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Master: AFC

Einzelabschluss IFRS
Grundlagen: Einführung in die IFRS, Organisationen, Aufbau der IFRS, Ab-
schlussbeststandteile, Bilanzgliederung

-mit Lösungen-

Prof. Dr. Monique Reis, Steuerberaterin


Stand: 2020

________________________________________________________________________________

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung von Prof. Dr. Monique Reis, StB ist die
Vervielfältigung des Skriptes oder Teilen daraus nicht gestattet. Dasselbe gilt für das Recht der öffentlichen
Wiedergabe.
IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Kapitel 1: Grundlagen ....................................................................................... 1

1. Weltweite Entwicklung der Rechnungslegungssysteme ............. 1

2. Ziele der Rechnungslegungssysteme: HGB und IFRS ................. 4

2.1 Ziele eines HGB-Jahresabschlusses ................................................. 4

2.2 Ziele eines IFRS-Einzelabschlusses .................................................. 4

3 Bestandteile des Jahresabschlusses nach HGB und IFRS.......... 5

3.1 Bestandteile des Jahresabschlusses nach HGB ................................ 5

3.2 Bestandteile eines Einzelabschlusses nach IFRS ............................. 6

4. Größenabhängige Befreiungen ...................................................... 7

5. Vorteile der IFRS gegenüber nationalen Regelungen................... 8

6. Kurzer historischer Abriss: EU-Verordnung aus dem

Jahr 2002 .......................................................................................... 9

7. Endorsement und Enforcement.................................................... 10

8. Die IFRS und die Bedeutung der US-GAAP ................................. 11

9. Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung nach IFRS ............. 13

10. Abschlusselemente ....................................................................... 17

10.1 Vermögenswert (asset) .................................................................... 17

10.2 Schulden (liability) ............................................................................ 18

10.3 Eigenkapital (equity) ........................................................................ 18

10.4 Erträge und Aufwendungen (revenue and expenses) ...................... 18

10.5 Weitere Bilanzposten ....................................................................... 19

10.6 Bilanzaufbau .................................................................................... 20

10.7 GuV (HGB) – Gesamtergebnisrechnung (IFRS) .............................. 24

10.8 Kapitalflussrechnung ....................................................................... 36

10.9 Eigenkapitalveränderungsrechnung ................................................. 43

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Kapitel 1: Grundlagen

1. Weltweite Entwicklung der Rechnungslegungs-


Systeme

Die weltweite Entwicklung der Rechnungslegungssysteme in den einzel-


nen Ländern wurde durch folgende Faktoren geprägt:
Weltweite
→ Kapitalmarkt und Finanzierung Faktoren
→ Rechtssystem
→ Steuerrecht
→ Entwicklungsstand der prüfenden Berufe
→ Inflation

Kapitalmarkt und Finanzierung:


Die Rechnungslegungssysteme in den einzelnen Ländern haben sich un-
Faktor:
terschiedlich entwickelt. In Ländern, in denen die Rechtsform der Aktien-
Kapitalmarkt
gesellschaft dominiert und die Finanzierung in der Regel über die Börse
erfolgt, sind die Vorschriften zur Rechnungslegung und Publizität wesent-
lich weiter entwickelt. Der Grund liegt insbesondere in dem Informations-
bedürfnis der Kapitalanleger, der Aktionäre. So finden sich umfangreiche
und detaillierte Regelungen (Standards) zur Rechnungslegung in den
USA, Großbritannien und den Niederlande.

Dagegen sind das Rechnungslegungssystem und die Publizität in den


Ländern unterentwickelt, in denen die Finanzierung des Unternehmens
über eine hohe Fremdfinanzierung geprägt ist. Zu diesen Ländern gehö-
ren Deutschland, Frankreich und Italien.

Faktor: Unter-
Rechtssystem:
schiedliche
In den kontinentaleuropäischen Ländern basiert das Rechtssystem auf
Rechtssysteme
dem so genannten „code law“. Während in angelsächsischen Ländern das
Rechtssystem auf dem so genannten „case law“ aufbaut.

Beispiel aus dem deutschen HGB für das „code law“:


§ 255 HGB regelt die Ermittlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskos-
ten für einen Vermögensgegenstand. Es handelt sich um eine allgemein
gültige Regelung, die unabhängig davon anzuwenden ist, ob es sich um
den Erwerb von Betriebs- und Geschäftsausstattung, Vorratsvermögen
oder den Erwerb einer Finanzanlage handelt.

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IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Beispiele aus den IFRS für das „case law“:


Hier findet sich kein Standard, welcher ausschließlich die Anschaffungs-
oder Herstellungskosten regelt. Die einzelnen Standards beinhalten die
Vorschriften zum Ansatz und zur Bewertung einzelner Bilanzpositionen.
Sehen Sie sich das Inhaltsverzeichnis der IFRS-Standards an. Sie finden
spezielle Bilanzierungsvorschriften zum Beispiel für:

→ IAS 2: Vorratsvermögen
Fallbezogene
→ IAS 16: Sachanlagen
Standards
→ IAS 38: Immaterielle Vermögenswerte
→ IAS 40: Grundstücke, die als Finanzinvestition gehalten werden

Die Ermittlung der Anschaffungskosten für das Vorratsvermögen findet


sich zum Beispiel in IAS 2.10 ff. Die Ermittlung der Anschaffungskosten für
Sachanlagen findet sich zum Beispiel in IAS 16.16.

Steuerrecht:
In den angelsächsischen Ländern hatte das Steuerrecht keinen Einfluss
auf die Erstellung der Handelsbilanz. Es fand keine „Deformierung“ der
betriebswirtschaftlichen Handelsbilanz durch das Steuerrecht statt. Dage-
gen führte die Umkehrmaßgeblichkeit in Deutschland jahrzehntelang zu Kein Einfluss
einem „verzerrten Handelsbilanzbild“. Durch das Bilanzrechtsmodernisie- des Steuer-
rechts
rungsgesetz wurde die Umkehrmaßgeblichkeit aufgehoben. Es handelt
sich hierbei um eine Anpassung an die IFRS. Nachfolgendes Beispiel soll
die enorme Bedeutung der Aufhebung der Umkehrmaßgeblichkeit in
Deutschland noch einmal aufzeigen.

Beispiel:
Die Z-AG veräußert im Jahr 01 Grund und Boden zu einem Preis von
500.000 €. Der Buchwert des Grund und Bodens betrug zum Ausschei-
dungszeitpunkt 240.000 €. Die Z-AG möchte die stillen Reserven des
Grundstücks erst später versteuern und entscheidet sich dafür eine 6b-
Rücklage in der Steuerbilanz zu bilden. Wie lautet die Buchung in der
Steuerbilanz, wie lautet die Buchung in der HGB-Bilanz bzw. in der IFRS-
Bilanz?

Lösung:
Steuerbilanz:

Bank 500.000 € an Grund und Boden 240.000 €


6b-Rücklage 260.000 €

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Handelsbilanz HGB bzw. IFRS:

Bank 500.000 € an Grund und Boden 240.000 €


Ertrag 260.000 €

Aufgrund der Änderung durch das BilMoG ist es in der Handelsbilanz ver-
boten, steuermindernde Rücklage zu bilden und damit in der Gewinn- und
Verlustrechnung einen niedrigeren Gewinn auszuweisen. Der Ertrag aus
dem Verkauf des Grund und Bodens muss in der Handelsbilanz realisiert
werden. Hinweis: Aus der unterschiedlichen Behandlung in der Handels-
und Steuerbilanz entstehen latente Steuern, die später besprochen wer-
den sollen.

Kein Einfluss des Steuerrechts auf die IFRS Bilanz

IFRS sind unab-


HGB-Bilanz hängig vom
Steuerrecht
IFRS-Bilanz Steuerrecht

Kein Einfluss

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Entwicklungsstand der prüfenden Berufe und Inflation:

Der Berufsstand des Wirtschaftsprüfers entwickelte sich in den einzelnen Späte Entwicklung
Ländern unterschiedlich. In Deutschland, Frankreich und Italien entwickel- des WP-Berufs in
te sich der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer 50 Jahre später als in den Deutschland
USA oder Großbritannien. Ein weiterer Einflussfaktor auf die Rechnungs-
legung ist die Inflation. In inflationsgefährdeten Ländern wie zum Beispiel
Brasilien, aber auch Italien gab es Gesetze über die Aufwertung des
Sachanlagevermögens.

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2. Ziele der Rechnungslegungssysteme: HGB und IFRS


2.1 Ziele eines HGB-Jahresabschlusses
Das HGB nennt keine Ziele eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses.
Es findet sich lediglich die Aussage, dass der Jahresabschluss einer Kapi-
talgesellschaft ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild
der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermitteln soll, § 264 Abs.2
HGB.

Der Jahresabschluss nach HGB erfüllt folgende Zwecke:


Zwecke des HGB-
→ Grundlage für die Dividendenausschüttung bei Kapitalgesellschaften Jahresabschlusses
→ Grundlage für die Erstellung der Steuerbilanz
→ Grundlage für das Kreditrating der Banken
→ Grundlage für die Entscheidungen von Investoren

2.2 Ziele eines IFRS-Einzelabschlusses


Die IFRS formulieren in den Rahmengrundsätzen (framework) das Ziel
Zweck des IFRS
eines IFRS-Abschlusses, (Framework 12) : „ Die Zielsetzung von Ab-
Abschlusses
schlüssen ist es, Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertrags-
lage sowie Veränderungen in der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
eines Unternehmens zu geben, die für einen weiten Adressatenkreis (In-
vestoren etc.) bei dessen wirtschaftlichen Entscheidungen nützlich sind.
Das bedeutet, dass die Informationsfunktion des IFRS Abschlusses im
Vordergrund steht. Der IFRS-Abschluss soll dem Bilanzleser entschei-
dungsrelevante Informationen (decision usefulness) liefern.

Bedeutung des IFRS-Einzelabschlusses in Deutschland:

→ Informationsfunktion für die Bilanzleser, um wirtschaftliche Entschei-


Unterschiedliche
dungen treffen zu können
Bedeutung des
→ Bei Konzernzugehörigkeit: Basis für die Erstellung des Konzernab-
IFRS-Abschlusses
schlusses
in den Ländern
→ Wahlrecht für die Offenlegung bei Kapitalgesellschaften, § 325 Abs.2a
HGB

Bedeutung des IFRS-Einzelabschlusses in anderen Ländern:


→ Grundlage für die Ausschüttungsbemessung: Bulgarien, Zypern,
Tschechien, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei,
Slowenien
→ Grundlage für die Besteuerung: Griechenland, Litauen, Lettland, Slo-
wenien, Spanien, Ungarn, Zypern, Belgien

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3 Bestandteile des Jahresabschlusses nach HGB und IFRS


3.1 Bestandteile eines Jahresabschlusses nach HGB

Der Umfang der Abschlussbestandteile nach HGB hängt von der Rechts-
form ab.

