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H. – D.

Handrack

Das Reichskommissariat
Ostland

Die Kulturpolitik
der deutschen Verwaltung
zwischen
Autonomie und Gleichschaltung
1941 – 1944
Inhaltsverzeichnis
Vorwort……………………………………………………………….………………………………..3
Forschungsproblematik und Quellenlage .................................................................... 4

I. Einleitung ......................................................................................................................... 7

II. Die deutsche Ostpolitik und der Baltische Raum


1. Der Reichsminister für die besetzten Ost gebiete Alfred Rosenberg ...................... 10
2. Planung und Vorbereitung der Ostverwaltung ..................................................... 17
3. Das Reichskommissariat Ostland
a. Aufbau und Aufgaben ..................................................................................... 35
b. Weißruthenien ........................................................................................................ 40
Zur Geschichte des Landes ................................................................................ 40
Weißruthenien unter deutscher Verwaltung ............................................................... 43
c. Estland, Lettland und Litauen ............................................................................... 48
Zur Geschichte der: Ostseeländer ..................................................................... 48
Unter deutscher Verwaltung: Der Kampf um Autonomie ......................................... 51

III. Die Kulturpolitik der deutschen Verwaltung im Reichskommissariat Ostland

1. Die Kulturelle Situation und die ersten kulturpolitischen


Maßnahmen der deutschen Verwaltung .................................................................... 66

2. Kirchenpolitik
a. Allgemeine Probleme ................................................................................................ 72
b. Die Römisch-Katholische Kirche ............................................................................... 80
c. Die Evangelische Kirche ........................................................................................... 82
d. Die Orthodoxe Kirche ........................................................................................ 84

3. Universitäten und Hochschulen im Ostland


a. Allgemeines .............................................................................................................. 89
b. Das Hochschulwesen in Estland .................................................................... 96
c. Das Hochschulwesen in Lettland ............................................................................ 100
d. Das Hochschulwesen in Litauen ............................................................................. 103
e. Das Hochschulwesen in Weißruthenien ....................................................... 104
f. Wissenschaft und Forschung .................................................................................... 10

4. Die Schulpolitik der deutschen Verwaltung im Ostland


a. Allgemeine Schulpolitik ................................................................................ 117
b. Das Schulwesen in Lettland .................................................................................... 121
c. Das Schulwesen in Estland ..................................................................................... 123
d. Das Schulwesen in Litauen .......................................................................... 124
e. Schulen für völkische Minderheiten ........................................................................ 126
f. Schulpolitik in Weißruthenien u. Jugendpolitik d. deutschen Verwaltung ................. 128
g. Die deutsche Schulpolitik im Schatten des Krieges ..................................... 135

1
5. Sonstige Bereiche des kulturellen Lebens
a. Presse .................................................................................................................... 137
b. Rundfunk ....................................................................................................... 140
c. Theater .................................................................................................................... 142
d. Soziale Einrichtungen. ............................................................................................. 147
e. Der Einsatzstab .............................................................................................. 147

IV. Schlussbetrachtung .............................................................................................. 149

V. Anhang: Karte, Statistik, Verwaltungsgliederung und Dokumente ........... 154

VI. Quellen und Literatur


1. Quellen ...................................................................................................................... 170
2. Enzyklopädien, Handbücher, Statistische Jahrbücher usw. ........................................ 172
3. Darstellungen aus zeitgenössischer Sicht .................................................................. 174
4. Darstellungen ..................................................................................................................
a. Bücher .................................................................................................................... 176
b. Aufsätze .......................................................................................................... 191

Abkürzungen .................................................................................................................... 200

2
Bei der vorliegenden Arbeit handelt
es sich um eine Dissertation der
Ludwig-Maximilian-Universität München.
aus dem Jahr 1975 (ISBN 3-88297-885-6)
aktualisiert u. korrigiert 5.1.2015

Vorwort

Der Gedanke zur Untersuchung der Deutschen Besatzungspolitik im Baltikum wäh-


rend des Zweiten Weltkrieges kam mir bei der vielfältigen Beschäftigung mit den Fra-
gen der Baltischen Geschichte, zu der ich nicht zuletzt durch meine Herkunft Bezie-
hungen habe.

Durch Gespräche mit Kennern der Baltischen Geschichte vergewisserte ich mich, dass
die Fragen der Besatzungspolitik noch so gut wie gar nicht bearbeitet waren, anderer-
seits genügend Material vorhanden sein müsste. Mein verehrter Lehrer, Herr Professor
Dr. Walter Bußmann, war an der Bearbeitung dieses Themengebietes in Form einer
Dissertation interessiert, da er selbst diese Zeit dort miterlebt hatte. Ihm schulde ich
großen Dank für seine Anteilnahme an meiner Arbeit, seine Verbesserungsvorschläge
und die Durchsicht der Entwürfe.

Auch wenn es mir dankenswerterweise ermöglicht wurde, die Bestände des Bundes-
Archivs in Koblenz, des Politischen Archivs des Auswärtigen Amtes in Bonn und des
Instituts für Auslandsbeziehungen in Stuttgart zu benutzen, wäre die Arbeit doch un-
vollständig und lückenhaft geblieben, wenn ich nicht in so großem Ausmaß auf die
Erinnerungen von maßgebenden Mitarbeitern des Ostministeriums, des Reichskom-
missariats für das Ostland, der General- und Gebietskommissariate hätte zurückgrei-
fen können, ebenso auf estnische, lettische und litauische Wissensträger. Ihre Namen
sind im Quellenverzeichnis aufgeführt. Bei ihnen möchte ich mich besonders bedan-
ken, auch wenn verständlicherweise nicht alle diese Informationen in der vorliegenden
Arbeit Verwendung finden konnten.

3
Andere wieder halfen mir durch Übersetzungen der wichtigsten estnischen, lettischen,
litauischen, weißruthenischen und russischen Literatur oder ermöglichten mir durch
ihre Hinweise ein lebendigeres und genaueres Verständnis der damaligen Situation
und auch des Alltags der Menschen, was mir das Aktenstudium allein kaum vermittelt
hätte.

Bei meiner Untersuchung habe ich mich bemüht, eine vollständige Sammlung sowohl
aller Bücher als auch der weit verstreuten Aufsätze zu diesem Thema in der Literatur-
Übersicht zusammenzustellen. Dank gebührt daher ferner den Mitarbeitern der Mün-
che-ner Universitäts-Bibliothek und der Bayerischen Staatsbibliothek, die mir bei der
zum Teil schwierigen Beschaffung dieser Literatur behilflich waren. Da die Arbeit im
Wesent-lichen 1975 abgeschlossen wurde, konnte später erschienene Literatur nur
noch z. T. berücksichtigt werden.

Forschungsproblematik und Quellenlage

Über die deutsche Besatzungspolitik in Rußland während des Zweiten Weltkrieges


konnte man sich bislang nur anhand weniger Arbeiten informieren, die einen gewissen
Gesamtüberblick gaben. Nach den Erinnerungen von Peter Kleist1 und der Zusam-
men-stellung von Otto Bräutigam2, die beide an maßgeblicher Stelle im Ostministerium
tätig waren, erschien die auf breiter Quellenbasis und vielen Interviews beruhende Ar-
beit von Alexander Dallin3. Weitere Arbeiten, wie die von Gerald Reitlinger4, brachten
in der Folgezeit nichts wesentlich Neues oder behandelten Spezialthemen. Die in der
Sowjet-union erschienen Arbeiten über den „Großen Vaterländischen Krieg“ be-
schränkten sich meist auf die Schilderung des heldenhaften Kampfes der Partisanen
und des antifaschistischen Widerstandes.

Daneben sind in der Zwischenzeit eine Fülle von Memoiren unterschiedlicher Qualität
und Ergiebigkeit erschienen. Für die politische Entwicklung ist es bezeichnend, dass

1 Peter Kleist: „Zwischen Hitler und Stalin - 1939 – 1945“, Bonn 1950
2 Otto Bräutigam: „Überblick über die besetzten Ostgebiete“, Tübingen 1954
3 Alexander Dallin: „Deutsche Herrschaft in Rußland, 1941-1945“,Düsseldorf 1958
4 Gerald Reitlinger: „Ein Haus auf Sand gebaut“, Hamburg 1958

4
die meisten Memoiren baltischer und russischer Emigranten bis etwa 1950 in einem
wesentlich schärfer antideutschen Ton geschrieben wurden, als die später erschiene-
nen Arbeiten.

Eine eigene Untersuchung über das baltische Gebiet, das „Reichskommissariat Ost-
land“, das sich deutlich von den übrigen besetzten Ostgebieten unterschied, fehlte bis-
her, obwohl sich die Quellenlage inzwischen deutlich verbessert hatte.5

Trotz des Fehlens einer Gesamtdarstellung der Besatzungspolitik im Reichs-kommis-


sariat Ostland erschien eine Beschränkung auf den Sektor der Kulturpolitik aus meh-
reren Gründen geboten. Um die Ideen Rosenbergs und die Praxis seines Ost-ministe-
riums sichtbar werden zu lassen, bleibt nur der kulturelle Sektor übrig, da dem Minis-
terium auf allen anderen Gebieten die Kompetenzen beschnitten, bestritten oder ganz
entzogen waren; nur hier konnte Rosenberg versuchen, seine Vorstellungen einiger-
maßen durchzusetzen. Nur auf einem so abgegrenzten Sektor lässt sich erkennen,
warum ursprüngliche Konzeptionen abgeändert wurden, ob es aufgrund der veränder-
ten politischen oder militärischen Lage geschah oder durch die persönliche Einfluss-
nahme Einzelner, die politische Verantwortung trugen. Nur auf dem kulturellen Sektor
war es überhaupt möglich, dass sich Erlasse des Ostministeriums bis auf die unterste
Verwaltungsebene und auf die betroffene Bevölkerung in der ursprünglichen Konzep-
tion auswirken konnten, ohne dass sie durch Einwände anderer Ministerien torpediert
oder aufgehoben wurden. Durch die Darstellung des tatsächlichen kulturellen Lebens
im Ostland kann dann weiter gezeigt werden, an welcher Stelle und aus welchen Grün-
den die in Berlin beschlossenen Richtlinien nicht immer wirksam werden konnten.

Eine Vergleichsmöglichkeit mit einer andersartigen Besatzungspolitik ist zudem in dem


gleichen Ministerium zu finden, da die weißruthenischen Gebiete innerhalb des
Reichskommissariats Ostland eine andere Behandlung erforderten und auch erfuhren.
Dabei bot Weißruthenien als Partisanengebiet nicht eben viele Ansatzmöglichkeiten
für kulturelle Maßnahmen und entsprechend dürftig ist teilweise die Quellenlage.

5 Nach Fertigstellung der vorliegenden Arbeit erschien die auf umfangreichem Quellenstudium beru-
hende Dissertation des finnischen Archivars Seppo Myllyniemi: „Die Neuordnung der Baltischen Staa-
ten 1941 – 1944“, Helsinki 1973, die sich aber in erster Linie mit dem ideologischen Hintergrund der
deutschen Besatzungspolitik in den baltischen Ländern, also ohne Weißruthenien, befasst. Die Arbeit
von Roswitha Czollek: „Faschismus und Okkupation“, Berlin 1974, befasst sich aus kommunistischer
Sicht mit der Wirtschaftspolitik. Sie stellt die deutsche Zivilverwaltung als eine homogene Einheit dar.
5
Aber auch innerhalb des „eigentlichen“ Ostlandes, wie die drei baltischen Gebiete oft
genannt wurden, gab es Unterschiede in der Behandlung der Esten, Letten und Li-
tauer. Und schließlich war gerade der kulturelle Sektor für die Baltischen Völker von
entscheidender Wichtigkeit für ihre Einstellung gegenüber der Besatzungsmacht.

Die Aktenbestände des Politischen Archivs des Auswärtigen Amts sind wenig ergiebig,
dieses ist aus der Tatsache zu verstehen, dass das AA sich nicht mit der Ostpolitik
befassen durfte, sondern diese ganz Rosenberg überlassen musste. Die vorhandenen
Akten des Ostministeriums6, des Reichskommissariats und der General- und Gebiets-
kommissariate ergeben allein noch kein genaues oder zutreffendes Bild von der tat-
sächlichen Situation im Ostland, ja nicht einmal von den Plänen und Maßnahmen der
leitenden Behördenvertreter. Denn häufig wurde im offiziellen Schriftverkehr die Wahr-
heit sehr verschleiert dargestellt, besonders wenn es darum ging, eine Abkehr von der
offiziellen Linie zu erreichen und zu begründen. Nur den amtlichen Berichten zu folgen,
hieße also vielfach, einen Zustand zu schildern, den es in Wirklichkeit überhaupt nicht
gab. Hier waren als Korrektiv die verschiedenen Memoiren und vor allem die persön-
lichen Mitteilungen von unmittelbar Beteiligten und Betroffenen unbedingt notwendig,
auch wenn es nicht immer ganz einfach war, die Erinnerung und die schriftlichen Do-
kumente in Einklang zu bringen. Um aber nicht nur eine Geschichte der Institutionen
der deutschen Verwaltung zu schreiben, sondern daneben auch ein Bild vom kulturel-
len Alltag in den baltischen Gebieten während des 2. Weltkrieges zu zeichnen, waren
die Gespräche und Interviews unerlässlich und wurden vom Verfasser in besonderem
Maße berücksichtigt.

6 Ein großer Teil der Akten ging bei der Bombardierung Berlins verloren, weitere wurden bei Kriegsende
durch Rosenbergs Adjutanten durch Handgranaten vernichtet, dass aus dem Ministerium trotzdem
noch relativ viele Akten vorhanden sind, ist dadurch zu erklären, dass Rosenberg von vielen Vorgän-
gen im Ostministerium Abschriften in seinem „Amt Rosenberg“ aufbewahrte. (Mitteilung von Dr. G.
Marquart). Die Akten des RKO sind im Bundesarchiv erst vorsortiert und daher schwer zugänglich.
Die Akten im Rigaer Staatsarchiv sind für Ausländer nicht zugänglich.
6
I. Einleitung

Für die deutsche Öffentlichkeit, die sich mit Problemen des Ostens auseinandersetzte,
wie auch für die deutschen Politiker, hat der baltische7 Raum seit jeher eine besondere
Rolle gespielt. Auch ohne genauere geschichtliche Detailkenntnisse hat man diese
Gebiete immer deutlich vom übrigen Rußland unterschieden, selbst wenn sie lange
Zeit im russischen Staatsverband miteinander vereint waren. Und dieses mit Recht, da
die späteren baltischen Provinzen Russlands bis 1591 als deutsches Ordensland Mit-
glied des Deutschen Reiches war.

In den letzten Jahrzehnten scheint diese differenzierende Betrachtungsweise ge-


schwunden zu sein: so wie es auch heute bequemer ist, den Vielvölkerstaat Sowjet-
union als monolithischen Block zu betrachten und sich damit über das Selbstbestim-
mungsrecht der kleineren Völker hinwegzusetzen, war es auch während des Dritten
Reiches schwer, gegen die offizielle Version von der Einheit des Ostens anzukämpfen,
wobei die Voranstellung von „Ost-“ jedem Begriff zusätzlich einen leicht negativen Bei-
geschmack gab. Eine differenzierende Betrachtungsweise erscheint manchem Politi-
ker kleinlich und störend bei der Verfolgung großer Pläne; besonders in der deutschen
Ostpolitik war dies ein regelmäßig wiederkehrender Fehler, der nicht nur an eine be-
stimmte Epochen gebunden war.

Ebenso falsch wäre es natürlich, wollte man die deutsche Ostpolitik auf einen Nen-
ner bringen, etwa auf den angeblich jahrhundertealten „Drang nach Osten“. Die Er-
oberung Livlands durch den „Deutschen Orden“ galt der Christianisierung des Lan-
des und war von der Kreuzzugsidee geprägt.

Die Suche nach neuem Lebensraum im dünn besiedelten Osten ging keineswegs
von der seit dem Mittelalter im deutschen Reich stetig wachsenden Bevölkerung
aus, bzw. wurde von deutschen Staatsmännern oder Fürsten mit politischer Zielset-
zung veranlasst, sondern erfolgte auf Drängen russischer und polnischer Fürsten mit

7 Wenn im Folgenden der Ausdruck „baltisch“ gebraucht wird, so bezieht er sich sowohl auf die Letten
und Litauer als auch auf die Esten. Diese Zusammenfassung setzt sich mehr und mehr durch, auch
wenn streng genommen die Esten mit ihrer finno-ugrischen Sprache nicht zu den Balten gehören.
Andererseits umfassten die früheren „baltischen Ostseeprovinzen“ die Esten und Letten, nicht aber
die Litauer. Der Sprachgebrauch „baltisch“ bezieht sich auf die Angehörigen der ehemals selbststän-
digen Staaten Estland, Lettland und Litauen, bzw. der heutigen entsprechenden Sowjetrepubliken
nach der Annexion durch die Sowjetunion 1940.
7
großen Versprechungen, um ihren unterentwickelten Ländern tüchtige Bauern und
zum Aufbau ihrer Städte qualifizierte Handwerker zuzuführen.

Die schnell aufblühenden deutschen Bauernkolonien an .der Wolga, im Kaukasus und


in Wolhynien, der Aufbau der russischen Hauptstadt St. Petersburg mit im Westen
angeworbenen Deutschen, Franzosen, Italienern und Holländern durch Zar Peter
den Großen und seine Nachfolger und die gleichzeitige Schaffung deutscher Bau-
erndörfer westlich von Petersburg zur Ernährung der schnell wachsenden Stadt,
muss eher als planvolle russische Siedlungspolitik bezeichnet werden, denn als ziel-
strebige deutsche Ostpolitik.

Auch bei der Betrachtung der nationalsozialistischen Ostpolitik zeigt sich eine ver-
wirrende Vielfalt von Tendenzen und Vorstellungen mit jeweils eigener Tradition, die
zu einem oft recht weiten Auseinanderklaffen von Ideologie und Praxis führten, ganz
abgesehen davon, dass man nicht einmal von einer einheitlichen NS-Ideologie spre-
chen kann. Als das Dritte Reich mit dem Angriff auf die SU die Möglichkeit hatte, die
Verhältnisse im Osten zu verändern, fehlte ein klares Konzept, obwohl die Absicht
einer Veränderung schon seit den ersten Anfängen der NS-Bewegung eine beherr-
schen-de Rolle spielte. Jedenfalls hielt es die deutsche Führung vor Beendigung des
Krieges im Osten nicht für opportun, Entscheidungen über eine neue Raumordnung
im Osten zu treffen.
Es gab zwar den Programmpunkt „Gewinnung von Lebensraum im Osten“, vielleicht
sogar auch einige Vorstellungen darüber, wie es später aussehen sollte, nicht aber
wie man zu diesem Ziel gelangen könnte. Und mit militärischen Mitteln allein war
dieses Gebiet nicht auf Dauer zu organisieren, vor allem, wenn das Reich und Eu-
ropa „für Jahrhunderte vom asiatischen Druck befreit“ werden sollte. Während der
ganzen militärischen Vorplanungen für diesen größten aller Feldzüge – auch wenn
man nur mit einem höchstens 3-monatigen Blitzkrieg rechnete – wurde die politische
Planung völlig vernachlässigt und fanden innerhalb der deutschen Führung keine
eingehenden Diskussionen über die zu erwartenden politischen Probleme statt. Als
dann schließlich dem politischen Bereich eine gewisse Aufmerksamkeit geschenkt
wurde, wurden die politischen Überlegungen nicht mit den militärischen koordiniert.
Trotz der Propa-ganda-Formel vom „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ war es
keine politische oder gar psychologische Kriegsführung.

8
Äußerlich schien es ein Ansatzpunkt für die Hinwendung zu einer zielbewussten po-
litischen Konzeption zu sein, als der Mann mit der Bearbeitung der Ostfragen betraut
wurde, der als einziger in der obersten Parteispitze über eine gewisse Kenntnis die-
ser Probleme verfügte. Aber schon als Rosenberg dieses Amt übertragen wurde,
wurde deutlich, dass es ihm kaum gelingen würde, seine Vorstellungen, wie auch
immer sie aussehen mochten, durchzusetzen. Was ihm fehlte, war in erster Linie
die wirkliche Kompetenz, die man bei einem solchen Super-Minister vermuten
sollte. Seine Konkurrenten in der Partei hatten ihn längst überrundet; von Anfang an
war er von einer Kombination von Kräften isoliert, die trotz unterschiedlicher Ziele
darin einig waren, Rosenbergs Autoritätsbereich zu beschneiden. Dort wo eine eini-
germaßen, wenn schon nicht ausgewogene, so wenigstens einheitliche Konzeption
am nötigsten gewesen wäre, rivalisierten die verschiedensten Staats- und Partei-
stellen um Ziele ebenso wie um Ämter. So hatte Rosenberg „weniger Autorität als
so mancher andere, der offiziell keine Rolle im Drama des Ostens spielte“.8

„Niemals ist ein deutscher Minister schlechter als Rosenberg behandelt worden.“ 9

Sogar die Auswahl seiner Untergebenen konnte er nicht selbst treffen und einige sei-
ner Satrapen dachten gar nicht daran, sich seinen Anordnungen zu fügen. So wurde
Rosenberg für eine Politik verantwortlich, die zu beeinflussen ihm verwehrt war.

Diese persönlichen und sachlichen Differenzen verursachten einen hohen Reibungs-


verlust, der noch durch die umständliche Behördenmaschinerie eines sich immer
mehr aufblähenden Verwaltungsapparates verstärkt wurde. Was schließlich für die
betroffenen Völker im Osten herauskam, war kaum noch als Politik zu bezeichnen.
Weniger durch die Härte der einzelnen Maßnahmen als vielmehr durch die Plan- und
Ziellosigkeit der deutschen Politik wurde das anfangs reichlich vorhandene Vertrau-
ens-kapital verspielt. Bei der Bevölkerung, die 1941 die deutsche Wehrmacht noch
als Befreier begrüßte, machte sich bald Resignation bemerkbar, die in einigen Ge-
bieten in passiven oder gar aktiven Widerstand umschlug. Besonders groß war die
Enttäuschung bei den Völkern, die auf eine eigene geschichtliche Entwicklung hin-
weisen konnten und gehofft hatten, von den Deutschen bald die staatliche Unabhän-

8 A. Dallin, „Deutsche Herrschaft in Rußland“ S.


9 G. Reitlinger, „Ein Haus auf Sand gebaut“, S. 151

9
gigkeit oder zumindest eine weitgehende Autonomie zu erhalten. Wenn man deut-
scherseits gerade den baltischen Völkern, deren Geschichte älter ist als die zwei
Jahrzehnte ihrer Eigenstaatlichkeit, auch etwas mehr entgegenzukommen bereit war,
so wirkte sich das in der Praxis nicht so entscheidend auf das Verhältnis zur deut-
schen Verwaltung aus, da hier auch die Erwartungen entsprechend höher waren.
Nachdem auch der Westen die baltischen Völker schon 1940/41 im Stich gelassen
hatte, blieb ihnen 1944 tragischer weise nur eine Alternative zur deutschen Herr-
schaft: die Wiederbesetzung durch die Rote Armee und zwangsweise Eingliederung
in die Sowjetunion, was den Beginn der endgültigen Vernichtung des völkischen Ei-
genlebens bedeutete, wie die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten gezeigt hat.

II. Die deutsche Ostpolitik und der Baltische Raum

1. Der Reichsminister für die besetzten Ostgebiete Alfred Rosenberg

Als die Weltöffentlichkeit 1939 vom deutsch-sowjetischen Vertrag überrascht wurde,


schien sich nicht nur eine völlige Änderung der nationalsozialistischen Politik anzu-
bahnen, es schien auch die politische Karriere jenes Mannes endgültig beendet zu
sein, der als früherer außenpolitischer Experte der Partei am entschiedensten gegen
die bolschewistische Bedrohung Stellung genommen hatte. Es war dagegen nur fol-
gerichtig, ihn nach dem Entschluss zur erneuten Kursänderung wieder hervor zu ho-
len und mit der „zentralen Bearbeitung der Fragen des osteuropäischen Raumes“ zu
beauftragen. Die Gründe dafür waren aber nur zu einem ganz geringen Teil sachli-
cher Natur. Wer war dieser Mann, den Hitler zum Herrscher über viele Millionen Men-
schen machen wollte, nur weil er das Gefühl hatte, ihm einen Posten schuldig zu
sein?

Alfred Rosenberg wurde am 12. Januar 1893 in Reval geboren. Seine Kindheit und
Jugend verbrachte er in einer Zeit und Umgebung, die gekennzeichnet war von dem
Kampf des baltischen Deutschtums um die von Peter dem Großen garantierten Pri-
vilegien. Von diesem Kampf merkte der junge Rosenberg allerdings nur insofern et-
was, als er z.B. in einer deutschen Schule mit deutschen Lehrern und Schülern die

10
russische Sprache als Unterrichtssprache akzeptieren musste. Er selbst wuchs in
abgeschlossener häuslicher Atmosphäre auf, ohne, wie er ehrlich zugibt, viel von den
ihn umgebenden sozialen und nationalen Spannungen Notiz zu nehmen. Während
des 1.Weltkrieges wurde das Rigaer Polytechnikum (technische Hochschule) nach
Moskau evakuiert, wohin ihm auch der Architekturstudent Rosenberg folgte, um sein
Studium zu beenden. Dass er im ersten Weltkrieg auf russischer Seite gekämpft
hätte,10 gehört in den Bereich der Legende oder auch der Gegenpropaganda, ebenso
wie Vermutungen über seine möglichen „jüdischen Vorfahren“. Ein Angebot, sofort
nach seinem Staatsexamen als Assistent einer seiner Professoren in Moskau zu blei-
ben, lehnte er ab und fuhr zurück nach Reval, wo vierzehn Tage später deutsche
Truppen einmarschierten. Da er als Kriegsfreiwilliger nicht angenommen werden
konnte, nahm er in Reval an 3 Schulen gleichzeitig eine Stelle als Zeichenlehrer an.
Erst Ende 1918 ging er ins „Reich“, wo er in München Anschluss fand an die neue
und noch amorphe Gruppe um Adolf Hitler.

Von seiner ersten Begegnung mit Hitler schreibt Rosenberg später: „Ich müsste lü-
gen, wollte ich behaupten, ich sei von ihm überwältigt worden, als bedingungsloser
Anhänger, wie so viele erklärten, als ihm schon Leistung und Name vorausgingen“.11

Seine Bedeutung für die Anfänge der NS-Bewegung soll hier nicht im Einzelnen ge-
würdigt werden. Zusammen mit Dietrich Eckard arbeitete er im „Völkischen Beobach-
ter“, dessen Chefredakteur und – 1921 – Herausgeber er wurde. Hitler soll einmal
zum Scherz gesagt haben, der frühere VB hätte besser „Münchner Beobachter –
Baltische Ausgabe“ gehießen.12 Als Hitler nach dem missglückten Putschversuch
vom November 1923 in Landsberg saß und die Partei verboten war, führte Rosen-
berg in seinem Auftrag die Arbeit der Partei weiter. 13

10
So u. a. A. Dallin, S. 37, der deswegen auch vergeblich nach „Gewissenskonflikten" forscht. Eine
Biographie Rosenbergs steht noch aus; soweit in der bisherigen Literatur auf ihn eingegangen wird,
sind die Darstellungen seiner Entwicklung und die Deutung seiner Persönlichkeit meist unbefriedi-
gend, oft auch unzutreffend. Vielfach liegt es daran, dass den meisten Autoren die Situation in den
Ostsee-provinzen und im zaristischen Rußland völlig fremd ist. (z.B.: G. Schubert, „Die Anfänge der
national-sozialistischen Außenpolitik 1919 - 23“, Köln 1963, S. 99 - 138, bes. S. 104).
11
Rosenberg: „Letzte Aufzeichnungen“, S. 91.
12
Hitlers Secret Conversations, (Signet Edition) p. 602; zit. nach W. Laqueur, Deutschland und Rußland,
Berlin 1965, S. 63. Im allgemeinen wird die Rolle der Deutsch-Balten in dieser Phase übertrieben, vor
allem ist es unmöglich, sie als eine homogene Gruppe zu betrachten, die als Ahnenreihe Viktor Hehn,
Theodor Schiemann, Johannes Haller und Paul Rohrbach hätte.
13 „Ich erhielt ein Stück Papier, darauf stand mit Bleistift etwa: 'Lieber Rosenberg! Führen Sie ab jetzt

die Bewegung!“, Rosenberg, Letzte Aufzeichnungen, S. 101.


11
Gegen den ausdrücklichen Wunsch Hitlers entschied Rosenberg für eine Wahlbe-
teiligung bei den bevorstehenden Landtags- und Reichstagswahlen, da es ihm die
einzige Möglichkeit zu sein schien, die verstreuten Anhänger zusammenzuhalten.
Als Hitler schließlich in dieser Frage nachgab, aber wünschte, dass Rosenberg
selbst auch kandidiere, setzte dieser wiederum seine gegenteilige Meinung durch,
um sich später nicht vorwerfen zu lassen, nur wegen eines Reichstagsmandats für
die Wahlbeteiligung gestimmt zu haben. Es blieb bei Hitler, als er ins öffentliche Le-
ben zurückgekehrt war, eine Vermutung zurück, und er hielt sich den „Philosophen“
möglichst vom Leibe.
Den Ruf eines „Philosophen“, sein Ansehen und Stellung als Programmatiker der
Partei verdankt er in erster Linie seinem 1928 abgeschlossenen, 1930 im Oktober
erschienen Werk „Der Mythus des 20. Jahrhunderts“, das bis 1943 schon eine Aufla-
genhöhe von über 1 Million erreichte. 14 Er selbst hat den Wert dieses Buches nicht
überschätzt, er hielt den „Mythus“15 für eine bessere „Zusammenstellung von Zei-
tungsausschnitten“.16 Mittelpunkt dieses Werkes ist eine Art Physiognomik und Cha-
rakterkunde der Politik und der Kultur.

Rosenberg wurde Im April 1933 der Parteibeauftragte für außenpolitische und welt-
anschauliche Fragen, quasi der „Chef-Ideologe“. Aber nach der Machtergreifung er-
hielt er kein Ministerium, lediglich die Zusage Hitlers, ihn später als Staatssekretär
ins Auswärtige Amt zu setzen, „um dann weiter zu sehen“. Als aber Anfang 1938 v.
Ribbentrop Außenminister wurde, war Rosenberg tief gekränkt. Voller Enttäuschung
und Resignation schrieb er einen Brief an den Führer, 17 den er aber doch nicht ab-
zuschicken wagte. 18 So war es bis zu einem gewissen Grade ein „Trostpflaster“,
dass Rosenberg 1941 die zu erobernden Ostgebiete anvertraut wurden.

Sein geistiger Werdegang war zunächst durch die Hinwendung zur Kunst, zur Ma-
lerei und Architektur, gekennzeichnet. Sein ganzes Leben hat ihn „ein stilles Bedau-
ern beschlichen, nicht bei der Malerei geblieben zu sein“.19 Neben Zeichnen und

14 M. Weinreich, Hitlers Professors, S. 24.


15 nicht Mythos, wie vielfach zitiert wird.
16 Zimmermann, Erlebnisse und Gestalten im Ostministerium, MS im IfZ, S. 7.
17 Ein Durchschlag dieses Briefes wurde später bei Göring gefunden: „Aus Görings Schreibtisch“ -

ein Dokumentenfund, bearbeitet von T. R. Ermessen, Berlin 1947, S. 68 - 70 Dok. Nr. 29 und IMT,
Dok. USSR - 117, (Bd. XI, S. 638).
18 Großdeutschland - Traum und Tragödie, S. 283. Dort steht als Datum der 5. Februar 1938, richtig:

6. Februar 1938.
19 Großdeutschland - Traum und Tragödie, S. 14.

12
Malen nutzte er die Zeit, die ihm neben dem Korporationsleben in Riga noch blieb,
für das Studium Kant'scher und Schopenhauer'scher Werke. H. St. Chamberlain hat
seinen geistigen Weg ebenso beeinflusst wie die Beschäftigung mit russischer Mu-
sik (Mussorgskij) und russischer Literatur (Tolstoi, Puschkin, Gogol, Turgeniew und
besonders Dosto-jewski). Die durch seine Beschäftigung mit der germanischen und
griechischen Sagenwelt erworbene Erkenntnis vom Unterschied dieser beiden Wel-
ten wurde später ein Leitmotiv für Rosenbergs Versuche einer Philosophie der Kunst
auf der Grundlage „erbbeständiger Volkscharaktere“. Bei seinem Deutschlandbe-
such 1911 (Berlin, Dresden und München) wurde er von einem Schopenhauer-An-
hänger in die „indogermanische“ Geisteswelt eingeführt.

Als er sich nach dem 1. Weltkrieg in München niederließ, wandte er sich zunächst
auch wieder der geistigen Landschaft Altindiens zu, dann aber auch dem Studium
des Judenproblems. Er vertiefte sich in jüdische Autoren und Rabbiner, studierte
den babylonischen Talmud; seine Schriften wie „Die Spur des Juden im Wandel der
Zeiten“ und „Unmoral im Talmud“ zeugen von dieser Beschäftigung. Das Erlebnis
der Brutalität der bolschewistischen Revolution in Rußland wurde in seiner Vorstel-
lung zu einem Kampf des jüdischen Bolschewismus mit dem antisemitischen Zaren-
tum. Sowohl in der Entwicklung der kommunistischen Theorie von Moses Hess, Karl
Marx, Bernstein, Kautsky bis zu Trotzki wie auch in der bolschewistischen Praxis
schien ihm das jüdische Element vorherrschend zu sein. Diese propagandistisch so
wirksame aber auch ebenso gefährliche Verknüpfung von Kommunismus und Ju-
dentum macht ihn geistig und historisch mitverantwortlich für die spätere unheilvolle
Entwicklung, auch wenn ihm weder eine Beteiligung an antijüdischen Gewalttaten
noch eine Mitwirkung bei der Nürnberger Rasse-Gesetzgebung nachgesagt werden
kann.

Auch bei seiner ganz zum Schluss einsetzenden Differenzierung beider Probleme,
des Judentums und des Kommunismus, kann er sich nur schwer von der anfängli-
chen Schematisierung und Dogmatisierung befreien.

Obwohl der deutsch-sowjetische Freundschaftsvertrag seinem antibolschewisti-


schen Kampf die Grundlagen entzogen hatte, ist in seinem Tagebuch diese so ent-
scheidende Kehrtwendung der deutschen Politik kaum gewürdigt worden. Erst im

13
Juni 1941, kurz vor Beginn des Russlandfeldzuges, kommt er nochmal darauf zu-
rück: „Ich bin innerlich froh, daß ich keinerlei Kompromisse gemacht habe. Disziplin
gewiß – in der Politik; aber meine Bücher habe ich nicht zurückgezogen, und von
meiner Ansicht über die Zeitbedingtheit dort keinen Hehl gemacht, wo es die Ver-
schwiegenheit der Hörer erlaubte. 20

Seinen Ruf als „Ostexperte“ verschaffte Rosenberg sich auf Grund seiner Moskauer
Studentenerlebnisse; diese Kennerschaft, soweit sie wirklich bestand, und die allge-
mein irrtümlich als „baltisches Erbe“ angesehen wurde, beruhte aber im Wesentli-
chen erst auf seinem ständigen Umgang mit russischen und ukrainischen Emigran-
ten in München. Seine ostpolitischen Konzeptionen, die sein Ansehen als Außenpo-
litiker begründeten, dürften hauptsächlich aus seiner kurzen Zusammenarbeit mit
seinem Corpsbruder v. Scheubner-Richter und dessen Kreis stammen.

Rosenberg wurde und wird vielfach als „Russenhasser“, „fanatisch antirussisch“ und
„extremer Feind des Moskowitertums“ 21 hingestellt. Dagegen sprechen aber allzu
viele Dokumente, ebenso die Tatsache, dass er russische Emigranten unterstützte.
Er hat durchaus zwischen dem bolschewistischen Herrschaftsapparat und dem rus-
sischen Volk unterschieden. Zudem war er aufgrund seiner ganzen seelischen Ver-
anlagung zu einem wirklichen Hass kaum fähig. Wenn er die Russen schlechter be-
handelt wissen wollte als die nichtrussischen Völker des Ostens, so deshalb, weil er
in ihrem Expansionsdrang eine Gefahr sah für die von ihm als Schutzwall gedachten
(und daher zu fördernden) nicht-russischen Randvölker. Deswegen setzte er als
Endziel die „Umkehrung der russischen Dynamik nach dem Osten“,22 „Wir führen
nun aber heute nicht einen 'Kreuzzug' gegen den Bolschewismus, allein um die 'ar-
men Russen' vor diesem Bolschewismus für alle Zeiten zu retten, sondern um deut-
sche Weltpolitik zu treiben und das Deutsche Reich zu sichern“. Für Rosenberg
hatte der expansive russische Imperialismus seine Wurzeln nicht nur in der kommu-

20 Rosenbergs Tagebuch, Eintragung vom 1. Juni 1941. Wiedergegeben in „Frankfurter Rundschau“


vom 22. Juni 1971, S. 3 nach Abschriften von R. M. W. Kempner. – Rosenbergs Tagebücher lagen
beim Nürnberger Prozess noch vor. Dr. Kempner weigerte sich jedoch, sie der Verteidigung zugänglich
zu machen, anschließend sind sie „verschwunden“. Inzwischen veröffentlichte Dr. Kempner Auszüge
von Abschriften, die er in Nürnberg angefertigt haben will. (Persönliche Mitteilung an den Autor von H.
Härtle, Dr. Seraphim, Dr. Hoch und Dr. Kempner).
21 A. Dallin S. 66/68 und S. 429.
22 Rede des Reichsleiters A. Rosenberg vor den engsten Beteiligten am Ostproblem, am 20. Juni

1941, IMT 1058-PS, Bd. XXVI, S. 611 und BA-R6/6.


14
nistischen Ideologie, mit seiner Bekämpfung folgte er rein machtpolitischen Überle-
gungen („cordon sanitaire“), die natürlich von der Priorität nationaler deutscher Inte-
ressen ausgingen. Die mit Beginn des Russlandfeldzuges einsetzende „Untermen-
schen“-Propaganda wurde von ihm auch dementsprechend scharf zurückgewiesen.
Sein Plan, im Osten mit „einem Viertel Macht und drei Vierteln Psychologie“ vorzu-
gehen,23 erwies sich jedoch angesichts der Macht, die Himmler mit Billigung Hitlers
ausübte, als undurchführbar, denn deren Politik war auch mit dem größten psycho-
logischen Aufwand nicht zu kompensieren.
Aber nicht nur machtmäßig, auch persönlich war Rosenberg der Fülle seiner ver-
schiedenen schwierigen Aufgaben nicht gewachsen, die wohl auch einen bedeuten-
deren und organisatorisch und systematisch besser befähigten Mann überfordert
hätten. Sein ihm 1934 übertragenes Amt als „Beauftragter des Führers für die Über-
wachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung
der NSDAP“ behielt er auch weiterhin. Dieses Amt brachte ihm „nur teilweise zu
Recht – den Ruf einer Art von ideologischem Großinquisitor“.24 Allein aus dieser
Tätigkeit entstand ein solcher Wirrwarr von Kompetenzen, Ansprüchen und Planun-
gen, dass Rosenberg sich vollends zersplitterte. Es zeigte sich deutlich, dass er
unfähig war, mit den Wider-ständen und Intrigen seiner brutalen Rivalen fertig zu
werden. Zu seiner schon früher vorhandenen Kontaktschwäche und Humorlosigkeit
kam nun eine „innerliche Unsicherheit und sein äußerlich hochfahrendes Wesen,
das vielleicht gar nicht seinem eigentlichen Charakter entsprach und eher als Über-
kompensation verstanden werden kann und häufig als 'typisch baltisch' missverstan-
den wurde.“ Über den Kreis seiner Korporation hinaus hat er mit dem baltischen
Gemeinschaftsleben in Deutschland und im Baltikum wenig Kontakt gewonnen. Sein
Verhältnis zu seinen baltischen Lands-leuten war zeitlebens dadurch getrübt, dass
er an Minderwertigkeitsgefühlen litt und auch „trotz äußerer Erfolge in ständiger
Furcht lebte, gesellschaftlich, geistig und politisch nicht für voll genommen zu wer-
den“.25 Er muss schon bald gespürt haben, dass Hitlers Verhältnis zu ihm kaum auf
echter Wertschätzung beruhte und er ihm personalpolitisch zur Last, fiel. Er hielt
aber weiter zu ihm, obwohl er merkte, dass die geistigen Fundamente der Partei und
ihrer Politik allmählich immer brüchiger und unglaubwürdiger wurden.

23 Großdeutschland - Traum und Tragödie, S. 40.


24 M. H. Boehm: Baltische Einflüsse auf die Anfänge des Nationalsozialismus in: Jahrbuch des balti-
schen Deutschtums 1967, Lüneburg 1966, S. 67.
25 Ebenda, S. 63.

15
Mit Hitler konnte Rosenberg während des Ostfeldzugs nur einmal Ende 1941 für
wenige Minuten unter vier Augen sprechen, insgesamt hatte er während dieser Zeit
nur dreimal Gelegenheit, bei Hitler Vortrag zu halten. Obwohl er von seinen Mit-
arbeitern wiederholt gedrängt wurde, seinen Rücktritt zu erklären, konnte er sich
dazu nicht entschließen. Er betonte, dass es in einer Diktatur nicht die Möglichkeit
eines Rücktritts gäbe.26 In seltsamer Anhänglichkeit an den Führer versuchte er wei-
ter mit Kompromissen auszukommen, steckte dabei aber fortgesetzt Enttäuschun-
gen und Niederlagen ein. Erst nachdem ihn die anderen Gruppen und Kräfte ganz
überrundet hatten und alles verloren war, bat er am 12. Oktober 1944 um seine Ent-
lassung. Es ist fraglich, ob Bormann oder Lammers diesen Brief jemals Hitler vorge-
legt haben, jedenfalls erhielt er keine Antwort darauf und gesehen hat er Hitler nur
noch ein Mal: auf einer Reichs- und Gauleiter-Tagung am 24. Februar 1945, ohne
ihn aber sprechen zu können.27

Für Hitler war Rosenberg der „Theoretiker“, und mit seiner „unbeirrbaren Hartnäckig-
keit und etwas breit verfochtenen Prinzipientreue“ ein „unbequemer Mahner“; ver-
mut-lich war er im Kreise der obersten Parteiführung der einzige, „der den National-
sozialismus ganz ohne Rückhalt bitterernst nahm und sich bemühte, mit diesen politi-
schen Begriff ein auf ethische Fundamente gestütztes Programm zu bilden, und ganz
bestimmt war er der einzige, der ehrlich versuchte, dieses Programm allen Ernstes
auch noch in der Macht zu verwirklichen. Der Erfolg, den er mit solchem Bestreben
hatte, kann nur als kümmerlich bezeichnet werden..., wäre seine eigensinnige Wider-
standskraft noch um einiges größer gewesen, so hätte er sein Ende gefunden wie
der ältere Strasser, mit dem er aufs engste freundschaftlich verbunden war“.28

26 IMT Bd. XLI, S. 185; Bd. XXV, S. 255 192-PS, Bd. XI, S. 638.
27 Dallin nimmt fälschlicherweise an, dass Rosenberg Hitler nach diesem Brief überhaupt nicht mehr
gesehen hätte: A. Dallin, Deutsche Herrschaft in Rußland, S. 207 und S. 643; vgl. dagegen „Groß-
deutschland - Traum und Tragödie“, S. 179.
28 Zimmermann, Erlebnisse und Gestalten im Ostministerium, MS im IfZ, S. 4 - 6. (Diese Charakterisie-

rung Rosenbergs durch seinen ehemaligen Pressechef deckt sich im Wesentlichen mit dem Urteil der
großen Zahl seiner Schulkameraden, Corpsbrüder, Mitarbeiter, Freunde und Gegner, mit denen der
Verfasser über die Person Rosenbergs gesprochen hat).

16
2. Planung und Vorbereitung der Ost-Verwaltung

Während die Rote Armee sich in den baltischen Staaten einrichtete und Moskau zur
Befehlszentrale dieser bisher selbstständigen Staaten wurde, machte man sich in Ber-
lin bereits Gedanken darüber, was mit diesem Gebiet geschehen sollte, wenn man die
– bislang noch „befreundete“ – Sowjetunion gewaltsam in der Besetzung der balti-
schen Staaten abgelöst, bzw. diese Völker befreit hätte.

Der Angriff auf die Sowjetunion war seit Juli 1940 beschlossene Sache. Der später für
dieses Gebiet zuständige Minister wurde allerdings erst – im Nürnberger Urteil heißt
es: „bereits“29 – am 2. April 1941 davon in Kenntnis gesetzt, dass sich die Verhältnisse
im Osten sehr bald entscheidend ändern würden und es seine Aufgabe sein würde,
dort neue Ordnungen zu schaffen. Damals rechnete man sogar noch mit dem 15. Mai
als dem Termin für den Beginn des Ostfeldzuges. Der Termin 22. Juni als Kriegsbeginn
wurde am 12. Mai 1941 festgelegt.

Während die ersten militärischen Vorplanungen schon fast ein Jahr zuvor begannen,
fällt es auf, dass dagegen die politische Planung so gut wie völlig vernachlässigt
wurde. Die ersten Pläne für eine Verwaltung der zu besetzenden Gebiete kamen Mitte
Januar 1941 von militärischer Seite, vom OKH. 30 Da Hitler den möglichen russischen
Wider-stand unterschätzte und glaubte, politische Richtlinien bis zur Zeit nach dem
Krieg zurückstellen zu können, wurden nur einige technische Bestimmungen für die
Verwaltung der „rückwärtigen Gebiete“ für nötig erachtet. Die Wehrmacht schenkte
den administrativen Aspekten zum Teil deswegen kaum Aufmerksamkeit, weil sie ein-
mal mit den militärischen Fragen genug beschäftigt war, zum anderen vielleicht auch,
weil das Heer seit 1939 mehrfach schlechte Erfahrungen mit Militärverwaltungen ge-
macht hatte, besonders in Polen. So war man ganz froh, als Hitler in einer Bespre-
chung mit Keitel am 3. März 1941 feststellte, die künftigen Aufgaben im besetzten
Russland seien so schwierig, dass man sie dem Heer nicht zumuten könne; die ero-
berten Gebiete sollten daher baldigst einer dauerhaften Zivilverwaltung übergeben
werden. 31

29 „Das Urteil von Nürnberg“, München 1946, S. 136.


30 OKH/Gen. StdH/Op. Abt., 15. Januar 1941, zit. nach Dallin S. 34, Anm. 1.
31 H. Greiner: Die oberste Wehrmachtsführung 1939 - 1943, Wiesbaden 1951, S. 369.

17
Entsprechend diesen Vorstellungen Hitlers erließ Keitel am 13. März 1941 „Richtlinien
auf Sondergebieten zur Weisung Nr. 21“ 32, also zum Fall „Barbarossa“, die die ersten
Dienstanweisungen für das rückwärtige Frontgebiet und zum anderen für die später
von politischen Organen verwalteten Gebiete enthalten: „Das neu besetzte Gebiet
rückwärts des Operationsgebietes erhält eine eigene politische Verwaltung“. Man
glaubte, wirkliche politische Entscheidungen bis zu einem Zeitpunkt nach Beendigung
der Kampf-handlungen zurückstellen zu können. Die Einteilung dieser Gebiete sollte
sowohl in Anlehnung an die Grenzen der Heeresgruppen (Nord, Mitte, Süd), als auch
„entsprechend den volkstumsmäßigen Grundlagen“ geschehen, „die politische Ver-
waltung auf Reichskommissare, die ihre Richtlinien von Führer empfangen“, überge-
hen. (Es wäre interessant, der Entstehung dieser Weisung nachzugehen, erscheint
aber heute kaum mehr möglich, da von den maßgeblich Beteiligten keiner mehr am
Leben ist.)

Nachdem am 31. März 1941 die Grenzen der Zuständigkeit für das Heer gezogen
worden waren – „die systematische Verwaltung des Landes und die Ausnützung sei-
ner Werte kommen erst zu einem späteren Stadium in Betracht, sie sind nicht Aufgabe
des Heeres“ 33 – begann man mit den Vorarbeiten für eine Zivilverwaltung; am 2. April
wurde Alfred Rosenberg mit der Errichtung eines „zentralen politischen Büros für die
Ost-Arbeit“ betraut. Noch am gleichen Abend übergab er eine Denkschrift, die von
seinem Mitarbeiter A. Schickedanz nach Rücksprache mit Rosenberg aufgesetzt wor-
den war. 34

Am 7. April folgte bereits die „Denkschrift Nr. 2“ sowie „Personelle Vorschläge für die
Reichskommissariate im Osten und die politische Zentralstelle in Berlin“ 35 Am 20. April
1941, an Hitlers Geburtstag, wird Rosenberg offiziell zu seinem „Beauftragten für die
Zentrale Bearbeitung der Fragen des osteuropäischen Raumes“ ernannt. 36 Fünf Tage
später folgt eine erneut umgearbeitete „Denkschrift Nr. 3“ und am 29. April 1941 eine
Denkschrift über den Aufbau und die Aufgaben seiner Dienststelle, 37 der schließlich

32 IMT, 447-PS, Bd. XXVI, S. 53.


33 OKH/ GenStdH/Gen.Qu.: Besondere Anweisungen, zit. nach A. Dallin, S. 36, Anm. 1.
34 IMT Bd. XXVI 1017-PS, S. 547 und Rosenbergs Tagebuch-Eintragungen vom 2. April 1941, abge-

druckt in „Frankfurter Rundschau“ vom 22. Juni 1971.


35 IMT, Bd. XXVI 1018-PS (Fotokopie im IFZ) und 1019-PS, BD XXVI S. 555.
36 865-PS, IMT Bd. XXVI S. 383 und BA-R6/4.
37 Rosenberg: Denkschrift Nr. 3, 25. April 1941. IMT 1020-PS (Fotokopie im IFZ) und 1024-PS, IMT Bd.

XXVI, S. 560.
18
am 8. Mai für das Rechnungsjahr 1941 eine Pauschale von 5 Mill. RM genehmigt
wurde, die über das „Institut für kontinentaleuropäische Forschung“ abgerechnet wur-
den. 38

Am 23. April 1941 übertrug Rosenberg „die zentrale Bearbeitung der Fragen des Rau-
mes der ehemaligen Republiken Estland, Lettland, Litauen und des Gebietes Weiß-
ruthenien“ an Hinrich Lohse, den Gauleiter von Schleswig-Holstein. 39

Aus diesem Stab, der so allmählich zusammengestellt wird, wird dann vier Wochen
nach Ausbruch des Krieges mit Russland das „Reichsministerium für die besetzten
Ostgebiete“, (Abgekürzt RMfdbO, OMi oder RMO), das aber als „Dienststelle Rosen-
berg“ noch bis zum 17. November 1941 getarnt blieb, bis es der Öffentlichkeit bekannt
gegeben wurde, da die Einnahme Moskaus oder Leningrads noch auf sich warten ließ,
mit der zusammen Hitler die Errichtung des Ministeriums verkünden wollte. 40

Dies waren die Stationen einer Entwicklung, die äußerlich gesehen ganz normal und
folgerichtig verlaufen zu sein scheint. Hinter den Kulissen allerdings spielte sich um
die Kompetenzen ein erbitterter Kampf ab. Die an der „Aufteilung des Kuchens“ inte-
ressierten Kräfte waren so zahlreich und uneins wie wohl auf keinem anderen Gebiet
während der Zeit der diktatorischen Einpartei-Herrschaft. In Kreisen der SS hatte man
angenommen, dass Heinrich Himmler aufgrund des wachsenden Einflusses der SS im
Dritten Reich die entscheidende politische Persönlichkeit in den künftig besetzten Ost-
gebieten werden würde. 41Göring als der Zuständige für den „Vierjahresplan“ und v.
Ribbentrop als der für die Außenpolitik Zuständige hofften nicht übergangen zu wer-
den; die Wehrmacht, die in sich die verschiedensten Zielsetzungen vereinigte, das
Propaganda- Ministerium, Wirtschafts-Ministerium, Verkehrs-Ministerium und schließ-
lich die Partei selbst – alle hatten ihre eigenen Interessen, selbstverständlich „berech-
tigte“ Interessen. Wie schon erwähnt, war die Ernennung Rosenbergs keineswegs
eine rein sachliche Entscheidung.

38 Rosenberg an Lammers, BA R6/ 21.


39 Rosenberg an Lohse, geheime Reichssache, am 23. April 1941, BA R 6/24.3.
40 vgl. O. Bräutigam, Überblick S. 8.
41 Erst wenige Monate zuvor hatte Himmler „einige Gedanken über die Behandlung der Fremdvölkischen

im Osten“ zu Papier gebracht, in denen er die Slaven und die östlichen Völker überhaupt als minder-
wertige Rasse behandelt wissen wollte. IMT NO-1880, veröffentlicht in: VjHZG 5 (1957), S. 194 f.
42 W. v. Oven: Mit Goebbels bis zum Ende, Buenos Aires 1950, Bd. I, S. 217

19
Dass z. B. seine Kandidatur von Bormann bei Hitler nachdrücklich unterstützt wurde,
lag hauptsächlich daran, dass Bormann einerseits die SS nicht zum Zuge kommen
lassen wollte, andererseits weil er annahm, dass Rosenberg kein gefährlicher Rivale
für ihn sein werde.42

Der erste Einbruch in Rosenbergs Kompetenzen gelang den Wirtschaftsbehörden,


was nicht nur ein Abschneiden von Zuständigkeiten bedeutete, sondern auch mit einer
Politik verbunden war, die zu Rosenbergs Vorstellungen im Widerspruch stand. Schon
im Februar 1941 war vom Wirtschafts-Rüstungsamt des OKW der Stab „Oldenburg“
(Deck-name für den späteren „Wirtschaftsstab Ost“) zusammengestellt worden, der
sowohl von der Militär- als auch von der Zivilverwaltung unabhängig sein sollte, wie es
im „Entwurf einer Organisation zur Ausbeutung des Wirtschaftsgebietes 'Oldenburg'
(Rußland)“ hieß. 43 Die dann später ausgearbeiteten Richtlinien stellten ein Beispiel
für einen extremen volkswirtschaftlichen Egoismus dar, der die Interessen der Bevöl-
kerung des Ostens in keiner Weise in Erwägung zog. 44 Rosenberg wurde von der
Beschluss-fassung auf wirtschaftlichem Gebiet von Anfang an ausgeschlossen. Be-
reits in den „Richtlinien auf Sondergebieten zur Weisung 21“ vom 13. März 1941 wurde
die einheitliche Leitung der Wirtschaftsverwaltung im Operationsgebiet und in den po-
litischen Verwaltungsgebieten dem Reichsmarschall Göring übertragen, wobei es
auch blieb 45, obwohl Rosenberg verzweifelt bemüht war, Hitler umzustimmen. Rosen-
berg drohte sogar, wenn Görings Pläne bleiben sollten und „die zentrale Bearbeitung
nicht möglich sei, so müsste ich dem Führer melden, dass seine Unterschrift unter
seinen jetzigen Auftrag zurückgezogen werden müsse.“ 46

Ursprünglich sollte im Ostministerium eine eigene Wirtschafts-Abteilung 47 entstehen,

43
OKW/WiRüAmt: Besprechung beim Herrn Amtschef Gen. d. Inf. Thomas am 28. Febr. 1941, 1317-
PS, IMT Bd. XXVII, S. 169 (Bei Dallin, S. 50, fälschlicherweise: 28. April 1941)

44 Aktennotiz, 2. Mai 1941, 2718-PS, IMT Bd. XXXI, S. 84: „Hierbei werden zweifellos zig Millionen Men-
schen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.“
45 Erlass d. Führers über die Wirtschaft in den neu besetzten Ostgebieten, vom 29. Juni 1941 BA-R6/21

und IMT-012-PS.
46 Aktennotiz vom 9. Mai 1941 über das Gespräch mit Staatssekretär Körner, IMT l018-PS.
47 Als deren Leiter war der Leiter der Wirtschafts-Abteilung in Rosenbergs Außenpolitischem Amt der

NSDAP W. Malettke vorgesehen. Der später gebildete „Sonderstab Malettke“ hatte die Aufgabe, die
wirtschaftliche Betätigung von Firmen und Gesellschaften anderer europäischer Staaten in den be-
setzten Ostgebieten zu fördern. Das OMi wollte nicht in den Verdacht kommen, den Osten wirtschaft-
lich allein für Deutschland auszunützen, und ermöglichte anderen Staaten ebenfalls die Möglichkeit
der Kapitalinvestition.
Auch von dänischer Seite wurde Interesse an einer Beteiligung an Wirtschaftsunternehmen im Osten
gezeigt. Am 11.Dez.1941 tagte in Kopenhagen zum ersten Mal der „Arbeitsausschuß zur Förderung
dänischer Initiativen in Ost- und Südosteuropa“. Der dänische Verkehrsminister Gunnar Larsen war
20
was aber von allen Seiten zu verhindern versucht wurde und schließlich wegen der
weitgehenden Vollmachten des Vierjahresplans auch aufgegeben werden musste. Im
Herbst 1941 kam dann ein Kompromiss zustande, indem nach einem Plan von Gau-
leiter Meyer 48 eine Personalunion zwischen den Leitern der entsprechenden Abteilun-
gen des Wirtschaftsstabes Ost, des Vierjahresplans, des Reichsernährungs-Ministeri-
ums und des Ost-Ministeriums hergestellt wurde. 49 Da diese Beamten in ihrem Be-
reich kleine Könige waren, führte es dazu, dass das Ost-Ministerium noch mehr über-
gangen wurde als bisher. Zusätzliche Reibungspunkte gab es dadurch, dass auf der
unteren Ebene die Wirtschaftsführer nicht nur vom WiStabOst Befehle bekamen, son-
dern auch vom Beauftragten für den Vierjahresplan, dem Ost-Ministerium, dem Gene-
ral-Quartiermeister und ab September 1942 auch von den einzelnen Armeen.

