 2 Lager 2

2,7 €
1,2 €
1,1 €
2,3 € Kunde 4
1€
5€

Abb. 4.7. Kosten der MaschBau AG


140 Anwendungen linearer Optimierung

Es wird eine Periode und eine Produktart betrachtet, wobei die Produkte zu-
nächst in einem der beiden Werke hergestellt und anschließend über eines der
beiden Lager zu den Kunden transportiert werden. Jeder Kunde wird jeweils nur
von einem Lager aus bedient und die Nachfragemengen der Kunden sind vollstän-
dig zu erfüllen. Die Kosten für Produktion, Lagerhalten sowie Transport pro Ein-
heit des betrachteten Produktes sind in Abb. 4.7 dargestellt. Die Transportkapazi-
täten können als unbeschränkt angesehen werden, hinsichtlich der Produktions-
und Lagerkapazitäten und der Kundennachfragen liegen folgende Daten vor:

Kapazität in Produkteinheiten Nachfragemenge in Produkteinheiten

Werk 1 300 Kunde 1 115


Werk 2 350 Kunde 2 120
Lager 1 300 Kunde 3 100
Lager 2 275 Kunde 4 175

Formulieren Sie ein gemischt-ganzzahliges lineares Optimierungsproblem zur


Ermittlung eines Produktions- und Transportplans mit minimalen Kosten für die
betrachtete Periode, sodass alle Anforderungen erfüllt werden.

Aufgabe 4.2.4
Sie wurden gebeten, eine Standortplanung für Rettungshubschrauber-Basen im
Ruhrgebiet vorzunehmen. Ziel ist es, möglichst wenige Basen einzurichten. Um
eine höchstmögliche Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, sollen die
Rettungshubschrauber innerhalb von 5 Minuten den Unfallort erreichen können.

Entfernung in km DU OB BOT E GE RE HER BO DO

Duisburg 0 7,86 14,81 18,58 27,49 37,22 34,82 32,81 50,6

Oberhausen 7,86 0 7,23 11,7 19,63 29,4 27,01 25,46 43,16

Bottrop 14,81 7,23 0 10,15 13,21 22,52 21,08 32,81 50,6

Essen 18,58 11,7 10,15 0 12,53 22,46 17,76 14,34 32,13

Gelsenkirchen 27,49 19,63 13,21 12,53 0 10,14 8,07 10,96 25,75

Recklinghausen 37,22 29,4 22,52 22,46 10,14 0 7,51 14,88 21,66

Herne 34,82 27,01 21,08 17,76 8,07 7,51 0 7,42 17,81

Bochum 32,81 25,46 32,81 14,34 10,96 14,88 7,42 0 17,8

Dortmund 50,6 43,16 50,6 32,13 25,75 21,66 17,81 17,8 0


Investition und Finanzierung 141

Nehmen Sie an, dass die eingesetzten Hubschrauber mit einer durchschnittli-
chen Geschwindigkeit von 250 km/h fliegen. Ermitteln Sie zunächst mit Hilfe der
angegebenen Entfernungsmatrix eine Nachbarschaftsliste und stellen Sie anschlie-
ßend ein geeignetes Optimierungsmodell auf.

4.3 Investition und Finanzierung

4.3.1 Dynamische Investitionsrechnung

Entscheidungen über Beschaffung von Anlagen, Unternehmensbeteiligungen oder


Durchführung von Projekten sollten wirtschaftlich fundiert werden, wozu die
Investitionstheorie geeignete Verfahren entwickelt hat. Diese sind in ihren Grund-
zügen Gegenstand betriebswirtschaftlicher Einführungen (z. B. Neus 2007,
Kistner u. Steven 2002) bzw. werden weiterführend vorgestellt (z. B. Schneider
1997, Busse von Colbe u. Laßmann 1994, Busse von Colbe u. Pellens 1998). Eine
Investition (i. e. S.) ist eine gegenwärtige Bindung von Ressourcen mit dem
Zweck, zukünftige Ergebnisse zu erzielen. Typische Beispiele sind die Beschaf-
fung von Maschinen, Anlagen, Gebäuden, aber auch eine Kreditvergabe als Fi-
nanzinvestition. Zur wirtschaftlichen Beurteilung von Investitionen sind die mit
ihnen verbundenen Zahlungen zt bzw. die Differenz von Einzahlungen et und
Auszahlungen at während der Laufzeit, also die Zahlungsreihe von 0 bis T, zu
berücksichtigen.
Zahlungsreihe: z0 , z1 , z2 ,..., zT −1 , zT mit zt = et − at

Typischerweise ist eine Investition im engeren Sinne mit einer Anfangsauszah-


lung und späteren Einzahlungsüberschüssen verbunden. Als Investition im weite-
ren Sinne werden Vorhaben mit beliebigen Zahlungsreihen bezeichnet, sodass
auch Kreditaufnahmen mit späteren Rückzahlungen als Investition (i. w. S.) in
einem einheitlichen Rahmen quantitativ behandelt werden können.

Vorteilhaftigkeit einer Einzelinvestition


Die Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung ermitteln Kennzahlen zur
Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von Investitionen. Charakteristisch für dynami-
sche Investitionsrechnungsmethoden ist, dass die Zahlungen der unterschiedlichen
Zeitpunkte auf einen Vergleichszeitpunkt ab- bzw. aufgezinst werden. Dazu wer-
den ein vollkommener Kapitalmarkt und sichere Erwartungen unterstellt. Am
bekanntesten ist die Kapitalwertmethode.
• Der Kapitalwert einer Zahlungsreihe ist der Wert, der sich durch Abzinsung
aller Zahlungen auf den Zeitpunkt 0 ergibt. Wird von einem konstanten, perio-
denbezogenen, einheitlichen Kalkulationszinssatz i ausgegangen, errechnet
sich der Kapitalwert einer Zahlungsreihe zu
142 Anwendungen linearer Optimierung

T
C0 = ∑ zt (1 + i ) .
−t
(4.3.1)
t =0

Es wird unterstellt, dass Überschüsse zum Zinssatz i angelegt bzw. Kredite


zum selben Zinssatz aufgenommen werden können. Eine einzelne Investition ist
vorteilhaft, genau dann wenn der Kapitalwert positiv ist.

Beispiel Investition I1
Es besteht die Möglichkeit, eine Maschine zum Preis von 2.100 GE zu beschaffen.
Diese kann drei Jahre zur Produktion eingesetzt werden, um Einzahlungsüber-
schüsse von jeweils 1.000 GE pro Jahr zu erzielen. Am Ende des dritten Jahres
wird die Maschine zum Preis von 30 GE abgegeben. Ist diese Investition vorteil-
haft? Die Zahlungsreihe dieser Investition lautet:

Investition I1 t=0 t=1 t=2 t=3

Zahlungsreihe -2.100 1.000 1.000 1.030

Der Kapitalwert beträgt bei einem Kalkulationszinssatz von 10 %:


−1 −2 −3
C0 ( I1 ) = −2.100 + 1.000 ⋅ (1,1) + 1.000 ⋅ (1,1) + 1.030 ⋅ (1,1) = 409,39

Damit ist die Investition vorteilhaft, die Maschine sollte also beschafft werden.
Der Kapitalwert entspricht dem Vermögenszuwachs zum Zeitpunkt null, der durch
die Ergänzungsinvestitionen und Finanzierungen, die in beliebiger Höhe zum
Kalkulationszinssatz durchführbar sind, aufgrund der zu beurteilenden Investition
erreicht werden kann.

Beispiel Kapitalwert von I1


Wenn in einem Jahr ein Mittelzufluss von 1.000 GE erfolgt, kann heute ein Kredit
in Höhe von 1.000 ⋅1,1−1 = 909, 09 GE aufgenommen werden, der dann einschließ-
lich Zinsen von 10 % in einem Jahr zurückgezahlt werden kann. Entsprechend
lassen sich auch für die späteren Einzahlungen heute Finanzierungsmaßnahmen
durchführen.
Investition und Finanzierung 143

Tabelle 4.4. Ergänzungsinvestitionen I1

Investition I1 t =0 t =1 t=2 t =3

Zahlungsreihe -2.100 1.000 1.000 1.030


Ergänzungsinvestition 909,09 -1.000

Ergänzungsinvestition 826,45 -1.000

Ergänzungsinvestition 773,83 -1.030

409,39 0 0 0

• Ähnlich wird der Barwert Ct einer Investition zu einem beliebigen Zeitpunkt t


ermittelt, indem alle Zahlungen auf diesen Zeitpunkt auf- bzw. abgezinst wer-
den. Der Kapitalwert ist der Barwert zum Zeitpunkt t = 0 . Eine Einzelinvestiti-
on ist vorteilhaft, wenn ihr Barwert positiv ist.
• Hervorzuheben ist auch der Endwert CT , also der Barwert zum Zeit-
punkt t = T , dem Ende des Planungszeitraums.
T
CT = ∑ zt (1 + i )
T −t
(4.3.2)
t =0

Der Endwert des gerade beschriebenen Investitionsprojektes beträgt


544,90 GE. Der Barwert zum Zeitpunkt t = 0 kann aufgefasst werden als Vermö-
genszuwachs zum Zeitpunkt t = 0 , der Kapitalwert also als Vermögenszuwachs
zum Beginn des Investitionsprojektes, der Endwert zum Ende des Projektes.
• Eine weitere bekannte Kennzahl ist die Annuität, bei der ein über die Projekt-
laufzeit gleichmäßiger Vermögenszuwachs als Zahlungsreihe abgebildet wird,
deren Kapitalwert mit dem des Projektes übereinstimmt. Für die Annuität g gilt
also
T T
∑ g (1 + i )
−t
= ∑ zt (1 + i )
−t
= C0 . (4.3.3)
t =1 t =0

Eine Einzelinvestition ist vorteilhaft, falls die Annuität positiv ist. Errechnet
werden kann die Annuität bei einheitlichem Kalkulationszinssatz durch Multipli-
kation des Kapitalwerts mit dem Wiedergewinnungs- oder Annuitätenfaktor:

g = C0 ⋅
(1+ i) ⋅i
T

(4.3.4)
(1 + i )T − 1
Die Annuität der Investition I1 beträgt 164,62 GE.
144 Anwendungen linearer Optimierung

Kann von einem einheitlichen Kalkulationszins ausgegangen werden, lassen


sich Kapitalwert, Endwert und Annuität durch Multiplikation mit positiven Fakto-
ren auseinander berechnen.

C0 ⋅ (1 + i ) = CT
T
(4.3.5)

Damit führt bei einheitlichem Kalkulationszins jede der drei Kennzahlen zu


derselben Entscheidung hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit einer Investition.

Vergleich einander ausschließender Investitionsprojekte


Werden mehrere einander ausschließende Investitionsprojekte miteinander vergli-
chen, ist darauf zu achten, dass jeweils die gleiche Laufzeit der Berechnung zu
Grunde gelegt wird, also ggf. von der längsten Projektlaufzeit ausgegangen wird.
Auch hier wird zunächst ein einheitlicher Kalkulationszins vorausgesetzt. Ein
Investitionsprojekt A ist dem Projekt B vorzuziehen, falls der Kapitalwert von A
größer ist als der von B bzw. gleiches für den Barwert oder die Annuität gilt. Bei
einheitlichem Kalkulationszinssatz führen auch hier Kapitalwert, Endwert, Bar-
wert zu einem beliebigen Zeitpunkt t und Annuität stets zu derselben Vorteilhaf-
tigkeitsaussage.

Beispiel Investition I 2
Eine alternative Investitionsmöglichkeit I 2 besteht in der Beschaffung der Ma-
schine M2 mit gleichem Preis von 2.100 GE, die wesentlich mehr pro Zeiteinheit
produzieren kann, jedoch sehr schnell verschleißt. Nach einem Jahr werden Ein-
zahlungsüberschüsse von 3.000 GE erzielt, jedoch fallen aufgrund umfangreicher
Reparaturmaßnahmen am Ende des zweiten Jahres Auszahlungsüberschüsse von
960 GE an, im dritten Jahr betragen die Einzahlungsüberschüsse 800 GE. Ist In-
vestition I 2 gegenüber der vorherigen Investition I1 vorzuziehen?

Investition I 2 t=0 t =1 t=2 t =3

Zahlungsreihe -2.100 3.000 -960 800

Die Kennzahlen zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit von I 2 lauten:


Kapitalwert C0 ( I 2 ) = 434,94
Endwert C3 ( I 2 ) = 578,90
Annuität g ( I 2 ) = 174,90

Da jede der Kennzahlen der Investition I 2 besser ist als die der Investition I1 ,
ist Alternative I2 vorzuziehen. Wie erwartet, ist das Ergebnis unabhängig von der
gewählten Kennzahl.
Investition und Finanzierung 145

Stimmen Soll- und Habenzins nicht überein, wird also von einem unvollkom-
menen Kapitalmarkt ausgegangen, können aufgrund der dann notwendigen fein
abzustimmenden Ergänzungsinvestitionen und Finanzierungen die verschiedenen
Kennzahlen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dann muss der Entschei-
dungsträger zunächst seine Präferenz hinsichtlich der Entnahmezeitpunkte ermit-
teln, bevor er sich für eine Investitionsalternative entscheiden kann.

Beispiel Investitionen mit abweichendem Soll- und Habenzins


Es wird nun davon ausgegangen, dass für den Entscheidungsträger ein Sollzins-
satz von 10 % und ein Habenzinssatz von 5 % relevant sind. Ergänzungsinvesti-
tionen und Finanzierungen zur Ermittlung des Kapitalwerts, d. h. des Vermögens-
zuwachses zum Zeitpunkt t = 0, bei Durchführung der Investition I 2 sind dann
wie folgt zu gestalten:

Tabelle 4.5. Ergänzungsinvestitionen I 2

Investition I 2 t=0 t =1 t=2 t =3

Zahlungsreihe -2.100,00 3.000,00 -960,00 800,00


Ergänzungs- 800,00 ⋅ 1,1-1 -800,00
finanzierung
= 727,27

Ergänzungs- -232,73 ⋅ 1,05-1 +232,73


investition
= -221,65

Ergänzungs- 2.778,35 ⋅ 1,1-1 -2.778,35


finanzierung
= 2.525,78

425,78 0,00 0,00 0,00

Damit weicht der unter den geänderten Voraussetzungen ermittelte Kapitalwert


von dem früheren Ergebnis ab. Entsprechend wird der Endwert ermittelt. Die
Bestimmung der Annuität ist durch Lösung geeigneter Gleichungssysteme mög-
lich. Zusätzlich wird noch eine Investition im weiteren Sinne I 3 betrachtet, die
mit einer Einzahlung beginnt. Diese Zahlungsreihe kann aus dem Einsatz einer
geleasten Maschine resultieren, für die neben regelmäßigen Zahlungen eine höhe-
re Abschlusszahlung erfolgt und die während ihrer produktiven Nutzung zu Ein-
zahlungsüberschüssen führt. Das Beispiel zeigt, dass je nach Wahl der Kennzahl
jede der drei Alternativen gegenüber den anderen beiden vorzuziehen ist.
146 Anwendungen linearer Optimierung

Tabelle 4.6. Zahlungsreihen der Investitionen I1 bis I 3

Zahlungsreihen t =0 t =1 t=2 t =3

Investition I1 -2.100 1.000 1.000 1.030


Investition I 2 -2.100 3.000 -960 800

Investition I 3 1.000 1.000 1.000 -2.800

Die Kennzahlen zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit sind in Tabelle 4.7 zu-
sammengestellt.

Tabelle 4.7. Kennzahlen bei unterschiedlichem Soll- und Habenzins

Investitionen Kapitalwert C0 Endwert C3 Annuität g

I1 409,39 544,90 164,62

I2 425,78 540,95 166,19

I3 440,67 510,13 161,82

Dieses Beispiel zeigt, dass bei voneinander abweichendem Soll- und Habenzins
die Vorteilhaftigkeit verschiedener Investitionsalternativen von der gewählten
Kennzahl abhängt, zwischen denen ein Zielkonflikt auftritt. Daher ist es erforder-
lich, zur Ermittlung der optimalen Alternative zusätzlich Präferenzinformationen
des Entscheidungsträgers zu berücksichtigen. Ist er in diesem Fall an einer regel-
mäßigen Ausschüttung interessiert, entspricht die Annuität seinen Zielvorstellun-
gen. Die optimale Alternative mit der höchsten Annuität ist I2. Strebt der Ent-
scheidungsträger eine maximale Endausschüttung an, ist die für ihn optimale
Alternative I1 mit maximalem Endwert.
Auch die Vorteilhaftigkeit einer einzelnen Investition kann bei differierendem
Soll- und Habenzins von dem gewählten Kriterium, also der Zeitpräferenz, abhän-
gig sein. Unternehmen umgehen bei der Beurteilung ihrer Investitionsvorhaben
dieses Problem häufig dadurch, dass sie davon ausgehen, dass innerhalb eines
Unternehmens eine bestimmte Rentabilität erzielt wird, die den Kalkulationszins
bestimmt und damit Soll- und Habenzins ggf. über Opportunitätsbetrachtungen
übereinstimmen. Ist über konkrete Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten
mit unterschiedlichen Konditionen zu entscheiden, ist eine differenzierte Betrach-
tung erforderlich, die die Zeitpräferenz berücksichtigen sollte.
Investition und Finanzierung 147

4.3.2 Simultane Investitions- und Finanzierungsplanung

Soll nicht nur über einzelne, einander ausschließende Investitionsalternativen


entschieden werden, sondern sind Kombinationen möglich, stehen verschiedene
Finanzierungsalternativen zur Verfügung, sind unterschiedliche Investitionsbeträ-
ge zu beachten und ist ein knappes Budget gegeben, dann ist das gesamte Pro-
gramm zu optimieren und die Abhängigkeitsbeziehungen sind simultan zu berück-
sichtigen. In derartigen Situationen ist häufig eine Modellierung mittels eines
linearen Optimierungsansatzes möglich, die die vollständige Alternativenmenge
implizit erfasst, sodass die optimale Alternative mit Rechnerunterstützung effi-
zient ermittelt werden kann.

Beispiel Investitions- und Finanzierungsoptimierung


Sie verfügen über 5.000 € auf Ihrem Girokonto. Dort erhalten Sie keine Zinsen,
können jedoch Sparbriefe mit einer Verzinsung von 2 % mit jährlicher Laufzeit
oder mit einer jährlichen Verzinsung von 3 % bei einer zweijährigen Laufzeit
erwerben. Außerdem steht Ihnen in jedem Jahr ein Kredit mit Tilgung und Zins-
zahlung nach einem Jahr zu einem Zinssatz von 3 % zur Verfügung, jedoch höchs-
tens über jeweils 2.500 €. Außerdem bekommen Sie in zwei Jahren 2.000 € von
Ihren Großeltern. Sie erwägen, in zwei Jahren eine große Reise zu unternehmen
und wollen dann einen möglichst hohen Betrag zur Verfügung haben. Welches
Investitions- und Finanzierungsprogramm sollten Sie durchführen, um Ihre Rei-
semittel zu optimieren?

Tabelle 4.8. Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten

Variablen x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7
Bar Bar Spar Spar Spar Kredit Kredit
Zeitpunkte 1. Jahr 2. Jahr 1. Jahr 2. Jahr 2 Jahre 1. Jahr 2. Jahr

t=0 -1 -1 -1 1
t=1 1 -1 1,02 -1 0,03 -1,03 1

t=2 1 1,02 1,03 -1,03

In einem ersten Schritt werden sämtliche Investitions- und Finanzierungsmög-


lichkeiten wie in Tabelle 4.8 zusammengestellt und die Zahlungsreihen angege-
ben. Die hier betrachteten Investitionen sind sämtlich Finanzinvestitionen. Für
jede Möglichkeit wird eine Variable gewählt, die die dort festzulegenden Mittel
erfasst. Im Beispiel wurde jeweils als Einheit ein Euro gewählt, sodass z. B. die
5. Spalte die Zahlungsreihe für die Anlage eines Euro im zweijährigen Sparbrief
148 Anwendungen linearer Optimierung

mit einer Zinseinzahlung von 3 Cent zum Zeitpunkt 1 und Rückzahlung mit Zins
von 1,03 Euro beschreibt.
Aufgrund des geplanten Urlaubs ist Ihr Ziel die Endvermögensmaximierung.
Für jedes Jahr ist das finanzielle Gleichgewicht sicherzustellen, d. h., es kann nur
so viel investiert werden, wie unter Berücksichtigung von verfügbaren Mitteln und
aufgenommenem Kredit vorhanden ist. Außerdem ist die Kreditaufnahme be-
grenzt. In diesem Beispiel erscheint offensichtlich, dass die einzige interessante
Anlagemöglichkeit der Sparbrief mit einer zweijährigen Laufzeit ist. Daher wird
der Gesamtbetrag von 5.000 € entsprechend investiert: x5 = 5.000 . Die Variablen
x1 , x3 und x6 werden gleich null gewählt. Dann ist im Zeitpunkt null das finan-
zielle Gleichgewicht sichergestellt:
−1 ⋅ 0 − 1 ⋅ 0 − 1 ⋅ 5.000 + 1 ⋅ 0 + 5.000 ≥ 0
⇔ 1 ⋅ 0 + 1 ⋅ 0 + 1 ⋅ 5.000 − 1 ⋅ 0 ≤ 5.000
als Konkretisierung von:
1 ⋅ x1 + 1 ⋅ x3 + 1 ⋅ x5 − 1 ⋅ x6 ≤ 5.000

Nach einem Jahr werden Zinsen in Höhe von 0, 03 ⋅ 5.000 = 150 ausgeschüttet.
Diese werden möglichst günstig, d. h. in einem einjährigen Sparbrief, angelegt.
Das finanzielle Gleichgewicht zum Zeitpunkt 1 ist dann ebenfalls sichergestellt:
−1 ⋅ 0 + 1 ⋅ 0 − 1, 02 ⋅ 0 + 1 ⋅150 − 0, 03 ⋅ 5.000 + 1, 03 ⋅ 0 − 1 ⋅ 0 ≤ 0
als Konkretisierung von:
−1 ⋅ x1 + 1 ⋅ x2 − 1, 02 ⋅ x3 + 1 ⋅ x4 − 0, 03 ⋅ x5 + 1, 03 ⋅ x6 − 1 ⋅ x7 ≤ 0

Zum Zeitpunkt 2 werden dann beide Sparbriefe ausgezahlt, der Gesamtbetrag


kann entnommen werden und das finanzielle Gleichgewicht bleibt gewahrt.
−1 ⋅ 0 − 1, 02 ⋅150 − 1, 03 ⋅ 5.000 + 1, 03 ⋅ 0 + 5.303 ≤ 0
Zusätzlich stehen im Zeitpunkt t = 2 noch die 2.000 € der Großeltern zur Ver-
fügung, sodass die Restriktion für das finanzielle Gleichgewicht lautet:
−1 ⋅ 0 − 1, 02 ⋅150 − 1, 03 ⋅ 5.000 + 1, 03 ⋅ 0 + 7.303 ≤ 2.000
Mit Variabler x8 als zu entnehmendem Vermögen in Zeitpunkt t = 2 also all-
gemein:
−1 ⋅ x2 − 1, 02 ⋅ x4 − 1, 03 ⋅ x5 + 1, 03 ⋅ x7 + x8 ≤ 2.000

Damit ist das ermittelte Endvermögen 7.303 €, welches für die Reise nach 2 Jah-
ren zur Verfügung steht. Nicht unmittelbar erkennbar ist, dass es noch günstiger
wäre, die Zinsen, die man im Zeitpunkt 1 aus dem zweijährigen Sparbrief erhält,
zur Rückzahlung eines einjährigen Kredits zu verwenden, der im Zeitpunkt 0
aufgenommen wird. Durch diesen Kredit kann ein noch höherer Betrag für zwei
Jahre angelegt werden. Die optimale Lösung erhalten Sie, wenn Sie das folgende
lineare Optimierungsmodell lösen:
Investition und Finanzierung 149

max x8
s.d. x1 + x3 + x5 − x6 ≤ 5.000
− x1 + x2 − 1,02 x3 + x4 − 0,03 x5 + 1,03 x6 − x7 ≤ 0
− x2 − 1,02 x4 − 1,03 x5 + 1,03 x7 + x8 ≤ 2.000 (4.3.6)
x6 ≤ 2.500
x7 ≤ 2.500
xi ≥ 0 i = 1,...,7

Die Zielfunktion maximiert den Endwert, der zum Zeitpunkt 2 entnommen


wird. Die ersten drei Restriktionen sichern das finanzielle Gleichgewicht zu jedem
Betrachtungszeitpunkt. Die nächsten beiden Restriktionen sind die oberen Schran-
ken der Kreditaufnahmemöglichkeit. Die Eingabe des Modells in ClipMOPS®
einschließlich optimaler Lösung ist Abb. 4.8 zu entnehmen, wobei die oberen
Schranken der Variablen x6 und x7 in Zeile UB festgelegt und nicht als zusätzli-
che Restriktionen formuliert werden. Die Variable x8 , die den erzielbaren End-
wert modelliert, muss nicht auf Werte größer oder gleich null beschränkt werden.
Zur Vereinfachung der Rechnung und der Eingabe kann jedoch die Nichtnegativi-
tätsbedingung gefordert werden, da aufgrund der Modellstruktur, insbesondere der
konkreten Werte der rechten Seite, der optimale Endwert dieses Beispiels positiv
ist. Im ClipMOPS Modell wird durch die freien Plätze bei LB für alle Variablen
standardmäßig die Nichtnegativitätsbedingung gefordert.

Optima x1 x2 x3 x4 x5 x6 x7 x8 TYP RHS


MAX 0 0 0 0 0 0 0 1
LB
UB INF INF INF INF INF 2500 2500 INF
TYP CON CON CON CON CON CON CON CON
Zeitpunkt 0 1 0 1 0 1 -1 0 0 <= 5000
Zeitpunkt 1 -1 1 -1,02 1 -0,03 1,03 -1 0 <= 0
Zeitpunkt 2 0 -1 0 -1,02 -1,03 0 1,03 1 <= 2000

Activity 5150 150 7304,50 7304,50

Abb. 4.8. Optimales Investitions- und Finanzierungsprogramm


150 Anwendungen linearer Optimierung

Es ist optimal, 5.150 EUR für den zweijährigen Sparbrief vorzusehen. Die Zin-
sen in Höhe von 154,50 EUR reichen aus, den einjährigen Kredit zum Zeitpunkt 1
über 150 EUR nebst Zinsen zu tilgen. Das optimale Endvermögen beträgt
7.304,50 EUR.
Für Sie könnte auch interessant sein, nach dem 1. und nach dem 2. Jahr eine
Reise zu unternehmen, für die Sie jeweils gleich viele Mittel einsetzen möchten.
Wie sollten Ihre Investitions- und Finanzierungsmaßnahmen dann optimal gestal-
tet werden?
Zur Beantwortung dieser Frage stellen Sie ein modifiziertes lineares Optimie-
rungsmodell auf. Die Variablen entsprechen den jeweiligen anzulegenden bzw.
aufzunehmenden Beträgen, die Variable x8 wird für den gleich hohen, nach einem
bzw. nach 2 Jahren zu entnehmenden Betrag verwendet, der zu maximieren ist.
Für jeden Zeitpunkt ist das finanzielle Gleichgewicht sicherzustellen. Die Variable
x8 kann wiederum mit oder ohne Nichtnegativitätsbedingung berücksichtigt wer-
den.
max x8
s.d . x1 + x3 + x5 − x6 ≤ 5.000
− x1 + x2 −1, 02 x3 + x4 − 0, 03 x5 +1, 03 x6 − x7 + x8 ≤ 0
− x2 − 1, 02 x4 −1, 03 x5 + 1, 03 x7 + x8 ≤ 2.000 (4.3.7)
x6 ≤ 2.500
x7 ≤ 2.500
xi ≥ 0 i = 1,...,8

Die optimale Lösung dieses Modells ergibt: Wenn Sie heute 952,97 € in den
einjährigen Sparbrief und 4.047,03 GE in den zweijährigen Sparbrief investieren
und außerdem nach einem Jahr einen Kredit von 2.500 € aufnehmen, können Sie
nach einem und nach zwei Jahren über jeweils 3.593,44 € verfügen.
Hinweis: Im Beispiel tritt die Situation ein, dass die Alternative, Barbestände
zu halten, modelliert mit x1 und x2 , nicht im Modell berücksichtigt werden muss,
da stets eine bessere Möglichkeit der Übertragung von Mitteln von einer in die
nächste Periode, nämlich der einjährige Sparbrief, existiert. Andernfalls sind der-
artige Variablen für die etwaige Übertragung von Kassenbeständen aufzunehmen,
um eine angemessene Modellierung sicherzustellen.

Beispiel Optima Investitions- und Finanzierungsprogramm


Die Unternehmung Optima kennt ihre zu- und abfließenden finanziellen Mittel
und strebt eine möglichst vorteilhafte, sichere Anlage an. Aufgrund der spezifi-
schen Situation soll das zum Ende des zweijährigen Planungszeitraums verfügbare
Vermögen möglichst hoch sein. Das finanzielle Gleichgewicht ist für jeden Zeit-
punkt sicherzustellen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Mittelzu- und
Investition und Finanzierung 151

-abflüsse nur zu Beginn eines Jahres auftreten und Investitions- und Finanzie-
rungsmaßnahmen nur zu diesen Zeitpunkten durchgeführt werden.
Der aktuelle Kassenbestand beträgt 10 GE. Für eine neue Maschine sind direkt
60 GE zu zahlen. Aus Verkäufen resultiert zu Beginn des 2. Jahres eine Einzah-
lung von 60 GE und zu Beginn des 3. Jahres von weiteren 20 GE.
Optima kann in jedem Jahr Finanzinvestitionen über ein Jahr in beliebiger Hö-
he tätigen, für die ein Zinssatz von 3 % gezahlt wird. Weiter besteht die Möglich-
keit, einen Kredit mit einer Laufzeit von einem Jahr und Zinsen von 10 % sofort
oder später aufzunehmen. Außerdem kann ein Kredit mit zweijähriger Laufzeit
vereinbart werden, für den nach einem Jahr Zinsen von 5 % fällig werden und
nach zwei Jahren die Rückzahlung zuzüglich 5 % Zinsen erfolgen muss. Empfeh-
len Sie Optima eine optimale Kombination von Investitions- und Finanzierungs-
maßnahmen.
Zur Lösung dieses Entscheidungsproblems sind zunächst die vorhandenen In-
formationen sowie die Entscheidungssituation zu strukturieren. Die zu den drei
Zeitpunkten verfügbaren Mittel sind in Tabelle 4.9 zusammen gestellt.

Tabelle 4.9. Verfügbare Mittel Optima

t=0 t =1 t=2

Zahlungsein-/-ausgang -60 60 20
Barvermögen 10

-50 60 20

Zur Aufstellung des linearen Optimierungsmodells sind zunächst Variable, Ziel


und Restriktionen festzulegen.
Zielvorstellung: Maximierung des Endvermögens
Restriktionen: Einhaltung des finanziellen Gleichgewichts in
jedem Zeitpunkt unter simultaner Berücksichtigung
aller Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten
Handlungsalternativen: Kombination von Investitions- und Finanzie-
rungsmöglichkeiten
Entscheidungsvariable: INV1, INV2, FIN1, FIN2, FIN3 müssen alle die
Nichtnegativitätsbedingung erfüllen
Für jede Investitions- und Finanzierungsalternative wird bezogen auf die ge-
wählte Einheit, hier ein Euro, die Zahlungsreihe erfasst.
152 Anwendungen linearer Optimierung

Tabelle 4.10. Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten Optima

Alternativen INV1 INV2 FIN1 FIN2 FIN3

Zeitpunkte

t=0 -1 1 1
t =1 1,03 -1 -1,10 1 -0,05

t=2 1,03 -1,10 -1,05

Für jeden der drei Zeitpunkte ist das finanzielle Gleichgewicht sicherzustellen,
z. B. mit
− INV1 + FIN1 + FIN3 − 50 ≥ 0 ⇔ INV1 − FIN1 − FIN3 ≤ −50

Das lineare Optimierungsmodell kann dann entsprechend aufgestellt werden.


Aus Gründen der Systematik wird hier bei der ersten Modellformulierung auf der
rechten Seite immer der verfügbare Betrag angegeben, Zahlungsverpflichtungen
besitzen daher negatives Vorzeichen. Auf der linken Seite werden stets die Aus-
zahlungen mit positivem Vorzeichen erfasst, sodass eine einfache Restriktion stets
zu interpretieren ist als: Die Auszahlungen müssen kleiner oder gleich dem ver-
fügbaren Budget sein. Einzahlungen erhalten konsequenterweise ein negatives
Vorzeichen, da sie die Auszahlungen reduzieren. Die „Produktionskoeffizienten“
entsprechen damit den mit (-1) multiplizierten Werten der Zahlungsreihen.

max ENDV (4.3.8)


s.d . INV1 − FIN1 − FIN 3 ≤ −50
− 1, 03 INV1 + INV2 + 1,10 FIN1 − FIN 2 + 0, 05 FIN 3 ≤ 60
−1, 03INV2 +1,10 FIN 2 +1, 05 FIN 3 + ENDV ≤ 20
INV1 , INV2 , FIN1 , FIN 2 , FIN 3 , ENDV ≥ 0

Der Einfachheit halber wird die Variable ENDV ebenfalls ≥ 0 gesetzt. Sollte
wider Erwarten kein positives Endvermögen erzielbar sein, resultiert ein leerer
Zulässigkeitsbereich, d. h., es kann keine zulässige Lösung gefunden werden.
Wäre das Ergebnis dennoch von Interesse, wäre eine entsprechende Neuberech-
nung mit einer unbeschränkten bzw. negativen Variablen ENDV erforderlich.
Um eine kanonische Ausgangsform zu erhalten, wird durch Multiplikation der
ersten Restriktion mit ( −1) und Ergänzung um Schlupf- und Hilfsvariablen das
zugehörige Hilfsmodell formuliert. M kann in diesem Beispiel gleich 1.000 gesetzt
werden, da 1.000 hier ausreichend groß ist.
Investition und Finanzierung 153

max ENDV − 1.000 h (4.3.9)


s.d .− INV1 + FIN1 + FIN3 − s1 + h = 50
− 1, 03 INV1 + INV2 + 1,10 FIN1 − FIN 2 + 0,05FIN3 + s2 = 60
− 1, 03 INV2 + 1,10 FIN 2 + 1, 05 FIN3 + ENDV + s3 = 20
INV1 , INV2 , FIN1 , FIN 2 , FIN3 , ENDV , h, s1 , s2 , s3 ≥ 0

Die Anwendung des Simplexalgorithmus liefert das folgende optimale End-


tableau.

0 0 0 0 0 1 0 -1000 0 0

INV1 INV2 FIN1 FIN2 FIN3 ENDV s1 h s2 s3 RS

0 FIN3 -1 0 1 0 1 0 -1 1 0 0 50

0 INV2 -0,98 1 1,05 -1 0 0 0,05 -0,05 1 0 57,5

1 ENDV 0,04 0 0,03 0,07 0 1 1,10 -1,10 1,03 1 26,73

Δz 0,04 0 0,03 0,07 0 0 1,10 998,90 1,03 1 26,73

Abb. 4.9. Optimales Endtableau Investition und Finanzierung (gerundet)

Die optimale Lösung kann diesem Endtableau entnommen werden. Optimal


sollte folglich zum Zeitpunkt 0 ein Kredit über 50 GE mit zweijähriger Laufzeit
aufgenommen werden. Zum Zeitpunkt 1 werden für diesen Kredit Zinsen in Höhe
von 2,5 GE gezahlt und 57,5 GE verzinslich für ein Jahr angelegt. Nach 2 Jahren
stehen dann 26,73 GE zur Verfügung.
Auf die Variable s3 könnte verzichtet werden, da ENDV so groß wie möglich
wird und somit in der optimalen Lösung s3 = 0 ist. Eine Ausgangseinheitsmatrix
liegt mit dem Einheitsvektor zu ENDV auch ohne s3 bereits vor.

Mittels Sensitivitätsanalyse lassen sich weitere Aussagen ableiten: Welche


Auswirkungen haben Änderungen des Zahlungseingangs zum Zeitpunkt 1 auf die
Lösung?

⎛ 1 0 0 ⎞⎛ 50 ⎞ ⎛ 50 ⎞ ⎛ 0 ⎞
−1
′ ⎜ ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
B b = ⎜ −0, 05 1 0 ⎟⎜ 60 + λ ⎟ = ⎜ 57,5 ⎟ + ⎜ λ ⎟
⎜ −1,10 1, 03 1 ⎟⎜ 20 ⎟ ⎜ 26,8 ⎟ ⎜1, 03λ ⎟
⎝ ⎠⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

Die Abweichung in der manuellen Berechnung des Wertes 26,8 von dem Wert
26,73 im Tableau ist auf das Runden zurückzuführen. In einer Realsituation ist
möglichst genau zu rechnen. Zum Zeitpunkt 0 ändert sich nichts. Zum Zeitpunkt 1
sollte entsprechend der Mehr- bzw. Mindereinnahmen mehr oder weniger festver-
zinslich angelegt werden. Zum Zeitpunkt 2 erhöht bzw. verringert sich der verfüg-
154 Anwendungen linearer Optimierung

bare Endbetrag bei positivem λ um 1, 03 λ . Dies gilt für alle λ , für die B −1 b ′ ≥ 0
ist, also λ ≥ −57,5 und insbesondere

26,8
λ≥− ≈ −26, 02 .
1, 03

Solange die Einzahlungen zum Zeitpunkt 1 also mindestens den Betrag von
33,98 (= 60 – 26,02) GE erreichen, ändert sich die Anlagestrategie nicht. Interes-
siert nur die Änderung des Zielfunktionswerts bei marginaler Änderung der rech-
ten Seite, so ist diese direkt der Δz -Zeile des optimalen Endtableaus zu entneh-
men. s2 ist die Schlupfvariable der zweiten Restriktion zur Beschreibung des
finanziellen Gleichgewichts zum Zeitpunkt 1. Eine marginale Erhöhung der Ein-
zahlung zum Zeitpunkt 1 führt damit zu einer Erhöhung der Zielfunktion um
Δz ( s2 ) = 1, 03 je Einheit.

Einführungen in die Investition und Finanzierung enthalten i. d. R. Darstellun-


gen von Kapitalwert, Barwert und Annuität wie beispielsweise Breuer (2007);
Busse von Colbe/Laßmann (1994); Schmidt/Terberger (2006). Auf die Ansätze
der linearen Programmierung wird häufig kurz eingegangen (z. B. Breuer 2007).
Da effiziente Software zur Lösung linearer Optimierungsmodellen verfügbar ist,
sind derartige Modelle besonders für die kurzfristige Finanzplanung im Einsatz,
wo regelmäßig, etwa täglich, große Beträge anhand aktueller Daten zu disponieren
sind. Bei längerfristigen Betrachtungen liegt dagegen meist keine ausreichende
Sicherheit über zukünftige Entwicklungen vor, sodass dort andere Optimierungs-
modelle eingesetzt werden, die die Unsicherheit angemessen berücksichtigen
(z. B. Blohm et al. 2006).

4.3.3 Aufgaben

Aufgabe 4.3.1
Aus einer Ausbildungsversicherung, die Ihre Eltern für Sie abgeschlossen haben,
verfügen Sie über 7.500 € auf Ihrem Girokonto, für das Sie keine Zinsen erhalten.
Beliebige Beträge können Sie bei Ihrer Hausbank fest anlegen. Mit einer Laufzeit
von einem Jahr erzielen Sie eine Verzinsung von 2 %, mit einer Laufzeit von zwei
Jahren eine am Jahresende ausgezahlte, jährliche Verzinsung von 3 %. Auf Grund
eines regelmäßigen Einkommens aus Ihrer Tätigkeit als studentische Hilfskraft an
der Universität ist Ihre Hausbank bereit, Ihnen in jedem Jahr einen Kredit mit
Tilgung und Zinszahlung nach einem Jahr in Höhe von maximal 2.500 € zu ge-
währen. Der Zinssatz für diesen Kredit beträgt 4,5 %.
a) Stellen Sie die Zahlungsreihen für den zweijährigen Planungshorizont tabella-
risch auf.
Investition und Finanzierung 155

b) Sie planen, nach zwei Jahren einen Sprachkurs in New York mit anschließen-
dem Urlaub durchzuführen. Wie lautet ein lineares Modell, welches Ihr Endver-
mögen unter Berücksichtigung obiger Möglichkeiten nach zwei Jahren maximiert?
c) Sie überlegen abweichend von Teilaufgabe b) den Sprachkurs bereits nach
einem Jahr zu besuchen und veranschlagen dafür 4000 €. In zwei Jahren möchten
Sie von zu Hause ausziehen und zu diesem Termin über möglichst hohe finanziel-
le Mittel verfügen. Wie ist das Modell aus Teilaufgabe b) geeignet zu modifizie-
ren?
d) Wie ändert sich das Modell aus Teilaufgabe b), wenn Sie für Ihre neue Woh-
nung nach zwei Jahren doppelt so viel Geld zur Verfügung haben möchten wie für
einen ggf. kleineren Sprachkurs, den Sie nach einem Jahr durchführen wollen?

Aufgabe 4.3.2
Zum Beginn Ihres Studiums schenkt Ihnen Ihre Tante 7.500 €. Da Sie das Geld
zurzeit nicht benötigen, denken Sie über eine Anlage bis zum geplanten Abschluss
in drei Jahren nach. Als Anlagemöglichkeit steht eine Unternehmensanleihe zur
Verfügung. Diese wird im ersten Jahr mit acht Prozent und im zweiten und dritten
Jahr mit je vier Prozent verzinst. Außerdem bietet Ihre Hausbank ein Festgeldkon-
to mit einjähriger Laufzeit und drei Prozent Zinsen an. Kredite mit einjähriger
Laufzeit werden Ihnen mit fünf Prozent Zinsen bis zu einer Höhe von 10.000 €
angeboten. Zudem vertraut ein Verwandter auf Ihre Sachkenntnis in Sachen Geld-
anlage und stellt Ihnen maximal 3.000 € zur Verfügung, die er in drei Jahren mit
einmalig zehn Prozent Zinsen zurückfordert. Zur Maximierung Ihres Vermögens
in drei Jahren stellen Sie das folgende lineare Optimierungsmodell auf:
max x9
s.d . x1 + x2 − x5 − x8 ≤ 7500
− 0, 08 x1 −1, 03 x2 + x3 +1, 05 x5 − x6 ≤ 0
− 0, 04 x1 −1, 03 x3 + x4 +1, 05 x6 − x7 ≤ 0
− 1, 04 x1 −1, 03 x4 +1, 05 x7 +1,1 x8 + x9 ≤ 0
x5 ≤ 10000
x6 ≤ 10000
x7 ≤ 10000
x8 ≤ 3000
x1 , x2 , x3 , x4 , x5 , x6 , x7 , x8 , x9 ≥ 0

x9 kann durch null nach unten beschränkt, also bei den Nichtnegativitätsbedin-
gungen aufgeführt werden. Die Beschränkungen der Variablen x5 bis x8 werden
mittels Bounds formuliert, dann erhalten Sie nach Lösung des Modells mit Clip-
MOPS® folgenden Report:
156 Anwendungen linearer Optimierung

Lösung ZF Wert ZF Richtung


9112,85 MAX

Variablen Name Typ Cost Status Activity reduced Cost


x1 CV 0 BS 20500 0
x2 CV 0 LB 0 -0,034625
x3 CV 0 LB 0 -0,021
x4 CV 0 LB 0 -0,02
x5 CV 0 UB 10000 0,012575
x6 CV 0 BS 8860 0
x7 CV 0 BS 8483 0
x8 CV 0 UB 3000 0,0702
x9 CV 1 BS 9112,85 0

Restriktionen Name Status Activity reduced Cost


Zeitpunkt 0 UB 7500 1,1702
Zeitpunkt 1 UB 0 1,1025
Zeitpunkt 2 UB 0 1,05
Zeitpunkt 3 UB 0 1

Wie lautet die optimale Lösung? Wie hoch ist das Vermögen nach drei Jahren?
Beschreiben Sie ausführlich alle optimalen Transaktionen und die mit jedem Jahr
verbundenen Zinszahlungen. Welche Konsequenzen hat eine Reduktion des Geld-
geschenks um 1 € auf das Endvermögen? Wäre es für Sie vorteilhaft, einen höhe-
ren Betrag für Ihren Verwandten anzulegen?

Aufgabe 4.3.3
Als Finanzverantwortlicher der CashFloh AG sind Sie für die Investitionen ver-
antwortlich. Zur Auswahl stehen derzeit drei Projekte unterschiedlicher Laufzeit,
deren auf 1 € normierte Zahlungsreihen in der Tabelle dargestellt werden. Da die
Durchführung der Projekte von einem Konsortium übernommen wird, können Sie
beliebige Summen investieren.

t Projekt A Projekt B Projekt C


0 -1 -1 -
1 +0,6 -0,225 -
2 +0,75 +0,6 -1
3 +0,75 +0,4
4 +0,375 +0,7
Investition und Finanzierung 157

Zahlungsüberschüsse können jederzeit bei der Hausbank auf dem Girokonto


angelegt werden, wo sie mit 1 % verzinst werden. Ihrem Unternehmen stehen
aktuell liquide Mittel in Höhe von 28 T€ zur Verfügung. Fehlende Finanzmittel
können in t = 0 mit vierjähriger Laufzeit und jährlicher Zinszahlung zu 5 % bis zu
einem Volumen von 10 T€ beschafft werden. Zusätzlich steht in Periode 2 ein
einjähriger Kreditrahmen in Höhe von 3 T€ zu 8 % zur Verfügung. Nachdem Sie
das Problem unter Verwendung von Bounds geeignet formuliert haben, liefert
ClipMOPS® folgenden Report:

Lösung ZF Wert ZF Richtung


46082,2 MAX

Variablen Name Typ Cost Status Activity reduced Cost


Projekt A CV 0 BS 10969,69697 0
Projekt B CV 0 BS 27030,30303 0
Projekt C CV 0 BS 26945,45455 0
Giro 0 CV 0 LB 0 -0,34748
Giro 1 CV 0 LB 0 -0,05696
Giro 2 CV 0 LB 0 -0,0839
Giro 3 CV 0 BS 27310,90909 0
LF-Kredit CV 0 UB 10000 0,3169
KF-Kredit 2 CV 0 UB 3000 0,0132
Endvermögen CV 1 BS 46082,2 0

Restriktionen Name Status Activity reduced Cost


Zeitpunkt 0 UB 28000 1,5312
Zeitpunkt 1 UB 0 1,172
Zeitpunkt 2 UB 0 1,104
Zeitpunkt 3 UB 0 1,01
Zeitpunkt 4 UB 0 1

Die unterschiedlichen Vorzeichen der reduced cost der Variablen sind dadurch zu
begründen, dass diese an ihrer unteren bzw. oberen Grenze sind. Wird eine Geld-
einheit zum Zeitpunkt 0 auf dem Girokonto gehalten, LB, reduziert sich das End-
vermögen um 0,35 Geldeinheiten. Kann der langfristige Kredit um eine Geldein-
heit erhöht werden, UB, erhöht sich das Endvermögen um 0,32 Geldeinheiten.
Werden die Beschränkungen der Variablen durch Restriktionen explizit model-
liert, sind diejenigen, die an der oberen Schranke sind, in Basis mit reduced cost 0.
Die zugehörigen Restriktionen sind bindend und weisen die entsprechenden redu-
ced cost der Variablen mit Bounds auf.
a) Geben Sie die absoluten Zahlungsreihen der drei Projekte aus Sicht Ihres Un-
ternehmens an. Zu welchen Zeitpunkten weist das Girokonto ein Guthaben auf
und wie hoch ist das zum Zeitpunkt 4 verfügbare Endvermögen?
b) Welchen Effekt hat eine Erhöhung des langfristigen Kreditrahmens auf das
Endvermögen? Um wie viel steigt es, wenn stattdessen zum Zeitpunkt 2 weitere
158 Anwendungen linearer Optimierung

Eigenmittel aus anderen Projekten zur Verfügung stehen? Gelten diese Aussagen
für zusätzliche Investitionen in beliebiger Höhe?

4.4 Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen

4.4.1 Revenue Management

Methoden des Operations Research werden sehr vielfältig im Bereich Revenue


Management insbesondere von Fluggesellschaften eingesetzt. Ziel des Revenue
Managements ist die systematische Ausschöpfung der Kenntnis über die unter-
schiedliche Zahlungsbereitschaft der Kunden zur Erreichung möglichst hoher
Erlöse, wobei die Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Nachfragen besondere
Beachtung erfährt. Typische Einsatzbereiche sind Leistungserstellungen mit ho-
hem Fixkosten- und niedrigem variablen Kostenanteil. Dies ist charakteristisch für
das Angebot eines Fluges, für den die einzelnen Passagiere nur geringe variable
Kosten verursachen und eine „Lagerung“ von Fluggelegenheiten nicht möglich ist.
Dann wird eine Erlösmaximierung durch Preisdifferenzierung – tatsächlich Pro-
duktdifferenzierung – angestrebt. Eine Produktdifferenzierung erfolgt durch eine
Beschränkung der Abflugzeiten oder der Umbuchungsmöglichkeiten oder durch
die Festlegung von Vorausbuchungsfristen.
Sind die verschiedenen Produkte und Preise festgelegt, ist jeweils vorab zu ent-
scheiden, welches Sitzplatzkontingent für welches der Produkte bereitgestellt
wird. Voraussetzung für derartige Planungen sind umfangreiche Informationen
und sehr detaillierte Prognosemodelle, über die viele Fluggesellschaften verfügen.
Besonders anspruchsvoll wird diese Fragestellung, wenn nicht nur einzelne Ver-
bindungen, sondern auch Kombinationen von Flügen aufgrund von Umstiegs-
möglichkeiten und dann ein gesamtes Streckennetz berücksichtigt werden.

Beispiel AirOpt AG
Für die AirOpt AG ist eine Ermittlung des optimalen Kontingents von Sitzplatz-
kapazitäten auf dem Flug Düsseldorf über München nach Rom durchzuführen. Es
stehen 320 Plätze zur Verfügung und auf Überbuchung wird verzichtet. Abb. 4.10
zeigt die Preis-Absatzfunktion für den Teilabschnitt Düsseldorf-München mit
Erlösen bei Preisdifferenzierung in zwei Preisklassen. Weiter zu berücksichtigen
sind die Sitzplatzkapazität, die zu einem reduzierten realisierbaren Erlös führt, und
die Nachfrage nach Flügen Düsseldorf-Rom über München.
Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen 159

Preis in €

600

500
Kapazität (320)
400

300

200

100

Absatz Sitzplätze
100 200 300 400 500 600
Düsseldorf - München

Abb. 4.10. Flugpreis und Nachfrage

Folgende Informationen liegen vor, die in diesem Anschauungsbeispiel als si-


cher angenommen werden. Flüge der Klasse E sind variabel und kurzfristig buch-
bar, während besondere Bedingungen für Flüge der Klasse K zu beachten sind.

Tabelle 4.11. Preise und Nachfragen

Flüge Düsseldorf – Rom


Düsseldorf – München München – Rom
(über München)

Klasse Preis Nachfrage Preis Nachfrage Preis Nachfrage

E 400 200 630 50 640 100

K 250 300 420 200 450 200

Eine Maximierung des Umsatzes und bei hier zu vernachlässigenden variablen


Kosten auch des Gewinns auf diesem Flug erhält man durch optimale Ermittlung
der anzubietenden Kontingente für die Teilstrecken nach Klassen. Für die Klas-
se E werden die Variablen ED-M, EM-R und ED-R und für die Klasse K die Variablen
KD-M, KM-R und KD-R für die Anzahl Sitzplätze je Teilflug festgelegt. Das Modell
muss sicherstellen, dass der Gesamtumsatz unter Berücksichtigung der vorhande-
nen Sitzplatzkapazität und der jeweiligen Nachfrage auf den beiden Teilstrecken
maximiert wird.
Das resultierende Modell kann wie folgt aufgestellt werden:
160 Anwendungen linearer Optimierung

max 400 ED − M + 630 EM − R + 640 ED − R + 250 K D − M + 420 K M − R + 450 K D − R (4.4.1)


s.d . ED − M + ED − R + KD−M + K D − R ≤ 320 Kapazität
EM − R + ED − R + KM −R + K D − R ≤ 320 Kapazität
ED − M ≤ 200 Nachfrage
EM − R ≤ 50
ED − R ≤ 100
K D−M ≤ 300
KM −R ≤ 200
K D − R ≤ 200
ED − M , EM − R , ED − R , K D − M , K M − R , K D − R ≥ 0, ganzzahlig

Die Zielfunktion maximiert den Gesamtumsatz, der durch die verkauften Flug-
scheine erreicht wird. Die erste Restriktion stellt sicher, dass das Sitzplatzkontin-
gent von 320 Plätzen auf der Teilstrecke Düsseldorf-München von den Passagie-
ren von Düsseldorf nach München und denen von Düsseldorf nach Rom nicht
überschritten wird. Entsprechend modelliert die zweite Restriktion die Einhaltung
der Sitzplatzkapazität auf dem Teilstück von München nach Rom. Die weiteren
Restriktionen sind obere Schranken für die Variablen und erfassen die jeweilige
Nachfrage.
Dieses Modell lässt sich mit MILP-Software lösen. Die Studentenversion von
ClipMOPS® erlaubt keine Forderung nach Ganzzahligkeit der Variablen, sodass
diese Version nur ausreicht, wenn die optimale Lösung für stetige Variablen be-
reits die Ganzzahligkeitsbedingung erfüllt. Die Studentenversion von XPRESS-
Ive® berücksichtigt auch ganzzahlige und binäre Variablen.
Eine optimale Lösung, mit der der maximale Umsatz von 252.800 € erreicht
wird, besteht darin, folgende Sitzplatzkontingente anzubieten:

Tabelle 4.12. Optimale Sitzplatzkontingente

Flüge Düsseldorf – Rom


Düsseldorf – München München – Rom
(über München)

Klasse Angebot Nachfrage Angebot Nachfrage Angebot Nachfrage

Klasse E 200 200 50 50 70 100

Klasse K 50 300 200 200 0 200

In der optimalen Lösung wird die Nachfrage nach Flügen der Klasse E mög-
lichst erfüllt, jedoch reichen die Sitzplätze nicht aus, sodass 30 Interessenten kein
Ticket Düsseldorf-Rom erhalten. Flugscheine für diesen Flug werden gar nicht an
Interessenten der Klasse K abgegeben. Jedoch werden alle Interessenten von
Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen 161

München nach Rom befördert, außerdem fliegen 50 Passagiere der Klasse K von
Düsseldorf nach München.
Weiterführende Ansätze berücksichtigen auch Nachfrageunsicherheit und las-
sen bspw. Überbuchungen in geplantem Umfang zu. Sie werden dynamisch der
Nachfrageentwicklung angepasst. Quantitative Modelle des Revenue Manage-
ments findet man beispielsweise bei Corsten u. Gössinger (2005), De Boer et al.
(2002), Kimms u. Klein (2005), Klein (2001), Klophaus (1998), Wiggershaus
(2008).

4.4.2 Sonstige Einsatzbereiche

Aus den vielfältigen Möglichkeiten des Einsatzes gemischt-ganzzahliger linearer


Optimierungsmodelle werden einzelne weitere im Folgenden kurz angesprochen.

Personaleinsatzplanung
Auch im Bereich der Personalplanung gibt es verschiedene Möglichkeiten der
Unterstützung durch quantitative Modelle. So lassen sich umfangreiche, schwieri-
ge Personaleinsatzpläne unter Einsatz gemischt-ganzzahliger linearer Optimie-
rungsmodelle erstellen, bei denen für Personal unterschiedlicher Qualifikation
unter Berücksichtigung ausreichender Ruheperioden und individueller Anforde-
rungen geeignete Schichtpläne erstellt werden. Zur Illustration wird ein verein-
fachtes Beispiel näher betrachtet.

Beispiel Warenverteilzentrum
Aufgrund der im Wochenverlauf schwankenden Bestellungen ist der Personalbe-
darf im Warenverteilzentrum an den verschiedenen Wochentagen sehr unter-
schiedlich.

Wochentag Mo Di Mi Do Fr Sa So

Personalbedarf 12 10 9 12 14 9 6

Die Arbeitskräfte verfügen alle über eine vergleichbare Qualifikation, arbeiten


jeweils fünf Tage hintereinander und haben anschließend zwei Tage frei. Wie viel
Personal muss im Warenverteilzentrum mindestens beschäftigt werden, um den
täglichen Bedarf zu erfüllen? Wie viele Personen sollten an den unterschiedlichen
Wochentagen ihre Arbeitswoche beginnen?
Mit der Variablen xi , i = 1,..., 7 wird die Zahl der Arbeitskräfte bezeichnet, die
ihre Arbeitswoche am Wochentag i aufnehmen. i = 1 entspricht dem Montag.
Zielkriterium ist die Minimierung der Gesamtpersonenzahl.
162 Anwendungen linearer Optimierung

Zielfunktion: min x1 + x2 + x3 + x4 + x5 + x6 + x7

Für jeden Wochentag ist sicherzustellen, dass ausreichendes Personal anwesend


ist. Montags sind alle diejenigen im Einsatz, die ihren Zyklus montags beginnen.
Auch diejenigen, die sonntags ihre Tätigkeit aufnehmen, sind montags im Einsatz.
Nur die, die dienstags oder mittwochs mit ihrem Arbeitseinsatz starten, haben
montags frei. So ergibt sich die folgende Restriktion für montags:

Mo : x1 + x4 + x5 + x6 + x7 ≥ 12

Entsprechend werden die Bedarfe der folgenden Wochentage sichergestellt.


Di : x1 + x2 + x5 + x6 + x7 ≥ 10
Mi : x1 + x2 + x3 + x6 + x7 ≥ 9
Do : x1 + x2 + x3 + x4 + x7 ≥ 12
Fr : x1 + x2 + x3 + x4 + x5 ≥ 14
Sa : x2 + x3 + x4 + x5 + x6 ≥ 9
So : x3 + x4 + x5 + x6 + x7 ≥ 6
xi ≥ 0, i = 1,..., 7

Eine Lösung dieses Modells liefert den folgenden optimalen Personaleinsatz-


plan:

Dienstbeginn Mo Di Mi Do Fr Sa So

Personen 5 2 2 2 0 4 2 1 2 0
3 3 3 3

Insgesamt werden mindestens 14 2 3 Stellen benötigt, von denen 12 mit Voll-


zeitkräften und 2 2 3 mit 4 Teilzeitkräften mit einem auf 2 3 reduzierten Arbeits-
umfang besetzt werden.
Stehen ausschließlich Vollzeitkräfte zur Verfügung, muss die Lösung modifi-
ziert werden. Eine entsprechende Aufrundung führt zu insgesamt 16 Arbeitskräf-
ten. Damit kann der Bedarf erfüllt werden, jedoch existiert möglicherweise eine
bessere Lösung, die weniger Arbeitskräfte benötigt und mittels eines ganzzahligen
linearen Optimierungsmodells bestimmt werden kann.
Eine Lösung dieses Modells, welche um die Forderung nach Ganzzahligkeit al-
ler Variablen erweitert wird, ist der folgenden Übersicht zu entnehmen. Damit
sind insgesamt mindestens 15 Personen notwendig, um den Anforderungen zu
genügen. Dienstags, samstags und sonntags ist jeweils eine Person über Bedarf im
Einsatz.
Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen 163

Dienstbeginn Mo Di Mi Do Fr Sa So

Personen 5 3 0 4 2 1 0

Dies ist nicht die einzige optimale Lösung. Auch die folgende Schichteinteilung
benötigt 15 Personen und ist somit ebenfalls optimal.

Dienstbeginn Mo Di Mi Do Fr Sa So

Personen 6 3 0 5 1 0 0

Beide Einteilungen erscheinen unbefriedigend, wenn eine Person immer am


Wochenende arbeiten muss, während eine andere dann immer frei hat. Eine ge-
rechte Personaleinsatzplanung kann durch einen Wechsel der Arbeitszyklen er-
reicht werden. Hinsichtlich der ersten Lösung kann eine Person 5 Wochen lang
montags, anschließend 3 Wochen dienstags, 4-mal donnerstags, 2-mal freitags und
einmal samstags mit ihrer Arbeitswoche beginnen. Die zweite Person beginnt 4
Wochen lang montags, die dritte 3 Wochen lang usw. Dieser Einsatzplan über 15
Wochen gleicht die Belastung sämtlicher Betroffener aus. Auch für die zweite
optimale Lösung kann ein entsprechender Plan aufgestellt werden.
Eine Anpassung des Modells für beliebige Bedarfe ist unmittelbar möglich. Für
reale Personaleinsatzpläne und Schichtpläne sind weitere Anforderungen zu inte-
grieren, die etwa unterschiedliche Qualifikation, andere Schichteinteilungen,
Urlaubsregelungen u. ä. berücksichtigen. Je nach Größe der Problemstellung
werden auch andere Algorithmen zur Lösung verwendet (Blockliger 2004, Dodin
et al. 1998, Ernst et al. 2004).

Fallmix-Optimierung im Krankenhaus
In Deutschland wird, ähnlich wie bereits in anderen Ländern, ein Fallpauschalen-
System zur Vergütung der Krankenhausbehandlung eingeführt. Dazu werden
Patienten gemäß ihrer Krankheit einer Diagnosis Related Group (DRG) zugeord-
net. Die Krankenhäuser erhalten von den Krankenkassen bei Behandlung eines
Patienten einen Festpreis, der von der Gruppenzugehörigkeit des Patienten zu
einer DRG abhängt und unabhängig von den im Einzelfall erforderlichen Behand-
lungsmaßnahmen oder den dem Krankenhaus für die einzelne Behandlung entste-
henden Kosten ist. Das bei einer derartigen, DRG-basierten Vergütung von einem
Krankenhaus erzielbare wirtschaftliche Ergebnis hängt wesentlich von den Kosten
des Krankenhauses für die Behandlung von Patienten der unterschiedlichen DRGs
ab, die möglichst zu reduzieren sind. Sind die variablen Kosten für die Behand-
lung in den verschiedenen Fallgruppen ermittelt, lassen sich mit den Festpreisen
164 Anwendungen linearer Optimierung

für jede Gruppe die durchschnittlichen Deckungsbeiträge pro Patient errechnen.


Da ein Krankenhaus über begrenzte Ressourcen und eine spezifische Ausstattung
verfügt, kann es wirtschaftlich sinnvoll sein, sich auf die Behandlung bestimmter
Patientengruppen zu fokussieren, um so eine Maximierung des Deckungsbeitrags
zu erreichen. Dazu ist zunächst der aus Sicht des Krankenhauses optimale Fall-
Mix zu ermitteln, was grob betrachtet entsprechend einer Produktionsprogramm-
planung geschehen kann. Die vereinfachte Modellformulierung für ein Fall-Mix-
Optimierungsmodell lautet mit den verwendeten Indizes und Variablen:

Indizes: j = 1,..., n Fallgruppen


i = 1,..., m Kapazität (Betten, Operationszeit o.ä.)

Variable: x j : Anzahl aufzunehmender Patienten Fallgruppe j, j = 1,..., n


Parameter: d j : erzielbarer Deckungsbeitrag je Patient Fallgruppe j
aij : Kapazitätsinanspruchnahme der i -ten Kapazität durch einen
Patienten der Fallgruppe j
Ki : Ressourcenbeschränkung der i -ten Kapazität
e j : Budgetbedarf für einen Patienten der Fallgruppe j
B : Budget

n
max ∑ d j ⋅ x j
j =1
n
s.d . ∑ aij ⋅ x j ≤ K i i = 1,..., m
i =1
n
∑ ej ⋅ xj ≤ B
j =1

xj ≥ 0

Das folgende Beispiel ist eng angelehnt an die Ausführungen von Vera (2005).
In der konkreten Anwendungssituation wird davon ausgegangen, dass in dem
Krankenhaus Patienten dreier unterschiedlicher DRGs behandelt werden können.
Die Krankenkassen zahlen für jeden Patienten einer DRG einen festgelegten Preis,
außerdem kennt das Krankenhaus die pro Patient einer DRG durchschnittlich
anfallenden Kosten, sodass die Deckungsbeiträge ermittelt werden können.
Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen 165

DRG 1 DRG 2 DRG 3

Preisj 3000 2000 2500


dj 1200 800 1100

Das Krankenhaus verfügt über eine Bettenkapazität, die für den Betrachtungs-
zeitraum 3000 Pflegetage umfasst. Außerdem ist die Operationszeit auf maximal
1800 Stunden beschränkt. Die Inanspruchnahme der Kapazitäten ist für die ver-
schiedenen Fallgruppen folgender Zusammenstellung zu entnehmen.