Einzelkaufleute und Personengesellschaften (mit Ausnahme GmbH &


Co KG nach § 264 a HGB):

→ Bilanz
→ GuV

Nichtkapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften und GmbH & Co


Umfang der Ab-
KG nach § 264a HGB:
schlussbestand-
teile ist im HGB
→ Bilanz
von der Rechts-
→ GuV form abhängig
→ Anhang

Daneben ist ein Lagebericht zu erstellen.

Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, § 264d HGB:

→ Bilanz
→ GuV
→ Anhang
→ Kapitalflussrechnung
→ Eigenkapitalspiegel
→ Wahlrecht für die Aufstellung eines Segmentberichts

Daneben ist ein Lagebericht zu erstellen.

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Der Umfang der Abschlussbestandteile hängt von der Rechtsform


ab!
Umfang der Abschlussbestandteile hängt von der Rechtsform ab

Einzelkaufleute, PG Kapitalgesellschaften Kapitalmarkt- orientierte


(nicht Kapitalmarkt- Kapitalgesellschaften
 Bilanz
orientiert) + GmbH & (§264d HGB)
 GuV Co KG (§264a HGB)
 Bilanz
Abschließendes
 Bilanz
 G+V Schaubild zum
 G+V
 Anhang HGB
 Anhang
 Kapitalflussrechnung
 Eigenkapitalspiegel
Daneben:
 Wahlrecht:
Lagebericht
Segmentbericht
Daneben Lagebericht

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3.2 Bestandteile eines Einzelabschlusses nach IFRS

Die Abschlussbestandteile für einen IFRS-Abschluss sind in IAS 1.10 ge-


regelt. Nachfolgende Übersicht zeigt die Pflichtbestandteile eines IFRS-
Abschlusses auf.

Abschlussbestandteile nach IFRS


Jahresabschluss nach IFRS

▪ „statement of financial position“ (Bilanz)

▪ „statement of comprehensive income“ (Gesamtergebnisrechnung)

▪ „statement of cash flows“ (Kapitalflussrechnung)

▪ statement of changes in equity Umfangreichere


(Eigenkapitalveränderungsrechnung)
Bestandteile eines
▪ notes and other statements Abschlusses nach
(Anhang und weitere Aufstellungen)
IFRS
▪ Segmentbericht
bei Kapitalmarktorientierung
▪ Ergebnis je Aktie

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Ein Segmentbericht muss lediglich erstellt werden, wenn Kapitalmarktori-


entierung vorliegt, IFRS 8.2. Das Gleiche gilt für den Ausweis des Ergeb-
nisses pro Aktie, IAS 33.2

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Der Lagebericht ist kein Pflichtbestandteil eines IFRS Abschlusses. Je-


doch wird die Aufstellung eines Lageberichts empfohlen, IAS 1.13

Beachten Sie: Für den Fall, dass ein IFRS-Konzernabschluss erstellt


wird, muss ein Konzernlagebericht erstellt werden, wenn das Mutterunter-
nehmen in Deutschland sitzt, § 315e HGB.

Weitere Rechnungslegungsinstrumente: Anlagespiegel

Kapitalgesellschaften müssen nach HGB einen Anlagespiegel erstellen, §


268 Abs.2 HGB. Nach IFRS ist die Aufstellung eines Anlagespiegels
rechtsformunabhängig ebenfalls vorgeschrieben, IAS 16.73.

4. Größenabhängige Befreiungen

Im HGB existieren größenabhängige Befreiungen. § 267 HGB unterschei-


det in die Größenklassen „klein“, „mittelgroß“ und „groß“. Das HGB kennt
größenabhängige Erleichterungen wie zum Beispiel:

→ Verlängerte Erstellungsfristen, § 264 Abs.1 Satz 4, § 267 Abs.1 HGB


→ Verzicht auf bestimmte Anhangangaben, § 274a HGB
→ Erleichterungen hinsichtlich der Offenlegung und Prüfung (§§ 326, 327 Größenabhängige
HGB) Befreiungen im
→ Verzicht auf die Erstellung eines Lageberichts (§ 264 Abs.1 Satz 4 HGB
HGB)
→ Etc.

Die IFRS kennen keine größenabhängige Befreiung. Verschärfte Anforde-


rungen gelten dann, wenn Unternehmen kapitalmarktorientiert sind. So Die IFRS kennen
müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen zum Beispiel einen Seg- keine größenab-
hängigen Befrei-
mentbericht erstellen und das Ergebnis je Aktie ausweisen.
ungen

Eine Erleichterung sehen die IFRS lediglich für kleinere und mittlere Un-
ternehmen vor. Das IASB hat am 9.7.2009 einen Standard für kleinere
und mittlere Unternehmen veröffentlicht („IFRS for SME“) mit dem Ziel
kleineren und mittleren Unternehmen eine Alternative zu den „full IFRS“ zu
geben. In Deutschland ist der IFRS for SME mit befreiender Wirkung für
andere bilanzrechtliche Vorschriften nicht anwendbar. Das bedeutet, dass
es für die betroffenen Unternehmen nicht möglich ist, an Stelle eines HGB
Abschlusses oder eines „full-EU-IFRS-Abschlusses“ den IFRS for SME
anzuwenden.

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Selbstverständlich können deutsche Unternehmen neben dem HGB Ab-


schluss einen Abschluss nach dem IFRS for SME aufstellen. Allerdings
hat dieser Abschluss – wie eben ausgeführt – keine Befreiungsmöglich-
keit. Die Bedeutung des IFRS for SME ist deshalb gering.

Stattdessen hat sich die EU dafür entschieden, die vierte und siebte EG-
Richtlinie zu überarbeiten und für „micro entities“ Erleichterungen vorzu-
sehen. Dazu zählt auch das in Deutschland verabschiedete MicroBilG,
welches Erleichterungen für Kleinstkapitalgesellschaften, insbesondere in
Bezug auf die HGB-Vorschriften vorsieht. Dies soll jedoch an dieser Stelle
nicht weiter ausgeführt werden.

5. Vorteile der IFRS gegenüber nationalen Regelungen


Ein wesentlicher Vorteil der IFRS ist die weltweite Vergleichbarkeit von
Abschlüssen.

Beispiel:
Beabsichtigt ein deutsches Unternehmen in China einen Kredit aufzuneh-
men, werden die Kapitalgeber den Kredit auf Basis der HGB- Internationale
Rechnungslegung nicht gewähren. Der IFRS Abschluss ist dagegen inter- Vergleichbarkeit
national „lesbar“ und bietet den Vorteil der Vergleichbarkeit. Für den Fall,
dass ein Konzernabschluss zu erstellen ist, führen die IFRS zur Kosten-
senkung. Denn es entfallen umfangreiche Anpassungsmaßnahmen vom
nationalen Rechnungslegungssystem des Einzelabschlusses an das
Rechnungslegungssystem des Konzernabschlusses.

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6. Kurzer historischer Abriss: EU-Verordnung aus dem


Jahr 2002

Die EU hat im Jahr 2002 allen Mitgliedsstaaten einheitliche Regelungen


für die Umsetzung der IFRS-Bilanzierung vorgeschrieben:

Vorschriften der EU-Verordnung für die EU-Mitgliedsstaaten


EU-Verordnung

In bestimmten
Einzelabschluss Konzernabschluss Fällen Wahlrecht
für die Mitglieds-
kapitalmarkt- und nicht nicht staaten zur Um-
kapitalmarktorientiert
kapitalmarktorientiert kapitalmarktorientiert setzung ins natio-
nale Recht
IFRS
HGB und/ HGB und/
oder IFRS oder IFRS

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Aus dem Schaubild ergeben sich für die einzelnen Mitgliedsstaaten Wahl-
rechte. Die Ausübung der Wahlrechte findet sich in § 315a HGB.

Die Umsetzung der EU-Verordnung in das HGB sieht wie folgt aus:

→ Kapitalmarktorientierte Konzerne müssen seit dem 1.1.2005 ihren Pflicht zu IFRS


Konzernabschluss nach IFRS erstellen. Die Erstellung und Veröffentli-
chung eines HGB-Konzernabschlusses ist für diese Konzerne nicht
mehr zulässig. Kapitalmarktorientiert bedeutet, dass der Konzern ent-
weder Aktien oder Anleihen emittiert, die gehandelt werden
Wahlrecht zwi-
→ Nichtkapitalmarktorientierte Konzerne können nach § 315e Abs.3 schen HGB und
HGB zwischen der Erstellung eines HGB-Konzernabschlusses und IFRS
IFRS-Konzernabschlusses wählen.
→ Nicht konzernzugehörige kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften
erstellen aufgrund von Listing-Regelungen einen IFRS-Abschluss.
→ Kapitalgesellschaften können wählen, ob sie einen HGB Abschluss
oder IFRS Abschluss im elektronischen Handelsregister offen legen.

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7. Endorsement

Die IFRS werden durch das IASB verabschiedet. Mit der Verabschiedung EU-
haben die IFRS noch keinen Eingang in das EU-Recht gefunden. Ein Übernahmever-
förmliches Übernahmeverfahren („Endorsement“) führt dazu, dass die fahren notwendig
IFRS verpflichtend von den EU-Mitgliedsstaaten anzuwenden sind. Es ist
Aufgabe der EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) mit
Sitz in Brüssel Übernahmeempfehlungen für neue IFRS und IFRICS her-
auszugeben. Den Stand des Endorsementverfahrens finden Sie in nach-
folgemden Link:

http://www.drsc.de/service/docs/index.php?ixdox_do=index&type_id=6&ca
t_id=23

Zur Sicherstellung eines einwandfreien Funktionierens des Kapitalmarktes


gibt es in Deutschland seit 2005 die Deutsche Prüfstelle für Rechnungsle- DPR: Prüfstelle in
gung (DPR). Sie hat die Aufgabe über Stichproben und anlassbezogene Deutschland
Prüfungen die Rechnungslegung kapitalmarktorientierter Unternehmen zu
prüfen, § 342b HGB. Die Prüfstelle berichtet der Bundesanstalt für Fi-
nanzdienstleistungsaufsicht. Festgestellte Fehler sind im elektronischen
Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

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8. Die IFRS und die Bedeutung der US-GAAP

Die IFRS werden vom IASB (International Accounting Standards Board)


herausgegeben. Trägerverein des IASB ist das International Accounting
Standards Committee (IASC).

