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Dialektisch-behaviorale Therapie mit Jugendlichen (DBT-A)

Therapiemanual für Einzeltherapie und Skills-Training bei Borderline-Persönlichkeitsstörung. Mit Online-Materialien

von
Rudi Merod

Originalausgabe

Dialektisch-behaviorale Therapie mit Jugendlichen (DBT-A) – Merod


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Thematische Gliederung:
Kinder- und Jugendlichen Psychotherapie

BELTZ Weinheim 2011

Verlag C.H. Beck im Internet:


www.beck.de
ISBN 978 3 621 27750 1

Inhaltsverzeichnis: Dialektisch-behaviorale Therapie mit Jugendlichen (DBT-A) – Merod


Leseprobe aus: Merod, Dialektische-behaviorale Therapie mit Jugendlichen (DBT-A), ISBN 978-3-621-27750-1
© 2011 Beltz Verlag, Weinheim Basel
http://www.beltz.de/de/nc/verlagsgruppe-beltz/gesamtprogramm.html?isbn=978-3-621-27750-1
Leseprobe aus: Merod, Dialektische-behaviorale Therapie mit Jugendlichen (DBT-A), ISBN 978-3-621-27750-1
© 2011 Beltz Verlag, Weinheim Basel

6 Einführung in das Manual

6.1 Bestandteile der DBT-A

Der Autor arbeitet seit vielen Jahren mit Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, die die
Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung erhalten haben. Er hat mit den be-
reits vorliegenden Manualen (Miller, Rathus & Linehan, 1999, 2007; Böhme, Fleisch-
hacker, Mayer-Bruns & Schulz, 2001) gearbeitet, aber immer wieder deren Beschrän-
kungen erfahren. Das aktuelle Skills-Manual von Bohus und Wolf (2009) hat ihn
motiviert, seine Erfahrungen mit den Jugendlichen mit einer BPS-Diagnose zu Papier
zu bringen. Wichtig war ihm, auch ausführlich auf die Einzeltherapie einzugehen, da
auch sie einige Spezifitäten aufweisen muss, damit das »Gesamtpaket« wirken kann.
Die (Über-)Betonung des Skills-Trainings erscheint nicht zielführend, vor allem, da
im Skills-Training der Einzeltherapie »zugearbeitet« werden soll. Therapieabbrüche,
die für die beschriebene Patientengruppe typisch sind, haben ihren Ursprung in der
Einzeltherapie, von daher muss diese so gestaltet werden, dass die Patienten in der
Therapie bleiben und davon profitieren können.
Die DBT-A Therapie gliedert sich grundsätzlich in vier Bereiche:
(1) Einzeltherapie
(2) Telefonkontakte
(3) Fertigkeitentraining bzw. Skills-Training
(4) Supervision

Einzeltherapie
In den in deutscher Sprache vorliegenden Manualen sowohl für Jugendliche (Böhme
et al., 2001) wie für erwachsene Patienten (Bohus & Wolf, 2009) fehlt eine genaue Be-
schreibung der einzeltherapeutischen Vorgehensweise. Gerade in der Einzeltherapie
besteht aber die Gefahr, dass »Treatment as usual« betrieben wird – mit den bereits
in Abschnitt 1.3 geschilderten Problemen. Besonders für Jugendliche mit einer BPS-
Diagnose, aber auch für deren Eltern benötigen Therapeuten klare Handlungsanwei-
sungen, damit die Therapie erfolgreich sein kann. Daher wird hier großen Wert darauf
gelegt, die Einzeltherapie und die darin einzusetzenden Techniken zu beschreiben und
deren Einsatz zu erläutern (s. Kap. 7).
Auch das hierarchische Vorgehen, also die Hierarchie innerhalb der Therapiefoki,
wird aus der Symptomatik abgeleitet und verdeutlicht. Dadurch soll allen Beteiligten
die Struktur vermittelt werden, die für einen Therapieerfolg unumgänglich ist. Diese
klare hierarchische Struktur gibt sowohl dem Therapeuten wie dem Patienten eine
Sicherheit, die die Basis für die gemeinsame Arbeit darstellt. Die Patienten (und auch
deren Familien) leiden unter dem Gefühl des »Sich-nicht-steuern-Könnens«, dem
durch die klare Struktur entgegengearbeitet wird.

