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Jugend ohne Gott (Ödön von Horvàth) – Themenanalyse M4-GYB

https://lektuerehilfe.de/oedoen-von-horvath/jugend-ohne-gott/epoche/kreuz-und-hakenkreuz-kirche-und-nationalsozialismus

1. Kreuz und Hakenkreuz: Kirche und Nationalsozialismus

Die Kirche war 1933 die einzige Organisation die nicht von dem NS-Regime kontrolliert wurde. (Es gab keine
anderen Parteien mehr).
Nach 1933 wurde der Kirche die religiöse Unabhängigkeit versprochen, wenn sie ihre Gläubigen dazu brachten, dass
sie Hitler als den Führer erkennen. So war die NS-Regierung sicher, dass die Katholiken auf ihrer Seite standen.
Obwohl ab 1937 die Regierung das Vertrauen der Kirche mehr und mehr missbrauchte, kooperierte die Kirche bis am
Ende mit dem Regime.

Die evangelische Kirche, reagierte stark gegen die Idee einer deutschen Einheitskirche unter der NSDAP-Regierung.
Im Widerstand teilte sie sich in 2 Gruppen: die Deutschen Christen (eher NS-Anhänger und pro Einheitskirche) und
bekennende Kirche (will die Kirche und den ursprünglichen Glauben schützen)
Im Ganzen verhielt die Kirche verhielt sich bis zum Ende des Hitler-Regimes weitgehend passiv und ruhig.

In Jugend ohne Gott wird diese Haltung kritisiert. (Gespräch zwischen dem Lehrer und dem Pfarrer während
des Lagers)

2. Generationskonflikt

Geteiltes Unverständnis

Der Generationskonflikt in „Jugend ohne Gott“ wird vor allem in der Beziehung des Lehrers zu den meisten seiner
Schüler am Anfang des Werks gezeigt. Lehrer und Schüler verstehen sich nicht, sie haben nicht die gleiche Jugend
erlebt und der Zeitgeist intensiviert die vom Lehrer gespürte Konfrontation.

Der Lehrer schafft es nicht, sich in die Jugendlichen hineinzuversetzen und ihren Standpunkt zu verstehen. Für ihn ist
die neue Generation nicht mehr menschlich und lehnt all das ab, was ihm „heilig“ (S.21) ist.

Aufseiten der Schüler wird dieses Unverständnis geteilt. Sie verstehen beispielsweise nicht, warum der Lehrer
versucht, einen Streit zu schlichten (S.12), und wollen ihn als ihren Lehrer loswerden, weil er Farbige als Menschen
bezeichnet hat (S.18f.). Auf beiden Seiten schlägt diese Uneinigkeit teilweise in regelrechten Hass um.

Neue Zeiten

- Der Lehrer hat den ersten Weltkrieg in seiner Jugend erlebt und eine starke Abneigung gegen den Krieg
entwickelt.
- Der Lehrer sieht sich als Vertreter einer denkenden und humanistischeren Generation.
- Die Schüler des Lehrers wachsen hingegen in einer autoritären und militärischen Gesellschaft auf.
- Sie glauben die Parolen, die in den Medien verkündet werden (S.21), und sie werden zu kriegsliebenden und
patriotischen Menschen, deren Traum es ist, sich im Krieg zu opfern (S.21) erzogen.
- In der Schule ist es die oberste Priorität, wie der Direktor es präzisiert, die Schüler „moralisch zum Krieg“
(S.16) zu erziehen. Im Zeltlager werden die Jungen mit Schieß- und Geländeübungen trainiert, sich auf den
Kriegsdienst vorzubereiten, um später im Krieg eingesetzt werden zu können.
- Gleichzeitig wird versucht, ihre Individualität durch ständigen Gehorsam und Disziplin zu zerstören.

Die unerwünschte Nuancierung

- Altersmäßig stehen sich zum Beispiel Ns Vater und der Lehrer relativ nahe, gehören also der gleichen
Generation an. Doch Ns Vater ist ein entschiedener Anhänger des nationalsozialistischen Regimes und vertritt
nicht die gleichen humanistischen Werte wie der Pfarrer, der Lehrer und Julius Caesar.
- Bei seiner Kategorisierung vergisst der Lehrer, dass die inhumanen Gesetze nicht von den Jungen stammen,
sondern von solchen Menschen, die so alt oder älter sind als er selbst. „Die Männer sind verrückt geworden
und machen die Gesetze“ (Mädchen im Wald im Kapitel: der verloren Flieger).
- Die junge Generation der Schüler ist nicht homogen. Es gibt nicht nur viele Unterschiede zwischen dem
Verhalten der drei Hauptfiguren N, Z und T (siehe Charakterisierung der Schüler), sondern vier Schüler in der

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Klasse des Lehrers akzeptieren nicht, sich herumkommandieren zu lassen, und gründen einen Geheimklub.
Dabei denkt der Klub, genau wie der Lehrer selbst, über eine humane und freie Welt nach (S.123).

