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1 Technologische Führerschaft 1
1.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Wettbewerb zwischen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.2.1 Statischer Technologiewettbewerb . . . . . . . . . . . . 5
1.2.2 Dynamischer Technologiewettbewerb . . . . . . . . . . 7
1.3 Wettbewerb zwischen Nationen . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3.1 Die productivity-slowdown-Diskussion in den USA . . . 13
1.3.2 Konvergenz oder Überholprozeß - Möglichkeiten einer
Überprüfung im Rahmen neoklassischer Wachstums-
theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.4 Technologiepolitische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2 Statischer Qualitätswettbewerb 24
2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.2 Das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.3 Preiswettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2.4 Einstu…ger Preis- Qualitätswettbewerb . . . . . . . . . . . . . 32
2.5 Strategische Qualitätswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.5.1 Der strategische E¤ekt der Qualitätswahl . . . . . . . . 34
2.5.2 Gleichgewicht bei simultaner Qualitätswahl . . . . . . . 36
2.5.3 Das Gleichgewicht bei sequentieller Qualitätswahl . . . 41
2.6 Markteintrittsabschreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
2.7 Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
2.7.1 Variable Kosten der Qualität . . . . . . . . . . . . . . 49
i
INHALTSVERZEICHNIS ii
3 Dynamischer Technologiewettbewerb 67
3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
3.2 Eine grundlegende Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
3.2.1 Die allgemeine Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
3.2.2 Teilspielperfekte Gleichgewichte . . . . . . . . . . . . . 75
3.2.3 Eintritt in einen neuen Markt . . . . . . . . . . . . . . 79
3.3 Dynamische Produktinnovation . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.3.1 Das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
3.3.2 Anwendung von Theorem 1 . . . . . . . . . . . . . . . 85
3.3.3 Der statische Grenzfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
3.4 Dynamische Prozeßinnovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
3.4.1 Das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
3.4.2 Anwendung von Theorem 1 . . . . . . . . . . . . . . . 94
3.5 Diskussion und innovationspolitische Folgerungen . . . . . . . 97
3.5.1 Zur Bedeutung von second-mover-Vorteilen . . . . . . 97
3.5.2 Technologiepolitische Folgerungen . . . . . . . . . . . . 98
Numerik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
4 Außenhandel 109
4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
4.2 Technologiewahl im geschlossenen Land . . . . . . . . . . . . . 113
4.2.1 Das Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
4.2.2 Gleichgewichtige Technologiewahl . . . . . . . . . . . . 115
4.2.3 Ein Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
4.3 Technologiewahl mit Außenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . 120
4.4 Handelsstrategische Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . 123
4.5 Schlußfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
5 Kapitalmobilität 130
5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
5.2 Die Produktionsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
5.2.1 Externe E¤ekte durch learning by investing . . . . . . 131
5.2.2 Abschreibungsraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135
5.2.3 Eine vintage-Produktionsfunktion mit externem E¤ekt 137
5.3 Ein grundlegendes Resultat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
Voraussetzungen für ”Abschreibungsraten”-Theorem . 142
Aussagen des ”Abschreibungsraten”-Theorems . . . . . 143
5.4 Die Intuition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
5.5 Perfekte Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
5.5.1 Ausgangsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
5.5.2 Das Entscheidungsproblem internationaler Investoren . 150
5.5.3 Ein möglicher Wechsel internationaler technologischer
Führerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
5.6 Kapitalmobilität mit Anpassungskosten . . . . . . . . . . . . . 154
5.6.1 Ein Wachstumsmodell mit Installationskosten . . . . . 155
INHALTSVERZEICHNIS iv
6 Schlußbemerkungen 191
Literaturverzeichnis 195
Kapitel 1
1.1 Einleitung
Die Diskussion über die Bedeutung technologischer Führerschaft für den Er-
folg von Unternehmen einerseits sowie für Wachstum, Wohlstand und Be-
schäftigung von Nationen und Regionen andererseits ist eines der beherr-
schenden ökonomischen Themen der letzten 10-15 Jahre. Die vorliegende Ar-
beit liefert Beiträge einerseits für die mikroökonomische Theorie des Verhal-
tens von Unternehmen im technologischen Wettbewerb, als auch andererseits
auf der makroökonomischen Ebene für eine Theorie der relativen technolo-
gischen Entwicklung von Volkswirtschaften. Dabei lassen sich die mikroöko-
nomischen Beiträge sowohl der Betriebswirtschaftslehre als auch der Volks-
wirtschaftslehre zuordnen. Für die Betriebswirtschaftslehre erö¤nen sich aus
der mikroökonomischen Analyse normative Erkenntnisgewinne für das Inno-
vationsmanagement, wenn es gelingt, bei der Analyse technologischen Wett-
bewerbs Handlungsalternativen aufzuzeigen, die als Gleichgewichtslösungen
Bestand haben. Für die Volkswirtschaftslehre ist die Analyse technologi-
schen Wettbewerbs zuerst ein Beitrag zum Verständnis des Verhaltens von
Unternehmen. Solche positive Theoriebildung ist letztlich Voraussetzung für
die wohlfahrtstheoretische Beurteilung von Marktergebnissen auf unvollkom-
1
KAPITEL 1. TECHNOLOGISCHE FÜHRERSCHAFT 2
men zur Beantwortung dieser Frage wird durch die partialanalytischen aber
spieltheoretisch fundierten Oligopolmodelle der modernen Industrieökonomie
gebildet.
Unternehmen können ihre Rolle im technologischen Wettbewerb inner-
halb weniger Jahre durch bewußt getro¤ene Entscheidungen wie die Adop-
tion einer neuen Technologie, den Erwerb von Patentrechten, die Einstel-
lung wichtiger Know-how-Träger oder auch durch das Aufkaufen innovati-
ver kleinerer Unternehmen wesentlich verändern. Die relative technologische
Entwicklung von Nationen oder Regionen läst sich dagegen nur im Rah-
men langfristiger Wachstumsprozesse darstellen. Dabei treten die betre¤en-
den Ökonomien nicht als aktiv Handelnde auf; es kommt vielmehr darauf
an, die Mechanik von Wachstumsprozessen verbundener Volkswirtschaften
im Hinblick auf mögliche Überholprozesse zu untersuchen. Diese Sichtweise
des Wettbewerbs zwischen Nationen mag puristisch anmuten. Eine Inter-
pretation, die stattdessen auch kollektive nationale Anstrengungen, wie bei
kriegerischen Auseinandersetzungen, beinhaltet, entzieht sich dagegen weit-
gehend den Möglichkeiten wirtschaftswissenschaftlicher Analyse und ist des-
halb nicht Thema dieser Arbeit.
Eine Möglichkeit, die mikroökonomische mit der makroökonomischen Fra-
gestellung zu verbinden, ist die, die relative Gewinnposition von heimischen
Unternehmen gegenüber ausländischen Unternehmen auf oligopolistischen
Weltmärkten mit der relativen Wohlfahrtsposition der betre¤enden Nationen
gleichzusetzen. Dann lassen sich insbesondere handelspolitische, aber auch
technologie- und industriepolitische Fragestellungen im partialanalytischen
Modellrahmen der Industrieökonomie behandeln. Obwohl die Fragwürdig-
keit dieser Vorgehensweise o¤ensichtlich ist, werden auch in dieser Arbeit die
Ergebnisse der industrieökonomischen Analyse auf ihre Anwendbarkeit zur
Beantwortung möglicher technologiepolitischer Fragestellungen hin überprüft
- mit allerdings schwachen Ergebnissen. Eine ernsthafte makroökonomische
Analyse, wie sie hier zur Analyse eines möglichen endogenen Wechsels inter-
nationaler technologischer Führerschaft herangezogen wird, kann durch sol-
che handelstrategisch interpretierten Modellen der Industrieökonomie nicht
ersetzt werden.
KAPITEL 1. TECHNOLOGISCHE FÜHRERSCHAFT 5
In diesem ersten Kapitel wird zunächst ein Überblick über die Ergebnisse
der Arbeit gegeben sowie eine Motivation der Fragestellung und eine Einord-
nung der Ergebnisse in einen wissenschaftlichen Diskussionszusammenhang
vorgenommen (Abschnitte 1.2-1.3). Es folgt eine Diskussion der Ergebnisse
im Hinblick auf mögliche technologiepolitische Folgerungen (Abschnitt 1.4).
Die folgenden vier Kapitel 2-5 enthalten die analytischen Beiträge dieser Ar-
beit. Jedes Kapitel ist so konzipiert, daß es eigenständig lesbar ist. In einer
Schlußbetrachtung werden letztendlich die Ergebnisse der Untersuchung kurz
zusammengefaßt und mögliche Erweiterungen diskutiert.
Oder man könnte den Fall untersuchen, in dem die Unternehmen zunächst
Investitionsanstrengungen zum Beispiel in Form von Aufwendungen für For-
schung und Entwicklung (FuE) unternehmen, um den anschließenden Pro-
duktwettbewerb mit niedrigeren Stückkosten oder höherer Qualität bestrei-
ten zu können. In statischer Formulierung ist zunächst ohne eine nähere Ana-
lyse in keinem Fall ausgemacht, welches Unternehmen mit welcher Gleichge-
wichtsstrategie den höheren Gewinn erzielen wird. Es ist grundsätzlich eben-
so denkbar, daß das Hochqualitäts- / Hochkostenunternehmen im Gleichge-
wicht den höheren Gewinn erzielt, wie umgekehrt das Niedrigqualitäts- /
Niedrigkostenunternehmen. Es könnte einerseits dasjenige Unternehmen hö-
here Gewinne erzielen, das im Gleichgewicht höhere FuE-Ausgaben zur Ko-
stensenkung oder zu Qualitätssteigerung tätigt - der Technologieführer - , wie
auch umgekehrt das Unternehmen mit den niedrigeren FuE-Ausgaben, der
Technologiefolger. Selbstverständlich ist auch der Fall denkbar, in dem beide
Unternehmen im Gleichgewicht gleichhohe FuE-Anstrengungen unternehmen
und damit auch gleiche Gewinne erzielen.
Falls aus solchen Wettbewerbskonstellationen asymmetrische Gewinnpo-
sitionen resultieren, dann ergibt sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht die in-
teressante normative Frage, wie ein Unternehmen in die vorteilhaftere Gleich-
gewichtsposition gelangen kann. Für die theoretische Volkswirtschaftslehre
erö¤nen sich Erklärungsansätze für die Frage, warum Unternehmen mit un-
terschiedlichen Gleichgewichtsstrategien systematische Unterschiede in ihrer
Erfolgsquote aufweisen. Und schließlich erö¤nen sich wirtschaftspolitische
Perspektiven für eine Regierung, die im Hinblick auf eine strategisch aus-
gerichtete nationale Technologiepolitik versucht, dem jeweiligen heimische
Unternehmen die günstigere Gleichgewichtsposition zu verscha¤en. Denk-
bar wären zum Beispiel hohe nationale Mindestqualitätsstandards mit dem
Ziel einzusetzen, die jeweiligen heimischen Unternehmen in die Hochquali-
tätsposition zu bringen, vorausgesetzt, diese Gleichgewichtsposition ist die
pro…tablere.
Im Kapitel 2 dieser Arbeit wird im Rahmen einer statischen Modellierung
von den dargestellten möglichen Dimensionen des technologischen Wettbe-
werbs die der Qualitätswahl untersucht. Die grundlegende Frage ist die,
KAPITEL 1. TECHNOLOGISCHE FÜHRERSCHAFT 7
schieden. Der von ihm aufgestellten Liste für die jeweiligen Vor- und Nach-
teile ist kaum etwas hinzuzufügen. Als Vorreitervorteile führt Porter (1985,
Kapitel 5) an:
² Ansehen - Imagevorteile.
² Lernkurvene¤ekte.
² Standardisierungsvorteile.
² Patentschutz.
Trotz dieser eher skeptischen Einschätzung Porters war die zentrale Be-
deutung der Pionierrolle für den ökonomischen Erfolg von Unternehmen bis
KAPITEL 1. TECHNOLOGISCHE FÜHRERSCHAFT 9
etwa Mitte der 90-er Jahre ein sowohl in der deutschen Betriebswirtschafts-
lehre als auch in der amerikanischen Managementliteratur weithin akzeptier-
tes Strukturmerkmal technologischen Wettbewerbs zwischen Unternehmen
(siehe dazu die Überblicksartikel von Kerin et al. (1992) sowie Lieberman
und Montgomery (1988) zu …rst-mover Vorteilen). Schlagwörter wie speed
management oder …rst to market strategies in populären Managementstrate-
giebüchern aber auch wissenschaftliche Untersuchungen über die Innovations-
geschwindigkeit in verschiedenen Ländern zeugen davon. Mans…eld (1988a,b)
führte solche Untersuchungen für den Vergleich zwischen Japan und den Ver-
einigten Staaten durch. Albach et al. (1991) taten gleiches für Deutschland.
Diese Sichtweise wurde durch eine Reihe empirischer Untersuchungen ge-
stützt. Robinson et al. (1994) geben einen Überblick über diese Studien, die
einen Vorteil des Pionierunternehmens nachzuweisen bemüht sind. In einer
vielbeachteten Studie greifen Tellis und Golder (1996) diese Überzeugung an.
Sie beziehen die bis dahin nicht berücksichtigten fehlgeschlagenen Pioniere
in ihre Untersuchung mit ein und kommen zu einem gegenteiligen Ergeb-
nis: Im Durchschnitt scheinen nicht die Innovationsführer sondern die ersten
Innovationsfolger die ökonomisch erfolgreicheren Unternehmen gewesen zu
sein.
Der sich nun auch in der deutschen Betriebswirtschaftslehre anbahnende
Gesinnungswechsel (vergleiche die Arbeit von Clement et al. (1998)), wur-
de von der theoretischen industrieökonomischen Literatur schon zehn Jahre
zuvor vollzogen. In einem Beitrag fundamentaler Bedeutung weisen Fuden-
berg und Tirole (1985) nach, daß bei symmetrischer Ausgangslage der Un-
ternehmen, ein Vorteil des zuerst agierenden Unternehmens - ein …rst-mover
advantage - kein Ergebnis eines teilspielperfekten Gleichgewichts sein kann,
solange die Unternehmen nicht in der Lage sind, eine glaubhafte Selbstver-
p‡ichtung für zukünftiges Handeln abzugeben. Dieses Ergebnisses läßt sich
intuitiv recht einfach erklären: Solange das zuerst agierende Unternehmen
einen Vorteil gegenüber dem nachziehenden Unternehmen erzielt, hat letz-
teres einen Anreiz, dem ersten Unternehmen zuvorzukommen. Erst wenn
das erste Unternehmen einen so ungünstig frühen Zeitpunkt wählt, so daß
das zweite Unternehmen keinen Anreiz mehr hat, ihm zuvorzukommen, stellt
KAPITEL 1. TECHNOLOGISCHE FÜHRERSCHAFT 10
Die Arbeiten von Jorgenson (1995) belegen überzeugend, daß zwar für die
Entwicklung kurz- und mittelfristiger Schwankungen internationaler Wettbe-
werbsfähigkeit die Analyse von purchasing power parities von entscheidender
Bedeutung ist, daß aber langfristig die Entwicklung der totalen Faktorpro-
duktivität die relative Wettbewerbsfähigkeit von Ökonomien treibt. In diese
Richtung geht Krugmans Äußerung (1994, Seite 9):
² ”Productivity isn’t everything, but in the long run its almost every-
thing.”
Abbildung 1.1:
zeigt sich im Gegenteil, daß Außenhandel eher für eine Verfestigung der rela-
tiven technologischen und ökonomischen Positionen verantwortlich gemacht
werden kann.
Im Kapitel 5 dieser Arbeit wird die Rolle von Kapitalmobilität als wei-
tere mögliche Ursache von endogenen Überholprozessen untersucht. Es ist
erstaunlich, daß Versuche in dieser Richtung nach Kenntnis des Verfassers
bislang noch nicht unternommen wurden. So fordern beispielsweise Krug-
man und Venables (1995, Seite 876):
² ”Yet much of the political debate over integration focuses on the alleged
impacts of capital movement rather than (or along with) trade ‡ows.
Thus a natural step would be to add capital movements.”
Ein möglicher Grund für diese o¤ensichtliche Lücke in der Literatur ist
wohl darin zu sehen, daß Kapitalmobilität im Zusammenhang mit Wachs-
tumsprozessen erst dann interessant wird, wenn man nicht den steady state
selbst, sondern den Weg in den steady state untersucht. Die Analyse solcher
transitional dynamics gilt aber gemeinhin als unhandlich.
Im 5. Kapitel dieser Arbeit wird dagegen gezeigt, daß es auch bei der
Analyse solcher transitional dynamics durchaus möglich ist, sowohl zu qua-
litativen Ergebnissen als auch zu empirisch testbaren Hypothesen zu gelan-
gen. Die Grundidee ist die Integration eines durch Investitionen ausgelösten
externen E¤ekts in das Solow-Modell zur Kapitalakkumulation bei kapital-
gebundenem technischen Fortschritt (Solow (1959)). Dieser externe E¤ekt
akkumuliert sich als Wissenskapitalstock, der ausschließlich in dem Land öf-
fentlich verfügbar ist und somit die jeweilige totale Faktorproduktivität nur
dort positiv beein‡ußt, wo die Investitionen durchgeführt wurden. Im Rah-
men von zwei unterschiedlichen Kapitalmobilitätsmodellen können anschlie-
ßend Überholprozesse beziehungsweise Zyklen internationaler technologischer
Führerschaft nachgewiesen werden. Es kann allerdings nur dann zu Überhol-
prozessen bzw. Zyklen kommen, falls sich der ö¤entliche Wissenskapitalstock
schneller abschreibt als der private Kapitalstock.
Dieses Ergebnis ist insofern attraktiv, als es die Intuition bestätigt, ein
hochentwickeltes Land könne den Anschluß an die internationale technologi-
KAPITEL 1. TECHNOLOGISCHE FÜHRERSCHAFT 18
dazu zum Beispiel die Ausführungen in Pfähler und Lorz (1994). Albach
(1990, Seite 97), als einer der Wortführer in der Diskussion über den Zusam-
menhangs zwischen unternehmerischer Innovationstätigkeit und nationaler
Wettbewerbsfähigkeit, spricht von ”Innovationen als Fetisch und Notwendig-
keit”. Und im Vorwort des letzten Bundesforschungsberichts schreibt Mini-
ster Rüttgers: ”Der relative Rückgang der FuE-Aufwendungen in Deutsch-
land ist ein Alarmsignal.” und meint damit insbesondere ein Alarmsignal für
die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Selbstverständlich ist das erstarkte ö¤entliche und politische Interesse
an unternehmerischer Tätigkeit in Deutschland grundsätzlich zu begrüßen.
Wenn allerdings der Staat in erheblichem Umfang Mittel verwendet, um die
Innovationstätigkeit der Unternehmen zu erforschen und zu fördern, dann
verlangt das eine ökonomische Rechtfertigung. Denn die personellen, …nanzi-
ellen und insbesondere die politischen Ressourcen stehen in Nutzungskonkur-
renz zu originären staatlichen Aufgaben, wie die Verbesserung der rechtlichen
und steuerlichen Rahmenbedingungen, Aus- und Umbau der Bildungsinfra-
struktur, Finanzierung von Grundlagenforschung und Erhalt der materiellen
Basisinfrastruktur, um einige der wichtigsten zu nennen. Es gibt grundsätz-
lich vier mögliche Gründe, die das ö¤entliche, politische und wissenschaft-
liche Interesse am Innovationsverhalten deutscher Unternehmen sowie letzt-
lich eine aktive staatliche Technologiepolitik zur Verbesserung internationaler
Wettbewerbsfähigkeit aus ökonomischer Sicht rechtfertigen können:
Obstfeld (1998, Seite 269) beurteilen solche technologischen spillover als das
insgesamt überzeugendste Argument für eine nationale Industrie- respektive
Technologiepolitik.
Sind solche national wirksamen externen E¤ekte relevant, wie es von Ro-
mer (1986) in Anlehnung an Arrow (1962) in seltener Einmütigkeit mit den
keynesianisch orientierten Wachstumstheoretikern um Kaldor (1957 und mit
Mirrless 1962), als auch mit den Entwicklungstheoretikern um Myrdal (1957)
vertreten wird, dann läßt sich allein daraus schon ein Argument für staatli-
ches Eingreifen ableiten. Vorher wäre selbstverständlich zu fragen, ob dem
möglichen Nutzen eines staatlichen Eingri¤ nicht mindestens ebenso hohe Ko-
sten entgegenstehen. Im Hinblick auf die Analyse relativer technologischer
Entwicklung von Volkswirtschaften sind national wirksame externe E¤ekte
insbesondere dann von Interesse, wenn sie zur dauerhaften Divergenz von
Volkswirtschaften führen, wie von den Entwicklungstheoretikern um Myr-
dal und Hirschman mit dem Blickwinkel unterentwickelter Volkswirtschaften
befürchtet, oder wenn sie zu langfristigen und ausgeprägten Zyklen relativer
internationaler technologischer und ökonomischer Positionen führen. Im letz-
ten, und aus deutscher Sicht relevanten Fall, stellt sich die von Scherer (1992)
gestellte Frage nach einem möglicherweise langfristig zu prognostizierenden
Teufelskreis der Stagnation, wenn ein Land erst einmal damit begonnen hat,
etwas von seiner ehemals führenden technologischen Position einzubüßen.
Nachlassende Innovationstätigkeit deutscher Unternehmen könnte dann tat-
sächlich als ein Frühindikator für langfristig drohende Stagnation angesehen
werden - das vierte Argument. Diese Fragen werden in den Kapiteln 4-5
dieser Arbeit behandelt.
Kapitel 2
Statischer Qualitätswettbewerb
im Duopol - Der Vorteil des
Hochqualitätsanbieters1
2.1 Einleitung
In diesem Kapitel wird im Rahmen eines statischen Modells zur Qualitäts-
wahl untersucht, ob das Unternehmen, das im Gleichgewicht die höhere Qua-
lität wählt, auch dann regelmäßig einen höheren Gewinn erzielt als der Nied-
rigqualitätsanbieter2 , wenn höhere Qualität mittels vorgelagerter und teurer
FuE-Tätigkeit produziert werden muß.
Es gilt als eines der etablierten Ergebnisse der industrieökonomischen Li-
1
Die hier präsentierten Ergebnisse basieren wesentlich auf einer Forschungsarbeit, die
1995 abgeschlossen wurde und inzwischen im RAND Journal of Economics verö¤entlicht
wurde - Lehmann-Grube (1997a). Der Abschnitt über Markteintrittsabschreckung geht
auf eine gemeinsame Forschungsarbeit mit Wilhelm Pfähler zurück - Pfähler und Lehmann-
Grube (1995).
2
Ein möglicher Kon‡ikt zwischen Gewinnmaximierungsziel und vom Kapitalmarkt ge-
forderter Rendite wird hier nicht thematisiert. Damit wird, wie in vielen industrieökono-
mischen Arbeiten, implizit angenommen, daß die Charakteristika des Absatzmarktes und
der verfügbaren Technologie eine Rendite ermöglichen, die über der vom Kapitalmarkt
geforderten liegt.