Die Bezeichnung der Standards hat sich in den letzten Jahren geändert.
Verabschiedet das IASB einen neuen Standard, wird der Standard als Änderung der
„IFRS“ (International Financial Reporting Standard) bezeichnet. Ältere Bezeichnung
Standards sind durch die Abkürzung IAS (International Accounting Stan-
dard) gekennzeichnet. Das IASB unterzieht bestehende Standards häufig
einer Prüfung, um die Vorschriften zur bilanziellen Abbildung zu verbes-
sern.

Das FASB (Financial Accounting Standards Board) ist zuständig für die US-
Herausgabe der US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles). Rechnungsle-
gungsvorschriften
Die US-GAAP und die IFRS haben sich in den letzten drei Jahren stark
angepasst. Beide Boards, das IASB und das FASB führen die Weiterent-
wicklung der Internationalen Rechnungslegung durch gemeinsame Projek-
te durch. Die Standards, die das FASB herausgibt, werden als Statement
of Financial Accounting Standards (SFAS) bezeichnet.

Bedeutung der US-GAAP:


Die IFRS regeln derzeit noch nicht alle bilanziellen Sachverhalte. Existiert
kein IFRS bzw. IFRIC, wird in der Praxis auf bestehende US-GAAP-
Regeln zurückgegriffen.

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Aufbau der IFRS-Regelungen:

Die IFRS bilden ein geschlossenes System. Die Konzeption sieht wie folgt
aus:

House of IFRS

IFRIC/ SIC
Schließen Lücken
In den IFRS z.B, Aufbau der IFRS
IFRIC 1: Rückbauverpflichtung

17 IFRS 41 IAS
z.B.
IAS 37: Rückstellungen
IFRS 3: Unternehmenserwerb
--------------------------
IFRS Framework
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Die Vorgehensweise in der Praxis sieht wie folgt aus:


Vorgehensweise
→ Erfassung der bilanziellen Problematik in der Praxis
→ Erkennen des einschlägigen IAS/IFRS bzw. des IFRIC

Das Rahmenkonzept beinhaltet im Wesentlichen die GoB nach IFRS, die


Zielsetzung von Abschlüssen und die Definition der Abschlussposten.

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9. Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung nach IFRS

Die GOB nach IFRS finden sich zum einen im Framework (F.) und zum
anderen im IAS 1.

Die GoB nach IFRS entsprechen im Wesentlichen den GoB nach HGB.
Ein wesentlicher Unterschied liegt jedoch in der Gewichtung der einzelnen Grundlagen der
Bilanzierungsprinzipien. Zu den GoB (Beispiele) nach IFRS gehören: IFRS Standards

→ Grundsatz der getreuen Darstellung (fair presentation), IAS 1.15


→ Entscheidungsnützliche Informationen liefern (decision usefulness),
IAS 1.9
→ Prinzip der Periodenabgrenzung (accrual principle), F. Kapitel 1, OB
17 oder F.22, IAS 1.27
→ Vorsichtsprinzip, F. Kapitel 4, 4.15 oder F.37
→ Realisationsprinzip, insbesondere die Umsetzung in IAS 11 und IAS
18, F. Kapitel 4, 4.25 oder F.92
→ Zurechnung der Erträge zu den zugehörigen Aufwendungen (matching
principle), Kapitel 4, 4.50 oder F.95
→ Vergleichbarkeit (comparability), F. Kapitel 2, QC 20 oder F.39, IAS
1.45
→ Wesentlichkeit (materiality), F. Kapitel 1, QC 11 oder F.29

Grundsatz der getreuen Darstellung, IAS 1.15:


Nach IAS 1.15 haben Abschlüsse die Vermögens-, Finanz- und Ertragsla- Getreue Darstel-
ge sowie die Cash-flows eines Unternehmens den tatsächlichen Verhält- lung
nissen entsprechend darzustellen. Allerdings ist im Gegensatz zum HGB
nach IAS 1.20-1.23 in äußerst seltenen Fällen und nur mit entsprechender
Begründung eine Abweichung von den Einzelvorschriften der Standards
möglich.

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Entscheidungsnützliche Informationen, IAS 1.9:


Es ist Ziel eines IFRS-Abschlusses, Informationen über die Vermögens-
und Finanzlage, die Ertragslage und die Mittelzu- und –abflüsse eines Un- Entscheidungs-
ternehmens bereitzustellen, die für eine breite Palette von Adressaten nützliche Informa-
nützlich sind, um wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Um diese Ziel- tionen
setzung zu erfüllen, stellt ein Abschluss folgende Informationen zur Verfü-
gung:

→ Vermögenswerte
→ Schulden
→ Eigenkapital
→ Erträge und Aufwendungen, einschl. Gewinne und Verluste
→ Mittelzu- und –abflüsse eines Unternehmens

Prinzip der Periodenabgrenzung, F. Kapitel 1, OB 17,F.22, IAS 1.27:


Die Bilanzierungsvorschriften der IFRS orientieren sich streng am Prinzip Periodenabgren-
der Periodenabgrenzung. Ein- und Auszahlungen sind nicht im Zeitpunkt zung
ihres Zu- und Abflusses erfolgswirksam zu verrechnen, sondern werden
den Perioden zugeordnet, zu denen sie wirtschaftlich gehören:

„Damit die Abschlüsse ihren Zielen gerecht werden, werden sie nach dem
Konzept der Periodenabgrenzung aufgestellt. Gemäß diesem Konzept
werden die Auswirkungen von Geschäftsvorfällen und anderen Ereignis-
sen erfasst, wenn sie auftreten (und nicht wenn ein Zahlungsmittel oder
ein Zahlungsmitteläquivalent eingeht oder bezahlt wird). Sie werden in der
Periode in der Buchhaltung erfasst und im Abschluss der Periode ausge-
wiesen, der sie zuzurechnen sind. Abschlüsse, die nach dem Konzept der
Periodenabgrenzung erstellt sind, bieten den Adressaten nicht nur Infor-
mation über vergangene Geschäftsvorfälle einschließlich geleisteter und
erhaltener Zahlungen, sondern sie informieren auch über künftige Zah-
lungsverpflichtungen sowie Ressourcen, die in der Zukunft zu Zahlungs-
mittelzuflüssen führen.“

Das Prinzip der Periodenabgrenzung findet sich zum Beispiel in:


Beispiele

→ Abgrenzung von Leasingsonderzahlungen im Rahmen des operate


lease
→ Zeitraumbezogene Erlösrealisation aus Kundenverträgen nach
IFRS 15
→ usw.

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Prinzip der Vorsicht, F. Kapitel 2, QC 20, F.37:


Die IFRS kennen auch das Vorsichtsprinzip. Im Gegensatz zum HGB gibt
es jedoch keine Dominanz des Vorsichtsprinzips:

„Die mit der Aufstellung des Abschlusses befassten Personen müssen


sich allerdings mit den Ungewissheiten auseinandersetzen, die mit vielen
Ereignissen und Umständen unvermeidlich verbunden sind, beispielswei- Vorsichtsprinzip
se mit der Wahrscheinlichkeit, zweifelhafte Forderungen einzutreiben, der
voraussichtlichen Nutzungsdauer von technischen Anlagen und Betriebs-
und Geschäftsausstattung sowie der Zahl von Garantieansprüchen, die
auftreten können. Solchen Ungewissheiten wird durch die Angabe ihrer
Art und ihres Umfanges sowie dadurch Rechnung getragen, dass bei der
Aufstellung des Abschlusses die Vorsicht berücksichtigt wird. Vorsicht be-
deutet, dass ein gewisses Maß an Sorgfalt bei der Ermessensausübung,
die für die erforderlichen Schätzungen unter gewissen Umständen erfor-
derlich ist, einbezogen wird, sodass Vermögenswerte oder Erträge nicht
zu hoch und Schulden oder Aufwendungen nicht zu niedrig angesetzt
werden. Allerdings gestattet eine vorsichtige Vorgehensweise beispiels-
weise nicht, stille Reserven zu legen oder Rückstellungen überzubewer-
ten, den bewusst zu niedrigen Ansatz von Vermögenswerten oder Erträ-
gen oder den bewusst zu hohen Ansatz von Schulden oder Aufwendun-
gen, da der Abschluss dann nicht neutral wäre und deshalb das Kriterium
der Zuverlässigkeit nicht erfüllen würde.

Beispiel für die unterschiedliche Gewichtung des Vorsichtsprinzips


nach HGB und IFRS:

Die Z-AG wird von einem Kunden verklagt. Der Rechtsanwalt gibt an, dass Unterschiedliche
die Z-AG zu 50% mit 200.000 € in Anspruch genommen wird und zu 50% Ausprägung im
mit 400.000 €. Wie ist der Vorgang nach HGB und IFRS abzubilden? HGB und IFRS

Lösung:
Nach HGB ist eine Rückstellung in Höhe von 400.000 € zu bilden, § 249
Abs.1 HGB, Dominanz des Vorsichtsprinzips.

Nach IFRS ist eine Rückstellung in Höhe von 300.000 € zu bilden, da die
Werte gleichwahrscheinlich sind und der Erwartungswert anzusetzen ist.

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Realisationsprinzip, F. Kapitel 4, 4.25, F.92:


Erträge werden in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst, wenn es zu
einer Zunahme des künftigen wirtschaftlichen Nutzens in Verbindung mit
einer Zunahme bei einem Vermögenswert oder einer Abnahme bei einer Wann sind Ge-
Schuld gekommen ist, die verlässlich bewertet werden kann. Dies bedeu- winne bzw. Ver-
tet letztlich, dass mit der Erfassung von Erträgen gleichzeitig die Erfas- luste realisiert?
sung einer Zunahme bei den Vermögenswerten oder einer Abnahme bei
den Schulden verbunden ist (beispielsweise die Nettozunahme der Ver-
mögenswerte beim Verkauf von Gütern oder Dienstleistungen oder die
Abnahme der Schulden durch den Verzicht auf eine zu zahlende Verbind-
lichkeit),F.92.