Dass es für Rosenberg unter solchen Voraussetzungen nur schwer möglich sein
würde, eine konsequente Politik durchzuführen, lässt sich leicht denken, da die Wirt-
schafts-behörden nichts dabei fanden, einen Bevölkerungsverlust von einigen Millio-
nen durch Verhungern in Kauf zu nehmen. Diejenigen aber, die nicht verhungern wür-
den, musste das Ost-Ministerium erst gegen die Maßnahmen Himmlers sichern, ehe
es an eigene politische Maßnahmen denken konnte. Denn von vornherein hatte auch
Himmler sich die Ausweitung seines Imperiums auf den Osten gesichert. In Himmlers
Befehl über die Aufgaben von SS uns SD im Osten vom 21. Mai 1941 wird das Ost-
Ministerium absichtlich ignoriert. 50 Himmler widersprach Rosenbergs Forderungen,
dass alle von SS-Stellen im Osten erteilten Anweisungen vom Ost-Ministerium geneh-
migt werden müssten. Rosenbergs Proteste wurden übergangen, Hitler bestätigte die
Teilung der Machtbefugnisse und dass die Polizeiangelegenheiten im Osten Himmler
zu übertragen seien. Die Ernennung Heydrichs als Verbindungsmann zum Ost-Minis-
terium am 24. Juni 1941 trug sicher nicht zur Verbesserung des Verhältnisses bei; der

besonders interessiert, da seine Firma mit schwedischen Firmen zusammen am Aufbau des estni-
schen Zementwerkes Port Kunda beteiligt gewesen war. Auch an der Ölfabrik in Libau bestand dä-
nisches Interesse. Ende Oktober war Larson bei Rosenberg in Berlin und auf seine Einladung auch
14 Tage im RKO. Da aber das AA die Federführung in dem „Dänischen Ostraumausschuß“ an sich
gezogen hatte, zog sich das Ostministerium zurück und war an einer weiteren Mitarbeit der Dänen
nicht mehr interessiert, bis man im November 1943 sich nochmals der Dänen erinnerte. (Vergl. dazu:
E. Thomsen, Deutsche Besatzungspolitik in Dänemark 1940 - 1945, Düsseldorf 1971, S. 88 – 93.
48 O. Bräutigam, So hat es sich zugetragen, S. 385. Der Gauleiter von Westfalen-Nord, Alfred Meyer,

wurde Rosenbergs Stellvertreter mit dem Titel „ständiger Vertreter“.


49 So war z. B. Staatssekretär H. O. Riecke als Beamter des Ministeriums für Ernährung und Land-

wirtschaft Kriegsverwaltungs-Chef (mit entsprechender Uniform) in der Landwirtschafts-Abteilung


des WiStabes Ost und Leiter der Hauptgruppe Landwirtschaft im Ost-Ministerium. In analoger Stel-
lung befand sich Min.-Dir. G. Schlotterer, vom Wirtschafts-Ministerium.
50 RFSS, Sonderauftrag des Führers, 21. Mai 1941, IMT NOKW-2079.

21
Kampf zwischen Rosenberg und Himmler wurde im Verlauf des Krieges nur noch hef-
tiger.

Vor allem draußen in den besetzten Gebieten kam es unvermeidlich zu schweren Kon-
flikten, besonders nachdem der SS und Polizei auch die Leitung militärischer Operati-
onen hinter der Front übertragen worden war. 51 Obwohl man Rosenberg bei der Be-
schlussfassung über militärische und polizeiliche Maßnahmen heraus zu halten be-
müht war, gelang es ihm erstaunlicherweise trotzdem, bei der Abfassung des berüch-
tigten „Kommissar-Erlasses“ eine Einschränkung durchzusetzen: Er hatte sich dafür
ausgesprochen, dass sowjetische Beamte, die auf ihrem Posten verblieben waren,
zunächst einmal unbehelligt bleiben sollten, wodurch zahllose Beamte der einheimi-
schen Lokalverwaltung dem Tode entgingen. 52

Nicht alle Kräfte, die sich gegen Rosenberg stellten, waren so mächtig wie Göring,
Himmler oder Bormann. Dass sich zwischen dem Ost-Ministerium und dem Außen-
Ministerium Differenzen ergeben würden, ließ sich sowohl aus der Natur der Sache als
auch aus der Rivalität der beiden Leiter voraussehen. Rosenberg hatte ja seit Jahren
erfolglos versucht, das Auswärtige Amt durch sein Außenpolitisches Amt d. NSDAP zu
ersetzen. Jetzt glaubte Rosenberg, völlig ohne das AA auszukommen, während dieses
ihn wieder auf reine Verwaltungsangelegenheiten beschränken wollte, um selbst die
politischen Fragen zu entscheiden. Obwohl das AA seine schlechte Position aus der
Tatsache ersehen konnte, dass es bei den Besprechungen über die Vorbereitungen
des Russlandfeldzuges überhaupt nicht hinzugezogen wurde, gründete es am 23. April
1941 das sog. „Rußland-Gremium“, dem die besten Ost-Spezialisten angehören soll-
ten. (Der Organisator, Geheimrat Georg Großkopf, wurde später Verbindungsmann
zum Ost-ministerium.) Entgegen Rosenbergs Wünschen gelang es dem AA, diploma-
tische Vertreter als Beobachter bei den zivilen und militärischen Dienststellen ernen-
nen zu dürfen, so wie im Westen und im Generalgouvernement. Sozusagen aus „Ra-
che“ dafür, dass er von der Ostpolitik ausgeschlossen wurde, gab v. Ribbentrop nur
fünf Beamte an das Ost-Ministerium frei. 53 Ein vorläufiges Abkommen zwischen bei-

51 Hitlers Weisung Nr. 21 v. 18. August 1942, IMT 347-PS, Bd. XXVI, S. 53.
52 Warlimont: „Richtlinien betreffend Behandlung politischer Hoheitsträger für die einheitliche Durch-
führung des bereits am 31. März 1941 erteilten Auftrages“, 12. Mai 1941, IMT 884-OS; vergl. auch
Denkschrift Nr. 3 vom 23. April 1941, IMT 1020-OS, Bd. XXVI, S. 406.
53 Dr. O. Bräutigam, Dr. P. Kleist, Dr. Poralla, Dr. Triebe und Konsul Schroeder. BA R6/22.

22
den Ämtern kam am 15.Juli zustande. Über Einzelheiten wurde noch monatelang ge-
rungen. 54

Entsprechend diesen Abgrenzungen oblag „die Vertretung in Angelegenheiten der be-


setzten Ostgebiete gegenüber dem Auslande“ dem AA, während die „politische Füh-
rung und Organisation“ der Ostgebiete, auch die Vorbereitung für die noch nicht be-
setzten Gebiete des Ostens, Sache des Ost-Ministeriums war. Aber auch hier eine
Durchbrechung: Verhandlungen mit dem Vatikan über Fragen der Ostgebiete sollten
nur über das Ost-Ministerium geführt werden. 55

Dass die Tätigkeit der VAA (Vertreter des Auswärtigen Amtes) bei den Reichskom-
missariaten keineswegs vollkommen überflüssig war, zeigt das Beispiel des Gesand-
ten Dr. Adolf Windecker beim RKO, wo die verschiedensten Fragen auftauchten. So
musste geklärt werden, wer den Letten im Ausland neue Pässe ausstellt, wer die Ha-
fengebühr und die Heuer für die in Schweden liegenden lettischen Schiffe bezahlt,
deren Herausgabe die Sowjets verlangten. Da Lohse versuchte, Windecker Anweisun-
gen zu erteilen, kam es zu Differenzen, und das AA zog ihn und seinen Stab aus Riga
zurück, was von den meisten Beamten des OMi's bedauert wurde, da Windecker die
Wieder-herstellung der Souveränität der baltischen Staaten wünschte und sich gegen
einen aufgeblähten deutschen Verwaltungsapparat wandte. 56

Das Verhältnis des Ostministeriums zum Propaganda-Ministerium war mehr als das
zu den anderen Ministerien bestimmt von dem Verhältnis der beiden Minister, die als
„die beiden Intellektuellen innerhalb der Nazi-Elite“ angesehen wurden, sich gegensei-
tig aber nicht ausstehen konnten. 57 In seinen Erinnerungen nennt Rosenberg den
Propaganda-Minister den „Mann ohne Gewissen“ und weist auf Kubes spitze Bemer-
kung hin, Goebbels' Buch „Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei“ hieße besser: „Ich über
mich“.58 Goebbels wiederum bezeichnete angeblich Rosenbergs „Mythus“ als „weltan-
schaulichen Rülpser“.59

54 RMO: Richtlinien, 8. Oktober 1941, IMT NG-1797; Anordnung des Führers über die Zuständigkeits-
begrenzung zwischen dem AA und dem RMfdbO vom 28. Juli 1941, BA R6/12 und R6/22, sowie IMT
NG-4790.
55 Entscheidung des Führers am 15. Februar 1942; Lammers an v. Ribbentrop am 3. Mai 1942 betr.:

Kirchliche Verhältnisse in den besetzten Ostgebieten, IMT NG-4590.


56 O. Bräutigam, So hat es sich zugetragen, S. 666.
57 A. Dallin, S. 187.
58 Großdeutschland, Traum und Tragödie, S. 151.
59 E. Ebermayer u. H. Roos: „Gefährtin des Teufels – Leben und Tod der Magda Goebbels“, Hamburg

1952 S. 104.
23
Die persönliche Gegnerschaft beruhte auch auf der konkurrierenden Kulturpolitik der
beiden. In seinen Erinnerungen urteilt Rosenberg, der Goebbels in Dingen der Kunst
immer als „Kongoneger“ bezeichnete, 60 über die Ernennung von Goebbels: „Politische
Propaganda und Kunst verbunden! Ich verstand wohl, daß Kunst in Händen eines
durchschnittlichen Studienrats leicht zu gouvernantenhaft behandelt werden konnte.
Aber sie war doch seit jeher in allen ihren tieferen Erzeugnissen eine Sache des Be-
kennens, nicht Angelegenheit der Taktik der Politik“. 61

Goebbels gehörte anfangs auch zu denjenigen, die die Menschen des Ostens wie
Halbwilde behandeln wollten, sah dann aber ein, dass eine Propaganda im Osten
überhaupt nur dann einen Sinn hätte, wenn sie die Menschen dazu bringen könnte, im
Nationalsozialismus (und auch in dem gegenwärtigen Krieg) etwas Positives zu sehen.
Auf dem Gebiet der Ostpropaganda befand sich das Propaganda-Ministerium außer-
dem noch in Konkurrenz zum Auswärtigen Amt und zur Wehrmacht-Propaganda. Vor
Beginn des Russlandfeldzuges hatten sich Ost-Ministerium und Propaganda-Ministe-
rium darauf geeinigt, dass Goebbels die Propaganda mit dem Ost-Ministerium abstim-
men würde, doch versuchte Goebbels fortwährend seinen Zuständigkeitsbereich zu
erweitern. Zur „Ost-Abteilung“ kam im Propaganda-Ministerium noch das neue Amt
„Vineta“, das unter diesem Decknamen Rundfunksendungen, Plakate, Flugblätter und
Filme für den Osten bereitstellte. Obwohl der Reichskommissar der Ukraine Koch sich
um ein gutes Verhältnis zu Goebbels bemühte und diesem hochwertige Lebensmittel
zur Verfügung stellte, blieb Goebbels Kochs Verwaltungsmethoden gegenüber kritisch
eingestellt.

In den grundsätzlichen Fragen waren Rosenberg und Goebbels gar nicht so weit von-
einander entfernt; trotzdem tobte zwischen den beiden Ministerien ein erbitterter Pa-
pierkrieg um die Kompetenzen. Hitler entschied schließlich Anfang 1943 zugunsten
einer Kompetenzteilung, wie sie zwischen dem AA und dem Propaganda-Ministerium
hinsichtlich der Auslandspropaganda bestand. Als Rosenberg daraufhin andeutete,
dass Hitlers Entscheidung nun die Auflösung der Ost-Abteilung des Propaganda-Mi-
nisteriums folgen müsse und seine Propaganda-Abteilung in eine Haupt-Abteilung um-
wandelte, kam es zu einer erneuten Führerentscheidung am 15. August 1943: Rosen-

60 J. Zimmermann, a. a. O, S. 16.
61 Großdeutschland, Traum und Tragödie, S. 153.
24
berg behielt die Befugnis, allgemeine politische Weisungen zu erlassen, die sich dar-
aus ergebenden Propagandaaufgaben sollten vom Propaganda-Ministerium „in engs-
ter. Zusammenarbeit mit dem RMfdbO“ durchgeführt werden. Dem Ost-Ministerium
und den einzelnen Kommissariaten wurde also kein eigener Propagandaapparat zu-
gestanden. Goebbels weitherzige Interpretation des Führererlasses, nun die totale
Kontrolle über Propaganda, Rundfunk, Film, Presse, Musik, Theater und Kultur zu be-
anspruchen, machte wieder eine Führerentscheidung nötig. Am 15.Dezember 1943
erklärte sich Rosenberg bereit, die eigentliche Propaganda-Arbeit in den besetzten
Ostgebieten dem Propaganda-Ministerium zu überlassen.
Sogar als es eigentlich gar nichts mehr zu bearbeiten gab, wurde die Arbeitsweise neu
geregelt; Ostministerium und Propaganda-Ministerium hofften damals noch, dieses
Abkommen möglichst bald durch ein anderes zu ersetzen: sobald „die Ostarbeit wieder
in besetzte Ostgebiete verlagert wird.“ 62

Dieser ganze Streit ist geradezu ein Schulbeispiel für die Herrschaftsmethoden des
nationalsozialistischen Einpartei-Staates, zugleich ein Hinweis darauf, inwieweit per-
sönliche Entscheidungen im historisch-politischen Bereich eine Rolle spielen.

So wie das Bahn- und Postwesen der Kontrolle des Ost-Ministeriums entzogen war63,
brach auch Speers Rüstungs-Ministerium in den Machtbereich Rosenbergs ein. So
konnte Speer z. B. jede Fabrik für seine Zwecke beanspruchen, Häuser und Lagerhal-
len beschlagnahmen, schließlich unterstanden ihm sogar der gesamte Binnenverkehr
und das Bauwesen. 64

Auch die Aushebung und der Einsatz von Ostarbeitern gingen ohne Konsultation des
Ost-Ministeriums vor sich. Am 21.März 1942 wurde im Rahmen des Vier-Jahresplans
das Amt eines Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz (GBA) unter Gauleiter
Fritz Sauckel eingerichtet. 65 Die schlechte Behandlung der ersten, meist noch freiwil-
ligen Arbeitskräfte trug stark zum Anwachsen der antideutschen Stimmung bei. Wenn
die Proteste des Rosenberg-Ministeriums auch wenig nützten – die Abschaffung des

62 Abkommen über Zusammenarbeit in Presse- und Propagandaangelegenheiten zwischen OMi und


ProMi, Berlin, 20. Dezember 1944,BA R6/11.
63 R. Herzog, Grundzüge der deutschen Besatzungsverwaltung.., S. 147; H. Pottgießer: Die deutsche

Reichsbahn im Ostfeldzug, Neckargemünd, 1960.


64 Führer-Erlass über das Verhältnis zum Reichsminister Speer vom 9. Juni 1942 über den Einsatz der

Technik in den neu besetzten Ostgebieten; BA R6/22.


65 Rgbl. 1942, I. S. 179/180.

25
entehrenden Ostarbeiter-Abzeichens gelang erst im Mai 1944 – so konnte doch we-
nigstens durchgesetzt werden, dass die Einwohner der baltischen Gebiete ganz von
der Ostarbeiter-Dienstpflicht befreit wurden. 66

Durch die im Sommer 1942 errichtete „Zentralstelle für Angehörige der Völker des Os-
tens“ (ZAVO) versuchte das OMi mit gewissen Erfolgen Einfluss auf die Behandlung
der Ostarbeiter in den Arbeitslagern zu nehmen. Die Vertreter der ZAVO inspizierten
Arbeitslager, betreuten auch Kriegsgefangene, ebenso Kranke und beurlaubte Freiwil-
lige innerhalb des Reiches und unterhielten ein Schulungslager.

Die Hoffnung des OMi's, die Arbeitsanwerbung dadurch besser kontrollieren zu kön-
nen, dass die Reichskommissare zu Bevollmächtigten des GBA ernannt wurden, er-
wies sich als unrealistisch; ebenso unzulänglich erwies sich die Maßnahme, dass der
Leiter der Hauptabteilung Arbeit im OMi vom GBA berufen wurde, da in beiden Fällen
Sauckel eine unmittelbare Weisungsbefugnis erhielt und Rosenberg umgangen wer-
den konnte.
Vergeblich wehrte sich Rosenberg auch dagegen, aus der freiwilligen Anwerbung –
zunächst nur weißruthenischer Jugendlicher zur „technischen Ausbildung“ meist in der
Rüstungsindustrie – eine zwangsweise Rekrutierung von Kindern und Halbwüchsigen
zu machen, um nicht in den Verdacht der Kinderverschleppung zu geraten. Aber auch
hier setzte sich die SS durch, und durch die sog. „Heuaktion“ der am 5. März 1944
gegrün-deten „Dienststelle Hauptbannführer Nickel“ wurden ca. 20.000 Jugendliche
nach Deutschland gebracht, 67 nachdem am 27.5. mit der Arbeit begonnen worden
war.

Der „Erlass des Führers über den totalen Kriegseinsatz“ vom 25. Juli 1944,68 der Goe-
bbels weitgehende Vollmachten auf allen Gebieten übertrug, war für das Ost-ministe-
rium von geringer Bedeutung, da es wegen des deutschen Rückzuges kaum noch
Kompetenzen hatte, die ihm beschnitten werden konnten.

66 Rgbl. 1942, I. S. 419: Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter, s. auch: Meyer,
Recht. O III Bc 14 und VBL RKO S. 170: „Die Vorschriften gelten nicht für deutsche, estnische,
lettische, litauische und finnische Volkszugehörige“ (§ 1 Abs. 3).
67 IMT 031-PS Bd. XXV, S. 88 f. und 1137-PS Bd. XXVII, S. 12.
68 IMT NG-3394. Bis Juli waren aus Estland und Lettland 215.000 Männer für die Wehrmacht, Waffen-

SS und Polizei und ca. 126.000 Arbeitskräfte für das Reich zur Verfügung gestellt worden. (RMO an
RFSS v. 20. Juli 1944, BA R6/162).
26
Da Rosenberg große Schwierigkeiten hatte, mitten im Kriege ein völlig neues Ministe-
rium aus dem Boden zu stampfen, war es für die interessierten Dienststellen und Äm-
ter nicht schwer, entweder ihre „Nieten“ günstig loszuwerden oder gute Kräfte und
Spezialisten im Ost-Ministerium unterzubringen, um so ihren Einfluss zu sichern. Um
der besseren Koordination willen gab es schließlich eine Unzahl von Vertretern, Ver-
bindungsleuten, Beauftragten und Bevollmächtigten im Ost-Ministerium z. T. auch auf
der unteren Ebene bis zu den Gebietskommissaren, die im Namen des Ost-Ministeri-
ums sprechen konnten, ihre Weisungen jedoch von anderen Stellen erhielten. Das
einzig Klare und Deutliche in diesem Durcheinander und Gegeneinander der Kompe-
tenzen in der nationalsozialistischen Herrschaftsstruktur ist „die allgemeine Tendenz,
Persönlichkeiten und Organisationen außerhalb der eigentlichen Verwaltung mit Son-
deraufgaben zu betrauen, die naturnotwendig zu einer Aushöhlung der Befugnisse und
Verantwortlichkeiten der eigentlichen Hoheitsträger führen mussten. … Ähnlich wie im
Reichsgebiet selbst, vollzog sich auch in den besetzten Gebieten eine ständig deutli-
cher werdende Wendung zum 'Personalismus' auf Kosten des 'Institutionalismus'. Ge-
rade in den besetzten Gebieten, wo ein einheitliches Auftreten der Besatzungsmacht
gegenüber dem besetzten Lande von entscheidender Bedeutung war, musste sich
diese Entwicklung weitaus nachteiliger auswirken als im eigenen Lande.“ 69

So war dieses „Chaosministerium“, wie es zum Spott manchmal genannt wurde, eine
Fehlkonstruktion und musste sich als unbrauchbares Werkzeug zur Durchsetzung be-
stimmter politischer Pläne erweisen. Wie aber sahen die Pläne Rosenbergs und seiner
Mitarbeiter überhaupt aus und wie viel davon konnte durch das Gestrüpp der Intrigen
und Hindernisse hindurch noch verwirklicht werden? Was blieb davon als politisch ge-
staltende Kraft übrig? – Die Frage, ob Rosenbergs Ziele wirklich besser waren als die
Ostpolitik und, konsequent durchgeführt, gar die Niederlage des Deutschen Reiches
hätte vermeiden können, drängt sich vielleicht auf, ist im Grunde aber illusorisch, denn
sie lässt sich nicht eindeutig beantworten. Man muss sich damit begnügen, die Unter-
schiede seiner Zielvorstellungen von denen der anderen beteiligten Kräfte heraus-zu-
arbeiten und deren verschiedenen Ursprung und Motivation zu erklären suchen.

Als Hitler sich im Herbst 1940 zum Angriff auf die Sowjetunion entschloss, ging er zu-

69 Robert Herzog, Grundzüge der deutschen Besatzungsverwaltung, S. 116.

27
nächst von der rein militärischen Überlegung aus, aus dem Abwartekrieg des Som-
mers 1940 herauskommen zu müssen, um dadurch auch zu einer Kriegsentscheidung
im Westen zu gelangen und auch völlige außenpolitische Handlungsfreiheit und Un-
abhängigkeit zu gewinnen. Mit diesen Plänen glaubte er dann zugleich einen wirt-
schaftlichen Nutzen verbinden zu können. Ebenso erschien dadurch eine Verwirkli-
chung der Idee vom Lebensraum in Osten möglich, die bisher nur als „Weltanschau-
ungsinstrument zur Mobilisierung von Kampfbereitschaft und Zukunftsgläubigkeit“ 70

gedient hatte. Zur weltanschaulichen Verbrämung von Hitlers Machtstreben war der
„Theoretiker“ Rosenberg genau der geeignete Mann, vor allem zum Beweis dafür,
dass es sich um einen „Kreuzzug gegen den Bolschewismus und zur Befreiung der
unter-drückten Völker“ handelte. Solange man Rosenberg nicht an der Macht teilhaben
ließ, konnte Hitler ihn mit seinen Plänen gewähren lassen und ihm sogar versichern,
dass er seinen Denkschriften zustimme, auch wenn er in Wirklichkeit ganz andere Ent-
scheidungen traf. So wurde von allem Anfang dafür gesorgt, dass Rosenbergs Minis-
terium keinen Einfluss bekam, 71 vor der Öffentlichkeit wurde Rosenberg jedoch als
der ent-scheidende und zuständige Mann für die Neuordnung im Osten präsentiert.

Im Gegensatz zu Hitlers und Görings Eroberungsplänen und den Plänen Himmlers zur
Veränderung der Siedlungsräume der Völker entlang der Ostgrenze Deutschlands,
hatte sich bei Rosenberg die Erkenntnis durchgesetzt, dass es notwendig sei, die Sym-
pathien der Völker zu gewinnen. „Die wichtigste Voraussetzung ist eine dem Land und
der Bevölkerung gemäße Behandlung... Der Krieg gegen die Sowjetunion ist ein poli-
tischer Feldzug, kein wirtschaftlicher Raubzug. Das eroberte Gebiet darf als Ganzes
nicht als ein Aussbeutungsland betrachtet werden. Das Schlimmste, was vom politi-
schen Gesichtspunkt aus eintreten könnte, wäre, daß das Volk angesichts wirtschaft-
licher Ausbeutungsmaßnahmen zu dem Ergebnis kommt, daß das jetzige Regime ihm
größere Not bereitet als das bolschewistische ... Es ist ebenso gut möglich, daß wir
Getreideüberschüsse erfassen, wie auch, daß wir der Bevölkerung ... mit eigenen Vor-
räten aushelfen müssen.“ 72 (Wenn Hitler behauptete, dass er solche Pläne Rosen-
bergs akzeptiere, so hat er entweder diese Richtlinien nicht durchgelesen oder er war

70 M. Broszat, Soziale Motivation u Führerbindung des Nationalsozialismus in: VjHZG 18 (1970), S. 408
71 Ab 1942 waren Gesetze und grundsätzliche Erlasse zusätzlich an die Zustimmung der Parteikanzlei
gebunden.
72 Dienststelle Rosenberg (Bräutigam): Allgemeine Richtlinien für die politische und wirtschaftliche Ver-

waltung der besetzten Ostgebiete, 25.Junl 1941, IMT 1037-PS. In der gleichen Denkschrift bezeichnet
Rosenberg die von den Wirtschaftsbehörden errechneten 7 oder l0 Millionen Tonnen Getreideüber-
schuss für Deutschland als „utopisch und unrealistisch“.
28
entschlossen, Rosenbergs Einfluss auf die Abfassung von Denkschriften zu beschrän-
ken). „Aus politischen Gründen ist ferner noch eine unterschiedliche Behandlung der
verschiedenen Völker erforderlich“. Rosenberg glaubte, dass man die verschiedenen
„Volkstümer der Sowjetunion“ auf ihre geistige und kulturelle Selbständigkeit hinweisen
müsse, um sie so aus dem sowjetischen Machtblock herauszuhalten. Von deutscher
Seite müsse man daher weitgehend die separatistischen Bestrebungen der Ukrainer,
der baltischen Völker, der Kosaken und Kaukasier unterstützen und aktivieren.

Ob allerdings seine Pläne, das Gebiet im Osten entsprechend den deutschen Wün-
schen aufzugliedern, dazu angetan waren, die Sympathien der betroffenen Völker zu
wecken, erscheint mehr als fraglich, auch wenn er sich dabei auf Art. 17 der Verfas-
sung der SU (vom 5.Dezember 1936) bezog, der jedem Einzelstaat den Austritt aus
der Union ausdrücklich gestattete. „Die Aufgabe unserer Politik scheint mir deshalb in
der Richtung zu liegen, die Freiheitsbestrebungen aller dieser Völker in einer klugen
und zielsicheren Form wieder aufzugreifen und sie in ganz bestimmte staatliche Form
zu bringen, d. h. aus dem Riesenterritorium der Sowjetunion organisch herauszu-
schneiden und gegen Moskau aufzubauen, um das Deutsche Reich für kommende
Jahrhunderte von dem östlichen Alpdruck zu befreien.“ 73 Das eigentliche Ziel war,
dass vor allem die westlichen Randstaaten der Sowjetunion, Weißruthenien und die
Ukraine eine deutsche Oberhoheit anerkennen sollten, während die baltischen Staa-
ten später einmal ganz mit dem Deutschen Reich verschmolzen werden sollten.

Die entscheidende Fehlbeurteilung lag darin, dass er glaubte, Russland von Zentral-
europa abdrängen zu können, indem er auch rein russische Gebiete den westlichen
Nachbarstaaten angliedern wollte, um dann „dieses ursprüngliche Moskowien auf
seine Tradition zu wieder nach Osten zu wenden.“ 74 Dieses Ziel der „Umkehrung der
russischen Dynamik nach dem Osten“ war nicht anders als utopisch zu bezeichnen.
Entsprechend seiner Grundauffassung teilte er in seiner 1. Denkschrift das Territorium,
an dem das Reich interessiert sei, in sieben Gebiete ein: Groß-Russland (Moskowien),
Weißrussland, Ukraine und Krim, die Baltischen Staaten, Dongebiet, Kaukasus und
Turkestan. Nach Hitlers Weisung, sich zunächst auf Europa zu beschränken 75 wurden
vier Gebiete (Reichskommissariate) vorgesehen: Ostseeprovinzen mit Weißruthenien,

73 Rede des Reichsleiters A. Rosenberg vor den engsten Beteiligten am Ostproblem am 20.Juni 1941.
IMT 1058-PS, Bd. XXVI, S. 611-627 und BA-R6/6.
74 ebenda, Pkt.1.
75 Vgl. O. Bräutigam: Überblick.... S. 5.

29
Ukraine, Moskau, Kaukasien. 76 Die Baltischen Staaten mit Weißruthenien zusammen
einem gemeinsamen Reichskommissariat zu unterstellen, nur um dem Gebiet etwa
die gleiche Größe zu geben wie der Ukraine, war angesichts des verschiedenen his-
torischen, politischen und ethnischen Charakters dieser beiden Gebiete kaum zweck-
mäßig; entsprechend wurde auch der ursprünglich vorgesehene Name „Baltenland“ in
„Ostland“ abgeändert. 77

Psychologisch besonders unklug war es, die höchsten deutschen Repräsentanten


„Kommissare“ zu nennen, wo man gerade erst das Land von den (roten) „Kommissa-
ren“ befreien wollte. Rosenberg hatte vorgeschlagen, die leitende Stelle in Berlin „Ge-
neral-Protektorat“ zu nennen, 78 in den baltischen Bezirken sollten die Kommissare
„Landes-hauptleute“ bzw. „Gebietshauptleute“ heißen. 79 Insgesamt rechnete man mit
ca. 1.000 Gebietskommissaren, 80 wobei an qualifizierten Anwärtern alles andere als
Überfluss war. So musste man im 3. Kriegsjahr zurückgreifen auf „Bürger ohne Hori-
zont oder Bildung: Herren spielende Spießer“. 81 Dieses Personal der Zivilverwaltung
sollte im sog. „Führerkorps Ost“ zusammengefasst werden, das aber nie wirklich Ge-
stalt angenommen hat. Die Vorbereitung beschränkte sich oft auf einen Kurzlehrgang
auf der Ordensburg Krössinsee in Hinterpommern. 82

Während die Reichskommissare mit ihren nachgeordneten Behörden in ihren Gebie-


ten schon mit der Tätigkeit begannen, war Rosenberg in Berlin noch gar nicht fertig
mit dem Aufbau seines Apparates, so dass die Reichskommissare sich zunächst auf
vielen Gebieten ohne grundsätzliche Weisung behelfen mussten. Ursprünglich war in
Berlin nur ein kleiner Koordinationsstab vorgesehen, der Schwerpunkt der Verwaltung
sollte bei den Reichskommissaren liegen, da Rosenberg sehr richtig sah, dass eine
„bis ins einzelne gehende Bürokratie im Grunde genommen den wirklichen politischen

76 Rosenberg: Denkschrift Mr. 2, 7.April 1941, IMT 1018-PS.


77 Die Entscheidung darüber fiel erst am 16. Juli 1941 (Bormann: Aktenvermerk, 16.Juli 1941, IMT 221-
L, Bd. XXXVIII) S. 86 und nicht wie A. Dallin, S. 64, Anm. 2 und ihm folgend alle Autoren schreiben,
schon am 8.Mai.
78 Anhang zur Denkschrift Nr. 2 v. 7.April 1941, IMT 1019-PS, Bd. XXVI, S. 555.
79 Aktennotiz vom 15. August 1941, IMT 1050-PS und Rosenberg: Personelle Vorschläge für die besetz-

ten Ostgebiete, vom 25. Juni 1941. IMT 1036-PS. Landeshauptmann war die historische Bezeichnung
für den Vorsitzenden der ritterschaftlichen Selbstverwaltungskörperschaft in Estland. Für später be-
stand die Absicht, Estland eventuell in „Peipusland“ und Lettland in „Dünaland“ umzubenennen. (Ak-
tennotiz vom 15. August 1941 betr.: Umbenennungen im RKO, IMT 1050-OS), Nowgorod sollte „Holm-
gard“ heißen (Vorschlag zur Grenzziehung in den besetzten Ostgebieten, IMT 1054-PS).
80 Vermerk über Besprechung bei Rosenberg am 21. 3uni 1941,IMT 1034, und Bericht über vorberei-

tende Arbeiten zur europäischen Frage, IMT 1039-PS, Bd. XXVI, S. 584.
81 Prof. Paul Thomson: Politischer Bericht, 19. Oktober 1942 IMT 303-PS, Bd. XXV, S. 342.
82 „Die Burggemeinschaft“, Schulungsbrief der Ordensburg Krössinsee.

30
Überblick nicht fördert.“ 83 „In der Erkenntnis, dass der Wirkungsgrad rein politischer
Richtlinien ohne zentrale Festlegung gewisser Grundsätze für die praktische Verwal-
tung verhältnismäßig gering ist, dass auch hier eine gewisse einheitliche fachliche
Steuerung notwendig war und dass, falls das RMO diese Steuerung nicht übernehmen
würde, die anderen obersten Reichsbehörden diese Aufgabe übernehmen würden,
damit aber zugleich eine einheitliche politische Führung durch das RMO unmöglich
gemacht worden wäre, wurde ab 1941 neben der Hauptabteilung Politik eine Haupt-
abteilung Verwaltung aufgebaut.“ 84

Die Reichskommissare, die gerne ebenso wie jene in Norwegen oder in den Nieder-
landen Hitler direkt unterstanden hätten, versuchten sich dieser Bevormundung weit-
gehend zu entziehen. Die Generalkommissare ihrerseits hielten meist den Reichskom-
missar für eine überflüssige Instanz und versuchten, sich direkt mit Rosenberg in Ver-
bindung zu setzen. Unter solchen Umständen war eine geregelte Verwaltung sehr er-
schwert, so dass das Ministerium von sich aus Anfang 1942 den Reichskommissaren
eine gewisse Rechtsetzungsbefugnis übertrug. Im Ostland wurde der Reichskommis-
sar auch ermächtigt, seine Rechtsetzungsbefugnis den Generalkommissaren zu über-
tragen, die sie aufgrund derselben Verordnung wiederum an die Gebietskommissare
und die landeseigene Verwaltung delegieren konnten. 85 Den Gebietskommissaren der
Ukraine ist dagegen dieses allgemeine Verordnungsrecht nicht verliehen worden. Eine
weitere Stärkung der Position der Reichskommissare bedeutete es, als der RKU,
Koch, eine Weisung Hitlers bewirkte: Rosenberg hatte nach endlosen Spannungen
schließlich Koch beurlaubt mit der Absicht, einen anderen Reichskommissar für die
Ukraine zu ernennen; Koch antwortete, er fühle sich gesund und benötige keinen Ur-
laub, außerdem sei er von Hitler persönlich eingesetzt und nur dieser könne ihn beur-
lauben. Während Rosenberg resignierte, erreichte Koch über die Parteikanzlei eine
Kompetenz-beschneidung des Ost-Ministers, der sich nur noch auf grundsätzliche
Weisungen allgemeiner Natur zu beschränken und nicht in Einzelheiten der Verwal-
tung einzumischen habe. Außerdem solle das OMi vor dem Erlass solcher grundsätz-
licher Weisungen die Reichskommissare um ihre Stellungnahme ersuchen. 86 Darüber
hinaus konnte auch der Chef der Partei-kanzlei seit 1942 alle grundsätzlichen Gesetze

83 Rosenberg: Denkschrift Nr. 2, IMT 1918-PS.


84 O. Bräutigam, Überblick..., S. 23.
85 7. VO über die Rechtsetzung im RKO vom 24. April 1942 VBL RMO,S. 17; vergl. auch G. O. Grass-

mann: „Die deutsche Besatzungsgesetzgebung während des 2. Weltkrieges“, Tübingen 1958, S. 22.
86 Hitler an Rosenberg, 1. Jun. 1943, IMT NG-947; vergl. a. O. Bräutigam, Überblick..., S. 12 a.

31
und Verordnungen aller Ministerien prüfen und gegebenenfalls ihren Erlass durch sein
Veto verhindern.
Da Rosenberg auch sein Amt als „Beauftragter für die gesamte politische und weltan-
schauliche Schulung der Partei“ weiterführen musste, hatte er sich zu seinem ständi-
gen Vertreter im Ost-Ministerium den Gauleiter von Westfalen-Nord, Alfred Meyer, be-
stimmt, der aber seiner Aufgabe, vor allem bei Verhandlungen mit Behörden, in keiner
Weise gewachsen war. Wegen seiner häufigen Abwesenheit hatten dafür die Haupt-
abteilungsleiter und auch die Abteilungsleiter einen guten Kontakt zum Minister. 87

Der Aufbau des Ost-Ministeriums 88 begann mit dem Aufbau der „Haupt-Abteilung Po-
litik“, die Dr. Georg Leibbrandt, einem erfahrenen russland-deutschen Mitarbeiter Ro-
senbergs und beliebtem Angriffsziel der SS, anvertraut wurde. Sein Stellvertreter und
Leiter der Abteilung „Allgemeine Politik“, zugleich Vertreter des Ost-Ministeriums beim
OKW und OKH, war Dr. Otto Bräutigam, der bis kurz vor Beginn des Russlandfeldzu-
ges noch als Generalkonsul in Russland tätig war. Daneben verfügten auch die wich-
tigsten der übrigen Abteilungsleiter dieser Haupt-Abteilung (zeitweilig bis zu 10 Abtei-
lungen) über eine gewisse Erfahrung in Ostfragen. Die parallele „Haupt-Abteilung Ver-
waltung“ war ursprünglich als Organisation für die innere Verwaltung des Ministeriums
vorgesehen; durch ihren Leiter, den ehemaligen Regierungspräsidenten von Arnsberg,
Dr. Ludwig Runte, wurde sie aber zu einer Behörde ausgeweitet, die auch die Verwal-
tung der besetzten Gebiete durch Verordnungen bis in die kleinsten Bereiche hinein
regelte und damit die Lenkung so weit an sich zog, dass Rosenberg fürchtete, „über-
runtet“ zu werden.

Die „Haupt-Abteilung Wirtschaft“ (einschließlich Landwirtschaft) hatte für das Ministe-


rium keine so entscheidende Bedeutung, da diese durch die Verbindung mit den Wirt-
schafts-behörden des Vierjahresplans und des Wirtschafts-Stabs-Ost weitgehend
selbstständig arbeiteten. Die geplante „Haupt-Abteilung Technik“ ist nie richtig aufge-
baut worden und verschwand ganz, nachdem Speers Ministerium auch in den besetz-
ten Ostgebieten Kompetenzen eingeräumt worden waren.

Die durchgreifendste der vielen Umorganisationen war die Übernahme von SS-Ober-

87O. Bräutigam: „So hat es sich zugetragen“, S. 308.


88Eine Übersicht über die wechselnden Organisations-Pläne des OMi's siehe im Anhang; weder das
von Dallin, S. 97 noch von O. Bräutigam, Überblick..., S. 23 und 24, aufgestellte Schema ist völlig
zutreffend.
32
gruppenführer Gottlob Berger, der bis dahin (seit Juli 1942) nur Verbindungsmann der
SS zum OMi war, in das Ministerium selbst. 89 Durch diesen „Friedensschluss“ mit der
SS erhoffte Rosenberg sich eine Stärkung seiner Position, nicht zuletzt auch gegen-
über Koch, dem Reichskommissar der Ukraine. Der SS ging es aber vor allem darum,
Dr. Leibbrandt zu entfernen und ihren Einfluss noch weiter auszudehnen. Viele Beamte
hatten sich lange vergeblich gegen Berger gewehrt, wenigstens wurde er schließlich
nicht als Staatssekretär, sondern als Leiter des neugebildeten „Führungsstabes Politik“
übernommen. Im OMi zeigte er sich immer weniger, dafür baute er innerhalb der SS
so etwas wie einen eigenen Verwaltungsapparat parallel zum OMi auf.
Untergebracht war das Ministerium anfangs im Haus der ehemaligen jugoslawischen
Gesandtschaft, dann im Gebäude der ehemaligen Sowjetischen Botschaft Unter den
Linden, einem alten Schinkel-Bau. Neben diesem Untergebracht war das Ministerium
anfangs im Haus der ehemaligen jugoslawischen Gesandtschaft, dann im Gebäude
der ehemaligen Hauptgebäude besaß das Ministerium noch mehrere kleinere Dienst-
stellen, die später wegen der Bombenangriffe mehrfach umziehen mussten. 90

So heterogen das Personal des Ost-Ministeriums auch war – vom politischen KZ-Häft-
ling bis zum doktrinären und fanatischen Nationalsozialisten war alles vertreten91 –
entwickelte sich in den einzelnen Abteilungen allmählich eine gewisse „Glaubensge-
meinschaft“, die vielleicht auch mehr durch die gemeinsamen Schwierigkeiten zu er-
klären ist, als durch die Überzeugungskraft der politischen Zielsetzung der maßgeb-
lichen Beamten.
Während Rosenberg in seinem Berliner Ministerium also durchaus einen Rückhalt in
seinen Beamten hatte, gab es mit seinen Reichskommissaren, besonders mit Erich
Koch in der Ukraine, dauernde und heftige Reibereien. Rosenberg hatte Koch erst
dann zum Reichskommissar vorgeschlagen, als er merkte, dass Hitler ganz sicher
auch Koch als Günstling Görings und Himmlers in irgendeinem Gebiet als Reichskom-
missar haben möchte. Da er ihn also nicht übergehen konnte, schlug er ihn für „Mos-
kowien“ vor92, um ihn nur ja von den baltischen Ländern fernzuhalten, für die Koch sich

89 Rosenberg an Berger, 10. August 1943, IMT-NO-348.


90 Nach der Zerstörung des Hauptgebäudes besaß das RMO in Berlin 27 Gebäude in Michendorf 3, in
Frankfurt/O. 5, in Troppenau 5, sowie 15 sonstigen Ausweichstellen (55 insgesamt) mit ca. 1.600 An-
gestellten (BA R 6/225). Am 6. November 1944 betrug die Personalstärke des OMi's nur noch 235.
(BA R 6/234) Vergl. auch Rede Rosenbergs in Riga am 16. Mai 1942, MA-795/700.
91 Sogar ein „halb- jüdischer SS-Mann“ soll als Abteilungsleiter tätig gewesen sein. (Mitteilung v. Dr.

Peter Kleist und Dr. G. Leibbrandt.


92 Rosenberg: Personelle Vorschläge für die besetzten Ostgebiete, IMT l036-PS.

33
besonders interessierte, da sie an seinen Gau Ostpreußen angrenzten. Als Rosenberg
schließlich Koch für die Ukraine akzeptieren musste, vertraute er am gleichen Tage
seine Bedenken und seine Skepsis seinem Tagebuch an: „Ich werde hier sehr aufpas-
sen müssen, daß meine Direktiven eingehalten werden.“ 93 Für das Ostland wurde der
von Rosenberg vorgeschlagene Gauleiter von Schleswig-Holstein, Hinrich Lohse, ein-
gesetzt. Rosenberg hatte seinen Vorschlag damit begründet, dass Lübeck durch die
alte Hanse- Tradition mit Reval und Riga verbunden sei. 94 Mit Lohse war Rosenberg
durch die „Nordische Gesellschaft“ bekannt geworden; er versuchte ihn auch schon
vergeblich an Stelle Terbovens in Norwegen als Reichskommissar einzusetzen 95 und
hatte ihn schon am 23. April 1941 mit der „Bearbeitung der Fragen des Raumes der
ehemaligen Republiken Estland, Lettland, Litauen und des Gebietes von Weißruthe-
nien“ beauftragt. 96
Bis zu einem gewissen Grade scheint es doch so, als ob Rosenberg tatsächlich der
romantischen Vorstellung anhing, eine „700-jährige Tradition“ würde eine ausrei-
chende Grundlage für seine Arbeit sein. Andererseits wurden die „Wiederaufnahme
der Ostkolonisation“ und die Beschwörung der Hanse- und Ordensritter-Vergangenheit
97 als bewusste rein propagandistische Verbrämung benützt, denn die dort lebenden
Deutschen hatte man ja erst knapp 2 Jahre zuvor „heim ins Reich“ geholt, und auch
Rosenberg wollte sie nicht sofort wieder zurück in ihre Heimat lassen. 98

Am wenigsten Schwierigkeiten hatte Rosenberg mit seinem Reichskommissar für Kau-


kasien, seinem alten Mitarbeiter und Freund Arno Schickedanz, 99 denn zur Errichtung
dieses Reichskommissariats ist es nie gekommen. Ebenso wenig mit seinem Reichs-
kommissar für Moskowien, dem Gesandten SA-Obergruppenführer Siegfried Kasche,
der noch 1944 an seinen Einsatz für Moskau geglaubt haben soll.100

93 Rosenbergs Tagebuch, 16. Juli 1941, abgedruckt in: „Der Monat“, 1. 3g. Nr. l0, S. 37.
94 Großdeutschland - Traum und Tragödie, S. 116 und Anhang zur Denkschrift Nr. 2 vom 7. April 1941,
IMT 1019-PS, Bd. XXVI, S. 555.
95 H.-D. Loock, Quisling, Rosenberg und Terboven, Stuttgart 1970, S. 434.
96 BA-R6/24; Da Backe in Deutschland unentbehrlich war, schlug Rosenberg Gauleiter Sauckel als

Reichskommissar für Russland vor. (BA-R6/21).


97 H. Lohse: Ostland baut auf, in: NS-Monatshefte, Berlin Januar 1942.
98 In dieser Inkonsequenz, das Ostland deutsch besiedeln zu wollen, den früher dort lebenden Deut-

schen aber die Wiederansiedlung zu untersagen, zeigt sich ebenfalls die Konzeptlosigkeit der deut-
schen Ostpolitik.
99 Am 20. Mai 1941 war dafür auch der Gesandte Dr. Neubacher zum Reichskommissar vorgeschlagen

worden, Rosenberg aber sprach sich gegen ihn aus. (BA R 6/21).
100 Erich Kordt: Wahn und Wirklichkeit, Stuttgart 1949, S. 305, RMO: „Aufbaustäbe im RK Rußland“, IfZ

MA 542-793.
34
3. Das Reichskommissariat Ostland

a) Aufbau und Aufgaben


Die ersten Gebiete, die der Verwaltung des Ostministeriums unterstellt wurden, waren
Litauen sowie Lettland bis südlich der Düna, die am 25. Juli 1941 offiziell vom Wehr-
machtsbefehlshaber an den Reichskommissar Lohse übergeben wurden. 1 Am 1.Sep-
tember wurde dann offiziell das „Reichskommissariat Ostland“ (ebenso wie auch das
„Reichskommissariat Ukraine“) errichtet, wobei der dazugehörige General- Bezirk Est-
land erst am 5. Dezember 1941 der Zivilverwaltung übergeben wurde.
Damit wurden durch den Machtanspruch der Bürokratie Gebiete unter einer Leitung
zusammengefasst, die ihrer ganzen Struktur und Entwicklung nach wenig Gemeinsa-
mes hatten. Für eine Zusammenfassung von Estland, Lettland und Litauen ließen sich
durchaus sachliche Gründe anführen, der Anschluss von Weißruthenien aber musste
sich zwangsläufig auch zu Ungunsten einer einheitlichen bürokratischen Verwaltung
auswirken, denn selbst einem oberflächlichen Beobachter musste die Verschieden-
artigkeit dieser Gebiete auffallen. In allen nationalsozialistischen Zukunftsplänen für
den Osten nahmen die baltischen Provinzen eine klar privilegierte Stellung ein; in der
ersten Rosenberg-Denkschrift wird noch die Frage aufgeworfen, ob diesen Gebieten
„die besondere Aufgabe zugewiesen werden sollte, deutsches Siedlungsgebiet der Zu-
kunft unter Assimilierung der rassisch Geeignetsten zu werden“.2 In den weiteren Pla-
nungen war dann dieses Gebiet als einziges dazu ausersehen, eine Provinz des Groß-
deutschen Reiches zu werden und nur die baltischen Völker erachtete man für wert,
germanisiert zu werden.
Weißruthenien dagegen sollte nur koloniales Hinterland der baltischen Provinzen wer-
den. Ebenso wie Hitler und verschiedene Rasseforscher glaubte auch Rosenberg,
dass die Esten die Elite der Baltischen Völker seien, also auch am ehesten geeignet,
eingedeutscht zu werden, jedenfalls wenn „solch ein Schmelzprozeß behutsam und
geschickt gelenkt würde. Die Letten waren seiner Meinung nach stark von Russen
unterwandert, weshalb nur die „rassisch Geeignetsten“ assimiliert werden könnten. Die
Litauer wären außer russischem auch noch stark „jüdischem Druck“ unterlegen, daher

1 bei Dallin S. 96, fälschlicherweise: 20. August 1941, s. IMT 1042-PS: Rosenberg: Vorl. Richtlinien für
die Zivilverwaltung südlich der Düna, 14.Juli 1941
2 Rosenberg: Denkschrift Nr. 1, 2. April 1941, IMT 1017-PS Bd. XXVI, S. 547

35
sei „die Aussiedlung rassisch minderwertiger, größerer Bevölkerungsgruppen aus Li-
tauen wohl in diesem Fall nicht zu vermeiden.3 Solche weitreichende Pläne sind zwar
nie in Angriff genommen worden, aber in der gesamten Verwaltung zeigte sich der
Niederschlag dieser Anschauungen, indem die Esten und die Letten in der Praxis et-
was besser behandelt wurden als die Litauer.

Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis blieb aber für die Behandlung der balti-
schen Völker wie der Weißruthenen ein Widerspruch ungelöst: wie wollte man einer-
seits den Nationalismus dieser Völker pflegen und entwickeln, um ihn als Schutzwall
gegen Rußland gebrauchen zu können, wenn man andererseits diese Bevölkerung
germanisieren oder z. B. das Gebiet Weißrutheniens als kontinentalen Schuttablade-
platz für sog. rassisch Unerwünschte verwenden wollte?

Nur bei wenigen Theoretikern lässt sich dieser Widerspruch dahin gehend auflösen,
dass sie für eine (vorläufige) Zurückstellung der Germanisierung plädierten, in der
Hoffnung, dass sie später ganz vom Programm gestrichen werden würde. Da man in
dieser Zeit nicht offen gegen ein so „großes Ziel“ opponieren konnte, verwandte man
recht gewundene Erklärungen dafür, warum ein sofortiger Beginn der Germanisierung
mehr Nachteile als Vorteile hätte. Besonders deutlich lässt sich diese Argumentation
bei Werner Hasselblatt feststellen, der in der ersten Zeit als Berater des Ost-Ministeri-
ums fungierte und später für die Leitung einer internationalen „Arbeitsgemeinschaft für
europäische Völkerpolitik“ (später in „Arbeitsgemeinschaft für Volkstums- und Völker-
ordnung“ umbenannt) vorgesehen war. Dass er eine Germanisierung insgesamt ab-
lehnte, wurde nur wenigen zwischen den Zeilen deutlich.4 Besonders abträglich für die
deutsche Besatzungspolitik war es natürlich, dass die Diskussion über die verschiede-
nen Germanisierungs-Pläne aus Berlin auch der Bevölkerung nicht verborgen blieb.