24
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 25
Qualität F (si ) sind unabhängig vom Output und verhalten sich konvex zur
gewählten Qualität. Es gilt also F 0 ¸ 0; F 00 > 0. Um in jedem Fall eine innere
Lösung zu gewährleisten, wird zudem angenommen, daß F (0) = 0; F 0 (0) = 0
sowie lims!1 F 0 (s) = 1.4 Die variablen Produktionskosten seien unabhän-
gig von der Qualität und werden zur Vereinfachung auf Null gesetzt.5
Die Modellierung der Nachfrageseite geht auf Tirole zurück. Es wird die
Ausformulierung von Ronnen (1991) und Choi und Shin (1992) verwendet.
N Konsumenten kaufen höchstens eine Einheit des fraglichen Gutes bei einer
der beiden Firmen. Die Konsumenten unterscheiden sich hinsichtlich eines
Geschmacksparameters q und erzielen einen Nettonutzen beim Kauf einer
Qualität si zum Preis pi von
U q (si ; pi ) = si q ¡ pi (2.1)
Ein Konsument mit dem Parameter q kauft eine Einheit des Gutes, falls für
mindestens eine der beiden angebotenen Qualitäten gilt U q (si ; pi ) ¸ 0. Der
Konsument kauft bei der Firma, die ihm das beste Preis- Leistungsverhältnis
bietet, d.h. bei dem er den höheren Nettonutzen erzielt. Der Geschmackspa-
rameter q ist über dem Bereich [0; q¹] gleichverteilt. Physikalische sowie Geld-
einheiten können ohne Beschränkung der Allgemeinheit so gewählt werden,
daß sich sowohl N als auch q¹ auf Eins normieren lassen.
Eine sinnfällige Interpretation dieser Annahmen ist die folgende: (1) Es
läßt sich ein Qualitätsindex …nden, so daß sich die Zahlungsbereitschaft aller
Konsumenten proportional zu diesem Index verhält. (2) Die Zahlungsbereit-
schaft der Konsumenten für eine Einheit des Gutes mit der Qualität si ist
zwischen 0 und si gleichverteilt. Das Modell entspricht also dem üblichen
linearen Nachfragemodell.6
4
Diese Annahme geht auf Ronnen (1991) zurück. Tatsächlich reicht es aus anzunehmen,
1
daß F 0 (0) < 16 und lims!1 F 0 (s) > 14 . Weicht man von diesen Bedingungen ab, lassen
sich Fragen der Eintrittsabschreckung analysieren.
5
Die Einführung von qualitätsunabhängigen und konstanten Stückkosten ändert die
Ergebnisse nicht wesentlich. Sie führen aber zu einer erheblich umständlicheren mathe-
matischen Formulierung. Zum relevanten Problem qualitätsabhängiger Stückkosten wird
weiter unten ausführlich Stellung genommen.
6
Im Gegensatz zur hier verwendeten Spezi…kation von Ronnen und Choi und Shin wird
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 29
2.3 Preiswettbewerb
Im heterogenen Preiswettbewerb sind die Qualitäten, die die Unternehmen
anzubieten wünschen, exogen vorgegeben. Unternehmen 2 biete annahmege-
mäß die höhere Qualität an und Unternehmen 1 die niedrigere Qualität . Da
sich die Qualitäten voneinander unterscheiden, können sich am Markt unter-
schiedliche Preise halten - im Gegensatz zum homogenen Preiswettbewerb.
Abbildung 2.1 verdeutlicht, wie sich die Nachfrage auf die beiden Unterneh-
men bei unterschiedlichen Preisen und unterschiedlichen Qualitäten verteilt.
Der Konsument, der indi¤erent ist zwischen dem Kauf bei Unternehmen 1
und Unternehmen 2, wird durch folgende Gleichung bestimmt:
d ´ s1 q ind ¡ p1 = s2 q ind ¡ p2
,
p2 ¡ p1
q ind = (2.2)
s2 ¡ s1
Der Konsument, der indi¤erent ist zwischen Kauf beim Niedrigqualitätsun-
ternehmen 1 und Nichtkauf, bestimmt sich mit:
p1
s1 q 0 ¡ p1 = 0 , q 0 = (2.3)
s1
Die Nachfrage für das Hochqualitätsunternehmen respektive das Niedrigqua-
litätsunternehmen sind demnach:
Z qind
p2 ¡ p1 p1
x1 = f (q)dq = ¡ (2.4)
q0 s2 ¡ s1 s1
Z 1
p2 ¡ p1
x2 = f(q)dq = 1 ¡ (2.5)
q ind s2 ¡ s1
wobei hier mit f(q) die Dichtefunktion der Konsumentenpräferenzen bezeich-
net ist. Die angenommene Gleichverteilung (f (q) = 1) impliziert die Terme
auf der rechten Seite dieser beiden Gleichungen.
in älteren Modellen zur Analyse vertikaler Produktdi¤erenzierung die Annahme getro¤en,
die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten habe eine positive Untergrenze, die so gewählt
sein muß, daß im Gleichgewicht der gesamte Markt bedient wird (Shaked und Sutton
(1982); Tirole (1988); Eaton und Lipsey (1989)). Die dadurch implizierte Unstetigkeits-
stelle der Nachfrage wird hier vermieden.
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 30
p(si ,x)
p2 s2 (1 - x)
s1 (1 - x)
p1
0 x
x2 qind x1 Nicht-Käufer 1
p2 - p1 p2 - p1 p1 p1
1 - s2 - s1 s 2 - s1 - s1 s1
Abbildung 2.1:
p2
R1 (p2 )
R2 (p1 )
pB
2
1 s
2
p1
pB
1
Abbildung 2.2:
oder äquivalent:
s2 ¡ s1
p1 = s1 (2.15)
4s2 ¡ s1
s2 ¡ s1
p2 = 2s2 (2.16)
4s2 ¡ s1
s2 p2 + p1 s2 (s2 ¡ 2s1 )
F 0 (s1 ) = p1 1 (2.17)
(s2 ¡ s1 )2 s21
p2 ¡ p1
F 0 (s2 ) = p2 (2.18)
(s2 ¡ s1 )2
Einsetzen der Bedingungen für p1 und p2 (Gleichungen 2.15 und 2.16) ergibt
nach einigen Umformungen:
3s2 ¡ 2s1
s2 >0
(4s2 ¡ s1 )2
Diese Bedingung ist immer erfüllt. Im Allgemeinen wird man demnach erwar-
ten können, daß die Unternehmen auch im einstu…gen Preis- Qualitätswett-
bewerb Gewinne erzielen. Das wird durch das folgende Beispiel bestätigt.
Sei F (si ) = 1=2 s2i . Die Grenzkosten entsprechen dann gerade der gewähl-
ten Qualität. Mit dieser Annahme läßt sich das Gleichungssystem (2.15) bis
(2.18) explizit lösen, und man erhält Gleichgewichtsqualitäten von
1 ³ p ´
s¤1 = 76 ¡ 24 2
578
2 ³ p ´
s¤2 = 26 + 7 2
289
und positive Gewinne für beide Unternehmen.
Dieses Ergebnis ist insofern bemerkenswert, weil es sich darin von Model-
len, die keine Kosten der Qualität berücksichtigen, wesentlich unterscheidet.
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 34
wobei jeweils unter den geschweiften Klammern das Vorzeichen des entspre-
chenden Teilterms angegeben ist. Der erste Teilterm ist Null, da das Unter-
nehmen jedenfalls weiß, daß es in der zweiten, der Preisstufe des Wettbewerbs
7
Im Zusammenhang mit Werbekosten weist Tirole in Anlehnung an eine Arbeit von
Grossman und Shapiro (1984) auf einen ebensolchen scheinbar paradoxen Zusammenhang
hin. Im Zusammenhang mit Qualitätskosten ist mir ein ähnliches Ergebnis nicht bekannt.
8
Die hier verwendete Verknüpfung von ökonomischer Intuition und formaler Analyse
wurde von Fudenberg und Tirole (1984) im Zusammenhang mit der Analyse von Werbe-
aufwendungen eingeführt und …ndet auch bei Tirole (1988) Verwendung.
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 35
eigene Qualitätswahl nicht beobachten kann. In letzterem Fall läßt sich wie-
derum auf das Vorzeichen des direkten E¤ektes schließen. Es muß negativ
sein, damit der Gesamtausdruck Null werden kann.
Aus dieser Analyse läßt sich die folgende Schlußfolgerung ziehen:
Die erste Behauptung folgt direkt aus den eben angestellten Überlegun-
gen: Wenn eine bestimmte Qualität des Kontrahenten gegeben ist, so muß für
das Niedrigqualitätsunternehmen im zweistu…gen Wettbewerb d¼ 1 =ds1 = 0
und damit aufgrund des strategischen E¤ektes @¼ 1 =@s1 > 0 gelten. Im ein-
stu…gen Wettbewerb muß bei gleicher gegebener Qualität des Konkurrenten
dagegen @¼ i =@si = 0 erfüllt sein. Das kann nur erfüllt sein, wenn das Niedrig-
qualitätsunternehmen im zweistu…gen Wettbewerb eine niedrigere Qualität
als im einstu…gen Wettbewerb wählt. Für das Hochqualitätsunternehmen
gilt aufgrund des negativen strategischen E¤ektes die umgekehrte Argumen-
tation. Da beide Unternehmen von der jeweils niedrigeren respektive höheren
Qualität des anderen über den strategischen E¤ekt auf die Gleichgewichts-
preise pro…tieren, erzielen beide Unternehmen höhere Gewinne als im einstu-
…gen Wettbewerb.
wählen ihre jeweiligen Qualitäten so, daß ihre sogenannte reduzierte Erlös-
funktion abzüglich der Qualitätskosten maximal wird. Die reduzierten Er-
lösfunktionen ergeben sich einfach durch Einsetzen der Gleichgewichtspreise
und -mengen in die jeweilige Erlösfunktion
s2 ¡ s1
R1 (s1 ; s2 ) = E1 (s1 ; s2 ; p¤1 (s1 ; s2 ); p¤1 (s1 ; s2 )) = s1 s2 (2.21)
4s2 ¡ s1
s2 ¡ s1
R2 (s1 ; s2 ) = E2 (s1 ; s2 ; p¤1 (s1 ; s2 ); p¤1 (s1 ; s2 )) = 4s22 (2.22)
4s2 ¡ s1
Notwendige Bedingungen für ein Nash-Gleichgewicht in reinen Strategien für
die Qualitätswahl sind:
Choi und Shin (1992) haben die Frage der gleichgewichtigen Qualitäts-
wahl für den Fall analysiert, in dem Qualität nichts kostet. Wie man sofort
sieht, steigt der Gewinn des Hochqualitätsanbieters in diesem Fall unbe-
schränkt mit steigender Qualität. Man löst dieses Problem in Anlehnung
an Shaked und Sutton, indem man annimmt, es gebe eine Maximalquali-
tät smax . In der hier gewählten Formulierung bedeutet das, F (s) = 0 für
s < smax und F (s) = 1 für s > smax , mit F 00 (smax ) = 1. O¤ensichtlich
gibt es für die Qualitätswahl der Unternehmen in diesem Fall zwei asymme-
trische Nashgleichgewichte in reinen Strategien. Wenn Unternehmen a die
Maximalqualität wählt, dann ist die beste Anwort von Unternehmen b , die
optimale Niedrigqualität s¤1 = 4=7smax zu wählen (siehe (2.23)). Das zweite
Nash-Gleichgewicht erhält man einfach durch Vertauschen der Rollen von
Unternehmen a und b. Das Wettbewerbsspiel hat also ein bis auf Umbe-
zeichnung eindeutiges Nash-Gleichgewicht. Das Bemerkenswerte an diesem
Ergebnis ist, daß eine Firma freiwillig, d.h. obwohl Qualität nichts kostet,
eine relativ niedrige Qualität wählt.13 Im Gegensatz zu den älteren weniger
13
Die etwas willkürlich anmutende Zahl 4=7 resultiert aus der linearen Struktur des
Modells sowie den vorgenommenen Normierungen.
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 38
beziehungsweise
Der Beweis be…ndet sich im Anhang. Aoki und Prusa (1997) haben paral-
lel ein gleichlautendes Ergebnis für den Fall einer quadratischer Kostenfunk-
tion erarbeitet.15 Bemerkenswert erscheint der Umstand, daß der Vorteil des
Hochqualitätsanbieters unabhängig vom Kostenverlauf ist, sofern die Kon-
stenfunktion konvex ist. Die Intuition für dieses allgemeine Ergebnis läßt
sich an Abbildung 2.3 erläutern.
Die Kurve R1 (s1 ; s¤2 ) beschreibt den Verlauf der Erlösfunktion des Nied-
rigqualitätsanbieters in Abhängigkeit von seiner Qualität, während die Qua-
lität des anderen Unternehmens auf dem Gleichgewichtswert s¤2 festgehalten
wird. Umgekehrt beschreibt die Kurve R2 (s¤1 ; s2 ) den Verlauf der Erlösfunkti-
on des Hochqualitätsanbieters in Abhängigkeit von seiner Qualität, während
die Qualität des anderen Unternehmens auf dem Gleichgewichtsniveau s¤1
festgehalten wird. Die Kurve F (s) ist eine beliebige konvexe Kostenfunk-
tion der Qualität. O¤ensichtlich muß im Gleichgewicht die Steigung von
15
Das Problem läßt sich in diesem Fall einfach numerisch lösen.
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 40
R *1 (s1 , s *2 )
R *2 (s* , s2 ) F(s)
R *2 (s*1 , s2 ) 1
F(s)
G(s)
C
D
R *1 (s1 , s *2 )
s *1 s *2 s1 , s 2
Abbildung 2.3:
F (:) dort gleich der Steigung der R1 (s1 ; s¤2 )-Kurve sein, wo s1 = s¤1 . Ge-
nauso muß die Steigung der R2 (s¤1 ; s2 )-Kurve gleich der Steigung von F (:)
sein, dort wo s2 = s¤2 . Desweiteren muß R1 (s1 ; s¤2 ) am Punkt s1 = s¤2 Null
werden, während R2 (s¤1 ; s2 ) = 0 am Punkt s2 = s¤1 gelten muß. Der zen-
trale Ansatzpunkt für den Beweis ist die Konstruktion einer ”worst case”-
Kostenkurve. Diese muß tangential zur F (:)-Kurve am Punkt s¤2 verlaufen
und sollte für den Niedrigqualitätsunternehmer, also an der Stelle s¤1 mög-
lichst klein werden, ohne daß dadurch die Konvexitätseigenschaft verletzt
wird. O¤ensichtlich ist die in der Abbildung dargestellte Gerade G(s) eine
solche ”worst case”-Kostenkurve. Im Beweis wird gezeigt, daß der Abstand
zwischen A und B nicht größer sein kann als der Abstand zwischen C und
D, d.h. R1 (s¤1 ; s¤2 ) ¡ G(s¤1 ) · R2 (s¤1 ; s¤2 ) ¡ G(s¤2 ). Aus der Annahme (stren-
ger) Konvexität der tatsächlichen Kostenkurve F (s) folgt unmittelbar, daß
F (s¤1 ) > G(s¤1 ), womit R1 (s¤1 ; s¤2 ) ¡ F (s¤1 ) < R2 (s¤1 ; s¤2 ) ¡ F (s¤2 ) und damit der
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 41
Folger. Tatsächlich soll das erst noch bewiesen werden. Um das Entschei-
dungsproblem des ”Stackelberg-Führers” analysieren zu können, werden die
beiden folgenden De…nitionen verwendet: Sei s1 = h(s2 ) die optimale Nied-
rigqualitätsantwort des Folgers falls der Führer s2 gewählt hat. Sei ferner
s2 = k(s1 ) die optimale Hochqualitätsantwort des Folgers falls der Führer s1
gewählt hat. In Lemma 1 und Korollar 1 (im Anhang) wird gezeigt, daß h(:)
und k(:) wohlde…nierte Funktionen sind und daß h0 > 0 und k 0 > 0 gilt.
Wenn das Unternehmen, das seine Qualität zuerst wählt, der Qualitäts-
führer, erwartet, daß der Folger mit seiner besten Niedrigqualitätsantwort
reagiert, dann wählt es die beste Hochqualitätsvorgabe sL2 . sL2 muß die fol-
gende Gleichung erfüllen:
dR2 (h(sL2 ); sL2 ) @R2 @R2
= + h0 = F 0 (sL2 )
ds2 @s2 @s1
à !
L L
@R2 2s2 + h(s2 )
, + h0 (sL2 ) ¡4(sL2 )2 0 L
3 = F (s2 ) (2.27)
@s2 L L
(4s2 ¡ h(s2 ))
| {z }
Folgere¤ekt < 0
An der Tatsache, daß der Folgere¤ekt negativ ist, erkennt man, daß ein
Stackelberg-Führer eine niedrigere Qualität anbieten wird als der Hochqua-
litätsführer im zweistu…gen Wettbewerbsspiel mit simultaner Qualitätswahl,
wenn er erwartet, daß der Folger mit seiner besten Niedrigqualitätsantwort
reagiert.
Wenn andererseits der Qualitätsführer erwartet, daß der Folger mit sei-
ner besten Hochqualitätsantwort reagiert, dann wählt der Führer die beste
Niedrigqualitätsvorgabe sL1 , und sL1 muß die folgende Gleichung erfüllen:
à !
L L
@R1 2k(s 1 ) + s1
+ k 0 (sL1 ) s21 = F 0 (sL1 ) (2.28)
@s1 L L 3
(4k(s1 ) ¡ s1 )
| {z }
Folgere¤ekt > 0
zeitig einen höheren Gewinn erzielen wird als der Folger, besteht aus drei
Teilen:
(1) Es muß nachgewiesen werden, daß der Gewinn des Qualitätsführers
bei Wahl von sL2 größer ist als bei der Wahl von sL1 falls der Folger mit h(sL2 )
beziehungsweise mit k(sL1 ) in erwarteter Weise reagiert. Da der Gewinn des
Hochqualitätsunternehmens bei der Qualitätskombination (s1 = h(sL2 ); sL2 )
jedenfalls höher und der Gewinn des Niedrigqualitätsanbieters jedenfalls
niedriger ist als bei der Kombination (s¤1 ; s¤2 ) des simultanen Qualitätsspiels
und dafür schon ein Hochqualitätsvorteil nachgewiesen werden konnte, wäre
dann auch gewährleistet, daß der Hochqualitätsführer einen höheren Gewinn
erzielt als der Niedrigqualitätsfolger.
(2) Es ist aber möglich, daß die beste Antwort des Folgers auf sL2 des
Qualitätsführers nicht in der Wahl von h(sL2 ), der besten Niedrigqualitäts-
antwort, sondern in der Wahl von k(sL2 ) > sL2 , der besten Hochqualitätsant-
wort besteht. Man spricht dann von der Gefahr des Qualitäts-leapfrogging.
Dieses Problem konnte, wie im vorherigen Abschnitt erläutert, abhängig vom
Verlauf der Qualitätskosten bereits bei simultaner Qualitätswahl auftreten.
Im sequentiellen Qualitätswettbewerb wird dieses Problem häu…ger auftre-
ten, da sL2 < s¤2 und der Gewinn des Niedrigqualitätsanbieters niedriger ist.
Qualitäts-leapfrogging wird im sequentiellen Wettbewerbsspiel also lohnen-
der und leichter für das Niedrigqualitätsunternehmen. In einem solchen Fall
muß der Qualitätsführer eine Qualität s^ wählen, die den Folger gerade indif-
ferent zwischen Hoch- beziehungsweise Niedrigqualitätszutritt stellt. s^ ist so
de…niert, daß die folgende Gleichung erfüllt ist:
s); s^) ¡ F (h(^
R1 (h(^ s)) = R2 (^ s)) ¡ F (k(^
s; k(^ s)) (2.29)
Wenn der Qualitätsführer sicherstellen will, daß er der Hochqualitätsanbieter
ist, dann muß er eine Qualität sx2 wählen, für die gilt: sx2 = max(sL2 ; s^).
(3) Es muß sichergestellt sein, daß der Qualitätsführer immer ein Interesse
daran hat, Qualitäts-leapfrogging zu verhindern, und daß er sich damit immer
besser stellt als der Folger. Es muß also gelten:
R2 (h(sx2 ); sx2 ) ¡ F (h(sx2 )) > R1 (sL1 ; k(sL1 )) ¡ F (sL1 ) (2.30)
R2 (h(sx2 ); sx2 ) ¡ F (h(sx2 )) > R1 (h(sx2 ); sx2 ) ¡ F (h(sx2 )) (2.31)
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 44
R *1 (s1 , sF2 ) ~
R *2 (s1 , s2 )
R *2 ~ ,s )
(s 1 2
R *2 (sL1 , s 2 ) C F(s)
F(s)
G(s)
R *2 (sL1 , s 2 )
R *1 (s1 , sF2 )
A
~
s1 s L1 s F2 s 1 , s2
B
Abbildung 2.4:
R *1 (s1 , ^s)
R *2 (s^ 1 , s 2 )
R *2 ^ ,s )
(s F(s)
1 2
^ ,s )
R *2 (s 2
F(s)
^ ,s )
R *2 (s 2
R *1 (s1 , ^s)
s^1 s^ s^2 s1 , s2
Abbildung 2.5:
Kostenkurve muß gleich der Steigung der R1 (s1 ; sF2 )-Kurve am Punkt s1 = s~1 ,
da s~1 ´ h(sF2 ) die beste Niedrigqualitätsantwort auf sF2 ist. Zudem muß die
Steigung der Kostenkurve gleich der Steigung der R2 (sL1 ; s2 )-Kurve am Punkt
s2 = sF2 sein, da sF2 ´ k(sL1 ). Diese Eigenschaften reichen aus, um beweisen
zu können, daß der Abstand zwischen A und B nicht größer sein kann als der
Abstand zwischen C und D. Aus der Konvexität von F (:) folgt dann wie-
derum, daß der Qualitätsführer sich mit der Wahl von sF2 strikt besser stellt
als mit der Wahl von sL1 . Da sL2 < s¤2 < sF2 jedenfalls gilt, wird der Quali-
tätsführer von sF2 in Richtung einer höheren Qualität nur dann abweichen,
wenn er damit Qualitäts-leapfrogging verhindert, also wenn s^ > sF2 . Um
nun für s^ > sF2 beweisen zu können, daß sich das Verhindern von Qualitäts-
leapfrogging in jedem Fall lohnt, …nden zwei Argumente Verwendung. Man
beachte in Abbildung 2.4 zunächst, daß der Gewinn des Niedrigqualitätsfol-
gers mit s~1 = h(sF2 ) bei Vorgabe des Qualitätsführers von sF2 größer ist als
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 46
der Gewinn, den der Qualitätsführer erzielen könnte, falls er sL1 vorgibt und
der Folger optimal mit sF2 reagiert. Weiterhin gilt, daß der Folger von einer
hohen ”leapfrogging-Verhinderungsqualität” s^ pro…tiert. Damit gilt für alle
s^ > sF2 :
R1 (^
s1 ; s^)¡F (^
s1 ) > R1 (~ s1 ) > R1 (s¤1 ; sF2 )¡F (s¤1 ) > R1 (sL1 ; sF2 )¡F (sL1 )
s1 ; sF2 )¡F (~
Man betrachte nun Abbildung 2.5. Per de…nitionem gilt für s^, s^1 ´ h(^
s) und
s^2 ´ k(^ s; s^2 ) ¡ F (^
s): R2 (^ s2 ) = R1 (^ s1 ; s^) ¡ F (^
s1 ). Es bleibt zu zeigen, daß
s1 ; s^) ¡ F (^
R2 (^ s) > R2 (^ s; s^2 ) ¡ F (^
s2 ). Da R2 (^ s1 ; s2 ) jedenfalls über R2 (^
s; s2 )
liegt, reicht es zu zeigen, daß der Abstand dieser beiden Kurven zur Kosten-
kurve F immer kleiner wird für wachsende s^. Das wiederum ist gewährleistet
für alle s^ > s¤2 .16
Damit ist sichergestellt, daß der Qualitätsführer in jedem Fall eine höhere
Qualität wählt als der Folger. Der Beweis, daß er dabei in jedem Fall einen
höheren Gewinn erzielt als der Folger, erfordert die Anwendung einer recht
langen Ungleichungskette (siehe Schritt 2 im Beweis von Proposition 4 im
Anhang), die schließlich in den Schluß mündet, daß
s1 ; s^) ¡ F (^
R2 (^ s1 ) falls s^ > s¤2
s1 ; s^) ¡ F (^
s) > R1 (^
Wobei die linke Seite dem Gewinn des Qualitätsführers und die rechte dem
des Folgers entspricht, falls tatsächlich s^ > s¤2 . Der Qualitätsführer wird von
s¤2 , der hohen Gleichgewichtsqualität des simultanen Qualitätswettbewerbs,
nur dann nach unten abweichen, wenn sich das für ihn lohnt. Gleichzei-
tig sinkt dadurch der Gewinn des Niedrigqualitätsfolgers. Es wurde aber in
Satz 2.2 bereits bewiesen, daß bei simultaner Qualitätswahl ein Hochqua-
litätsvorteil besteht. Damit besteht dieser jedenfalls auch im sequentiellen
Qualitätswettbewerb.