Der Grund für die Problematik des Generationenkonflikts, ist wahrscheinlich auf die Entstehungszeit des Werks
zurückzuführen: 1937 rüsteten die Nazis auf, der Zweite Weltkrieg lag schon in der Luft.
Durch den grossen Generationenkontrast und auch durch Übertreibung versucht der Schriftsteller Horvath das
Publikum auf die Probleme des Zeitgeistes und auf die Gefahr der militärischen Jugenderziehung aufmerksam zu
machen.

3. Propaganda

Die Propaganda sollte die öffentliche Meinung positiv im Sinne der Ideen und Wertvorstellungen der Regierung
beeinflussen. Sie wird intensiv durch öffentliche Versammlungen, Reden, Plakate, Filme, Zeitungen und besonders
durch den Rundfunk verbreitet.

die Regierung hat die Kontrolle über den Rundfunk(Radio) übernommen und sehr erfolgreich billige
"Volksempfänger"(Radioapparate) produziert, die nur Deutschlandsender empfangen konnten: Das was das ideale
Werkzeug, um die nazistische Ideologie zu verbreiten.

Die Propaganda verfolgt im Roman vorwiegend drei Ziele:


- Die Erziehung der Jugend zum Krieg,
- der Ausschluss bestimmter Gruppen (Diskriminierung: die Neger, etc)
- die Zerstörung der Individualität.
Die Richtigkeit der Propaganda darf kein Beamter infrage stellen, sonst droht ihm Berufsverbot. Der Direktor muss
den Lehrer bei ihrem Gespräch beispielsweise an das geheime Rundschreiben 5679 u/33 (S.16) erinnern.
Der Lehrer erzählt auch selbst: „Ein Lehrer darf beispielsweise nicht korrigieren, ‚was einer im Radio redet‘‘“ (S.10).
Das bedeutet, dass die Meinung des Staates nicht infrage gestellt wird und von der Gesellschaft voll übernommen
wird.
Die Propaganda besteht also nicht aus differenzierten, wissenschaftlichen Kenntnissen über die Welt, sondern aus
einfachen Botschaften. Diese sehr kurzen und simplen Nachrichten werden dann ständig mithilfe des gesamten
Medienspektrums wiederholt, damit sie den Anschein einer unbestrittenen und eindeutigen Wahrheit erhalten.

4. Die Schuld des Lehrers

Das Kästchen

Schuld oder genauer der Umgang mit der Schuld ist eines der zentralen Themen in „Jugend ohne Gott“. Am
deutlichsten wird der Schuldbegriff durch die Hauptfigur, den Lehrer und Erzähler, verkörpert.

- Mit dem Öffnen von Zs Tagebuch lädt der Lehrer anfangs nur eine kleine Schuld auf sich: Er will wissen, wen
der Z getroffen hat. Erst danach beginnt sein wahres, schuldhaftes Versagen.
- Obwohl der Lehrer merkt, dass Z den N umbringen könnte (S.72), gibt er nicht zu, dass er das Tagebuch
gelesen hat, „Wie ein Raubvogel zieht die Schuld ihre Kreise. Sie packt uns rasch“ (S.73). Er sagt aber nichts,
weil er sich schämt seine eigene Schuld vor seinen Schülern einzugestehen. Er beschliesst seine Schuld dem Z
privat zu beichten, bringt aber dann den Mut dazu nicht auf (S.76).
- Als N nicht ins Zeltlager zurückkehrt, spürt der Lehrer sofort, dass er tot ist. Er fühlt sich schuldig (S.80),
stellt aber die Schuld gleichzeitig als eine fast unausweichliche Macht dar. Sie sei ein Meer, in dem man
ertrinken könne (S.80).

Geständnis und Erleichterung

- Der Lehrer verstrickt sich selbst tiefer in seine eigene Schuld. Doch obwohl er seine Schuld bekennt, sagt er
nichts. Erst als er im Zigarettenladen (S.100) Gottes Stimme hört, die ihn dazu auffordert, seine eigene Schuld
zu bekennen, entscheidet er die Wahrheit zu sagen.
- Der Lehrer gesteht in seiner Zeugenaussage vor Gericht, dass nicht N, sondern er selbst Zs Kasten
aufgebrochen hat. Danach legt er alle seine Motive offen und verschweigt keine seiner Handlungen: Er wird
von seiner Last befreit und fühlt sich erleichtert: „Ich verliere mein Brot. Aber es schmerzt mich nicht […]
Komisch, ich hab keine Sorgen […] Aber ich besaufe mich nicht […] Ich hab keine Angst mehr vor meinem
Zimmer“ (S.112).

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Schuld wird durch Schuld getilgt

Als der Lehrer später versucht, T als Mörder zu stellen, und sich alleine in seiner Wohnung befindet, denkt er zum
ersten Mal richtig an N (S.147). Dieser erscheint vor seinen inneren Augen und weist ihn darauf hin, dass „Schuld
[…] nur durch Schuld getilgt werden“ (S.147) kann. Derjenige, der bestraft, lädt dadurch aber simultan Schuld auf
sich. Als Beispiel nennt N einen Henker, der sein Opfer kurz vor der Hinrichtung um Verzeihung bittet (S.147): In
dem Vergleich werden der Lehrer mit dem Henker und T mit dem Opfer gleichgesetzt.