DRG 1 DRG 2 DRG 3

Pflegetage 10 4 4
OP-Stunden 5 4 6

Werden die Variablen x1 , x2 , x3 für die Anzahl aufzunehmender Patienten der


Fallgruppe DRG 1, 2 und 3 gewählt, kann zur Ermittlung der deckungsbeitrags-
maximalen Patientenzahlen das folgende lineare Optimierungsmodell gelöst wer-
den.
max 1200 x1 + 800 x2 + 1100 x3
s.d . 10 x1 + 4 x2 + 4 x3 ≤ 3000 Pflegetage
5 x1 + 4 x2 + 6 x3 ≤ 1800 OP-Stunden
x1 , x2 , x3 ≥ 0

Auf die Modellierung einer Ganzzahligkeitsbedingung kann verzichtet werden,


da Patienten auch während des Übergangs auf den nächsten Betrachtungszeitraum
behandelt werden können. Damit bedeuten 0,5 Patienten, dass nur die Hälfte der
Behandlung im aktuellen Betrachtungszeitraum erfolgt.
Das optimale Endtableau lautet:

1200 800 1100 0 0


x1 x2 x3 s1 s2 RS

1200 x1 1 0 -0,4 0,2 -0,2 240

800 x2 0 1 2 -0,25 0,5 150

Δz 0 0 20 40 160 408000

Könnte das Krankenhaus also frei über die aufzunehmenden Patienten ent-
scheiden, wäre es optimal, 240 Patienten der DRG 1, 150 Patienten der DRG 2
166 Anwendungen linearer Optimierung

und niemanden der DRG 3 aufzunehmen. Damit beträgt der maximal erzielbare
Deckungsbeitrag 408.000 und sowohl die Betten- wie auch die OP-Kapazität sind
vollständig ausgeschöpft.
Die Behandlung eines DRG 3-Patienten verschlechtert den Gesamtdeckungs-
beitrag um 20, wie die Opportunitätskosten zeigen. Ließe sich die OP-Zeit um
eine Stunde erhöhen, hätte dies die Steigerung des Gesamtdeckungsbeitrags um
160 zur Folge, dem Schattenpreis der zweiten Restriktion. Die Krankenkasse
müsste 240 ⋅ 3000 + 150 ⋅ 2000 = 1.020.000 zahlen.
Üblicherweise wird zwischen Krankenkasse und Krankenhaus ein Budget ver-
einbart, welches auf den bisherigen Fallzahlen basiert. In diesem Beispiel wurde
auf Grundlage von 135 Patienten der DRG 1, 122 Patienten der DRG 2 und
102 Patienten der DRG 3 ein Budget von 904.000 festgelegt. Das bedeutet, das
Krankenhaus erhält keine über dieses Budget hinausgehenden Zahlungen von der
Krankenkasse, auch wenn höhere Leistungen erbracht werden. Auf dieser Grund-
lage würde das Krankenhaus einen Deckungsbeitrag von 371.800 erzielen.
Eine neuerliche Optimierung mit der zusätzlichen Budgetrestriktion
3000 x1 + 2000 x2 + 2500 x3 ≤ 904.000

liefert ein wesentlich geändertes Ergebnis. Nun ist es optimal, 168 Patienten der
DRG 1 und 160 Patienten der DRG 3 und keinen Patienten der DRG 2 aufzuneh-
men. Der erzielbare Gesamtdeckungsbeitrag ist auf 377.600 reduziert, jedoch um
1,56 % höher als für die bisherigen Fallzahlen. Engpässe sind nun die OP-Zeit und
das Budget, nicht mehr die Bettenkapazität. Das Krankenhaus erhält eine Zahlung
in Höhe des Budgets.
Da Krankenhäuser verpflichtet sind, Patienten zu behandeln, können sie nicht
aus Wirtschaftlichkeitsaspekten Patienten zurückweisen. Außerdem wird die Zahl
der Patienten einer bestimmten Fallgruppe beschränkt sein. Mit einer weiteren
Differenzierung des Modells und Ergänzung beispielsweise realistischer unterer
und oberer Schranken für Patientenzahlen in den einzelnen DRGs kann ein Kran-
kenhaus jedoch zusätzliche Kenntnisse über seine wirtschaftliche Struktur gewin-
nen und seine besonderen Stärken im Vergleich zu anderen Häusern besser identi-
fizieren und auch zum Wohl der Patienten nutzen. Generell zeigt sich, dass bei
optimaler Verwendung knapper Ressourcen eine Spezialisierung auf eine geringe
Zahl unterschiedlicher DRGs bei gleichzeitiger Erhöhung der Patientenzahl für
diese ausgewählten Fallgruppen erstrebenswert ist (Meyer u. Harfner 1999).

Forschungs- und Entwicklungsprojektauswahl


Bei der Auswahl einer Kombination durchzuführender Forschungs- und Entwick-
lungsprojekte, die für ein Unternehmen am vorteilhaftesten sind, kann die lineare
gemischt-ganzzahlige Optimierung unterstützen. Es wird die Situation betrachtet,
dass mehrere Projekte zur Auswahl stehen, deren Kapitalwerte bekannt sind.
Diese Projekte sind alle oder einzeln in beliebigen Kombinationen durchführbar,
jedoch jeweils nur ganz oder gar nicht. Sie konkurrieren um das knappe Budget.
Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen 167

Die optimale Projektkombination lässt sich dann durch Maximierung des Gesamt-
kapitalwertes unter Einhaltung der Budgetrestriktion ermitteln.
n
max ∑K
i =1
i ⋅ xi
n
s.d . ∑B ⋅x
i =1
i i ≤ B

xi ∈ {0, 1}

Die Binärvariable xi nimmt den Wert 1 an, wenn das i -te Projekt durchge-
führt wird, und 0 sonst, für i = 1,..., n . Bi ist der Budgetbedarf des i -ten Projek-
tes, B das verfügbare Budget. K i ist der Kapitalwert des i -ten Projektes.

Beispiel Forschungs- und Entwicklungsprojektauswahl


Es ist über die Durchführung von fünf Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu
entscheiden, für die das erforderliche Budget und der erzielbare Kapitalwert ange-
geben sind. Das verfügbare Budget beträgt 1400 und ist einzuhalten.

P1 P2 P3 P4 P5
Ki 20 25 40 20 50
Bi 200 400 500 300 600

Mit diesem Budget und den wählbaren Projekten lässt sich ein maximaler Ge-
samtkapitalwert von 110 erzielen, wenn die Projekte P1 , P3 und P5 durchgeführt
werden. Aufgrund der Ganzzahligkeit der Variablen wird das Budget nicht ausge-
schöpft, sondern um 100 Einheiten unterschritten. Etwas komplexer ist der Sach-
verhalt, wenn nicht einzelne Projekte, sondern nur komplette Programme, die
jeweils aus mehreren Projekten bestehen, zur Erzielung eines Kapitalwertes füh-
ren. Sind etwa die Projekte P1 , P2 und P3 für das Programm 1 erforderlich und
wird die Durchführung des Programms mit der Binärvariablen y1 beschrieben,
dann wird durch eine zusätzliche Restriktion dieser technische Zusammenhang
abgebildet.

x1 + x2 + x3 ≥ 3 y1
x1 , x2 , x3 , y1 ∈ {0, 1}

Nur wenn alle drei Variablen x1 , x2 , x3 den Wert 1 annehmen, kann auch y1
den Wert 1 erhalten. Somit ist das Programm 1 nur durchführbar, wenn alle zuge-
hörigen Projekte durchgeführt werden.
168 Anwendungen linearer Optimierung

In Fortsetzung des Beispiels wird nun davon ausgegangen, dass über drei For-
schungs- und Entwicklungsprogramme entschieden wird, einschließlich der dafür
erforderlichen Projekte, welche wie in Abb. 4.10 dargestellt zusammenhängen.

Programm 1 Programm 2 Programm 3


K = 45
0
1 K = 85
0
2 K30 = 70

P1 P2 P3 P4 P5
B1=200 B2=400 B3=500 B4=300 B5=600

Abb. 4.11. Projekt-Programm Struktur

Das zu lösende binäre lineare Optimierungsmodell lautet:


max 45 y1 + 85 y2 + 70 y3
s.d . 2 y1 − x1 − x2 ≤0
3 y2 − x2 − x3 − x4 ≤0
2 y3 − x4 − x5 ≤ 0
200 x1 + 400 x2 + 500 x3 + 300 x4 + 600 x5 ≤ 1.400
xi ∈ {0, 1} i = 1,...,5
y1 , y2 , y3 ∈ {0, 1}

Die hier erreichte optimale Lösung erzielt einen Kapitalwert von 130 über die
Durchführung der Programme 1 und 2 mit den Projekten 1, 2, 3 und 4. Das Budget
wird vollständig in Anspruch genommen. Wie in einem derartigen Ansatz ein
Ausgleich zwischen der Budgethöhe und dem erzielbaren Kapitalwert erreicht
werden kann, beschreiben Weber et al. (1990).

Optimierung von Spielplänen von Sportligen


Mathematische Optimierungmodelle finden zunehmend auch zur Spielplanerstel-
lung für Sportligen und –turniere der Sportarten Fußball, Baseball, Basketball und
Eishockey Anwendung. So lässt sich die Komplexität bewältigen, die durch die
umfangreichen Anforderungen von Vereinen, Verbänden, Medien und nicht zu-
letzt auch der Fans bedingt ist. Wie der Presse zu entnehmen war, setzte die Deut-
sche Fußball Liga GmbH (DFL), die den Spielbetrieb der beiden höchsten deut-
schen Ligen verantwortet, in der Saison 2006/07 erstmalig auf einen Spielplan, der
unter Verwendung quantitativer Methoden entwickelt worden ist. Grundsätzlich
werden zwei verschiedene Typen von Modellformulierungen unterschieden. Bei
Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen 169

„Constrained-Minimum-Break-Problemen“ wird als Ziel der Optimierung ein


Spielplan angestrebt, der die Anzahl aufeinander folgender Heim- bzw. Auswärts-
spiele minimiert. „Travelling-Tournament-Probleme“ werden häufig für Sportli-
gen angewendet, bei denen die Mannschaften regional stark verteilt sind. In die-
sem Fall wird als Zielfunktion eine Minimierung der insgesamt zurückzulegenden
Entfernung bzw. der damit verbundenen Reisekosten formuliert. Die Problem-
struktur bei der Spielplanoptimierung ist eng verwandt mit Scheduling- und Zu-
ordnungsproblemen unter Berücksichtigung zusätzlicher Anforderungen. Beide
Ansätze zur Optimierung von Spielplänen sind im mathematischen Sinn schwierig
zu lösen, daher werden anstelle von optimierenden Verfahren der ganzzahligen
linearen Programmierung häufig Metaheuristiken wie Simulated Annealing, Tabu
Search oder evolutionäre Algorithmen eingesetzt, auf welche hier nicht eingegan-
gen wird.
Das Grundproblem der Spielplanerstellung kann als lineares Zuordnungsmodell
abgebildet werden, bei dem eine Menge von Spielpaarungen einer Menge von
Spieltagen zugeordnet werden muss. Die umfangreichen zusätzlichen Anforde-
rungen, die an einen Spielplan gestellt werden, führen zu einem allgemeineren
binären linearen Optimierungsmodell. Für die Fußballbundesliga sind insbesonde-
re zu nennen:
- Heim-Auswärts-Anforderungen: Es soll weitestgehend vermieden werden, dass
eine Mannschaft mehrfach hintereinander zu Hause bzw. auswärts antritt. Eine
Folge von zwei Heim- oder Auswärtsspielen hintereinander wird als „Break“
bezeichnet.
- Top-Team-Anforderungen: Mannschaften sollten nicht mehrfach hintereinander
gegen die am stärksten eingeschätzten Vereine der Liga spielen müssen.
- Spielort-Anforderungen: Im Fall z.B. eines Großereignisses an einem Ort ist ein
Auswärtsspiel zu gewährleisten.
- Komplementaritäts-Anforderungen: Benachbarte Vereine sollten ggf. keine
parallelen Heimspiele haben.
- Regional-Anforderungen: In Ballungsgebieten sollten nicht viele Heimspiele
parallel stattfinden.
- Spielpaarung-Anforderungen: Durch die Festlegung von Spielpaarungen auf
bestimmte Spieltage kann beispielsweise erreicht werden, dass an jedem Spieltag
mindestens ein „Klassiker“ oder „Derby“ stattfindet.
Von Werners u. Wülfing (2007) wurde ein ganzzahliges lineares Optimie-
rungsmodell entwickelt, welches die spezielle Struktur der deutschen Fußballbun-
desliga berücksichtigt und unter Verwendung von Standardsoftware innerhalb
kurzer Zeit optimal gelöst werden kann. Für die Saison 2006/07 wird so ein opti-
maler Spielplan für die erste Fußballbundesliga ermittelt, welcher die formulierten
Anforderungen wesentlich besser erfüllt als der tatsächlich verwendete Spielplan.
170 Anwendungen linearer Optimierung

Nachdem auf vielfältige Möglichkeiten linearer Optimierungsmodelle hinge-


wiesen wurde, werden in den folgenden beiden Kapiteln graphentheoretische
Modelle und Methoden mit ihren Einsatzmöglichkeiten vorgestellt, die ebenfalls
große Verbreitung besitzen.

4.4.3 Aufgaben

Aufgabe 4.4.1
Die Deutsche FlussHansa AG verkehrt regelmäßig auf der Strecke Hamburg –
Copenhagen mit Zwischenhalt in Kiel. Auf dem Schiff stehen 456 Sitzplätze für
die Passagiere zur Verfügung, die entweder die Gesamtstrecke oder auch nur eines
der beiden Teilstücke buchen können. Neben normalen Tickets (N) mit hoher
Flexibilität bietet die Gesellschaft auch besonders günstige Angebote für Urlauber
und Ausflügler (U) an. Diese müssen für einen festen Termin gebucht und im
Voraus bezahlt werden. Eine Befragung der Zielgruppen hat folgendes Nachfra-
geverhalten ergeben:

Strecke Hamburg – Copenhagen


Hamburg – Kiel Kiel – Copenhagen
(über Kiel)

Typ Preis (€) Nachfrage Preis (€) Nachfrage Preis (€) Nachfrage

N 40 20 80 440 100 70

U 10 360 60 280 75 210

Um die Kartenverkäufer entsprechend anweisen zu können, sollen den einzel-


nen Kategorien (= Kombinationen aus Route und Buchungsklasse) Kontingente
zugewiesen werden.
Stellen Sie das mathematische Modell auf, welches diese Kontingente so ermit-
telt, dass der Umsatz maximiert wird. Formulieren Sie zunächst die Variablen.
Lösen Sie das Problem ggf. unter Einsatz von ClipMOPS®.

Aufgabe 4.4.2
Die Animal Event GmbH organisiert Feiern und Promotionaktionen. Auf dem
nächsten Unifest sollen einige „Tiere“ für Stimmung sorgen. Angeboten werden
“Der lustige Glückshase“ (1 Person) und „Das schielende Zebra“ (2 Personen).
Für jeden Glückshasen zahlt die Uni 125 €, für jedes Zebra 250 €. Jedes der „Tie-
re“ soll mit einem Werbeschild der Animal Event GmbH ausgestattet werden,
wovon zurzeit 7 Stück im Lager liegen. Um die Mitarbeiter zu versorgen, steht
eine Kiste Wasser mit 12 Flaschen zur Verfügung. Jeder Hase bekommt pro Ver-
anstaltung eine und jedes Zebra 3 Flaschen Wasser. Zusätzlich erhält jedes Zebra
Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen 171

eine von drei Tuben Salbe gegen Rückenschmerzen. Es stehen 8 Mitarbeiter zur
Verfügung. Wenn diese eingesetzt werden, erhalten sie für die Arbeit auf dem
Unifest jeweils 80 €.
Das zugehörige lineare Modell zur Personaleinsatzplanung ( x1 für die Anzahl
auftretender Glückshasen, x2 für die Anzahl auftretender Zebras), welches den
Gesamtdeckungsbeitrags maximiert, lautet:
max 45 x1 + 90 x2
s.d . x1 + x2 ≤ 7
x1 + 3 x2 ≤ 12
x2 ≤ 3
x1 + 2 x2 ≤ 8
x1 , x2 ≥0

Wie viele Glückshasen und Zebras sollte die Animal Event GmbH einsetzen,
um ihren Gesamtdeckungsbeitrag zu maximieren? Ermitteln Sie die Lösung mit
Hilfe des Simplexalgorithmus und geben Sie alle optimalen Lösungen an, wenn
die Variablen als stetig angenommen werden. Welche optimalen Lösungen sind in
der Realität möglich (Ganzzahligkeit)?
5 Graphentheorie

5.1 Strukturmodellierung mittels Graphen

Graphentheoretische Modelle und Algorithmen werden in unterschiedlichen


Bereichen zur Entscheidungsunterstützung eingesetzt. Dies liegt einerseits daran,
dass vielfältige effiziente Algorithmen zur Lösung graphentheoretischer Problem-
stellungen entwickelt wurden. Andererseits, und dies ist für den praktischen
Einsatz von besonderer Bedeutung, ist die Visualisierung mittels Graphen sehr
anschaulich, was die Strukturierung komplexer Problemstellungen und die Ergeb-
nisinterpretation unterstützt. Orte mit ihren Verbindungen lassen sich als Graphen
darstellen. Dies können Städte mit Straßenverbindungen sein, aber auch Kunden,
die über ein Rohrleitungssystem mit dem Wasserwerk verbunden sind, oder
Abnehmer eines Elektrizitätswerks einschließlich Stromnetz. Auch Beziehungen
zwischen Personen oder Sachverhalten sind graphentheoretisch modellierbar. So
ist etwa ein Stammbaum ein spezieller Graph oder auch die hierarchische Struktur
eines Unternehmens. Selbst Abhängigkeitsbeziehungen zwischen Aufgaben, z. B.
„die eine Tätigkeit muss beendet sein, bevor die nächste beginnen kann“, oder
„erst wird Auftrag 1, anschließend Auftrag 2 auf einer Maschine bearbeitet“,
lassen sich graphentheoretisch modellieren und auf dieser Grundlage umfangrei-
che und komplexe reale Gegebenheiten systematisch planen und optimieren. Im
Folgenden wird zusätzlich zu den Grundlagen beispielhaft der Einsatz von Gra-
phen zur Unterstützung bei logistischen Fragestellungen und im Projektmanage-
ment vorgestellt.

5.1.1 Einführendes Beispiel Autobahnnetz NRW

Jede Straßenkarte ist ein Modell eines Ausschnitts der Realität, in welchem
interessierende Sachverhalte wie Orte, Straßen, Gewässer, Bebauungsgebiete und
ihre geografische Lage abgebildet sind und die zur Entscheidungsunterstützung,
z. B. für die Auswahl von Routen, herangezogen werden können. Eine automati-
sierte Entscheidungsunterstützung setzt eine höhere Abstraktionsebene voraus, die
beispielsweise in Abb. 5.1 mit der Hervorhebung des Autobahnnetzes zwischen
den angegebenen Städten erfolgt.
174 Graphentheorie

Ham

He
C
Bo
E

W
D

Abb. 5.1. Beispiel Autobahnnetz NRW

Dieser Ausschnitt der Realität, die ausgewählten Städte mit ihren Autobahn-
verbindungen, ist als Graph modelliert, der Knoten und die verbindenden Kanten
enthält. Die Knoten repräsentieren die Orte CentrO, Herne, Hamm, Essen, Bo-
chum, Düsseldorf und Wuppertal. Kanten zwischen den Knoten entsprechen den
direkten Verbindungen und sind bezeichnet mit e1 = {C , He} , e2 = {C , E} ,
e3 = { Ham, He} , e4 = { Bo, He} , e5 = { D, E} , e6 = { D, W } , e7 = { Bo, W } ,
e8 = { Ham,W } , e9 = { Bo, Ham} und e10 = { Bo, E} . So sind jeder Kante zwei
Knoten zugeordnet. Über diese Gleichungen ist eine Abbildung, die Inzidenzab-
bildung des Graphen, definiert, die jeder Kante eine Menge mit zwei Knoten
zuordnet.
Die Struktur des realen Autobahnnetzes wird mittels eines Graphen abgebildet,
wobei dieser Graph durch die entsprechende grafische Darstellung, aber genauso
auch durch die Angabe der Knoten- und der Kantenmengen mit der Inzidenzab-
bildung beschrieben werden kann. In diesem Modell lassen sich strukturelle
Eigenschaften untersuchen und die Modellergebnisse auf die Realität übertragen.
Beispielsweise ist zu entnehmen, dass vier Städte Nachbarn von Bochum sind in
dem Sinn, dass Bochum mit vier der Städte direkt über Autobahnen verbunden ist.
Zu beachten ist, dass ein solcher Graph zunächst keine Informationen hinsichtlich
der Entfernungen der Städte voneinander repräsentiert, d. h., die Länge der Kanten
und die Positionierung der Knoten hat keine Bedeutung. Derselbe Graph kann also
auch wie in Abb. 5.2 dargestellt gezeichnet werden.
Strukturmodellierung mittels Graphen 175

D Ham

Bo

E He

Abb. 5.2. Alternative Darstellung des Beispiels Autobahnnetz NRW

Die Modellierung von Entfernungen erfolgt abstrakt durch die Zuordnung reel-
ler Zahlen zu den Kanten. Bewertet man die Kanten mit Entfernungen in Kilome-
tern oder Fahrzeiten, lassen sich kürzeste Verbindungen zwischen je zwei Orten
feststellen. Ebenfalls ermittelbar ist, welche Orte etwa von Bochum aus innerhalb
einer vorgegebenen Zeit erreicht werden können oder von welchen Orten aus
Bochum innerhalb vorgegebener Zeit erreichbar ist.
Zur Ermittlung kürzester Entfernungen auch für sehr umfangreiche Graphen
stehen leistungsfähige Algorithmen zur Verfügung, der bekannteste wird im
weiteren Verlauf vorgestellt. Zur systematischen Behandlung graphentheoreti-
scher Modelle und Algorithmen werden zunächst grundlegende Begriffe formal
definiert.

5.1.2 Gerichtete und ungerichtete Graphen

Ein (ungerichteter) Graph G = (V , E ) besteht aus einer nichtleeren Menge von


Knoten (Ecken, vertice, node) V = {1,..., n} , einer Menge von Kanten (edge)
E = {e1 ,..., em } und einer Inzidenzabbildung Φ , die jeder Kante e ∈ E eine
Menge mit ein oder zwei Knoten i, j ∈ V zuordnet, e 6 {i} bzw. e 6 {i, j} .
Die in einer Menge enthaltenen Elemente sind nicht angeordnet, d. h. es gilt
{i, j} = { j, i} ,
da in Mengen keine Reihenfolge definiert ist. Die zugehörige
Kante e besitzt keine Richtung, sie verbindet die beiden Knoten miteinander.

Beispiel ungerichteter Graph G1


Durch die Knotenmenge V1 = {1, 2,3, 4,5, 6}
und die Kantenmenge E1 = {e1 , e2 , e3 , e4 , e5 , e6 , e7 }
176 Graphentheorie

mit der Inzidenzabbildung Φ1 : e1 6 {1, 2} e4 6 {2, 4}


e2 6 {1, 4} e5 6 {4,5}
e3 6 {1,3} e6 6 {4,5}
e7 6 {5}
ist der ungerichtete Graph G1 = (V1 , E1 ) definiert, dessen Visualisierung in Abb.
5.3 erfolgt. Hier ist deutlich sichtbar, dass Knoten 6 nicht mit anderen Knoten
verbunden ist, 3 nur in direkter Verbindung mit 1 steht und zwei unterschiedliche
direkte Verbindungen zwischen Knoten 4 und 5 bestehen. Knoten 5 ist zusätzlich
mit sich selbst verbunden.

e7

2 5

e1 e4 e5
e6
e2
1 4

e3

3 6

Abb. 5.3. Ungerichteter Graph G1

Ein gerichteter Graph G = (V , E ) besteht aus einer nichtleeren Menge von


Knoten V = {1,..., n} , einer Menge gerichteter Kanten bzw. Pfeile E =
{e1 ,..., em } und einer Inzidenzabbildung Φ , die jedem Pfeil e ∈ E ein Knoten-
paar ( i, j ) ∈ V × V zuordnet, e 6 ( i, j ) .
Ein Paar ( i, j ) ist im Unterschied zu einer Menge {i, j} stets geordnet. Mit dem
Paar ( i, j ) wird eine Anordnung mit i als erstem und j als zweitem Element
festgelegt. Dadurch verfügt die zugehörige Kante über die Richtung von i nach j
und wird grafisch als Pfeil dargestellt. Aufgrund des graphentheoretischen Zu-
sammenhangs ist keine Verwechslung mit einem offenen Intervall ( a, b ) ⊂ R ,
also den reellen Zahlen, die echt größer als a und echt kleiner als b sind, zu erwar-
ten.

Beispiel gerichteter Graph G2


Mit der Knotenmenge V2 = {1, 2,3, 4,5, 6} ,
Strukturmodellierung mittels Graphen 177

der Kantenmenge E2 = {e1 , e2 , e3 , e4 , e5 , e6 , e7 , e8 } ,


die hier gerichtet, also Pfeilmenge ist, und der Inzidenzabbildung Φ 2 :
e1 6 (1, 2 ) e5 6 (1, 4 )
e2 6 ( 2, 4 ) e6 6 ( 4,5)
e3 6 (1,3) e7 6 ( 5,5 )
e4 6 ( 3,1) e8 6 ( 4,5)
ist der gerichtete Graph G2 (V2 , E2 ) definiert. Seine Struktur ist wiederum gut in
der folgenden Abbildung zu erkennen.

e7

2 5

e1 e2 e6
e8
e5
1 4

e3

e4
3 6

Abb. 5.4. Gerichteter Graph G2

Werden für ungerichtete und gerichtete Kanten die Bezeichnungen


e e
i j i j

Φ ( e ) = {i, j} Φ ( e ) = ( i, j )

verwendet, werden zur Charakterisierung der Eigenschaften von Graphen die


folgenden Begriffe eingeführt, die gleichermaßen für gerichtete wie ungerichtete
Graphen gelten.
Kante e verbindet die Knoten i und j.
Kante e ist mit den Knoten i und j inzident.
i heißt Nachbar von j und j heißt Nachbar von i.
i und j sind benachbart oder adjazent.
178 Graphentheorie

Die Menge aller Nachbarn von i wird mit N ( i ) bezeichnet.


Eine Liste, die alle Knoten i ∈ V mit ihren jeweiligen Nachbarn enthält, wird
Nachbarnliste oder Nachbarschaftsliste genannt.
Besitzt ein Knoten keine Nachbarn, heißt er isoliert.
Der Grad g ( k ) eines Knotens k ist die Zahl der mit k inzidenten Kanten.
Eine Schlinge ist eine Kante bzw. ein Pfeil mit Φ ( e ) = {i} bzw. Φ ( e ) = ( i, i ) .
Ein Graph heißt endlich, wenn sowohl die Knoten- wie die Kantenmenge
endlich viele Elemente enthalten.

Beispiel G1 und G2
Für beide vorherigen Graphen G1 und G2 ist die Menge aller Nachbarn von Kno-
ten 2 N ( 2 ) = {1, 4} und von Knoten 4 N ( 4 ) = {1, 2,5} . Knoten 6 besitzt keine
Nachbarn, N ( 6 ) = ∅ , und ist daher isoliert. Kante bzw. Pfeil e1 verbindet 1 und 2.
e7 verbindet Knoten 5 mit sich selbst und ist eine Schlinge.
Einige Eigenschaften sind nur für gerichtete Graphen sinnvoll angebbar. So
sind für Pfeile weiterhin die folgenden Begriffe definiert:
i ist Anfangsknoten von e.
e ist mit Knoten i positiv inzident.
j ist Endknoten von e.
e ist mit Knoten j negativ inzident.
e geht von i aus und mündet in j ein.
i heißt (unmittelbarer, direkter) Vorgänger von j (predecessor).
Die Menge der direkten Vorgänger eines Knotens j ist P ( j ) .
j heißt (unmittelbarer, direkter) Nachfolger von i (successor).
Die Menge der direkten Nachfolger eines Knotens i ist S ( i ) .
Der Ausgangsgrad g + ( k ) eines Knotens k ist die Zahl der mit k positiv inzi-
denten Pfeile.
Der Eingangsgrad g − ( k ) eines Knotens k ist die Zahl der mit k negativ
inzidenten Pfeile.
Manche Knoten weisen besondere Eigenschaften auf.
Ein Knoten eines gerichteten Graphen mit mindestens einem Nachfolger,
jedoch ohne Vorgänger heißt Quelle von G, ein Knoten ohne Nachfolger, je-
doch mit mindestens einem Vorgänger heißt Senke von G.
Strukturmodellierung mittels Graphen 179

Zwischen zwei Kanten kann eine besondere Beziehung bestehen, die aus algo-
rithmischen Gründen später ausgeschlossen wird.
Zwei Kanten bzw. Pfeile e1 und e2 sind parallel, wenn Φ ( e1 ) = Φ ( e2 ) gilt, sie
also dieselben beiden Knoten verbinden, bei Pfeilen gilt dies nur im Falle über-
einstimmender Richtung, wie in Abb. 5.5 gezeigt wird.

i j i j i j

parallele Kanten parallele Pfeile nicht parallel

Abb. 5.5. Parallelität

Beispiel gerichteter Graph G2


Knoten 4 ist Anfangsknoten von e6 und von e8, außerdem Endknoten von e2 und
e5. Der Graph besitzt keine Quelle und keine Senke. Beispielhafte Vorgängermen-
gen sind P ( 3) = {1} , P ( 6 ) = ∅ , P ( 4 ) = {1, 2} , beispielhafte Nachfolgermengen
sind S ( 3) = {1} , S ( 4 ) = {5} , S (1) = {2,3, 4} . e6 und e8 sind parallel, e3 und e4
jedoch nicht.
Im Folgenden wird stets vorausgesetzt, dass die gerichteten und ungerichteten
Graphen endlich sind und keine parallelen Kanten bzw. Pfeile und keine Schlin-
gen besitzen.
Ein Graph, der weder Schlingen noch parallele Pfeile besitzt, wird als schlicht
bezeichnet.
Liegt keine Parallelität von Kanten bzw. Pfeilen vor, dann sind die Kanten bzw.
Pfeile eindeutig beschreibbar durch die inzidenten Knoten mit Φ ( e ) = {i, j} bzw.
Φ ( e ) = ( i, j ) . In diesem Fall kann auf die explizite Aufführung der Inzidenzab-
bildung Φ verzichtet werden, da sie implizit gegeben ist. Ist ein derartiger Graph
gerichtet, wird er als Digraph bezeichnet.
Ein Digraph ist also ein gerichteter, endlicher, schlingenfreier Graph ohne
parallele Pfeile.
Die Terminologie in der graphentheoretischen Literatur ist nicht einheitlich, so
bezeichnen etwa einige Autoren jeden gerichteten Graphen als Digraphen, wie
auch andere Begriffe geringfügig variieren.

Beispiel G3
Der in Abb. 5.6 dargestellte ungerichtete Graph G3 = (V3 , E3 ) ist endlich, schlin-
genfrei und ohne parallele Kanten. Auf die explizite Angabe der Inzidenzabbil-
180 Graphentheorie

dung kann verzichtet werden, da die Kanten mittels der zugehörigen Knoten
bezeichnet sind.
V3 = {1, 2,3, 4,5, 6, 7,8}
E3 = {{1, 2} , {1,3} , {2, 4} , {3, 4} , {4,5} , {5, 6} , {5, 7} , {5,8} , {6, 7} , {6,8} , {7,8}}

2 6

1 4 5 8

3 7

Abb. 5.6. Graph G3 als Modell von Kommunikationsbeziehungen

Dieser Graph könnte das Modell der Kommunikationsbeziehungen zwischen


den Personen P1 bis P8 sein, die als Knoten dargestellt werden. Tauschen sich
zwei Personen regelmäßig aus, wird dieser Sachverhalt durch die verbindende
Kante modelliert. Deutlich erkennbar ist, dass der Kontakt zwischen den beiden
Abteilungen mit den Personen P1 bis P4 bzw. P5 bis P8 nur über einen Austausch
von P4 und P5 erfolgt. Die Kommunikation im ersten Bereich ist gestört, da P1 und
P4 bzw. P2 und P3 nicht miteinander kommunizieren. Z. B. die Nachbarn
N ( 5 ) = {4, 6, 7,8} zeigen, mit wem P5 in Kontakt steht. Keine Person ist isoliert,
vielmehr hängen alle über Kommunikationsbeziehungen zusammen, zumindest
indirekt über andere Personen.

Beispiel Eigentümer und Beteiligungsstruktur


In Anlehnung an eine reale Situation wird die Eigentümer- und Beteiligungsstruk-
tur der Bankgesellschaft Zentral mit dem in Abb. 5.7 dargestellten gerichteten
Graphen anschaulich modelliert. Die Knoten repräsentieren die verschiedenen
betroffenen Parteien. Ein Pfeil zeigt an, dass eine Partei, der Anfangsknoten, einen
Anteil an der anderen Partei, dem Endknoten des Pfeils, besitzt. Zusätzlich sind
hier die Pfeile bewertet: Die Zahlen entsprechen den Besitzanteilen in Bezug auf
den Endknoten des Pfeils.
In derartigen Abbildungen sind üblicherweise keine Pfeile, sondern Kanten
gezeichnet, die jedoch aufgrund der Positionierung von oben nach unten als
gerichtet zu verstehen sind. Hier handelt es sich um einen Digraphen mit vier
Quellen und zwei Senken. Die direkten Vorgänger des Knotens Bankgesellschaft
halten Anteile, während die Bankgesellschaft zumindest Miteignerin aller direkten
Nachfolger ist. Mit diesem Graphen wird ein spezieller Ausschnitt der komplexen
Realität modelliert. Wesentlich umfangreicher würde der Graph, wenn ein größe-
rer Ausschnitt der Realität, z. B. auch die übrigen Beteiligungen der Partner wie
Nord-Bank, erfasst werden sollte.
Strukturmodellierung mittels Graphen 181

Finanz-
Südland Nord-Bank Streubesitz
Holding AG
81 % 10 % 2% 7%
BANK
GESELLSCHAFT
ZENTRAL
100 % 89,9 %
Landesbank Süd
Zentral Hyp
Süd Sparkasse Süd Bank

Abb. 5.7. Eigentümerstruktur der Bankgesellschaft Zentral

Ein Graph wird vollständig genannt, wenn für zwei beliebige, verschiedene
Knoten die verbindende Kante zum Graphen gehört. In einem vollständigen
Graphen ist also jeder Knoten mit jedem anderen durch eine Kante verbunden.

1 3

2 4

Abb. 5.8. Beispiel eines vollständigen Graphen mit 4 Knoten

Ein gerichteter Graph heißt symmetrisch, wenn zu jedem Pfeil ( i, j ) der Pfeil-
menge E auch der Umkehrpfeil ( j , i ) zu der Pfeilmenge gehört.

Abb. 5.9. Beispiel eines symmetrischen Graphen mit 5 Knoten

Jedem ungerichteten Graphen Gu = (Vu , Eu ) kann ein äquivalenter symmetri-


scher gerichteter Graph Gs = (Vu , Es ) zugeordnet werden, wobei die Knotenmen-
182 Graphentheorie

ge gleich bleibt und jeder Kante {i, j} ∈ Eu die beiden Pfeile ( i , j ) ∈ Es und
( j, i ) ∈ Es entsprechen.

Beispiel Autobahnnetz NRW


Dem ungerichteten Graphen des Autobahnnetzes NRW lässt sich der in Abb. 5.10
dargestellte äquivalente symmetrische gerichtete Graph zuordnen.

He Ham

C E Bo

D W

Abb. 5.10. Symmetrischer gerichteter Graph Autobahnnetz NRW

Werden nicht nur einzelne Knoten und ihre direkten Verbindungen betrachtet,
lassen sich weitere Eigenschaften von Graphen angeben, wozu eine entsprechende
Terminologie einzuführen ist.
Eine Kantenfolge ist eine Folge von Knoten und Kanten ( i0 , e0 , i1 , e1 ,..., es −1 , is )
mit Φ (ek ) = {ik , ik +1} . Verkürzt kann diese Kantenfolge beschrieben werden
durch die alleinige Angabe der Knoten ( i0 , i1 ,..., is ) . Gilt i0 ≠ is , heißt die Kan-
tenfolge offen. Gilt i0 = is , handelt es sich um eine geschlossene Kantenfolge.
Eine Kette ist eine offene Kantenfolge mit sämtlich verschiedenen Knoten.

1 2 3 Kette

Ein Kreis ist eine geschlossene Kantenfolge mit sämtlich verschiedenen Kno-
ten. Ein Graph wird als kreisfrei bezeichnet, wenn er keinen Kreis enthält.
Strukturmodellierung mittels Graphen 183

1 2

Kreis

Beispiel ungerichteter Graph G4


Durch Abb. 5.11 ist der ungerichtete Graph G4 definiert.

1 2 4

3 5

Abb. 5.11. Ungerichteter Graph G4 mit Kreis

Die folgenden verkürzt aufgeführten Kantenfolgen (1, 2, 4 ) , ( 5,3, 2, 4 ) und


( 2,3,5, 4 ) sind Ketten. ( 2,3,5, 4, 2 ) ist ein Kreis, damit ist der Graph G4 nicht
kreisfrei. Eine offene Kantenfolge, die keine Kette ist, ist (1, 2,3,5, 4, 2 ) .
Eine Pfeilfolge (Semipfeilfolge) ist eine Folge von Knoten und Pfeilen
( io , eo , i1 , e1 ,..., es −1 , is ) mit Φ (ek ) = ( ik , ik +1 ) (bzw. bei einer Semipfeilfolge
Φ ( ek ) = ( ik , ik +1 ) oder Φ (ek ) = ( ik +1 , ik ) ). Die Kurzbezeichnung erfolgt eben-
falls über die Knoten. Gilt i0 ≠ is , heißt die Pfeilfolge (Semipfeilfolge) offen,
für i0 = is wird die Pfeilfolge geschlossen genannt.
Ein Weg (Semiweg) ist eine offene Pfeilfolge (Semipfeilfolge) mit sämtlich
verschiedenen Knoten.

1 2 3 Weg

1 2 3 Semiweg

Ein Zyklus ist eine geschlossene Pfeilfolge mit sämtlich verschiedenen Knoten.
Ein Graph wird als zyklenfrei bezeichnet, wenn er keinen Zyklus enthält.
184 Graphentheorie

1 2 3

Zyklus

Ein Semikreis ist eine geschlossene Semipfeilfolge mit sämtlich verschiedenen


Knoten.

1 2 3

Semikreis

Beispiel Digraph G5
Durch Abb. 5.12 wird Digraph G5 definiert.

1 2 4

3 5

Abb. 5.12. Digraph G5 mit Zyklus

Die Pfeilfolge (1, (1, 2 ) , 2, ( 2,3) ,3) ist ein Weg, (1, (1, 2 ) , 2, ( 3, 2 ) ,3, ( 5,3) ,5 ) ein
Semiweg. ( 2, ( 2, 4 ) , 4, ( 4,5 ) ,5, ( 5,3) ,3, ( 3, 2 ) , 2 ) bildet einen Zyklus, daher ist
Graph G5 nicht zyklenfrei. (1, (1, 2 ) , 2, ( 2,3) ,3, ( 3, 2 ) , 2, ( 2, 4 ) , 4 ) ist eine offene
Pfeilfolge, die kein Weg ist, da Knoten 2 mehrfach enthalten ist.
Ein gerichteter Graph ist topologisch sortiert, wenn für alle Pfeile mit ( i, j )
gilt i < j .
Jeder zyklenfreie Digraph ist topologisch sortierbar, indem die Knoten geeignet
umbenannt werden. Der umnummerierte Graph ist zu dem vorherigen isomorph,
das bedeutet, dass er die gleichen strukturellen Eigenschaften besitzt.
Digraph G5 lässt sich nicht topologisch sortieren, da er einen Zyklus
( 2, ( 2,3) ,3, ( 3, 2 ) , 2 ) enthält.
Obiger Digraph, der den Weg veranschaulicht, ist
topologisch sortiert. Der folgende Graph, der einen Semiweg zeigt, lässt sich
durch Umnummerierung der Knoten topologisch sortieren. Ein isomorpher Graph,
Strukturmodellierung mittels Graphen 185

der nur Pfeile von Knoten mit niedrigerer zu höherer Knotennummer besitzt, kann
angegeben werden mit

1 3 2

Zwei Knoten i und j sind verbunden, wenn es eine Kantenfolge bzw. Semipfeil-
folge mit Endknoten i und j gibt. In einem gerichteten Graphen ist j von i aus
erreichbar, wenn eine Pfeilfolge von i nach j existiert.
Ein ungerichteter Graph heißt zusammenhängend, wenn je zwei beliebige
Knoten verbunden sind. Ein Digraph heißt schwach zusammenhängend, wenn
je zwei beliebige Knoten verbunden sind, stark zusammenhängend, wenn für
beliebige Knoten i und j gilt, dass j von i aus und i von j aus erreichbar sind.
Beispielsweise ist G3 zusammenhängend, G1 jedoch nicht. G2 ist nicht schwach
zusammenhängend und damit insbesondere nicht stark zusammenhängend, da ein
isolierter Knoten existiert. G5 ist schwach zusammenhängend, da je zwei Knoten
verbunden sind, jedoch nicht stark zusammenhängend, da z. B. Knoten 1 nicht von
Knoten 2 aus erreichbar ist. Der gerichtete Graph zum Autobahnnetz NRW ist
stark zusammenhängend, jeder Knoten ist von jedem anderen aus zu erreichen.
Ein Graph heißt Baum, wenn er zusammenhängend und kreisfrei bzw. semi-
kreisfrei ist.
Ein gerichteter Graph heißt Wurzelbaum mit der Wurzel r, wenn r Quelle von G
ist und jeder andere Knoten durch genau einen Weg von r aus mit r verbunden
ist. Die Senken werden als Endknoten des Wurzelbaums oder als Blätter be-
zeichnet. In einem Wurzelbaum wird ein Vorgängerknoten auch als Vater, ein
Nachfolger als Sohn bezeichnet.
8

6 1 7 6
4
5
2 5

1 3 7
3

8
4

Abb. 5.13. Verschiedene Darstellungen desselben Baums


186 Graphentheorie

Abb. 5.13 zeigt zwei verschiedene Darstellungen desselben Baums, wobei die
rechte eher Ähnlichkeit zu Stamm und Verästelung hat und damit den Bezug zur
Natur erkennen lässt. Abb. 5.14 zeigt einen Wurzelbaum mit Wurzel 1 und den
Blättern 3, 5, 6, 7, 8 und 9.

5
2
6
1 3
7

4 8

Abb. 5.14. Wurzelbaum mit Wurzel 1

Der Digraph zur Modellierung der Eigentümerstruktur der Bankgesellschaft


Zentral ist zusammenhängend und semikreisfrei, also ein Baum. Er besitzt mehre-
re Quellen und ist daher kein Wurzelbaum. Wurzelbäume finden häufige Anwen-
dung, z. B. als Entscheidungsbäume zur strukturierten Abbildung von Entschei-
dungsproblemen, zur Untersuchung der Schritte von Algorithmen, zur Klassifika-
tion von Begriffen, bei Konzernstrukturdarstellungen und bei Organigrammen.

5.1.3 Repräsentationsformen von Graphen

Ein endlicher, ungerichteter bzw. gerichteter Graph ohne parallele Kanten bzw.
Pfeile kann durch seine Adjazenzmatrix beschrieben werden. Die Strukturinfor-
mation ist äquivalent zu der der Mengendarstellung bzw. der grafischen Darstel-
lung.
Ist G = (V , E ) ein ungerichteter Graph, dann ist die zugehörige Adjazenzmatrix
( )
A = aij definiert mit

⎧1 falls {i, j}∈ E


aij = ⎨ .
⎩0 sonst
Die Adjazenzmatrix eines ungerichteten Graphen ist stets symmetrisch zur
Hauptdiagonalen, da mit einem Element {i, j} wegen {i, j} = { j , i} der Kanten-
menge auch { j , i} zu dieser Kantenmenge gehört. Eigenschaften des Graphen
lassen sich ebenfalls der Adjazenzmatrix entnehmen. So sind beispielsweise die
Strukturmodellierung mittels Graphen 187

Nachbarn N ( k ) eines Knotens k der k-ten Zeile bzw. der k-ten Spalte zu entneh-
men. Die Zahl der Nachbarn N ( k ) 1 ist folglich ermittelbar mittels
n n
N ( k ) = ∑ akj = ∑ aik .
j =1 i =1

Für einen schlichten Graphen entspricht die Zahl der Nachbarn der Zahl der
inzidenten Kanten und damit dem Grad g ( k ) des Knotens k.

Beispiel G3
Die Adjazenzmatrix zu Graph G3, dem Modell der Kommunikationsbeziehungen,
lautet
⎛0 1 1 0 0⎞
0 0 0
⎜ ⎟
⎜1 0 0 1 0
0⎟ 0 0
⎜1 0 0 1 0⎟
0 0 0
⎜ ⎟
⎜0 1 1 0 1
0⎟ 0 0
⎜0 0 0 1 1⎟
0 1 1
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1 0 1 1⎟
⎜0 0 0 0 1 1 0 1⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1 1 1 0 ⎟⎠

Die Nachbarn, etwa von Knoten 5, sind mittels der Einträge in Zeile 5 bzw.
aufgrund der Symmetrie mittels der Einträge in Spalte 5 zu ermitteln. Da
a54 = a56 = a57 = a58 = 1 und ebenso a45 = a65 = a75 = a85 = 1 gilt und die übri-
gen Zeilen- bzw. Spaltenelemente gleich null sind, lautet N ( 5 ) = {4, 6, 7,8} . Die
Anzahl der Personen, die mit P5 in einer Kommunikationsbeziehung stehen, ist
N ( 5 ) = 4 . Person P1 pflegt dagegen nur mit zwei Personen Kontakt.
Für einen gerichteten Graphen G = (V , E ) ist die Adjazenzmatrix A = aij ( )
bestimmt durch

⎧1 falls ( i, j ) ∈ E
aij = ⎨ .
⎩0 sonst
Den Zeilen der Adjazenzmatrix eines Digraphen sind die Nachfolger eines
Knotens zu entnehmen, den Spalten die Vorgänger. So sind z. B. auch Quellen
und Senken einfach identifizierbar, da die zugehörigen Spalten bzw. Zeilen nur
Nullen enthalten.
Die Zahl der Vorgänger P ( k ) eines Knotens k beträgt

1 Für eine Menge M bezeichnet M die Anzahl der Elemente dieser Menge.
188 Graphentheorie

n
P ( k ) = ∑ aik ,
i =1

die der Nachfolger S ( k )


n
S ( k ) = ∑ akj .
j =1

Für einen schlichten Graphen stimmen diese Zahlen mit dem Eingangsgrad
g − ( k ) bzw. dem Ausgangsgrad g + ( k ) überein.
Die Adjazenzmatrix eines topologisch sortierten Graphen ist eine obere Drei-
ecksmatrix, d. h. von null abweichende Einträge befinden sich ausschließlich
oberhalb der Hauptdiagonalen.

Beispiel Eigentümerstruktur Bankgesellschaft Zentral


Die formale Darstellung der Eigentümerstruktur ist Abb. 5.15 zu entnehmen.

1 2 3 4

6 7

Abb. 5.15. Eigentümerstruktur als gerichteter Graph

Die zugehörige Adjazenzmatrix lautet

⎛0 0 0 0 1 0 0⎞
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1 0 0⎟
⎜0 0 0 0 1 0 0⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1 0 0⎟.
⎜0 0 0 0 0 1 1⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 ⎟⎠

Erkennbar sind die Quellen 1, 2, 3 und 4, die jeweils den Nachfolger 5, aber
keinen Vorgänger haben, und die Senken 6 und 7, die jeweils den Vorgänger 5,
jedoch keinen Nachfolger besitzen.
Strukturmodellierung mittels Graphen 189

Ein gerichteter Graph kann außerdem als Vorgänger- oder auch als Nachfolger-
liste repräsentiert werden, ein ungerichteter Graph als Nachbarnliste. In der
Vorgängerliste werden zu jedem Knoten sämtliche direkten Vorgänger angege-
ben, in der Nachfolgerliste sämtliche direkten Nachfolger, in der Nachbarnliste
alle Nachbarn.
Grafische Darstellung, Mengendarstellung, Adjazenzmatrix, Vorgänger- und
Nachfolgerliste bzw. Nachbarnliste repräsentieren jeweils die gleichen Strukturin-
formationen eines Digraphen bzw. Graphen unter der Voraussetzung, dass der
Graph schlicht ist. Welche Form der Darstellung ausgewählt wird, hängt von der
jeweiligen Nutzung des Modells ab. Zur Veranschaulichung kleinerer Modelle ist
meist die grafische Darstellung am geeignetsten. Zur Behandlung komplexer
Probleme insbesondere mittels Rechnereinsatz sind dagegen Matrizen oder Tabel-
len bzw. Listen vorzuziehen.

Beispiele
Im Folgenden sind für verschiedene Graphen äquivalente Repräsentationsformen
angegeben, aus denen sich jeweils die Struktureigenschaften ableiten lassen.

Ungerichteter Graph G6
Mengendarstellung

V6 = {1, 2,3, 4} E6 = {{1, 2} , {2,3} , {2, 4} , {3, 4}}

Da Mengen nicht geordnet sind, könnte E6 auch wie folgt angegeben werden:

E6 = {{1, 2} , {3, 2} , {4, 2} , {3, 4}}

Grafische Darstellung Adjazenzmatrix

2
⎛0 1 0 0⎞
⎜ ⎟
⎜1 0 1 1⎟
1 4 ⎜0 1 0 1⎟
⎜⎜ 0 ⎟
1 1 0 ⎟⎠

3
190 Graphentheorie

Nachbarnliste

Knoten Nachbarn

1 2
2 1, 3, 4

3 2, 4

4 2, 3

Dieser Graph ist zusammenhängend und enthält einen Kreis.

Gerichteter Graph G7
Mengendarstellung
V7 = {1, 2,3, 4} E7 = {(1, 2 ) , ( 2,3) , ( 2, 4 ) , ( 3, 4 )}

Grafische Darstellung Adjazenzmatrix

2
⎛0 1 0 0⎞
⎜ ⎟
⎜0 0 1 1⎟
1 4 ⎜0 0 0 1⎟
⎜⎜ ⎟
⎝0 0 0 0 ⎟⎠

Vorgängerliste Nachfolgerliste

direkte direkte
Knoten Knoten
Vorgänger Nachfolger

1 - 1 2

2 1 2 3, 4
3 2 3 4

4 2, 3 4 -

Dieser Graph ist schwach, jedoch nicht stark zusammenhängend. Knoten 1 ist
einzige Quelle, Knoten 4 einzige Senke und der Graph ist topologisch sortiert.
Strukturmodellierung mittels Graphen 191

Gerichteter Graph G8
Mengendarstellung
V8 = {1, 2,3, 4,5} E7 = {(1, 2 ) , ( 2,3) , ( 2, 4 ) , ( 3,1)}

Grafische Darstellung Adjazenzmatrix


2 5
⎛0 1 0 0 0⎞
⎜ ⎟
⎜0 0 1 1 0⎟
1 4 ⎜1 0 0 0 0⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0⎟
⎜0 0 0 0 0 ⎟⎠

3

Vorgängerliste Nachfolgerliste

direkte direkte
Knoten Knoten
Vorgänger Nachfolger

1 3 1 2
2 1 2 3, 4

3 2 3 1

4 2 4 -

5 - 5 -

Dieser Graph enthält den isolierten Knoten 5, für den gilt:


5 5
∑ ai5 = ∑ a5 j = 0
i =1 j =1

Damit ist der Graph nicht schwach zusammenhängend. Der Graph ist nicht to-
pologisch sortiert, da ein Pfeil von Knoten 3 nach Knoten 1 führt. Da Pfad
(1, (1, 2 ) , 2, ( 2,3) ,3, ( 3,1) ,1) einen Zyklus bildet, ist eine topologische Sortierung
nicht möglich.

Beispiel Feuerwehrwachen
Die Nachbarschaftsliste der Standorte in Tabelle 4.3 definiert einen ungerichteten
Graphen, der angibt, zwischen welchen Knoten die maximale Entfernung von
8 Minuten nicht überschritten wird. Da jeweils i ∈ N i gilt, existiert für jeden
Knoten eine Schlinge. Gesucht wird eine minimale Anzahl von Knoten, die den
192 Graphentheorie

gesamten Graphen überdeckt, deren Nachbarschaften zusammen also gleich der


Knotenmenge sind.
Graphen werden vielfältig verwendet, um in der Realität beobachtete Zusam-
menhänge systematisch zu erfassen und einer Analyse zugänglich zu machen.
Dabei erleichtert die grafische Darstellung das Verständnis und die Kommunikati-
on verschiedener Beteiligter. Mit zusätzlichen quantitativen Angaben, z. B.
Bewertungen von Kanten, sind darauf aufbauend Auswertungen durchführbar und
ggf. Entscheidungen zu unterstützen, wie in Teilkapitel 5.2 gezeigt wird.

5.1.4 Aufgaben

Aufgabe 5.1.1
Geben Sie zu folgenden Graphen jeweils die Vorgänger- bzw. Nachbarnliste und
die Adjazenzmatrix an und beschreiben Sie die Eigenschaften der Graphen.
a) 2

1 3

b) 2 4

1 3

c)
1 2 3

5 6 7

9
Strukturmodellierung mittels Graphen 193

d)
2

4 5

1 3

Aufgabe 5.1.2
Zeichnen Sie die durch folgende Adjazenzmatrizen beschriebenen Graphen und
sortieren Sie diese topologisch, sofern dies möglich ist.
⎛0 0 0 0 0 0⎞
⎛0 1 0 1 1⎞ ⎜ ⎟
⎛0 1 0 0⎞ ⎜ ⎟ ⎜0 0 1 1 0 0⎟
⎜ ⎟ ⎜1 0 1 0 1⎟
⎜0 1⎟
a) ⎜0 0 1 1⎟
b) ⎜0 1 0 0 0⎟ c) ⎜
0 0 0 0

⎜1 0 0 1⎟ ⎜ ⎟ ⎜0 0 0 0 1 1⎟
⎜⎜ ⎟ ⎜1 0 0 0 0⎟
⎝0 0 0 0 ⎟⎠ ⎜1
⎜1 0 0 0 0 0⎟
⎝ 1 0 0 0 ⎟⎠ ⎜⎜ ⎟
⎝1 0 0 0 0 0 ⎟⎠

Aufgabe 5.1.3
Folgende Darstellung gibt die Unternehmensstruktur der RuhrgebietsUnterneh-
mensBeteiligungsAG an. Modellieren Sie diese Struktur als Graphen und geben
Sie sowohl die Mengendarstellung als auch eine grafische Darstellung an. Welche
Eigenschaften weist der Graph auf?

RuhrgebietsUnternehmensBeteiligungsAG (RUB AG)

Inländische Fertigungsunternehmen Internationale Schiff- und


(IFU) Energiebeteiligungen (ISEB)

Rohöl-
Bochumer Gesellschaft Eisenwerke Innovative Maritime
Wasser-
Maschinen- für Energie- Osnabrück- Windkraft- Transport
Erdgas
werke AG system- und Nienburg anlagen AG Union
Handelsge-
Anlagenbau
sellschaft
194 Graphentheorie

5.2 Bewertete Graphen und kürzeste Wege

5.2.1 Bewertung und Entfernung

Sind Knoten und/oder Kanten bzw. Pfeile von Graphen bewertet, dann spricht
man von einem bewerteten Graphen. Ein Beispiel ist das Modell der Eigentümer-
struktur der Bankgesellschaft Zentral, welches quantitative Angaben über den
Anteil an der jeweiligen Gesellschaft ausweist. Je nach inhaltlichem Zusammen-
hang können die Bewertungen sehr unterschiedliche Bedeutungen wie Dauer,
Entfernung, Kapazität haben, die bei der Interpretation von Modellergebnissen
entsprechend zu berücksichtigen sind.
Ein bewerteter Graph verfügt zusätzlich über eine Bewertungsfunktion, die
jedem Knoten bzw. jeder Kante eine reelle Zahl zuweist. Im Folgenden werden
nur Kantenbewertungen betrachtet. Diese sind festgelegt über die Bewertungs-
funktion

c : E → R mit c ({i, j} ) = cij = c ji bzw. c ( ( i, j ) ) = cij .

Ein Netzwerk ist ein bewerteter Digraph ohne isolierte Knoten.


Ein Netzwerk kann als Modell für unterschiedliche Sachverhalte dienen, z. B.
können die Knoten (Stand-)Orte und die Bewertungen der Pfeile Entfernungen
darstellen, welche wiederum räumlich oder zeitlich gemessen werden. Es kann
auch ein Rohrleitungssystem, z. B. für Gas oder Wasser, mit den Bewertungen der
Rohrkapazitäten abgebildet werden oder voneinander abhängige, durchzuführende
Aktivitäten mit ihrer zeitlichen Beanspruchung.
Die graphentheoretische Literatur setzt bei der Definition von Netzwerken häu-
fig zusätzlich voraus, dass genau eine Quelle und genau eine Senke existieren und
teilweise, dass die Pfeilbewertungen ausschließlich natürliche Zahlen sind. Auf-
bauend auf der jeweiligen Definition erfolgt dann die Formulierung mathemati-
scher Sätze und Algorithmen. Daher ist stets zu prüfen, welche Voraussetzungen
für den Einsatz von Algorithmen insgesamt erforderlich sind und ob diese in einer
geplanten Anwendungssituation vorliegen.
Zu einem bewerteten Graphen G lässt sich die Bewertungsmatrix
( )
C ( G ) = cij angeben mit
⎧0 falls i = j

cij := ⎨cij falls {i, j} bzw. ( i, j ) ∈ E .

⎩∞ sonst

Anstelle der Bewertung ∞ , die beispielsweise für eine „riesige Entfernung“


dort steht, wo zwei Knoten nicht benachbart sind, können in anderem Kontext
auch abweichende Einträge, wie etwa 0, nicht vorhandene Kanten bzw. Pfeile
Bewertete Graphen und kürzeste Wege 195

sinnvoll abbilden. Dies ist abhängig von dem mit dem Modell verfolgten Auswer-
tungszweck und dem dazu anzuwendenden Algorithmus.

Beispiel Autobahnnetz NRW II


Das Straßennetz wird durch den in Abb. 5.16 enthaltenen ungerichteten Graphen
bzw. den zugehörigen gerichteten Graphen repräsentiert, deren Bewertungen den
Ortsentfernungen in Minuten Fahrtdauer entsprechen.
33
He Ham
20
51
17

14 22
C E Bo
48

26
39

34
D W

Abb. 5.16. Bewerteter ungerichteter Graph Autobahnnetz NRW

Die zugehörige Adjazenzmatrix, erweitert um die Knotenbezeichnungen und


tabellarisch dargestellt, lautet:
C E D He Bo W Ham
C 0 1 0 1 0 0 0
E 1 0 1 0 1 0 0
D 0 1 0 0 0 1 0
He 1 0 0 0 1 0 1
Bo 0 1 0 1 0 1 1
W 0 0 1 0 1 0 1
Ham 0 0 0 1 1 1 0
Die zugehörige Bewertungsmatrix mit Knotenbezeichnungen ist
196 Graphentheorie

C E D He Bo W Ham
C 0 14 ∞ 20 ∞ ∞ ∞
E 14 0 39 ∞ 22 ∞ ∞
D ∞ 39 0 ∞ ∞ 34 ∞
.
He 20 ∞ ∞ 0 17 ∞ 33
Bo ∞ 22 ∞ 17 0 26 51
W ∞ ∞ 34 ∞ 26 0 48
Ham ∞ ∞ ∞ 33 51 48 0
Die Bewertung ∞ modelliert hier, dass keine direkte Autobahnverbindung zwi-
schen den Städten besteht, also aufgrund der im Modell betrachteten unendlich
hohen Fahrtdauer diese Verbindung nicht gewählt wird, wenn ein Ausweichen
möglich ist.
Für bewertete Graphen lässt sich die Länge der Kantenfolge F = ( i0 , i1 ,..., is )
bzw. Pfeilfolge F = ( i0 , i1 ,..., is ) ermitteln zu
s s
c ( F ) = ∑ c {ir −1 , ir } bzw. c ( F ) = ∑ c ( ir −1 , ir ) .
r =1 r =1

Die Entfernung d {i, j} bzw. d ( i, j ) der Knoten i und j ist die kürzeste Kan-
ten- bzw. Pfeilfolge mit den Endknoten i und j bzw. von i nach j.
Nach Ermittlung der jeweils kürzesten Kanten- bzw. Pfeilfolgen mit den End-
( )
knoten i und j kann die Entfernungsmatrix D ( G ) = dij angegeben werden mit
⎧0 für i = j

d ij := ⎨ d {i, j} falls eine Kantenfolge zwischen i und j existiert
⎪∞ sonst

⎧0 für i = j

bzw. d ij := ⎨ d ( i, j ) falls eine Pfeilfolge von i nach j existiert .
⎪∞ sonst

Beispiel Netzwerk

1
1 3

-2 3 2

4
2 4

Abb. 5.17. Netzwerk


Bewertete Graphen und kürzeste Wege 197

In diesem Beispielnetzwerk ist die Entfernung nicht symmetrisch, im Unter-


schied zu einem bewerteten ungerichteten Graphen.

Bewertungsmatrix Entfernungsmatrix
⎛ 0 −2 1 ∞ ⎞ ⎛ 0 −2 1 2⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
3 0 ∞ 4⎟ 3 0 4 4⎟
C =⎜ D=⎜
⎜∞ ∞ 0 2 ⎟ ⎜∞ ∞ 0 2⎟
⎜⎜ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟
⎝∞ ∞ ∞ 0 ⎠ ⎝∞ ∞ ∞ 0 ⎟⎠

Es existieren verschiedene Algorithmen zur Ermittlung kürzester Wege, die


von jeweils unterschiedlichen Voraussetzungen ausgehen. Hier wird beispielhaft
der Algorithmus von Dijkstra vorgestellt, der die kürzesten Wege von einem
Startknoten zu allen anderen erreichbaren Knoten in einem Netzwerk mit nichtne-
gativer Bewertung ermittelt.
Wie bereits erläutert, ist ein ungerichteter Graph äquivalent zu einem gerichte-
ten Graphen, die Kantenbewertungen werden für beide Pfeile übernommen,
sodass Algorithmen für gerichtete Graphen dann auch für ungerichtete Graphen
nach entsprechender äquivalenter Modellierung eingesetzt werden können.

Beispiel

2 5
2 5
1 2 3 1 2 3
2 5
Für beide Graphen stimmen Adjazenz-, Bewertungs- und Entfernungsmatrix
jeweils überein.

Adjazenzmatrix Bewertungsmatrix Entfernungsmatrix


⎛ 0 1 0⎞ ⎛ 0 2 ∞⎞ ⎛0 2 7⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜1 0 1⎟ ⎜2 0 5⎟ ⎜ 2 0 5⎟
⎜ 0 1 0⎟ ⎜∞ 5 0 ⎟ ⎜ 7 5 0⎟
⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

5.2.2 Kürzeste-Wege-Algorithmus von Dijkstra

Der Algorithmus von Dijkstra bestimmt in einem bewerteten Digraphen mit


nichtnegativen Bewertungen die kürzesten Wege von einem ausgewählten Knoten
zu allen übrigen Knoten.
Idee: Ausgehend von dem ausgewählten Startknoten werden alle Knoten mit
ihrer vorläufig kürzesten bekannten Entfernung vom Startknoten markiert. Grund-
198 Graphentheorie

lage ist die Bewertungsmatrix. Der dem Startknoten nächstgelegene Knoten wird
endgültig festgelegt und der Wegknoten angegeben, von dem aus er erreicht
wurde. Für die direkten Nachfolger dieses Knotens wird nun geprüft, ob der Weg
über den gerade festgelegten Knoten kürzer ist als der kürzeste bisher bekannte
Weg. In diesem Fall wird die vorläufige Markierung des Knotens modifiziert. Von
allen erreichbaren Knoten wird nun der mit der vom Startknoten kürzesten Entfer-
nung endgültig festgelegt. Dieses Vorgehen wird solange fortgesetzt, bis die
Entfernungen zu allen Knoten feststehen. Durch Rückwärtsverfolgung der Mar-
kierungen werden die kürzesten Wege vom Startknoten zu jedem anderen Knoten
ermittelt.
Markierungsalgorithmus: Ein Knoten j wird vorläufig markiert, sobald eine
obere Schranke kleiner als unendlich für die Entfernung bestimmt ist. Knoten j
wird endgültig markiert, wenn ein kürzester Weg zu j gefunden ist. In jeder
Iteration wird genau einer der vorläufig markierten Knoten endgültig markiert.
Das Verfahren bricht ab, sobald alle Knoten endgültig markiert sind oder vorzei-
tig, wenn eine weitere Markierung nicht möglich ist, da die verbleibenden Knoten
nicht erreicht werden können.

Algorithmus von Dijkstra zur Ermittlung der kürzesten Wege


Voraussetzung: Es liegt ein bewerteter Digraph mit Knotenmenge {1,..., n} und
nichtnegativen Pfeilbewertungen vor.

Initialisierung
d j := ∞, q j := 0, j = 1,..., n
k := a, L := {a} , M := S ( a )
d a := 0, qa := 0
solange M ≠ ∅

für alle j ∈ S ( k ) ∩ M
d k + ckj < d j
ja nein
d j := d k + ckj

q j := k

bestimme k ∈ M mit d k := min d j


j∈M

L := L ∪ {k } , M := ( M ∪ S ( k ) ) \ L
Bewertete Graphen und kürzeste Wege 199

Bezeichnungen
L Menge der endgültig markierten Knoten
M Menge der vorläufig markierten Knoten
n Anzahl der Knoten, Startknoten a
k aktuell betrachteter Knoten
dj kürzeste, bislang bekannte Weglänge von a nach j
qj direkter Vorgänger von j auf kürzest bekanntem Weg
S ( j ) Menge der direkten Nachfolger von j

Beispiel Bestimmung kürzester Wege

2
4 1
2
1 4 5
1 1

3
5

Abb. 5.18. Bewerteter Graph G9

Gesucht sind die kürzesten Verbindungen von Knoten 1 zu allen anderen Knoten.
Ersichtlich ist, dass die kürzesten Entfernungen von 1 nach 2 über die Knoten 3
und 4 insgesamt 3 E beansprucht. Von 1 nach 3 besteht die direkte Verbindung
mit 1 E. Von 1 nach 4 gelangt man in 2 E über Knoten 3 und Knoten 5 ist über 3
und 4 in 4 E erreichbar.
Zu dem abgebildeten bewerteten Graphen lässt sich unmittelbar der äquivalente
gerichtete Digraph ableiten, dessen Bewertungen sämtlich nichtnegativ sind. Da-
her ist der Algorithmus von Dijkstra anwendbar.
Es sind n = 5 Knoten zu berücksichtigen, deren kürzeste Entfernungen von
Knoten a = 1 aus zu ermitteln sind. In der Initialisierungsphase werden zunächst
alle d j auf ∞ und alle q j auf 0 gesetzt für j = 1,...,5 . k wird mit 1 festgesetzt.
Die Menge der endgültig markierten Knoten ist somit L := {1} , die der vorläufig
markierten Knoten enthält die Nachfolger von 1 M := S (1) = {2,3,5} . Weiterhin
gilt d1 := 0 und q1 := 0 .
In der ersten Iteration wird zunächst geprüft, ob in der Menge M der vorläufig
markierten Knoten Elemente enthalten sind. Beim ersten Durchgang stimmen M
und S (1) überein. Die Bewertungen d 2 = d3 = d5 sind bislang ∞ , sodass jeweils
die Aktualisierung erfolgt zu
d 2 := d1 + c12 = 0 + 4 = 4
d3 := d1 + c13 = 0 + 1 = 1
d5 := d1 + c15 = 0 + 5 = 5
200 Graphentheorie

und q2 = q3 = q5 = 1 gesetzt werden. Knoten 4 gehört nicht zu M, seine Markie-


rung wird daher nicht modifiziert.
Anschließend wird ein Knoten k aus der Menge M bestimmt, der nun minimale
Entfernung zu Knoten 1 aufweist, ablesbar an den d j . Sollten mehrere Knoten
diese Bedingung erfüllen, wird ein beliebiger ausgewählt. Hier hat Knoten 3
minimale Entfernung und wird in die Menge L aufgenommen. M wird um Kno-
ten 3 reduziert und um die Nachfolger von 3, die noch nicht zu L gehören, erwei-
tert, sodass nun M = {2, 4,5} gilt.