Das Ergebnis dieser etwas schwierigen Argumentation wird im folgenden
Satz festgehalten.
Qualität wählt, entscheidet sich für die höhere Qualität und erzielt einen
höheren Gewinn als das Unternehmen, das als zweites seine Qualität wählt.
2.6 Markteintrittsabschreckung
Auch wenn der Hochqualitätsführer im sequentiellen Qualitätswettbewerb
jedenfalls einen höheren Gewinn erzielt als der Niedrigqualitätsfolger, wür-
de er es selbstverständlich vorziehen, wenn der Folger erst gar nicht in den
Markt zutrete. Falls beispielsweise Qualität bis hin zu einer Maximalqualität
nichts kostet, erzielt der Qualitätsführer einen Gewinn von 7=48 ¢ smax falls
der Kontrahent zutritt und einen Gewinn von 1=4 ¢ smax falls der Konkurrent
den Marktzutritt unterläßt. Es liegt nahe zu fragen, ob der Qualitätsführer
den Konkurrenten durch geeignete Qualitätswahl vom Zutritt abschrecken
kann. Die Frage wurde von Donnenfeld und Weber (1995) untersucht. Sie
kommen in einem ähnlichem Model, allerdings ohne Berücksichtigung von
Qualitätskosten, zu dem Ergebnis, daß im sequentiellen Qualitätsspiel das
zuerst wählende Unternehmen einen Anreiz haben kann, zwecks Marktab-
schreckung eine niedrigere Qualität zu wählen als ohne Marktabschreckungs-
überlegung. Sie sprechen von limit qualities.
Die Diskussion im vorigen Abschnitt hat gezeigt, daß der Qualitätsfüh-
rer in jedem Fall bemüht sein muß, ein Qualitäts-leapfrogging, das heißt den
Zutritt des Folgers im Hochqualitätsbereich zu verhindern. Er wird in je-
dem Fall s2 ¸ max(^s; sL2 ) wählen müssen. Nur wenn s^ < sL2 ist Marktab-
schreckung grundsätzlich möglich. Natürlich läßt sich der Kontrahent nur
dann vom Marktzutritt abschrecken, wenn der Zutritt etwas kostet. Die
Marktzutrittskosten des Folgers sollen mit C F bezeichnet werden. Falls der
Gewinn des Folgers (unter Berücksichtigung von Zutrittskosten) bei einer
Qualitätswahl des Führers von sL2 negativ ist, ist der Marktzutritt blockiert,
und das Problem einer Abschreckungsqualität stellt sich nicht. Falls der Ge-
winn des Folgers (wieder unter Berücksichtigung von Zutrittskosten) aber
auch dann positiv bleibt, wenn der Qualitätsführer s^ wählt, dann läßt sich
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 48
der Marktzutritt nicht abschrecken. Damit ist die folgende Aussage schon
bewiesen:
Satz 2.5 Qualität kann zur Marktabschreckung genutzt werden, wenn und
nur wenn die folgende Bedingung erfüllt ist:
1 1 ¡ s^=smax
s^=smax = 4
48 (4 ¡ s^=smax )2
)
s^
max
= 0:9539
s
Das heißt, der Qualitätsführer darf seine Qualität um maximal knapp 5%
unter die Maximalqualität senken, sonst tritt der Folger mit einer hohen,
der Maximalqualität, zu.17 Der Qualitätsführer kann damit den Gewinn
des Folgers um knapp 5% nach unten drücken. Die Zutrittskosten C F des
Folgers müssen genau in diesem 5%-Bereich liegen, damit der Qualitätsführer
mit Aussicht auf Erfolg zum Abschreckungsinstrument limit quality greifen
kann.
q p
17
Die exakte Lösung ist: s^=smax = 8=3 ¡ A + 20=9 ¢ A¡1 , wobei A ´ 3
334=27 + 2 41.
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 49
Man kann die Gewinne der beiden Unternehmen in diesem Fall leicht errech-
nen und erhält:
1 7 7
¼1 = ¼2 = ¢ a= a
48 4 192
Die Gewinne von Hoch- und Niedrigqualitätsunternehmen sind also in die-
sem Extremfall gleich. Zwar verletzt die hier verwendete Kostenkurve die
Annahme strenger Konvexität. Aber es läßt sich natürlich eine streng kon-
vexe Kurve …nden, die dieser sehr nahe kommt und die somit zu Gewinnen
führt, die fast gleich sind. Der Hochqualitätsvorteil im simultanen Spiel ist
also ein ”enges” Resultat. Es mag deshalb auch nicht überraschen, daß es
möglich ist, nicht lineare Nachfragekurven zu …nden, bei denen es in Ver-
bindung mit einer entsprechend konstruierten Kostenkurve auch zu einem
Niedrigqualitätsvorteil kommen kann.
Für das sequentielle Wettbewerbsspiel lassen sich analoge Überlegungen
anstellen. In diesem Fall kann aber die Kombination (s1 = a; s2 = 7=4 ¢ a)
s¤1 < s¤2 ; p¤1 < p¤2 sei ein Gleichgewicht mit ¼¤1 ¸ ¼¤2 . Dann kann Unternehmen 2 durch
einseitiges Abweichen auf den Preis p2 = p¤1 seinen Gewinn erhöhen. Denn es gilt:
¼ 2jp2 =p¤1 > ¼¤1 ¸ ¼¤2 . Ein Widerspruch zur Annahme, es handele sich um ein Gleichgewicht.
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 52
R *1 (s1 , s*2 )
R *2 (s*1 , s 2 ) G(s)
G (s)
R *2 (s* , s 2 ) 24
1
R *1 (s1 , s *2 )
s *1 = a s *2 =
7
4 a s1 , s 2
Abbildung 2.6:
kein Gleichgewicht sein. Denn das Unternehmen, das als erstes seine Qua-
lität wählen darf, würde den Folgere¤ekt ausnutzen. D.h. es würde eine
niedrigere Qualität als s2 = 7=4 ¢ a wählen, und das Folgerunternehmen
würde nach unten abweichen, d.h. mit einer niedrigeren Qualität als s1 = a
antworten. Das Hochqualitäts-Führerunternehmen erzielt dadurch einen grö-
ßeren und das Niedrigqualitäts-Folgerunternehmen einen kleineren Gewinn.
Diese Überlegung macht schon deutlich, daß der Hochqualitätsvorteil bei
sequentieller Qualitätswahl ein stärkeres Resultat als bei simultaner Quali-
tätswahl ist. Und tatsächlich zeigt die etwas kompliziertere Konstruktion
der ”worst case”-Kostenkurve für den Fall sequentieller Qualitätswahl, daß
der Hochqualitätsvorteil bei sequentieller Qualitätswahl kein ”enges” Re-
sultat ist. Das Hochqualitäts-Führerunternehmen erzielt einen mindestens
doppelt so hohen Gewinn, wie das Niedrigqualitäts-Folgerunternehmen und
auch einen mindestens doppelt so hohen Gewinn, wie es als Niedrigqualitäts-
KAPITEL 2. STATISCHER QUALITÄTSWETTBEWERB 53
2.7.5 Fazit
Wählen Unternehmen ihre Produktqualitäten und ihre Preise gleichzeitig,
d.h. lassen sich Qualitäten ähnlich schnell anpassen wie Preise, dann läßt
sich auch im Rahmen der hier verwendeten einfachen Modellierung keine
Aussage darüber tre¤en, ob die resultierenden Gleichgewichte eher zu einem
Vorteil für das Hochqualitätsunternehmen oder für das Niedrigqualitätsun-
ternehmen führen. Wählen die Unternehmen ihre Qualitäten strategisch, d.h.
in einer dem Preiswettbewerb vorgelagerten Stufe, dann läßt sich ein Vorteil
für das Hochqualitätsunternehmen nachweisen, der unabhängig vom Verlauf
der Qualitätskosten ist. Tre¤en die Unternehmen ihre Qualitätsentscheidung
auf der ersten Stufe simultan, dann hängt dieses Ergebnis von der verwen-
deten linearen Nachfragestruktur ab und ist auf Situationen beschränkt, in
denen ein Gleichgewicht in reinen Strategien existiert. Bei sequentieller Qua-
litätswahl gilt dieses Ergebnis in verstärkter Form. Es existiert dann immer
ein Gleichgewicht in reinen Strategien mit einem Vorteil für das zuerst sei-
ne Qualität wählende Unternehmen, das im Gleichgewichtsergebnis immer
auch das Hochqualitätsunternehmen ist. Darüber hinaus ist der Hochquali-
tätsvorteil des sequentiellen Qualitätswettbewerbs vermutlich nicht von der
verwendeten linearen Nachfrage abhängig.
Beschränkt man sich auf die Analyse strategischer und sequentieller Qua-
litätswahl, dann kann im statischen Wettbewerb von einem strukturellen
Hochqualitätsvorteil gesprochen werden. Im dynamischen Wettbewerb wird
dagegen das zuerst wählende Unternehmen typischerweise automatisch das
Niedrigqualitätsunternehmen sein, und es ist dann eine o¤ene Frage, ob es im
Regelfall zu einem Vorteil für das nachziehende Hochqualitäts- oder für das
zuerst ziehende Niedrigqualitätsunternehmen kommen wird. Dieser Frage
wird im folgenden Kapitel nachgegangen.
Anhang A
Mathematischer Anhang zu
Kapitel 2
Es werden zunächst die vier Resultate - Lemmata 1-3 sowie Korollar 1 - be-
wiesen, die den mathematischen Kern der Analyse des Hochqualitätsvorteils
ausmachen. Diese Resultate sowie die zugehörigen Beweise sind so konzipiert,
daß sie unabhängig vom oberen inhaltlichen Teil gelesen und insbesondere
nachgeprüft werden können. Zum Verständnis der anschließend dargestell-
ten Beweise der Sätze, die inhaltlich den Kern dieses Kapitels ausmachen, ist
dagegen naturgemäß eine inhaltliche Auseinandersetzung erforderlich. Ab-
schließend wird ein Überblick über die in den Beweisen verwendeten De…ni-
tionen gegeben.
56
ANHANG A. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 2 57
,
h(s2 ) ¢ A F 00 (s2 ) + h(s2 ) ¢ B
<
F 00 (h(s2 )) + s2 ¢ A s2 ¢ B
(
h(s2 ) ¢ A h(s2 ) F 00 (s2 ) + h(s2 ) ¢ B
00
< <
F (h(s2 )) + s2 ¢ A s2 s2 ¢ B
wobei A ´ 2s2 [8s2 + 7h(s2 )]=[(4s2 ¡ h(s2 ))4 ] und B ´ 8h(s2 )[5s2 +
h(s2 )]=[(4s2 ¡ h(s2 ))4 ]. Die letzten beiden Ungleichungen sind sicher erfüllt,
da A; B und F 00 positiv sind. Damit ist die Existenz einer eindeutigen posi-
tiven Lösung der Gleichung g¹0 (s2 ) = 0 bewiesen. Diese Lösung wird mit s¤2
bezeichnet. Zudem wird die Bezeichnung verwendet: s¤1 ´ h(s¤2 ). Dann gilt
für das eindeutige endliche Paar (s¤1 ; s¤2 ): f(s¤1 ; s¤2 ) = 0 = g(s¤1 ; s¤2 ). Zudem
gilt 0 < s¤1 < s¤2 , wegen *) auf vorheriger Seite. Q.E.D.
Das folgende Korollar dient vor allem der Übersetzung der Ergebnisse des
Lemmas auf die oben im Text verwendete Notation.
2. Es existiert eine Zahl s > s¤1 mit g(s; s) = 0 sowie eine stetig dif-
ferenzierbare Funktion k : fs1 j0 < s1 · sg ! f[s1 ; 1[g, so daß
g(s1 ; k(s1 )) = 0 für alle s1 im De…nitionsbereich von k. Es gilt
k(s1 ) > s1 und k 0 (s1 ) > 0 für alle s1 < s, sowie k(s) = s.
s1 s2 (s2 ¡s1 ) 4s22 (s2 ¡s1 )
3. R1 ; R2 : D ! R+ , mit R1 (s1 ; s2 ) = (4s2 ¡s1 )2
und R2 (s1 ; s2 ) ´ (4s2 ¡s1 )2
sind stetig di¤erenzierbare Funktionen.
@R1 (s1 ;s2 )
4. @s1 js2 =k(s1 )
< F 0 (s1 ) für alle s1 für die gilt, s¤1 < s1 · s.
1¡a 1¡a
4z 2
¡ F (z) > az ¡ F (az) (A.1)
(4 ¡ a) (4 ¡ a)2
Die Funktion G(:) ist so konstruiert, daß sie tangential zu F (:) am Punkt z
verläuft. Aus der angenommenen Konvexität von F (:) folgt, daß F (az) >
G(az) für az < z. Mithin gilt, daß:
1¡a 1¡a 1¡a
4z (4¡a) 2 ¡ F (z) ¸ az (4¡a)2 ¡ G(az) > az (4¡a)2 ¡ F (az) wie im Lemma
behauptet. Q.E.D.
Lemma 3 Seien a; a
^; z drei Zahlen sowie F eine wie in Lemma 1 de…nierte
Funktion F , dann gilt: Aus (0 < a^ · 4=7) ^ (^a < a < 1) ^ (z > 0) ^
([4 (4 ¡ 3a + 2a2 )]=[(4 ¡ a)3 ] = F 0 (z)) folgt:
1¡a ^ 1¡a
4z ¡ F (z) > az ¡ F (az)
^)2
(4 ¡ a (4 ¡ a)2
Beweis: In diesem Fall erweisen sich die folgenden De…nitionen als hilf-
2
reich: b ´ 4 4¡3a+2a
(4¡a)3
= F 0 (z), A ´ bz ¡ F (z) und schließlich: G(s) = bs ¡ A.
Zunächst soll bewiesen werden:
1 ¡ a^ 1¡a
4z 2
¡ G(z) ¸ az ¡ G(az) (A.3)
(4 ¡ a^) (4 ¡ a)2
1¡a ^ 1¡a 4 ¡ 3a + 2a2
, 4 ¡a ¸ 4 (1 ¡ a) (A.4)
^)2
(4 ¡ a (4 ¡ a)2 (4 ¡ a)3
| {z } | {z } | {z }
fallend in a
^ Minimum bei a= 47 fallend in a
a) Sei a ¸ 47 , dann:
Elementare Berechnungen zeigen, daß die einzelnen Terme von (A.4) mo-
noton im angegebenen Bereich sind. Damit läßt sich leicht zeigen,
7 1¡^
a
£ ¤
daß: 48 · 4 (4¡^a)2
^ 2 0; 47 , (beachte, a
8a ^ · 47 wurde vorausgesetzt)
1 1¡a
£4 ¤
und: ¡ 48 · ¡a (4¡a) 2 8a 2 7
;1 ,
4¡3a+2a2
£ ¤
und schließlich: 8 ¸ 4 (4¡a)3 (1 ¡ a) 8 a 2 47 ; 1 :
1
7 1
Da zudem 48 ¡ 48 = 18 , ist die Ungleichung (A.4) erfüllt für a ¸ 47 .
ANHANG A. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 2 61
4
b) Sei nun a < 7
, Dann ist Ungleichung (A.4) sicherlich erfüllt, wenn
^:
a=a
4¡a 4 ¡ 3a + 2a2 4
2
> 4 3
,a< .
(4 ¡ a) (4 ¡ a) 7
Mithin wurde für alle 0 < a
^ < a < 1 gezeigt, daß (A.3) erfüllt ist:
1¡a ^ 1¡a
4z 2
¡ G(z) ¸ az ¡ G(az)
(4 ¡ a
^) (4 ¡ a)2
Die Funktion G(:) ist wiederum so konstruiert, daß sie tangential zu F (:)
am Punkt z verläuft. Also F (z) = G(z). Aus der Konvexität von F (:) folgt
daß F (az) > G(az) für az < z. Also:
Man de…niert a und z mit 0 < a < 1 und 0 < z so daß az ´ s¤1 < s¤2 ´ z.
Die notwendigen Bedingungen für ein Nash-Gleichgewicht in reinen Strate-
gien (Gleichungen (2.23) und (2.24)) lassen sich unter Verwendung dieser
De…nitionen folgendermaßen umformulieren:
Die Aussagen 6 und 7 des Korollars stellen sicher, daß tatsächlich sL1 > s¤1 als
Lösung von Gleichung (2.28) und sL2 < s¤2 als Lösung für Gleichung (2.27) gel-
ten muß, falls sL1 im De…nitionsbereich von k sowie sL2 im De…nitionsbereich
von h existiert. Man beachte nun, daß die Gewinne beider Unternehmen für
das Paar (s¤1 ; s¤2 ) positiv sind, während lims2 !0 R2 (h(s2 ); s2 ) = R1 (s; k(s))
= 0. Damit ist eine innere Lösung für die Gleichungen (2.28) und (2.27)
gewährleistet. Q.E.D.
Das Unternehmen, das seine Qualität zuerst wählt, hat zwei Optionen: Es
kann die beste Niedrigqualität oder die beste Hochqualität wählen.
Die beste Niedrigqualität sei mit sL1 bezeichnet. Bezeichne ferner sF2 ´
k(sL1 ) die beste Hochqualitätsantwort auf sL1 . Beachte, daß sL1 die notwendige
Bedingung für ein Maximum des Niedrigqualitätsführers (2.28) erfüllen muß.
Der höchste Gewinn, den der Qualitätsführer erreichen kann, wenn er die
niedrige Qualität wählt, wird mit ¦Llow ´ R1 (sL1 ; sF2 ) ¡ F (sL1 ) bezeichnet.
Man beachte, daß sL1 > s¤1 und sF2 > s¤2 (aus Satz 2.3), wobei das Paar
(s¤1 ; s¤2 ) die Lösung der Gleichungen (A.5) und (A.6) ist.
Die beste Hochqualitätswahl des Qualitätsführers ist komplizierter. Ei-
nerseits kann er diejenige Qualität wählen, die die beste Vorgabe darstellt
unter der Voraussetzung, daß der Folger mit seiner besten Niedrigqualität
darauf reagiert. Diese Qualität sei mit sL2 bezeichnet, wobei die beste Nied-
rigqualitätsantwort des Folgers sF1 ´ h(sL2 ) ist. sL2 erfüllt die Bedingung
(2.27). Anderseits kann der Qualitätsführer gezwungen sein, eine Qualität
zu wählen, die den Folger davon abhält, ihn mit einer höheren Qualität zu
überholen. Das Qualitätsniveau, das ein solches Qualitäts-leapfrogging ge-
rade verhindert wird mit s^ bezeichnet, wobei s^1 ´ h(^
s) die optimale Nied-
rigqualitätsreaktion und s^2 ´ k(^
s) die optimale Hochqualitätsreaktion des
Folgers auf diese Qualität s^ ist. s^, s^1 und s^2 werden aus der folgenden Glei-
ANHANG A. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 2 63
chung bestimmt:
s1 ; s^) ¡ F (^
R1 (^ s; s^2 ) ¡ F (^
s1 ) = R2 (^ s2 ) (A.7)
dung dieser De…nitionen, lassen sich die beiden Bedingungen erster Ordnung
des Folgers bei optimaler Hochqualitätsreaktion auf sL1 beziehungsweise bei
optimaler Niedrigqualitätsreaktion auf sF2 folgendermaßen umformulieren:
4 ¡ 3a + 2a2
4 = F 0 (z)
(4 ¡ a)3
4 ¡ 7^a
= F 0 (^az) > 0
^)3
(4 ¡ a
Damit folgt aus Lemma 3:
1¡a ^ 1¡a
4z 2
¡ F (z) > az ¡ F (az)
(4 ¡ a ^) (4 ¡ a)2
s1 ; sF2 ) ¡ F (sF2 ) > R1 (sL1 ; sF2 ) ¡ F (sL1 )
, R2 (~
wie behauptet.
Schritt 2. Es wird gezeigt, daß R2 (^ s) > R1 (sL1 ; sF2 ) ¡ F (sL1 ) falls
s1 ; s^) ¡ F (^
s^ > sF2 . Zunächst folgt aus s^1 < s^ und der Tatsache, daß R2 fallend im ersten
Argument ist: R2 (^ s1 ; s^2 ) ¡ F (^ s; s^2 ) ¡ F (^
s2 ) > R2 (^ s2 ). Aus Korollar 1 folgt
unmittelbar daß: @R2 (h(s2 ); s2 )=@s2 < F 0 (s2 ) für alle s2 > s¤2 . Dann folgt aus
s¤2 < sF2 < s^, aus der Konkavität von R2 in bezug auf das zweite Argument
und aus der Konvexität von F (:); daß R2 (^ s1 ; s^) ¡ F (^s) > R2 (^ s1 ; s^2 ) ¡ F (^s2 ).
Mithin folgt: R2 (^
s1 ; s^) ¡ F (^ s; s^2 ) ¡ F (^
s) > R2 (^ s1 ; s^) ¡ F (^
s2 ) = R1 (^ s1 ) (aus
der De…nition von s^1 ; s^; s^2 ). Es bleibt zu zeigen, daß:
Das folgt aber aus: (1) R1 ist steigend im zweiten Argument, (2) s^ > sF2 per
Annahme in diesem Beweisschritt, und (3) weil s^1 die beste Antwort auf s^ auf
der linken Seite der Ungleichung ist, während sL1 nicht die beste Antwort auf
sF2 auf der rechten Seite der Ungleichung ist. Mithin gilt R2 (^
s1 ; s^) ¡ F (^
s) >
L F L F
R1 (s1 ; s2 ) ¡ F (s1 ) falls s^ > s2 wie behauptet.