Indirekt nimmt der Lehrer dann tatsächlich die Henkersrolle ein: T begeht deshalb Selbstmord, weil er spürt, dass der
Lehrer sein Verbrechen kennt. Nach Ts Tod plagen den Lehrer keine Schuldgefühle, er fühlt sich nur „wunderbar
leicht, weil es keinen T mehr gibt. [...] Denn trotz aller eigenen Schuld an dem Bösen ist es herrlich und wunderschön,
wenn ein Böser vernichtet wird“ (S.154).

Der Lehrer hatte seine Abfahrt nach Afrika verschoben, um den wahren Mörder von N zu demaskieren. Nun hat er
seine Mission abgeschlossen und Eva befreit. Evas Schuld wird durch Ts Schuld getilgt.

5. Schweigen silence

Das Schweigen hat in „Jugend ohne Gott“ mehrere Ursachen, denn die verschiedenen Figuren haben
unterschiedlichste Beweggründe, die Wahrheit für sich zu behalten: Feigheit, Angst, Liebe, Scham, Schande oder
Gleichgültigkeit.

Schweigen aus Feigheit und Angst

Gleich zu Beginn des Romans spielt das Schweigen in dem Berufsleben des Lehrers eine zentrale Rolle. Anfangs
korrigiert er die Aufsätze seiner Schüler nur formal, nicht inhaltlich. Als er dann doch einmal vor seiner Klasse
verkündet: „Die Neger sind doch Menschen“ (S.13), wird er sofort dafür verurteilt.

Zwei Tage später muss er beim Direktor erscheinen, der ihn daran erinnert, dass er nicht alles sagen kann was er
denkt: Als Beamter kann der Lehrer sich nicht öffentlich gegen die Vorstellungen der Regierung aussprechen, ohne
damit seine Stellung zu gefährden. Danach ist sein Umgang mit den Schülern extrem vorsichtig. Er sagt lieber zu
wenig als zu viel, weil er nicht immer sicher ist, was die Medien alles schon verkündet haben (S.62).

Der Lehrer wird aus Angst um seine existenzielle Lebenssicherung zum Mitläufer des Regimes. Durch sein
Schweigen entsteht aber ein innerer Konflikt: er fühlt sich feige und behält alle Gefühle für sich.

Eva verschweigt vor den Untersuchungsrichtern lange Zeit was sie gesehen hat (ein unbekannter Junge, nicht der Z,
hat den N ermordet). Der Grund von Evas Verschwiegenheit ist ihre Angst vor der Besserungsanstalt (S.109). Der
Lehrer und Eva lügen, um sich selbst zu schützen.

Schweigen aus Scham und Schande

Der Lehrer schweigt aber auch aus Scham. Nachdem er Zs Tagebuch gelesen hat, verschweigt er dies vor seinen
Schülern. Die Folgen sind verheerend: Durch eine Verkettung von mehreren Umständen wird ein Schüler ermordet.

Auf brutale Weise wird deutlich, wie selbst die kleinsten Verschwiegenheiten dramatische Folgen haben können
(einen Mord). Und selbst dann, am Prozess, schweigt der Lehrer zuerst. (erst die Stimme von Gott bringt den Lehrer
dazu, dass er alles sagt)

Ts Mutter lügt, um sich die „Schande [zu] ersparen“ (S.156), einen Mörder zum Sohn zu haben. Deshalb zeigt sie der
Staatsanwaltschaft nur die Hälfte des von T hinterlassenen Zettels, auf dem steht: „Der Lehrer trieb mich in den Tod“
(S.152), versteckt aber den 2. Teil der Nachricht: „Denn der Lehrer weiß es, daß ich den N erschlagen habe“ (S.156).
Ihr Ziel ist es, dass der Lehrer verdächtigt wird am Tod von T schuldig zu sein. Erst als Gott ihr erscheint, zeigt sie
den 2. Teil des Zettels, in der ihr Sohn zugibt, dass er der Mörder von N ist.

Schweigen aus Liebe

Z sagt, dass er den N ermordet hat, um Eva vor der Besserungsanstalt zu schützen. Er denkt, dass Eva den N
erschlagen hat. Trotzdem lädt er die Schuld direkt nach der Tatentdeckung auf sich: „‘Ja‘, sagt er leise, ‚ich habs
getan.‘“ (S.85). Z verschweigt die Wahrheit aus Liebe zu Eva (S.68).
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le Sans-émotion
Schweigen aus Stumpfsinnigkeit (T)

Eine ganz andere Art des Schweigens ist die zynische Weise von T, der nach seinem Mord an N stumm bleibt. T ist
im Roman ein intelligenter und kühler Beobachter, der die Menschen in seiner Umgebung wahllos ausspioniert. Er
weiß wahrscheinlich, dass der Lehrer das Kästchen aufgebrochen hat. Auch Eva und Z hat er bespitzelt:

»Aber ich habe Sie, Herr Lehrer, beobachtet, wie Sie sich fortgeschlichen haben und dem Z und dem Mädel
zugeschaut haben –« Es wird mir kalt. Er beobachtet mich.» Sie haben mir damals ins Gesicht gelangt, denn ich stand
hinter Ihnen. Sie sind furchtbar erschrocken, aber ich hab keine Angst, Herr Lehrer«“ (S.115).