Zunächst wurde die Bevölkerung allerdings nur mit den Vertretern der Wehrmacht kon-
frontiert, die aber von vornherein keine politischen Funktionen übernehmen sollten. In
der Praxis stand es jedem Kommandeur frei, innerhalb der allgemeinen Richtlinien

3 Ebenda, und IMT 1018-PS


4 Vgl. AA Polit.-Archiv, Inland IIg-288. W. Hasselblatt: Völkerpolitische Überlegungen zur Frage der Ein-
deutschung der Völker Ostlands. Dez. 1942/Jan. 1943 und W. Hasselblatt: „Eindeutschung im Osten,
speziell Ostland“ und „Denkschrift über die Tatbestände und Gefahren der völkerpolitischen Lage nach
dem Siege“. Dieses Problem der Deutung der Motive ergibt sich bei vielen Denkschriften, in denen z.
B. wirtschaftlich argumentiert wurde oder materialistisch, da humanitäre Argumente einem den Vor-
wurf des Defätismus eingebracht hätten. Bei der Beurteilung solcher Texte lässt sich heute schwer
entscheiden, was die wirklichen Motive für eine Kritik am System oder an dieser oder jener Entschei-
dung waren, wenn man sich zur Beurteilung nur auf eine Denkschrift stützt.
36
nach eigenem Ermessen zu handeln, da der Zweck einer Militärregierung in erster
Linie darin besteht, für Frieden und Sicherheit hinter der Front zu sorgen. Da die Mili-
tärregierung dem General-Quartiermeister Eduard Wagner unterstellt war, konnte
diese umso leichter eine verhältnismäßig vernünftige Politik durchführen. Denn Wag-
ners Stab hat sich keineswegs peinlich genau in allem an Hitlers Weisungen gehalten.5

Ohne sich um Hitlers umwälzende Pläne zu kümmern, hatten die Ortskommandanten


den Aufbau lokaler Selbstverwaltungen gefördert, was vom Oberkommando der Wehr-
macht sanktioniert wurde, den SD und den Vorausabteilungen der Zivilverwaltung aber
als zu weitgehend erschien. Die Wehrwacht wollte schließlich die Verantwortung für
die schwierigen politischen Probleme loswerden, weshalb Keitel Anfang Juli 1941 Ro-
senberg bat, die Verwaltung der bisher schon eroberten Gebiete zu über- nehmen.
Von Lammers kam jedoch die Antwort: „Der Führer wünscht im Augenblick noch keine
Zivilverwaltung in den neu besetzten Ostgebieten und behält sich vor, den Zeitpunkt
hierfür selbst zu bestimmen.“6

Rosenberg arbeitete daraufhin am 14. Juli 1941 eine Vereinbarung mit dem OKW aus,
nach der die unteren Organe der Zivilverwaltung (Landeshauptmann und Gebiets-
Hauptleute) schon mit der Arbeit beginnen sollten. Eine „unpolitische Miliz“ und Ge-
meindeverwaltungen sollten gefördert werden, es kam aber „keinesfalls in Frage, litau-
ische, weißruthenische oder lettische Regierungen anzuerkennen, die sich als solche
ausgeben wollen und deshalb ist es auch unmöglich, den Aufbau entsprechender Ar-
meen zuzulassen.“ 7

Für die deutsche Öffentlichkeit war es schwer, sich von der politischen Situation im
Osten oder gar von den politischen Absichten der deutschen Führung ein genaues Bild
zu machen, da die Zeitungen auch nur bestimmte Informationen erhielten und weiter
gaben. In den „Tagesparolen“, den Weisungen an die deutsche Presse, hieß es z. B.
am 24. Juni 1941; „Die litauischen und estnischen Selbständigkeitsbestrebungen sind
nicht zu verzeichnen.“ Und zwei Tage später: „freiwillige Meldungen und Kundgebun-

5 Wagner nahm sich nach dem missglückten Attentat des 20. Juli das Leben,
6 Lammers an Rosenberg, Telegramm 8. Juli 1941, BA R6/21
7 Rosenberg: Vorläufige Richtlinien für die Zivilverwaltung südlich der Düna, 1. Juli l941, IMT 1042-PS,

und Dienststelle Rosenberg: Arbeitsabkommen mit den OKW, 14. Juli IMT 1043-PS
37
gen russischer Emigranten zum Kampf gegen die Sowjetunion sind nicht aufzugrei-
fen“, und „Sympathietelegramme von Ukrainern und Weißrussen an deutsche Stellen
sind nicht zu veröffentlichen.“8
Am 9. Juli 1941 wurden dann der Presse folgende Richtlinien gegeben:
1. „Es sind keine Betrachtungen über etwaige künftige politische oder verwaltungs-
mäße Gliederungen der von unseren Truppen besetzten Gebiete anzustellen,"
2. „...Der Ausdruck 'Weißrussland' und 'weißrussisch' ist durch die Bezeichnung 'Weiß-
ruthenien' und 'weißruthenisch' zu ersetzen",
3. „Symbole und Kundgebungen der ehemaligen baltischen Kleinstaaten sowie der
Emigranten sind weder in Wort noch in Bild zum Gegenstand der Berichterstattung zu
machen.“ 9

Die beiden Reichskommissariate waren Währungsgebiete mit eigenen Notenbanken


und Haushaltsplänen. In der Ukraine wurde dies auch durch die Karbowanjez-Wäh-
rung sichtbar, während im Ostland die geplante Einführung der „Ostland-Mark“ unter-
blieb. „Der Haushaltsplan des Ostlandes war einer der modernsten und führte alle
Budgetreformen durch, die sich im Reich während des Krieges nicht erzielen ließen.“10

Die Gültigkeit der Haushaltspläne war an die Zustimmung des RMO gebunden, der sie
jedoch nicht ohne Einwilligung des Reichs-Finanzmiministers erteilen durfte. Prüfungs-
instanz war der Reichsrechnungshof. Die Generalbezirke hatten ihre eigenen Etats;
falls deren Einkünfte nicht ausreichten, wurde der Haushalt des Reichskommissariats
belastet.11 Die Ost-Gesellschaften hatten ihre Steuern überwiegend an die landes- ei-
genen Verwaltungen abzuliefern.

Da die deutschen Banknoten aus dem Reich nicht ausgeführt werden durften, wurden
für die besetzten Gebiete Reichskreditkassenscheine ausgegeben, die allmählich die
Rubelwährung verdrängten. Das Währungsverhältnis war auf 1 : 10 festgesetzt: 1 RM
= 10 Rubel.
Damit war es den Deutschen im Ostland möglich, bequem und billig zu leben und auch
Pakete nach Hause zu schicken. Auch waren die den Deutschen zugeteilten Lebens-
mittelrationen höher als die der einheimischen Bevölkerung. Allerdings benötigten viele
Einheimische ihre Lebensmittelkarten kaum, da sie sich auf dem Schwarzmarkt besser

8 Helmut Sündermann: „Tagesparolen - Deutsche Presseweisungen 1939 - 1945, Hitlers Propaganda


und Kriegsführung“. Aus dem Nachlass herausgegeben von Gert Sudholt, Leoni 1973, S. 170
9 Ebenda S, 170/71
10 O. Bräutigam: Überblick, S. 53
11 R. Herzog; Grundzüge der deutschen Besatzungsverwaltung S. 139

38
versorgen konnten als die Deutschen mit ihren Marken. Nach einer Übersicht der Wirt-
schaftsabteilung des Völkerbundes 12 war die Ernährungslage in den baltischen Län-
dern keineswegs so schlecht:
Kalorienwert der Normalverbraucher-Ration im Januar der Jahre 1941 - 1944:
1941 1942 1943 1944
Deutschland 1.990 1.750 1.960 1.930
Italien 1.010 950 990 1.065
Frankreich 1.365 1.115 1.080 1.115
Baltische Länder -- 1.305 1.305 1.420
Norwegen 1.620 1.385 1.430 1.480

Hartnäckig hält sich die Behauptung, dass als Zahlungsmittel auch Schnaps verwen-
det wurde. Schnaps wurde lediglich als Prämie ausgegeben, 13 außerdem zogen die
Letten und Esten meist ihren „Schwarzgebrannten“ vor.
Zur Entwicklung der Landwirtschaft wurden aus dem Reich Landmaschinen im Werte
von 175 Hill. RM eingeführt. 14

Recht interessant sind auch die Jahresgehälter der leitenden Verwaltungsführer: 15

Reichskommissar 42.000.- + 60.000.- Sachaufwand


Generalkommissar 24.000.- + 40.000.- “
Gebietskommissar 9-14.000.- + 10.000.- “
Hauptabteilungsleiter 24.000.-.
Abteilungsleiter 18.000.- (Landesdirektor)
Bezirksdirektor 18.000.-
Bezirksdirigent 15.000.-

12 Worlds Economic Survey 1942 - 1944. Series of League of Nations, Publications II. Economic and
financial (1945) II. A. 4 S. 125
13 Aizsilnieks: Latvijas Saimniecibas Vesture 1914 - 1915, S. 911
14 H.-J. Riecke: Ernährung und Landwirtschaft im Krieg, S. 341
15 BA R6/22 und IfZ MA 247/373

39
b. Weißruthenien
Zur Geschichte des Landes

Während die kleinen, baltischen Völker immer wieder in das Licht der Geschichte ge-
rückt wurden, kann man von den Weißruthenen sagen, dass sie das „unbekannteste
Volk Europas“ 16 seien. Dieses ostslawische Volk grenzt mit seinem Siedlungsgebiet
im Westen an Polen, im Norden an Litauen und Lettland, im Osten an das russische
(großrussische) Siedlungsgebiet und im Süden an die Ukraine. Bis zur Mitte des 17.
Jahrhunderts war die Entwicklung des weißrussischen Volkes unabhängig vom russi-
schen vor sich gegangen, trotzdem bestreiten nicht wenige Wissenschaftler, dass sie
als eigenes Volk von den eigentlichen Russen (Großrussen) zu unterscheiden seien.
So wie viele im 1.Weltkrieg die Ukrainer lediglich für eine Erfindung von Paul Rohrbach
hielten, glauben manche, dass die „Weiß-Ruthenen“ (anstatt Weißrussen, wie man
früher meist sagte) ihre Existenz hauptsächlich dem Bemühen Rosenbergs und Dr.
Leibbrandts verdanken, die Völker des Ostens nicht als eine Einheit zu betrachten.

Das nationale Bewusstsein der Weißruthenen war nicht so stark entwickelt wie es Ro-
senberg gehofft hatte, was aber aus der geschichtlichen Entwicklung verständlich ist.
Im Mittelalter mit Litauen in einem Großfürstentum verbunden, war Weißrussland spä-
ter zum Teil der Polonisierung und zum Teil der Russifizierung ausgesetzt. Aber schon
Napoleon soll 1812 in einem Tagesbefehl verkündet haben: „Weißruthenien ist nicht
als erobertes Land, sondern als Bundesgenosse zu behandeln. 17

Die folgende Zeit ist gekennzeichnet durch die Versuche von verschiedensten Seiten,
aus der Förderung eines weißruthenischen Nationalbewusstseins politisches Kapital
zu schlagen. Neben den Polen und Russen, später auch den Sowjets, waren es auch
Die Deutschen, die im ersten Weltkrieg die Möglichkeit dazu hatten, da ein Teil des
weißruthenischen Volksbodens damals zum „Land Ober-Ost“ gehörte und dem Ober-
befehlshaber Ost unterstand. Durch OB-Ost, GFM v. Hindenburg, vom 1. 1. 1916
wurde die deutsche Sprache – nach Ablauf von 450 Jahren – wieder berechtigte Spra-
che mit den anderen Landessprachen anerkannt. „Als wichtigste Maßnahme des
Ober-Ost kann man den Ersatz der russischen durch die Nationalschule bezeichnen.

16 F. Klau: Europas unbekanntestes Volk, in: Auf Informationsfahrt im Ostland, hrsg. v. W. Zimmer-
mann, Riga 1944,S. 77 - 82
17 zit. nach W. Haupt: Heeres-Gruppe Mitte, S. 14

40
Unter der deutschen Besatzung erhielten die im Ober-Ost-Land ansässigen Nationa-
listen eine, wenn auch durch die Kriegsnotwendigkeiten beschränkte Bildungsautono-
mie. Der OB-Ost ging damit weit über die im Rahmen der Haager Landkriegsordnung
notwendigen Maßnahmen hinaus. Diese hätten nur eine Aufrechterhaltung der Schule,
so wie sie zur russischen Zeit bestand, erfordert ... Der Grundstein zur Lösung von
Rußland wurde hier gelegt.“ 18
Der Anlauf nach dem ersten Weltkrieg zu einer staatlichen Einigung zu gelangen, war
nicht so erfolgreich wie bei den Polen, Finnen oder Balten. „Die anderen Staaten waren
darin erfolgreicher, da sie die Hilfe der Alliierten erhalten haben, Weißruthenien hatte
darin Pech... das ist aber der Fehler der Alliierten.“ 19 Eine weißruthenische Regierung
unter Luckevič gewann offizielle Anerkennung durch Lettland, Estland, Litauen, Finn-
land und sogar durch die CSR, konnte sich aber nicht lange gegen die Rote Armee
halten und musste schon im Februar 1918 aus Minsk weichen. Am 1. Januar 1919
wurde dann eine „Weißruthenische Sozialistische Sowjetrepublik“ ausgerufen. Zu ei-
nem Versuch, eine Art „Großfürstentum Litauen-Weißruthenien“ unter kommunisti-
schen Vorzeichen wiedererstehen zu lassen, kam es im Februar/ März 1919. Diese
Doppel-Republik, die „Sozialistische Sowjetrepublik Litauen und Weißruthenien“ unter
Mickevičius-Kapsukas, wurde aber schon nach wenigen Tagen durch den polnischen
Vormarsch auf Wilna und Minsk wieder weggefegt. Im Frieden von Riga wurde am 18.
März 1921 die Abtrennung des westlichen Teils an Polen beschlossen; die östliche
„Sowjetrepublik Weißruthenien“ wurde sowohl von Polen als auch von Rußland als
souverän anerkannt. Die nächste Anerkennung geschah durch Deutschland im Zu-
sammenhang mit dem Rapallo-Vertrag, dessen Bestimmungen im Zusatz-Vertrag vom
5. November 1922 zwischen Deutsch-land und der WSSR auch auf letztere ausge-
dehnt wurden.20 Der Zusammenschluss mit den anderen Sowjetrepubliken erfolgte
dann Anfang 1923.

Polen förderte anfangs seine Ostgebiete nachdrücklich und versuchte alles Russische
aus Weißruthenien zu verbannen („Belorussification“) aber nachdem die Wahlen von
1922 eine allzu große Stärkung der weißruthenischen Nationalisten erbrachten, setzte

18 G. Linde: „Die deutsche Politik in Litauen im erste Weltkrieg“, Wiesbaden 1965, S. 45.
Vgl. auch HWO Zemke: Der Ob-Ost und die Schule im Verwaltungsbezirk Litauen während des Welt-
krieges. Diss. Berlin 1936 und „Das Land Ober-Ost“, Stuttgart Berlin 1917
19 N. Vakar: Belorussia, S. 106
20 Bis zur Begründung der UdSSR hatte die WSSR ihren eigenen Botschafter in Berlin. Auch heute ist

Weißrussland, ebenso wie die Ukraine, als eigener „Staat“ in der UNO vertreten.
41
eine scharfe Unterdrückungspolitik ein. In offiziellen Dokumenten sprach man nur noch
von „Biatopolak“ (weiß-polnisch) und fast alle weißruthenischen Schulen wurden wie-
der geschlossen: eine große Auswanderungsbewegung hob an. Diese polnische „Pa-
cification“ erreichte sogar, dass sich die weißruthenischen Nationalisten mit den Kom-
munisten gegen die Polen verbanden; der Nationalismus wurde jedenfalls mehr geför-
dert als geschwächt.

Dagegen wurde im sowjetischen Bereich die „Belorussification“ länger durchgehalten,


sowohl mit der Blickrichtung gegen Polen als auch in dem Bemühen, den Nationalis-
mus für die Weltrevolution dienstbar zu machen.21 Hier im östlichen Teil wandten sich
sogar einige Weißruthenen dagegen, weißruthenisch, diesen „südwestlichen Dialekt“,
als offizielle Sprache anzuerkennen. Die SU stellte damals die Sowjetisierung eindeu-
tig über die Russifizierung. Mit dem ersten Fünfjahres-Plan 1928 begann aber auch
hier der Widerstand der weißruthenischen nationalen Führerschaft, die 1929 fast aus-
nahmslos ins Gefängnis kam. Die folgenden Verfolgungen waren bis 1933 schlimmer
als jemals in Polen. 22 Auch fast die gesamte KP-Führung wurde ausgewechselt. Ein
Gesetz be-stimmte 1936 die enge Verbundenheit der weißruthenischen mit der russi-
schen Sprache, die 1938 zur Pflichtsprache wurde. „Die Polen wandten sich gegen die
weißruthenischen Symbole, die Sowjets gegen die Menschen; sie wachten darüber,
daß die Institutionen erhalten blieben, nur mit neuen Inhalten gefüllt.“ 23

Nach dem Hitler-Stalin-Pakt wurden die Russen bei ihrem Einmarsch in das polnische
Weißruthenien dort ähnlich als Befreier vom polnischen Joch begrüßt, wie zwei Jahre
später die Deutschen als Befreier von der Sowjetherrschaft. Nach den in diesem Teil
vorgenommenen Wahlen, die eine eindeutige Mehrheit für den Anschluss an die
WSSR erbrachte, wurde am 2. November 1939 auch der westliche Teil Weißrutheniens
in die SU aufgenommen. Die beschlossene Übergabe Wilnas an Litauen war allerdings
bis nach den Wahlen geheim gehalten worden und auch nach der Vereinigung blieb
die Grenze zwischen der westlichen und östlichen Hälfte geschlossen. Im Winter
1940/41 wurde der Prozess der Enteignung und Sowjetisierung beschleunigt in Angriff
genommen.

21 Die SU war bemüht, auch völlig bedeutungslose Splitterstämme als Völker herauszustellen, wie z.B.
den Turkstamm der 844 Köpfe zählenden Gagausen, andererseits machten sie viele dem Russischen
Volk verwandte Völker zu Russen.
22 N. Vakar, Belorussia, S. 146
23 Ebenda S. 150

42
Nach dem Polenfeldzug hatten die Deutschen die gefangenen weißruthenischen Sol-
daten wieder entlassen; ebenso wurden die im Generalgouvernement liegenden weiß-
ruthenischen Gemeinden bei der Lebensmittelzuteilung und Arbeitsbeschaffung be-
vorzugt, da man sie als willkommene antipolnische Elemente ansah. Bei ihrem Bemü-
hen um Kollaborateure hatten die deutschen Dienststellen nicht allzu viel Erfolg: die
1933 auf deutsche Initiative hin gegründete weißruthenische nationalsozialistische
Partei (PBNS) war viel zu unbedeutend und die von der Abwehr angeworbenen Emig-
ranten wurden, als sie in drei Gruppen kurz vor dem Einmarsch über die Grenze ge-
schickt wurden, von sowjetischen Grenzstreitkräften aufgerieben. 24

Diejenigen, die mit dem Heer oder den SD-Einsatzgruppen am Vormarsch teilnahmen,
resignierten bald als sie merkten, dass die Deutschen ganz andere Pläne hatten als
die Ausrufung eines freien weißruthenischen Staates. Weißruthenien 25 war für die
Deutschen lange kein so wichtiges Objekt wie die Ukraine oder die baltischen Staaten.
Wirtschaftlich gab es außer Holz und Torf keine für das Reich wertvollen Rohstoffe; in
der Bevölkerung (überwiegend agrarisch strukturiert) herrschte noch immer ein starkes
Analphabetentum. So war Weißruthenien für Deutschland nur ein „notwendiges“ Er-
oberungsgebiet, das auf der Vormarschstrecke lag, ein „kulturell wie auch wirtschaft-
lich sehr zurückgebliebener Teil der UdSSR“ 26, den man nur deswegen besser als das
eigentliche Rußland behandelte, weil um Moskowien ein geschlossener Wall errichtet
werden sollte. „Rassisch“ hielt man die Weißruthenen eher zu den Großrussen als zu
den Ukrainern gehörig, sie lagen also nur knapp über den „Untermenschen“.

Weißruthenien unter deutscher Verwaltung

Vor dem Einmarsch erwog Rosenberg „einen selbständigen weißruthenischen Staat


unter deutscher Führung“, der sich bis zum "Wald Gebirge erstrecken sollte. 27 Schließ-
lich aber kamen die Gebiete um Brest, Pinsk und Gomel zum Reichskommissariat

24 L. Golubowitsch: Okkupatsija Belorussij. S. 2, zit. Nach A. Dallin. S. 225, Anm. 4. – Mit der Förderung
durch den SD war in Berlin auch eine weißruthenische Vertrauensstelle geschaffen und eine Zeitung
„Raniza" herausgegeben worden.
25 Beim Einmarsch deutscher Truppen umfasste Weißruthenien 228.300 qkm mit knapp 10 Millionen

Einwohnern, davon ca. je 900.000 Polen und Juden und 600.000 Großrussen. Vgl. E. v. Engelhardt:
Weißruthenien, S. 234
26 Rosenberg: Denkschrift Nr. 1, IMT 1017-PS Bd. XXVI, S. 549. Im östlichen Teil waren 1926 87,3 %

der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft tätig (Ostland in Zahlen, S. 2). Nur 59,3 % der Bevölkerung
konnten lesen.
27 Großkopf an Weizsäcker und Ribbentrop, 4. Juli 1941 IMT 4633-NG

43
Ukraine, wofür Smolensk und Teile von Briansk zu Weißruthenien kommen sollten,
aber unter Militärverwaltung blieben; die Grenze zwischen Militär- und Zivilverwaltung
bildete die Beresina. Der zum westlichen Weißruthenien und bis 1939 zu Polen gehö-
rende Bezirk Bialystok wurde am 15. August 1941 als selbständiger „Bezirk Bialystok“
der deutschen Provinz Ostpreußen angegliedert, so dass der ostpreußische Gauleiter
Koch einen direkten Zugang zu seinem Reichskommissariat Ukraine hatte. 28

Viele Städte, die von den Sowjets in Panik verlassen worden waren, blieben – wie z.
B. Minsk – 3 Tage und mehr ohne Verwaltung, in einige Gegenden sind die Deutschen
überhaupt nicht gekommen. Die Bevölkerung erwies sich anfangs als hilflos und un-
gewohnt, Verantwortung zu übernehmen.

Die wirtschaftliche und soziale Struktur brach zusammen. Oft nahm der deutsche Orts-
kommandant einfach einen besser gekleideten Mann von der Straße und ernannte ihn
zum Stadtrat („uprava“). In den ländlichen Gebieten lebte spontan die alte „Mir“-Verfas-
sung wieder auf. Die Kollektive wurden beseitigt und 1942 wurde eine recht gute Ernte
erzielt.

In den Dörfern wurden die Bürgermeister („starosty“) nur zum Teil eingesetzt; die meis-
ten wurden von der Bevölkerung gewählt. Das erstaunliche war, dass die Bevölkerung
obwohl in einem totalitären System auf gewachsen, und beherrscht von der Armee
eines anderen totalitären Staates in aller Ruhe daran ging, eine demokratische Ord-
nung aufzubauen, wenn auch nur in sehr einfacher Form. 29 Es gab zunächst 5 Haupt-
bezirke: Minsk, Baranowitsche, Witebsk, Mogilew, Smolensk. (Haupt-Bezirke hatte es
in anderen General-Kommissariaten überhaupt nicht gegeben). Am 4. März 1943 wur-
den die Haupt-Bezirke aufgelöst und in Bezirks-Kommissariate umgewandelt, sie un-
terteilten sich in 37 Kreisgebiete.

Während Koch in der Ukraine alle „einheimischen“ Regungen unterdrückte, stützte


man sich in Weißruthenien vielfach auf Gruppen, die am wenigsten in der Lage waren,
die Bevölkerung zu gewinnen. Der besseren sprachlichen Verständigung wegen

28 Erlass des Führers über die vorläufige Verwaltung des Bezirks Bialystok, vom 15. August 1941, IMT
NG-3480. Da General-Kom. v. Renteln ein begeisterter Fischer war, bat er General-Korn. Kube, einen
besonders fischreichen Gebietsstreifen von Weißruthenien an Litauen anzugliedern, damit er nicht
zum Fischen immer sein General-Kommissariat verlassen müsse. (Mittlg. Dr. J. Kurtz ). Anfang 1942
wurde daher der General-Bezirk Litauen im Osten um 3 Kreise mit ca. 200.000 Einwohnern vergrößert.
DZO vom 3. April 1942, S. 5
29 N. Vakar: Belorussia, S. 174

44
stützte man sich in den westlichen Teilen vielfach auf Polen, in den östlichen auf Rus-
sen. So war auch der spätere polnische Staatspräsident V. Bierut (1947 - 1952) damals
in der Stadtverwaltung von Minsk beschäftigt. 30 Der Separatismus und Nationalismus
war in Weißruthenien schwächer als in irgendeiner anderen Sowjetrepublik, nicht zu-
letzt, weil die Nationalisten der früheren Generation größtenteils von den Sowjets aus-
gerottet worden waren.

Zunächst hatte man gehofft, den Repräsentanten der ersten Belorussischen National-
Republik im Exil (in Prag) Wasil Zacharka für die Führung einer Befreiungsbewegung
zu gewinnen, was aber nicht gelang. 31 Am 22. Oktober 1941 genehmigte Kube dafür
die Selbsthilfe-Organisation BNS („Belaruskaja Norodnaja Samapomač“), die in erster
Linie für Fragen der Wohlfahrt, aber auch für kulturelle Fragen zuständig war, u. a.
auch das Rote Kreuz ersetzte.32 (Gegründet worden war der BNS schon im Juli von
Dr. Antonovič). Der Leiter, Dr. Iwan Ermačenko wurde im Juni zu Kubes Chef-Berater
ernannt, im Frühjahr 1943 aber abgesetzt und verhaftet, da bei der BNS Schiebungen
aufgedeckt worden waren.33 SS-Ostubaf. Strauch berichtete: „...ich habe ein Jahr mei-
nes Aufenthaltes in Weißruthenien gebraucht, um Ermatschenko zur Strecke zu brin-
gen“.34

Wesentlich bestimmt wurde die deutsche Politik gegenüber den Weißruthenen durch
die Tatsache, dass hier die Partisanen einen unübersehbaren Machtfaktor darstell-
ten.35 Ganze Dörfer wurden schließlich von Ihnen beherrscht. Viele Einwohner muss-
ten sich schon aus Existenzgründen den Partisanen anschließen oder auch häufig die
Fronten wechseln. Da die deutschen Stellen einsahen, dass sie allein mit den Partisa-
nen nicht fertig werden konnten, waren sie bereit, der BNS mehr Kompetenzen einzu-

30 Mitteilung Dr. J. Kurtz


31 Verhandlungen mit ihm führten Andor Hancke und Dr. Leibbrandt; vergl.: L. Rydlewsky „Bielorussie“,
Paris 1948, S. 21/22
32 Am 29. Juni 1942 wurde die BNS – nicht zu verwechseln mit dem von den Deutschen vor dem Ein-

marsch gegründeten Komitee der Beloruss. Samapomač unter Škialenak, später unter Abramčyk –
von Kube als einzige organisatorische Vertretung des weißruthenischen Volkes anerkannt. Persön-
lichkeiten der BNS wurden als Referenten u. a. für Politik, Kultur und Schulen in die Zivilverwaltung
eingebaut.
33 Siehe IMT NO- 2252
34 Strauch an v. d. Bach-Zelewski, 25. Juli 1943; IMT NO-2262 und in VjHZG Bd. IV (1956), S. 82
35 Schon im Juli 1941 wurde P. Ponomarenko, der 1. Sekretär der KP in Weißruthenien, Generalstabchef

der Partisanenbewegung, die eigene Schulen für Saboteure und Spione unterhielt.
Nach J. Krawtschenko („Der Partisanenkampf des Belorussichen Volkes“, S. 215) gab es im besetzten
Weißruthenien 162 illegale Zeitungen; nach W. Haupt („HG Mitte, S. 278) gab es 1943 139 illegale
weiß-ruthenische Zeitungen.
45
räumen. Dadurch bekam das im Juli 1942 gegründete „Weißruthenische Verteidi-
gungskorps“ BKA36 mehr Zulauf und die Partisanenbekämpfung konnte wirksamer
durchgeführt werden. Im Sommer 1943 war Kube schließlich bereit, den Weißruthenen
ganz entscheidende Zugeständnisse zu machen. Schon früher hatte der SD Kube ver-
dächtigt, dass er „bewusst auf einen weißruthenischen Staat lossteuere, als dessen
Reichsverweser er sich sah“.37

Am 27. Juli 1943 wurde ein Vertrauensrat („Rada Daveru / Muzy Daverra“) ausgewählt
und von Kube eingesetzt und – was noch wichtiger war – die recht wirksame weiß-
ruthenische Jugend-Organisation SBM ins Leben gerufen.38 Am 12. August schlug
Kube den Aufbau einer weißruthenischen „Hilfsverwaltung“ für die deutsche Führungs-
verwaltung vor, was von der Verwaltungsabteilung des RKO auch befürwortet wurde.39

Allerdings erlebte Kube die Auswirkungen dieser neuen Politik nicht mehr, da er am
22. September 1943 von einer Mine getötet wurde, die ihm sein weißruthenisches
Dienstmädchen unter sein Bett gelegt hatte. Einige seiner Mitarbeiter sind der Mei-
nung, dass gerade die vergleichsweise positive Behandlung der Bevölkerung durch
Kube für die Kommunisten ein Grund für seine Beseitigung gewesen sein könnte.40
Der zu seinem Nachfolger ernannte SS-Gruppenführer und Generalleutnant v. Gott-
berg, übernahm neben seinen polizeilichen Aufgaben in Weißruthenien auch die Zivil-
verwaltung: ein Beweis für den wachsenden Einfluss der SS. Er setzte nach einigem
Zögern die Politik Kubes fort und hatte damit auch gewisse Erfolge. Am 2 . Dezember
1943 rief er nach einer Reihe von Besprechungen im Ost-Ministerium in Berlin den
Vertrauensrat zusammen und bat ihn um Vorschläge. Am 21.Dezember 1943 erließ er
dann eine Amnestie für alle Partisanen, die ihre Waffen niederlegten; es wurden Hilfe
bei der Aussaat und niedrigere Steuern und Abgaben in Aussicht gestellt. Die Folge
davon war, dass Tausende von Partisanen zur deutschen Seite überliefen, sogar ein
Brigade-Kommissar. Am gleichen 21. Dezember 1943 verkündete v. Gottberg in einer
Rede die Bildung eines weißruthenischen Zentral-Rats („Belaruskaja Centralnaja
Rada“). Als Spitzenorganisation der einheimischen Verwaltung und als Vorläufer einer

36 Hitlers Weisung Nr. 46, IMT 477-PS


37 Strauch an v. d. Bach-Zelewski, 25. Juli 1943, IMT NO 2262 in VjHZG Bd. IV (1956) S. 82
38 über das weißruthenische Jugendwerk s. S. 128 ff
39 Kube an RKO, 12. 8. 43 und Burmeister an Rosenberg, 30. 11. 4-3 BA / R6/282
40 Gauleiter Koch dagegen lebt heute noch, obgleich er zum Tode verurteilt wurde, in einem polnischen

Gefängnis in Ostpreußen. [† 12. November 1986 im Staatsgefängnis zu Barczewo (Wartenburg),bei


Allenstein/Olsztyn]
46
geplanten Landesregierung erhielt der BZR direkte Weisungsbefugnis gegenüber den
weißruthenischen Organisationen des Sozial-, Kultur- und Schulwesens eingeräumt.41
Als neuer weißruthenischer Führer wurde der ehemalige Studienrat Radaslaw Ost-
rowsky vom Generalkommissar gebeten, eine Art „zentrale weißruthenische Autorität“
zu formen zur Übernahme der Verwaltung des Landes. Dieser BZR wurde dann am
22. Januar 1944 mit 14 von Ostrowsky ausgewählten Mitgliedern gebildet. Der eigent-
liche Zweck dieses deutschen Zugeständnisses war, das weißruthenische Volk zu ei-
ner aktiveren Mitarbeit im Kampf gegen den Bolschewismus zu bewegen, was auch
aus dem Art. II des Statuts ersichtlich ist.42

Im Frühjahr 1944 wurden alle ehemaligen polnischen und sowjetischen Offiziere sowie
14 Jahrgänge, insgesamt ca. 100.000 Mann, von der BZR mobilisiert, aber auch hier
bekamen die Deutschen plötzlich Bedenken, alle mit den entsprechenden Waffen aus-
zustatten.43 Um die Anerkennung und Unterstützung zu erlangen, schrieb die Rada
allgemeine Wahlen aus, da aber für Wahlvorbereitungen keine Zeit war, sollte es eine
sog. „korporative“ Wahl sein. Über 1.000 Delegierte („vybrac“ heißt sowohl gewählt als
auch erwählt, elected und selected) kamen am 27. Juni 1944 in Minsk zusammen, um
in einer „Zweiten Weißruthenischen Konvention“ an die weißruthenische Rada von
1918 anzuknüpfen. Zum Präsidenten wurde Jauklim Kipel 44 gewählt. Aber auch dieser
Kongress war völlig bedeutungslos, nicht einmal die Deutschen zeigten sich interes-
siert: sie hielten das Land schon für so gut wie verloren und zwei Tage später musste
die Rada, ebenso wie die meisten anderen Kollaborateure Minsk verlassen, da sie die
Rache der zurückkehrenden Kommunisten fürchten mussten.45

Ähnlich wie in Estland konnten sich in Weißruthenien die Gruppen, die einen selbst-
ständigen Staat anstrebten, innerhalb der legalen Organisationen entwickeln und be-
tätigen. Die beiden Geheimgruppen, die „Weißruthenische Unabhängigkeitspartei“
BNP (Bel. Nazaležnickaja Part.) und die katholische „Volksfront“ unter Pater Vincent
Hadlevsky setzten sich aus Leuten zusammen, die früher eng mit den Deutschen zu-
sammengearbeitet hatten. Der SD begnügte sich damit, „die betreffenden Personen

41 DZO v. 22. Dezember 1943: „Weißruthenischer Zentralrat gegründet“


42 Verordnung über das Statut des Weißruthenischen Zentralrats vom 21. 12. 1943, Amtsblatt für Weiß-
ruthenien / Uradowy westnik, 1944, Nr. 4, S. 81
43 L. Rydlevsky, Bielorussie, S. 24/25
44 N. Vakar, S. 271
45 Rosenberg berichtete, dass bereits Mitte 1942 etwa 1.500 einheimische Bürgermeister und Dorfäl-

teste von den Partisanen ermordet worden seien. Vgl. IMT - 170 USSR
47
wissen zu lassen, daß ihre Pläne den Deutschen bekannt geworden“.46 Dagegen war
die weißruthenische NS-Partei PBNS unter Fabian Akintschyts und Wladislaw
Koslowsky völlig unbedeutend. Beide wurden von Partisanen ermordet. „Rosenbergs
antimoskowitischen Hoffnungen, die in der Ukraine an seinen Untergebenen scheiter-
ten, fielen in Weißruthenien auf unfruchtbaren Boden“.47

c. Estland, Lettland, Litauen

Zur Geschichte der drei Ostseeländer.

Der nordosteuropäische Raum spiegelte als Wetterzone1 vielfach die Entwicklung der
mittel- und westeuropäischen Politik wider. Die dortigen Völker waren durch Jahr- hun-
derte mehr abhängig von den Beziehungen der größeren Nachbarn, als von den eige-
nen Beziehungen zu diesen Nachbarn. Für die dort lebenden Deutschen hat man sich
in Deutschland immer weit mehr interessiert als für die zahlenmäßig viel stärkere
Gruppe der Deutschen in Rußland. In der Frankfurter Paulskirche diskutierte man dar-
über, wie man auch die Deutschen der russischen Ostsee-Provinzen bei der deut-
schen Einigung berücksichtigen könnte, die dort kulturell, wirtschaftlich und auch poli-
tisch die führende Schicht darstellten. Bismarck dagegen lehnte es ab, sie gegen die
Russifizierungs-Politik der Petersburger Zentrale zu unterstützen, da ihm die Verstän-
digung mit Rußland wichtiger erschien.2

Im und nach dem 1. Weltkrieg stand das „Baltikum“3 wieder im Blickpunkt deutschen
Interesses: deutsche Truppen hielten große Teile besetzt und man schmiedete die ver-
schiedensten Pläne für einen Anschluss an das Deutsche Reich; nach Kriegsende
kämpften deutsche Freikorps dort gegen die Rote Armee und halfen die neu entstan-
denen Staaten zu sichern. 4 Die beiden Jahrzehnte zwischen den beiden Weltkriegen

46 A. Dallin, S. 228; Hadlevsky soll schon Weihnachten 1942 von Deutschen getötet worden sein. Nach
Dr. Kurtz, ca. Ostern 1942. Hadlevsky wollte niemals so etwas wie ein „Pater Tiso“ werden, wie Dallin
glaubt. Er war früher in Berlin bei der Propaganda Abteilung Vineta für Weißruthenien zuständig. Auf-
grund Himmlers Erlass, dass keine Geistlichen in den besetzten Osten dürfen, wurde er verhaftet, als
sein Mentor, der Leiter der Schulabteilung in Minsk, J. Siwitza, gerade in Berlin wegen der Latinisie-
rung der weißruthenischen Schrift verhandelte.
47 A. Dallin, S. 237
1 So wechselte, als extremes Beispiel, die Stadt Wilna/Vilnius zwischen 1914 und 1944 vierzehnmal den

Besitzer!
2 Vgl. Heinrich Schaudinn: Das baltische Deutschtum und Bismarcks Reichsgründung, Leipzig 1932.
3 Diese, an sich unkorrekte Bezeichnung wurde damals üblich.
4 Claus Grimm: Vor den Toren Europas, 1918 - 1920, Hamburg 1963

48
haben die Esten, Letten und Litauer, ebenso wie die Angehörigen von einigen an deren
nach 1918 in Europa entstandenen Staaten als die Zeit der eigentlichen Erfüllung ihrer
geschichtlichen Träume angesehen.5 Gemeinsam war diesen in Europa entstandenen
Nationalstaaten die demokratisch-parlamentarische Basis, wobei die radikale Ausprä-
gung der Formaldemokratie früher oder später überall in einer autoritären oder halb-
autoritären Herrschaft endete, in den drei baltischen Staaten durch Unterstützung sei-
tens militärischer Kreise. Nach Beendigung der demokratischen Periode standen aber
nicht etwa politische Abenteurer, sondern bereits im Freiheitskampf ihrer Völker her-
vorgetretene Männer von Format an der Spitze des Staates. Innenpolitisch strahlte das
Erlebnis des Freiheitskrieges eine nachhaltige politisch-psychologische Wirkung aus:
sie führte zu einer klaren Frontstellung gegen den Kommunismus.6 Aus dieser Wach-
samkeit gegenüber den Kommunisten im Lande und außerhalb der Grenzen ist auch
die Entstehung der Schutzkorps als politisch nicht unbedeutende Körperschaften zu
verstehen. (In Litauen: „Sauliai“, in Lettland: „Aizsargi“, in Estland: „Kaitselüt“). Sie wa-
ren paramilitärische Verbände auf staatlicher Grundlage, ihrem Charakter nach eine
Territorialmiliz.
Während die Außenpolitik Estlands und Lettlands fast absolut krisenlos verlief, hatte
Litauen sich während der beiden Dezennien seiner Unabhängigkeit mit zwei wichtigen
Irredenta-Problemen auseinander zu setzten, nämlich Wilna/ Vilnius und Memel/
Klaipėda. Daher ist auch aus der 1934 begründeten „baltischen Entente“ 7 niemals ein
festes Bündnis der drei Staaten entstanden, lediglich ein gemeinsames Vorgehen
beim Genfer Völkerbund konnte vereinbart werden. Da man sich durch die SU nicht
direkt bedroht fühlte, wurden mit ihr Nichtangriffspakte abgeschlossen.

Erst mit dem Hitler-Stalin-Pakt änderte sich die Situation grundlegend: er gab Stalin
freie Hand im baltischen Kaum, während Deutschland die dort lebenden Deutschen
„heim ins Reich“ holte. 8

Die baltischen Staaten mussten noch im September bzw. Oktober 1939 „Beistands-
Pakte“ 9 mit der UdSSR abschließen, obwohl sie 1938 auf der Vollversammlung des

5 Zenonas Ivinskis: Das unabhängige Litauen (1918 - 1940), in: „Stimme der Freiheit“, Nov./ Dez. 1969,
S. 23 und G. Rhode in: Die Krise des Parlamentarismus in Ost-Mitteleuropa zwischen den beiden
Weltkriegen, hrsg. v. H. E. Volkmann, Marburg 1967
6 G. v. Rauch in: Die Krise des Parlamentarismus.. S. 139
7 B. Kazlauskas: „L'Entente Baltique“, Paris 1939
8 E. Kroeger: Der Auszug aus der alten Heimat, Tübingen 1969 u. R. Wittram: Rückkehr ins Reich,

Posen 1942
9 Diese Beistands-Pakte enthielten das Zugeständnis, auf ihrem Territorium sowjetische Militärbasen

49
Völkerbundes ihre Neutralität deklariert hatten. Sie hofften, „daß wenigstens eine Fort-
dauer der wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland die weitere Existenz der bal-
tischen Unabhängigkeit stützte.“ 10 Aber nach einem sowjetischen Ultimatum mar-
schierte am 16. Juni 1940 die Rote Armee „zur Sicherung ihrer Interessen“ in den drei
baltischen Staaten ein und besetzte schlagartig das gesamte Gebiet: ein halbes Jahr
später waren eine Viertel Million, ein Jahr später schon 650.000 sowjetische Soldaten
dort stationiert.
Die im Ultimatum geforderten sowjetfreundlichen Regierungen veranstalteten bald da-
rauf Neuwahlen, die überall eine überwältigende Mehrheit für die kommunistische Ein-
heitsliste erbrachte, in einigen Orten Litauens sogar an die 130 %. Das litauische Wahl-
ergebnis von 95,5 % meldete TASS aufgrund einer Panne in London bereits einen Tag
zu früh.11 Ende Juli beantragten die neuen Parlamente die Aufnahme ihrer Länder in
die UdSSR. Im Herbst wurden die Armeen offiziell in die Rote Armee inkorporiert.12

Dieses eine Jahr der Sowjetherrschaft brachte für die baltische Bevölkerung neben
dem Verlust ihrer staatlichen und persönlichen Freiheit auch einen enormen Men-
schen-verlust: über 130.000 wurden ermordet oder ins Innere der SU deportiert. In
Litauen wurden allein zwischen dem 11. und 21. Juni 1941 34.260 Personen depor-
tiert (davon 3.791 Kinder unter 10 Jahren), in Estland wurden 33.303 Männer unter
„Berufsvorwand“ nach Rußland zwangsarbeitsverpflichtet, 5.500 estnische Soldaten
mussten mit der Roten Armee mitgehen, wovon 4.500 später zu den Deutschen über-
liefen.13 Nach den später gefundenen geheimen Instruktionen für die Deportation, ver-
fasst von dem Kommissar für Staatssicherheit der UdSSR, Ivan Serov, hätte mit etwa

aufzunehmen. Diese bittere Pille wurde allerdings durch das vertragliche Versprechen versüßt, dem-
zufolge die Sowjetregierung die Verpflichtung einging, unter keinen Umständen die Unabhängigkeit
und die bestehende soziale Ordnung in den baltischen Staaten anzutasten.
10 G. v. Rauch: Geschichte der Baltischen Staaten, Köln 1969, S.183; Die drei baltischen Staaten mit 6

Mio. Einwohnern waren am Welthandel zu 0,5 %, die SU mit 170 Mio. Einwohnern zu 2,2 % beteiligt.
- Durch die zwischen dem 15. Dezember 1939 und dem 17. April 1940 mit Deutschland geschlossenen
Handelsabkommen flossen ca. 70 % der gesamten Baltischen Ausfuhr nach Deutschland, vgl. A.
Švabe: The Story of Latvia, Stockholm 1950.
11 Die tatsächliche Stärke der Kommunisten belief sich in Litauen am 1. Januar 1940 auf 1.741 Mitglieder

= 0,06 % der Einwohner, in Lettland im Mai 1940 auf ca. 200 Mitglieder = 0,06 % der Einwohner.
Vgl. Th. Remeikis: The Communist Party and the Soviet Government, in: S. Vardys: Lithuania 700
Years, S. 118 f. und A. A. Trapans: A Note on Latvian Communist Party Membership 1941 - 1961, in:
The Baltic Review, No. 26 (April 1963), S. 18
12 A. Budreckis, The Lithuanian National Revolt of 1941, New York 1968, S. 79
13 „Eesti“, ed. K. Inno und E. Oinas, Geislingen 1949, Bd. II, S. 14; W. Haupt, Baltikum 1941, S. 29

50
noch einmal 150.000 Deportierten gerechnet werden müssen, wenn nicht der deut-
sche militärische Vor marsch dem zuvorgekommen wäre.14
„Die baltischen Völker hatten in dem einen Jahr der sowjetischen Oberhoheit einen
gewaltigen Blutzoll gezahlt. Er sollte sich allerdings drei Jahre später verdreifachen,
als die 'Rote Armee' zum zweiten Mal in die Länder einzog!“ 15

Unter deutscher Verwaltung: Der Kampf um Autonomie

Der Kampf gegen die fremde Okkupationsmacht zur Wiedererlangung der staatlichen
Selbständigkeit setzte schon in den ersten Tagen ein. Vor allem in Litauen kam es
zur Organisierung einer starken Untergrundbewegung; hier konnte die Untergrund-
Presse auf eine lange Tradition und Erfahrung (aus der Zeit vor 19o5, als die
„Knygnesys“ (Bücherträger) zu Volkshelden wurden) zurückgreifen. Vielleicht auch,
weil es von Litauen aus leichter möglich war, über die Westgrenze Kontakt zur Emig-
ration zu halten; Präsident A. Smetona war als einziger der drei baltischen Staats-
chefs ins Ausland geflüchtet, um von dort aus den Kampf weiterzuführen. Nachdem
in Litauen am 11./12. Juli 1940 alle nichtkommunistischen Parteiführer und -funktio-
näre verhaftet worden waren, kursierten schon wenig später die ersten anti-sowjeti-
schen Flugschriften, in Wilna auch von polnischen und jüdischen Studenten unter-
stützt. Es wurden unter Arbeitern und Studenten Fünfer-Gruppen („penketukai“) ge-
bildet, die mit Waffen versorgt wurden, die die litauische Armee beim Einmarsch der
Roten Armee beiseite geschafft hatte. Am 17. November 1940 wurden auf Initiative
des früheren litauischen Gesandten in Berlin, Oberst Kazys Škirpa, die bisher ver-
einzelten Widerstandsgruppen zu einer „Litauischen Aktivisten-Front“ - LAF - zusam-
mengefasst, deren Ziel die Bildung einer politischen Führung für die Untergrundbe-
wegung, die Vorbereitung einer Revolte gegen das Sowjetregime und die Wiederher-
stellung der Unabhängigkeit Litauens war. 16 Die beiden Zentren der LAF, Wilna und
Kaunas, teilten sich in die militärisch-politische und die organisatorische Planung und
Vorbereitung.

14 „Instructions Regarding the Mariner of Conducting the Deportation of the Anti-Soviet Elements from
Lithuania, Latvia and Estonia”, signed by Ivan Serov, Deputy People's Commissar for State Security
of the USSR, in: Third Interim Report, S. 464 - 468; dort auch weitere Dokumente. Ebenso in „Lithua-
nian Bulletin” III-IX (1945-51), und A. Kalme: Total Terror, An Expose of Genocide in the Baltics, New
York 1948. In einem öffentlichen Brief in der „Iswestija“ vom 8. April 1963, S. 5 beschuldigt der ehe-
malige lettische Außenminister, W. Munters, Stalin und seine Helfer, für die Deportationen verantwort-
lich zu sein .
15 W. Haupt, Baltikum 1941, S. 29
16 Sowohl Offiziere und Soldaten als auch Zivilisten aus allen Berufen verschwanden in die Wälder und

Sümpfe und führten einen geheimen Guerillakrieg.

51
Die deutsche Wehrmacht und die Gestapo unterstützten diese Untergrundbewegung
ebenfalls mit Waffen, die Wehrmacht hatte sogar zugesagt, 20 litauische Fallschirmjä-
ger auszubilden,17 auch die LAF-Führung in Berlin sandte kurz vor Kriegsbeginn Par-
tisanengruppen nach Litauen. Das Zeichen für den Beginn des Aufstandes sollte das
Überschreiten der litauischen Grenze durch deutsche Truppen sein, da man von den
deutschen Kriegsabsichten überzeugt oder sogar teilweise informiert worden war. (Al-
lerdings begannen in entfernteren Regionen spontane Revolten schon am 17. Juni.)
Die umfangreichen Vorbereitungen für die – entsprechend dem ursprünglichen deut-
schen Angriffsplan – im Mai vorgesehene Revolte blieben den Sowjets nicht verbor-
gen, so dass es zu zahlreichen Verhaftungen kam, die besonders die Widerstandsor-
ganisation in Wilna trafen. Obwohl Škirpa in Berlin von deutschen Stellen davor ge-
warnt wurde, dass ein litauischer Aufstand und erst recht die Ausrufung einer litaui-
schen Regierung den deutschen Interessen zuwiderlaufen würden, blieb man bei dem
Entschluss und änderte die Pläne nicht mehr. Einen Tag vor Kriegsausbruch infor-
mierte Škirpa die Wehrmacht, dass die litauischen Aktivisten der LAF weiße Armbinden
tragen würden mit den Buchstaben TDA (Tautino Darbo apsaugo – Verteidigung der
Nationalen Arbeit).18 Bevor noch die deutschen Truppen soweit ins Landesinnere vor-
gestoßen waren und bevor noch die Rote Armee Kaunas verlassen hatte, wurde am
Morgen des 23. Juni 1941 über die Radio-Station in Kaunas die Unabhängigkeit Litau-
ens verkündet und die vorbereitete Minister-Liste der provisorischen Regierung – mit
Škirpa an der Spitze – bekanntgegeben. Das war das Signal zu einem weit um sich
greifenden Aufstand, an dem sich zwischen 100.000 und 130.000 Litauer beteiligten
und so den deutschen Vormarsch wesentlich erleichterten. Über Radio-Aufrufe in deut-
scher Sprache wurde dieser Vormarsch teilweise durch Hinweise auf sowjetische Trup-
pen-bewegungen dirigiert. Die Rote Armee war aus Kaunas bereits einen Tag zuvor
durch die litauischen Aufständischen vertrieben als deutsche Truppen unter General v.
Küchler Kaunas einnahmen, (wofür er später das Ritterkreuz erhielt).

In Lettland gingen in den ländlichen Gebieten die „Aizsargi“ gegen die sowjetische Be-
satzungsmacht vor, während es in Riga zu einem Aufstand unter Oberst Jeske kam.
Am 28. Juni 1941 fing der Stockholmer Rundfunk die Meldung des lettischen Rund-
funks auf, dass das bolschewistische Regime überwältigt sei und Lettland wieder für

17 A. Budreckis: The Lithuanian National Revolt of 1941, New York 1968, S. 39


18 A. Budreckis, S. 50

52
frei und unabhängig erklärt worden sei.19 Aber schon am 29. Juni hatte die Rote Armee
auf ihrem Rückmarsch diese Revolutionäre überwältigt und erschossen. Im gleichen
Sender wurden nun von den Sowjets die Namen von Hunderten hingerichteter Letten
verlesen.
In Estland hatten die Sowjets bis zum Einmarsch noch genügend Zeit, weitere Verhaf-
tungen vorzunehmen; der letzte Transport ging hier noch am 7. August weg. 20 Auch
hier bewies die Bevölkerung, dass ihr das bolschewistische System verhasst war, in-
dem sie sich im Rahmen des möglichen an der Befreiung beteiligte. Auf der Halbinsel
Solo, 40 km westlich von Helsinki, wurden viele estnische Freiwillige, meist ehema-
lige Offiziere von Soldaten, ausgebildet, denen es dann auch unter ihrem Oberst Kurg
gelang, in der Kumabucht zu landen, so dass Mitte Juli fünf estnische Gruppen im
Vorfeld der 18. Armee operierten.

Die deutschen Soldaten wurden überall in den baltischen Staaten, aber auch in Weiß-
ruthenien, dort besonders im westlichen Teil, von der Bevölkerung als Befreier vom
sowjetischen doch und als Garanten einer kommenden Unabhängigkeit begrüßt und
empfangen. Soweit sie nicht mit militärischen Aufgaben belastet waren, halfen die
deutschen Stellen, wo sie konnten. So wurden überall die Verkehrswege instandge-
setzt, verbessert und neu ausgebaut. Besonders den Maßnahmen des energischen
Kommandeurs der 207. Sicherungs-Division, Generalleutnant Carl von Tiedemann,
war es zu verdanken, dass bereits wenige Tage nach der Besetzung in Lettland und
Litauen die Fabriken wieder arbeiteten, die Läden geöffnet wurden, der Verkehr zu
laufen begann und sich die Bevölkerung schnell von den ausgestandenen Schrecken
erholte.21

Bei der zivilen Selbstverwaltung konnte an die Zeit vor der sowjetischen Umgestaltung
angeknüpft werden, so dass die meisten Behörden sich wieder etablierten und ohne
deutsches Zutun funktionierten.

Für die baltischen Völker bedeutete es eine erste große Enttäuschung, dass man ihnen
nicht sofort gestattete, sich an den militärischen Kämpfen aktiv zu beteiligen. Die psy-
chologische Wirkung eigener militärischer Verbände wurde von Hitler, wenn über-

19 A. Budreckis, S. 85; A. Bilmanis: Lativia as an Independent State, Washington, 1947, S. 367.


A. Bilmanis: A History of Latvia, Princeton 1951, S. 403
20 Eesti riik ja rahvas, Bd. II. S. 15
21 Für die Verwaltung bestand bei der Division eine besondere Abteilung (VII) unter einem Kriegs-Ver-

waltungsrat. Vgl.: „Die Geschichte der 207. und 281. Infanterie-Division ...“, Herten, Dortmund 1963,
S. 44 f

53
haupt, dann nur negativ gesehen; „damit sie uns nicht später die Rechnung präsentie-
ren können“,22 war es nach doktrinärer nationalsozialistischer Auffassung nur den
Deutschen erlaubt, Waffen zu tragen. Denn während Hitler in seiner Rede vor dem
OKW am 30. März 194123 noch beabsichtigte, nach dem Krieg eine Reihe von deut-
schen Vasallen-Staaten im Osten zuzulassen – daher stützten sich Rosenbergs erste
Denk-schriften auf eine legitimistische Behandlung der Ostpolitik – wollte er schon ei-
nige Wochen später die Periode der gründlichen deutschen Besetzung auch auf die
Zeit nach dem Krieg ausdehnen, um eine Politik der Ausbeutung und Kolonisierung
durchführen zu können. So hatte Rosenberg dann Ende September schon Mühe, von
Hitler die Bewilligung zur Aufstellung von „Nationalen Vertrauensräten“ in den balti-
schen General-bezirken zu erreichen.24 Es durfte und konnte das Vertrauen und die
Bereitschaft zur Zusammenarbeit im Kampf gegen den Bolschewismus von der Zivil-
verwaltung nicht genutzt werden. Und als man dieses Kaptal schließlich in die deut-
schen Pläne einbeziehen wollte, war es längst nicht mehr vorhanden, von einer arro-
ganten Politik verspielt.

Dass man die „befreiten Völker“ nicht als Verbündete 25 anerkennen wollte, zeigte
schon ganz am Anfang die Entwicklung in Litauen, wo die Deutschen mit einer funkti-
onierenden politischen Führungsspitze konfrontiert wurden. Wie bereits erwähnt, hatte
die litauische Widerstandsorganisation LAE noch vor Eintreffen der Deutschen eine
pro-visorische Regierung ausgerufen, an deren Spitze Oberst Škirpa stand, der jedoch
von den Deutschen in Berlin festgehalten wurde.26 An seiner Stelle übernahm daher
sein Stellvertreter, der Literaturhistoriker Prof. J. Ambrazevičius die Leitung der Regie-
rung, die sich immerhin 6 Wochen halten konnte. Obwohl ihre Erlasse und Aufrufe in
der Presse nicht veröffentlicht werden durften, ging der Aufbau eines geregelten Ver-
waltungsapparates schnell voran, Zu den ersten Maßnahmen dieser Regierung ge-
hörte es, die von den Sowjets durchgeführten Enteignungen rückgängig zu machen,
den Wechselkurs auf 10 Rubel = 1 Mark festzusetzen und die Schulpflicht von 10 wie-
der auf 12 Jahre zu erhöhen. Der Finanzminister Matulionis versuchte bereits einen

22 Argument Hitlers, zit. bei Bräutigam, Überblick S. 85


23 IMT 2884-PS (= Halder-Tagebuch)
24 RMfdbO - Propagandadienst Nr. 29, 29. September 1943, S. 11
25 Die offizielle Version war, dass die baltischen Länder ehemalige Bestandteile der SU waren. Vgl. T.

Sanders: „Völkerrechtliche Stellung der Baltischen Staaten in den Jahren 1939 – 1948“, Tübingen
1951, S. 54 f, und TMO: Sprachregelung über Begriffe des Ostens" 14. 3.194? (MA-247/222 f. ) Ausw.
Amt: „Richtlinien f. d. Darstellung politischer Verhältnisse auf Landkarten“ (AA-Polit. Archiv D III, 147g).
26 SD-Meinungen aus den besetzten Ostgebieten, Nr. 1 vom 31. Juli 1941, S. 6

54
Haushaltsplan aufzustellen. Die Regierung richtete auch einen scharfen Protest gegen
Massenexekutionen litauischer Juden an den Befehlshaber des Rückwärtigen Heeres-
gebietes, General von Roques, der aber nicht zuständig und verantwortlich war.

Alle diese Aktivitäten versuchte der SD als eine „unerwünschte Entwicklung“ 27 zu un-
terbinden, indem er den Regierungsmitgliedern mit dem KZ drohte. Die Regierungs-
geschäfte wurden von einem Ausweichquartier weitergeführt, nachdem der Stadt-kom-
missar von Kaunas, Gramer, ein einstündiges Ultimatum zum Räumen des Regie-
rungsgebäudes gestellt hatte. Die Begründung war, dass die provisorische Regierung
von deutscher Seite nicht anerkannt würde, man vielmehr selbst die Verwaltung des
Landes übernehmen und dann zu gegebener eine litauische Eigenverwaltung ins Le-
ben rufen werde.