Schritt 3. Schritt 1 und 2 stellen sicher, daß der Qualitätsführer sx2 ¸
max(sF2 ; s^) wählt statt sL1 . Sei sx1 darauf die beste Antwort des Folgers. Es
ist nun zu zeigen, daß ¦Lhigh ´ R2 (sx1 ; sx2 ) ¡ F (sx2 ) > R1 (sx1 ; sx2 ) ¡ F (sx1 ) ´
¦Flow . Es gelte zunächst s¤2 < s^. Der Qualitätsführer wird dann in jedem
Fall die kleinste mögliche Qualität wählen, die Qualitäts-leapfrogging noch
ANHANG A. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 2 65
verhindert, daß heißt sx2 = s^, weil dR2 (h(s2 ); s2 )=ds2 < @R2 (h(s2 ); s2 )=@s2 <
F 0 (s2 ) für alle s2 > s¤2 (aus Korollar 1). Es wurde bereits im Schritt 2 gezeigt,
daß R2 (^ s1 ; s^) ¡ F (^ s; s^2 ) ¡ F (^
s) > R2 (^ s1 ) = ¦Flow für alle
s1 ; s^) ¡ F (^
s2 ) = R1 (^
s^ > s¤2 . Sei nun s^ · s¤2 . Aus Satz 2.2 ist bereits bekannt, daß für jedes Paar
(s¤1 ; s¤2 ) das Hochqualitätsunternehmen einen höheren Gewinn erzielt als das
Niedrigqualitätsunternehmen. Wenn der Qualitätsführer also sx2 = s¤2 wählt,
erzielt er den höheren Gewinn. Er wird sx2 < s¤2 nur wählen, falls sein Gewinn
sich dadurch erhöht. Andererseits fallen dadurch die Gewinne des Folgers.
Mithin gilt im Fall s^ · s¤2 wie im Fall s^ > s¤2 , daß der Qualitätsführer höhere
Gewinne erzielt als der Folger. Q.E.D.
Verwendete De…nitionen
De…nition A.1 Das Paar (s¤1 < s¤2 ) ist die einzige Lösung der Gleichungen
(2.23) und (2.24) - siehe Satz 2.1:
@R1 (s¤1 ; s¤2 ) ¤
¤ 4s2 ¡ 7s1
¤
0 ¤
= s2 ¤ 3 = F (s1 )
@s1 ¤
(4s2 ¡ s1 )
¤ ¤ 2
@R2 (s1 ; s2 ) 4s¤ ¡ 3s2 s¤1 + 2s¤1
= 4s¤2 2 3 = F 0 (s¤2 )
@s2 ¤ ¤
(4s2 ¡ s1 )
De…nition A.2 s1 = h(s2 ) mit h0 > 0 ist die einzige Lösung der Gleichung
(2.23) für ein gegebenes s2 > 0 (Lemma 1 und Korollar 1).
De…nition A.3 s2 = k(s1 ) mit k 0 > 0 ist die einzige Lösung der Gleichung
(2.24) für ein gegebenes s1 2]0; s], wobei s = k(s) > s¤1 . (Lemma 1 und
Korollar 1).
De…nition A.4 Das Paar (sL1 ; sF2 = k(sL1 )) ist die Lösung des Problems:
Aus Satz 2.3 folgt: s¤1 < sL1 < s und s¤2 < sF2 .
De…nition A.5 Das Paar (sF1 = h(sL2 ); sL2 ) ist die Lösung des Problems:
Aus Satz 2.3 folgt: sF1 < s¤1 und 0 < sL2 < s¤2 .
ANHANG A. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 2 66
s1 ; s^) ¡ F (^
R1 (^ s; s^2 ) ¡ F (^
s1 ) = R2 (^ s2 )
De…nition A.8 Das Paar (sx1 = h(sx2 ); sx2 ) ist die Lösung des Problems
Dynamischer
Technologiewettbewerb - Der
Vorteil des nachziehenden
Unternehmens1
3.1 Einleitung
In diesem Kapitel wird untersucht, unter welchen Bedingungen es im dynami-
schen Technologiewettbewerb zwischen zwei Unternehmen im Gleichgewicht
zu einem Vorteil für den Innovationsfolger kommt.
Fudenberg und Tirole (1985) weisen in einer bahnbrechenden Arbeit nach,
daß ein möglicher …rst-mover Vorteil in dynamischen Spielen typischerweise
keinen Bestand hat. Sogenanntes preemption führt zu dem Ergebnis, daß
es in teilspielperfekten Gleichgewichten zum Gewinnausgleich der am Adop-
tionswettbewerb beteiligten Unternehmen kommen wird (rent equalization),
auch wenn die Unternehmen nicht gleichzeitig die neue Technologie einfüh-
1
Dieses Kapitel basiert wesentlich auf einer Forschungszusammenarbeit mit Frau Hei-
drun Hoppe. Dabei lag der Beitrag des Verfassers hauptsächlich in der Formulierung der
allgemeingültigen Methode und deren numerische Umsetzung (Abschnitt 3.2 und Anhang)
sowie auf deren Anwendung auf den dynamischen Qualitätswettbewerb (Abschnitt 3.3).
67
KAPITEL 3. DYNAMISCHER TECHNOLOGIEWETTBEWERB 68
ren. Dasgupta (1988) und später auch Fudenberg und Tirole (1991) weisen
darauf hin, daß andererseits ein möglicher second-mover Vorteil sehr wohl
Ergebnis eines teilspielperfekten Gleichgewichts in dynamischen Spielen sein
kann. Dasgupta führt für Innovationsspiele die grundlegende Unterscheidung
zwischen einer race-Struktur mit Gewinnausgleich im Gleichgewicht und ei-
ner waiting game-Struktur mit einem second-mover Vorteil ein.
Zuerst wurden waiting games aufgrund möglicher second-mover Vorteile
von Riley (1979 und. 1980) in der Biologie für die Erklärung von Verhal-
tensmustern im Überlebenskampf entwickelt. Eine analoge Anwendung für
den Überlebenskampf bzw. die Austrittsreihenfolge von Unternehmen aus
schrumpfenden Märkten …ndet sich bei Ghemawat und Nalebu¤ (1986).
In der empirischen Forschung wird die Frage, ob es im Innovationswett-
bewerb zu …rst- oder second-mover Vorteilen kommt, derzeit heftig disku-
tiert. In einer vielbeachteten Studie greifen Tellis und Golder (1996) das bis
dahin weithin akzeptierte Ergebnis anderer empirischer Studien an, die im
Durchschnitt einen Vorteil der Pionierunternehmen festgestellt hatten. Einen
Überblick zu diesen Studien geben Robinson et al. (1994).
Die sich daraus ergebende grundlegende theoretische Frage, unter welchen
Voraussetzungen, im technologischen Wettbewerb mit einem second-mover
Vorteil zu rechnen ist, wurde dagegen bislang im Rahmen industrieökono-
mischer Modelle kaum untersucht. Beispielsweise ist bei Dasgupta (1988)
der mögliche second-mover Vorteil exogen gegeben. Dutta et al. (1995) er-
kennen dieses Problem. Dennoch gilt ihr Augenmerk im wesentlichen der
Frage, welches der beteiligten Unternehmen gegebenenfalls in den Genuß der
vorteilhaften Gleichgewichtsposition kommt. Die ebenfalls angestrebte En-
dogenisierung eines second-mover Vorteils gelingt ihnen dagegen nicht.
Im vorangegangenen Kapitel konnte eine stabile Asymmetrie in einem
statischen Modell zur Technologiewahl von Unternehmen aufgezeigt werden.
Das Hochqualitätsunternehmen erzielt im Gleichgewicht auch dann einen hö-
heren Gewinn als das Niedrigqualitätsunternehmen, wenn es für die bessere
Qualität höhere Entwicklungskosten aufbringen muß. Es stellt sich die na-
heliegende Frage, ob diese Asymmetrie auch im Rahmen eines dynamischen
Spiels erhalten bleibt. Im Hinblick auf das grundlegende Ergebnis von Fu-
KAPITEL 3. DYNAMISCHER TECHNOLOGIEWETTBEWERB 69
option -, folgt er mit seiner Entscheidung nach, d.h. er reagiert auf den
beobachteten Innovationszeitpunkt des Konkurrenten. Als Beispiel in dis-
kreter Zeit seien Computer-Messen angeführt, die es den Computer…rmen
nur einige Male im Jahr erlauben, die Einführung einer neuen Technologie
publik zu machen. Falls zwei Unternehmen die Einführung einer neuen Tech-
nologie auf der selben Messe publik machen wollen, wird ein Unternehmen
zufällig seine Pressekonferenz vor dem anderen Unternehmen abhalten. Das
andere Unternehmen erfährt von dem Ergebnis der Pressekonferenz und kann
danach entscheiden, ob es seine ebenfalls geplante Pressekonferenz nicht ab-
sagen und damit seinen Innovationszeitpunkt auf einen späteren Messetermin
verschieben möchte.3
Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die Analyse von teil-
spielperfekten Gleichgewichten in reinen Strategien.
De…nition 3.1 Eine reine Strategie von Unternehmen i bezeichnet die Ab-
bildung aller Punkte in der Zeit t 2 [0; 1] auf die Menge der möglichen
Handlungen {Innovation, Nicht-Innovation}, gegeben die bisherige Wettbe-
werbsgeschichte, d.h. gegeben den Innovationszeitpunkt des Konkurrenzun-
ternehmens falls dieses schon adoptiert hat.
Ein teilspielperfektes Gleichgewicht in reinen Strategien bezeichnet eine
Strategiekombination, bei der die Strategie des einen Unternehmens zu jedem
Zeitpunkt jeweils wechselseitig die beste Antwort auf die Strategie des anderen
Unternehmens ist.
angenommen, daß R(:) eine für alle t ¸ 0 wohlde…nierte Funktion mit positi-
vem Wertebereich ist. Diese Annahme ermöglicht es, die Nettoauszahlungen
sowohl des Innovationsführers - L(t) - als auch die des Innovationsfolgers -
F (t) - als Funktion des Innovationszeitpunktes des Innovationsführers - t -
zu beschreiben:4
Das heißt, die Analyse wird auf die Fälle beschränkt, in denen die Netto-
auszahlung des Innovationsfolgers eine nicht-steigende Funktion des Innova-
tionszeitpunktes des Führers ist.5 Zur Vereinfachung wird angenommen, daß
beide Unternehmen versuchen, die Rolle des Innovationsführers zu überneh-
men falls sie indi¤erent zwischen der Führer- und der Folgerrolle sind. Falls
L(t) = L(t^) und F (¿ ) > L(¿ ) für t · ¿ · t^, wird darüber hinaus angenom-
men, daß t nicht als der Innovationszeitpunkt des Innovationsführers gewählt
wird, da eine Innovation zum Zeitpunkt t von einer Adoption zum Zeitpunkt
t^ schwach dominiert wird. Die folgende De…nition bezeichnet die Menge mög-
licher Schnittpunkte der Funktionen L(t) und F (t). Man beachte, daß diese
Menge auch leer sein kann.
ausreichend ist anzunehmen, daß sowohl die L- als auch die F -Kurve stetig
sind und daß die F -Kurve nicht steigt und schließlich echt fällt.
² ”Innovation” falls L (t) ¸ F (t) oder (L (t) < F (t) und t = t (t)), oder
Abbildung 3.1:
wobei wiederum zu beachten ist, daß die Rollenverteilung der beiden Un-
ternehmen nicht von vornherein festgelegt ist. D.h. sowohl Unternehmen a
als auch Unternehmen b können die Rolle des Innovationsführers bzw. des
Innovationsfolgers übernehmen.
O¤ensichtlich spielt die Möglichkeit der Markteintrittsabschreckung in
dieser Modellspezi…kation keine Rolle. Zu jedem Zeitpunkt sind die bislang
7
Rm ; R1 ; R2 und k sind ‡ow-Größen.
KAPITEL 3. DYNAMISCHER TECHNOLOGIEWETTBEWERB 81
3. Falls zwei Zahlen t; A 2 ]0; 1[ existieren, so daß L (t) > A und F (t) >
A, dann existieren drei Zahlen t1 ; T; B 2 ]0; 1[ mit t1 · T , so daß
L(t1 ) > B, F (t1 ) > B und F (T ) < B.
Dieses Korollar stellt sicher, daß die Bedingungen des Theorems erfüllt
sind, wenn die zugrundeliegenden Kosten- und Gewinn-Flow-Funktionen die
KAPITEL 3. DYNAMISCHER TECHNOLOGIEWETTBEWERB 82
3. Man prüfe, ob T der erste Schnittpunkt von L- und F -Kurve ist, also
ob T = t01 gilt. Falls T = t01 erzielen beide Unternehmen im Gleich-
gewicht gleich hohe Nettoauszahlungen. Anderenfalls erzielt der Inno-
vationsfolger höhere Nettoauszahlungen als der Innovationsführer - ein
second-mover-Vorteil:
st = ®t (3.8)
wobei der Parameter ® > 0 als Maß für die Geschwindigkeit des techni-
schen Fortschritts angesehen werden kann. Die Unternehmen können an
dieser technologischen Entwicklung teilhaben, wenn sie bis zum jeweiligen
Zeitpunkt FuE-Mittel aufgewendet haben. Der Barwert der Summe aller
FuE-Aufwendungen beträgt bis zum Zeitpunkt t:
Z t
K(t) = e¡r¿ ®¸¿ d¿ (3.9)
0
Korollar 2 stellt sicher, daß die Nettoauszahlung des Folgers als Funktion
des eigenen Innovationszeitpunktes ein eindeutiges lokales und globales Ma-
ximum hat. Es kann deshalb nur eine reell-wertige Lösung dieser kubischen
Gleichung in t2 geben, bei der t2 > t1 . Um eine explizite Form der Reak-
tionsfunktion R(t1 ) zu erhalten, verwendet man einfach die Standardlösung
einer kubischen Gleichung und dabei diejenige Lösung, die eine reell-wertige
Lösung mit t2 > t1 ergibt. Substituiert man dieses Ergebnis in die Netto-
auszahlungsfunktionen ¼ i (t1 ; R(t1 )), erhält man stetige aber ausgesprochen
unhandliche Funktionen L(t1 ) und F (t1 ), die sich eindeutig einer analytischen
Analyse entziehen.
Es sollte nicht überraschen, daß man bei der Lösung mehrstu…ger dyna-
mischer Wettbewerbsspiele schon bei einfacher Modellierung schnell an die
Grenzen des analytisch Machbaren stößt. Im Gegensatz zu Situationen, in
denen die beteiligten Agenten ihre Maximierungsprobleme simultan lösen,
9
Das Vorliegen einer expliziten Form der Reaktionsfunktion des Innovationsfolgers ist
keine notwendige Bedingung für die Umsetzung von Theorem 1. Zur E¢zienz einer numeri-
schen Umsetzung, falls R(t1 ) nicht in expliziter Form vorliegt, vergleiche die Ausführungen
im Anhang zu den verwendeten numerischen Algorithmen.
KAPITEL 3. DYNAMISCHER TECHNOLOGIEWETTBEWERB 87
Falls t¹1 < T ist ein second-mover-Vorteil nachgewiesen. Falls dagegen T = t¹1
erzielen beide Unternehmen im teilspielperfekten Gleichgewicht die gleichen
Nettoauszahlungen. Wendet man einen solchen Algorithmus für verschiedene
Parameterwerte von ¸ an, dann ergibt sich das folgende Resultat.10
L/F
0,5
0,0626
0 λ 0,25 0,5 λ
gleiche second-mover-Vorteil
Nettoaus-
zahlungen
Abbildung 3.2:
viert das Führungsunternehmen früher mit einem positiven E¤ekt auf die
Erlöse des Hochqualitätsfolgers (@R2 =@s1 < 0), und zum anderen innoviert
auch der Hochqualitätsfolger früher, was sich negativ sowohl auf die Länge
der Monopolperiode als auch auf die Höhe der Duopolerlöse des Niedrigqua-
litätsführers auswirkt. Augenscheinlich übertre¤en diese beiden indirekten
E¤ekte in ihrer Wirkung den direkten Kostene¤ekt.
Das Problem läßt sich leicht numerisch lösen, und man erhält unabhängig
vom Parameter ¸ ein Verhältnis der Nettoauszahlungen der beiden Unter-
nehmen von approximativ 0.0626. Der Hochqualitätsfolger erzielt also eine
etwa 16 mal so hohe Nettoauszahlung wie der Niedrigqualitätsführer. Wie
erwartet, stimmt dieser Wert mit dem im dynamischen Wettbewerbsspiel für
große ¸ ermittelten Gewinnverhältnis überein (siehe Abbildung 3.2).
Bislang stand die Interpretation, daß hohe FuE-Kosten für das Zustan-
dekommen von second-mover-Vorteilen verantwortlich sind, unter dem Vor-
behalt, daß sie nur für die sehr spezielle, hier verwendete Kostenfunktion
Gültigkeit hatte. Aber die Anwendung der Ergebnisse des vorherigen Ka-
pitels zur statischen Analyse des Qualitätswettbewerbs legt die Vermutung
nahe, daß hohe FuE-Kosten auch bei allgemeinerer Formulierung für das Zu-
standekommen von second-mover-Vorteilen verantwortlich sind:
^ m = 1 (1 ¡ ci )2
R (3.18)
4
Sobald beide Unternehmen in den Markt eingetreten sind, ergeben sich
die Duopolgewinne aus dem Nash-Gleichgewicht im simultanen Cournot-
Mengenwettbewerb:
Wobei die FuE-Kosten pro Periode, k^ (ct ), abhängig vom erreichten technolo-
gischen Niveau, also abhängig vom aktuellen Kostenniveau ct , sind. Um eine
innere Lösung im dynamischen Wettbewerb zu garantieren, wird angenom-
^ 0 ) klein genug ist, um eine innere Lösung
men, daß c0 groß genug bzw. daß k(c
sicherzustellen, d.h. das Ausgangskostenniveau ist hoch genug und/oder die
FuE-Kosten pro Periode in der Ausgangssituation sind klein genug, so daß
sofortiger Marktzutritt beider Unternehmen mit dem Ausgangskostenniveau
c0 ausgeschlossen ist, d.h. es werden jedenfalls nicht beide Unternehmen so-
fort die Produktentwicklung einstellen. Natürlich sollen die FuE-Kosten pro
Periode mit dem Stand der Technologie zumindest nicht sinken. Es soll also
gelten: k^ 0 · 0.
Die Struktur des Wettbewerbsspiels entspricht derjenigen des vorherigen
Abschnitts. Beide Unternehmen tre¤en zu jedem Zeitpunkt eine Entschei-
dung darüber, ob sie mit der aktuell verfügbaren Technologie in den Markt
eintreten oder ob sie mit dem Marktzutritt noch warten sollen, um unter
Aufwendung von zusätzliche FuE-Mitteln zu einem späteren Zeitpunkt mit
einer besseren Technologie zutreten zu können. Die Entscheidungen der Un-
ternehmen hängt davon ab, welchen Stand die Technologie bis dahin erreicht
hat und ob, wann und mit welchem Kostenniveau der Konkurrent bereits in
den Markt eingetreten ist. Das Unternehmen, das zuerst zum Zeitpunkt t1
in den Markt eintritt, der Innovationsführer, erzielt Monopolgewinne bis zu
dem Zeitpunkt t2 , zu dem das andere Unternehmen, der Innovationsfolger,
zutritt. Ab diesem Zeitpunkt be…ndet es sich für immer in der ungünstige-
ren Situation des Unternehmens mit den höheren Grenzkosten im duopolisti-
12
Im Unterschied zum Modell dynamischer Produktinnovation macht es hier keinen Sinn,
einen in der Zeit linearen technologischen Verlauf zu unterstellen. Grenzkosten haben eine
natürliche Untergrenze (von Null). Für Produktqualitäten gibt es dagegen keine natürliche
Obergrenze, was einen linearen technologischen Verlauf dort angemessen erscheinen läßt.
KAPITEL 3. DYNAMISCHER TECHNOLOGIEWETTBEWERB 93
Diese Funktionen Ri sind stetige Funktionen mit jeweils einem Knick an der
Stelle t2 = tm
2 . O¤ensichtlich lassen sich auch die FuE-Kosten pro Zeitein-
^ ti ), i = f1; 2g sowie
heit als Funktion in der Zeit schreiben, mit k(ti ) = k(c
^ t1 ). Damit entspricht die Struktur der Nettoauszahlungen der
Rm (t1 ) = R(c
im Theorem 1 geforderten Form - Gleichungen (3.5) und (3.6):
Z t2 Z 1
¡r¿
¼ 1 (t1 ; t2 ) = Rm (t1 )e d¿ + R1 (t1 ; t2 ) e¡r¿ d¿ ¡ K (t1 )
t1 t2
KAPITEL 3. DYNAMISCHER TECHNOLOGIEWETTBEWERB 94
(3.23)
Z 1
¼ 2 (t1 ; t2 ) = R2 (t1 ; t2 ) e¡r¿ d¿ ¡ K (t2 ) (3.24)
t2
Satz 3.3 Falls die FuE-Kosten pro Periode konstant ¸ betragen, mit ¸ ¸ 0,
falls c0 · [1 + ®]=[1 + 3®] und falls nicht beide Unternehmen zum Zeitpunkt
t = 0 innovieren, erzielt der Innovationsfolger eine höhere Nettoauszahlung
als der Innovationsführer.
α
α
Abbildung 3.3:
in die eine oder andere Richtung aufweisen und die deshalb hier nicht behan-
delt wurden. Beispielsweise würde die Berücksichtigung unvollständigen Pa-
tentschutzes beziehungsweise unvollständiger Geheimhaltungsmöglichkeiten
der Unternehmen die relativen Innovationskosten des Folgerunternehmens
senken und so die Ergebnisse zugunsten eines second-mover-Vorteils verschie-
ben (Dasgupta (1988)). In ähnlicher Weise würde die Modellierung von Unsi-
cherheit in Verbindung mit informational spillover-E¤ekten in Richtung von
second-mover-Vorteilen wirken (Jensen (1992), Hoppe (1998)). Andererseits
wirken Netzwerk- und Kompatibilitätse¤ekte in die andere Richtung, also
zugunsten einer race-Struktur des technologischen Wettbewerbs. Es wird
deshalb hier nicht etwa behauptet, second-mover-Vorteile seien im Regelfall
das Ergebnis dynamischen technologischen Wettbewerbs. Die vorliegende
Analyse von einfachen Referenzmodellen sollte aber deutlich gemacht ha-
ben, daß second-mover-Vorteile im Gegensatz zu …rst-mover-Vorteilen als
ein bedeutendes Phänomen technologischen Wettbewerbs angesehen werden
können.
diskutieren, die geeignet wären, die L-Kurve der heimischen Unternehmen ge-
genüber der ausländischen Konkurrenz nach links zu verschieben. Es ließen
sich so sicherlich eine Reihe höchst kontraintuitiver politischer Empfehlun-
gen abgeben. Mir erscheint diese Argumentation jedoch eher eine Kuriosität
aus der industrieökonomischen Modellierungswelt zu sein, als eine Grundla-
ge für ernsthafte Politikberatung. Die technologiepolitische Schlußfolgerung
die aus dieser Analyse gezogen werden kann, sollte daher eher die sein, daß
für eine Beschleunigung des Innovationsverhaltens heimischer Unternehmen
zumindest keine handelsstrategischen Begründungen gesucht werden sollten.