Die Umsetzung des Realisationsprinzips findet sich insbesondere im


Standard IAS 18, welcher die Frage regelt, wann ein Ertrag in der Ge-
samtergebnisrechnung zu erfassen ist. Realisationszeitpunkt ist der Lie-
ferzeitpunkt. Ab 1.1.2018 wird IAS 18 durch IFRS 15 ersetzt. Das Endor-
sement von IFRS 15 ist bereits erfolgt.

Zurechnung der Erträge zu den zugehörigen Aufwendungen, F.95


Nach dem „matching principle“ sind Erträgen die zugehörigen Aufwendun- „matching princip-
gen zuzurechnen. Dieser Grundsatz zeigt sich zum Beispiel im Rahmen le“
der Teilgewinnrealisationsmethode. Die Auftragserlöse müssen den zuge-
hörigen Auftragskosten gegenübergestellt werden.

Vergleichbarkeit (comparability), F. Kapitel 2, QC 20, F.39:


„Es muss den Adressaten möglich sein, die Abschlüsse eines Unterneh-
mens über die Zeit hinweg zu vergleichen, damit sie Tendenzen in seiner
Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erkennen können. Die Adressaten
müssen ebenfalls die Abschlüsse verschiedener Unternehmen vergleichen
können, damit sie deren jeweilige Vermögens-, Finanz- und Ertragslage
sowie Veränderungen in deren Vermögens- und Finanzlage beurteilen
können. Daher müssen die Bewertung und Darstellung der ökonomischen
Vergleichbarkeit
Auswirkungen ähnlicher Geschäftsvorfälle und anderer Ereignisse inner-
halb eines Unternehmens und für dieses über die Zeit hinweg sowie für
verschiedene Unternehmen stetig vorgenommen werden.“

Die IFRS fordern in der Regel die Angabe der Vorjahreszahlen, um die
Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Die Vergleichbarkeit umfasst sowohl
die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit als auch die Ansatz- und Bewer-
tungsstetigkeit.

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Wesentlichkeit (materiality), F. Kapitel 1, QC 11, F29:


„Die Relevanz einer Information wird durch ihre Art und Wesentlichkeit
bedingt. In einigen Fällen reicht allein die Art der Information für die Be-
stimmung ihrer Relevanz aus. So kann beispielsweise die Berichterstat-
Wesentlichkeit
tung über ein neues Segment die Beurteilung der Risiken und Chancen für
das Unternehmen beeinflussen, und zwar unabhängig von der Wesent-
lichkeit der vom neuen Segment in der Berichtsperiode erzielten Ergebnis-
se. In anderen Fällen sind sowohl Art als auch Wesentlichkeit von Bedeu-
tung, beispielsweise bei Vorräten in jeder der Hauptkategorien, die für das
Geschäft angemessen sind.“

Eine Information ist wesentlich, wenn ihr Weglassen oder ihre fehlerhafte
Darstellung die auf Basis des Abschlusses getroffenen wirtschaftlichen
Entscheidungen der Adressaten (Investoren) beeinflussen können.

10. Bilanzposten eines IFRS-Abschlusses


10.1 Vermögenswert (asset)

Ein Vermögenswert ist eine in der Verfügungsmacht des Unternehmens Definition eines
stehende Ressource, die ein Ergebnis von Ereignissen aus der Vergan- assets
genheit darstellt und von der erwartet wird, dass dem Unternehmen aus
ihr ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen zufließt, F. Kapitel 4 4.8, F.49a.
Ein Vermögenswert ist in der Bilanz zu aktivieren, wenn

→ es wahrscheinlich ist, dass der künftige wirtschaftliche Nutzen dem


Unternehmen zufließen wird,
→ die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder ein anderer Wert zu-
verlässig ermittelt werden können.

Beispiel:
Die Z-AG lässt eine Fertigungstechnologie patentieren. Die Patentkosten
belaufen sich auf 50.000 €, Entwicklungskosten sollen vernachlässigt
werden. Klären Sie den Sachverhalt nach HGB und IFRS.

IFRS:
Das Patent stellt nach IFRS ein Vermögenswert dar. Es handelt sich um Pflicht
ein Ereignis aus der Vergangenheit, die zukünftig zu einem wirtschaftli-
chen Nutzen führt. Das Patent muss nach IFRS aktiviert werden. Die ent-
sprechende Regelung findet sich in IAS 38.

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HGB:
Das Patent stellt einen Vermögensgegenstand dar. Es besteht ein Wahl-
recht, das Patent in der HGB-Bilanz zu aktivieren, § 248 Abs.2 Satz 1
Wahlrecht
HGB.

10.2 Schulden (liability)

Eine Schuld ist eine gegenwärtige Verpflichtung des Unternehmens aus Definition einer
vergangenen Ereignissen, von deren Erfüllung erwartet wird, dass aus liability
dem Unternehmen Ressourcen abfließen, die wirtschaftlichen Nutzen ver-
körpern. (F. Kapitel 4 4.15, F49). Eine Schuld ist in der Bilanz zu passivie-
ren, wenn

→ es sich um eine gegenwärtige Verpflichtung handelt


→ die Schuld gegenüber Dritten besteht
→ es wahrscheinlich ist, dass ein Abfluss von Ressourcen stattfindet

Unter den Schuldbegriff fallen in der Praxis Verbindlichkeiten und Rück-


stellungen.

10.3 Das Eigenkapital (equity)


Das Eigenkapital ergibt sich rechnerisch – analog zum HGB – aus Vermö- Definition Eigen-
genswerten abzüglich Schulden. Wie noch zu zeigen sein wird, besteht kapital
jedoch ein wesentlicher Unterschied zum HGB, da der Ansatz und die
Bewertung von Schulden vom HGB erheblich abweicht.

10.4 Erträge und Aufwendungen (Revenues and Expenses)

Unter den Begriff „revenues“ fallen Erträge aus der gewöhnlichen Ge-
schäftstätigkeit wie zum Beispiel Umsatzerlöse, Dienstleistungsentgelte, Gesamtergebnis-
Mieten, Lizenzerträge. Dagegen stellen Erträge aus Wertsteigerungen von rechnung
Vermögenswerten „gains“ dar.

Unter den Begriff „expenses“ fallen Aufwendungen aus der gewöhnlichen


Geschäftstätigkeit wie zum Beispiel Löhne, Gehälter, Abschreibungen und
Umsatzkosten. Dagegen stellen Verluste aus dem Abgang von assets o-
der Aufwand aus Naturkatastrophen „losses“ dar.

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10.5. Weitere Bilanzposten

Steuermindernde Rücklagen:
Steuerlich ist es zum Beispiel möglich, aufgedeckte stille Reserven aus
In den IFRS exis-
einem Grundstücksverkauf in eine 6b-Rücklage einzubuchen und einen
tieren keine steu-
Steuerstundungseffekt zu erreichen.
erlichen Posten

Weder nach IFRS noch nach HGB neuer Fassung ist es möglich, einen
Sonderposten mit Rücklageanteil zu bilden. Die handelsrechtlichen Bilan-
zen sind „frei“ von steuerlichen Einflüssen.

Beispiel:
Die X-GmbH erwirbt zum 1.1.01 eine Maschine zu Anschaffungskosten
von 100.000 €. Die Maschine wird in der Steuerbilanz zutreffend mit 25%
planmäßig (Afa-tabelle!) abgeschrieben. Daneben nutzt die X-GmbH in
der Steuerbilanz eine Sonderabschreibung von 20%, die sie über einen
Sonderposten mit Rücklageanteil einbucht. Wie ist der Sachverhalt nach
HGB und IFRS zu behandeln?
Hinweis: Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Maschine beträgt 6
Jahre.

Lösung:
Die Maschine ist nach IAS 16.43 planmäßig nach der betriebsgewöhnli-
chen Nutzungsdauer abzuschreiben. Analog vollzieht sich die Abschrei-
bung nach HGB nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 6
Jahren, § 253 Abs.3 Satz 1 und 2 HGB. Die Bildung eines Sonderpostens
mit Rücklageanteil ist nach IFRS und HGB verboten.

Rechnungsabgrenzungsposten: In den IFRS exis-


Wie bereits ausgeführt, müssen nach IFRS notwendige Abgrenzungen tiert kein ARAP –
vorgenommen werden. Jedoch werden die Abgrenzungen nicht als ARAP PRAP. Eine Perio-
und PRAP ausgewiesen. Der Ausweis erfolgt unter „sonstige Vermögen- denabgrenzung
führt zu den Pos-
werte“ oder „übrige Schulden.“
ten „sonstige
Vermögenswerte“
und „sonstige
Verbindlichkeit“

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Beispiel:
Die Z-AG hat im Jahr 01 von ihrem Mieter Miete in Höhe von 12.000 € für
das Jahr 02 im Voraus erhalten. Buchung nach HGB und IFRS.

IFRS 01:
Bank an Mietertrag 12.000 €
Mietertrag an sonstige Verbindlichkeiten 12.000 €

Hinweis: Im HGB findet sich anstelle der sonstigen Verbindlichkeit ein


PRAP.

IFRS 02:
Sonstige Verbindlichkeiten an Mietertrag 12.000 €

10.6 Bilanzaufbau

Die IFRS Bilanz ist grundsätzlich nach der Fristigkeit zu gliedern. Des-
halb sind zu unterscheiden:
Bilanzgliederung
→ Langfristige Vermögenswerte nach der Fristig-
→ Kurzfristige Vermögenswerte keit
→ Langfristige Schulden
→ Kurzfristige Schulden

Ein Vermögenswert ist als kurzfristig zu klassifizieren, wenn (IAS 1.66)

→ zu erwarten ist, dass dieser im Rahmen des normalen Verlaufs des


Geschäftszyklus realisiert, gehalten oder verbraucht wird,
→ Dieser in erster Linie Handelszwecken dient,
→ zu erwarten ist, dass dieser innerhalb von zwölf Monaten nach dem
Bilanzstichtag realisiert wird.

Alle anderen Vermögenswerte sind als langfristig zu klassifizieren.