Versuche, die Regierung zur Selbstauflösung zu bewegen, schlugen ebenso fehl wie
der Versuch von Dr. Kleist, der am 11.7.1941 zum ersten Mal als Vertreter der deut-
schen Zivil Verwaltung in Kaunas erschien, eine Umwandlung oder Umtaufe in einen
„Vertrauensrat“ zu erreichen; auch Dr. Gräfe vom SD gelang es nicht, Bischof V.
Brizgys als Leiter des Vertrauensrates zu gewinnen. Der SD ermunterte sogar die von
ultra-rechten Voldemaras-Anhängern gegründete winzige litauische NS-Partei zu ei-
nem Putschversuch gegen die provisorische Regierung am 23. / 24. 3uli 1941, der
aber nicht zuletzt deshalb erfolglos blieb, da auch der deutsche Militärkommandant
von Kaunas, Generalmajor von Pohl, auf Seiten der provisorischen Regierung stand,
ohne sie allerdings direkt unterstützen zu können. Inzwischen hatte auch der neue
Reichskommissar Lohse sein vorläufiges Quartier in Kaunas aufgeschlagen – die
Wehrmachtsbehörden ließen ihn zu seinem Leidwesen noch nicht nach Riga hinein –
und sich am 28. Juli 1941 mit einem Aufruf 28 an die Bevölkerung gewandt. Als schließ-
lich auch der für Litauen bestimmte Generalkommissar Adrian von Renteln in Kaunas
eintraf, wurde nach einem weiteren vergeblichen Versuch, die provisorische Regierung
zur Selbstauflösung zu bewegen und einige ihrer Mitglieder als Vertrauensräte zu ge-
winnen, die Regierung bei ihrem ersten und einzigen Treffen mit v. Renteln für aufge-
löst erklärt und General Petras Kubiliunas zum ersten General-Rat ernannt.29 Die LAF
bestand noch einige Zeit weiter, bis sie am 22. 9. 1941 ebenfalls wie alle anderen

27 ebenda, S. 7
28 Vgl. "Lithuania 700 Years", ed. A. Gerutis, S. 288
29 Drei von 15 Ministern nahmen schließlich ein Amt als Generalrat an: Finanzminister J. Matulionis,

Landwirtschaftsminister Prof. B. Vitkus und Justizminister M. Mackevicius.

55
Parteien für aufgelöst erklärt wurde und ihr Führer L. Prapuolenis für einige Tage ins
KZ Dachau wanderte. Da weder die Militär-Verwaltung noch der Generalkommissar
von Renteln von den litauischen Verhältnissen sonderlich große Ahnung hatten, ver-
stand es der SD, der über eine Reihe von ausgezeichneten Sachkennern auf allen
Gebieten verfügte, ihm genehme Persönlichkeiten als Generalräte und sonstige Be-
amte einzusetzen.

Ähnlich sah es in Lettland aus, wo sich nach dem Abrücken der Roten Armee zwei
politische Gruppen gegenseitig die Führung in der Vorbereitung der lettischen Selb-
ständigkeit streitig machten: unter Führung von Oberst Kreišmanis hatte sich ein „Zent-
rales Organisations-Komitee für das befreite Lettland“ und unter Führung des ehema-
ligen Verkehrsministers Einbergs ein vorläufiger Verwaltungsapparat von Lettland ge-
bildet. Kreišmanis und Einbergs hatten auch schon am 3. 7. 41 mit dem Höheren SS-
und und Polizeiführer Stackler Gespräche über eine event. nationale Regierung ge-
führt, ohne allerdings ein Zugeständnis erreichen zu können.30 Die später eingesetzte
lettische Selbstverwaltung unter General O. Dankers war im Wesentlichen schon in
Berlin zusammengestellt worden; zu einem Gespräch zwischen diesen beiden Grup-
pen kam es erst, nachdem der Rektor der Universität, A. Primanis, wieder in Riga war.
Bis es Rosenberg im September gelang, von Hitler die Genehmigung zur Aufstellung
von „Nationalen Vertrauensräten“ zu erreichen, arbeiteten also auch die von Deut-
schen eingesetzten Beamten „illegal“. In Estland arbeitete seit Anfang Oktober ein Vor-
kommando des Generalkommissars Karl-Siegmund Litzmann, dem auch der spätere
estnische erste Landesdirektor, Dr. Dr. Hjalmar Mae angehörte. Der General-Bezirk
Estland wurde erst am 5. Dezember 1941 der Zivil Verwaltung übergeben, wobei die
Wehrmacht damit am liebsten bis zum nächsten Frühjahr gewartet hätte.31

Die Umwandlung der Vertrauensräte in „Landeseigene Verwaltungen“ erfolgte am 7.


2. 1942. Die offizielle Einsetzung der General-Räte, General-Direktoren und Landes-
Direktoren als Selbstverwaltungsinstanz wurde schließlich erst im Mai 1942 groß in
der Presse aufgemacht,32 nachdem Rosenberg Hitler gegenüber versichert hatte, dass
die Selbstverwaltung nicht zum Nutzen der dortigen Völker eingerichtet sei, sondern
um die deutschen Beamten für den Kriegsdienst freizumachen. Um auch nach außen
hin den Eindruck zu vermeiden, als handele es sich um echte Regierungen, wurden

30 A. Blakis, Medalas Otras puse, S. 41


31 Litzmann an Rosenberg, 28.10.1941, BA R 6/ 21
32 DZO v. 10. 5. 1942, S.1 und 5: „Lettländische General-Direkttoren eingeführt.“

56
Titel wie Minister oder Ministerpräsident vermieden und unverbindliche Amtsbezeich-
nungen eingeführt. Die Übertragung echter Hoheitsrechte und Verwaltungskompeten-
zen erfolgte jedoch nur recht zögernd. Zudem wurde durch Einbau weitreichender Si-
cherheitsklauseln jede wirklich selbständige Tätigkeit der landeseigenen Verwaltungen
verhindert. Nachdem schon ein Erlaß des Führers über die weitere Vereinfachung der
Verwaltung bestimmte: „Höhere Dienststellen dürfen nicht Aufgaben erledigen, die von
nachgeordneten Dienststellen erledigt werden können“ 33 und Rosenbergs Durchfüh-
rungsbestim-mungen zum „Organisations-Erlaß“ für die drei baltischen General-Be-
zirke betonte, „daß die deutsche Führung grundsätzlich 'Aufsichtsverwaltung' im tech-
nischen Sinne ist, während die unmittelbare Verwaltungsarbeit von den landeseigenen
Behörden zu leisten ist“,34 hätte es eigentlich die Voraussetzung dafür sein müssen,
dass sich die deutsche Verwaltung auf die Beaufsichtigung und Lenkung der landes-
eigenen Verwaltung beschränken würde. Stattdessen rückte die deutsche Zivilverwal-
tung an „mit Lastwagen voll von Akten, Ordnern, Stempeln, Schreibmaschinen und
anderem Büromaterial“.35 Man kümmerte sich um Stellenbesetzungen in den Schulen
ebenso wie um die Höchstpreise für Schweineborsten, Altgummi, Marmelade, gesal-
zene Häute und Felle, Glasbruch u. a.36 Dass die baltischen Völker sich mit solchen
Regelungen nicht zufrieden geben wollten, sondern immer wieder versuchten, der
deutschen Verwaltung größere Zugeständnisse abzuringen, lässt sich verstehen.
Viele, die früher für die Freiheit ihres Landes im Untergrund gegen die Bolschewisten
gekämpft hatten, führten diesen Kampf nun gegen die deutsche Besatzungsmacht
weiter.

Zu Ansätzen echter Selbstverwaltung kam es lediglich auf kommunalem Sektor, auf


dem die baltischen Staaten ein durchgebildetes Gemeinderecht, ähnlich dem deut-
schen, hatten. Durch eine Rahmen-Verordnung des RKO 37 wurden die staatlichen
Verwaltungsbezirke der Sowjetzeit beseitigt und den Gemeindeverbänden ihre Eigen-
schaft als Selbstverwaltungskörperschaft zurückgegeben. Diese wurden dann der lan-
deseigenen Verwaltung unterstellt mit Ausnahme der Stadt Riga, wo außer dem letti-
schen Bürgermeister Dreimanis noch ein deutscher Oberbürgermeister eigesetzt

33 Erlaß des Führers über die weitere Vereinfachung der Verwaltung vom 25. 1. 194-2; BA R 6/24-6
34
RMO, Abt. II Ic: „Durchführungsbestimmungen zum Organisationserlaß Ostland“ vom 7. 3. 1942, BA
R6/24-6
35 A. Dallin, S. 197
36 Meyer, Recht O III H 12, vom 2. 2. 1942,und H 22 vom 16. 4. 1942
37 Verordnung über die Einführung der kommunalen Selbstverwaltung 15. 5. 194-2, VOB1 RKO, S.99

und DZO vom 19. 3. 1942, S. 1: „Selbstverwaltung für Ostlandvölker“.

57
wurde, dessen Geschäfte kommissarisch der Gebietskommissar Riga-Stadt führte.
Die Tatsache, dass ausgerechnet die lettische Hauptstadt einen deutschen Oberbür-
germeister hatte, „löste bei den Letten 'tiefe Niedergeschlagenheit', teilweise Empö-
rung“ 38 aus. Aber trotz mehrfachen Drängens ließ sich Rosenberg auch von seinen
Mitarbeitern nicht dazu bewegen, seinen alten Freund Hugo Wittrock von diesem Pos-
ten zu entfernen. So waren in der Praxis deutsche und einheimische Verwaltungsor-
gane in vielfacher Weise verknüpft und verbunden und es kam auf die jeweiligen Per-
sönlichkeiten an, wie weit es einigermaßen harmonisch funktionierte.

Der äußeren Form nach war die deutsche Besatzungsgesetzgebung mit dem „Verord-
nungsblatt des RMO“, dem „Verkündungsblatt für das Ostland“ (ab Mai 9142: „Verord-
nungsblatt des RKO“), und den „Amtlichen Anzeigern“ der einheimischen Selbst-ver-
waltungen“ ein Spiegelbild der innerdeutschen Rechtsetzung, beherrscht von dem
Prinzip äußerster Sachlichkeit, im Aufbau sauber und logisch, die Sprache klar und
einfach“.39 Aber die Klarheit der Verwaltungssprache ist ein sehr unzureichender Trost
für vorenthaltene Selbständigkeit!

Von Rosenbergs ursprünglichem Plan, den baltischen Völkern eine so „eindeutige“


Souveränität zu geben, „dass die Alliierten genötigt seien, bei einer abermaligen Un-
terjochung der Völker durch die Sowjetunion das Schwert zu ziehen“40, ließ sich in der
Praxis kaum etwas verwirklichen. Ein deutscher General soll einmal geäußert haben:
„Ich kann ein Land wie Estland oder Lettland mit 12 Mann gut regieren, mit 120 Mann
schlecht verwalten und mit 1.200 nur ruinieren.“ 41 Lohse versuchte zwar in seinem
Reichskommissariat seine Arbeit unter das Motto „Aufbau und Kultur“ zustellen, war
aber weder eine bedeutende Persönlichkeit, noch ein dynamischer Führer. In einer
falsch verstandenen Verantwortlichkeit für „sein“ Reich, versuchte er, alle Einzelheiten
des täglichen Lebens selbst zu lenken. Da Himmler sich trotz Rosenbergs Einspruch42
weigerte, Deutschbalten ohne seine Genehmigung in den Reichskommissariaten ein-
setzen zu lassen, fehlten vielfach auch die notwendigen orts- und sprachkundigen
Fachleute.

38 SD-Meldungen aus den besetzten Ostgebieten, Nr. 3, vom 15. 5. 194-2, S. 7


39 G. O. Grassmann: „Die deutsche Besatzungsgesetzgebung während des Zweiten Weltkrieges“, Tü-
bingen 1958, S. 60
40 J. Zimmermann, „Erlebnisse und Gestalten“, S. 19
41 S. v. Vegesack, „Als Dolmetscher im Osten“, S. 229
42 Rosenberg: Vermerk über Besprechung beim Führer am 29. 9.im FHQ, BA R 6/4

58
Die schleppende „Wiederherstellung des Privateigentums“ und andere deutsche Maß-
nahmen führten dazu, dass die Forderungen zumindest nach einer bindenden Erklä-
rung über die Stellung der baltischen Länder nach dem Krieg immer nachdrücklicher
und die prodeutsche Stimmung immer geringer wurde. Als man deutscherseits daran
ging, einheimische Truppen auszuheben, wurden diese Forderungen noch kräftiger
vertreten, auch von Seiten deutscher Beamten. Während einige nur an eine gewisse
Autonomie dachten, verlangten andere nichts Geringeres als den Abschluss von Frie-
densverträgen mit den Baltischen Staaten. Auch Himmler gehörte schließlich zu de-
nen, die sich für eine Autonomie der baltischen Staaten einsetzten, 43 da er an balti-
schen „Freiwilligen“ für die SS interessiert war. Vor allem, nachdem er von ihrer Zuver-
lässigkeit sich hatte überzeugen lassen: nach einem Geheimbericht des OKW gab es
nur 2,5 % Überläufer.44 So konnte es Rosenberg wagen, Anfang 1943 bei Hitler einen
entsprechenden Entwurf einzureichen, der eine „Protektion“ des Reiches für die „staat-
lichen Einheiten Estland, Lettland und Litauen“ vorsah, in die jeweils ein „Reichs-Re-
sident“ entsandt werden sollte.45 Hitlers Entscheidung am 8. Februar 1943 fiel, obwohl
er sich vorher interessiert zeigte, negativ aus,46 was seine Generalkommissare in ers-
ter Linie Bormanns Bemühungen zuzuschreiben war. Aber auch Lohse war an einer
solchen Konstruktion nicht interessiert, da er ebenso wie Koch in der Ukraine nach
einem von Berlin unabhängigen, nur an seine Person gebundenen Verwaltungsgebiet
strebte. Sein Vorschlag, den er dem Führer unterbreitete, sah seine unmittelbare Un-
terstellung unter den Führer und die Bildung einer Zentralstelle im Innenministerium
vor.47

Seine Generalkommissare Drechsler und Litzmann dagegen befürworteten die Auto-


nomie schon aus dem Grunde, weil sie die Instanz des Reichskommissars für über-
flüssig hielten. Litzmann beschwerte sich heftig darüber, dass man in Riga „Orgien
wirtschaftlicher Überorganisation feiere“48. Auch von Seiten des Militärs wurde eine

43 Himmler an Rosenberg, 21. 1. 1943, BA-R6/246


44
Bräutigam, Überblick, S. 86
45 Kleist und Bräutigam: Entwurf einer Führer-Vorlage o. D., BA-R6/67 und verschiedene andere Ent-

würfe, s. a. BA-R6/123
46 IMT NG-2721
47 MA 540/211
48 Hdamowski und Taubert: Bericht über die Propagandalage im Osten 17. 9. 1942. Doc. Occ. E 18 -

19, YIVO, S. 6; zit. Nach A. Dallin, S. 198. Litzmann weigerte sich auch, einige ihm sinnlos erschei-
nende Verordnungen und Erlasse in seinem Amtsblatt zu veröffentlichen. Bis 31. 12. 1943 waren es
schon 46 VO des RMO und RKO. (MA 793/16 f)

59
weitgehende Autonomie für die baltischen Staaten gewünscht. 49 Da aber Hitlers Ab-
lehnung nicht veröffentlicht wurde, drängten die Verfechter der Autonomie weiter auf
solche Zugeständnisse. Es entstanden unzählige Denkschriften, vor allem unter dem
unverfänglichen Titel „Verwaltungsvereinfachung“. Bei solchen Denkschriften kam es
sehr darauf an, die Einstellung des Adressaten richtig einzuschätzen, sonst konnte es
geschehen, das die Antwort ein Partei-Verfahren o. ä. war wie im Falle A. Frauen-
felds,50 oder dass die Denkschrift im Papierkorb landete wie es dem ehemaligen letti-
schen Minister A. Waldmanns mit seinem zweiten Memorandum vom 30. 11. 1942
ging, das er dem Generalkommissar überreicht hatte.51 Generalkommissar Drechsler
– Oberbürgermeister von Lübeck und von Beruf Zahnarzt – seinerseits hielt nicht viel
von Denkschriften, sondern begann Ende 1943 auf eigene Faust Verhandlungen über
die Gründung einer Regierung in Lettland, wobei schon eine Einigung über die Person
Ministerpräsidenten erzielt worden sein soll.52 Das einzige, was erreicht werden
konnte, war die Ernennung des General-Direktors Dankers zum „Ersten General-Di-
rektor“53 und die Übertragung einiger Befugnisse auf kulturellem Gebiet an die landes-
eigenen Verwaltungen,54 da Hitler auch nach neuerlichen Vorstößen in der Bespre-
chung Mitte November 1943 – es war das letzte Gespräch Rosenbergs mit Hitler über-
haupt – nicht bereit war „in schweren Zeiten ein so weitgehendes Entgegenkommen
zu zeigen“.55

Bei einer solchen durch die Kriegssituation bedingten Entscheidung bezüglich des ver-
ständlichen Wunsches nach Selbständigkeit, war es nicht zu vermeiden, dass sich
schon sehr bald in den baltischen Ländern Kräfte regten, die im Untergrund gegen die
deutsche Besatzungsmacht arbeiteten. Vor allem waren es die verschiedenen Unter-
grund-Publikationen, die in der Bevölkerung eine so große Resonanz fanden, dass die
Gestapo, der das natürlich nicht verborgen bleiben konnte, in Litauen ganz offensicht-
lich eigene „illegale“ Zeitungen herausbrachte.56

49 Vgl. Aufzeichnungen des Gesandten Windecker vom 8. Mai 1943 AA Inland II g. 343
50 Denkschrift A. E. Frauenfeld über die Probleme der Verwaltung der besetzten Ostgebiete vom 10. 2.
44, MA 327 / 2650419 f. „Die Behandlung der Bevölkerung in den besetzten Ostgebieten“, überreicht
am 17. 7. 1944 von Sonder-führer S. v. Vegesack an General Stapf, in: S. v. Vegesack „Als Dolmet-
scher im Osten“, S. 235-265. Th. Oberländer: „Bündnis oder Ausbeutung?“ v. 22. 6. 1943, MA
539/143f. Daneben finden sich noch an die 100 ähnliche Denkschriften.
51 R. Bangerskis: „Mana m ža atmiņas“, Bd. III, S. 249
52 R. Bangerskis: a.a.O., S. 253/254. Als Ministerpräsident war T. Zvejnieks vorgesehen. Auch G. Berger

und Gebietskommissar Frhr. v. Medem unterstützten diese Verhandlungen mit General Dankers.
53 BA R6/249 RMO/II: Vermerk betr. Verwaltungsvereinfachung in Estland und Lettland, v. 7. 2. 1944.
54 BA R 6/232, vgl. a. Amtsblatt d. RMO, 2. 3g. (1944) Nr. 5
55 Rosenberg: Vermerk über die Besprechung im FQH am 16./17.November 1943, IM l 039-PS
56 In Litauen gab es bis zu 26 illegale Zeitungen und nur 18 legale.

60
In Litauen, wo die Widerstandsgruppen am besten organisiert waren, arbeitete Anfang
1944 auch ein „Freies Litauisches Radio Wilna“, die einzige geheime Radiostation im
gesamten besetzten Europa.57 Am 25. 11. 1943 schlossen sich hier die beiden großen
Widerstandsgruppen, das mehr linksgerichtete „Oberste Litauische Komitee“ (Vyri-
ausas Lietuviu Komitetas) und der christlich- demokratische „Litauische Rat“ (Lietuvos
Taryba ) zum „Obersten Komitee zur Befreiung Litauens“ (Vyriausias Lietuvos Islais-
vinimo Komitetas) zusammen. Nach einer großen öffentlichen Deklaration am 16 . 2
.1944 wird das Komitee im April teilweise zerschlagen und viele seiner Mitglieder vom
SD nach Bayreuth ins Gefängnis geschickt.

In Lettland wurde am 13. 3. 1943 der „Lettische Zentralrat“ unter Prof. K. Čakste aus
Vertretern der vier größten Seima-Parteien gegründet. Man stellte sich auf den Stand-
punkt, dass die lettische Verfassung von 1922 noch gültig und daher auch Dr. Paul
Kalnins der rechtmäßig amtierende Präsident der Republik sei. Eine Zusammenarbeit
mit der Besatzungsmacht wurde abgelehnt, man setzte seine Hoffnung auf die West-
alliierten 58, plante eine baltische Föderation und hatte auch entsprechende Kontakte
zu Untergrundorganisationen in Estland und Litauen, mit deren Beteiligung im April
1944 in Riga sogar eine Konferenz stattfand.

Ein im März 1944 zirkulieren d es Memorandum mit 189 prominenten Unterschriften


(verfasst vom ehem. Außenminister F. Cielens) führte zu einiger Aufregung in der deut-
schen Verwaltung.59

In diesen Zusammenhang gehört auch eine wenig bekannte Episode aus dem militä-
rischen Bereich. Der von den Deutschen (zur „Bandenbekämpfung“) eingesetzte letti-
sche General Kurelis hatte sich mit seinen Verbänden heimlich dem lettischen Zent-
ralrat unterstellt und versuchte, seine Streitkräfte aus militärischen Kämpfen heraus zu
halten, um sie bei der zu erwartenden deutschen Kapitulation noch intakt zu haben.
Der Höh. SS- und Pol.-Führer Jeckeln erfuhr jedoch von diesen Absichten, unterstellte
Kurelis seinem direkten Befehl und ließ wenige Tage darauf die Truppe entwaffnen,
acht Soldaten erschießen und 545 ins KZ Stutthof bei Danzig bringen.60

57 Z. Ivinskis: “Lithuania During the war”, S. 77


58 Obwohl im Westen immer mehr Stimmen laut wurden, die – wie W. Lippmann in der "New York Herald
Tribüne" – die Anpassung der kleinen Staaten an die Außenpolitik Moskaus empfahlen, was von der
deutschen Presse entsprechend ausgeschlachtet wurde; DZO vom 17. Z. 194-3, S. 3
59 Vgl. den ausführlichen Briefwechsel darüber in BA R 6 / 14
60 R. Bangerskis, A. Silgailis u. a.

61
Nachdem die lettischen General-Direktoren beim deutschen Rückzug am 27. 9. 1944
noch Deutschland beordert worden waren, gestattete man den Letten ebenso wie an-
deren Nationalitäten Anfang 1945 in Deutschland ein „National-Komitee“ zu gründen,
das am 20. 2. 1943 eine große Versammlung in Potsdam abhielt. In dem noch nicht
von der Roten Armee besetzten Teil Lettlands, in Kurland, beschlossen schließlich ei-
nige lettische Militärs und politische Persönlichkeiten dieses "National-Komitee" durch
ein von den Deutschen unabhängiges politisches Gremium zu ersetzen und prokla-
mierten am 4. Mai 1945 ein provisorisches lettisches Parlament mit einer provisori-
schen Regierung unter Oberst Roberts Osis als Minister-Präsident, der seine vordring-
liche Aufgabe darin sah, sich möglichst bald an die USA und Großbritannien mit der
Bitte zu wenden, die lettische Unabhängigkeit wiederherzustellen. Am 7. Mai 1943 hielt
dieses Parlament unter der Leitung von Prof. A. Freijs seine letzte Sitzung in Goldingen
ab. 61 Einige Legionäre legten auch nach dem 8. Mai 1945 die Waffen nicht nieder,
sondern kämpften als Partisanen noch einige Jahre weiter. In Estland kann man von
einem wirksamen Wider-stand gegen die Besatzungsmacht kaum sprechen; einerseits
haben hier die Sowjets mehr Zeit gehabt, die Intelligenz zu deportieren, zum anderen
lag es sicher daran, dass hier die Politik unter dem Generalkommissar SA-Obergrup-
penführer Litzmann wesentlich vernünftiger war. Auch die Nähe zur Front hat erstaun-
licherweise nicht dazu geführt, dass hier mehr Partisanen tätig waren.62 So gestattete
Litzmann auf eigene Verantwortung Feiern zum estnischen Freiheitstag.63

Einen maßgeblichen Fürsprecher ihrer Selbständigkeitsbestrebungen besaßen die


Esten in dem Landes-Direktor des Inneren, Dr. Oskar Angelus, einem Schulkameraden
und Duzfreund Rosenbergs,64 dessen Vorschlag einer Volksabstimmung auch von
dem Hauptabteilungsleiter Mentzel befürwortet wurde. Regelmäßig erscheinende Un-
ter-grund-.Zeitungen wurden nur von dem Direktor dos National-Museums Erik Laid
herausgegeben.65 Erst mit dem Abrücken der deutschen Truppen wurde der Versuch
gemacht, eine estnische Regierung zu bilden: anstelle des von den Sowjets deportier-
ten Staatspräsidenten Päts, rief sein Stellvertreter, Prof. Juri Uluots, indem er sich auf
die Verfassung von 1937 berief, eine unabhängige estnische National-Regierung unter
dem Premierminister Otto Tief, dem ehemaligen Justizminister, aus. Tief forderte am

61 A. Kalme, Total Terror, S, 94-, Aizsilnieks, S. 884 f.


62 P. A. Larin: “Estonskij narod v velikoj otccestvennoj vojne 1941 – 1945”, Tallinn 1964
63 O. Angelus: „Tuhande valitseja maa“, S. 323
64 BA R 6/86, 2 Briefe von O. Angelus an „Lieber Rosenberg“
65 A. Oras: „Baltic Eclipse“, S. 248

62
20.September 1944 den Rückzug aller fremden Truppen von estnischem Boden; am
22.September musste diese Regierung aber schon Reval auf der Flucht vor der Koten
Armee verlassen. Über das Schicksal O. Tiefs ist nichts bekannt, drei Minister entka-
men nach Schweden.66
Im März 1944 hatte sich ein „National-Komitee der Estnischen Republik“ gebildet, das
am 23. Juni 1944 mit einem Aufruf an das Volk hervortrat, der in der Weltpresse veröf-
fentlicht wurde. Angesichts der vielen Widerstände im eigenen Lager resignierten
schließlich viele deutsche Beamte und meldeten sich freiwillig an die Front mit der
Illusion: „Der Eintritt in die Armee ist die aristokratische Form der Emigration“, wie es
schon 1934 ein Soldat ausgedrückt hat.67 Oder – wie Dr. Kleist es damals ausdrückte,
„dass er die Hoffnung auf eine Änderung der Verhältnisse im Ostministerium aufgege-
ben hat und daraus auch die Konsequenzen ziehen werde.“

Es hätte seines Erachtens keinen Sinn, sich für die Festlegung einer richtigen politi-
schen Linie einzusetzen und das Primat der Politik insbesondere gegenüber wirt-
schaftlichen Gesichtspunkten zu betonen. Man könne sich nur dadurch eine im gewis-
sen Umfange befriedigende Tätigkeit verschaffen, da ß man sein Augenmerk auf die
Erreichung wichtiger Tagesfragen richte, deren Lösung im Gesamtbereich immer noch
eine gewisse Befriedigung gewähre, auch wenn sie selbst zur Erreichung einer politi-
schen Gesamtlösung nichts beitrügen“.68

Der Abbau der deutschen Verwaltung ging dann mit dem Vormarsch der Koten Armee
synchron. Nachdem im Frühjahr 1943 vom Ostministerium schon erwogen worden
war, Weißruthenien aus dem RKO auszugliedern und dem RMO direkt zu unterstellen,
aber nur die polizeiliche Ausgliederung und Unterstellung unter den Höheren SS - und
Polizeiführer Rußland-Mitte vorgenommen wurde,69 wurde nach der Ermordung des
Generalkommissars Kube am 22. September 1943 der Höhere SS- und Polizeiführer
v. Gottberg als Generalkommissar in Minsk eingesetzt 70 und Weißruthenien am 1 .
April 1944 aus dem RKO ausgegliedert. 71

66 A. Kalme, S. 95, G. v. Rauch: „Geschichte der Baltischen Staaten“, S. 192/193, vgl. auch die Londoner
„Times“ vom 22. 9. 1944
67 Peter Barnm: „Die unsichtbare Flagge“, München 1939, S. 74
68 (anonym): Zur Unterrichtung des Herrn RK Lohse über Äußerungen des Minist. Dirigent. Dr. Kleist,

Riga 29. Juli 1943 BA-K6/P4 (von Lohse an Rosenberg zur Kenntnisnahme weitergeleitet).
69 RMO, Abt . II 1 c; Vermerk streng vertraulich, vom 24. 5. 1943 : BA-R6/14
70 DZO vom 26 . 9 . 1943, S . 1: „SS-Gruppenführer und Generalleutnant v. Gottberg übt bis auf weiteres

die Hoheitsverwaltung im General-Bezirk Weißruthenien aus.“


71 Erlass des Führers vom 1.4.1944, BA-R6/14; es trifft aber nicht zu, wie Dallin S. 235 vermutet, dass

Weißruthenien auch „als Strafe für Lohses feindselige Haltung gegenüber Rosenberg und der SS“

63
Am 10. Juli 1944 wurde schon vorsorglich eine Ausweichstelle des Reichskommissa-
riats in Krössinsee geschaffen, zu deren Leiter der Leiter der RKO-Kulturabteilung,
Landes-Direktor Neugebauer ernannt wurde.72 Am 30.7.1944 erging ein Erlass über
die personelle Zusammenlegung der Dienststellen des General-Kommissariats Riga
mit dem Reichs-Kommissariat.73 Am 25.September 1944 berichtete auch Generalkom-
missar Litzmann aus Gotenhafen, dass „die Zivilverwaltung von Estland, die am 5.
Dezember 1941 eingesetzt wurde, ihre Tätigkeit eingestellt“ hat.74 Die Auflösung der
General- und Reichs-kommissariate am 10.11.1944, von der ein Bericht der Heeres-
Gruppe Mitte spricht,75 betraf aber nicht die gleichzeitige Auflösung der entsprechen-
den Dienststellen, denn erst Ende Januar 1945 wurde befohlen, die Dienststelle des
RKO in Frankfurt/O. stillzulegen. „Ihre Aufgaben werden einschließlich des hierfür not-
wendigen Personals auf die zuständigen Abteilungen im Ministerium übernommen“.
Dagegen wurde von Seiten des RKO sogar noch Einspruch erhoben.76

Wenig rühmlich war auch Lohses Abgang. Im Anschluss an ein Beethoven-Konzert mit
Prof. Abendroth anlässlich des Führers Geburtstages 1944 kam es in Riga in der Gro-
ßen Gilde zu einer Ohrfeigen-Szene zwischen Lohse und dem Wehrmachtsbefehls-
haber Ostland, General Braemer.77 Ende Juli 1944 schrieb Lohse dann an Lammers,
er halte es angesichts der Unfähigkeit, Ignoranz und Tatenlosigkeit des Ostministeri-
ums fortan für seine Pflicht, nur noch nach seinem Gewissen und in Einklang mit den
Wünschen des Führers zu handeln.78

Mitte August 79 setzte er sich, „um eine Thrombose auszukurieren“ nach Königsberg
ab, da auch der Wehrmachtsbefehlshaber ihm am 11. 8. telefonisch dringend geraten
hatte, sich nach Westen abzusetzen. Als sein Vertreter blieb KV-Vizechef Matthiessen
in Riga zurück. „Ob der gute Eindruck, den mein Verbleiben in Riga gemacht hat, durch
mein Fortgehen und meine plötzlich akut gewordene Krankheit gemindert wurde oder

ausgegliedert worden sei soll. Vgl. den Brief Lohse an Hitler, Geheime Reichssache vom 31.4.1944
(MA-539-037).
72 MA-539/170
73 BA-R6/240, Erlaß über Personelle Zusammenlegung der Dienststellen des RKO und des General-

Kommissariats Riga, Ende August nach Libau (BA-R6/24)


74 Litzmann: Bericht über die Räumung Estland, 25. 9. 44, BA-R6/358 und /26
75 HGr. Mitte, OQu/VII (Mil. Verw.): Monatsbericht f. Oktober 1944. 15. 11. 44, IMT NOKW-2931.

Vgl. A. Dallin, S. 653, Anm.1


76 Funkspruch: reiko ostland an rmo, 27. 1. 1945, BA-R6/14 und R 6/358
77 Jeckeln an Berger, 22. 4. 1944, BA-R6/10
78 Lohse an Lammers, 25. 7. 1944, zit. nach A. Dallin, S. 209
79 A. Dallin nimmt irrtümlich den 28.7.1944 an (S. 209)

64
nicht, konnte und kann mich in der Situation, in die ich durch meine Krankheit versetzt
bin, persönlich nicht berühren.“80

Zu Rosenbergs Bestürzung wurde dann aber am 20. September 1944 „für die Dauer
der Behinderung Lohses“ der Gauleiter Erich Koch, der inzwischen sein Reichskom-
missariat Ukraine verloren hatte, „mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Reichs-
kommissars für das Ostland“ beauftragt,81 nachdem ihm schon am 6. September die
„Landesausnutzung in den von der Heeresgruppe Mitte besetzten Teilen des RKO“
übertragen worden war.82 Das, was Rosenberg 1941 hatte verhindern können, gelang
Koch nun endlich, wenn er mit dieser Herrschaft auch nicht mehr viel anfangen konnte.

In Riga erschien Koch nur einmal um zu erklären, dass man die Esten und Letten ruhig
mit Fußtritten und mit der Peitsche behandeln könne und die „Lohse'schen Weichheits-
Exzesse“ aufhören müssten. Nachdem ihm die versammelten Beamten zu verstehen
gegeben hatten, dass sie ausnahmslos ganz anderer Meinung seien, zog er wut-
schnaubend wieder ab und hat sich im Reichskommissariat auch nicht wieder ge-
zeigt.83 Lohse dagegen bat am 18. Oktober 1944 in einem Brief an Bormann – vergeb-
lich – um die „Bestätigung, daß er seine Arbeit wieder aufnehmen könne“; einen ärzt-
lichen Befund wollte er nachreichen.84

80 Lohse an Rosenberg, 6. September 1944, BA-R6/24.


In seiner Antwort setzt Rosenberg folg. „Anmerkung“ an den Schluss des Briefes: „Das früher zwi-
schen Ihnen und mir bestehende Duzverhältnis hebe ich hiermit auf“. Rosenberg an Lohse, 12. 9.
1944. BA-R6/24
81 FHQ 20. 9. 1944. BA-R6/22 und RMO an Lohse, 23. 9. 1944, BA-R6/24
82 Lammers an Rosenberg, 6. 9. 1944, BA-R6/24
83 H. Schiller: „Erinnerungen an die DZO“ S. 133/154 und Dr. v. Borcke: Vermerk über Besprechung mit

RMO/ Dr. Labs am 1. 10. 1944, BA-R6/14


84 Lohse an Bormann, 18. 10. 1944, MA 793/949

65
III
Die Kulturpolitik der deutschen Verwaltung im Reichskommissariat Ostland

1. Die kulturelle Situation und die ersten kulturpolitischen Maßnahmen der


deutschen Verwaltung

Der einzige Sektor der Besatzungspolitik, auf dem Rosenberg keine Konkurrenten
hatte, war – wie bereits erwähnt – der kulturelle. Dass das Reichs-Erziehungs-Minis-
terium im Osten keine Weisungsbefugnis erhalten hatte, spricht dafür, dass dem Drit-
ten Reich von Hitler nicht die Aufgabe als „Kulturbringer“ gegenüber dem Osten zuge-
dacht war. „Das Feld der Kultur ist nach nationalsozialistischer und faschistischer
Überzeugung nicht die Macht des Staates, sondern die Innerlichkeit der Nation. Der
Politik 'dient' die Kultur nach unserer Erkenntnis also höchstens mittelbar, nämlich in-
sofern, als jede Bereicherung der inneren Kraft einer Nation sich in der Regel auch
vorteilhaft auf ihre äußere Gestalt auswirken wird.“1

Diese zeitgenössische Aussage macht deutlich, dass es durchaus konsequent von


Rosenberg war, im Ostministerium und in den Reichs-, General- und Gebiets-Kommis-
sariaten Kultur-Abteilungen zur Unterstützung seiner Politik einzurichten. Denn es war
ja seine Absicht, das Nationalbewusstsein, die „innere Kraft“ dieser östlichen Staaten
als „Wall gegen Moskowien“ zu stärken. In diesen kulturellen Bemühungen könnte man
fast eine gewisse Parallele zu den Maßnahmen erblicken, die im ersten Weltkrieg die
Abteilung VIII – Kirchen und Schulen – beim Stabe Ober-Ost, sozusagen das Kultus-
ministerium des Landes Ober-Ost, trotz der damals bereits recht angespannten Lage
Deutschlands, auf dem Schulsektor durchführte. 2 Wenn im Zweiten Weltkrieg die Völ-
ker des Ostlands die einzigen waren, denen es unter deutscher Besatzung erlaubt war,
an ihren Hochschulen und Universitäten zu studieren, so war das sicher ein Erfolg
dieser Kulturpolitik. Weder den Franzosen noch den Niederländern und Norwegern
wurde diese Vergünstigung gewährt.3

Dieses Entgegenkommen von deutscher Seite auf kulturellem Gebiet war eine durch-
aus erfolgversprechende Maßnahme; denn gerade die kleinen baltischen Staaten

1 Th. Wilhelm: „Kultur und Kulturpolitik 1941“, in Jb f. Auswärtige Politik 8, Berlin 1942, S. 151/152
2 G. Linde: „Die deutsche Politik in Litauen im Ersten Weltkrieg“, Wiesbaden 1965, S. 44/45.
3 Vgl. E. Jäkel: Frankreich in Hitlers Europa, Stuttgart 1966 K. Kwiet: Reichskommissariat Niederlande,

Stuttgart 1968 H. D. Look: Quisling, Rosenberg und Terboven, Stuttgart 1970.

66
waren besonders stolz auf ihre kulturellen Leistungen. Da sie nicht annehmen konnten,
militärisch oder wirtschaftlich gegenüber den Großstaaten konkurrenzfähig zu sein,
machten sie während ihrer Eigenstaatlichkeit große Anstrengungen auf dem Gebiet
der Bildung und Kultur, mittels derer sie sich die Anerkennung der anderen Staaten zu
verschaffen suchten.

Die Einrichtungen von Kultur-Abteilungen bei der deutschen Verwaltung war jedoch
insofern ungünstig, als ja der kulturelle Bereich seinem Wesen nach derart ist, dass zu
seiner Förderung und Entwicklung allzu viele gesetzgeberische und verwaltungs-tech-
nische Akte eher schädlich als nützlich sind. Eine Tatsache, die die Regierungen der
baltischen Staaten entsprechend berücksichtigten und sich deshalb mehr auf die För-
derung bestehender privater Initiativen beschränkten.4 „Die Tradition der privaten, vom
Staat subventionierten Kulturanstalten hat sich gut bewährt“, denn sie verhinderte eine
Bürokratisierung und erhielt das Interesse und die Initiativen der privaten Gesellschaf-
ter. „In der damit verbundenen Heranziehung von gesellschaftlichen Kräften zur Ver-
waltungs- und Leitungsarbeit an den Kulturanstalten kann man eine gewisse Autono-
mie erblicken, wie sie den staatlichen wissenschaftlichen Institutionen und höheren
Lehranstalten eingeräumt wurde.“5

Diese im ganzen Volk verwurzelte Einstellung zum Pluralismus auf kulturellem Sektor
hatte eine Entsprechung in politischer Hinsicht, wo Lettland und Estland in Europa
führend waren in der Minderheiten-Gesetzgebung; besonders in Estland wurde vom
Völkerbund mehrfach ausdrücklich als Vorbild genannt.6

Mit Recht konnten die baltischen Staaten auf ihr Kultur- und Bildungsniveau stolz sein.
Die finanziellen Aufwendungen für den kulturellen Sektor betrugen im Staatshaushalt
Estlands dementsprechend 10, 7 % im Jahr 1938/39,7 in Lettland 1937/38 - 14,7 % 8
und in Litauen fast 20 %.9 Für Weißruthenien lassen sich verständlicherweise keine
Angaben auf das ganze Gebiet bezogen machen.

4 G. Ney: Die Kulturpolitik Estlands während der Eigenstaatlichkeit in: Acta Baltica VIII (1968), Königstein
1969, S. 202
5 ebenda S. 202
6 R. Wittram: „Die Schulautonomie in Lettland“ und H. Weiss: „Das Volksgruppenrecht in Estland vor

dem Zweiten Weltkrieg“, in Zeitschrift für Ostforschung, Jg. 1, Marburg 1952, S. 253 - 61. Ebenso: H.
Gerber: „Kulturautonomie als Eigenart minderheitsrechtlicher Ordnung und ihre Verwirklichung nach
der estnischen Verfassung“, in: Festschrift für Traeger, Berlin 1926, S. 231 - 238 und K. Aun: Der
völkerrechtliche Schutz nationaler Minderheiten in Estland von 1917 - 19 40 , Hamburg 1951.
7 Eesti, Bd. III, S. 125
8 M. Valters: „Das Verbrechen gegen die baltischen Staaten“, Atlanta 1962, S. 30
9 S. Vardys: „Independent Lithuania”, S. 21 ff., in St. Vardys „Lithuania under the Soviets”

67
In dem einen Jahr der Sowjetherrschaft konnte das Bildungswesen nicht so nachhaltig
umgekrempelt werden, dass man anschließend nicht mehr an die Zeit der Eigenstaat-
lichkeit hätte wieder anknüpfen können. In erster Linie waren die Universitäten betrof-
fen, deren Verfassung im Januar 1941 entsprechend dem allsowjetischen Universitäts-
Statut von 1938 geändert wurde. Die Theologischen und Philosophischen Fakultäten
wurden geschlossen, dafür Lehrstühle für Marxismus-Leninismus geschaffen und sog.
„Arbeiter-Fakultäten“ eingerichtet10, an denen ohne Abitur studiert werden konnte. Den
meisten der neu eingesetzten Professoren und Dozenten fehlte die wissenschaftliche
Qualifikation, während viele der alten Professoren ohne Pensionsansprüche von ihren
Ämtern vertrieben wurden. In erster Linie betraf die Umorganisation also zunächst den
personellen Bereich; so wurden z .B. im Januar 1941 ca. 1.000 Studenten der Riga er
Universität vorn Studium ausgeschlossen und 350 von ihnen in die Sowjetunion de-
portiert.11
Daneben waren es vor allem die kirchlichen Kreise, die unter der Umgestaltung der
Gesellschaft zu leider, hatten. Das ganze kulturelle Leben, die Wissenschaften wie die
Schonen Künste, stagnierten unter dem herrschenden politischen Druck. So ist es ver-
ständlich, dass die ohnehin westlich orientierten baltischen Völker die Befreier von der
östlichen Herrschaft mit großen Hoffnungen begrüßten.

Die vordringlichste Aufgabe der deutschen Besatzung (auf dem Kultursektor) war nach
der Presse- und Propagandapolitik die Wiedereröffnung der Schulen, die schon von
den Wehrmachtsstellen betrieben wurde. Manche Maßnahme erregte dabei den Arger
der noch nicht eingesetzten Zivilverwaltung, weil sie ohne Fühlungnahme und Abspra-
che mit ihr geschah, wie z.B. die feierliche Eröffnung der Rigaer Oper. 12

In Estland dagegen wurden die meisten Maßnahmen schon gleich mit der Zivilver-
waltung abgestimmt. Hier war vorn Wehrmachtsbefehlshaber und dem Vorkommando
des Generalkommissariats gemeinsam geplant worden, dass „am 1. November (1941)
sämtliche Schulen mit dem Unterricht beginnen, nachdem sie vorher die kirchlichen
Weihen bekommen haben“13 Da aber Dr. Mäe damit rechnete, dass von ca. 6.000
estnischen Lehrern mindestens die Hälfte politisch unzuverlässig sei, verschob Litz-
mann die Eröffnung der Schulen und ließ die Lehrer von seinem Abteilungsleiter für

10 M. Joffe (ed.): „Hitlerine Okupacija Lietuvoje“, Vilnius 1961, S. 225


11 Latvju Enciklop dia, S. 1418
12 Kleist: Bericht vom 21. August 1941, Betr. Straßennamen, BA R 6/75
13 Litzmann an Rosenberg, 28. 10. 1941, BA R6/21

68
Schulwesen in Zusammenarbeit mit dem SD vor ihrer Zulassung prüfen, (Ideologische
Begründung: „Egal, ob früher oder später, nur nicht bolschewistisch oder deutsch-
feindlich“).

Für Weißruthenien hatte Kube schon für den 1. Oktober 1941 die Wiedereröffnung der
Volksschulen angeordnet. Obwohl die Voraussetzungen auf kulturellem Gebiet in
Weißruthenien am ungünstigsten von allen Generalbezirken waren, war der dortige
Generalkommissar besonders ambitioniert: „Ich beabsichtige, der Pflege der Kultur
meine besondere Aufmerksamkeit zu widmen, brauche aber dazu die vorgesehenen
Mitarbeiter“, schrieb er gleich zu Beginn seiner Verwaltungstätigkeit an Rosenberg.14
Gleichzeitig forderte er geeignete weißruthenische Schulfachleute an; für die Leitung
seiner Kultur - und Schulabteilung bemühte er sich vergeblich um die Zuweisung des
Intendanten a. D. Kurt Wiedenfeldt von der Reichs -Theater-Kammer in Berlin. Seine
Förderung der weißruthenischen Kunst und besonders des Theaters kam keineswegs
so überraschend, wenn man weiß, dass er selbst in den Zwanziger Jahren ein Thea-
terstück „Totila“ geschrieben hat, das schließlich dank seiner Förderung als General-
kommissar in Minsk eine Uraufführung erlebte, aber auch sofort wieder in der Versen-
kung verschwand.15

Dieser Mangel an eindeutigen Richtlinien war vielfach eine Chance für diejenigen, die
genau sähen, dass in der Intelligenzschicht der baltischen Völker Elemente enthalten
waren, die man durch eine vernünftige Kulturpolitik ansprechen konnte, um sie einer
antisowjetischen Bewegung nützlich zu machen. Denn immer wenn sich Hitlers Äuße-
rungen bei seinen Tischgesprächen in entsprechenden Erlassen und Verordnungen
niederschlugen, bedeutete es eine Einschränkung der kulturellen Betätigung, auch für
die „Schulmeister“, die man seiner Meinung nach nicht auf die Ostgebiete „loslassen“
dürfe.16 Sogar Rosenberg selbst wurde von Hitler bis zu einem gewissen Grade zu den
verachteten „Schulmeistern“ gerechnet, die auf so seltsame Gedanken kämen, wie in
Kiew eine Universität zu errichten.

Rosenberg zog es leider meistens vor, nicht für seine Pläne zu kämpfen, sondern gab
die Wünsche Hitlers an seine Untergebenen weiter, auch wenn sie ganz im Wider-
spruch zu seinen vorangegangenen Weisungen standen. So gab er den Redakteuren

14 Kube an Rosenberg, 17. 9. 1941, IfZ MA 795/668


15 Dr. J. Kurtz: Mitteilung an den Autor
16 Picker, S. 7 und 273 (Eintragung vom 11. 4. 1942) und „Hitler's Table Talk”, S. 424

69
und Journalisten für ihren Einsatz im Osten die „Erkenntnis“ mit auf den Weg, dass es
im Ostland keine eigenständige Kultur gäbe, sondern lediglich eine Nachahmung deut-
scher oder russischer Kultur.17 Andererseits bat er Lohse, sich darum zu kümmern,
dass der berühmte lettische Maler Prof. W. Purvits, Rosenbergs alter Zeichenlehrer,
entsprechend seiner Bedeutung geehrt und versorgt würde und eventuell auch eine
Straße in Riga nach ihm benannt würde.18

In seinen Vorkriegsplänen sprach Rosenberg noch von der Notwendigkeit der „Förde-
rung nationaler Wissenschaft und Geschichte, des Schrifttums und der Hochschulen19.
Später in der Praxis ließ er sich allzu oft von Hitlers und Bormanns Vorstellungen von
der Minderwertigkeit aller Kulturen östlich von Deutschland beeinflussen.

Überall ging der Schulbetrieb so gut es ging weiter, knapp nachdem die militärischen
Kämpfe beendet waren. Zum Teil warteten die Einheimischen den Abmarsch der Roten
Armee gar nicht ab und begannen schon mit der Umgestaltung nach den alten Verfas-
sungen und Satzungen. Der Universitätsbetrieb in den ersten Tagen litt noch am meis-
ten darunter, dass die meisten Studenten und auch viele Dozenten sich aktiv am
Kampf gegen die sowjetische Besatzungsmacht beteiligten. Als sie dann wieder an
ihre Universitäten zurückkehrten, war die Enttäuschung groß; als sie hörten, dass man
deutscherseits das große Bildungsstreben sehr misstrauisch betrachtete.

Diese negative Einstellung beruhte hauptsächlich auf Hitlers Weigerung, den „Einge-
borenen“ Bildung zukommen zu lassen.20 Von der Furcht beseelt, dass zu viel Bildung
gefährlich sei, weil sie ein „Herrenbewusstsein bei der nichtdeutschen Bevölkerung“
erzeugen könnte und man sich damit „einen kommenden Widerstand gegen unsere
Herrschaft selbst züchten“ würde, wollte er die Bevölkerung „nicht mehr lernen lassen
als höchstens die Bedeutung der Verkehrszeichen.21 Aber „auch hier gab es – wie auf
anderen Gebieten – Gruppen, die es aus den verschiedensten Gründen ablehnten, die
offizielle Politik zu akzeptieren und die darauf bedacht waren, sie zu ignorieren, zu
umgehen oder zu unterminieren.“22

17 Dr. F. Michels, Brief an d. Autor v. 23.3.1971, und H. Th. Schiller, Erinnerungen an die DZO, S. 149/150
18 Rosenberg an Lohse, 19. 9. 1941, BA R 6/24
19 Rosenberg: Allgem. Aufbau und Aufgaben einer Dienststelle für die zentrale Bearbeitung der Fragen

des osteuropäischen Raumes, 29. 4. 1941, IMT 1024-PS, BD IIVI, S. 564


20 Hitlers Table Talk, S 33, Eintragung vom 17. 9. 1941
21 Ebenda S. 68 und 588, und Picker „Hitlers Tischgespräche“, S. 166
22 A. Dallin, S. 467. Die Ziele und Vorstellungen Hitlers hat Dallin ausführlich dargestellt (S. 465 ff),

ebenso die politische Praxis in der Ukraine, die sich aber von der im Ostland entscheidend abhob.

70
Zu der Schwierigkeit, gegen Hitlers, Bormanns und Himmlers Direktiven handeln zu
müssen und eine einigermäßen vernünftige Kulturpolitik zu treiben, kamen noch sach-
liche Probleme: Schulgebäude waren zerstört oder beschlagnahmt, Lehrer waren de-
portiert, es fehlte an Lehrmaterial. Auch bei nur geringen Zielen waren die Aufgaben
nur schwer zu bewältigen: „die sowjetischen Schulbücher mussten durch neue ersetzt,
Lehrer überprüft und umgeschult werden und das alles in einer chaotischen Zeit, in
der es um 'wesentlichere' Dinge ging und es an Menschen, Material und klaren politi-
schen Richtlinien mangelte.“23

23 A. Dallin, S. 474

71
2. Kirchenpolitik
a) Allgemeine Probleme

In der Behandlung der nationalen Bestrebungen in Osteuropa stand die deutsche Füh-
rung vor einem ähnlichen Dilemma wie bei der Behandlung der religiösen Frage. So
wie man den Nationalismus der östlichen Völker gegen Moskau aktivieren wollte, aber
ein kräftiges, eigenständiges Nationalbewusstsein als schädlich und für Deutschland
gefährlich ansah, so wollte man auch die Kirchen als Waffe gegen den Kommunismus
gebrauchen, sie als politischen Faktor in den besetzten Ländern aber auch wieder
nicht zu stark werden lassen. Dieses Dilemma zwischen Fern- und Nahziel führte in
der Praxis zu den widersprüchlichsten Ergebnissen, was vielfach auch durch die ver-
schiedenartige Situation in den Gebieten der deutschen Besetzung zu erklären ist. An-
dererseits versuchte man auch entsprechend dem „divide et impera“, die Glaubens-
spaltungen zu vertiefen oder in anderen Gebieten das einheitliche Bekenntnis in die
einzelnen rivalisierenden Richtungen aufzuspalten. Weiter wird eine einheitliche Be-
trachtungsweise der nationalsozialistischen Kirchenpolitik im Osten durch die individu-
elle Handlungsweise der politischen Repräsentanten unmöglich gemacht.

Zunächst muss zwischen dem Vorgehen im Reichskommissariat Ostland und dem in


den russischen Gebieten unterschieden werden, denn hier lagen bei Kriegsbeginn je-
weils andere Voraussetzungen vor. Obwohl die Sowjetführung in der SU bereits seit
zwei Jahrzehnten Erfahrungen mit kirchlicher bzw. antikirchlicher Politik gesammelt
hatte, gelang ihr die Umgestaltung des Kirchlichen Lebens in den ehemaligen balti-
schen Staaten in dem einen Jahr der Besatzung noch nicht so weitgehend.1

Was zu Beginn des Krieges das deutsche Militär im Osten in Religiöser Hinsicht antraf,
schildert einer der ersten SD-Einsatzgruppen-Berichte: „In der Bevölkerung ist vielfach
ein Religionsbedürfnis vorhanden. Dabei ist es der Bevölkerung gleichgültig, ob ein
Gottesdienst orthodox, lutherisch oder katholisch abgehalten wird, wichtig ist nur der
Gottesdienst an sich. Der Glaube an Gott steht im Vordergrund, die Trennung dieses
Glaubens in Konfessionen wird gar nicht oder nur sehr verschwommen empfunden,
keinesfalls begriffen“.

1 Vgl. dazu A. Dallin, S. 486 ff

72
Aber so einfach war die religiöse Frage in den verschiedenen Ostgebieten nicht gela-
gert, abgesehen davon, dass sich der erwähnte Bericht in erster Linie auf das weiß-
ruthenische Gebiet bezog. Rosenberg, der sich schon immer mit Vorliebe kirchlichen
Fragen gewidmet hatte, war sich der Notwendigkeit einer differenzierten Handlungs-
weise genau bewusst, wie aus seinen ersten politischen Rahmenüberlegungen her-
vorgeht. „Die Kirchenfragen im ganzen Osten sind unterschiedlicher Natur und erfor-
dern eine intensive Behandlung in Bezug auf Vergangenheit, jetzigen Rechtszustand
und das angestrebte künftige Verhältnis“2.

Im gesamten osteuropäischen Raum bestand eine ursprüngliche und lebendige Reli-


giosität, die in der starken Stellung der Kirchen ihren Ausdruck fand. Aus diesem
Grunde war die sowjet-russische Besatzung 1940 mit ihrer schonungslos kirchenfeind-
lichen Politik in allen von ihr besetzten Gebieten auf große Schwierigkeiten gestoßen.

„Nicht nur wegen der kommunistischen Lehre, sondern auch aus dem Wunsch, das
lettische Volk (ebenso wie die anderen baltischen Völker, d. Verf.) von dem westlichen
Kulturkreis zu lösen, begann die sowjetische Besatzungsmacht den Kampf gegen die
Kirchen“3, die sie nicht zu Unrecht als eine wesentliche Position eines nationalen Boll-
werks gegen den sowjetischen Imperialismus ansah. Besonders deutlich wird dies aus
der Tatsache, dass die Orthodoxe Kirche in den baltischen Staaten zunächst so gut
wie keine Verfolgung erlitt, da die russische Minderheit ihr fast ausnahmslos ange-
hörte, Die orthodoxe Kirche musste sich dem Moskauer Patriarchat anschließen, ohne
vorher den Orthodoxen Welt-Patriachat in Konstantinopel zu konsultieren. So ver-
suchte man die orthodoxe Kirche zu einem Instrument des bolschewistisch-russischen
Imperialismus zu machen. Als Gegenmaßnahme verbot die Katholische Kirche ihren
Geistlichen ausdrücklich, das Land zu verlassen, was trotz Verfolgung und Verschlep-
pung weitgehend befolgt wurde.

