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®»- Mit FO
Kindern FO
leben FO
Zu diesem Buch
Der Siegeszug der elektronischen Medien hat bei vielen Menschen
Mangelerscheinungen hervorgerufen. Eltern mögen sich ihren
Kindern wieder zuwenden, Erzieherinnen in Krippe und Kinder-
garten suchen nach Spielen, die ihnen und den Kindern Vergnügen
bereiten. Sie entdecken dabei, daß ihnen vor dem Fernsehschirm
jene alltägliche Kultur des Spielens, Singens, Wiegens, Tanzens,
Dichtens und Bewegens abhanden gekommen ist, über die unsere
Großmütter noch souverän verfügten.
Der Autor dieses Buches ist Lehrer an einer Fachschule für So-
zialpädagogik. Er hat vor Jahren bei seiner Mutter ein altes Büch-
lein entdeckt und sich beim Lesen daran erinnert, wie schön es auf
dem Schoß seiner Mutter mit Fingerspielen war. Er hat angefan-
gen, die alten Spielverse neu auszuprobieren und anderes dazu-
zusammeln: Handtheater und Kniereiter, Kreisspiele und Lügen-
sowie Quatschgeschichten, einen vollen Korb von bekannten und
neuen Kinkerlitzchen zum allseitigen Vergnügen zwischen ganz
jung und jung gebliebenen Eltern oder Erzieher(inne)n.
Vieles hat der Autor in eine zeitgemäße Form gebracht, einiges
selbst beigesteuert. Die Sammlung will nicht nur benutzt sein, sie
regt zum schöpferischen Umgang mit Spielen und Gedichten, mit
Versen und Reimen an.
Fingerspiele
und andere
Kinkerlitzchen
Spiel-Lust mit
kleinen Kindern
Fotografie: Jürgen Junker-Rösch
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de,
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Rowohlt
Dies ist ein Buch aus dem
Büro für wissenschaftliche Publizistik
Dr. Horst Speichert
Emanuel-Geibel-Str. 18
6200 Wiesbaden
Originalausgabe
Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH,
Reinbek bei Hamburg, Oktober 1983
Copyright © 1983 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH,
Reinbek bei Hamburg
Texte, welche nicht vom Autor stammen,
sind gekennzeichnet
Quellennachweis S. 148
Alle Rechte vorbehalten
Satz Times (Linotron 404)
Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck
Printed in Germany
980-ISBN 3 499 17774 9
Hallo, Nachbarn!
Die praktischen Titel von rororo «Mit Kindern leben» erfreuen sich steigen-
der Beliebtheit, und zwar nicht nur bei Vätern und Müttern, sondern auch
bei Erzieherinnen und Erziehern in Krippe, Kindergarten und Hort - wie
auch bei Lehrerinnen und Lehrern.
Kürzlich berichtete mir z.B. eine Hauptschullehrerin, wie sie mit dem
Büchlein Scherzfragen, Rätsel, Schüttelreime von Helga Biebricher eine Ver-
tretungsstunde mit Bravour über die Runden gebracht hat. Schüler und Leh-
rerin hatten am Ende der Stunde Lachmuskelkater und eine Menge gelernt.
Was jene Sammlung von Zungenbrechern, Kriminalgeschichten und Un-
Sinnfragen für die Eltern von größeren Kindern ist, das soll dieses Buch mit
Fingerversen, Handmärchen, Kreisliedern, Unsinngeschichten und vielen
anderen Spielanregungen für die Eltern der ganz Kleinen bis etwa Sechs-
jährigen sein —- und somit ebenso für die Erzieherinnen mm der Krippe und im
Kindergarten.
Neben vielen bewährten, zum Teil aber leider vergessenen Texten enthält
diese Sammlung eine Menge neuer Erfindungen zeitgenössischer Autoren.
Manchen mögen einzelne Stücke in diesem Buch antiquiert oder verstaubt
erscheinen. Wer so empfindet, sollte sich prüfen, ob es nicht die Abwehr des
Kindlichen in uns ist, die solche Gefühle verursacht. Kindlich ist nicht gleich-
bedeutend mit «kindertümelnd» oder gar «kindisch».
Die Kinder machen die Probe aufs Exempel. Sie entscheiden, was gut ist
und was nicht. Überlassen wir ihnen das Urteil.
Und noch eins: diese Sammlung will vor allem dazu anregen, selber was
aus dem zu machen, was sie vorstellt und zeigt. Ihre Phantasie, liebeLeserin,
lieber Leser, soll hier angestachelt werden. Am besten ist, Sie versuchen gar
nicht erst, sich dagegen zu wehren.
Und ein letztes: Das Buch enthält eine Reihe von Liederversen zum Sin-
gen: Wir haben die Melodien der Texte aufnehmen lassen — damit Sie
und Ihre Kinder mitsingen können. Das nebenstehende
Symbol, das Grammophon, sagt Ihnen, zu welchen Tex-
ten es Musik gibt. Das Ganze ist als Kassette beim Büro
für wissenschaftliche Publizistik für DM 24,- zu bezie-
hen. Die Bestelladresse finden Sie auf Seite 2 unten.
Viel Spaß und vergnügtes Knuddeln und Spielen mit
Ihrem Kind!
Ihr Horst Speichert
Inhalt
Vorbemerkung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kniereiter 12
Kapitel 5
Schattenfiguren 18)
Kapitel 6 ;
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Stichwort:
Fingerspiele 141
Literatur 148
Quellennachweis 150
Beim Wickeln
Ohrentrocknen
Eins, zwei, drei, vier, fünf und sechs,
das Kind von den Füßen anfangend bei jeder Zahl antip-
pen! krabbeln
auf die Nase einen Klecks.
mit dem Wattestäbchen die Nase antippen
Sieben, acht und neun und zehn,
weiter im Kopfbereich antippen
gleich kannst du mich nicht verstehn.
kurz ein Ohr zuhalten, sich dem Ohr nähern
Ich zähl bis elf und zwölfe,
hier unter dem Gewölbe
am Ohr krabbeln
sitzt eine kleine Micky-Maus,
und die muß schleunigst raus!
mit dem Wattestäbchen ins Ohr gehen, reinigen
Strampelbrüder /-schwestern
Guten Morgen, ihr Beine!
mit beiden Beinen des Kindes spielen
Wie heißt ihr denn?
ein Bein schütteln
Ich heiße Hampel,
verstellt antworten
und ich heiße Strampel!
ebenso
Und hier ist das Hampelfüßchen
einen nackten Fuß kitzeln
und dort das Strampelfüßchen.
ebenso
Falls das Kind schon mit Hilfe läuft:
Hampel und Strampel
das Kind aufrichten bzw. ihm helfen
gehen auf große Reise
losmarschieren
Hampel läuft...
passendes Wort einsetzen,
Strampel läuft...
z. B. «wackelig», «kräftig» usw.
- ein jedes auf seine Weise
Kind an den Armen hochheben und die Beine zappeln las-
sen, der Körper ist dabei gestreckt
Kalter Schnee
Fingerverse
Fingermischsprechspielmaschine
Aus den senkrechten Wortkolonnen, die jeweils
neue Namen für die einzelnen Finger enthalten,
können passende ausgesucht werden bzw. neue
erfunden werden. Dazu ist Platz gelassen, und
so kann leicht das ganz einmalige, unverwech-
selbare, erste Fingerspiel (vielleicht mit Hilfe
des Kindes) mit der Fingermischsprechspielma-
schine «fabriziert» werden. Die Namen werden
waagerecht vorwärts (dann deutet man zuerst
auf den kleinen Finger) oder rückwärts (dann
entsprechend auf den Daumen) gelesen und je-
weils bei der eigenen Hand oder bei der Hand
des Kindes der genannte Finger berührt, ge- 23
streichelt oder gezupft werden. Das ganze läßt
sich z. B. beim Wickeln auch an den Zehen spie-
len.
Hasenbraten
Der ist in den Busch gegangen,
der hat den Hasen gefangen,
der hat ihn heimgebracht,
der hat ihn gebraten,
und der hat’s verraten!
24 überliefert
Der Hausbau
Fünf Leute machten einen Plan 1
und fingen mit dem Hausbau an.
Der/die erste grub das Fundament, 2
der/die zweite mauerte die Wänd’, 3
der/die dritte setzte auf das Dach, 4
der/die vierte legte Strom danach. 5
Die Wasserleitung kam zuletzt, 6
dann ham die fünf sich hingesetzt
und eine Woch’ gefeiert —
am Montag, am Dienstag usw.
Kind spricht mit
Auf Hasenjagd
Fünf Leute sind zum Wald gegangen,
zu Ostern woll’n sie Hasen fangen.
Für jede Person jeweils einen Finger heben.
Der erste brummt: «Ach, ohne Has
wär Ostern aber wirklich blaß!»
Der zweite rennt bloß hin und her
und sschnauft schon bald: «Ich kann nicht mehr!»
Der dritte nimmt sein Opernglas,
knurrt böse: «Nichts zu sehn im Gras!»
Dem vierten ist es bald zudumm,
er schreit: «Ich kehr jetzt wieder um!»
Der fünfte - kleinste — hat’s geschafft
und stolz den Has nach Haus gebracht.
Seitdem, du kannst es schon erraten,
gibt’s jetzt zu Ostern Hasenbraten.
Binki-Binki
Binki,
mit den Fingerspitzen auf den Tisch stoßen
Dalli,
mit den Nägeln kraulen
Rafti,
mit den Handrücken leicht schlagen
Platti,
mit der flachen Hand stärker schlagen
Fausti,
mit den geballten Fäusten laut trommeln
Elli.
leise auf die Ellbogen stützen und den Kopfin den Händen
verbergen; die Stille nach dem ansteigenden Geräusch
wirkt verblüffend
überliefert
26
Der Daumentrick
Pflaumenschütteln
nacheinander alle Fin- Das ist der Daumen,
ger bis auf den kleinen der schüttelt die Pflaumen,
Finger umlegen
der liest sie auf,
der trägt sie nach Haus,
und der kleine Schelm
ißt sie alle auf!
überliefert
Mäusefang
Ich kenn ein buntes Haus,
Hände anwinkeln, Dach formen
da wohnt Familie Gaus,
fünf Finger einer Hand abspreizen
der kleine Sohn heißt Klaus,
kleinen Finger zeigen
die Schwester fängt ’ne Maus,
mit Ringfinger wackeln
die Mutter zieht die Stirne kraus,
Mittelfinger zeigen, Stirn kraus ziehen
der Vater rennt zur Wohnung raus,
Zeigefinger «rennt»
da frißt die Katz die Maus,
28 Kind leicht packen und schütteln
und die Geschicht ist aus. Mit den Fingern
Hände falten, Kopf senken
Fingerwetter
Wann sprechen meine Finger netter jeweils auf den
von diesem schlechten Winterwetter, entsprechenden Finger
deuten und beim Spre-
Dumedott schimpft: «Wenn’s regnet, chen
niemand mir begegnet!» die verschiedenen
Lickepott haucht: «Wenn’s draußen schneit, Stimmungslagen
ausdrücken
ist’s aus mit meiner Fröhlichkeit!»
Langelott brummt: «Wenn’s hagelt,
bin ich wie vernagelt!»
Ringeling kreischt: «Wenn d’ Sonne streikt,
mein Ring dann keinen Glanz mehr zeigt!»