T beobachtet alles, weil er sehr neugierig ist. Zwar will er immer „alles genau wissen, wie es wirklich ist“ (S.121),
aber nicht, um darüber aufzuklären, sondern um sich im Stillen darüber lustig zu machen.

Der einsame T scheint in seiner eigenen Welt zu leben. Er zeigt keinerlei Gefühle. Bis zum Schluss verschweigt er
alles aus Stumpfsinnigkeit. Erst als er entdeckt, dass der Lehrer von seiner Schuld weiß, kann er sein eigenes
Schweigen und die damit verbundene Schuld nicht mehr ertragen: Da er keinem Freund oder Vertrauten von seiner
Schuld erzählen kann, begeht er Selbstmord. Der Lehrer beschreibt ihn nach seinem Tod mit den Worten: „Seine
Liebe zur Wirklichkeit war nur der Haß auf die Wahrheit“ (S.154).

6. Wahrheit

Die politische Wahrheit

Nicht für jeden Charakter in „Jugend ohne Gott“ existiert dasselbe Wahrheitsbild. Für die Anhänger des Regimes, wie
Ns Eltern, ist genau das wahr, was in den Medien berichtet wird. Alle anderen Meinungen sind für sie Lügen oder
„Sabotage am Vaterland“ (S.15). Ihr Welt- und Wahrheitsbild ist einseitig.

Für den Lehrer steht hingegen die politische Wahrheit in Gegensatz zu seinen liberalistischen und humanistischen
Werten. Er ist system- und gesellschaftskritisch und charakterisiert zum Beispiel die Jugend einheitlich als kalt und
roh (siehe Generationskonflikt). Am Geburtstag des Oberplebejers bezeichnet er die Marschierenden als „Divisionen
der Charakterlosen unter dem Kommando von Idioten“ (S.117).
Seine Gedanken gegenüber dem diktatorischen Regime behält er aber für sich. Er kämpft nicht dafür, die politische
Wahrheit zu ändern. Nur mit seinem Freund Julius Caesar, der auch systemkritisch eingestellt ist, diskutiert er dieses
Thema privat.

Er reagiert nicht auf das Regime und zeigt sich sogar solidarisch, als er am Geburtstag des Oberplebejers (Hitler) eine
Fahne aus dem Fenster hängt. In einem Zeitungsinterview vor dem Prozess sagt er: Die Jugend sei „‘keineswegs
verroht‘“ und der Mord an N ein „‘Rückfall in schlimmste liberalistische Zeiten‘“ (S.86).

Der Lehrer verliert seine Arbeit nicht wegen Sabotage gegenüber dem Vaterland, sondern wegen „Irreführung der
Behörde und Diebstahlsbegünstigung“ (S.112). Der Lehrer ist schließlich der Meinung, dass man nicht allein gegen
das Regime kämpfen kann, da es ohnehin umsonst wäre: „Wenn’s auch weh tut, was vermag der einzelne gegen alle?“
(S.9)

Er meint, dass es die Lüge generell begünstigt, wenn die Individualität nicht mehr toleriert wird: “Wenn kein
Charakter mehr geduldet wird, sondern nur der Gehorsam, geht die Wahrheit und die Lüge kommt. Die Lüge, die
Mutter aller Sünden” (S.118). Der politischen Aktion setzt der Autor die individuellen göttlichen und moralischen
Wahrheiten entgegen. Diese Werte fehlen dem geschilderten diktatorischen Regime im Roman und der angedeuteten
zeitgenössischen nazistischen Regierung in besonderem Maße.

Die göttliche Wahrheit

Die Gleichsetzung von Gott mit der Wahrheit ist eines der zentralsten Momente in „Jugend ohne Gott“. Die durch
Gott personifizierte Wahrheit scheint eine eigene Kraft zu haben. Zum ersten Mal tritt sie dann in Erscheinung, wenn
der ermordete N aufgefunden wird: Sie offenbart sich dem Schüler R, der daraufhin von Zs und Ns Rivalität berichtet
(S.84).

Der Lehrer verhält sich, bis er die imaginäre Stimme hört (S.100), systemkonform und vorsichtig, um seine Existenz
nicht zu gefährden. Die Stimme der Wahrheit ist es, die ihn dazu drängt und veranlasst, ein Geständnis abzulegen.
Wie sein schlechtes Gewissen fordert sie ihn dazu auf, alles, was er weiß, vor dem Gericht zu beichten.
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Die göttliche Wahrheit holt auch Ts Mutter ein: Sie verliert das von ihr versteckte Stück Papier, auf dem T genau
erklärt, warum er sich umgebracht hat, „als hätte ihr wer auf die Hand geschlagen“ (S.156) – auch sie kann sich der
Wahrheit nicht entziehen. Genau dieser Moment ist es auch, indem der Lehrer realisiert, dass Gott die Wahrheit ist
(S.156).