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Telefonkontakte
Ein wichtiges Element innerhalb der DBT-A stellen die Telefonkontakte dar. Das ist
für viele Therapeuten, gerade im ambulanten Bereich, zunächst eher befremdend, da
sie (auch als Verhaltenstherapeuten) dem Mythos der therapeutischen Abstinenz an-
hängen. Dennoch sind solche Telefonkontakte, wie Fiedler (2006) betont, nicht nur
bei Patienten mit einer BPS sehr hilfreich. Wie sie zu strukturieren sind und wann
sie eingesetzt werden, damit sie den Therapieerfolg sichern, wird in Kapitel 9 genauer
beschrieben.

Fertigkeitentraining bzw. Skills-Training


Das Fertigkeiten- oder besser Skills-Training wird von vielen mit DBT-A gleichge-
setzt. Dieser Irrglaube wird leider auch durch einen Teil der vorliegenden Manuale
scheinbar unterstützt, da diese ausschließlich das Skills-Training umfassen (Böhme,
Fleischhacker, Mayer-Bruns & Schulz, 2001; Böhme, Brück, Fleischhaker, Munz,
Sixt & Schulz, 2003; Bohus & Wolf, 2009). Die amerikanischen Originalmanuale (Mil-
ler et al., 2007; Linehan, 1996a) legen dagegen sehr viel Wert auf die Einzeltherapie.
Dem kann sich der Autor nur anschließen, denn die Einzeltherapie stellt einerseits
die Basis dar, auf der die gesamte Therapie überhaupt stattfinden kann, gleichzeitig ist
sie der Gefahrenpunkt für einen Therapieabbruch, wenn sie als »Treatment as usual«
durchgeführt wird.
Zum Skills-Training gehören eine Reihe von Arbeitsmaterialien, die sechs verschiede-
nen Modulen zugeordnet sind. Die Module werden in Kapitel 8 ausführlich vorgestellt,
an dieser Stelle erfolgt deshalb nur eine kurze Beschreibung der Arbeitsmaterialien.
Grundlagen: Hier werden Arbeitsmaterialien wie der DBT-A-Vertrag und die Re-
geln für das Skills-Training eingesetzt, aber auch Arbeitsmaterialien, die die bioso-
ziale Theorie vermitteln und damit die Basis für die gemeinsame Arbeit herstellen.
Achtsamkeit: Das Modul umfasst acht Informationsblätter und drei Übungsblät-
ter (s. Abschn. 8.2.1). Das besondere an diesem Modul ist die Tatsache, dass die
Achtsamkeit das verbindende Element zwischen den folgenden Modulen darstellt.
Achtsamkeit ist das A und O im gesamten Training.
Stresstoleranz: Das Modul »Stresstoleranz«, das dem ersten Hierarchieschritt in
der Einzeltherapie (suizidales und parasuizidales Verhalten) zugeordnet ist (s.
Abschn. 7.4.1), umfasst 14 Informations- und 10 Übungsblätter (s. Abschn. 8.2.2).
Auch in diesem Modul findet sich ein Element, das häufig als Synonym für DBT-A
gesetzt wird und das in aller Munde ist: der sogenannte »Notfallkoffer«. Auch die-
ses Element wird in seinen funktionalen Zusammenhang gebracht, damit es in der
weiteren Therapie sinnvoll eingesetzt werden kann.
Emotionsregulation: Die Emotionsregulation bzw. die mangelnde Emotionsregula-
tion, die der Störung in der ICD-10 ihren Namen gegeben hat (= emotional instabi-
le Persönlichkeitsstörung), steht in diesem Modul im Mittelpunkt. Von der Anzahl
der Informations- und Arbeitsblätter ist dieses Modul auch das umfangreichste. In
14 Informations- und 12 Arbeitsblättern soll über den Umgang mit Gefühlen infor-
miert und deren Regulation trainiert werden (s. Abschn. 8.2.3).