Lüttjeding ruft: «Wenn’s friert und kracht,
wart ich, bis die Sonne lacht,
schlüpf in meinen Anorak,
saus den Berg mit’m Schlitten ’nab!»
Gemeinsam stark
Das ist der Daumen, ziemlich krank, 1
der nächste hier nascht oft vom Schrank, 2
die Lange da treibt gerne Sport, 3
ein Ring steckt oft an diesem dort. 4
Die Kleine ruft den andern zu: 5
«Schließt euch zu einer FaustimNu, 6
wir fünfe sind gemeinsam stark! 7
Dazu mehr Spaß, das ist doch was!» 8
Fünf Freunde im KaDeWe*
Fünf Freunde wollten klauen ziehn
ins KaDeWe am Tauentzien.**
Der Dummkopfhatsich’s ausgedacht, 1
die Schusseldannnichtnachgedacht. 2
Der FunkturmwollteSchmierestehn 3
und Ringo zum Verkäufer gehn. 4
Den Griff sollt Picco tun zuletzt, 5
schön hat der da die vier versetzt:
«Ich klau doch nicht, bloß weil ihr’s wollt,
und troll mich jetzt, auch wenn ihr grollt!»
Hände hinter den Rücken
Markt
zu jedem Vers auf die Da hast ’nen Taler,
Kinderhand patschen geh auf den Markt,
kauf dir ’ne Kuh
und ein Kälbchen dazu,
das Kälbchen hat ein Schwänzchen,
am kleinen Finger ziehen
dideldideldänzchen!
in die Kinderhand krabbeln
überliefert
Zupf Härchen!
Kinne Wippchen, am Kinn krabbeln
rote Lippchen, über die Lippen streicheln
Stuppelnäschen, die Nase leicht berühren! zupfen
Augenbräunchen 5 die Augenbrauen berühren! zupfen
zupf, zupf, zupf mein Härchen! an den Haaren zupfen
überliefert
‚erst die Falten der Hand nachzeichnen und dann die Finger
des Kindes antippen oder leicht daran ziehen
Der Floh
Kommt eine Maus, am Handgelenk krabbeln
die baut ein Haus und langsam den Arm rauf
: E usw.
kommt eine Mücke,
die baut ’ne Brücke,
kommt ein Floh, plötzlich auf die Nase sprin-
der macht so -! gen und kitzeln
überliefert 37
In unserm Häuschen
In unserem Häuschen
sind schrecklich viele Mäuschen,
sie trippeln und trappeln,
sie zippeln und zappeln,
sie stehlen und naschen,
und will man sie haschen, —
husch, sind sie weg!
Hofmann v. Fallersleben
Handmärchen
‚ überliefert
Kasperletheater
Ich bin der Kasper! 1
wackeln Hallo, meine Damen und Herren,
habt ihr alle den Kasper gern?
auf Antwort von Kindern warten
zweiter «Hase» kommt Da hol ich mir den Seppel gleich, 2
beide zappeln wir machen oft manch lust’gen Streich.
Wir schlagen uns 3, vertragen uns. 4
Da kommt die Hexe Huckebein, 5
Hexe droht sagt: Jetzt sollst du verzaubert sein! 6
Kasper droht zurück Nein, Hexe, nein, da wird nichts draus, 7
Kasper stößt die Hexe schnell ab mit dir ins Hexenhaus! 8
Da kommt ein großes Krokodil 9
mit seinem Maul, das frißt ganz viel.
Das hat sich leis ins Gras geduckt flüstern, Hand still
und hat den Kasper halb verschluckt! 10
Der ruckt und zuckt, und, ei der Daus, schütteln
er zappelt wirklich wieder raus! Kasper kommt frei
Jetzt geht es schlecht dem Krokodil, 11 Kasper haut das Krokodil
es rennt so schnell es kann zum Nil. Krokodil ab
Erleichtert bleibt der Kasper stehn,
um dann zur Gretel heimzugehn. Kasper läuft
Kommt alle mit zur Gretel heim,
laßt uns gemeinsam lustig sein! 12 Zwei «Hasen» tanzen
Tritratrullala ...
überliefert
Gewitter
Es tröpfelt,
mit zwei Fingern jeder Hand auf den Tisch klopfen
es regnet,
mit vier Fingern
es gießt,
lauter
es hagelt,
mit den Knöcheln der Finger steigernd
es blitzt,
Zischgeräusch und Blitz mit Händen in die Luft malen
es donnert.
mit den Fäusten trommeln, klatschen
Alle laufen schnell nach Hause,
Hände auf den Rücken
und morgen scheint die warme Sonne wieder!
großen Kreis mit den Händen beschreiben
überliefert
Die Tauben
Es saßen zwei Tauben auf einem Dach.
Papierstücke mit Spucke auf Zeigefingernägel kleben
Da kam ein Jäger und schoß danach.
mit den Zeigefingern auf die Tischkante trommeln
' Die eine flog weg,
den ersten Zeigefinger schnell hinter den Kopf ziehen, da-
bei abwinkeln und Mittelfinger einsetzen
die andere flog weg.
dann mit dem Mittelfinger trommeln/das gleiche mit dem
zweiten Zeigefinger machen
Die eine kam wieder, die andere kam wieder.
Den Vorgang umgekehrt wiederholen, bis beide Tauben
wieder da sind
Da sitzen alle beide wieder.
Friedrich Fröbel
Der Bagger
Ein Bagger gräbt im großen Bogen mit dem Arm weit ausholen
die Erde aus dem schweren Boden. dem Kind in den Schloß legen
Bald baut man dort ein hohes Haus, aufstehen, Hände hochhalten
ganz oben wohnt der kleine Klaus, mit dem kleinen Finger spielen
darf selten nur zum Spielen raus,
muß still allein im Zimmer spielen,
weil sonst die Nachbarn böse schielen. fürchterlich schielen
Der Wetterhahn
Wie hat sich sonst so schön der Hahn Arm aufstützen, Hände
auf unsrem Turm gedreht bilden einen Kelch
Hand drehen
und damit jedem kundgetan,
woher der Wind geweht.
Doch seit dem letzten Sturme hat
er keinen rechten Lauf, langsam drehen
'er hängt so schief, er ist so matt Hand schrägstellen
und keiner schaut mehr drauf.
Jetzt leckt man an dem Finger halt am Finger lecken
und hält ihn hoch geschwind, hochhalten
die Seite, wo der Finger kalt,
von daher weht der Wind. Wilhelm Busch 49
Schnurre, Katze
Schnurre, Katze!
das Kind schnurrt
Leise Tatze,
das Kind mit der «Pfote» streicheln
kratze, kratze,
dann leicht kratzen
kleine Katze.
Mit der Schnauze
miautse.
das Kind miaut
überliefert
Der Omnibus
«Herr Schaffner, halt, ich will noch mit,
hab mich so abgehetzt!»
«Bedaure sehr, mein liebes Kind,
ist alles schon besetzt!» überliefert
Etwas komplizierte Fingerhaltung: Alle Finger ineinander
verschränken und nach unten hängen lassen, bei «besetzt»
schnell nach oben drehen. 53
Erst kommt der Sonnenkäferpapa
Erst kommt der Sonnenkäferpapa,
dann kommt die Sonnenkäfermama.
Und hinterdrein, ganz klitzeklein,
die Sonnenkäferkinderlein.
Sie haben rote Röckchen an
mit kleinen schwarzen Pünktchen dran.
Erst kommt der Sonnenkäferpapa,
dann kommt die Sonnenkäfermama!
Und hinterdrein, ganz klitzeklein,
die Sonnenkäferkinderlein.
So machen sie den Sonntagsgang
auf unsrer Gartenbank entlang.
überliefert
Finger der rechten Hand auf dem Tisch «spazierengehen»
lassen oder damit am Arm eines Kindes hinaufkrabbeln.
‚ Daumen und Zeigefinger der rechten Hand sind «Sonnenkä-
ferpapa und Sonnenkäfermama» bzw. umgekehrt. Die Fin-
ger der linken Hand sollen die «Sonnenkäferkinderlein»
sein.
Kletterbüblein/-mädchen
Steigt ein Büblein (Mädchen) aufdenBaum, 1
hoch, so hoch, man sieht eskaum, 2
hüpft von Astzu Ästchen, 3
guckt ins Vogelnestchen. 4
Ui, da kracht es! Hei, da lacht es!
Plumps, da liegt esunten! 5
Der linke Unterarm ist der Baum, die Finger sind die
Zweige, das Vogelnest ist zwischen Ring- und kl. Finger. Die
andere Hand ist das Büblein (Mädchen), klettert am Arm
hinauf, springt von Finger zu Finger, schaut ins Nest und fällt
herunter.
Das Patsch-und-Pfote-Lied
Seht, Patsch und Pfote ham Geschick!
Patsch und Pfote dabei
Hört her, jetzt machen sie Musik. «virtuos» auf ihrem «Instru-
Refrain: Fiderallalla ... ment»
Zahlenerklärung:
1 = indie Hände klatschen;
2+3 = mit beiden Händen in die Hände
des Mitspielers klatschen
2 = mitder rechten Hand in die linke
Hand des Mitspielers klatschen
3 = mitder linken Hand in die rechte Hand
des Mitspielers klatschen
4 = mitden Schultern zucken
5 = pantomimische Bewegungen ausführen entspre-
chend der Worte, also Unterarme gegeneinander
rollen,denPartnerkitzelnoderandieStirntippen.
1 2+3 1 23 5 5 5
1 2, a3) 9) 5 S)
1 2+3 3+2 5 5 5
d 2+2 1 24331195 5 5
der ist ein rechter Ochs Ochs Ochs.
überliefert
überliefert
1 2 4 Cd
1 3 4 4
* Erklärung s. S. 60 oben
1 2-63, F 4
mal auf hm hm
(dabei die Arme nach oben strecken),
Hl: 2+3 4 4
mal ab hm hm
(dabei in die Hocke gehen)
# 2+3 1 DES DS 2
überliefert
In Amerika*
2+3 A 2+3 1 29 1 2491
DE, 1 2 DES Jl S)
23 y DSL: DES ZI 29
überliefert
* Erklärung s. $S. 60 oben
Backe, backe Kuchen Mit den Händen
Backe, backe Kuchen,
der Bäcker hat gerufen!
Wer will guten Kuchen backen,
der muß haben sieben Sachen:
Eier und Schmalz,
Butter und Salz,
Milch und Mehl,
Safran macht den Kuchen gehl*:
Schieb, schieb in Ofen ’nein.
überliefert
Die Hände des Kindes werden im Rhythmus der Musik zu-
sammengepatscht, später «Rollentausch».
* = gelb
Kapitel 3
Zum Einschlafen
und Aufwachen
Kuschellied
Komm, ich kuschel dich ein!
Ganz fest die Deck um die Bein,
nicht vergessen hier ebenfalls
um den Bauch - und dann um den Hals.
Den Teddy (Puppe usw.) im Arm ganz sacht,
der bei dir bleibt heute nacht.
Ich hab dich lieb und geb dir ’nen Kuß,
Gute Nacht, du müde Nuß!
Bewegung entsprechend Text
das Eigenschaftswort je nach Situation wählen, z. B. «nasse
Nuß» nach dem Baden oder Wortspiel: «Ni-na-nudel-Nuß»)
Wiegenlied
Schlaf ein, mein Kind, schlaf ein!