Tabelle 5.1. Iterationen des Algorithmus von Dijkstra für den Graphen G9

Initialisie- 1 2 3 4
rung

Knoten dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj

1 0 0

2 ∞ 0 4 1 4 1 3 4

3 ∞ 0 1 1

4 ∞ 0 ∞ 0 2 3

5 ∞ 0 5 1 5 1 4 4 4 4

{1, 2, 3, 4,
L {1} {1, 3} {1, 3, 4} {1, 2, 3, 4}
5}
M {2, 3, 5} {2, 4, 5} {2, 5} {5} ∅

Die Festlegungen durch den Algorithmus lassen sich gut mittels einer tabellari-
schen Darstellung verfolgen, die die Daten in jeder Iteration enthält, wobei auf die
Angabe der Initialisierungsspalte üblicherweise verzichtet wird.
In der zweiten Iteration wird für die Elemente aus M, die Nachfolger des gerade
endgültig markierten Knotens 3 sind, geprüft, ob die Verbindung vom Startknoten
über den Knoten 3 kürzer als die bisher bekannte kürzeste Entfernung ist. Dies ist
nur für den Knoten 4 mit d3 + c34 = 1 + 1 = 2 < ∞ der Fall, sodass d 4 := 2 und
q4 := 3 gesetzt werden. Die kürzeste Entfernung besteht nun zu Knoten 4, der in L
aufgenommen wird, M wird entsprechend angepasst.
Die Überprüfung in der dritten Iteration zeigt, dass Knoten 2 von Knoten 4 aus
besser zu erreichen ist als von Knoten 1 aus, daher wird die Markierung aktuali-
siert und wegen der nun minimalen Entfernung endgültig festgelegt.
In der vierten Iteration erfolgt keine Modifikation der Bewertung von Knoten 5,
da 5 kein direkter Nachfolger von 2 ist. Als letzter Knoten, der nun minimale
Entfernung zu Knoten 1 aufweist, wird Knoten 5 endgültig markiert. Da nun
M = ∅ ist, bricht der Algorithmus ab.
Bewertete Graphen und kürzeste Wege 201

Den endgültigen Markierungen sind die kürzesten Entfernungen von Knoten 1


zu den jeweiligen Knoten zu entnehmen. Durch Rückwärtsverfolgung der Marken
ermittelt man die kürzesten Wege, die in Tabelle 5.2 dargestellt sind.

Tabelle 5.2. Kürzeste Wege und kürzeste Entfernungen

j wj dj

2 (1, 3, 4, 2) 3
3 (1, 3) 1

4 (1, 3, 4) 2

5 (1, 3, 4, 5) 4

Der Algorithmus von Dijkstra ist ein so genannter Baumalgorithmus. Durch die
schrittweise Festlegung von Knoten mit den verbindenden Pfeilen wird ein Teil-
graph bestimmt, der möglichst alle Knoten enthält und ein Baum ist.
Im Beispiel mit Graph G9 wird dieser Baum schrittweise aufgebaut:

1. Iteration 2. Iteration

1 1 4

3 3
3. Iteration 4. Iteration

2 2

1 4 1 4 5

3 3

Abb. 5.19. Schrittweiser Aufbau eines Baums für Graph G9

Der Rechenaufwand des Algorithmus von Dijkstra steigt im ungünstigsten Fall


(worst case) quadratisch mit der Knotenzahl n an: Je Knoten erfolgt eine Iteration,
je Iteration Berechnungen und Vergleiche maximal proportional zur Knotenzahl.
( )
Formal ausgedrückt ist die Zeitkomplexität dieses Algorithmus O n 2 , d. h., die
Maximalzahl elementarer Rechenoperationen verhält sich in Abhängigkeit von der
Knotenzahl n proportional zu n 2 . Damit führt der Algorithmus sehr schnell zu
einer Lösung.
202 Graphentheorie

Beispiel Autobahnnetz NRW III


Zur Ermittlung kürzester Wege von Bochum zu allen anderen Orten wird ein
entsprechender gerichteter Graph aufgestellt, dessen Bewertungen der aktuellen
Stauprognose angepasst sind. Aufgrund einer Teilsperrung zwischen Bochum und
Essen ist auf dieser Strecke aktuell von einer Fahrtdauer von 115 Minuten auszu-
gehen. Damit ist dieser Graph nicht symmetrisch.

He 33 Ham

20 17 51
115
C 14 E Bo
22 48

39 26

D 34 W

Abb. 5.20. Autobahnnetz NRW mit Fahrtdauern in Minuten

Die Anwendung des Algorithmus von Dijkstra zur Bestimmung der schnellsten
Verbindungen von Bochum zu allen übrigen Orten, unter Berücksichtigung der
aktuellen Verkehrslage ist Tabelle 5.3 zu entnehmen. Es empfiehlt sich beispiels-
weise aufgrund der Verkehrslage an diesem Tag, von Bochum über Herne und
CentrO nach Essen zu fahren. Wie Tabelle 5.4 zeigt, sind innerhalb von
30 Minuten bei der aktuellen Verkehrslage von Bochum aus nur Herne und
Wuppertal zu erreichen.
Mit dem Algorithmus von Dijkstra werden die kürzesten Entfernungen von
einem gewählten Knoten aus zu allen übrigen Knoten ermittelt. Die kürzesten
Entfernungen von den verschiedenen Orten aus bis zu dem gewählten Knoten
erhält man nur dann direkt, falls der Graph ungerichtet bzw. symmetrisch ist. Da
dies in dem Autobahnbeispiel nicht gegeben ist, kann z. B. die kürzeste Entfer-
nung von Essen nach Bochum nicht direkt aus der Tabelle entnommen werden.
Sie beträgt nur 22 Minuten im Vergleich zu den ermittelten 51 Minuten in umge-
kehrter Richtung.
Bewertete Graphen und kürzeste Wege 203

Tabelle 5.3. Dijkstra-Iterationen Beispiel Entfernungen NRW

1 2 3 4 5 6

Knoten dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj

1C ∞ 0 37 4 37 4

2E 115 5 115 5 115 5 51 1 51 1

3D ∞ 0 ∞ 0 60 6 60 6 60 6 60 6

4 He 17 5

5 Bo

6W 26 5 26 5

7 Ham 51 5 50 4 50 4 50 4

{1, 4, 5, {1, 4, 5, {1, 2, 4, {1, 2, 3, 4,


L {4, 5} {4, 5, 6}
6} 6, 7} 5, 6, 7} 5, 6, 7}
{1, 2, 6, {1, 2, 3,
M {2, 3, 7} {2, 3} {3} ∅
7} 7}

Tabelle 5.4. Kürzeste Wege und Entfernungen von Bochum aus

j Ort wj dj

1 CentrO (5, 4, 1) 37

2 Essen (5, 4, 1, 2) 51

3 Düsseldorf (5, 6, 3) 60

4 Herne (5, 4) 17

6 Wuppertal (5, 6) 26

7 Hamm (5, 4, 7) 50

Der Algorithmus von Dijkstra ermittelt nur die kürzesten Entfernungen von 1
zu allen übrigen Knoten. Um ihn dennoch ohne Modifikation auch auf das folgen-
de Problem anwenden zu können, wird das Modell geeignet modifiziert, sodass
der Algorithmus die Ergebnisse nach entsprechender Interpretation liefert. Zum
gerichteten Graphen in Abb. 5.21 sollen die kürzesten Entfernungen und kürzesten
Wege aller Knoten zum Knoten 1 ermittelt werden.
204 Graphentheorie

Beispiel Graph G10

2 6 2 6
1 3 5 1 3 5
1 2 1 2
1 4 1 1 4 1
4 4
2 2 2 2
2 4 6 2 4 6
u
Abb. 5.21. Graph G10 Abb. 5.22. Modifizierter Graph G10

Um den Algorithmus von Dijkstra anwenden zu können, wird statt des Gra-
u
phen G10 ein anderer Graph G10 aufgestellt, indem die Knoten und die Bewer-
tungen übernommen und die Pfeilrichtungen umgekehrt werden. Der neue Graph
ist Abb. 5.22 zu entnehmen. In diesem Graphen werden nun mittels Dijkstra-
Algorithmus die kürzesten Wege von 1 zu allen übrigen Knoten ermittelt.

Tabelle 5.5. Dijkstra-Tableau

1 2 3 4 5

Knoten dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj

2 ∞ 0 3 3

3 2 1

4 ∞ 0 6 3 5 2

5 ∞ 0 8 3 8 3 7 4

6 ∞ 0 ∞ 0 ∞ 0 7 4 7 4

{1, 2, 3, {1, 2, 3, {1, 2, 3,


L {1, 3} {1, 2, 3}
4} 4, 5} 4, 5, 6}

M {2, 4, 5} {4, 5} {5, 6} {6} ∅

Hierzu lassen sich nun alle kürzesten Wege von 1 zu allen übrigen Knoten im
u
Graphen G10 ableiten.
Bewertete Graphen und kürzeste Wege 205

u
Tabelle 5.6. Entfernungen von Knoten 1 aus für Graph G10

j wj dj

2 (1, 3, 2) 3
3 (1, 3) 2

4 (1, 3, 2, 4) 5

5 (1, 3, 2, 4, 5) 7

6 (1, 3, 2, 4, 6) 7

Bezüglich Graphen G10 sind daraus die kürzesten Wege und Entfernungen von
allen Knoten zu Knoten 1 abzuleiten.

Tabelle 5.7. Entfernungen zu Knoten 1 hin für Graph G10

j wj dj

2 (2, 3, 1) 3

3 (3, 1) 2

4 (4, 2, 3, 1) 5

5 (5, 4, 2, 3, 1) 7

6 (6, 4, 2, 3, 1) 7

Treten auch negative Pfeilbewertungen auf, kann der Algorithmus von Dijkstra
nicht angewendet werden, es sei denn, spezielle Strukturvoraussetzungen sind
erfüllt. Für die in der Praxis durchaus vorkommende allgemeine Situation stehen
andere Algorithmen, wie etwa der Kürzeste-Wege-Algorithmus von Ford, zur
Verfügung, auf die hier nicht weiter eingegangen wird. Die Ermittlung längster
Wege in einem Graphen lässt sich auf ein Problem kürzester Wege zurückführen,
indem die Pfeilbewertungen jeweils mit ( −1) multipliziert werden. Alternativ
lassen sich Kürzeste-Wege-Algorithmen entsprechend modifizieren und dann als
Längste-Wege-Algorithmen direkt anwenden. Ein Algorithmus zur Ermittlung
längster Wege von einem Startknoten aus wird bei der Ermittlung frühester
Ereigniszeiten in einem Netzplan eingesetzt und im Kapitel Projektplanung ver-
wendet.
Anwendungsbezogene Einführungen in die Graphentheorie sind in vielen Ope-
rations Research-Lehrbüchern enthalten und umfassen teilweise sogar einen
eigenen Band (z. B. Gal 1992). Werden spezielle graphentheoretische Probleme
oder Einsatzbereiche behandelt, so wird häufig auf die Grundlagen eingegangen.
206 Graphentheorie

So bauen Standort-, Touren- und Transportplanung vielfach auf graphentheoreti-


schen Methoden auf (z. B. Domschke 2007; Domschke 1997; Domschke u. Drexl
1996). Ausführlichere Einführungen in die Graphentheorie, die sich besonders an
Informatiker richten und daher algorithmenorientiert sind, geben z. B. Krumke u.
Noltemeier (2005) und Turau (2004). Eine detaillierte Behandlung der Komplexi-
tät von Algorithmen findet man bspw. bei Wegener (2003). Eher mathematisch
orientiert sind die Einführungen von Diestel (2006) und Steger (2007).

5.2.3 Aufgaben

Aufgabe 5.2.1
In dem folgenden bewerteten Digraphen ist der kürzeste Weg von Knoten 1 zu
allen anderen Knoten zu bestimmen. Verwenden Sie dazu den Algorithmus von
Dijkstra.

3
4 5
4 2
1 3
2
1 3 6
3 1 3
4
2 7
5

Aufgabe 5.2.2
In dem vorliegenden Digraphen sollen die kürzesten Wege von Knoten 1 zu allen
anderen Knoten mit Hilfe des Algorithmus von Dijkstra ermittelt werden. Geben
Sie die kürzesten Wege bitte explizit an.

3
1 5
11 3

11 3 2
2 5
2
2 4
3
Bewertete Graphen und kürzeste Wege 207

Aufgabe 5.2.3
Das Institut für Sicherheit (IfS) mit Sitz im Technologiepark der Ruhr-Universität
Bochum betreut die Flughafengesellschaft des Airport Frankfurt/Main in Sicher-
heitsfragen. Zur Präsentation hochbrisanter Forschungsergebnisse und der Über-
gabe vertraulicher Dokumentationen möchte das Projektteam von Bochum (BO)
aus im Safety-Car des IfS auf dem kürzesten Weg nach Frankfurt (F) fahren. Auf
der Fahrt dorthin könnten die Städte Hagen (HA), Leverkusen (LE), Siegen (SI)
sowie Montabaur (MT) potenzielle Zwischenstationen sein. Der folgende Graph
stellt die möglichen Routen von Bochum nach Frankfurt dar.
Geben Sie die Adjazenzmatrix dieses Digraphen an und überprüfen Sie (mit
Begründung), ob der Graph topologisch sortierbar ist. Wie lang ist der kürzeste
Weg von Bochum (BO) nach Frankfurt (F) und wie lautet er? Verwenden Sie zur
Ermittlung den Algorithmus von Dijkstra.

99
LE MT
60 82

BO 88 F

30 129
HA SI
72

Aufgabe 5.2.4
Bestimmen Sie in folgendem Digraphen die kürzesten Wege von allen Knoten zu
Knoten 1.

3
2 4
2 1
1 4 2 6
1
5 3
3 5
6 Projektplanung

6.1 Modellierung der Projektstruktur

6.1.1 Grundlagen der Projektplanung

Zur Unterstützung des Projektmanagements, also der Planung, Steuerung, Koordi-


nation und Überwachung von Projekten, werden graphentheoretische Methoden
erfolgreich eingesetzt, wobei die Netzplantechnik eine zentrale Rolle spielt.
y Unter einem Projekt wird ein einmaliges, komplexes, häufig neuartiges Vorha-
ben verstanden, welches einen definierten Anfang und ein definiertes Ende auf-
weist.
Die Einmaligkeit resultiert aus der jeweiligen Kombination von Zielvorgaben,
zeitlichen, finanziellen, personellen und anderen Restriktionen der Abgrenzung
gegenüber anderen Vorhaben und ggf. der spezifischen Organisation (siehe DIN-
Norm 69901).
Projektbeispiele sind im Anlagenbau, bei der Neuproduktentwicklung, bei der
Softwareentwicklung oder -einführung, bei Marktstudien, bei Schulungsmaßnah-
men und in vielen anderen Bereichen zu finden. Wurde eine methodische Unter-
stützung des Projektmanagements zunächst insbesondere von Spezialisten für sehr
große, langwierige Projekte beispielsweise im Anlagenbau und in der Weltraum-
forschung eingesetzt, sind die Kenntnis und die Rechnerunterstützung dieser
Methoden heute weit verbreitet, sodass auch weniger umfangreiche Vorhaben
systematisch geplant und gesteuert werden.
Die konfliktären Ziele des Projektmanagements bestehen darin, ein Projekt mit
möglichst geringen Kosten in möglichst kurzer Zeit und mit möglichst hoher
Qualität durchzuführen, wobei die verfügbaren Ressourcen zu beachten sind. Zur
systematischen Unterstützung des Projektmanagements ist die Planung des Pro-
jektablaufs von hoher Wichtigkeit, die die verschiedenen durchzuführenden
Aktivitäten, deren Dauern und Mittel- und Personalanforderungen berücksichtigen
muss. Daher wird das komplexe Projekt zunächst daraufhin untersucht, welches
die wesentlichen Projektbestandteile sind und wie diese voneinander abhängen,
bevor anschließend eine modellgestützte Gesamtplanung durchgeführt wird.
Hinsichtlich der jeweils berücksichtigten Informationen werden die aufeinander
aufbauenden Planungsphasen Strukturanalyse und Zeitplanung, Kapazitäts- und
210 Projektplanung

Kostenplanung bzw. -optimierung unterschieden, die im Weiteren vorgestellt wer-


den.
Die Zerlegung eines Projektes in einzelne Bestandteile und deren detaillierte
Analyse erleichtert die Angabe präziser Informationen hinsichtlich Durchfüh-
rungsdauer, Ressourcenbedarf und Kosten durch Experten, die über Erfahrungen
in den einzelnen Teilgebieten verfügen.
Die zu ermittelnden wesentlichen Bestandteile eines Projektes sind wie folgt
charakterisiert:
y Ereignis: Eintreten eines definierten Zustands im Projektablauf
y Vorgang: Zeiterforderndes Geschehen mit definiertem Anfang und definiertem
Ende
y Anordnungsbeziehung: Die quantifizierbare Abhängigkeit zwischen Ereignis-
sen und/oder Vorgängen
Diese Bestandteile der Realität werden mittels eines graphentheoretischen Mo-
dells abgebildet, dann werden Auswertungen an diesem Modell durchgeführt und
die Modellergebnisse auf die Realität übertragen. Das mathematische Modell,
welches hier zur Anwendung kommt, weist eine spezielle Struktur auf und wird
als Netzplan bezeichnet.
y Ein Netzplan N = (V , E ) ist ein endlicher, zusammenhängender, zyklenfreier
Digraph mit genau einer Quelle und genau einer Senke.

2 4

1 6

3 5

Abb. 6.1. Beispielhafter Netzplan

Dieser Digraph besteht aus sechs Knoten und sieben Pfeilen


mit der Knotenmenge V = {1, 2,3, 4,5, 6}
und der Pfeilmenge E = {(1, 2 ) , (1,3) , ( 2, 4 ) , ( 2,5) , ( 3,5) , ( 4, 6 ) , ( 5,6 )}.
Er ist endlich, zusammenhängend und zyklenfrei. Knoten 1 ist die einzige
Quelle und Knoten 6 die einzige Senke des Digraphen. Damit erfüllt er alle
notwendigen Eigenschaften, die einen Netzplan charakterisieren.
Die wesentlichen Bestandteile eines Projektes, Ereignisse, Vorgänge und An-
ordnungsbeziehungen, werden im Rahmen der Projektplanung ermittelt und somit
die Struktur des Projektes erfasst. Die Abbildung im Modell erfolgt, indem diese
Bestandteile den Knoten und Pfeilen eines Netzplans zugeordnet werden. Hin-
Modellierung der Projektstruktur 211

sichtlich der Zuordnung der Vorgänge sind grundsätzlich zwei Vorgehensweisen


möglich, die bei vorgangsorientierten Netzplantechniken zum Einsatz kommen:
y Vorgangspfeilnetzplan (VPN, activity-on-arc)
Die Vorgänge werden den Pfeilen zugeordnet. Knoten entsprechen Ereignissen,
Anordnungsbeziehungen bestimmen den Zusammenhang zwischen Knoten und
Pfeilen. Diese Art der Modellierung wird bei der klassischen Netzplantechnik
CPM (Critical Path Method) angewandt.
y Vorgangsknotennetzplan (VKN, activity-on-node)
Die Vorgänge werden den Knoten zugeordnet. Die Pfeile entsprechen den Ab-
hängigkeitsbeziehungen. Ereignisse werden nicht explizit modelliert. Vor-
gangsknotennetzpläne finden bei der klassischen Methode MPM (Metra Poten-
tial Method) Verwendung.
Wird das besondere Augenmerk im Projektmanagement auf die Ereignisse und
nur implizit auf die Vorgänge gerichtet, findet eine ereignisorientierte Netzplan-
technik Anwendung:
y Ereignisknotennetzplan
Die Ereignisse werden den Knoten zugeordnet. Die Pfeile entsprechen den Ab-
hängigkeitsbeziehungen zwischen den Ereignissen. Vorgänge bestimmen im-
plizit die Ereignisse und deren Abhängigkeitsbeziehungen. Die klassische Netz-
plantechnik PERT (Program Evaluation and Review Technique) ist ereignis-
orientiert. Bei dieser klassischen Technik besteht zusätzlich die Besonderheit,
dass risikobehaftete Vorgangsdauern explizit im Modell berücksichtigt werden.
Ein besonderer Vorteil der Modellierung mittels Netzplänen ist darin zu sehen,
dass eine Planung der Zusammenhänge systematisch von der Detailebene aus
erfolgt. Es werden nur die technologisch zwingenden Abhängigkeiten erfasst und
simultane Bearbeitung unterstützt. So wird vermutet, dass der Bau der Polaris-
Rakete durch den Einsatz von PERT um etwa zwei Jahre verkürzt werden konnte,
da die ca. 11.000 Unterauftragnehmer besser koordiniert wurden und viele Aktivi-
täten gleichzeitig stattfinden konnten.

6.1.2 Strukturanalyse

Die Strukturanalyse beinhaltet zunächst die Ermittlung aller Aktivitäten bzw.


Ereignisse, die für die erfolgreiche Durchführung des realen Projektes erforderlich
sind, und die bestehenden Abhängigkeitsbeziehungen. Diese werden auf die
unmittelbaren, also direkten Abhängigkeitsbeziehungen reduziert und in einer
Liste festgehalten, in der entweder zu jedem Vorgang jeweils sämtliche direkten
Vorgänger oder alle direkten Nachfolger angegeben werden. Anschließend kann
die Modellierung erfolgen, indem die Projektbestandteile den Elementen des
Netzplans geeignet zugeordnet werden.
212 Projektplanung

Beispiel Klausurtraining
Sie beabsichtigen, vor Ihrem Klausurtraining einige wichtige Literaturstellen in
der Bibliothek auszuwählen und diese anschließend zu kopieren. Außerdem
besuchen Sie die Fachschaft und holen die dort vorhandenen Skripte ab. Sobald
Sie alle Unterlagen gesammelt haben, beginnen Sie Ihr Training. Zur Einstim-
mung auf alle prüfungsvorbereitenden Aktivitäten gönnen Sie sich zunächst einen
Kurzurlaub.
Um einen vorgangsorientierten Netzplan zur Modellierung dieses Projektes zu
erstellen, sind zunächst Vorgänge und deren Abhängigkeitsbeziehungen festzu-
stellen. Dies geschieht hier mittels einer Vorgangsliste, in der die Vorgänge je-
weils mit ihren direkten Vorgängern aufgeführt sind.

Tabelle 6.1. Vorgangsliste Klausurtraining

direkte
Bezeichnung Vorgangsbezeichnung
Vorgänger

T Klausurtraining K, S
A Auswahl der Literatur U

K Kopieren der Literatur A

S Skripte U

U Kurzurlaub –

Nach Erfassung der erforderlichen Vorgänge und der Struktur kann die Model-
lierung des Projektes mittels Netzplan erfolgen. Aufgrund der vorgangsorientier-
ten Betrachtung sind sowohl ein Vorgangspfeil- als auch ein Vorgangsknoten-
netzplan geeignet.

Vorgangspfeilnetzplan Klausurtraining
Die Vorgänge werden Pfeilen zugeordnet, die Knoten entsprechen dann Anfangs-
und Endereignissen. Mit geeigneter Knotennummerierung kann der Netzplan wie
folgt grafisch dargestellt werden.

U S T
1 2 4 5

A K
3

Abb. 6.2. Vorgangspfeilnetzplan 1 Klausurtraining


Modellierung der Projektstruktur 213

Die Bezeichnung der Vorgänge als Paare der inzidenten Knoten ergibt dann
den Netzplan in grafischer Darstellung in Abb. 6.3.

(1, 2) (2, 4) (4, 5)


1 2 4 5

(2, 3) (3, 4)
3

Abb. 6.3. Vorgangspfeilnetzplan 2 Klausurtraining

Dazu äquivalent sind die Mengendarstellung NVPN (VVPN , EVPN ) mit


VVPN = {1, 2,3, 4,5} und EVPN = {(1, 2 ) , ( 2,3) , ( 2, 4 ) , ( 3, 4 ) , ( 4,5 )} , die zugehörige
Adjazenzmatrix und die Vorgänger- bzw. Nachfolgerliste.

⎛0 1 0 0 0⎞ direkte direkte
⎜ ⎟ Knoten Knoten
⎜0 0 1 1 0⎟ Vorgänger Nachfolger
⎜0 0 0 1 0⎟
⎜ ⎟ 1 - 1 2
⎜0 0 0 0 1⎟
⎜0 0 0 0 0 ⎟⎠
2 1 2 3, 4

3 2 3 4

4 2, 3 4 5

5 4 5 -

Dieser Digraph ist ein Netzplan, da er endlich, zusammenhängend und zyklen-


frei ist und über die einzige Quelle 1 und die einzige Senke 5 verfügt. Er ist
topologisch sortiert. Es handelt sich um verschiedene Darstellungsformen eines
Netzplans, der ein angemessenes Modell des realen Projektes ist.

Vorgangsknotennetzplan Klausurtraining
Jeder Vorgang wird einem Knoten zugeordnet und diese gemäß den Abhängigkei-
ten miteinander verbunden.

U T

A K

Abb. 6.4. Vorgangsknotennetzplan 1 Klausurtraining


214 Projektplanung

Mit entsprechender Knotennummerierung ergibt sich somit der Netzplan in


Abb. 6.5.

2
(1, 2) (2, 5)

1 5

(1, 3) (4, 5)
3 4
(3, 4)
Abb. 6.5. Vorgangsknotennetzplan 2 Klausurtraining

Die äquivalente Mengendarstellung ist NVKN (VVKN , EVKN ) mit VVKN = {1, 2,
3, 4 ,5} und EVKN = {(1, 2 ) , (1,3) , ( 2,5 ) , ( 3, 4 ) , ( 4,5 )} , zugehörige Adjazenzmatrix
oder Vorgänger- bzw. Nachfolgerliste lauten:

direkte direkte
Knoten Knoten
Vorgänger Nachfolger
⎛0 1 1 0 0⎞
⎜ ⎟ 1 - 1 2, 3
⎜0 0 0 0 1⎟
⎜0 0 0 1 0⎟ 2 1 2 5
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1⎟ 3 1 3 4
⎜0 0 0 0 0 ⎟⎠
⎝ 4 3 4 5

5 2, 4 5 -

Auch dieser Digraph ist ein Netzplan, da er ebenfalls die entsprechenden Ei-
genschaften aufweist. Knoten 1 ist Quelle und Knoten 5 Senke, jedoch entspre-
chen diese Knoten nun Vorgängen im realen Projekt, während es sich im vorheri-
gen Modell um Ereignisse handelt. Dieser Netzplan, obwohl unterschiedlich,
modelliert ebenfalls adäquat dasselbe reale Projekt. Die Interpretation von Mo-
dellergebnissen ist entsprechend anzupassen.

Modellierung mittels Graphen


Zur Ermittlung von Eigenschaften von Projekten werden Algorithmen auf Gra-
phen eingesetzt, die spezielle graphentheoretische Eigenschaften voraussetzen.
Daher ist bei der Modellierung der Realität darauf zu achten, dass diese Eigen-
schaften vorhanden sind. Häufig lassen sich diese Eigenschaften durch geeignete
Vorgehensweisen oder Maßnahmen in der Modellierungsphase sicherstellen.
Hier wird für weitere Berechnungen vorausgesetzt, dass das Modell ein Netz-
plan mit den zugehörigen graphentheoretischen Eigenschaften ist. So müssen etwa
Modellierung der Projektstruktur 215

genau eine Quelle und eine Senke vorhanden sein und parallele Pfeile dürfen nicht
auftreten.
Bei der Modellierung mittels Darstellung von Vorgangspfeilnetzplänen wird
ein Vorgang A abgebildet auf einen Pfeil, der mit einem Anfangsknoten i und
einem Endknoten j versehen ist.

A
i j

Da ein Digraph keine parallelen Pfeile besitzt, wird Vorgang A durch den
Pfeil ( i, j ) eindeutig repräsentiert. Knoten i und j entsprechen Ereignissen im
Projektablauf.
Ist Vorgang B abhängig von Vorgang A, wird folgende Darstellung verwendet

A B
1 2 3

Ist C abhängig sowohl von A als auch von B, ist folgendes Modell geeignet

1 A
C
3 4

B
2

Dies stellt keinen Netzplan dar, da zwei Quellen existieren. Die Darstellung mit
genau einer Quelle und einer Senke ist bei Vorgangspfeilnetzplänen meist durch
Zusammenziehung der Knoten möglich. Jedoch ist weiter zu berücksichtigen, dass
in einem Netzplan keine parallelen Pfeile auftreten dürfen, da ein Netzplan
schlicht ist. Sind zwei Aktivitäten wie hier unabhängig voneinander durchführbar
und können jeweils zu einem Ereignis beginnen und enden, ist zur Erstellung
eines geeigneten mathematischen Modells, das keine parallelen Pfeile aufweist,
ein zusätzlicher Pfeil einzuführen, dem kein realer Vorgang entspricht. Dieser
Pfeil wird Scheinvorgang genannt und üblicherweise gestrichelt gezeichnet. Bei
späteren Zeit- und Kapazitätsbetrachtungen werden einem Scheinvorgang bezüg-
lich Dauer, Betriebsmittelbeanspruchung und Kosten jeweils null zugewiesen.

1 A
C
S 3 4

B
2
216 Projektplanung

Komplizierte Abhängigkeitsbeziehungen lassen sich gelegentlich nur durch Ein-


führung von Scheinvorgängen darstellen. Ist Vorgang C nur von A abhängig, D
setzt jedoch sowohl A als auch B voraus, dann ist die Verwendung eines Schein-
vorgangs S zur angemessenen Modellierung notwendig.

A 2 C

1 S 4

B D
3

Es ist darauf zu achten, dass keine überflüssigen Scheinvorgänge verwendet


werden. Weiter ist sicherzustellen, dass der Graph zyklenfrei ist. Dies kann über-
prüft werden, indem eine topologische Sortierung durchgeführt wird.
Bei der Modellierung mittels Vorgangsknotennetzplänen wird „Vorgang B ist
abhängig von Vorgang A“ abgebildet durch

A B

Sind sowohl B als auch C abhängig von A, ist die Darstellung

Dies ist kein Netzplan, da B und C Senken sind und somit mehr als eine Senke
existiert. Daher wird im Modell ein Knoten für den fiktiven Vorgang Ende einge-
führt, der nun die einzige Senke ist und das Projektende modelliert. Auf diese
Weise wird gewährleistet, dass das Modell ein Netzplan ist und entsprechende
Methoden anwendbar sind.

A Ende

C
Modellierung der Projektstruktur 217

Können mehrere Vorgänge zu Projektbeginn unabhängig voneinander begin-


nen, wird ein fiktiver Vorgang Anfang als einzige Quelle hinzugefügt. Quelle und
Senke, ob fiktiver oder realer Vorgang, entsprechen in der Realität dem Projektan-
fang und dem Projektende.

Anfang C

Die Aufstellung von Vorgangsknotennetzplänen ist meist einfacher als die von
Vorgangspfeilnetzplänen und findet sich häufig in Standardsoftware zur Unter-
stützung der Projektplanung.

Beispiel Uni-Party
Zur Vorbereitung einer Uni-Party, die jedes Semester von Studierenden veranstal-
tet wird, sind verschiedene Vorbereitungen zu treffen, die im Folgenden einzeln
angegeben sind.

Tabelle 6.2. Vorgangsliste Uni-Party

direkte
Bezeichnung Vorgangsbezeichnung
Vorgänger

Termin in Abstimmung mit anderen Organisationen


A –
festlegen
B Versicherung abschließen A

C Erlaubnis des Kanzlers einholen B

D Angebot für Getränke und Musikanlage einholen A

E Plakat entwerfen –

F Plakat drucken C, E
G Plakat aufhängen F
Auswahl und Vertragsabschluss Getränke und
H C, D
Musikanlage

Die Struktur dieses Projektes lässt sich mittels eines Vorgangsknotennetzplans


modellieren. Die grafische Darstellung entspricht der Vorgangsliste erweitert um
218 Projektplanung

Anfang und Ende, die für Vorgangsknotennetzpläne typischerweise eine Vorgän-


gerliste für den entsprechenden Graphen ist.

A D H

Anfang Ende
B C

E F G

Abb. 6.6. Vorgangsknotennetzplan Uni-Party

Ebenfalls lässt sich die Projektstruktur durch einen geeigneten Vorgangspfeil-


netzplan modellieren und visualisieren, wobei hier zwei Scheinvorgänge hinzuzu-
fügen sind.

D
2 5
A H
B
C S1
1 E 3 4 8
S2 G
F
6 7

Abb. 6.7. Vorgangspfeilnetzplan Uni-Party

Aufbauend auf der Strukturanalyse erfolgt die Untersuchung des zeitlichen Ab-
laufs des Projektes einschließlich der Bestimmung des frühestmöglichen Projekt-
endes und der Planung von Flexibilitätsreserven im Rahmen der Zeitanalyse.
Weiterführend lassen sich auch knappe Kapazitäten berücksichtigen, Gesamtkos-
ten optimieren und risikobehaftete Projekte erfolgreich unterstützen.

6.1.3 Aufgaben

Aufgabe 6.1.1
Modellieren Sie zu folgenden Vorgangslisten, die alle für ein Projekt erforderli-
chen Vorgänge mit ihren gegenseitigen Abhängigkeitsbeziehungen aufweisen, die
zugehörigen Netzpläne. Verwenden Sie sowohl eine Vorgangspfeil- wie eine
Vorgangsknotendarstellung und geben Sie jeweils eine grafische Darstellung, die
Vorgänger- und die Nachfolgerliste und die Adjazenzmatrix an. Achten Sie
darauf, dass Ihr Modell tatsächlich die erforderlichen Eigenschaften aufweist, die
einen Netzplan charakterisieren.
Modellierung der Projektstruktur 219

a) Vorgang direkter Vorgänger

A -

B -

C -

D B, C

E A

F A

G D, E, F

H D, E

b) Vorgang direkter Vorgänger

A -

B A, D

C B

D C

Aufgabe 6.1.2
Sie planen für die kommenden Semesterferien mit zwei Kommilitonen eine
Rundreise mit dem Wohnmobil durch Indien und setzen sich zusammen um zu
überlegen, welche Vorbereitungen für die Reise zu treffen sind.
Für die Visabeschaffung planen Sie 28 Tage ein, für die Festlegung der endgül-
tigen Reiseroute 21 Tage. Die Buchung der Flüge inklusive der Ticketausstellung
beansprucht 14 Tage. Die Anmietung des Wohnmobils über Internet erfordert 2
Tage. Die Planung, welche Ausrüstung Sie mitnehmen, dauert 14 Tage. Die
Beschaffung der fehlenden Visa und die Festlegung der Reiseroute können ohne
weitere Abstimmung ab sofort erfolgen. Die Buchung der Flüge und die Anmie-
tung des Wohnmobils sind möglich, sobald die endgültige Reiseroute festgelegt
ist. Die Überprüfung und Ergänzung der Ausrüstung soll im Anschluss an die
Buchung des Wohnmobils geschehen.
220 Projektplanung

a) Erstellen Sie zunächst zu dem beschriebenen Reisevorbereitungsprojekt eine


Vorgangsliste mit den direkten Abhängigkeitsbeziehungen.
b) Entwickeln Sie einen entsprechenden Vorgangspfeil- und einen Vorgangskno-
tennetzplan und stellen Sie diese graphisch dar. Geben Sie für beide graphentheo-
retischen Modelle eine Vorgängerliste an.

Aufgabe 6.1.3
Die Studentin Mona Toya möchte in den nächsten Semesterferien ihre Großmutter
in Gorleben mit dem Fahrrad besuchen. Als Erstes muss sie dafür ihr Fahrrad
gründlich säubern, was einen Tag in Anspruch nimmt. Anschließend sind Defekte
zu reparieren, wofür aufgrund des Materialeinkaufs drei Tage eingeplant werden
müssen. Nach der Reparatur ist auf jeden Fall eine halbtägige Probefahrt erforder-
lich. Ebenfalls nach der Reparatur will Monas Vater die Strecke heraussuchen
(2 Tage) und Monas Schwester La bei einer Freundin eine Satteltasche leihen
(1 Tag). Für die eigentliche Fahrt nach Gorleben hat Mona acht Tage eingeplant.
a) Erstellen Sie zu obiger Fahrradtour eine Vorgangsliste mit den direkten Abhän-
gigkeitsbeziehungen und Dauern der Vorgänge.
b) Entwickeln Sie einen Vorgangspfeil- und einen Vorgangsknotennetzplan und
stellen Sie diese grafisch dar.

Aufgabe 6.1.4
Der private Bahnbetreiber Corex plant, einen regelmäßigen Zugverkehr zwischen
dem Ruhrgebiet und Berlin in Konkurrenz zur Deutschen Bahn AG mit eigenen
Hochgeschwindigkeitszügen einzurichten. Die Produktion der Corex-Züge erfolgt
ähnlich wie die des ICE der Deutschen Bahn AG durch ein Konsortium von
mehreren Unternehmen. Die Fahrgastzelle wird in Thüringen hergestellt, wobei
jedoch der Innenausbau in Augsburg durchgeführt wird. Dort werden ebenso
Fahrgestell und Räder gefertigt und zusammengebaut. In München werden Motor
und Triebkopf gefertigt und in Erlangen die vollständige Elektronik eingebaut.
Nach dem Zusammenbau in Augsburg werden die Corex-Züge auf der Teststrecke
in Niedersachsen getestet, abgenommen und bereitgestellt. Corex hat einen Auf-
trag über drei Züge an das Konsortium erteilt und bittet um Angabe des frühest-
möglichen Auslieferungstermins des ersten Zuges.
Die einzelnen Produktionsschritte zur Herstellung eines Corex-Zuges vom Ein-
gang der Bestellung bis zur Abnahme des fertigen Zuges sind mit ihren jeweiligen
Fertigungsdauern und Abhängigkeitsbeziehungen in der folgenden Tabelle aufge-
listet. Kapazitäten sind ausreichend vorhanden, sodass zu keiner Zeit Engpässe
auftreten werden.
Modellierung der Projektstruktur 221

Dauer direkte
Bezeichnung Vorgangsbezeichnung
(Tage) Vorgänger

A Eingang der Bestellung 1 -


B Herstellung Fahrgastzelle in Thüringen 60 A

C Herstellung Fahrgestell und Räder in Augs- 120 A


burg
D Herstellung Motor in München 30 A

E Herstellung Triebkopf in München 60 A

F Herstellung Elektronik in Erlangen 90 A

G Überführung Fahrgastzelle nach Augsburg 7 B

H Innenausbau Fahrgastzelle in Augsburg 120 G

I Zusammenbau Waggon in Augsburg 30 C, G

K Überführung Motor und Triebkopf nach 2 D, E


Erlangen
L Einbau Motor und Elektronik in Triebkopf 40 F, K
in Erlangen
M Überführung Triebkopf nach Augsburg 2 L

N Zusammenbau Corex-Zug in Augsburg 14 H, I, M

P Überführung Corex-Zug nach Niedersach- 1 N


sen
Q Probefahrten auf Teststrecke in Niedersach- 30 P
sen
R Abnahme und Bereitstellung Corex-Zug 7 Q

Stellen Sie die Herstellung eines Corex-Zugs grafisch mittels eines Vorgangs-
pfeilnetzplans dar. Begründen Sie die Notwendigkeit der ggf. verwendeten
Scheinvorgänge.
222 Projektplanung

6.2 Zeitliche Planung des Projektablaufs

6.2.1 Zeitanalyse für Vorgangspfeilnetzpläne

Von besonderer Bedeutung für die Planung und Steuerung von Projekten sind
Informationen über den zeitlichen Ablauf und die Gesamtprojektdauer, die sowohl
vor Projektbeginn als auch während der Projektdurchführung Voraussetzung für
die Ergreifung verschiedener Maßnahmen und die Entscheidungsfindung sind.
Grundlage der Zeitanalyse von Projekten ist die Bestimmung der Dauern aller
einzelnen Vorgänge. Voraussetzung dafür ist die genaue Beschreibung der zur
Ausführung einer Tätigkeit vorgesehenen Verfahren, die Berücksichtigung von
Art und Anzahl der einzusetzenden Arbeitskräfte, Produktionsmittel usw. Damit
wird die für die Durchführung erforderliche Zeit geplant, wobei meist eine einheit-
liche Zeitdimension, wie Tag oder Woche, für das Gesamtprojekt empfehlenswert
ist, um eine vergleichbare Detaillierung zu erzielen. Die hier behandelte determi-
nistische Planung setzt voraus, dass diese Angaben mit ausreichender Genauigkeit
festgestellt werden können. Mit Berücksichtigung der Pfeilbewertungen lassen
sich nun die Abhängigkeitsbeziehungen präzisieren. Ist Vorgang B abhängig von
Vorgang A, ist dies für einen bewerteten Vorgangspfeilnetzplan zu interpretieren
als „Vorgang B kann frühestens beginnen, wenn Vorgang A abgeschlossen ist“.
Unter Berücksichtigung der Projektstruktur lassen sich darauf aufbauend wichtige
Zeiten des Projektablaufs planen, die mittels graphentheoretischer Algorithmen
ermittelt werden. Dazu erfolgt die Bewertung der Pfeile des Netzplans mit den
Vorgangsdauern. Durch zunächst eine progressive und anschließend eine retro-
grade Zeitrechnung werden je zwei charakteristische Zeitpunkte für alle Ereignis-
se festgestellt:
y FZi: Der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem Ereignis i eintreten kann,
y SZi: Der spätestzulässige Zeitpunkt, zu dem Ereignis i stattfinden muss, unter
der Voraussetzung, dass ein geplantes Projektende eingehalten wird.
Üblicherweise wird als geplantes Projektende λ der vorher ermittelte frühest-
mögliche Endtermin gewählt, alternativ kommt z. B. auch ein vertraglich festge-
legter Termin in Betracht. Der spätestzulässige Zeitpunkt wird auch als spä-
testmöglicher oder spätestnotwendiger Zeitpunkt bezeichnet.

Berechnung der Ereigniszeiten


Der frühestmögliche Zeitpunkt FZi eines Ereignisses i, welches als Knoten reprä-
sentiert wird, ist graphentheoretisch durch die Dauer des zeitlängsten Weges vom
Startknoten zum Knoten i bestimmt. Bei der Berechnung wird auf bereits ermittel-
te Ergebnisse, die frühestmöglichen Zeitpunkte der direkten Vorgänger, zurückge-
griffen. Der frühestmögliche Zeitpunkt von Ereignis n, der Senke, entspricht dem
frühestmöglichen Projektende. Ist der Netzplan topologisch sortiert, kann die Be-
Zeitliche Planung des Projektablaufs 223

rechnung in der Reihenfolge der Nummerierung erfolgen, wie es im folgenden


Algorithmus geschieht.

Algorithmus zur Ermittlung der frühestmöglichen Ereigniszeitpunkte


Voraussetzung: Es liegt ein topologisch sortierter, bewerteter Netzplan mit
Quelle 1, Senke n und Knotenmenge {1,..., n} vor. dki bezeichnet
die Dauer von Vorgang ( k , i ) , P ( i ) die Menge der direkten
Vorgänger von i.

FZ1 := 0

for i := 2 to n do

FZ i := max ( FZ k + d ki )
k∈P ( i )

Beispiel Projekt 1
Im folgenden topologisch sortierten Netzplan entsprechen die Pfeilbewertungen
den Vorgangsdauern und die frühestmöglichen Ereigniszeiten und das frühest-
mögliche Projektende wurden ermittelt. Wird beispielsweise der frühestmögliche
Zeitpunkt von Ereignis 5 bestimmt, sind aufgrund der topologischen Sortierung
und des Algorithmus die frühesten Ereigniszeitpunkte der Vorgängerknoten
P ( 5 ) = {2,3, 4} , die sämtlich eine niedrigere Nummer tragen, bereits bekannt mit
FZ 2 = 5 , FZ 3 = 12 und FZ 4 = 14 . Nach diesen Ereigniszeitpunkten müssen
jeweils noch die entsprechenden Vorgänge ( 2,5 ) , ( 3,5 ) bzw. ( 4,5 ) durchgeführt
werden. Damit ist der frühestmögliche Zeitpunkt von Ereignis 5 die maximale
dieser drei Zeiten.
max { FZ 2 + d 25 , FZ 3 + d35 , FZ 4 + d 45 } = max {16, 20, 27} = 27

3
12
7 8

1 5 2 11 5 4 6
0 5 27 31

9 13
4
14 i dij j
FZi SZi FZj SZj

Abb. 6.8. Frühestmögliche Ereigniszeitpunkte Projekt 1


224 Projektplanung

Der spätestzulässige Zeitpunkt SZi für jedes Ereignis i wird durch den zeitlängs-
ten Weg vom Zielereignis zurück zum Ereignis i errechnet. Es ist vom gewünsch-
ten Projektendtermin auszugehen und die spätestzulässigen Zeitpunkte sind so zu
ermitteln, dass dieser Termin eingehalten wird. Für die Planung wird häufig
zunächst von dem frühestmöglichen Endtermin ausgegangen. Die Ermittlung
geschieht retrograd vom Endereignis aus und kann bei topologischer Sortierung in
umgekehrter Reihenfolge der Nummerierung geschehen.

Algorithmus zur Ermittlung spätestzulässiger Ereigniszeitpunkte


Voraussetzung: Es liegt ein topologisch sortierter, bewerteter Netzplan mit
Quelle 1, Senke n und Knotenmenge {1,..., n} vor. dij bezeichnet
die Dauer von Vorgang ( i, j ) , S ( i ) die Menge der direkten
Nachfolger von i. Das geplante Projektende ist λ mit λ ≥ FZ n .

SZ n := λ

for i := n − 1 downto 1 do

(
SZ i := min SZ j − d ij
j∈S ( i )
)

In diesen Ausführungen wird in der Regel davon ausgegangen, dass λ gleich


dem vorher bestimmten frühestmöglichen Projektende gewählt wird. Für den im
Beispiel angegebenen Netzplan werden die spätestzulässigen Ereigniszeitpunkte
ermittelt.
Abb. 6.9 enthält die spätestzulässigen Ereigniszeitpunkte, die die Einhaltung
des ermittelten frühesten Projektendes λ = 31 zulassen. Der spätestzulässige
Zeitpunkt SZ2 muss so festgelegt werden, dass für die Nachfolger von Knoten 2,
die Ereignisknoten 3, 4 und 5, die jeweiligen spätestzulässigen Zeitpunkte ein-
gehalten werden und die jeweiligen Aktivitäten durchgeführt werden können.
SZ 2 = min {SZ 3 − d 23 , SZ 4 − d 24 , SZ 5 − d 25 } = min {12,5,16} = 5

3
12 19
7 8

1 5 2 11 5 4 6
0 0 5 5 27 27 31 31

9 13
4
14 14

Abb. 6.9. Spätestzulässige Ereigniszeitpunkte Projekt 1


Zeitliche Planung des Projektablaufs 225

Aus den charakteristischen Ereigniszeitpunkten lassen sich für jeden Vorgang


die folgenden vier charakteristischen Vorgangszeitpunkte ableiten.
y FAij: Frühestmögliche Anfangszeit von Vorgang ( i, j )
FAij = FZ i
y FEij: Frühestmögliches Ende von Vorgang ( i, j )
FEij = FAij + dij = FZ i + dij
y SAij: Spätestzulässige Anfangszeit von Vorgang ( i, j ) unter Einhaltung des
vorgegebenen Projektendtermins
SAij = SEij − dij = SZ j − dij
y SEij: Spätestzulässiges Ende von Vorgang ( i, j ) unter Einhaltung des vorgege-
benen Projektendtermins
SEij = SZ j
Tabelle 6.3 enthält die vier charakteristischen Vorgangszeitpunkte zu dem vor-
herigen Netzplan.

Tabelle 6.3. Charakteristische Vorgangszeiten Projekt 1

( i, j ) FAij FEij SAij SEij

(1, 2 ) 0 5 0 5

( 2,3) 5 12 12 19

( 2, 4 ) 5 14 5 14

( 2,5) 5 16 16 27

( 3,5) 12 20 19 27

( 4,5) 14 27 14 27

( 5, 6 ) 27 31 27 31

Es lässt sich erkennen, dass z. B. Vorgang ( 2, 4 ) zum Zeitpunkt 5 beginnen


und zum Zeitpunkt 14 beendet sein muss, um das Projekt planmäßig durchführen
zu können. Da dieser Vorgang die Dauer 9 hat, ist seine Lage im planmäßigen
zeitlichen Verlauf des Projektes festgelegt. Verzögerungen oder Verschiebungen
sind kritisch und gefährden das rechtzeitige Projektende. Vorgang ( 3,5 ) kann
frühestens zum Zeitpunkt 12 und muss spätestens zum Zeitpunkt 19 beginnen, um
das Projekt planmäßig abzuschließen. Dieser Vorgang weist eine gewisse Flexibi-
lität hinsichtlich seiner zeitlichen Einplanung auf.
Auch für Nichtexperten gut verständlich lässt sich der geplante zeitliche Ablauf
des Projektes mittels eines Balkendiagramms, auch Gantt-Diagramm genannt,
darstellen. Dazu werden die Vorgänge mit Balken entsprechend ihrer Dauer im
226 Projektplanung

Zeitverlauf angegeben. Werden alle Vorgänge so eingeplant, dass sie jeweils zu


ihrem frühestmöglichen Beginn starten, ergibt sich der Plan gemäß Abb. 6.10.

(1, 2 )
( 2,3)
( 2, 4 )
( 2,5)
( 3,5)
( 4,5)
( 5, 6 )

5 10 15 20 25 30 t
Abb. 6.10. Projekt 1, Gantt-Diagramm, Vorgänge möglichst früh

Alle Vorgänge sind zu ihrem frühestmöglichen Anfangszeitpunkt FAij und


damit mit frühestmöglichem Ende FEij geplant. Das Projekt wird zum Zeitpunkt
31 abgeschlossen.
Werden alle Vorgänge so geplant, dass sie jeweils zu ihrem spätestzulässigen
Anfangszeitpunkt SAij beginnen, d. h. auch zum spätestzulässigen Endzeitpunkt
SEij enden, unter Einhaltung der ermittelten kürzesten Projektdauer
SZ n = FZ n = 31 , ist das Planergebnis folgendem Diagramm zu entnehmen.

(1, 2 )
( 2,3)
( 2, 4 )
( 2,5)
( 3,5)
( 4,5)
( 5, 6 )

5 10 15 20 25 30 t
Abb. 6.11. Projekt 1, Gantt-Diagramm, Vorgänge möglichst spät
Zeitliche Planung des Projektablaufs 227

Einige der Vorgänge, nämlich (1, 2 ) , ( 2, 4 ) , ( 4,5 ) und ( 5, 6 ) , weisen in bei-


den Planungssituationen die gleiche Lage auf, während bei den anderen eine
Verschiebung erfolgte. Neben diesen extremen Positionierungen der Vorgänge
zum jeweils frühesten bzw. jeweils spätesten Beginn sind auch andere Einplanun-
gen für die Projektdurchführung geeignet. Diese lassen sich nicht unmittelbar dem
Gantt-Diagramm entnehmen, da in einem Gantt-Diagramm keine Abhängigkeits-
beziehungen erfasst sind, können jedoch durch weitere Untersuchungen des
zugrunde liegenden Netzplans ermittelt werden.

6.2.2 Zeitanalyse für Vorgangsknotennetzpläne

Die Zeitanalyse für Vorgangsknotennetzpläne setzt ebenfalls auf den Dauern der
einzelnen Vorgänge auf. Da Ereignisse in Vorgangsknotennetzplänen nicht
explizit modelliert werden, werden im Unterschied zu Vorgangspfeilnetzplänen
unmittelbar charakteristische Vorgangszeitpunkte ermittelt und zwar jeweils
frühester und spätestzulässiger Anfangszeitpunkt jedes Vorgangs. Die Dauer eines
Vorgangs wird zunächst als Pfeilbewertung allen Pfeilen, die den Vorgangsknoten
direkt mit seinen Nachfolgern verbinden, zugewiesen. Zu beachten ist, dass das
Projekt erst beendet ist, wenn alle Vorgänge abgeschlossen sind. Selbst wenn
bereits ein Vorgangsknoten die einzige Senke des Netzplans ist, sollte dieser noch
mit einem fiktiven Endknoten der Dauer null verbunden werden. Den Vorgangs-
knoten werden im Rahmen der Zeitanalyse frühestmögliche und spätestzulässige
Anfangszeitpunkte der Vorgänge zugeordnet.

Beispiel
Vorgang A dauert 5 Zeiteinheiten, Vorgang B kann erst beginnen, wenn A abge-
schlossen ist.

5
A B

Mit einer derartigen Modellierung kann für jedes Projekt die Zeitanalyse, die
adäquat mittels eines Vorgangspfeilnetzplans modellierbar und durchführbar ist,
auch mittels eines Vorgangsknotennetzplans erfolgen.

Beispiel Projekt 1
Zu Projekt 1 ist der entsprechende mit Dauern bewertete Vorgangsknotennetzplan
in Abb. 6.12 dargestellt. Die Knoten enthalten neben der Knotennummer die
Dauer des Vorgangs. Die positiv inzidenten Pfeile sind mit den Vorgangsdauern
bewertet.
228 Projektplanung

2 7 5
7 8
5 8

1 5 3 11 7 4 E
5 11 4 0
5 13

4 9 6 i
9 13 di

Abb. 6.12. Bewerteter Vorgangsknotennetzplan Projekt 1

Die graphentheoretischen Algorithmen selbst, die zur Ermittlung der frühest-


möglichen Anfangszeitpunkte der Vorgänge i, FAi , bzw. der spätestzulässigen
Anfangszeitpunkte der Vorgänge i, SAi , unter Einhaltung eines vorgegebenen
Projektendes angewendet werden, sind identisch, da wiederum längste Wege in
einem Netzplan ermittelt werden. Die Interpretation der Knoten und die projekt-
bezogenen Bezeichnungen unterscheiden sich jedoch von denen der Vorgangs-
pfeilnetze. Daher ist auch die Interpretation der Ergebnisse anzupassen.

Algorithmus zur Ermittlung frühestmöglicher Anfangszeitpunkte


Voraussetzung: Es liegt ein topologisch sortierter, bewerteter Netzplan mit
Quelle 1, Senke n und Knotenmenge {1,..., n} vor. cki bezeich-
net den Mindestabstand zwischen dem Anfang von Vorgang k
und dem Anfang von Vorgang i, also die Dauer von k. P ( i ) ist
die Menge der direkten Vorgänger von i.

FA1 := 0

for i := 2 to n do

FAi := max ( FAk + cki )


k∈P ( i )

Es ist zu beachten, dass der geplante späteste Anfang von Vorgang n FAn, das
geplante Projektende folglich FAn + d n ist. Wird ein fiktives Ende mit dn gleich
null eingesetzt, ist FAn + 0 = FAn dann gleich dem frühestmöglichen Projektende.
Zeitliche Planung des Projektablaufs 229

Algorithmus zur Ermittlung spätestzulässiger Anfangszeitpunkte


Voraussetzung: Es liegt ein topologisch sortierter, bewerteter Netzplan mit
Quelle 1, Senke n und Knotenmenge {1,..., n} vor. cij bezeich-
net den Mindestabstand zwischen dem Anfang von Vorgang i
und dem Anfang von Vorgang j, also der Dauer di von i, S ( i )
die Menge der direkten Nachfolger von i.

SAn := λ

for i := n − 1 downto 1 do

SAi := min SA j − cij


j∈S ( i )
( )

Die Berechnung für das Beispiel ergibt dann jeweils den frühestmöglichen und
den spätestzulässigen Anfang der Vorgänge, durch Addition der Dauern lassen
sich die übrigen charakteristischen Vorgangszeiten, die frühestmöglichen und
spätestzulässigen Endtermine, berechnen. Das gewählte λ stimmt nicht mit dem
geplanten Projektende überein, falls Vorgang n eine positive Dauer besitzt.
Da der Vorgangsknotennetzplan in Abb. 6.12 um einen fiktiven Endvorgang
erweitert wurde, entspricht der früheste Anfang von E dem frühesten Projektende.
Die ermittelten frühesten und spätesten Anfangstermine aller Vorgänge sind Abb.
6.13 zu entnehmen.

2 5 7 5 12
7 12 8 19
5 8

1 0 5 3 5 11 7 27 4 E 31
5 0 11 16 4 27 0 31
5 13

4 5 9 6 14 i FAi
9 5 13 14 di SAi

Abb. 6.13. Projekt 1 mit frühestem und spätestem Vorgangsanfang


230 Projektplanung

6.2.3 Pufferzeiten und Flexibilitätsreserve

Kritische Ereignisse und Vorgänge


Eine nähere Analyse der Ereigniszeiten lässt erkennen, dass bei einigen Ereignis-
sen frühestmöglicher und spätestzulässiger Zeitpunkt übereinstimmen.
y Ein Ereignis i, für das FZi = SZi gilt, wird als kritisch bezeichnet.
Treten bei der Projektdurchführung Abweichungen von diesen Zeitpunkten auf,
ist das geplante Projektende gefährdet. Aus den Ereigniszeiten lassen sich zusätz-
liche Informationen für die Vorgangsdurchführung ableiten.
y Die maximal verfügbare Zeitspanne für die Durchführung eines Vorgangs
( i, j ) ergibt sich aus der Differenz von spätestem Zeitpunkt für das Endereig-
nis j mit dem frühesten Zeitpunkt für das Anfangsereignis i des Vorgangs. Ist
diese verfügbare Zeit gleich der Dauer dij des Vorgangs ( i, j ) , wird der Vor-
gang als kritisch bezeichnet.
Die Verzögerung oder Verschiebung eines kritischen Vorgangs bei der Projekt-
durchführung hat ohne zusätzliche Maßnahmen eine entsprechende Verspätung
des geplanten Projektendes zur Folge. Daher sind kritische Vorgänge und Ereig-
nisse während der Projektdurchführung besonders sorgfältig zu beobachten, um
bei auftretenden Abweichungen rechtzeitig eingreifen zu können.
y Eine ununterbrochene Folge von kritischen Vorgängen vom Beginn bis zum
Ende eines Projektes wird kritischer Weg bzw. kritischer Pfad genannt.
Die Dauer jedes kritischen Weges ist gleich der Dauer des gesamten Projektes.
Stimmt der gewählte späteste Zeitpunkt des Endereignisses eines Projektes mit
dem ermittelten frühesten Projektende überein, so existiert mindestens ein kriti-
scher Pfad. Für jeden kritischen Vorgang gilt, dass sowohl Anfangs- wie Ender-
eignis des Vorgangs kritisch sind. Die Umkehrung dieser Aussage gilt im Allge-
meinen nicht.

3
12 19
7 8

1 5 2 11 5 4 6
0 0 5 5 27 27 31 31

9 13
4
14 14

Abb. 6.14. Vorgangspfeilnetzplan Projekt 1 mit kritischem Weg


Zeitliche Planung des Projektablaufs 231

In Abb. 6.14 sind die kritischen Ereignisse und Vorgänge im Vorgangspfeil-


netzplan zu Projekt 1 hervorgehoben. Vorgang ( 2,5 ) ist nicht kritisch, obwohl
Anfangs- und Endereignis jeweils kritisch sind. Denn die maximale Zeitspanne ist
mit SZ 5 − FZ 5 = 27 − 5 = 22 echt größer als die Vorgangsdauer d 25 = 11 . Verzö-
gert sich Vorgang ( 2, 4 ) um drei Einheiten, wirkt sich das in vollem Umfang auf
die Projektdauer aus, die von 31 auf 34 Zeiteinheiten steigt. Verzögert sich ( 2,5 )
um zehn Einheiten, dauert also 21 statt 11 Einheiten, kann dieser Vorgang noch
vor dem Zeitpunkt 27 abgeschlossen werden, falls er rechtzeitig, also z. B. zu
seinem frühestmöglichen Startzeitpunkt, begonnen hat. Dann kann das Projekt
trotz Verzögerung planmäßig abgeschlossen werden.

Pufferzeiten
Pufferzeiten sind Zeitreserven, um die ein Vorgang unter bestimmten Bedingun-
gen verschoben oder verzögert werden kann, ohne dass der Endtermin des Projek-
tes beeinflusst wird. Sie geben Hinweise auf das Flexibilitätspotenzial in dem
Projekt.
y Gesamtpuffer: GPij = SZ j − FZ i − dij
Der Gesamtpuffer wird als Differenz der maximal verfügbaren Zeit und der
Vorgangsdauer ermittelt.
Die Verzögerung bzw. Verschiebung eines einzigen Vorgangs im Umfang sei-
nes Gesamtpuffers führt nicht zu einer Verlängerung des Projektes. Wenn der
Gesamtpuffer eines Vorgangs gleich null ist, handelt es sich um einen kritischen
Vorgang. Dieser kann sich nicht ohne Konsequenzen für das Projektende verspä-
ten. Verfügt ein Vorgang über einen positiven Gesamtpuffer und nimmt diesen
oder auch Teile davon in Anspruch, steht für die übrigen Vorgänge möglicherwei-
se keine Zeitreserve mehr zur Verfügung. Damit können zwei oder sogar mehrere
Vorgänge ihre Gesamtpuffer meist nicht ohne Auswirkungen in Anspruch neh-
men.
y Freier Puffer: FPij = FZ j − FZ i − dij
Der freie Puffer ist die Zeitreserve eines Vorgangs, die zur Verfügung steht,
wenn alle nachfolgenden Vorgänge zu ihren frühestmöglichen Anfangstermi-
nen beginnen.

Der freie Puffer kann folglich ausgeschöpft werden, ohne die frühestmöglichen
Anfangstermine der nachfolgenden Vorgänge zu beeinträchtigen. Nachteilig ist,
dass der freie Puffer tendenziell am Ende eines Pfades anfällt, was unter dem
Gesichtspunkt einer sinnvollen Projektsteuerung willkürlich erscheint.
232 Projektplanung

y Freier Rückwärtspuffer: FRPij = SZ j − SZ i − dij


Der freie Rückwärtspuffer ist die Zeitreserve eines Vorgangs, die zur Verfü-
gung steht, wenn alle vorangehenden Vorgänge zu ihren spätestzulässigen End-
zeitpunkten abgeschlossen werden.
Entsprechend dem freien Puffer kann der freie Rückwärtspuffer ausgeschöpft
werden, ohne die spätesten Endtermine der vorangehenden Vorgänge zu beein-
trächtigen. Er fällt tendenziell zu Beginn eines Pfades an, also unter Steuerungsge-
sichtspunkten ebenfalls willkürlich.
y Unabhängiger Puffer: {
UPij = max 0; FZ j − SZ i − dij }
Der unabhängige Puffer ist die Zeitreserve, die für einen Vorgang zur Verfü-
gung steht, ohne die zeitliche Flexibilität anderer Vorgänge zu beeinflussen.
Da die Differenz FZ j − SZ i − dij häufig negativ wird, also die Beeinflussung
anderer Vorgänge nicht vermieden werden kann, wird zur Verhinderung des
Ausweises eines negativen Puffers das Maximum mit null gebildet. In einem
Projekt verfügen in der Regel nur sehr wenige Vorgänge über einen positiven
unabhängigen Puffer. Durch Zuteilung nur der unabhängigen Puffer zu den
Vorgängen wird die verfügbare Flexibilitätsreserve nur zu einem geringen Teil auf
die Vorgänge verteilt.
Abb. 6.15 zeigt die Lage von Vorgang ( i, j ) unter Berücksichtigung seines
Vorgängers V und seines Nachfolgers N und die unterschiedlichen Puffer.

FZi SZi FZj SZj

dV dij dN
GPij

dV dij dN
FPij

dV dij dN
FRPij

dV dij dN
UPij

Abb. 6.15. Pufferzeiten und Lage der Vorgänge


Zeitliche Planung des Projektablaufs 233

Zwischen den Pufferzeiten eines Vorgangs ( i, j ) bestehen stets die folgenden


Zusammenhänge:
GPij ≥ FPij ≥ UPij und
GPij ≥ FRPij ≥ UPij

Ist ein Vorgang kritisch, sind somit sämtliche Puffer gleich null.

Tabelle 6.4. Vorgangspuffer Projekt 1

( i, j ) GPij FPij FRPij UPij

(1, 2 ) 0 0 0 0

( 2,3) 7 0 7 0

( 2, 4 ) 0 0 0 0

( 2,5) 11 11 11 11

( 3,5) 7 7 0 0

( 4,5) 0 0 0 0

( 5, 6 ) 0 0 0 0

Die kritischen Vorgänge (1, 2 ) , ( 2, 4 ) , ( 4,5 ) und ( 5, 6 ) weisen einen Gesamt-


puffer von null auf und damit sind auch ihre sämtlichen weiteren Puffer gleich
null. Auf dem Teilpfad ( 2,3,5 ) wird für jeden der beiden Vorgänge ein Gesamt-
puffer von 7 ermittelt, der freie Puffer ist mit 7 nur für den ersten Vorgang positiv,
der freie Rückwärtspuffer nur für den zweiten. Ausschließlich Vorgang ( 2,5 )
verfügt über einen positiven unabhängigen Puffer.

(1, 2 )
( 2, 3 )
( 2, 4 )
( 2, 5 )
( 3, 5 )
( 4, 5 )
( 5, 6 )

5 10 15 20 25 30 t

Abb. 6.16. Gantt-Diagramm mit Gesamtpuffern zu Projekt 1


234 Projektplanung

In Standardsoftware zum Projektmanagement wie beispielsweise MS-Project®


lassen sich Planungsergebnisse als Gantt-Diagramm visualisieren. Gelegentlich
werden Gesamtpuffer als Flexibilitätsreserve ausgewiesen und in der Regel
werden Vorgänge kommentarlos zu ihrem frühestmöglichen Beginn eingeplant.
Aus dem Diagramm in Abb. 6.16 sind nun die Konsequenzen ableitbar, die sich
ergeben, wenn ausschließlich
y Vorgang ( 2,3) um 5 ZE oder
y Vorgang ( 3,5 ) um 5 ZE oder
y Vorgang ( 2,5 ) um 5 ZE verzögert wird.
In diesen Fällen ergibt sich keine Verlängerung der Projektdauer. Verzögern
sich hingegen die Vorgänge ( 2,3) und ( 3,5 ) um jeweils 5 ZE, bleibt die einzelne
Verzögerung zwar jeweils unter der Höhe des Gesamtpuffers, zusammen verlän-
gert sich die Projektdauer jedoch um 3 Zeiteinheiten, was durch eine Neuberech-
nung ermittelt wird. Verlängern sich dagegen die Vorgänge ( 2,3) und ( 2,5 ) um
jeweils 5 ZE, hat das keine negativen Auswirkungen auf die Projektdauer.
Für die Projektsteuerung besser geeignet als die Zuteilung der Vorgangspuffer
ist eine sinnvolle Verteilung der Pfadpuffer.
y Der Pfadpuffer eines Pfades vom Projektbeginn zum Projektende ist die Diffe-
renz aus geplantem Projektende – meist FZ n – und Dauer des Pfades, also
Summe der Dauern der Vorgänge des Pfades.
Damit ist der Pfadpuffer eines kritischen Pfades stets gleich null. Weiter gilt,
dass der Pfadpuffer stets gleich der Summe der freien Puffer der Vorgänge auf
diesem Pfad ist. Eine zulässige, sinnvolle Verteilung des Pfadpuffers auf die
Vorgänge ist für Steuerungszwecke vorzuziehen. Diese kann nach verschiedenen
Gesichtspunkten erfolgen, wie etwa Dauer des Vorgangs, Unsicherheit dieser
Zeitangabe aufgrund der technischen Beherrschbarkeit oder Lage im Projektver-
lauf. Entsprechende Methoden zur Ermittlung von Puffern, die berücksichtigen,
dass genau die verfügbare Zeitreserve sinnvoll und zulässig zugewiesen wird, sind
verfügbar und lassen sich an die vorliegenden Gegebenheiten anpassen (vgl. Wer-
ners 2000).
Der Pfadpuffer des kritischen Pfades (1, 2, 4,5, 6 ) in Projekt 1 ist gleich null.
Der Pfad (1, 2,5, 6 ) hat den Pfadpuffer 31 − d12 − d 25 − d56 = 11 , dies entspricht
der Summe der freien Puffer auf dem Pfad. Eine Zuteilung dieser Flexibilitätsre-
serve kann nur zu dem Vorgang ( 2,5 ) erfolgen.
Der Pfadpuffer von (1, 2,3,5, 6 ) ist 7, dies entspricht der Summe der freien Puf-
fer. Eine zulässige Verteilung zur Projektsteuerung erlaubt nur für ( 2,3) und
( 3,5) positive Puffer, hier könnten 3 Zeiteinheiten zu ( 2,3) und 4 zu ( 3,5)
zugewiesen werden. Dann steht für ( 2,3) die Zeitspanne von 5 bis 15 und für
( 3,5) die von 15 bis 27 zur Verfügung.
Zeitliche Planung des Projektablaufs 235

Beispiel Uni-Party mit Dauern


Die Dauern der Vorgänge, die zur Vorbereitung der Party notwendig sind, werden
in Tabelle 6.5 angegeben und gehen als Pfeilbewertung in den Netzplan ein, der in
Abb. 6.17 dargestellt ist. Mittels Zeitanalyse lassen sich frühestmögliche und
spätestzulässige Ereigniszeitpunkte sowie die Projektdauer von 44 Arbeitstagen
ermitteln. Der kritische Weg ist hervorgehoben, wobei sich zeigt, dass auch
Scheinvorgänge auf dem kritischen Weg liegen können.