Wie für Litauen galt es auch für die anderen Völker: „In einer Zeit, da alle Organisatio-
nen verboten waren, bot die Kirche die einzige Möglichkeit der litauisch-völkischen
Sammlung und des inneren Zusammenhalts gegen die politischen Bestrebungen des

2 Rosenberg: Allgem. Aufbau und Aufgaben, 29. April 1941, IMT 1024 PS, Bd. XXVI, S. 561
3 Janis Rudzitis: „Latvian Churches under Foreign Occupation“ in: J. Rutkis: Latvia - Country and People,
S. 662

73
Kommunismus.“4 Aus dieser festen Haltung schlug die Kirche später unter deutscher
Besatzung Kapital und hatte dabei eine stärkere Stellung denn je.

Die Skala der kommunistischen Unterdrückungsmaßnahmen reichte von wirtschaftli-


chen Erschwernissen bis zur Hinrichtung von Geistlichen. In Lettland wurden 95 % der
Pfarrer aus den Pfarrhäusern vertrieben. In Estland war der elektrische Strom für Kir-
chengemeinden 14-mal so teuer wie für andere Bürger, die Grund- und Wohnraum-
steuer betrug das 6 – 7-fache.5 Am 26. Juni 1940 wurde der päpstliche Nuntius in
Litauen vor das Außenministerium zitiert und ihm bedeutet, dass das Konkordat nicht
mehr gültig sei und er innerhalb von zwei Tagen das Land zu verlassen habe. Biblio-
theken wurden von religiösen und nationalen Büchern gesäubert, die theologischen
Fakultäten geschlossen. Am 17. März 1941 wurde in Estland eine Verordnung veröf-
fentlicht, nach der der „Unterricht im internationalen und antireligiösen Geist“ auch für
die Kindergärten (3- bis 7-jährigen) verbindlich wurde. Es wurde sogar erwogen, die
Weihnachtsfeiertage zu Arbeitstagen zu erklären. (Um den Ausdruck „Weihnachten“
zu vermeiden, sprach man auch von „Neujahrs-Bäumen“.)

Beim Rückzug der Roten Armee wurde eine große Anzahl von Kirchen und Gotteshäu-
sern zerstört, in Estland wurde etwa ein Viertel der Kirchen zerstört oder beschädigt.6
Die antikirchliche Propaganda hatte jedoch kaum Resonanz gefunden, es kam nur zu
ganz vereinzelten Kirchenaustritten. Taufen, Konfirmationen u.a. kirchliehe Handlun-
gen wurden zurückgestellt in der Erwartung eines baldigen Endes der russischen Herr-
schaft. Ebenso hatten natürlich auch die verschiedenen Sekten, von denen es im Os-
ten eine große Zahl gab, unter der Bolschewisierung zu leiden. So gab es z.B. in Lett-
land vor dem sowjetischen Einmarsch 120 Kongregationen der Baptisten mit 100 Kir-
chen und 300 Gebetshäusern. 37 baptistische Geistliche wurden 1941 allein aus Lett-
land deportiert.7

In Weißruthenien dürfte die Situation am verworrensten von allen östlichen Gebieten


gewesen sein, denn hier wurden die kirchlichen Verhältnisse zusätzlich überlagert
durch staatliche und nationale Einflüsse. In den katholischen Kirchen war die weiß-
ruthenische Sprache schon 1839 von Zar Nikolaus I. verboten und durch die polnische

4 GK Litauen (Maskow): Bericht über die Lage von Schule und Kirche nach Ende d. bolschewistischen
Herrschaft in Litauen, August 1941. BA-R6/4-02
5 Offiz. Journ. d. Est. SSR, Nr. 22 vom 26. 2. 41, zit. nach HG. Perlitz
6 J. Kõpp: Den estniska Kyrkan under aren 1941-1944, S. 122
7 A. Kalme; Total Terror , S. 283

74
Sprache ersetzt worden, da man zwischen dem östlichen und westlichen Ritus unter-
scheiden wollte. Diese Einführung der polnischen Sprache in den katholischen Kirchen
Weißrutheniens wurde später als Rechtfertigung der polnischen Prätentionen auf Be-
herrschung der weißruthenischen Gebiete ausgenutzt. In den Westprovinzen gab es
seit jeher erhebliche Spannungen zwischen den Orthodoxen und Katholiken, was teil-
weise identisch war mit russischen und polnischen Einflüssen Die verschiedenen Kir-
chen und Konfessionen erhofften sich beim Einmarsch der deutschen Truppen ver-
ständlicher-weise neue Entfaltungsmöglichkeiten. Dass zum Minister für die besetzten
Ostgebiete derjenige ernannt worden war, der in der Weltöffentlichkeit als prononcier-
ter Gegner der „ungermanischen“ christlichen Kirche galt, war ja – wie bereits erwähnt
– in den ersten Monaten noch nicht allgemein bekannt geworden. Und die ersten Maß-
nahmen der Wehrmachtsdienststellen berechtigten die Bevölkerung zu der Hoffnung
auf weitgehen-de religiöse Toleranz. Die Wehrmacht hatte die politischen Möglichkei-
ten, die sich auf religiösem Gebiet boten, sofort erkannt und setzte sich in vielen Ge-
bieten tatkräftig für die Wiedereröffnung der Kirchen und die Wiederbelebung des
kirchlichen Lebens ein. Taufen, Hochzeiten und andere, lange aufgeschobene kirchli-
che Weihen wurden nachgeholt.

Dagegen standen die ersten Einmischungsversuche der politischen Stellen des Rei-
ches kaum in Einklang mit den Vorstellungen, die durch die überall aufgehängten Pro-
paganda-Plakate mit Hitler als Befreier und „Erlöser“ geweckt werden sollten. Bormann
und Heydrich opponierten dagegen, dass in den ersten Kriegswochen emigrierten or-
thodoxen und katholischen Priestern die Rückkehr in den Osten gestattet wurde.
Schließlich wurde die Einreise von Geistlichen verboten, nicht einmal für die religiöse
Betreuung der deutschen Kolonisten in der Ukraine wurde eine Ausnahme gemacht. 8
Man dachte dabei auch an die Missionsabsichten des „collegium russicum“ des Vati-
kans, das bei Zusammenbruch des Sowjetreiches eine rege Missionsarbeit entfalten
sollte und an die Aktivität der italienischen Heeresgeistlichen in der Ukraine.

Auch das OKW musste dann auf Druck der zivilen Stellen den Wehrmachtsgeistlichen
verbieten, am religiösen Leben der Zivilbevölkerung teilzunehmen.9

8 O. Bräutigam, S. 405 / 406: Dienststelle Rosenberg: Die Frage der konfessionellen Verbände, 29. Juli
1941, IMT 1047-PS
Weisung an militärische Dienststellen über das Verhalten in der Religionsfrage, 3. August 1941, IMT
1052 -PS und BA R 6/177
9 Rosenberg: Aktennotiz für den Führer, 22. 8. 1941, IMT 1055-PS

75
Als recht vage und grobe Richtlinien hatte Rosenberg seinen Reichskommissaren fol-
gende Weisung mitgegeben: „Weder das zurückgedrängte Kirchentum neu zu bele-
ben, ...noch in Fortführung der bisherigen bolschewistischen Haltung auf der Ausrot-
tung zu verharren“.10 Die Haltung Rosenbergs zu religiösen Fragen im Osten lässt sich
nur schwer herausarbeiten, da er ja in jedem Gebiet anders vorgehen wollte; es lassen
sich jedoch gewisse Grundprinzipien, z.T. indirekt, ableiten. Schon in den ersten
Kriegswochen hatte Rosenberg von seinem Referatsleiter für Kirchfragen, Rosenfel-
der, Vorschläge zur Kirchenpolitik ausarbeiten lassen, die von großer Sachkenntnis
wie von politischem Scharfblick zeugen. Die Haupttendenz darin ist, die Kirchen „mög-
lichst sich selbst zu überlassen“ und von „Seiten der Dienststellen des Reiches mög-
lichst wenig aktiv in das Kirchenleben einzugreifen. Es gilt hier so unmerklich als mög-
lich, die Dinge in die Richtung zu lenken, die dem Reich die wenigsten Schwierigkeiten
bereitet“.11 Diese vergleichsweise liberale Haltung stand im Gegensatz zu den doktri-
nären Auffassungen Hitlers, der die Kirche als Konkurrenten im Kampf um die Beherr-
schung der Menschen und ihres Geistes ansah und bekämpfte. Diesen Totalitätsan-
spruch verwarf Rosenberg, da für ihn „Wissenschaft, Religion und Kunst drei Formen
der Weltanschauung waren, die sich gegenseitig nicht ersetzen könnten“.12 Er, der
„Chefideologe“, setzte sich ganz entschieden für eine „dogmenfreie“ Religiosität ein
und bewies mehr Flexibilität und Pragmatismus als diejenigen die an den Schalthebeln
der praktischen Politik saßen. Bei der kirchlichen Kritik und Polemik gegen Rosenberg
ist vielfach über-sehen worden, dass er kein konsequenter Nichtchrist, sondern allen-
falls ein Häretiker war, kein Gegner jeder Religiosität und atheistischer Kirchenfeind
und nicht auf eine Stufe zu stellen mit materialistischen Religionsfeinden. Er hat den
Kampf mit dem Kirchenchristentum stets auf geistiger Basis geführt und auf administ-
rative oder gar exekutive Mittel verzichtet, auch als er in der Lage gewesen wäre, sich
an seinen Gegnern zu rächen.13

So wie Rosenberg sich dagegen wandte, dass die Wehrmacht den sonntäglichen
Kirchgang allen Wehrmachtsangehörigen befehlen wollte, wandte er sich später gegen
Versuche, besonders Bormanns, die Wehrmachtsgeistlichen abzuschaffen. Seine Be-
wertung der Religion ging in erster Linie von einer kulturhistorischen Sicht, aus. Für
ihn konnte „nur der Standpunkt der nationalsozialistischen Haltung entsprechen: Es

10 Rosenberg: Instruktionen f. ein RK in der Ukraine, 7. 5. 1941, IMT 1028-OS, Bd. 26, S. 570
11 Rosenfelder: Vorschläge zur Kirchenpolitik, o. D. BA 6/178 u. IfZ MA 544-87-90
12 Rosenberg: Mythus, S. 699
13 Rosenberg, Großdeutschland, S. 243

76
kann sich ein jeder religiöse Stärkung und Trost dort suchen, wo er es wünscht, nie-
mand darf aber gezwungen werden, sich einen solchen bei den vorhandenen Konfes-
sionen suchen zu müssen. Das Bekennen religiöser Überzeugung ist Sache eines je-
den Einzelnen, politische oder gar polizeiliche Macht darf weder für noch gegen solche
Überzeugung eingesetzt werden. 14
Im politischen Bereich war diese religiöse Toleranz für Rosenberg selbstverständlich
an gewisse Bedingungen geknüpft; das Ministerium sah seine religionspolitische Auf-
gabe darin, „die auftretenden religiösen Bestrebungen so zu lenken, daß der neue
Aufbau in Osteuropa durch sie keine Schmälerung erfährt und darüber zu wachen,
daß aus den Kirchen nicht Organisationen erwachsen, die unter religiösem Deckman-
tel politische Ziele verfolgen“; „Wir haben nicht die Absicht, von deutschen Vorausset-
zungen ausge-hend, das religiöse Leben in den besetzten Osträumen bestimmen zu
wollen. Wir bejahen den religiösen Impuls und mischen uns nicht in die Form ein, in
der ihm Ausdruck verliehen wird. Was wir von den Trägern des religiösen Lebens for-
dern, ist die loyale Einstellung zu den vom Reich geschaffenen Einrichtungen, völlige
Trennung von Religion und Politik, Beschränkung auf ausschließlich seelsorgerische
Belange. Auf keinen Fall werden wir dulden können, daß religiöse Organisationen sich
dazu hergeben, in der einen oder anderen versteckten Form sich zu Trägerinnen von
politischen Gedanken zu machen.“15

Nach der Zeit der Kirchenverfolgung durch die Kommunisten bot sich für die National-
sozialisten die Duldung der Kirchen gleichsam von selbst an, um sich auf diese Weise
positiv von der vorhergegangenen Besatzung zu unterscheiden. In der ersten Zeit ha-
ben sich die politischen Kreise des Reiches kaum um religiöse oder kirchliche Fragen
gekümmert, aber als sich im Ostministerium und im Propaganda -Ministerium schließ-
lich die Überzeugung durchgesetzt hatte, dass man das gebotene Kapital auch poli-
tisch nützen sollte, konnten sich Himmler, Bormann, Heydrich und die „Untermen-
schen“-Theoretiker nur schwer zu einer irgendwie gearteten Förderung wenigstens ei-
niger Kirchen entschließen.16 Die dogmatische Verfestigung war zu groß, um auch nur
eine taktische Aufweichung zuzulassen.
Erst als man den Erfolg Stalins mit der Proklamation des „Vaterländischen Krieges“
und der Förderung der Kirche beobachten konnte, durfte Rosenberg versuchen, die

14 Rosenberg, Großdeutschland, S. 203


15 H. W. Scheidt: Kulturpolitische Aufgaben in den besetzten Ostgebieten, in: Ostaufgaben der Wissen-
schaft, München 1943, S. 94/ 95, und in: Probleme des Ostraumes, Berlin 1942, S. 142
16 A. Dallin, S. 490

77
entpolitisierten Kirchen in politische Werkzeuge umzuwandeln. Allerdings scheint auch
Stalin von den sich bietenden Möglichkeiten erst überzeugt worden zu sein, als der
orthodoxe Klerus von sich aus bei Kriegsbeginn die Identifikation von Kirche und Va-
terland betonte und Spenden für die Rote Armee sammelte und ihre Loyalität mit dem
Staat und mit der Person des „göttlich gesalbten Führers“ Stalin bekundete.17 In der
Sowjetunion wurde damals die antireligiöse Propaganda gestoppt und schließlich ganz
eingestellt, auch wenn die Auflösung des „Kämpfenden Gottlosenbundes“ formell nie-
mals bekannt gegeben wurde.

Als nun Rosenberg daran ging, diese deutsche Einstellung zur religiösen Frage im
Osten in einem auf Propagandawirkung bedachten „Toleranz-Edikt“ herauszustellen,18
ging diese Propagandawirkung jedoch verloren, da Hitler und Bormann Bedenken hat-
ten, Rosenbergs Namen mit dem „Toleranz-Edikt“ zu verbinden. „Die Parteimitglieder
könnten an der bisherigen antichristlichen Haltung des Reichsleiters irre werden und
die schon einigermaßen gebändigten Kirchen in Deutschland Morgenluft wittern“.19

Schon in den ersten Tagen des Feldzuges war für die militärischen Stellen vom Minis-
terium über das OKH eine Weisung ergangen, in der die Duldung sämtlicher Konfes-
sionen und Sekten angeordnet wurde; irgendwelche Ausnahmen waren auch für die
Juden und Mohammedaner nicht vorgesehen.20 Fast ein Jahr gingen die Verhandlun-
gen hin und her, bis der Entwurf 21 für das „Toleranz-Edikt“ fertiggestellt und Hitler
nochmals vorgelegt werden konnte. Obwohl Hitler den schon recht verwässerten Ent-
wurf im Prinzip billigte, bestimmte er, dass „die ganze Frage nicht in Form eines Ge-
setzes... geklärt würde, sondern daß die Reichskommissare die bestehende religiöse
Freiheit gleichsam voraussetzen und die notwendigen Durchführungsbestimmungen
erlassen.“ 22
So bekamen die Reichskommissare am 13. Mai 1942 einen Geheimerlass23 und ver-

17 New York Times, 10. November 1942


18 O. Bräutigam, S. 469, vermutet, dass es evtl. dem Einfluss seiner baltischen Freunde zuzuschreiben
sei, daß Rosenberg den Kirchen im Osten gegenüber Toleranz zeigen wollte.
19 Rosenberg: Vermerk über eine Unterredung im FHQ am 8. 5. 1942 IMT 1520-HS, Bd. XXVIII, S. 286,

O. Bräutigam S. 471
20 Dienststelle Rosenberg: Die Frage der konfessionellen Verbände, 29. Juli 1941, IMT 1047-PS, und

Dienststelle Rosenberg: Weisung an die militärischen Dienststellen über Verhalten in der Religions-
frage, 3. August 1941, IMT 1052-PS und HA-R6/177
21 Bis zum April 1942 waren schon 16 Entwürfe betr. Verordnung über die Religions-Freiheit in den

besetzten Ostgebieten angefertigt worden.


22 Rosenberg: Vermerk über eine Unterredung im FHQ am 8. Mai 1942, IMT 1520-PS, Bd. XXVIII, S. 286
23 RMO an RKO und RKU: Religionsgesellschaften in den besetzten Ostgebieten, 13. 5. 1942, BA R

6/13: „...wegen mißverständlicher Auslegungsmöglichkeiten und eventueller unerwünschter Rückwir-


kungen auf das Reich (habe ich) Abstand genommen...“

78
öffentlichten ihrerseits am 1. bzw. 19.Juni die entsprechenden Verordnungen.24 Die
bereits in allen Einzelheiten geplante propagandistische Behandlung 25 musste unter-
bleiben und die erhoffte Wirkung auf die Rote Armee und die Bevölkerung blieb aus.
Die schließlich gültigen Propaganda-Richtlinien sahen dann auch so aus, dass für die
deutsche Presse im Inland wie im Ostland und im Ausland „allgemeine Zurückhaltung“,
für die fremdsprachige Ostpresse dagegen „volle Entfaltung der Berichterstattung und
der Kommentierung“ geboten wurde.26 Man ging davon aus, dass „den Völkern in den
besetzten Ostgebieten eine freie Religionsbetätigung auch ohne ausführliche gesetz-
liche Bescheinigung als selbstverständliche Voraussetzung gewährt wird“, und be-
schränkte sich darauf, „die deutsche Stellung zu den vorhandenen religiösen Organi-
sationen in den besetzten Ostgebieten zwecks Förderung der Befriedigung der Bevöl-
kerung zu klären.“ 27 Die politische Steuerung der Kirchenfragen ging nach dieser Ver-
kündigung vom Ostministerium in Berlin auf die General-Bezirke über.

Ein wesentlicher Grundsatz der nationalsozialistischen Ostpolitik erforderte, die in den


besetzten Ostgebieten vorgefundenen komplexen Gebilde nationalen wie auch kirch-
lichen Lebens in Gruppen und Teile zu zersplittern und keine Querverbindungen, ins-
besondere keine übergreifenden Organisationsformen und Zusammenschlüsse von
Land zu Land oder von Volk zu Volk zu dulden. „Bestimmend war in jedem Fall die
Furcht, daß die Kirche zum politischen Sammelpunkt für die Bevölkerung gegen ihre
deutschen Herren werden könnte“.28 So hing für die Kirche viel vom jeweiligen Gene-
ral-Kommissar und dem Kontakt zu ihm ab. Entsprechende Anordnungen galten auch
jeweils für die anderen General-Bezirke: „...verboten bleibt, daß die Katholische Kirche
in Litauen, insbesondere der Erzbischof in Wilna, und die orthodoxe Kirche in den bal-
tischen Generalbezirken, insbesondere der orthodoxe Erzbischof in Wilna, und die ihm
unterstellten Organe im General-Bezirk Weißruthenien tätig werden.29

24 Text in A. Meyer: Recht, O 1 D4


25 RMO-Pressechef: Ausbau der Aufklärung und Propaganda im Ostraum, 4: Religionsfrage, 6. Februar
1942, BA R6/172
26 RMO (Kiekheben-Schmidt): Propaganda-Richtlinien zur Kirchenverordnung, 20.Mai 1942, BA R 6/172
27 RMO (Krauskopf): Sprachregelung zur Verordnung der Reichskommissare Ostland und Ukraine über

die Rechtsverhältnisse religiöser Organisationen; BA R 6/172 und AA-Polit. Archiv Inland I D, Ostland
- Ukraine Kirche 3, 4.
28 A. Dallin, S. 506
29 RKO, Abt.II: Ergänzungen zur VO des RKO über die Rechtsverhältnisse religiöser Organisationen;

AA Polit. Archiv Inland I D.

79
b. Die Römisch-Katholische Kirche

Die deutsche Verwaltung ging von vornherein davon aus, dass die Katholische Kirche
im Ostland „eine stärkere Aufmerksamkeit erfordert“1 als die Protestantische Kirche.
Die stärkste Verankerung besaß sie in Litauen, wo sie aber auch zugleich Trägerin des
nationalen Gedankens war. Nicht zuletzt deshalb wurden vom SD in der Anfangszeit
auch Versuche unternommen, den litauischen Weihbischof O. Brizgys als obersten
litauischen politischen Repräsentanten zu gewinnen. Es erscheint zunächst wider-
sprüchlich, dass auf der anderen Seite die Katholische Kirche ebenso viele Verfolgun-
gen und Repressalien zu erleiden hatte. Es zeigt sich aber bei näherem Zusehen, dass
die Katholische Kirche immer dann eingeschränkt wurde, wenn sie tatsächlich oder
zumindest nach Meinung der deutschen Stellen, allzu sehr in politisches Fahrwasser
geriet. Denn für die deutschen Stellen war selbstverständlich auch die Missionsarbeit
der Jesuiten unter den Orthodoxen bereits ein Politikum.2 So wurde das Priester-Se-
minar in Kowno positiv beurteilt, das in Wilna dagegen sollte wegen seiner politischen
Tendenzen ursprünglich geschlossen werden. Beim litauischen katholischen Erzbi-
schof sollte darauf geachtet werden, dass er auch Litauer ist und nicht Pole, dienstliche
Besuche dieses Erzbischofs in Estland oder Lettland kamen nicht in Frage.

Während die provisorische litauische Regierung auf kirchlichem Gebiet weitgehend


den Zustand vor der sowjetischen Okkupation wieder hergestellt und alle Gesetze und
Direktiven des Sowjetregimes aufgehoben hatte, beriefen sich die Deutschen auf diese
Gesetze als geltendes Recht und so blieb auch der gesamte Besitz der Kirchen unter
deutscher Kontrolle. Und als im Winter 1942 einige Kirchen wegen angeblicher „Seu-
chengefahr“ geschlossen wurden, war die Enttäuschung und Verbitterung bei den Li-
tauern groß, denn gleichzeitig blieben Kinos und Theater geöffnet. 3 In Riga ließ die
lettische Selbstverwaltung sich nicht davon abbringen, auf der Beibehaltung des Hoch-
schulcharakters der theologischen Ausbildungsstätten zu bestehen.4

1 Rosenfelder: Vorschläge zur Kirchenpolitik im Ostland, 7. Oktober 1941, BA R6/178 und IfZ MA 54-
1/87
2 ebenda
3 Vittorio Vigneri: „Soviet Policy Toward Religion in Lithuania, The Case of Roman Catolicism“, in St.

Vardys S. 220
4 RMO (Rosenfelder) an Parteikanzlei, 24. 4. 1944, BA R6/181

80
In der ersten Zeit der deutschen Besetzung vermied man auf beiden Seiten intensivere
Kontakte zwischen Verwaltung und der Kirchenhierarchie; um keine Konflikte zu pro-
vozieren ignorierte man sich weitgehend.5 Allerdings wurden die „Umwege“ durchaus
genutzt. So wurde der Nuntius in Berlin, Erzbischof Luigi Orsenigo gebeten, diploma-
tische Schritte zugunsten der arretierten und deportierten Priester, Mönche und Non-
nen zu unternehmen, was schon nach wenigen Tagen zum Erfolg führte, denn am 23.
Mai 1942 wurden viele von ihnen freigelassen und später auch viele Deportierte zu-
rückgebracht.6

In Weißruthenien versuchte die Katholische Kirche zugleich, maßgeblichen Einfluss


auf die polnische Frage zu gewinnen, wozu sie sich des im westlichen Teil noch beste-
hen-den polnischen Verwaltungsapparates bediente. „Die Zusammenarbeit zwischen
Geistlichkeit und Verwaltung ist fast überall eng.“7 In Slonim ließ z. B. der katholische
Pfarrer in einem von der Standverwaltung übernommenen Waisenkindergarten alle
Kinder katholisch taufen, obwohl die Eltern zum großen Teil orthodox und weiß-ruthe-
nisch waren.

Auf diese Weise wurde der Volkstumskampf zwischen Weißruthenen und Polen er-
heblich zu Ungunsten der Weißruthenen beeinflusst. Die Katholische Kirche versuchte
hier in der Anfangszeit durch gesteigerte Missionstätigkeit die (weißruthenische) Or-
thodoxie zu überwinden. Viele der römisch-katholischen Priester waren zugleich Trä-
ger des polnischen Chauvinismus. Diese Tendenzen wurden von deutschen Stellen
energisch bekämpft, allerdings meist mit untauglichen Mitteln, was aber bei der un-
übersichtlichen völkischen und kirchlichen Situation in Weißruthenien kein Wunder
war. Viele der aus dem westlichen (polnischen) Teil in den östlichen Teil kommenden
Priester wurden zurückgeschickt. Die Minsker katholische Pfarrei wurde einem Litauer
unterstellt und - obwohl die weißruthenische Sprache in den meisten katholischen Ge-
meinden für die Predigt und gewisse kirchliche Handlungen eingeführt wurde - vermin-
derte sich die Zahl der weißruthenischen Kleriker während der deutschen Besatzung. 8

5 Orsenigo an Maglione, 2 . 12. 1942 in: “Le Saint Siege et la Situation religieuse en Polonge et dans
las Pays Baltes,“ 1939 - 1945, Rom 1967 Bd. II, S. 686
6 Reinys an Maglione, 16. 6. 1942, Ebenda S. 591, Reinys an Maglione, 12. August l942, S. 620
7 SD-Einsatzgruppen-Bericht, S. 32 vom 7. August 1941
8 Leu Horoska: „The Roman Catholic Church in the Belorussian SSR“ in B. Iwanow: Religion in the

USSR, S. 99

81
c) Die Evangelische Kirche

Wie bei der Behandlung der Orthodoxen Kirche Rücksicht genommen wurde auf mög-
liche Rückwirkungen auf die Rote Armee und auf die Bevölkerung der Sowjetunion,
bei der Behandlung der Katholischen Kirche auf die Wirkung in Deutschland, so wurde
bei der Evangelischen Kirche Rücksicht genommen auf die skandinavischen Länder,
besonders auf Finnland. Zunächst glaubte man auch wegen der sog. „Oxford-Bewe-
gung“ in der estnischen Lutherischen Kirche auf England Rücksicht nehmen zu müs-
sen,1 was sich aber als überflüssig erwies, da diese Bewegung doch zu unbedeutend
war und „jede Einflussnahme der Anglikanischen Kirche wegfällt und eine liberale The-
ologie das Kirchenleben beherrscht.“2 Man nahm daher an, dass die Evangelische Kir-
che in Lettland und Estland“ verhältnismäßig wenig Schwierigkeiten machen" werden.
Allerdings durfte es keine übergeordnete Evangelische Kirche für das gesamte Ost-
land geben, sondern nur Kirchenorganisationen, die sich auf die einzelnen Generalbe-
zirke beschränkten.

Die Vertreter der Evangelischen Kirche gaben sich keineswegs mit einer ergebenen
Statistenrolle zufrieden. So protestierte der lettische Erzbischof Grünbergs mit einem
Memorandum bei den deutschen Behörden gegen die Judenverfolgungen. Durchaus
nicht völlig erfolglos, denn zumindest wurden jüdische Frauen, die mit Letten verheira-
tet waren, aus dem Ghetto entlassen und die Verfolgung der konvertierten Juden ein-
gestellt, 3 während die Deutschen einerseits bei der Wiederherstellung zerstörter Kir-
chen halfen, waren sie nicht bereit, den Rigaer Dom der lettischen Gemeinde zur Ver-
fügung zu stellen; er wurde der deutschen Gemeinde überlassen, um so den deut-
schen Charakter der Stadt zu dokumentieren. Die anderen Gemeinden mussten für
ihre eigenen Kirchen Miete bezahlen, wie zur Zeit der sowjetischen Besatzung.

Das religiöse Schrifttum wurde besonders stark der Zensur unterworfen und vielfach
der „Papiermangel“ zum Vorwand genommen, um eine Druckgenehmigung zu verwei-
gern. Einen gravierenden Unterschied zur Praxis während der Bolschewistenzeit be-
deutete jedoch die Wiederzulassung des Religionsunterrichtes an den Schulen.4 Er-

1 J. Köpp: Den estniska kyrkan under ären 1941 – 1944, S. 123


2 Rosenfelder: Vorschläge BA R 6/178
3 J. J. Rudzitis: Latvian Churches under Foreign Occupation, in Latvia - Country and People, S. 623
4 Eesti, Bd. II, S. 99

82
staunlich ist auch die Tatsache, dass sogar ein theologisches Hochschulstudium mög-
lich war. Als Beispiel sei hier etwas ausführlicher auf die theologische Fakultät der Uni-
versität Dorpat eingegangen.

Gleich nach Abzug der Roten Armee wurde mit der Eröffnung der Universität auch die
alte theologische Fakultät wieder hergestellt. Im Oktober 1941 kam im Zusammenhang
mit den Plänen für eine „Ostland-Universität“ vom SD die Forderung, die theologische
Fakultät zu schließen. Zugelassen werden sollte nur ein selbständiges Hochschul-
Institut, das nicht der Universität, sondern der Evangelisch-Lutherischen Kirche Est-
lands unterstehen sollte. So wurde der Erzbischof Kopp Rektor dieses Institutes, das
in Wirklichkeit nicht mehr als den Namen änderte. Es blieb in den gleichen Räumen,
mit den gleichen Lehrkräften, die weiterhin von der Universität ihr Gehalt bezogen,
neue Studenten wurden immatrikuliert, die Lehrpläne blieben, ebenso das Promoti-
onsrecht.5 Vielfach wird die Situation als besser beurteilt als in anderen Fakultäten, da
das Theologische Institut weniger Kontrollen und Einmischungen ausgesetzt war. Zu-
nächst geschah dies lediglich mit der stillschweigenden Billigung der örtlichen deut-
schen Beamten, später war es aber auch bis in das Ost-Ministerium hinein bekannt,
ohne dass irgendwelche Versuche unternommen wurden, dagegen einzuschreiten.
Hitler und Bormann gegenüber konnte man auf die erfolgte „Schließung“ der theologi-
schen Fakultät hinweisen. 6 „Im katholischen Litauen wurden die Priesterseminare in
Wilna und in Kowno ohne Aufsehen toleriert.“7

5 A. Vööbus: „The Department of Theology at the University of Tartu“, Stockholm 1963, S. 82, J. Köpp:
„Problems Concerning Estonia's Church“, in : The Baltic Review, Nr. 2-3 (UZ/ 113)
6 RMO (Rosenfelder) an Parteikanzlei, 24. 4. 1944, BA R6/181
7 K. Stegmann: Notizen zu einem Vortrag über „Kulturpolitik im Reichskommissariat Ostland 1941 –

1944“, gehalten am 12.11.53 in Marburg. (Diese Unterlagen aus dem Stegmann-Nachlass wurden
dem Verfasser dankenswerterweise von Herrn Dr. H. Weiss, Marburg, zur Verfügung gestellt).

83
d. Die Orthodoxe Kirche

In Deutschland gab es eine recht aktive orthodoxe Emigrantenkirche. Oberhaupt die-


ser deutschen Diözese des Karlowitzer Synods, dessen höchster Würdenträger Met-
ropolit Anastasius von Jugoslawien war, war der Metropolit Seraphim (Lade). Gegen
dessen Versuche, den Kirchenbereich Ostland in seinen Metropolitan-Bezirk einzube-
ziehen, hat sich sowohl das Ostministerium als auch der oberste Repräsentant der
baltischen orthodoxen Kirchen, Metropolit Sergius (Voskresenskij) mit Erfolg gewehrt. 1

Sergius war nach der Eingliederung der baltischen Staaten in die Sowjetunion 1940
vom Moskauer Patriarchat In das Baltikum entsandt worden, wo er als Nachfolger des
verstorbenen Oberhauptes der Orthodoxen Kirche von Litauen und Exarch von Lett-
land und Estland tätig wurde. Beim Einmarsch der Deutschen war er im Lande geblie-
ben und wurde von den verschiedensten Seiten angegriffen und denunziert, vor allem
weil er stets an der Einheit der baltischen orthodoxen Kirchen mit der Kirche in Ruß-
land festgehalten hat.2 Belastende Beziehungen zu politischen Stellen konnten ihm
jedoch nicht nachgewiesen werden.

Von Berlin aus war zunächst geplant, Sergius „sobald als möglich aus dem Ostland zu
entfernen, um den Einfluss des Russentums auf das Ostland ganz auszuschalten.“3
Dies entsprach auch ganz der nationalsozialistischen Konzeption, die komplexen na-
tionalen und kirchlichen Gebilde in einzelne Gruppen zu zersplittern und keine über-
greifenden Zusammenschlüsse und Organisationen zu dulden. Jedoch setzte sich in
dieser Frage die Kirchen-Abteilung des Reichskommissars in Riga durch, für die Ser-
gius tragbar erschien, weil er politisch ungefährlich war und ein Gegengewicht zu der
mit der Sowjetmacht zusammenarbeitenden Kirche Rußlands bilden konnte.

Das Exarchat der orthodoxen Kirche in den baltischen Staaten wurde aufrecht erhal-
ten, um den Eindruck einer „raumfremden Einrichtung“ 4 zu betonen; die Zugehörigkeit
zu ihr sollte als Widerspruch zum Bekenntnis zur europäischen Kultur herausgestellt
werden. Deswegen wurden auch die russischen Leiter der kirchlichen Organisationen

1 Rosenfelder: Vorschläge zur Kirchenpolitik S. 3, M A 54-1-89 BA-R6/178. E. Treulieb: „Metropolit Sergij


von Riga und die 'Orthodoxe Mission' in Pleskau“, in: Kirche im Osten, S. 61. E. Heyer: „Die Orthodoxe
Kirche in der Ukraine von 1917 – 45“ Köln 1953, S. 167
2 Friedrich Heyer, a. a. O, S. 167
3 Rosenfelder: Vorschläge zur Kirchenpolitik, S 3
4 RKO-Abt. II Po. Ergänzungen von Verordnungen des RKO über die Rechtsverhältnisse religiöser Or-

ganisationen 19. Juni 1942; AA Politisches Archiv, Inland I-D, Ostland-Ukraine Kirche 3,4

84
belassen. Da die Masse der Bevölkerung nicht orthodox war, bedeutete diese Zusam-
menfassung unter russischer Oberhoheit keinerlei Gefährdung für die deutschen
Pläne: als gutfunktionierende Organisation konnte das Exarchat jedoch als Ausgangs-
basis für die kirchliche Betreuung der Orthodoxen im Heeresgebiet Nord eingesetzt
werden. So vermied die deutsche Führung unnützen Ärger in den baltischen Gebieten
und konnte gleichzeitig einen Teil der russischen Bevölkerung dem direkten Einfluss
des Moskauer Patriarchats entziehen und auf die übrige russische Bevölkerung und
die Rote Armee propagandistisch einwirken.5 Damit hatte die deutsche Führung auch
Erfolg, obwohl sich die Geistlichen der „Orthodoxen Mission“ den deutschen Dienst-
stellen gegenüber ausgesprochen zurückhaltend verhielten und sich darauf be-
schränkten, die russische Bevölkerung geistlich zu betreuen.

Sergius ist mehrfach mit Erklärungen gegen die Sowjetmacht hervor getreten. Die
meisten Beobachter sind sich jedoch darin einig, dass er nur an der Stärkung seiner
Kirche und seiner eigenen Position interessiert war und für die Deutschen keines-
wegs das willige Sprachrohr war, das sie sich wünschten und wie es der Metropolit
Sergius von Moskau auf der anderen Seite für die Sowjetmacht darstellte. Wie sehr
sich dagegen die Emigranten-Kirche mit Metropolit Seraphim kompromittiert hatte,
zeigte sich daran, dass Seraphim auf einer Diözesanversammlung im Januar 194-2
die Unterstützung der deutschen Wehrmacht in ihrem Kampf gegen den Bolsche-
wismus forderte, „unabhängig davon, welches die Absichten und Ziele Deutschlands
in Bezug auf Rußland seien“.6

Sergius dagegen betonte, dass eine solche „reaktionäre“ Haltung der antisowjeti-
schen Seite nur schaden könne. Ab Ende 1942 machte er in seinen Predigten An-
deutungen über die „leidende russische Seele“ und die russischen „Nationalwerte“.7
Dass es den deutschen Stellen bekannt war, dass er hinter ihrem Rücken Beziehun-
gen zu den Führern der weißruthenischen Kirche gesucht und diese ermahnt hatte,
der allrussischen Kirche treu zu bleiben und sein Exarchat anzuerkennen, ist nicht
auszuschließen. Jedenfalls führte allein schon seine wachsende politische Zurück-
haltung zu immer größeren Spannungen zwischen Sergius und der Besatzungs-
macht. (Seit dieser Zeit wurde er auch wesentlich nervöser und begann zu trinken).
Am 29./30. April 1944 wurde Sergius auf einer Autofahrt zwischen Wilna und Kowno

5 E. Treulieb, a.a.O. S. 56
6 Text in F. Lieb: Rußland unterwegs, Bern 1945, S. 334
7 A, Dallin S. 503

85
ermordet. Über die Täter und die möglichen Motive ist bis heute keine endgültige
Klarheit gefunden. Am wahrscheinlichsten ist es, dass er von deutscher Seite besei-
tigt wurde; die Bevölkerung glaubte jedenfalls nicht an die Version, dass Sergius von
Partisanen erschossen worden sei. Von welcher Seite er auch immer beseitigt wor-
den ist, einen politischen Erfolg konnte keine Seite verbuchen.

Die in der Unterstützung der Orthodoxen Kirche in den baltischen Generalbezirken


deutlich werdende Durchbrechung der doktrinären Konzeption geht offensichtlich auf
einige leitende Beamte des Reichskommissariats in Riga zurück, die von der Integrität
der Person des Metropoliten überzeugt wurden. Denn sowohl Berlin als auch der Ge-
neralkommissar in Estland waren gegen Sergius eingestellt. Hier gelang es einigen
aus der deutschen Verwaltung, ihre Vorstellung im Gegensatz zur offiziellen Parteilinie
durchzusetzen. Die religiöse Duldung der orthodoxen Kirche in diesem Raum wurde
den vorgesetzten Instanzen gegenüber mit dem Argument gerechtfertigt, die Kirche
ließe sich politisch ausnützen. Erfolg hatte diese Politik aber nur deswegen, weil es
vermieden wurde, sie wirklich politisch auszunützen und allzu sehr Einfluss auszu-
üben. Das zeigt sich besonders bei einem Vergleich mit der Situation in Weißruthenien.

Die deutsche Besatzungsmacht sah in Weißruthenien in der Kirchenfrage große


Schwierigkeiten, aber auch gute Ansatzmöglichkeiten zur Einwirkung, weshalb auch
recht detaillierte Pläne ausgearbeitet wurden. „Die russisch-orthodoxe Kirche darf
nicht zur Beherrscherin der weißruthenisch-orthodoxen Gläubigen werden, sondern
hier ist anzustreben, wenn auch die augenblicklichen Schwierigkeiten – namentlich in
der Sprache – nicht zu übersehen sind, dass sich die russisch-orthodoxe Kirche nur
auf den unbestrittenen russischen Siedlungsraum beschränkt und nicht auf andere
Gebiete übergreift. Es würde also in Weißruthenien u. a. einen weißruthenisch-ortho-
doxen, einen russisch-orthodoxen und einen römisch-katholischen Vorstand geben,
wobei den Weißruthenen der Vorrang einzuräumen ist.“8

Vor allem um den „moskowitischen“ Einfluss zurückzudrängen, versuchten Rosenberg


und der Generalkommissar Kube, eine weißruthenische-autokephalische Bewegung
zu organisieren, die deutsche Unterstützung genießen, aber auch ein Instrument der
deutschen Politik werden sollte. Aber weder hatte schließlich die von Kube ins Leben

8 RMO an RKO und RKU, 13. Mai 1942, BA R 6/13; AA-Polit. Arch. Inland I D Ostland-Ukraine

86
gerufene „Weißruthenische Autokephalische Orthodoxe Nationalkirche“ eine Verwur-
zelung in der Bevölkerung, noch gelang es wirklich, die Weißruthenen auf kirchlichem
Gebiet von den Großrussen abzuspalten. Die Weißruthenische Nationalkirche wurde
zu einem Sammelbecken für die großrussische Priesterschaft, da es so gut wie gar
keine wirkliche national-weißruthenische Geistlichkeit gab, die sie hätte ersetzen kön-
nen.9 Nach den verschiedensten internen Kämpfen, die z. T. auf persönlichen Fehden
beruhten, wurde schließlich im März 1942 in Minsk ein „Sobor“ der Bischöfe einberu-
fen, bei dem die Errichtung von fünf Bistümern beschlossen wurde, die in ihren Gren-
zen mit denen der deutschen Verwaltung zusammenfielen.10 Die Beschlüsse dieses
Konzils wie auch der meisten anderen wurden nach Absprache mit den deutschen
Stellen gefasst. Später, als sich auch bei den Dienststellen in Berlin diejenigen durch-
gesetzt hatten, die eine „politische Einspannung“ der Kirchen befürworteten, – „wir
sollten die Beziehungen enger gestalten, um die Kirche für unsere Zwecke einzuset-
zen... Religion ist per se ein Faktor der Befriedung“ 11 – schaltete sich das Reichs-
Sicherheits-Hauptamt (RSHA) bis in die Einzelheiten der Vorbereitungen ein, beson-
ders in den ukrainischen Angelegenheiten.12

Die deutschen Stellen waren sogar in der Lage, die Absetzung eines missliebigen Bi-
schofs zu erreichen, wie z. B. im Falle Panteleimons, der sich geweigert hatte, den
neuen Bischof von Smolensk zu weihen. Es kam bald darauf zu neuen Kämpfen und
Intrigen, bis Kube einen für August 1942 einberufenen Sobor kurzerhand verbot und
die Autorität der Kirche institutionell wie auch räumlich begrenzte. Erst kurz vor seinem
Tode, und nachdem inzwischen bei der Geistlichkeit die Verärgerung über die deut-
sche Einmischung überdeutlich wurde, gestand Kube der Kirche wieder größere Frei-
heiten zu. Aber die deutschen Dienststellen konnten sich nicht entschließen so weit zu
gehen, die Autokephale Kirche auch öffentlich zu unterstützen, ja es kam nicht einmal
zur offiziellen Proklamation der Autokephalie. Auch wurden die Reformen der Spitze
von den Ortsgeistlichen nur widerwillig oder gar nicht unterstützt, so dass die Autoke-
phalische Bewegung nirgends populär wurde. „In Weißrussland war das ganze auto-

9 Einsatzgruppenbericht Nr. 6 (5. Juni 1942)


10 Nadeshda Teodorovich: The Belorussian Autocephalous Orthodox Church in: B. Iwanow, Religion in
the USSR, S. 74; J. Kasjak, S. 88 ff.
11 Berger an Rosenberg, Juni 1944 S. 85 ff, zit. nach A. Dallin, S. 505
12 IfZ HA 541-08, MA 241-22; auch das AA beteiligt sich an der Vorbereitung von Bischofskonferenzen.

Vgl. Telegramm d. Gesandten Langmann an den Kultur-Referenten v. 17. 4. 1944, AA-Archiv, Inland
D I.

87
kephalische Experiment ein Missgriff, der zusammen mit anderen einen Stimmungs-
umschwung innerhalb der Bevölkerung bewirkte.“ 13

Neben der Kirchenpolitik in den besetzten Ostgebieten kümmerte sich das Ostminis-
terium auch um die konfessionelle Betreuung der Ostarbeiter. Diese Betreuung war
aber nur erlaubt auf Wunsch der Ostarbeiter und nur für die orthodoxen. Das RSHA
verstand es, auch hierbei beteiligt zu werden, um folgende Ziele zu erreichen: „Die
Geistlichen – und soweit möglich – auch ihre im Arbeitseinsatz stehenden Angehörigen
sind zur umfassenden nachrichtendienstlichen Mitarbeit heranzuziehen... Die Auswahl
der Psalmsänger als Assistenten der Geistlichen beim Kirchendienst hat ausschließ-
lich unter dem Gesichtspunkt zu erfolgen, daß diese zur nachrichtendienstlichen Mit-
arbeit für die Staatspolizei(leit)stellen bereit und fähig sind“. Für besonders erfolgrei-
che Priester sollte zur Anerkennung ihrer nachrichtendienstlichen Tätigkeit eine „lau-
fende Sonderprämie“ in Aussicht gestellt werden.14 Von Seiten der zuständigen Kultur-
Abteilung des Ostministeriums wurden erhebliche Einwände gegen solche Pläne vor-
gebracht; der Einfluss des Ministeriums war um diese Zeit jedoch schon zu gering, um
sich durchsetzen zu können.

Bei der Evakuierung des Ostlandes musste man sich auch um die orthodoxe Geist-
lichkeit kümmern; für eine evtl. Teil-Evakuierung war vorgesehen, die Geistlichen in die
restlichen Ostgebiete zu bringen, „da ein arbeitsmäßiger Einsatz im Reich für ortho-
doxe Geistliche nicht gegeben ist. Eine Betreuung der Ostarbeiter im Reich durch das
Exarchat ist im Falle einer Evakuierung desselben ins Reich nicht möglich.“15 Der
größte Teil der orthodoxen Geistlichen blieb jedoch im Lande und nur eine geringe
Anzahl entschloss sich zur Emigration und zum Anschluss an die Emigrantenkirche
der Karlowitzer Richtung, deren Leitung sich von 1946 - 1950 in München befand und
deren Zentrum sich heute in Jordanville in den USA befindet.

Dass eine vernünftige Kirchenpolitik im Osten eine große Hilfe für die gesamte deut-
sche Ostpolitik hätte sein können, zeigt nicht zuletzt Stalins erfolgreiche Kirchenpolitik
während des Krieges. Aber anfangs glaubten die doktrinären Nationalsozialisten, das
Paktieren mit der Kirche als Schwäche auslegen zu müssen; mit der Wende des Krie-

13 A. Dallin, S. 501
14 RSHA, IV B 3, Betr.: konfessionelle Betreuung der Ostarbeiter, März 1944, IfZ MA 541-22
15 RMO (Rosenfelder und v. d. Milwe-Schroeden) an RKO Abt. Pol. 31. März 1944, IfZ HA 541-13

88
ges war es dann zu spät für eine glaubwürdige „kirchenfreundliche“ Haltung. „Im Ge-
gensatz zu Moskau hatte Berlin wieder einmal eine 'natürliche Gelegenheit verpasst.
Es konnte sich nicht entscheiden, ob es das 'religiöse Pferd' (wie ein nationalsozialis-
tischer Beamter sich ausdrückte) schlachten oder satteln sollte“.16 Als man sich
schließlich zu einem Entschluss durchgerungen hatte, war es zu spät.

3 . Universitäten und Hochschulen im Ostland


a ) Allgemeines:

Die Schwierigkeiten, mit denen auf dem Gebiet der Wissenschaft, Erziehung und
Volksbildung zu kämpfen war, beruhten vor allem auf dem Dilemma, einen
Kompromiss finden zu müssen zwischen den Weisungen aus Berlin und den
Einmischungsversuchen der übrigen Reichsbehörden einerseits und den Forderungen
der landeseigenen Verwaltungen andererseits nach kultureller Autonomie. Letztere
wiesen mit Recht auf die Kulturleistungen in der Zeit der staatlichen Selbständigkeit
hin. Gerade, wenn man beabsichtigte, einen starken „Wall gegen Moskau“ zu
errichten, musste man die eigenständige Entwicklung der baltischen Völker und ihrer
Kultur fördern. Diese Einsicht war auch bei den Generalkommissaren in Riga und
Reval vorhanden, ebenso beim stellvertretenden Reichskommissar und dem Leiter der
Kultur-Abteilung beim RKO.

Wie ist es zu erklären, dass das Ostministerium den innerhalb dieses Walles am
höchsten eingeschätzten baltischen Völkern zunächst keine eigene Hochschulen zu-
billigen wollte17, während für die Ukraine die Errichtung einer „Großen Universität“ in
Kiew geplant war?18 Und dass es schließlich genau umgekehrt verwirklicht wurde?
Nachdem die militärischen Kämpfe, an denen sich in Riga z .B. ca. 75 % der männ-
lichen Studenten beteiligt hatten, beendet waren, wurde in den Universitäten der Be-
trieb so schnell wie möglich wieder aufgenommen, um in den letzten Semestertagen
die verlorene Zeit wieder nachzuholen. Auch bemühte man sich, die Änderungen der
Sowjetzeit rückgängig zu machen. Die deutschen militärischen Dienststellen hatten in
dieser Zeit wichtigeres zu tun, als sich um Fragen der Universitätsverfassungen etc.
zu kümmern.

16 A. Dallin, S. 506
17 "Selbständige Hochschulen der Esten, Letten, Litauer und Weißruthenen sind zu untersagen“,
"Braune Mappe“ (Teil I, RKO) S. 39, BA R 61507
18 Rosenberg: Instruktionen für einen RK in der Ukraine, 7. Mai 1941, IMT 1018-PS, Bd. XXVI, S. 568

89
So hatte die Universität Riga durch Prof. Klumberg, den kulturpolitischen Berater von
General von Roques, die Erlaubnis zur Öffnung erhalten.19 Über die ersten Schritte,
der Zivilverwaltung liege n widersprüchliche Angaben vor. Einerseits scheint Prof.
Spohr als persönlicher Beauftragter Rosenbergs am 10. Oktober 1941 eigenmächtig
einen Erlass für das Reichskommissariat herausgegeben zu haben, demzufolge die
Hochschulen bis Ostern 194320 ihren Betrieb fortzufuhren hätten.21 Andererseits gilt
aber Prof. Spohr später gerade als derjenige, der sich am stärksten für die Pläne zur
Schaffung von deutschen Hochschulen im Ostland einsetzte. An diesen Plänen wurde
im Ostministerium noch gearbeitet, als der Generalkommissar Drechsler von sich aus,
die Wiedereröffnung der Universität Riga anordnete, worüber in der Presse ausführlich
berichtet wurde.22
Wenige Tage später traf dann der Erlass aus Berlin mit den dazu gehörigen Durchfüh-
rungsbestimmungen ein.23 Der Konflikt war unvermeidlich. Während die Rigaer Stellen
sich auf den Standpunkt stellten, die Wiedereröffnung der baltischen Hochschulen
hätte im Reichsinteresse gelegen, da sie ein Element der politischen Beruhigung
darstelle24 und andernfalls zu erwarten gewesen wäre, dass die ca. 20.000 Studenten
und Dozenten den Kern für Partisanenbanden wie in Weißruthenien gebildet hätten,
sprach der Hochschulreferent im Ostministerium von „Sabotage“.

Schließlich griff Rosenberg selbst ein: er kenne die baltischen Sonderverhältnisse und
träte dafür ein, dass die einmal eröffneten Hochschulen nicht wieder geschlossen
werden dürften.25 So konnten die Universitäten trotz des Krieges mit vergleichsweise
geringen Einschränkungen fast friedensmäßig arbeiten.

Diese Einschränkungen betrafen in erster Linie die geisteswissenschaftlichen Fakul-

19 DZO vom 29. Mai 1943, S. 5


20 Ereignismeldungen UDSSR Nr. 53 vom 15. August 1941; Prof. W. Klumberg war bis zur Umsiedlung
Rektor des Herder Instituts in Riga, der deutschen Hochschule.
21 Mit den baltischen Hochschulen war Prof. E. Spohr vertraut da er früher in Dorpat und Riga gelehrt

hatte. Zu seinem Erlass soll er geäußert haben, er sei sich bewusst, dass ihm „diese Maßnahme den
Kopf kosten könne“. Kulp: Aktennotiz betr. Hochschulerlaß von Prof. Spohr, 23. Oktober 1941 BA R
6/13
22 DZO vom 18. November 1941, S. 5. Für die geisteswissenschaftlichen Fakultäten gab es zunächst

noch keine Genehmigung.


23 RMO an RKO. Betr.: Hochschulpolitik i. RKO, 19. 11. 1941 und RMO an RKO: Durchführungs-

bestimmungen zum Erlaß über die Hochschulpolitik im RKO. 19. 11. 1941 BA R 6/172 und IfZ MA
254/256-259 (Vgl. i. Anhang S.167)
24 SD-Meldungen a. d . bes. Ostgebieten. „Das litauische Volk würde die Schließung der Universität als

Auftakt seiner kulturellen Vernichtung ansehen.“


25 Prof. Dr. Kurt Stegmann: „Kulturpolitik im Reichskommissariat Ostland 1941-1944“ (Vortrag am

12.11.1953 in Marburg

90
täten, gegen deren Wiederzulassung das Ostministerium die größten Bedenken hatte:
die juristischen und humanitären (philosophischen) Fakultäten waren früher oft Aus-
gangspunkt für nationalistische und chauvinistische Bewegungen gewesen. Da man
die Berliner Anweisungen nicht völlig ignorieren konnte, konnten den geisteswissen-
schaftlichen Fakultäten anfangs noch keine festen Zusagen für ihre Wiederzulassung
gemacht werden.