Klassische Beispiele für kurzfristige Vermögenswerte:

→ Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe


→ Waren
→ Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

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Eine Schuld ist als kurzfristig zu klassifizieren, wenn (IAS 1.69) Kurzfristig

→ sie erwartungsgemäß innerhalb des normalen Verlaufs des Ge-


schäftszyklus getilgt wird
→ sie innerhalb von zwölf Monaten nach dem Bilanzstichtag zur Tilgung
fällig wird
→ das Unternehmen kein unbedingtes Recht hat, die Fälligkeit auf einen
Zeitpunkt später als zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag zu ver-
schieben

Alle anderen Schulden sind als langfristig einzustufen Langfristig

Klassische Beispiele für kurzfristige Verbindlichkeiten:

→ Verbindlichkeit aus Lieferungen und Leistungen


→ Kontokorrentkredit
→ Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt
→ Urlaubsrückstellungen

Beachten Sie zum Schuldausweis:

Eine grundsätzlich langfristige Schuld kann im Zeitablauf vollständig oder Umwidmung


teilweise zu einer kurzfristigen Schuld werden. Maßgeblich sind die Ver-
hältnisse am Bilanzstichtag, IAS 1.72

Beispiel: Beispiel
Die Z-AG hat zum 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 100.000 € aufgenom-
men. Das Darlehen ist in einer Summe komplett zum 31.12.05 zurückzu-
zahlen. Wie ist das Darlehen zum 31.12.04 in der IFRS Bilanz auszuwei-
sen?

Lösung:
Das Darlehen ist zum 31.12.04 von einer langfristigen Schuld in eine kurz-
fristige Schuld umzuwidmen, da das Darlehen ab dem 31.12.04 innerhalb
von 12 Monaten fällig wird.

Es kann auch der Fall eintreten, dass nur ein Teil der Schuld umzugliedern
ist. So sind zum Beispiel Verbindlichkeiten aus Finanzierungs-
Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer nach IFRS 16 in einer kurzfris-
tigen und langfristigen Teil aufzuspalten.

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Bilanz nach IFRS:

02 01

Vermögenswerte (assets)

Langfristige Vermögenswerte (non current assets) X X

immaterielle Vermögenswerte (intangible assets) X X

Biologische Vermögenswerte (biological assets) X X

Sachanlagen (property, plant, equipment) X X

als Finanzinvestitionen gehaltene Immobilie (investment properties) X X

at-equity-Beteiligung (at-equity investments) X X

sonstige Finanzanlagen (other non current financial assets) X X

latente Steuern (deferred tax assets) X X

Summe langfristige Vermögenswerte X X

kurzfristige Vermögenswerte (current assets)

Vorräte (inventories) X X

Forderungen LuL (trade receivables) X X

sonstige kurzfristige finanzielle Vermögenswerte X X

(other current financial assets)

Steuerforderungen (current tax assets) X X

sonstige nicht-finanzielle Vermögenswerte X X

(other non-financial assets)

Zahlungsmittel (cash and cash equivalents) X X

Zwischensumme kurzfristige Vermögenswerte X X

zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte

(assets held for sale) X X

Summe kurzfristige Vermögenswerte X X

Bilanzsumme X X

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02 01

Eigenkapital und Schulden (equity and liabilities)

Eigenkapital und Rücklagen (capital and reserves) X X

eingezahltes Kapital (issued capital) X X

Kapitalrücklage (capital reserves)

Gewinnrücklagen (revenue reserves)

eigene Anteile (treasury shares)

Minderheitsanteile (minority interest) X X

Summe Eigenkapital X X

Langfristige Schulden (non current liabilities)


langfristige finanzielle Verbindlichkeiten X X

(non current financial liabilities)

langfristige Rückstellungen (non current provisions) X X

latente Steuern (deferred tax liabilities) X X

Summe langfristige Schulden X X

Kurzfristige Schulden (current liabilities)

kurzfristige Verbindlichkeiten LuL und sonstige X X

(trade and other payables)

übrige kurzfristige finanzielle Verbindlichkeiten X X

(other current financial liabilities)

kurzfristige Rückstellungen (current provisions) X X

Steuerschulden (current tax liabilities) X X

Zwischensumme kurzfristige Schulden X X

Schulden im Zusammenhang mit zur Veräußerung gehaltenen

langfristigen Vermögenswerten

(liabilities associated with assets held for sale) X X

Summe kurzfristige Schulden X X

Summe Schulden X X

Bilanzsumme X X
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10.7 GuV (HGB) – Gesamtergebnisrechnung (IFRS)

Die Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB und die Gesamtergebnis-


rechnung nach IFRS sind formell und inhaltlich völlig unterschiedlich.

a) Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB


Die GuV hat die Funktion die Entstehung des Jahresergebnisses aus den
einzelnen Erfolgsquellen zu zeigen, um einen Einblick in die Ertragslage
des Unternehmens zu ermöglichen. Die GuV ist in Staffelform nach dem Erfolgsquellen
Gesamtkostenverfahren oder Umsatzkostenverfahren aufzustellen.

Im Rahmen der GuV kann durch die Bildung verschiedener Zwischen-


summen der Erfolg genau analysiert werden.

Von Bedeutung sind hierbei die Größen:

− Rohergebnis (Verkaufspreis – Einkaufspreis)


− Betriebsergebnis (eigentliche betriebliche Tätigkeit: Umsatzerlöse, Ma- Ausweis von
terialaufwendungen, Abschreibungen, Personalaufwand etc.) Zwischenergeb-
− Finanzergebnis (Zinserträge, Beteiligungserträge Dividenden, Zinsauf- nissen
wendungen)
− Ergebnis vor- und nach Steuern

Wichtiger Hinweis: Durch das Bilanzrichtlinienumsetzungsgesetz entfällt


ein separater Ausweis des außerordentlichen Ergebnisses in der GuV ab
2016. Allerdings sind Erträge und Aufwendungen von außergewöhnlicher
Bedeutung im Anhang zu erläutern, § 285 Nr.31 HGB. Es handelt sich
hierbei um eine Anpassung an die IFRS. Demzufolge entfällt auch ein
Ausweis der „gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“. Zusätzlich muss das Er-
gebnis nach Steuern in der GuV ausgewiesen werden, § 275 Abs.2 Nr.15
für das Gesamtkostenverfahren.

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IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Wesentlich ist, dass bezüglich des Jahresergebnisses eine Erfolgsspal-


tung in mindestens folgende Komponenten vorgenommen wird:

Jahresergebnis

Spaltung des
Jahresergebnisses
Betriebsergebnis Finanzergebnis Ergebnis vor- und
nach Steuern

Nach dem HGB besteht ein Wahlrecht, die Gewinn- und Verlustrechnung
nach dem Gesamtkostenverfahren oder dem Umsatzkostenverfahren aus-
zuweisen.

Das Gesamtkostenverfahren (§ 275 Abs.2 HGB) weist den Aufwand


nach Aufwandsarten und zwar unabhängig davon aus, ob die im Ge-
Aufwandsarten
schäftsjahr hergestellten Produkte am Markt abgesetzt worden sind oder
nicht. Die Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Ge-
samtkostenverfahren ist in Deutschland die übliche Praxis.

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IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über eine detaillierte Ergeb-


nisspaltung unter Anwendung des Gesamtkostenverfahrens
1. Umsatzerlöse
2. +/- Erhöhung oder Verminderung des Bestands an FE und UFE
3. + Andere aktivierte Eigenleistungen
Gesamtleistung (Saldo1-3)
4. Sonstige betriebliche Erträge
5. ./. Materialaufwand
Rohergebnis (Saldo 1-5)
6. ./. Personalaufwand
7. ./. Abschreibungen
8. ./. Sonstige, betriebliche Aufwendungen
Betriebsergebnis (Saldo 1-8)
9. + Erträge aus Beteiligungen
10. + Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen
des Finanzanlagevermögens
11. + Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge
12. ./. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere Erfolgswirksame
Bestandteile
des Umlaufvermögens
GKV in Deutsch-
13. ./. Zinsen und ähnliche Aufwendungen land üblich
Finanzergebnis (Saldo 9 - 13)
14. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
15. Ergebnis nach Steuern
16. Sonstige Steuern
17. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

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Beim Gesamtkostenverfahren werden der Gesamtleistung des Betriebs


die gesamten Aufwendungen, d.h. auch die Aufwendungen, die für die
Lagerbestandserhöhung angefallen sind, gegenübergestellt. Ca. 98% der
deutschen Unternehmen erstellen ihre GuV nach dem Gesamtkostenver-
fahren. Der Erfolgsbeitrag eines einzelnen Produktes bzw. einer Produkt-
gruppe ist nicht ablesbar (Kostenrechnung!).

Nach dem Umsatzkostenverfahren (§ 275 Abs.3 HGB) werden den Er-


lösen nur die Aufwendungen der abgesetzten Produkte gegenübergestellt.

Beachten Sie: Das Umsatzkostenverfahren ist international üblich. Die


Gliederung der Aufwendungen erfolgt nach betrieblichen Funktionsberei-
chen. Der Unterschied zwischen dem Gesamtkostenverfahren und Um- Ausweisalternati-
satzkostenverfahren besteht lediglich im Ausweis. Beim Umsatzkosten- ve
verfahren werden den Erlösen der abgesetzten Produkte nur die Aufwen-
dungen der abgesetzten Produkte gegenübergestellt. Das bedeutet, dass
der Erfolgsbeitrag eines einzelnen Produktes ablesbar ist.

Das bedeutet, dass bei beiden Verfahren der ausgewiesene Jahresüber-


schuss identisch ist.

Die nachfolgende Tabelle gibt Aufschluss über eine detaillierte Ergeb-


nisspaltung unter Anwendung des Umsatzkostenverfahrens:

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1. Umsatzerlöse
2. ./. Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrach-
ten Leistungen

____________________________________________________
3. Bruttoergebnis vom Umsatz (Rohergebnis Saldo 1 – 3)
4. ./. Vertriebskosten
5. ./. Allgemeine Verwaltungskosten
UKV:
6. + Sonstige betriebliche Erträge
7. ./. Sonstige betriebliche Aufwendungen International üb-
lich

_____________________________________________________
Betriebsergebnis (Saldo 1 – 7)

8. + Erträge aus Beteiligungen


9. + Erträge aus anderen Wertpapieren
10. + Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge
11. ./. Abschreibungen auf Finanzanlagen und Wertpapiere des
Umlaufvermögens
12. ./. Zinsen und ähnliche Aufwendungen
_____________________________________________________
Finanzergebnis (Saldo 8-12)
13. Steuern vom Einkommen und vom Ertrag
14. Ergebnis nach Steuern
15. Sonstige Steuern
16. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

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Beispiel:
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist ein zentraler Jahresabschlussbe-
Wiederholung:
standteil. Erstellen Sie aus nachfolgenden Geschäftsvorfällen eine Ge-
GuV nach HGB
winn- und Verlustrechnung für das Jahr 01. Unterteilen Sie die Gewinn-
und Verlustrechnung in:

• Betriebsergebnis
• Finanzergebnis

Ermitteln Sie den Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag für 01. Gehen


Sie vom Gesamtkostenverfahren aus. Steuern werden aus Vereinfa-
chungsgründen vernachlässigt.