Ganz müd darfst du jetzt sein.
Träum vom bunten Märchenland,
von Erdbeereis und weißem Strand,
von.
schönes Tagesereignis oder Erwartung nennen
Schlaf ein, mein Kind, schlaf ein!
Zug um Zug
Das ist die Chichi-Eisenbahn
mit dem Schuschu-Schlußlicht dran.
Wenn mein Kind
jetzt schlafen kann,
liegt das an der Eisenbahn.
Sie macht: «Chi!»
Sie macht: «Schu!»
Und im Nu sind beide Augen
- offen.
Na egal, versuchen wir es
noch einmal.
Das ist die Chichi-Eisenbahn
mit dem Schuschu-Schlußlicht dran.
Wenn mein Kind
jetzt schlafen kann,
liegt das an der Eisenbahn.
Sie macht: «Chi!»
Sie macht: «Schu!»
Und im Nu sind beide Augen
66 —- WU.
...undimNu-schläfst auchdu ° Zum Einschlafen
und deine Chichischuschu-Eisenbahn. und Aufwachen
Monika-Karpf-Achtelik
Endreime und Spielsachen können natürlich beliebig ausge-
tauscht werden.
«O, O, O»
Monika-Karpf-Achtelik
Kindergebetchen
Erstes
Lieber Gott, ich liege
Im Bett. Ich weiß, ich wiege
Seit gestern fünfunddreißig Pfund.
Halte Pa und Ma gesund.
Ich bin ein armes Zwiebelchen,
Nimm mir das nicht übelchen.
Zweites
Lieber Gott, recht gute Nacht,
Ich hab noch schnell Pipi-gemacht,
Damit ich von dir träume.
Ich stelle mir den Himmel vor
Wie hinterm Brandenburger Tor
Die Lindenbäume.
Nimm meine Worte freundlich hin,
Weil ich schon erwachsen bin.
Drittes
* Hier bietet sich auch Lieber Gott mit Christussohn,
eine Textveränderung
ach schenk mir doch ein Grammophon.
an, z. B.: Ichbin
manchmal ein wütend Oft bin ich ein ungezognes Kind,
Kind, weil meine weil meine Eltern Säufer sind.*
Eltern Schimpfer sind.
Verzeih mir, daß ich gähne.
Oder:
Oft bin ich ein traurig Beschütze mich in aller Not,
Kind, weil meine mach meine Eltern noch nicht tot
Eltern auf Reisen
und schenk der Oma Zähne.
sind.
Joachim Ringelnatz
Die Storchensocken
Wenn mein Kind
nicht schlafen kann,
zieht es die Storchensocken an.
Dann steht es still
auf einem Bein
und schläft in zwei Sekunden ein.
... dann liegt es brav in seinem Nest
und hält die Storchensocken fest.
Monika-Karpf-Achtelik
Es können weitere Reimzeilen angeschlossen werden.
70
... und wie mein Kind schläft ein ganz sacht, Zum Einschlafen
so.. und Aufwachen
Monika-Karpf-Achtelik
Guten Morgen
Guten Morgen,
ein neuer Tag beginnt!
Da freuen wir uns alle,
weil wir beisammen sind.
Elsbeth Friemer
Kapitel 4
Kniereiter
Bei allen Kniereitern werden die Kinder rittlings auf die Knie
gesetzt, an den Händen gehalten und im Sprachrhythmus ge-
wiegt. Bei den letzten Worten läßt man das Kind weit nach
hinten fallen, hält dabei die Hände des Kindes fest.
Hopp, hopp, ho
Hopp, hopp, ho, Mann,
zieh dem Pferd die Zügel an,
zieh sie nicht so lang an,
daß das Kind auch reiten kann,
hopp, hopp, hopp,
. und plumps!
überliefert
Reiterlied
Troß, troß, trill,
das Roß ist heut so still,
das Roß will heut nicht laufen,
der Bauer will’s verkaufen,
verkaufen will’s der Bauer,
das Leben wird ihm sauer,
kalt ist jetzt der Winter,
beim Bauern wohnt ein Inder,
der Wind bläst seinen Turban schief
und der fällt tief.
überliefert
Brr,brr, he,
steh doch, Pferdchen, steh!
Sollst schon heut noch weiterspringen,
muß dir erst noch Futter bringen,
brr, brr, brr, brr, he,
steh doch, Pferdchen, steh!
Schattenfiguren
Zu mehreren tanzen
und sich bewegen
Fleißige Handwerker
Wer will fleißige Handwerker sn
der muß zu uns Kindern gehn.
Stein auf Stein, Stein auf Stein,
das Häuschen wird bald fertig sein.
. Seht wie fein, seht wie fein,
der Glaser setzt die Scheiben ein.
. Strich strich strich, strich strich strich,
der Maler malt die Wände frisch.
Schrumm schrumm schrumm, schrumm
schrumm schrumm,
der Schlosser dreht den Schlüssel um.
... Tief hinein, tief hinein,
der Schornstein wird bald sauber sein.
Bi-Ba-Butzemann
Ziehe durch*
Ziehe durch, ziehe durch,
durch die goldne Brücke!
Sie ist entzwei, sie ist entzwei,
wir wolln sie wieder flicken.
Mit was denn, mit was denn?
Mit Steinerle, mit Beinerle!
Was gebt ihr uns zum Lohne?
Eine goldne Krone.
Zieht alle durch, zieht alle durch!
Den letzten wolln wir fangen
mit Spießen und mit Stangen.
überliefert
* s, Anm. S. 86 85
Machet auf das Tor*
Machet auf das Tor! Machet auf das Tor!
Es kommt ein goldner Wagen!
Was will er denn? Was will er denn?
Er will (die Gabi) haben.
überliefert
* Zwei Kinder stehen sich gegenüber und fassen sich an den
Händen. Sie heben die Arme hoch und bilden mit den Armen
ein «Tor», die anderen ziehen durch das Tor hindurch. Wenn
das Lied zu Ende ist, wird das Kind gefangen, das gerade
unter dem Tor durchzieht. Dieses Kind löst eines von den
beiden «Torkindern» ab.
Ringelreihe-Lied
Ringel Ringel Reihe,
sind der Kinder dreie,
sitzen auf dem Holderbusch,
schreien alle musch musch musch!
Sitzt nieder!
Sitzt 'ne Frau im Ringelein
86 mit sieben kleinen Kinderlein.
Für die
Kindergruppe
87
Was essens gern?
Fischlein.
Was trinkens gern?
Roten Wein.
Sitzt nieder.
überliefert
Die Kinder tanzen im Kreis und setzen sich beim Kommando
«Sitzt nieder» schnell auf den Boden.
Die Kutsch
Ri-ra-rutsch,
wir fahren in der Kutsch.
In der Kutsche fahren wir,
auf dem Esel reiten wir.
Ri-ra-rutsch,
wir fahren in der Kutsch.
überliefert
Erwachsener und Kind nehmen sich mit der rechten bei der
rechten Hand, mit der linken bei der linken Hand, marschie-
ren so ein Stück, machen bei dem Wort «rutsch» scharf kehrt
und fangen wieder von vorn an.
Elefantenbummel
Chinesischer Tusch
Die folgenden Bewegungen werden rhythmisch
in jeweils fünf Takten ausgeführt:
1. mit beiden flachen Händen auf den Tisch
schlagen, (1-2-3-4-5)
2. in die Hände klatschen, (1-2-3-4-5) 95
3. mit den Füßen auf die Erde stampfen, (1-2-3-
4-5)
4. lachen: ha, ha, ha, ha, ha! (1-2-3-4-5)
überliefert
Zum Schluß wird alles ganz schnell hintereinander noch ein-
mal ausgeführt.
Kommando Pimperle
Die Kinder sitzen um einen Tisch, der Spiellei-
ter «kommandiert» in immer wechselnder Rei-
henfolge: «Kommando pimperle! Kommando
hohl! Kommando flach! Kommando Faust!»
Alle Kinder, auch er selbst, müssen die verschie-
denen Kommandos ausführen. Bei «Kom-
mando pimperle» wird mit den Fingern auf den
Tisch getrommelt, bei «Kommando hohl» mit
der leicht gewölbten Hand auf den Tisch ge-
schlagen, bei «Kommando flach» mit der fla-
chen Hand und bei «Kommando Faust» mit der
Faust. Läßt der Spielleiter bei seinen Befehlen
das Wort «Kommando» fort, so macht er zwar
selbst die geforderte Bewegung vor, aber die
Mitspieler dürfen ihre bisherige Bewegung dar-
aufhin nicht wechseln. Wer einen Fehler macht,
zahlt ein Pfand. Dies ist ein Spiel, das große
Aufmerksamkeit erfordert.
überliefert
Klappre Mühle
Klappre Mühle, klipp und klapp,
Müller, wirf das Korn hinab!
überliefert
Die rechte Hand ahmt das Klappern der Mühle nach. Der
96 Zeigefinger liegt auf der Tischplatte, der Mittelfinger darun-
ter, und beide Finger werden schnell auf und ab bewegt, so Für die
daß ein klapperndes Geräusch entsteht. Die linke Hand Kinderg ruppe
macht gleichzeitig weiche, kreisende Bewegungen, als ob sie
im Takt das Korn in die Mühle schüttete.
Händeberg
Gruppenspiel um den Tisch (auch zu zweit zu
spielen).
Alle Spieler legen abwechselnd eine Hand
flach auf den Tisch bzw. auf die Hand des vor-
hergehenden Spielpartners, so lange, bis alle 97
Spieler beide Hände im entstehenden Hände-
berg stecken haben. Nun wird die jeweils unter-
ste Hand hervorgezogen und schnell oben auf
den Berg gelegt. In der Regel steigert sich das
Tempo von allein bis zu einem wilden Gepat-
sche.
überliefert
Viel Geld
Die beiden Hände werden, längs auf quer, hohl
aufeinandergelegt. Damit wird im Takt auf die
Knie geschlagen, so daß ein Ton entsteht, als ob
Geldstücke aufeinanderklingen. Das ganze läßt
sich auch als «Zaubertrick» aufziehen, etwa,
wenn man eine Münze in die Hände nimmt und
diese dann «wunderbar vermehrt». Das Ge-
räusch hervorzubringen bedarf einiger Übung.
überliefert
Fingerzielen
Der Spieler schließt ein Auge und hält zwei Fin-
ger in einer Entfernung von ca. 30 cm vor den
Augen gegeneinander. Dann bewegt er die bei-
den Finger rasch aufeinander zu. Die Finger-
100 spitzen sollen sich berühren. Der Versuch kann
mit allen Fingern und/oder auch blind erfolgen.
Eine Berührung der Fingerspitzen ist außeror-
dentlich schwierig.
überliefert
Glockenschwengel
Die Hände werden gefaltet, die beiden Mittel-
finger so gekreuzt, daß der rechte vor dem lin-
ken liegt. Dann werden beide Handflächen ganz
steif flach um die Achse der beiden Mittelfinger
gedreht, die rechte Hand nach hinten, die linke
nach vorn. Dann können die beiden Mittelfin-
ger als Glockenschwengel bewegt werden. Das
Kind wird aufgefordert, das nachzumachen.