Tabelle 6.5. Vorgangsdauern Uni-Party

Vorgangs-
Bezeichnung Vorgangsbezeichnung
dauer

Termin in Abstimmung mit anderen Organisationen


A 8
festlegen
B Versicherung abschließen 1

C Erlaubnis des Kanzlers einholen 14

D Angebot für Getränke und Musikanlage einholen 6

E Plakat entwerfen 5

F Plakat drucken 7

G Plakat aufhängen 14
Auswahl und Vertragsabschluss Getränke und
H 5
Musikanlage

2 6 5
8 8 23 39
8 1 5
3 14 4
1 8
9 9 23 23
0 0 44 44
5 14

6 7 7
23 23 30 30

Abb. 6.17. Vorgangspfeilnetzplan, Uni-Party


236

1. Woche 2. Woche 3. Woche 4. Woche 5. Woche


Vorgang Dauer
MDMD F S S MDMD F S S MDMD F S SMDMD F S SMDMD F S S M
Projektplanung

A 8 Tage

B 1 Tag

C 14 Tage

D 6 Tage

E 5 Tage

Abb. 6.18. Ausschnitt des Gantt-Diagramms Uni-Party


F 7 Tage

G 14 Tage

H 5 Tage
Zeitliche Planung des Projektablaufs 237

Zur Unterstützung der Planung wird in Abb. 6.18 ein Gantt-Diagramm mit Ka-
lendertagen entwickelt, wobei zusätzlich festgelegt wird, dass an Wochenenden
nicht gearbeitet wird, jedoch begonnene Vorgänge unterbrochen werden dürfen.
Projektbeginn ist Dienstag. Die Darstellung erfolgt in Anlehnung an Projektpla-
nungssoftware, die gelegentlich in Gantt-Diagrammen zusätzlich zu den Balken
auch die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Aktivitäten visualisiert. Der
dargestellte Projektausschnitt lässt erkennen, dass hier davon ausgegangen wird,
dass Samstag und Sonntag nicht gearbeitet wird, da der achttägige Vorgang A über
das Wochenende mit insgesamt 10 Tagen abgebildet wird. Die minimale Gesamt-
dauer beträgt für dieses Projekt unter Berücksichtigung der Wochenenden 60
Kalendertage.

Beispiel Projekt 2
Zu Projekt 2, welches durch den Netzplan in Abb. 6.19 dargestellt ist, sollen die
frühesten und spätesten Ereigniszeitpunkte und die charakteristischen Vorgangs-
zeitpunkte ermittelt werden. Das früheste Projektende ist festzustellen, außerdem
die durch die Pufferzeiten gegebenen Flexibilitätsreserven.

14
2 6
5 15
3 4 11
10
1 18 7 9
4

6 15 5 8 12
3 8

Abb. 6.19. Netzplan zu Projekt 2

Das Projektende kann frühestens nach 41 Zeiteinheiten erreicht werden.


Tabelle 6.6 enthält für alle Vorgänge die mit graphentheoretischen Algorithmen
ermittelten charakteristischen Vorgangszeiten. Auch für den Scheinvorgang lassen
sich entsprechende Werte bestimmen. Ein Scheinvorgang benötigt keine Flexibili-
tätsreserve, daher kann mittels weiterer Überlegungen ggf. eine stimmige, sinnvol-
le Zuteilung zu anderen Vorgängen erfolgen. Dies kommt insbesondere dann in
Betracht, wenn ein Scheinvorgang zur Vermeidung der Parallelität zweier Vor-
gänge eingesetzt wird. In dem hier vorliegenden Fall ist keine Erhöhung von
Puffern anderer Vorgänge möglich.
238 Projektplanung

Tabelle 6.6. Charakteristische Vorgangszeiten und Puffer Projekt 2

( i, j ) FAij =FZi FEij SAij SEij=SZj GPij FPij FRPij UPij

(1, 2) 0 5 7 12 7 0 7 0
(1, 3) 0 6 0 6 0 0 0 0

(1, 4) 0 3 17 20 17 2 17 2

(1, 5) 0 18 3 21 3 3 3 3

(2, 6) 5 19 12 26 7 0 0 0

(3, 5) 6 21 6 21 0 0 0 0

(4, 7) 5 16 20 31 15 9 0 0

(5, 7) 21 25 27 31 6 0 6 0

(5, 8) 21 29 21 29 0 0 0 0

(6, 9) 19 34 26 41 7 7 0 0

(7, 9) 25 35 31 41 6 6 0 0

(8, 9) 29 41 29 41 0 0 0 0

S = (2, 4) 5 5 20 20 15 0 8 0

Flexibilitätsreserven in Vorgangsknotennetzplänen
Auch in Vorgangsknotennetzplänen lassen sich Flexibilitätsreserven ermitteln.
y Vorgänge, für die frühester und spätester Anfang zusammenfallen, können
nicht verschoben oder verzögert werden, ohne dass das Projektende gefährdet
wird. Sie sind kritisch. Ein kritischer Pfad bzw. kritischer Weg ist eine Folge
kritischer Vorgänge mit den sie verbindenden Kanten von Projektanfang bis
Projektende.
Im Beispiel ist der einzige kritische Pfad die Vorgangsfolge (1, 4, 6, 7, E ) . Sie
ist in Abb. 6.20 hervorgehoben.
Aus der Differenz zwischen spätestem Ende SEi und frühestem Anfang FAi ist
die für einen Vorgang i verfügbare maximale Zeitspanne ableitbar. Wird davon
die Dauer subtrahiert, erhält man den Gesamtpuffer, der auch direkt aus der
Differenz zwischen spätestem und frühestem Anfang resultiert.
Zeitliche Planung des Projektablaufs 239

2 5 7 5 12
7 12 8 19
5 8

1 0 5 3 5 11 7 27 4 E 31
5 0 11 16 4 27 0 31
5 13

4 5 9 6 14
9 5 13 14

Abb. 6.20. Kritischer Weg für Projekt 1 im Vorgangsknotennetzplan

y Gesamtpuffer: GPi = SEi − FAi − di


= ( SAi + di ) − FAi − di
= SAi − FAi
Während die Ermittlung des Gesamtpuffers unmittelbar möglich ist, müssen für
den freien, den freien Rückwärts- und den unabhängigen Puffer zunächst geeigne-
te Ereigniszeitpunkte nachgebildet werden. So lautet der früheste Anfangszeit-
punkt aller nachfolgenden Vorgänge, den man zur Berechnung des freien Puffers
benötigt
min FA j
j∈S ( i )

Damit ist der freie Puffer von Vorgang i zu definieren als

y Freier Puffer: FPi = min FA j − FAi − di


j∈S ( i )

Entsprechend müssen zunächst alle vorangehenden Vorgänge zu ihrem spätes-


ten Anfang beginnen und abgeschlossen sein, um den freien Rückwärtspuffer zu
ermitteln.

y Freier Rückwärtspuffer: FRPi = SAi − max ( SA j + d j )


j∈P ( i )

⎛ ⎞
y Unabhängiger Puffer: UPi = max ⎜ 0; min FA j − max ( SA j + d j ) − di ⎟
⎝ j∈S ( i ) j∈P ( i ) ⎠
Im Beispiel sind etwa für Vorgang 2 GP2 = FRP2 = 7 und FP2 = UP2 = 0 , für
Vorgang 5 GP5 = FP5 = 7 und FRP5 = UP5 = 0 und für Vorgang 3 GP3 = FP3 =
FRP3 = UP3 = 11 . Die Vorgangspuffer stimmen folglich für die Vorgänge eines
240 Projektplanung

Projektes überein, unabhängig davon, ob im Modell eine Vorgangspfeil- oder


Vorgangsknotendarstellung gewählt wird. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass bei
Vorgangspfeilnetzen für Scheinvorgänge u. U. ein positiver Puffer ermittelt wird,
der geeignet „echten“ Vorgängen zugeordnet werden sollte.

Beispiel Projekt 2
Der bewertete Vorgangsknotennetzplan zu Projekt 2 ist Abb. 6.21 zu entnehmen,
die zusätzlich die ermittelten frühesten und spätesten Anfangszeitpunkte der
Vorgänge enthält. Diese und die Pufferzeiten stimmen mit denen aus Tabelle 6.6
überein, der kritische Weg ist hervorgehoben.

1 0 5 6 5
5 7 14 12 14
5 10 19
0
15 26
2 0 7 5 15
3
0 3 17 11 20 11
A 0 11 25 10 E 41
0 0 0 4 10 31 0 41
3 0 18 8 21
12
0 18 3 4 27
12 29
15 18 8 12 29
4 0 6 5 6 15 9 21
6 0 15 6 8 21

Abb. 6.21. Vorgangsknotennetzplan für Projekt 2

Tabelle 6.7 gibt den Zusammenhang zwischen den Bezeichnungen der Vorgän-
ge im Vorgangspfeilnetzplan und im Vorgangsknotennetzplan zu Projekt 2 an.

Tabelle 6.7. Zusammenhang der Vorgangsbezeichnungen Projekt 2

Vorgang
(VPN)
(1, 2 ) (1,3) (1, 4 ) (1,5) ( 2, 6 ) ( 3,5) ( 4, 7 ) ( 5, 7 ) ( 5,8) ( 6,9 ) ( 7,9 ) (8,9 )
Vorgang 1 4 2 3 6 5 7 8 9 10 11 12
(VKN)
Zeitliche Planung des Projektablaufs 241

Bei den bisherigen Betrachtungen wurde stets davon ausgegangen, dass ein
Vorgang frühestens beginnen kann, wenn der vorherige Vorgang vollständig
abgeschlossen ist. Dies ist der Zusammenhang, der sich sowohl mittels Vorgangs-
pfeil- als auch mittels Vorgangsknotennetzen gut modellieren lässt. Vorgangskno-
tennetze erlauben darüber hinaus die Abbildung weiterer Abhängigkeitsbeziehun-
gen. So wurde bisher im Netzplan für zwei Vorgänge i und j mit den Dauern di
bzw. dj die Abhängigkeit j von i wie folgt dargestellt:

i cij = di j
di dj

Kann Vorgang j bereits 2 Zeiteinheiten nach Vorgang i beginnen, der di = 5


Zeiteinheiten dauert, kann im Modell cij = 2 gewählt werden. Damit ist eine
mögliche Überlappung mehrerer Vorgänge im Modell abbildbar. Ist ein größerer
Abstand nach Abschluss von Vorgang i erforderlich, z.B. ein Abstand zum Ende
von drei Zeiteinheiten, kann cij = di + 3 = 8 gewählt werden. Derartige Abhän-
gigkeitsbeziehungen sind bei Vorgangspfeilnetzplänen durch Teilung von Vor-
gängen bzw. Hinzufügung von Vorgängen „Warten“ ebenfalls modellierbar. In
beiden Modellen erfolgt die Ermittlung charakteristischer Vorgangszeiten ohne
Modifikation der entsprechenden Algorithmen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Netzplantypen besteht
jedoch darin, dass bei Vorgangsknotennetzplänen nicht nur die bisher beschriebe-
nen Minimalabstände: „Ein Vorgang kann frühestens beginnen, wenn …“ erfasst
werden können. Sie erlauben auch die Erfassung einer Abhängigkeitsbeziehung
„Ein Vorgang muss spätestens beginnen, nachdem …“, also einen Maximalab-
stand. Für eine Verwendung von Maximalabständen im Modell ist bei der Zeit-
analyse ein modifizierter, etwas aufwändigerer Algorithmus anzuwenden, auf den
hier nicht eingegangen wird.

6.2.4 Aufgaben

Aufgabe 6.2.1
Bearbeiten Sie die folgenden Teilaufgaben für Aufgabenstellung 6.1.2.
a) Führen Sie jeweils eine Zeitanalyse auf Basis des Vorgangsknoten- bzw. des
Vorgangspfeilnetzplans durch und ermitteln Sie sowohl die charakteristischen
Vorgangszeiten als auch die Pufferzeiten. Berechnen Sie das früheste Projektende.
Wie viele Tage vor Urlaubsbeginn müssen Sie spätestens mit den Vorbereitungen
beginnen?
b) Welche Vorgänge sind kritisch?
242 Projektplanung

c) Zeichnen Sie zur Unterstützung Ihrer Planung ein geeignetes Gantt-Diagramm


und erläutern Sie die Darstellung.
d) Geben Sie an, welche Auswirkungen auf die Projektdauer eine Erhöhung der
Dauer des Vorgangs Visabeschaffung um 7 Tage hat? Welche Konsequenzen hat
die Verlängerung der Ticketbeschaffung um 7 Tage (ausgehend vom Netzplan in
Aufg. 6.1.2 b)? Begründen Sie Ihre Ausführungen kurz.

Aufgabe 6.2.2
Setzen Sie Aufgabe 6.1.3 mit folgenden Teilaufgaben fort.
a) Führen Sie jeweils eine Zeitanalyse auf Basis des Vorgangsknoten- bzw. des
Vorgangspfeilnetzplans durch und ermitteln Sie sowohl die charakteristischen
Vorgangszeiten als auch die Pufferzeiten. Kann Mona mit ihrer Großmutter
zusammen feiern, wenn diese in 12 Tagen Geburtstag hat?
b) Zeichnen Sie zur Unterstützung Ihrer Planung ein geeignetes Gantt-Diagramm
und erläutern Sie die Darstellung.

Aufgabe 6.2.3
Bearbeiten Sie die weiteren Teilaufgaben für die Aufgabe 6.1.4.
a) Ermitteln Sie früheste und späteste Ereigniszeitpunkte.
b) Nach wie vielen Tagen kann der erste Zug frühestens bereitgestellt werden?
Welche Aktivitäten sind kritisch?
c) Welche maximale Zeitreserve steht für den Einbau von Motor und Elektronik in
den Triebkopf in Erlangen zur Verfügung und welche für die Überführung des
Triebkopfs nach Augsburg? Kann ein um 60 Tage verzögerter Start dieses Ein-
baus durch eine geeignete Verschiebung des Überführungstermins kompensiert
werden?

Aufgabe 6.2.4
Die Produktion des europäischen Verkehrsflugzeuges AIRTRAIN 007 geschieht
dezentral in Deutschland, England und Frankreich. In Schwerin werden Rumpf
und Fahrgestell gefertigt und zusammengebaut. In Bremen wird das Cockpit mit
allen Instrumenten gefertigt. Alle Antriebskomponenten (Triebwerk) werden bei
London produziert. Die Herstellung der Tragflächen und des Hecks geschieht
direkt in Toulouse. Dort erfolgt auch der spätere Zusammenbau des gesamten
Flugzeugs. Die internationale Fluggesellschaft OR-Line hat einen Auftrag über 20
AIRTRAIN 007 getätigt und bittet um Angabe des frühestmöglichen Ausliefe-
rungstermins der ersten Maschine.
Die einzelnen Produktionsschritte zur Herstellung eines AIRTRAIN 007 vom
Eingang der Bestellung bis zur Abnahme des fertigen Flugzeugs sind mit ihren
Zeitliche Planung des Projektablaufs 243

jeweiligen Fertigungsdauern und Abhängigkeitsbeziehungen in der folgenden


Tabelle aufgelistet. Kapazitätsengpässe können nicht auftreten.

Dauer direkte
Bezeichnung Vorgangsbezeichnung
(Tage) Vorgänger

A Eingang der Bestellung 1 -


B Herstellung Rumpf 14 A

C Herstellung Fahrgestell 10 A

D Herstellung Cockpit 30 A

E Herstellung Triebwerk 30 A

F Herstellung Tragflächen 14 A

G Herstellung Heck 14 A

H Zusammenbau Rumpf & Fahrgestell 3 B, C

I Überführung Rumpf mit Fahrgestell nach Tou- 3 H


louse

K Überführung Cockpit nach Toulouse 3 D

L Überführung Triebwerk nach Toulouse 1 E

M Zusammenbau Rumpf & Cockpit 14 I, K

N Zusammenbau Rumpf & Heck 3 G, I

P Zusammenbau Rumpf & Tragflächen 3 F, M, N


Q Zusammenbau Tragflächen & Triebwerk 5 L, P

R Abnahme des Flugzeugs 21 Q

a) Stellen Sie die Herstellung eines AIRTRAIN 007 grafisch mittels eines Vor-
gangsknotennetzplans dar.
b) Ermitteln Sie alle frühesten und spätesten Anfangszeitpunkte der Vorgänge.
c) Nach wie vielen Tagen kann die erste Maschine frühestens an den Besteller
übergeben werden? Welche Vorgänge sind kritisch?
244 Projektplanung

6.3 Kapazitäts- und Kostenplanung

6.3.1 Kapazitätsbedarf im Zeitablauf

Ist die Zeitanalyse abgeschlossen, können daraus Informationen über die Kapazi-
tätsbedarfe im zeitlichen Verlauf abgeleitet werden. Aus der zeitlichen Festlegung
der Vorgangsdurchführung und der Bedarfe pro Vorgang, die bei der Vorgangs-
dauerangabe zugrunde liegen, lassen sich das notwendige Personal, die einzuset-
zenden Anlagen usw. ermitteln und übersichtlich präsentieren.
Dies wird standardmäßig von Projektmanagement-Software unterstützt. Zu be-
rücksichtigen ist, dass die zeitliche Lage der nichtkritischen Vorgänge nicht
determiniert ist, sondern im Rahmen der Flexibilitätsreserven darüber entschieden
werden kann. Werden die Vorgänge zu ihrem frühestmöglichen Zeitpunkt einge-
plant, kann ein möglicher Kapazitätsbedarf im Zeitablauf ermittelt werden. Eine
andere Einplanung, z. B. zu den spätestzulässigen Zeitpunkten, führt zu einem
abweichenden Kapazitätsbedarfsverlauf.

Beispiel Kapazitätsbedarfsanalyse für Projekt 1


Es wird davon ausgegangen, dass für jeden Vorgang eine Person mit der Durch-
führung zu betrauen ist, alle Vorgänge setzen dieselbe Kompetenz voraus. Wann
müssen wie viele Personen zur Verfügung stehen?
Erfolgt die Einplanung aller Vorgänge zu ihren frühesten Anfangsterminen,
ergibt sich der in Abb. 6.22 dargestellte Kapazitätsbedarf, der unmittelbar aus dem
entsprechenden Gantt-Diagramm ableitbar ist.

Anzahl der
Arbeitskräfte

5 10 15 20 25 30 t
Abb. 6.22. Kapazitätsbedarf bei frühestem Beginn der Vorgänge Projekt 1
Kapazitäts- und Kostenplanung 245

Ein Spitzenbedarf von drei Arbeitskräften ergibt sich für die Zeitspanne von 5
bis 16. Bei spätestem Beginn ist ein abweichender Verlauf des Arbeitskräftebe-
darfs festzustellen mit dem Spitzenbedarf im Zeitraum von 16 bis 27.

Anzahl der
Arbeitskräfte

5 10 15 20 25 30 t
Abb. 6.23. Kapazitätsbedarf bei spätestem Beginn der Vorgänge Projekt 1

Durch geschickte Einlastung der Vorgänge kann versucht werden, den erforder-
lichen Spitzenkapazitätsbedarf zu minimieren. Nachfolgende Zuordnung reduziert
die Anzahl der Zeiteinheiten, zu denen 3 Personen benötigt werden, von 11 auf
nur noch 4 Zeiteinheiten. Der Spitzenbedarf von 3 konnte jedoch unter Beibehal-
tung des frühestmöglichen Projektendes nicht reduziert werden. Selbstverständlich
ändert sich durch eine Verschiebung der Vorgänge der insgesamt erforderliche
Arbeitsaufwand nicht.

(1, 2 )
( 2,3)
( 2, 4 )
( 2,5)
( 3,5)
( 4,5)
( 5, 6 )

5 10 15 20 25 30 t
Abb. 6.24. Gantt-Diagramm zur Reduzierung der Zeit mit Spitzenbedarf
246 Projektplanung

Aus obiger Zuordnung resultiert der Kapazitätsbedarf in Abb. 6.25.

Anzahl der
Arbeitskräfte

5 10 15 20 25 30 t
Abb. 6.25. Kapazitätsbedarf zu Gantt-Diagramm in Abb. 6.24

Stehen nur zwei Arbeitskräfte zur Verfügung, kann das Projekt nicht innerhalb
von 31 ZE abgeschlossen werden, sondern die Projektdauer verlängert sich. In
diesem Beispiel kann mit zwei Arbeitskräften das Projekt frühestens nach 35 Zeit-
einheiten abgeschlossen werden.
Mit Methoden des Operations Research lässt sich ein optimaler Ablaufplan er-
mitteln, der knappe Kapazitäten einhält und dann das frühestmögliche Projektende
bestimmt. Diese mathematischen Modelle zum Scheduling entsprechen weitge-
hend denen, die zur Produktionsablaufplanung bzw. Maschinenbelegungsplanung
etwa in Leitständen verwendet werden. Zur Lösung werden sowohl optimierende
Ansätze als auch Heuristiken verwendet, wie weiterführender Literatur zu ent-
nehmen ist (bspw. Brucker 2007, Demeulemeester u. Herroelen 2002, Klein 2000,
Kolisch 1995). In Projektplanungs-Software sind meist nur einfache Heuristiken
implementiert, die üblicherweise nicht bekannt gegeben werden.

6.3.2 Projektkostenoptimierung

Im Rahmen der Zeitplanung wurde unterstellt, dass die Dauern der einzelnen
Vorgänge feststehen und damit ebenfalls das frühestmögliche Projektende be-
stimmt ist und nur berechnet werden muss. Durch zusätzliche Maßnahmen,
beispielsweise Durchführung von Überstunden, Einsatz zusätzlichen Personals,
leistungsfähigere Anlagen, Wechsel von Normal- auf Expresstransport u. a.
können Vorgänge teilweise mit kürzerer Dauer durchgeführt werden. Auf diese
Weise ist häufig das Projektende beeinflussbar, jedoch ist eine Verkürzung von
Vorgängen i. d. R. nur mit zusätzlichen Kosten erreichbar. Eine Verkürzung der
Gesamtprojektdauer kann auch positive Kostenwirkungen haben, indem bspw. die
Kapazitäts- und Kostenplanung 247

Projektleitung oder Räumlichkeiten nur während einer kürzeren Zeitspanne


verfügbar sein müssen. Ein früherer Markteintritt kann das positive Ergebnis eines
beschleunigten Entwicklungsprojektes sein. Konventionalstrafen sind gelegentlich
Konsequenzen eines verzögerten Projektendes. Aufgrund der unterschiedlichen
Einflüsse der Vorgangsdauern auf die gesamten Projektkosten besteht ein Interes-
se an der Ermittlung einer kostenminimalen Projektdauer, die meist zwischen
Minimaldauer und Normaldauer des Projektes liegt, wie Abb. 6.26 zeigt. Die
Kosten K1 sind vorgangsbezogen und steigen mit zunehmender Verkürzung der
Vorgangsdauern und daraus resultierendem früherem Projektende, während die
Kosten K2 auf das Gesamtprojekt bezogen sind und mit Verlängerung des Projek-
tes steigen.

Kosten
K1 + K2

K2

K1

Optimale Dauer
Minimaldauer Normaldauer
Dauer
Abb. 6.26. Zusammenhang zwischen Projektkosten und Projektdauer

Durch Einsatz graphentheoretischer Methoden lässt sich bei geeigneter Infor-


mationsbasis die kostenoptimale Projektdauer ermitteln.
y Die Normaldauer eines Projektes bezeichnet die kürzeste Gesamtprojektdauer,
die bei normaler Dauer aller einzelnen Vorgänge erreicht wird.
y Die Minimaldauer eines Projektes ist die kürzeste Gesamtprojektdauer, die bei
größtmöglicher Beschleunigung aller Vorgänge erreichbar ist.
y Die kostenoptimale Projektdauer ist die Dauer, die mit den geringsten Gesamt-
kosten erreichbar ist. Sie liegt meist zwischen Minimal- und Normaldauer,
kann jedoch eines der beiden Extreme annehmen.
248 Projektplanung

Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass das Projekt 3 mit Normaldauer


geplant wird. Seine Vorgänge lassen sich in unterschiedlichem Ausmaß unter
Einsatz von differierenden Beschleunigungskosten verkürzen, sodass die Mini-
maldauer ermittelt werden kann. Für die Beschleunigungskosten eines Vorgangs
wird ein linearer Zusammenhang mit der Verkürzungsdauer unterstellt. Daher
können den weiteren Überlegungen mittlere Beschleunigungskosten zugrunde
gelegt werden.
y Mittlere Beschleunigungskosten MBKij eines Vorgangs ( i, j ) geben die Be-
schleunigungskosten je Einheit Verkürzung der Vorgangsdauer von Normal-
dauer bis Minimaldauer dieses Vorgangs an.
Kann ein Vorgang nicht verkürzt werden, d. h. stimmen seine Normaldauer und
Minimaldauer überein, werden die mittleren Beschleunigungskosten auf ∞ ge-
setzt.

2
3 4
3 2

1 6 3 2 4
0 0 6 6 8 8

Abb. 6.27. Projekt 3 mit Normaldauer

Abb. 6.27 zeigt den Netzplan des Projektes 3 mit Normaldauer. Die folgende
Tabelle gibt für jeden Vorgang die Minimaldauer und die mittleren Beschleuni-
gungskosten an.

Tabelle 6.8. Minimaldauern und MBK Projekt 3

( i, j ) Minimaldauer MBKij

(1, 2 ) 1 10

(1,3) 3 20

( 2,3) 1 30

( 3, 4 ) 1 40

Werden alle Vorgänge auf ihre Minimaldauer beschleunigt, resultiert der Netz-
plan mit Minimaldauer in Abb. 6.28.
Kapazitäts- und Kostenplanung 249

2
1 2
1 1

1 3 3 1 4
0 0 3 3 4 4

Abb. 6.28. Projekt 3 mit Minimaldauer

Die resultierenden Beschleunigungskosten, wenn alle Vorgänge ihre Minimal-


dauer aufweisen, ergeben sich zu 2 ⋅10 + 3 ⋅ 20 + 1 ⋅ 30 + 1 ⋅ 40 = 150 .
Eine schrittweise Verkürzung von der Normaldauer bis zur Minimaldauer des
Projektes und entsprechende Ermittlung der jeweils günstigsten Beschleunigungs-
kosten liefert den Verlauf der vorgangsbezogenen Kosten K1, die in einem weite-
ren Schritt den projektbezogenen Kosten K2 gegenübergestellt werden können.
Dazu werden die Verkürzungen so gewählt, dass jeweils möglichst geringe Be-
schleunigungskosten resultieren.
Ausgehend von der Normaldauer 8 des Projektes 3 führt nur eine Verkürzung
des kritischen Weges zu einer Reduktion der Projektdauer. Eine Verkürzung des
Vorgangs (1, 2 ) , der minimale Beschleunigungskosten aufweist, ist daher nicht
sinnvoll. Es eignen sich nur die Vorgänge (1,3) oder ( 3, 4 ) für eine Verkürzung.
Da die mittleren Beschleunigungskosten von Vorgang (1,3) mit 20 geringer sind,
erfolgt hier die Verkürzung so weit wie ratsam. Dieser Vorgang kann zwar bis auf
seine Minimaldauer 3 beschleunigt werden, jedoch werden bereits bei Verkürzung
auf 2 die Vorgänge (1, 2 ) und ( 2,3) zusätzlich kritisch, sodass jede über 1 hi-
nausgehende Verkürzung keinen Einfluss mehr auf das Projektende hat. Mit
Beschleunigungskosten von 20 lässt sich somit die Projektdauer auf 7 reduzieren,
wie Abb. 6.29 zu entnehmen ist.

2
3 4
3 2

1 5 3 2 4
0 0 5 5 7 7

Abb. 6.29. Projekt 3 reduziert auf Dauer 7

Sämtliche Vorgänge sind nun kritisch. Eine weitere Verkürzung ist nur erreich-
bar, wenn entweder ( 3, 4 ) oder (1, 2 ) und (1,3) oder (1,3) und ( 2,3) gekürzt
werden. Das günstigste Ergebnis wird für die Kombination (1, 2 ) und (1,3) mit
Beschleunigungskosten von 10 + 20 = 30 pro Zeiteinheit erreicht, die durchge-
führt wird. Da nach einer Kürzung um 2 Einheiten beide Vorgänge ihre Minimal-
dauer erreicht haben und keine weiteren Vorgänge vorher kritisch werden, erfolgt
250 Projektplanung

eine Reduktion auf 5 Zeiteinheiten. Die dafür insgesamt erforderlichen Beschleu-


nigungskosten betragen 2 ⋅ 30 + 20 = 80 .

2
1 1
1 2

1 3 3 2 4
0 0 3 3 5 5

Abb. 6.30. Projekt 3 reduziert auf Dauer 5

Eine weitere Verkürzung ist nur noch für Vorgang ( 3, 4 ) sinnvoll, und zwar um
eine Einheit mit Beschleunigungskosten von 40. So erhält man den Projektplan
mit minimaler Dauer in Abb. 6.31, der jedoch hinsichtlich der Dauer von Aktivität
( 2,3) von dem in Abb. 6.28 abweicht.

2
1 1
1 2

1 3 3 1 4
0 0 3 3 4 4

Abb. 6.31. Projekt 3 reduziert auf Dauer 4

Die für diese Dauer erforderlichen Beschleunigungskosten betragen


80 + 40 = 120 und damit weniger als die zu Beginn ermittelten 150. Dies ist da-
rauf zurückzuführen, dass eine Verkürzung von Vorgang ( 2,3) nicht erforderlich
ist und nur unnötige Kosten verursacht.
Insgesamt lässt sich nun der Verlauf der Kosten K1 für dieses Projekt darstellen.
Betragen die projektbezogenen Verlängerungskosten 25 je Zeiteinheit, ergibt sich
der in Abb. 6.32 eingezeichnete Verlauf der Kurven K2 und K1 + K2. Daraus sind
die kostenoptimale Projektdauer mit 7 Zeiteinheiten und die dauerabhängigen
Gesamtkosten von 95 ableitbar.
Zur Ermittlung der günstigsten Verkürzungsmöglichkeiten eines Projektes
schrittweise von der Normaldauer bis zur Minimaldauer sind zunächst die Nor-
maldauer und alle kritischen Wege zu ermitteln. Weiterhin müssen für jeden
Vorgang ( i, j ) die Minimaldauer mindij und die mittleren Beschleunigungskos-
ten MBK ij vorliegen. Eine Verkürzung des Gesamtprojektes setzt voraus, dass
sämtliche kritischen Wege gleichzeitig und gleichermaßen beschleunigt werden
können.
Kapazitäts- und Kostenplanung 251

Kosten
120 K1 + K2
K1
100
K2
80

50

10

4 5 6 7 8 Dauer
Minimaldauer Optimale Normal-
Dauer dauer
Abb. 6.32. Zusammenhang zwischen Projektdauer und Kosten

y Eine Kombination von kritischen Vorgängen, die verkürzbar sind, deren Be-
schleunigung um eine Einheit zu einer Reduktion der Projektdauer um eine
Einheit führt und für die jede echte Teilkombination keine Projektbeschleuni-
gung bewirkt, stellt einen Schnitt dar.
y Ein minimaler Schnitt ist ein Schnitt mit minimaler Summe der mittleren
Beschleunigungskosten aller Vorgänge.
Zur Ermittlung einer möglichst günstigen Beschleunigung ist daher ein mini-
maler Schnitt zu ermitteln und die zugehörigen Vorgänge gleichermaßen mög-
lichst stark zu verkürzen. Eine Verkürzung ist nur möglich, bis der erste Vorgang
seine Minimaldauer erreicht oder bis mindestens ein weiterer Vorgang kritisch
wird. In beiden Fällen ist ein neuer, im Allgemeinen erweiterter und daher mit
höherer Kostensumme verbundener minimaler Schnitt zu ermitteln, um eine
weitere Projektbeschleunigung zu erreichen. Für die Ermittlung eines minimalen
Schnitts in umfangreichen Projekten ist der Algorithmus von Ford-Fulkerson
einsetzbar, der einen maximalen Fluss in einem Netzwerk erzeugt und darüber den
minimalen Schnitt und seine Kapazität erhält, die den Projektbeschleunigungskos-
ten für eine Einheit Verkürzung entspricht.
Die Anwendung einer kostenminimalen Verkürzung der Projektdauer ist auch
dann ratsam, wenn sich während der Projektdurchführung zeigt, dass es aufgrund
von aufgetretenen Verzögerungen erforderlich ist, die verbleibenden Aktivitäten
schneller als ursprünglich geplant durchzuführen, um das vereinbarte Projektende
252 Projektplanung

dennoch einzuhalten. Eine derartige dynamische Projektsteuerung mit Berücksich-


tigung von unsicheren Vorgangsdauern ist unter Verwendung kostenminimaler
Beschleunigungsvorgänge durchführbar (Werners u. Wolf 2004, Wolf 2005).
Aufgrund der weiten Verbreitung quantitativer Projektplanungsmethoden fin-
den sich Darstellungen in vielen einführenden Operations Research Büchern (z. B.
Domschke u. Drexl 2007; Neumann u. Morlock 2004; Zimmermann 2008).
Vertiefendere Einführungen in das Projektmanagement und insbesondere die
entsprechenden quantitativen Methoden findet man etwa bei Altrogge (1996),
Burghardt (2007), Corsten u. Corsten (2000), Gal (1992) und Schwarze (2006).
Eine stärkere Berücksichtigung des Projektmanagements findet man z. B. bei
Meredith u. Mantel (2006) und Schelle et al. (2004).
Über die hier angesprochenen Grundlagen der Projektplanung hinaus gibt es
eine Vielzahl von Möglichkeiten, Projektauswahl, Projektplanung und -steuerung
und ggf. Projektabbruch mittels quantitativer Methoden zu unterstützen. Bei-
spielsweise liegt bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten die Struktur, also die
durchzuführenden Aktivitäten und deren Abhängigkeitsbeziehungen, nicht fest
vor, da die weiteren Schritte z. B. von einem erfolgreich abgeschlossenen Versuch
abhängen, der bei Misserfolg modifiziert erneut durchgeführt werden muss. In
diesen Fällen können stochastische Netzpläne und ihre Untersuchung geeignet
sein (Neumann 1990). Neben stochastischen Netzplantechniken könnten auch auf
der Fuzzy Sets Theorie basierende Methoden bei der Planung von Projektauswahl
und Projektablauf unterstützen (Weber et al. 1990).

6.3.3 Aufgaben

Aufgabe 6.3.1

i dij / bij j

2 2/1 4
1 6 3 8
1/2
1/1
1/2
1 2/2 5 1/1 7
0 0 2 8 9 9
4/1
2/1

3 3/2 6
4 4 7 7
Kapazitäts- und Kostenplanung 253

Für das mit dem dargestellten Netzplan modellierte Projekt soll der Personal-
bedarf im zeitlichen Ablauf ermittelt werden. Stellen Sie den Personalbedarf
zunächst für die Situation dar, dass alle Vorgänge möglichst früh durchgeführt
werden, anschließend für eine möglichst späte Einplanung. Ist eine Planung derart
möglich, dass über die drei verfügbaren Personen hinaus niemand zusätzlich
angefordert werden muss? Die Dauern dij und die Personalbedarfe bij für die
Vorgänge sind in vorangehendem Netzplan jeweils angegeben.

Aufgabe 6.3.2
Für die Vorbereitung der Uni-Party werden die Aufgaben auf verschiedene Studie-
rende verteilt. Informieren Sie Iris, Andreas, Björn und Julia, wann sie für die
Party-Vorbereitung zur Verfügung stehen müssen. Es ist zu beachten, dass die
Beteiligten nicht zwei Aufgaben gleichzeitig übernehmen können.
Julia kann aufgrund eines Praktikums erst nach 20 Tagen die ihr zugewiesenen
Aufgaben in Angriff nehmen. Können ihre Einsätze so verschoben werden, dass
sie diese mit ihrem Praktikum vereinbaren kann?

Tabelle 6.9. Vorgangsliste Uni-Party

Vorgangs-
Eingeteilte
Bezeichnung Vorgangsbezeichnung dauer
Personen
(in Tagen)

A Termin in Abstimmung mit anderen Organisa- Olga, Marco 8


tionen festlegen
B Versicherung abschließen Andreas, 1
Violetta

C Erlaubnis des Kanzlers einholen Björn, Olga 14

D Angebot für Getränke und Musikanlage Julia, Patrick 6


einholen

E Plakat entwerfen Iris, Patrick 5

F Plakat drucken Björn, Violetta 7

G Plakat aufhängen Andreas, Iris 14

H Auswahl und Vertragsabschluss Getränke und Julia, Marco 5


Musikanlage
254 Projektplanung

Vorgangspfeilnetzplan Uni-Party

2 D/6 5
8 8 23 39
A/8 H/5
B/1
C / 14
3 4
1 8
9 9 23 23
0 0 44 44
E/5 G / 14
F/7
6 7
23 23 30 30

Aufgabe 6.3.3
Verkürzen Sie schrittweise kostenoptimal den folgenden Netzplan und stellen Sie
die Abhängigkeit zwischen Beschleunigungskosten und Projektdauer grafisch dar.

3
7 7
4 3
1 3 2 5 4 2 5
0 0 3 3 10 10 12 12

Die Tabelle gibt die Minimaldauern der Vorgänge und die mittleren Beschleu-
nigungskosten an. Da Vorgang (4, 5) nicht gekürzt werden kann, werden seine
mittleren Beschleunigungskosten mit unendlich festgesetzt. Welche Projektdauer
ist kostenoptimal, wenn jede Verlängerung über die Minimaldauer hinaus 10
Einheiten zusätzlich kostet?

( i, j ) Minimaldauer MBKij

(1, 2 ) 1 50

( 2,3) 2 30

( 2, 4 ) 2 10

( 3, 4 ) 1 20

( 4,5) 2 ∞
7 Simulation und Warteschlangensysteme

7.1 Deterministische Simulation

7.1.1 Systeme und Modellexperimente

Bekannte Beispiele für den Einsatz einer Simulation sind Flugzeugsimulatoren,


mit denen Piloten für spezielle Flugzeugtypen ausgebildet werden, oder Konstruk-
tionsmodelle, anhand derer technische Eigenschaften untersucht werden, wie das
Strömungsverhalten im Windkanal. Derartige Simulationen mit einem Modell
werden durchgeführt, wenn vergleichbare Untersuchungen oder Anwendungen in
der Realität nicht möglich oder, etwa aufgrund wirtschaftlicher Gesichtspunkte,
nicht angemessen sind.

Modell

Reales Modell Abstraktes Modell

Bildlich- Mathe-
Natürliches Künstliches
verbales matisches
Modell Modell
Modell Modell

Abb. 7.1. Modellklassifikation

Modelle, die zur Simulation Verwendung finden, lassen sich wie in Abb. 7.1.
hinsichtlich des Modellcharakters differenzieren. So sind Flugsimulatoren und
Konstruktionsmodelle reale, künstliche Modelle. Im medizinischen Bereich
werden aus Untersuchungen an Tieren, den natürlichen Modellen, Ergebnisse
hinsichtlich der Verträglichkeiten von Medikamenten für Menschen abgeleitet. Im
Unterschied dazu sind abstrakte Modelle entweder nur bildlich oder verbal be-
256 Simulation und Warteschlangensysteme

schrieben oder es werden quantitative Größen und formelbasierte Zusammenhän-


ge im Modell verwendet.
Operations Research beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit mathematischen
Modellen zur Abbildung eines Ausschnitts der Realität, dies gilt ebenfalls für die
Simulation. Jedoch unterscheiden sich sowohl Modellstruktur als auch Umgang
mit dem Modell von den bisher behandelten mathematischen Optimierungsmodel-
len. Letztere werden in einer konkreten Anwendungssituation derart entworfen,
dass sie in einem geschlossenen Modell alle wesentlichen Informationen und
Zusammenhänge integriert erfassen und aufgrund ihrer Struktur einer Lösung
zugänglich sind. Im Unterschied dazu beschreibt ein Simulationsmodell, welches
ebenfalls mathematisch sehr anspruchsvoll sein kann, die Funktionsweise eines
Systems, in dem die einzelnen Bestandteile und ihr Zusammenwirken meist
separat modelliert werden. Das Verhalten der einzelnen Komponenten und des
Gesamtsystems wird dann empirisch untersucht. So ist für die Simulation neben
dem Nachbilden eines realen Sachverhalts in einem Modell die Verwendung
dieses Modells zur Durchführung von Experimenten charakteristisch. Dadurch
werden Erkenntnisse über das Verhalten, die Abhängigkeiten oder den Umgang
mit dem Modell gewonnen, die sich auf die Realität übertragen lassen. Der zu
untersuchende Ausschnitt der Realität wird als System aufgefasst, das Realsystem,
das strukturadäquat im Modell abgebildet wird. Das Modell ist dann ebenfalls ein
System.
y Systeme sind charakterisiert durch ihre Elemente und die Beziehungen (Relatio-
nen) zwischen ihren Elementen und zwischen den Systemelementen und der
Systemumgebung.
y Der Zustand eines Systems umfasst seine Elemente und Relationen mit ihren
jeweiligen Eigenschaften.
Hinsichtlich ihrer Eigenschaften lassen sich Systeme unterschiedlich klassifi-
zieren.
y Systeme können offen oder geschlossen sein. Bei einem offenen System beste-
hen Beziehungen zwischen den Elementen des Systems und seiner Umgebung,
während diese bei einem geschlossenen System fehlen.
y Es lassen sich statische und dynamische Systeme unterscheiden. In dynami-
schen Systemen ändern sich Elemente und/oder Relationen im Zeitablauf, wäh-
rend statische Systeme über die Zeit unverändert bleiben. In einem statischen
System bleibt der Zustand konstant, während er sich in einem dynamischen
System im Zeitablauf ändert.
Realsysteme sind häufig offen und dynamisch. Ein Beispiel eines offenen Sys-
tems ist die Warteschlange vor einer Kinokasse, deren Zustand sich im Zeitablauf
durch ankommende und bediente Kunden etwa hinsichtlich ihrer Länge ändert.
Ein weiteres offenes, dynamisches System ist der Produktionsbereich eines Unter-
nehmens. Material kommt an, Anlagen und Bedienpersonal sind zu bestimmten
Deterministische Simulation 257

Zeiten verfügbar, eine Bearbeitung wird durchgeführt und Fertigteile verlassen


den Produktionsbereich. Der Zustand dieses Systems, der u. a. umfasst, welche
Aufträge gerade bearbeitet werden oder welche Personen im Einsatz sind, ändert
sich im Zeitablauf. Zulieferer und Kunden sind Teil der Umwelt und stehen in
Beziehung zum Produktionsbereich.

Umwelt Umwelt
Material
System: Produktionsbereich
Zu-
lieferer Fertigteile

Aufträge Anlage 1 Anlage 2 Kunden

Kunden

Abb. 7.2. Produktionsbereich als offenes, dynamisches System

Als geschlossenes, statisches System der Realität kann der Produktionsbereich


dann aufgefasst werden, wenn nicht der Produktionsablauf, sondern beispielsweise
die Einrichtung der Halle mit der Positionierung der beiden Anlagen betrachtet
wird, die während des Betrachtungszeitraums unverändert bleibt. Auch die natür-
lichen Zahlen N mit der Ordnungsrelation ≤ stellen ein geschlossenes, statisches
System ( N , ≤ ) dar. Die Relation zwischen je zwei Zahlen a und b ist durch
a ≤ b bzw. b ≤ a angebbar und ändert sich nicht.

y Aus Sicht des Operations Research wird mit Simulation die Entwicklung und
der Einsatz eines mathematischen Modells zur experimentellen Untersuchung
eines Systems und seiner Eigenschaften bezeichnet. Wird ein dynamisches Sys-
tem mit seinem Verhalten im Zeitablauf untersucht, spricht man von dynami-
scher Simulation. Sind alle Einflüsse auf das System bekannt, handelt es sich
um eine deterministische Simulation. Werden risikobehaftete Einflüsse im Sys-
tem berücksichtigt, nennt man dies stochastische Simulation.
Simulation wird hauptsächlich zur Untersuchung komplexer dynamischer Sys-
teme eingesetzt. Die stochastische Simulation, auf die in Abschnitt 7.2 näher
eingegangen wird, findet zusätzliche Anwendung in statischen Systemen, um
schwierig analytisch zu behandelnde risikobehaftete Einflüsse auszuwerten.
Statische deterministische Systeme werden üblicherweise nicht mittels Simulation
behandelt. Die Untersuchung des Verhaltens von Systemen geschieht insbesonde-
re durch die Beobachtung der Zustandsänderungen.
y Die Änderung des Zustands eines dynamischen Systems kann kontinuierlich
oder diskret erfolgen, also allmählich oder sprunghaft.
258 Simulation und Warteschlangensysteme

Ein Beispiel kontinuierlicher Änderung ist die zunehmende Geschwindigkeit


eines PKW bei Erhöhung des Drucks auf das Gaspedal. Eine diskrete Änderung
tritt im Produktionsbereich z. B. ein, wenn ein Produkt eine Anlage verlässt. Diese
Unterscheidung in stetige bzw. diskrete Zustandsänderungen ist häufig eine Frage
der Perspektive, also der Aggregation der Informationen. Von einem Hubschrau-
ber zur Verkehrsüberwachung aus kann das Fahrzeugaufkommen an einer Stra-
ßenkreuzung als kontinuierlicher Fluss mit wechselnder Stärke wahrgenommen
werden. Bei einer Beobachtung unmittelbar an dieser Kreuzung werden die
diskreten Änderungen bei Zu- und Abfahrt jedes einzelnen Fahrzeugs erkennbar.
y Ändert sich der Systemzustand diskret in Abhängigkeit vom Eintreten eines
Sachverhalts, so bezeichnet man diesen Sachverhalt als Ereignis. Es lassen sich
hinsichtlich des Systems und seiner Umwelt endogene und exogene Ereignisse
unterscheiden.
y In Systemzustandsvariablen werden Informationen über das zeitliche Verhalten
der Systemzustände gesammelt. Ändern sich die Zustände stetig, nennt man das
Modell kontinuierliches bzw. stetiges Modell, andernfalls handelt es sich um
ein diskretes Modell. Die entsprechende Simulation wird dann ebenfalls als
stetige bzw. diskrete Simulation bezeichnet.
Zur Beschreibung kontinuierlicher Zustandsänderungen finden meist Differen-
tialgleichungen Anwendung. Im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich werden
zur stetigen Simulation verbreitet System Dynamics Ansätze verwendet. Auf
einem derartigen Ansatz basiert das sehr bekannte Weltmodell von Meadows et al.
(1994, 2001) zur Bestimmung der „Grenzen des Wachstums“. Für betriebswirt-
schaftliche Anwendungen wurde Industrial Dynamics von Forrester entwickelt
und eingesetzt (Forrester 1999). Neuere Einsatzbereiche sind die Modellierung
und Analyse von Entwicklungen in Unternehmen und von Märkten (z. B. Schöne-
born 2004, Milling 2002), die mittels entsprechender Software wie DYNAMO®
u. a. durchgeführt werden.
Eine noch stärkere Verbreitung auch in der Unternehmenspraxis hat die diskre-
te Simulation gefunden. Auch hier steht vielfältige Simulationssoftware zur
Unterstützung zur Verfügung. Seit langem und weit verbreitet eingesetzte Simula-
tionssoftware mit ihren grundlegenden Modellkonzepten wie GPSS® mit dem
Prozesskonzept, SIMSCRIPT® mit einem Entity-Relationship Konzept und
SIMULA® mit objekt-orientierter Programmierung hatten auch großen Einfluss
auf die Entwicklung der Informatik (Nance u. Sargent 2002). Die Kombination
stetiger und kontinuierlicher Modellierung wurde mit GASP® durch Pritsker
realisiert, ein System, welches vielfältige Weiterentwicklungen erfuhr über Q-
GERT®, SLAM® bis zu Awesim® (Pritsker 1994, Pritsker u. O’Reilly 1999). Die
heute zur Verfügung stehenden Systeme bieten neben einer Unterstützung der
Modellbildung, Ablaufsteuerung, Generierung und Auswertung sowohl determi-
nistischer wie stochastischer Daten umfangreiche weitere Möglichkeiten. Sie sind
häufig auf Anwendungsgebiete ausgerichtet und stellen spezialisierte Modellkom-
Deterministische Simulation 259

ponenten bereit, z. B. für Anlagen, Fördermittel, Warteschlangen, Bedienstatio-


nen, die zunehmend realitätsnäher visualisiert werden. Bekannte Beispiele für den
Produktionsbereich sind etwa die umfangreichen Systeme ARENA®, WITNESS®
oder eM-Plant®. Zunehmend werden auch spezialisierte kleinere Simulationstools
wie beispielsweise das Excel® Add-In @-risk zur Simulation wirtschaftlicher
Problemstellungen angeboten und eingesetzt.
Zur näheren Erläuterung der diskreten Simulation wird beispielhaft eine Anla-
genbelegungsplanung modelliert. Es handelt sich um ein dynamisches System als
Teil eines Produktionsbereichs mit den Elementen Maschinen, Lager und Aufträ-
gen. Die Zustandsänderungen des Systems im Zeitablauf erfolgen diskret. Alle
relevanten Daten sind bekannt, sodass diese Situation unter Sicherheit mit einer
deterministischen Simulation untersucht werden kann.

Beispiel Maschinenbelegung
Die Aufträge A1 ,..., A4 sind jeweils nacheinander auf zwei Maschinen 
M1 und
M 2 zu bearbeiten. Vor und hinter den Maschinen befinden sich Eingangs-,
Zwischen- bzw. Endlager. Die Bearbeitungsdauern der Aufträge auf den Maschi-
nen differieren und sind Tabelle 7.1 zu entnehmen.

Tabelle 7.1. Auftragsbearbeitungsdauern

Aufträge
A1 A2 A3 A4
Maschinen

M1 2 1 3 4

M2 4 2 1 2

Es kann jeweils nur ein Auftrag auf einer Maschine bearbeitet werden, Unter-
brechungen begonnener Bearbeitungen sind nicht zulässig. Der Ablauf ist in Abb.
7.3 skizziert, Lager und Maschinen sind feste Elemente, die Aufträge durchlaufen
diese Elemente der Reihe nach. Eine Lagerung der vorliegenden Aufträge erfolgt
vor Beginn im Eingangslager und nach Fertigstellung im Endlager.

Aufträge L1 M1 L2 M2 L3

Abb. 7.3. Auftragsdurchlauf

Untersucht wird das dynamische Verhalten dieses Systems, welches sich je-
weils ändert, wenn ein Auftrag eingelastet wird oder die Maschine verlässt. Von
besonderem Interesse ist hier die Gesamtdurchlaufzeit aller Aufträge, die Auslas-
260 Simulation und Warteschlangensysteme

tung der Maschinen und die durchschnittliche Wartezeit eines Auftrags vor einer
Maschine. Tabelle 7.2 zeigt das dynamische Systemverhalten im Zeitablauf, falls
die Aufträge stets in der Reihenfolge ihrer Nummerierung bearbeitet werden.

Tabelle 7.2. Simulation der Auftragsbearbeitung

Periode L1 M1 L2 M2 L3

A1 ,..., A4

1 A2 , A3 , A4 A1 - -

2 A2 , A3 , A4 A1 - -

3 A3 , A4 A2 - A1 -

4 A4 A3 A2 A1 -

5 A4 A3 A2 A1 -

6 A4 A3 A2 A1 -

7 A4 A3 A2 A1

8 A4 A3 A2 A1

9 A4 - A3 A1 , A2

10 A4 - - A1 , A2 , A3

11 - - A4 A1 , A2 , A3

12 - - A4 A1 , A2 , A3

- - - A1 ,..., A4

Dauer 11 10 5 9 13

Jede Periode t umfasst die Zeitspanne zwischen den Zeitpunkten t − 1 und t .


Beispielsweise beginnt Periode 2 zum Zeitpunkt 1 und endet zum Zeitpunkt 2.
Eine Zustandsänderung des Systems erfolgt jeweils ohne Zeitverzögerung zu
Deterministische Simulation 261

einem Zeitpunkt t , z. B. am Ende der zweiten Periode zum Zeitpunkt 2 ist Auf-
trag A1 auf M1 fertig gestellt und belegt direkt M2, sodass Auftrag A2 ohne Zeitver-
zug Maschine M1 belegen kann. Die Auswertung dieser Simulation der Auftrags-
bearbeitung zeigt, dass die Gesamtdurchlaufzeit 12 Perioden beträgt, zum Zeit-
punkt 12 folglich auch die Bearbeitung des letzten Auftrags abgeschlossen ist. Die
letzte Zeile gibt die kumulierte Dauer von Aufträgen auf den Maschinen bzw. in
den Lagern an. Die Auslastungen der Maschinen M1 und M2 berechnen sich zu
10 = 83 1 % bzw. 9 = 75% . Die durchschnittliche Wartezeit pro Auftrag vor
12 3 12
Maschine 1 ergibt sich aus der Summe der Wartezeiten aller Aufträge vor M1
dividiert durch die Zahl der Aufträge zu 114 = 2, 75 Perioden. Zustandsänderun-
gen dieses Systems erfolgen zu den Zeitpunkten 2, 3, 6, 8, 9, 10 und 12. Visuali-
sierungen einiger Ergebnisse im Zeitablauf sind das Balkendiagramm zur Maschi-
nenbelegung und die Lagerbestandskurve im zeitlichen Verlauf, beide für die
Reihenfolge gemäß Nummerierung. Auch hier sind jeweils die Zustandsänderun-
gen im Zeitverlauf zu erkennen.

M2 A1 A2 A3 A4

M1 A1 A2 A3 A4

0 1 3 5 7 9 11 12 t
Auftragsbearbeitung Leerstand

Abb. 7.4. Maschinenbelegung, Reihenfolge gemäß Nummerierung

Lager-
bestand
4
3
2
1

0 1 3 5 7 9 11 12 t
Lager 1 Lager 2 Lager 3

Abb. 7.5. Lagerbestand im zeitlichen Ablauf

Es stellt sich die Frage, ob diese Maschinenbelegung optimal ist. Zur Beant-
wortung ist die Entscheidungssituation zu untersuchen. Dazu ist zu ermitteln,
262 Simulation und Warteschlangensysteme

welche Handlungsalternativen zur Verfügung stehen, welche Umweltzustände zu


beachten sind, welche Ergebnisse sich aus dem Zusammentreffen von Handlungs-
alternativen und Umweltzuständen ergeben und welchen Nutzen der Entschei-
dungsträger den Ergebnissen beimisst. In diesem Beispiel liegt eine Entschei-
dungssituation unter Sicherheit vor, d. h. ein bekannter Umweltzustand, der durch
die vorhandenen Aufträge und Maschinen und deren technische Daten beschrie-
ben ist. Eine optimale Lösung ist dadurch charakterisiert, dass von allen mögli-
chen, einander ausschließenden Handlungsalternativen keine hinsichtlich der
Zielvorstellung des Entscheidungsträgers besser ist. Wird hier als Ziel eine mög-
lichst kurze Gesamtdurchlaufzeit vorgegeben und soll die Bearbeitung in der
Reihenfolge der Nummerierung der Aufträge erfolgen, dann ist sicherlich die
durchgeführte Einplanung aller Aufträge am günstigsten und die beste Lösung
gefunden, da ohne Zeitverzug die Weiterbearbeitung auf der nächsten Maschine
bzw. des nächsten Auftrags erfolgt. Kann jedoch über die Reihenfolge, mit der die
Aufträge bearbeitet werden, entschieden werden, existieren für das vorliegende
Beispiel vielfältige Möglichkeiten. Selbst wenn man sich darauf beschränkt, die
Reihenfolge auf der zweiten Anlage gegenüber der auf der ersten nicht zu ändern,
ergeben sich für die Auswahl des ersten Auftrags 4, für den zweiten dann noch 3
usw., also insgesamt bereits 4 ⋅ 3 ⋅ 2 ⋅1 = 4! = 24 verschiedene Kombinationen, die
hinsichtlich Gesamtdurchlaufzeit und Kapazitätsauslastung überwiegend vonein-
ander abweichen. Jede Reihenfolge mit der entsprechenden Maschinenbelegung
stellt eine zulässige Handlungsalternative dar. Die Ergebnisse einer Reihenfolge
sind unter anderem die Gesamtdurchlaufzeit und die Maschinenauslastung, wobei
hier der Nutzen durch eine möglichst geringe Durchlaufzeit zum Ausdruck
kommt. Durch eine deterministische Simulation werden das dynamische Verhal-
ten des Systems beobachtet und Ergebnisse wie Durchlaufzeit und Kapazitätsaus-
lastung für eine feste Auftragsreihenfolge ermittelt. Um eine optimale Entschei-
dung zu treffen, sind jedoch alle Handlungsalternativen implizit oder explizit zu
berücksichtigen.
Typischerweise ist das einer Simulation zugrunde liegende Modell kein Ent-
scheidungsmodell, sondern eher ein Analyse- bzw. Erklärungsmodell. Es ist zur
Entscheidungsunterstützung insoweit einsetzbar, dass zu einer vorgegebenen
spezifischen Handlungsalternative – hier Reihenfolge – in einem meist komplexen
Zusammenhang Ergebnisse – z. B. Durchlaufzeit, durchschnittliche Wartezeit und
Auslastung – ermittelt werden. Ein Simulationslauf generiert in der Regel keine
Alternativen, sondern beschreibt und erzeugt Ergebnisse zu einer vorgegebenen
Alternative, was meist hinsichtlich verschiedener Kriterien erfolgt. Für unter-
schiedliche Alternativen sind dann jeweils separate Simulationen durchzuführen.
Um eine optimale Lösung aufzuzeigen ist es erforderlich, die Zielvorstellung
anzugeben und sicherzustellen, dass alle Handlungsalternativen bezüglich der
Zielerreichung explizit oder implizit beurteilt werden und dann die beste ausge-
wählt wird.
Eine Optimierung wird im Rahmen einer Simulationsstudie erreicht, indem
durch zusätzliche Betrachtungen die Anforderungen an die Optimalität gewähr-
Deterministische Simulation 263

leistet werden. Dies ist etwa der Fall, wenn die Zahl der möglichen Alternativen
gering ist und für jede Alternative mittels Simulation die Zielausprägung hinsicht-
lich des einzigen vorliegenden Ziels bestimmt wird. Eine derartige vollständige
Enumeration verbietet sich meist aus Aufwandsgründen. Sind mathematische
Eigenschaften des Zielkriteriums über dem relevanten Alternativenraum bekannt,
wie etwa Monotonie, lässt sich unter Umständen auch aus vielen Alternativen eine
optimale mittels Simulation feststellen. Beispiel einer derartigen Optimierung ist
die Ermittlung der minimalen Anzahl von Kassen, mit der ein vorgegebenes
Serviceniveau, z. B. durchschnittliche Wartezeit höchstens 5 Minuten, erreicht
wird. Jede Simulation analysiert eine Alternative, also eine bestimmte Kassenan-
zahl, hinsichtlich ihrer Erreichung des Servicegrades. Die geringste Zahl von
Kassen, die das Kriterium gerade noch erfüllt, ist optimal. Diese kann durch
Simulation weniger Alternativen ermittelt werden, die geschickt aufgrund der
Monotonie des Zielkriteriums gewählt werden können. Sind viele Handlungsalter-
nativen zulässig, wird Simulation häufig in Verbindung mit Heuristiken einge-
setzt, die die zu untersuchenden Alternativen bestimmen. Auf die Optimalität wird
zugunsten einer Reduktion des Rechenaufwands verzichtet, wobei durch ein
geeignetes Vorgehen möglichst gute Ergebnisse angestrebt werden. Mittels
Simulation werden für die durch die Heuristik festgelegten Handlungsalternativen
die relevanten Ergebnisse ermittelt. Teilweise lässt sich durch weitere Untersu-
chungen feststellen, wie groß die Abweichung von einem optimalen Ergebnis
höchstens sein kann.

Beispiel Maschinenbelegung mit unterschiedlichen Reihenfolgen


Ist das Zielkriterium die geringste durchschnittliche Wartezeit vor Maschine M1,
liefert die einfache Heuristik: „Der Auftrag mit der kürzesten Operationszeit
(Bearbeitungszeit) wird als Nächstes bearbeitet“ (KOZ) gute bzw. hier das opti-
male Ergebnis für die entsprechende Reihenfolge A2, A1, A3, A4 und der durch-
schnittlichen Wartezeit 10 4 = 2,5 .
Lautet das Zielkriterium kürzeste Gesamtdurchlaufzeit und wird die Reihenfol-
ge gemäß der kürzesten Bearbeitungszeit auf der ersten Maschine gewählt, resul-
tiert eine Gesamtdurchlaufzeit von 12 Zeiteinheiten.

M2 A2 A1 A3 A4

M1 A2 A1 A3 A4

0 5 10 12 t

Abb. 7.6. Maschinenbelegung, „KOZ“-Reihenfolge auf 1. Maschine


264 Simulation und Warteschlangensysteme

Auch wenn die Reihenfolge gemäß dem Kriterium „Kürzeste Gesamtbearbei-


tungszeit eines Auftrags“ gewählt wird, ist mit A1 = 6, A2 = 3, A3 = 4, A4 = 6 die
resultierende Zielerreichung 12.

M2 A2 A3 A1 A4

M1 A2 A3 A1 A4

0 5 10 12 t

Abb. 7.7. Maschinenbelegung „Kürzeste Gesamtbearbeitungszeit“

Für eine derartige Anwendung kann die Qualität des erreichten Ergebnisses
abgeschätzt werden. Die Gesamtdurchlaufzeit ist mindestens so lang wie die
Summe der Bearbeitungsdauern auf einer Maschine zuzüglich der kürzesten
Bearbeitungsdauer eines Auftrags auf der anderen Maschine. Im Beispiel ist die
Bearbeitungsdauer auf M 1 10 ZE, zuzüglich 1 ZE von A3 auf M 2 , also mindes-
tens 11 ZE. Für die zweite Maschine ist die Bearbeitungsdauer aller Aufträge
9 ZE, dazu kommt mindestens 1 ZE für A2 auf M1 . Damit sind 11 ZE eine untere
Schranke für die Gesamtdurchlaufzeit, die jedoch häufig nicht erreichbar ist. In
diesem Beispiel weist die Reihenfolge A2 , A1 , A4 , A3 eine Gesamtdurchlaufzeit
von 11 ZE auf. Da aufgrund der Abschätzung mit Sicherheit keine kürzere Ge-
samtdurchlaufzeit existieren kann, ist diese Maschinenbelegung optimal.

M2 A2 A1 A4 A3

M1 A2 A1 A4 A3

0 5 10 12 t

Abb. 7.8. Optimale Maschinenbelegung

Eine so ermittelte untere Schranke kann nicht in jedem Fall durch die optimale
Lösung erreicht werden, wie das folgende Beispiel zeigt.

Beispiel Auftragseinlastung
Vier Aufträge sind auf zwei Maschinen nacheinander zu produzieren. Die Produk-
tionszeiten sind folgender Übersicht zu entnehmen:
Deterministische Simulation 265

A1 A2 A3 A4
M1 2 1 5 3
M2 2 4 3 3

Das Ergebnis einer Simulation der Auftragseinlastung in der Reihenfolge


A2 , A1 , A4 , A3 ist in folgendem Balkendiagramm dargestellt.