Geschäftsvorfälle in 01:

1. Verkauf von Produkten auf Rechnung in Höhe von brutto 119.000 €.


2. Dividendenerträge aus der Beteiligung an einer X-AG in Höhe von
80.000 €.
3. Annuität für ein Darlehen. Die in 01 gezahlten Zinsen betragen 10.000
€, die Tilgung für 01 beträgt 30.000 €.
4. Spende an eine gemeinnützige Einrichtung: 2.000 €
5. Herstellung einer Maschine, die von Unternehmen selbst eingesetzt
wird. Die Herstellungskosten betragen 50.000 €
6. Bestandsminderung an Fertigen Erzeugnissen: 70.000 €
7. Verkauf von Maschinen. Der Buchwert der Maschine beträgt 20.000 €,
der Verkaufspreis beträgt 35.000 €.
8. Abschreibungen für Maschinen und Gebäude (betriebsnotwendiges
Vermögen): 40.000 €

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Lösung:

Umsatzerlöse: 100.000 €
Andere aktiviere Eigenleistung: 50.000 €
Bestandsminderung: -70.000 €
________
Gesamtleistung des Betriebes: 80.000 €
Sonstige betriebliche Erträge: 15.000 €
Abschreibung Gebäude, Maschine: -40.000 €
Sonstige betriebliche Aufwendungen: -2.000 €
________
Betriebsergebnis: 53.000 €

Beteiligungserträge: 80.000 €
Zinsaufwendungen Darlehen: -10.000 €
_________
Finanzergebnis: 70.000 €

Jahresüberschuss: 123.000 €

Fazit: Das Eigenkapital kann sich im HGB nur durch zwei Vorgänge än-
dern:

• Gewinne/Verluste
Einflussfaktoren
• Transaktionen mit Anteilseignern (Kapitalerhöhungen oder Kapitalher- für das EK im HGB
absetzungen)

Bereits an dieser Stelle sollen auf die wesentlichen Unterschiede zwischen


der GuV nach HGB und der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS hinge-
wiesen werden:

• In der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS werden in der GuV häufig


unrealisierte Erträge ausgewiesen, die sich im HGB nicht finden, wie Wesentliche
zum Beispiel bei der Auflösung stiller Reserven von Aktien, die zu Unterschiede
Spekulationszwecken gehalten werden. Zwischen HGB
• In der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS existieren auch unrealisier- und IFRS
te Gewinne (insbesondere Auflösung stiller Reserven) und Verluste,
die nicht erfolgswirksam erfasst werden, sondern direkt im Eigenkapital
in einem gesonderten Bilanzposten, dem „other comprehensive income
(= sonstiges Ergebnis)“ gebucht werden. (Hinweis: Bilanzierungsvor-
gänge, die das „oci“ beinflussen lernen Sie im Laufe der Lehrbriefe
noch kennen)

© Prof. Dr. Monique Reis, Stb 30


IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Fazit: Das Eigenkapital kann sich nach IFRS durch drei Vorgänge ändern:

• Gewinne/Verluste Änderungen des


• Transaktionen mit Anteilseignern (Kapitalerhöhungen oder Kapitalher- EK nach IFRS
absetzungen)
• Erfolgsneutrale Änderungen („other comprehensive income“)

Nachdem jetzt die Details zur Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB
bereits erläutert wurden, wollen wir uns jetzt mit der Gesamtergebnisrech-
nung nach IFRS auseinandersetzen.

b) Gesamtergebnisrechnung nach IFRS


Die Erläuterungen zur Gesamtergebnisrechnung nach IFRS finden sich in
IAS 1.81 ff. Das Gesamtergebnis nach IFRS („statement of comprehensi-
ve income“) gliedert sich in zwei Bestandteile. Nachfolgendes Schaubild
zeigt die beiden Bestandteile auf:

Bestandteile einer Gesamtergebnisrechnung


Gesamtergebnisrechnung

Erfolgswirksame Erfolgsneutrale Bestandteile


Bestandteile (=unrealisierte Gewinne/Verluste)

Zwei Bestandteile
Aufwendungen Erträge der Gesamtergeb-
Sonstiges Ergebnis nisrechnung
(„other comprehensive income“)
Gewinn/Verlust
(„profit/loss“)

comprehensive income

Prof. Dr. Monique Reis

Die Begriffe „Erträge“ und „Aufwendungen“ sind Ihnen bekannt. An dieser


Stelle soll der Begriff des „sonstigen Ergebnisses“ kurz erläutert werden
(Hinweis: Sie erfahren in den weiteren Lehrbriefen, wann eine Bewertung
eines Bilanzpostens nach IFRS über das sonstige Ergebnis vorgenommen
werden muss.

© Prof. Dr. Monique Reis, Stb 31


IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Beispiel:
Die Z-AG erwirbt am 1.5.01 10 Aktien der X-AG zu einem Anschaffungs- Beispiel zum sons-
preis von 100 €/Aktie. Transaktionskosten sollen vernachlässigt werden. tigen Ergebnis
Zum Bilanzstichtag am 31.12.01 ist der Kurs der Aktie auf 180 € gestie-
gen. Die Z-AG möchte die Aktien längerfristig halten und eine Erfolgswirk-
samkeit (im Gewinn oder Verlust) vermeiden. Folgende Fragen sind zu
beantworten:

a) Welcher Bilanzposten liegt vor?


b) Welcher Standard ist anzuwenden?
c) Wie erfolgt die Zugangsbewertung am 1.5.01
d) Wie erfolgt die Folgebewertung am 31.12.01
e) Welche Auswirkung hat die Bewertung auf den Gewinn/Verlust? Wel-
che Auswirkung hat die Bewertung auf die Gesamtergebnisrechnung?
Hinweis: Latente Steuern sind zu vernachlässigen

Lösung:
Die Z-AG muss in ihrem IFRS Abschluss Finanzinstrumente ausweisen.
Die entsprechende Regelung findet sich in IFRS . Die Aktien sind in die
Kategorie „FVTOCI (Fair value through OCI)“ einzuordnen. Die Zugangs-
bewertung ist zu Anschaffungskosten in Höhe von 1.000 € vorzunehmen,
IFRS 9.5.1.1. Die Folgebewertung erfolgt zum beizulegenden Zeitwert
IFRS 9.5.2.1b) i.V.m. IFRS 9.4.1.4 Satz 2, die Gegenbuchung ist erfolgs-
neutral im sonstigen Ergebnis vorzunehmen, IAS 39.55b.

Buchung am 31.12.01:
FVTOCI an sonstige Ergebnis 800 €

Da die Folgebewertung über das sonstige Ergebnis vorgenommen wurde,


wird der Gewinn/Verlust nicht beeinflusst. Allerdings erhöhen sich das
sonstige Ergebnis und damit das Gesamtergebnis der Z-AG.

Beachten Sie: In diesem Fall stellt das sonstige Ergebnis die „Offenle-
gung stiller Reserven dar“. Eine Bewertung über den Anschaffungskosten
ist im HGB nicht zulässig. Demzufolge ist im Regelfall auch das Eigenkapi- Wahlrecht für den
tal eines IFRS-Abschlusses höher als in einem HGB-Abschluss. Ausweis der Ge-
samtergebnis-
Für den Ausweis der Gesamtergebnisrechnung nach IFRS gibt es ein rechnung
Wahlrecht: Die Gesamtergebnisrechnung kann entweder zusammen mit
der GuV als „ein Statement“ oder direkt im Anschluss an die GuV als „se-
parates Statement“ ausgewiesen werden, IAS 1.81A. Das Wahlrecht ist
stetig anzuwenden. In Deutschland ist die letztere Variante üblich. Aus
diesem Grund soll diese nachfolgend dargestellt werden.
© Prof. Dr. Monique Reis, Stb 32
IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Analog zur Bilanzgliederung schreiben die IFRS nur ein Mindestposten-


gliederungsschema (IAS 1.82) für die Gesamtergebnisrechnung vor. Da-
bei ist zu beachten, dass diese Mindestposten um weitere Posten zu er-
gänzen sind, wenn Standards dies vorschreiben. Zur besseren Darstellung
fordern die IFRS dazu auf, weitere Posten einzufügen bzw. Zwischener-
gebnisse darzustellen, um die Gesamtergebnisrechnung für den Ab-
schlussleser verständlicher zu machen.

Eine Gesamtergebnisrechnung mit gesondertem Ausweis der GuV (hier


nach dem Gesamtkostenverfahren) und separatem Bestandteil für das
sonstige Ergebnis könnte folgendermaßen in der Praxis aussehen:

02 01

Umsatzerlöse X X
Bestandsveränderung X X
Aktivierte Eigenleistung X X
Sonstige betriebliche Erträge X X
Materialaufwand X X
Personalaufwand X X
Abschreibungen X X
Sonstige betriebliche Aufwendungen X X
__________________
Betriebserfolg X X
Ergebnis aus der nach der Equity-Methode
bewertete Finanzinstrumente (nur im Konzern- Praxisdarstellung
abschluss) X X der Gesamtergeb-
nisrechnung
Übrige Finanzerträge X X
Übrige Finanzaufwendungen X X
__________________
Finanzergebnis: X X

Jahreserfolg vor Steuern


(Betriebserfolg + Finanzergebnis) X X

- Ertragsteuern X X
__________________

Jahreserfolg (profit/loss) X X

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IFRS-Einzelabschluss 1 Prof. Dr. Monique Reis, Stb

Separate Aufstellung:
02 01 Fortsetzung der
Jahreserfolg (profit/loss) X X Gesamtergebnis-
rechnung
Sonstiges Ergebnis, welches nicht in den
Jahreserfolg umgegliedert wird (IAS 1.82 A, a)
z.B. Neubewertung von Sachanlagen IAS 16 X X
Ertragsteuern auf das sonstige Ergebnis I X X
__________________
Sonstiges Gesamtergebnis I, Posten, die nicht
in den Jahreserfolg umgegliedert werden,
nach Steuern X X

Sonstiges Ergebnis, bei denen in bestimmten


Fällen Umgliederungen in den Jahreserfolg
vorzunehmen sind (IAS 1.82A, b)
z.B. bei Veräußerung von available for sale X X
Ertragsteuern auf das sonstige Ergebnis II X X
__________________
Sonstige Gesamtergebnis II, Posten, die X X
In den Jahreserfolg umgegliedert werden,
nach Steuern: __________________
Gesamtergebnis X X
(Summe aus den „fett gedruckten Bestandteilen“)

© Prof. Dr. Monique Reis, Stb 34


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Beispielhaft wurde oben die Gesamtergebnisrechnung nach IFRS mit dem


separaten Bestandteil gezeigt. Sollte das Unternehmen das Umsatzkos-
tenverfahren anwenden, ergibt sich lediglich eine Änderung des Auswei-
ses bis zum Betriebserfolg. Das Umsatzkostenverfahren wurde bereits
unter Punkt a) besprochen. An dieser Stelle ist noch einmal darauf hinzu-
weisen, dass die IFRS den Ausweis von außerordentlichen Aufwendun-
gen und Erträgen verbieten. Diese finden sich unter den sonstigen betrieb-
lichen Erträgen und sonstigen betrieblichen Aufwendungen bei Ermittlung
des Betriebserfolges.