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Zwischenmenschliche Fertigkeiten: Das Modul »Zwischenmenschliche Fertigkei-


ten« bezieht sich darauf, dass Persönlichkeitsstörungen vom Grunde her Inter-
aktionsstörungen darstellen (Merod, 2005a). In sechs Informations- und sieben
Arbeitsblätter sollen die in der Einzeltherapie gemachten Erfahrungen verallgemei-
nert und geübt werden, damit sie leichter in den Alltag transferiert werden können
(s. Abschn. 8.2.4).
Selbstwert verbessern: Dieses Modul stellt eine Neuerung innerhalb der bekannten
DBT-A-Module dar. Gleichzeitig wird auch mit diesem Modul eine Kernproblema-
tik der BPS im Skills-Training aufgegriffen und damit die Einzeltherapie weiter un-
terstützt. In fünf Informations- und sieben Arbeitsblättern sollen Vorgehensweisen
geübt werden, die der Selbstinvalidierung entgegenwirken (s. Abschn. 8.2.5).
Walking the middle path: Dieses Modul zielt auf die Interaktionen innerhalb der
Familien ab. In diesem Modul sollen die Familien mithilfe von neun Informations-
und sechs Arbeitsblättern grundsätzlich Bedingungen für eine zielführendere Zu-
sammenarbeit innerhalb der Familien erlernen (s. Abschn. 8.2.6).
Zusatzmaterialien: Die Zusatzmaterialien sollen es den Therapeuten erleichtern,
mit den Jugendlichen und ihren Familien zu arbeiten. Der Autor hat verschiedene
hilfreiche Materialien zusammengetragen, sodass diese nicht erst mühsam gesucht
werden müssen. Zu diesen Zusatzmaterialien gehören beispielsweise eine Stress-
kurve, eine modellhafte Diary Card und eine Skills-Liste.

Supervision
Da die Behandlung von Jugendlichen mit BPS eine sehr komplexe Aufgabe darstellt,
ist sie ohne begleitende Supervision nicht durchführbar. Die Supervision erfordert
aber einige Besonderheiten, deshalb wird hier kurz darauf eingegangen. Bei der Pla-
nung der Interventionen sollte sich der Therapeut durch einen in dieser Therapieform
erfahrenen Supervisor begleiten und unterstützen lassen. Supervision ist unbedingt
notwendig, wenn Therapeuten mit dieser Patientengruppe arbeiten. Die Supervision
sollte folgende Bedingungen erfüllen:
(1) Die Therapeuten berücksichtigen bei der Präsentation der Therapie (Video) die
dialektischen Grundprinzipien (kein Richtig oder Falsch, gegensätzliche Meinun-
gen sind erwünscht etc.)
(2) Keine Interventionen »im Namen des Patienten« bei anderen Hilfsstellen, die Grup-
pe weist das zurück, da damit die »aktive Passivität« des Patienten gefördert wird.
(3) Die Supervisionsgruppe hilft dem Therapeuten, seine Grenzen wahrzunehmen
und diese seinen Patienten oder Patientinnen mitzuteilen. Dies ist eine wirksame
Strategie gegen ein Burnout.
(4) Das Verhalten des Patienten soll nicht bewertend beschrieben werden, sondern
so, als ob der Patient anwesend wäre.
(5) Deutungen oder Hypothesen der Supervisionsgruppe sollen benannt und mit
dem Patienten auf ihre Stimmigkeit hin abgeklärt werden.
(6) Alle Therapeuten machen Fehler! Die Supervisionsgruppe nutzt diese, um ge-
meinsam zu lernen.

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(7) Der Patient oder die Patientin »gehört« nicht dem Therapeuten, sondern der
Gruppe. Wie bereits in Kapitel 1 erläutert, sorgt die Supervision für die »notwen-
dige Schräge« in der Behandlung. Dieses kann der Therapeut letztendlich nicht
wirklich gut beurteilen, da er bzw. sie ja mit auf der Schräge steht.