Ein Ausweg fand sich bei der statistischen Überprüfung des Lehrernachwuchses. Man
konnte auf den übergroßen Lehrermangel hinweisen, der besonders durch Verschlep-
pung in den Jahren 1940/41 entstanden war. 26 Aufgrund dieses statistischen Materials
gelang es, nach zähen Verhandlungen mit dem Ostministerium, eine Neuordnung der
Frage durchzusetzen. Mit dem Herbst-Semester wurden dann sog. „Kriegs-
Sonderlehrgänge innerhalb der geisteswissenschaftlichen Fakultäten des Ostlandes“
eingerichtet,27 um den einheimischen Verwaltungen „den nötigen Nachwuchs an
Verwaltungsbeamten, Lehrern, Juristen und Volkswirten zu sichern.“ Praktisch wurden
damit fast die gesamten Lehrpläne der umstrittenen Fakultäten wieder zugelassen.
Auch wurden dadurch die seit dem Frühjahr 1942 im Geheimen durchgeführten
Vorlesungen legalisiert. Allerdings durfte kein wissenschaftlicher Nachwuchs bei den
Kriegs-Sonderlehrgängen ausgebildet werden.28

Auch um die innere Verfassung der Universitäten wurde ein zäher Kampf geführt. Nach
Meinung des Ostministeriums hatte sich das insgesamt schulmäßiger als in
Deutschland durchgeführte Studienjahr mit seinen diversen Zwischenprüfungen in den
baltischen Ländern nicht bewährt, da in den 20 Jahren des Bestehens der Uni-
versitäten ein erheblicher Teil der Studierenden (Riga: 66 %, Dorpat: 50 %) das
Studium ohne das oder vor dem Examen aufgegeben hätten. 29 Das wurde nun als
Vorwand genommen, um durch die allmähliche Überführung auf die deutschen Muster
in der Semestereinteilung, im Lehrsystem usw. doch noch "deutsche" Universitäten zu
schaffen. Die Kultur-Abteilung des RKO konnte demgegenüber jedoch mit den
Professoren gemeinsam das Prinzip der „Hochschul-Autonomie“ und der überkom-
menen Ordnungen verteidigen. Insbesondere wurden Eingriffe in die Personalpolitik
abgelehnt, die Sache der Landeseigenen Verwaltung in Verbindung mit dem General-

26 In Litauen fehlten etwa 70 % der Landlehrer, in Kowno ca. 30 % der Lehrer. SD-Meldungen aus den
besetzten Gebieten, S. 14
27 RMO (Dr. Bader) an RKO, 24. August 1942, BA R 6/507
28 Meyer an Lohse, 24. August 1942, BA R 6/181
29 K. Stegmann: Die Hochschulen im Ostland, Riga 1942, S. 42

91
Kommissar blieb. Ein deutscher Wissenschaftler z.B. der von der deutschen
Verwaltung an die Universität Riga berufen worden war, konnte zwar Vorlesungen
halten, aber nicht Mitglied der Philosophischen Fakultät werden.
Dabei blieb der offizielle Plan und der entsprechende Erlass weiter bestehen, da (i
nach einer gewissen Übergangszeit (die am 1. Januar 1942 beginnen sollte) im
Ostland drei Hochschulen entstehen sollten, die sich gegenseitig ergänzt hätten: eine
Universität in Dorpat, eine Technische Hochschule in Riga und eine Landwirtschaft-
liche und Veterinärmedizinische Akademie in Kauen.30 Alle Hochschulen sollten
deutschsprachig sein und als Instrument der Germanisierung wirken. Für die
kulturellen Belange der ein-heimischen Bevölkerung sollten an den Hochschulen sog.
„völkische Institute“ mit einer kleinen Zahl von Lehrern eingerichtet werden. Diese
Übergangszeit und der Abbau der alten Fakultäten sollten z. B. in Dorpat bis Ende
1942 beendet sein und dabei in folgenden vier Phasen ablaufen:31
1. Ein Teil der Lehrkräfte sollte aus „politischen Gründen“ ausscheiden. (Nach Meinung
des SD-Kommandeurs hätten das ca. 60 % sein sollen.)
2. Lehrkräfte mit russischen und deutschen Sprachkenntnissen waren für den sog.
„Osteinsatz“ in entlegenen Ostgebieten vorgesehen.
3. Ein Teil der ehemaligen Lehrkräfte, die international bekannt waren, sollten im Reich
an Universitäten eingestellt werden.
4 . Ein Teil sollte im Bereich der Medizin, der Landwirtschaft, des Forstwesens oder
der landeseigenen Verwaltung tätig werden.

Diese ganzen detailliert ausgearbeiteten Pläne blieben jedoch auf dem Papier; es
gelang nicht einmal durchzuführen, dass ein immer größerer Teil der Vorlesungen in
deutscher Sprache gehalten wurde. Auch Prof. E. Spohr und Prof. K. Masing, die
eigens nach Dorpat gereist waren und dem Rektor Kant das deutsche Programm
vorlegten, gelang es nicht, dessen Widerstand zu überwinden. 32 Zum Teil in offener
Konfrontation, zum Teil durch geschicktes Umgehen von Anordnungen, aber auch mit
der Unter-stützung durch maßgebliche deutsche Beamte im Reichskommissariat und
in den General-Kommissariaten gelang es, den Kampf um das Lehrprogramm
hinzuziehen. Als er Ende 1943 endgültig beendet war, hatte die geplante Umgestaltung
bereits an Schärfe und Aktualität verloren. Mit der entsprechenden Verzögerung kam

30 Siehe S. 128 Anm. 2 und H. W. Scheidt, Kulturpolitische Aufgaben S. 96


31 Vgl. H. Kauri: Tartu Ülikool. S. 52. Kauri war während der deutschen Besatzungszeit Sekretär der
Universität Dorpat.
32 H. Kauri: Tartu Ülikool. S. 53

92
dann am 22.Februar 1944 aus Berlin die amtliche Bestätigung, dass die Planung für
deutsche Hochschulen im Ostland „bis auf weiteres zurückgestellt“33 sei und der
Hochschulerlass vom 19. November 1941 aufgehoben sei.
Die Autonomie der Hochschul-Verfassung wurde auch an einem anderen sehr
kritischen Punkt stillschweigend geduldet: bei der Wahl der Rektoren und Dekane. Das
verfassungsmäßige demokratische Wahlrecht wurde nicht durch die Einführung des
„Führer-Prinzips“ in der Verwaltung behindert. So haben auch politisch umstrittene
Persönlichkeiten als Dekane amtiert. Trotz des Verbots von kollektiven Führungs-Gre-
mien tagten die Universitäts-Versammlungen und Senat weiterhin, nur dass man sie
jetzt nicht öffentlich ankündigte.34

Es gelang auch, die Anerkennung des „Magister“-Titels als gleichwertig dem


deutschem „Doktor“ und des „Doktor“-Titels als Habilitation zu erreichen, da auch den
balten-deutschen Umsiedlern diese Gleichstellung im Reich gewährt worden war. Das
Reichs-Erziehungs-Ministerium erkannte diese Regelung für alle Hochschulen des
Ostlandes an.
Bevor auf die Entwicklung in den verschiedenen Universitäten im Einzelnen eingegan-
gen wird, soll noch auf einige, allen Ostland-Universitäten gemeinsame Probleme
hingewiesen werden. Der Drang zur Universität war hier ein rein soziales Streben zum
Aufstieg in eine höhere soziale Schicht gewesen, wirtschaftlich wurden dazu keine
Anreize geboten. Diese Überproduktion an Akademikern führte dazu, dass einzelne
Lehrstühle über ein Heer an wissenschaftlichen und technischen Mitarbeitern und
Hilfs-kräften verfügte. Viele Hochschulabsolventen verblieben an den Universitäten,
gegebenenfalls auch als untergeordnete Hilfskräfte, weil ihnen die Zugehörigkeit zur
Universität einen höheren Rang verlieh und nur wenigen eine Existenz auf dem Lande
attraktiv erschien. So ergab sich z.B. für die litauische Hochschule, wenn man die Zahl
der Dozenten und Angestellten der Zahl der Studenten gegenüberstellt, ein Verhältnis
von 1 zu 1,4 d.h. je ein Dozent oder Beamter war für 1,4 Studenten zuständig. Für alle

33 RMO/II l c an RKO vom 22. Februar 1944, Betr.: Verwaltungs-Vereinfachung. BA R 6/249 und Amts-
blatt des HMO, 2. 3g. Nr. 5, Erlaß Nr. 22. Vom Reichskommissar geht der entspr. Erlass erst am 15.
April an die General-Kommissare in Riga und Reval ab, die die Hochschulverfassung wieder als An-
gelegenheit der landeseigenen Verwaltungen ansieht und die personalpolitische Überwachung auf-
hebt. (RKO-I. Kultur und II. Verwaltung an GK Riga und Reval. 15. 4. 1944 und 20. 4. 1944, BA R
6/232); und erst am 20. 5. 1944 gibt der Leiter der Kultur-Abteilung beim GK in Reval, Dr. H. Weiss,
dies der Dorpater Universität offiziell bekannt (H. Kauri. S. 53)
34 Nur einmal gab es einen Zwischenfall, als die estnische Zeitung „Postimees“ eine Versammlung

erwähnte und es deswegen zu einer Anfrage des Generalkommissars beim Bildungs-Direktorium kam.
(H. Kauri: Tartu Ülikool, S. 51

93
Hochschulen des Ostlandes ergaben sich durchschnittlich 5 – 10 Studenten auf einen
Dozenten.35 Da infolgedessen die Gehälter entsprechend niedrig waren, war es durch-
aus erfolgversprechend, dass deutscherseits die Gehälter für Lehrer an Volks- und
Mittelschulen erhöht wurden, um so dem Lehrer-Mangel an diesen Schulen zu begeg-
nen und an den Universitäten den Überschuss abzubauen. Durch die besondere
Förderung der Volkschullehrer-Seminare36 konnte man während der deutschen
Besatzungszeit im günstigsten Falle bereits mit 19 Jahren Lehrer werden und seinen
Dienst an der Volksschule antreten.
Eine wesentliche Einschränkung des Universitätsbetriebes und der Studienmöglich-
keiten war die Arbeitspflicht für alle Studenten. Zunächst genügte eine Bestätigung,
dass man in den Selbstschutz-Bataillonen am Kampf gegen den Bolschewismus
teilgenommen hätte, später mussten die Studenten auch neben dem Studium arbeits-
mäßig eingesetzt sein. Aufgrund der guten Zusammenarbeit zwischen den Univer-
sitäten und den verschiedenen Arbeitsverwaltungen genügte es jedoch in der Regel,
eine Bescheinigung einer Gemeindeverwaltung vorzulegen, dass der Student in der
Landwirtschaft eingesetzt sei. Auch wenn der Ort ganz offensichtlich so weit entfernt
lag, dass ein gleichzeitiges Studium nicht möglich war. Einige Studenten ließen sich
als Gasthörer eintragen, für die diese Arbeitspflicht nicht galt. In Lettland konnte es in
Zusammenarbeit mit dem Arbeits-Departement unter Ing. P. Reinhards so organisiert
werden, dass jeder Student nur einen Tag im Jahr mit dem Beladen von Eisenbahn-
wagen beschäftigt war.
Schwieriger wurde es, als im Herbst 1942 beschlossen wurde, eine 1-jährige Arbeits-
dienst-Pflicht vor die Neu-Immatrikulation zu stellen.37 Eine Musterungskommission
be-stimmte darüber, wer für den RAD und wer für den studentischen Ausgleichsdienst
(in der Landwirtschaft oder in Industriebetrieben) tauglich war. Allerdings wurden ein
Jahr später nicht nur diejenigen, die im RAD, in der deutschen Wehrmacht, bei der
Sicherheits-Polizei, der Organisation Todt oder vergleichbaren Formationen gedient
hatten, zum Studium zugelassen, sondern als 2. Gruppe noch Studenten, die durch
ein Konkurrenzexamen sich die Berechtigung zum Studium erworben hatten. In
Estland war diese 2. Gruppe mit 200 Studenten sogar größer als die mit einjährigem

35 „Wissenschaft und Erziehung im RKO“: in: Die Ostkartei, Dezember 1942, S. 14


36 RMO an RKO, Betr.: Errichtung von ständigen Schulungsstätten (Bezirksschulen) für einheimische
Lehrkräfte im RKO; 11. Januar 1943 BA R 6/402
37 Erlaß RKO vom 5. 8. 1942 I. Kultur 5 B/42. In Litauen (durch General-Rat für Arbeits- und Sozialwe-

sen): DZO vom 31. 8. 1942. In Lettland und Estland (durch Bildungs-Direktorium): DZO vom 2. 9.
1942, S. 5, „Eesti Sõna“ vom 2. 9. 1943

94
Arbeitsdienst, zu der 160 gehörten. Der Arbeitsdienst wurde nicht, wie ursprünglich
vorgesehen in Deutschland, sondern im Ostland abgeleistet; auch konnte verhindert
werden, dass der Arbeitsdienst nach deutschem Muster mit politischer Schulung
verbunden wurde.38
Im Arbeitsdienst besonders bewährte und gute Studenten sollten anschließend auch
die Möglichkeit bekommen, an einer Hochschule des Reiches zu studieren, wofür es
sogar deutsche Stipendien gab. 39
Auch das Ostministerium unterstützte das Studium von jungen Esten, Letten und
Litauern im Reich; der für die Vergäbe von Stipendien zuständige Referent hatte einen
Fonds von 11 Mill. RM jährlich zu verwalten, der bei Bedarf erhöht werden konnte. In
der Regel erhielten die Studenten ein Stipendium von RM 25o monatlich. Auch von
den Kriegsgefangenen wurden einige Studenten zum Studium zugelassen, darunter 6
Kalmücken. Während das Reichs-Erziehungs-Ministerium alle anstandslos zum
Studium zuließ, kamen aus der Umgebung Himmlers erbitterte Proteste, die jedoch
abgewehrt werden konnten. 40 Auch vierzig russische Wissenschaftler erhielten von
der „Zentrale für Ostforschung“ Forschungsstipendien.41
Das Verfahren bei der Vergabe von Stipendien war allerdings sehr umständlich. Ein
bulgarischer Student z.B. brauchte nur sein Gesuch zum Studium in Deutschland bei
der deutschen Gesandtschaft in Sofia einzureichen, die dieses der Zentrale für
Ausländer-studium vorlegte. Diese Zentralstelle beteiligte bei der Entscheidung über
ein Stipendium das Auswärtige Amt. Wenn dagegen ein lettischer Student im Reich
studieren wollte, so musste er seinen Antrag bei seiner Hochschule einreichen, diese
leitete ihn an den Generaldirektor für das Bildungswesen, dieser an den General-
kommissar, der wiederum an den Reichskommissar und dieser an das Ostministerium
bzw. die ZfO weitern. Der Ostminister, bzw. die ZfO setzte sodann das Stipendium fest,
worauf die Entscheidung auf demselben Weg wieder bis zum Studenten zurückging.
Auch für die Habilitierung eines Wissenschaftlers musste der gleiche Weg einge-
schlagen werden, wobei noch die Zeit für die Übersetzung und ein fachliches
deutsches Gutachten hinzukam.42

38 „Postimees“ Nr. 228 vom 4. 10. 1943. DZO vom 1. Oktober 1943, S. 5: „Aufnahmebedingungen für
die Universität Riga“.
39 DZO vom 13. 9. 1942, S. 5
40 Constantin Graf Stamati: "Zur Kulturpolitik des Ostministeriums“ in: VjZG 6 (1955), S. 81 – 85

RMO (Führungsstab Politik) an ZfO 13. 6. 1944, Betr.: Studium von Angehörigen der Ostvölker im
Reich, BA R 6/181 und BA R 6/105
41 Prof. v. z. Mühlen: "Zentrale für Ostforschung beim RMfbdO", 26. 4. 1944, S. 11, BA R 6/33
42 RMO/II l c: Vermerk betr.: Wissenschaftsverwaltung, 19. 1. 1944, BA R 6/233

95
b . Das Hochschulwesen in Estland
Die Anfänge der Dorpater Universität gehen bis ins 16.Jahrhundert zurück; 1632 wurde
von König Gustav Adolf offiziell eine Universität ins Leben gerufen, die aber im
Nordisch en Krieg wieder unterging. Als 1802 erneut in Dorpat eine Universität ge-
gründet wurde, diesmal von den Baltischen Ritterschaften mit Genehmigung von Zar
Paul, war es nach der 1755 gegründeten Moskauer Lomonossow-Universität die
zweite in Rußland. Sie wies jedoch wesentlich mehr geistige Beziehungen zu Deutsch-
land auf, so dass man sie nicht eigentlich, als „russische“ Universität hätte bezeichnen
können.

Dieser Umstand, ebenso wie die Tatsache, dass während des ersten Weltkrieges vom
preußischen Unterrichts-Ministerium in Dorpat eine deutsche Universität gegründet
worden war – die allerdings nur zwei Monate bestand – war während des zweiten Welt-
krieges sicher ein mitbestimmender Faktor in den Überlegungen gewesen, die
Dorpater Universität und später evtl. auch die anderen Hochschulen des Ostlandes zu
deutschen Universitäten umzugestalten.

An dieser nach Erlangung der Eigenstaatlichkeit am 1.Dezember 1919, eröffneten


estnischen „Universitas Tartuensis“ gab es vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges in
den neun Fakultäten 2.689 Studenten und 403 Lehrkräfte. 1926 war mit 4.651 Stu-
denten ein Höchststand zu verzeichnen, der aber nach der Einführung von Aufnahme-
prüfungen nicht wieder erreicht wurde.43

Nach der bolschewistischen Machtübernahme und den entsprechenden Säuberungen


wurden auch an den estnischen Hochschulen Vorlesungen über Marxismus-Leninis-
mus für alle Studenten obligatorisch, ebenso wie für die Lehrkräfte und Angestellten
die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft. (Die eigens gegründeten Gewerkschaften
wurden später zu einer „Gewerkschaft der Kulturarbeiter“ vereinigt).

Mit Abzug der Roten Armee übernahmen die von den russischen Machthabern entlas-
senen Amtspersonen, mit dem ehemaligen Prorektor Prof. Edgar Kant an der Spitze,
wieder ihre Funktionen, was von dem deutschen Ortskommandanten Oberst Gose-
bruch ohne Widerspruch zur Kenntnis genommen wurde.44 In den wenigen Tagen bis
zum Semesterende wurde versucht, die Universität im Wesentlichen in ihrem alten

43 G. Martinoff: „The Fate of the University of Tartu“, in: The Baltic-Review, Nr. 2 - 3 (1946) S .90
44 H. Kauri: „E. V. Tartu Ülikool okupatsioonide ajal“ in: Eesti Riik ja Rahvas, Bd. VIII (1959), S. 47

96
Bestande wiederherzustellen. Bis zum Herbst gelang es dem Rektor, viele der entlas-
senen Lehrkräfte zurückzuberufen und auch die von den Sowjets 1940 nach Reval
verlegte wirtschaftswissenschaftliche Fakultät wieder der Dorpater Universität anzu-
gliedern. In Reval/Tallin arbeitete die Technische Hochschule des estnischen Freistaa-
tes, die aus der Vereinigung der technischen Fakultät der Dorpater Universität und
dem 1920 gegründeten „Staatlichen Technikum“ hervorgegangen war. An diesem „Po-
lytechnischen Institut zu Tallinn“ studierten im Jahre 1939 491 Studenten bei 92 Lehr-
kräften.45 Dass die Zahl der Studenten während des Krieges an der TH noch stieg –
Zahlen aus dem Sowjetjahr liegen nicht vor – dürfte daran liegen, dass während eines
Krieges immer ein größerer Bedarf an Technikern als an Geisteswissenschaftlern be-
steht. Im Winter 1942 studierten an der Technischen Hochschule 693 Studenten, wäh-
rend die Zahl an der Dorpater Universität im gleichen Maße von 2.689 (1939) auf 2.240
(davon 888 Frauen) zurückging.46 Aber nach Einführung der Arbeitsdienstpflicht für
Studenten sank die Zahl der TH-Studenten 1943 wieder auf ca. 500.47 Gleich zu Be-
ginn der Arbeit der Technischen Hochschule unter der deutschen Besatzung hatte die
Zahl nur 180 betragen.48

In allen drei General-Bezirken waren die Universitäten Zentren des nationalen Wider-
standes, wo auch eine offene Konfrontation mit der deutschen Besatzungsmacht nicht
gescheut wurde. So kam es am 24. Februar 1943, dem Gründungstag des estnischen
Freistaates, der als Arbeitstag deklariert worden war, zu einer nationalen Demonstra-
tion, als die Studenten einfach die Vorlesungen ausfallen ließen und sieh zur Kranz-
niederlegung am Denkmal für die Gefallenen des Freiheitskrieges begaben. Wenige
Wochen zuvor hatte der GeneraIkommissar Litzmann noch gehofft, mit Himmlers Un-
terstützung an diesem Tag zumindest eine Kultur-Autonomie für Estland verkünden zu
können, was aber durch Hitlers Einspruch verhindert wurde.49 Diese Aktion der Uni-
versität stieß jedoch nicht nur beim SD, sondern auch beim Generalkommissar auf
Entrüstung und der SD-Chef Dr. M. Sandberger fuhr selbst nach Dorpat, um sich an
Ort und Stelle über den Sachverhalt zu informieren. Im ersten Zorn wollte er die Uni-

45 „Eesti“, Bd. II. S. 85/86


46 Die Studentenzahlen der Dorpater Universität waren in den Jahren vor dem Krieg stetig gefallen. Vgl.
Ostland in Zahlen, S. 112. Für 1942: Statist. Bericht für General-Bezirk Estland 1942, Reval 1943,
S. 22
47 DZO vom 21. 10. 1943, S. 5
48 DZO v. 11. 2. 1942. S. 5. An den Fakultäten studierten damals Bauwesen 52 Studenten, Mechanik

59, Chemie 44 und Bergbau 25.


49 Vgl. o. S. 59

97
versität sofort schließen und die Studenten und Lehrkräfte an die Front schicken, ließ
sich jedoch umstimmen und setzte sich schließlich energisch für die Interessen der
Universität ein. Die ganze Angelegenheit endete recht glimpflich: da der Rektor Kant
nicht verantwortlich gemacht, werden konnte – er war gerade in Reval – musste der
Pro-Rektor Prof. A. Mathießen sein Amt an Prof. P. Köpp übergeben, und der Univer-
sitätssekretär erhielt eine amtliche Ermahnung.50

Wie rasch sich das Verhältnis zur Universität wieder gebessert hatte, konnte man an-
lässlich der Ausstellung der Universitätsverwaltung sehen, die in der Akademie die.
wissenschaftliche Forschungsarbeit und deren Ergebnisse darstellte. Zur Eröffnung
am 15. April 1943 erschien auch GK Litzmann mit großem Gefolge zu einem 2-stündi-
gen Rundgang. Diese Demonstration der estnischen Wissenschaft, die auch von Jour-
nalisten aus Deutschland, Lettland und Finnland besucht wurde, wurde ein so großer
Erfolg, daß sie anschließend ab 18. Mai auch in Reval gezeigt wurde. 51 Außerdem
erhielt die Universität die Erlaubnis, wissenschaftliche Arbeiten zu drucken, und auch
die „Acta et Commentationes“ konnten wieder erscheinen. Ebenso wurden die „Estni-
sche Gelehrte Gesellschaft“ und der „Naturforschende Verein“ neu begründet. Bei den
Immatrikulationsfeiern im Oktober 1943 wurde ein feierlicher Gottesdienst in der Uni-
versitätskirche gehalten, worüber auch in der Presse berichtet wurde.52 1944 erklärte
Litzmann den estnischen Freiheitstag auf eigene Verantwortung zum schul- und vor-
lesungsfreien Tag.

Ein zuverlässiger Gradmesser für die Freiheiten der Universitäten ist ihre finanzielle
Situation, denn „das wichtigste Mittel der Kulturpolitik ist das Geld“.53 Am Beispiel der
Universität Dorpat lässt sich das besonders deutlich und genau dokumentieren. Nach
Abzug der Roten Armee hatte die Universität 2.000 Rubel in der Kasse, der Reserve-
Fonds von 380.00 Eesti-Kronen im Jahr 1939 war von den Sowjets verbraucht wor-
den.54 Als Übergang wurde eine Anleihe bei der Estnischen Staatsbank aufgenommen,
um die fälligen Gehälter zahlen zu können, bis die Universität einen eigenen Haus-
haltsplan aufstellen konnte. Im estnischen Staatsbudget 1938/39 wurden 12,5 Mill.
Kronen, d. h. 10,7 % für Kultur und Bildung ausgegeben, wovon die Universität 1,9 Mill

50 H. Kauri: „E. V. Tartu Ülikool", S. 57


51 DZO vom 1. Juni 1943, S. 5 „Revaler Kulturtage“
52 DZO vom 20. Oktober 1943, S. 5; gleichzeitig wurde über die Tätigkeit des Dorpater Theologischen

Instituts berichtet.
53 G. Ney: „Die Kulturpolitik Estlands während der Eigenstaatlichkeit“, in: Acta Baltica VII (1968) S. 205
54. H. Kauri: „E. V. Tartu Ülikool“, S. 49

98
die Technische Hochschule 0,2 Mill. Kronen erhielt.55 Im Jahre 1943 bekam die Uni-
versität von der landeseigenen Verwaltung 1.026.800 RM, also nicht weniger als in der
Zeit der Eigenstaatlichkeit. Der Gesamtetat war auf 3.451.950 RM veranschlagt; da-
neben verfügte die Universität aber noch über einen sog. „Sondermittel-Etat“, mit dem
die Versuchsgüter-, Ausbildungs- und Versuchsstationen, Versuchs-Forsteien, die
landwirtschaftlichen Versuchsstationen, die Apotheke, die Bäckerei u. a. Unterneh-
mungen der Hochschule arbeiteten. 1943 betrug dieser Etat knapp 500.000 RM. Da
die hochschuleigenen Institutionen und Unternehmungen trotz der schwierigen Kriegs-
verhältnisse intensiv arbeiten konnten, wurde das Einnahmesoll um etwa 250.000 RM
überschritten. Mit diesem Überschuss wurden die Druckkosten der „Acta et Commen-
tationes“, des meteorologischen Jahrbuches und des Sternwart-Kalenders bezahlt;
ferner erhielten wissenschaftliche Vereine 140.000 RM und die landwirtschaftliche Ver-
suchsstation 25.000 RM. Aus dem ordentlichen Etat bekamen wissenschaftliche Ver-
eine und die Forschung nur halb so viel: 80.000 RM.56

Von der Zahlung der Studiengebühren waren etwa 50 % der Studenten befreit; vor
1939/40 waren es nur etwa 7 %, das gesetzlich vorgeschriebene Maximum im Estni-
schen Freistaat war 12 %. Man ging also über diese Regelung weit hinaus; allerdings
war aufgrund der Verstaatlichung und des Verlustes der Sparguthaben 1940/41 bei-
nahe die gesamte Studentenschaft sozial nivelliert worden und nur wenige wären in
der Lage gewesen, neben dem Lebensunterhalt auch noch die Gebühren aufzubrin-
gen. Darüber hinaus wurden an ärmere Studenten noch Stipendien bezahlt.

Ähnlich großzügig verfuhren die Universitäts-Kliniken, die in erster Linie vom Gesichts-
punkt der Volksgesundheit ausgingen und die Klinikgebühren nicht erhöhten. Auch die
Universitätsapotheke verkaufte in den Jahren 1941-1944 an alle Personen Arzneien
zu Preisen, die eigentlich nur für die Hochschulkliniken galten. Der Mangel an Medika-
menten, der sich besonders auf dem Zivilsektor bemerkbar machte, wurde an den Uni-
versitätskliniken durch die für das Militär zur Verfügung gestellten Präparate über-
brückt. Trotz des Krieges wurden diese Kliniken nicht einmal zu einem Viertel von Mi-
litärpersonen in Anspruch genommen, wie die Pflegetage ausweisen.57

55 „Eesti“, Bd. III, S. 125/26


56 K. Ervet: „Tartu Ülikooli majandusest saksa okupatsiooni ajal“ in: Eesti Riik…, Bd. VIII, S.66 - 68
57 ebenda, S. 68

99
c. Das Hochschulwesen in Lettland

Die „Universität Lettland“ wurde am 28. September 1919 mit 110 Lehrkräften und 940
Studenten in 9 Fakultäten eröffnet.1 Faktisch war es eine Fortsetzung und Erweiterung
des Rigaer Polytechnischen Instituts (Technische Hochschule). Anfangs wurde noch
die Hälfte der Vorlesungen in deutscher und russischer Sprache abgehalten, denn 23
% der Lehrkräfte waren Nichtletten. Am 23. März 1923 wurde die Universität durch
Gesetz formell als autonome wissenschaftliche und Bildungs-Institution anerkannt. Der
Rektor, die beiden Prorektoren und alle anderen amtierenden Personen wurden je-
weils für ein 3ahr gewählt. 1937 wurde an der evangelisch-theologischen Fakultät eine
Abteilung für orthodoxe Theologie mit 4 Lehrstühlen geschaffen, eine katholisch-theo-
logische Fakultät konnte erst am 15. 9. 1938 ihre Tätigkeit aufnehmen. Die landwirt-
schaftliche Fakultät wurde am 1. Juli 1939 als landwirtschaftliche Akademie mit den
Fakultäten Land- und Forstwirtschaft aus der Universität ausgegliedert und kam nach
Mitau.

Bis zum 1. Januar 1940 haben 7.138 Studenten, davon 2.183 Frauen, die Universität
absolviert. Kennzeichnend für den Bildungshunger der Letten ist die Tatsache, dass
im Jahre 1935/36 7.247 Studenten an der Universität studierten, d. h. 30,4 Studenten
auf 10.000 Einwohner. Damit stand Lettland an erster Stelle in der Welt, gefolgt von
Estland mit 28,8 Studenten. (Deutschland stand damals mit 10,2 an 22. Stelle.2

Neben der Universität und der Landwirtschaftsakademie bestanden noch die am 2o.
August 1919 gegründete Kunstakademie und das am gleichen Tag gegründete Kon-
servatorium.3

Die im Frühjahr 1940o gewählten Prorektoren und der Rektor wurden schon nach we-
nigen Tagen von den bolschewistischen Machthabern abgesetzt, die Universitätsver-
fassung aufgehoben und nach Moskauer Vorbild umgestaltet. Die Theologische Fakul-
tät wurde geschlossen, ihre Studenten durften sich auch nicht an anderen Fakultäten
einschreiben. Die Bibliothek der Theologischen Fakultät wanderte zum größten Teil in

1 Latvijas universitate divdesmit gados 1919 - 1939, Riga 1939 S. 2 - 4


2 Latvju Enciklopedia, S. 1415; Janis Dagis: „Latviešu Skolas V cij “, Düsseldorf 1968, S. 11; „Univer-
sitas“ Nr. 10 (1962) S. 3 - 7
3 A. Namsons, Die Entwicklung des Hochschulwesens in Lettland 1919 - 1963, S. 101 - 112; Latvijas

statistikas gada gr mata 1939, Riga 1939, S. 48-50. K. Straubergs: „University of Latvia, Country and
People“, S. 582

100
die Zentralheizung. Auf Anweisung des neuen Rektors Jürgens wurden mehr als 1.000
Studenten ausgeschlossen, weil sie angeblich zur „besitzenden Klasse“ gehörten, 350
von ihnen wurden nach Rußland deportiert.

Bereits wenige Tage nach dem deutschen Einmarsch am 1. Jul i wurde die Universität
in Riga auf der Basis, wie sie bis zum 17. Juni 1940 bestanden hatte, erneuert. Nach
der Wiedereröffnung aller früheren Fakultäten und Abteilungen ging man daran, den
Lehrkörper wiederherzustellen. In der kommunistischen Zeit waren über 70 Lehrkräfte
entlassen worden, weshalb jetzt viele Pensionäre, aber auch neue Lehrkräfte einge-
stellt wurden. In 2 - 3 Wochen war das Vorlesungsverzeichnis für das Herbstsemester
fertiggestellt. Dank der schnellen Entscheidung der Finanzverwaltung und der Staats-
kontrolle wurden die neuen Budgets für die Gehälter und die anderen Ausgaben an-
genommen. Diesen ganzen Apparat gelang es auch in den nächsten Jahren aufrecht
zu erhalten, wobei auch Posten der Fakultäten bezahlt wurden, die die Deutschen
schließen ließen. Den deutschen Zivildienststellen konnte eine bereits funktionierende
Universität vorgezeigt werden.4

Während der Sommer-Semesterferien wurden in verstärktem Maße Prüfungen nach-


geholt; auch wollten viele Studenten ihre während der Kommunistenzeit ausgestellten
Diplome gegen vollwertige Diplome der Universität Lettland umtauschen.

Mit Beginn des Wintersemesters sollte nach deutschen Plänen die Universität ge-
schlossen werden, ebenso wie die anderen Universitäten des Ostlandes. An ihre Stelle
sollten deutsche Universitäten treten.5 Jedoch wurden diese Zentralisierungspläne bis
auf weiteres zurückgestellt. An den geisteswissenschaftlichen Fakultäten wurden al-
lerdings fast alle Bibliotheken versiegelt, ebenso wie die Museen und Archive zunächst
geschlossen wurden.

Der Name Lettland sollte möglichst überall verschwinden; so wurde die „Universität
Lettlands“ in: „Universität Riga“ umbenannt, die aber bis zum Schluss Diplome mit dem
alten Siegel beurkundete. Das Konservatorium und die Kunstakademie konnten die
Bezeichnung „Lettlands“ beibehalten.

4
Karlis Straubergs: „Die Universität Lettlands in der Zeit des 2. Weltkrieges“, Erinnerungen des ehem.
Prorektors nach unveröffentlichten Manuskripten, in: Universitas, Heft 12, Münster 1963
5
RMO an RKO: Betr.: Hochschulpolitik im KKO, 19. 11. 1941 BA R6/172

101
Die Reihenfolge der Wiedereröffnung der Fakultäten wurde von den Deutschen fest-
gelegt. Die ersten waren die Medizinische und die Tiermedizinische Fakultät und die
landwirtschaftliche Akademie in Mitau,6 die nächsten die technische, mathematische
und naturwissenschaftliche Fakultät. Die Humanitäre Fakultät konnte erst am 16. April,
kurz vor Semesterende, beginnen.“7 Durch Verdoppelung der Vorlesungsstunden und
durch Verlängerung der Unterrichtszeit gelang es trotzdem, die Kurse durchzuführen.
Rektor Prof. Martin Primanis besorgte sich selbst eine Einreise-Genehmigung aus
dem Reich in das Ostland, um seinen Posten als Rektor wieder übernehmen zu kön-
nen. „Der neue Name (Universität Riga) störte die normale Arbeit der Universität kei-
neswegs, denn diese wurde nach der alten Universitätstradition fortgesetzt“.8 Univer-
sitätsdiplome wurden mit dem alten Siegel verliehen, viele neue deutsche Bestimmun-
gen waren eine Bestätigung der alten Ordnung, da die deutschen Referenten sich teil-
weise bei den Professoren Rat holten, um eine sachgerechte Regelung treffen zu kön-
nen.9

Zwischen dem 1. Juli 1941 und dem 1. Mai 1943 haben 981 Studenten, darunter 355
Frauen in Riga ihr Studium abschließen können.10 Auch einige in Lettland wohnende
Russen und ca. 30 Polen, die aus Polen geflüchtet waren, konnten mit Wissen der
deutschen Stellen und des Ostministeriums in Riga studieren.11

Wie gering bei Berücksichtigung der Kriegsverhältnisse die Einschränkungen für die
Universität waren, lässt sich an den Studentenzahlen ablesen. 1939/40 studierten in
Riga 6.435 Studenten, 1941/42 (keine Geisteswissenschaften) 5.314 Studenten und
im Wintersemester waren es schon wieder 6.187 Studenten.12 Dabei waren die Zahlen
in den Jahren vor dem Krieg stetig zurückgegangen.

6 DZO vom 21.11.1941: „Ausbildung akademischer Kräfte“ und DZO vom 4.12.1941; S. 5: „Immatrikula-
tion in Mitau am 3.12.1941“
7 DZO vom 15.4.1942, S. 5: „Arbeitsbeginn der philosophischen und der volkswirtschaftlichen Fakultät“
8 A. Namsons: „Die Entwicklung des Hochschulwesens in Lettland von 1919 – 1963“, in Acta Baltica III

(1963) S. 117
9 Mitteilung von Prof. M. Rolle an den Autor am 14. 8. 1970
10 A. Primanis, Kriegsaufgaben der Wissenschaft, in; Ostland Nr. 12, Juni 1943
11 C. v. Stamati: Zur Kulturpolitik des Ostministeriums, in: VjHZG (1958), S. 81
12 Vgl. Ostland in Zahlen, S. 71, Die Ostkartei: S 14, Die Schulen im General-Bezirk Lettland im Schul-

jahr 1941/42 DZO vom 29. 5. 1943, S. 5

102
d. Das Hochschulwesen in Litauen

Die Gründung der „Universität Vytautas des Großen“ in Kauen erfolgte am 16. Februar
1922. Eine litauische Universität hatte es in Wilna schon seit 1579 mit Unterbrechun-
gen gegeben. 1919 hatten die Polen die Universität als polnische „Stephan-Bathory-
Universität“ wiedererrichtet. Nachdem Wilna im Verlauf des deutsch-polnischen Krie-
ges wieder zu Litauen gekommen war, konnte am 1. Januar 1940 die Universität wie-
der als litauische Hochschule mit ihrer Arbeit beginnen. Ihr erster Rektor, der bis 1943
im Amt bleiben konnte, war der Literatur-Professor Mykolas Biržiška. Nach einem Se-
mester bereits begann dann aber schon die kommunistische Umgestaltung des litaui-
schen Hochschulwesens, nachdem Litauen im Juni 1940 von der Roten Armee besetzt
worden war. Es wurden sog. „Arbeiter-Fakultäten“ errichtet, dazu Lehrstühle für Mar-
xismus-Leninismus, die Theologische Fakultät selbstverständlich geschlossen. Wäh-
rend vorher 12 Schuljahre zur Erreichung der Hochschulreife nötig waren, wurde die
Gymnasialbildung um 2 Jahre gekürzt, ebenso wie in Lettland. Den Schülern wurden
nach der 10. Klasse „Reife-zeugnisse“ ausgestellt, die später während der deutschen
Besatzungszeit von der provisorischen litauischen Regierung umgehend annulliert
wurden. Auch die von der sowjetischen Regierung gegründete Akademie der Wissen-
schaften wurde wieder aufgelöst.

Das litauische Bildungswesen während der Zeit der Selbständigkeit war ganz nach
dem Westen ausgerichtet: F. W. Foerster, G. Kerschensteiner und O. Willmann galten
als wegweisend.1
Wenig überzeugend wirkt angesichts der Leistungen auf dem Bildungssektor das Urteil
der sowjetisch-litauischen Historiker: „die 1940 geschaffene sowjetische Regierung in
Litauen hat von dem bürgerlichen Regime ein sehr minderwertiges Bildungssystem
Übernommen“2 Die sowjetische Pädagogik baut im Wesentlichen auf der Lehre von
der kollektiven Erziehung nach S. A. Makarenko, dem „russischen Pestalozzi“ auf.
Während im Westen der Schüler Subjekt des Bildungswesens ist, ist er in der Sowjet-
union Objekt des Bildungswesens.

1 Petras Maldeikis: The Trend of Education in Independent Lithuania, In: Lituanus, Vol. III Nr. 2 (11) Juni
1957, S. 22
2 Hitlerine Okupacija Lietuvoje, Wilna 1961, S. 223

103
Nachdem die Universität Wilna im Frühjahr 1940 mit 2 Fakultäten und 1004 Studenten
begonnen hatte, wurden im Studienjahr 1940/41 2.194 Studenten an den vier Fakul-
täten gezählt.3 Gleich zeitig ging infolgedessen die Zahl der Studenten an der Univer-
sität Kaunas vom 3.052 Studenten im Jahre 1939/40 auf 2.284 im Jahre 1940/41 zu-
rück.4 Die 5 anderen akademischen Lehranstalten, die Landwirtschaftliche Akademie,
das Pädagogische Institut, das Kommerzinstitut, das Konservatorium und die Akade-
mie der Tierheilkunde, hatten von 1939/40 bis 1949/41 einen Zuwachs von 938 auf
1.508 Studenten zu verzeichnen.5 Die sowjetischen Deportationen und die litauischen
Aufstände kurz vor und kurz nach Kriegsausbruch haben in Litauen im besonderen
Maße die Universitäten betroffen, so dass es kein Wunder ist, wenn – durch die an-
fänglichen Restriktionen durch die deutsche Besatzung zusätzlich behindert – die Zahl
der Studenten 1942 auf 3.375 plus 573 Gasthörer absinkt.6 Im Jahr zuvor hatte die
Zahl aller litauischen Studenten noch 5.986 betragen. Die Zahl der Lehrkräfte blieb mit
683 gegenüber 688 beinahe konstant. Schon im Wintersemester studierten im Gene-
ralbezirk Litauen wieder über 5.000 Studenten.7

Diese hohe Zahl ist umso erstaunlicher, wenn man berücksichtigt, daß Ende August
1942 die deutschen Dienststellen durch den Generalrat für das Arbeits- und Sozialwe-
sen in Kauen hatten anordnen lassen, daß zum Studium nur noch zugelassen wird,
wer vorher ein Jahr Arbeitsdienst oder studentischen Ersatzdienst abgeleistet hat. 8 Da
durch diese Anordnung eigentlich keine Erst-Semester aufgenommen werden konn-
ten, nahm die Universität eine größere Zahl inoffiziell als Studenten im Fernstudium
auf. Ein Teil der Lehrkräfte und Studenten lebten illegal und besuchten die Universität
im Geheimen.9

Die ohne vorherige Konsultation des Generalkommissars v. Renteln beschlossene


Aufstellung einer litauischen SS-Legion, stieß auf starken Wiederstand der Bevölke-
rung, obwohl sie in den ersten Kriegsmonaten begeistert gegen die Rote Armee ge-
kämpft hätte. Vor allem lag es daran, dass man daran ging, neben einer litauischen

3 L. Vladimirovas (ed.): Vilniaus Universitetas, Vilnius 1956, S. 85


4 Ostland in Zahlen“, S. 149
5 ebenda, S. 149
6 Statistischer Bericht für das Ostland, Juli/Aug. 1942, S. 286 (IfZ MA 842/725). Bei früheren Zählungen

wurden die Gasthörer mitgezählt.


7 Wissenschaft und Erziehung im RKO, in: Die Ostkartei, Berlin 1943 Nr. 18, Heft 4, S. 14. Danach

hatten Kauen 2.487 und Wilna 2.194 Studenten.


8 DZO vom 31. August 1942, S. 4
9 A. Benezius (ed): Vilniaus Universitates, Vilnius 1966

104
Legion auch Männer zum Dienst bei der Wehrmacht und anderen Bedarfsträgern ein-
zuziehen, und zwar im jahrgangweisen Musterungsverfahren.10 Als die litauische Ju-
gend sich nicht registrieren lassen wollte und aus den Universitäten fast alle Männer
und das jüngere Lehr- und Hilfspersonal in die Dörfer und Wälder flüchtete, wurde
diese Nichtbefolgung der Registrierungspflicht der Anlass für die am 17. März 1943
durchgeführte Schließung der Universität, deren Räume von der SS besetzt und ver-
siegelt wurden, Man hoffte damit, die „Brutstätten des litauischen Chauvinismus“ 11

treffen zu können. Für die Belange des litauischen Erziehungswesens wurde der deut-
sche Prof. Schreinert zum Bevollmächtigten ernannt.

Besonders qualifizierten Studenten und Studentinnen wurde die Möglichkeit geboten,


ihr Studium an einer Reichsuniversität abzuschließen. Reichskommissar Lohse hatte
seine Zustimmung für das Studium von kriegswichtigen Wissenschaften (Medizin,
Technik, Forstwissenschaft, Landwirtschaft, Veterinärmedizin) gegeben und 90 Plätze
in Aussicht gestellt.12

Für Medizin wurden noch einige Lehrgänge für Abschlussprüfungen bis 31. Dezember
1943 durchgeführt, auch einige Laboratorien konnten noch weiterarbeiten; meist han-
delte es sich dabei um Wehrmachtsaufträge. Die Wiedereröffnung der landwirtschaft-
lichen und tierärztlichen Akademien, auf die man „aus wirtschaftlichen und sanitären
Gründen“ nicht verzichten konnte, wollte man „zu gegebener Zeit“ gestatten, mit der
Begründung, daß sie eine Belohnung für den Beitrag der Litauer im Kampf gegen den
Bolschewismus darstelle. Ein Teil des Studiums spielte sich in der Folgezeit im Unter-
grund ab, trotz des großen Risikos.13

Während der Generalkommissar von Renteln die Wiedereröffnung der Hochschulen


vom Verlauf der Mobilisation abhängig machen wollte, bemühte sich die Kultur-Abtei-
lung des RKO beim Ostministerium um die alsbaldige Wiedereröffnung. Von der Mo-
bilisierungs-Aktion versprach man sich in Riga nach den bisherigen Erfahrungen wenig
Erfolg; aus „Nachwuchsgründen“ erbat RK Lohse fernschriftlich, die Wiedereröffnung
der Hochschulen sofort vorbereiten zu dürfen.14 Bis man sich dazu hatte entschließen
können, war infolge des deutschen Rückzuges diese Frage auch nicht mehr aktuell.

10 GK Litauen: Übersicht über den Verlauf der Musterungsaktion in Litauen, 9. 5. 1943, BA R 6/162
11 Meldungen aus den besetzten Ostgebieten, April 194-3, S. 28
12 ebenda, S. 27
13 Steponas Kolupaila: The University of Vytautas the Great, in: Lituanus, Vol. I Nr. 3-4 (July 1955), S.

14
14 RKO, Abt. I/Kult, an RMO, Geheim-Fernschreiben, BA R 6/181. vgl. auch IfZ MA 440/5942-5982

105
e. Das Hochschulwesen in Weißruthenien

In Weißruthenien gab es vor dem 2. Weltkrieg an Hochschulen neben der Staatlichen


Universität Minsk mit drei Fakultäten (pädagogische, medizinische und juristisch-öko-
nomische) nur noch das Polytechnische Institut, die Landwirtschaftliche Hochschule in
Gorki und das Tierärztliche Institut in Witebsk. Während der deutschen Besetzungszeit
beschränkte sich die wissenschaftliche Arbeit im Wesentlichen auf einige Institute und
auf Forschungsaufträge, die durch die ZfO und den ERR vergeben und betreut wur-
den.
Eigene Initiativen, die auch in das militärverwaltete Gebiet hineinreichten, entwickelte
die „Weißruthenische Wissenschaftliche Gesellschaft“, die im Minsker Lehrbuch-Ver-
lag über zwanzig neue Textbücher für Volks- und Berufsschulen vorbereitete und ein
weißruthenisch-deutsches Wörterbuch in lateinischer Schrift mit 27.000 Wörtern zu-
sammenstellte.1 Der in dieser Hinsicht besonders rührige Gebietskommissar von
Glubokoje schuf in Postawy ein Lehrerseminar, um weißruthenische Lehrkräfte heran-
zubilden und die noch im Amt befindlichen polnischen Lehrkräfte auszutauschen.2

Von einer geregelten wissenschaftlichen Ausbildung kann aber im Generalbezirk


Weißruthenien nicht gesprochen werden, auch wenn dazu deutscherseits durchaus
einige Anstrengungen unternommen worden sind, wie z. B. Rosenbergs Anweisung
zur Vorbereitung der Wiedereröffnung der ärztlichen Hochschule in Minsk.3

1 J. Pennar: Selbstverwaltung in den während des 2.Weltkrieges besetzten Gebieten der SU, S. 70.
DZO v. 26. Januar 1943, S. 5
2 Abschlußbericht des Gebietskommissars Glubokoje, BA R93/14. Auch in Niesviž wurde Ende 1942 ein

Lehrerseminar eröffnet DZO v. 3. 11. 1942, S. 5


3 Rosenberg an RKO, 23. 3. 1943, BA R 6/14

106
f. Wissenschaft und Forschung

Die gesamte Forschungsarbeit im Reichskommissariat Ostland wurde stärker regle-


mentiert als der Lehrbetrieb, allerdings wurden die „kriegswichtigen“ Vorhaben ent-
sprechend unterstützt und gefördert. Die oberste Instanz für alle Forschungsvorhaben
war die „Zentrale für Ostforschung beim Reichsministerium für die besetzten Ostge-
biete“, die zwar erst am 14. Oktober 1942 offiziell durch eine Eröffnungstagung in der
Technischen Hochschule Dresden gegründet wurde, die aber ihre Tätigkeit schon
lange vorher aufgenommen hatte und deren Satzung schon am 13. Dezember 1942
von Rosenberg bestätigt worden waren.1

Danach diente die ZfO der „einheitlichen Lenkung der-wissenschaftlichen Erforschung


des Ostraumes und zusammenfassenden Auswertung der Ergebnisse dieser For-
schung für das Reich und die besetzten Ostgebiete sowie der fachwissenschaftlichen
Lenkung und Überwachung der Forschungseinrichtungen in den besetzten Ostgebie-
ten“.2 Über die ZfO wurden außerdem den wissenschaftlichen Instituten Aufgaben und
Aufträge übermittelt, die das RMO und der Reichsforschungsrat entsprechend den mi-
litärischen und wirtschaftlichen Erfordernissen erteilten und mit den erforderlichen Mit-
teln ausstatteten. Die ZfO hatte ihren Sitz in Berlin und war personell mit der Fach-
gruppe Wissenschaft und Forschung des RMO vereint; die Leitung hatte Prof, L. v. z.
Mühlen, sein Stellvertreter war der Chemiker Dr. habil. M. Ulmann. Die ZfO hatte sogar
einen eigenen Verbindungs-Offizier zum OKW-AWA/W (KVR R. Mettig).

Zur fachlichen Betreuung der verschiedenen Forschungsgebiete wurden führende


Wissenschaftler, die nach Möglichkeit auch über erforderliche Landes- und Sprach-
kenntnisse verfügen sollten, berufen. Die meisten waren gleichzeitig Sachbearbeiter
der entsprechenden Fachsparte des Reichsforschungsrates. Die Abteilung Naturwis-
senschaften hatte im Frühjahr 1944 zwanzig, die Abteilung Geisteswissenschaften
dreizehn Fachgruppen.

Um eine engere Zusammenarbeit mit den verschiedenen Forschungsinstituten in den


besetzten Ostgebieten zu gewährleisten, wurden im Ostland der „Wissenschaftliche
Beirat“ des RKO und in der Ukraine die „Landesforschungszentrale Ukraine“ ins Leben
gerufen. In der Ukraine wurde „von Seiten des Reichskommissars(Koch) so gut wie

1 RMO I 6c, Erlaß zur Gründung des ZfO, 23. 12. 1942, BA R 6/13
2 v. z. Mühlen: „ZfO beim RMfbdO“, 26. 4. 1944, S. 1, BA R 6/33

107
nichts für die Erhaltung der dortigen Forschungsinstitute getan. Versuche der ZfO, sich
der ukrainischen Forschungsinstitute anzunehmen, stießen auf Widerstände. Anord-
nungen der ZfO wurden nicht beachtet oder... Abmachungen nicht erfüllt“.3 Die Grün-
dung der „Landesforschungszentrale Ukraine“ konnte erst Ende August 1943 durch-
gesetzt werden, (kom. Leiter: Dr. Ulmann) als man schon wieder an die Räumung den-
ken musste.

Dagegen wurde vom „Wissenschaftlichen Beirat beim RKO“, der aufgrund eines Er-
lasses vom 19. August 1942 4 errichtet wurde und sich in einer ersten Sitzung am 5.
Februar 1943 konstituiert hatte, durchaus effektive Arbeit geleistet. Für folgende Ge-
biete wurden sog. Wissenschaftliche Räte berufen: Landbauwissenschaft, Forstwis-
senschaft, Raumforschung, Ingenieurwissenschaft, Veterinärmedizin, Geopolitik, Ras-
senkunde, Vor- und Frühgeschichte und Volkskunde. Entsprechend den im Ostland
vorliegenden Verhältnissen wurden die auszuführenden Forschungsvorhaben in die
Gruppen a) Landeseigene Forschungen und b) Forschungen im Auftrage deutscher
Dienststellen unterteilt. Außerdem erhielt jede der zahlreichen Forschungsarbeiten ein
ihrem Charakter entsprechendes Prädikat:
A = kriegswichtig B = aufbauwichtig
C = Grundforschung D = nicht dringend

Der Forschungsplan 1943/44 im RKO enthielt im ganzen 1.631 Themen aller wissen-
schaftlichen Fachgebiete, wobei das Schwergewicht auf dem Agrarsektor lag, aber
auch einzelne geisteswissenschaftliche Themen gehörten zur Dringlichkeitsstufe A.5
Das waren in erste Linie Themen, die als Beiträge zur Erforschung des Kommunismus
angesehen werden konnten oder die Auseinandersetzung zwischen Idealismus und
Materialismus betrafen. Ferner wurde an zahlreichen Orten das Material über das
Sowjetjahr 1940/41 der baltischen Staaten zusammengestellt, in Zusammenarbeit mit
dem ERR. Auch Arbeiten über das sowjetische Strafrecht (Prof. Maurach), über psy-
chologische, volkskundliche, philologische und kunsthistorische Themen wurden be-
arbeitet. Die übliche Auftragsdauer von einem Jahr konnte von Fall zu Fall verlängert
werden.

3 v. z. Mühlen: ZfO beim RMfdbO, 26. 4. 1944, S. 6, BA R 6/33 2) VB1 RKO 1942, S. 124
4 VBl RKO 1942, S. 124
5 Wissenschaft und Erziehung im RKO, in Ostkartei, Dez. 1943, S.15

108
Aus dem Bereich der Technik ließe sich die Forschungsaufgabe des Ingenieurs P. Gra-
matzky anführen, dem die „Entwicklung des Ostwagens bis zur Fabrikationsreife“ über-
tragen war, die bis 1946 vollendet sein sollte.6

Aus Gründen der Vereinheitlichung wurde der „Wissenschaftliche Beirat“ später um-
benannt in „Landesforschungszentrale Ostland (Wissenschaftlicher Beirat des RKO)“7.
Leiter war der Wissenschaftsreferent in der Abteilung Kulturpolitik des RKO, Dr. Kurt
Stegmann; als dieser auch noch zum kommissarischen Geschäftsführer der ZfO er-
nannt wurde, wurde sein bisheriger Stellvertreter, Dr. Werner Essen, Leiter der „Lan-
desforschungszentrale Ostland“. Vor allem der Hauptabteilungsleiter I und II, beim
RKO, Burmeister, setzte sich energisch für eine Übertragung weitgehender Befugnisse
auf die landeseigene Verwaltung ein. Auch dafür, dass einheimische Fachgelehrte als
Fachspartenleiter im „Wissenschaftlichen Beirat“ des RKO eingesetzt wurden. Durch
geschicktes Umgehen der widerstrebenden Kräfte (Prof. v. z. Mühlen, RK Lohse) ge-
lang es, von Rosenberg dafür die Genehmigung zu erhalten, die im Rahmen der „Ver-
waltungsvereinfachung“ zusammen mit der Übertragung weiterer Befugnisse auf die
landeseigene Verwaltung erteilt wurde.8 Durch diese Maßnahme konnte gleichzeitig –
für die Dauer des Krieges – die von Lohse angeordnete Stilllegung des „Wissenschaft-
lichen Beirats“ verhindert werden.9

Bemerkenswert für die Zielsetzung der kulturpolitischen Abteilung des RKO sind die
Abänderungsvorschläge und Bedenken im Zusammenhang mit den Richtlinien für die
Errichtung der „Landesforschungszentrale“. Sowohl Dr. Stegmann als auch Dr. Neu-
gebauer waren der Meinung, dass die Richtlinien sich zu sehr an den Verhältnissen in
der Ukraine orientierten. Im Unterschied zur Ukraine würde die wissenschaftliche Ar-
beit im Ostland nicht von selbstständigen Instituten geleistet, sondern von den Hoch-
schulen und Universitäten, die der landeseigenen Verwaltung unterstehen. Mit Rück-
sicht auf deren „langjährige wissenschaftliche Tradition“ sollten Forschungsaufträge
des Reichsforschungsrates und der ZfO eine „konsequente Weiterführung der laufen-
den Forschungsarbeiten“ der Hochschulen ermöglichen. Auch sollte nach Möglichkeit

6 ZfO b. RMfdbO", v. z. Mühlen, S. 11. Es sollte ein Wagen sein, der unabhängig ist von festen Straßen
und in seiner Leistungsfähigkeit dem Bahntransport nahekommt. Als Vorstufe sollte ein Nachschub-
wagen mit 2 t Nutzlast konstruiert werden; der eigentliche „Ostwagen“ sollte ca. 30 t Nutzlast haben.
7 Ministerialerlaß vom 15. Juli 1943
8 RKO I/II (Burmeister) an Müller-Scholtes 14. 2. 1944, BA R 90/9 RMO-Erlaß Nr. 23 (Landesforschungs-

zentrale) vom 22. 2. 1944, Amtsblatt d. RMO, 2. Jg. Nr. 5


9 Lohse an RMO am 2. 2. 1944, Betr. Verwaltungsreform BA R 90/9

109
die „Finanzierung von Reichsforschungsaufträgen auf den Reichshaushalt übernom-
men werden.“10 Und einige Monate später betonte Dr. Stegmann: „Die Forschung be-
stimmt die Lehre, nicht umgekehrt... Vordringlich ist die Förderung der Forschungsleis-
tung, nicht die Verbreitung von Lehrmeinungen. Nicht die Übertragung von Reichs-
maßstäben auf den Ostraum, sondern die Anerkennung der geschichtlichen und orga-
nisch gewachsenen Eigenständigkeit der Wissenschaft des Ostraumes sichert deren
Stabilität.11

Die Aufgaben der ZfO hatten sich aber im Laufe der Zeit mit ihrem Schwergewicht
verlagert: Seit dem Oktober 1943 wurde von der ZfO fortlaufend der Einsatz hochwer-
tiger russischer Wissenschaftler in ihren Fachkenntnissen entsprechenden Stellen im
Reich bearbeitet; Im Verlaufe des Rückzuges erwuchs der ZfO nun auch die Fürsorge
für die evakuierten Forschungsinstitute und die Wissenschaftler. Dagegen war die
Vergabe und Verwaltung von Forschungsaufträgen kaum mehr aktuell, die Arbeiten
auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften waren „infolge der notwendig gewordenen
Einschränkungsmaßnahmen abgebrochen bzw. vorzeitig zum Abschluß gebracht“12
worden.