Nach IAS 1.82A ist das sonstige Ergebnis zu unterteilen. Nachfolgendes


Schaubild zeigt die Unterteilung noch einmal auf:

Sonstiges Ergebnis
Gliederung des sonstigen Ergebnisses („oci“) muss unterteilt
Sonstiges Ergebnis („OCI“)
werden

Posten, die nicht in den Posten, die in den Periodenerfolg


Periodenerfolg umgegliedert werden umgegliedert werden (sonstiges
(sonstiges Ergebnis I) Ergebnis II)
z.B. z.B.
• Sachanlagen IAS 16 • Entkonsolidierung TU
• Schätzungsänderungen: • Cash-flow-hedges
Versicherungsmathematische
Gewinne/Verluste in
Zusammenhang mit
Pensionsverpflichtungen und
Planvermögen

Prof. Dr. Monique Reis

Für das sonstige Ergebnis wurden im Rahmen dieser Gesamtergebnis-


rechnung nur die Beispiele Sachanlagen und FVTOCI gewählt.

Hinweis für den Konzernabschluss:


Wird ein Konzernabschluss erstellt, müssen die Anteile, die auf die An-
teilseigner der Muttergesellschaft und die nichtkontrollierenden Gesell-
schafter entfallen, getrennt ausgewiesen werden. Der getrennte Ausweis
ist für den Gewinn/Verlust, aber auch für das Gesamtergebnis vorzuneh-
men, IAS 1.81B

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10.8 Kapitalflussrechnung

a) Kapitalflussrechnung im HGB

Die Kapitalflussrechnung ist im HGB vorgeschrieben für: Pflicht im HGB in


• Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, § 264 Abs.1 Satz 2 HGB bestimmten Fällen
• Konzerne, die einen Konzernabschluss nach HGB erstellen, § 297
HGB

Das HGB enthält keine Vorschriften für die Aufstellung einer Kapitalfluss-
rechnung. Allerdings hat das DRSC mit dem DRS 21 einen Standard für
die Aufstellung der Kapitalflussrechnung entwickelt. An dieser Stelle ist
darauf hinzuweisen, dass der DRS 21 stark an die IFRS-Regelung, IAS 7,
angelehnt ist. Auf weitere Ausführungen zu DRS 21 wird an dieser Stelle
verzichtet.

b) Kapitalflussrechnung nach IFRS


Die Kapitalflussrechnung ist in IAS 7 geregelt. Im Unterschied zur Ge- Zahlungsstrom-
samtergebnisrechnung ist die Kapitalflussrechnung zahlungsstromorien- orientierung
tiert. Die Abschlussleser sollen die Information erhalten, welche Zah-
lungsmittelüberschüsse bzw. fehlbeträge in der Periode erwirtschaftet
wurden und wie sich die erwirtschafteten Zahlungsmittelüberschüsse bzw.
–fehlbeträge auf die drei betriebswirtschaftlichen Bereiche (Betriebliche
Tätigkeit, Investitionstätigkeit und Finanzierungstätigkeit) verteilen. Nach-
folgendes Schaubild zeigt den Sachverhalt noch einmal auf:

3 Bereiche einer Kapitalflussrechnung

Zwingende Auftei-
Zahlungsströme in den drei Bereichen für eine Periode
lung in die drei
Bereiche
➢ Betriebliche Tätigkeit

➢ Betriebliche Investitionstätigkeit

➢ Finanzierungstätigkeit

→ Überleitung des Zahlungsmittelanfangsbestandes auf den


Zahlungsmittelendbestand

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Cash-flow zur betrieblichen Tätigkeit:


Der Abschlussleser soll die Information erhalten, welchen cash-flow das
Unternehmen aus der betrieblichen Tätigkeit erwirtschaftet hat. IAS 7.14
nennt die klassischen Beispiele, die zur betrieblichen Tätigkeit gerechnet
werden:

• Einzahlungen aus dem Verkauf von Gütern und der Erbringung von
Dienstleistungen,
• Einzahlungen aus Nutzungsentgelten, Honoraren, Provisionen und
anderen Erlösen,
• Auszahlungen an Lieferanten für Güter und Dienstleistungen,
• Auszahlungen an und für Beschäftigte,
• usw……

Für die Ermittlung des Cash-flows aus der betrieblichen Tätigkeit existie-
ren zwei Alternativen, die nachfolgendes Schaubild aufzeigt:

Alternativen für die Ermittlung des betrieblichen Cash-flows

Zwei Alternativen für die Ermittlung des betrieblichen Cash-flows

Direkte oder indi-


Direkte Methode Indirekte Methode
IAS 7.18a IAS 7.18b
rekte Methode

Bruttoeinzahlungen Ableitung aus


abzüglich Gewinn/Verlust mit
Bruttoauszahlungen Korrekturen

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Indirekte Metho-
de = Praxis in
Deutschland
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Nach der direkten Methode wird der Cash-flow durch Gegenüberstellung


der Bruttoeinzahlungen und Bruttoauszahlungen ermittelt. Nach der indi-
rekten Methode wird die Kapitalflussrechnung aus dem Gewinn/Verlust
der Periode abgeleitet. Der Gewinn/Verlust der Periode ist zu korrigieren
bzw. zu bereinigen, um

• Daten, die zu den Bereichen Investition und Finanzierung gehören,


• Nicht zahlungswirksame Größen wie zum Beispiel Abschreibungen,
Zuführung zu Rückstellungen oder Bestandsveränderungen

Die entsprechende Regelung findet sich in IAS 7.20. Unternehmen in


Deutschland wenden in der Praxis im Regelfall die indirekte Methode an.
Sie ist deshalb zu bevorzugen, da sie die Verknüpfung zwischen dem Pe-
riodenergebnis in der Gesamtergebnisrechnung und dem cash-flow zeigt.

Cash-flow aus der Investitionstätigkeit:


Der Abschlussleser soll die Information erhalten, welche Cash-flows aus
Beispiele in IAS
der Investitionstätigkeit erzielt wurden. 7.16
IAS 7.16 nennt die klassischen Beispiele, die zur Investitionstätigkeit ge-
hören:
• Auszahlungen für die Beschaffung von Sachanlagen, immateriellen
und anderen langfristigen Vermögenswerten,
• Einzahlungen aus dem Verkauf von Sachanlagen,
• usw.

Der Cash-flow aus der Investitionstätigkeit wird ausschließlich durch Ge-


genüberstellung der Einzahlungen und der Auszahlungen ermittelt.

Cash-flow aus der Finanzierungstätigkeit:


Der Abschlussleser soll die Information erhalten, welche Cash-flows aus
der Finanzierungstätigkeit erzielt wurden.
IAS 7.17 nennt die klassischen Beispiele, die zur Finanzierungstätigkeit
gehören: Beispiele in IAS
7.17
• Einzahlungen aus der Ausgabe von Anleihen oder der Darlehensauf-
nahme,
• Auszahlungen für die Rückzahlung von Fremdkapital,
• usw.

Der Cash-flow aus der Finanzierungstätigkeit wird ausschließlich durch


Gegenüberstellung der Einzahlungen und der Auszahlungen ermittelt.

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Für einige Zahlungsströme existieren Wahlrechte für die Zuordnung zu


einzelnen Bereichen. So zum Beispiel für (IAS 7.31):
Wahlrechte für
• Zinsen die Zuordnung
in einzelnen
• Dividenden
Fällen

Für die Ausübung der Wahlrechte ist das Stetigkeitsprinzip zu beachten.


Nachfolgendes Beispiel zeigt noch einmal die Erstellung einer Kapitalfluss-
rechnung auf, dabei wird davon ausgegangen, dass für den betrieblichen
Bereich die indirekte Methode verwendet wird.

Fallstudie
Beispiel zur Kapitalflussrechnung:

Die Z- AG erzielt laut Gesamtergebnisrechnung 01 einen Gewinn vor


Steuern von 6.000 T€. Auf Basis der Gesamtergebnisrechnung erhalten
Sie folgende Information:

• Die Abschreibungen betragen 500 T€


• Die Zinserträge betragen 400 T€, davon wurden lediglich 300 T€ ver-
einnahmt
• Der Zinsaufwand betrug 800 T€, davon stammen 300 T€ aus der Auf-
zinsung einer Anleihe, der übrige Teil ist zahlungswirksam
• Der Bestand an Vorräten hat sich um 1.000 T€ erhöht
• Der Bestand an Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen
und Leistungen bliebt unverändert
• Der gesamte Steueraufwand betrug 6.000 T€, zahlungswirksam waren
jedoch nur 5.000T €
• Die Z-AG erwarb in 01 Maschinen, der Kaufpreis betrug 3.000 T€. Die
Maschinen wurden in 01 bezahlt.
• Die Z-AG führte in 01 eine Kapitalerhöhung mit 4.000 T€ durch. Der
komplette Betrag wurde vereinnahmt.

Der Zahlungsmittelanfangsbestand zum 1.1.01 betrug 8.000 T€.

Aufgabe:
Erstellen Sie eine Kapitalflussrechnung nach IAS 7 (indirekte Methode).