Der Lehrer scheint in seiner Suche nach der Wahrheit, nach dem wirklichen Mörder von N, von göttlicher Hand
geführt zu werden. Er schreibt seinen Eltern: „Gott wird schon helfen‟ (S.129). Er lässt T seine feste Überzeugung
erkennen, dass dieser N mit einem Stein erschlagen hat. Und er scheint auch vorauszuahnen, dass Ts Mutter lügt:
“Warte nur, du Reh! Bald wird es schneien, und du wirst dich den Menschen nähern. Aber dann werde ich dich
zurücktreiben!“ (S.153f.).

Die moralische Wahrheit

Die göttliche Wahrheit ist eng mit der moralischen Wahrheit verknüpft. Beide sind im Roman Sinnbild für die
Gerechtigkeit, die die Bösen straft (S.152) und die Unschuldigen freut (S.154). Durch das geschlossene Ende des
Romans und die Enttarnung des Mörders triumphieren sie zum Schluss.

Der Kampf für die Wahrheit wird im Roman nicht kollektiv und politisch, sondern individuell und moralisch
ausgetragen. Er entsteht zuerst durch das gerichtliche Geständnis des Lehrers, der seine indirekte Schuld am Mord
erkennt (siehe Abschnitt Schuld), und dann durch dessen detektivische Ermittlungen, um T als Mörder zu entlarven.

Der Lehrer handelt so aus 2 Gründen:


- die Suche nach Gerechtigkeit
- die Gefühle, die der Lehrer für Eva hegt: Erst fühlt er sich von ihr sexuell angezogen: „Das Mädel ist nackt. […] Sie
gefällt mir immer mehr“ (S.76), dann weiß er nicht, ob er sie liebt: „Liebe ich denn das Mädel? Ich weiß es nicht.“
(S.130) . Zuletzt will er sie nur noch beschützen: „[…] ich werde nach Afrika fahren, aber nur dann, wenn ich das
Mädchen befreit haben werde“ (S.133).

Die Wahrheit offen zu bekennen hat ihren Preis. Für den Lehrer bedeutet sein Geständnis, dass er von seinem Amt
suspendiert wird. Evas Aussage bewirkt, dass sie sofort als Mörderin verdächtigt und als solche angeklagt wird. Und
als sie vor dem Gericht gesteht, Z nie geliebt zu haben (S.100), trifft sie ihn damit hart. T begeht Selbstmord, als er
spürt, wie nahe die Wahrheit bereits an ihn herangerückt ist.

Positive Konsequenzen, weil die Wahrheit gesagt wurde:


- der Lehrer fühlt sich befreit, wirkt heiterer, betrinkt sich nicht mehr und hat keine Angst mehr vor seinem leeren
Zimmer.
- das gute Beispiel des Lehrers wirkt sich positiv auf andere Menschen aus (Eva, der Klub, etc).

Wahrheit als Beispiel

Da der Lehrer vor Gericht sein Geständnis ablegt hat, wird er für den Geheimklub der einzige Erwachsene, „der die
Wahrheit liebt“ (S.124). Der Klub trifft sich unter dem Leitsatz: „Für Wahrheit und Gerechtigkeit“ (S.126) und kann
sich durch die Offenheit des Lehrers sicher sein, dass er einer von ihnen ist.

Nur weil der Lehrer vor Gericht die Wahrheit gesagt hat, gesteht Eva auch ihr Wissen ein und entlastet damit den
angeklagten Z (S.109). Einer, der sein Schweigen bricht, löst in diesem Fall genug Mut bei einer anderen Person aus,
auch ihres zu beenden. Die Wahrheit greift also von einer Person zur anderen über.

Julius Caesar steht von Anfang an für die Wahrheit ein, da er ohnehin „nichts mehr zu erhoffen hat“ (S.25). Er setzt
die Jugend freimütig mit Fischen gleich (S.27) und bezeichnet das neue Zeitalter als Anbruch der „kalte[n] Zeiten,
[dem] Zeitalter der Fische“ (S.27). Offensichtlich fürchtet er sich nicht, für seine systemkritischen Äußerungen
belangt zu werden. Sein Wunsch, für die Wahrheit und Gerechtigkeit einzustehen, ist auch dafür verantwortlich, dass
er dem Lehrer helfen will, T zu stellen (S.128). Er ist es, der den Plan ersinnt, den Mord an N nachzustellen, um T ein
Geständnis zu entlocken (S.145f.).

Der Pfarrer ist zwar auch systemkritisch, aber zu pessimistisch, um die Kritik am Regime innerhalb der Kirche zu
verfolgen. Für ihn muss sie immer auf der Seite der Reichen stehen (S.50) und kann für die Armen nur an einer
„himmlischen“ (S.51) Front kämpfen (das heisst nach dem Tod). Er lobt den Lehrer für sein wahrheitsgetreues
Geständnis vor Gericht (S.131) und hilft ihn, einen neuen Beruf zu erhalten.

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7. Gottesglaube
diable
Gott oder Teufel?

Schon im Titel wird angedeutet, dass Gott in dem Roman eine große Rolle zukommt (s. Titel). Er ist im gesamten
Roman präsent. Besonders wichtig wird der Gottesglaube beim Wendepunkt der Geschichte (Mord des N) und bei der
Veränderung des Lehrers.