überliefert
Knobeln
Fingerflechten
Die Finger werden alle so übereinandergelegt,
daß eine Art Flechtmuster entsteht. Beim Vor-
106
machen haben die Erwachsenen meist größere Hand- und
Schwierigkeiten als die Kinder beim Nachma- Fingertricks
chen. Also: Mittelfinger über den Zeigefinger,
Ringfinger über den Mittelfinger und schließ-
lich der kleine Finger auf den Ringfinger! Bei
kleinen Händen klappt das noch nicht so gut.
überliefert
Kapitel 8
Selber dichten
Geräusche
Das Auto macht brumm-brumm
Bewegung mit der Faust, waagerecht
Die Biene macht summ-summ
Daumen! Zeigefinger schnell bewegen
Der Wecker macht ring-ring
Hände zeigen einen Kreis
Die Glocke tönt bimm-bimm
mit dem Arm pendeln
und hier die/der kleine...
Namen des Kindes nennen
die/der macht ganz laut...
Kind macht ein Geräusch
Kettengedicht
Das Kind antwortet
Maikäfer
Die Vokal-Finger
Fa
Fe
Fi
Fo
Fu
Liebling (bzw. Name des Kindes),
raus bist du.
Raus bist du noch lange nicht,
sag mir erst ein Fu-Gedicht!
La
Le
Li
Lo
Lu
Tierstimmenkonzert
Erw.: Eine Kuh macht ...
Kind: muh - muh!
Erw.: ... muht im Nu ohne Ruh.
Und wie macht ein Hahn?
Kind: Kikeriki!
Erw.: ... kräht so laut wie noch nie.
- Und wie macht ein Hund?
Kind: wau — wau!
Erw.: ... bellt sich rauh nach seiner Frau.
Und wie macht ein Schaf?
Kind: mäh — mäh!
Erw.: ... blökt seit je laut und zäh.
Und wie macht eine Katze?
Kind: miau — miau!
Erw.: ... maunzt ganz schlau. «Mir vertrau!»
Und wie macht...
(Dem Konzert sind leicht weitere Tierstimmen hinzuzufügen.
Die Kinder lernen hier auch die einzelnen Tierstimmen mit
dem richtigen Verb zu bezeichnen.) 115
Reimgeschichte
Kinder reimen sehr gern, und in einer Gruppe
reimt es sich besonders lustig und bunt. Eine be-
liebte Kinder-Reimgeschichte ist: «Es war ein-
mal ein Mann ...» Die wählen wir uns zum Vor-
bild. Um aber der Suggestion des (nicht einmal
richtigen) Reims «der hatte einen Schwamm» zu
entgehen, beginnen wir mit einer anderen
Zeile, z. B.: «Es war einmal ein Kind» oder: «Es
war einmal ein Hund». Jetzt sagt jedes Kind
reihum eine neue Zeile dazu. Ein «Schreibkun-
diger» sollte alles aufschreiben — es kommt mit
Sicherheit eine ganz phantastische Reimge-
schichte dabei heraus, die dann noch illustriert
werden kann.
Gundel Mattenklott
Im Badezimmer
Erw. : Wie macht die Badezimmertür?
Kind: Quietsch - quietsch.
Erw. : Wie macht der Reißverschluß?
Kind: Ritsch - ratsch.
Erw.: Wie macht die Seife?
Kind: Flutsch - flutsch.
Erw.: Wie macht Shampoo im Auge?
Kind: Autsch - autsch.
Erw.: Wie macht der Taucher?
Kind: Gluck - gluck.
Erw.: Wie macht der Badewannenabfluß? 117
Kind: Blubb - blubb.
Weitere Lautmalereien aus allen möglichen Le-
bensbereichen lassen sich leicht finden.
Lautmalerei
1.
Ein Auto fährt ins Tal hinunter
und keucht den Berg hinauf mit Qualm.
2
Am Steuer sitzt der dicke Gunther,
daneben Usch, dünn wie ein Halm.
%
Von oben brennt die Sonne mächtig,
tief unten glänzt das blaue Meer.
4.
Uschs Laune auf der Fahrt ist prächtig,
der Gunther stöhnt: «Ich kann nicht mehr!»
Die vier Zweizeiler enthalten jeweils gegensätzliche Inhalte. die mittels lautma-
lerischer Mittel dargestellt werden sollen:
1. schnell- langsam, 2. dick - dünn, 3. hoch - tief. 4. gutgelaunt - mißgelaunt.
Je nach Entwicklung kann das Kind selbst versuchen. diese Begriffspaare laut-
malerisch auszudrücken. Am Anfang ist dabei sicherlich Hilfestellung nötig.
Leicht lassen sich weitere Wörter oder kurze Sätze lautmalerisch ausdrücken.
Das Ganze läßt sch auch schriftlich/grafisch darstellen. Beispiel:
„audi
h! Au n
t
er
120
Lügen- und Quatschgeschichten ... mit der
Sprache spielen
Quatsch - genau
Der Kasper sprach zu seiner Frau:
«Jetzt mach ich Quatsch, hör hin genau!
Im Eisschrank wird das Eis gekühlt,
mit Schuhkrem wird Geschirr gespült.
In Nudelsuppe schwimmt ein Fisch,
im Badezimmer wasch ich mich.
Am Auto ist ein Wasserhahn,
zum Bauen nimmt man einen Kran.
Die Bienen legen Hühnereier,
ein Baby kriegt bald Manfred Meier.
Die Ochsen werden nie gemolken,
der Vogel Strauß fliegt zu den Wolken.»
Das Kind entscheidet nach jeder Zeile, ob es sich um sinn-
volle oder Nonsens-Sätze handelt. Es kommentiert:
«Quatsch» oder: «genau». Der Schwierigkeitsgrad wird ge-
steigert. Kinder und Erwachsene sollen/wollen/ können das
Spiel um eigene Sätze, auch nichtgereimte, erweitern.
122
Nimm drei Pfund Stiefel und schmiere das Fett, ... mit der
dann stelle mir vor die Stiefel das Bett! Sprache spielen
überliefert
Das Lügenmärchen
Ich will euch erzählen und will auch nicht lügen:
Ich sah zwei gebratene Ochsen INeeen,
sie flogen gar ferne —
sie hatten den Rücken gen Himmel gekehrt,
die Füße wohl gegen die Sterne.
Ein Amboß und ein Mühlenstein,
die schwammen bei Köln wohl über den Rhein,
sie schwammen gar leise —
ein Frosch verschlang sie alle beide
zu Pfingsten wohl auf dem Eise.
Es wollten vier einen Hasen fangen,
sie kamen auf Stelzen und Krücken gegangen,
der erste konnte nicht sehen,
der zweite war stumm, der dritte war taub,
der vierte konnte nicht gehen. 123
Nun denke sich einer, wie dieses geschah:
Als'nun der Blinde den Hasen sah
auf grüner Wiese grasen,
da rief’s der Stumme dem Tauben zu,
und der Lahme erhaschte den Hasen.
Es fuhr ein Schiff auf trockenem Land,
es hatte die Segel gen Wind gespannt
und segelt im vollen Laufen —
da stieß es an einen hohen Berg,
da tät das Schiff ersaufen.
In Straßburg stand ein hoher Turm,
der trotzte Regen, Wind und Sturm
und stand fest über die Maßen.
Den hat der Kuhhirt mit seinem Horn
eines Morgens umgeblasen.
Ein altes Weib auf dem Rücken lag.
Sein Maul wohl hundert Meter weit auftat,
’s ist wahr und nicht erlogen,
drin hat der Storch fünfhundert Jahr
seine Jungen großgezogen.
So will ich hiermit mein Liedlein beschließen,
und sollt’s auch die werte Gesellschaft verdrie-
Ben,
will trinken und nicht mehr lügen:
Bei mir zu Land sind die Mücken so groß
als hier die größesten Ziegen.
Ernst Moritz Arndt
Im Böhmerwald
In dem Böhmerwald,
da gehn die Küh auf Stelzen,
die Ziegen haben Pantoffeln an,
124 die Ochsen kann ich melken. überliefert
Dunkel war’s ..mitder
Dunkel war’s, der Mond schien helle, Sprache spielen
Schnee lag auf der grünen Flur,
als ein Wagenblitzeschnelle
langsam um die Ecke fuhr.
Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschoßner Hase
auf der Sandbank Schlittschuh lief.
Und ein blondgelockter Jüngling
mit kohlrabenschwarzem Haar
saß auf einer blauen Kiste,
die rot angestrichen war.
Dieser sprach zu seiner Tante,
die schon längst gestorben war:
«Augen hast du wie Korallen,
alle Ochsen gleichen dir!»
überliefert
Schnützelputz-Häusel
So geht es in Schnützelputz-Häusel,
da singen und tanzen die Mäusel
und bellen die Schnecken im Häusel.
In Schnützelputz-Häusel, da geht es sehr toll,
da saufen sich Tisch und Bänke voll,
Pantoffeln unter dem Bette.
So geht es in Schnützelputz-Häusel usw.
Es saßen zwei Ochsen im Storchennest,
die hatten einander gar lieblich getröst
und wollten die Eier ausbrüten.
So geht es in Schnützelputz-Häusel usw.
Es zogen zwei Störche wohl auf die Wacht, 125
die hatten ihre Sache gar wohl bedacht,
mit ihren großmächtigen Spießen.
So geht es in Schnützelputz-Häusel usw.
Ich wüßte der Dinge noch mehr zu sagen,
die sich in Schnützelputz-Häusel zutragen,
gar lächerlich über die Maßen.
überliefert
Kinderpredigten
Jesus sprach
Jesus sprach zu seinen Jüngern:
Wer keinen Löffel hat, ißt mit den Fingern.
Und es sprach der Herr zu seinen Jüngern:
Wer kein Brot hat, der muß verhüngern.
überliefert
Hampelmann
Jetzt steigt Hampelmann,
jetzt steigt Hampelmann,
- jetzt steigt Hampelmann
aus seinem Bett heraus.
O, du mein Hampelmann,
mein Hampelmann, mein Hampelmann,
o, du mein Hampelmann,
wie schön bist du!
Jetzt kämmt Hampelmann sich seine Haare
glatt.
O, du mein Hampelmann ... kämmen
Jetzt wäscht Hampelmann sich sein Gesicht
allein.
O, du mein Hampelmann ... hampeln 131
Jetzt putzt Hampelmann sich seine Zähne weiß.
Ar-r-T-T-IT...
ohne Wasser gurgeln
Als dritte Strophe wird die Melodie auf rrrr.... gesungen (rol-
lendes r). Nur die Hupe (tut-tut) wird beibehalten.
Pantomime: Zwei nebeneinandergestellte Stühle stellen die
Autos dar. Die Kinder sind entweder Fahrer, die vergeblich
versuchen, das Auto in Gang zu kriegen, oder Nachbarn, die
“mit dem Reservetank (Pantomime) warten, bis sie an der
Reihe sind. Wenn der Nachbar Benzin eingefüllt hat, setzt er
sich auf den Beifahrersitz und fährt mit (3. Strophe).
überliefert (hessisch)
Die Frösche
Ein großer Teich war zugefroren.
Die Fröschlein, in der Tiefe verloren,
durften nicht ferner quaken noch springen,
versprachen sich aber im halben Traum,
fänden sie nur da oben Raum,
wie Nachtigallen wollten sie singen. 133
Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz,
nun ruderten sie und landeten stolz
und saßen am Ufer weit und breit
und — quakten wie vor alter Zeit.