Fazit
Die Vorteile dieses Manuals sind sicherlich darin zu sehen, dass in ihm nicht nur das
Skills-Training aufgenommen worden ist, sondern vor allem auch auf die speziellen
Aspekte der Einzeltherapie eingegangen wird. Ferner wird die Bedeutung der Ver-
zahnung der beiden Hauptelemente der DBT-A, der Einzeltherapie und dem Skills-
Training, hervorgehoben. Gerade diese Verzahnung sollte für deutlich bessere Thera-
pieerfolge, aber auch für mehr Zufriedenheit bei den Therapeuten sorgen.

6.2 Hinweise zur Durchführung

Das eigentliche Manual wird in die Einzeltherapie und das Skills-Training in der
Gruppe unterteilt. Je nachdem, was die Therapeutin bzw. der Therapeut umsetzen
will, kann sie oder er das jeweilige Element aus dem Manual herauslösen und damit
arbeiten. Wenn also beispielsweise eine Therapeutin ausschließlich die Einzeltherapie
macht, kann sie sich auf diesen Teil beziehen, derjenige, der das Skills-Training durch-
führt, bezieht sich dann auf diesen Teil. Vor allem in der Einzeltherapie möchte der
Autor in der Regel nicht vorschreiben, welche Elemente in einer Sitzung stattfinden
sollen, wichtig ist nur, dass die Therapeuten sich an die Hierarchie der Probleme hal-
ten und diese Rangfolge nicht verlassen. Daher soll die in Abschnitt 7.3 vorgenomme-
ne Unterteilung als Vorschlag, nicht aber als Regel, nach dem Motto »Heute bearbeiten
wir Seite 27, Absatz 3« verstanden werden. Als Therapeut oder Therapeutin werden
Sie schnell feststellen, dass das Erarbeiten der einzelnen Elemente mit unterschied-
lichen Patienten unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nimmt – dem soll Rechnung
getragen werden, ohne die Therapie unnötig auszudehnen. Gleichzeitig kann es natür-
lich auch sein, dass einzelne Elemente bei einigen Patienten überhaupt nicht auftreten,
also auch die Vorschläge des Manuals nicht umzusetzen sind.
Abhängig von den Erfahrungen, die der jugendliche Patient in den Situationen, die
für die verschiedenen Bereiche stehen, macht, werden verschiedene der nachfolgend
beschriebenen Interventionen sinnvoll sein. Das Manual will also kein starres Ablauf-
schema bieten, sondern einen sehr gut sortierten großen »Koffer voller Handwerks-
zeug«.

6.3 Exkurs: Ambulante versus stationäre Behandlung

Die hohen Kosten für die Behandlung von Menschen mit einer Borderline-Persön-
lichkeitsstörung hängen zum einen damit zusammen, dass keine ausreichende Zahl