Der Lehrer hat bis zum Ersten Weltkrieg an Gott geglaubt. Er hat sich dann vermutlich vom Glauben abgewendet,
weil er nicht verstehen konnte, warum „Gott einen Weltkrieg zuläßt“ (S.46). Dennoch nehmen Gott und der Glaube
viel Platz in seinem Denken ein. Vor sich selbst und vor anderen argumentiert er nämlich so, als würde er noch an ihn
glauben und sein Wort für universell gültig halten.

In einem Selbstgespräch äußert er zum Beispiel: „[…] der Mensch dürfte wohl böse sein, und das steht auch schon in
der Bibel“ (S.12). Vor Ns Vater ruft er ironisch und laut aus: „[…] das steht doch bereits in der Bibel, daß alle
Menschen Menschen sind“ (S.16). Dies weist bereits darauf hin, dass er womöglich seinen Glauben gar nicht verloren
hat.

Während seines Gespräches mit dem Pfarrer sagt der Lehrer klar, dass er nicht an Gott glaubt, macht sich aber
gleichzeitig ganz konkret Gedanken über ihn (Gott): „Was ist das für ein erbärmlicher Gott, denke ich mir, der die
armen Kinder straft!“ (S.52). Erneut klingt es so, als würde er Gott regelrecht zürnen, aber ihn als reale Existenz
anerkennen.

Der Lehrer vertraut auf die Existenz einer höheren Macht, deren Charakter er nicht erfassen kann. Als er sich selbst
die Frage stellt, ob er wirklich an keinen Gott glaubt, antwortet er intuitiv mit: „Ich weiß es nicht. […] Ich will nicht
an ihn glauben“ (S.57). Für den Lehrer scheint es von primärer Wichtigkeit zu sein, nicht an das glauben zu müssen,
an das er nicht glauben will. Aber er zeigt immer wieder, dass er an die Existenz von Gott glaubt, wenn er zum
Beispiel gedanklich den Spruch: „‘Gott ist das Schrecklichste der Welt‘“ (S.58) bejaht.

Gott als Kumpan (= als Freund)

Der grundlegende Glaubenswandel des Lehrers beginnt sich zu vollziehen, als er die Stimme von Gott hört, die ihn
zur Wahrheit mahnt und die ihn darum bittet, seine eigene Schuld einzugestehen (S.100). Sobald er dieser
Aufforderung nachkommt, verliert er seine Angst vor Gott (S.106) und fragt sich, ob er von nun an auch bei ihm
wohnt (S.112).

Auch wenn die Gottesauffassung des Lehrers sich im Laufe des Romans verändert, sieht er ihn nie als einen
wohlmeinenden „Vater“ an. Gott ist für ihn ein lebendes Wesen. Er ist ein Vertrauter und ein Berater. Er kann ihn
sehen und hören. Als der Staatsanwalt ihn beispielsweise nach Ts Tod verhört, glaubt der Lehrer, Gott beobachten zu
können:
„Er (Gott) trat aus dem Zelte, wo der Z schlief, und hatte das Tagebuch in der Hand. Jetzt sprach er mit dem R und
ließ den Z nicht aus den Augen […] Ich werfe einen Blick auf Gott. Er lächelt. Warum? Und wie ich mich so frage,
sehe ich ihn nicht mehr. Er ist wieder fort“ (S.84).

„Traurig wie eine Kindheit ohne Licht“ (S.156) beschreibt er Gottes Augen. Doch Gott ist für ihn nicht der höhnische
Spötter mit „tückische[n], stechende[n] Augen“ (S.98), sondern derjenige, der ruhig und bedacht dafür eintritt, dass
das Unrecht, wenn es schon nicht vermieden werden kann, so doch wenigstens aufgedeckt wird. Am Ende setzt der
Lehrer Gott schlicht mit der Wahrheit gleich (S.156).
maître du hasard
Gott als Herr des Zufalls

Noch bevor der Lehrer sich gedanklich klar zum Gottesglauben bekennt, beschreibt er bereits seine erste Begegnung
mit ihm. Gottes Erscheinen im Lager ist für den Lehrer „furchtbar“ (S.82) und er kann nicht verstehen, warum dieser
lächelt, als Z für den Mord beschuldigt wird (S.85). Danach steht er Gott geradezu spöttisch und verächtlich
gegenüber. Wenn er Zs gerichtliche Aussage zum Beispiel kommentiert, spricht er vom Tag der Mordentdeckung als
den Tag, „an dem der liebe Gott kam“ (S.93).
Der Lehrer glaubt an einen Gott, den er nicht mag (S.98). Als ungerecht, „nicht gut“ und „kalt, sehr kalt“ (S.98)
beschreibt er ihn. Für alle Ungerechtigkeiten, die sich ereignen, macht er Gott verantwortlich und unterstellt ihm
dabei, dass er diese eigentlich hätte verhindern können: „Warum verurteilt er die Mutter, wenn er den Sohn
verdammt?“ (S.98).
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Der Herr des Zufalls ist auf jeden Fall im Buch sehr präsent, und führt den Lehrer meisterlich, ruhig und sicher auf die
Spur und Enttarnung des wahren Täters. «Der Mensch denkt, Gott lenkt».