J. W. von Goethe
Petersilje Suppenkraut
Petersilje Suppenkraut
wächst in unserm Garten.
Unser Annchen* ist die Braut,
soll nicht lange warten.
Roter Wein und weißer Wein,
morgen soll die Hochzeit sein.
überliefert
* Statt«Annchen» wird der richtige Name des Mädchens eingesetzt.
Gehorsamer Diener
Gehorsamer Diener!
Was machen Ihre Hühner?
Legen sie brav Eier?
Hat die Magd auch Freier?
Was macht denn Ihr Hund?
Ist die Katze noch gesund?
Was macht der Herr Sohn?
Ist er auf und davon?
Sagt, ich laß ihn grüßen
vom Kopf bis zu den Füßen,
von den Füßen bis zum Bauch,
eine gute Nacht wünsch ich auch.
134 überliefert
Frau von Hagen Pantomime
Frau von Hagen,
darf ich’s wagen,
Sie zu fragen,
wieviel Kragen
Sie getragen,
als sie lagen,
krank am Magen,
im Spital zu Kopenhagen?
überliefert
Fingerpuppen
Aus verschiedenen Materialien (Stoff, Filz usw.)
werden Puppen hergestellt, die sich über die Fin-
gerstülpen lassen. Damit lassen sich leicht Zwie-
gespräche oder kleine Theaterstücke begleiten.
An Stelle der gebastelten Puppen lassen sich
auch die Finger bemalen, z. B. mit Gesichtern.
Mit aufgeblasenen gebrauchten Operations-
handschuhen lassen sich phantasievolle Puppen
herstellen, wenn die Fingerlinge verknotet, Ge-
sichter aufgemalt und Haare angeklebt werden.
überliefert
Gemüsepuppen
Vorbereitung: Wir kaufen so viel Gemüse, daß
jedes Kind einen «Kopf» bekommen kann. Ge-
eignet ist fast alles: große Mohrrüben, große
Kartoffeln und Zwiebeln, Sellerieknollen, Por-
reestangen, rote Beete, Kohlrüben, Rettiche.
Der Herbst ist für diese Aktion besonders ge-
eignet. Es ist schön, wenn viele verschiedene
Gemiüsearten vorhanden sind. Außerdem brau-
chen wir so viele Stäbe wie Kinder mitmachen,
das können Laternenstöcke sein oder nicht zu
dicke Rundhölzer. Man kann auch die Kinder
bei einem Ausflug Stöcke suchen lassen und die
schönsten davon aufheben, also möglichst ge-
rade, obgleich auch so ein knorriger Stock mit
Astansätzen seinen Reiz hat.
Schließlich brauchen wir eine Menge billiges,
zum Teil kostenloses Material: Knöpfe, Perlen,
Fäden, Schnüre, Wolle, Bast, Flachs, Zahnsto-
cher, Stecknadeln mit bunten Köpfen, Draht,
buntes Papier, Gewürznelken, evtl. auch
Eicheln.
Ungiftiger Klebstoff sollte auch da sein, aller-
. dings ist es besser, nicht so viel davon zu benut-
zen, weil das Gemüse dann ungenießbar wird.
Jedes Kind sucht sich nun einen «Kopf» aus
und paßt ihm ein Gesicht an: Knöpfe und Per-
len, Rosinen und Gewürznelken eignen sich gut
_ als Augen und Nasen (sie werden einfach mit
den Stecknadeln ins Gemüse gepiekt), Haare
und Bärte sind sehr beliebt, aus Draht können
Brillen gebogen werden, Hüte aus Tonpapier
können aufgesetzt werden.
Da schon mit sehr einfachen Mitteln lustige
Gesichter entstehen (das Gemüse hat ja schon
ohne jede Veränderung oft gesichtsähnlichen
Ausdruck), ist diese Aufgabe auch für kleinere
Kinder sehr leicht zu bewältigen. An den Ge- 139
müseköpfen werden die Stäbe befestigt (Por-
reegesichter brauchen natürlich gar keine): mit
dem Messer ein kleines Loch aushöhlen, den
Stab hineinschieben, evtl. mit Klebstoff, Zahn-
stocher oder Draht befestigen.
Sind alle Puppen fertig, stellt jeder seine vor,
und vielleicht entsteht ein kleines Puppenthea-
terstück.
Viele Gemüsepuppen kann man längere Zeit
aufheben, wenn man darauf achtet, daß sie
nicht feucht, sondern luftig aufbewahrt werden.
Diese Aktion ist ein guter Anlaß, Kinderge-
dichte zu lernen oder sie vorzulesen. Z.B.
Gundel Mattenklott
Gemüseball
Gestern abend auf dem Ball
tanzte Herr von Zwiebel
mit der Frau von Petersil.
Ach, das war nicht übel.
Die Prinzessin Sellerie
tanzte fein und schicklich
mit dem Prinzen Rosenkohl.
Ach, was war sie glücklich!
Der Baron von Kopfsalat
tanzte leicht und herzlich
mit der Frau von Sauerkraut;
doch die blickte schmerzlich.
Ritter Kürbis, groß und schwer,
trat oft auf die Zehen.
Doch die Gräfin Paprika
140 ließ ihn einfach stehen. Werner Halle
Stichwort:
Fingerspiele
‚Wer Fingerspiele im Umgang mit Kin- bende Gestalt» oder die «Schönheit») als
dern gebrauchen will, steht zunächst ein- Versöhnung von Gefühl/Sinnlichkeit und
mal vor der Schwierigkeit, scheinbar Un- Vernunft bzw. von Veränderung und Be-
vereinbares unter einen Hut bringen zu harrlichkeit: «Es gibt keinen anderen
müssen. Einerseits ist da das sprachför- Weg, den sinnlichen Menschen vernünf-
dernde Element, das auf Wechsel, auf tig zu machen, als daß man denselben zu-
überraschenden Pointen oder auf kreati- vor ästhetisch macht» (13. Brief).
vem Spielen mit der Sprache aufbaut, an- Diese Dialektik von Verstand und Ge-
dererseits ist da das psychosoziale Ele- fühl, von Kopf und Bauch fehlt heute al-
ment, das auf Sicherheit, Kooperation, lenthalben. Entweder dominiert der
Vertrauen oder Übersicht aufbaut. Beide Kopf, oder — wie das bei manchen para-
scheinen sich wie Feuer und Wasser religiösen Bewegungen der Fall ist — es
gegenüberzustehen. wird der Bauch ebenso kompromißlos an
Erst wenn wir in beiden Elementen das die erste Stelle gesetzt.
gemeinsame Dritte entdecken und pfle- Fingerspiele sind keine typisch deut-
gen, nämlich die Spiel-Lust für Kinder sche «Erfindung», wir treffen sie in vielen
und Erwachsene, können wir mit den Ländern an. Als Beispiel können die bei-
Fingerspielen etwas anfangen, und zwar den folgenden Texte gelten. Der erste
sowohl für die kognitive wie auch für die stammt aus England: «Two little ladies /
psychosoziale Förderung. Die gemein- met in the rain: / «How d’you?» «How
same Spiel-Lust bewahrt uns davor, das d’you do%» / «How d’you do again!»
Kind in der Wiege zu verschulen oder es (Zwei junge Damen / trafen sich im Re-
geistig verkümmern zu lassen. gen / «Wie geht’s? Wie steht’s?» / «Na ja,
.Spiel-Lust: Friedrich Schiller sah den mir geht’s soeben!») Der Text muß
Menschen mit einem Spieltrieb ausge- schnell und ausgesprochen rhythmisch
stattet, der den Menschen erst zum Men- gesprochen werden, damit er wirkt. Da-
schen macht. bei werden die jeweiligen Fingerpaare
In seinem 15. Brief «Über die ästheti- gezeigt, oder man kann auch bis 10
sche Erziehung des Menschen» heißt es: durchzählen.
«Der Mensch spielt nur, wo er in voller Das andere Beispiel habe ich in Kenia
Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er gehört. Es wird dort im Stamm der Ki-
ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.» kuyu gespielt. Das Spiel entspricht ziem-
Schiller sah den Spieltrieb (die «le- lich genau unserem «Mutter Töpper-
141
ken»: «Kabia kagera haha-i, / kenja Ungemütlich dagegen wird vielleicht
ngwaci haha-i, / karira haha-i. / Ngaki- dem Leser werden, wenn er folgendes
nya hahari: / koega atiri, / tareke nga- Kinderlied hört, das die Eltern unserer
rore, / ngathima karia ngakwa!? / Kwe- Nachkriegsgeneration bis 1945 noch zu
kwe - kwe.» (Ein Mäuschen kam gelau- Weihnachten geschmettert haben:
fen - hier, / hat Süßkartoffeln ausgegra- «Morgen kommt der Weihnachtsmann,
ben - hier, / hatsie gegessen - hier. / Hat kommt mit seinen Gaben:
dann gesagt: / Jetzt willich geh’n, / um zu Trommeln, Pfeifen und Gewehr
seh’n, / ob meine Quell noch Wasser
und ein ganzes Kriegerheer!
hat!? / Kille - kille - kille). Weiß genau, was jedes Kind
gerne möchte haben.»
Fingerspiele und Die Fassung hat — vermutlich durch
Mozarts Melodie - weite Verbreitung ge-
Ideologie funden. Leider wurde sie auch in aktuelle
Weihnachtsliederbücher aufgenommen!
An ihrem «anarchischen Humor», meint
"Der nachstehende Vers läßt wahrschein-
Enzensberger von den Fingerspielen, sei
lich aufhorchen:
bislang noch jede Ideologie gescheitert.
Von Mund zu Mund weitergetragen, als «Sonne, Regen, Wind und Meer.
«Volksgut» schriftlich gesammelt und Wann gehst du zur Bundeswehr?
überliefert, sind Fingerspiele nicht ahi- Sonne, Regen, Meer und Wind.
storisch und ohne Einfluß bestimmter Wenn du groß bist, liebes Kind!»
Arten von Welt- und Menschenbild
Zum Glück ist er eine Fiktion - kann aber
.(Rühmkorf, 1967).
leicht Wirklichkeit werden. Oder waren
Das folgende Fingerspiel stand offen-
Sie beim Lesen davon überzeugt, daß er
sichtlich im Dienst der Nazi-Ideologie
fiktiv ist? Leider real ist die Urform des
(Carp 1941, S.37).
Verses aus der DDR-Kinderzeitschrift
Sturm auf die Düppeler Schanzen «Bummi». Dort geht der Vers so:
Die Kinder sitzen um einen Tisch und
«Sonne Regen, Hagel, Schnee.
trommeln im Takt auf das Kommando
Wann gehst du zur. Volksarmee?
«eins, zwei, drei, vier» auf die Tisch-
Sonne, Regen, Hagel, Wind.
kante. Zuerst vom Leisen zum Lauten Wenn du groß bist, liebes Kind!»
anschwellend:
(zit. nach: «Der SPIEGEL», 8/82,
1. mit dem Zeigefinger der rechten Hand S.234).