Anhang B
Mathematischer Anhang zu
Kapitel 3
101
ANHANG B. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 3 102
Falls L (t) < F (t) und L(t (t)) = F (t (t)), ergeben die beschriebe-
£ ¤
nen Strategien Auszahlungen von 1=2 L(t (t)) + F (t (t)) für beide Unter-
nehmen. Mit jeder möglichen einseitigen Abweichung kann ein Unterneh-
men höchstens eine Auszahlung von F (t (t)) erreichen, wobei F (t (t)) =
£ ¤
1=2 L(t (t)) + F (t (t)) .
Es folgt, daß die angegebenen Strategien in jedem Teilspiel beste Antwor-
ten aufeinander sind und somit, wie behauptet, ein teilspielperfektes Gleich-
gewicht sind. O¤ensichtlich wählt Unternehmen i im Gleichgewicht den Zeit-
¡ ¢
punkt t1 und Unternehmen j wählt R t1 . Man beachte, daß Existenz und
Eindeutigkeit von t1 durch Annahme bzw. durch Konstruktion sichergestellt
ist. Beide Unternehmen erhalten im Gleichgewicht gleiche Auszahlungen,
falls t1 = t01 , während Unternehmen j, der Innovationsfolger eine höhere
Auszahlungen erhält als Unternehmen i falls t1 < t01 .
2. Eindeutigkeit des Gleichgewichtsergebnisses: O¤ensichtlich sind die
angegebenen Strategien teilspielperfekte Gleichgewichte für i = a; j = b und
umgekehrt für i = b; j = a sowie für Umbezeichnungen der Unternehmen in
allen Teilspielen, die zu Zeitpunkten t0 starten, da L (t0 ) = F (t0 ). O¤ensicht-
lich bleibt das Gleichgewichtsergebnis durch Umbezeichnungen in Teilspielen,
die von t > t¹1 starten, unberührt, da der Innovationsführer im angegebenen
Gleichgewicht ohnehin zum Zeitpunkt t¹1 innoviert.
Es bleibt zu zeigen, daß gemeinsames Abweichen von den angegebenen
Strategien nur ein nicht dominiertes Gleichgewicht sein kann, wenn in sol-
chen Gleichgewichten L = L(t¹1 ) und F = F (t¹1 ) gilt. Dafür beachte man
zunächst, daß aufgrund der De…nition von t¹1 für t < t¹1 die Ungleichung
L(t) · L(t¹1 ) erfüllt sein muß. Falls diese Ungleichung strikt erfüllt ist, kann
es kein Gleichgewicht sein, wenn beide Unternehmen vor t¹1 innovieren, da
sich dann ein Unternehmen strikt verbessern könnte, indem es bis t¹1 wartet.
Falls es andererseits einen Zeitpunkt t^ < t¹1 gibt, so daß L(t^) = L(t¹1 ), dann
könnte auch t^ in einem teilspielperfekten Gleichgewicht vom Innovationsfüh-
rer gewählt werden, wobei entgegen der Behauptung F (t) 6= F (t¹1 ) gelten
könnte. Aber eine solche Strategie des Innovationsführers wäre durch die
angegebene Strategie, die Warten bis zum Zeitpunkt t¹1 beinhaltet, schwach
dominiert. Es folgt, daß die nicht dominierten Kandidaten für eine Wahl des
ANHANG B. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 3 103
(ii) Für t2 · tm ^
2 gilt @R2 =@t2 = @ R2 =@c2 ¢ (¡®c0 e
¡®t2
) > 0, während für
t2 > tm ^ ¡®t2
2 , @Rm =@t2 = @ Rm =@c2 ¢ (¡®c0 e ) > 0 erfüllt ist.
^
(iii) Für t2 · t2 gilt @R2 =@t1 = @ R2 =@c1 ¢ (¡®c0 e¡®t1 ) < 0, während für
m
Es folgt, daß auch Annahme (iv) des Korollars erfüllt sind. Es bleibt zu
prüfen, ob die Annahmen (ii) und (iii) des Theorems erfüllt sind:
(ii) Für t1 = t2 = 0; gilt ¼ 1 = ¼ 2 . Die Annahmen an k^ und da
@R2 =@t2jt1 =t2 =0 strikt größer Null ist, stellt sicher, daß L (0) < F (0).
(iii) Genauso folgt aus den Annahmen an k^ und da auch @R1 =@t1jt1 =0;t2 >0
strikt größer Null ist, daß Zahlen 0 < t; A < 1 existieren so daß L(t) > A
und F (t) > A. Es folgt aus (der bewiesenen) Behauptung 3 von Korollar 2,
daß (iii) von Theorem 1 erfüllt ist.
Q.E.D.
Numerik
² Hauptschleife
¤ Groß_T:= t1 ;
– anderenfalls t1 := t1 +kleinsteSchrittlänge;
² t2 := t1 ;
² F :=Folgerauszahlung(t1 ; t2 );
² Ableitung:=Folgerauszahlung(t1 ; t2 +kleinsteSchrittlänge)¡F ;
² falls Ableitung> 0
– aktuelleSchrittlänge:=größteSchrittlänge;
– besteAntwortSchleife
¤ falls Ableitung> 0
ANHANG B. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 3 108
¢ t2 := t2 +aktuelleSchrittlänge;
¢ F :=Folgerauszahlung(t1 ; t2 );
¢ Ableitung:=Folgerauszahlung(t1 ; t2 +kleinsteSchrittlänge)¡F ;
¤ anderenfalls
¢ t2 := t2 ¡aktuelleSchrittlänge;
¢ aktuelleSchrittlänge:=aktuelleSchrittlänge=2,
¢ Ableitung:= +1;
² anderenfalls (leer)
Außenhandel und
internationale technologische
Führerschaft
4.1 Einleitung
Auf der Grundlage eines Beitrags von Brezis et al. (1993) wird in diesem
Kapitel der Frage nachgegangen, ob Außenhandel in Verbindung mit natio-
nal wirksamen Agglomerationsvorteilen zu Zyklen nationaler technologischer
Führerschaft führen kann.
Wirtschaftliche Aktivität verschiedener Unternehmen eines Sektor lösen
häu…g positive externe E¤ekte auf die Produktivität anderer Unternehmen
desselben Sektors aus. Solche Agglomerationse¤ekte können auf verschiede-
ne Weise ihren Niederschlag …nden: (1) Die jeweils …rmeninterne Ausbildung
von Facharbeitern scha¤t einen quali…zierten Arbeitskräftepool, der von allen
Firmen gemeinsam genutzt werden kann. Man vergleiche dazu bei Krugman
(1991, Kapitel 2), der Agglomerationse¤ekte auf der Grundlage von soge-
nanntem ”labor-market pooling” analysiert. (2) Gemeinsam nutzbare spezi-
…sche Infrastruktureinrichtungen können nur …nanziert werden, wenn sie von
vielen Firmen gleichzeitig nachgefragt werden (”scale economies”). (3) Ein
Netzwerk hochspezialisierter Zulieferer kann sich nur etablieren, wenn deren
109
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 110
Verhaltensregeln, wie bei Adam (1996), stehen den Vorteilen von Standards
auch Nachteile in Form eines Verlusts an Flexibilität gegenüber.
Agglomerationse¤ekte sind in ihrer Wirkung im Regelfall regional oder
auch national begrenzt. Die Bedeutung der geographischen Dimension von
Agglomerationsvorteilen wird insbesondere bei Krugman (1991) thematisiert.
Ein Unternehmen, das auf der Grundlage national wirksamer Agglomerati-
onse¤ekte auf Basis einer älteren Technologie ein hohes Produktivitätsniveau
erreicht hat, wird möglicherweise einen relativ geringen Anreiz haben, eine
neue Technologie zu adoptieren, für die noch keine national akkumulierten
externen E¤ekte zur Verfügung stehen. Ein Unternehmen aus einem Land,
das auf Basis der alten Technologie keine oder nur geringe Agglomerations-
vorteile bietet, wird dagegen eventuell eher bereit sein, die neueste Tech-
nologie zu implementieren, die sich langfristig als überlegen erweisen kann.
Daraus ergeben sich interessante Ansatzpunkte zur schlüssigen Modellierung
von endogenen Überholprozessen, bei denen ein Land mit der ehemals überle-
genen Technologie regelmäßig von dem ehemals technologisch rückständigen
Land als internationaler technologischer Führer abgelöst wird. Das ist die
Grundidee des Beitrags von Brezis, Krugman und Tsiddon (1993) mit dem
sinnfälligen Titel ”Leapfrogging in International Competition: A Theory of
Cycles in National Technological Leadership”.
Die Autoren analysieren mögliche Zyklen nationaler technologischer Füh-
rerschaft im Rahmen eines einfachen Außenhandelsmodells mit zwei Ländern,
wobei der Eindruck entsteht, für das Zustandekommen von Zyklen sei die in-
ternationale Ver‡echtung verantwortlich. Tatsächlich ist das Gegenteil rich-
tig, wie die nähere Analyse in diesem Kapitel zeigt. Vergleicht man die Pro-
duktivitätsentwicklung zweier geschlossener Länder, so kommt es tatsächlich
regelmäßig zu einem Wechsel technologischer Führerschaft. Das gilt dagegen
nicht mehr, wenn die betre¤enden Länder über freien Außenhandel miteinan-
der verbunden sind. Abhängig von der Parameterkonstellation kann es dann
zu einer dauerhaften Festschreibung der relativen technologischen Positionen
kommen - das Land, das einmal eine führende Position erreicht hat, behält
diese auf unabsehbare Zeit. Außenhandel führt also im Rahmen der hier und
von Brezis et al. verwendeten Modellierung eher zu einer Verfestigung der
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 112
wobei widerum mit LY der Vektor der in diesem Sektor privat eingesetz-
ten Faktoren bezeichnet wird. B repräsentiert den exogenen technologischen
_
Fortschritt, mit strikt positiver Wachstumsrate, B=B > 0. Alternativ können
die Unternehmen des Y -Sektors mit einer etablierten Technologie produzie-
ren. Diese Technologie hat die aggregierte Produktionsfunktion
für t > ti . Ji ist das aggregierte und allen Unternehmen verfügbare technolo-
gische Wissen, das der Y -Sektor auf der Basis einer Technologie der Genera-
tion i erworben hat. ´ > 0 ist die Produktionselastizität des akkumulierten
Wissens. Die formale De…nition von Ji (t) erfolgt im übernächsten Absatz.
Aufgrund vollständigen Wettbewerbs und freien Marktzutritts in beiden
Sektoren wird zu konstanten Skalenerträgen in Bezug auf die privat ein-
gesetzten Faktoren produziert, und alle Unternehmen erzielen Nullgewinne.
Darüberhinaus werden die Unternehmen in beiden Sektoren private Faktoren
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 114
jeweils im gleichen Verhältnis einsetzen. Man kann deshalb den Vektor der
privaten Faktoren als Skalar, d.h. als einen Index privater Inputs au¤assen.
Nutzenmaximierende Haushalte kaufen X und Y und bieten unelastisch eine
in der Zeit konstante Menge des Indexes privater Faktoren an. Diese Menge
wird ohne Beschränkung der Allgemeingültigkeit auf 1 normiert. Es herrscht
vollständiger Wettbewerb auch auf den Produktmärkten. Demnach gilt zu
jedem Zeitpunkt:
LX (t) + LY (t) = 1 (4.3)
1. Falls Ai (t) > B(t) zu einem Zeitpunkt t > ti gilt, dann produzie-
ren zu diesem Zeitpunkt alle Unternehmen des Y -Sektors mit der Ai -
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 116
Technologie.
2. Falls Ai (t) < B(t) zu einem Zeitrpunkt t > ti gilt, dann produzie-
ren zu diesem Zeitpunkt alle Unternehmen des Y -Sektors mit der B-
Technologie.
Satz 4.1 Falls Ai (t) > B(t) zu einem beliebigen Zeitpunkt t > ti gilt und
_
zusätzlich B=B ¸ ¸ sowie Annahme 4.2.2 für jeden Zeitpunkt Geltung hat,
wobei ¸ eine positive Konstante ist, dann existiert ein endlicher Zeitpunkt
tj > t so daß Ai (tj ) = B(tj ).
Der Beweis …ndet sich im Anhang. Die entscheidende Frage ist nun, wel-
che Technologie die Unternehmen des Y -Sektors wählen werden, wenn zum
Zeitpunkt tj zwei Technologien mit gleicher Produktivität zur Verfügung ste-
hen. Ein einzelnes Unternehmen hat grundsätzlich drei Alternativen: (1) Das
Unternehmen kann fortfahren, mit der alten Technologie zu produzieren. (2)
Es kann einen Technologiewechel vornehmen und ab dem Zeitpunkt tj mit der
neuen Akkumulationstechnologie Aj produzieren und damit ab diesem Zeit-
punkt zum Aufbau eines neuen Wissenskapitalstocks beitragen. (3) Oder es
kann ab dem Zeitpunkt tj mit der jeweils neuesten B-Technologie produzie-
ren, das heißt es würde nicht zum Aufbau eines Wissenskapitalstocks beitra-
gen. Im folgenden Satz wird gezeigt, daß (1) die erste Alternative nicht mit
Annahme 4.2.2 vereinbar ist. (2) Die zweite Alternative ist vereinbar mit An-
nahme 4.2.2, falls der aggregierte Input privater Faktoren im Y -Sektor hoch
ist und falls die Mehrzahl der anderen Unternehmen des Y -Sektors ebenfalls
diese Alternative wählen. (3) Die dritte Alternative ist immer vereinbar mit
4.2.2, falls alle anderen Unternehmen des Y -Sektors auch diese Alternative
wählen.
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 117
Satz 4.2 Falls, mit tj > ti , Ai (tj ) = B(tj ) und Ai (t) > B(t) für alle
t 2]ti ; tj [ und A_ i (tj ) 6= B(t
_ j ) und falls Annahme 4.2.2 erfüllt ist, dann gilt
zu einem Zeitpunkt tj + ", daß alle Unternehmen des Y -Sektors mit der
_ j )=B(tj ), daß alle Unter-
B-technology produzieren, oder, falls ´ ¢ LY ¸ B(t
nehmen des Y -Sektors mit der neuen Aj -technology produzieren, wobei " eine
beliebig kleine positive Zahl ist.
_ j )=B(tj )
´ ¢ LY ¸ B(t (4.5)
Damit läßt sich das dynamische Verhalten der Ökonomie vollständig be-
schreiben. Zu jedem Zeitpunkt sorgt das Nachfrageverhalten der nutzen-
maximierenden Haushalte, das gewinnmaximierendes Verhalten der Unter-
nehmen, die Nullgewinn-Bedingung sowie der vollständige Wettbewerb auf
dem Faktor- und den Gütermärkten dafür, daß das Verhältnis der Produk-
tionswerte beider Sektoren gleich dem Verhältnis der Elastizitäten der Nut-
zenfunktion ist. Mithin gilt aufgrund der Normierung des insgesamt zur
Verfügung stehenden Arbeitsangebots auf 1:
LY = ¯ und LX = 1 ¡ ¯ (4.8)
ln A j-b
ln A (t)
ln B (t)
ln A j-a λ t = ln B
ln A i-b
ln A i-a
a b a b
ti ti tj tj t
Abbildung 4.1:
O¤ensichtlich ist die linke Seite dieser letzten Gleichung eine konkave Funk-
tion in tj , während die rechte Seite linear in tj steigt. Damit ist sicherge-
stellt, daß Gleichung (4.10) genau eine strikt positive Lösung für die Di¤e-
renz (tj ¡ ti ) hat, falls ¯ ¢ ´ > ¸. Für die beispielhafte Parameterkonstellation
¯ = 5=9 und ¸=´ = 1=10 beträgt die Di¤erenz etwa 28:1 Jahre.
In Abbildung 4.1 sind die regelmäßigen Akkumulationszyklen des Y -
Sektors in logarithmischem Maßstab abgebildet. Betrachtet man die Pro-
duktivitätsentwicklung der Y -Sektoren zweier geschlossener Ökonomien die
zwar Zugang zur gleichen exogenen technologischen Entwicklung B(t), die
aber eine etwas zueinander verschobene Akkumulationsgeschichte haben (die
gestrichelte Akkumulationslinien in Abbildung 4.1 gehören zu einem, die
durchgezogenen zu einem anderen Land), dann kommt es tatsächlich zu re-
gelmäßigen Zyklen nationaler technologischer Führerschaft. Die Zyklen der
beiden Ökonomien lassen sich im Wortsinne als leapfrogging bezeichnen: Wie
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 120
Vorteil besitzen. Natürlich soll wie bei Brezis et al. angenommen werden,
daß der Y -Sektor der wichtigere ist, das heißt, der Ausgabenanteil der Kon-
sumenten für Güter des Y -Sektors ist immer größer als der für Güter des
X-Sektors:5
1
¯> (4.11)
2
In diesem Fall spezialisiert sich der Produktivitätsführer, Land a, auf die
Produktion von Y . Ist der Produktivitätsvorsprung von Land a nicht sehr
groß, dann produziert Land b beide Güter. Ist der Produktivitätsvorsprung
groß, dann spezialisiert sich auch Land b - und zwar auf die Produktion von
X. In beiden Fällen ist das Lohn- und das Konsumniveau im Land a höher
als im Land b.
Um zu untersuchen, unter welchen Umständen es zu internationalen
Überholprozessen kommt, reicht es aus, einen Zeitpunkt t¤ zu betrachten,
zu dem Land b den Produktivitätsvorsprung von Land a gerade aufgeholt
hat. Zu diesem Zeitpunkt ist die Verteilung der Ressourcen in beiden Län-
dern:
LaY ¹=1
= L (4.12)
LaX = 0 (4.13)
¯ (Pb + Pa ) ¡ Pa
LbY = max( ; 0) (4.14)
Pb
¯ (Pb + Pa ) ¡ Pa
LbX = min(1 ¡ ; 1) (4.15)
Pb
Dabei ist der entscheidende Punkt der, daß Land a auch dann noch einen
wesentlich größeren Anteil seiner privaten Faktoren auf die Produktion imY -
Sektor verwendet als Land b, wenn der Produktivitätsvorsprung vernachläs-
sigbar klein geworden ist. Menge des
indest soll aber gelten, daß " nicht Null ist. Das heißt, es wird rea-
listischerweise angenommen, daß die internationale Faktorreallokation zum
Zeitpunkt t¤ noch nicht stattgefunden hat. Falls also Pa (t¤ ) = Pb (t¤ ) und
5
Anderenfalls sind Lohn- und Konsumniveau in beiden Länderen immer ausge-
glichen. Das heißt, das technologisch führende Land pro…tiert nicht von seinem
Produktivitätsvorsprung.
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 122
Pa (t¤ ¡ ") > Pb (t¤ ¡ ") dann wird zum Zeitpunkt t¤ noch nach dem alten
Spezialisierungsmuster produziert:
¹=1
LaY (t¤ ) = L (4.16)
LaX (t¤ ) = 0 (4.17)
LbY (t¤ ) = 2¯ ¡ 1 (4.18)
LbX (t¤ ) = 2(1 ¡ ¯) (4.19)
Diese Annahme führt natürlich dazu, daß Land b nur überholen kann,
wenn es zum Zeitpunkt t¤ mit einer Akkumulationstechnologie produziert.
Anderenfalls wird zum Zeitpunkt t¤ ein neuer Akkumulationszyklus für den
alten Produktivitätsführer verfügbar. Der alte Produktivitätsführer behält
diese Führungsposition dann auch während des neuen Zyklus, da er mit dem
höheren Akkumulationspotential ausgestattet ist. Gegenüber dem Fall zweier
geschlossener Länder be…ndet sich das Land mit dem niedrigeren Produkti-
vitätsniveau jetzt in einer ungünstigeren Situation, was die Akkumulations-
möglichkeiten angeht. Die Unternehmen des Y -Sektors im Land b akkumu-
_
lieren zu einem Zeitpunkt tj falls LbY (tj ) > [1=®] ¢ B=B (vergleiche Gleichung
(??)). Im Fall ohne Außenhandel gilt immer LbY (tj ) = ¯. Dagegen ist im Fall
mit Außenhandel LbY (tj ) jedenfalls kleiner als 2¯ ¡ 1; und es gilt: 2¯ ¡ 1 < ¯,
da ¯ annahmegemäß kleiner als Eins ist. Liegt die Wachstumsrate des exo-
genen technischen Fortschritts zu einem Zeitpunkt tj zwischen 2¯ ¡ 1 und
¯ dann würde der Y -Sektor von Land b im Fall ohne Außenhandel akkumu-
lieren, nicht dagegen im Fall mit Außenhandel. Ist die Wachstumsrate des
exogenen technischen Fortschritts immer größer als 2¯ ¡ 1, dann wird das
Land mit dem niedrigeren Produktivitätsniveau niemals akkumulieren und
somit immer das Land mit dem niedrigeren Produktivitätsniveau bleiben.
Ist dagegen die Wachstumsrate des exogenen technischen Fortschritts immer
echt kleiner als 2¯ ¡ 1, dann wird das Land mit dem niedrigeren Produkti-
vitätsniveau in endlicher Zeit zum Produktivitätsführer.
Für den Fall einer konstanten Wachstumsrate des exogenen technischen
Fortschritts läßt sich das dynamische Verhalten der beiden Länder kompakt
beschreiben:
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 123
Satz 4.3 Wächst der exogene technische Fortschritt mit konstanter Rate ¸,
und ist die Elastizität der Nutzenfunktion des repräsentativen Haushalts kon-
stant ¯ > 1=2, dann gilt:
2. Falls 2¯ ¡ 1 · ¸=® < 1 dann bleibt das Land, das mit einem technolo-
gischen Vorsprung in die Freihandelssituation gestartet ist, für immer
der Technologieführer. Dieses Land bleibt für immer auf die Produktion
von Y spezialisiert und nutzt alle ¢ Jahre eine neue Technologie, auf
deren Grundlage die Unternehmen seines Y -Sektors akkumulieren. ¢
ist die einzige positive Lösung der Gleichung ln (1 + ¢) = ¢ ¢ ¸=®. Im
Vergleich zum Fall einer geschlossenen Ökonomie …nden die technolo-
gischen Zyklen in längeren Abständen statt.
Nur die letzte Aussage folgt nicht unmittelbar aus den Gleichungen (??)
und (4.10) und bedarf daher der Erläuterung. Der entsprechende Beweis
…ndet sich im Anhang.
Das heißt, ein einmaliges ”Anstoßen” des Staates reicht nicht aus, um einen
kollektiven Technologiewechsel herbeizuführen. Das liegt daran, daß die alte
Akkumulationstechnologie vollständig erhalten bleibt, auch wenn alle Unter-
nehmen zwischen tj und tj + " mit einer neuen Technologie produzieren. Das
ist aber möglicherweise eine unrealistische Annahme, gerade wenn man an
Netze¤ekte als mögliche Grundlage von Agglomerationsvorteilen denkt. Eine
alternative Formulierung der Akkumulationstechnologie wäre:
µ Z t ¶®
Ai (t) = B(ti ) ¢ 1 + LY (t) ¢ LY (¿ ) d¿ (4.20)
ti
und eine Rückkehr zur alten Technologie lohnt sich nicht mehr.6
Die Regierung des etablierten Technologieführers könnte nun tatsächlich
immer jeweils ”kurz” bevor sich Akkumulation für den Technologiefolger
lohnt, diesem zuvor kommen, indem sie einen Technologiewechsel der hei-
mischen Unternehmen des Y-Sektors anstößt. Dagegen hat die Regierung
des Technologiefolgers keine Möglichkeit, in ihrem Y-Sektor einen Technolo-
giewechsel auf ähnliche Weise anzustoßen. Solange das Produktionsniveau
und damit das Akkumulationspotential niedrig ist, ist die Produktion mit
der aktuellen B(t)-Technologie für jedes einzelne Unternehmen vorteilhaft,
auch wenn alle anderen Unternehmen einen Akkumulationszyklus starten.