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Lösung:
Periodengewinn vor Steuern 6.000
Abschreibung 500
Zinserträge - 400
Zinsaufwendungen 800
Betriebsergebnis vor Bestandsänderung 6.900
Erhöhung Vorräte (5.) -1.000
CFL aus betrieblicher Tätigkeit 5.900
Vereinnahmte Zinsen* 300
Gezahlte Zinsen* - 500
Gezahlte Ertragsteuern - 5.000
I) CFL aus laufender Geschäftstätigkeit 700 Lösung

Erwerb von Sachanlagen - 3.000

II) CFL aus Investitionstätigkeit - 3.000

Kapitalerhöhung 4.000

III) CFL aus Finanzierungstätigkeit 4.000

Nettozunahme Zahlungsmittel (Summe I + II + II) 1.700


Zahlungsmittel 01.01.01 8.000
Zahlungsmittel 31.12.01 9.700

Hinweis:
Für die Zuordnung der Zinsen existiert ein Wahlrecht. Denkbar ist es auch Wahlrecht
die Zinsen im Investitionsbereich anzusetzen, falls sie zur Finanzierung
der Investition angefallen sind, IAS 7.33. Denkbar ist auch ein Ansatz im
Finanzierungsbereich.
* = Wahlrecht

Hinweis: Im Regelfall wird in der Prüfung die indirekte Methode abgefragt.

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Beispiel:
Die Z-AG in München möchte auf Basis der nachfolgenden Geschäftsvor-
fälle den Zahlungsmittelüberschuss für 01 ermitteln. Dabei soll für den
cash-flow aus der betrieblichen Tätigkeit die direkte Methode angewen-
det werden.

1. Die M-GmbH erwirbt am 1.1.01 eine Maschine mit Anschaffungskosten


in Höhe von 100.000 €. Die Maschine hat eine betriebsgewöhnliche
Nutzungsdauer von acht Jahren, wobei von einem konstanten Werte-
verzehr auszugehen ist.
2. Die M-GmbH nimmt zum 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 50.000 €
auf. Der Nominalzins beträgt 5%, der Tilgungssatz 1%. Die Zinsen so-
wie die Tilgung sind zum 31.12.01 fällig.
3. Aus den Lohnunterlagen der M-GmbH ergibt sich ein jährlicher Perso-
nalaufwand in Höhe von 180.000 €. Da die M-GmbH im Dezember 01
Liquiditätsschwierigkeiten hat, werden die Löhne des Monats Dezem- Weitere Fallstudie
ber in Höhe von 20.000 € erst im Februar 02 bezahlt.
4. Die M-GmbH verkauft in 01 fertige Erzeugnisse zu einem Nettover-
kaufspreis von 400.000 €. Ein Teil der Kunden hat in 01 noch nicht be-
zahlt (offener Posten: 120.000 €). Diese Kunden zahlen erst in 02.
5. Die M-GmbH hat von ihren Lieferanten in 01 Rohstoffe bezogen, die
sie bereits im Rahmen der Fertigung komplett verbraucht hat. Die An-
schaffungskosten der Rohstoffe betrugen zutreffend 80.000 €. Die M-
GmbH hat ihre Lieferanten bereits komplett in 01 bezahlt.
6. Die M-GmbH verkauft in 01 Grund und Boden. Der Buchwert des
Grund und Bodens betrug im Ausscheidungszeitpunkt 30.000 €, der
Veräußerungspreis 60.000 €. Der Verkaufspreis ist der M-GmbH in 01
bereits in voller Höhe zugeflossen.

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Lösung:
Aufstellung einer Kapitalflussrechnung für das Jahr 01:

Cash Flow aus der betrieblichen Tätigkeit

(4) Einzahlung Umsatzerlöse: +280.000 €


(3) Personalzahlung: -160.000 €
(5) Rohstoffzahlung: -80.000 € Lösung direkte
(2) Auszahlung Zinsen*: -2.500 € Methode
________
Zahlungsmittelüberschuss: +37.500 €

Cash Flow aus der Investitionstätigkeit

(1) Auszahlung Maschine: -100.000 €


(2) Einzahlung Grund und Boden: +60.000 €
________
Zahlungsmittelfehlbetrag: - 40.000 €

Cash Flow aus der Finanzierungstätigkeit

(2) Einzahlung Darlehen: +50.000 €


(2) Tilgung Darlehen: -500 €
________
Zahlungsmittelüberschuss: 49.500 €

Ergebnis: Insgesamt ergibt sich für das Jahr 01 ein Zahlungsmittelüber-


schuss in Höhe von 47.000 €.

* = Wahlrecht

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10.9 Eigenkapitalveränderungsrechnung

a) Eigenkapitalveränderungsrechnung im HGB

Die Eigenkapitalveränderungsrechnung nach HGB ist gesetzlich vorge-


schrieben, wenn
• Eine Kapitalgesellschaft kapitalmarktorientiert ist, § 264 Abs.1 Satz 2
Pflicht im HGB
HGB
• Ein Konzern, welcher nach HGB einen Konzernabschluss erstellt,
muss eine Eigenkapitalveränderungsrechnung (Eigenkapitalspiegel)
aufstellen

Das HGB enthält keine Vorschriften für die Erstellung der Eigenkapitalver-
änderungsrechnung. Hier existiert für die Praxis ein DRS, nämlich der
DRS 7. Es handelt sich hierbei um einen vom DRSC herausgegebenen
Standard. Dieser soll an dieser Stelle nicht weiter besprochen werden, da
die IFRS im Vordergrund stehen. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass
die DRS sehr stark an die IFRS angelehnt sind.

b) Eigenkapitalveränderungsrechnung nach IFRS


Nach IAS 1.10 ist die Eigenkapitalveränderungsrechnung Pflichtbestand-
teil eines IFRS Abschlusses. Details zur Eigenkapitalveränderungsrech-
nung finden sich in IAS 1.106. Nachfolgendes Schaubild zeigt auf, durch
welche Vorgänge sich das Eigenkapital nach IFRS ändern kann:

Welche Vorgänge ändern das EK nach IFRS?


Vorgänge, die das
Eigenkapitalveränderungen nach IFRS EK nach IFRS än-
dern.

Rückwirkende Anpassung Gewinn/Verlust Sonstiges Transaktionen mit


des Eröffnungsbilanzwertes Ergebnis Anteilseignern
des EK (IAS 8), • Dividende
z.B. Fehlerberichtigungen • Kapitalerhöhung,
Kapitalherabsetz-
ung

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In der Bilanz sind lediglich Mindestposten auszuweisen. IAS 1.54 q) und r)


Mindestposten-
schreibt vor, wie das Eigenkapital nach IFRS in der Bilanz zu gliedern ist: ausweis für das EK

• Gezeichnetes Kapital
• Rücklagen

Im Konzernabschluss muss ablesbar sein, welche Eigenkapitalbestandtei-


le auf die Gesellschafter der Muttergesellschafter und die nichtkontrollie-
renden Gesellschafter entfallen.

Ein deutsches Unternehmen wird in der Praxis in der Regel das Eigenka-
pital nach dem HGB-Ausweis gliedern, nämlich in:
• Gezeichnetes Kapital
Deutsche U glie-
• Kapitalrücklage
dern das EK ana-
• Gewinnrücklage
log HGB
• Gewinnvortrag/Verlustvortrag
• Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag

Dieser Ausweis ist nach IFRS zulässig, da es erlaubt ist, die oben genann-
ten Mindestposten weiter zu untergliedern. Die IFRS schreiben kein festes
Schema für die Eigenkapitalveränderungsrechnung vor. Nachfolgendes
Beispiel zeigt, wie eine derartige Eigenkapitalveränderungsrechnung aus-
sehen könnte:

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Beispiel für eine Eigenkapitalveränderungsrechnung:


Fallstudie
Die Z-AG hat zum 1.1.02 laut Eigenkapitalveränderungsrechnung vom
31.12.01 folgende Eigenkapitalbestandteile:

Gezeichnetes Kapital: 8.000 €


Kapitalrücklage: 3.000 €
Gewinnrücklage: 20.000 €
Sonstiges Ergebnis aus
FVTOCI Bewertung: 6.000 €

In 02 wurde festgestellt, dass ein Fehler in der Bewertung der Vorräte vor-
lag. Die Vorräte mit 400 € wurden zu hoch bewertet. Da eine Änderung
des Abschlusses von 01 nicht mehr möglich war, muss nach IAS 8 der
Fehler in den Eröffnungsbilanzwerten des Eigenkapitals erfolgsneutral
über das Eigenkapital korrigiert werden. Das Periodenergebnis des Jahres
02 betrugt 12.000 €. Da für ein FVTOCI der höhere Zeitwert angesetzt
wurde ergab sich ein sonstiges Ergebnis mit 1.000 €. Die Z-AG hat im Juni
02 eine Ausschüttung für 01 in Höhe von 6.000 € beschlossen. Zusätzlich
wurde im Oktober eine Kapitalerhöhung von 5.000 € durchgeführt. Der
Nennwert der Aktien, die im Rahmen der Kapitalerhöhung ausgegeben
wurden betrug 1.000 €.
Aufgabe: Erstellen Sie eine Eigenkapitalveränderungsrechnung für 02 an
Hand der nachfolgenden Tabelle.

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Gez. Kap- Gewinnvor- Jahres- Sonstiges Sum


Kapi- Rück- trag/ überschuss Ergebnis, me
tal lage Ge- z.B. EK
winnrückla- FVTOCI
ge
Stand 1.1.02
+- Änderung
von Schät-
zungen
Stand 1.1.02
angepasst
Periodener-
gebnis
laut GuV
Übriges Er-
gebnis
Gesamter-
gebnis
Dividenden
Kapitalerhö-
hung
Stand
31.12.02

Im Konzernabschluss müssen in der Eigenkapitalveränderungsrechnung noch zwei


zusätzliche Spalten eingefügt werden. Der Abschlussleser muss wieder darüber in-
formiert werden, wie sich das gesamte Eigenkapital bzw. die Eigenkapitalteile auf die
Eigentümer des Mutterunternehmens und die nicht kontrollierenden Gesellschafter
aufteilt.

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Lösung:

Gez. Kap- Gewinnvor- Jahres- Sonstiges Summe


Kapi- Rück- trag/ über- Ergebnis, EK
tal lage Ge- schuss z.B.
winnrückla- FVTOCI
ge
Stand 1.1.02 8.000 3.000 20.000 0 6.000 37.000
+- Änderung -400 -400
von Schät-
zungen
Stand 1.1.02 8.000 3.000 19.600 0 6.000 36.600
angepasst
Periodener- 12.000 12.000
gebnis
laut GuV
Übriges Er- 1.000 1.000
gebnis
Gesamter- 0 0 0 12.000 1.000 13.000
gebnis
Dividenden -6000 -6.000
Kapitalerhö- 1.000 4.000 5.000
hung
Stand 9.000 7.000 13.600 12.000 7.000 48.600
31.12.02

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