M2 A2 A1 A4 A3

M1 A2 A1 A4 A3

0 5 10 14 t

Abb. 7.9. Auftragseinlastung

Die erreichte Gesamtdurchlaufzeit beträgt 14 Zeiteinheiten. Eine Abschätzung


der Güte der erreichten Gesamtdurchlaufzeit ergibt eine untere Schranke von 13,
die sich aus der Summe der Bearbeitungsdauern auf Maschine M 2 ergibt zuzüg-
lich der kürzesten Bearbeitungsdauer von 1 Zeiteinheit von A2 auf M 1 . Eine
Verbesserung ist also maximal um eine Zeiteinheit möglich, d. h., die gefundene
Lösung weicht maximal um 114 von der unbekannten optimalen Lösung ab. Wie
die hier mögliche Anwendung eines optimierenden Verfahrens zeigt, auf das an
dieser Stelle nicht weiter eingegangen wird, ist die kürzeste Gesamtdurchlaufzeit
für diese Aufträge 14 Zeiteinheiten. Damit ist hier die ermittelte untere Schranke
nicht erreichbar und die vorgeschlagene Reihenfolge ist optimal. Ohne ein opti-
mierendes Verfahren kann jedoch diese Optimalität der Lösung nicht festgestellt
werden. Weitere, ebenfalls optimale Reihenfolgen mit der Gesamtdurchlaufzeit
von 14 sind A2 , A4 , A1 , A3 und A2 , A4 , A3 , A1 .
Anlagenbelegungsprobleme wie im Beispiel sind spezielle kombinatorische
Optimierungsprobleme, welche durch gemischt-ganzzahlige Optimierungsmodelle
abbildbar sind. Für diese ist teilweise die optimale Lösung mittels mathematischer
Optimierungsalgorithmen ermittelbar, um z. B. die Durchlaufzeit zu minimieren.
Falls aufgrund der Modellgröße und -struktur einsetzbar, sind Optimierungsansät-
ze gegenüber einer Simulation vorzuziehen. Für größere und kompliziertere reale
Probleme lassen sich häufig ebenfalls Optimierungsmodelle formulieren, deren
Lösungen mittels optimierender Algorithmen nicht erreichbar sind. Dann gelangen
spezielle Heuristiken zum Einsatz, die besonders zur Lösung kombinatorischer
Optimierungsmodelle geeignet sind. Übersichten zu Optimierungsansätzen oder
Heuristiken geben etwa Blazewicz et al. (1996), Dempster (1982), Gupta u.
Stafford (2006), Leung (2004), Pinedo (2007), Zäpfel u. Braune (2005).
266 Simulation und Warteschlangensysteme

Durch die zeitliche Ablaufplanung, d. h. die Auftragsreihenfolgeplanung und


die Anlagenbelegungsplanung, werden die Leerzeiten von Betriebsmitteln und
Personal, die Wartezeiten der Aufträge vor den Anlagen und die Einhaltung
vereinbarter Liefertermine beeinflusst. Das von Gutenberg definierte Dilemma der
Ablaufplanung besteht darin, dass nicht gleichzeitig die Durchlaufzeit und die
Leerzeit minimiert bzw. die Einhaltung der Liefertermine maximiert werden kann
(z. B. Adam 2001, Kistner u. Steven 2001). Daher ist eine einzige Zielfunktion zur
Lösung realer Probleme nicht immer geeignet, vielmehr muss eine Kompromiss-
lösung gesucht werden. Da im Rahmen einer Simulation mehrere Ergebnisse einer
Lösung ermittelt und ggf. visualisiert werden, wird eine Kompromissfindung
unterstützt.
Simulation wird erfolgreich zur Unterstützung der Produktionsplanung einge-
setzt, um Entscheidungen beispielsweise im Bereich von Anlagenbelegungen,
Investitionen und Layout-Planungen zu unterstützen. Dies wird besonders durch
die Entwicklung von Software Tools wie z.B. WITNESS®, eM-Plant® und
ARENA® gefördert, die produktionsbezogene Modellkomponenten bereitstellen,
welche durch den Anwender geeignet zu spezifizieren und zu kombinieren sind.
Durch die Verbesserung gerade auch der Visualisierungskomponente lassen sich
reale Systeme sehr wirklichkeitsgetreu im Modell abbilden und auch die Ergebnis-
se dynamischer Änderungen eindrucksvoll vermitteln. Die Visualisierung unter-
stützt die Validierung des Simulationsmodells. Unter Validierung versteht man die
Prüfung, ob das Modell ein ausreichend gutes Abbild des realen Sachverhalts ist,
wozu eine Reihe von Untersuchungen erforderlich ist. Ein erfolgreicher Simulati-
onseinsatz wird im Folgenden beispielhaft dargestellt.

7.1.2 Anwendungsbeispiel Simulation zur Produktionsplanung

Gerade in der chemischen Industrie sind die Produktionssysteme von hoher


Komplexität und Flexibilität. Im Rahmen eines mehrjährigen Projektes mit einem
Kunststoff produzierenden Unternehmen wurde zur Unterstützung der operativen
Produktionsplanung ein simulationsbasiertes Produktionsplanungssystem entwi-
ckelt. Dazu wurde das in den verschiedenen Bereichen der Unternehmung vor-
handene Wissen über die Produktion gesammelt und bei der Modellierung in dem
System implementiert (Werners et al. 1999).
Das Unternehmen produziert ca. 130 Polyethylen- (PE) und Polypropylenpro-
dukte (PP) zur Weiterverarbeitung in der Kunststoffindustrie. Zur Verdeutlichung
der Problemkomplexität und der damit verbundenen Schwierigkeiten der Produk-
tionsplanung einschließlich der Anlagenbelegungsplanung wird im Folgenden die
Struktur des realen Produktionssystems beschrieben. Das weitgehend automati-
sierte Produktionssystem umfasst drei Stufen mit jeweils zwei Phasen.
Deterministische Simulation 267

Polymerisation Konfektionierung Lager/Verpackung/Versand

Homo- Silo
geni- Trock-

Versand LKW
sierungs- ner
bunker
Reaktor
Verpackung
Extruder
Absack- (Absack-
bunker straße/Abfüll-
anlage)

1. Phase 2. Phase 3. Phase 4. Phase 5. Phase 6. Phase


1. Stufe 2. Stufe 3. Stufe

Abb. 7.10. Produktionssystem eines Unternehmens

Aus Olefinen werden im Reaktor der Polymerisation (erste Produktionsphase)


ca. 20 verschiedene pulverförmige Basistypen aus Polyethylen bzw. Polypropylen
erzeugt, aus denen in der zweiten Produktionsstufe die späteren 130 Produkte als
Granulate gewonnen werden. Für die erste Produktionsphase der Polymerisation
stehen sechs Reaktoren mit unterschiedlichen Leistungen zur Verfügung. Jeder
Reaktor kann zahlreiche Basistypen erzeugen, wobei die meisten Basistypen
wiederum in mehreren Reaktoren produziert werden können. Bei bestimmten
Typenwechseln ist eine Umrüstung notwendig, die mit einer Reinigung des
Reaktors von bis zu 24 Stunden Dauer verbunden ist.
In der zweiten Produktionsphase ist zur Sicherung eines gleichmäßigen Quali-
tätsniveaus bei in älteren Reaktoren erzeugten Basistypen eine Durchmischung
(Homogenisierung) des polymerisierten Pulvers in Homogenisierungsbunkern
erforderlich. Für jeden Reaktor stehen mehrere Homogenisierungsbunker zur
Verfügung. Die Kapazität eines Homogenisierungsbunkers ist in der Regel kleiner
als die erzeugte Menge eines Basistyps. Aufgrund des Batchbetriebs in der Homo-
genisierung, eine Gesamtmenge wird während einer Zeitspanne bearbeitet, kann
der Produktionsprozess teilkontinuierlich werden.
In der zweiten Produktionsstufe erfolgt die Konfektionierung der Pulvertypen
zu Granulat auf 19 Extrudern mit sehr unterschiedlichen Leistungen. Aus einem
Basistyp werden verschiedene Produkte gewonnen. Bei Produktionswechsel ist
eine Reinigung des Extruders reihenfolgeabhängig mit bis zu acht Stunden Dauer
erforderlich. Zwischen der Polymerisation und den Extrudern sind in der Abbil-
dung nicht dargestellte Silos zur Zwischenlagerung von Pulver vorhanden, deren
Inhalt durch den parallelen Anschluss mehrerer Extruder an die Polymerisations-
anlage möglichst gering zu halten ist. Ein Teil der Produkttypen wird zusätzlich
268 Simulation und Warteschlangensysteme

einige Stunden lang getrocknet. Die Teilanlagen der Polymerisation und der
Konfektionierung sind vielfältig miteinander verknüpft.
In der Stufe Lager/Verpackung/Versand besteht die Möglichkeit, die erzeugten
Produkttypen in einem von 56 Silos zu lagern und anschließend direkt aus den
Silos an den Kunden per Silo-LKW zu versenden. Wünscht ein Kunde seine Ware
dagegen verpackt in Blocksäcken oder Achteckbehältern, wird das Granulat im
Anschluss an die Konfektionierung in einen der 26 Absackbunker und danach
über eine der drei Absackstraßen für Blocksäcke oder eine der drei Abfüllanlagen
für Achteckbehälter geleitet. Die Umstellung der Absackstraßen und der Abfüllan-
lagen auf einen anderen Produkttyp erfordert eine nur geringe Umrüstzeit. Jedoch
können aufgrund technischer und personeller Restriktionen nicht alle Absackstra-
ßen und Abfüllanlagen zeitgleich betrieben werden. Zudem besteht die Möglich-
keit, das Granulat zunächst in einem der 56 Silos zu lagern und zu späteren Zeit-
punkten in der Absackstraße oder Abfüllanlage zu verpacken. Reichen die Silos
kapazitiv oder aufgrund der Produkttypenvielfalt für eine lose Lagerung der
Granulate nicht aus, sind diese zu verpacken, zwischenzulagern und vor dem
Versand wieder in die Silos zu füllen, was auf Grund der entstehenden Kosten
möglichst zu vermeiden ist.
Alle Kundenaufträge sollten erfüllt werden, wobei die Kapazitätsauslastung zu
maximieren ist und die Lagerbestände und die Terminabweichungen zu minimie-
ren sind. Diese Ziele stehen in Konflikt miteinander, sodass ein geeigneter Kom-
promiss gefunden werden muss.
Insbesondere aufgrund der Problemkomplexität erwies sich ein optimierender
Ansatz als nicht geeignet. Vielmehr wurde ein simulationsbasiertes Produktions-
planungssystem entwickelt, dessen Kern die zeitdynamische Nachbildung des
realen Produktionssystems ist. Das Wissen über das reale Produktionssystem mit
seiner komplexen Struktur und den erfolgreichen Vorgehensweisen, welches in
der Unternehmung in den Köpfen verschiedener Experten verteilt vorhanden ist,
wurde in einem iterativen Prozess ermittelt und in einem Simulationsmodell mit
Visualisierung zusammengefasst. Mit Hilfe der Visualisierung kann das Modell
jederzeit von Anwendungsexperten auf Übereinstimmung mit der Realität nach-
vollzogen werden und es ergeben sich neue Einblicke in das Produktionssystem
und die ablaufenden Produktionsprozesse.
Dieses System unterstützt den Disponenten bei der Bestimmung einer guten
Anlagenbelegungsplanung über alle Produktionsstufen hinweg, indem Teilbele-
gungen umgesetzt und regelbasiert Vorschläge für weitere Produktionsstufen
entwickelt und hinsichtlich Kapazitätsauslastung, Lagerbeständen und Durchlauf-
zeit bewertet werden.
Die Entwicklung des Simulationsmodells erfolgte unter Verwendung der Simu-
lationssoftware WITNESS®, einem ereignisorientierten Simulationssystem zur
Erstellung von diskreten oder kontinuierlichen Modellen, das mit vorgefertigten
Modellkomponenten ausgestattet ist, die hauptsächlich auf den Bereich Produkti-
on und Logistik zugeschnitten sind. Diese Modellkomponenten wurden an die
vorgegebenen Bedingungen angepasst und geeignet miteinander verbunden. Auf
Deterministische Simulation 269

diese Weise lässt sich auf einem PC der gesamte Produktionsablauf modellieren
und untersuchen. Ein Simulationslauf für die Bestimmung eines Produktionspro-
zessplans für einen Monat benötigt etwa 15 min. auf einem PC. Meist sind mehre-
re Simulationsläufe mit geänderter Auftragsreihenfolge erforderlich, bis hinsicht-
lich der verschiedenen Zielkriterien ein akzeptabler Kompromiss gefunden wird.
Durch den Einsatz dieses Produktionsplanungssystems lassen sich erhebliche
Verbesserungen der operativen Planung erzielen, so konnte auf Auslagerungen
weitgehend verzichtet und eine Produktionssteigerung erreicht werden. Bei den
strategischen Erweiterungsentscheidungen wurde wertvolle Unterstützung geleis-
tet, indem das Zusammenwirken verschiedener Anlagenkonfigurationen unter-
sucht und die Ergebnisse quantifiziert wurden. Selbst Auswirkungen von Absatz-
strategien sind mit einem derartigen Simulationssystem ermittelbar. Weiter-
führende Untersuchungen konnten eindrucksvoll belegen, dass generelle Lagerre-
striktionen wie „die maximale Lagermenge darf den zweifachen Monatsabsatz
nicht übersteigen“ aufgrund der dadurch bedingten hohen Rüstkosten nicht zu
optimalen Gesamtlösungen führen. Eine detaillierte Beschreibung dieses Projekts
geben Werners et al. (1999) und Werners (2002), weiterführende Verbesserungen
mittels evolutionärer Algorithmen, also speziellen, naturanalogen Heuristiken,
führt Garus (2000) aus, während Steude (2003) allgemein den Einsatz von Pro-
duktionsplanungssystemen auf Basis von Simulationen behandelt.
Die Verbesserung von Optimierungsalgorithmen und fortgeschrittenen Heuris-
tiken führt zu einer zunehmenden Verbreitung quantitativer Methoden auch in der
Prozessindustrie. Weitere Anwendungsbeispiele dort beschreiben etwa Grunow et
al. (2002), Neumann et al. (2002), Kallrath (2002) und Gracia-Flores u. Wang
(2002).

7.1.3 Aufgaben

Aufgabe 7.1.1
Der Produktionsunternehmung OptiProd AG liegen derzeit 5 Aufträge vor, denen
vom Vertrieb die jeweiligen Kundenprioritäten (1 höchste, 5 niedrigste) zugeord-
net wurden. Die Aufträge werden zunächst auf Anlage 1 und dann auf Anlage 2
bearbeitet. Auf jeder Anlage kann zeitgleich nur jeweils ein Auftrag gefertigt
werden. Vor und zwischen den Anlagen sind ausreichende Lagerkapazitäten
vorhanden.
Führen Sie eine zeitorientierte Simulation der Auftragsbearbeitung durch. Ver-
wenden Sie für die Reihenfolgeplanung der Bearbeitung die Kundenprioritätsre-
gel, bei der jeweils derjenige Auftrag mit der höchsten Kundenpriorität als nächs-
tes bearbeitet wird. Geben Sie alle Zeitpunkte an, zu denen sich der Systemzu-
stand ändert. Ermitteln Sie die Gesamtdurchlaufzeit der Aufträge sowie die
Auslastung der Anlagen.
Die Bearbeitungsdauern sowie die Kundenprioritäten sind der folgenden Tabel-
le zu entnehmen:
270 Simulation und Warteschlangensysteme

A1 A2 A3 A4 A5

Anlage 1 3 1 4 1 2
Anlage 2 1 1 1 4 4
Kundenpriorität 1 4 2 3 5

Aufgabe 7.1.2
In einem Stahlwalzwerk liegen vier Aufträge A1 ,..., A4 vor, deren Bearbeitung
einzuplanen ist. Zunächst werden die aus dem Stahlwerk kommenden heißen
Brammen zu dünnen Blechen gewalzt und anschließend mit einer Zinkschicht
legiert. Als besondere Dienstleistung bietet die Unternehmung ihren Kunden an,
die verzinkten Bleche mit einem Farblack zu versehen. Die Dauern der Arbeits-
vorgänge in der Walzstraße hängen von der Dicke des Bleches ab. Je länger ein
Blech gewalzt wird, desto dünner wird es. Die für die Lackierung notwendige Zeit
ist von der gewünschten Farbe abhängig. Der Vorgang für die Verzinkung dauert
immer eine Zeiteinheit. Die Anforderungen der anstehenden Aufträge enthält die
folgende Übersicht:

Auftrag Dicke (mm) Farbe

A1 3 Weiß

A2 1 Schwarz

A3 2 Grün

A4 3 Rot

Die Bearbeitungsdauern (in Zeiteinheiten) in der Walzstraße und der Lackiere-


rei in Abhängigkeit von Dicke bzw. Farbe sind bekannt. Umrüstvorgänge werden
nicht berücksichtigt.

Bearbeitungsdauer Bearbeitungsdauer
Dicke Farbe
Walzstraße (ZE) Lackiererei (ZE)

1 4 Schwarz 2
2 3 Weiß 3
3 2 Rot 1
Grün 1
Deterministische Simulation 271

a) Führen Sie eine zeitorientierte Simulation der Auftragsbearbeitung durch.


Benutzen Sie bei der Auftragseinplanung das Kriterium „Kürzeste Operationszeit“
bezogen auf die gesamte Bearbeitungsdauer eines Auftrags. Ermitteln Sie die
Gesamtdurchlaufzeit und die Anlagenauslastung. Hier kann auf die Modellierung
von Zwischenlagern verzichtet werden.
b) Auf Grund der hohen Leerlaufkosten in der Verzinkerei sollen dem Manage-
ment Vorschläge unterbreitet werden, die es ermöglichen, die anstehenden Auf-
träge ohne Unterbrechungen in der Verzinkerei zu bearbeiten. Da wegen techni-
scher Anforderungen eine Lagerung nach dem Walzvorgang nicht möglich ist,
wird die Installation einer zweiten Walzstraße erwogen. Prüfen Sie, ob die obigen
Aufträge ggf. mit einer anderen Einlastungsregel auf zwei Walzstraßen so einge-
plant werden können, dass das gewünschte Ziel erreicht wird. Eine Lagerung der
verzinkten Bleche vor dem Lackiervorgang ist möglich. Welche Gesamtbearbei-
tungszeit erreichen Sie nun?

Aufgabe 7.1.3
Einer Produktionsunternehmung liegen fünf Aufträge A1 ,..., A5 mit den jeweils
vereinbarten Lieferterminen LT vor. Die Bearbeitung der Aufträge erfolgt zu-
nächst auf Maschine M 1 , anschließend auf Maschine M 2 . Die Bearbeitungsdauern
sowie die Liefertermine sind der folgenden Übersicht zu entnehmen. Die Ausliefe-
rung erfolgt zum Liefertermin oder bei Verzögerung unmittelbar nach Fertigstel-
lung.

A1 A2 A3 A4 A5

Maschine M 1 3 4 3 1 1
Maschine M 2 2 2 2 1 2
Liefertermin 8 12 9 7 5

Führen Sie eine zeitorientierte Simulation der Auftragsbearbeitung durch. Ver-


wenden Sie für die Reihenfolgeplanung der Bearbeitung die Schlupfzeit-Regel,
bei der jeweils derjenige Auftrag die höchste Priorität erhält, bei dem die Diffe-
renz zwischen Liefertermin und der noch anstehenden Bearbeitungsdauer am
geringsten ist. Geben Sie die Gesamtdurchlaufzeit an.
Ermitteln Sie die Summe der Lieferterminüberschreitungen und die Anzahl der
grundsätzlich möglichen Reihenfolgen der 5 Aufträge auf der ersten Maschine.

Aufgabe 7.1.4
Der Schreinerei Optisäg liegen vier Aufträge vor. Zur Durchführung der Aufträge
ist zunächst die Bereitstellung und Vorbehandlung der Materialien durch den Aus-
272 Simulation und Warteschlangensysteme

zubildenden und anschließend die Fertigstellung und Montage durch den Meister
erforderlich. Sowohl Meister als auch Auszubildender wollen jeweils nicht mehre-
re Aufträge gleichzeitig bearbeiten. Eine Zwischenlagerung der Aufträge zwi-
schen den beiden Arbeitsschritten ist hingegen möglich. Die Dauern der Tätigkei-
ten sind der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Auftrag
A1 A2 A3 A4
Arbeitsschritte
Bereitstellung + Vorbehandlung 3 2 4 1
Fertigstellung + Montage 1 2 2 3

a) Führen Sie eine zeitorientierte Ablaufsimulation der Auftragsbearbeitung


durch. Verwenden Sie zur Bestimmung der Auftragsreihenfolge die Regel „Kür-
zeste Bearbeitungszeit des ersten Arbeitsschrittes“. Ermitteln Sie die Gesamt-
durchlaufzeit der Aufträge und die Auslastungen des Auszubildenden und des
Meisters.
b) Ist die Gesamtdurchlaufzeit mit der gewählten Reihenfolge minimal bzw.
lassen sich geeignete Abschätzungen angeben?

Aufgabe 7.1.5.
Vorliegende 5 Aufträge A1 ,..., A5 sind jeweils zunächst auf Maschine 1, dann auf
Maschine 2 zu fertigen. Folgende Daten stehen zur Verfügung:

Bearbeitungszeiten

Aufträge Maschine M 1 Maschine M 2

A1 2 2
A2 3 1
A3 1 3
A4 1 1
A5 3 1

Zwischen den Aufträgen sind auf Maschine 1 Rüstzeiten zu berücksichtigen,


die von der jeweiligen Auftragsfolge abhängen. Die Rüstzeiten sind folgender
Tabelle zu entnehmen:
Stochastische Simulation 273

dann:
A1 A2 A3 A4 A5
erst:

A1 - 1 2 3 4
A2 4 - 1 2 3
A3 4 4 - 1 2
A4 4 4 4 - 1
A5 4 4 4 4 -

Führen Sie je eine zeitorientierte Simulation zum Vergleich der beiden heuristi-
schen Vorgehensweisen durch. Ermitteln Sie daraus die Gesamtdurchlaufzeiten
und die gesamten Rüstzeiten im Vergleich.
a) Verwenden Sie die Heuristik “kürzeste Operationszeit“ auf der jeweiligen
Maschine. Bei gleicher Bearbeitungsdauer wird der Auftrag mit der kleineren
Auftragsnummer (z. B. A3 vor A4 ) vorgezogen.
b) Bearbeiten Sie, beginnend mit A1 , den Auftrag mit der geringsten Rüstzeit.

7.2 Stochastische Simulation

7.2.1 Modellierung stochastischer Einflüsse

Bei den bisherigen Betrachtungen wurde davon ausgegangen, dass sämtliche


Einflüsse auf das System bekannt sind, also eine Situation unter Sicherheit vor-
liegt, die angemessen durch ein deterministisches Modell abgebildet werden kann.
Wesentliche Einsatzbereiche der Simulation sind darüber hinaus Situationen unter
Risiko, bei denen also einige der Einflüsse zufallsabhängig sind und durch sto-
chastische Modelle besser abgebildet werden können. Eine Simulation, bei der
stochastische Einflüsse dadurch berücksichtigt werden, dass viele Zufallsexperi-
mente durchgeführt und ausgewertet werden, wird als stochastische Simulation
bzw. Monte-Carlo Simulation bezeichnet.

Beispiel Roulette
An einem Roulette in Monte Carlo kann die Kugel in eines der 37 Felder fallen,
sodass die entsprechende Zahl und die Kombinationen wie gerade, schwarz usw.
gewinnen. Die Wahrscheinlichkeit für jedes Feld ist gleich und beträgt 137 . Jedes
Spiel ist ein Zufallsexperiment, bei dem eine Realisation eintritt. Bei vielen
274 Simulation und Warteschlangensysteme

Spielen nähert sich die beobachtete relative Häufigkeit des Eintreffens der jeweili-
gen Zahl bzw. Kombination zunehmend der theoretischen Wahrscheinlichkeit an.
Ausreichend häufige Beobachtungen der zufallsabhängigen Ereignisse lassen
Aussagen über die zugrunde liegende Verteilung zu. Im Rahmen einer Simulation
werden derartige Experimente am Modell durchgeführt.

Beispiel Postschalter
Es ist zu untersuchen, ob die durchschnittliche Wartezeit an einem Postschalter
ausreichend kundenfreundlich ist. In einer vorhergehenden Untersuchung ist
festgestellt worden, dass die Zeit zwischen den ankommenden Kunden zufällig
von 1 bis 5 Minuten schwankt, wobei jede der (gerundeten) Zwischenankunftszei-
ten gleich wahrscheinlich ist. Die Bedienung nimmt im Mittel 2 Minuten in
Anspruch, auch hier sind Schwankungen zu beobachten, sodass sich die Kunden
mit jeweils gleicher Wahrscheinlichkeit 1, 2 oder 3 Minuten am Schalter aufhal-
ten. Ist der Schalter besetzt, warten die neu ankommenden Kunden in einer Warte-
schlange, aus der der jeweils nächste Kunde aufgerufen wird. Die Bedienung
erfolgt also in der Reihenfolge des Eintreffens nach dem FIFO-Prinzip „first in –
first out“. Die beschriebene Situation ist ein spezielles Warteschlangensystem und
kann durch ein entsprechendes Modell abgebildet werden.

Bedienstation

Abb. 7.11. Warteschlangensystem

y Warteschlangensysteme lassen sich durch die Beschreibung mehrerer Kompo-


nenten charakterisieren:
- das Ankunftsverhalten der Kunden,
- die für die Bedienung erforderliche Servicezeit,
- die Anzahl und Art der Serviceeinrichtungen,
- die Anzahl und Art der sich ggf. bildenden Warteschlangen und das Warte-
verhalten der Kunden, dazu gehören Schlangen wechseln, Schlangen verlas-
sen, Auswahl einer von mehreren Warteschlangen usw.,
- die Auswahlordnung, die die Reihenfolge der Bedienung der Kunden in der
Warteschlange beschreibt; z. B. kann der zuerst oder der zuletzt ankommen-
de Kunde zuerst bedient werden oder vorgegebene Prioritäten zu berücksich-
tigen sein.
Stochastische Simulation 275

Durch eine stochastische Simulation lässt sich ein Warteschlangensystem mo-


dellieren, dann werden das zufällige Eintreffen der Kunden und die zufällig
schwankende Bediendauer experimentell untersucht.

Beispiel Simulation des Postschalters


Der Postschalter stellt die einzige Serviceeinrichtung dar, vor der sich eine einzige
Warteschlange bildet, die nach dem FIFO-Prinzip abgearbeitet wird. Die Kunden
reihen sich in die Schlange ein, springen nicht wieder ab und es ist ausreichend
Platz für alle vorhanden. Das zufällige Ankunftsverhalten der Kunden und die
zufällige Bediendauer sind hier jeweils durch eine diskrete Gleichverteilung
beschreibbar, deren Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsfunktionen im Folgen-
den dargestellt sind.

Wahrschein- Verteilung
lichkeit f (x) F (X)

1 1
0,8 0,8
0,6 0,6
0,4 0,4
0,2 0,2
Abstand Abstand
0 1 3 5 in min 0 1 3 5 in min

Abb. 7.12. Diskrete Gleichverteilung Zwischenankunftszeit

Wahrschein- Verteilung
lichkeit f (x) F (x)

1 1
0,8 0,8
0,6 0,6
0,4 0,4
0,2 0,2
Bediendauer Bediendauer
in min 0 1 3 5 in min
0 1 3 5

Abb. 7.13. Diskrete Gleichverteilung Bediendauer

Um mittels Simulation den Postschalter nachzubilden, werden zufällige Reali-


sationen der entsprechenden Verteilungen generiert und damit die Zustandsände-
rungen im Modell verfolgt.
276 Simulation und Warteschlangensysteme

Tabelle 7.3. Simulation des Postschalters


i
Kunde ai ti bi fi wi
∑b j
zufällig zufällig j =1

1 1 1 1 1 2
2 3 4 3 4 7
3 2 6 2 6 9 1
4 5 11 2 8 13
5 4 15 3 11 18
6 1 16 3 14 21 2
7 3 19 1 15 22 2
8 2 21 3 18 25 1
9 2 23 3 21 28 2
10 5 28 2 23 30
11 4 32 2 25 34
12 1 33 1 26 35 1
13 3 36 2 28 38
14 3 39 2 30 41
15 1 40 1 31 42 1
16 1 41 1 32 43 1
17 4 45 2 34 47
18 5 50 2 36 52
19 3 53 3 39 56
20 5 58 2 41 60
21 4 62 3 44 65
22 1 63 3 47 68 2
23 2 65 2 49 70 3
24 2 67 1 50 71 3
25 1 68 2 52 73 3

z ges = 25 bges = 52 t ges = 73 wges = 22


Stochastische Simulation 277

Tabelle 7.3 enthält die zufällig erzeugten Daten von zges = 25 Kunden. ai be-
zeichnet die Zeit, die zwischen dem Eintreffen von Kunden i − 1 und Kunden i
verstreicht, bi die Bediendauer für Kunden i . Diese Zeiten werden gemäß der
abzubildenden Verteilung zufällig generiert, die anderen Daten werden daraus
abgeleitet. ti wird errechnet als Zeitpunkt, zu dem Kunde i das System betritt
und sich ggf. der Warteschlange anschließt, ti = ti −1 + ai . Zur späteren Ermittlung
der gesamten Bedienzeit bges wird für jeden Kunden i seine Bedienzeit zu der
bisherigen Bedienzeitsumme addiert. Der Zeitpunkt, zu dem Kunde i den Post-
schalter verlässt, wird mit fi = max {ti ; fi −1} + bi angegeben. Nachdem 25 Kunden
die Bedienstation verlassen haben, ist f 25 = t ges die gesamte beobachtete Zeit. wi
gibt die Wartezeit des Kunden i an, wges die summierte Wartezeit.
Die durchgeführte Simulation ergibt, dass die beobachtete Auslastung ρ des
Postschalters als Quotient der gesamten Bedienzeit durch die Gesamtzeit
bges gesamte Bedienzeit
ρ= = = 0, 712
t ges Gesamtzeit

beträgt. Eine Auslastung von hier 71,2 % bedeutet, dass der Postschalter nur
während 71,2 % der betrachteten Zeit die 52 Kunden bediente bzw. während
28,8 % der Zeit nicht tätig war. Damit ist die Auslastung relativ gering. Jedoch ist
der Servicegrad sehr hoch, denn die meisten Kunden warten nur kurz, wie folgen-
de Ergebnisse zeigen. Die mittlere Wartezeit pro Kunde w und die mittlere
Schlangenlänge s ergeben sich zu
wges
w= = 0,88 [ min ./ Pers.] bzw.
z ges

wges
s= ≈ 0,30 [ Pers.]
t ges

Es ist zu beachten, dass die erzielten durchschnittlichen Ergebnisse stark von


den hier zufällig realisierten Zwischenankunftszeiten und Bediendauern abhängen.
Ein erneuter Simulationslauf würde zu abweichenden durchschnittlichen Ergeb-
nissen führen. Die Ergebnisse stellen folglich jeweils eine Realisation der vielen
zufällig eintretenden Möglichkeiten dar. Mehrere solcher Realisationen bilden
eine Stichprobe, mittels derer die tatsächlich zugrunde liegende Verteilung bzw.
deren charakteristische Parameter geschätzt werden. Um eine gewünschte Genau-
igkeit der Schätzung zu erreichen, ist die Stichprobe, also die Simulationsuntersu-
chung, ausreichend umfangreich zu wählen. Zur Beurteilung sind die entspre-
chenden statistischen Methoden zu verwenden. Außerdem ist der Schalter zu
Beginn frei und keine Schlange vorhanden. Ein stationärer Zustand, der sich im
Mittel nicht ändert, wird, wenn überhaupt, erst allmählich erreicht.
Im Rahmen der diskreten Simulation, sowohl der deterministischen als auch der
stochastischen, werden Zustandsänderungen, also Ereignisse, im zeitlichen Ver-
278 Simulation und Warteschlangensysteme

lauf beobachtet und ihre Konsequenzen festgehalten. Die Dynamik des Modells ist
durch die Kette von Ereignissen E1 , E2 ,... und die zwischen diesen liegenden
Zeiten beschrieben. Der Ablauf dieser Ereignisse ist für eine Simulation zu steu-
ern. Die Ablaufsteuerung kann zeitorientiert erfolgen, d. h., in festen Zeitabstän-
den wird festgestellt, welche Ereignisse inzwischen eingetreten sind und welche
Konsequenzen sich daraus ergeben.

E1 E2 E3 E4 E5 E6
Modellzeit
T1 T2 T3 T4 T5 T6 T7

Abb. 7.14. Zeitorientierte Ablaufsteuerung

Bei kurzen zeitlichen Abständen ist der Aufwand hoch, bei langen zeitlichen
Abständen sinkt die Genauigkeit und evtl. ist die korrekte Abfolge von Ereignis-
sen nicht sichergestellt. Eine weitere Möglichkeit stellt die ereignisorientierte
Ablaufsteuerung dar. Hier ist zu prüfen, welches Ereignis als nächstes eintritt, was
zu einer aufwändigen Ereignisverwaltung führen kann.

E1 E2 E3 E4 E5 E6
Modellzeit
T1 T2 T3 T4 T5 T6

Abb. 7.15. Ereignisorientierte Ablaufsteuerung

Für die Simulation des Beispiels Auftragsdurchlauf wurde eine zeitorientierte


Ablaufsteuerung gewählt und jeweils nach einer Zeiteinheit die Zustandsänderun-
gen bzw. die Ereignisse festgestellt. Die Ablaufsteuerung der Postschalter-
Simulation erfolgte dagegen ereignisorientiert.
Durch spezialisierte Simulations-Software wird insbesondere die Ablaufsteue-
rung unterstützt. Weitere wesentliche Bestandteile sind die Generierung, Samm-
lung und Auswertung insbesondere auch der Daten, die zufallsabhängig sind. Für
die Modellierung wird häufig auf Modellierungskonzepte zurückgegriffen, die von
Standardsoftware zur Simulation in unterschiedlichem Umfang unterstützt wer-
den. Sehr weite Verbreitung hat die Unterscheidung in bewegliche und feste
Elemente gefunden. Feste Elemente und ihre Verbindungen bestimmen die Struk-
tur des Modells, die gelegentlich durch einen gerichteten Graphen repräsentiert
wird. Die festen Elemente sind selbst aktiv und wirken auf die beweglichen
Elemente ein. Die beweglichen Elemente, auch als Transactions bezeichnet,
werden durch das System aus festen Elementen geleitet. Sie sind selbst passiv und
bestimmen die Modelldynamik.
Stochastische Simulation 279

Beispiel Postschalter
Die festen Elemente beschreiben die Struktur des Warteschlangensystems gemäß
Abb. 7.16.

Ankunft Warteschlange Schalter Abgang

Abb. 7.16. Feste Elemente des Postschalter-Systems

Die Kunden als bewegliche Elemente durchlaufen dieses System. Die festen
Elemente wirken auf die Kunden ein, so erzeugt die Ankunft Kunden, die Warte-
schlange sammelt sie, der Schalter bedient sie und der Abgang entfernt sie aus
dem System. Da Ankunft und Bedienzeit zufällig schwanken, sind auch z. B. die
Länge der Warteschlange und der Zeitpunkt des Verlassens des Schalters zufällig.
Dazu werden jeweils umfangreiche Daten gesammelt.

Beispiel Maschinenbelegung
Die festen Elemente des Auftragsdurchlaufs sind Abb. 7.3 zu entnehmen. Die
beweglichen Elemente sind die Aufträge, die Lager und Maschinen durchlaufen.
Hier sind alle Daten bekannt, die Aufträge liegen vor. Bei vorgegebener Reihen-
folge stehen alle Ergebnisse, wie die Gesamtdurchlaufzeit, nach der Modellierung
bereits fest und müssen nur noch ermittelt und geeignet ausgegeben werden.

7.2.2 Zufallszahlen und Verteilungen

Um mittels Simulation das zufällige Eintreten von Ereignissen oder zufällige


Bearbeitungsdauern nachbilden zu können, müssen geeignete Realisationen
generierbar sein, wobei Simulationssoftware unterstützt. Es werden Folgen von
Zahlenwerten benötigt, die die Eigenschaften von Realisationen bestimmter
Verteilungen aufweisen. Im Postschalter-Beispiel sind das etwa die Zwischenan-
kunftszeiten und die Bediendauern, die konkreten diskreten Verteilungen entspre-
chen sollen. Die Erzeugung derartiger Zufallszahlenfolgen geschieht in der Regel
so, dass gleichverteilte Zufallszahlen im Intervall [0,1] generiert werden und
daraus mit geeigneten Methoden Realisationen anderer Verteilungen abgeleitet
werden. Es sind echte Zufallszahlengeneratoren im Einsatz, die mit physikalischen
Mitteln arbeiten und echte Zufallszahlenfolgen produzieren.
Im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich werden überwiegend Pseudozufalls-
zahlengeneratoren eingesetzt, die Pseudozufallszahlenfolgen errechnen, welche
hinsichtlich ihrer Eigenschaften von echten Zufallszahlenfolgen kaum zu unter-
scheiden sind. Der bekannteste (Pseudo-) Zufallszahlengenerator ist der lineare
Kongruenzgenerator.
280 Simulation und Warteschlangensysteme

Linearer Kongruenzgenerator
y Mit der Berechungsvorschrift
xi +1 = (a ⋅ xi + c) mod m

mit i ∈ N , a , m positive ganze Zahlen mit a < m , c nichtnegative ganze


Zahl mit c < m , und einem Startwert x0
wird eine Folge von Zahlen der Menge {0 ,...,m − 1} generiert.
Nach Division dieser Zahlen durch m − 1 erhält man eine Folge von Werten in
dem Intervall [ 0 ,1] .1
Die Modulo-Funktion mod m ist die Funktion, die einer ganzen Zahl ihren
Rest bei Teilung durch m zuweist, z. B. gilt 5 mod 3 = 2 und 22 mod 6 = 4 . Je
größer m gewählt wird, in desto feinerem Abstand können die errechneten Zahlen
in [ 0 ,1] auftreten.
Pseudozufallszahlenfolgen sind stets periodisch, d. h., Teilfolgen wiederholen
sich. Sobald eine Zahl zum zweiten Mal ermittelt wird, stimmen alle folgenden
Zahlen mit den vorher berechneten überein. Gute (Pseudo-)Zufallszahlenfolgen
zeichnen sich beispielsweise durch eine lange Periodenlänge aus, die möglichst
länger als die notwendige Anzahl von Zufallszahlen für die Simulationsstudie ist.
Außerdem sollten die Realisationen gleichmäßig im Intervall [ 0 ,1] verteilt auftre-
ten und “zufällig“ aufeinander folgen. Dies kann durch geeignete Parameterwahl
oder auch andere Generatoren erzielt und mittels Testmethoden geprüft werden.

Beispiel linearer Kongruenzgenerator mit unterschiedlichen Parametern


Parameter a = 4, c = 0, m = 5
Startwert x0 = 4 :
x1 = (4 ⋅ 4) mod 5 = 1
x2 = (4 ⋅1) mod 5 = 4 Periode der Länge 2
x3 = (4 ⋅ 4) mod 5 = 1...
Startwert x0 = 3 :
x1 = (4 ⋅ 3) mod 5 = 2 Periode der Länge 2
x2 = (4 ⋅ 2) mod 5 = 3
Startwert x0 = 0 :
x1 = (4 ⋅ 0) mod 5 = 0 Periode der Länge 1
Parameter a = 3, c = 2, m = 23 = 8
Startwert x0 = 4 :
x1 = (3 ⋅ 4 + 2) mod 8 = 6
x2 = (3 ⋅ 6 + 2) mod 8 = 4...

1 Eine Division durch m würde dazu führen, dass der Wert 1 nicht angenommen wird.
Stochastische Simulation 281

Startwert x0 = 7 :
x1 = (3 ⋅ 7 + 2) mod 8 = 7...
Bei anderer Wahl der Parameter kann die maximal mögliche Anzahl unter-
schiedlicher Zahlen, nämlich m , tatsächlich angenommen werden und zwar un-
abhängig vom Startwert.
Parameter a = 5, c = 3, m = 23 = 8
Startwert x0 = 4:
x1 = (5 ⋅ 4 + 3) mod 8 = 7
x2 = (5 ⋅ 7 + 3) mod 8 = 6
x3 = (5 ⋅ 6 + 3) mod 8 = 1
x4 = (5 ⋅1 + 3) mod 8 = 0
x5 = (5 ⋅ 0 + 3) mod 8 = 3
x6 = (5 ⋅ 3 + 3) mod 8 = 2
x7 = (5 ⋅ 2 + 3) mod 8 = 5
x8 = (5 ⋅ 5 + 3) mod 8 = 4

Die Qualität von Zufallszahlengeneratoren wird bestimmt durch die Güte der
statistischen Eigenschaften der erzeugten Pseudozufallszahlenfolge und dem mit
ihrer Erzeugung verbundenen Aufwand. Wesentliche Anforderungen sind im
Folgenden zusammenfassend aufgeführt (siehe z. B. Law u. Kelton 2007, Liebl
1995):
y Da die Zufallszahlen einer in [ 0, 1] definierten Gleichverteilung entsprechen
sollen, sollte die Folge als Realisation einer Verteilung mit dieser Eigenschaft
auffassbar sein. Dies gilt nicht nur für die Folge in ihrer gesamten Länge, son-
dern auch jeweils einzelne Abschnitte der Folge sollten diese Eigenschaft besit-
zen.
y Die Zufallszahlenfolge sollte in dem Intervall [ 0, 1] eine möglichst hohe Beset-
zungsdichte aufweisen. Das bedeutet, dass zwischen den verschiedenen Zahlen
nur möglichst geringe Abstände auftreten sollten und zwar sowohl im Durch-
schnitt als auch maximal.
y Die Folge sollte sich wie zufällig erzeugt verhalten und aufeinander folgende
Elemente sollten voneinander unabhängig wirken. Insbesondere sollten keine
seriellen Autokorrelationen nachweisbar sein.
y Die Periodenlänge der erzeugten Zufallszahlenfolge sollte ausreichend groß
sein, dies hat auch Einfluss auf die Besetzungsdichte.
y Der Generator sollte effizient sein, d. h., die Zahlenfolge sollte schnell und mit
geringem Speicherbedarf erzeugbar sein.
282 Simulation und Warteschlangensysteme

y Die erzeugte Folge sollte einfach reproduzierbar sein. Dies ist besonders
bedeutsam zur Programmverifikation, jedoch auch für den Einsatz einiger vari-
anzreduzierender Methoden zum Vergleich unterschiedlicher Systeme von Inte-
resse. Bei Pseudozufallszahlenfolgen ist die Reproduzierbarkeit bei Kenntnis
der Parameter und des Startwertes grundsätzlich gegeben.
y Der Zufallszahlengenerator sollte portabel sein, damit auf verschiedenen
Rechnern identische Folgen erzeugt werden können.
y Es sollte die Möglichkeit bestehen, mehrere unterschiedliche Zufallszahlenfol-
gen zu erzeugen, zwischen denen keine Korrelationen bestehen.
Das Vorliegen der geforderten Eigenschaften kann zum Teil durch Anwendung
statistischer Tests überprüft werden. Insbesondere Tests auf Vorliegen einer
Gleichverteilung und die Tests auf Unabhängigkeit sind von Bedeutung. Außer-
dem sind der Literatur viele Ergebnisse zu entnehmen, die über die Qualität der
Zufallszahlengeneratoren bzw. der verwendeten Algorithmen informieren.
Aussagen über die Periodenlänge einer Zufallszahlenfolge lassen sich aus den
theoretischen Ergebnissen über die Eigenschaften des verwendeten Generators
ableiten. So gilt der folgende Satz (Knuth 2007, Mathar u. Pfeifer 1990).
y Die Periodenlänge der Zufallszahlenfolge eines linearen Kongruenzgenerators
xi +1 = (a ⋅ xi + c ) mod m ist gleich dem Modul m genau dann, wenn gilt
c und m sind teilerfremd,
a mod p = 1 für alle Primfaktoren2 p von m und
a mod 4 = 1 , wenn 4 Teiler von m ist.

Beispiel
Der lineare Kongruenzgenerator mit den Parametern a = 5, c = 3, m = 23 = 8
erfüllt diese Bedingungen, da 3 und 8 teilerfremd sind, 5 mod 2 = 1 für den
einzigen Primfaktor 2 von 8 ist und 5 mod 4 = 1 gilt. Letzteres ist zu prüfen, da 4
Teiler von 8 ist. Wie die Berechnungen zeigen, ist die Periodenlänge 8 = m .
Wählt man a und c wie vorher und m = 2 k für beliebiges k , sind die Eigen-
schaften ebenfalls erfüllt und eine entsprechend große Periodenlänge ist erreich-
bar, z. B. für 210 = 1.024 oder 220 = 1.048.576

Verteilungen
Für die Modellierung von Zufallsphänomenen sind einige Standardverteilungen
besonders geeignet, da sie bestimmte Gegebenheiten repräsentieren und nach
Ermittlung weniger charakteristischer Parameter angebbar sind. Im Zusammen-

2 Ein Primfaktor von m ist eine Primzahl, die Teiler von m ist.
Stochastische Simulation 283

hang mit Simulationsstudien kommen allgemeine diskrete Zufallsvariable,


Gleichverteilung, Normalverteilung, Exponentialverteilung und Poissonverteilung,
häufig zur Anwendung. Sie werden im Folgenden kurz vorgestellt, wobei jeweils
Wahrscheinlichkeits- bzw. Dichtefunktion f ( x ) , ggf. Verteilungsfunktion F( x )
und Erwartungswert μ = E( X ) und Varianz σ 2 = V ( X ) angegeben werden. Für
eine detailliertere Darstellung der statistischen Grundlagen wird auf entsprechende
Literatur verwiesen (beispielsweise Bamberg et al. 2008, Reichardt u. Reichardt
2002, Sachs 2006).

Diskrete Zufallsvariable
Eine diskrete Zufallsvariable X liegt dann vor, wenn X nur endlich oder abzähl-
bar unendlich viele Werte {x1 ,..., xn ,..} annehmen kann, jeweils mit einer Wahr-
scheinlichkeit pi , i = 1,...,n,..., wobei die Summe aller pi gleich 1 ist. Man nennt
X dann auch diskret verteilt. Die zugehörige Verteilungsfunktion weist an den
Stellen xi Sprünge der Höhe pi auf und ist dazwischen konstant. Daher wird sie
gelegentlich auch als Treppenfunktion beschrieben.
Die Funktion f : R → [0,1] mit

⎧ p falls x = xi
f ( x) = P ( X = x) = ⎨ i
⎩0 sonst

bezeichnet man als Wahrscheinlichkeitsfunktion von X. Für die Verteilungsfunkti-


on F einer diskreten Zufallsvariablen gilt

F(x) = P( X ≤ x) = ∑ f (x ) = ∑ p
i
i
i
i .
xi ≤ x xi ≤ x

Beispiel
Beim Würfeln mit einem gleichmäßigen Würfel kann jede der Augenzahlen von 1
bis 6 mit gleicher Wahrscheinlichkeit 1/6 eintreffen. Dies lässt sich durch eine
diskrete Zufallsvariable X abbilden, die durch folgende Wahrscheinlichkeits-
funktion charakterisiert ist:

⎧⎪ 1 falls x ∈ {1, 2,..., 6}


f ( x) = P ( X = x) = ⎨ 6
⎪⎩0 sonst

Abb. 7.17 zeigt die graphische Darstellung der zugehörigen Wahrscheinlich-


keits- und Verteilungsfunktion.
284 Simulation und Warteschlangensysteme

1.0 1.0
0.8 0.8
0.6 0.6
0.4 0.4
0.2 0.2
0.0 0.0
0 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 5 6

Abb. 7.17. Diskrete Gleichverteilung Würfeln

Beispiel unregelmäßige diskrete Zufallsvariable


Die möglichen Ergebnisse müssen nicht alle gleichwahrscheinlich sein oder
positive Werte annehmen. So ist auch durch folgende Wahrscheinlichkeitsfunkti-
on und Wahrscheinlichkeitsverteilung eine diskrete Zufallsvariable beschrieben:

⎧1 x = −1,5 ⎧0 x < −1,5


⎪ 4 ⎪1
⎪1 x = 0, 25 ⎪ 4 −1,5 ≤ x < 0, 25
⎪ 12 ⎪⎪

f ( x) = ⎨ 1 x = 1,3 F ( x) = ⎨ 1 3 0, 25 ≤ x < 1,3
⎪ 2 ⎪
⎪1 x = 2,5 ⎪ 5 6 1,3 ≤ x < 2,5
⎪ 6 ⎪
⎪⎩0 sonst ⎪⎩1 2,5 ≤ x

Die zugehörigen graphischen Darstellungen sind Abb. 7.18 zu entnehmen.

f (x) F (x)
1.0 1.0
0.8 0.8
0.6 0.6
0.4 0.4
0.2 0.2

-2 -1 0 1 2 3 -2 -1 0 1 2 3

Abb. 7.18. Unregelmäßige diskrete Zufallsvariable

Die Eigenschaften von Zufallsvariablen werden durch bestimmte Angaben nä-


her charakterisiert. Von besonderer Bedeutung sind der Lageparameter Erwar-
tungswert und die Streuungsparameter Varianz und Standardabweichung, die
wichtige Angaben zu der Lage und Abweichungen einer Zufallsvariablen ermög-
lichen.
Stochastische Simulation 285

y Der Erwartungswert E ( X ) einer diskreten Zufallsvariablen X ist definiert3


durch
∞ ∞
E( X ) = ∑x i =1
i f ( xi ) = ∑x
i =1
i pi

y Die Varianz V ( X ) einer diskreten Zufallsvariablen misst die mittlere quadrati-


sche Abweichung vom Erwartungswert und ist definiert3 durch
∞ ∞

∑ [ xi − E ( x)] ∑[ x − E ( x) ] pi .
2 2
V (X ) = f ( xi ) = i
i =1 i =1

y Die Standardabweichung ist die positive Quadratwurzel aus der Varianz


V ( X ) , sie wird üblicherweise mit σ bezeichnet.

Direkte Transformation
Durch direkte Transformation lässt sich eine endliche, diskrete Verteilung, für die
die Ausprägungen xi , i = 1,...,k jeweils mit Wahrscheinlichkeit pi angenommen
werden, aus einer in [ 0, 1] gleichverteilten Zufallszahlenfolge generieren. Der
funktionale Zusammenhang wird hier durch die folgende, stückweise definierte
Funktion g hergestellt:

⎧ x1 für 0 ≤ u < p1
⎪x für p1 ≤ u < p1 + p2
⎪ 2
⎪ .
g (u ) = ⎨ .
⎪ .
⎪ k −1 k

⎪ xk

für ∑p
i =1
i ≤ u ≤ ∑p
i =1
i = 1.

Diese Methode lässt sich graphisch veranschaulichen. Das Einheitsintervall


wird in Abschnitte jeweils der Länge pi , i = 1,..., k aufgeteilt. Aufgrund der
Gleichverteilung treffen die Realisationen u mit Wahrscheinlichkeiten, die der
jeweiligen Länge entsprechen, in die entsprechenden Abschnitte. Dadurch sind die
zugeordneten Realisationen gemäß der geforderten diskreten Zufallsvariablen
verteilt. Für die Realisation u wird geprüft, in welchen Abschnitt sie trifft. Dann
wird die dem Abschnitt zugeordnete Ausprägung xi als Zufallsrealisation x
festgehalten.

Beispiel
Die Schulnoten 1 bis 5 werden in einer Klausur erfahrungsgemäß mit folgenden
Wahrscheinlichkeiten erreicht:

3 Betrachtet wird hier nicht die Ausnahmesituation, dass die Summenfolge nicht kon-

vergiert.
286 Simulation und Warteschlangensysteme

Note 1 2 3 4 5

Wahrscheinlichkeit 0,1 0,2 0,3 0,3 0,1

Es sollen Zufallszahlen gemäß dieser empirisch ermittelten, diskreten Vertei-


lung erzeugt werden. Eine geeignete Transformationsfunktion für Standardzufalls-
zahlen lautet dann:

⎧1 für 0 ≤ u < 0,1


⎪2 für 0,1 ≤ u < 0,3
⎪⎪
g (u ) = ⎨ 3 für 0,3 ≤ u < 0, 6
⎪4 für 0, 6 ≤ u < 0,9

⎪⎩5 für 0,9 ≤ u ≤ 1.

In Abb. 7.19 ist die Aufteilung des Intervalls [ 0 ,1] in entsprechende Abschnitte
dargestellt. Jeder Standardzufallszahl u wird eine Schulnote entsprechend der
zugrunde liegenden diskreten Verteilung zugeordnet.

x=4
xi: 1 2 3 4 5

pi: 0,1 0,2 0,3 0,3 0,1

0 0,1 0,3 0,6 0,9 1


u = 0,67
Abb. 7.19. Direkte Transformation von Zufallszahlen

Stetige Gleichverteilung in dem Intervall [a, b]


Die Gleichverteilung modelliert die Situation, bei der gleichermaßen alle Werte
von a bis b auftreten können. Die Dichtefunktion f ( x ) und Verteilungsfunktion
F ( x ) der Gleichverteilung lauten:

⎧0 x<a
⎧ 1 ⎪x−a
⎪ a≤ x≤b ⎪
f ( x) = ⎨ b − a F ( x) = ⎨ a≤ x≤b
⎪⎩0 sonst ⎪b − a
⎩⎪1 sonst
Stochastische Simulation 287

f (x) F (x)

1 1
0,8
0,6
1 0,4
b-a
0,2
x x
0 a b 0 a b

Abb. 7.20. Gleichverteilung in [a, b]

Erwartungswert μ und Varianz σ 2 werden mit den Parametern a und b be-


rechnet zu:
a+b (b − a) 2
μ= und σ2 =
2 12
Aus einer im Intervall [ 0 ,1] gleichverteilten Zufallszahlenfolge lassen sich mit-
tels einer speziellen Transformationsfunktion Zahlen errechnen, die wie eine Folge
im Intervall [ a,b ] gleichverteilter Realisationen wirkt. Diese Transformations-
funktion g lautet g( u ) = a + ( b − a ) ⋅ u , die angewendet wird auf die Elemente u
der in [ 0 ,1] gleichverteilten Zufallszahlenfolge.

Beispiel
Die Kunden treffen gleichverteilt alle 1 bis 5 Minuten an einer Bedienstation ein.
Die „zufällige“ Ankunftszeit der nächsten 6 Kunden ist zu generieren. Mittels des
linearen Kongruenzgenerators mit den Parametern a = 5 , c = 3 , m = 8 werden die
Zahlen 6, 1, 0, 3, 2, 5 erzeugt. Division durch 7 ergibt die Pseudozufalls-
zahlenfolge 6 7 , 17 , 0, 37 , 2 7 , 5 7 im Intervall [ 0 ,1] . Die Zuordnungsvorschrift
g (u ) = 1 + (5 − 1) ⋅ u liefert die auf eine Nachkommastelle gerundeten Zwischenan-
kunftszeiten a1 = 4 , 4 , a2 = 1, 6 , a3 = 1 , a4 = 2 ,7 , a5 = 2,1 , a6 = 3,9 . Daraus
ergeben sich die „zufälligen“ Ankunftstermine t1 = 4, 4 , t2 = 6 , t3 = 7 , t4 = 9, 7 ,
t5 = 11,8 und t6 = 15, 7 .

Normalverteilung N ( μ , σ 2 )
Die Normalverteilung modelliert Situationen, in denen geringe Abweichungen
von einem Erwartungswert häufig und große Abweichungen selten sind. Sie ist
durch die beiden Parameter μ und σ eindeutig bestimmt, die Erwartungswert
bzw. Standardabweichung der Normalverteilung sind. Die Dichtefunktion lautet
288 Simulation und Warteschlangensysteme

2
1 ⎛ x−μ ⎞
1 − ⎜ ⎟
2⎝ σ ⎠
f ( x) = e für alle x ∈ R .
σ 2π
Die Dichtefunktionen lassen sich in Form von so genannten Glockenkurven
darstellen, die für unterschiedliche Erwartungswerte und Standardabweichungen
durch Lage und „Breite“ voneinander abweichen. Abb. 7.21 zeigt die Dichtefunk-
tion der Normalverteilungen N (1,1) , N (1,22 ) und N (1,32 ) im Vergleich.

0.5 N (1, 1)

N (1, 22)

N (1, 3 2)

-7 -5 -3 -1 1 3 5 7

Abb. 7.21. Dichtefunktionen von Normalverteilungen

11 1
1

0.5
0,5
N(0, 1) 0.5
5
0,
0

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4 -4 -3 -2 -1 0 1 2 3 4

Abb. 7.22. Standardnormalverteilung

Die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung wird üblicherweise mit


dem Buchstaben Φ bezeichnet, also
x t2
1 −
Φ( x) = ∫ 2π
e 2 dt.
−∞

Werte der Verteilungsfunktion Φ der Standardnormalverteilung N (0,1) sind


häufig tabelliert, da sich daraus die Werte der Verteilungsfunktionen beliebiger
Normalverteilungen ermitteln lassen mittels der Transformation
Stochastische Simulation 289

⎛ x−μ ⎞
FN ( μ ,σ 2 ) ( x) = Φ ⎜ ⎟.
⎝ σ ⎠

Tabelle 7.4. Verteilungsfunktion Φ der Standardnormalverteilung

0.00 0.02 0.04 0.06 0.08


0.0 .5000 .5079 .5159 .5239 .5318
0.1 .5398 .5477 .5556 .5635 .5714
0.2 .5792 .5870 .5948 .6025 .6102
0.3 .6179 .6255 .6330 .6405 .6480
0.4 .6554 .6627 .6700 .6772 .6843
0.5 .6914 .6984 .7054 .7122 .7190
0.6 .7257 .7323 .7389 .7453 .7517
0.7 .7580 .7642 .7703 .7763 .7823
0.8 .7881 .7938 .7995 .8051 .8105
0.9 .8159 .8212 .8263 .8314 .8364
1.0 .8413 .8461 .8508 .8554 .8599
1.1 .8643 .8686 .8728 .8769 .8810
1.2 .8849 .8887 .8925 .8961 .8997
1.3 .9031 .9065 .9098 .9130 .9162
1.4 .9192 .9221 .9250 .9278 .9305
1.5 .9331 .9357 .9382 .9406 .9429
1.6 .9452 .9473 .9494 .9515 .9535
1.7 .9554 .9572 .9590 .9607 .9624
1.8 .9640 .9656 .9671 .9685 .9699
1.9 .9712 .9725 .9738 .9750 .9761
2.0 .9772 .9783 .9793 .9803 .9812
2.1 .9821 .9829 .9838 .9846 .9853
2.2 .9860 .9867 .9874 .9880 .9886
2.3 .9892 .9898 .9903 .9908 .9913
2.4 .9918 .9922 .9926 .9930 .9934
2.5 .9937 .9941 .9944 .9947 .9950
2.6 .9953 .9956 .9958 .9960 .9963
2.7 .9965 .9967 .9969 .9971 .9972
2.8 .9974 .9975 .9977 .9978 .9980
2.9 .9981 .9982 .9983 .9984 .9989
3.0 .9986 .9987 .9988 .9988 .9989
3.1 .9990 .9990 .9991 .9992 .9992
3.2 .9993 .9993 .9994 .9994 .9994
3.3 .9995 .9995 .9995 .9996 .9996
3.4 .9996 .9996 .9997 .9997 .9997
3.5 .9997 .9997 .9998 .9998 .9998
3.6 .9998 .9998 .9998 .9998 .9998
3.7 .9998 .9999 .9999 .9999 .9999
3.8 .9999 .9999 .9999 .9999 .9999
3.9 .9999 .9999 .9999 .9999 .9999
290 Simulation und Warteschlangensysteme

Tabelle 7.4 enthält die Werte der Verteilungsfunktion Φ , die mittels Mathema-
tica 3.01® ermittelt wurden. Beispielhaft wird das Ablesen eines Wertes erläutert.
Soll die Wahrscheinlichkeit ermittelt werden, dass die Realisation einer standard-
normalverteilten Zufallsvariablen kleiner oder gleich dem Wert 1,42 ist, also der
Wert der Verteilungsfunktion an der Stelle 1,42, wird dieser als Schnittpunkt der
Zeile 1,4 mit der Spalte 0,02 abgelesen: Φ (1, 42 ) = 0, 9221 . Die Wahrscheinlich-
keit, dass der Wert 1,42 unterschritten wird, ist demnach 92,21 %.
Umgekehrt lässt sich der Wert ermitteln, der durch eine Realisation der Stan-
dardnormalverteilung mit Wahrscheinlichkeit 0,9515 unterschritten wird. 0,9515
steht im Schnittpunkt von 1,6 und 0,06, also ist Φ(1,66)=0,9515. Der Wert, der
mit einer Wahrscheinlichkeit von 95,15 % unterschritten wird, ist folglich 1,66.
Auf Grundlage einer Normalverteilung lassen sich Ergebnisse von Simulations-
studien bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen hinsichtlich ihrer Genau-
igkeit abschätzen.

Exponentialverteilung Ex(λ)
Mit der Exponentialverteilung kann häufig die Wartezeit zwischen je zwei Ereig-
nissen oder eine technische Lebensdauer beschrieben werden. Sie ist eindeutig
durch ihren Erwartungswert bestimmt.
Die Dichte- und die Verteilungsfunktion lauten

⎧λ ⋅ e − λ x x≥0 ⎧1 − e − λ x x≥0
f ( x) = ⎨ F ( x) = ⎨
bzw.
⎩0 sonst ⎩0 sonst
1 1
Erwartungswert und Varianz sind μ = bzw. σ 2 = 2 .
λ λ
6 1
Ex(6) λ =6
5 0,8
4
0,6
3
2 0,4 λ =3
Ex(3)
1 0,2
0 0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1

Abb. 7.23. Exponentialverteilungen mit λ = 3 bzw. λ = 6

Poissonverteilung P(λ)
Die Poissonverteilung ist eine diskrete Verteilung und zur Beschreibung des
Auftretens seltener Ereignisse geeignet. Sie ist ebenfalls eindeutig durch ihren
Erwartungswert bestimmt.
Stochastische Simulation 291

Die Wahrscheinlichkeitsfunktion lautet


⎧λ x
⎪ −λ für x ∈{0,1,..., n,...} und λ > 0 .
f ( x ) = ⎨ x! e
⎪0 sonst

Der Erwartungswert ist μ = λ und die Varianz σ 2 = λ .
Zwischen Poissonverteilung und Exponentialverteilung besteht der folgende
wichtige Zusammenhang: Beschreibt P (λ ) das Ankunftsverhalten seltener
Ereignisse, d. h. im Mittel treffen λ Ereignisse pro ZE ein, dann beschreibt
Ex ( λ ) die Zwischenankunftszeit zwischen diesen Ereignissen und umgekehrt.
Dann ist der Abstand zwischen zwei Ereignissen im Mittel 1λ .
Exponential- und Poissonverteilung werden häufig verwendet, um realitätsnah
das Ankunftsverhalten und die Bedienzeit in Warteschlangensystemen zu model-
lieren.

Zentraler Grenzwertsatz und Konfidenzintervall


Führt man eine stochastische Simulation durch, erhält man bei jedem Simulations-
lauf ein Ergebnis, welches als Realisation einer noch unbekannten Zufallsvariab-
len aufgefasst werden kann. Die Ergebnisse von n Simulationsläufen lassen sich
als Stichprobe des Umfangs n aus einer Grundgesamtheit auffassen. Diese Stich-
probe kann nun verwendet werden, um die unbekannten Parameter der Grundge-
samtheit zu schätzen. Beispielsweise kann der Mittelwert der Beobachtungen
verwendet werden, um den unbekannten Erwartungswert der Grundgesamtheit,
aus der die Realisationen stammen, zu schätzen.
Aufgrund des Gesetzes der großen Zahl gilt, dass der Mittelwert voneinander
unabhängiger, identisch verteilter Zufallsvariabler X 1 ,..., X n stochastisch gegen
deren gemeinsamen Erwartungswert μ konvergiert, d. h. sich mit wachsendem n
immer stärker dem Erwartungswert annähert. Der zentrale Grenzwertsatz gibt
zusätzlich die Verteilungsfunktion der Mittelwerte unabhängiger, identisch verteil-
ter Zufallsvariabler X 1 ,..., X n mit Erwartungswert μ und Standardabweichung
σ an: Die Verteilungsfunktion des Mittelwertes kann mit zunehmendem n immer
2
besser durch die Normalverteilung N ( μ , σ n ) , also mit Erwartungswert μ und
Standardabweichung σ , angenähert werden.
n

Intervallschätzung
Da ein unbekannter Parameter einer Grundgesamtheit aufgrund einer Stichproben-
erhebung nicht exakt ermittelbar ist, was entsprechend auch für die Ergebnisse
einer Simulationsstudie gilt, soll mittels einer Intervallschätzung ein Intervall
bestimmt werden, in dem der unbekannte Parameter der Grundgesamtheit mit
einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeit liegt. Ein derartiges Intervall wird als
Konfidenzintervall bezeichnet. Die Wahrscheinlichkeit, dass der wahre Wert in
292 Simulation und Warteschlangensysteme

diesem Konfidenzintervall liegt, nennt man Konfidenzniveau oder Vertrauens-


wahrscheinlichkeit.
Will man Aussagen über den Erwartungswert einer Normalverteilung mit be-
kannter Varianz σ 2 treffen, kann man in folgenden Schritten vorgehen (etwa
Bamberg et al. 2008):
- Festlegen des Konfidenzniveaus 1 − α
- Bestimmung des (1 − α 2 ) - Fraktils c der Standardnormalverteilung, also
Bestimmung von c mit Φ (c) = 1 − α 2
1 n
- Ermittlung des Stichprobenmittelwertes x : x = ∑ xi
n i =1
- Ermittlung von c ⋅ σ n
- Bestimmung des Konfidenzintervalls zu

⎡x − c ⋅σ , x + c ⋅σ ⎤.
⎣ n n⎦

Man kann dann davon ausgehen, dass der unbekannte Erwartungswert mit
Wahrscheinlichkeit 1 − α in diesem Intervall liegt. Eine Verschärfung des Inter-
valls bei gegebenem Vertrauensniveau ist durch eine geeignete Erhöhung des
Stichprobenumfangs n möglich. Soll die Länge des Intervalls oder die Abwei-
chung vom Erwartungswert einen bestimmten vorgegebenen Wert L bzw. A nicht
überschreiten, kann der hierzu erforderliche Stichprobenumfang ermittelt werden
mit
2 2
⎛ 2 cσ ⎞ ⎛ cσ ⎞
n ≥ ⎜ ⎟ bzw. n ≥ ⎜ ⎟ .
⎝ L ⎠ ⎝ A ⎠
Direkt ableitbar ist, dass eine Halbierung der Länge des Konfidenzintervalls,
damit folglich eine Verdoppelung der Genauigkeit des Ergebnisses, mit dem
vierfachen Stichprobenumfang erreichbar ist.
Soll ein Konfidenzintervall für den Erwartungswert ermittelt werden, wenn die
Grundgesamtheit normalverteilt, die Varianz jedoch nicht bekannt, sondern
ebenfalls aus der Stichprobe zu schätzen ist, ist obiges Vorgehen zu modifizieren,
indem im zweiten Schritt das (1 − α 2 ) -Fraktil der Student-t-Verteilung mit
n − 1 Freiheitsgraden zu ermitteln ist. Weiterhin wird die unbekannte Standard-
abweichung σ der Grundgesamtheit durch die Schätzung s der Standardabwei-
chung aus der Stichprobe in allen betroffenen Formeln σ ersetzt mit
n
1
s =
n −1
∑ (x
i =1
i − x )2 .