(Gewehre), Ich habe mir die westdeutsche Va-
2. mit beiden Zeigefingern (Maschinen- riante erlaubt, um zu zeigen, wie schnell
gewehre), auch Fingerspiele in den Dienst jeder
3. mit der rechten flachen Hand (Kano- Ideologie gestellt werden können. Es
nen), geht ihnen da nicht anders als der Litera-
4. mit beiden flachen Händen, tur, der Kunst oder der Wissenschaft.
5. mit der rechten Faust
(großes Geschütz),
6. mit beiden Fäusten.
Fingerspiele, Phantasie
Hurrah, hurrah, hurrah! und Unbewußtes
Im Vorwort empfahl die Autorin Emma Fingerspiele sind großenteils den Mär-
Carp dieses Fingerspiel als «besonders chen vergleichbar; oft treffen wir auf die
gemütlich» für den gemeinsamen Sonn- vier bestimmenden Elemente des Volks-
tagnachmittag! märchens: Phantasie, Wiederaufrich-
142
tung, Flucht und Trost. Mit Bettelheim ° Widerstände, so wie die Zwerge oder
(1980) bin ich der Meinung, daß Märchen der kleine Finger das Leben meistern
— also teils auch Fingerspiele- innere Ge- oder mit einer Portion Pfiffigkeit Sieger
mütsverfassungen des Kindes mit Bil- über die Starken bleiben (wie die Rie-
dern und Handlungen beschreiben. sen, die Eltern oder die anderen Fin-
Sie sind also dem Gebiet der Phantasie ger).
zuzuordnen. Andere Fingerspiele gehö- Manchmal scheint mir in den Texten
ren als quasi Kurzgeschichten zum Be- die Trennung in Phantasie und Realität,
reich der Realität; etwa im Fingerspiel in Märchen und Geschichte aufgehoben
«Fünf Freunde im KaDeWe» wird das zu sein. Als Beispiel sei das Fingerspiel
Problem des Stehlens, der Ehrlichkeit «Hick und Hack» angeführt, das vorder-
und der Zivilcourage unverschlüsselt in gründig eine Geschwisterbeziehung dar-
Form einer Geschichte behandelt. stellt. Hintergründig ließe sich das aber
. Im Märchen sind kindliche Wahrheiten auch als der Konflikt gegensätzlicher
bildhaft verschlüsselt, deren Wahrheits- Aspekte unserer Natur deuten, dessen
gehalt nicht an der «wissenschaftlichen Lösung die Notwendigkeit betont, eine
Objektivität» gemessen werden kann, frühere Lebensform aufzugeben, um
sondern nur am emotionalen und kogni- eine höhere zu erreichen, kurz: das Er-
tiven Entwicklungsstand des jeweiligen langen einer neuen Entwicklungsstufe im
Kindes (vgl. Bettelheim 1980). Prozeß der Ich-Identitäts-Gewinnung.
Bei mir haben sowohl (Finger-)Mär-
chen als auch (Finger-)Geschichten ih-
ren Platz, und entsprechend breitgefä- Fingerspiele:
chert ist auch die Auswahl der Finger- Wahrnehmen, Handeln,
spiele ausgefallen.
Anschauen, Lernen
Ich habe aber immer dann die «Ver-
menschlichungen» zu vermeiden ge- Systematisch betrachtet, gehören die
sucht, wenn sie nicht als symbolhaftes Fingerspiele zu den «psychomotori-
Aufarbeiten eines inneren Problemzu- schen» Spielen. Darunter verstehen wir
standes des Kindes, sondern als (von au- Spiele, die auf die zusammenhängende
ßen) aufgesetzt erschienen. Wenn ich Entwicklung der Bewegung (Grob- und
also «warme» statt «liebe» Sonne sage, Feinmotorik) und des psychischen Appa-
dann deswegen, weil ich befürchte, an- rates (Gefühle, Denken und Sozialver-
biedernd-kindisch (statt empfindsam- halten) abzielen. Für den Zusammen-
kindlich) zu wirken; wenn ich Hexen hang zwischen Psyche und Motorik gibt
und Zwerge, Riesen und heldische es seit alters her viele Bilder: «Leib-
Winzlinge, apokalyptische Reiter und Seele-Einheit», «psychophysischer Par-
Soldaten auftreten lasse, dann, weil mit allelismus» oder die Vorstellung von ei-
diesen Figuren und Bildern dem Kind nem «gesunden Geist in einem gesunden
die phantasievolle Verarbeitung innerer Körper». Im Alltag wissen wir ebenfalls
Zustände wie Wut, Angst, Stolz, um diesen Zusammenhang: eine ver-
Glücksgefühl oder Freude ermöglicht krampfte Körperhaltung weist auf eine
werden soll. seelische Spannung hin, wir hauen uns
Das Kind soll sich in der Bearbeitung vor Freude auf die Schenkel, wir bekom-
seiner existenziellen Nöte und Freuden men Herzklopfen beim ersten Skilauf.
sowie der Gewinnung von Welt-Sicht Grundphänomen innerhalb des psy-
und Lebens-Sinn mit «Helden» identifi- chischen Apparates sind die Wahrneh-
zieren können, die trotz ihrer Kleinheit mungsprozesse aller Sinne. Neben den
und Schwäche, trotz Niederlagen und fünf bekannten Sinnen (Hören, Sehen,
143
Fühlen, Schmecken, Riechen) werden nem «Bedürfnis nach neuen Eindrük-
meist noch der Gleichgewichtssinn, der ken» sprechen, das die menschliche Ent-
Raum-Lage-Sinn und der Sinn für den ei- wicklung steuert (Boschowitsch 1970).
genen Körper (Kinästhetik) genannt. Bald wendet das Kleinkind sich seiner
Diese Sinne stehen dem Kleinkind als Er- nächsten Umgebung zu: Grelles, Sanf-
kenntnisinstrument der Natur und Ge- tes, Lautes, Brüllendes, Schrilles, Leises,
sellschaft zur Verfügung. Zunächst kann Beruhigendes, Kaltes, Busiges, Kremi-
es also noch nicht die Sprache zur Er- ges, Hartes, Händiges, Nasses, Sonniges,
kenntnis benutzen. Das Kleinkind nimmt Dunkles, Plastiges, Parfumiges, Süßes,
wahr, indem es sich bewegt und handelt. Knarrendes, Musikes, Knalliges usw. Oft
Es greift nach Rasseln, nach seinem Fuß sind es gerade solche umfassenden sinnli-
(der sich merkwürdigerweise immer weg- chen Eindrücke, an die wir uns als Er-
bewegt), es wirft die Flasche aus dem wachsene noch aus unserer frühen Kind-
Bett oder zerrt erstaunlich kräftigan den heit erinnern.
Haaren der neugierigen Tante. Dies alles Ich kann z. B. noch die braunen langen
nimmt das Kleinkind wahr, indem es han- Wollstrümpfe riechen, die während des
delt: es be-handelt Dinge, um sie lang- Winters «tiefgefroren» vom Trocknen in
sam immer besser zu be-greifen. Diese die warme Küche gebracht wurden und
Entwicklungsphase wurde von Piaget als dort langsam auftauten. Oder die Erin-
«sensomotorische Phase» bezeichnet nerung an das Lösen des Verbandes auf
(sensus = Sinn/motor = Beweger). Die einer Brandwunde an meinem Hals ruft
Förderung aller Wahrnehmungsprozesse noch heute die gleichen (allerdings harm-
wird auch als «ästhetische Erziehung» loseren) beklemmenden Gefühle in mei-
bezeichnet. In diesem Sinne also sind nem Magen wach. Indem ich das
Fingerspiele als Beitrag zur ästhetischen schreibe, zwingt mich die Erinnerung zu
Erziehung des Kindes zu verstehen. einer kleinen Pause.
In der sensomotorischen Phase lernen Alles Erreichbare betastet das Kind in-
die kleinen Menschen anders! Noch ist tensiv mit den Händen und dem Mund —
nicht der Kopf (oder Intellekt) den Er- ein köstliches Abenteuer, das nur zu oft
fahrungen, die ein Kind mit all seinen von großen Menschen aus wahrhaft uner-
Sinnen macht, vorgeschoben. Solche Er- klärlichen Gründen abrupt und hektisch
fahrungen mit den Sinnen, also sinnliche unterbrochen wird. Besonders über die
Erlebnisse, sind für die kindliche Ent- sinnlichen Eindrücke seiner Hand lernt
wicklung von außerordentlich großer Be- es die Welt be-greifen.
deutung. Sie wirken bis weit ins Erwach- Über den Zusammenhang von Hand
senenleben hinein, deshalb können sich und Verstand haben sich viele Men-
auch bedeutende psychische Fehlent- schen Gedanken gemacht und oft deren
wicklungen in dieser Zeit verankern. unbedingte Zusammengehörigkeit be-
Jedes Kind möchte mit seinem Körper tont. Der griechische Philosoph Anaxa-
spielen, dem ersten Objekt seiner Lust. goras (496 v.u.Z.) meinte, daß der
Sobald es ihn berührt oder auch in kinäs- Mensch ein vernünftiges Wesen sei, weil
thetischer Hinsicht, erlebt es Neues und er Hände habe. Michelangelo wählt in
Aufregendes: Weiches, Magenkneifen- der Sixtinischen Kapelle (1506) die
des, Glitschiges, Zartes, Pickendes, Ko- Hände bzw. die sich fast berührenden
tiges, Warmes, Erregendes, Juckiges, Zeigefinger Gottes und Adams als Sym-
Gluckerndes, Würgendes, Naßkaltes, bol der Erschaffung des vernünftigen
Milchiges, Kratziges. Menschen.
Alle neuen Eindrücke machen ihm Das verstandesmäßige Lernen des
Freude, ja, man kann geradezu von ei- Kindes geschieht oft in Verbindung mit
144
sinnlicher Lust. Wer kennt nicht das lust- ° dem sieben Jahre alten Adam und seiner
volle Tasten und Saugen der Säuglinge an Frau Jutta wieder:
der mütterlichen Brust? Oder wenn Kin- «Adam: Wann fängt die Schule wieder
der über lange Zeit hinweg den Sand an?
durch die Finger rieseln lassen: da erfah- Jutta: Übermorgen!
ren sie nicht-nur etwas über die Konsi- Adam: Wann ist das?
stenz des Sandes oder die Gesetze der Natascha: Zwei Schlafe!» (Laing 1982,
Schwerkraft, sondern das kitzelt ganz au- S.30)
Berordentlich angenehm. Oder in Pfüt- Auch in der Erwachsenensprache läßt
zen manschen, in der Nase popeln, wie sich der Zusammenhang zwischen Spra-
ein Bär brummen, am eigenen Kot rie- che und Bewegung problemlos aufzei-
chen oder damit spielen, am rostigen gen, etwa beim langsamen und mehrma-
Gartenzaun schlecken usw. ligen etwas überspitzten Aussprechen
. Bei Fingerspielen wird diese sinnliche einzelner Wörter wie z. B. zucken-strei-
Erlebniswelt des Kindes aktiviert. Es ge- cheln - stapfen - zittern - rülpsen usw.
nießt die vertrauten Bewegungen der Einen weiteren Hinweis auf den Zu-
zarten und starken Hände, die Scherze sammenhang von Sprache und Bewe-
und unerwarteten Wendungen, wenn die gung gibt folgender Versuch: Die Auf-
Stimme angenehm klingt, flüstert, auf- gabe besteht darin, die beiden Phantasie-
steigt und abfällt, das Schweigen, den el- wörter Takete (1) und Maluma (2) den
terlichen Achselschweiß, die warmen beiden nachstehenden Zeichnungen
Körperformen beim Ankuscheln, das zuzuordnen.