8. Gesellschaftskritik
suiveurs
Die drei Hauptkritikpunkte an der Gesellschaft betreffen: die Jugend, die Rolle der Kirche und die Mitläufer und
Geldgeber. actionnaire
Nur am Rande der Gesellschaftskritik wird der Sport am Beispiel des Fußballs als ein Betäubungsmittel kritisiert:
„dann existiert für den Zuschauer nichts auf der Welt außer dem Fußball, ob die Sonne scheint, obs regnet oder
schneit. Dann hat er alles vergessen“ (S.11).

Jugend

Im Roman ist nicht eindeutig präzisiert, ob das nationalsozialistische Deutschland oder ein anderer totalitär regierter
Staat dargestellt wird. Der Bezug auf das NS-Regime wird aber stark angedeutet. 1938 wurde „Jugend ohne Gott“ auf
von den Nationalsozialisten wegen seiner „pazifistischen Tendenzen“ auf die Liste „des schädlichen und
unerwünschten Schrifttums“ gesetzt.

Im Zentrum der gesellschaftlichen Kritik steht die vormilitärische Erziehung der Jugend (siehe Abschnitt
Generationskonflikt). Bereits der Titel deutet den gefühllosen und ideal-losen Zustand der Jugend an. Ihr Problem sei
es in erster Linie, dass ihr „alles Denken“ (S.21) verhasst ist. Dadurch wird bedingt, dass die Aussagen der Medien
unhinterfragt in ihre Köpfe gelangen und als einzig mögliche Wahrheit gesehen werden. Die Individualität
verschwindet (siehe Abschnitt moralische Wahrheit´): Die Schüler tragen im Roman nicht einmal einen vollständigen
Namen.

Der Lehrer spürt den Verlust der Denkfähigkeit seiner Schüler beispielsweise dann, wenn er ihre Aufsätze korrigiert,
die allesamt „mit schiefen Voraussetzungen, falsche Schlußfolgerungen ziehen“ (S.9). Auch für die Kriegspropaganda
der Nationalsozialisten sind die Schüler folglich sehr zugänglich, so zugänglich, dass viele von ihnen davon träumen,
als Kriegshelden zu sterben (S.21).

Die Rolle der Kirche

Die Schuld der Kirche kommt durch den Pfarrer zum Ausdruck. Er sieht das Leid der armen Dorfkinder und
rechtfertigt trotzdem die kirchliche Position (S.47-53). Er postuliert, dass die Kirche treu auf der Seite des Staates und
damit auf der Seite der Reichen stehen muss: „Und der Kirche, Herr Lehrer, ist leider nicht die Macht gegeben, zu
bestimmen, wie ein Staat regiert werden soll. Es ist aber ihre Pflicht, immer auf Seiten des Staates zu stehen [,] der
leider immer nur von den Reichen regiert werden wird“ (S.48).

Der Pfarrer symbolisiert einerseits die Ausweglosigkeit der Kirche und bekräftigt andererseits ihre Hilfsbereitschaft
im Jenseits: Ausweglos sei die Kirche deshalb, weil ihr die Macht fehle, den Staat zu kritisieren (S.48), und gütig, weil
sie den Armen an der „himmlischen“ (S.51) Front helfe (das heisst, wenn nach dem Tod).

Dennoch ist auch der Blick des Pfarrers auf Gott nicht ungetrübt, wenn er ihn als „das Schrecklichste auf der Welt“
(S.51) bezeichnet. Die kirchliche Position, die der Pfarrer im Roman einnimmt, ähnelt dem resignierten und stummen
Verhalten der Kirche unter Hitlers nationalsozialistischen Diktatur sehr (siehe Epoche: Kreuz und Hakenkreuz: Kirche
und Nationalsozialismus).

Mitläufer und Geldgeber

Der Schuldirektor verkörpert den Stereotyp eines Mitläufers. Während er zwar die humanistischen Werte des Lehrers
teilt, sind ihm seine Pension und Absicherung wichtiger, als „dem Zeitgeist [zu] widersprechen“ (S.17). Er entpuppt
sich als zwar gedanklich systemkritisch, aber in der Realität ist er ein bejahender Mitläufer des diktatorischen
Systems. Er befolgt dessen Vorschriften, versteckt seine eigene Meinung und leidet unter der aktuellen
gesellschaftlichen Lage. Er sieht in seiner Position aber keinen Zwang, sondern gibt zu, eine Wahl zu haben (S.17).