Da die Dichtefunktion der Student-t-Verteilung für wachsendes n gegen die der


Normalverteilung konvergiert, können für n > 30 auch bei unbekannter Varianz
die Fraktile der Normalverteilung verwendet werden (vgl. beispielsweise Bamberg
Stochastische Simulation 293

et al. 2008). Daher wird hier auf die Student-t-Verteilung nicht weiter eingegan-
gen. Ist die Verteilung der Grundgesamtheit nicht bekannt, erhält man für n > 30
bei obigem Vorgehen für praktische Fälle meist ausreichend genaue Ergebnisse,
da aufgrund des zentralen Grenzwertsatzes dann mit ausreichender Genauigkeit
angenommen werden kann, dass der Mittelwert entsprechend normalverteilt ist.
Solche allgemeinen statistischen Aussagen werden zur Auswertung von Simu-
lationsstudien eingesetzt. Realisationen entsprechen Zufallsstichproben, sodass
Schätzungen und Tests damit durchgeführt werden können. Sollen mittels einer
Simulationsstudie Aussagen über einen unbekannten Erwartungswert abgeleitet
werden, kann dieser durch den Mittelwert der Ergebnisse der Realisationen
geschätzt und die Genauigkeit über das Konfidenzintervall angegeben bzw. gezielt
durch weitere Simulationsläufe gesteigert werden. Sollen zwei Alternativen, z. B.
drei oder vier Kassen, miteinander verglichen werden, ist die Abweichung der
beobachteten Ergebnisse, wie z. B. durchschnittliche Wartezeit der Kunden, zum
einen durch die unterschiedliche Kassenzahl und zum anderen durch die Zufällig-
keit der generierten Realisationen bedingt. Um aussagekräftige Ergebnisse mit
möglichst geringem Simulationsaufwand zu erzielen, sollten die für die Simulati-
on geeigneten Methoden zum Simulationsdesign und zur Auswertung eingesetzt
werden (u. a. Banks 1998, Bratley et al. 1987, Fishman 2001, Kleijnen 1987, Law
u. Kelton 2007, Liebl 1995, Pidd 2004 und Watson u. Blackstone 1989)

7.2.3 Warteschlangensysteme und Risikoanalyse

Die stochastische Simulation lässt sich sehr vielfältig in den verschiedenen An-
wendungsbereichen einsetzen. So kann die Untersuchung eines Produktionspro-
zesses zusätzlich stochastische Einflüsse berücksichtigen. Die vorgestellte An-
wendung in der Kunststoff verarbeitenden Industrie ließe sich etwa um zufällig
eintretende Störungen der Anlagen erweitern, für die dann Konsequenzen für den
Produktionsablauf ermittelt werden könnten, um den Kapazitätsreduktionen
begegnen zu können. Geschäftsprozesse lassen sich mittels stochastischer Simula-
tion untersuchen und verbessern (Völkner 1998, Völkner u. Werners 2000). Die
Projektsteuerung kann in risikobehafteten Situationen durch simulationsbasierte
Ansätze untersucht werden (Werners u. Wolf 2004, Wolf 2005). Eine Fülle
weiterer Anwendungen ist der Simulationsliteratur zu entnehmen.
Die Simulation wird häufig zur Untersuchung des Verhaltens von Warteschlan-
gensystemen verwendet, die in verschiedensten Anwendungssituationen zu finden
sind, wie etwa bei Callcentern, in der Produktion, in Service-Einrichtungen oder
im Gesundheitswesen. Zwischenankunft der Kunden und Bedienung durch die
Station in realen Warteschlangensystemen lassen sich oft durch Exponentialvertei-
lungen angemessen modellieren. Für solche und weitere Systeme wurden im Rah-
men der Warteschlangentheorie umfangreiche analytische Ergebnisse entwickelt,
von denen im Folgenden einige grundlegende vorgestellt werden. Vor Durchfüh-
rung einer Simulationsstudie sollte stets geprüft werden, ob analytische Methoden
294 Simulation und Warteschlangensysteme

verfügbar sind, die eine geschlossene, exakte Untersuchung erlauben. Diese sind
dann vorzuziehen, da Simulationsuntersuchungen sehr aufwändig sind, besonders
wenn präzise Ergebnisse mit ausreichender Genauigkeit gewünscht werden. Nur
wenn die Realität sich als so komplex erweist, dass analytische Modelle nicht
geeignet sind, sollte Simulation eingesetzt werden. Selbst dann sind Abschätzun-
gen aus analytischen Untersuchungen gröberer Modelle häufig wertvoll, um
sinnvolle Alternativen auszuwählen und durchzuführende Simulationsstudien
festzulegen.

Warteschlangensysteme
Warteschlangenmodelle werden in der Literatur klassifiziert, indem die jeweiligen
Eigenschaften in der Reihenfolge Ankunftsprozess, Bedienprozess, Anzahl der
Kanäle, Größe des Warteraums und Abfertigungsregel angegeben werden. Häufig
wird von einem beliebig großen Warteraum und der Abfertigungsregel FIFO
ausgegangen. Dies wird nicht extra angegeben und nur die drei ersten Merkmale
explizit erwähnt.
Praxisrelevant sind besonders (M, M, s) Systeme, wobei M für Markov-Prozess
steht und s die Anzahl der Bedieneinheiten darstellt. Ein Markov-Prozess ist durch
diskrete Zustände charakterisiert, deren Änderungen in exponentialverteilten
Zeitdauern erfolgen, die unabhängig von früheren Änderungen sind. Damit ist die
Zahl der Zustandsänderungen pro Zeiteinheit poissonverteilt. Im Folgenden
werden die Ergebnisse für s = 1 angegeben. Analytische Aussagen beziehen sich
auf den stationären Zustand des Systems, d. h. auf ein langfristig gleichmäßiges
Verhalten. Die Warteschlange vor einem Postschalter ist bei Eintreffen des ersten
Kunden leer und wird sich erst allmählich aufbauen. Nach einiger Zeit wird die
übliche Warteschlangenlänge zu beobachten sein, vorausgesetzt, die Bedienung
erfolgt ausreichend zügig. Nur dieses durchschnittliche Verhalten ist analytisch
erfasst. Mittels Simulation kann auch das Einschwingverhalten beobachtet wer-
den, jedoch ist ebenso zu beachten, dass diese erste Phase die durchschnittlichen
Ergebnisse beeinflusst.
Mit
Ankunftsrate λ
ρ= =
Abfertigungsrate μ

lässt sich die durchschnittliche Verkehrsdichte ρ , also die durchschnittliche


Auslastung der Bedieneinheit ermitteln, wenn die Ankunftsrate λ , also die durch-
schnittliche Anzahl zugehender Einheiten pro Zeiteinheit und die Abfertigungsrate
μ , also die durchschnittliche Anzahl abzufertigender Einheiten pro Zeiteinheit
bekannt sind.
Die durchschnittliche Leerzeit τ einer Bedienstation je Zeiteinheit ist
μ −λ
τ = 1− ρ = .
μ
Stochastische Simulation 295

Leerzeiten können nur auftreten, wenn ρ < 1 ist. Nur in diesem Fall kann das
Warteschlangensystem (M, M, 1) einen stationären Zustand erreichen, anderen-
falls wird die Schlange immer länger. Für den stationären Zustand lassen sich u. a.
folgende Ergebnisse ermitteln. Die mittlere Zahl der Elemente im System ist
ρ λ
n= = .
1− ρ μ −λ
Die durchschnittliche Länge der Warteschlange (ohne Bedienung) ist
ρ2
nq = = ρ ⋅n.
1− ρ
Die durchschnittliche Anzahl nb der in Bedienung befindlichen Einheiten ist
nb = n − nq = ρ .

Die mittlere Zeit im System t beträgt


n 1
t = = .
λ μ −λ
Die mittlere Wartezeit in der Schlange ist
ρ λ
tq = = = ρ ⋅t .
μ (1 − ρ ) μ (μ − λ )

Mit zunehmender Auslastung ρ steigt die Wartezeit extrem an.


Die durchschnittliche Zeit tb in der Bedienstation ist erwartungsgemäß
1 λ 1
tb = t − tq = − = .
μ − λ μ ⋅( μ − λ ) μ

Beispiel Postschalter (M, M, 1)


Die Zahl der ankommenden bzw. pro Zeiteinheit bedienten Kunden des Postschal-
ters werden nun mit einer Poissonverteilung, d. h. die Dauern mit einer Exponen-
tialverteilung, beschrieben. Im Unterschied dazu wurde im früheren Simulations-
beispiel Gleichverteilung unterstellt. Die mittlere Zwischenankunftszeit beträgt 3
Minuten, folglich kommen pro halbe Stunde im Mittel 10 Kunden an, also λ = 10 .
Damit wird hier als betrachtete Zeiteinheit eine halbe Stunde gewählt. Diese wird
konsequent bei den folgenden Berechnungen zugrunde gelegt. Auch für jede
andere Wahl stimmen die interpretierten Endergebnisse überein. Die Abfertigung
dauert im Mittel 2 Minuten, also werden μ = 15 Kunden im Mittel pro halbe
Stunde bedient. Die durchschnittliche Verkehrsdichte, also die durchschnittliche
Auslastung des Schalters, beträgt somit
ρ = 1015 = 66 , 66%
296 Simulation und Warteschlangensysteme

und damit die durchschnittliche Leerzeit des Schalters


τ = 1 − ρ = 13 = 33,33% .
Die durchschnittliche Länge der Warteschlange (ohne Bedienung) ist

( 23 )
2

nq = = 4 3 = 1,33 .
1 − 23

Da die durchschnittliche Anzahl der in Bedienung befindlichen Kunden


ρ = 2 3 ist, ist die durchschnittliche Anzahl der Kunden im System also 2.
Die mittlere Wartezeit in der Schlange beträgt
λ
tq = = 2 [ ZE ] .
μ ( μ − λ ) 15

Da in diesem Beispiel von 1 ZE = 30 min ausgegangen wurde, beträgt die mitt-


lere Wartezeit in der Schlange also

15 ⋅ 30 min = 4 min .
2

Obwohl also der Postschalter nur zu ca. 67% ausgelastet ist, müssen die Kun-
den recht lange warten.
Hinsichtlich weiterer analytischer Ergebnisse der Warteschlangentheorie wird
auf die Literatur verwiesen (z. B. Chen und Yao 2001, Hillier und Lieberman
2002, Zimmermann und Stache 2001).

Risikoanalyse
Weit verbreitet ist die Simulation bei Untersuchungen im Rahmen des Risikoma-
nagements. Bekannt ist die von Hertz (1964) vorgeschlagene Risikoanalyse, für
die die Simulation zur Ermittlung des Risikoprofils eines Investitionsvorhabens
eingesetzt wird. Dazu werden die zufälligen Einflüsse, die die zukünftigen Ein-
und Auszahlungen des Investitionsprojekts beeinflussen, durch Expertenbefragun-
gen ermittelt und dann entsprechende zufällige Realisationen generiert. Daraus
werden jeweils die Zahlungsreihen und daraus die Realisationen der Kapitalwerte
berechnet und die Ergebnisse mittels des Risikoprofils der Investitionsalternativen
grafisch dargestellt. Das Risikoprofil entspricht 1 − F ( x) , wenn F ( x) die Vertei-
lungsfunktion des unsicheren Kapitalwertes ist, und ist für Nichtexperten anschau-
licher als die Verteilungsfunktion.
Stochastische Simulation 297

1-F (x)

1
0,8
0,6
0,4
0,2
Kapitalwert
0 1000 2000 3000 4000

Abb. 7.24. Risikoprofil eines Investitionsvorhabens

Die Werte des Risikoprofils geben jeweils die Wahrscheinlichkeit an, einen
bestimmten Kapitalwert mindestens zu erreichen. So ist das Projekt, zu dem
obiges Risikoprofil ermittelt wurde, mit Sicherheit erfolgreich, da mit Wahr-
scheinlichkeit 1 der Kapitalwert größer oder gleich null ist. Mit 50%iger Wahr-
scheinlichkeit liegt der Kapitalwert sogar über 2.100. Zur Beurteilung der Vorteil-
haftigkeit mehrerer mit Risiko behafteter Investitionsalternativen im Vergleich
zueinander sind weiterführende, entscheidungstheoretisch fundierte Ansätze zu
berücksichtigen.

Beispiel Risikoprofil I1
Die Anlageninvestition I1 ist mit einer Zahlungsreihe beschreibbar, jedoch sind die
Einzahlungsüberschüsse zu den Zeitpunkten 1 bis 3 mit Unsicherheit behaftet. Es
kann davon ausgegangen werden, dass sie unabhängig voneinander gleichverteilt
in den angegebenen Intervallen schwanken, sodass die Zahlungen Z1 , Z 2 und Z 3
in den angegebenen Intervallen gleichverteilte Zufallsvariable sind.

Zeitpunkt t =0 t =1 t=2 t =3

Zahlungen -2.100 [900, 1100] [850, 1150] [830, 1230]

Unter Einsatz der Simulation soll das Risikoprofil für diese Investition ermittelt
werden. Zur Illustration wird das Vorgehen wieder manuell mit sehr wenigen
Werten durchgeführt.
Zunächst werden 30 Zufallszahlen in [ 0 ,1] generiert mit dem linearen Kon-
gruenzgenerator
xi = (5 ⋅ xi −1 + 3) mod 64 .
298 Simulation und Warteschlangensysteme

Mit dem Startpunkt x0 = 4 erhält man die Folge


x0 = 4, x1 = 23, x2 = 54, 17, 24, 59, 42, 21, 44, 31, 30, 25, 0, 3, 18, 29,
20, 39, 6, 33, 40, 11, 58, 37, 60, 47, 46, 41, 16, 19.

Diese Folge wirkt wie zufällig auf den Zahlen von 0 bis 63 gleichmäßig ver-
teilt. Nach Division durch 63 resultiert eine gleichverteilte Pseudozufallszahlen-
folge in [ 0 ,1] . Alle folgenden Angaben sind auf 2 Stellen gerundet, die Berech-
nungen wurden sämtlich mit den exakten Werten durchgeführt:
0, 06; 0, 37; 0,86; 0, 27; 0,38; 0, 94; 0, 67; 0, 33; 0, 70; 0, 49;...

Mittels der geeigneten Transformationsfunktionen werden daraus gleichverteil-


te Zufallszahlen in den gewünschten Intervallen errechnet; für die Berechung
wurden die ungerundeten Werte verwendet. Die ersten zehn Zufallszahlen werden
zur Ermittlung der zehn Zahlungen zum Zeitpunkt 1 unter Einsatz der Transfor-
mationsfunktion g1 (u ) ermittelt:
[900;1100] : g1( u ) = 900 + 200 u
Entsprechend werden zur Erzeugung der Zahlungen der Zeitpunkte 2 und 3 die
folgenden Transformationsfunktionen eingesetzt:
[850;1150] : g 2 ( u ) = 850 + 300 u
[830;1230] : g3 ( u ) = 830 + 400 u
Tabelle 7.5. Generierte Zahlungsfolgen und Kapitalwerte

Reali-
Z1 Z2 Z3 K 01
sation
1 912,70 992,86 1083,97 364,67
2 973,02 969,05 899,84 261,49
3 1071,43 850,00 1198,25 476,77
4 953,97 864,29 1064,92 281,62
5 976,19 935,71 1210,95 470,57
6 1087,30 988,10 1128,41 552,86
7 1033,33 945,24 1122,06 463,61
8 966,67 1035,71 1090,32 453,92
9 1039,68 878,57 931,59 271,17
10 998,41 1007,14 950,63 354,22
Stochastische Simulation 299

Für jeweils eine Kombination von Ausprägungen zu den drei Zeitpunkten wird
nun der Kapitalwert mit einem Kalkulationszins von 10 % ermittelt. Eine Über-
sicht ist in Tabelle 7.5 zu finden:
K 01 = −2.100 + 912, 70 ⋅ (1,1) −1 + 992,86 ⋅ (1,1) −2 + 1083,97 ⋅ (1,1) −3 = 364, 67

Die zweite Realisation des Kapitalwertes wird bestimmt zu


K 01 = −2.100 + 973, 02 ⋅ (1,1) −1 + 969, 05 ⋅ (1,1) −2 + 899,84 ⋅ (1,1) −3 = 261, 49.

Mit diesen Daten wird das Risikoprofil dieser Investitionsalternative approxi-


miert. Dazu werden die Werte der Größe nach sortiert und jeweils von einer
Wahrscheinlichkeitssteigerung von 0 ,1 ausgegangen.

1 - F (x)

0,8

0,6

0,4

0,2

Kapital-
wert
100 200 300 400 500

Abb. 7.25. Risikoprofil I1 nach 10 Simulationsläufen

Da die Annäherung aufgrund der geringen Zahl der Simulationsläufe noch sehr
grob ist, werden die tatsächlichen Werte nicht unbeträchtlich von diesen abwei-
chen. Der mittels Simulation bestimmte durchschnittliche Kapitalwert für dieses
Vorhaben beträgt 395,09, die geschätzte Standardabweichung 56,96. Eine sehr
grobe Abschätzung des Konfidenzintervalls zeigt, dass der beobachtete mittlere
Wert von 395,09 mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit nicht mehr als 35,30 vom
tatsächlichen Erwartungswert des Kapitalwertes abweicht. Dazu wurde eine
bekannte Standardabweichung vorausgesetzt, die tatsächlich geschätzt wurde, was
die mögliche Abweichung noch vergrößert.
Eine Fülle weiterer Einsatzgebiete der Simulation findet man in unterschied-
lichsten Anwendungsbereichen. So wird die Risikoanalyse auch in anderen
Einsatzgebieten häufig simulationsbasiert durchgeführt. Simulation wird auch zur
300 Simulation und Warteschlangensysteme

Nachbildung der zeitlichen Entwicklung von ggf. korrelierten Aktienkursen ver-


wendet, um darauf aufbauend das Marktrisiko der Haltung von Wertpapierhan-
delsbeständen schätzen zu können. Die Ermittlung des Value at Risk eines Portfo-
lios, ein Maß für die Verlustobergrenze, geschieht häufig simulationsbasiert.

7.2.4 Aufgaben

Aufgabe 7.2.1
Der Pharmakonzern NitroBey beabsichtigt die Einführung eines neuartigen Medi-
kamentes zur Blutdrucksenkung. Die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im
Bereich der Pharmaindustrie unterliegen jedoch einem hohen Risiko, da sowohl
die technische Realisierung als auch die spätere Markteinführung sowie die
Akzeptanz des Produktes mit Unsicherheit behaftet sind. Daher verfolgt das
Management ein dreistufiges Vorgehen. Sobald eine Stufe nicht zufrieden stellend
abgeschlossen wurde, wird das gesamte Projekt abgebrochen. Die erreichten
Erkenntnisse sind dennoch von Wert für das Unternehmen. Die erste Stufe stellt
das Ende der Forschungstätigkeit dar und wird mit einer Wahrscheinlichkeit von
50 % positiv beendet. Daraus resultiert eine Wertsteigerung von 60.000 € ± 10 %.
Mit dem Ende der zweiten Stufe ist die Entwicklung des Medikamentes abge-
schlossen. Hierbei kommt es mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 % zu einem
positiven Ergebnis und einer weiteren Wertsteigerung von 80.000 € ± 25 %. Nach
positiver Forschungs- und Entwicklungstätigkeit werden als dritte Stufe die
Markteinführung und der Absatz des Medikamentes während des ersten Jahres
betrachtet. Ein zufrieden stellendes Ergebnis wird mit einer Wahrscheinlichkeit
von 75 % erwartet, welches zu zusätzlichen Wertsteigerungen in Höhe von
450.000 € ± 25 % führen wird. Die voraussichtlichen Wertsteigerungen sind mit
Unsicherheit behaftet und liegen jeweils zwischen den Minimal- und Maximal-
werten. Sie sind durch eine stetige Gleichverteilung beschreibbar.
a) Geben Sie analytisch die Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Markteinfüh-
rung an.
b) Führen Sie manuell mehrere Simulationsläufe durch. Geben Sie zunächst die zu
verwendenden Transformationsfunktionen an. Verwenden Sie zur Bestimmung
der Eintrittswahrscheinlichkeiten bzw. Ergebnisverbesserungen der Reihe nach
sämtliche folgende in [0; 1] gleichverteilte, gerundete Pseudozufallszahlen:
0,3; 0, 7; 0, 6; 0,1; 0, 4; 0,8; 0,5; 0, 2; 0,9; 0,8; 0,3; 0, 7

Aufgabe 7.2.2
Der Student Felix Vorms beginnt mit der Literaturrecherche für seine Diplom-
arbeit im Fach Operations Research. Er wählt sich von zu Hause über das Internet
in den Katalog der Universitätsbibliothek ein und gibt die Daten der benötigten
Bücher ein. In 80 % der Fälle findet das System das gesuchte Buch und Felix
Stochastische Simulation 301

erhält die Information, wo das Buch verfügbar ist. Mit einer Wahrscheinlichkeit
von 40 % befindet sich das Buch in der Fakultätsbibliothek, zu 10 % in der Uni-
versitätsbibliothek und zu 50 % in einer Universität einer anderen Stadt. Als
nächstes prüft er die Verfügbarkeit der angezeigten Bücher an den jeweiligen
Standorten. Dabei stellt sich heraus, dass er 60 % der Bücher sofort ausleihen bzw.
einsehen kann, 35 % der Bücher bereits ausgeliehen sind und 5 % der Bücher
nicht aufzufinden und daher mit einem Vermisst-Vermerk versehen sind.
Erzeugen Sie sechs unterschiedliche, in dem Intervall [ 0, 1] gleichverteilte
(Pseudo-) Zufallszahlen unter Anwendung eines linearen Kongruenzgenerators.
Geben Sie für die drei Stufen des Suchprozesses eines Buches je eine geeignete
Transformationsfunktion an und setzen Sie die erzeugten Zufallszahlen ein, um
Realisationen der Literaturrecherche zu bestimmen. Führen Sie hierbei zwei
Simulationsläufe durch und geben Sie die Ergebnisse explizit an.
Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Felix Vorms das gesuchte Buch in
der Fakultätsbibliothek findet und dort einsehen kann? Vergleichen Sie das analy-
tisch ermittelte Ergebnis mit dem der Simulation.

Aufgabe 7.2.3
Die Landesregierung in NRW plant, auf der Strecke Dortmund-Düsseldorf für ca.
3,5 Mrd. € den Metrorapid zu bauen. Dadurch soll die Reisezeit zwischen Dort-
mund und Düsseldorf von 57 Minuten mit bisherigen Zügen auf 39 Minuten
verkürzt werden. Gleichzeitig sollen jedoch die Regionalexpress-Linien RE 1 und
RE 11 Bielefeld-Düsseldorf sowie die Interregio-Linie IR 20 Erfurt-Düsseldorf
statt bis Düsseldorf nur noch bis Dortmund geführt werden. Kritiker bemängeln,
dass Zeitgewinne für diejenigen Fahrgäste, die aus der Richtung Bielefeld bzw.
Erfurt nach Düsseldorf reisen, aufgrund erforderlicher Umsteigezeiten in Dort-
mund nur marginal sind und daher eine derartige Investition nicht zu rechtfertigen
ist. Für Vorabüberlegungen zur Beratung politischer Gremien über die Reisezeiten
betrachten Sie den Zeitraum zwischen 12.00 h und 13.00 h eines beliebigen
Wochentags. Die Zahl der Fahrgäste, die pro Zug, RE 1, RE 11 oder IR 20, in
Dortmund ankommen und nach Düsseldorf weiterfahren, kann als diskret gleich-
verteilt im Intervall [50, 54] angesehen werden. Aussteiger für andere Städte, die
der Metrorapid bedienen soll, und Einsteiger in Dortmund werden nicht berück-
sichtigt.

Bielefeld
d RE 1
ur
g
n u m un
i sb se ch or tm RE 11
Du Es Bo D
Metrorapid
bisheriger Endbahnhof
für RE 1, RE 11, IR 20 geplanter Endbahnhof IR 20
für RE 1, RE 11, IR 20 Erfurt
Düsseldorf
302 Simulation und Warteschlangensysteme

Erzeugen Sie eine Folge von sechs unterschiedlichen, im Intervall [0,1]


gleichverteilten Pseudozufallszahlen. Benutzen Sie diese sechs Zahlen zur Be-
stimmung von sechs Realisationen der Fahrgastzahlen, die pro Zug in Dortmund
ankommen und nach Düsseldorf weiterfahren möchten.
Ermitteln Sie auf Basis der sechs Realisationen für zwei Simulationsdurch-
läufe den durchschnittlichen Zeitgewinn pro Fahrgast mit Fahrtziel Düsseldorf für
den Abschnitt Dortmund-Düsseldorf im Vergleich zur bisherigen Fahrzeit bei
durchgehenden Zügen. Beginnen Sie mit der Ankunftszeit in Dortmund. Beziehen
Sie bei Ihrer Berechnung die Wartezeit in Dortmund und den Zeitgewinn durch
den Metrorapid ein.

Anschluss durch Metrorapid


Ankunft in Dortmund Linie
zur Weiterfahrt nach Düsseldorf
12.13 h RE 1 aus Bielefeld 12.20 h
12.19 h IR 20 aus Erfurt 12.30 h
12.45 h RE 11 aus Bielefeld 12.50 h

Aufgabe 7.2.4
Die Simulation des folgenden Netzplans mit stochastischen, in den angegebenen
Intervallen gleichverteilten Dauern soll durchgeführt werden.

[ 2,3] [3, 4]

[5, 6]
Geben Sie die minimal bzw. maximal mögliche Dauer des zugrunde liegenden
Projektes an.
Ermitteln Sie ausgehend von den auf [ 0,1] gleichverteilten Zufallszahlen
0,4; 0,7; 0,5; 0,2; 0,3; 0,1; 0,9
eine Realisation des Projektes und die zugehörige Dauer.
Nach der Durchführung von 100 Simulationsläufen erhalten Sie für die Pro-
jektdauer den beobachteten Mittelwert 6,12 und die beobachtete Standardabwei-
chung 0,2. Wie genau ist der beobachtete Mittelwert? Sie wollen mit 95%iger
Sicherheit eine maximale Abweichung des unbekannten Erwartungswertes der
Projektdauer von Ihrem Simulationsergebnis von 0,01 erreichen. Geben Sie an,
wie viele Simulationsläufe dazu durchzuführen sind.
Stochastische Simulation 303

Aufgabe 7.2.5
Das Bahnbetriebswerk in Dortmund ist für die Wartung kompletter Hochge-
schwindigkeitszüge verantwortlich. Da teilweise sehr lange Wartezeiten bei der
Wartung entstehen, obwohl das Betriebswerk durchgehend arbeitet, werden
Untersuchungen zur Ermittlung möglicher Verbesserungsmaßnahmen durchge-
führt. Das Ankunftsverhalten der Züge kann durch eine Exponentialverteilung mit
einem Erwartungswert von 15 Stunden für die Zwischenankunftszeiten beschrie-
ben werden. Die Wartung je eines kompletten Zuges wird als exponentialverteilt
mit einer erwarteten Dauer von 12 Stunden angesehen. Es kann zeitgleich nur ein
Zug gewartet werden. Die Opportunitätskosten für einen Zug, der außer Betrieb
ist, betragen 250 GE je Stunde. Ermitteln Sie mit Hilfe warteschlangentheoreti-
scher Untersuchungen, wie hoch die mittlere Schlangenlänge und die mittlere
Wartezeit ist. Wie hoch sind die durchschnittlichen Opportunitätskosten pro Zug,
die allein aufgrund der Wartezeit anfallen?

Aufgabe 7.2.6
Beim Einwohnermeldeamt einer Kleinstadt im Sauerland bildet sich regelmäßig
eine Schlange vor der Personalausweisbearbeitungsstelle. Die Öffnungszeiten sind
vormittags von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr. Eine erste Untersuchung zeigt, dass das
Ankunftsverhalten der Kunden durch eine Poissonverteilung mit einer mittleren
Ankunftsrate von 1,5 Bürgern je 10 Minuten annähernd beschrieben werden kann.
Die Antragsbearbeitungsdauer durch den einzigen Sachbearbeiter kann als expo-
nential verteilt angenommen werden mit einem Mittelwert von 5 Minuten.
Geben Sie auf Grund warteschlangentheoretischer Überlegungen an, wie hoch die
Auslastung der Halbtagskraft ist, wie viele Bürger im Mittel warten müssen und
wie lang die mittlere Wartezeit ist.

Aufgabe 7.2.7
Der Supermarkt OptiSpar möchte die Servicefreundlichkeit an der Wursttheke
weiter erhöhen. Untersuchungen haben ergeben, dass das Ankunftsverhalten der
Kunden an der Wursttheke durch eine Poissonverteilung mit einer mittleren
Ankunftsrate von 3 Kunden je 15 Minuten annähernd beschrieben werden kann.
Der gesamte Bedienvorgang durch die einzige Fleischfachverkäuferin kann als
exponential verteilt angenommen werden mit einem Mittelwert von 3 Minuten.
Bestimmen Sie den prozentualen Anteil der Zeit, in der die Verkäuferin unbe-
schäftigt ist. Geben Sie die durchschnittliche Länge der Warteschlange vor der
Wursttheke und die durchschnittliche Wartezeit der Kunden an.

Aufgabe 7.2.8
Für ein Investitionsvorhaben wurde mittels Risikoanalyse in 400 Simulationsläu-
fen ein durchschnittlicher Kapitalwert von 350 GE beobachtet, die Standardab-
304 Simulation und Warteschlangensysteme

weichung der beobachteten Kapitalwerte beträgt 45. In welchem Bereich wird der
Erwartungswert des Kapitalwertes mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit liegen? In
welchem mit 99 %iger Wahrscheinlichkeit? Müssen zur Sicherstellung einer
maximalen Abweichung von 1 % weitere Simulationsläufe durchgeführt werden?
8 Lösungen

8.1 Quantitative Entscheidungsunterstützung

1.2.1

a) Schüler a2 dominiert Schüler a1 , da a2 in allen Fächern eine bessere Note als


a1 hat.
b) Eine so allgemeine Effizienzaussage ist nicht sinnvoll, da es sicher Schüler
gibt, die hinsichtlich aller aufgeführten Noten besser sind. Die Aussage ist wahr in
Bezug auf die betrachtete Schülermenge. Die Schüler a2 und a3 werden von
keinem anderen der Schüler dominiert, sie sind demnach effizient bez. a1 ,..., a4 .
c) Da die Schüler a2 und a3 effiziente Schüler sind (vgl. b), ist diese Aussage
falsch.
d) Diese Aussage ist falsch. Schüler a4 ist im Fach Mathematik besser und in
Englisch schlechter als Schüler a1 . Damit ist ein Vergleich nicht möglich, ohne
zusätzliche Präferenzkriterien zu kennen, auch keine Aussage über die Indifferenz.
e) Schüler a2 und a3 sind nicht miteinander vergleichbar, daher kann a2 nicht
bester Schüler sind. Da er nicht dominiert wird, also effizient ist, gehört er jedoch
zur Menge der besten Schüler, ebenso wie a3 .

1.2.2
a2 a1 , a2 a4 , a2 a3 , a4 a3 , d. h., die Alternative a2 wird von allen
anderen dominiert. Alternative a4 wird von a3 dominiert. Alternative a1 ist weder
mit a3 noch mit a4 vergleichbar. a1 und a3 sind undominiert, also effizient bez.
der betrachteten Menge von vier Alternativen, und kommen für eine Auswahl in
Betracht. Dennoch kann nicht argumentiert werden, dass a1 besser sei als a4 .

1.2.3
Als Ergebnis wird jeweils der Erlös abzüglich der fixen und variablen Kosten
bestimmt.
306 Lösungen

Nachfrage
100 200 400
Auflage
0 0 0 0
100 0 0 0
200 -100 100 100
400 -300 -100 300

Die Alternativen, nicht zu produzieren oder eine Auflagenhöhe von 100 festzu-
legen, sind vergleichbar und führen mit Sicherheit weder zu einem Gewinn noch
zu einem Verlust. Beide Alternativen sind mit den anderen beiden und diese auch
gegenseitig zunächst jeweils unvergleichbar. Da bekannt ist, dass der Verleger
risikoneutral ist, kann der Erwartungswert der Ergebnisse als Kriterium zur
Beurteilung der Handlungsalternativen herangezogen werden.
Beträgt die Wahrscheinlichkeit 1 3 für jeden Umweltzustand, so ist der erwar-
tete Gewinn des Verlegers für die Handlungsalternativen:
E (0) = 0, E (100) = 0, E (200) = 33, 3, E (400) = −33, 3

Damit sollte der risikoneutrale Verleger als Auflagenhöhe 200 wählen mit ei-
nem erwarteten Gewinn von 33, 3 GE. Es ist jedoch zu beachten, dass später trotz
guter Planung die ungünstige Situation eintreten kann, dass „Der Ring“ vorher
erscheint und der Verleger einen Verlust von 100 GE hinnehmen muss.

1.2.4
Zielvorstellungen beschreiben die Präferenzen bez. der mit der Wahl des Urlaubs-
ziels verbundenen Handlungskonsequenzen. Beispielsweise kann ein minimaler
Reisepreis und eine maximale Urlaubsbräune angestrebt werden.
Alle konkret buchbaren bzw. organisierbaren Urlaubsreisen während der Weih-
nachtszeit, wie z. B. achttägiger Aufenthalt auf Mallorca oder Gran Canaria mit
Flug und konkretem Hotel, stellen die zu wählenden Handlungsalternativen dar.
Umweltzustände haben einen Einfluss auf das Ergebnis, allerdings hat der Ent-
scheidungsträger keinen Einfluss auf die Umweltzustände. Mögliche Umweltzu-
stände sind in dieser Entscheidungssituation beispielsweise gutes bzw. schlechtes
Wetter auf Mallorca bzw. Gran Canaria und Verfügbarkeit günstiger Last-Minute-
Angebote.
Ergebnisse in der Entscheidungssituation sind die Konsequenzen je einer Hand-
lungsalternative bei Eintreten je eines Umweltzustands. Im Folgenden wird ein
Ausschnitt der Ergebnismatrix dargestellt. Da das Wetter auf Mallorca und Gran
Canaria voneinander abweichen kann, sind alle möglichen Kombinationen zu
berücksichtigen, also vier Umweltzustände. Die Preise für die Last-Minute-
Angebote werden als abhängig von der Nachfrage, die auch von den Wetterbedin-
Quantitative Entscheidungsunterstützung 307

gungen beeinflusst wird, angenommen. Als Ergebnisse werden die Wettersituation


und der Reisepreis angegeben.

Wetter auf Wetter auf


Wetter auf Wetter auf
Mallorca Mallorca
Mallorca gut Mallorca gut
schlecht schlecht
Wetter auf Wetter auf Wetter auf Wetter auf
Gran Canaria Gran Canaria Gran Canaria Gran Canaria
gut schlecht schlecht gut
Mallorca Gut / 300 Schlecht / 250 Gut / 350 Schlecht / 250
Gran Schlecht /
Gut / 500 Schlecht / 600 Gut / 450
Canaria 450

Um eine gute Entscheidung treffen zu können, müssen der Nutzen der Ergeb-
nisse, die Artenpräferenz hinsichtlich der beiden Zielvorstellungen niedriger
Reisepreis und tiefe Bräune und die Unsicherheitspräferenz des Entscheidungsträ-
gers bekannt sein.

1.2.5
Wolfgang Optimax kann einen Betrag von x auf sein Sparbuch legen mit
0 ≤ x ≤ 10.000 . Den restlichen Betrag investiert er in optinische Staatsanleihen
mit 0 ≤ y ≤ 10.000 . Da ihm keine weiteren Alternativen zur Verfügung stehen,
muss gelten x + y = 10.000 bzw. x = 10.000 − y . Es sind zwei Umweltzustände
zu berücksichtigen: Optinische Staatsanleihen behalten ihren Wert mit 90 %iger
Wahrscheinlichkeit oder haben einen Wert von 0 mit 10 %iger Wahrscheinlich-
keit. Die „Ergebnismatrix“ lautet für die möglichen Handlungsalternativen
x ∈ [ 0;10.000] :

Opt. Staatsanleihen Opt. Staatsanleihen


behalten Wert verlieren Wert
pi 0,9 0,1
x ∈ [ 0;10.000] x ⋅1, 02 + (10.000 − x ) ⋅1,1 x ⋅1, 02

Ist der Entscheidungsträger risikoneutral und strebt er einen möglichst hohen


Betrag zum Ende des Jahres an, sollte er den Erwartungswert der Auszahlungen
maximieren und seine Alternative x entsprechend wählen.

max
x∈[ 0, 10.000]
{0,9 ⋅ ( x ⋅1, 02 + (10.000 − x ) ⋅1,1) + 0,1⋅ ( x ⋅1, 02 )}
308 Lösungen

= max
x∈[ 0, 10.000]
{ x ⋅1, 02 + 0,9 ⋅1,1⋅ (10.000 − x )}
= max
x∈[ 0, 10.000]
{ x (1, 02 − 0,99 ) + 9.900}
Das Maximum wird für x = 10.000 angenommen, d. h., der gesamte Betrag sollte
auf das Sparbuch eingezahlt werden.

8.2 Grundlagen linearer Optimierung

Simplexalgorithmus zur Lösung des Grundmodells

2.2.1
Die Anwendung des Simplexalgorithmus führt zu folgenden Tableaus:

8 28 0 0 0
x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ
0 s1 1 2 1 0 0 54 27
0 s2 1 0 0 1 0 21 -
0 s3 0 1 0 0 1 33 33

Δz -8 -28 0 0 0 0

x1 x2 s1 s2 s3 RS

28 x2 0,5 1 0,5 0 0 27
0 s2 1 0 0 1 0 21
0 s3 -0,5 0 -0,5 0 1 6

Δz 6 0 14 0 0 756

Alle Werte der Δ z-Zeile im Endtableau sind nichtnegativ, das Endtableau lie-
fert also für dieses Modell eine optimale Lösung. Da alle Nichtbasisvariable echt
positive Werte aufweisen, ist diese Lösung die einzige optimale. Der erzielbare
Gesamtdeckungsbeitrag von 756 Geldeinheiten wird erreicht, wenn 27 Einheiten
des Produkts Butterkekse mit Schokoladenüberzug hergestellt werden. Klassische
Butterkekse werden nicht hergestellt.
Grundlagen linearer Optimierung 309

Die erste Produktionsstufe stellt einen Engpass dar, da s1 = 0 gilt. Eine Kapazi-
tätserhöhung der ersten Produktionsstufe ist sinnvoll, da so die Produktionsmenge
vergrößert und der Gesamtdeckungsbeitrag um 14 Geldeinheiten pro Einheit
Kapazitätserhöhung gesteigert werden kann, wie der s1 zugeordnete Schattenpreis
zeigt. Die Produktion einer weiteren, d. h. hier überhaupt einer Einheit klassischer
Butterkekse reduziert den Gesamtdeckungsbeitrag um 6 Geldeinheiten, den
Opportunitätskosten, entnehmbar der Δ z-Zeile unter x1. Wie in Kapitel 3 ausführ-
licher dargestellt wird, gelten diese Aussagen nur für marginale Erhöhungen und
unter der hier vorliegenden Voraussetzung, dass das Ausgangsmodell die Grund-
modellstruktur aufweist.

2.2.2
a) Die Anwendung des Simplexalgorithmus liefert folgende Tableaus:

0,2 0,4 0 0 0
x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ
0 s1 0,2 0,1 1 0 0 50 500
0 s2 1 1 0 1 0 300 300
0 s3 0 1 0 0 1 100 100

Δz -0,2 -0,4 0 0 0 0

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 0,2 0 1 0 -0,1 40 200


0 s2 1 0 0 1 -1 200 200
0,4 x2 0 1 0 0 1 100 -
Δz -0,2 0 0 0 0,4 40

x1 x2 s1 s2 s3 RS

0,2 x1 1 0 5 0 -0,5 200


0 s2 0 0 -5 1 -0,5 0
0,4 x2 0 1 0 0 1 100
Δz 0 0 1 0 0,3 80
310 Lösungen

Die Δ z-Zeile weist nur positive Werte auf, daher ist die gefundene Lösung op-
timal. Der maximale Deckungsbeitrag von 80 Geldeinheiten lässt sich erzielen,
wenn täglich 200 Becher Kaffee und 100 Becher Espresso verkauft werden. Der
Stand lohnt sich eventuell, da der Deckungsbeitrag auch nach Abzug der fixen
Kosten von 20 Geldeinheiten mit 60 Geldeinheiten noch positiv ist. Zu berück-
sichtigen sind jedoch noch weitere Kosten wie kalkulatorischer Unternehmerlohn,
Kosten für die Bereitstellung und Betrieb des Mini Coopers u. a., bevor eine nicht
nur auf das kurzfristige Produktionsprogramm abstellende Wirtschaftlichkeitsaus-
sage getroffen werden kann.
Da s2 mit Wert null in Basis ist, also eine primale Entartung vorliegt, existiert
ein weiteres optimales Endtableau. Dieses wäre nach Elimination von s2 im
vorherigen Tableau erzielt worden. Die zugehörigen Basisvariablen sind s1 , x1
und x2 , wobei s1 mit Wert null in Basis ist. Die beiden optimalen Lösungen
stimmen überein, folglich ist die optimale Lösung eindeutig.
b) Zunächst ist aus den vorherigen Angaben die Kapazität des Mini Coopers zu
ermitteln:
50 l Wasser + 300 Becher + 100 Plätzchen:
50 l + 30 l +5l = 85 l
Als nächstes wird der Platzbedarf in Litern für eine Einheit Kaffee bzw. Es-
presso bestimmt:
Kaffee: 0,2 l + 0,1 l = 0,3 l
Espresso: 0,1 l + 0,1 l + 0,05 l = 0,25 l
Das neue Optimierungsmodell lautet dann:
max z = 0, 2 x1 + 0, 4 x2
s.d . 0,3 x1 + 0, 25 x2 ≤ 85
x1 , x2 ≥ 0

Da nur ein Engpass besteht, ist es optimal, möglichst viel Espresso, also 340
Tassen, zu verkaufen, da Espresso mit 0,4/0,25 = 1,6 gegenüber Kaffee mit 0,2/0,3
= 0,67 den höheren relativen Deckungsbeitrag aufweist. Der Simplexalgorithmus
liefert dieselbe optimale Lösung mit dem optimalen Endtableau:

x1 x2 s3 RS

0,4 x2 1,2 1 4 340


Δz 0,28 0 1,6 136

2.2.3
Unter Anwendung des Simplexalgorithmus ergeben sich folgende Tableaus:
Grundlagen linearer Optimierung 311

20 40 35 80 0 0 0
x1 x2 x3 x4 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 1 4 2 5 1 0 0 60 12

0 s2 3 6 3 3 0 1 0 72 24

0 s3 3 1 2 2 0 0 1 76 38

Δz -20 -40 -35 -80 0 0 0 0

x1 x2 x3 x4 s1 s2 s3 RS Θ

80 x4 1/ 4/ 2/ 1 1/ 0 0 12 60
5 5 5 5
0 s2 12/ 18/ 9/ 0 -3/ 1 0 36 15
5 5 5 5
0 s3 13/ -3/ 6/ 0 -2/ 0 1 52 20
5 5 5 5
Δz -4 24 -3 0 16 0 0 960

x1 x2 x3 x4 s1 s2 s3 RS Θ

80 x4 0 1/ 1/ 1 1/ -1/ 0 9 36
2 4 4 12
20 x1 1 3/ 3/ 0 -1/ 5/ 0 15 20
2 4 4 12
0 s3 0 -9/ -3/ 0 1/ -13/ 1 13 -
2 4 4 12
Δz 0 30 0 0 15 5/ 0 1020
3

Im optimalen Endtableau ist x3 Nichtbasisvariable, der Wert in der Δ z-Zeile zu


x3 ist jedoch gleich null, es liegt also eine duale Entartung vor.
Zur Ermittlung der vollständigen Lösung ist noch ein Basiswechsel erforder-
lich, der x3 an Stelle von x1 in die Basis aufnimmt. Damit kommt man zu folgen-
dem weiteren optimalen Endtableau:

x1 x2 x3 x4 s1 s2 s3 RS

80 x4 -1/ 0 0 1 1/ -2/ 0 4
3 3 9

35 x3 4/ 2 1 0 -1/ 5/ 0 20
3 3 9
0 s3 1 -3 0 0 0 -2/ 1 28
3
Δz 0 30 0 0 15 5/ 0 1020
3
312 Lösungen

Die Menge aller optimalen Lösungen ist folglich:


⎧⎛ x1 ⎞ ⎛ x1 ⎞ ⎛ 15 ⎞ ⎛0 ⎞ ⎫
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ x2 ⎟ ⎜ x2 ⎟ ⎜0⎟ ⎜0 ⎟ ⎪
⎪⎜ x3 ⎟ ⎜ x3 ⎟ ⎜0⎟ ⎜ 20 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
L = ⎨⎜ x4 ⎟ | ⎜ x4 ⎟ = λ ⎜ 9 ⎟ + (1 − λ ) ⎜ 4 ⎟ , λ ∈ [ 0, 1]⎬
⎪⎜ s ⎟ ⎜ s ⎟ ⎜0⎟ ⎜0 ⎟ ⎪
⎪⎜ 1 ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ s2 ⎟ ⎜ s2 ⎟ ⎜0⎟ ⎜0 ⎟ ⎪
⎪⎜⎜ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎩⎝ s3 ⎠ ⎝ s3 ⎠ ⎝ 13 ⎠ ⎝ 28 ⎠ ⎪⎭
Mit jeder der optimalen Lösungen wird der Gesamtdeckungsbeitrag von 1020
erzielt. Damit sind die optimalen Produktionsprogramme alle obigen Kombinatio-
nen der Produktionsmengen von x1 , x3 und x4 .

2.2.4
a) Anwendung des Simplexalgorithmus:
1 2 0 0 0
x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ
0 s1 1 2 1 0 0 10 5
0 s2 1 4 0 1 0 16 4
0 s3 1 0 0 0 1 5 -
Δz -1 -2 0 0 0 0

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 0,5 0 1 -0,5 0 2 4
2 x2 0,25 1 0 0,25 0 4 16
0 s3 1 0 0 0 1 5 5
Δz -0,5 0 0 0,5 0 8

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

1 x1 1 0 2 -1 0 4 -
2 x2 0 1 -0,5 0,5 0 3 6
0 s3 0 0 -2 1 1 1 1

Δz 0 0 1 0 0 10
Grundlagen linearer Optimierung 313

Alle Werte der Δ z-Zeile sind nichtnegativ, d. h., das optimale Endtableau ist
erreicht. Da jedoch s2 in die Basis aufgenommen werden kann, ohne dass sich der
Zielfunktionswert ändert, existiert eine zweite optimale Basislösung:

x1 x2 s1 s2 s3 RS

1 x1 1 0 0 0 1 5
2 x2 0 1 0,5 0 -0,5 2,5
0 s2 0 0 -2 1 1 1
Δz 0 0 1 0 0 10

⎧⎛ x1 ⎞ ⎛ x1 ⎞ ⎛ 4⎞ ⎛ 5 ⎞ ⎫
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ x2 ⎟ ⎜ x2 ⎟ ⎜ 3⎟ ⎜ 2,5 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
L = ⎨ s1 | s1 = λ ⎜ 0 ⎟ + (1 − λ ) ⎜ 0 ⎟ , λ ∈ [ 0, 1]⎬
⎪⎜ s ⎟ ⎜ s ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ 2 ⎟ ⎜ 2 ⎟ ⎜ 0⎟ ⎜ 1 ⎟

⎪⎩⎜⎝ s3 ⎟⎠ ⎜⎝ s3 ⎟⎠ ⎜1⎟ ⎜ 0 ⎟⎠
⎝ ⎠ ⎝ ⎭⎪
Der optimale Zielfunktionswert ist jeweils 10.

x2
R3
6
z = 10
4
Menge der optimalen Lösungen
2 R2
R1
0 x1
0 2 4 6 8 10 12
Die zulässigen Lösungen sind schraffiert dargestellt, die optimalen Lösungen
liegen auf dem Rand von Punkt (4; 3) bis Punkt (5; 2,5) einschließlich.
314 Lösungen

b) Anwendung des Simplexalgorithmus:

1 2 0 0 0
x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ
0 s1 2 1 1 0 0 15 15
0 s2 -0,5 1 0 1 0 2,5 2,5
0 s3 0 1 0 0 1 5 5
Δz -1 -2 0 0 0 0

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 2,5 0 1 -1 0 12,5 5

2 x2 -0,5 1 0 1 0 2,5 -
0 s3 0,5 0 0 -1 1 2,5 5

Δz -2 0 0 2 0 5

x1 x2 s1 s2 s3 RS

1 x1 1 0 0,4 -0,4 0 5

2 x2 0 1 0,2 0,8 0 5

0 s3 0 0 -0,2 -0,8 1 0

Δz 0 0 0,8 1,2 0 15

Es liegt eine primale Entartung vor, da s3 sich mit Wert null in Basis befindet,
in der optimalen Basis sind alle drei Restriktionen bindend. Weitere optimale
Basen sind möglich und führen z. B. zu folgendem Tableau, welches mittels
dualem Simplexalgorithmus ermittelt werden kann, auf den hier nicht eingegangen
wird (siehe dazu z. B. Hadley 1980, Zimmermann 2008).
Grundlagen linearer Optimierung 315

x1 x2 s1 s2 s3 RS

1 x1 1 0 0,5 0 -0,5 5

2 x2 0 1 0 0 1 5

0 s2 0 0 0,25 1 -1,25 0

Δz 0 0 0,5 0 1,5 15

Die einzige optimale Lösung ist x1 = x2 = 5 und s1 = s2 = s3 = 0 mit Zielfunk-


tionswert 15. Die Menge optimaler Lösungen lautet also
⎧⎛ x1 ⎞ ⎛ x1 ⎞ ⎛ 5 ⎞ ⎫ ⎧ ⎛ x1 ⎞ ⎛ 5 ⎞ ⎫
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪ ⎪ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎪
x x
⎪⎜ 2 ⎟ ⎜ 2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎪ 5 ⎪ ⎜ x2 ⎟ ⎜ 5 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪ ⎪ ⎪
L = ⎨ s1 | s1 = 0 ⎬ kurz L = ⎨ ⎜ s1 ⎟ = ⎜ 0 ⎟ ⎬
⎪ s⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
s 0 ⎪ ⎪ s 0 ⎪
⎪⎜ 2 ⎟ ⎜ 2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎪ ⎪ ⎜ 2 ⎟ ⎜ ⎟⎪
⎪⎩⎜⎝ s3 ⎟⎠ ⎜⎝ s3 ⎟⎠ ⎜⎝ 0 ⎟⎠ ⎪⎭ ⎪⎩ ⎜⎝ s3 ⎟⎠ ⎜⎝ 0 ⎟⎠ ⎭⎪
bzw. wenn bekannt ist, wie der Vektor zu interpretieren ist
⎧⎛ 5 ⎞ ⎫
⎪⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ 5 ⎟ ⎪
⎪ ⎪
L = ⎨⎜ 0 ⎟ ⎬ .
⎪⎜ 0 ⎟ ⎪
⎪⎜ ⎟ ⎪
⎪⎩⎜⎝ 0 ⎟⎠ ⎪⎭
x2
R1

8
R2

6
R3

2 z = 15

0 x1
0 2 4 6 8
316 Lösungen

c) Anwendung des Simplexalgorithmus:

1 2 0 0 0
x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 0 1 1 0 0 10 10

0 s2 -2 1 0 1 0 5 5

0 s3 - 2/5 1 0 0 1 8 8

Δz -1 -2 0 0 0 0

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 2 0 1 -1 0 5 5/2
2 x2 -2 1 0 1 0 5 -

0 s3 8/ 0 0 -1 1 3 15/8
5
Δz -5 0 0 2 0 10

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 0 0 1 1/ - 5 /4 5/ 5
4 4

2 x2 0 1 0 - 1 /4 5/
4
35/
4 -

1 x1 1 0 0 - 5 /8 5/
8
15/
8 -

Δz 0 0 0 - 9 /8 25/
8
155/
8

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s2 0 0 4 1 -5 5 -

2 x2 0 1 1 0 0 10 -
1 x1 1 0 5/ 0 - 5 /2 5 -
2
Δz 0 0 9/ 0 - 5 /2 25
2
Grundlagen linearer Optimierung 317

Im letzten Tableau sind nicht alle Werte der Δ z-Zeile nichtnegativ, d. h., eine
optimale Lösung ist noch nicht erreicht. Der Simplexalgorithmus bricht hier ab, da
s3 nicht in die Basis aufgenommen werden kann. Eine beliebige Erhöhung von s3
ist möglich, führt zu einer Erhöhung von x1 und verbessert den Zielfunktionswert.
Es gilt:
x1 = 5 + 5 2 s3
x2 = 10
z = 25 + 5 2 s3

Folglich ist der Lösungsraum in Richtung einer Zielfunktionsverbesserung un-


beschränkt und es gibt unendlich viele zulässige, jedoch keine optimale Lösung.
Die beste im Tableau festgestellte Lösung ist x1 = 5, x2 = 10, s2 = 5 und s1 = s3 = 0
mit dem Zielfunktionswert 25, zu der jedoch unendlich viele bessere Lösungen
angegeben werden können. Damit ist die Menge optimaler Lösungen leer, also
L=∅.

x2
R2
12 R3
R1
10

8 z = 30

6
z = 25

0 x1
0 2 4 6 8 10 12
d) Die Anwendung des Simplexalgorithmus liefert:

1 -1 0
x1 x2 s1 RS Θ
0 s1 2 -2 1 4 4

Δz -1 1 0 0
318 Lösungen

x1 x2 s1 RS

x1 1 -1 0,5 2

Δz 0 0 0,5 2

Eine optimale Basislösung ist x1 = 2 , x2 = s1 = 0 mit Zielfunktionswert 2. Das


optimale Endtableau zeigt mit Δ z ( x2 ) = 0 an, dass mit Aufnahme von x2 weitere
optimale Lösungen existieren können. Wegen a12* = −1 kann x2 Werte unbe-
schränkter Höhe annehmen, ohne dass die Zulässigkeit verletzt wird, wenn x1
entsprechend erhöht wird. Der Zielfunktionswert bleibt jeweils 2, z. B. für
(10, 8 ) , (100, 98 ) usw. Hier ist ein unbeschränkter Lösungsraum mit ausnahms-
weise unendlich vielen optimalen Lösungen zu beobachten! Die Menge aller
optimalen Lösungen wird angegeben mit

⎧⎛ x1 ⎞ ⎛ x1 ⎞ ⎛ x1 ⎞⎫ ⎧ ⎛ x1 ⎞ ⎛ x1 ⎞⎫
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎪ ⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟⎪
L = ⎨⎜ x2 ⎟ | ⎜ x2 ⎟ = ⎜ x1 − 2 ⎟ ⎬ kurz L = ⎨ ⎜ x2 ⎟ = ⎜ x1 − 2 ⎟ ⎬ .
⎪⎜ s ⎟ ⎜ s ⎟ ⎜ s ⎟⎪ ⎪⎜s ⎟ ⎜ s ⎟⎪
⎩⎝ 1 ⎠ ⎝ 1 ⎠ ⎝ 1 ⎠⎭ ⎩⎝ 1 ⎠ ⎝ 1 ⎠⎭

x2

6 R1

4
z=2

0 x1
0 2 4 6 8
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 319

8.3 Modellerweiterungen, Dualität und


Sensitivitätsanalyse

8.3.1 Lösung allgemeiner linearer Optimierungsmodelle

3.1.1
a) Die Minimierungszielfunktion wird umformuliert zu der äquivalenten Form
− max − z = 3 x1 − 4 x2 + 6 x3
Anschließend wird das Ausgangstableau zu dem Hilfsmodell aufgestellt, in das
zwei Hilfsvariable aufgenommen werden. Die Anwendung des Simplexalgorith-
mus führt zu folgenden Tableaus:

3 -4 6 0 0 -M -M
x1 x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS Θ

0 s1 2 1 4 1 0 0 0 120 30

-M h2 1 1 1 0 -1 1 0 20 20

-M h3 2 1 3 0 0 0 1 48 16
-3M -2M -4M
Δz 0 M 0 0 -68M
-3 +4 -6

x1 x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS Θ

0 s1 -2/3 -1/3 0 1 0 0 -4/3 56 -


-M h2 1/ 2/ 0 0 -1 1 -1/3 4 6
3 3
6 x3 2/ 1/ 1 0 0 0 1/ 16 48
3 3 3
-1/3M -2/3M 4/ M
3 -4M
Δz 0 0 M 0
+1 +6 +2 +96

x1 x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS Θ

0 s1 - 1 /2 0 0 1 - 1 /2 1/
2 - 3 /2 58 -
-4 x2 1/ 1 0 0 - 3 /2 3/ - 1 /2 6 12
2 2
6 x3 1/ 0 1 0 1/ - 1 /2 1/ 14 28
2 2 2
Δz -2 0 0 0 9 M-9 M+5 60
320 Lösungen

x1 x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS

0 s1 0 1 0 1 -2 2 -2 64

3 x1 1 2 0 0 -3 3 -1 12
6 x3 0 -1 1 0 2 -2 1 8
Δz 0 4 0 0 3 M-3 M+3 84

Im dritten Tableau sind die Hilfsvariablen erstmalig aus der Basis entfernt und
damit ist die erste zulässige Lösung gefunden. Durch Aufnahme von x2 in die
Basis anstelle von x1 ist jedoch noch eine weitere Verbesserung des Zielfunkti-
onswertes möglich. Im Endtableau sind alle Werte der Δ z -Zeile, die zu Nichtba-
sisvariablen gehören, echt positiv, d. h., es liefert die einzige optimale Lösung mit
x1 = 12 , x3 = 8 , s1 = 64 und x2 = s2 = 0 . Der maximale Zielfunktionswert lautet
84.
b) Da die Variable x1 unbeschränkt ist, ist sie im Modell durch x1+ − x1− zu substi-
tuieren. Für das Hilfsmodell sind zwei Hilfsvariable in das Ausgangstableau
aufzunehmen. Der Simplexalgorithmus liefert folgende Tableaus:

2 -2 3 4 0 0 -M -M
x1 + x1- x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS Θ

0 s1 1 -1 2 2 1 0 0 0 45 45/
2
-M h2 0 0 2 1 0 -1 1 0 20 10

-M h3 -1 1 1 1 0 0 0 1 30 30
M -M -3M -2M
Δz 0 M 0 0 -50M
-2 +2 -3 -4

x1 + x1 - x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS Θ

0 s1 1 -1 0 1 1 1 -1 0 25 -
3 x2 0 0 1 1/ -1/2 1/
2 0 2 0 10 -

-M h3 -1 1 0 1/ 1/ 1
- /2
2 0 2 1 20 20

M -M -1/2M -1/2M 3/2M -20M


Δz 0 0 0
-2 +2 -5/2 -3/2 +3/2 +30
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 321

x1+ x1- x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS Θ

0 s1 0 0 0 3/ 1 3/ - 3/2 1 45 30
2 2
3 x2 0 0 1 1/ 0 - 1/2 1/2 0 10 20
2
-2 x1- -1 1 0 1/
2 0 1/
2 - 1/2 1 20 40
M M
Δz 0 0 0 - 7/2 0 - 5/2 -10
+ 5/2 -2

x 1+ x 1- x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS Θ

0 s1 0 0 -3 0 1 3 -3 1 15 5

4 x3 0 0 2 1 0 -1 1 0 20 -
-2 x1- -1 1 -1 0 0 1 -1 1 10 10
Δz 0 0 7 0 0 -6 M+6 M-2 60

x1+ x1- x2 x3 s1 s2 h2 h3 RS

0 s2 0 0 -1 0 1/ 1 -1 1/ 5
3 3
4 x3 0 0 1 1 1/ 0 0 1/ 25
3 3
-2 x1- -1 1 0 0 1
- /3 0 0 2/
3 5
Δz 0 0 1 0 2 0 M M 90

Die erste zulässige Lösung ist nach Entfernung der Hilfsvariablen aus der Basis
im dritten Tableau erreicht. Da im dritten Tableau aber noch mehrere Werte der
Δ z -Zeile negativ sind, ist eine weitere Verbesserung des Zielfunktionswertes
möglich. Im Endtableau ist die optimale Lösung erreicht, da alle Werte der Δ z -
Zeile echt positiv sind. Der maximale Zielfunktionswert von 90 wird erreicht,
wenn x3 = 25 , s2 = 5 und x1− = 5 folglich x1 = −5 sind. Zwar ist auch für die
Nichtbasisvariable x1+ der Δ z -Wert gleich null, jedoch ist die Aufnahme in
Basis nicht möglich. Daher existiert nur eine optimale Lösung.
322 Lösungen

c) Zur Aufstellung des Modells ist eine Hilfsvariable aufzunehmen.

1 1 0 0 0 -M
x1 x2 s1 s2 s3 h1 RS Θ
-M h1 1 1 -1 0 0 1 15 15
0 s2 1 3 0 1 0 0 25 25
0 s3 2 1 0 0 1 0 20 10
Δ z -M-1 -M-1 M 0 0 0 -15M

x1 x2 s1 s2 s3 h1 RS Θ

-M h1 0 0,5 -1 0 -0,5 1 5 10
0 s2 0 2,5 0 1 -0,5 0 15 6
1 x1 1 0,5 0 0 0,5 0 10 20
-0,5M 0,5M
Δz 0 M 0 M -5M+10
-0,5 +0,5

x1 x2 s1 s2 s3 h1 RS

-M h1 0 0 -1 -0,2 -0,4 1 2
1 x2 0 1 0 0,4 -0,2 0 6
1 x1 1 0 0 -0,2 0,6 0 7
0,2M 0,4M
Δz 0 0 M 0 -2M+13
+0,2 +0,4

Im letzten Tableau sind alle Werte der Δ z -Zeile nichtnegativ, also kann keine
weitere Verbesserung des Zielfunktionswertes erreicht werden und das Hilfs-
tableau ist optimal gelöst. h1 ist in Basis mit Wert echt größer als null und kann
nicht eliminiert werden. Daher existiert für das ursprüngliche Problem keine
zulässige Lösung, d. h., die mit den Restriktionen modellierten Anforderungen an
eine Lösung sind nicht erfüllbar. In der Abbildung sind die durch die Restriktio-
nen definierten Halbräume durch Schraffur angedeutet. Sie überschneiden sich
nirgends.
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 323

x2

10

6
R2
4

2 R1
R3
0 x1
0 2 4 6 8 10 12

d) Nach Hinzufügen einer Hilfsvariablen liefert der Simplexalgorithmus die fol-


genden Tableaus.

1 1 0 0 0 -M
x1 x2 s1 s2 s3 h1 RS Θ
-M h1 1 1 -1 0 0 1 12 12

0 s2 1 3 0 1 0 0 25 25
0 s3 2 1 0 0 1 0 20 10
Δ z -M-1 -M-1 M 0 0 0 -12M

x1 x2 s1 s2 s3 h1 RS Θ

-M h1 0 0,5 -1 0 -0,5 1 2 4
0 s2 0 2,5 0 1 -0,5 0 15 6
1 x1 1 0,5 0 0 0,5 0 10 20
-0,5M 0,5M
Δz 0 M 0 0 -2M+10
-0,5 +0,5
324 Lösungen

x1 x2 s1 s2 s3 h1 RS Θ

1 x2 0 1 -2 0 -1 2 4 -

0 s2 0 0 5 1 2 -5 5 1
1 x1 1 0 1 0 1 -1 8 8
Δz 0 0 -1 0 0 M+1 12

Diesem Tableau ist die erste für das ursprüngliche Modell zulässige Lösung zu
entnehmen, die noch nicht optimal ist.

x1 x2 s1 s2 s3 h1 RS

1 x2 0 1 0 0,4 -0,2 0 6
0 s1 0 0 1 0,2 0,4 -1 1
1 x1 1 0 0 -0,2 0,6 0 7
Δz 0 0 0 0,2 0,4 M 13

Das letzte Tableau liefert die einzige optimale Lösung mit x1 = 7 , x2 = 6 ,


s1 = 1 und x3 = s2 = 0 . Der maximale Zielfunktionswert lautet 13.

x2

10
R1 R3
8

6
R2
4
z = 13
2

0 x1
0 2 4 6 8 10 12
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 325

3.1.2
Nach Einfügung einer Hilfsvariablen kann mittels Simplexalgorithmus die Lösung
ermittelt werden.

5 8 4 0 0 -M
xA xB xC s1 s2 h3 RS Θ

0 s1 2 1 1 1 0 0 20 10

0 s2 1 2 2 0 1 0 25 25

-M h3 1 -2 0 0 0 1 0 0

Δz -M-5 2M-8 -4 0 0 0 0

xA xB xC s1 s2 h3 RS Θ

0 s1 0 5 1 1 0 -2 20 4

0 s2 0 4 2 0 1 -1 25 61/4

5 xA 1 -2 0 0 0 1 0 -

Δz 0 -18 -4 0 0 M+5 0

xA xB xC s1 s2 h3 RS Θ

8 xB 0 1 1/ 1/ 0 -2/5 4 20
5 5
0 s2 0 0 1 1 /5 -4/5 1 3/
5 9 7 1 /2
5 xA 1 0 2/ 2/ 0 1/ 8 20
5 5 5
Δz 0 0 -2/5 33/5 0 M-21/ 5 72

xA xB xC s1 s2 h3 RS

8 xB 0 1 0 1/ -1/6 -1/2 21/2


3

4 xC 0 0 1 -2/ 5/ 1/ 71/2
3 6 2
5 xA 1 0 0 2/ -1/3 0 5
3
Δz 0 0 0 1
3 /3 1/ M-2 75
3
326 Lösungen

Es ist optimal, von Produkt A 5 und von Produkt B 2,5 Einheiten zu produzie-
ren, außerdem von Produkt C 7,5 Einheiten. Der erzielbare Gesamtdeckungsbei-
trag beträgt 75 Einheiten. Da s1 = s2 = 0 ist, sind beide Anlagen vollständig
ausgelastet. Die Schattenpreise sind der Δ z -Zeile zu entnehmen und betragen
3 13 für Anlage 1, 13 für Anlage 2.
Ein kleineres Modell für die vorliegende Entscheidungssituation lässt sich auf-
stellen, indem mit dem festen Zusammenhang x A = 2 xB eine Variablensubstituti-
on durchgeführt wird und auf die Gleichheitsrestriktion verzichtet wird.
max 5 ⋅ 2 xB + 8 xB + 4 xC
s.d . 2 ⋅ 2 xB + xB + xC ≤ 20
1 ⋅ 2 xB + 2 xB + 2 xC ≤ 25
xB , xC ≥ 0

⇔ max 18 xB + 4 xC
s.d . 5 xB + xC ≤ 20
4 xB + 2 xC ≤ 25
xB , xC ≥ 0

Das optimale Endtableau erhält man bereits nach zwei Iterationen.

18 4 0 0
xB xC s1 s2 RS Θ
0 s1 5 1 1 0 20 4

0 s2 4 2 0 1 25 61/4

Δz -18 -4 0 0 0

xB xC s1 s2 RS Θ

18 xB 1 1/ 1/ 0 4 20
5 5
0 s2 0 11/5 -4/5 1 9 71/2

Δz 0 -2/5 33/5 0 72
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 327

xB xC s1 s2 RS

18 xB 1 0 1/ -1/6 21/2
3

4 xC 0 1 -2/3 5/
6 71/2

Δz 0 0 31/3 1/
3 75

Die optimale Lösung mit xB , xC und s1 , s2 und dem Zielfunktionswert 75 ist


dem Tableau zu entnehmen. Mit x A = 2 xB lässt sich daraus die optimale Produk-
tionsmenge von Produkt A x A = 5 ableiten. Die Schattenpreise der Anlagen sind
ebenfalls zu entnehmen und auch der Zielfunktionswert stimmt mit dem vorheri-
gen überein.