Die Evakuierung der baltischen Hochschulen und Institute musste im schroffen Ge-
gensatz zur amtlichen Politik vorbereitet werden, denn im Sommer 1944 galten Über-
legungen über Maßnahmen bei einem eventuellen Rückzug als „Defaitismus“. Trotz-
dem war im Reichskommissariat bereits ein „Sonderbeauftragter“ für die eventuell not-
wendig werdenden „Auflockerungs-Maßnahmen" ernannt worden. Unter diesem Stich-
wort traf Dr. Dülfer, der Hochschulreferent im RKO, die entsprechenden Vorbereitun-
gen und führte Verhandlungen mit allen infrage kommenden Dienststellen.

Entsprechend dem Näherrücken der Front galten die ersten Überlegungen der Univer-
sität Dorpat: Der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Generaloberst Model,
regte schon bei Rosenbergs Besuch die „baldestmögliche“ Evakuierung der Universi-
tät aus dem frontnahen Gebiet an.13

10 RKO (Neugebauer/Stegmann) an RMO, 7. 10. 1943, Betr.: ZfO BA R 90/9


11 K. Stegmann: Grundsätze und Organisationsplan für den Aufbau einer Wissenschaftsverwaltung des
RMfdbO, 10. Januar 1944. BA R 6/233
12 ZfO Restverwaltung (Ulmann): Tätigkeitsbericht 6. November 1944 BA R 6/238, S. 2. Zumindest bis

Ende 44 wurden noch Forschungsbeihilfen im RKO gewährt. BA R 90/ vorl. 9


13 RKO (Burmeister) an Rosenberg, Betr.: Evakuierung der Universität Dorpat, 10.Mai 1944 (geheim)

BA R 6/180 und Rosenberg GL Greiser/Posen, Fernschreiben 22. Februar 1944 (geheim) BA R 90/
vorl. 9

110
Da in Estland und in den anderen Gebieten des Ostlands keine genügend großen Ge-
bäudekomplexe vorhanden waren, wurde eine Verlegung der Universität nach Posen
und als das sich als ungünstig erwies, nach Königsberg geplant. Dort sollte dann ne-
ben der deutschen Universität die Dorpater Universität ihren akademischen Betrieb
weiterführen. Anfang Februar 1944 waren die maßgeblichen Kreise der estnischen In-
telligenz dazu auch bereit, aber im März versteifte sich die Haltung der Universität,
wohl vor allem unter dem Einfluss des früheren Ministerpräsidenten Prof. Uluots und
des Rektors Prof. Kant. Man könne der Einladung der Universität Königsberg leider
nicht Folge leisten, da sich Studenten und Professoren in der Stunde der Gefahr nicht
von der Heimat trennen würden. Um die Schließung der Universität zu vermeiden, die
das Militär forderte, bot der General-Kommissar Litzmann die Verlegung an; bei einer
Schließung hätten Dozenten und Studenten zum Arbeitseinsatz gebracht werden müs-
sen. Von einer zwangsweisen Evakuierung wurde abgesehen und Litzmann stellte die
Frage der Verlegung „voll in das Ermessen der landeseigenen Verwaltung“,14 hinter
deren Kompetenz sich die Universität verschanzte. Aber der erste Landes-Direktor, Dr.
Mae, der sich für die Evakuierung aussprach, konnte die Universität nicht überreden.
Nach der vorzeitigen Einstellung des Vorlesungsbetriebes Mitte März wollte die Uni-
versität das Ende der Semesterferien im Oktober abwarten, bevor eine so weitrei-
chende Entscheidung getroffen werden sollte.

Als das Ostministerium schließlich Ende Juni die „vorläufige“ Schließung anordnete,
erklärte es gleichzeitig seine Bereitschaft, estnischen Studienanwärtern „in einem er-
höhten Maße durch Gewährung von Stipendien das Studium im Reich zu ermögli-
chen“, um zu zeigen, daß sich die Schließung „nicht gegen den Nachwuchs der estni-
schen Intelligenz richtet“.15 Der Forschungsbetrieb der Universität sollte „an geeigne-
ten, nicht gefährdeten Orten in Estland“ untergebracht und fortgeführt werden. Rosen-
berg selbst hatte diesen Plänen ausdrücklich zugestimmt.16 Die Universität Dorpat
blieb jedoch bei ihrer misstrauischen Haltung, dass das Reich mit der Evakuierung im
Endergebnis die estnische Intelligenz-Schicht vernichten wolle. Angeblich sollen Kant
und Uluots eher mit dem Gedanken einer Evakuierung nach Schweden gespielt ha-
ben.

14 Dülfer: Dienstreisebericht, 20. März 1944, BA R 6/180


15 RMO an RKO, Betr.: Evakuierung der Universität Dorpat, 29. 6. 1944, BA R 6/180
16 v. d. Milwe-Schroeden an Berger, 29. 6. 1944, BA R 6/180

111
Für dieses Misstrauen war sicher auch eine andere „Auflockerung“-Maßnahme mitver-
antwortlich: neben den Universitätseinrichtungen und den dazugehörigen Bibliotheken
planten die Deutschen auch die Sicherstellung von wertvollen Kulturgütern. Dabei soll-
ten besonders solche Objekte, Dokumente und Kunstwerke evakuiert werden, die von
der 700-jährigen Verbundenheit Estlands mit dem Reich zeugten. Da es sich dabei um
eine „Angelegenheit von europäischer Bedeutung“ handelte, konnte sie nicht der lan-
deseigenen Verwaltung überlassen werden, sondern wurde von deutschen Dienststel-
len verordnet und organisiert.17 Man rechnete aus Estland mit ca. 3.000 Kisten Archi-
valien, Musealien und Büchern, die an Ausweichstellen im Sudetengau, Ostpreußen,
Schlesien, Pommern, Mark Brandenburg und Warthegau untergebracht werden soll-
ten. Mit der Sichtung und Aussonderung der Kulturgüter wurden meist deutsche Fach-
leute vom „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg“ beauftragt.18

Die abzutransportierenden Kulturgüter sollten listenmäßig erfasst und mit einem Ei-
gentumsvermerk versehen werden. Über die Abgabe sollten Quittungen ausgestellt
werden und die Ausweichstellen im Reich durch Beamte der estnischen landeseigenen
Verwaltung beaufsichtigt werden, damit keine Befürchtungen über einen Raub von Kul-
turgütern geäußert werden können. In der Universität wurde eine „Kistenfabrik“ einge-
richtet, aber zu dem großen Abtransport kam es nicht, sowohl aus Benzinmangel als
auch wegen der Tatsache, daß die meisten deutschen Beamten in Dorpat dem Ab-
transport kritisch gegenüberstanden.19

Die Bedeutung der ZfO und vor allem des „Wissenschaftlichen Beirats“ im RKO lag
nicht zuletzt darin, daß hier deutsche und einheimische Forscher in der wissenschaft-
lichen Arbeit und im persönlichen Verkehr zusammengeführt wurden; dies zeigte sich,
als beim Vormarsch der Roten Armee ein großer Teil der Professoren und Dozenten
sich zur Flucht nach Westen entschloss. Durch den persönlichen Kontakt zu deutschen
Kollegen wurde vielen Wissenschaftlern das Verlassen der Heimat erleichtert, denn
diese kümmerten sich um eine berufliche Unterbringung ebenso wie um die Wohnung
für die Familie.

17 RKO (Burmeister) an Rosenberg; Betr.: Evakuierung der Universität Dorpat, 10. 5. 1944 (geheim) BA
R 6/180
18 RKO (Dülfer), Betr.: Evakuierung von Archivbeständen in das Reich, 7. 6. 1944, BA R 6/180. „A. E.

Dzelskalej mit der Durchführung der Evakuierung des Zentral-Archivs Dorpat und des Stadt Archivs
Reval beauftragt.“
19 H. Kauri: E. V. Tartu Ülikool... S.65

112
Die bereits vorgeplante Organisation zur Aufnahme und Betreuung der Wissenschaft-
ler aus dem Ostland konnte von einem Tag auf den anderen beginnen. In Danzig an
der TH übernahm das Auslandsamt der Dozentenschaft im Auftrage des Ostministeri-
ums die Betreuung, Versorgung mit Lebensmittelkarten, Quartierscheinen etc. Die Un-
terbringung im Gästehaus der Danziger Werft dauerte meist nicht länger als 8 Tage,
dann konnten die Wissenschaftler wieder in Marsch gesetzt werden, fast immer an
eine Universitätsstadt; ältere, wie der Wilnaer Rektor Prof. Biržiška, wurden in Kurorten
untergebracht. Neben Danzig gab es noch kleinere Auffangstellen in Swinemünde,
Breslau und Wien. Alle diese Universitätsangehörigen wurden unter den persönlichen
Schutz des Reiches gestellt.20 Auch die einfachen Angestellten der Hochschulen wur-
den ausdrücklich nicht als „Ostarbeiter“ eingestuft.21 Allein bis Ende Oktober 1944
konnten von 360 aus dem RKO geflüchteten Akademikern 203 beruflich untergebracht
werden.22 Die Arbeitsvermittlung dieser Fachleute wäre der an sich zuständigen ZAVO
(Zentralstelle für Angehörige der Völker des Ostens) nicht möglich gewesen, diese
Aufgabe hatte die ZfO übernommen. Aus dem gesamten Ostgebiet wurden schon bis
Ende September knapp 600 Professoren mit ihren Familien im Reich untergebracht,
allein in Wien 132 Professoren.23

Für die organisatorische Durchführung und Überwachung der Maßnahmen wurde in


Berlin ein beweglicher Einsatzstab geschaffen, der durch Deutschland reiste und an
den besonders belasteten Auffangstellen eingesetzt wurde. Er führte seine Aufgabe im
Einvernehmen mit den örtlichen zuständigen Stellen und den 49 Stützpunkten des
Auslandsamtes der Dozentenschaft an den Hochschulen des Reiches durch.24 Im Ost-
ministerium wurden alle Arbeiten von einem anfangs noch geheimen „Sonderreferat
Wissenschaft und Kultur“ koordiniert.25

Eine Folge all dieser Bemühungen ist letztlich auch die gleich nach dem Kriege von
Emigranten gegründete „Baltic University“ der UNRRA in Pinneberg bei Hamburg. Ob-

20 RMO: Erlaß vom 10. Juli 1944, BA R 6/439


21 RMO (Stegmann) an HAbt. Arbeit des RHO: Verfügung betr. Arbeitseinsatz, 2. August 1944, BA R
6/181
22 ZfO-Restverwaltung (Ulmann): Tätigkeitsbericht, 6. Nov. 1944 BA R 6/238
23 K. Stegmann: Kulturpolitik im RKO (Vortrags-Konzept) S. 26. Unter den bis dahin in Danzig registrier-
ten Professoren kamen die meisten aus Riga und Kauen, jeweils 92.
24 RMO (Stegmann): Betr.: Erfassung des Personals und Materials aus dem Ostland rückgeführten
Hochschulen und Universitäten 31. Juli 1944; BA R 6/439
25 RMO-P4 (v. d. Milwe-Schroeden) an Abt. II l, 24. Febr. 1944 BA R 6/180 und v. z. Mühlen an v.
Allwörden, 25. Januar 1944 Betr.: Organisation der ZfO; BA R 6/233

113
wohl nur Studenten aus der Britischen und Amerikanischen Zone zum Studium zuge-
lassen werden durften, studierten Anfang Februar 1947 1.027 Studenten in acht Fa-
kultäten bei 193 Professoren und Dozenten.26 Auch die in Genf veröffentlichte Flücht-
lings-Statistik der IRO weist einen enorm großen Anteil an Akademikern bei den aus
Estland, Lettland und Litauen stammenden Flüchtlingen aus.27

Die vergleichsweise liberale Hochschulpolitik der deutschen Besatzungsmacht war


das entscheidende Moment für die positive Einstellung der Bevölkerung des Ostlan-
des. Denn gerade auf ihre Hochschulen waren die drei baltischen Völker – mit Recht
– besonders stolz. Deswegen führte auch die kleinste Einschränkung auf diesem Ge-
biet zu relativ stärkeren Reaktionen als bei Einschränkungen z. B. auf wirtschaftlichem
Gebiet. Daß diese Hochschulpolitik im Gegensatz zu der sonstigen Reichspolitik mög-
lich war, lag zunächst sicher daran, daß die Deutschen hier schnell vor vollendete Tat-
sachen gestellt worden waren, daß dann aber einsichtige deutsche Beamte die Fort-
führung des Wissenschafts- und Hochschulbetriebes mit der Aussicht auf spätere Um-
wandlung in deutsche Hochschulen für die Reichsbehörden akzeptierbar machten.
Aus "kriegsbedingter Notwendigkeit“ wurde diese Umwandlung – wie auch die ge-
samte Germanisierung – „vorläufig“ zurückgestellt. Und schließlich wurde immer mehr
in den Vordergrund gestellt, „daß die Aufgaben der Ostforschung nicht regional be-
dingt, sondern von gesamteuropäischem Interesse“28 seien, wodurch eine weitge-
hende eigenständige Entwicklung ermöglicht wurde und die deutsche Einmischung
ferngehalten werden konnte. Die aus dem Ostministerium kommenden Plane für die
Hochschulpolitik des Ostlandes , die besonders für Dorpat wie eine Wiedererrichtung
der deutschen Landesuniversität des 19. Jahrhunderts erscheinen, waren also wäh-
rend der ganzen Besatzungszeit gültig. Zurückgezogen, bzw. „bis auf weiteres zurück-
gestellt“ wurden sie erst als in Dorpat wegen der Frontnähe der Vorlesungsbetrieb
schon eingestellt werden musste. Dass diese Pläne nicht schon früher geändert wur-
den, lag einmal an der sich auch in vielen anderen Bereichen zeigenden Realitätsferne

26 Report on the Structure and Academic Work of the Baltic University, mschr. Hamburg 1947. M. Varep:
Baltic Academic, DP's in Germany, in: The Baltic Review, Nr. 7-8, 1947 S. 395 - 399. Über die Hälfte
der Studenten waren Letten.
27 K. Stegmann: Kulturpolitik im RKO; Von den 403 Lehrkräften der Universität Dorpat des Jahres 1939

waren 1963 noch 190, d. h. 47 % im Westen wissenschaftlich tätig. G. Ney: Das Hochschulwesen in
Estland, in: Acta Baltica III, S. 59, Anm. 46
28 Rosenberg auf der Tagung der ZfO am 14./15. Oktober 1943 in Dresden, zit. nach v. z. Mühlen: ZfO

beim RMfdbO, vom 26. April 1944, S. 18 BA R 6/33

114
und Schwerfälligkeit der Zentralbehörden, zum anderen hatte man im Reichskommis-
sariat und den Generalkommissariaten gar kein Interesse daran, eine Änderung dieser
Erlasse zu betreiben. Viel einfacher war es, einen Erlaß offiziell zu akzeptieren, prak-
tisch aber ihn zu ignorieren. Durch Anpassung an die offizielle Sprachregelung ließ
sich mehr erreichen als durch endlose Diskussionen über eine Änderung der Zielset-
zung, zumal in Kriegszeiten.

Dafür gibt es einige recht anschauliche Beispiele. Um die Beibehaltung der Theologi-
schen Fakultät innerhalb der Universität Riga zu erreichen, argumentierte der Leiter
der Kulturabteilung im GK in Riga damit, daß es so leichter sei, die Letten kirchlich an
den „deutschen Glauben“ zu binden.29 In Dorpat wurde die theologische Fakultät zwar
offiziell aus der Universität ausgegliedert, wie man Hitler und Bormann gegenüber ver-
sichern konnte, man verschwieg aber dabei, daß das „selbständige Hochschulinstitut
der Evangelisch-Lutherischen Kirche Estlands“ in den alten Räumen der Universität
blieb , die alten Lehrkräfte behielt und diese auch weiter von der Universität besoldet
wurden.30

Um die Wiedereröffnung der geisteswissenschaftlichen Fakultäten betreiben zu kön-


nen, wies man auf den Mangel an akademisch gebildeten Lehrkräften hin31, obwohl es
bekannt war, daß man schon seit Anfang der 30-er Jahre in Estland und Lettland be-
müht war, der Überproduktion an Akademikern Herr zu werden. Auf diese Überproduk-
tion verwies man dann wieder, als es darum ging, das Berufsschulwesen auszu-
bauen.32

Durch die Genehmigung der sog. „Kriegssonderlehrgänge“ zur Ausbildung von Ver-
waltungsbeamten, Richtern. Lehrern und Dipl. Kaufleute wurden die geisteswissen-
schaftlichen Fakultäten de facto wieder eröffnet, wobei dann wieder darauf hingewie-
sen werden konnte, daß dieses nicht im Widerspruch zum Erlaß über die Hochschulen
vom 19. November 1941 stehe, da es sich nur um eine „kriegszeitliche provisorische
Maßnahme“ handle.33

29 v. Stritzky: Vermerk vom 29. Januar 1942, BA R 6/92, vorl. 140


30 vgl. o. S. 84/85
31 Drechsler an RKO vom 7. Oktober 1941, BA R 92/vorl. 135
32 Bericht der Kulturpolitischen Abteilung des RKO, Juni/August 1942, BA R 6/76
33 Meyer an Lohse, 24, August 1942, BA R 6/181

115
Die offiziellen Äußerungen geben also häufig ein schiefes oder sogar falsches Bild von
der Wirklichkeit. Die wahren Motive sind nur selten in der offiziellen Begründung zu
finden. So wurde die Einführung und Förderung von Kursen für Deutschlehrer mit der
Möglichkeit begründet, auf diese Weise die Lehrer mit den „nationalsozialistischen Er-
ziehungsgrundsätzen und dem deutschen Schulwesen vertraut zu machen“34 und
auch „germanisierend“ zu wirken.

Natürlich gab es auch genügend Beamte, die sich mit Überzeugung für die Germani-
sierung und andere nationalsozialistische Fernziele einsetzten. Andere dagegen nah-
men deren Argumente lediglich als willkommene Unterstützung zur Durchsetzung
ganz bestimmter Maßnahmen, wofür die Begründung nicht offen ausgesprochen wer-
den konnte. Deutlich wird das auch bei der Aktion, Ostland-Studenten Studienmöglich-
keiten im Reich zu verschaffen. Die Kulturpolitische Abteilung des Ostministeriums ließ
den Experten von der Rassenpolitischen Abteilung detaillierte Vorschläge und Richtli-
nien in Zusammenarbeit mit dem RSHA ausarbeiten und befürwortete die dabei gefor-
derten rassischen Auslesekriterien.35 Auf diese Weise war das Studium von Angehöri-
gen der Ostlandvölker im Reich zu erreichen. Daß man sich um die Kriterien nicht allzu
viel kümmerte, beweisen die diesbezüglichen Klagen und Vorwürfe an das RKO.36
Diese Beispiele zeigen, wie es der deutschen Verwaltung im Ostland möglich war,
ohne offiziell von „Fernzielen“ abzugehen, ganz entgegengesetzte „Nahziele“ zu ver-
wirklichen.37

34 v. d. Milwe-Schroeden an Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 10. Dezem-


ber 1942 (zit. nach Myllyniemi, Die Neuordnung der Baltischen Staaten 1941-1944, S.104, Anm. 137)
Vgl. auch DZO vom 24. Juli 1942, S. 5
35 DZO vom 24. Juli 1942, S. 5
36 Stamati an RKO, 21. April 1944, BA R 6/ 105
37 Hier liegt auch eine Schwache in der Argumentation Myllyniemis der viele Dokumente allzu wörtlich

interpretiert. Er bekennt jedoch selbst, daß er „überwiegend eine Geschichte der Institutionen bietet,
die einen Blick auf den Alltag des Menschen in den besetzten Gebieten nur ausnahmsweise gestattet“,
a.a.O. S. 13

116
4 . Die Schulpolitik der deutschen Verwaltung im Ostland

a. Allgemeine Schulpolitik

„Der Gruppe Schulpolitik fällt eine der wichtigsten Aufgaben zu, die es im Rahmen der
Ostarbeit gibt. Von ihr ist die Erziehung der gesamten volksdeutschen und nichtdeut-
schen Jugend zu leiten, damit dem Reich aus ihr willige und mit den erforderlichen
Kenntnissen ausgestattete Menschen erwachsen, die mit Achtung und Liebe zu
Deutschland als dem Gestalter der europäischen Neuordnung erfüllt werden“.1 Diese
programmatische Aussage des Leiters der Kultur-Abteilung im Ostministerium ist nicht
viel mehr als eine leere propagandistische Formel, unter der sich vieles subsumieren
lässt. Aber auch das war schon mehr als Hitler zugestehen wollte: „Wir dürfen vor allem
die deutschen Schulmeister nicht loslassen auf die Ostpolitik“, was Hitler an „Bildung“
zulassen wollte, verdiente diesen Namen wohl kaum: man dürfe „sie nicht mehr lernen
lassen als höchstens die Bedeutung der Verkehrszeichen“.2 Während sich sonst jedes
Ministerium bemühte, seine Kompetenzen wo immer möglich zu erweitern – bei einer
solchen Zielsetzung war für das Reichserziehungsministerium hier kein Aufgabenge-
biet zu finden. Was auch immer die Gründe gewesen sein mögen: auf dem Bildungs-
sektor konnte das RMfdbO ohne Einmischungsversuche dieses Ministeriums seine ei-
genen Vorstellungen zu verwirklichen suchen, wobei in einigen Fragen durchaus mit
dem Erziehungsministerium zusammengearbeitet wurde.

Zunächst beschied sich die Gruppe Schulpolitik im RMfdbO mit einer „Bestandsauf-
nahme, denn es ist nicht möglich, Pläne in die Luft zu bauen; es muß zunächst die
Grundlage erarbeitet u erden, auf der das Gebäude der Jugenderziehung in den frem-
den Gebieten einst stehen wird.“3

Doch bald beschränkte sich der deutsche Behördenapparat nicht mehr auf die kultur-
politische Führung, sondern befasste sich u. a. weitgehend auch mit Personalfragen,
Abänderung von Stellenplänen und der Bestsetzung des Personalbestandes von Lehr-
anstalten.4
Man glaubte, sich darum kümmern zu müssen, eine Säuberung des Lehrkörpers von
bolschewistischen Lehrkräften sicherzustellen. Dabei hatten die baltischen Völker von

1 H. U. Scheidt: „Kulturpolitische Aufgaben in den besetzten Ostgebieten“, in: „Ostaufgaben de, Wis-
senschaft“, S. 93
2 H. Picker: Hitlers Tischgespräche,S.116 u.273
3 H. W. Scheidt, a. a. O, S. 94
4 SD-Meldungen aus den besetzten Ostgebieten, 11. Sept. 1942, S. 11

117
sich aus sofort nach der deutschen Besetzung versucht, umgehend die kulturellen Ein-
richtungen zu schaffen, die vor der sowjetischen Besatzung bestanden. So waren sehr
schnell einheimische Bildungs- und Schulverwaltungen entstanden, die den Lehrbe-
trieb nach vorsowjetischen Lehrplänen und mit dem alten Lehrpersonal wieder aufnah-
men. Deutscherseits dauerte es dagegen noch eine ganze Weile, bis die entsprechen-
den Schul-Abteilungen beim Ministerium und den einzelnen Kommissariaten funkti-
onsfähig waren.

Das landeseigene Schulwesen unterstand, abgesehen von einigen Fachschulen, den


einheimischen Bildungsverwaltungen.5 Das deutsche Aufsichtsrecht wurde durch die
Schulbeauftragten bei den Generalkommissaren und die Schul- und Kulturreferenten
bei den Gebietskommissaren ausgeübt, die ihrerseits an die schulpolitischen Weisun-
gen des Schulbeauftragten beim Reichskommissar gebunden waren. In der Anfangs-
zeit gab es überall die gleichen Schwierigkeiten: ein großer Teil der Lehrer war von
den Sowjets deportiert, zum Militärdienst einberufen oder von den Schulbehörden eva-
kuiert worden; Schulgebäude waren vielfach zerstört oder beschlagnahmt, es fehlte an
Lehrmaterial; die sowjetischen Schulbücher mussten durch neue ersetzt werden.

Bei der Beseitigung aller dieser Schwierigkeiten unterstützte das Ostministerium die
einheimischen BiIdungsverwaltungen nach Kräften, nur konnte sich die Berliner Zent-
rale schwer der Versuchung entziehen, alles möglichst zu vereinheitlichen oder dort,
wo es möglich schien, sogar nach dem deutschen Vorbild zu gestalten. Von einer re-
gelrechten „Gleichschaltung“ wird man jedoch nicht sprechen können, dazu war das
ganze Rosenberg‘sche Konzept zu sehr auf Differenzierung angelegt. Daß in Estland,
Lettland und Litauen Berufsschulpflichtgesetze verkündet wurden, wie sie auch in
Deutschland – ebenso aber auch in anderen europäischen Ländern bestanden – hatte
mehr sachliche Gründe. Dagegen wurde das einheimische Oberschulwesen so gut
wie gar nicht verändert.

Das deutsche Schulwesen im RKO unterstand unmittelbar der deutschen Zivilverwal-


tung.6 Der größte Teil der deutschen Volksschulen befand sich in West-Litauen und
beschulte die deutschen Rückkehrer aus dem Reich.

5 RMO an RKO und RKU, betr.: Regelung der Zuständigkeiten im Schulwesen, 1. Nov. 1942 S. 1
6 RMO an RKO und RKU, betr.: Aufbau des Schulwesens für Kinder deutscher Volkszugehörigkeit,
31.10.42, BA R 6/401

118
Deutsche Oberschulen gab es in Reval, Riga und Kauen; in Riga konnte nährend des
Krieges zweimal das Abitur abgenommen werden. Hier bestanden schon seit dem 1.
Dezember 1941 „Unterrichtskurse für deutsche Oberschüler in Riga“, die am 5. Okto-
ber 1942 in die „Deutsche Oberschule in Riga“ umgewandelt wurden die schon ein
Jahr später von 250 Schülern besucht wurde. Im selben Jahr besuchten in Kauen 200
Schüler die deutsche Oberschule.7
Ein weiteres Aufgabenfeld ergab sich gegen Ende des Krieges für die Schulabteilung
des Ostministeriums: beim Rückzug waren einige Hundert tausende vor: Einheimi-
schen aus dem baltischen Raum eingewandert, deren Kinder nun weiter schulisch be-
treut werden mussten.8
Hierbei wollte das RMfdbO auch für die Weißruthenen die Kompetenzen nicht an Ge-
neral Wlassow abgeben, um den Weißruthenen eine eigene Behandlung zu sichern
und sie nicht unter großrussische Aufsicht zu stellen.9

So wie das Ostministerium Schulungskurse für .landeseigene Richter, Schöffen und


dgl. im Reich (Frankfurt/O.) einrichtete, um sie mit den Grundzügen des deutschen
Rechts vertraut zu machen, wurde auch großer Wert auf die ständige Schulung und
Weiterbildung der Lehrer gelegt. In den Ferien wurden gemischte Ferienlager in Est-
land, Lettland und Litauen durchgeführt unter Beteiligung von einheimischen estni-
schen, lettischen, litauischen und deutschen Lehrern beiderlei Geschlechts, in erster
Linie zur Sprachschulung, aber auch zum Austausch von Schulproblemen und -erfah-
rungen und zur Diskussion politischer Themen. Die 12-tägigen Lager mit 40 - 60 Teil-
nehmern - ein Drittel Deutsche“, zwei Drittel Einheimische - standen unter gemischter
Leitung. Im Sommer 1942 haben etwa 25, im Sommer 1943 etwa 35 solcher Lager
stattgefunden.10 Daneben wurden dreißig Fahrten von einheimischen Lehrkräften,
Schulleitern und Schulaufsichtsbeamten ins Reich organisiert zum Studium der ent-
sprechenden Einrichtungen in Deutschland.
Für die Lehrerfortbildung waren später drei ständige Schulungsstätten (Bezirksschulen
in Riga, Reval und Kauen) errichtet, um regelmäßig Sprach-, Sport und andere Fach-
lehrgänge durchzuführen.11

7 Vgl. DZO vom 9. Oktober 1941, 8. August 1943 und 12. September 1943
8 RMO an Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, 13. Oktober 1944, Betr.: Be-
treuung estnischer, lettischer und litauischer Schüler und Lehrer im Reich. BA R 6/402
9 RMO II/7 (Kienzlen): Vermerk für den Reichsminister, 13. Oktober 1944 BA R 6/401. Kienzlen: Vermerk

vom 5. 8. 1944, BA R 6/234


10 O. Bräutigam: So hat es sich zugetragen, S. 66
11 RMO (Meyer) an RKO: Betr.: Errichtung von ständigen Schulungsstätten für einheimische Lehrkräfte

im RKO, 11. Jan. J943 HA R 6/402

119
Gemeinsam für die Generalbezirke, jedenfalls für die drei baltischen, war auch die
Planung von „Aufbauschulen“ für Kinder der einheimischen Volkszugehörigkeit. Nach
der Volks- oder Mittelschule sollte sich eine 6-jährige Aufbauschule anschließen, mit
dem Ziel „geistig besonders befähigte, körperlich gesunde, rassisch und charakterlich
geeignete Kinder des einheimischen Volkstums so weit zu fördern, daß sie in leitender
Stellungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung tätig sein können,12 um auf
diese Weise auch die deutsche Verwaltung auf lange Sicht auch die deutsche Verwal-
tung zu entlasten. Da im Reichskommissariat aber kein Interesse an diesem in Berlin
ausgedachten Plan bestand und dessen Notwendigkeit bezweifelt wurde, wurde der
Erlass in durchaus typischer Weise behandelt: Nach einigen Monaten wurde dem Ost-
ministerium mitgeteilt, der Erlass könne noch nicht durchgeführt werden, da „zur Zeit
die Möglichkeit der Errichtung einer Aufbauschule noch nicht besteht.“ 13 Anfang1944
erbat das Ministerium bis Mitte des Jahres um Bericht, „ob mit dem neuen Schuljahr
die Durchführung des Erlasses geplant ist“ wegen der „weitgehenden politischen Be-
deutung, die der Errichtung dieser Schulen zukommt“.14 Ende April 1944 konnte dann
der Leiter der Kultur-Abteilung beim RKO schon „kriegsbedingte Gründe“ dafür ange-
ben, daß die „Voraussetzungen in absehbarer Zeit nicht geschaffen werden können“
und daß es ihm zweckmäßig erscheine, „die Errichtung der Aufbau-Schulen bis auf
weiteres zurückzustellen.“15

Besonders hervorzuheben wäre noch die Arbeit der LandesbiIdstellen16, die den
Schul-Referenten unterstanden und später von den einheimischen Bildungsverwaltun-
gen übernommen wurden. Sie stellten für Schulen Filme und Schallplatten zur Verfü-
gung und eröffneten somit eine dort noch nicht bekannte Unterrichtsmöglichkeit. Die
Landesbildstelle in Riga verwaltete mehr als 25.000 Schmalfilme.17 Der gesamte Be-
stand der Landesbildstelle Ostland konnte beim Rückzug über Danzig in den Westen
gerettet werden.18

12 RMO: Aufbauschulen (Entwurf vom 12.1.1943, Erlaß vom 17.4.1943, BA R6/402


13 RMO (Tauscher) Aktennotiz vom 17. Mai 1943, BA R 6/402
14 RMO l/8 an RKO 26. 1. 1944, BA R 6/402
15 RKO (Neugebauer) an RMO 25. April 1944, BA R 6/402
16 RMO an RKO, 5. 2. 1942, Betr. Landesbildstellen, BA R6/207
17 „Wissenschaft und Erziehung im RKO“, in: Die Ostkartei, S. 12
18 RMO (v. Allwörden) an Reichsanstalt für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht, 8.Dezrmber

1944, BA R 6/2

120
b. Das Schulwesen in Lettland

Die Schulpflicht im selbständigen Lettland fußte auf einem Gesetz aus dem Jahre
1919,1 das 1934 etwas abgeändert wurde, so daß eine für alle Kinder obligatorische
Grundschuldauer von sechs Jahren festgelegt war. Anschließend konnten die Kinder
wählen zwischen einer 2-jährigen Ergänzungsschule (eine Art Berufs-Schule „papild-
skola“) - womit die obligatorische Bildung abgeschlossen war - oder einer Mittelschule
(Gymnasium) oder anderen weiterführenden Schulen. Für Kinder der verschiedenen
völkischen Minderheiten bestand das Recht auf Eröffnung einer eigenen Klasse mit
der entsprechenden Unterrichtssprache, wenn sich in der Schule mindestens 30 Kin-
der der gleichen Nationalität zusammenfanden.2 Alle Pflichtschulen waren für die Be-
sucher kostenlos.

In der Zarenzeit hatte als Pflichtschule nur die 3-jährige Gemeindeschule für die 10 -
13-jährigen bestanden, deren Unterrichtszeit nur vom 15. Oktober bis 15. Mai dauerte.
Damit verglichen hatte der lettische Staat sehr schnell das Bildungsdefizit aufgeholt.
Schon 1925 kamen in Lettland auf 1.000 Kinder von 6-16 Jahren 7,9 Volksschulen und
30 Lehrer;3 eine höhere Durchschnittszahl gab es damals nur in wenigen Staaten. Im
letzten Jahr der Selbständigkeit betrug das Verhältnis Schüler pro Lehrer nur 24,8 : 1,
1941/42 unter deutschen Okkupation nur etwas mehr: 25,53 Schüler pro Lehrer.4

Von 1.000 der Bevölkerung der Altersklasse von 10 - 19 Jahren besuchten in Lettland
1939/40 62,5 eine Mittelschule bzw. ein Gymnasium.5

Aus einem Vergleich der Zahlen für die Volksschulen in Lettland im Schuljahr 1939/40
mit denen von 1941/42 lässt sich allein noch kein Rückschluss auf die deutschen Ma-
linahmen ziehen: die Zahl sank von 1.642 auf 1.535. Berücksichtigt man jedoch die
Tatsache, daß die Zahl seit 1933 mit 2.057 über 1937/38 mit 1.904 Volksschulen be-
reits ständig im Rückgang begriffen war und unter der Sowjetherrschaft auch nur 1.641
betragen hat, so ergibt sich bereits ein anderes Bild. Im Schuljahr 1942/43 beträgt die

1 Art.93 des Gesetzes über die Lehranstalten Lettlands vom 8. Dezember 1919; Latvju Enciklopedija,
Stockholm 1953, S. 1843
2 Latvijas zeme, data, tauta; Riga 1937, S. 298
3 H. Skujenieks: „Latvija starp Eiropas valstim“, S. 70
4 „Die Lehranstalten des General-Bezirks Lettland in Schuljahr 1941/42“, S. 148
5 J. Dagis: “Latviešu skolas V cij “, Düsseldorf 1968, Kap. II. In Deutschland waren es damals 79,4 von

1.000, in Spanien 11,9 von 1.000 der 10 - 19-jährigen.

121
Zahl schon wieder 1.625, wobei die Schülerzahl in den oberen Klassen sowohl absolut
als auch relativ anstieg.6

Ebenso war die Zahl der Gymnasien von 96 im Jahre 1933 bis auf 77 im Jahr 1937/38
zurückgegangen und dann weiter durch die Aussiedlung der Deutschen. Schließlich
bestanden im Schuljahr 1941/42 nur noch 47 Gymnasien, dazu allerdings noch ein
weißruthenisches und vier russische.7 Der Anteil der Mädchen war mit 62,26 % er-
staunlich hoch.8 Diese Erscheinung, daß in den höheren Bildungsanstalten der Anteil
der Mädchen stieg, war auch in den anderen Generalbezirken zu finden. Dafür war der
Anteil der Knaben an den Fachschulen entsprechend höher.

Zu diesen Fachschulen gehörten in erster Linie die Technika, von denen es 1939/40
sieben gab, gegenüber nur fünf im ersten Jahr der deutschen Besatzung; dabei stieg
jedoch die Zahl der Schüler von 2.173 auf 2.366 an.9 Diese Technika waren als Lehr-
anstalten für spezielle Fachausbildung in 2 Gruppen unterschieden: mit 4 - 6-jährigem
Kurs für Absolventen von Fachschulen und Volksschulen und mit 2-2 ½ -jährigem Kurs
für Absolventen von Mittelschulen (Handels- oder Kommerzschule, Mittelschulen für
Landwirtschaft, für Gartenbau, für Hauswirtschaft, angewandte Kunst, Pädagogisches
Institut, Krankenschwesternschule und Seefahrtsschule).

Auch eine detaillierte Untersuchung der einzelnen Statistiken lässt keinen politischen
Einfluss auf die Entwicklung des Schulwesens erkennen. Wo ein Absinken der Zahlen
gegenüber dem letzten Jahr der Eigenstaatlichkeit erkennbar ist, handelt es sich in der
Regel um eine schon früher einsetzende Entwicklung oder um eine durch das erste
Kriegsjahr bedingte Erscheinung, die schon im nächsten Jahr wieder egalisiert wurde.
Jedenfalls lassen sich solche Schwankungen nicht feststellen wie beim Rigaer Kon-
servatorium, wo während der Sowjetherrschaft von 1939/40 auf 1940/41 die Schüler-
zahlen von 263 auf 455 und die Zahl der Lehrer von 38 auf 74 ansteigen. Dies war
eine eindeutig politisch motivierte Veränderung, die mit der „mit Dringlichkeit betriebe-
nen Fahndung nach neuen Genies“ zusammenhing.10

6 M. Valters, S. 31; A. Namsons: „Das Schulwesen...“, S 38, „Ostland in Zahlen“, S. 134 ff; J. Dagis,
S.15; „Statist. Berichte für den Gen. Bez. Lettland“ 1/6 1942, S. 136; G. v. Rauch, S. 115; J. Kronlins,
S. 147; DZO vom 13. 11. 1942, S. 5
7 Vgl. S. 131 ff.
8 J. Kronlins, S. 155
9 J. Kronlins, S. 155
10 ebenda S. 166

122
Eine Ausnahme bilden lediglich die Berufsschulen (Papildskolas), die im ersten Jahr
der deutschen Besetzung ganz geschlossen blieben. Eine Umgestaltung war vor allem
deshalb geplant, da zwar genügend Facharbeiter und Gesellen zur Verfügung stan-
den, nicht aber Meister, die für eine zweckmäßige Lehrlingsausbildung für notwendig
erachtet wurden. Eine völlige Neugestaltung konnte jedoch auch auf diesem Sektor
nicht durchgeführt werden. Nur in Teilgebieten wurden erste Ansätze dazu gemacht,
ein Berufsschulwesen zu schaffen, das sich an das deutsche Vorbild anlehnen sollte.
Bis für solche Maßnahmen die genauen Pläne und Bestimmungen ausgearbeitet wa-
ren, sollte überall „vorläufig“ auf der alten Basis weitergearbeitet werden. Wenn es in
einem Erlass des Ostministeriums hieß, „das gesamte Schulwesen soll. ... baldmög-
lichst neu ausgerichtet werden“, so verfuhr man doch mehr nach der mitgegebenen
Einschränkung: „unter Berücksichtigung der gegebenen Verhältnisse“.11

c. Das Schulwesen in Estland

Bis zur sowjetischen Besetzung galt hier das 1934 erlassene und 1938 ergänzte
Schulgesetz mit folgenden Bestimmungen: Schulpflicht bestand vom 8 - 15. Lebens-
jahr. Als Grundschule galt die 6-jährige Volksschule. Daran lehnten sich zwei Schulty-
pen der allgemeinen Bildung und die Berufsschulen der unteren Stufe nach folgendem
Muster an:

1) im Anschluss an das 4. Volksschuljahr erfolgte ein 5-jähriges Progymnasium,


2) im Anschluss an den 6-jährigen Volksschullehrgang folgte die 3-jährige Realschule,
3) im Anschluss an die Volksschule folgten als Möglichkeit die Berufsschulen der Unteren
Stufe.

Auf das 5-jährige Progymnasium sowie die 3-jährige Realschule bauten dann das
Gymnasium bzw. die Berufsschulen der Oberen Stufe auf. Somit waren bis zum Abitur
12 Schuljahre zu absolvieren.
Erste Fremdsprache an den Schulen war Englisch, Deutsch wurde als zweite Fremd-
sprache gelehrt.12

11 Rosenberg: Richtlinien zum Aufbau des Schulwesens in den Generalbezirken Litauen, Lettland und
Estland, 20. November 1942 BA R 6/401. Vgl.: RMO/ I 6b: Verordnung über die Fortführung der Be-
rufsausbildung in den besetzten Ostgebieten, 20. November 1942 BA R 6/401
RMO (Meyer): Richtlinien für die Weiterführung des gewerblichen Berufs- und Fachschulwesens in
den Generalbezirken Lettland, Estland und Litauen, 15. März 1943, BA R 6/402
12 Hermann Rajamaa: „Schulwesen und pädagogische Zielsetzung im selbständigen Estland und in

Sowjet- Estland“, in: Acta Baltica, Bd. I, S. 131 ff.

123
Ebenso wie in den anderen, von der Sowjetunion besetzten baltischen Staaten wurde
versucht, dieses Schulsystem gründlich umzugestalten. Beim Einmarsch der Deut-
schen sollte dann alles wieder rückgängig gemacht werden, was aber nicht völlig ge-
lang, teilweise wegen der anders gerichteten deutschen Pläne, teilweise wegen des
Krieges. Insgesamt kann gesagt werden, dass die Situation auf dem schulischen Sek-
tor in Estland nicht viel anders aussah als in Lettland.13 Auch hier war die Einführung
einer 7-jährigen Volksschulpflicht vorgesehen;14 zunächst wurde das Einschulungsal-
ter auf 7 ½ Jahre festgelegt und gleichzeitig ein Vorbereitungsjahr zum Eintritt in die 6-
klassige Volksschule geschaffen.15

So erhöhte sich auch die Zahl der Volksschulklassen von 1941 bis 1942 von 6.579 auf
6.674, während die Zahl der Schüler von 2.286 auf 100.061 leicht zurückging. 16 Die
Zahl der Gymnasiasten stieg im gleichen Zeitraum von 13.4ol auf 13.678, die der Fach-
schüler sogar von 8.552 auf 14.373.17 Wenn man all die Schwierigkeiten der Kriegszeit
berücksichtigt, so ist ein Absinken der Gesamtzahl aller Schüler um etwa 5 % gegen-
über 1938 noch erstaunlich gering (1938: 135.504, 1942: 128.489).

d. Das Schulwesen in Litauen

Die Schulpflicht wurde in Litauen endgültig am 1. November 1931 eingeführt. Während


auf die Gesamtbevölkerung berechnet die Zahl der Schüler noch 1913 15 : 1.000
betragen hatte, waren es 1931/32 bereits 116 : 1.000.1 Die Zahl der Gymnasien stieg
von 1918 bis 1939 von acht auf 56, die der Progymnasien von elf auf 27, dazu kamen
noch 71 Gymnasien in der Wilna-Region.2 Die 13-jährige Schulpflicht bis zum Abitur
war erst 1936 eingeführt worden, 1940 von den Sowjets auf 11 Jahre verkürzt und
1941 erneut eingeführt worden.3 Die Zahl der Volksschulen stieg von 1919 bis 1939
von 1.036 auf 2.713, die der Volksschüler von 45.546 auf 338.319.4

13 Das Zahlenmaterial für Lettland erlaubt jedoch eine detailliertere Darstellung, als dies bei den anderen
Generalbezirken möglich ist.
14 DZO vom 18. Juni 1942, S. 5
15 Ostkartei, S. 5
16 Statistisches Jahrbuch für den Generalbezirk Estland 1942, Reval 1943, S. 21
17 ebenda, vgl. auch DZO vom 8. 1. 1942 und vom 9. 9. 1942
1 G. v. Rauch, S. 117. In Estland waren es damals 105 : 1.000, in Lettland 111:1.000
2 A. Gerutis in „Lithuania 700 Years“, S. 258 ff
3 V. Vaitiekunas: „Sovietized Education in Occupied Lithuania“, in S. Vardys „Lithuania Under the Sovi-

ets“, S. 173
4 ebenda, S. 194 und Statistische Berichte für das Ostland (Juli/Aug. 1942) S. 286

124
In Litauen traten für die deutsche Verwaltung größere Widerstände auf als in den an-
deren baltischen General-Bezirken. Nach der Liquidierung des Erziehungsministeri-
ums am 18. August 1941 wurden die ganzen Akten vom neuen General-Rat für Erzie-
hung Germantas-Meskauskas übernommen. Später wurde die Bildungsverwaltung
nach Wilna verlegt und in Kaunas blieb nur ein Bevollmächtigter, dessen Amt 1942
ebenfalls aufgelöst wurde. Nachfolger von Germantas, der sich weigerte eine deutsche
Verordnung auszuführen, wurde dann Prof. Schreinert aus Berlin.5

Der für den 15. September 1941 geplante Schulbeginn konnte nur in wenigen Gebie-
ten Litauens durchgeführt werden, die meisten Schulen konnten erst am 15. Oktober
beginnen. Ebenso wie in Lettland, wo im Kreis Illuxt und in Lettgallen die Schulen we-
gen Typhus geschlossen werden mussten, wurde am 13. Dezember 1941 für alle
Schulen in den Kreisen Mariampole, Vilkaviskis, Alytus, Trakiu, Utena, Kaunas und
Wilna die Schließung wegen Fleckfieber angeordnet. Am 17. Dezember folgten noch
die Kreise Lazdija, Šeiniai, Kaisiadorys, Svencoinis, Zarasai und Ukmerge.6

Eine weitere Einschränkung des Schulbetriebes bedeutete die 7-wöchige Arbeits-


dienstpflicht für alle über 15-jährigen Schüler, die am 20. Januar 1942 eingeführt
wurde. Schulraumnot und Lehrermangel kamen hinzu; wegen Brennstoffmangel wur-
den die Weihnachtsferien vom 19. Dezember 1942 bis zum 20. Januar 1943 festgelegt.

Nach dem Fiasko mit der Registrierung und der Schließung der Universität wurde auch
das externe Abitur verboten.7 So blieben im Schuljahr 1942/43 62.134 schulpflichtige
Kinder aus den verschiedensten Gründen der Schule fern,8 also genau ein Fünftel.
Das Schuljahr 1943/44 wurde offiziell am 5. April 1944 beendet und nur auf Verantwor-
tung der Eltern an einigen Orten bis 1. Juni verlängert. dass die Kinder so viel und so
lange wie möglich die Schule besuchten, daran war auch das Militär interessiert, denn
viele Schüler, die sich auf der Straße herumtrieben, leisteten den Partisanen Kund-
schafterdienste und stellten auch einen großen Prozentsatz der Diebe.9 Trotz dieser
Schwierigkeiten arbeiteten in Litauen im Schuljahr 1941/42 bereits wieder 2.778 Volks-
schulen und im Jahr darauf sogar 2.590 Volksschulen mit ca. 300.000 Kindern.10

5 M. Joffe (ed.): „Hitlerine Okkupacija Lietuvoje“, Vilnius 1961 S. 225


6 M. Joffe, a. a. O. S. 231
7 M. Joffe, a. a. O. S. 235, 239
8 Ostkartei: Erziehung und Wissenschaft im RKO, S. 5
9 O. Bräutigam „So hat es sich zugetragen“, S. 427
10 Deutsche Ost-Korrespondenz Nr. 53 vom 13. April 1944, BA R 6/170 und Statistische Berichte für das

Ostland Juli/August 1942, S. 286

125
Die Zahl der Schüler an den Höheren Mittelschulen weist vom Schuljahr 1939/40 zum
Schuljahr 1941/42 eine Steigerung von 26. 733 auf 31.732 auf ; andererseits sinkt die
Zahl im Vergleich zum Schuljahr 1940/41 als es 41.198 Mitteschüler gab.11

Schwierig war nicht zuletzt die Lage der Lehrerschaft, was in der litauischen Bevölke-
rung zu einer Hilfsaktion führte. Es wurde die Parole ausgegeben, daß die Ausübung
des Lehrerberufes Ehrendienst am Volke und die Erhaltung der Schulen Ehrensache
eines jeden Litauers sei. In allen Schulen wurden Fonds zur Unterstützung der Lehrer-
schaft gegründet. Die Eltern leisteten einen gewissen Beitrag zur Unterstützung der
Lehrer in Geld und Naturalien, außerdem wurden noch verschiedene Sammlungen
durchgeführt. Auch das Selbsthilfewerk schaltete sich ein und organisierte Schulspei-
sungen.
Diese Hilfsaktionen hatten schließlich einen volkstümlichen und nationalen Charakter
angenommen. Mit Bitterkeit wurde jedoch von den Lehrern immer wieder die Tatsache
betont, daß sie, denen das wichtigste Amt der Jugenderziehung anvertraut sei. von
allen staatlich bezahlten Beamten materiell am schlechtesten gestellt und wie Bettler
auf Unterstützung angewiesen seien.12 Das anfänglich von deutscher Seite gegebene
Versprechen, „auf alle Fälle muß dafür Sorge getragen werden, daß das Niveau der
Lehrer nicht plötzlich absinkt,13 wurde später nur sehr unzureichend eingelöst, auch
wenn es an Bemühungen nicht fehlte.14

e. Schulen für völkische Minderheiten

In Lettland wurde am 1. Oktober 1921 eine „weißruthenische Abteilung beim lettländi-


schen Bildungsministerium gegründet. Im Herbst 1921 wurden die ersten 4-klassigen
Volksschulen eröffnet, insgesamt 16, 1922 waren es schon 46 weißruthenische Grund-
schulen mit 3.000 Schülern und ein staatliches weißruthenisches Gymnasium. Nach
dem sog. „Weißruthenischen Prozeß“ 1924 kam es in der Folge zur fast restlosen Zer-
schlagung der weißruthenischen politischen und kulturellen Organisationen durch die
Letten.15 1937 gab es nur noch eine einzige Grundschule in Riga mit weißruthenischer

11 Statistische Berichte für das Ostland, Juli/August 1942, S.286


12 SD-Meldungen aus den besetzten Ostgebieten März 1943, S. 21 - 33
13 Maskow: Bericht über die Lage von Schule und Kirche nach Ende der bolschewistischen Herrschaft

in Litauen, August 1941, BA R 6/402


14 RMO/II 7 an RKO, Betr.: Stellung der Volksschullehrer in den besetzten Ostgebieten, 8. Mai 1944,

BA R 6/401
15 Während sich in Lettland 1920 noch ca. 75.000 zum weißruthenischen Volkstum bekannten, waren

es 1933 nur 26.800.

126
Unterrichtssprache mit ca. 170 Schülern; alle anderen ehemaligen weißruthenischen
Grundschulen wurden in sog. gemischte Schulen umgewandelt, in denen elf Stunden
pro Woche die „tevu valoda“, die „Vatersprache“ gelehrt wurde . Statt des Staatlichen
weißruthenischen Gymnasiums in Dünaburg gab es nur noch eine weißruthenische
Abteilung am II. Staatlichen Gemischten Gymnasium in Dünaburg mit ca. 30 Schülern.
Im Schuljahr 1941/42 unter der deutschen Besatzung gab es dann wieder ein weißru-
thenisches Gymnasium in Balbenau mit 76 Schülern und insgesamt 29 Volksschulen
mit 2 .540 Schülern; in die lettischen Schulen gingen außerdem noch etwas über 1.000
weißruthenische Schüler.16

Auch die Zahl der russischen Volksschulen erhöhte sich von 139 im Schuljahr 39 /40
auf 187 im Schuljahr 41/42, die Zahl der russischen Gymnasien von zwei auf vier (in
Riga, Dünaburg, Rositten und Abrennen).17 Bei den Russen besuchten ebenso wie bei
den Weißruthenen die Gymnasiasten fast ausnahmslos ihre eigenen Gymnasien. Für
die
Russen wurde unter der deutschen Besatzung auch eine russische kaufmännische
Berufsschule in Riga eröffnet.18 Die anderen Minderheiten waren zahlenmäßig zu
klein, um ein voll ausgebautes Schulwesen zu errichten; so hatten in Lettland nur die
Esten noch zwei Volksschulen im Kreis Walk und die Litauer zwei Volksschulen in Riga
und Nerft/Neretas19 und die Polen eine in Riga.20

Ein besonderes Problem war das polnische Schulwesen in Wilna: einerseits sollte es
auf die Verhältnisse im Generalgouvernement abgestimmt werden, andererseits hatte
die litauische Bildungsverwaltung ihre spezifische Auffassung vom Wilna-Problem.
Beide Tendenzen gingen in der gleichen Richtung, indem sie das polnische Schulwe-
sen auf die Volksschulbildung beschränken wollten. Demgegenüber wollte die deut-
sche Verwaltung den Polen dieselben Schulrechte zubilligen wie den anderen Minder-
heiten im Ostland. Da hier die Widerstände aber so stark waren, blieb das Problem bis
1944 in der Schwebe.21

Alle Schulen der nationalen Minderheiten unterstanden dem Schulbeauftragten der je-
weiligen Volksgruppe, der bei der landeseigenen Bildungsverwaltung abgestellt war,

16 J. Kronlins: „Die Lehranstalten des Generalbezirks Lettland...“ S. 102, 140


17 ebenda , S. 135 und 86/87
18 J. Kronlins, a.a.O., S.106/107
19 ebenda , S. 90/91 (63 estnische und 195 litauische Schüler)
20 VgI. DZO vom 9. Dezember 1942, S. 5
21 K. Stegmann: „Kulturpolitik im RKO 1941 – 1944“ (Konzept eines Vortrags), S. 30

127
jedoch unmittelbar an die deutsche Verwaltung appellieren konnte. Übrigens bemühte
man sich deutscherseits den Ausdruck „Minderheiten“ zu vermeiden und stattdessen
„anderssprachige Bevölkerung“ zu sagen, 22 wohl um die Erinnerung an die früheren
Minderheiten-Gesetze der Eigenstaatlichkeit und damit den Autonomie-Gedanken
nicht allzu stark werden zu lassen.

In Estland gab es noch eine kleine schwedische Minderheit, für die am estnischen
Gymnasium in Hapsal schwedische KIassen eingegliedert waren. Mit der schwedi-
schen Absatzbewegung in Sommer 1943 waren auch zwei der dort tätigen Lehrer nach
Schweden geflohen. Mit Rücksicht auf das Ansehen im Ausland wandte sich das RKO
an das Ministerium, um über das Auswärtige Amt zu versuchen, zwei neue schwedi-
sche Lehrer zu finden.23 Wie sehr der deutschen Verwaltung daran lag, „die schwedi-
sche Volksgruppe in ihrem Siedlungsgebiet zu erhalten und die Fluchtpsychose nach
Schweden zu überwinden“, kann man aus der Tatsache ersehen, daß den beiden ge-
flohenen Lehrern, die angeblich ihre Flucht schon bereut hätten und bereit waren zu-
rückzukehren, vom
Generalkommissar und dem Kommandeur der Sicherheitspolizei Amnestie gewährt
werden sollte.24 Bevor jedoch zwei schwedische Lehrer für das Gymnasium gefunden
worden waren, hatte sich die Angelegenheit der Berufung dadurch erledigt, daß seit
Frühjahr 1944 in den schwedischen Klassen auch keine Schüler mehr vorhanden wa-
ren.25

f. Schulpolitik in Weißruthenien und Jugendpolitik der deutschen Verwaltung.