Parfum und Rasierwasser, die Küsse, die
Sicherheit beim Anklammern oder wenn
es Mama die tollste Frau auf der Welt fin-
det, weil sie so schön mit ihm spielt. («) (b)
Vermutlich haben auch Sie zugeordnet
Sprache und Bewegung wie die meisten Menschen: 1 zu a und 2
Mit dem Alter der Kinder gewinnt die zu b. Warum das so ist, das genau zu er-
Sprache an Bedeutung für die Persön- klären, bereitet der Wahrnehmungspsy-
lichkeitsentwicklung. Das heißt aber "chologie Schwierigkeiten. Möglicher-
nicht, daß die Sprache die Motorik ab- weise weckt die weiche Bewegung (im
löst. Vielmehr hängen beide eng zusam- Wort Maluma) der Mund- und Lippen-
men. Beide sind nicht nur Mittel der Er- stellung eine Gedankenverbindung zur
kenntnis, der Strukturierung von Welt, weichen Gestalt der Zeichnung. Oder
sondern auch Ausdrucksmittel. Dieser umgekehrt, die Zeichnung löst be-
Zusammenhang zeigt sich z.B. in einem stimmte weiche Bewegungen im Sprech-
hohen «Bewegungsgehalt» bei eigenwil- apparat aus.
ligen kindlichen Begriffsbildungen: Voraussetzungen für die Überlegun-
«Schütte» für Kaffeekanne beispiels- gen, die wir hier gemeinsam anstellen,
weise oder auch «treppen» für die Treppe sind gemeinsame und gleiche Erfahrun-
hochsteigen oder «besen» für kehren mit gen. Wir alle haben durch Be-greifen
dem Besen. spitzer und weicher Dinge diese Eigen-
Ronald D. Laing, der englische schaften handelnd begriffen. Ein
«Psychiater des gescheiterten Dialogs», Mensch, der keine Weichheit kennt bzw.
gibt in seinem Buch Gespräche mit mei- dafür keinen Begriff entwickelt hätte,
nen Kindern einen Kurzdialog zwischen könnte die Zuordnung nur per Zufall
seiner vierjährigen Tochter Natascha, lösen.
145
Sprache und Denken worben - spielerisch, tastend, beharrlich.
Sprachförderung kann erst einsetzen,
Ebenfalls nicht sicher ist sich die Wissen- wenn das Kind über ausreichendes
schaft über den genauen Zusammenhang Sprachmaterial verfügt, das verfremdet
von Sprache und Denken. Sicher wissen werden kann: ab dem 2. oder 3. Lebens-
wir aber so viel: Sprache, die durch Be- jahr. Dabei ist auf drei Hauptaspekte des
wegung unterstützt wird, hakt sich be- kindlichen Spracherwerbs zu achten —
sonders nachhaltig fest. Ein Kind lernt auch und gerade im Zusammenhang mit
z.B. schneller «Ball» sagen, wenn es Fingerspielen:
beim Nennen des Begriffs durch den Er-
1. die Unbekümmertheit:
zieher mit dem Ball spielen und ihn be-
das Respektieren der kindlichen Frei-
greifen kann, anstatt den Ball zu sehen heit von syntaktischen und semati-
und zu hören, dies sei ein Ball.
schen Regeln;
Ein Kind wird auch sicherer die Raum-
2. die Beharrlichkeit:
Lage-Zuordnung erlernen, d.h. wissen,
diese kann überwunden werden durch
wo oben, hinten, neben, schräg, in usw.
Verfremdung und Sprechreize; das
ist, wenn es selbst unter den Tisch gekro-
Kind wartet nur auf neue Eindrücke;
chen ist und parallel dazu den entspre-
3. die Konstruktivität:
chenden Begriff hört. Piaget spricht hier
statt beim Kind auf stereotypes Wie-
von «motorischen Vorstellungsbildern».
derholen von Benennungen zu drin-
Allein lernt der Mensch nicht spre-
gen, sollte es angehalten werden, urei-
chen. Eine Ursprache läßt sich nicht
gene — konstruktive- Erfahrungen mit
nachweisen. Jeder Mensch braucht
der Sprache zu machen.
menschliche Vorbilder, die ihn zum Spre-
chen anregen können. In der Krippe geht Kleine Kinder lernen anders, stellen wir
solche Arregung von den Erziehern aus. uns darauf ein! Nutzen wir die Mög-
Neben das kindliche Handeln tritt noch lichkeiten, die in den Fingerspielen stek-
das Prinzip der (abstrakteren) Anschau- ken.
ung. Kinder ahmen ihre Eltern, Ge-
schwister, Tiere und alle Menschen und
Was ist was?
Dinge ihrer unmittelbaren Umwelt nach.
Diese Lernart wird gewöhnlich als Imita- Spiele, bei denen die Finger in Verbin-
tionslernen bezeichnet (imitieren = dung mit einem kleinen Vers (oder Lied)
nachahmen). eine Geschichte erzählen, ohne daß etwa
Damit haben wir die drei wesentlichen die Reaktion des Kindes oder sein Mittun
Prinzipien der Welterfassung benannt: notwendig wäre, nenne ich Fingerverse.
Handlung, Anschauung und Sprache; Bei diesen Fingerversen wird aktiviert,
Fingerspiele regen auf allen drei Ebenen daß den einzelnen Fingern seit alters her
an. eine immer wiederkehrende Bedeutung
zukommt. Besonders die sog. «Chiro-
Ich will hier keinem versteckten Sprach- mantie», die uralte Wahrsagekunst des
trainingsprogramm das Wort reden.. Handlesens, hat zur Bedeutung von Fin-
Sprechenlernen ist nicht das Erlernen gern, Handformen und Handlinien bei-
von Benennungen, sondern die Aneig- getragen.
nung der Welt in lebendigen Sprechsitua- In der Chiromantie nimmt der Dau-
tionen. men eine zentrale Stelle ein. Er steht für
Ein Vergleich (der auch hinkt): Spra- Willen und Logik: ein großer Daumen
che wird nicht wie eine Fremdsprache er- z.B. bedeutet Autorität und Willen zur
lernt, sondern eher wie das Tanzen er- Macht, ein kleiner einen unentschlosse-
146
nen Geist. Im Fingerspiel repräsentiert “ ren, denn stets setzt sich der kleine Fin-
der Daumen meist eine Autoritätsfigur ger phantasiereich, mutig und keck mit
(z. B. den Vater) oder verkörpert die Au- seiner Umwelt auseinander. Wie im Mär-
torität schlechthin («Das ist der Dau- chen bleibt der Kleine oft Sieger über den
men!»). In der Antike bedeuten die rö- Übermächtigen.
mischen Cäsaren den Gladiatoren in der Alle Finger einer Hand bilden leicht
Arena nach einem Sieg mit dem Daumen eine traditionelle Familie, und zwar in
Leben oder Tod. Wenn heute z.B. ein der den Fingern zugeschriebenen charak-
Luftwaffenpilot seine Maschine startklar teristischen Reihenfolge: Vater, Mutter,
(Macht über sie) hat, hebt er den Dau- Bruder, Schwester und schließlich das ge-
men. schlechtlich nicht bestimmte Kind selbst.
In der Chiromantie, die den einzelnen Allein diese Zuschreibung verweist
Fingergliedern je nach Form und Ver- schon, ohne daß die Finger agieren, auf
hältnis zueinander bestimmte Persön- die Rollenfestlegung der Geschlechter
lichkeitsmerkmale zuordnet, werden die und die traditionelle patriarchalische
einzelnen Finger von den unter ihnen lie- Familienhierarchie.
genden «Bergen» regiert. So bedeutet
der Venusberg unter dem Daumen Die Handmärchen unterscheiden sich
(«Handballen» oder auch «Mäuschen» von den Fingerversen dadurch, daß die
genannt) Liebe, Gefühl, Zärtlichkeit, Erzählungen/Lieder nun von Bewegun-
aber auch künstlerische Form, Barmher- gen der Hände und anderer Körperteile
zigkeit oder Anmut. Der Jupiterberg un- unterstützt werden. Hier ist der Charak-
ter dem Zeigefinger stellt die Königs- ter des Märchens und Handtheaters be-
würde, Ehrenämter, Ehrgeiz oder Stolz sonders deutlich ausgeprägt.
dar. Der Saturnberg unter dem Mittelfin- Diese Darstellungsart hat in anderen
ger deutet Unabhängigkeit, Bergbau, Kulturkreisen eine hohe künstlerische
Landwirtschaft und Melancholie an. Form erreicht, z.B. in Indien in Verbin-
Dem Apolloberg unter dem Ringfinger dung mit dem klassischen Tanz. Die sym-
(auch Sonnenberg) wird in anderen bolische Ausdruckskraft der beredten
Quellen auch Zauberkraft zugespro- Handgesten kann den Betrachter gefan-
chen, weil seine Adern angeblich direkt gennehmen, etwa wenn die Künstlerin in
zum Herzen verlaufen. Nicht umsonst höchster Vollendung «den Pfau» dar-
trägt dieser Finger auch meist die Ringe, stellt.
wird deshalb auch Goldfinger genannt, Die Verse und Lieder, bei denen die
manchmal auch Herzfinger. Merkur ver- zwischenmenschliche Interaktion im
leiht dem kleinen Finger Beredsamkeit, Mittelpunkt steht, bezeichne ich als Part-
Diplomatie, Geschäftssinn, Geschick- nerspiele. Sie sind von der Spielbereit-
lichkeit und Verschlagenheit. schaft des Kindes abhängig; meist haben
die Partner direkten Körperkontakt. In-
Im Fingerspiel werden zahlreiche dieser sofern sind diese Spiele nur schlecht zu
Eigenschaften den entsprechenden Fin- Gruppenspielen auszudehnen.
gern zugesprochen. Neben dieser esote- Gruppenspiele sind meist Spiele am
risch-traditionellen Ebene verläuft auch Tisch, bei denen der Vers oder das Lied
noch eine eher pragmatische Symbolik: von Bewegungen unterstützt werden; bei
wenn der Zeigefinger als «Lecker» be- manchen steht die Bewegung im Vorder-
zeichnet wird, der Daumen als «Läusetö- grund, der Text ist eher zweitrangig (z.B.
ter» oder der Mittelfinger als der «Läng- «Ich hab gefischt ...»). Die Grenze zu
ste». Mit dem kleinen Finger kann sich den anderen Gruppenspielen ist hier na-
das (kleine) Kind wohl leicht identifizie- türlich fließend.
147
Kreis- und Tanzspiele- oft in Verbindung Der Erwachsene nimmt aktiv und be-
mit einem Lied - fordern stärker die Be- wußt daran teil und erspürt die kindli-
wegung der Gruppe heraus. chen Empfindungen und Bedürfnisse.
Für alle Fingerspiele und die anderen Das Kind aber wird in seiner Persönlich-
Kinkerlitzchen gilt, was Bettelheim über keit bestätigt, wenn es das Verständnis
das Märchenerzählen gesagt hat: im Ide- der erzählenden Erwachsenen spürt.
alfall ist es ein «zwischenmenschliches Und das kann niemals eine noch so hoch-
Ereignis gleichberechtigter Partner». entwickelte Technik ersetzen.