8.3.2 Interpretation, Dualität und Sensitivität

3.2.1
a) x1 , s2 und x3 befinden sich in Basis, daher sind die entsprechenden Einheits-
spalten aufzunehmen. Die Δ z -Werte können aktuell errechnet werden, ebenfalls
der Zielfunktionswert.

1 -2 1,5 0 0 0
x1 x2 x3 s1 s2 s3 RS
1
1 x1 1 2 0 /2 0 0 6
1 1
0 s2 0 3 0 /4 1 /3 19
1 1
1,5 x3 0 1 1 /4 0 /3 10

Δz 11 7 1
0 /2 0 /8 0 /2 21

b) x2 , x1 und s3 befinden sich in Basis, daher sind die zugehörigen Einheitsspal-


ten zu ergänzen. Auf Grund der vorliegenden Problemstruktur ist die aktuelle
Basisinverse im aktuellen Tableau unter s1 , s2 und s3 zu finden. Durch Links-
multiplikation dieser Basisinversen mit der zu x3 gehörenden Ausgangsspalte
kann die aktuelle Spalte zu x3 ermittelt werden:

⎛ 38 − 18 0⎞ ⎛ 2⎞ ⎛ 34 ⎞
−1 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
B ⋅ a3 = ⎜ − 18 8
3 0 ⎟ ⋅ ⎜ 0 ⎟ = ⎜ − 14 ⎟
⎜− 1 5 1 ⎟⎠ ⎜3⎟ ⎜ 11 ⎟
⎝ 8 − 8 ⎝ ⎠ ⎝ 4⎠
Die Δ z -Werte können aktuell errechnet werden, ebenfalls der Zielfunktionswert.
328 Lösungen

2 3 1,5 0 0 0
x1 x2 x3 s1 s2 s3 RS
3 3 -1 9
3 x2 0 1 /4 /8 /8 0 /8
2 x1 1 0 -1/4 -1/8 3
/8 0 21
/8
11 -1/8 -5/8 45
0 s3 0 0 /4 1 /8
1 7 3 69
Δz 0 0 /4 /8 /8 0 /8

c) s1 , x1 und s3 befinden sich in Basis, daher sind die zugehörigen Einheitsspal-


ten zu ergänzen. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen x2+ und x2− kann für
x2+ die Spalte von x2− mit umgekehrten Vorzeichen übernommen werden. Die
aktuelle Basisinverse ist im aktuellen Tableau unter s1 , h2 und s3 zu finden.
Durch Linksmultiplikation dieser Basisinversen mit der zu s2 gehörenden Aus-
gangsspalte kann die aktuelle Spalte zu s2 ermittelt werden:

⎛ 1 1 0⎞ ⎛0 ⎞ ⎛ −1⎞
−1 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
B ⋅ a5 = ⎜ 0 1 0 ⎟ ⋅ ⎜ −1⎟ = ⎜ −1⎟
⎜ 0 0 1 ⎟⎠ ⎜⎝ 0 ⎟⎠ ⎜ 0⎟
⎝ ⎝ ⎠
Da sich die Spalten zu s2 und h2 in jedem Tableau nur durch Multiplikation mit
-1 unterscheiden, kann man die aktuelle Spalte a5* auch mittels (−1) ⋅ a6* gewin-
nen. Die Δ z -Werte können aktuell errechnet werden, ebenfalls der Zielfunkti-
onswert.
2 1 -1 0 0 -M 0
x1 x2+ x 2- s1 s2 h2 s3 RS
0 s1 0 3 -3 1 -1 1 0 7

2 x1 1 1 -1 0 -1 1 0 2

0 s3 0 -1 1 0 0 0 1 5

Δz 0 1 -1 0 -2 2+M 0 4

3.2.2
a) max z = x1 + 2 x2
s.d . 2 x1 + x2 ≤ 10
− 2 x1 − x2 ≤ −10
x1 + 3 x2 ≤ 12
x1 ,x2 ≥ 0
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 329

Das Modell ist zunächst auf die Form des Grundmodells zu bringen. Anschlie-
ßend wird entsprechend der Regeln die Dualisierung durchgeführt.

min Z = 10 y1′ − 10 y2′ + 12 y3′


s.d . 2 y1′ − 2 y2′ + y3′ ≥ 1
y1′ − y2′ + 3 y3′ ≥ 2
y1′ , y2′ , y3′ ≥ 0

Dann erfolgen die Variablentransformationen y1 = y1′ + y2′ und y2 = y3′ , so-


dass die Matrix A und die Vektoren b und c des primalen Modells erkennbar sind.
Der Gleichheitsrestriktion im primalen Modell ist eine unbeschränkte Variable im
dualen Modell zugeordnet.

min Z = 10 y1 + 12 y2
s.d . 2 y1 + y2 ≥ 1
y1 + 3 y2 ≥ 2
y1 ∈ R, y2 ≥ 0

b) Das Modell ist zunächst auf die Form des Grundmodells zu bringen.
-max z = − x1 + 2 x2 − 2 x3 − 6 x4
s.d . 4 x1 − 7 x2 − x3 + x4 ≤ 2
− 4 x1 + 7 x2 + x3 − x4 ≤ −2
− x1 − 4 x2 − x3 − 3 x4 ≤ −3
− x3 − x4 ≤ −5
x1 , x2 , x3 , x4 ≥ 0

Anschließend wird das zum Grundmodell duale Modell ermittelt und der Ziel-
funktion ( −1) vorangestellt:

-min Z = 2 y1′ − 2 y2′ − 3 y3′ − 5 y4′


s.d . 4 y1′ − 4 y2′ − y3′ ≥ −1
− 7 y1′ + 7 y2′ − 4 y3′ ≥ 2
− y1′ + y2′ − y3′ − y4′ ≥ −2
y1′ − y2′ − 3 y3′ − y4′ ≥ −6
y1′ , y2′ , y3′ , y4′ ≥ 0

Dann wird zunächst die Zielfunktion angemessen transformiert.


330 Lösungen

max Z = − 2 y1′ + 2 y2′ + 3 y3′ + 5 y4′


s.d . 4 y1′ − 4 y2′ − y3′ ≥ −1
− 7 y1′ + 7 y2′ − 4 y3′ ≥ 2
− y1′ + y2′ − y3′ − y4′ ≥ −2
y1′ − y2′ − 3 y3′ − y4′ ≥ −6
y1′ , y2′ , y3′ , y4′ ≥ 0

Im nächsten Schritt erfolgt die Variablensubstitution derart, dass die Zielfunk-


tionskoeffizienten mit der rechten Seite des Ausgangsmodells übereinstimmen.
Es wird gesetzt y1 = − y1′ + y2′ , y2 = y3′ , y3 = y4′ .

max Z = 2 y1 + 3 y2 + 5 y3
s.d . −4 y1 − y2 ≥ −1
7 y1 − 4 y2 ≥ 2
y1 − y2 − y3 ≥ −2
− y1 − 3 y2 − y3 ≥ −6
y1 ∈ R, y2 , y3 ≥ 0

Durch Multiplikation einiger Zeilen mit ( −1) erhält man die „passende“ rechte
Seite. Dadurch „passen“ auch die Koeffizienten von A t und das duale Modell
liegt in der angestrebten Form vor.
max Z = 2 y1 + 3 y2 + 5 y3
s.d . 4 y1 + y2 ≤ 1
− 7 y1 + 4 y2 ≤ −2
− y1 + y2 + y3 ≤ 2
y1 + 3 y2 + y3 ≤ 6
y1 ∈ R, y2 , y3 ≥ 0

Der folgende alternative Lösungsweg ist ggf. effizienter. Da bekannt ist, dass
das duale des dualen Modells wieder das primale Modell ergibt, besteht stets die
Möglichkeit, ein Modell als duales Modell aufzufassen und das dazu primale
Modell als sein duales anzugeben. In diesem Beispiel ist nur eine Transformation
notwendig, um das duale Grundmodell zu erreichen. Im Modell der Aufgabenstel-
lung ist die erste Restriktion in zwei ≥ -Restriktionen zu zerlegen.
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 331

min z = x1 − 2 x2 + 2 x3 + 6 x4
s.d . 4 x1 − 7 x2 − x3 + x4 ≥ 2
− 4 x1 + 7 x2 + x3 − x4 ≥ −2
x1 + 4 x2 + x3 + 3 x4 ≥ 3
x3 + x4 ≥ 5
x1 , x2 , x3 , x4 ≥ 0

Das zu diesem Modell duale ist sein primales Modell, das im Folgenden ange-
geben und dessen Variablen hier mit yi bezeichnet werden.

max Z = 2 y1′ − 2 y2′ + 3 y3′ + 5 y4′


s.d . 4 y1′ − 4 y2′ + y3′ ≤ 1
− 7 y1′ + 7 y2′ + 4 y3′ ≤ −2
− y1′ + y2′ + y3′ + y4′ ≤ 2
y1′ − y2′ + 3 y3′ + y4′ ≤ 6
y1′ , y2′ , y3′ , y4′ ≥ 0

Mittels Variablentransformation y1 = y1′ − y2′ , y2 = y3′ und y3 = y4′ erhält


man genau das gewünschte, auch mit dem anderen Vorgehen bestimmte, duale
Modell des Ausgangsmodells.

3.2.3
a) Es ist optimal, 20 Einheiten des Topfes Modell „Standard“ zu produzieren. Da
x2 im optimalen Endtableau in Basis ist, sind zur Beantwortung der Frage alle
Δ z -Werte der Nichtbasisvariablen hinsichtlich der Nichtnegativität zu untersu-
chen, da es sein könnte, dass bei Preisschwankungen alternative Produkte produ-
ziert werden sollten.
x3 : 1 + 4 λ ≥ 0 <=> λ ≥ − 0, 25
s1 : 2 + λ ≥ 0 <=> λ ≥ − 2
s2 : 10 − 4 λ ≥ 0 <=> λ ≤ 2, 5

Die Δ z -Werte bleiben somit größer oder gleich null für λ ∈ [ −0, 25; 2,5] .
Das aktuelle Produktionsprogramm muss nicht geändert werden, solange der
Deckungsbeitrag des „Standard“-Kochtopfes zwischen 19,75 und 22,5, jeweils
einschließlich, schwankt. Der Gesamtdeckungsbeitrag schwankt dann entspre-
chend zwischen
4000 − 0, 25 ⋅ 20 = 3995 und
4000 + 2,5 ⋅ 20 = 4050
332 Lösungen

b) ⎛ 20 ⎞ ⎛ 1 −4 0 0⎞ ⎛ −20 ⎞ ⎛ 0⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ 200 ⎟ + ⎜ −1 5 0 0⎟ ⎜ 0⎟ = ⎜ 220 ⎟
⎜ 40 ⎟ ⎜ −1 3 1 0⎟ ⎜ 0⎟ ⎜ 60 ⎟
⎜⎜ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟ ⎜⎜ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟⎟
⎝ 35 ⎠ ⎝ 1 −7 0 1 ⎟⎠ ⎝ 0⎠ ⎝ 15 ⎠
Eine Reduktion der Rohmaterialmenge um 20 Einheiten führt dazu, dass nur
noch der Kochtopf „Single“ hergestellt wird und dessen Produktionsmenge um 20
Kochtöpfe gesteigert wird. Die Basis bleibt optimal, jedoch liegt eine primale
Entartung vor.
c) Das zugehörige duale Modell ist unmittelbar angebbar, da das primale Modell
bereits in der Grundform vorliegt.
min Z = 900 y1 + 220 y2 + 280 y3 + 675 y4
s.d . 4 y1 + y2 + y3 + 3 y4 ≥ 18
5 y1 + y2 + 2 y3 + 2 y4 ≥ 20
8 y1 + y2 + 2 y3 + y4 ≥ 25
y1 , y2 , y3 , y4 ≥ 0
Die optimale Lösung ist dem optimalen primalen Endtableau zu entnehmen:
y1 = 2 , y2 = 10 , y3 = y4 = 0 mit Zielfunktionswert 4000 und Schlupfvariablen
ys1 = ys2 = 0 und ys3 = 1 .
d) Die Komplementaritätsbedingung besagt für die optimalen Lösungen des
primalen und dualen Problems, dass jeweils das Produkt der einander zugeordne-
ten optimalen Variablen den Wert null ergibt. Dies ist im Beispiel erfüllt.
x1 ⋅ ys1 = 200 ⋅ 0 = 0 s1 ⋅ y1 = 0⋅ 2 = 0
x2 ⋅ ys2 = 20 ⋅ 0 = 0 s2 ⋅ y2 = 0 ⋅10 = 0
x3 ⋅ ys3 = 0 ⋅1 =0 s3 ⋅ y3 = 40 ⋅ 0 = 0
s4 ⋅ y4 = 35 ⋅ 0 = 0

3.2.4
Zunächst ist das Problem zu modellieren und das lineare Optimierungsmodell
aufzustellen. Dazu werden die folgenden Variablen verwendet:

x1s ~ selbsterstellte Menge von Produkt A


x2s ~ selbsterstellte Menge von Produkt B
x3s ~ selbsterstellte Menge von Produkt C
x1 f ~ fremdbezogene Menge von Produkt A
x2f ~ fremdbezogene Menge von Produkt B
x3f ~ fremdbezogene Menge von Produkt C
xü ~ Anzahl notwendiger Überstunden
Modellerweiterungen, Dualität und Sensitivitätsanalyse 333

Für die Eigenfertigung sind in der zu minimierenden Zielfunktion die Kosten


der Einsatzfaktoren und die variablen Produktionskosten zu berücksichtigen, für
den Fremdbezug die Kosten für die Beschaffung. Etwaige Überstunden erhöhen
die Produktionskapazität auf 200 + xü , sind jedoch mit Kosten von 150 pro
Stunde verbunden, die ebenfalls in der Zielfunktion erfasst werden. Die erste
Restriktion modelliert die Einhaltung der um etwaige Überstunden erweiterten
Kapazität. Die weiteren Restriktionen sichern die Erfüllbarkeit der Nachfrage. Die
Nichtnegativitätsbedingungen sind einzuhalten.
min z = 25 x1s + 150 x1 f + 30 x2 s + 170 x2 f + 35 x3s + 165 x3 f + 150 xü
s.d . x1s + x2s + x3s − xü ≤ 200
x1s + x1 f ≥ 100
x2s + x2f ≥ 50
x3s + x3f ≥ 70
x1s , x1 f , x2s , x2f , x3s , x3f , xü ≥ 0

Mit zu maximierender Zielfunktion und nach Einfügen der Hilfsvariablen erge-


ben sich folgende Tableaus.

-25 -150 -30 -170 -35 -165 -150 0 0 0 0 -M -M -M


x1s x1f x2s x2f x3s x3f xü s1 s2 s3 s4 h2 h3 h4 RS Θ

0 s1 1 0 1 0 1 0 -1 1 0 0 0 0 0 0 200 200

-M h2 1 1 0 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 0 100 100

-M h3 0 0 1 1 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 50 -

-M h4 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 -1 0 0 1 70 -
-M -M -M -M -M -M
Δz 150 0 M M M 0 0 0 -220M
+25 +150 +30 +170 +35 +165

x1s x1f x2s x2f x3s x3f xü s1 s2 s3 s4 h2 h3 h4 RS Θ

0 s1 0 -1 1 0 1 0 -1 1 1 0 0 -1 0 0 100 100

-25 x1s 1 1 0 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 0 100 -

-M h3 0 0 1 1 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 50 50

-M h4 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 -1 0 0 1 70 -

-M -M -M -M M -120M
Δz 0 125 150 0 25 M M 0 0
+30 +170 +35 +165 -25 -2500
334 Lösungen

x1s x1f x2s x2f x3s x3f xü s1 s2 s3 s4 h2 h3 h4 RS Θ

0 s1 0 -1 0 -1 1 0 -1 1 1 1 0 -1 -1 0 50 50

-25 x1s 1 1 0 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 0 100 -

-30 x2s 0 0 1 1 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 50 -

-M h4 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 -1 0 0 1 70 70
-M -M M M -70M
Δz 0 125 0 140 150 0 25 30 M 0
+35 +165 -25 -30 -4000

x1s x1f x2s x2f x3s x3f xü s1 s2 s3 s4 h2 h3 h4 RS Θ

-35 x3s 0 -1 0 -1 1 0 -1 1 1 1 0 -1 -1 0 50 -
-25 x1s 1 1 0 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 0 100 100
-30 x2s 0 0 1 1 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 50 -

-M h4 0 1 0 1 0 1 1 -1 -1 -1 -1 1 1 1 20 20

-M -M -M -M M M M -20M
Δz 0 0 0 M 10 5 0
+160 +175 +165 +185 -35 -10 -5 -5750

x1s x1f x2s x2f x3s x3f xü s1 s2 s3 s4 h2 h3 h4 RS

-35 x3s 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 -1 0 0 1 70

-25 x1s 1 0 0 -1 0 -1 -1 1 0 1 1 0 -1 -1 80

-30 x2s 0 0 1 1 0 0 0 0 0 -1 0 0 1 0 50

-150 x1f 0 1 0 1 0 1 1 -1 -1 -1 -1 1 1 1 20
M M M
Δz 0 0 0 15 0 5 25 125 150 155160 -8950
-150 -155 -160

Unter den gegebenen Voraussetzungen ist es optimal, von Produkt A 80 Ein-


heiten selbst zu fertigen und 20 Einheiten zuzukaufen. Produkt B und Produkt C
werden in Höhe der vorliegenden Aufträge selbst gefertigt, d. h. 50 Einheiten von
Produkt B und 70 Einheiten von Produkt C. Um aus Kostengründen ausschließlich
Anwendungen linearer Optimierung 335

selbst zu fertigen, wäre eine Reduktion der zusätzlichen Überstundenkosten pro


Produkteinheit um mindestens 25 Geldeinheiten nötig, erkennbar an Δ z xü = 25 .
Eine Erweiterung der monatlichen Kapazität um eine Einheit, also eine Erhö-
hung der rechten Seite der ersten Restriktion um eins, führt zu einer Erhöhung der
dem berechneten Modell zugrunde liegenden Maximierungszielfunktion um 125.
Für das Ausgangsmodell mit Minimierungszielfunktion ist die „Erhöhung“ mit
( −1) zu multiplizieren. Folglich führt die Erweiterung der monatlichen Kapazität
zu einer Senkung der Produktionskosten um 125 Geldeinheiten. Dies ist plausibel,
da von der Einsparung der Kosten des Fremdbezugs von 150 die Kosten der
Eigenfertigung von 25 zu subtrahieren sind.

8.4 Anwendungen linearer Optimierung

8.4.1 Produktion und Logistik

4.2.1
Als Variable werden x1 und x2 gewählt in den Bedeutungen
x1 : Menge an 2,5-kg-Paketen in Einheiten von 100 Stück,
x2 : Menge an 5-kg-Paketen in Einheiten von 100 Stück.

Das entsprechende lineare Optimierungsmodell lautet:

max 25 x1 + 40 x2
s.d . 0,5 x1 + 2
3 x2 ≤ 60
250 x1 + 500 x2 ≤ 35.000
x2 ≤ 50
x1 , x2 ≥ 0

Die Anwendung des Simplexalgorithmus führt zu folgenden Tableaus

25 40 0 0 0
x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 1/ 2/ 1 0 0 60 90
2 3
0 s2 250 500 0 1 0 35.000 70

0 s3 0 1 0 0 1 50 50

Δz -25 -40 0 0 0 0
336 Lösungen

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 1/ 0 1 0 - 2/3 80/ 160/


2 3 3
0 s2 250 0 0 1 -500 10.000 40

40 x2 0 1 0 0 1 50 -

Δz -25 0 0 0 40 2.000

x1 x2 s1 s2 s3 RS Θ

0 s1 0 0 1 - 2/1000 1/3 20/


3 20
25 x1 1 0 0 4/ -2 40 -
1000

40 x2 0 1 0 0 1 50 50

Δz 0 0 0 1/ -10 3.000
10

x1 x2 s1 s2 s3 RS

0 s3 0 0 3 - 6/1000 1 20

25 x1 1 0 6 - 8/1000 0 80

40 x2 0 1 -3 6/ 0 30
1000

Δz 0 0 30 4/ 0 3.200
100
x2
100
R1

R3
50
Optimale Lösung

10 R2
x1
10 50 100
Abb. 8.1. Optimale Waschpulverproduktion
Anwendungen linearer Optimierung 337

Es sollten 8000 2,5 kg-Pakete und 3000 5 kg-Pakete MegaClean hergestellt


werden, um den maximalen Deckungsbeitrag von 3200 € zu erzielen. Abb. 8.1
sind der schattierte Zulässigkeitsbereich und die optimale Lösung zu entnehmen.

4.2.2
Als Entscheidungsvariable werden xijk mit folgender Bedeutung und Indizierung
gewählt:
xijk Menge des Vorproduktes, die von Zulieferer i beschafft, in Werk j wei-
terverarbeitet und an Markt k geliefert wird
i = 1: Zulieferer A, i = 2 : Zulieferer B,
j = 1: Kanada, j = 2 : Polen,
k = 1: Asien, k = 2 : Nordamerika, k = 3: Europa

Die Parameter sind wie folgt angegeben:


ai Kosten je Einheit Vorprodukt von Zulieferer i (13.000; 16.000)
bij Kosten je Einheit für den Transport von Zulieferer i zu Werk j

bij j =1 j=2

i =1 1.400 2.900
i=2 2.500 3.200

cj Kosten je Einheit für die Weiterverarbeitung Vorprodukt zu Endprodukt in


Werk j (3.800; 4.100)
d jk Kosten je Einheit Transport von Werk j zu Kunden k

d jk k =1 k =2 k =3
j =1 3.100 1.900 2.500
j=2 3.300 2.200 1.400

pi = Kapazität Zulieferer i (50; 40)


q j = Kapazität Werk j (40; 65)
d k = Nachfrage Kundengebiet k (23; 33; 29)
Die Zielfunktion wird für die Anwendung konkretisiert:
2 2 3
Min z = ∑∑∑
i =1 j =1 k =1
(ai + bij + c j + d jk ) xijk

also
338 Lösungen

Min z = 21.300 x111 + 20.100 x112 + 20.700 x113


23.300 x121 + 22.200 x122 + 21.400 x123
25.400 x211 + 24.200 x212 + 24.800 x213
26.600 x221 + 25.500 x222 + 24.700 x223
Die Restriktionen berücksichtigen die vorliegenden Anforderungen.
1) Kapazität der Zulieferer
Die Menge, die von einem Zulieferer versandt wird, muss kleiner oder gleich
der Kapazität des Zulieferers sein.
2 3

∑∑
j =1 k =1
xijk ≤ pi i = 1, 2

für i = 1 : x111 + x112 + x113 + x121 + x122 + x123 ≤ 50


2) Kapazität der Werke
Die Menge, die in einem Werk verarbeitet wird, muss kleiner oder gleich der
Kapazität des Werkes sein.
2 3

∑∑
i =1 k =1
xijk ≤ q j j = 1, 2

3) Befriedigung der Nachfrage


Die nachgefragte Menge eines jeden Kunden muss befriedigt werden.
2 2

∑∑
i =1 j =1
xijk = d k k = 1, 2, 3

4) Nichtnegativitätsbedingung
xijk ≥ 0 i = 1, 2 j = 1, 2 k = 1, 2, 3

Die Lösung dieses Modells mittels ClipMops ergibt die in Abb. 8.2 dargestellte
Bildschirmausgabe. Demnach sollten 7 Einheiten des Vorproduktes von Zuliefe-
rer A produziert, in Kanada weiterverarbeitet und in Asien abgesetzt werden,
33 Einheiten des Vorproduktes sollten von Zulieferer A produziert, in Kanada
weiterverarbeitet und in Nordamerika abgesetzt werden, 10 Einheiten des Vorpro-
duktes sollten von Zulieferer A produziert, in Polen weiterverarbeitet und nach
Europa abgesetzt werden, 16 Einheiten des Vorproduktes sollten von Zulieferer B
produziert, in Polen weiterverarbeitet und in Asien abgesetzt werden und
19 Einheiten des Vorproduktes sollten von Zulieferer B produziert, in Polen
weiterverarbeitet und in Europa abgesetzt werden. Die minimalen Kosten, die mit
dieser Lösung erreicht werden, betragen 1.921.300 €.
Anwendungen linearer Optimierung 339

SCM x111 x112 x113 x121 x122 x123 x211 x212 x213 x221 x222 x223 TYP RHS

MAX 21300 20100 20700 23300 22200 21400 25400 24200 24800 26600 25500 24700
LB
UB INF INF INF INF INF INF INF INF INF INF INF INF
TYP CON CON CON CON CON CON CON CON CON CON CON CON
KapZul1 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 <= 50
KapZul2 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 <= 40
KapWerk1 1 1 1 0 0 0 1 1 1 0 0 0 <= 40
KapWerk2 0 0 0 1 1 1 0 0 0 1 1 1 <= 65
Nachfrage1 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 = 23
Nachfrage2 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 = 33
Nachfrage3 0 0 1 0 0 1 0 0 1 0 0 1 = 29

Activity 7,00 33,00 10,00 16,00 19,00 1921300

Abb. 8.2. Ergebnisausgabe Supply Chain Management

4.2.3
Wählt man für das Modell zweifach indizierte Entscheidungsvariable zur Erfas-
sung der zu transportierenden Mengen, muss durch eine zusätzliche Restriktion
sichergestellt werden, dass alles, was am Produktionsort ankommt, von dort wei-
tertransportiert wird.
Entscheidungsvariable:
xij1 Transportmenge von Werk i nach Lager j
2
x jk Transportmenge von Lager j zu Kunden k
y jk Entscheidungsvariable für die Belieferung des Kunden k von La-
ger j ausgehend
Parameter:
a1i Produktionskosten in Werk i
1
aj Lagerkosten in Lager j
1 2
bij , b jk entsprechende Transportkosten
Pi Produktionskapazität in Werk i
Pj Lagerkapazität in Lager j
Dk Bedarf des Kunden k
340 Lösungen

Optimierungsmodell:
I J J K
min z = ∑∑ ( a
i =1 j =1
1
i + bij1 + a 2j ) ⋅ xij1 + ∑∑ bj =1 k =1
2
jk ⋅ x 2jk

J
s.d . ∑x
j =1
1
ij ≤ Pi ∀i

∑x
i =1
1
ij ≤ Pj ∀ j
I K

∑x
i =1
1
ij − ∑x
k =1
2
jk = 0 ∀ j

x 2jk = Dk ⋅ y jk ∀ j, k
J

∑y
j =1
jk =1 ∀k

xij1 , x 2jk ≥ 0 ∀ i, j , k
y jk ∈ {0,1} ∀ j, k

Nach Konkretisierung mit den angegebenen Daten wird die Lösung beispiels-
weise mittels XPress-Ive® ermittelt. Der optimale Zielfunktionswert z = 4620
liefert die minimalen Kosten. Die optimal zu transportierenden Mengen und die
Zuordnung der Kunden zu den Lagern sind der folgenden Aufstellung zu entneh-
men.
1
x11 = 235 x112 = 115 y11 = 1
x12 = 65
1
x12 = 120
2
y12 = 1
x21 = 0
1
x13 = 0
2
y13 = 0
x22 = 210
1
x14 = 0
2
y14 = 0
2
x21 = 0 y21 = 0
x22 = 0
2
y22 = 0
x23 = 100
2
y23 = 1
x24 = 175
2
y24 = 1
Ein anderes Modell kann mit dreifach indizierten Entscheidungsvariablen, wie
im zugehörigen Kapitel beschrieben, formuliert werden, indem gewählt wird
Entscheidungsvariable:
xijk Transportmenge von Werk i über Lager j zu Kunden k
y jk Liefermenge für Kunden k von Lager j ausgehend
Das Optimierungmodell weist etwas mehr Variablen auf, besitzt jedoch eine
Restriktion je Lager weniger.
Anwendungen linearer Optimierung 341

K
min z = ∑ ⎡⎣( a
k =1
1
i + bij1 + a 2j + b 2jk ) ⋅ xijk ⎤⎦
J K
s.d . ∑ ∑x
j =1 k =1
ijk ≤ Pi ∀i

I K

∑ ∑x
i =1 k =1
ijk ≤ Pj ∀ j
I

∑x
i =1
ijk = Dk ⋅ y jk ∀ j, k
J

∑y
j =1
jk = 1 ∀k

xijk ≥ 0 ∀ i, j , k
y jk ∈ {0, 1} ∀ j, k

Nach Konkretisierung ermittelt XPress-Ive® die folgende optimale Lösung mit


dem gleichen Zielfunktionswert z = 4620 . Die Entscheidungsvariablen lauten:
x111 = 115 x211 = 0 y11 = 1
x112 = 120 x212 = 0 y12 = 1
x113 = 0 x213 = 0 y13 = 0
x114 = 0 x214 = 0 y14 = 0
x121 = 0 x221 = 0 y21 = 0
x122 = 0 x222 = 0 y22 = 0
x123 = 0 x223 = 100 y23 = 1
x124 = 65 x224 = 110 y24 = 1

4.2.4
Mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 250 km/h können innerhalb von
5 Minuten 20,8 km zurückgelegt werden.
Nachbarschaftsliste:

i N i (5 Minuten)

1=DU 1, 2, 3, 4

2=OB 1, 2, 3, 4, 5

3=BOT 1, 2, 3, 4, 5

4=E 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8

5=GE 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8

6=RE 5, 6, 7, 8
342 Lösungen

i N i (5 Minuten)
7=HER 4, 5, 6, 7, 8, 9
8=BO 4, 5, 6, 7, 8, 9

9=DO 7, 8, 9

Das zugehörige binäre lineare Optimierungsmodell, ein Set Covering Location


Modell, minimiert die Zahl der Basen unter der Voraussetzung, dass jeder Ort
innerhalb von 5 Minuten erreichbar ist:
min z = x1 + x2 + x3 + x4 + x5 + x6 + x7 + x8 + x9
s.d . x1 + x2 + x3 + x4 ≥ 1 DU
x1 + x2 + x3 + x4 + x5 ≥ 1 OB
x1 + x2 + x3 + x4 + x5 ≥ 1 BOT
x1 + x2 + x3 + x4 + x5 + x7 + x8 ≥ 1 E
x2 + x3 + x4 + x5 + x6 + x7 + x8 ≥ 1 GE
x5 + x6 + x7 + x8 ≥ 1 RE
x4 + x5 + x6 + x7 + x8 + x9 ≥ 1 HER
x4 + x5 + x6 + x7 + x8 + x9 ≥ 1 BO
x7 + x8 + x9 ≥ 1 DO
x1 , x2 , x3 , x4 , x5 , x6 , x7 , x8 , x9 ∈ {0;1}

Restriktionen 2 und 3 bzw. 7 und 8 stimmen jeweils überein, sodass je eine ge-
strichen werden kann.

8.4.2 Investition und Finanzierung

4.3.1
a) Die Variablen x1 ,..., x5 modellieren den jeweils anzulegenden oder aufzunehmen-
den Betrag. Dazu werden die Zahlungsreihen, hier bezogen auf je 1 €, aufgestellt.

Alternativen x1 x2 x3 x4 x5
Spar Spar Spar Kredit Kredit
Zeitpunkte 1. Jahr 2. Jahr 2 Jahre 1. Jahr 2. Jahr

t=0 -1 -1 1
t=1 1,02 -1 0,03 -1,045 1
t=2 1,02 1,03 -1,045
Anwendungen linearer Optimierung 343

Da zu jedem Zeitpunkt Mittel beliebiger Höhe für eine Periode angelegt werden
können, müssen keine Variablen für die Übertragung von Mitteln in die nächste
Periode als Barbestand berücksichtigt werden.
b) Das lineare Optimierungsmodell mit der Variablen x6 für das zu maximierende
Endvermögen lautet:
max x6
s.d . x1 + x3 − x4 ≤ 7.500
− 1, 02 x1 + x2 − 0, 03 x3 + 1, 045 x4 − x5 ≤ 0
− 1, 02 x2 − 1, 03 x3 + 1, 045 x5 + x6 ≤ 0
x4 , x5 ≤ 2.500
x1 , x2 , x3 , x4 , x5 , x6 ≥ 0
Wird das obige Modell mittels ClipMops gelöst, erhält man folgende Lösungs-
übersicht:

x1 x2 x3 x4 x5 x6 TYP RHS
MAX 0 0 0 0 0 1
LB
UB INF INF INF 2500 2500 INF
TYP CON CON CON CON CON CON
Zeitpunkt 0 1 0 1 -1 0 0 <= 7500,00
Zeitpunkt 1 -1,02 1 -0,03 1,045 -1 0 <= 0,00
Zeitpunkt 2 0 -1,02 -1,03 0 1,045 1 <= 0,00

Activity 0 225,00 7500,00 0 0 7954,50 7954,50


Name x1 x2 x3 x4 x5 x6
Status LB BS BS LB LB BS
reduced Cost -0,0202 0 0 -0,0053 -0,025 0

Activity Name Status reduced Cost


7500 Zeitpunkt 0 UB 1,0606
0 Zeitpunkt 1 UB 1,02
0 Zeitpunkt 2 UB 1

Daraus lässt sich die optimale Lösung ableiten. Zu Beginn des ersten Jahres
sollten Sie 7.500 € für zwei Jahre bei Ihrer Hausbank anlegen. Im zweiten Jahr
344 Lösungen

erhalten Sie aus dieser Anlage Zinsen in Höhe von 225 €, die Sie unmittelbar in
der einjährigen Anlage investieren. Als maximales Endvermögen nach zwei Jah-
ren erzielen Sie so 7.954,50 €.
c) Zur Berücksichtigung der 4000 € für den Sprachkurs reduzieren Sie das zum
Zeitpunkt 1 verfügbare Budget um 4000. Die zweite Restriktion ist folglich zu
ändern zu
− 1, 02 x1 + x2 − 0,03 x3 + 1,045 x4 − x5 ≤ −4.000.
Unter diesen Voraussetzungen erzielen Sie das maximale Endvermögen von
3797,47 €, wenn Sie zu Beginn des ersten Jahres 3686,87 € bei Ihrer Hausbank für
2 Jahre anlegen und eine einjährige Anlage von 3813,13 € vornehmen.
d) Sie berücksichtigen die Entnahme zum Zeitpunkt 1 durch die Variable x6 . Zum
Zeitpunkt 2 entnehmen Sie doppelt so viel, also 2 ⋅ x6 . Insgesamt entnehmen Sie
einen Betrag von 3 ⋅ x6 , den Sie mittels Optimierung bestimmen.
Die zweite und die dritte Restriktion ändern sich zu

− 1, 02 x1 + x2 − 0, 03 x3 + 1, 045 x4 − x5 + x6 ≤ 0
− 1, 02 x2 − 1, 03 x3 + 1, 045 x5 + 2 x6 ≤ 0

Ob Sie die Zielfunktion 3x6 oder x6 maximieren, bringt zwar für die Interpre-
tation des Ergebnisses, nicht jedoch für die optimale Lösung einen Unterschied.
Sie sollten 5083,06 € zu Beginn des ersten Jahres bei Ihrer Hausbank und
2416,94 € in der einjährigen Anlage anlegen. Das maximale Endvermögen beträgt
dann 5.235,54 €, nachdem Sie zum Ende des ersten Jahres 2.617,77 € entnommen
haben.

4.3.2
Die optimale Lösung ist abzulesen unter „Activity“ bei den „Variablen“ und
lautet:

x1 = 20.500, 00 x6 = 8.860, 00
x2 = 0, 00 x7 = 8.483, 00
x3 = 0, 00 x8 = 3.000, 00
x4 = 0, 00 x9 = 9.112,85
x5 = 10.000, 00

Es werden also 20.500 € in die Unternehmensanleihe investiert. Dafür werden


im ersten Jahr ein einjähriger Kredit in Höhe von 10.000 €, im zweiten Jahr ein
einjähriger Kredit in Höhe von 8.860 € und im dritten Jahr ein einjähriger Kredit
in Höhe von 8.483 € aufgenommen. Zusätzlich werden von dem Verwandten
Anwendungen linearer Optimierung 345

3.000 € angenommen. Das Endvermögen nach drei Jahren beträgt dann


9.112,85 €.
Eine Reduktion des Geldgeschenkes um 1 € würde das Endvermögen um
1,17 € vermindern (abzulesen in der Spalte „reduced cost“ der ersten Restriktion).
Es wäre sinnvoll, einen höheren Betrag für den Verwandten anzulegen, da die
optimale Ausprägung der Variablen x8 die obere Grenze erreicht und die reduced
cost den Wert 0,0702 anzeigen. Bis zu einer noch durch Sensitivitätsanalyse zu
ermittelnden Grenze führt jeder zusätzliche Euro Ihres Verwandten bei Ihnen zu
einem Endwertzuwachs von 0,07 €.
Die ausführliche Darstellung der optimalen Transaktionen lautet:

t=0 Geldgeschenk 7.500,00 €

Einzahlung Anleihe - 20.500,00 €

Aufnahme Kredit 10.000,00 €

Geld des Verwandten 3.000,00 €

0,00 €
t=1 Zinsen Anleihe 1.640,00 €

Rückzahlung + Zinsen Kredit -10.500,00 €

Aufnahme neuer Kredit 8.860,00 €

0,00 €

t=2 Zinsen Anleihe 820,00 €

Rückzahlung + Zinsen Kredit -9.303,00 €

Aufnahme neuer Kredit 8.483,00 €

0,00 €

t=3 Zinsen + Rückzahlung Anleihe 21.320,00 €

Rückzahlung + Zinsen Kredit -8.907,15 €

Rückzahlung + Zinsen Geld des


-3.300,00 €
Verwandten
9.112,85 €
346 Lösungen

4.3.3
a) Die Zahlungsreihen werden aus der Investitionssumme des optimalen Tableaus,
multipliziert mit dem normierten Zahlungsstrom, berechnet.

t Projekt A Projekt B Projekt C


0 - 10.969,70 - 27.030,30 -
1 + 6.581,82 - 6081,82 -
2 + 8.227,27 + 16.218,18 - 26.945,45
3 + 20.272,73 + 10.778,18
4 + 10.136,36 + 18,861,82

Das Girokonto weist nur in Periode 3 ein Guthaben auf, sonst ist der Saldo
gleich null. Das optimale verfügbare Endvermögen beträgt 46.082,20 €.
b) Bei einer Erhöhung des langfristigen Kreditrahmens erhöht sich das Endver-
mögen für jeden marginalen Euro um 0,3169 €. Weitere Eigenmittel in Periode 2
erhöhen das Endvermögen um 1,104 € pro Einheit. Diese Aussagen gelten nur für
solche Änderungen, die die Optimalität der Basis nicht verletzen, dies kann
mittels Sensitivitätsanalyse untersucht werden.

8.4.3 Weitere wirtschaftswissenschaftliche Anwendungen

4.4.1
Die Variablen werden nach Klassen N und U definiert, Start- und Endpunkt stellen
die Indizes dar. N H − C bezeichnet folglich das Kontingent für Buchungsklasse
(Typ) N auf der Strecke Hamburg – Copenhagen. Das Modell lautet somit:
max 40 N H − K + 80 N K − C + 100 N H − C + 10 U H − K + 60 U K − C + 75 U H − C
s.d . NH −K + + N H −C + U H −K + + U H − C ≤ 456
+ N K −C + N H −C + + U K −C + U H − C ≤ 456
NH −K ≤ 20
N K −C ≤ 440
N H −C ≤ 70
U H −K ≤ 360
U K −C ≤ 280
U H − C ≤ 210
N H − K , N K − C , N H − C , U H − K , U K − C , U H − C ≥ 0,
ganzzahlig
Anwendungen linearer Optimierung 347

Dieses Modell kann mittels ClipMops gelöst werden. In der Studentenversion


ist zunächst auf die Ganzzahligkeitsbedingung zu verzichten, in der allgemeinen
Version wird die Ganzzahligkeit im Typ mit INT für Integer gefordert.
Der Status IV zeigt an, dass die Ganzzahligkeitsbedingung jeweils erfüllt ist.
Auch die optimale Lösung des stetigen Modells ist ganzzahlig und somit auch
optimal für das Modell mit der Ganzzahligkeitsforderung. Es sollten also 20
normale Tickets für die Strecke Hamburg-Kiel, 386 normale Tickets für die
Strecke Kiel-Copenhagen und 70 normale Tickets für die Strecke Hamburg-
Copenhagen angeboten werden. An preisgünstigen Tickets sollten nur Tickets für
die Strecke Hamburg-Kiel bereitgestellt werden, und zwar 360 Stück. Für das
Teilstück Kiel-Copenhagen sowie für die Gesamtstrecke werden keine preisgüns-
tigen Tickets vorgesehen. Der maximal erzielbare Umsatz beträgt dann
42.280,00 €.

N H − K N K − C N H − C U H − K U K − C U H − C TYP RHS
MAX 40 80 100 10 60 75

LB

UB 20 440 70 360 280 210

TYP INT INT INT INT INT INT


Kapazität 1 1 0 1 1 0 1 <= 456

Kapazität 2 0 1 1 0 1 1 <= 456

Activity 20 386 70 360 0 0 42280

Name N H − K N K −C N H −C U H − K U K −C U H −C
Status IV IV IV IV IV IV

reduced Cost 40 0 20 10 -20 -5

Activity Name Status reduced Cost

450 Kapazität 1 BS 0

456 Kapazität 2 UB 80
348 Lösungen

4.4.2
Die Lösung wird mittels Simplexalgorithmus ermittelt.

45 90 0 0 0 0
x1 x2 s1 s2 s3 s4 RS Θ

0 s1 1 1 1 0 0 0 7 7

0 s2 1 3 0 1 0 0 12 4

0 s3 0 1 0 0 1 0 3 3

0 s4 1 2 0 0 0 1 8 4

Δz -45 -90 0 0 0 0 0

x1 x2 s1 s2 s3 s4 RS Θ
0 s1 1 0 1 0 -1 0 4 4

0 s2 1 0 0 1 -3 0 3 3

90 x2 0 1 0 0 1 0 3 -

0 s4 1 0 0 0 -2 1 2 2

Δz -45 0 0 0 90 0 270

x1 x2 s1 s2 s3 s4 RS Θ
0 s1 0 0 1 0 1 -1 2 2

0 s2 0 0 0 1 -1 -1 1 -

90 x2 0 1 0 0 1 0 3 3

45 x1 1 0 0 0 -2 1 2 -

Δz 0 0 0 0 0 45 360

Ein optimales Endtableau ist erreicht, für das eine duale Entartung vorliegt.
Folglich kann ein weiteres optimales Endtableau ermittelt werden mit einer ande-
ren Basislösung:
Graphentheorie 349

x1 x2 s1 s2 s3 s4 RS

0 s3 0 0 1 0 1 -1 2

0 s2 0 0 1 1 0 -2 3

90 x2 0 1 -1 0 0 1 1

45 x1 1 0 2 0 0 -1 6

Δz 0 0 0 0 0 45 360

Der optimale Deckungsbeitrag beträgt bei beiden optimalen Lösungen 360 €.


Sind alle Variablen stetig, ergeben sich folgende optimale Lösungen:

⎧⎛ x1 ⎞ ⎛ 2⎞ ⎛6⎞ ⎫
⎪⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ x2 ⎟ ⎜3⎟ ⎜1 ⎟ ⎪
⎪⎪⎜ s1 ⎟ ⎜ 2⎟ ⎜0⎟ ⎪⎪
L = ⎨⎜ ⎟ = λ ⎜ ⎟ + (1 − λ ) ⎜ ⎟ , λ ∈ [ 0;1]⎬ , z = 360.
opt

⎪⎜ s2 ⎟ 1
⎜ ⎟ 3
⎜ ⎟ ⎪
⎪⎜ s3 ⎟ ⎜0⎟ ⎜ 2⎟ ⎪
⎪⎜⎜ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟⎟ ⎪
⎩⎪⎝ s4 ⎠ ⎝0⎠ ⎝0⎠ ⎭⎪
In der Realität sind nur ganzzahlige Lösungen möglich, man sollte also entwe-
der 2 Hasen und 3 Zebras, 4 Hasen und 2 Zebras oder 6 Hasen und 1 Zebra einset-
zen. Alle drei Lösungen sind umsetzbar und optimal.

8.5 Graphentheorie

8.5.1 Strukturmodellierung mittels Graphen

5.1.1
a) Nachbarnliste
⎛0 1 1⎞ Knoten Nachbarn
⎜ ⎟
⎜1 0 1⎟ 1 2, 3
⎜1 1 0⎟
⎝ ⎠ 2 1, 3
3 1, 2

Der vorliegende ungerichtete Graph ist ein Kreis und damit nicht kreisfrei. Da
je zwei Knoten benachbart sind, ist der Graph vollständig, also insbesondere
zusammenhängend.
350 Lösungen

b) Nachbarnliste
⎛0 1 0 0⎞ Knoten Nachbarn
⎜ ⎟
⎜1 0 1 0⎟ 1 2
⎜0 1 0 0⎟
⎜⎜ ⎟ 2 1, 3
⎝0 0 0 0 ⎟⎠
3 2
4 -

Dieser ungerichtete Graph ist nicht kreisfrei, da er einen Kreis mit den Knoten
1 und 2 enthält. Die beiden Kanten, die Knoten 1 und 2 verbinden, sind parallel.
Ferner ist Knoten 4 isoliert, der Graph ist also nicht zusammenhängend.

c) Vorgängerliste
⎛0 0 0 0 0 0 0 0 0⎞ Knoten Vorgänger
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 0 0⎟ 1 4
⎜0 0 0 0 0 0 0 0 0⎟ 2 4
⎜ ⎟
⎜1 1 1 0 1 1 1 0 0⎟ 3 4
⎜0 0 0 0 0 0 0 1 1⎟
⎜ ⎟ 4 -
⎜0 0 0 0 0 0 0 0 0⎟
⎜0 5 4
0 0 0 0 0 0 0 0⎟
⎜ ⎟ 6 4
⎜0 0 0 0 0 0 0 0 0⎟
⎜ ⎟ 7 4
⎝0 0 0 0 0 0 0 0 0⎠
8 5
9 5

Dieser gerichtete Graph ist nicht topologisch sortiert. Da er zyklenfrei ist, ist
eine topologische Sortierung möglich. Er ist semikreisfrei und zusammenhängend
und daher Baum. Knoten 4 ist die einzige Quelle, also ist dieser Baum ein Wur-
zelbaum mit Wurzel 4. Die Blätter sind die Senken, nämlich Knoten 1, 2, 3, 6, 7, 8
und 9.

d) Der Graph ist gerichtet und nicht schwach zusammenhängend. Da er mit 1-


2-3-1 nicht zyklenfrei ist, kann er nicht topologisch sortiert werden. Er besitzt eine
Quelle, nämlich Knoten 5, und eine Senke, das ist Knoten 4.
Graphentheorie 351

Vorgängerliste
Knoten Vorgänger
⎛0 1 0 0 0⎞
⎜ ⎟ 1 3
⎜0 0 1 0 0⎟
⎜1 0 0 0 0⎟ 2 1
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0⎟ 3 2
⎜0 0 0 1 0 ⎟⎠ 4 5

5 -

5.1.2
a) 2 3

1 4

Der zugrunde liegende Graph ist wegen des vorhandenen Zyklus nicht topolo-
gisch sortierbar.
b) 1 2

4 5 3

Da dieser Graph nicht gerichtet ist, ist eine topologische Sortierung nicht defi-
niert.
c) 4 5

2 1

3 6
Dieser gerichtete Graph ist topologisch sortierbar, da er keine Zyklen enthält.
Durch Umnummerierung der Knoten erhält man beispielsweise folgenden isomor-
phen, topologisch sortierten Graphen. Da eine topologische Sortierung nicht
352 Lösungen

eindeutig ist, sind auch andere Möglichkeiten richtig, z. B. die Vertauschung der
Nummern 2 und 3.

2 4

1 6

3 5

5.1.3
Es ist davon auszugehen, dass die hierarchische Darstellung eine Richtung aus-
drückt, als Modell folglich ein gerichteter Graph geeignet ist. Die Zuordnung der
Knotennummern erfolgt von oben nach unten, auf einer Stufe von links nach
rechts. Damit erhält man die folgende Mengendarstellung.
Knotenmenge V = {1, 2,3, 4,5, 6, 7,8,9}
Kantenmenge E = {(1, 2);(1,3);(2, 4); (2,5); (2, 6); (2, 7);(3,8);(3,9)}
Da der gerichtete Graph schlicht ist, muss die Inzidenzabbildung nicht explizit
angegeben werden.
Grafische Darstellung:

5
2
6
1 7

3 8

Der Graph ist zusammenhängend und semikreisfrei und daher ein Baum. Da er
gerichtet ist und nur eine Quelle aufweist, ist er ein Wurzelbaum mit der Wurzel 1
und den Blättern 4, 5, 6, 7, 8 und 9.
Graphentheorie 353

8.5.2 Bewertete Graphen und kürzeste Wege

5.2.1
Die Anwendung des Algorithmus von Dijkstra führt zu folgender Übersicht:

1 2 3 4 5 6

Knoten dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj

2 4 1 4 1 4 1

3 2 1

4 4 1 3 3

5 ∞ 0 ∞ 0 6 4 6 4 6 4

6 ∞ 0 ∞ 0 6 4 5 2

7 ∞ 0 ∞ 0 ∞ 0 9 2 8 6 8 6

L {1, 3} {1, 3, 4} {1, 2, 3, {1, 2, 3, {1, 2, 3, {1, 2, 3,


4} 4, 6} 4, 5, 6} 4, 5, 6, 7}

M {4, 2} {2, 5, 6} {5, 6, 7} {5, 7} {7} ∅

Kürzeste Wege von Knoten 1 zu allen anderen Knoten:

Kürzester Weg
Knoten j Weglänge
von 1 nach j

2 (1, 2) 4

3 (1, 3) 2

4 (1, 3, 4) 3

5 (1, 3, 4, 5) 6

6 (1, 2, 6) 5

7 (1, 2, 6, 7) 8
354 Lösungen

5.2.2
Der Algorithmus von Dijkstra liefert folgendes Tableau:

1 2 3 4

Knoten dj qj dj qj dj qj dj qj

2 11 1 11 1 8 3

3 11 1 6 5

4 ∞ 0 ∞ 0 11 3 11 3

5 3 1

{1, 2, 3, {1, 2, 3, 4,
L {1, 5} {1, 3, 5}
5} 5}
M {2, 3} {2, 4} {4} ∅

Kürzeste Wege von Knoten 1 zu allen anderen Knoten:

Kürzester Weg
Knoten j Entfernung
von 1 nach j

2 (1, 5, 3, 2) 8

3 (1, 5, 3) 6

4 (1, 5, 3, 4) 11

5 (1, 5) 3

Knoten 4 kann auch über (1, 5, 3, 2, 4) von 1 aus mit Entfernung 11 erreicht
werden. Der Algorithmus liefert nur eine optimale Alternative, auch wenn mehre-
re existieren.
Graphentheorie 355

5.2.3
Adjazenzmatrix:
Bo ⎛ 0 1 1 0 0 0⎞
⎜ ⎟
Le ⎜ 0 0 0 1 1 0⎟
Ha ⎜ 0 0 0 0 1 0⎟
⎜ ⎟
Mt ⎜ 0 0 0 0 0 1⎟
Si ⎜ 0 0 0 0 0 1⎟
⎜ ⎟
F ⎜⎝ 0 0 0 0 0 0 ⎟⎠

Die Adjazenzmatrix ist eine obere Dreiecksmatrix, somit ist der Graph topolo-
gisch sortiert. Sollten Sie eine andere Reihenfolge der Knoten gewählt haben, lässt
sich die obere Dreiecksmatrix durch Umsortierung erreichen.
Ergebnisse des Algorithmus von Dijkstra:

1 2 3 4 5
Knoten dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj

BO 1

LE 2 60 1 60 1

HA 3 30 1

MT 4 ∞ 0 ∞ 0 159 2 159 2

SI 5 ∞ 0 102 3 102 3

F 6 ∞ 0 ∞ 0 ∞ 0 231 5 231 5

L {1, 3} {1, 2, 3} {1, 2, 3, 5} {1, 2, 3, 4, {1, 2, 3, 4,


5} 5, 6}

M {2, 5} {4, 5} {4, 6} {6} ∅

Der kürzeste Weg ist 1-3-5-6 mit der Länge 231, man muss also von Bochum
über Hagen und Siegen nach Frankfurt fahren, wenn man den kürzesten Weg
wählt.

5.2.4
Zur Anwendung des Algorithmus von Dijkstra ist zunächst ein neues Modell zu
formulieren, in welchem die kürzesten Wege zu allen Knoten bestimmt werden.
356 Lösungen

Dazu wird für sämtliche Pfeile die Orientierung geändert und man erhält Gu .

3
2 4
2 1
1 4 2 6
1
5 3
3 5

Auf Gu wird der Algorithmus von Dijkstra angewendet.

1 2 3 4 5

Knoten dj qj dj qj dj qj dj qj dj qj
1

2 2 1 2 1

3 1 1

4 ∞ 0 ∞ 0 5 2 5 2

5 ∞ 0 6 3 4 2

6 ∞ 0 ∞ 0 ∞ 0 7 5 6 4

L {1, 3} {1, 2, 3} {1, 2, 3, 5} {1, 2, 3, 4, 5} {1, 2, 3, 4, 5, 6}

M {2, 5} {4, 5} {4, 6} {6} ∅

Das Ergebnis kann nun bez. G uminterpretiert werden und man erhält folgende
kürzeste Entfernungen von allen Knoten zu Knoten 1.

Kürzester Weg
Knoten j Entfernung
von j nach 1

2 (2, 1) 2

3 (3, 1) 1

4 (4, 2, 1) 5

5 (5, 2, 1) 4

6 (6, 4, 2, 1) 6
Projektplanung 357

8.6 Projektplanung

8.6.1 Modellierung der Projektstruktur

6.1.1
a) Vorgangspfeilnetzplan:

F
2 6
A G

1 C E S2
3 7
S1
B H
D
4 5

Der Scheinvorgang S1 ist notwendig, um die Parallelität der Pfeile B und C zu


verhindern. Ohne Scheinvorgang S2 ist die Abhängigkeit von G bzw. H von ihren
Vorgängern in einem Vorgangspfeilnetzplan nicht abbildbar. Knoten 1 ist einzige
Quelle, Knoten 7 einzige Senke, der gerichtete, schlichte Graph ist endlich, zu-
sammenhängend und zyklenfrei. Es liegt eine topologische Sortierung vor. Die
zugehörige Vorgänger- und Nachfolgerliste lauten:

Knoten direkte Knoten direkte


(Ereignis) Vorgänger (Ereignis) Nachfolger

1 - 1 2, 3, 4

2 1 2 5, 6

3 1 3 4

4 1, 3 4 5

5 2, 4 5 6, 7

6 2, 5 6 7

7 5, 6 7 -
358 Lösungen

Adjazenzmatrix:

⎛0 1 1 1 0 0 0⎞
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1 1 0⎟
⎜0 0 0 1 0 0 0⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1 0 0⎟
⎜0 0 0 0 0 1 1⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0 0 1⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 ⎟⎠

Da es sich um eine obere Dreiecksmatrix handelt, ist der Netzplan topologisch
sortiert und daher zyklenfrei.

Vorgangsknotennetzplan:

A/2 F/7

G/8

Anfang/1 B/3 E/6 Ende/10

H/9

C/4 D/5

Die Vorgängerliste entspricht direkt der Vorgangsliste nach Umbenennung in


Zahlen statt Buchstaben, die Nachfolgerliste lautet:

Knoten direkte
(Vorgang) Nachfolger

Anfang 1 2, 3, 4

A 2 6, 7

B 3 5

C 4 5

D 5 8, 9
Projektplanung 359

Knoten direkte
(Vorgang) Nachfolger

E 6 8, 9

F 7 8

G 8 10

H 9 10

Ende 10 -

Adjazenzmatrix:
⎛0 1 1 1 0 0 0 0 0 0⎞
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0 1 1 0 0 0⎟
⎜0 0 0 0 1 0 0 0 0 0⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 1 0 0 0 0 0⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 1 1 0⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 1 1 0⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 1 0 0⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 0 0 1⎟
⎜ ⎟
⎜0 0 0 0 0 0 0 0 0 1⎟
⎜⎜ 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ⎟⎟⎠

Da es sich um eine obere Dreiecksmatrix handelt, ist der Netzplan topologisch
sortiert und daher zyklenfrei.
b) Vorgangspfeildarstellung:

A B
1 2 3

D C

Dieser Digraph ist kein Netzplan, da er nicht zyklenfrei ist. Eine topologische
Sortierung ist nicht möglich. Außerdem besitzt dieser Graph keine Senke. Eine
360 Lösungen

Hinzufügung im Modell ist aufgrund des Zyklus nicht sinnvoll. Würde so ein
reales Projekt erfasst, könnte dieses niemals abgeschlossen werden.
Die zugehörige Vorgänger- bzw. Nachfolgerliste lauten:

Knoten direkte Knoten direkte


(Ereignis) Vorgänger (Ereignis) Nachfolger

1 - 1 2

2 1, 4 2 3

3 2 3 4

4 3 4 2

Adjazenzmatrix:
⎛0 1 0 0⎞
⎜ ⎟
⎜0 0 1 0⎟
⎜0 0 0 1⎟
⎜⎜ ⎟
⎝0 1 0 0 ⎟⎠

Vorgangsknotendarstellung:

A/1 B/2 C/3

D/4

Adjazenzmatrix und Nachfolgerliste:

Knoten direkte
(Vorgang) Nachfolger
⎛0 1 0 0⎞
⎜ ⎟ A 1 2
⎜0 0 1 0⎟
⎜0 0 0 1⎟
⎜⎜ ⎟ B 2 3
⎝0 1 0 0 ⎟⎠
C 3 4

D 4 2
Projektplanung 361

Aufgrund der Struktur des speziellen Graphen und der gewählten Nummerie-
rung stimmen die beiden Graphen zufällig überein, weichen jedoch hinsichtlich
der Interpretation voneinander ab.

6.1.2
a) Mittels der Vorgangsliste werden alle einzelnen Aktivitäten des realen Projek-
tes auf dem gewählten Abstraktionsniveau identifiziert und die direkten Abhän-
gigkeitsbeziehungen zwischen ihnen ausgewiesen.

Vorgangsliste mit Dauern zur Vorbereitung der Indienrundreise:

direkte
Vorgang Dauer
Vorgänger

V Visabeschaffung - 28

R Reiseroute festlegen - 21

F Flüge buchen R 14

W Wohnmobil buchen R 2

A Ausrüstung planen W 14

b) Die Vorgangsliste dient als Grundlage für die Erstellung eines Netzplans, also
eines geeigneten graphentheoretischen Modells. Für einen Vorgangspfeilnetzplan
werden den Vorgängen Pfeile zugeordnet.

Vorgangspfeilnetzplan:

V
1 4
F
R
2
A
W
3

V - Visabeschaffung: (1, 4)
R - Reiseroute festlegen: (1, 2)
W - Wohnmobil buchen: (2, 3)
F - Flüge buchen: (2, 4)
A – Ausrüstung planen: (3, 4)
362 Lösungen

Dieser Netzplan kann auch in Mengendarstellung angegeben werden und lautet


dann
Graph G = (V , E ) mit
V = {1, 2,3, 4} und
E = {(1, 2 ) , (1, 4 ) , ( 2,3) , ( 2, 4 ) , ( 3, 4 )}

Die Vorgängerliste bezieht sich auf den Netzplan bzw. ist der Netzplan in ande-
rer Darstellung und beschreibt die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den Kno-
ten.

Vorgängerliste:

Knoten/ direkte
Ereignisse Vorgänger

1 -

2 1

3 2

4 1, 2, 3

Für einen Vorgangsknotennetzplan werden die Vorgänge des realen Projektes


den Knoten eines Netzplans zugeordnet.

Vorgangsknotennetzplan:

V/1

Anfang Ende
F/3

R/2

W/4 A/5
Projektplanung 363

Vorgang

1 Visabeschaffung

2 Reiseroute festlegen

3 Flüge buchen

4 Wohnmobil buchen

5 Ausrüstung planen

Zur Festlegung eines eindeutigen Anfangs und Endes sind zusätzliche Knoten
in das Modell zu integrieren.
Die Vorgängerliste gibt wiederum die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den
Knoten des Netzplans an, die nun den Vorgängen entsprechen.

Vorgangsliste:

Knoten/ direkter
Vorgang Vorgänger

Anfang -

1 Anfang

2 Anfang

3 2

4 2

5 4

Ende 1, 3, 5
364 Lösungen

6.1.3
a) Vorgangsliste:

Nr. Vorgang Vorgänger Dauer

A 1 Fahrrad säubern - 1

B 2 Fahrrad reparieren A 3

C 3 Probefahrt B 0,5

D 4 Strecke planen B 2

E 5 Satteltasche ausleihen B 1

F 6 Fahrt zur Oma C, D, E 8

b) Vorgangspfeilnetzplan:

4
C

A B D F
1 2 3 6 7

Die Scheinvorgänge sind erforderlich, um die Parallelität der zu C, D und E


gehörenden Pfeile zu vermeiden. Sie könnten alternativ auch an anderer Stelle
hinzugefügt werden, z. B. statt nach C nach D oder auch vor D.
Projektplanung 365

Vorgangsknotennetzplan:

C/3

A/1 B/2 D/4 F/6

E/5

6.1.4
Scheinvorgang S1 wird aufgrund einer technischen Abhängigkeit eingeführt, denn
H ist unabhängig von C. I hängt dagegen von C und G ab. Da die Vorgänge D und
E parallel durchgeführt werden können und parallele Pfeile in einem Netzplan
nicht zulässig sind, muss ein weiterer Scheinvorgang S2 eingefügt werden.

G H
3 7 10

S1 I N

B
8 11
C
P

A D
1 2 4 12
M
E S2 Q

F 5 9 13
K R
L

6 14
366 Lösungen

8.6.2 Zeitliche Planung des Projektablaufs

6.2.1
a) Das Ergebnis der Zeitanalyse im Vorgangspfeilnetz nach der Ermittlung aller
frühesten und spätesten Ereigniszeiten ist den Knoten zu entnehmen.

1 V/28 4
0 0 37 37

F/14
R/21 A/14
2 3
21 21 W/2 23 23

Die Ereigniszeiten wurden ermittelt, daraus lassen sich die charakteristischen


Vorgangszeiten ableiten. Weiterhin werden die folgenden Puffer berechnet.
Vorgang d FA FE SA SE GP FP FRP UP

V 28 0 28 9 37 9 9 9 9

R 21 0 21 0 21 0 0 0 0

F 14 21 35 23 37 2 2 2 2

W 2 21 23 21 23 0 0 0 0

A 14 23 37 23 37 0 0 0 0

Die Zeitanalyse auf Basis des Vorgangsknotennetzplans führt zu folgendem


Ergebnis für die frühesten und spätesten Anfangstermine der Vorgänge, nachdem
die Pfeile jeweils mit den Dauern des Anfangsknotens bewertet wurden.
1 0
28 9 28
0

0 0 6 37
3 21 14
0 0 0 37
21 14 23
0
2 0 14
21 0
21 4 21 2 5 23 i FAi
2 21 14 23 di SAi
Projektplanung 367

Die charakteristischen Vorgangszeiten stimmen mit denen der Tabelle überein,


die Puffer ebenfalls, jedoch ist nur die Ermittlung der Gesamtpuffer unmittelbar
abzuleiten. Das früheste Projektende ist 37, d. h., die Vorbereitungen müssen
spätestens 37 Tage vor Urlaubsbeginn starten.
b) Der kritische Weg ist in der Vorgangknotendarstellung hervorgehoben. Er
enthält zusätzlich zu 0 und 6 die kritischen Vorgänge 2, 4 und 5, d. h., die Aktivi-
täten „Reiseroute festlegen“, „Wohnmobil buchen“ und „Ausrüstung planen“ sind
kritisch, da sie einen Gesamtpuffer von null besitzen.

1 0
28 9

0 0 6 37
3 21
0 0 0 37
14 23
2 0
21 0
4 21 5 23
2 21 14 23

c) Das Gantt-Diagramm wird hier bezogen auf die frühestmöglichen Anfangszei-


ten dargestellt, eine andere Lage ist für die nicht kritischen Vorgänge, also Visa-
beschaffung und Flüge buchen, möglich.

Visabeschaffung

Reiseroute festlegen

Flüge buchen

Wohnmobil buchen

Ausrüstung planen

5 10 15 20 25 30 35 t

Die Länge der zu den einzelnen Vorgängen gehörenden Balken entspricht den
Dauern der jeweiligen Vorgänge.
368 Lösungen

d) Verlängert sich die Ausstellung der Visa um 7 Tage auf insgesamt 35 Tage, so
hat dies keine Auswirkungen auf die Projektdauer, da der Vorgang Visabeschaf-
fung in der ursprünglichen Planung einen Gesamtpuffer von 9 Tagen hatte. Dieser
Puffer kann die Verlängerung kompensieren, schrumpft durch die neuen Annah-
men jedoch auf 2 Tage.
Verlängert sich die Buchung der Flüge von 14 auf 21, also um 7 Tage, so ver-
schiebt sich das Projektende um 5 Tage nach hinten. Zwar ist der Vorgang „Bu-
chung der Flüge“ nicht kritisch, jedoch kann der Gesamtpuffer von 2 die Verlän-
gerung nicht in vollem Maße auffangen, sodass eine Verlängerung um 5 Tage
resultiert.

6.2.2
a) Zeitanalyse des Vorgangspfeilnetzplans:

4
4,5 6
C/0,5 S1

1 A/1 2 B/3 3 D/2 6 F/8 7


0 0 1 1 4 4 6 6 14 14

E/1 S2
5
5 6
Dieses Projekt kann frühestens innerhalb von 14 Tagen beendet werden, d. h.,
die gemeinsame Feier in 12 Tagen kann so nicht stattfinden.

Zeitanalyse des Vorgangsknotennetzplans:

3 4
0,5 5,5
3 0,5

1 0 1 2 1 3 4 4 2 6 6 8 Ende 14
1 0 3 1 2 4 8 6 0 14
3 1

5 4
1 5
Projektplanung 369

Dieses Projekt kann innerhalb von 14 Tagen beendet werden.