Er ist sicher eine der vielen Mitläufer, die beim Geburtstag des Oberplebejers marschieren: „Durch die Straßen
marschierten die Mädchen, die den verschollenen Flieger suchen, die Jungen, die alle Neger sterben lassen, und die
Eltern, die die Lügen glauben, die auf den Transparenten stehen. Und die sie nicht glauben, marschieren ebenfalls mit“
(S.117). Sie schwimmen mit dem Strom in einem „Zeitalter der Fische“ (S.27), wie Julius Caesar die Periode, in der
sie leben, charakterisiert.
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Der Schuldirektor erklärt am Beispiel des alten Roms, dass sie in einer „plebejischen Welt“ (S. 17), einer Welt der
„reichen Plebejer“ (S. 18) leben, in der man sich arrangieren müsse. Dazu antwortet der Lehrer: „[…] soviel ich weiß,
regieren bei uns doch keine armen Plebejer, sondern es regiert einzig und allein das Geld“ (S.17f.). Hiermit drückt der
Autor indirekt Kritik an den reichen Unternehmen und Banken aus, die die Nationalsozialistische Partei ge- und
unterstützt haben, wie zum Beispiel Thyssen, Krupp, Siemens, BASF, Bayer, Bosch, Opel, Porsche, BMW, Ford,
Allianz, Hugo Boss, ITT, Rockefeller, Dresdner Bank oder Deutsche Bank.

„Die Männer sind verrückt geworden, und die nicht verrückt geworden sind, denen fehlt der Mut, die tobenden
Irrsinnigen in die Zwangsjacken zu stecken“(S.43). Den Mitläufern fehlt der Mut, Verantwortung zu übernehmen und
für die moralische Wahrheit zu kämpfen. Im Nazideutschland haben sie geschwiegen und nicht reagiert, als ihre
jüdischen Nachbarn diskriminiert und deportiert worden sind. Sie haben damit den Holocaust mit zugelassen.

9. Rezension (=Zusammenfassung)

Der Protagonist in Ödön von Horváths drittem Roman, „Jugend ohne Gott“ (1937), ist ein namenloser 34-jähriger
unzufriedener Geschichts- und Geografielehrer. Er kann sich nicht mit dem Zeitgeist identifizieren und muss als
Beamter seine humanistische Einstellung unterdrücken. Anfangs überwiegt seine Angst, mittellos gemacht zu werden,
gegenüber dem Bedürfnis, die Gesellschaft weiter zu kritisieren – er schweigt die meiste Zeit. Debatten trägt er vor
allem in Selbstgesprächen aus, weil er nicht wissen kann, wer ideologisch auf seiner Seite steht.

Als ein Schüler während eines Zeltlageraufenthalts ermordet wird, ist der Lehrer daran nicht ganz unbeteiligt. Die
Verschwiegenheit über seine Schuld (Kästchen aufgebrochen) seinerseits hat einen anderen Konflikt dramatisch
vergrössert. Plötzlich wird dem Lehrer vor Augen geführt, wie viel ein Nichtstun und eine passive Mitläuferschaft
auslösen können.

Am Beispiel des Lehrers wird die Wandlung eines passiven Menschen, der das diktatorische Regime zwar ablehnt,
aber seine persönliche Sicherheit nicht durch Kritik gefährden will, zum aktiven Handeln verdeutlicht. Mithilfe von
Gott, der ihm beisteht, entscheidet er sich dann für die Wahrheit und Gerechtigkeit: Er will dafür kämpfen, den
wahren Mörder zu stellen. Schlussendlich gelingt ihm dies auch, aber er muss dafür einen hohen Preis zahlen: Er
verliert seinen Beruf und muss am Ende emigrieren.

In „Jugend ohne Gott“ macht die Hauptperson, der Lehrer, eine bezeichnende Wandelung durch, und zwar vom
angepassten Beamten zum suspendierten Lehrer, vom Stillschweigenden zum Wahrheitsbejahenden, vom
Ungläubigen zum Gläubigen. Im Roman wird das Kämpfen des Protagonisten mit seiner eigenen Moral, mit seinem
eigenen Glauben und mit der sozialen und politischen Anpassung in einem politischen System, das stark an das
nationalsozialistische Deutschland erinnert, dargestellt.

Im Roman wird nicht eindeutig präzisiert, ob Nazideutschland oder ein anderer totalitär regierter Staat dargestellt
wird. Aber das Werk zeigt höchstwahrscheinlich viele autobiografische Bezüge und entblößt die Einstellungen einer
Gesellschaft, die sehr stark an die erinnert, die nach 1933 durch die nationalsozialistische Ideologie und Propaganda
beeinflusst wurde. Der Autor verurteilt nicht nur die militärische Früherziehung und Wertlosigkeit der damaligen
Jugend an, sondern kritisiert auch die Mitläufer, die ihr eigenes Denkvermögen, um ihren eigenen Status und ihre
soziale Existenz zu sichern, einfach abgeschaltet haben.

Der Roman eröffnet mehrere Lesarten. Denn er ist zugleich eine spannende Kriminalgeschichte, ein Zeitdokument mit
historischen Elementen, ein gesellschafts- und sozialkritisches Werk, ein spirituelles Buch und die psychologische
Studie eines Menschen, der sich auf der Suche nach den eigenen Werten, der eigenen Identität und dem eigenen
Glauben befindet.

Der gesellschaftskritische und moralische Aspekt des Romans, sich für die Gerechtigkeit und Wahrheit zu engagieren,
anstatt sich nur an anderen Meinungen zu orientieren und die Augen egoistisch zu schließen, um Probleme zu
vermeiden, sind wohl noch in allen Kulturen und Bereichen hochaktuell.

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