Mit anderen Worten: Auch mit der Ai (t)-Technologie muß die zu (??) ana-
¢
_ j ) erfüllt sein, damit ein Akkumulationszyklus
loge Bedingung Aj (t) > B(t
starten kann.
Zwar kann die Regierung des etablierten Technologieführers im Fall der
Ai (t)-Technologie die technologische Führerschaft des heimischen Y -Sektors
auf Dauer sichern. Es ist aber nicht klar, ob sich eine solche strategische
Standardisierungspolitik auch im Sinne einer Maximierung der nationalen
Wohlfahrt lohnt. Eine Analyse dieser Frage wird hier nicht vorgenommen.
4.5 Schlußfolgerung
Das hier verwendete in hohem Maße stilisierte Modell ist sicher nicht geeig-
net, konkrete wirtschaftspolitische Empfehlungen zu rechtfertigen. Es kam
6
In diskreter Zeit könnte man auch formulieren, daß es zu jedem Zeitpunkt zu dem
Ai (t) > B(t) zwei Nash-Gleichgewichte im Verhalten der Unternehmen gibt. Entweder
alle Unternehmen produzieren zum Zeitpunkt t + ¢ weiter mit der alten besseren Techno-
logie, oder alle Unternehmen produzieren mit der neuen Technologie. Ein Unternehmen,
das auf der alten Technologie verharrt, während alle anderen Unternehmen einen Techno-
logiewechsel durchführen, würde dann einen Verlust erleiden, weil es zum Zeitpunkt t + ¢
mit einer unterlegenen Technologie produziert.
KAPITEL 4. AUSSENHANDEL 126
hier, wie auch bei Brezis et al. (1993), allein darauf an, im Rahmen einer mög-
lichst einfachen aber konsistenten formalen Argumentationsweise, die mög-
liche Sinnhaftigkeit eines verbreiteten intuitiven Arguments nachzuzeichnen.
Die intuitive Vorstellung, daß die mangelnde Bereitschaft von heimischen
Unternehmen, neueste Technik zu verwenden, ein wesentlicher Grund dafür
sein könnte, daß eine etablierte Industrienation ihre ökonomische bevorzug-
te Stellung in der Welt verlieren wird, war lange Zeit eine insbesondere in
Deutschland weit verbreitete Befürchtung. Diese Intuition läßt sich bereits
im Rahmen eines einfachen Modells nachzeichnen: Wenn im wesentlichen
akkumulierte ”learning by doing”-E¤ekte für den technologischen Vorsprung
heimischer Unternehmen verantwortlich sind, dann ist die Bereitschaft die-
ser Modell-Unternehmen, eine neue Technologie zu übernehmen, tatsächlich
gegenüber Unternehmen aus Ländern mit weniger etablierten Produktions-
standards relativ schwach ausgeprägt. Es kann deshalb tatsächlich zu den
befürchteten Zyklen technologischer Führerschaft kommen. Die Analyse der
inneren Logik dieses Modells zeigt aber, daß Außenhandel möglichen Über-
holprozessen entgegenwirkt. Zwei Argumente waren dafür wesentlich: 1) Die
Verwendung neuester Technologie in einer ”newcomer”-Ökonomie bedeutet
noch nicht, daß dort auch ein neuer Standard gesetzt wird; und erst das
Setzen eines neuen Standards ermöglicht die Ausbildung von akkumulierten
”learning by doing”-E¤ekten. 2) Die starke Weltmarktstellung der etablier-
ten Industrienation bestärkt dort den Anreiz, tatsächlich einen neuen Stan-
dard zu setzen, wenn sich die Verwendung neuester Technologie schließlich
auch dort lohnt.
Die Ergebnisse der Analyse dieses Kapitels lassen sich folgendermaßen
zusammenfassen:
4. Die von Brezis et al. (1993) angeregte und hier für den Fall stetigen
technologischen Fortschritts ausformulierte Modellierung von Agglome-
rationse¤ekten ermöglicht es, den entscheidenden trade o¤ nationaler
Standardisierungspolitik zu analysieren, nämlich die Akkumulation auf
der Basis einer etablierten/standardisierten Technologie mit zeitweisem
Verzicht auf exogenen Fortschritt versus Nutzung des jeweils neuesten
technologischen Stands.
Mathematischer Anhang zu
Kapitel 4
Falls nun entgegen der Aussage des Satzes Ai > B für immer gelten würde,
dann folgt limt!1 Ji = 1 und mithin limt!1 A_ i =Ai = 0. Andererseits ist
_
B=B strikt positiv. Also würde B in endlicher Zeit größer als Ai werden -
Ein Widerspruch. Q.E.D.
128
ANHANG C. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 4 129
Die Aussagen 1) und 2) von Satz 4.4 folgen sofort aus den Gleichungen (??)
und (4.10). Für den Nachweis von Aussage 3) bezeichne man den Zeitpunkt,
zu dem für Land a, dem alten Technologieführer, ein neuer Technologiezy-
klus zur Verfügung stehen würde, mit t^a , wobei Pa (t^a ) = B(t^a ). Es muß
gezeigt werden, daß Land b vor t^a mit einem Akkumulationszyklus beginnt.
Es muß also ein tbj geben, so daß LbY (tbj ) > ¸=®. Zwei Zahlen " und "0 seien
so de…niert, daß tbj ´ t^a ¡ " und LbY = 2¯ ¡ 1 ¡ "0 . Es muß gezeigt werden,
daß LbY (t^a ¡ ") = 2¯ ¡ 1 ¡ "0 > 2¯ ¡ 1 ¡ D = ¸=® ist. Da "0 beliebig klein
wird, wenn " beliebig klein wird, läßt sich diese Ungleichung für beliebig
kleine " immer sicherstellen. Damit …ndet ein Ausgleich der Produktivitä-
ten der Y -Sektoren zu einem Zeitpunkt t¤ vor t^a statt. Aufgrund der oben
getro¤enen Annahme haben sich damit die Güterströme zum Zeitpunkt t^a
bereits umgedreht, und es hat ein Wechsel internationaler technologischer
Führerschaft stattgefunden. Mit dem gleichen Argument ist sichergestellt,
daß ein neuer Wechsel nationaler technologischer Führerschaft statt…ndet,
bevor nunmehr für Land b ein neuer Technologiezyklus zur Verfügung steht.
Diesen Zeitpunkt bezeichnet man mit t^b , wobei t^b die Gleichung erfüllt:
à Z t^b !
¡ ¢
ln 1 + LbY (¿ )d¿ = t^b ¡ tbj ¢ ¸=®
tbj
Da LbY (¿ ) · 1 und diese Ungleichung zeitweise auch strikt gilt, ist sicherge-
stellt, daß Ã !
Z t^b ¡ ¡ ¢¢
ln 1 + LbY (¿ )d¿ < ln 1 + t^b ¡ tbj
tbj
Damit ist die Di¤erenz (t^b ¡ tbj ) kleiner als ¢, das die Gleichung ln (1 + ¢) =
¢ ¢ ¸=® erfüllt. Da ein Wechsel der technologischen Führerschaft von Land
a auf Land b später als tbj und ein erneuter Wechsel von Land b nach Land a
früher als t^b statt…ndet, ist die Behauptung bewiesen. Q.E.D.
Kapitel 5
Kapitalmobilität und
internationale technologische
Führerschaft
5.1 Einleitung
In diesem Kapitel wird untersucht, ob sich Überholprozesse im Rahmen ei-
nes neoklassischen Wachstumsmodells erklären lassen, wenn Kapitalmobili-
tät den Aufholprozeß unterentwickelter Ökonomien beschleunigt und zudem
Neuinvestitionen die totale Faktorproduktivität positiv beein‡ussen.
Es wird das vintage-Akkumulationsmodell von Solow (1959) verwendet.
In Anlehnung an die theoretischen Arbeiten von Arrow (1962) und Ro-
mer (1986) sowie an die empirischen Ergebnisse von De Long und Summers
(1991), wird ein durch Neuinvestitionen ausgelöster ”schwacher” externer Ef-
fekt in das Solow-Modell integriert. Dieser externe E¤ekt wird ausschließlich
in dem Land, in dem die Investitionen getätigt werden, zu einem ö¤ent-
lich verfügbaren Wissenskapitalstock akkumuliert. Der modellierte externe
E¤ekt ist schwach in dem Sinne, daß die grundlegenden Eigenschaften ei-
nes neoklassischen Wachstumsmodells erhalten bleiben. Insbesondere ist die
Inada-Bedingung abnehmender Grenzproduktivität der insgesamt akkumu-
lierbaren Faktoren erfüllt. Im Rahmen von zwei verschiedenen Modellen von
130
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 131
0<´ <1¡®
1. In dieser Arbeit soll der Ein‡uß von Kapitalmobilität auf die relati-
ve Entwicklung der totalen Faktorproduktivität von kapitalexportie-
renden - und kapitalimportierenden Ländern untersucht werden. Es
kommt deshalb auf externe E¤ekte an, die in ihrer Wirkung innerhalb
nationaler Grenzen bleiben. Es spricht viel dagegen, daß externe Ef-
fekte des FuE-Sektors diese Eigenschaft aufweisen. Zum einen wird für
externe E¤ekte des FuE-Sektors typischerweise angenommen, daß sie
im erheblichem Maße auf face to face-Kontakten beruhen, was einen
räumlich und sektoral engen Wirkungsbereich impliziert. Man spricht
in diesem Zusammenhang von Marshallian externalities.5 Zum ande-
ren sind die Wissensträger, die den spillover pool einer Agglomerati-
on speisen und davon pro…tieren, auch international hoch mobil. So
wird einerseits in silicon valley für Unternehmen aus der ganzen Welt
geforscht. Andererseits kann sich beispielsweise ein koreanischer Au-
tokonzern den Entwicklungschef eines deutschen Sportwagenherstellers
”einkaufen”. Was dabei nicht eingekauft werden kann, ist eine hoch-
quali…zierte Arbeiterschaft, die diese Quali…kation durch langjährige
Erfahrungen mit neuesten Fertigungstechnologien erworben hat. Mit
anderen Worten: Die für den FuE-Sektor typischen Externalitäten in
Form nicht appropriierbaren Wissens stellen keine national gebundene
5
Zur Bedeutung solcher externer E¤ekte für das Wachstum von Städten beziehungs-
weise von Agglomerationsräumen vergleiche zum Beispiel bei Glaeser et al. (1992). Eine
sehr illustrative Beschreibung solcher E¤ekte bietet der Economist (1997) in einem survey
über silicon valley.
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 135
5.2.2 Abschreibungsraten
In Romers Formulierung geht der gesamte private Kapitalstock einer Ökono-
mie unverändert als externer E¤ekt mit einer Skalenelastizität von ´ in die
Produktionsfunktion ein. Als Begründung für solche externen E¤ekte werden
dagegen ‡ow-Größen verwendet, also Investitionen oder Produktionsmengen.
Im Zusammenhang mit learning by investing würde man in einfachster Form
schreiben:
E(¿ ) = c ¢ I(¿ ) (5.1)
Das heißt, der zum Zeitpunkt ¿ ausgelöste externe E¤ekt E(¿ ) verhält sich
proportional zum Investitionsvolumen, I(¿ ) dieses Zeitpunkts, wobei c eine
beliebige positive Konstante ist.7 Um aus dieser ‡ow-Größe einen externen
6
Man vergleiche dazu die Arbeiten unter vielen anderem von Mankiw et al. (1992),
Barro und Sala-i-Martin (1995a, Kapitel 10-12) und Greenwood et al. (1997). Grundsätz-
liche theoretische Bedenken gegen verschiedene Ansätze der endogenen Wachstumstheorie
äußern Gries et al. (1994).
7
I(¿ ) sind die realen Investitionsbescha¤ungskosten zum Investitionszeitpunkt ¿. Unter
den üblichen neoklassischen Bedingungen - vollständiger Wettbewerb sowie lineare Homo-
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 136
low besteht hier darin, daß ein externer E¤ekt in die Produktionsstruktur
eingebaut wird. Dieser externe E¤ekt wird durch Neuinvestitionen ausgelöst
und ist im Unterschied zum exogenen technischen Fortschritt, der hier wie
bei Solow kapitalgebunden ist, nicht embodied. Das heißt, das frei verfügba-
re Wissenskapital beein‡ußt die Produktionsmöglichkeiten aller installierten
Maschinen positiv. Diese Annahme wird der Idee frei verfügbaren Wissens
am besten gerecht. Darüberhinaus erweist sich das Modell auf diese Weise
als gut handhabbar.
Putty-putty-Jahrgangsmodelle werden oft als weniger realistisch angese-
hen als sogenannte putty-clay-Modelle, bei denen die grundlegende Annah-
me getro¤en wird, die Faktoreinsatzverhältnis von installierten Maschinen
sei während der gesamten Nutzungsdauer …x. Es ist aber übliche Praxis
in vielen Industrien, ältere, weniger e¢ziente Maschinen nur zu benutzen,
um Nachfragespitzen zu bedienen. Diese Verfahrensweise läßt sich im Sinne
von putty-putty-Modellen mit variablem Faktoreinsatz interpretieren. Es ist
mithin eine o¤ene Frage, ob putty-putty- oder putty-clay-Modelle tatsächlich
realitätsnäher sind. In jüngeren empirischen Studien hat das hier verwendete
vintage-Modell von Solow eine Renaissance erfahren. Siehe dazu die Arbei-
ten von Greenwood et al. (1997); sowie Hulten (1992). Einen Überblick über
grundlegende theoretische und ältere empirische Arbeiten zum kapitalgebun-
den Fortschritt enthält Klodt (1985).
Der grundlegende Baustein des Solow-Modells ist die Cobb-Douglas Pro-
duktionsfunktion, y(¿ ; t), einer Maschine des Jahrgangs ¿ zum Zeitpunkt t.9
wobei
Y = B(t)K(t)® (5.7)
10
Man vergleiche zur Herleitung mit dem Originalartikel von Solow (1959).
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 140
Z t
¡±t I(¿ )
mit K = e e¾¿ d¿ (5.8)
¡1 L(t)
¸
¾ = ±+ (5.9)
®
wobei K der Marktwert des privaten physischen Kapitalstocks pro Kopf Ar-
beitsbevölkerung ist.
Der Dreh- und Angelpunkt für die Analyse in diesem Kapitel ist die Ent-
wicklung der totalen Faktorproduktivität B(t). Wie oben ausführlich erläu-
tert, wird angenommen, daß Neuinvestitionen einen externen E¤ekt auslösen,
der die aggregierten Produktionsmöglichkeiten einer Ökonomie und damit
B(t) positiv beein‡ußt. Dieser externe E¤ekt E(¿ ) verhält sich proportional
zur Anzahl der gerade investierten Maschinen: E(¿ ) = cI(¿ ), wobei c ei-
ne beliebige positive Konstante ist, die im folgenden ohne Beschränkung der
Allgemeinheit auf Eins normiert wird. Dieser externe E¤ekt akkumuliert sich
über die Zeit und bildet zu jedem Zeitpunkt t einen Stock frei verfügbaren
Wissenskapitals J(t) in der Ökonomie. Der Aufbau von J wurde bereits im
vorangegangenen Abschnitt beschrieben und erfolgte in analoger Weise zum
Aufbau des privaten Kapitalstocks K:11
Z
1 ¡Át t °¿
J(t) = e e E (¿ ) d¿ (5.10)
L(t) ¡1
Á ist die reine Verfallsrate des externen Wissenskapitals, sie repräsentiert die
mentale Abschreibungsrate oder die Rate menschlicher Vergeßlichkeit. An-
dererseits ist ° die e¤ektive Abschreibungsrate, die einen Neuigkeits- oder
Vintage-E¤ekt beinhaltet. Parallel zur Annahme ¾ > ± beim privaten Ka-
^ > Á die Tatsache,
pitalstock K berücksichtigt hier die Annahme ° = Á + ¸
daß Wissen, das im Zusammenhang mit der Installation neuerer Maschinen
erworben wird, im Regelfall einen höheren ökonomischen Wert haben wird,
als das mit der Installation älterer Maschinen erworbene Wissen.
11
Externe E¤ekte können sich in etwas unschönen Größene¤ekten bemerkbar machen,
wie zum Beispiel bei Arrow, so daß ein, im Sinne eines insgesamt größeren Arbeitsange-
bots, größeres Land stärker von den externen E¤ekten pro…tiert als ein kleineres Land.
Von solchen E¤ekten soll hier abstrahiert werden. Denkt man beispielsweise an exter-
ne E¤ekte, die durch unternehmensinterne Ausbildung ausgelöst werden, dann ist eine
pro-Kopf-Formulierung, wie hier verwendet, sicherlich angebracht.
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 141
1. Zwei Länder oder Regionen verfügen über die gleiche aggregierte pro-
Kopf-Produktionstechnologie
@2F @ 2F
Yi = F (Ki (t); Ji (t); t) mit < 0 und >0
@K 2 @K@J
Das heißt, die Grenzproduktivität des privaten Kapitals fällt in K und
steigt in J. Zudem wird angenommen, daß die Grenzproduktivität von
privatem Kapital fällt, wenn K und J um den gleichen Prozentsatz
steigen.
(a) J1 (t) > J2 (t) und K1 (t) > K2 (t) für alle t · t0 . Das bedeutet,
Land 1 ist zum Zeitpunkt t0 das höher entwickelte Land.12
@F @F
(b) @K
(K2 ; J2 ; t0 ) > @K
(K1 ; J1 ; t0 ) - die Grenzproduktivität von pri-
vatem Kapital ist zum Ausgangszeitpunkt t0 im weniger entwickel-
ten Land höher als im hochentwickelten Land.
12
Die ”Rollenverteilung” der beiden Länder ist hier im Gegensatz zu der der Unterneh-
men in den Kapiteln 2 und 3 von vornherein festgelegt. Es kann deshalb hier die übliche
Bezeichnung, Land 1 und Land 2 statt a; b verwendet werden.
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 143
Bei der Formulierung dieses Theorems wie auch bei dessen Anwendung wei-
ter unten in diesem Kapitel spielt der Begri¤ der Grenzproduktivität von
privatem Kapital @F=@K eine entscheidende Rolle. Die ökonomische Inter-
pretation dieses mathematischen Ausdrucks, wie man sie aus der statischen
Produktionstheorie kennt, ist nicht mehr ohne weiteres möglich in einer dy-
namischen Welt, in der Unternehmen Investitionsentscheidungen tre¤en, die
widerum externe E¤ekte auslösen. Deshalb sind an dieser Stelle einige Erläu-
terungen zur Interpretation dieses Ausdrucks angebracht: (1) Der Ausdruck
@F
@K
ist mathematisch wohl de…niert, unabhängig davon, ob es
(K(t); J(t); t)
ökonomisch möglich ist, K zu verändern, und J konstant zu halten. Das
gilt auch dann, wenn etwa bei gleichen Abschreibungsraten, wie bei Ro-
mer (1986), immer gelten würde: J = K.13 (2) Falls die Unternehmen der
betrachteten Ökonomie zu jedem Zeitpunkt den Kapitalstock ihres Unter-
nehmens frei wählen können, dann ist die ökonomische Interpretation von
@F
@K
einfach, wenn man F als die Produktionsfunktion eines repräsentativen
Unternehmens au¤aßt und gleichzeitig, indem man die Anzahl der Unterneh-
men auf 1 normiert, als die Produktionsfunktion der gesamten Ökonomie.
(3) Wenn Unternehmen, wie in den Abschnitten 5.5-5.6 dieses Kapitels, den
Kapitalstock ihres Unternehmens nicht jederzeit frei wählen können, son-
@F
dern Investitionsentscheidungen tre¤en müssen, dann hat der Ausdruck @K
nur noch eine virtuelle Interpretation. Die Verwendung dieses Ausdrucks ist
trotzdem sinnvoll, weil sich an diesen, in Analogie zur statischen Produkti-
onstheorie, sinnvolle Annahmen stellen lassen. Zudem zeigt sich, daß sich die
relative Entwicklung der betrachteten Ökonomien in den Abschnitten 5.5-5.6
mit Hilfe dieses Ausdrucks gut charakterisieren läßt.
Das Theorem soll Aussagen darüber ermöglichen, unter welchen Voraus-
setzungen es zu Überholprozessen kommen kann, ohne konkrete Annahmen
über die Investitionspfade I(x) und I2 (x), das heißt über die Art und Weise
13
Im Allgemeinen kann man J(t) nicht als Funktion von K(t) schreiben, denn es gibt
viele verschiedene Investitionspfade I(x) die zum gleichen K(t) aber zu unterschiedlichen
J(t) führen.
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 144
tre¤en zu müssen, wie das verfügbare Kapital sich auf die beiden betrach-
teten Ökonomien im Zeitverlauf verteilt. Dabei wird die folgende De…nition
eines Überholprozesses verwendet:
1. Falls ° < ¾, dann kommt es bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Ka-
pitalgrenzproduktivität in beiden Ländern ausgeglichen ist, zu keinem
Überholprozess. Das gilt auch dann, wenn dieser Zeitpunkt nicht in
endlicher Zeit erreicht wird.
3. Wenn ° größer ist als ¾, wenn zudem sicher gestellt ist, daß zusätzliche
Investitionen die Grenzproduktivität von Kapital negativ beein‡ussen,
und wenn es schließlich in endlicher Zeit zum Ausgleich der Kapitalpro-
duktivität in beiden Ländern kommt, dann ist es bis dahin zu einem
Überholprozeß gekommen.
Ausgleichsszenario
γ =σ
MPC 2
MPC1
TFP1
TFP2
K1
K2
t0 tˆ = t * t
Abbildung 5.1:
men, daß Land 1 zum Zeitpunkt t0 über mehr privates wie ö¤entliches Kapital
verfügt, und daß der im Hinblick auf die Grenzproduktivität negative E¤ekt
privaten Kapitals den positiven E¤ekt einer höheren totalen Faktorprodukti-
vität überkompensiert - es gilt also zum Zeitpunkt M P C1 (t0 ) < M P C2 (t0 ).
Zum Zeitpunkt t¤ gilt dagegen M P C1 (t¤ ) = M P C2 (t¤ ).