Da Mona mindestens 14 Tage für ihr Projekt benötigt, schafft sie es so nicht,
rechtzeitig zu dem Geburtstag ihrer Großmutter in 12 Tagen anzukommen.
Aufgrund der Notwendigkeit der Hinzufügung von Scheinvorgängen errechnet
man für die Vorgänge C und D freie bzw. unabhängige Puffer von 0, obwohl
beide Vorgänge über Flexibilitätsreserven verfügen. Diese wird bei den Schein-
vorgängen ausgewiesen. Hier ist eine anschließende Zurechnung der freien Puffer
z. B. von S1 zu C sinnvoll.
Die für den Vorgangspfeilnetzplan ermittelten charakteristischen Zeiten und
Pufferzeiten sind folgender Tabelle zu entnehmen:

Vorgang d FA FE SA SE GP FP FRP UP

A 1 0 1 0 1 0 0 0 0

B 3 1 4 1 4 0 0 0 0

C 0,5 4 4,5 5,5 6 1,5 0 1,5 0

D 2 4 6 4 6 0 0 0 0

E 1 4 5 5 6 1 0 1 0

F 8 6 14 6 14 0 0 0 0

S1 0 4,5 4,5 6 6 1,5 1,5 0 0

S2 0 5 5 6 6 1 1 0 0

b) Gantt-Diagramm, bezogen auf die frühestmöglichen Anfangszeiten:

Fahrrad säubern

Fahrrad reparieren

Probefahrt machen

Strecke planen

Satteltasche ausleihen

Fahrt zur Oma

5 10 15 t
370 Lösungen

In dem vorherigen Diagramm wurde jeder Vorgang zu seinem frühestmögli-


chen Zeitpunkt eingetragen.

6.2.3
a) Früheste und späteste Ereigniszeitpunkte sind der Grafik zu entnehmen.

Legende: i
FZi SZi 3 G 7 H 10
61 61 7 68 68 120 188188

S1 0 I N 14
30
B 8 11
60 121158 202202
C
120 P 1
M
1 A 2 4 2 12
D
0 0 1 1 1 30 31 144 203203

E S2 0 Q 30
60
5 9 13
61 144 131186 233233
F
90 K 2 L R 7
40
6 14
91 146 240240

b) Der erste Zug kann frühestens nach 240 Tagen bereitgestellt werden. Der
einzige kritische Weg ist fett hervorgehoben, kritische Aktivitäten sind A, B, G, H,
N, P, Q und R.
c) Die maximale Zeitreserve entspricht dem Gesamtpuffer, der
für Vorgang L GPL = SZ 9 − FZ 5 − d L = 186 − 91 − 40 = 55 und
für Vorgang M GPM = SZ10 − FZ 9 − d M = 188 − 131 − 2 = 55
beträgt.
Gemäß Definition des Gesamtpuffers wird bereits der spätestzulässige Beginn
aller nachfolgenden Vorgänge unterstellt, daher ist eine weitere Verschiebung des
Starts von Vorgang M um mehr als 55 Tage nicht möglich, ohne das Projektende
zu gefährden. Eine Kompensation ist also nicht vollständig möglich, vielmehr
Projektplanung 371

verzögert sich der Projektabschluss aufgrund des verzögerten Starts in Erlangen


um 5 Tage auf 245 Tage.

6.2.4
a)
i FAi R 56 21 Ende 77
di SAi 21 56 0 77

5
E 1 30 L 31 1 Q 51
30 20 1 50 5 51

1 G 1 14 N 21 3
1 14 31 3 3 45 3
I 18 P 48
B 1
1 14 3 3 31 3 48
14 14 3 14
A 0 H 15 M 34
1 0 1 3 28 14 34
C 1
1 10
10 18
3
D 1 30 K 31
1
30 1 3 31

F 1
14 34 14

b) Die frühesten und spätesten Anfangszeitpunkte sind der Grafik zu entnehmen.


c) Nach frühestens 77 Tagen kann der erste AIRTRAIN 007 an den Besteller
übergeben werden. Die Vorgänge A, D, K, M, P, Q und R sind dabei kritisch.

8.6.3 Kapazitäts- und Kostenplanung

6.3.1
Folgendes Balkendiagramm zeigt die Lage aller Vorgänge, wenn sie zum jeweils
frühesten Anfangstermin beginnen, und dahinter den Kapazitätsbedarf der einzel-
nen Vorgänge.
372 Lösungen

(6,7) 1
(5,7) 1
(4,7) 2
(3,6) 2
(2,5) 2
(2,4) 1
(1,5) 2
(1,3) 1
(1,2) 1

5 10
Abb. 8.3. Balkendiagramm, früheste Anfangstermine

Daraus lässt sich unter Beachtung des Kapazitätsbedarfs je Vorgang der Kapa-
zitätsbedarf je Zeiteinheit bei frühesten Anfangsterminen ableiten:

6
5
4
3
2
1

1 2 3 4 5 6 7 8 9
Abb. 8.4. Kapazitätsbedarf Aufg. 6.3.1 bei frühesten Zeitpunkten

Entsprechend wird der Kapazitätsbedarf bei spätesten Anfangsterminen ermit-


telt. Abb. 8.5 zeigt die Lage der Vorgänge bei jeweils spätestzulässigem Beginn,
Abb. 8.6 das zugehörige Kapazitätsbedarfsprofil.
Projektplanung 373

(6,7) 1
(5,7) 1
(4,7) 2
(3,6) 2
(2,5) 2
(2,4) 1
(1,5) 2
(1,3) 1
(1,2) 1

5 10
Abb. 8.5. Balkendiagramm, späteste Anfangstermine

6
5
4
3
2
1

1 2 3 4 5 6 7 8 9
Abb. 8.6. Kapazitätsbedarf Aufg. 6.3.1 bei spätesten Zeitpunkten

Sind nur drei Personen verfügbar, lassen sich die Vorgänge zeitlich so planen,
dass das Projekt dennoch rechtzeitig nach neun Zeiteinheiten abgeschlossen
werden kann.

3
2
1

1 2 3 4 5 6 7 8 9
Abb. 8.7. Kapazitätsbedarf Aufg. 6.3.1 bei drei Personen
374 Lösungen

Das korrespondierende Balkendiagramm bei Beschränkung auf drei verfügbare


Personen zeigt die Lage der entsprechenden Aktivitäten.

(6,7) 1
(5,7) 1
(4,7) 2
(3,6) 2
(2,5) 2
(2,4) 1
(1,5) 2
(1,3) 1
(1,2) 1

5 10
Abb. 8.8. Balkendiagramm bei Beschränkung auf drei Personen

6.3.2
Das folgende Balkendiagramm veranschaulicht die Einsatzzeiten für die eingeteil-
ten Personen, wenn alle Vorgänge zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen.

Andreas B G
Björn C F
Iris E G
Julia D H
Marco A H
Olga A C
Patrick E D
Violetta B F

5 10 15 20 25 30 35 40

Abb. 8.9. Balkendiagramm mit Personalzuordnung

Julia kommt erst nach 20 Tagen von ihrem Praktikum zurück und kann daher
nicht wie geplant mit Vorgang D zum Zeitpunkt 8 beginnen. Eine Verschiebung
der Aktivität ist ohne Verzögerung des frühesten Projektendes auf den Beginn 20
möglich, jedoch sind von der Verschiebung weitere Vorgänge und damit Studie-
rende betroffen, sodass insgesamt ein neues Balkendiagramm resultiert. Da Julia
nur eine Aufgabe übernehmen kann, muss dann auch H verschoben werden und
beginnt zum Zeitpunkt 26. Marco ist dann ebenfalls verfügbar und die Verschie-
bung von H ist unter Einhaltung des geplanten Projektendes möglich.
Projektplanung 375

Andreas B G
Björn C F
Iris E G
Julia D H
Marco A H
Olga A C
Patrick E D
Violetta B F

5 10 15 20 25 30 35 40

Abb. 8.10. Personalzuordnung unter Berücksichtigung des Praktikums

6.3.3
Der kritische Weg führt über 1, 2, 3, 4 und 5, nur die Beschleunigung von Vor-
gängen auf dem kritischen Weg reduziert die Projektdauer. Die günstigsten
mittleren Beschleunigungskosten der kritischen Vorgänge liegen bei (3, 4) mit 20
vor, daher wird (3, 4) um 2 Einheiten auf 1 Einheit gekürzt. Dann hat (3, 4)
Minimaldauer erreicht, d. h., die weiteren Verkürzungskosten werden auf ∞
gesetzt. Vorgang (2, 4) wird zusätzlich kritisch. Die Projektverkürzung auf 10 ist
mit Beschleunigungskosten von insgesamt 2 * 20 = 40 verbunden.

3
7 7
4 1
1 3 2 5 4 2 5
0 0 3 3 8 8 10 10

Vor einer weiteren Verkürzung muss der minimale Schnitt ermittelt werden,
der hier durch die Kombination (2, 3) und (2, 4) mit mittleren Beschleunigungs-
kosten von 30 + 10 = 40 pro Zeiteinheit gegeben ist. Mit 2 Einheiten Verkürzung
erreicht (2, 3) seine Minimaldauer und die Projektdauer kann mit Beschleuni-
gungskosten von 40 + 2 * 20 = 120 auf 8 Zeiteinheiten reduziert werden.

3
5 5
2 1
1 3 2 3 4 2 5
0 0 3 3 6 6 8 8
376 Lösungen

Im nächsten Schritt kann Vorgang (1, 2) auf 1 Zeiteinheit mit 2 * 50 = 100 Kos-
teneinheiten reduziert werden. Damit ist die minimale Projektdauer von 6 Zeitein-
heiten erreicht.

200

150

K1 + K2
100

K1

50

K2

6 7 8 9 10 11 12
Minimaldauer Normaldauer
= optimale Dauer

Aufgrund der verhältnismäßig geringen Verlängerungskosten K2 ist es in die-


sem Fall optimal, das Projekt in Normaldauer durchzuführen, d. h. innerhalb von
12 Zeiteinheiten.

8.7 Simulation

8.7.1 Deterministische Simulation

7.1.1
Die Einlastungsreihenfolge ist durch die Kundenprioritäten vorgegeben. Die Sys-
temzustandsänderungen werden zeitorientiert verfolgt. Die Zustände in den Zeit-
perioden zwischen den Ereignissen sind der Übersicht zu entnehmen.
Simulation 377

Periode Lager 1 Anlage 1 Lager 2 Anlage 2 Endlager

A1 ,..., A5
1 A2 ,..., A5 A1 - - -

2 A2 ,..., A5 A1 - - -

3 A2 ,..., A5 A1 - - -

4 A2 , A4 , A5 A3 - A1 -

5 A2 , A4 , A5 A3 - - A1
6 A2 , A4 , A5 A3 - - A1
7 A2 , A4 , A5 A3 - - A1
8 A2 , A5 A4 - A3 A1
9 A5 A2 - A4 A1 , A3
10 - A5 A2 A4 A1 , A3
11 - A5 A2 A4 A1 , A3
12 - - A2 , A5 A4 A1 , A3
13 - - A5 A2 A1 , A3 , A4
14 - - - A5 A1 ,..., A4
15 - - - A5 A1 ,..., A4
16 - - - A5 A1 ,..., A4
17 - - - A5 A1 ,..., A4

- - - - A1 ,..., A5

Die Gesamtdurchlaufzeit beträgt 17 Zeiteinheiten. Die Auslastung sowohl in


Werk 1 wie auch in Werk 2 ist 1117 = 64, 7 % . Der Systemzustand ändert sich zu
den Zeitpunkten 3, 4, 7, 8, 9, 11, 12, 13 und 17.

7.1.2
a) Zunächst ist die Auftragsreihenfolge gemäß Kriterium „kürzeste Operations-
zeit“ aus den gegebenen Daten abzuleiten. Anschließend erfolgen die Einlastung
und die zeitorientierte Simulation mit Beschreibung der Zustände.
378 Lösungen

Bearbeitungsdauern

Auftrag Walzstraße Verzinkerei Lackiererei Summe Reihenfolge

A1 2 1 3 6 3
A2 4 1 2 7 4
A3 3 1 1 5 2
A4 2 1 1 4 1

Perio- Eingangs- Walz- Verzinke- Lackiere-


Endlager
de lager straße rei rei

A1 ,..., A4
1 A1 , A2 , A3 A4 - - -

2 A1 , A2 , A3 A4 - - -

3 A1 , A2 A3 A4 - -

4 A1 , A2 A3 - A4 -

5 A1 , A2 A3 - - A4
6 A2 A1 A3 - A4
7 - A1 - A3 A4
8 - A2 A1 - A3 , A4
9 - A2 - A1 A3 , A4
10 - A2 - A1 A3 , A4
11 - A2 - A1 A3 , A4
12 - - A2 - A1 , A3 , A4
13 - - - A2 A1 , A3 , A4
14 - - - A2 A1 , A3 , A4

- - - A1 ,..., A4
Simulation 379

Die Gesamtdurchlaufzeit beträgt 14 ZE. Die Walzstraße ist zu 1114 ≈ 78, 6 %


ausgelastet, die Verzinkerei zu 414 ≈ 28, 6 % und die Lackiererei zu 714 = 50 % .
b) Wählt man eine geschickte Reihenfolge, erst A2 , dann A1 auf der ersten
Walzstrasse und zunächst A3 , dann A4 auf der zweiten, lassen sich die Aufträge
ohne Unterbrechung in der Verzinkerei bearbeiten. Ein Lager vor der Lackiererei
wird modelliert, was bei den Daten in Teil a) nicht erforderlich war.

Perio- Eingangs- Walz Verzin- Lacki-


Walz I Lager Endlager
de lager II kerei rerei

A1 ,..., A4
1 A1 , A4 A2 A3 - - - -

2 A1 , A4 A2 A3 - - - -

3 A1 , A4 A2 A3 - - - -

4 A1 A2 A4 A3 - - -

5 - A1 A4 A2 - A3 -

6 - A1 - A4 - A2 A3
7 - - - A1 A4 A2 A3
8 - - - - A1 A4 A2 , A3
9 - - - - - A1 A2 , A3 , A4
10 - - - - - A1 A2 , A3 , A4
11 - - - - - A1 A2 , A3 , A4

A1 ,..., A4

Die Gesamtdurchlaufzeit verkürzt sich auf 11 Zeiteinheiten, jedoch sind die


Walzstraßen nur zu 611 bzw. 511 , also insgesamt nur zu 50% ausgelastet. In einem
größeren Kontext mit vielen Aufträgen können diese parallelen Walzstraßen zu
einer Verbesserung der Auslastung führen.

7.1.3
Aus den verfügbaren Daten wird zunächst die Bearbeitungsreihenfolge abgeleitet.
380 Lösungen

Auftrag A1 A2 A3 A4 A5
Bearbeitungsdauer 5 6 5 2 3

Liefertermin 8 12 9 7 5
Differenz 3 6 4 5 2

Für die zeitorientierte Ablaufsimulation werden das Eingangslager L1 , ein Zwi-


schenlager L2 und das Endlager L3 berücksichtigt.

Ausgeliefert/
Periode L1 M1 L2 M2 L3
Verspätung

A1 ,..., A5
1 A1 ,..., A4 A5 - - -

2 A2 , A3 , A4 A1 - A5 -

3 A2 , A3 , A4 A1 - A5 -

4 A2 , A3 , A4 A1 - - A5
5 A2 , A4 A3 - A1 A5
6 A2 , A4 A3 - A1 A5 / 0
7 A2 , A4 A3 - - A1
8 A2 A4 - A3 A1
9 - A2 A4 A3 A1 / 0
10 - A2 - A4 A3 / 0
11 - A2 - - A4 / 3
12 - A2 - -

13 - - - A2
14 - - - A2

- - - - A2 / 2

Die Gesamtdurchlaufzeit beträgt 14 Zeiteinheiten. Die folgende Übersicht zeigt


die vereinbarten im Vergleich zu den erreichten Lieferterminen und die jeweiligen
Überschreitungen.
Simulation 381

Auftrag A1 A2 A3 A4 A5
Erreichter Liefertermin 6 14 9 10 3

Vereinbarter Liefertermin 8 12 9 7 5

Lieferterminüberschreitung - 2 - 3 -

Die Summe der Lieferterminüberschreitungen beträgt 5 Zeiteinheiten.


Für die erste Maschine gibt es 5 ⋅ 4 ⋅ 3 ⋅ 2 ⋅1 = 120 Reihenfolgen. Dies sind die
Handlungsalternativen, die für eine optimale Entscheidung hinsichtlich einer
Einlastung mit minimaler Summe der Lieferterminüberschreitungen zu untersu-
chen wären.

7.1.4
a)

Auszubil-
Periode Lager 1 Lager 2 Meister Endlager
dender

A1 ,..., A4
1 A1 , A2 , A3 A4 - - -

2 A1 , A3 A2 - A4 -

3 A1 , A3 A2 - A4 -

4 A3 A1 A2 A4 -

5 A3 A1 - A2 A4
6 A3 A1 - A2 A4
7 - A3 - A1 A2 , A4
8 - A3 - - A1 , A2 , A4

9 - A3 - - A1 , A2 , A4

10 - A3 - - A1 , A2 , A4

11 - - - A3 A1 , A2 , A4

12 - - - A3 A1 , A2 , A4

- - - - A1 ,.., A4
382 Lösungen

Die Gesamtdurchlaufzeit beträgt 12 Zeiteinheiten. Die Auslastung des Auszu-


bildenden ist 1012 ≈ 83,3% , die des Meisters 812 ≈ 66, 7 % .

b) Wenn die Aufträge in derselben Reihenfolge durch den Meister wie durch den
Auszubildenden bearbeitet werden sollen, gibt es 4 ⋅ 3 ⋅ 2 ⋅1 = 24 unterschiedliche
Bearbeitungsreihenfolgen für die Aufträge. Diese müssten sämtlich explizit oder
implizit hinsichtlich der Gesamtdurchlaufzeit bewertet werden, um die minimale
Gesamtdurchlaufzeit zu ermitteln.
Eine Abschätzung der mindestens erforderlichen Durchlaufzeit ist möglich. So
stellt die Summe der Bearbeitungsdauern für jeden der beiden Akteure je eine
untere Schranke dar. Die Bearbeitungszeiten des Auszubildenden betragen 10
Zeiteinheiten, die des Meisters 8 Zeiteinheiten. Eine untere Schranke für die
Gesamtdurchlaufzeit ist folglich das Maximum der beiden Werte, also 10 Zeitein-
heiten. Diese untere Schranke kann noch erhöht werden. Nach Abschluss der
Bearbeitung durch den Auszubildenden muss mindestens der letzte Auftrag noch
durch den Meister fertig gestellt werden. Im günstigsten Fall ist das derjenige
Auftrag mit der kürzesten Bearbeitungsdauer auf Stufe 2, also A1 mit Dauer 1.
Diese Zeit kommt mindestens noch zu den 10 Zeiteinheiten der Stufe 1 hinzu.
Somit kann die Gesamtdurchlaufzeit nicht unter 11 Zeiteinheiten betragen. Bevor
der Meister seine Arbeit beginnen kann, muss zumindest der Auftrag mit kürzester
Bearbeitungsdauer auf Stufe 1 durch den Auszubildenden bearbeitet worden sein,
also A4 mit einer Zeiteinheit.
Damit ist eine untere Schranke 8 ZE plus 1 ZE, also 9 ZE, die jedoch niedriger
ist als die bereits festgestellten 11 ZE. Damit kann die mittels Heuristik ermittelte
Reihenfolge mit 12 Zeiteinheiten günstigstenfalls noch um 1 Zeiteinheit verkürzt
werden. Ob dies in diesem Beispiel möglich ist, kann in diesem Fall aufgrund der
geringen Größe des Problems ermittelt werden. Eine weitere Analyse der Alterna-
tiven ergibt, dass die kürzeste Gesamtdurchlaufzeit 11 Zeiteinheiten beträgt und
z. B. mit der Reihenfolge A4 , A3 , A2 , A1 erreicht wird.

7.1.5
a) Folgende Tabelle beschreibt die Systemzustände bei Einlastung gemäß der
kürzesten Operationszeit, Rüstvorgänge werden mit R bezeichnet. Die Gesamt-
durchlaufzeit beträgt 20 Zeiteinheiten, die Rüstzeit auf Maschine 1 dauert
9 Zeiteinheiten.
Simulation 383

Maschine Maschine
Periode Lager Lager 2 Endlager
1 2

A1 ,..., A5
1 A1 , A2 , A4 , A5 A3 - - -

2 A1 , A2 , A4 , A5 R - A3 -

3 A1 , A2 , A5 A4 - A3 -

4 A1 , A2 , A5 R A4 A3 -

5 A1 , A2 , A5 R - A4 A3
6 A1 , A2 , A5 R - - A3 , A4
7 A1 , A2 , A5 R - - A3 , A4
8 A2 , A5 A1 - - A3 , A4
9 A2 , A5 A1 - - A3 , A4
10 A2 , A5 R - A1 A3 , A4
11 A5 A2 - A1 A3 , A4
12 A5 A2 - - A1 , A3 , A4
13 A5 A2 - - A1 , A3 , A4
14 A5 R - A2 A1 , A3 , A4
15 A5 R - - A1 , A2 , A3 , A4
16 A5 R - - A1 , A2 , A3 , A4
- A5 - - A1 , A2 , A3 , A4
17
- A5 - - A1 , A2 , A3 , A4
18
- A5 - - A1 , A2 , A3 , A4
19
- - - A5 A1 , A2 , A3 , A4
20
- - - - A1 ,..., A5

b) Wird jeweils der Auftrag mit kürzester Rüstzeit als nächstes eingeplant, resul-
tiert der folgende Ablauf.
384 Lösungen

Maschine Maschine
Periode Lager Lager 2 Endlager
1 2

A1 ,..., A5
1 A2 , A3 , A4 , A5 A1 - - -

2 A2 , A3 , A4 , A5 A1 - - -

3 A2 , A3 , A4 , A5 R - A1 -

4 A3 , A4 , A5 A2 - A1 -

5 A3 , A4 , A5 A2 - - A1
6 A3 , A4 , A5 A2 - - A1
7 A3 , A4 , A5 R - A2 A1
8 A4 , A5 A3 - - A1 , A2
9 A4 , A5 R - A3 A1 , A2
10 A5 A4 - A3 A1 , A2
11 A5 R A4 A3 A1 , A2
12 - A5 - A4 A1 , A2 , A3
13 - A5 - - A1 , A2 , A3 , A4
14 - A5 - - A1 , A2 , A3 , A4
- - - A5 A1 , A2 , A3 , A4
15
- - - - A1 ,..., A5

Die Gesamtdurchlaufzeit beträgt 15 Zeiteinheiten, die Rüstzeit auf Maschine 1


4 Zeiteinheiten. Eine Gegenüberstellung der beiden Ergebnisse ist in der folgen-
den Tabelle zu finden. Die Verkürzung der Durchlaufzeit ist hier auf die Einspa-
rung von Rüstzeit zurückzuführen, ggf. sind zusätzlich notwendige Rüstvorgänge
zu Beginn der Produktion zu beachten.

Heuristik Gesamte Durchlaufzeit Rüstzeit


Kürzeste Bearbeitungszeit 20 ZE 9 ZE

Geringste Rüstzeit 15 ZE 4 ZE
Simulation 385

8.7.2 Stochastische Simulation

7.2.1
Das Problem lässt sich mittels Zustandsbaum, dieser entspricht einem Entschei-
dungsbaum ohne Handlungsalternative, strukturieren.

1.Stufe 0,5 2.Stufe 0,6 3.Stufe 0,75 Erfolg


1 2
0, 3 4

0,

0,
5

25
M
M

M
iss
iss

iss
er
er

er
fo
fo

fo
lg
lg

lg
a) Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Markteinführung errechnet sich aus
dem Produkt der Wahrscheinlichkeiten für den erfolgreichen Abschluss aller
Stufen, also: 0, 5 ⋅ 0, 6 ⋅ 0, 75 = 0, 225 = 22, 5%
b) Die Transformationsfunktionen lauten wie folgt:
⎧Stufe1positiv für 0 ≤ u ≤ 0,5
T1 (u ) = ⎨
⎩Stufe1negativ für 0,5 < u ≤1
T2 (u ) = 54.000 + 12.000 u
⎧Stufe 2 positiv für 0 ≤ u ≤ 0, 6
T3 (u ) = ⎨
⎩Stufe 2 negativ für 0, 6 < u ≤ 1
T4 (u ) = 60.000 + 40.000 u
⎧Stufe 3erfolgreich für 0 ≤ u ≤ 0, 75
T5 (u ) = ⎨
⎩Stufe 3negativ für 0, 75 < u ≤ 1
T6 (u ) = 337.500 + 225.000 u

Unter Verwendung der vorgegebenen Zufallszahlen werden die Transformatio-


nen einzeln durchgeführt und liefern folgende Teilergebnisse für zwei Simulati-
onsläufe:
T1 (0,3) = Stufe1positiv T1 (0,5) = Stufe1positiv
T2 (0, 7) = 62.400 € T2 (0, 2) = 56.400 €
T3 (0, 6) = Stufe 2 positiv T3 (0,9) = Stufe 2 negativ ⇒ Abbruch
T4 (0,1) = 64.000 €
T5 (0, 4) = Stufe 3positiv
T6 (0,8) = 517.500 €
386 Lösungen

Im ersten Fall resultiert eine Wertsteigerung von insgesamt 643.900 €, im zwei-


ten von 56.400 €. Durch viele derartige Simulationsläufe ließe sich die Vertei-
lungsfunktion für die Wertsteigerung ausreichend genau ermitteln.

7.2.2
Der folgende lineare Kongruenzgenerator wird hier beispielhaft gewählt:
xi +1 = (5 ⋅ xi + 3) mod 16

Mit Startwert x0 = 4 errechnet man folgende Pseudozufallszahlenfolge:


x1 = ( 5 ⋅ 4 + 3) mod 16 = 7
x2 = ( 5 ⋅ 7 + 3) mod 16 = 6
x3 = ( 5 ⋅ 6 + 3) mod 16 = 1
x4 = ( 5 ⋅1 + 3) mod 16 = 8
x5 = ( 5 ⋅ 8 + 3) mod 16 = 11
x6 = ( 5 ⋅11 + 3) mod 16 = 10

Nach Division durch 15 erhält man die Pseudozufallszahlen in [ 0;1] : 7 ; 6 ;


15 15
1 ; 8 ; 11 ; 10 .
15 15 15 15
Folgende Transformationsfunktionen sind zur Erzeugung von Realisationen
gemäß den gewünschten Verteilungen geeignet:
⎧Treffer im Katalog für 0 ≤ u ≤ 0,8
T1 (u ) = ⎨
⎩kein Treffer für 0,8 < u ≤ 1
⎧Buch in Fakultätsbibliothek für 0 ≤ u ≤ 0, 4

T2 (u ) = ⎨Buch in Universitätsbibliothek für 0,4 < u ≤ 0,5
⎪Buch auswärts für 0,5 < u ≤1

⎧Buch verfügbar für 0 ≤ u ≤ 0, 6

T3 (u ) = ⎨Buch entliehen für 0,6 < u ≤ 0,95
⎪Buch vermisst für 0,95 < u ≤1

T1 (715) = Treffer im Katalog
T2 ( 615) = Buch in Fakultätsbibliothek
T3 ( 115) = Buch verfügbar
T1 ( 815) = Treffer im Katalog
T2 (1115) = Buch auswärts
T3 (1015) = Buch entliehen
Simulation 387

Aufgrund der zwei Simulationsläufe ergibt sich eine mittlere Wahrscheinlich-


keit von 0,5, das Buch in der Fakultätsbibliothek zu erhalten.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Buch in der Fakultätsbibliothek verfügbar ist,
ergibt sich analytisch aus dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten zu
0,8 ⋅ 0, 4 ⋅ 0, 6 = 0,192 = 19, 2 % . Dieser Wert ist richtig und schnell zu ermitteln,
während die Simulation für ein relativ präzises Ergebnis aufwändig wird. Sie ist
für komplexere Situationen besser geeignet, für die die analytische Berechnung
nicht so einfach möglich ist.

7.2.3
Entsprechend der Aufgabe 7.2.2 werden die sechs Zufallszahlen 715 ; 615 ; 1 ;
15
8 ; 11 ; 10
15 15 15 ermittelt.
Die Transformationsfunktion zur Ermittlung der Fahrgastzahlen lautet:

⎧50 für 0 ≤ u ≤ 0, 2 bzw.


⎪51 für 0, 2 < u ≤ 0, 4 T (u ) = 50 + 5u
⎪⎪ mit entsprechender Rundung.
T (u ) = ⎨52 für 0, 4 < u ≤ 0, 6
⎪53 für 0, 6 < u ≤ 0,8

⎪⎩54 für 0,8 < u ≤ 1

Für die Zufallszahlenfolge resultieren die Werte T (715) = 52 , T (615) = 51 ,


T ( 115) = 50 , T (815) = 52 , T (1115) = 53 , T (1015) = 53 .
Um 12.13 h treffen Fahrgäste mit dem RE 1 aus Bielefeld ein. Sie sparen durch
den Metrorapid 57 - 39 = 18 Minuten Fahrzeit, müssen jedoch umsteigen und
benötigen zusätzlich 7 Minuten bis zur Abfahrt des Metrorapid. Die tatsächliche
Zeitersparnis beträgt somit 11 Minuten. Für Fahrgäste des IR 20 aus Erfurt ergibt
sich eine Zeitersparnis von 18 Minuten Fahrzeit minus 11 Minuten Wartezeit,
also 7 Minuten. Fahrgäste des RE 11 aus Bielefeld sparen 18 Minuten abzüglich
5 Minuten, also 13 Minuten. Der Zeitgewinn pro Tag wird durch 2 Simulations-
läufe mit den Realisationen der Kundenzahlen ermittelt:

1. Lauf 2. Lauf
Kunden Ersparnis Kunden Ersparnis
RE 1 52 572 52 572
IR 20 51 357 53 371
RE 11 50 650 53 689

Die untersuchte Anzahl an Fahrgästen beträgt 311, insgesamt wurde ein Zeit-
gewinn von 3211 Minuten beobachtet. Dies ergibt einen durchschnittlichen Zeit-
gewinn je Fahrgast von 10,32 Minuten.
388 Lösungen

7.2.4

Die minimale Dauer wird erreicht, wenn sämtliche Vorgänge minimale Vorgangs-
dauern aufweisen. Sie beträgt 5 = min {2 + 3, 5} .
Die maximale Dauer ist 7 = max {3 + 4, 6} Zeiteinheiten. Sie wird angenom-
men, wenn alle Vorgänge ihre maximale Vorgangsdauer benötigen.
Mit den entsprechenden Transformationsfunktionen für

[ a, b ]: g ( u ) = a + ( b − a ) ⋅ u
und der angegebenen Zufallszahlenfolge erhält man für die erste Simulation der
Projektdauer d1 = 2, 4 , d 2 = 3, 7 und d3 = 5,5 . Die Projektdauer ist hierfür 6,1.

d1 ∈[ 2,3] d 2 ∈[3, 4 ]

d 3 ∈[5, 6 ]

Mit einem beobachteten Mittelwert von 6,12 und einer Standardabweichung


von 0,2 kann das Konfidenzintervall für das Vertrauensniveau von 95 % angenä-
hert angegeben werden durch die Grenzen

6,12 ± 1,96 ⋅ 0,2 100


≈ 6,12 ± 0,04.

Da die maximale Abweichung nur 0,01 betragen soll, ist die Zahl der Simulati-
onsläufe zu ermitteln, für die gilt:

( )
2
1,96 ⋅ 0,2 n ≤ 0,01 ⇔ n ≥ 1,96 ⋅ 0,2 0,01 ≈ 1.537
Damit sind zur Einhaltung der vorgegebenen Genauigkeit 1.537 Simulations-
läufe durchzuführen, also weitere 1.437.

7.2.5
Zunächst ist ein geeignetes Zeitintervall festzulegen, welches konsequent einzu-
halten ist. Unabhängig von dieser Wahl erhält man dann die zutreffenden Ergeb-
nisse. Die Verkehrsdichte wird hier bezogen auf einen Tag:
mittlere Anzahl ankommender Züge λ
ρ = =
Anzahl von Zügen, die im Mittel abgefertigt werden können μ
24
15 1, 6
= = = 0,8
24 2
12
Simulation 389

Die mittlere Wartezeit ergibt sich zu


ρ 0,8
tw = = =2 [Tag / Zug] .
μ (1 − ρ ) 2 ⋅ 0, 2
Die mittlere Schlangenlänge ist

ρ2 0,82 0,64
ns = = = = 3, 2.
1 − ρ 0, 2 0, 2
Im Mittel wartet jeder Zug zwei Tage, dazu bildet sich eine Warteschlange mit
im Durchschnitt 3,2 Zügen. Die Kosten pro Zug, die aufgrund der Wartezeit
anfallen, betragen 250 GE pro Stunde. Da die mittlere Wartezeit 2 Tage bzw. 48
Stunden beträgt, sind die Opportunitätskosten der durchschnittlichen Wartezeit
48 ⋅ 250 = 12.000 GE pro Zug.

7.2.6
Die Auslastung entspricht der Verkehrsdichte und beträgt bezogen auf je 10
Minuten:
λ 1,5
ρ= = = 0, 75 = 75%
μ 2
Die mittlere Schlangenlänge ist

ρ2 0, 752
ns = = = 2, 25.
1 − ρ 0, 25
Die durchschnittliche Wartezeit errechnet sich zu
ρ 0, 75 ⎡10Minuten Person ⎤
tw = = = 1,5 ⎣ ⎦
μ (1 − ρ ) 2 ⋅ 0, 25
= 15 ⎡⎣ Minuten Person ⎤⎦ .

Der Schalter ist zu 75 % ausgelastet. Im Mittel stehen 2,25 Bürger in der


Schlange vor dem Schalter. Die durchschnittliche Wartezeit pro Bürger beträgt 15
Minuten.

7.2.7
Die Verkehrsdichte und damit die Auslastung der Fleischfachverkäuferin werden
auf Basis der durchschnittlichen Ankünfte und Bedienung je Stunde ermittelt:
λ 12
ρ= = = 0, 6 = 60%
μ 20
390 Lösungen

Die Verkäuferin ist 1 − 0, 6 = 0, 4 = 40% der Zeit unbeschäftigt.


Die mittlere Schlangenlänge errechnet sich zu

ρ2 0, 62
ns = = = 0,9.
1 − ρ 0, 4
Die mittlere Wartezeit beträgt
ρ 0, 6
tw = = = 0,075 ⎡⎣Std. Person ⎤⎦
μ (1 − ρ ) 20 ⋅ 0, 4
= 4,5 ⎡⎣ Min. Person ⎤⎦ .

Im Mittel stehen 0,9 Kunden in der Schlange und warten dort durchschnittlich
4,5 Minuten.

7.2.8
Der Mittelwert der beobachteten Kapitalwerte kann aufgrund des zentralen Grenz-
( )
wertsatzes als annähernd normalverteilt NV 350, 452 angenommen werden. Da
die Stichprobe mit 400 ausreichend groß ist, kann das Konfidenzintervall mit der
geschätzten Standardabweichung und dem Fraktil der Normalverteilung bestimmt
werden. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % liegt der Erwartungswert in dem
Konfidenzintervall

⎡ σ σ ⎤
⎢ μ − Φ ( 0,975) ⋅ n , μ + Φ ( 0,975) ⋅ n ⎥ .
−1 −1

⎣ ⎦
Für die konkreten Werte und mit Φ −1 ( 0, 975 ) = 1, 96 ergibt sich mit
⎡ 45 45 ⎤
⎢350 − 1,96 ⋅ , 350 + 1,96 ⋅ ⎥
⎣ 400 400 ⎦

das Konfidenzintervall zu [345,59; 354, 41] .


In diesem Bereich wird der Erwartungswert des Kapitalwertes mit 95 %iger
Wahrscheinlichkeit liegen. Die Abweichung von 350 beträgt somit 4,41, also etwa
1,2 %. Daher sind weitere Simulationsläufe erforderlich, um eine Abweichung
unter 1 %, d. h. 3,5, zu erzielen. Für deren Anzahl n muss gelten:
2
45 ⎛ 1,96 ⋅ 45 ⎞
1,96 ⋅ ≤ 3,5 ⇔ n ≥ ⎜ ⎟ ≈ 635
n ⎝ 3,5 ⎠
Also sind zusätzlich zu den bisherigen 400 noch weitere 235 Simulationsläufe
durchzuführen.
Simulation 391

Das Konfidenzintervall, in dem mit Wahrscheinlichkeit 99 % der Erwartungs-


wert des Kapitalwertes liegt, wird über Φ −1 ( 0, 995 ) = 2, 58 ermittelt zu
[344,195; 355,805] . Also beträgt die Abweichung von 350 jetzt 5,8, also 1,66 %.
Um auch mit 99 %iger Wahrscheinlichkeit eine Abweichung vom erwarteten
Kapitalwert von 1 % zu ermitteln, sind insgesamt 1100, also 700 weitere Simula-
tionsläufe notwendig, wie der folgende Zusammenhang zeigt:
2
⎛ 2,58 ⋅ 45 ⎞
n≥⎜ ⎟ ≈ 1100 .
⎝ 3,5 ⎠
Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1. Problemlösungsprozess ........................................................................2


Abb. 1.2. Modelle strukturiert nach ihrem Zweck ...............................................4
Abb. 1.3. Beschreibungsmodell Standortplan ......................................................4
Abb. 1.4. Beschreibungsmodell Inventar .............................................................5
Abb. 1.5. Homomorphismus ................................................................................6
Abb. 1.6. Struktogramm Prüfungstraining .........................................................11
Abb. 1.7. Klassifikation von Entscheidungssituationen.....................................22
Abb. 2.1. Derzeitige Anlagenbelegung Optima .................................................35
Abb. 2.2. Zulässigkeitsbereich Optima ..............................................................37
Abb. 2.3. Optimale Anlagenbelegung Optima ...................................................43
Abb. 2.4. Abgeschlossene, konvexe Polyeder....................................................46
Abb. 2.5. Unbeschränkter Zulässigkeitsbereich.................................................61
Abb. 2.6. Optima II: mehrere optimale Lösungen..............................................63
Abb. 2.7. Zulässigkeitsbereich Optima III .........................................................66
Abb. 2.8. Zulässigkeitsbereich Optima IV .........................................................69
Abb. 2.9. Zulässigkeitsbereich Beispiel Landwirtschaft ....................................74
Abb. 3.1. Zulässigkeitsbereich Optima V ..........................................................78
Abb. 3.2. Zulässigkeitsbereich Hilfsmodell Optima V ......................................80
Abb. 3.3. Zulässigkeitsbereich Beispiel 3.2 .......................................................94
Abb. 4.1. Eingabemaske Optima Produktionsprogramm .................................125
Abb. 4.2. Erweiterte Ergebnisanzeige..............................................................126
Abb. 4.3. Kosten für OptiMasch AG ...............................................................130
Abb. 4.4. Ergebnisausgabe Supply Chain Management ..................................133
Abb. 4.5. Beispiel Feuerwehrwachen...............................................................134
Abb. 4.6. Optimale Verteilung der Feuerwehrwachen.....................................137
Abb. 4.7. Kosten der MaschBau AG................................................................139
Abb. 4.8. Optimales Investitions- und Finanzierungsprogramm......................149
Abb. 4.9. Optimales Endtableau Investition und Finanzierung (gerundet) ......153
Abb. 4.10. Flugpreis und Nachfrage ..................................................................159
Abb. 4.11. Projekt-Programm Struktur ..............................................................168
Abb. 5.1. Beispiel Autobahnnetz NRW ...........................................................174
Abb. 5.2. Alternative Darstellung des Beispiels Autobahnnetz NRW .............175
Abb. 5.3. Ungerichteter Graph G1 ....................................................................176
394 Abbildungsverzeichnis

Abb. 5.4. Gerichteter Graph G2........................................................................177


Abb. 5.5. Parallelität ........................................................................................179
Abb. 5.6. Graph G3 als Modell von Kommunikationsbeziehungen .................180
Abb. 5.7. Eigentümerstruktur der Bankgesellschaft Zentral ............................181
Abb. 5.8. Beispiel eines vollständigen Graphen mit 4 Knoten ........................181
Abb. 5.9. Beispiel eines symmetrischen Graphen mit 5 Knoten......................181
Abb. 5.10. Symmetrischer gerichteter Graph Autobahnnetz NRW ...................182
Abb. 5.11. Ungerichteter Graph G4 mit Kreis....................................................183
Abb. 5.12. Digraph G5 mit Zyklus .....................................................................184
Abb. 5.13. Verschiedene Darstellungen desselben Baums ................................185
Abb. 5.14. Wurzelbaum mit Wurzel 1 ...............................................................186
Abb. 5.15. Eigentümerstruktur als gerichteter Graph ........................................188
Abb. 5.16. Bewerteter ungerichteter Graph Autobahnnetz NRW......................195
Abb. 5.17. Netzwerk ..........................................................................................196
Abb. 5.18. Bewerteter Graph G9 ........................................................................199
Abb. 5.19. Schrittweiser Aufbau eines Baums für Graph G9 .............................201
Abb. 5.20. Autobahnnetz NRW mit Fahrtdauern in Minuten ............................202
Abb. 5.21. Graph G10 .........................................................................................204
u
Abb. 5.22. Modifizierter Graph G10 ..................................................................204
Abb. 6.1. Beispielhafter Netzplan ....................................................................210
Abb. 6.2. Vorgangspfeilnetzplan 1 Klausurtraining.........................................212
Abb. 6.3. Vorgangspfeilnetzplan 2 Klausurtraining.........................................213
Abb. 6.4. Vorgangsknotennetzplan 1 Klausurtraining .....................................213
Abb. 6.5. Vorgangsknotennetzplan 2 Klausurtraining .....................................214
Abb. 6.6. Vorgangsknotennetzplan Uni-Party .................................................218
Abb. 6.7. Vorgangspfeilnetzplan Uni-Party.....................................................218
Abb. 6.8. Frühestmögliche Ereigniszeitpunkte Projekt 1.................................223
Abb. 6.9. Spätestzulässige Ereigniszeitpunkte Projekt 1 .................................224
Abb. 6.10. Projekt 1, Gantt-Diagramm, Vorgänge möglichst früh ....................226
Abb. 6.11. Projekt 1, Gantt-Diagramm, Vorgänge möglichst spät ....................226
Abb. 6.12. Bewerteter Vorgangsknotennetzplan Projekt 1 ................................228
Abb. 6.13. Projekt 1 mit frühestem und spätestem Vorgangsanfang .................229
Abb. 6.14. Vorgangspfeilnetzplan Projekt 1 mit kritischem Weg .....................230
Abb. 6.15. Pufferzeiten und Lage der Vorgänge................................................232
Abb. 6.16. Gantt-Diagramm mit Gesamtpuffern zu Projekt 1 ...........................233
Abb. 6.17. Vorgangspfeilnetzplan, Uni-Party....................................................235
Abb. 6.18. Ausschnitt des Gantt-Diagramms Uni-Party ....................................236
Abb. 6.19. Netzplan zu Projekt 2 .......................................................................237
Abb. 6.20. Kritischer Weg für Projekt 1 im Vorgangsknotennetzplan ..............239
Abb. 6.21. Vorgangsknotennetzplan für Projekt 2.............................................240
Abb. 6.22. Kapazitätsbedarf bei frühestem Beginn der Vorgänge Projekt 1 .....244
Abb. 6.23. Kapazitätsbedarf bei spätestem Beginn der Vorgänge Projekt 1......245
Abb. 6.24. Gantt-Diagramm zur Reduzierung der Zeit mit Spitzenbedarf ........245
Abbildungsverzeichnis 395

Abb. 6.25. Kapazitätsbedarf zu Gantt-Diagramm in Abb. 6.24 .........................246


Abb. 6.26. Zusammenhang zwischen Projektkosten und Projektdauer..............247
Abb. 6.27. Projekt 3 mit Normaldauer ...............................................................248
Abb. 6.28. Projekt 3 mit Minimaldauer .............................................................249
Abb. 6.29. Projekt 3 reduziert auf Dauer 7 ........................................................249
Abb. 6.30. Projekt 3 reduziert auf Dauer 5 ........................................................250
Abb. 6.31. Projekt 3 reduziert auf Dauer 4 ........................................................250
Abb. 6.32. Zusammenhang zwischen Projektdauer und Kosten ........................251
Abb. 7.1. Modellklassifikation.........................................................................255
Abb. 7.2. Produktionsbereich als offenes, dynamisches System......................257
Abb. 7.3. Auftragsdurchlauf.............................................................................259
Abb. 7.4. Maschinenbelegung, Reihenfolge gemäß Nummerierung................261
Abb. 7.5. Lagerbestand im zeitlichen Ablauf...................................................261
Abb. 7.6. Maschinenbelegung, „KOZ“-Reihenfolge auf 1. Maschine.............263
Abb. 7.7. Maschinenbelegung „Kürzeste Gesamtbearbeitungszeit“ ................264
Abb. 7.8. Optimale Maschinenbelegung ..........................................................264
Abb. 7.9. Auftragseinlastung ...........................................................................265
Abb. 7.10. Produktionssystem eines Unternehmens ..........................................267
Abb. 7.11. Warteschlangensystem .....................................................................274
Abb. 7.12. Diskrete Gleichverteilung Zwischenankunftszeit.............................275
Abb. 7.13. Diskrete Gleichverteilung Bediendauer............................................275
Abb. 7.14. Zeitorientierte Ablaufsteuerung........................................................278
Abb. 7.15. Ereignisorientierte Ablaufsteuerung.................................................278
Abb. 7.16. Feste Elemente des Postschalter-Systems ........................................279
Abb. 7.17. Diskrete Gleichverteilung Würfeln ..................................................284
Abb. 7.18. Unregelmäßige diskrete Zufallsvariable...........................................284
Abb. 7.19. Direkte Transformation von Zufallszahlen.......................................286
Abb. 7.20. Gleichverteilung in [a, b] .................................................................287
Abb. 7.21. Dichtefunktionen von Normalverteilungen ......................................288
Abb. 7.22. Standardnormalverteilung ................................................................288
Abb. 7.23. Exponentialverteilungen mit λ = 3 bzw. λ = 6 ..................................290
Abb. 7.24. Risikoprofil eines Investitionsvorhabens..........................................297
Abb. 7.25. Risikoprofil I1 nach 10 Simulationsläufen........................................299
Abb. 8.1. Optimale Waschpulverproduktion....................................................336
Abb. 8.2. Ergebnisausgabe Supply Chain Management ..................................339
Abb. 8.3. Balkendiagramm, früheste Anfangstermine .....................................372
Abb. 8.4. Kapazitätsbedarf Aufg. 6.3.1 bei frühesten Zeitpunkten ..................372
Abb. 8.5. Balkendiagramm, späteste Anfangstermine .....................................373
Abb. 8.6. Kapazitätsbedarf Aufg. 6.3.1 bei spätesten Zeitpunkten ..................373
Abb. 8.7. Kapazitätsbedarf Aufg. 6.3.1 bei drei Personen ...............................373
Abb. 8.8. Balkendiagramm bei Beschränkung auf drei Personen ....................374
Abb. 8.9. Balkendiagramm mit Personalzuordnung ........................................374
Abb. 8.10. Personalzuordnung unter Berücksichtigung des Praktikums............375
Tabellenverzeichnis

Tabelle 1.1. Ergebnisse des Würfelbeispiels ......................................................17


Tabelle 1.2. Grundmodell der Entscheidungstheorie..........................................19
Tabelle 1.3. Ergebnismatrix Wochenhändler......................................................20
Tabelle 1.4. Entscheidungsmatrix Wochenhändler.............................................20
Tabelle 1.5. Vollkommene Alternativenstellung Anlagen..................................22
Tabelle 1.6. Investitionsalternativen ...................................................................28
Tabelle 2.1. Produktionskoeffizienten Optima ...................................................34
Tabelle 3.1. Maßnahmen zur Modellmodifikation .............................................96
Tabelle 4.1. Kapazität der Werke und Lager ....................................................131
Tabelle 4.2. Nachfrage in den Kundengebieten ................................................131
Tabelle 4.3. Standorte, von denen aus i innerhalb der Frist erreichbar ist ........135
Tabelle 4.4. Ergänzungsinvestitionen I1 ..........................................................143
Tabelle 4.5. Ergänzungsinvestitionen I 2 ..........................................................145
Tabelle 4.6. Zahlungsreihen der Investitionen I1 bis I 3 ..................................146
Tabelle 4.7. Kennzahlen bei unterschiedlichem Soll- und Habenzins ..............146
Tabelle 4.8. Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten .............................147
Tabelle 4.9. Verfügbare Mittel Optima.............................................................151
Tabelle 4.10. Investitions- und Finanzierungsmöglichkeiten Optima ................152
Tabelle 4.11. Preise und Nachfragen ..................................................................159
Tabelle 4.12. Optimale Sitzplatzkontingente ......................................................160
Tabelle 5.1. Iterationen des Algorithmus von Dijkstra für den Graphen G9 .....200
Tabelle 5.2. Kürzeste Wege und kürzeste Entfernungen ..................................201
Tabelle 5.3. Dijkstra-Iterationen Beispiel Entfernungen NRW ........................203
Tabelle 5.4. Kürzeste Wege und Entfernungen von Bochum aus.....................203
Tabelle 5.5. Dijkstra-Tableau ...........................................................................204
u
Tabelle 5.6. Entfernungen von Knoten 1 aus für Graph G10 ............................205
Tabelle 5.7. Entfernungen zu Knoten 1 hin für Graph G10 ...............................205
Tabelle 6.1. Vorgangsliste Klausurtraining ......................................................212
Tabelle 6.2. Vorgangsliste Uni-Party................................................................217
Tabelle 6.3. Charakteristische Vorgangszeiten Projekt 1 .................................225
Tabelle 6.4. Vorgangspuffer Projekt 1..............................................................233
Tabelle 6.5. Vorgangsdauern Uni-Party ...........................................................235
Tabelle 6.6. Charakteristische Vorgangszeiten und Puffer Projekt 2................238
398 Tabellenverzeichnis

Tabelle 6.7. Zusammenhang der Vorgangsbezeichnungen Projekt 2 ...............240


Tabelle 6.8. Minimaldauern und MBK Projekt 3 .............................................248
Tabelle 6.9. Vorgangsliste Uni-Party ...............................................................253
Tabelle 7.1. Auftragsbearbeitungsdauern .........................................................259
Tabelle 7.2. Simulation der Auftragsbearbeitung .............................................260
Tabelle 7.3. Simulation des Postschalters.........................................................276
Tabelle 7.4. Verteilungsfunktion Φ der Standardnormalverteilung ................289
Tabelle 7.5. Generierte Zahlungsfolgen und Kapitalwerte ...............................298
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Sachverzeichnis

Auswahlordnung 274
A Auszahlung 88
Abbruch 10
B
Abfertigungsrate 294
Abhängigkeitsbeziehung 216, 241 Balkendiagramm 225
Ablaufplan Barbestand 150
optimaler 246 Barwert 143
Ablaufsteuerung 278 Basis 39, 50
ereignisorientierte 278 zulässige 51
zeitorientierte 278 Basisdarstellung 68
Absatzhöchstmenge 128 Basisinverse
Absatzrestriktion 128 optimale 111
adjazent 177 Basislösung 39, 52
Adjazenzmatrix 186, 187, 195, 213 benachbarte 54
Algorithmus 9, 223, 224, 228, 229 erste zulässige 82
Alternative 10, 21 optimale 55
Alternativenraum 21 zulässige 52, 54, 84
Anfangsknoten 178 Basistausch 56
Anfangszeit Basistransformation 41
frühestmögliche 225, 228 Basisvariable 39
spätestzulässige 225, 229 Basiswechsel 112
Ankunftsprozess 294 Baum 185
Ankunftsrate 294 Baumalgorithmus 201
Ankunftsverhalten 274, 291 Bedienprozess 294
Anlagenbelegungsplanung 259, 266 Beschleunigungskosten 248
Annuität 143 Beschreibungsmodell 3
Anordnungsbeziehung 210 Besetzungsdichte 281
Anweisung 10 Bewertungsfunktion 25, 194
Äquivalenzklasse 6, 7 Bewertungsmatrix 194, 197
Artenpräferenz 25 Beziehung 256
Attribut 24 Blatt 185
Aufnahmekriterium 40, 55
Auftragseinlastung 264 C
Ausgangsbasis 39
Ausgangsform ClipMOPS® 125, 149
kanonische 152 Activity 125
Ausgangsgrad 178 Status 126
Ausgangslösung CPM 211
zulässige 77
Auslastung 277
408 Sachverzeichnis

D Entscheidungsmodell 3, 5
Entscheidungsregel 25
Dantzig 54 Entscheidungssituation 22, 262
Deckungsbeitrag 33, 99, 128, 137, 164 unter Risiko 22
gesamter 128 unter Sicherheit 22, 109
relativer 34, 100 Entscheidungstheorie 16, 18
Dichtefunktion 286 deskriptive 16
Digraph 179, 210 präskriptive 16
bewerteter 197 Entscheidungsträger 16
Dijkstra 197 Entscheidungsunterstützung 1, 173
Dilemma der Ablaufplanung 266 Entscheidungsvariable 131, 151
Dominanzprinzip 27 Entscheidungsverhalten 16
Dreiecksmatrix Enumeration
obere 188 vollständige 8, 263
Dualität 102 Ereignis 210, 258, 279
Dualvariable 103 endogenes 258
exogenes 258
E kritisches 230
Ecke 66, 175 Ereignisknotennetzplan 211
des Polyeders 54 Ereigniszeitpunkt
des Zulässigkeitsbereichs 37 frühestmöglicher 223, 242
Effizienz 11, 27 spätestzulässiger 224, 242
Eingabedaten 125 Ergebnis 17, 24
Eingangsgrad 178 Ergebnisanzeige
Einheitsmatrix 39, 50 erweiterte 125
Einzahlungsüberschuss 141 Ergebnismatrix 19
Element 256 Ergebnisraum 24
bewegliches 278 Erklärungsmodell 3
festes 278 Erlös 33
Elimination 56 Erlösmaximierung 158
Eliminationskriterium 41, 56, 67 Erreichbarkeit 185
Ende 218 Erwartungswert 285, 287
Endknoten 178, 185 Experiment 256
Endkunde 130 Exponentialverteilung 290, 293
Endtableau
optimales 43, 87, 107, 110 F
Endtermin Fallmix-Optimierung 163
frühestmöglicher 225, 229 Feuerwehr 133
spätestzulässiger 225, 229 Finanzierungsmaßnahme 142
Endvermögen 155 Fixkostenanteil 158
Endwert 143, 149 Flexibilitätsreserve 230, 238
Engpass 37 Fluss
Entartung maximaler 251
duale 66, 311 Flussdiagramm 9
primale 56, 68, 71, 310 Folge 10
Entfernung 196 Form
Entfernungsmatrix 197 kanonische 50, 79, 84
Entscheidung Freiheitsgrad 292
optimale 25, 262
Entscheidungslogik 16
Entscheidungsmatrix 19, 26
Sachverzeichnis 409

G Investition 141
Investitions- und
Gantt-Diagramm 225, 242 Finanzierungsprogramm 147
Gesamtdeckungsbeitrag 34, 129 Investitionsprojekt 296
Gesamtdurchlaufzeit 259, 271 Investitionsrechnung
Gesetz der großen Zahl 291 dynamische 141
Gleichgewicht inzident 177
finanzielles 148, 151 negativ 178
Gleichheitsrestriktion 108 positiv 178
Gleichungssystem Inzidenzabbildung 174, 175, 176
äquivalentes 47, 79 isoliert 178
Gleichverteilung 281 Isomorphismus 6, 7, 184
stetige 286 Isozielfunktionslinie 36, 64
Glockenkurve 288 Iteration 58, 124, 198, 199
Grad 178
Graph 174
bewerteter 194 K
endlicher 178 Kalkulationszinssatz 141
gerichteter 176, 177, 178 Kante 174, 175
kreisfreier 182 gerichtete 176
schlichter 179 parallele 179
symmetrischer 181 Kantenfolge 182
ungerichteter 175, 177 geschlossene 182
vollständiger 181 Länge 196
zusammenhängender 185 offene 182
zyklenfreier 183 Kapazität 116, 128
Grenzwertsatz freie 37
zentraler 291 Kapazitätenvektor 45
Groß-M-Methode 87 Kapazitätsauslastung 268
Grundform 103 Kapazitätsbedarfsanalyse 244
Grundmodell 18, 54, 72, 96 Kapazitätsplanung 244
der linearen Optimierung 44, 45 Kapazitätsrestriktion 129
Kapitalwert 141, 167, 296
H Kassenbestand 150
Kette 182
Habenzins 145 Knoten 134, 174, 175, 176
Halbraum 46 benachbarte 177
Handlungsalternative 16, 151, 262 verbundene 185
Heuristik 9, 263, 273 Knotenpaar 176
Hilfsmodell 79, 80, 84 Koeffizientenmatrix 45
Hilfsvariable 79, 84, 152 Komplementaritätsbedingung 106
Hilfszielfunktion 84 Komplexität 11
Höhenpräferenz 25 Konfidenzintervall 291
Homomorphismus 6 Konfidenzniveau 292
Kongruenzgenerator
I linearer 280
Index 45 Kontrolle 2
Indifferenz 24 Kosten 88, 132, 163
Information 17 fixe 33
Initialisierung 199 variable 33
Intervallschätzung 291 Kostenanteil
410 Sachverzeichnis

variabler 158 analytische 293


Kostenplanung 244 graphentheoretische 209
Kredit 147 Groß-M- 79
Kreis 182 MILP-Software 160
Kreisregel 57 Minimalbestand 241
Kriteriumswert 55 Minimaldauer 247
Kuppelprodukte 97 Minimierung 90
Kürzeste-Wege-Algorithmus 197 Minimierungsmodell 91
duales 103
L Minimierungszielfunktion 90
Minimumprinzip 1
Lagerbestand 268 Modell 3, 255
Lagerbilanzgleichung 129 diskretes 258
Lagerhaltung 128 duales 105
Lagerkapazitätsbedarf 129 kontinuierliches 258
Lagerkosten 129 mehrperiodisches 128
Landau-Symbol 12 mehrstufiges 128
Laufzeit 12, 141 primales 105
maximale 12 stetiges 258
Leerzeit 294 stochastisches 273
Liefertermine 271 Modelldynamik 278
Logistiknetzwerk 130 Modellierungssprache 127
Lösung Modellmodifikation 89
einzige 71 Modulo-Funktion 280
einzige optimale 66 MPM-Netzplan 211
erste zulässige 79 MPS-Format 125
keine zulässige 79
mehrere optimale 63
N
optimale 8, 36, 55, 71, 112
zulässige 36, 46, 106 Nachbar 135, 177, 189
Lösungsraum 46, 317 Nachbarschaftsliste 135
beschränkt 46 Nachfolger 178
unbeschränkt 46 direkter 189
Lösungsvektor 59, 65 Nachfolgerliste 189, 213
Nebenbedingung 45
M Netzplan 210
topologisch sortierter 223, 224, 228
Markierungsalgorithmus 198 Netzwerk 194
Markov-Prozess 294 Nichtbasisteil 50
Maschinenbelegung 259 Nichtbasisvariable 39
Matrix Nichtnegativitätsbedingung 36, 45, 90,
transponierte 103 92, 125, 151
Matrixdarstellung 38 Normaldauer 247
Maximalabstand 241 Normalform 49
Maximierungsmodell Normalverteilung 287
primales 103 Nutzen 262
Maximumprinzip 1 Nutzenfunktion 25
Menge der Nachbarn 178 kardinale 26
Menge der Vorgänger 178 ordinale 26
Mengendarstellung 213 Nutzenmatrix 26
Methode
2-Phasen- 84
Sachverzeichnis 411

O abgeschlossenes 46
konvexes 46
ökonomisches Prinzip 1 Polytop 54
O-Notation 12 portabel 282
Operations Research 1 Präferenz 24
Operationszeit 263 schwache 24
Opportunitätskosten 60, 89, 100, 102, strikte 24
105, 126 Präferenzfunktional 25
Optimalität 1 Präferenzinformation 18
der Basis 112 Preisdifferenzierung 158
Optimalitätskriterium 43, 55 Primalvariable 103
Optimierung 8, 262 Primfaktor 282
gemischt-ganzzahlige 265 Problemlösungsprozess 2
kombinatorische 265 Produktdifferenzierung 158
lineare 44 Produktionskoeffizient 33
parametrische 112 Produktionskosten 129
Optimierungsalgorithmus 9 Produktionsmenge 129
Optimierungsmodell Produktionsnetzwerk 130
binäres lineares 136 Produktionsplanung 139, 266
duales lineares 102 Produktionsprogramm
gemischt-ganzahliges lineares 131 optimales 35
lineares 152 Produktionsprogrammplanung 33, 125,
primales lineares 102 127
quadratisches 123 Produktionssystem 266
Prognosemodell 3
P Programmablaufplan 9
Parameter 131 Programmierung
Parametermodifikation 112 ganzzahlige 123
pareto-optimal 27 gemischt-ganzzahlige 123
Periodenlänge 281 lineare 44
periodisch 280 Programmierungsmodell
Personalbedarf 161, 253 lineares 46
Personaleinsatzplanung 161, 171 Projekt 209
PERT-Netzplan 211 Projektablauf 209
Pfad Projektanfang 217
kritischer 230, 234, 238 Projektauswahl 166
Pfeil 176 Projektbeginn 217
parallel 179 Projektdauer
Pfeilfolge 183, 196 kostenoptimale 247
geschlossene 183 Projektende 217
offene 183 frühestes 241
Pivotelement 41, 56, 57 Projektkostenoptimierung 246
Pivotisierung 56 Projektlaufzeit 143, 144
Pivotspalte 40, 56, 57 Projektmanagement 209
Pivotzeile 41, 56, 57 Projektplanung 209
Planung 1, 2, 222 Pseudozufallszahlen 279
standortübergreifende 130 Puffer
Planungshorizont 128 freier 231, 239
Planungszeitraum 150 freier Rückwärts- 232, 239
Poissonverteilung 290, 294 Gesamt- 231, 239
Polyeder Pfad- 234
412 Sachverzeichnis

unabhängiger 232, 239 Set Covering Location 134


Simplex 54
Q Simplexalgorithmus 37, 39, 44, 54, 72,
79, 90
Quelle 178, 210, 217 dualer 104
primaler 104
R revidierter 124
Simplextableau 40
rational 16
Simulation 255, 257
Realisation 277, 293
deterministische 257
Rechenaufwand 124, 201
diskrete 258
rechte Seite 45
dynamische 257
negative 90
Monte-Carlo 273
Variation 115
stetige 258
reduced cost 126
stochastische 257, 273
Relation 256
zeitorientierte 269
reproduzierbar 282
Simulationslauf 277
Restriktion 45, 47, 151
Software 123
≥ 77, 83, 84, 99, 103 Sohn 185
≤ 37, 103 Sollzins 145
= 77 Solver 127
bindende 47 Spalte 115
primale 103 Standardabweichung 285
Restriktionensystem 37 Standardform 49
Rettungswesen 133 Standardnormalverteilung 289
Revenue Management 158 Standardverteilung 282
Risiko 300 Standortplanung 133
Risikoanalyse 296 Steuerung 2, 222
risikoneutral 18 Stichprobe 277, 291
Risikopräferenz 25 stochastisch 24
Risikoprofil 296 Strafkosten 79
Struktogramm 9, 11, 72
S Struktur 174
Schattenpreis 60, 89, 102, 105, 109, 127 Strukturähnlichkeit 3, 5
Scheinvorgang 215 Strukturanalyse 211
Schlinge 178 Strukturgleichheit 3, 5, 7
Schlupfvariable 37, 47, 78, 152 Strukturvariable 37, 45, 126
primale 105 duale 103, 127
Schnitt primale 103
minimaler 251 Student-t-Verteilung 292
Schranke 124 subjektive Formalrationalität 16
obere 106, 124 Supply Chain Management 130
untere 124 Supply Chain Planning 130
Semikreis 184 System 256
Semipfeilfolge 183 diskretes 257
Semiweg 183 dynamisches 256
Senke 178, 210, 217 geschlossenes 256
Sensitivitätsanalyse 100, 109, 112, 153 kontinuierliches 257
Sequenz 10 offenes 256
Serviceeinrichtung 274 statisches 256
Servicezeit 274 Systemelement 256
Sachverzeichnis 413

Systemumgebung 256 kostenminimale 251


Szenario-Analyse 23 Verteilung 279, 282
Verteilungsfunktion 283, 286
T Vertrauenswahrscheinlichkeit 292
Vollständigkeit 25
Tableau 40, 52 Vorgang 210
aktuelles 55 kritischer 230, 241
Teil Vorgänger
negativer 93 unmittelbarer, direkter 178, 189
positiver 93 Vorgängerliste 189, 213, 220
Teilmatrix Vorgangsknotennetzplan 211, 220, 227,
nichtsinguläre 50 238
Terminabweichung 268 Vorgangsliste 212, 220
Tilgung 147 Vorgangspfeilnetzplan 211, 220, 222
topologisch sortiert 184 Vorgangszeitpunkt
Transformation 57, 285 charakteristischer 225
direkte 285
erlaubte 41, 49, 90
W
Transformationsfunktion 287, 300
Transitivität 25 Wahrscheinlichkeit 23
Transportplan 131 bedingte 23
Treppenfunktion 283 gemeinsame 23
Wahrscheinlichkeitsfunktion 283
U Warteschlange 274, 275, 295
Warteschlangensystem 274, 291, 293,
Umweltzustand 17, 22 294
unabhängig 24, 281 Warteverhalten 274
undominiert 27 Wartezeit 263, 295
Ungewissheit 22 Weg 183
Unsicherheit 22, 297 kritischer 230, 235, 238, 249
Unsicherheitspräferenz 25 kürzester 194
Unterlassungsalternative 21 Wertfunktion 26
Unternehmensforschung 1 Wiederholung 10
unvergleichbar 24 Wurzelbaum 185

V Z
Validierung 266 Zahlungsbereitschaft 158
Variable 36 Zahlungsreihe 141, 147, 151, 154
ganzzahlige 123 Zeitanalyse 222, 227, 235, 241
kontinuierliche 125 Zeitkomplexität 201
substituierte 124 zeitlich effizient 27
unbeschränkte 93, 108 Zeitpräferenz 25, 146
vorzeichenunbeschränkte 92 Zeitpunkt
Variablensubstitution 93 frühestmöglicher 222
Varianz 285, 287 spätestzulässiger 222, 224
Variation des Zielfunktionskoeffizienten Zeitreserve 231
113 Zeitspanne
Vater 185 maximal verfügbare 230
Verarbeitung 10 Ziel 17, 24
Verkehrsdichte 294 Zielfunktion 45
Verkürzung 249 unbeschränkte 106
414 Sachverzeichnis

Zielfunktionskoeffizient 45, 105 Zufallszahlenfolge 279


Zielfunktionsverbesserung Zulässigkeit
unbeschränkte 317 duale 112
Zielfunktionswert primale 112
unbeschränkter 60 Zulässigkeitsbereich 37, 46, 60, 77
Zielgröße 24 Rand des 63
Zielkonflikt 146 zusammenhängend
Zielsystem 24, 25 schwach 185
Zielvariable 24 stark 185
Zielvorstellung 151 Zustand 256
Zins 147 Änderung des 257
Zufallsstichprobe 293 stationärer 277, 294, 295
Zufallsvariable Zustandsraum 22
diskrete 283 Zwischenankunftszeit 275, 291
Zufallszahl 279 Zyklus 183

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