Literatur
ARNDT, MARGA und WALTRAUD SINGER CaArp, EMMA: 77 lustige Fingerspiele für
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München 1957 (nach der Erstausgabe Schulwesen, Jugend und Sport) Berlin
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GÖTTE, Rose: Sprache und Spiel im Kin- SCHACHTMEYER: Arbeitsbuch Klein-
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HABER: Unser Erstes. Düsseldorf Ein Bilderbuch mit 120 alten und
2. Aufl. 1963 neuen Versen und Gedichten. Ra-
HECKMANN, HERBERT und MICHAEL vensburg 1978
KrÜüGcErR (Hc.): Kommt, Kinder, RÜHMKORF, PETER: Über das Volksver-
wischt die Augen aus, es gibt hier was mögen. Reinbek 1967
zu sehen. Die schönsten deutschen SCHACHTMEYER, ELKE von und RAI-
Kindergedichte. München 1974 MUND PoussEr: Arbeitsbuch Sozial-
"KARPF- ACHTELIK, Monika: Tiere in der pädagogik. Opladen 1981
Frühpädagogik. In: Schüttler-Jani- SCHMIDT-KOLMER, EvA (Hc.): Pädago-
kulla (Hg.): Handbuch für Erzieher. gische Aufgaben und Arbeitsweise
Landsberg 1981 der Krippen. Berlin, DDR, 6.Aufl.
MATTENKLOTT, GUNDEL: Alte und neue 1976
Spiele. Pädagogisches Zentrum, Ber- Sımrock, Kart (Hg.): Kinderlieder.
lin 1982 Borowsky-Verlag, 0. 0.,0.J.
MEINERTS, EvA: Links ein Ohr und STÖCKLIN-MEIER, SUSANNE: Spielen
rechts ein Ohr. München 1981 und Sprechen. Ravensburg 1980 (erst-
MORGAN, JEAN-MICHEL: Hände und mals in schweizerdeutsch: Zürich
Charakter. Gütersloh 1975 1975)
PAUSEWANG, ELFRIEDE: Die Unzer- dies.: Der Schneider hat ’ne Maus er-
trennlichen. Neue Fingerspiele (3 wischt. Zürich 1973
Bände), München 22. Aufl. 1980; 11.
Aufl. 1981; 1981
149
Abdruckgenehmigungen
erteilten folgende
Autoren und Verlage:
Beltz-Verlag, Weinheim, für «Himpel- Ptote, ein Händezirkus für Kinder von
chen und Pimpelchen» von M. Engel- 4-7 Jahren.» Berlin 1983;
mann-Herz, «Die Kutsch», «Der Fi- Monika-Karpf-Achtelik für «Die Stor-
scher», «Die Reise nach Amerika», chensocken», «Die Vokal-Finger»,
«Chinesischer Tusch», «Kommando «Leih mir deine Hand», «O O O»,
Pimperle», «Klappre Mühle», «Viel «Zug um Zug», «Reim dir deinen
Geld», «Händeberg», «Wer kann Witz», München 1983;
das?», «Graue Erbsen mit Speck» aus:
Emma Carp: 77 lustige Fingerspiele Suhrkamp Verlag für «Der ist in den
für unsere Kleinen. Langensalza Brunnen gefallen», «Der ist in den
14. Auflage 1941 Busch gegangen», «Binki-Binki», «Ich
und für: «Mein Schmusebär», «Ein klei- ging einmal nach Butzlabee», «Wir
ner Hampelmann», «In Amerika», Hirschlein ziehn zu Walde», «Eine
«Sieben kleine Mausezähne», «Lüge, kleine Zipfelmütze», «Morgens früh
nichts als Lüge», «Wozu sind die Füße um sechs», «Vorigen Handschuh»,
da», «Da droben auf dem Berge», «Ich bin der Herr Pastor», «Jesus
«Mein Auto springt nicht an» aus: sprach», «Nun danket alle Gott», «In
Rose Götte: Sprache und Spiel im Kin- der bimbambolischen Kirche», «Ich
dergarten. Weinheim *1981 will euch was erzählen», «Frau von
Georg Bitter Verlag für «Was denkt die Hagen», «Ein Hund» aus: Hans Ma-
Maus am Donnerstag?» von Josef gnus Enzensberger: Allerleirauh.
Guggenmos aus: ders.: Was denkt die Viele schöne Kinderreime. Frankfurt
Maus am Donnerstag? Recklinghau- 1961 (*1979);
sen 1967 (?1980); Verlag gruppenpädagogische Literatur
Karl Henssel Verlag für «Kindergebet- für «Kätzchen trinkt Milch» von Irene
chen» und «Aus meiner Kinderzeit» Flemming aus dies: Fingerspiele.
von Joachim Ringelnatz aus: ders.: Wehrheim ?1980;
Und auf einmal steht es neben dir. Westermann-Verlag für «Gemüseball»
Berlin 1950; von Werner Halle aus: Halle/Schütt-
Pädagogisches Zentrum Berlin für «Ge- ler-Janikulla/Janosch (Hg.): Bilder
müsepuppen», «Reimgeschichten», und Gedichte für Kinder. Braun-
«Kauderwelsch und Lautsymphonie» schweig 1972;
aus: Gundel Mattenklott, Alte und Verlag Volk und Wissen VEB für: «Gu-
neue Spiele. Berlin 1981 ten Morgen» von Elsbeth Friemert,
Peter Kirsch für «Das Patsch-und-Pfote- Berlin (DDR);
Lied» aus dem Stück «Patsch und
Dieses ist ein Rowohlt-Buch, das im Büro für wissen-
schaftliche Publizistik konzipiert wurde. Einige Bücher,
die aus dieser Werkstatt stammen, sind beim Verlag und
im Buchhandel nicht mehr erhältlich. Von den folgen-
den Titeln haben wir aber noch Exemplare vorrätig, die
‘Sie beim Büro für wissenschaftliche Publizistik bestel-
len können.
EEE ln
# ME ; Bi Ä
K N j Ta
Alpe VE ah 5
Helga Biericher
Scherzfragen, Rätsel, Schüttelreime
Vergessenes und Neues zur Unter-
haltung (7662)
Irene Dalichow
Sanfte Massagen für Babys, Kinder
und Eltern
Liebe, die durch die Haut geht (8597)
Walter Diem
Spielausflüge
Rallyes und Spiel im Grünen (8443)
Karin Mönkemeyer
Schon Babys schwimmen mit
Vergnügen
Wasserspaß mit Kindern bis sechs
(8473)
leben
Kindern
it
Spiele für alle fünf Sinne
Hören, riechen, schmecken, sehen,
greifen: wie Babys und kleine Kinder
spielend lernen (8462)
Anne-Bärbel Münchmeier
Spielen mit kleinen Kindern
und Babys :
Ideen - Anregungen - Spielzeug im
Hilfen für Alltag Test (7900)
und Freizeit Kleinkinder-Treff
en Anregungen für die Zeit zwischen
Krabbelalter und Kindergarten (7475)
C 2181/4 b
Raimund Pousset
Fingerspiele und andere
Kinkerlitzchen
Spiel-Lust mit kleinen Kindern (7774)
Horst-Eberhard Richter
Eltern, Kind und Neurose
Psychoanalyse der kindlichen Rolle
(6082)
Beate Seeßlen-Hurler
Bunte Nudeln und Schokoladenquark
Erfolgsrezepte für Kinder aus der
Bio-Küche (7858)
Kinderfeste (8302)
Horst Speichert
Süße Sachen
Ein Rezeptbuch für gesunde
Naschereien (7481)
leben
Kindern
it
Kindergarten (7678)
Beate Weise
Zeichnen, Malen, Drucken
Anleitungen und Tricks für Einsteiger
(8380)
C2181/5 c
Caren Adams/Jennifer Fay
Ohne falsche Scham
Wie Sie Ihr Kind vor sexuellem
Mißbrauch schützen können (8498)
Gisela Brehmer
Aus der Praxis einer Kinderärztin
Entwicklung - Vollwert-Ernährung —
Erste Hilfe im akuten Krankheitsfall —
Alternative Heilmethoden (8388)
Tobias Brocher
Wenn Kinder trauern (7950)
Gela Brüggebors
Kindern
leben
it
Körperspiele für die Seele
312mal Bewegung, Entspannung,
Energie. Anregung zur Psycho-
motorik (8526)
So spricht mein Kind richtig
Entwicklungen und Störungen beim
Sprechenlernen. Wie Eltern und
& Erzieher helfen können (8100)
&®SE&DB
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oO
C2181/4 d
Sabine Friedrich/Volker Friebel
Entspannung für Kinder
Übungen zur Konzentration und
gegen Ängste (8563)
Tilo Grüttner
Helfen bei Legasthenie
Verstehen und üben (8326)
Rita Haberkorn {
Prinzessin, Monster, Astronaut
101 Ideen für Rollenspiele mit
Figuren, Puppen und Kostümen
(8481)
Regina Hilsberg
Körpergefühl
Die Wurzeln der Kommunikation
zwischen Eltern und Kind (7922)
leben
Kindern
it
Kampfbeziehungen
Wenn Kinder gegen Erwachsene
kämpfen: Erklärungen und Lösungen
(8549)
Heidi Kaiser
So sag ich’s meinem Kinde
Eine Auswahl Zärtlichkeit und Schmusen,
Verstehen: Liebe und Sexualität (3750)
den Alltag mit
Kindern
entkrampfen
RATGEBER
2eC. mit ro
Kindern FO
leben FO
C2181/4 e
Petra Lange
Hausmittel für Kinder
Naturgemäß vorbeugen und heilen
(8384)
Margitta Meinerzhagen/
Nikolaus Eckardt
Der Oko-Berater für Eltern
Orientierungen und Produkt-
empfehlungen (8570)
Karin Mönckemeyer
Wie Kinder Freunde werden (8577)
Rieke Müller-Kaldenberg
Mütter mit Beruf
Balance zwischen Kindern, Partner
und Kollegen (8748)
Frank Preuß
Geldberater für Eltern
Kindergeld und Stipendien, Steuertips
und Sparmöglichkeiten, Versicherun-
gen und Zuschüsse (8407)
leben
Kindern
it
R. Pousset/G. Hoffmann
Die besten Bücher für Ihr Kind
333 Vorschläge für Eltern (8806)
Jan-Uwe Rogge
Kinder können fernsehen
Vom sinnvollen Umgang mit den
Eine Auswahl Medien (8598)
Das rororo-Elternlexikon
entkrampfen Herausgegeben von
RATGEBER Horst Speichert und
Bernhard Schön (7981)
26 Mit rO
Kindern PO
leben FO
C2181/5f
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Klassische Spiele ganz neu
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Dame bis Domino (8901)
H.P. Karr
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Uta Knigge
Packwahn oder
Die Kunst des Einwickelns
(8903)
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Spaß mit Bierdeckeln, Streichhölzern
und anderem Kleinkram (8900)
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Unterwegs auf rätselhaften Spuren
(8906)
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Das unterhaltsame Gedächtnis-
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Schneiden, falten, fertig!
Mit Papier und Schere durch Himmel
und Hölle (8904)
Kniereite:, Aandklapp und Krabbelmärchen