Man betrachte nun zunächst das ”Überholszenario” in Abbildung 5.2 im
Vergleich mit dem ”Ausgleichsszenario” von Abbildung 5.1. Schreiben sich
ö¤entlicher und privater Kapitalstock e¤ektiv mit der gleichen Rate ab, dann
ist das Niveau der unterschiedlichen Kapitalstöcke in beiden Ländern notwen-
digerweise ausgeglichen, wenn die Grenzproduktivität von Kapital in beiden
Ländern zum Zeitpunkt t¤ gleich ist. Die höhere e¤ektive Abschreibungs-
rate des ö¤entlichen Kapitalstocks, im Vergleich zu der des privaten Kapi-
talstocks, bedeutet, daß der Neuigkeitsgrad installierter Maschinen für die
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 147
Überholszenario
γ >σ
MPC 2
MPC1
TFP1
TFP2
K1
K2
t0 ~ tˆ
t t* t
Abbildung 5.2:
Zusammensetzung des ö¤entlichen Kapitalstocks wichtiger ist als für die des
privaten Kapitalstocks. Damit bewegt sich im ”Überholszenario” der akku-
mulierte externe Wissenskapitalstock beider Länder schneller aufeinander zu
als der jeweilige private Kapitalstock. Es kommt deshalb zu einem frühe-
ren Zeitpunkt, in t~ zum Ausgleich der totalen Faktorproduktivität in beiden
Ländern als zum Ausgleich der privaten Kapitalstöcke, in t^. Zu diesem ”-
Überholzeitpunkt” t~ ist die Grenzproduktivität von privatem Kapital immer
noch im Land 2 größer als im Land 1. Es wird also weiterhin mehr im Land 2
investiert als im Land 1, mit positivem E¤ekt auf die totale Faktorprodukti-
vität des ehemals weniger entwickelten Landes. Hat schließlich Land 2 einen
ebenso großen privaten Kapitalstock akkumuliert wie Land 1, dann ist immer
noch die Grenzproduktivität von privatem Kapital im Land 2 größer. Es wird
weiterhin dort investiert, bis schließlich insgesamt abnehmende Grenzerträge
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 148
Persistenzszenario
γ <σ
MPC 2
MPC1
TFP1
TFP2
K1
K2
t0 t* t
Abbildung 5.3:
Das heißt, Land 1 hat in der Vergangenheit einen höheren privaten als auch
einen höheren ö¤entlichen Wissenkapitalstock akkumuliert und ist folglich
der Produktivitätsführer im Hinblick auf totale Faktorproduktivität als auch
im Hinblick auf Arbeitsproduktivität. Es wird aber angenommen, daß ins-
gesamt abnehmende Grenzproduktivitäten von Kapital dazu führen, daß die
Grenzproduktivität für privates Kapital im weniger entwickelten Land höher
ist als im hochentwickelten:14
@F (K1 (t0 ); J1 (t0 ); t0 ) @F (K2 (t0 ); J2 (t0 ); t0 )
<
@K @K
14
Die Annahme, daß Land 1 in der Vergangenheit immer mehr investiert hat als Land 2,
ist keine hinreichende Bedingung für höhere Kapitalgrenzproduktivitäten im Land 2. Sehr
unterschiedliche Abschreibungsraten für privates und ö¤entliches Kapital in Verbindung
mit einer sehr asymmetrischen zeitlichen Struktur der Investitionen in der Vergangenheit,
könnten auch für eine höhere Kapitalgrenzproduktivität im ”reichen” Land 1 sorgen.
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 150
,
J1 (t0 ) J2 (t0 ) 1¡®
¯
< ¯
with ¯ ´ >1 (5.13)
K1 (t0 ) K2 (t0 ) ´
Z +1
(r+¾)¿
¼ i (¿ ) = e e¡(±+r)t M P Ci (t)dt (5.15)
¿
@F (Ki (t); Ji (t); t)
M P Ci (t) =
@K
Ji (t)´
= A(t)® (5.16)
Ki (t)1¡®
In der Barwertfunktion ¼i (¿ ) (5.15) ist nur die Grenzproduktivität von priva-
tem Kapital, @Fi =@K, länderspezi…sch. Allerdings hängt damit der Barwert
einer aktuellen Investition von der gesamten Geschichte als auch von der
gesamten Zukunft der durch Ii getriebenen Kapitalakkumulation ab. Ein
Investor, der darüber entscheiden muß, in welchem Land eine Investition
lohnender ist, muß also Erwartungen über die zukünftige Entwicklung der
Kapitalakkumulation in jedem Land bilden. Natürlich wird angenommen,
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 151
Lemma 1 Falls (1 ¡ ®) > ´ und falls ° · ¾ + " für " positiv und beliebig
klein, dann ist der Investitionse¤ekt negativ:
à !
e¾t (1 ¡ ®) e°t ´
¡ Rt + Rt <0
¡1
e¾x Ii (x)dx ¡1
e°x Ii (x)dx
Beweis: Die behauptete Ungleichung ist o¤ensichtlich erfüllt für ° = ¾.
Rt
Zudem ist die Ableitung eines Kapitalstocks e¡°t ¡1 e°x Ii (x)dx in bezug auf
seine Abschreibungsrate ° negativ, also gilt die Ungleichung für alle ° · ¾+".
Q.E.D.
Damit läßt sich das folgende Resultat beweisen:
Satz 5.1 Falls die Grenzproduktivität von privatem Kapital im Land 2 zum
Zeitpunkt t0 höher ist als im Land 1, dann gilt für alle t > t0 :
sowie:
J1¤ ´ J2¤ ´
M P C1 (t¤ ) = A(t¤ )® = A(t¤
)® = M P C2 (t¤ )
K1¤1¡® K2¤1¡®
,
R t0 Ã R t0 !(1¡®)=´
¡1
e°¿ I1 (¿ )d¿ ¡1
e¾¿ I1 (¿ )d¿
R t0 R ¤ = R t0 R ¤ (5.21)
e°¿ I (¿ )d¿ + t e°¿ g(¿ )d¿ e¾¿ I (¿ )d¿ + t e¾¿ g(¿ )d¿
¡1 2 t0 ¡1 2 t0
Satz 5.2 Sind die e¤ektiven Abschreibungsraten des privaten und des ö¤ent-
lichen Kapitalstocks gleich, und gilt (1 ¡ ®) > ´, dann kommt es niemals zu
einem Überholprozeß.
Satz 5.3 Gilt (1 ¡ ®) > ´ und sind die e¤ektiven Abschreibungsraten des
privaten und des ö¤entlichen Kapitalstocks nicht zu unterschiedlich, dann ist
die totale Faktorproduktivität sowie die Arbeitsproduktivität zum Zeitpunkt t¤
im Land 2 höher als im Land 1, wenn ° > ¾. Dagegen bleibt Land 1 bis zum
Zeitpunkt t¤ das technologisch führende Land, wenn ° < ¾.
wobei £ eine steigende Funktion in I=K ist, dem Verhältnis der zu instal-
lierenden Maschinen zum vorhandenen Kapitalstock eines repräsentativem
Unternehmen in dem betre¤enden Land. Tatsächlich sollte man annehmen,
daß dieser Zusammenhang für Investitionen und Kapitalstöcke gilt, die je-
weils in E¢zienzeinheiten gemessen werden. K ist der private ökonomische
Wert des Kapitalstocks (siehe bei Solow (1959)), in dem E¢zienzsteigerungen
berücksichtigt sind, während I in Einheiten gemessen wird, die mit der Zeit
aufgrund der Tatsache an Wert verlieren, daß neuere Maschinen leistungsfä-
higer sind als alte. £ sollte sich also als steigende Funktion von e(¾¡±)t ¢ I=K
schreiben lassen. Die Installationskosten für eine in E¢zienzeinheiten gemes-
sene Anzahl von Maschinen ist also um so höher, je kleiner der vorhandene
Kapitalstock des repräsentativen Unternehmens in dem betre¤enden Land
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 156
wobei q(t) der Schattenpreis der Beschränkung für K_ zum jeweiligen Zeit-
punkt ist. Mit den Bedingungen erster Ordnung: @H=@I = 0 und q_ =
qr ¡ er¹(t) @H=@K und den Beschränkungen für K_ und J_ ergibt sich das Glei-
chungssystem:15
qe(¾¡±)t = (1 + £ + I ¢ 1=K ¢ £0
¡ ¢
q_ = q (r + ±) ¡ MP C ¡ I£0 ¢ e(¾¡±)t ¢ (¡I=K 2 )
K_ = Ie(¾¡±)t ¡ ±K
J_ = Ie(°¡Á)t ¡ ÁJ (5.23)
Man beachte, daß die Unternehmen den Ein‡uß, den sie mit ihren Inve-
stitionen auf den Ö¤entlichen Kapitalstock ausüben, nicht berücksichtigen.
15
Man beachte, daß die Lösung des Maximierungsproblem hinsichtlich des Arbeitseinsat-
zes schon gelöst wurde und die verwendete Produktionsfunktion implizit de…nierte - siehe
den Abschnitt über die vintage-Produktionsfunktion.
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 157
D.h. die Beschränkung für J_ wird zwar das dynamische Verhalten der Öko-
nomie beein‡ussen, aber nicht das Maximierungsverhalten und damit die
Hamiltonian der Firmen.
In einem geschlossenen Land, in dem Haushaltsdynastien, denen das Pro-
duktivvermögen der Ökonomie gehört, mit unendlichem Zeithorizont in übli-
cher Weise ihr intertemporales Nutzenmaximierungsproblem lösen, bestimmt
sich die zeitliche Entwicklung des Zinssatzes r(t) endogen. Aus:
Z 1 µ 1¡µ ¶
C ¡ 1 ¡½t
max e dt
C(t) t0 1¡µ
folgt:
C_ = C ¢ (r ¡ ½) =µ
wobei ½ die Zeitpräferenzrate der Haushalte und µ die inverse intertemporale
Substitutionselastizität des Konsums ist. Unter Berücksichtigung der Res-
sourcenbeschränkung Y = I + C und mit e(¾¡±)t ¢ I=K = µ¡1 lassen sich die
Funktionen I(t) und C(t) eliminieren, und man erhält ein kompliziertes ex-
plizites Di¤erentialgleichungssystem in den Variablen K(t); J(t) und q(t). Es
läßt sich zeigen, daß dieses System einen eindeutigen steady state besitzt, so
¡ ¢
daß die beiden Transversalitätsbedingungen (limt!1 q(t) ¢ K(t) ¢ e¡(¹r(t)¡g)t
¡ ¢
= limt!1 K(t) ¢ e¡¹r(t)t = 0) als hinreichende Bedingungen für eine Lösung
des Nutzen- und des Gewinnmaximierungsproblems erfüllt sind.
untersucht. Diese Vereinfachung, wie sie auch von Barro und Sala-i-Martin
(1995a, Kapitel 3.5) vorgenommen wird, hat zwei Vorteile. Zum einen muß
nur noch das Di¤erentialgleichungssystem eines Landes untersucht werden
und zum anderen kann angenommen werden, daß der international gültige
Zinssatz während des Aufholprozesses konstant bleibt.
Es scheint möglicherweise angebracht anzunehmen, daß sich die westli-
chen Industrienationen über längere Zeit in ihrem Wachstumsprozeß ihren
steady state Wachstumsraten weitgehend angenähert hatten, während die
Länder Südostasiens noch relativ weit von ihrem steady state entfernt waren.
Problematisch ist aber die Annahme, daß der Kapitalbedarf der aufholenden
Länder keinen Ein‡uß auf das weltweite Zinsniveau hat. Tatsächlich sollte
man annehmen, daß der hohe Kapitalbedarf Südostasiens dafür sorgt, daß
sich die westlichen Industrienationen von ihrem steady state entfernen, weil
weniger investiert wird als für das Aufrechterhalten des steady state not-
wendig wäre. Ein Aufholprozeß würde bei Berücksichtigung solcher E¤ekte
beschleunigt und auch Überholprozesse würden in der 7-Gleichungsvariante
eher auftreten als in der hier untersuchten 3-Gleichungsvariante.
Das Di¤erentialgleichungssystem
I^ ´ Ie¡gt
^ ´ Ke¡(g+¾¡±)t
K
J^ ´ Je¡(g+°¡Á)t
q^ ´ qe¡(¾¡±)t
^ P C ´ ®J^´ K
M ^ ®¡1
Im steady state sind die drei Di¤erentialgleichungen mit Null erfüllt. Da-
mit lassen sich die steady state Werte für die drei Variablen bestimmen:
q^¤ = 1 + (¾ + g)b
µ ¶
^ ¤ ¾ + g ´=(1¡®¡´) ³ ^ ´1=(1¡®¡´)
K = ®=M P C ¤
g+°
µ ¶(1¡®)=(1¡®¡´) ³ ´1=(1¡®¡´)
^¤ ¾+g ^ C¤
J = ®=MP
g+°
^ C ¤ = (2¾ + ¾ 2 b + 2r + 2r¾b + 2rgb ¡ bg 2 )=2
MP
Wird die Di¤erenz zwischen ° und ¾ dagegen größer, dann hat die cha-
rakteristische Matrix zwei komplexe Eigenwerte mit negativem realen Teil
- das System schwingt und es kommt dann in jedem Fall in endlicher Zeit
^ C-
zu einem Überholprozeß. In Abbildung 5.4 ist ein solcher Fall im q^; MP
:
Raum dargestellt. Die eingezeichnete q^= 0-Linie ergibt sich aus der Relation
^ P C = q^(r +¾) ¡ (^
M q ¡ 1)2 =2b (siehe die erste Gleichung des Systems (5.25)).
Der steady-state-Wert q^¤ liegt im linken Schnittpunkt dieser Linie mit der
Wagerechten M ^ PC = M ^ P C ¤ . In der Nähe des steady state verhält sich
das zu analysierende Di¤erentialgleichungssystem (5.25) wie das linearisierte
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 162
MPC q<0
MPC*
q=0
q>0
q* q
Abbildung 5.4:
System, das heißt, es schwingt regelmäßig und gedämpft. Man beachte, daß
alle stabilen Pfade deshalb in der Nähe des steady state den in Abbildung
5.4 dargestellten Verlauf nehmen müssen. Damit ist sichergestellt, daß es zu
jedem Pfad, der in den steady state konvergiert, einen Zeitpunkt t0 gibt, so
:
daß M ^ PC > M ^ P C ¤ ; q^ > q^¤ ; q^< 0; d M^ P C < 0 an dieser Stelle gilt. Daraus
dt
folgt, daß ein stabiler Pfad, ausgehend von t0 den steady-state-Wert MP ^ C¤
:
erst erreichen kann, wenn vorher q^ < q^¤ oder q^> 0 gegolten hat.
Man betrachte nun in den Abbildungen 5.5 und 5.6 das Verhalten des
:
Systems im J; ^ q^-Raum. Die q^= 0-Linien ergeben sich aus der Relation J^ =
:
^ (1¡®)=´ ( 1 (^
K ^ 0-Linien aus der Relation
q ¡ 1)2 =2b))1=´ , die J=
q (r + ¾) ¡ (^
®
J^ = K(^
^ q ¡ 1)=[b(g + °)] (siehe die dritte Gleichung des Systems (5.25)).
: :
Die durchgezogenen q^= 0- beziehungsweise J= ^ 0-Linien in Abbildung 5.5
gehören zu einem Wert von K^ <K ^ ¤ , die in Abbildung 5.6 zu einem Wert von
K^ >K ^ ¤ . Die gestrichelten Linien sind jeweils die zum steady-state-Wert K
^¤
: :
gehörigen q^= 0- und J= ^ 0-Linien. Da d (K ^ (1¡®)=´ ) > d K
^ = 1 für 1¡® > ´
^
dK ^
dK
gilt, ist sichergestellt, daß der Schnittpunkt der durchgezogenen Linien für
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 163
J
k=0 J=0
J*
q=0
q* q
Abbildung 5.5:
K^ <K ^ ¤ links unterhalb und für K^ <K ^ ¤ rechts oberhalb des Schnittpunkts
:
^
der gestrichelten Linien liegt. Dagegen ist die senkrechte K= 0-Linie (aus der
ersten Gleichung des Systems (5.25)) unabhängig von K. ^ Zu jedem stabilen
:
Pfad muß ^ <K
es demnach ein t0 geben, so daß q^ > q^¤ , K ^ ¤ , J^ < J^¤ , q^< 0,
: :
^ 0, J>
K> ^ 0 an dieser Stelle gilt.
: :
Solange ^ 0, und der Schnittpunkt der q^= 0-
nun q^ > q^¤ ist auch K>
:
^ 0-Linie bewegt sich nach rechts oben in Richtung steady state
mit der J=
(Abbildung 5.5). Es kommt nicht zu einem Überholprozess, wenn der stabile
: :
^ 0-Linie von
Pfad von rechts unten und der Schnittpunkt aus q^= 0- und J=
links unten gemeinsam in den steady state konvergieren. Es kann auch ohne
Schwingungen zu einem Überholprozess kommen. In diesem Fall konvergiert
der stabile Pfad von rechts oben und der Schnittpunkt weiterhin von links
unten in den steady state. Damit der stabile
:
Pfad von rechts oben kommen
^ 0-Linie durchschritten haben.
kann, muß er selbstverständlich zuvor die J=
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 164
J
J=0
k=0
q =0
J*
q* q
Abbildung 5.6:
Satz 5.4 Falls die Eigenwerte der charakteristischen Matrix des Di¤erenti-
algleichungssystems (5.25) komplexe Zahlen mit nicht verschwindendem ima-
ginären Teil sind, d.h. falls das System im Raum der reellen Zahlen schwingt,
dann existiert zu jedem stabilen Pfad in der Nähe des steady state ein Zeit-
punkt t0 , so daß an dieser Stelle folgendes gilt:
: :
1. M^ PC > M
^ P C ¤, d ^
MPC ^ <K
< 0, q^ > q^¤ , K ^ ¤ , J^ < J^¤ , q^< 0, K>
^ 0,
: dt
^ 0
J>
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 165
:
^ erreicht, ausgehend von t0 , den steady state Wert J^¤ bevor J=
2. J(t) ^ 0
gilt.
:
3. Der Zeitpunkt zu dem, ausgehend von t0 , zum ersten Mal J=^ 0 erreicht
:
wird, liegt früher als der, zu dem erstmals q^= 0 gilt und auch früher
als der, zu dem erstmals q^ < q^¤ gilt.
Die entscheidende Frage ist nun, wie groß die Di¤erenz zwischen ° und ¾ sein
muß, damit das System schwingt. Die Frage, ob das Di¤erentialgleichungs-
system in der Nähe des steady state schwingt, ist gleichbedeutend mit der
Frage, ob das charakteristische Polynom der Matrix nur eine rein reellwertige
Nullstelle hat. Entscheidend ist demnach das Vorzeichen der Diskriminante
des charakteristischen Polynoms:
² r = 0:05 ist ein Standardwert für den Realzins im steady state. Ein hö-
herer steady-state-Realzins führt erst bei größerem Q zu einem schwin-
genden Verhalten des Systems.
² ® = 0:5. Faßt man den privaten Kapitalstock eng als physisches Ka-
pital auf, dann wäre ein Wert von etwa ® = 0:4 als typischer Einkom-
mensanteil der Kapitaleinkünfte am Volkseinkommen angezeigt. Insge-
samt sollte ® aber den Einkommensanteil aller privat akkumulierbaren
Faktoren messen, womit ein größerer Wert als 0.4 sicherlich angebracht
ist. Barro und Sala-i-Martin vertreten in ihren empirischen Arbeiten
die Ansicht, ® sollte wesentlich größer als 0.5 sein. Sie begründen Wer-
te von 0.75 und höher mit dem Hinweis darauf, daß anderenfalls die
berechnete Konvergenzgeschwindigkeit von Volkswirtschaften zu groß
ist, um sich mit ihren empirischen Ergebnissen in Einklang bringen
zu lassen. Andererseits berücksichtigen Barro und Sala-i-Martin keine
akkumulierbaren externen E¤ekte. Ein Wert von 0.5, wie hier verwen-
det, scheint deshalb ein vernünftiger Kompromiß zu sein. Ein höherer
Wert für ® führt schon bei kleinerer Relation Q zu einem schwingenden
Verhalten des Systems.
² q^¤ = 1:1; 1:2; 1:3; 1:4. Der Parameter b impliziert den steady-state-Wert
von q^. Über Tobin’s q, als dem Verhältnis von Marktwert zu Buchwert
von Unternehmen liegen empirische Arbeiten vor, zum Beispiel die von
Blanchard et al. (1993). Die hier dokumentierten Ergebnisse beziehen
sich auf Werte von q^¤ , die den Bereich der Ergebnisse dieser Studie
abdecken.
Die Ergebnisse zeigen, daß der Unterschied zwischen den e¤ektiven Ab-
schreibungsraten für realistische Parameterkonstellationen nicht sehr groß
sein muß, damit es zu einem Überholprozeß kommt. Interessanterweise ver-
hält sich die für das Zustandekommen von Schwingungen kritische Relation
Q nicht monoton bei Variationen von q^¤ . Für unrealistisch kleine Werte
(<1.1), wie für unrealistisch große (>1.4) Werte von q^¤ muß diese Relation
groß sein. Für mittlere Werte (1.2-1.3) ist die kritische Relation dagegen
klein. Das heißt, es kommt schon bei kleiner Di¤erenz zwischen ° und ¾ zu
Schwingungen und damit zu Überholprozessen. Eine intuitive Begründung
für dieses Ergebnis ist die folgende: Sind die Anpassungskosten sehr groß (der
implizierte Wert für q^¤ ist groß), dann wird internationale Kapitalmobilität
17
Eine andere mögliche Erklärung für die empirischen Ergebnisse von DeLong und Sum-
mers sind Unterschiede im Monopolisierungsgrad der verschiedenen Sektoren. Darauf weist
zum Beispiel Romer (1993) hin.
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 168
^ C + 1 ¢ (^
:
q^ = q^ (r + ¾) ¡ (MP q ¡ 1)2 )
2b
:
^ = K((^
K ^ q ¡ 1=b) ¡ (g + ¾))
:
J^ = K(^
^ q ¡ 1)=b ¡ (g + °)J^ (5.27)
q^(0) = q^¤ + ¢q
^
K(0) = K^ ¤ + ¢K
^
J(0) = J^¤ + ¢J
1.4
1.2
0.8
j
0.6
0.4
0.2
0
k
Abbildung 5.7:
repräsentiert einen stabilen Pfad für ¢K = "=K ^ ¤ und ¢J = "=J^¤ , wobei "
eine beliebige kleine Zahl ist. Das bedeutet, die kräftige Linie wird von ei-
nem Punkt auf der gestrichelten j = k-Linie von Abbildung 5.7 in der Nähe
des steady state gestartet - bei j = k = 1 + ". Nachdem der stabile Pfad
einen kompletten Zyklus durchlaufen hat, schneidet er erneut die gestrichelte
j = k-Linie - bei j = k = 1 + "0 , wobei " und "0 das gleiche Vorzeichen haben
und j"j < j"0 j. Um alle stabilen Pfade abzudecken, variiert man ¢K = a=K ^¤
und ¢J = a=J^¤ mit j"j · jaj · j"0 j. Jede Kombination j; k, die inner-
halb dieses so abgegrenzten Feldes der stabilen Pfade liegt, ist eine mögliche
Anfangsbedingung in der ”realen” Welt, in der die Zeit natürlich vorwärts,
das heißt in Richtung steady state läuft. Zu jeder dieser Anfangsbedingungen
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 171
5.7 Schlußfolgerungen
Kapitalmobilität kann in Verbindung mit durch Neuinvestitionen ausgelösten
externen E¤ekten zu endogenen Überholprozessen führen, so daß ein ehemals
technologisch führendes Land allein aufgrund dieser Tatsche seine Führungs-
position an ein ehemals unterentwickeltes Land verliert. Solche Überholpro-
zesse lassen sich im Rahmen von fast perfekt neoklassischen Wachstumsmo-
dellen nachweisen, in denen insbesondere die Inada-Bedingung abnehmender
Grenzproduktivität der akkumulierbaren Faktoren erfüllt ist. Damit vergrö-
ßert sich die Erklärungsbandbreite neoklassischer Wachstumstheorie, so daß
auch Fälle wie die langanhaltende Stagnation Englands im Rahmen solcher
Modelle erfaßt werden können.