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von fachlich qualifizierten ambulanten Behandlern zur Verfügung steht, zum anderen
aber auch damit, dass viele niedergelassene Therapeuten und Therapeutinnen sich
dieser Störungsgruppe verweigern, da diese Patienten »anstrengend« sind. Aus die-
sem Grund werden viele Menschen mit einer BPS stationär eingewiesen. Da es aber
auch im stationären Bereich sehr wenige spezialisierte Behandlungsangebote gibt, die
Patienten also mit »Treatment as usual« behandelt werden, ergeben sich in der Regel
lange, aber wenig effiziente Behandlungen mit daraus resultierenden hohen Kosten.
Dieses Problem ist im Bereich der Behandlungen von Adoleszenten noch gravieren-
der, als im Erwachsenenbereich, da hier zusätzlich noch verschiedenste Ebenen (Psy-
chiatrie, Jugendhilfeeinrichtungen usw.) involviert sind.
Auch aus fiskalischen Gründen (aber nicht nur deshalb) ist die Frage »ambulant
oder stationär?« eine wichtige Frage, denn es geht auch darum, begrenzte Ressourcen
möglichst effizient einzusetzen. Natürlich birgt eine stationäre Behandlung, wenn sie
nicht genau geplant und auch konsequent auf ihre Wirksamkeit überprüft wird, die
Gefahr der Hospitalisierung in sich und dies vor allem bei Jugendlichen. Es muss also
eine klare Indikation für eine stationäre Behandlung geben. Davon abzugrenzen sind
stationäre Kriseninterventionen (in der Psychiatrie), die jedoch immer nur kurzfris-
tig sein können, da ja eine Krise auch nur ein kurzes Ereignis darstellt. Gerade in
der Krisenintervention zeigt sich aber ein oftmals unterschätztes Problem: Es finden
Behandlungen statt, ohne dass ein klares, vom gesamten Team getragenes, auf den
Patienten zugeschnittenes und mit ihm bzw. ihr abgesprochenes Konzept erstellt wor-
den wäre. Ein solches Vorgehen ist in vielen Einrichtungen üblich und verstärkt häufig
die Problematik. Caspar (2007) hat dies in seinem Beitrag »Das kriegen wir schon
hin« beschrieben: Die Behandlung verstärkt das Risiko der Hospitalisierung, denn die
Patienten bekommen Aufmerksamkeit (d. h. Verstärkung) für ihre Symptomatik und
verlieren diese Aufmerksamkeit, wenn es ihnen besser geht.
Das Fehlen ausreichender und spezialisierter Einrichtungen stellt ein grundsätzli-
ches Problem dar. Kinder- und Jugendpsychiatrien sind meist sehr klein und es scheint
schwierig zu sein, hier spezialisierte Stationen einzurichten. Auch in Einrichtungen
der Jugendhilfe wie z. B. Heimen (Adam & Peters, 2003; Breithaupt-Peters, 2009) ist
dieses Problem anzutreffen. Hier fehlt es zusätzlich meist an entsprechend ausgebilde-
tem Fachpersonal. Dabei ist unabhängig von der Einrichtung immer zu fragen, ob die
Möglichkeiten vorhanden sind, mit den Jugendlichen so zu arbeiten, dass die Proble-
matik nicht verstärkt wird, d. h., dass die therapeutische Ausbildung des Personals der
Symptomatik angemessen ist.
Stationäre Behandlungen haben neben dem schon erwähnten hohen Gefährdungs-
potential für eine Hospitalisierung sehr häufig das zusätzliche Problem des Transfers
des in der Therapie Gelernten in den Alltag. Vor diesem Hintergrund ist jeweils eine
genaue Indikationsstellung für einen stationären Aufenthalt zu erstellen und zu be-
gründen und die Zeit im stationären Setting so kurz wie irgend möglich zu halten (am
besten eigentlich nur zum Zweck einer Krisenintervention). Zu bedenken ist dabei
auch, dass die amerikanischen (Original-)Konzepte ausschließlich für den ambulan-
ten Bereich konzipiert sind und in diesem auch ihre Wirksamkeit gezeigt haben. Was

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durch empirische Forschung sicherlich noch zu prüfen ist, ist die Frage, welche »Do-
sis« an Therapie optimal ist. Diese Erkenntnis könnte dann ebenfalls hilfreich für eine
Indikationsstellung sein.
Da DBT-A sowohl im stationären wie im ambulanten Kontext eingesetzt werden
soll und muss, wurde bei diesem Manual Wert darauf gelegt, dass es in beiden Settings
eingesetzt werden kann. Sicherlich werden dabei Adaptationen notwendig sein, doch
der rote Faden des Manuals ist für beide Settings sinnvoll und notwendig. Eine wei-
tere Spezifizierung des Manual erscheint nicht sinnvoll, da es gerade im Bereich der
Arbeit mit Jugendlichen so unterschiedliche Settings (ambulante Therapie, Beratungs-
stellen, Heilpädagogische Tagesstätten, Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie, Heime
usw.) gibt, die wiederum voneinander so verschieden sein können, dass eine weiter
Differenzierung unmöglich, aber auch unsinnig wäre. Anhand des jeweiligen Setting
können die Mitarbeiter ihre Schwerpunkt entlang des roten Fadens herausarbeiten,
so wie das Manual auch auf den jeweiligen Jugendlichen »spezifiziert« werden muss,
ohne die generelle Linie zu verlassen.

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