Notwendige Bedingung für das Zustandekommen von Überholprozessen
KAPITEL 5. KAPITALMOBILITÄT 173
des verbessert. Modelliert man dagegen externes Wissen als einen Faktor,
der im Rahmen von Kapitalmobilität gleichsam mittransferiert wird, das
heißt, faßt man den Unterschied nationaler totaler Faktorproduktivität als
idea gap und nicht als object gap (Romer (1993)) oder als technology gap
im Sinne von Fagerberg (1987) auf, dann kann es möglicherweise leichter zu
Überholprozessen kommen, als in dem hier verwendeten Modell. Wird durch
Direktinvestitionen ein wesentlicher Teil des in den hoch entwickelten Län-
dern akkumulierten Wissenskapitals unmittelbar im unterentwickelten Land
installiert, dann kann es unabhängig von der relativen Größe von Abschrei-
bungsraten zu einem recht schnellen Ausgleich totaler Faktorproduktivität
kommen. Die ehemals unterentwickelten Länder würden dann immer noch
über einen relativ kleinen privaten Kapitalstock und damit über eine höhere
Grenzproduktivität von privatem Kapital verfügen, so daß weiterhin über
einen längeren Zeitraum Investitionen hauptsächlich dort getätigt würden.
Das Niveau ö¤entlichen Wissens würde dort weiter steigen. Dieser Wissens-
vorsprung der ehemals unterentwickelten Länder könnte erst wieder in die
ehemalig technologisch führenden Länder zurück‡ießen, wenn sich Direktin-
vestitionen auch dort wieder lohnen.
Anhang D
Mathematischer Anhang zu
Kapitel 5
Theorem 2 (Abschreibungstheorem)
Voraussetzungen:
a) Gegeben zwei stückweise stetige und beschränkte Funktionen (i = 1; 2)
Ii : R ! R+ .
b) Vier Funktionen (i = 1; 2) Ki ; Ji : R ! R+ sind gegeben durch: Ki (t) ´
Rt Rt
e¡±t ¡1 e¾xIi (x)dx und Ji (t) ´ e¡Át ¡1 e°x Ii (x)dx wobei ±; ¾; Á; ° echt po-
sitive endliche Zahlen sind. Die Integrale existieren wegen a).
c) Die Funktion f : R2+ £ R ! R+ ist stetig di¤erenzierbar, streng monoton
fallend im ersten und streng monoton steigend im zweiten Argument. Zudem
fällt f, wenn das erste und das zweite Argument um den gleichen Faktor
steigen.
d) Die Funktion g : R ! R ist gegeben durch: g(t) ´ f (K1 (t); J1 (t); t)
¡f (K2 (t); J2 (t); t).
e) Es existiere ein t0 < 1, so daß [(J1 (x) > J2 (x)) ^ (K1 (x) > K2 (x)) für
alle x · t0 ] ^ (g(t0 ) < 0).
f ) Sei t¤ ´ minft > t0 jg(t) = 0g. Sei t¤ ´ 1, falls g für t > t0 keine
Nullstelle hat.
175
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 176
3. Falls ¾ < ° und die zusätzlichen Voraussetzungen (i) und (ii) gelten,
wobei
(i) die Parameter ±; ¾; Á; ° und die Funktion f sind derart,
daß ³für alle I1 ; I2 , ´die Voraussetzung a) und b) erfüllen, gilt:
@ _ i (t); Ji (t); t) · 0 für alle t,1 und
f(K
@Ii (t)
Beweis:
Aussage 1:
Man zeigt die Negation der Aussage, nämlich:
[9 t~ 2 [t0 ; t¤ ], t~ 6= 1, so daß J1 (t~) · J2 (t~) _ K1 (t~) · K2 (t~)] ) ¾ · °.
Sei also ein solches t~ gegeben, und sei es ohne Beschränkung der Allgemein-
heit das kleinste mit dieser Eigenschaft - Zeile #1.
Man beachte bei Zeile #1, daß stetige Funktionen stets eine kleinste Nullstelle
haben, falls eine solche existiert.
Ferner gilt für alle t 2 [t0 ; t~]:
g(t) · 0, K1 (t) ¸ K2 (t) und J1 (t) ¸ J2 (t) - Zeile #2.
Zeile #2 gilt wegen der ”oder”-Bedingung der zu zeigenden Negation und
weil t~ das kleinste t ist, das die Negation erfüllt.
³ ´
1
Man beachte, daß @
@Ii (t) f_(Ki (t); Ji (t); t) = @f
@K (Ki (t); Ji (t); t) ¢ e(¾¡±)t +
@f (°¡Á)t
@J (Ki (t); Ji (t); t) ¢ e
Dieser Term ist beispielsweise immer dann für alle I1 ; I2 nega-
.
tiv, wenn f homogen in den ersten beiden Argumenten ist und die Di¤erenz zwischen °
und ¾ klein ist.
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 177
Wegen K1 (t0 ) > K2 (t0 ); J1 (t0 ) > J2 (t0 ) und der Stetigkeit von Ki und Ji ,
muß gelten:
K1 (t~) = K2 (t~) _ J1 (t~) = J2 (t~).
Sei zunächst K1 (t~) = K2 (t~).
f ist monoton steigend im zweiten Argument, also folgt wegen J1 (t~) ¸ J2 (t~):
g(t~) = f(K1 (t~); J1 (t~); t~) ¡ f (K2 (t~); J2 (t~); t~) ¸ 0, also mit Voraussetzung f)
g(t~) = 0. Dann folgt wiederum aus der strengen Monotonie von f :
J1 (t~) = J2 (t~).
Sei nun J1 (t~) = J2 (t~). Weiterhin gilt, wegen Zeile #2, K1 (t~) ¸ K2 (t~), aber
K1 (t~) > K2 (t~) ist nun wieder zugelassen.
Es wird nun gezeigt, daß: ¾ · °.
Dafür de…niert man zwei Funktionen ¢° (t) und ¢¾ (t) für alle t · t~:
Für die unten folgende Rechnung werden einige einfache Folgerungen (F1-F7)
aus dieser De…nition verwendet:
F1: ¢° (t~) = 0 (wegen J1 (t~) = J2 (t~)).
F2: ¢° (t) > 0 für alle t < t~
- wegen J1 (t) > J2 (t) für alle t < t~, siehe Zeile #1.
F3: ¢¾ (t~) ¸ 0 - wegen K1 (t~) ¸ K2 (t~).
F4: ¢° (x) ist eine Stammfunktion von e°x (I1 (x) ¡ I2 (x)).
R t~
F5: C~ ´ ¡1 e(¾¡°)x¢° (x)dx > 0 - wegen F2.
F6: limx!¡1 [(e(¾¡°)x ¡ 1)¢° (x)] existiert und ist 0, falls ¾ > °
- da I1 und I2 beschränkte Funktionen sind.
F7: e¾x ¡ e°x = (e(¾¡°)x ¡ 1)e°x .
Es gilt nun:
0 · ¢¾ (t~) ¡ ¢° (t~) (wegen F1 und F3).
R t~
= ¡1 (e¾x ¡ e°x )(I1 (x) ¡ I2 (x))dx
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 178
R t~
= ¡1
(e(¾¡°)x ¡ 1)e°x (I1 (x) ¡ I2 (x))dx (wegen F7)
(¾¡°)t~
¡ ¢
= (e ¡ 1)¢° (t~) ¡ limx!¡1 (e(¾¡°)x ¡ 1)¢° (x) ¡ (¾ ¡ °) ¢ C~
(partielle Integration und wegen F4 und F5)
~ falls ¾ > ° (wegen F1 und F6)
= ¡(¾ ¡ °) ¢ C,
)¾·°
Damit ist Aussage 1. bewiesen.
Aussage 2:
Man beachte zunächst, daß aus Voraussetzung c) folgt:
8Ki ; Ji ; t existiert ein r < 0 so daß f (Ki ; Ji ; t) = Kir f (1; KJii ; t).2
Falls ¾ = °, gilt: Ji (t) = e(±¡Á)t Ki (t). Damit ist g(t) = 0 äquivalent zu:
µ ¶r ,
K1 (t)
= 1
K2 (t)
mit r < 0. Es folgt sofort, daß K1 (t) = K2 (t). Auf die gleiche Weise zeigt
man, daß J1 (t) = J2 (t).
Der (-Teil der Implikation folgt trivialerweise aus der De…nition von g (siehe
Voraussetzung d)).
Aussage 3:
Man zeigt die Negation der Aussage, nämlich:
Falls J1 (t) ¸ J2 (t) für alle t · t¤ und (i) und (ii), dann folgt ¾ ¸ °.
Gelte nun also J1 (t) ¸ J2 (t) für alle t · t¤ und (i) und (ii), dann gilt auch
K1 (t) ¸ K2 (t) für alle t · t¤ .
Es werden die für den Beweis von Aussage 1. de…nierten Funktionen ¢° (t)
und ¢¾ (t) für t 2] ¡ 1; 1[ verwendet.
Man beachte nun folgendes: Die Funktionen I1 und I2 bestimmen in ihrem
Verlauf von ¡1 bis t¤ das Verhalten der verwendeten Funktionen Ki (t),
Ji (t), f(Ki (t); Ji (t); t) und g(t). Alle Aussagen des Theorems beziehen sich
auf t · t¤ . Da die Funktionen I1 und I2 nicht stetig sein müssen, und die
zusätzliche Voraussetzung (i) ausdrücklich keine Voraussetzung an I1 ; I2 ist,
2
Falls ein konstantes r für alle Ki ; Ji ; t existiert, dann heißt f homogen vom Grade r
in den ersten beiden Argumenten. Diese Bedingung wird hier aber nicht benötigt.
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 179
(´ ¡ (1 ¡ ®)) e°t £ g
g £ Investitionsef fekt = R t0 Rt
¡1
e°x I2 (x)dx + t0 e°x g(x)dx
der Zähler konvergiert zu ¡1. Falls der Nenner gegen +1 konvergiert, gilt:
(´ ¡ (1 ¡ ®)) e°t £ g
lim Rt = ¡ (° + g=g)
_ ((1 ¡ ®) ¡ ´)
t!1 e°x I (x)dx
¡1 i
und dieser Ausdruck ist nach Voraussetzungen (i)-(iii) des Satzes echt nega-
tiv. O¤ensichtlich ist dann dieser Ausdruck für ° in einer Umgebung von
¾ negativ. Damit würde die Kapitalgrenzproduktivität von Land 1 immer
echt schneller wachsen als die von Land 2. Die Grenzproduktivitäten müssen
sich also in endlicher Zeit ausgleichen. Damit ist auch die dritte Aussage des
Satzes bewiesen. Q.E.D.
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 182
Y_ A_ K_ J_
= +® +´ (D.1)
Y A K J
Im steady state wachsen alle Variablen mit konstanter Rate. Nun werden
die folgenden Bezeichnungen für diese konstanten Wachstumsraten einge-
führt: x ´ A=A,_ _
¸K ´ K=K, ¸J ´ J=J,_ _
¸I ´ I=I und schließlich
g ´ Y_ =Y . Es gilt K_ = exp((¾ ¡ ±)t) ¢ I ¡ ±K, und mithin im steady state:
I = (¸K + ±) K exp(¡(¾ ¡ ±)t) es folgt: ¸K = ¸I + (¾ ¡ ±). In analoger Weise
folgt aus J_ = exp((° ¡ Á)t) ¢ I ¡ ÁJ, ein entsprechender Ausdruck für die
steady-state-Wachstumsrate des ö¤entlichen Kapitalstocks: ¸J = ¸I +(°¡Á).
Selbstverständlich muß die Wachstumsrate der Ausgaben für Investitio-
_ + £) + I £]=[I(1
nen gleich der Wachstumsrate des Outputs sein. Also [I(1 _ +
£)] = g. Da
(¾¡±)t ³³ ´ ´
_ = £0 ¢ e
£ (¾ ¡ ±)I + I_ K ¡ KI
_ =0
K2
wegen ¸K = ¸I + (¾ ¡ ±)
K_
= ¸K = g + ¾ ¡ ± (D.2)
K
J_
= ¸J = g + ° ¡ Á (D.3)
J
Setzt man dieses Ergebnis in die Gleichung für die Wachstumsrate des Out-
puts ein (D.1), so erhält man die Gleichung:
g = x + ® (g + (¾ ¡ ±)) + ´ (g + (° ¡ Á))
x + ® (¾ ¡ ±) + ´ (° ¡ Á)
, g= (D.4)
1¡®¡´
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 183
Damit lassen sich Variablen de…nieren, die im steady state konstant sind:
I^ ´ Ie¡gt
^ ´ Ke¡(g+¾¡±)t
K
J^ ´ Je¡(g+°¡Á)t
q^ ´ qe(¾¡±)t
^ C ´ ®J^´ K
MP ^ ®¡1 = e¡(´(g+°¡Á)+®(g+¾¡±))t e+(g+¾¡±)t ®J ´ K ®¡1
egt I^ I^
q^ = 1 + b ¢ e(¾¡±)t ¢ = 1+b
^ (g+¾¡±)t
Ke K^
) I^ = K
^ (^
q ¡ 1) =b
Setzt man diesen Ausdruck in die drei Di¤erentialgleichungen von (5.23) ein
und berücksichtigt die angegebenen De…nitionen dann läßt sich das System
^ J^ über-
(5.23) in ein Di¤erentialgleichungssystem in den drei Variablen q^; K;
führen:3
µ ¶
:
^ 1 2
q^ = q^ (r + ¾) ¡ M P C + ¢ (^
q ¡ 1)
2b
:
^ = K
K ^ ((^
q ¡ 1)=b) ¡ (g + ¾))
:
J^ = K(^
^ q ¡ 1)=b ¡ (g + °)J^
:
3
Gleichung für q^ ergibt sich durch:
Die
:
q^= (¾ ¡ ±)qe(¾¡±)t + qe
_ (¾¡±)t
¡ ¡ ¢¢
= (¾ ¡ ±)qe(¾¡±)t + e³³
(¾¡±)t
q (r + ±) ¡ M P C ¡ I£0 ¢ e(¾¡±)t ¢ (¡I=K ´´
2
)
gt ^
= (r + ¾)^q ¡ e(¾¡±)t e¡(¾¡±)t MP ^ C + b ¢ e(¾¡±)t ¢ ( e K(^ q¡1)=b 2
)
2 ^ (g+¾¡±)t
Ke
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 184
Abschnitt 5.2.2
I(¿ ) Investitionsvolumen der Ökonomie zum Zeitpunkt ¿
(Flow-Größe, reale Bescha¤ungskosten)
E(¿ ) Zum Zeitpunkt ¿ ausgelöster externer E¤ekt (Flow-
Größe, proportional zu I(¿ ))
c positive Proportionalitätskonstante (wird später auf 1
normiert)
J(t) ö¤entlicher Wissenskapitalstock, aggregierter externer
E¤ekt (pro Kopf, zum Zeitpunkt t)
L(t) Arbeitsbevölkerung der Ökonomie (zum Zeitpunkt t)
(¿ ¡ t) Di¤erenz zwischen Investitions- und Beobachtungszeit-
punkt (negativ)
Á mentale Verfallsrate des ö¤entlichen Wissenskapital-
stocks J
^
e¸¿ Neuigkeits- oder Vintage-E¤ekt beim Aufbau des öf-
^ ¸ 0)
fentlichen Wissenskapitalstocks (¸
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 187
Abschnitt 5.2.3
y(¿ ; t) Wertschöpfung zum Zeitpunkt t unter Nutzung einer
zum Zeitpunkt ¿ getätigten Investition bzw. installier-
ten Maschine einheitlicher Größe
B(t) nicht-kapitalgebundener technologischer Fortschritt
¸ Wachstumsrate des kapitalgebundenen technologischen
Fortschritts (positiv)
® Produktionselastizität von Kapital
l(¿ ; t) Arbeitseinsatz an einer zum Zeitpunkt ¿ installierten
Maschine zum Zeitpunkt t
w(t) Lohnsatz zum Zeitpunkt t (entspricht der Grenzproduk-
tivität von Arbeit auf allen Maschinen)
L(t) verfügbares Arbeitsangebot der Ökonomie zum Zeit-
punkt t
I(¿ ) Investitionsvolumen bzw. Anzahl installierter Maschi-
nen zum Zeitpunkt ¿
± physische Verfallsrate installierter Maschinen
K(t) der Marktwert des privaten Kapitalstocks
¾ ”e¤ektive” Abschreibungsrate des privaten Kapital-
stocks, d.h. inklusive Vintage-E¤ekt (¾ = ± + ¸=®)
Y pro-Kopf-Wertschöpfung
K(t) Marktwert pro Kopf des privaten Kapitalstocks
° ”e¤ektive” Abschreibungsrate des ö¤entlichen Wissens-
^
kapitalstocks, d.h. inklusive Vintage-E¤ekt (° = Á + ¸)
´ Produktionselastizität des ö¤entlichen Wissenskapital-
stocks J
A(t) exogener nicht kapitalgebundener technologischer
Fortschritt
i Index für ein Land oder eine Region
Ii (t) Investitionsvolumen zum Zeitpunkt t im Land i
F (Ki ; Ji ; t) pro-Kopf-Produktionsfunktion im Land i
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 188
Abschnitt 5.3
t0 Ausgangssituation in der Land 1 über einen höheren pri-
vaten wie ö¤entlichen Kapitalstock aber über eine nied-
rigere Grenzproduktivität von privatem Kapital verfügt
Abschnitt 5.4
T F Pi Totale Faktorproduktivität im Land i (T F P1 R
T F P2 , J1 R J2 )
M P Ci Grenzproduktivität von privatem Kapital im Land i
(M P C1 (t0 ) < M P C2 (t0 ))
t¤ Zeitpunkt zu dem erstmals seit t0 gilt: M P C1 (t¤ ) =
M P C2 (t¤ )
t~ Zeitpunkt zu dem erstmals gilt: T F P1 (t~) = T F P2 (t~)
t^ Zeitpunkt zu dem erstmals gilt: K1 (t^) = K2 (t^)
Abschnitt 5.5
¯ ´ (1 ¡ ®)=´ > 1
¼i (¿ ) Barwert einer im Land i zum Zeitpunkt ¿ getätigten
Investition
r Zinssatz (in diesem Abschnitt als konstant
angenommen)
g(¿ ) Summe der Investitionen in beiden Ländern (g(¿ ) ´
I1 (¿ ) + I2 (¿ ))
_
A=A Wachstumsrate des exogenen technologischen
Fortschritts
" eine positive beliebig kleine Zahl
Ki¤ ´ Ki (t¤ )
Ji¤ ´ Ji (t¤ )
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 189
Abschnitt 5.6.1
CI ´ I(1 + £) Gesamtkosten der Installation von I
Maschinen
£ eine steigende Funktion in e(¾¡±)t ¢ I=K
(¾¡±)t
e ¢I Anzahl der zum Zeitpunkt t installierten Maschinen,
gemessen in E¢zienzeinheiten
V (t0 ) Barwert eines Investitionsplans I(t) zum Zeitpunkt t0
Rt
r¹(t) ´ 1t t0 r(x)dx zwischen t0 und t akkumulierter
Abzinsungsfaktor
w Lohnsatz
q Schattenpreis der Beschränkung K_ = Ie(¾¡±)t ¡ ±K
C Konsum der repräsentativen Haushaltsdynastie der
Ökonomie
½ Zeitpräferenzrate dieses Haushalts
µ inverse intertemporale Substitutionselastizität des
Konsums
ANHANG D. MATHEMATISCHER ANHANG ZU KAPITEL 5 190
Abschnitt 5.6.2
x _
´ A=A konstante Wachstumsrate des exogenen techno-
logischen Fortschritts
£ = 1=2 ¢ b ¢ e(¾¡±)t ¢ KI Spezi…kation der Investitionskosten
b eine Konstante als Maß für die Bedeutung von
Investitionskosten
g steady-state-Wachstumsrate des Outputs der Ökonomie
(eine Konstante)
I^ ´ Ie¡gt (konvergiert zu einer Konstanten im steady
state)
^
K ´ Ke¡(g+¾¡±)t (konvergiert zu einer Konstanten im
steady state)
J^ ´ Je¡(g+°¡Á)t (konvergiert zu einer Konstanten im stea-
dy state)
q^ ´ qe¡(¾¡±)t (konvergiert zu einer Konstanten im steady
state)
^ PC
M ´ ®J^´ K
^ ®¡1 (konvergiert zu einer Konstanten im steady
state)
¤ ^¤ ^¤^ C
q^ ; K ; J ; MP ¤
stead-state-Werte dieser Variablen
D Diskriminante des charakteristischen Polynoms der
charakteristischen Matrix des Di¤erentialgleichungssy-
stems im steady state
D läßt sich als Funktion aller verwendeten Konstanten
schreiben
Q ´ °=¾, so daß D = 0
Abschnitt 5.6.3
¢q ; ¢K ; ¢J ^ J^ von ihren
kleine Abweichungen der Variablen q^; K;
steady-state-Werten auf einem stabilen Pfad
k ^ K
´ K= ^¤
j ^ J^¤
´ J=
Kapitel 6
Schlußbemerkungen
Die Analysen von Kapitel 2 und 3 dieser Arbeit haben deutlich gemacht, daß
die Modellierung technologischer Entscheidungen von Unternehmen, die sich
im oligopolistischen Wettbewerb be…nden, ein lohnendes Unterfangen ist. In
statischer wie dynamischer Modellierung zeigt sich bei symmetrischer Aus-
gangslage der Unternehmen eine ausgeprägte Tendenz zu asymmetrischen
Gleichgewichtsergebnissen sowohl im Hinblick auf die Strategiewahl der Un-
ternehmen als auch im Hinblick auf die relative Gewinnverteilung. Die Mo-
delle decken damit teils überraschende Handlungsalternativen für unterneh-
merische Entscheidungen auf. Die Tatsache, daß diese Handlungsalternativen
im Gleichgewicht der betrachteten Modelle Bestand haben, läßt ein wesent-
liches Dilemma normativer betriebswirtschaftlicher Theorie nicht auftreten:
Der Erfolg einer überdurchschnittlich pro…tablen Gleichgewichtsstrategie ist
auch dann noch gewährleistet, wenn auch der Konkurrent das entsprechende
Managementstrategiebuch gelesen hat. Die beste Antwort auf eine pro…table
Hochqualitäts- / second-mover-Strategie ist es eben, die weniger pro…table
…rst-mover-Position einzunehmen. Dagegen ist die beste Antwort auf ei-
ne möglicherweise noch pro…tablere …rst-to-market-Strategie, solange noch
schnellere …rst-to-market-Strategien zu entwickeln, bis sich daraus kein Vor-
teil mehr gegenüber einer second-to-market-Strategie bietet.
Aus Sicht positiver Theorie zur Erklärung des Verhaltens von Unterneh-
men im Wettbewerb ermöglichen die beiden ersten Analysekapitel dieser Ar-
191
KAPITEL 6. SCHLUSSBEMERKUNGEN 192
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