Das Schulwesen in Weißruthenien und die Schulpolitik waren von gänzlich anderen
Faktoren bestimmt als in den baltischen Ländern.26 Sowohl Voraussetzungen als auch
Möglichkeiten für einen systematischen Aufbau entsprechender Bildungseinrichtungen
waren hier viel geringer, innerhalb des europäischen Rußland gehörten diese Gebiete

22 RKO: Betr.: Sprachregelung IfZ MA 541/780 ff


23 RKO (Lenz) an KMO 9. Juli 1943; RMO (Kleist) an Abt. I/814. August 1943 und RMO (Poralla ):
Aktennotiz 19. August 1943, alle BA R 6/402 RKO
24 RKO (Trampedach) an RMO, 28. September 1943, BA R 6/402
25 RKO (Neugebauer) an RMO, 26. April 1944, BA R 6/402
26 Vgl. RMO I/8: Richtlinien f. d. einheimische Schulwesen im Gen. bez. Weißruthenien, 5.8.1943, BA R

6/289

128
in kultureller Hinsicht zu den rückständigsten: noch 1926 waren ca. 60 % der Bevölke-
rung Analphabeten,27 die allgemeine Schulpflicht wurde erst Anfang der dreißiger
Jahre eingeführt.

Unter der deutschen Besetzung wurde der Schulbetrieb im November 1941 mit der
Eröffnung der Volksschulen aufgenommen, der Unterricht an den Gewerbeschulen be-
gann erst im folgenden Jahr. Größter Mangel bestand an der Bereitstellung von Schul-
material, so daß zu den verschiedensten Hilfsmitteln gegriffen werden musste, z.B.
wurde der Unterricht aus den zur Verfügung gestellten Zeitungen entwickelt. Schließ-
lich erklärte sich der Stadtschuldirektor von Berlin bereit, altes deutsches Unterrichts-
material, Schreibhefte usw. zur Verfügung zu stellen.28

Im Schuljahr 194/43 gab es im Gebiet Minsk-Land fünf deutsche Volksschulen: in


Sasserge, Smolewitsche, Malne, Salusche, Drosdy und Schodino.29 Der Höhepunkt
der Lehrtätigkeit wurde im Schuljahr 1942/43 erreicht, als es 3.288 Volksschulen mit
326.000 Schülern gab, dazu vier Höhere Schulen in Neviz, Novogrodek , Slonirn und
Minsk.30

Damals schickte man dreißig der besten Lehrer nach Deutschland, um das deutsche
Schulsystem zu studieren, „Danach erzwang das wechselnde Kriegsgeschick mit der
infolgedessen zunehmenden Partisanentätigkeit die Schließung der Schulen und nur
große Gemeinden blieben davon für eine gewisse Zeit verschont.“31

Dementsprechend hatte in Weißruthenien die allgemeine Jugendbetreuung eine grö-


ßere Bedeutung in den politischen und verwaltungsmäßigen Überlegungen der deut-
schen Besatzungsverwaltung als die eigentliche Schulpolitik. In der „Abteilung Jugend“
beim Generalkommissar in Minsk wurden daher viele Fragen bearbeitet, die in ande-
ren Generalkommissariaten zur Schul-Abteilung gehörten, während dort wieder die
Abteilung Jugend meist nur ein Schattendasein führte. So kann im Folgenden anhand
der Jugendpolitik in Weißruthenien sowohl die dortige Schulpolitik als auch ganz all-
gemein die Jugendpolitik innerhalb der deutschen Besatzungspolitik dargestellt wer-
den.

27 Ostland in Zahlen, S. 2
28 Abschlussbericht des Gebietskommissars von Glubokoje, BA R 93/14
29 DZO vom 23.3.1942, S. 5
30 N. Vakar: Belorussia, S. 265; N. Haupt: Heeresgruppe Mitte S .264
31 J. Pennar: „Selbstverwaltung in den während des 2.Weltkrieges besetzten Gebieten der SU“, S. 70

129
Dass die Abteilung „Jugend“ im Ostministerium bei der Hauptabteilung „Politik“ einge-
gliedert war, lag weniger daran, dass das Ostministerium diesem Sektor eine so große
politische Bedeutung zugemessen hätte als vielmehr daran, daß die Reichs-Jugend-
führung darauf bestand, dieser als der wichtigsten Hauptabteilung direkt zu unterste-
hen.32 Die Abteilung befasste sich mit dem, was in Deutschland üblicherweise als „Ju-
gendpflege“ bezeichnet wird, also der Förderung der Jugendverbände, Sorge für die
Berufsausbildung, Freizeitgestaltung usw.33 Zum Leiter der Abteilung wurde auf Vor-
schlag des „Jugendführers des Deutschen Reiches“ der Haupbannführer Siegfried Ni-
ckel ernannt, der dafür von der Wehrmacht freigestellt wurde. Nickel verfügte sowohl
über Erfahrung in der behördlichen Jugendarbeit als auch über Auslandkenntnisse, da
er schon vor dem Kriege Verbindungen zu Jugendverbänden auf dem Balkan und in
den baltischen Staaten hergestellt hatte.

Bei den Reichs- und Generalkommissariaten wurde jeweils eine „Jugend-Abteilung“


gebildet und mit einem HJ-Führer und einer BDM-Führerin besetzt. Diese älteren
hauptamtlichen HJ-Führer hatten meist Fronteinsatz hinter sich, sollten Kriegsaus-
zeichnungen erworben haben und zumindest vorübergehend wegen Verwundungen
nicht frontdienstfähig sein. Erst Mitte 1942 war dieser Zweig der Verwaltung einiger-
maßen funktionsfähig.34

Welchen Inhalt die Jugendarbeit haben sollte, darüber bestanden im Ostministerium


keine genauen Vorstellungen, geschweige denn klare Richtlinien; genauso wenig dar-
über, ob einheimische Jugendorganisationen ins Leben gerufen werden oder verhin-
dert werden sollten oder ob man sich überhaupt nur auf die Volksdeutsche Jugend
beschränken sollte. Die Erörterungen darüber zogen sich bis zum Schluss hin, ohne
daß im Ostministerium eine wirkliche Entscheidung getroffen wurde.

Während für die Erfassung und Betreuung der Volksdeutschen in den besetzten Ge-
bieten in erster Linie der RFSS und die von ihm beauftragte „Volksdeutsche Mittel-
stelle“ (VOMI) zuständig war, hatte das Ostministerium bei der Betreuung der einhei-
mischen Jugend weitgehend freie Hand. Die Organisierung der fremdvölkischen Ju-
gend begann zunächst in den General-Bezirken Lettland und Estland, wo es vor der

32 O. Bräutigam: Überblick.. S. 27
33 Die Jugend-Fürsorge war der Abteilung 4 „Fürsorge und Selbsthilfe“ der Hauptabteilung II - Verwal-
tung zugewiesen. Diese in Deutschland von den Jugendämtern und Vormundschaftsgerichten wahr-
genommene Aufgabe wurde den landeseigenen Verwaltungsstellen übertragen.
34 R. Herzog: Besatzungsverwaltung in den besetzten Ostgebieten... S. 9/10

130
Besetzung durch die Sowjets eine lebendige und weitverzweigte Jugendbewegung
gegeben hatte. Beim Einmarsch der deutschen Truppen hatte sich diesen ein großer
Teil der Jugendverbände, -Vereine und -Gruppen zur Verfügung gestellt. Die Bildung
eigener Jugendverbände wurde aber erst 1943 zugelassen; von ihnen erwartete man,
daß sie in enger Anlehnung an die Hitler-Jugend ähnlich wie diese aufgebaut sein
müsse. Von Seiten der Esten und Letten wurde dagegen der Aufbau einer politischen
Jugendorganisation angestrebt, welche die Grundsätze der Eigenstaatlichkeit und des
Selbstbestimmungsrechts vertreten sollte, während die Deutschen die völkische An-
gleichung anstrebten. Man überbrückte diesen Gegensatz dadurch, daß zwischen den
Deutschen und den Esten bzw. Letten nur über praktische Fragen gesprochen wurde
und alle politischen Probleme einfach umgangen oder totgeschwiegen wurden.

Die Litauer fühlten sich demgegenüber zurückgesetzt, da man ihnen keine landesei-
genen Jugendorganisationen zugebilligt hatte: in erster Linie, weil der Generalkommis-
sar v. Renteln die Auffassung vertrat, mit der litauischen Jugend sei in dieser Richtung
„nichts anzufangen“.35 Erst 1944 gelang es ihn umzustimmen, was aber für die prakti-
sche Politik keine Auswirkungen mehr hatte.

Der General-Bezirk Weißruthenien hatte wegen seiner entfernten Lage vom Sitz des
Reichskommissars auch in den Fragen der Jugendpolitik eine gewisse Selbständigkeit
erhalten; außerdem hatte der Generalkommissar Kube an diesen Fragen Interesse.
So ergaben sich gerade dort, wo man es am wenigsten erwartet hatte, im teilweise
altsowjetischen Gebiet, erste Ansatzpunkte für eine fremdvölkische Jugendarbeit, die
später zur Gründung des „Weißruthenischen Jugendwerkes“ (WJW) führten. Dies ge-
schah zur gleichen Zeit wie die Aufstellung des weißruthenischen Verteidigungskorps,
einheimischer Polizeiverbände und der Errichtung von Wehrdörfern. Vielleicht spielte
es auch eine Rolle, daß die Abteilung Jugend in Weißruthenien so gut wie keine Be-
treuungsaufgaben gegenüber Volksdeutscher Jugend hatte und daher nach zusätzli-
chen Betätigungsmöglichkeiten suchte. Der Gedanke, praktische Maßnahmen zur Or-
ganisierung der weißruthenischen Jugend zu ergreifen wurde den Deutschen eigent-
lich auch etwas durch den Gegner aufgedrängt: Partisanen erschossen in Minsk einen
jungen Mann, der auf eigene Faust eine recht aktive Jugendgruppe um sich gesam-
melt hatte, die von den Partisanen als Gefahr für ihre Tätigkeit angesehen wurde.36 So

35 R. Herzog: Besatzungsverwaltung... S. 16
36 ebenda S. 22 ff

131
wurde schließlich mit Unterstützung deutscher Stellen eine Organisation geschaffen,
die eine auf den Beruf hinzielende Erziehungs- und Förderungsgemeinschaft sein
sollte und nach dem Führerprinzip aufgebaut war. Mit einem Festakt im Stadttheater
in Minsk trat das WJW in die Öffentlichkeit.37

Anfangs waren fast ein Drittel der Führerschaft des WJW aktive Komsomol-Führer ge-
wesen. Der weißruthenische Führungsstab gab eine illustrierte Zeitung heraus, deren
Hauptthemen Schule, Freizeit, Beruf und Volkstumsarbeit waren. Die notwendigen fi-
nanziellen Mittel wurden zunächst vom Generalkommissariat übernommen, wo der
Wirtschaftsplan des WJW als Anlage untergebracht worden war, um ihn später nach
Verselbständigung des WJW leichter wieder ausgliedern zu können. Für die weiß-
ruthenische Jugend wurde bereits Mitte 1943 eine erste Deutschland-Fahrt organisiert,
was sich für den Aufbau des WJW als großer Erfolg erwies und einen guten Eindruck
in Weißruthenien nicht verfehlte: Ende 1943 zahlte das WJW ca. 30-40.000 einge-
schriebene Mitglieder.38

Diese bewusst als „Erziehungseinrichtung“ geschaffene Jugendorganisation wurde


von dem zivilverwalteten Gebiet auch auf die unter Militärverwaltung stehenden Ge-
biete ausgedehnt. Der Aufbau des Schulwesens in Weißruthenien stieß nicht zuletzt
deshalb auf erhebliche Schwierigkeiten, weil infolge des Krieges viele Gebäude zer-
stört waren, andere wieder für militärische Zwecke beschlagnahmt waren. Daneben
bildete die Auswahl und Ausbildung der Lehrer ein großes Hindernis, aber auch der
Streit um die Einführung der Antiqua-Schriftzeichen und Ablösung der Kyrillischen
Schrift, um Weißruthenien deutlicher vom übrigen Rußland zu trennen, lähmte die
schulpolitische Aktivität. Während in einer Denkschrift kurz nach Kriegsbeginn noch
davon die Rede ist, daß die deutsche Spräche in den unteren Schulen Weißrutheniens
nicht eingeführt werden soll,39 werden gegen Ende der Besatzungszeit doch drei Wo-
chenstunden Deutsch für die an die 4-klassige Grund schule anschließenden Mittel-
schulen festgelegt.40 Der Generalkommissar v. Gottberg wünschte den Deutschunter-
richt möglichst auch für die Volksschule.41

37 s. a. Haupt: Heeresgruppe Mitte, S. 264


38 „Die Aktion“ - Kampfblatt für ein neues Europa, Januar 1944 S. 69
39 (anonym): „Die deutsche Sprache in den besetzten Gebieten“, 9 Seiten Denkschrift vom 29. Juli 1941,

S. 6: „ ... Im übrigen hat die deutsche Verwaltung (in Weißruthenien) keine kulturellen Verpflichtungen".
IMT PS -1048
40 RMfdbO an Gen. Kom. Weißruthenien: Betr.: Deutschsprachunterricht für Einheimische im General-

Bezirk Weißruthenien, 1. Febr. 1944 BA R 6/172


41 Vermerk über Besprechung mit stell v. CK für Weißruthenien v. Gottberg am 1. März 1944, BA R 6/2S4

132
In Zusammenarbeit mit dem WJW wurde schließlich für die Volksschulen eine Schü-
lerzeitschrift eingeführt, die neben der zwei-schriftigen Fibel,42 dem Lese- und Rechen-
buch und Singeheft dazu diente, vor allem Lehrstoff aus dem Tagesgeschehen in den
Unterricht einzubeziehen.43

Entsprechend der Bevölkerungsstruktur hatte in Weißruthenien vor allem die berufli-


che Bildung eine zentrale Bedeutung.44 Aber während man bei den Jungen genügend
Möglichkeiten hatte, sie nach der Schulzeit in Lehrlings-Werkstätten oder als Anlern-
linge unterzubringen und zu betreuen, war dies bei den Mädchen kaum möglich. Für
die weitere Ausbildung und Betreuung der Mädchen wurden daher im Rahmen des
WJW mehr Schulen errichtet als für die Jungen, meist haus- und landwirtschaftliche.

Die berufliche Bildung der Jungen beschränkte sich in Weißruthenien im Wesentlichen


auf die handwerkliche Ausbildung; aber auch dafür waren die Möglichkeiten be-
schränkt, so dass das WJW sich bei deutschen Betrieben in Weißruthenien nach Aus-
bildungsmöglichkeiten umsah. Schließlich wurde in Minsk mit der Luftwaffe ein Vertrag
über die Errichtung von Lehrlingswerkstätten geschlossen: 300 Jugendliche im Alter
von 14 bis 16 Jahren sollten als Flugzeugmechaniker ausgebildet werden, in der Zeit-
schrift des WJW wurde immer wieder auf das gelungene Experiment hingewiesen,
ebenso auf die Werkstatt in der Radiofabrik in Minsk. Später meldete auch die OT ihre
Wünsche nach Lehrlingen zur Ausbildung als Schuster, Schneider, Bauhandwerker
und KFZ-Hand-werker an. Trotzdem waren die Ausbildungsmöglichkeiten im Lande
rasch erschöpft und von Seiten des WJW kam der Gedanke, im Reichsgebiet Lehr-
stellen zu organisieren. So wurden dann Verträge zwischen den Junkers-Werken in
Dessau und dem RMfdbO, federführend für das WJW abgeschlossen, wonach die
Junkers-Werke laufende Zuschüsse aus Mitteln des Ostministeriums bekamen, die
Lehrkräfte vorn EJW gestellt und bezahlt wurden und die Jugendlichen unter der Be-
treuung des WJW blieben, das auch die Anwerbung selbstständig durchführte.45

Später wurden ähnliche Vertrage auch mit der OT-Zentrale in Berlin geschlossen, in
denen festgelegt war, daß die weißruthenischen Lehrlinge hinsichtlich Unterkunft, Frei-

42 DZO vom 5. 5. 1942, S.5


43 RMfbdO 1/8 (Kienzlen) an Führungsstab Politik, 15. Januar 1944 Betr.: Schulbuchfrage in Weißruthe-
nien, BA R 6/402
44 RMO 1/8 (Kienzlen) an GK für Weißruthenien, Betr.: Richtlinien für das einheimische Schulwesen im

Generalbezirk Weißruthenien 5. August 1943, BA R 6/289


45 R. Herzog: Besatzungsverwaltung, S. 35

133
zeit, Verpflegung, Entlohnung und Urlaub genauso behandelt werden sollten wie deut-
sche Lehrlinge.46 Vom Oktober 1943 bis zum Schluss sind im Rahmen dieser Aktion
ca. 4500 Lehrlinge nach Deutschland zur Ausbildung gekommen.47

Im Verlauf der Evakuierungsmaßnahmen des Jahres 1944 wurden aus den rückwär-
tigen Armeegebieten auch viele vagabundierende Jugendliche in Marsch gesetzt, die
entsprechend behandelt und ausgebildet werden sollten. Das RMfdbO hatte sich bereit
erklärt, sie zu übernehmen, um sie durch die sog. „Heu-Aktion“48 vor der Erfassung
durch Sauckels Arbeitskommandos zu bewahren. Die spätere Ausnutzung der Arbeits-
kraft dieser Kinder war nicht der Zweck, sondern nur eine Folge der Aktion.49

Insgesamt konnte die weißruthenische Jugendorganisation ein wesentlich selbständi-


gere Arbeit durchführen als die Jugendorganisationen in Estland oder Lettland; es lag
vielleicht auch daran, dass sich die Weißruthenen schwer taten, eine eigene nationale
Idee oder gar nationalen Chauvinismus, den man in Lettland oder Litauen fürchtete50
zu entwickeln . Deshalb hatte die Jugendabteilung auch weniger Schwierigkeiten mit
dem weißruthenischen Führerkorps als viel eher mit anderen deutschen Dienststellen,
wie z.B. mit dem SD oder der SS. Dagegen gab es vor allem in Lettland häufig heftige
Zusammenstöße mit Vertretern der landeseigenen Verwaltung. 51 Das zeigt, wie leicht
eine gute Zusammenarbeit zwischen der deutschen Besatzungsmacht und der einhei-
mischen Verwaltung möglich war, solange es nur um die Regelung praktischer Fragen
ging und nicht um Probleme mit weitgehenden politischen Implikationen. In den balti-
schen Generalbezirken brauchten sich die Jugend verbände zudem nicht um die Fra-
gen der Bildung und Ausbildung zu kümmern und wandten sich zwangsläufig von den
Tagesfragen zu grundsätzlichen politischen Zielen. Entscheidend war für sie dabei die
Frage, ob für die Jugendarbeit Kampfgemeinschaft gegen den Bolschewismus oder
die Ausrichtung auf das Reich vorrangig sei. Aber darin war die deutsche Führung sich
selbst nicht einig.

46 RMO II 7 (Kienzlen): Aufgaben des Ministeriums, hier: Aufgabe der Abt. II 7,9. September 1944, BA
R 6/236
47 IMT, Bd. XI, NO-3038
48 Der Ausdruck „Heu“ hat nichts mit Landwirtschaft zu tun, sondern erklärt sich aus den Anfangsbuch-

staben der drei Wörter: heimatlos, elternlos, unterkunftslos.


49 Auch die Einberufung der SS-Helfer und Luftwaffenhelfer, die zu mannigfachen Verwechslungen mit

der Heu-Aktion geführt hat. s. R. Herzog: Besatzungsverwaltung... S. 53-73


50 S . Nickel an Brandenburg, 20. Januar 1944, BA R 6/183
51 Drechsler an Rosenberg, 29. Dezember 1942, BA R 6/39; Drechsler an Lohse, 12. Oktober 1942, BA

R 6/279

134
g. Die deutsche Schulpolitik im Schatten des Krieges

Eine Episode gegen Ende der Besatzungszeit zeigt deutlich, wie sehr eine planvolle
Schulpolitik durch den Verlauf des Krieges behindert wurde und eine sinnvolle Zusam-
menarbeit der verschiedenen verantwortlichen Stellen unmöglich machte.
Das Ostministerium erfuhr durch seinen Vertreter bei der Heeresgruppe Nord, daß die
Schulen in Lettland vom April bis zum September geschlossen werden sollen, woge-
gen die Wehrmacht Bedenken aussprach.52

Auch das Ostministerium war gegen eine „derartige generelle Maßnahme“, da „durch
besonderen Führererlass sämtliche Schulen als kriegswichtig erklärt worden sind“53
und ersuchte „um baldigste Berichterstattung“. Man berief sich also auf eine angebli-
che Führerweisung, um die Übereinstimmung mit der offiziellen Linie zu dokumentie-
ren und sich bei der nachgeordneten Stelle leichter durchsetzen zu können. Schließ-
lich stellte sich heraus, daß die Schulen von der lettischen Selbstverwaltung aus mili-
tärischen Gründen geschlossen worden waren, wozu der Reichskommissar und der
Generalkommissar lediglich ihr stillschweigendes Einverständnis gegeben hatten.54
Die Fürsorglichkeit des Ministeriums ging jedoch nicht soweit, den Letten die Öffnung
ihrer Schulen zu befehlen; dem Reichskommissar wurde lediglich empfohlen, „nach
einer gewissen Wartezeit den Unterricht für Schüler bis zum 10. Lebensjahr auf dem
Lande wieder anlaufen zu lassen.55

Auch an anderen Fragen der Schulbildung zeigte sich die Wehrmacht interessiert. So
machte sich Generalfeldmarschall von Kluge Gedanken über den Geschichtsunterricht
in den besetzten Ostgebieten, speziell in den russischen Gebieten. In einem Schreiben
an Rosenberg, in dem er um Richtlinien für den Geschichtsunterricht bat, betonte v.
Kluge, dass die Geschichte wie kein anderes Fach so gut geeignet sei, „der russische
n Jugend neue Ordnungs- und Sittlichkeitsbegriffe zu vermitteln. Es eröffnet sich hier
ein erfolgversprechendes Tätigkeitsfeld in dem politischen Kampf gegen den Bolsche-
wismus. Die russische Jugend... muß rechtzeitig dahin gebracht werden, daß sie die
Irrtümer ihrer bisherigen Erziehung erkennt und sich bereitwillig in die neue Ordnung
Europas unter Deutschlands Führung einfügt. Je eher dieser Erfolg eintritt, umso

52 Weissauer an RMO, 1. April 1944, Betr.: Schließung der Schulen in Lettland, BA R 6/402
53 RMO (Groß) an RKO I Kult; BA R 6/402
54 Kienzlen an Weissauer, 4. Mai 1944, BA R 6402
55 ebenda

135
schneller ist die Befriedung und damit die restlose Ausnutzung des Landes herbeizu-
führen. Wer die Jugend eines Landes für sich gewinnt, dem gehört das Land!“ 56 We-
sentlich nüchterner fiel die Antwort des Schulreferenten des Ostministeriums aus: „Der
Geschichtsunterricht kann nur im Rahmen der Gesamterziehungsaufgabe an der ein
heimischen Jugend zur Auswirkung kommen.“57 Und dieses Erziehungsziel sei eine
politische Frage, die von dem politischen Ziel abhinge, das in den einzelnen Bezirken
des Ostens erreicht werden solle.“ Eine endgültige Formulierung dieses politischen
Zieles ist eine diplomatische Frage, deren Beantwortung, solange der Kampf an den
Fronten dauert, nicht möglich ist.“58 Zudem sei das Fach Geschichte nicht zugelassen
worden, da es sowohl an geeigneten Lehrbüchern als auch an geeigneten Lehrern
mangelte. An anderer Stelle wurde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß
es mehr auf geeignete Lehrer und auf Übung und Gewöhnung der Schüler ankomme
als auf bestimmte geschichtliche Wertungen.59 Durch amtliche, monatlich erscheinen-
de illustrierte Unterrichtsblätter könne die Veröffentlichung von Lehrplänen, die immer-
hin politisches Programm sind, ohne Not noch hinausgezögert werden. „Solange un-
sere Auffassung von der zukünftigen politischen Gestaltung des russischen Raumes
nicht fest steht, sind wir auch außerstande, die Geschichte dieses Raumes einer Wer-
tung zu unterziehen.“60 Ganz realistisch wird abschließend resignierend festgestellt:
„Nach den Erfahrungen aus dem Reich ist anzunehmen, daß noch recht lange Zeit
vergeht, bis eine endgültige Formulierung und Neuwertung der russischen Geschichts-
auffassung vollzogen ist.“61

Vor demselben Dilemma, vor dem hier der Schulreferent stand, stand auch Rosenberg
mit seiner gesamten Ostpolitik: solange die oberste Reichsführung kein klares Konzept
für die Behandlung der Völker im Osten halte, konnte Rosenberg diesen Völkern keine
konkreten Angaben über ihre Zukunft machen, um so ihre Mitarbeit zu gewinnen Man-
che Beamte versuchten in der Verwirklichung selbstgebastelter kurzfristiger Pläne eine
Befriedigung zu finden; ohne ein wirkliches Ziel mussten jedoch letztlich alle Pläne
scheitern und wirkungslos bleiben.

56 HK d . Heeresgr. Mitte (v. Kluge) an RMfdbO, Betr.: Geschichtsunterricht, 24. Januar 1943, BA R 6/40,
57 RMO (Kienzlen): Vermerk 13. August 1943, BA R 6/40
58 Kienzlen: Betr.: Die Schule der besetzten Ostgebiete als Mittel zur Menschenführung. Auszug aus:

einem Vermerk an den Herrn Reichsminister für die besetzten Ostgebiete vom 7. Mai 1943, BA R
6/401 RMO
59 RMO/Kienzlen: Vermerk, Betr.: Geschichtsunterricht d. russischen Schulen, 27. Mai 1943, BA R 6/401
60 v . d. Milwe-Schroeden an Dr. Markull: Betr.: Schreiben des Generalfeldmarschall v. Kluge, 15. Mai

1943, BA R 6/401
61 RMO (Kienzlen): Vermerk 13. August 1943, BA R 6/401

136
5. Sonstige Bereiche des kulturellen Lebens

a. Presse

In enger Verbindung mit dem OKW und organsiert vom Verwaltungsamt der NS-
Presse in Berlin waren in den von Deutschland besetzten Gebieten zahlreiche deut-
sche Zeitungen entstanden, wie die „Pariser Zeitung“, „Brüsseler Zeitung“, die „Deut-
sche Zeitung in Norwegen“ u. ä. Auch in den besetzten Ostgebieten erschienen Zei-
tungen, die lose mit dem Ostministerium verbunden waren: die „Deutsche Zeitung im
Ostland“ (Riga), „Revaler Zeitung“, „Kauener Zeitung“, „Minsker Zeitung“ und „Wilnaer
Zeitung“. Für die Ukraine erschien in Luzk die „Deutsche Ukraine Zeitung“.1 Die wich-
tigste, die „Deutsche Zeitung im Ostland“ erschien mit ihrer ersten Nummer ab 5. Au-
gust 1941 als großes, modernes Blatt (Berliner Format) siebenmal in der Woche mit
12-18 Seiten.

Ursprünglich war geplant, die anderen Zeitungen des Ostlands mit dem Mantel der
DZO zu beliefern, was sich jedoch als technisch zu schwierig erwies, nicht zuletzt we-
gen der schlechten Verkehrsbedingungen. So kamen sie schließlich als selbständige
Zeitungen heraus, „die nur von Zeit zu Zeit nach der DZO ausgerichtet wurden. Gele-
gentlich wurden Leitartikel ausgetauscht oder Redakteure zu Informationszwecken
ausgewechselt.“2
Die erste Ausgabe der „Revaler Zeitung“ erschien am 8. Januar 1942. Am 15. April
1942 dir Nr. 1 der „Minsker Zeitung“. Im Gegensatz zu der streng gleichgeschalteten
Presse im Reich genossen fast alle Zeitungen in den besetzten Gebieten erstaunlich
viel Freiheit, die vielleicht bewusst zugestanden wurde, von geschickten Redakteuren
aber auch noch dadurch ausgeweitet wurde, dass die Sprachregelungen oft „nicht
rechtzeitig eintrafen“, vom Fernschreiber nur „verstümmelt“ aufgenommen wurden o-
der einfach im Ausland auch nicht wörtlich angewandt werden konnten. So wurden
diese Leitungen auch bald im Reich sehr begehrt. Viele Tausend Exemplare der DZO
wurden zudem täglich an der Front und in den Kesseln von Flugzeugen abgeworfen,

1 RMO/Abt. Presse und Aufklärung (Kiekheben-Schmidt): Lagebericht über die Ostpropaganda, 18. April
1942, BA R 6/192. Daneben erschienen noch die Wochenzeitung „Ukraine Post“, in Nikolajew 2 x
wöchentlich, die „Deutsche Bug-Zeitung“ und in Kiew 2 x monatlich „Der deutsche Landwirt in der
Ukraine“ und in Odessa in unregelmäßigen Abständen „Der Deutsche in Transnistrien“. (RMO/PPr 1:
Ostpresse, 1. Juli 1943, BA R6/192)
2 Dr. Fritz Michel, Brief an den Autor, 6. April 1971
weshalb sie von den Soldaten „Himmelszeitung“ genannt wurde. Bei gleichem Inhalt
erschien die DZO noch unter drei weiteren Titeln: „Feldzeitung“, „Marine-Frontzeitung“"
und „Luftflotte Nordost“, wobei von der Gesamtauflage in Höhe von 37.000 Exempla-
ren nur noch 2.000 auf den zivilen Bereich entfielen.3

Das Feuilleton der DZO veröffentlichte oft Originalbeiträge damals schon verbotener
bedeutender Schriftsteller wie Frank Thieß, Hans Frank und Manfred Hausmann. Ins-
gesamt versuchte; die Zeitung unter dem Chefredakteur Dr. F. Michel, früher „Nordi-
sche Rundschau“ in Kiel, so unpolitisch wie möglich zu sein. Es wurden bewusst die
Kontakte zu lettischen Künstlern gepflegt, ebenso zu russischen. Wegen mehrerer sol-
cher „Delikte“ musste sich Dr. Michel persönlich bei Rosenberg melden und entging
nur knapp seiner Verhaftung. Daneben gab es eine Fülle technischer Schwierigkeiten:
zu Beginn und dann wieder im letzten Jahr war die zusammengewürfelte Redaktion
oft völlig abgeschnitten und ganz auf sich gestellt, so dass sie nur auf abgehörte Rund-
funknachrichten, veraltete Zeitungen aus dem Reich, aktuelle Berichte von der Front
und ihr Archiv angewiesen war.4 Zuletzt war die Redaktion auf drei Mann zusammen-
geschrumpft, besaß daneben aber noch eine Reihe von lettischen Mitarbeitern, die die
deutsche Sprache vorzüglich beherrschten. Die letzte Nummer der DZO erschien am
10. Oktober 1944 als die Rote Armee schon in den Vorstädten von Riga war. Ab 16.
Oktober erschien sie dann, nunmehr 2-seitig, in Libau, wohin die fahrbare Druckerei
auf einem Eisenbahnwagen ausgewichen war; 5 diese Notzeitung wurde dann noch
unter schwierigsten Umständen bis 1945 herausgebracht.

An deutschsprachigen Zeitschriften ist in erster Linie die repräsentative Monatszeit-


schrift „Ostland“ zu nennen, die vom Reichskommissar herausgegeben wurde und sich
mehr kulturellen als politischen Themen widmete.

Der Einfluss der deutschsprachigen Presse des Ostlands auf die einheimische Bevöl-
kerung war allem Anschein nach recht gering. Umso mehr Aufmerksamkeit widmete
das Ostministerium der fremdsprachigen Ostpresse. Die Bevölkerung war es gewohnt,
ein großes Angebot an Zeitungen zur Verfügung zu haben, in der Sowjetzeit war sie
teilweise sogar mit Nachrichten überfüttert worden, Im gleichen Maße wie durch die

3 Zimmermann: Anlage zum Reisebericht vom 30. Oktober IfZ MA 239/469


4 H. Schiller: „Erinnerungen an die 'Deutsche Zeitung im Ostland'“ in Baltische Hefte, 7. Jg., Hannover
1961, S. 151
5 Zimmermann: Anlage zum Reisebericht vom 30. Oktober IfZ MA 239/469RMO-Pressechef: Ausbau

der Aufklärung und Propaganda im Ostraum, (ca. Febr. 1942), S. 6; BA R 6/172

138
Kriegsereignisse die Anzahl und Auflage der Zeitungen reduziert wurde, wuchs die
Nachfrage und das Interesse an prompter Unterrichtung über die neueste politische
Entwicklung. „Die Nachrichtenleere in den besetzten Gebieten ist für jeden Beobachter
offensichtlich“, hieß es in einem Bericht des Ostministeriums, weshalb angeregt wurde,
„alle verfügbaren Mittel zur Belieferung der Bevölkerung mit weit mehr Zeitungen und
Zeitschriften auszunützen“.6

Beim Kauf von Zeitungen bildeten sich häufig lange Schlangen. Schon im Mai 1942
betrug die Zahl der fremdsprachigen Zeitungen, auf die das Ostministerium Einfluss
nahm, 130 in acht verschiedenen Sprachen. Diese verteilten sich wie folgt:
14 estnische Zeitungen
21 lettische "
11 litauische "
6 weißruthen. "
60 ukrainische "
16 russische "
1 polnische Zeitung
1 tatarische "
Die Gesamtlauflage dieser Zeitungen belief sich damals auf über 2 Mill. Exemplare. 7
Aber allein in Weißruthenien erhöhte sich in der Folgezeit die Zahl der Zeitungen und
Zeitschriften von 6 auf 11, die Auflage von 75.000 auf 440.000.

Die meisten dieser Zeitungen erschienen nur 2-3 mal wöchentlich und hatten mehr
provinziellen Charakter, aber es gab auch hervorragende Tageszeitungen mit z.T. lan-
ger Tradition, wie der „Postimees“ in Estland, „Tevija“ in Lettland oder „I Laisve“ in Li-
tauen, die selbständige Leitartikel und Kommentare zu außen- und innenpolitischen
Fragen brachten und mitunter eindeutige Stellungnahmen in Bezug auf Eigenstaatlich-
keit abgaben. Die wohl am besten geführte Tageszeitung dürfte „Eesti Sõna“ in Reval
gewesen sein, die eine sehr rege Eigenarbeit hatte und originelle Kommentare brach-
te, so daß der Leser in keiner Weise den Eindruck einer „befohlenen“ oder auch nur
durch Zensur und Überwachung eingeengten Zeitung hatte.

Untersucht man die jährliche Auflagenhöhe im Vergleich zu 1939, so zeigt sich z.B. in
Estland eine Verringerung der Zeitungen von 35 auf 14; dagegen fällt die Auflagenhöhe
nur von 58.662 Mill. auf 47.853 Mill. Exemplare jährlich zurück.8 Allerdings wurde im

6 RMO-Pressechef: Ausbau der Aufklärung und Propaganda im Ostraum, (ca. Febr. 1942), S. 6; BA R
6/172
7 RMO/14 c (Drescher): Kurze Charakteristik der wichtigsten fremdsprachigen Zeitungen der besetzten

Ostgebiete, 14. Mai BA R 6/193


8 Statistische Berichte für den General-Bezirk Estland 1942, Reval 1943, S. 23

139
Verlauf des Krieges wegen des Papiermangels der Umfang der einzelnen Nummern
vermindert. Die geringere Anzahl verschiedener Zeitungen erleichterte natürlich der
deutschen Verwaltung die Überwachung der Presse, die im Übrigen nicht allzu streng
durchgeführt wurde. Schon in den ersten Entwürfen für Richtlinien für die Pressearbeit
hieß es: „Es sollen grundsätzlich nur so viele Zeitungen... zugelassen werden, als not-
wendig sind, um eine Nachrichtenleere, die erfahrungsgemäß politisch nicht sachdien-
lich ist, zu vermeiden. Es rnuß also angestrebt werden, mit einer möglichst geringen
Anzahl von Volkstumszeitungen auszukommen.“9

Das Verlagswesen für die einheimische Presse sollte nach ursprünglichen Planen des
Ostministeriums so geregelt werden, daß die einheimische Presse dem Amt für Ver-
lagswesen beim Reichskommissar und den Generalkommissaren unterstellt wurde,
und dieses Amt wieder an der Spitze mit den jeweiligen Verlagsleitern der deutschen
Zeitungen besetzt sein sollte. Dagegen machte der Reichskommissar mit Erfolg gel-
tend, daß es vernünftiger sei, dieses Amt von einem neutralen Behördenvertreter leiten
zu lassen als die gesamte einheimische Presse den Leitern deutscher Verlage zu un-
terstellen, die sich nach wirtschaftlichen Zielen richten mussten.10

b. Rundfunk

Neben der Presse bildete der Rundfunk das wichtigste Mittel für die deutsche Verwal-
tung zur Unterrichtung und Beeinflussung der einheimischen Bevölkerung. Die Sen-
deanlagen und Rundfunkhäuser wurden daher überall gleich in den ersten Tagen der
Besetzung unter deutsche Kontrolle gestellt. Die Propaganda-Staffeln haben meist zu-
nächst nichts weiter getan, als die Sendeanlagen zu sichern bis die Sonderbetreu-
ungstrupps des OKW eintrafen, da sie sich noch mit vielen anderen kulturellen Gebie-
ten zu befassen hatten: Theater, Presse, Literatur, Kunst, Film und Aktivpropaganda.
Der von litauischen Aufständischen schon am 22. Juni 1941 eroberte Sender Kauen
wurde zwar zwei Tage später von einer deutschen Aufklarungs-Abteilung der 123. In-
fanterie-Division für besetzt und erobert erklärt, kam aber erst Anfang Juli wirklich unter
deutsche Regie; die abkommandierten Kräfte ließen bis Mitte August 1941 den Rund-

9 RMO: Richtlinien für die Presse- und Propagandaarbeit (Entwurf o. D.) ; BA R 6/207
10 Ebenda

140
funk völlig unbehelligt.11 Erst nach weiteren sechs Monaten begann eine gewisse Zen-
sur wirksam zu werden.12
Schon bis Mitte November 1941 arbeiteten der Langwellen-Sender Kauen und die Mit-
telwellen-Sender Wilna, Riga, Modohn, Goldingen und Libau. Diese Sender wurden
von der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft übernommen, die eine besondere Sender-
gruppe „Ostland“ unter einem deutschen Intendanten einrichtete. Die Sendergruppe
„Ostland“ wieder gehörte zu den deutschen „Europasendern“.13

In Estland konnte der Sender Reval erst am 6. September 1941 wieder mit den Sen-
dungen beginnen, da die abrückenden Sowjets die Sendeanlage zerstört hatten. Am
14, Januar 1942 übernahm die Zivilverwaltung den provisorisch gebildeten Militärfunk,
der dann in den Besitz der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft kam. Ebenfalls im Januar
1942 wurde in Riga der Hauptsender Ostland geschaffen. In Estland war es zunächst
schwierig, die Bevölkerung durch Rundfunksendungen zu erreichen, da ihr von den
Sowjets die Radioapparate weggenommen worden waren.14

Der auf Langwelle sendende „Reichsrundfunksender Minsk“ war dem „Großdeutschen


Rundfunk“ angeschlossen und brachte bis auf wenige weißruthenische Nachrichten-
sendungen ein deutsches Programm, das zeitweilig sogar von den deutschen Truppen
in Nordafrika gehört werden konnte. Der Nebensender Baranowitschi übernahm das
Minsker Programm im sog. Ballempfang. Für die Wehrmacht von Bedeutung war noch
der Soldaten-Sender „Siegfried“, dessen Programm bis Moskau gehört werden konnte.
Später, ab August 1943, sendete auch der Sender des „Nationalkomitees freies
Deutschland“ hinter der sowjetischen Front auf der gleichen Wellenlänge.

Der Rundfunk, der besonders in Litauen mit 90.000 registrierten Radio-Empfängern15


viel zur Hebung des kulturellen Standards beigetragen hatte, konnte auch unter der
deutschen Besatzung weitgehend in dieser Linie weiterarbeiten. Vor allem auf musi-
kalischem Gebiet wurde ein nationales Programm geboten.16

11 W. Banaitis: Mitteilung an den Autor 15. September 1970


12 H. Tölle: Die Landessender Kauen und Minsk... S. 36
13 Haupt: „Kurland 1941“, u. H. Tölle, a. a. O. S. 9 und 14
14 G. Heysing: „Kriegseinsatz deutscher Rundfunkleute an der Ostfront“, S. 61. In einer Revaler Schule

fand man viele Tausend beschlagnahmte Apparate.


15 A. Gerutis: „The educational and cultural Life of Independent Lithuania“, in: „Lithuania 700 Years“, S.

264. Die Zahl bezieht sich auf das Jahr 1940.


16 „Revaler Konzerte“ Die musikalische Sendefolge des Landessenders Reval und die öffentlichen Sym-

phonie- und Sonderkonzerte. Reval 1944, auf 84 Seiten

141
Da die Nationalhymnen nicht gesendet werden durften, brachte man sie in Übertra-
gungen von offiziellen Feierlichkeiten. Die Litauische Philharmonie wurde fast vollstän-
dig vom Sender Kauen übernommen; von diesem Rundfunk-Orchester stammt die
erste litauische Schallplattenaufnahme eines Symphoniekonzertes.17 Sonntags wur-
den regelmäßig Gottesdienste und Messen übertragen, nachdem das Verbot religiöser
Sendungen aufgehoben worden war.
Die letzten Sendungen aus den Sendern Kauen und Wilna kamen am 14. bzw. 2. Juli
1944, ab 25. Juli übernahm Riga zusätzlich litauische Sendungen, bis auch dieser
Sender nach Libau verlegt wurde und er am 7. November seinen Betrieb ganz ein-
stellte.
Wie wenig Einfluss das Ostministerium auf die Rundfunkanstalten des Ostlands hatte,
lässt sich aus der Tatsache ersehen, dass sogar die Reden Rosenbergs und Lohses
im Ostland-Rundfunk genehmigungspflichtig waren und zusammen mit dem Antrag
der Manuskriptvorlage bedurften, möglichst 2 Wochen vorher!18

c. Theater

Neben dem Interesse an politischen Nachrichten war bei der einheimischen Bevölke-
rung „ein starkes und völlig unzureichend gespeistes Bedürfnis nach kulturellen Nach-
richten Festzustellen“.19 Ebenso große Nachfrage herrschte nach neuerer deutscher
Literatur. „Die anfallenden Mengen sind jedoch so gering, daß bei weitem der Bedarf
nicht gedeckt werden kann“.20 Dieser „Literaturhunger“ wird verständlich, wenn man
sich vergegenwärtigt, dass Lettland vor dem Kriege in der Pro-Kopf-Buchproduktion in
Europa die zweite Stelle hinter Dänemark einnahm.21 In Estland wurden 1939 noch
1.075 Bücher herausgebracht, im Jahre 1942 nur 128.22 Nachdem z. B. in Estland
durch Kriegseinwirkungen 35 Bibliotheken völlig zerstört worden waren 23, musste die
Bevölkerung versuchen, auf andere Weise ihre kulturellen Bedürfnisse zu befriedigen.
Von Seiten des Pressechefs des Ostministeriums wurde daher auf die Verwaltungsor-
gane eingewirkt „Über das bisherige Maß hinaus „kulturelle Betätigung zu fördern“; er

17 W. Banaitis: Mitteilung an den Autor, 15. September 1970


18 Ministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Abt. Ost, 14. September 1942, BA R 6/13
19 SD-Meldungen aus den besetzten Ostgebieten Nr. 15, 7.8.42, S. 14
20 ebenda, Nr. 19, 4. September 1942, S. 24
21 v. Rauen: „Geschichte der baltischen Staaten“, S. 116
22 Statist. Bericht für den General-Bezirk Estland J942, Reval 1943, S. 25
23 Haupt, Kurland 1941, S. 156

142
sprach sich für „möglichst weitherzige“ Zulassung von Theatern, Kinos und Volks-
tumsveranstaltungen aus.24 So gelangte in der Folgezeit das Theaterwesen zu einer
für Kriegszeiten erstaunlichen Blüte.
Während der deutschen Besetzung erhielten die Theater ihre einheimische Leitung
zurück, sogar der frühere Chef-Intendant des Moskauer Wachtangow-Theaters arbei-
tete einige Zeit als Direktor am lettischen National-Theater.25 Obwohl eine ganze Reihe
von Verordnungen über die Zulassung von Theatern, Varietés, Kleinkunstbühnen und
Zirkusunternehmen und die Anmeldepflicht beabsichtigter Aufführungen26 ergangen
waren, war doch die Zensur durch deutsche Stellen in der Praxis milde. So stieg in
Estland z. B. die Zahl der Inszenierungen an den Berufstheatern von 167 im Spieljahr
1938/39 auf 174 im Spieljahr 1941/42 und die Zahl der Besucher von 656.333 auf
731.014, obwohl die Zahl der Aufführungen um 1/6 von 1.895 auf 1.583 zurückging.27
Es ist also nicht übertrieben, wenn die SD-Meldungen vom „Theaterhunger der estni-
schen Bevölkerung“ sprechen. Fast jede Vorstellung war ausverkauft; weitere Thea-
terspielgruppen sind auf dem Lande ins Leben gerufen worden, dazu kamen verschie-
dene Gastspiele deutscher Frontbühnen, die in kleineren Orten großen Anklang fan-
den. Umgekehrt fand das lettische Fronttheater unter der Leitung des Direktors Kan-
brats nicht nur bei den lettischen Freiwilligen, sondern auch bei den deutschen Solda-
ten Anklang.

In allen Generalbezirken gab es trotz des Krieges immer wieder auch Uraufführungen
junger Schriftsteller und Komponisten, bei denen die nationale Komponente durchaus
betont war, wie die kritisierenden Berichte des SD beweisen. Eine mögliche Zensur
unterlief man vielfach dadurch, daß einfach nicht alles auf dem Programm-Zettel ab-
gedruckt wurde, wie z.B. bei der Feier des lettischen Unabhängigkeitstages am 18.
November 1942, als die Orgel am Schluss die lettische Staatshymne intonierte.

Von Deutschen wurden die Aufführungen, die insgesamt auf sehr hohem Niveau stan-
den, gerne besucht. Dagegen wurde die Tätigkeit des von der deutschen Gemein-
schaft „Erholung und Lebensfreude“ aufgezogenen Rigaer Vorstadt-Varietés „Bunte

24 RMO- Pressechef: Ausbau der Aufklärung und Propaganda im Ostraum, S. 6; BA R 6/172


25 J. Grins: „Theater“ in: „Lativia, Country and People“, S. 552
26 VO vom 19. Dezember 1941 im VBl RKO, S. 98 und Änderungs-VO dazu vom 18. Mai 1942 im VBl

RKO S. 123
27 Statistisches Jahrbuch für den General-Bezirk Estland 1942 Reval 1943, S. 24; vgl. auch H. Kompus:

„Kunst, muusika, teater“ in: „Eesti Riik“, Bd II S. 177/178

143
Bühne“ von vielen Deutschen selbst als „bedauerliche Erscheinung deutschen Kultur-
ausdrucks“ angesehen.

Daß Werke deutscher Dichter und Komponisten auch in deutscher Sprache gespielt
wurden, lag durchaus im Interesse der Besatzungsmacht. So gelangten anlässlich des
80. Geburtstages von Gerhard Hauptmann im Dailes-Theater in Riga die Schauspiele
„Elga“ und „Goldene Harfe“ zur Aufführung. In der Rigaer Oper wurde schon in den
ersten Monaten der „Zigeunerbaron“ deutsch gesungen,28 und die Libauer Oper
brachte von 16 Opern fünf in deutscher Sprache.29

Der Grund für die besondere Förderung des Theaters in Weißruthenien lag – wie be-
reits erwähnt – in der Person des Generalkommissars Gauleiter Kube. So wurde das
Städtische Theater in Minsk bereits im Jahre 1941 wieder eröffnet. In Minsk war ein
ausgezeichnetes russisches Theater-Ensemble, das vom Krieg überrascht worden
war, während das „Erste Weißruthenische Staatstheater“ gerade in Westsibirien und
das „Zweite Weißruthenische Staatstheater“ in Uralsk und die Oper mit Ballett in Gorki
auf Tournee waren und nicht mehr nach Weißruthenien zurückkonnten.30 Das neu zu-
sammengestellte Minsker Weißruthenische Theater brachte besonders viele Stücke
von Frantsishak Alyakhnovich auf die Bühne. Die Sowjets verübelten ihm den Erfolg
seiner Stücke unter den Deutschen so sehr, daß sie ihn in Wilna in seinem Haus er-
morden ließen.31
Neben weißruthenischen Stücken wurden auch Schillers „Kabale und Liebe“, G.
Hauptmanns „Die versunkene Glocke“, H. v. Kleists „Der zerbrochene Krug“, Goldonis
„La Locandiera“, Molieres „Der eingebildete Kranke“ u. a. klassische Schauspiele der
Weltliteratur aufgeführt.

Im Minsker Theater explodierte am 22. Juli 1943 eine von Partisanen neben den Or-
chester-Sitzen deponierte Bombe, wobei es viele Tote und einige Hundert Verletzte
gab. Nach 9-monatiger Reparatur konnte das Theater am 2. April 1944 wieder geöffnet
werden. Noch kurz vor der Rückkehr der Roten Armee im Juni 1944 wurde die Urauf-
führung eines Erstlingswerks eines jungen Weißruthenen gefeiert.32

28 DZO vom 30. August 1941, S. 5


29 DZO vom 7. Oktober 1943, S. 5
30 W. Seduro: „The Belorussian Theater and Drama“, S. 167
31 ebenda, S. 171
32 W. Seduro a. a. 0., S. 172

144
Großer Beliebtheit erfreuten sich in Estland und Lettland die traditionellen Sängerfeste,
die Chöre mit 2.000 Sängern und Vorstellungen mit über 40.000 Zuhörern aufboten.33
Auch die Konzerte konnten über mangelnde Besucherzahlen nicht klagen; in der Ri-
gaer Konzert-Zeit 1942/43 wurden 300 Konzerte mit 200.000 Besuchern gezählt.34

Der aus Berlin kommende Befehl, keine Werke russischer Komponisten zu spielen,
hat nur kurze Zeit eine Unsicherheit unter den maßgeblichen Beamten der deutschen
Verwaltung hervorgerufen. Wie dieser Befehl befolgt wurde, beleuchtet ein Beispiel
aus Estland. Im Revaler „Estonia“-Theater sollte Tschaikowskis „Schwanensee“ wegen
dieses Befehls vorn Theaterplan gestrichen werden. Der Feldkommandant Scultetus
hatte sich noch am Vorabend mit Begeisterung das Ballett angesehen; er ließ zwar
das Stück vom Theaterplan streichen, setzte es aber an die erste Stelle der Theater-
aufführungen im Rahmen der Wehrmachtsbetreuung und ließ der Theaterleitung sei-
nen besten Dank zur vorbildlichen Inszenierung und Leitung des Balletts und des Or-
chesters übermitteln. Nach Riga und Berlin konnte die Durchführung des Befehls ge-
meldet werden.35

Auch dadurch, dass sich die Kultur-Abteilung des RKO energisch gegen die Einset-
zung eines deutschen Generalmusik-Direktors an der Rigaer Oper wandte, der den
lettischen Kapellmeister verdrängt hätte, gelang es den deutschen Stellen ein gutes
und vertrauensvolles Verhältnis zu den einheimischen Künstlern zu finden.

d. Soziale Einrichtungen

Die Sozialgesetzgebung der Baltischen Staaten, besonders Estlands, hatte sich in vie-
lem an Skandinavien orientiert. Von der deutschen Verwaltung wurden zunächst pau-
schal alle sowjetischen Bestimmungen aufgehoben, aber schließlich doch einige wie-
der übernommen. Die Zahlung von staatlichen Pensionen, die unter dem Sowjetre-
gime eingestellt, worden war, wurde wieder aufgenommen. Entsprechend dem reichs-
deutschen Muster der „Arbeitsfront“ mit Zwangsmitgliedschaft wurden die Gewerk-
schaften umgewandelt.36

33 DZO vom 13. Juli 1943, S. 5: Sängerfest in Riga


34 DZO vom 3. Juli 1943, S. 5
35 O. Angelus: „Propaganda-Staffel Estland“ in: „Soldat im Volk“ Jg. 20 (1970) Nr. 11, S. 5
36 E. Aruja: „Labour Legislation and Social Insurance in Estonia 1920-1944“, S. 226-232

145
Im Ostministerium ging der Leiter der Abteilung „Gesundheitswesen und Volkspflege“
in seiner Arbeit davon aus, dass sie eine „Aufbauarbeit“ sein müsse, „um die Grundla-
gen für eine Wiedergesundung und Gesunderhaltung der Volksgruppen des gewalti-
gen Ostraumes zu schaffen“.37 „Es kommt uns im Rahmen der großen Aufbauarbeit
auf den Zusammenklang der deutschen Kulturarbeit mit dem einheimischen kulturellen
Schaffen an“, für ihn ergab sich als selbstverständlich, dass Deutschland „als Kultur-
staat“ die Aufgabe hätte die „Gesunderhaltung der einheimischen Bevölkerung sicher-
zustellen“.38 Einen größeren Widerspruch zu den Richtlinien, die dagegen Hitler in die-
ser Frage an das Ostministerium senden ließ, kann man sich kaum denken: „... Des-
halb soll auch keinesfalls eine deutsche Gesundheitsfürsorge für die nichtdeutsche
Bevölkerung in den besetzten Ostgebieten einsetzen.“39 Der zuständige Mann im Ost-
ministerium stellte dagegen die Gesundheitspflege auch über die ideologische Forde-
rung nach restloser Entfernung der Juden aus den Heilberufen: „Es darf im Sinne der
Versorgung der Bevölkerung kein Vakuum entstehen“.40

Im Ostland wurden anstelle der aufgelösten nationalen Rote-Kreuz-Gesellschaften


einheimische „Hilfswerke“, die den ganzen sozialen Bereich zusammenfassten, ge-
schaffen. Wenn auch die Zahl der Ärzte und Zahnärzte durch die bolschewistischen
Verschleppungen und die Kriegsereignisse zurückging – die Zahl der Krankenschwes-
tern stieg dagegen stark an41 – waren doch messbare Erfolge zu verzeichnen. So wie-
sen z.B. die Zahlen über die Säuglingssterblichkeit, die in Lettland von 1938 bis Juli
1941stetig anstieg, seit August 1941erstmals eine fallende Tendenz auf.42

Insgesamt wird man von einer erfolgreichen Gesundheitspflege sprechen können,


wenn man die besonders schwierigen Bedingungen berücksichtigt, die der Krieg mit
sich brachte und die durch die Eingriffe Himmlers und Bormanns teilweise noch er-
schwert wurden.43

37 H. Waegner: „Probleme der Gesundheitsfürsorge in den besetzten Ostgebieten“, in „ostaufgaben


der Wissenschaft“, S. 52
38 ebenda, S. 57
39 Bormann an Rosenberg, 23. Juli 1942, IMT NO-1878. Vgl. auch A. Dallin, S. 468 ff.
40 H. Waegner, a.a.O. S. 59
41 Statist. Berichte für das Ostland Nr. 5/6 (Mai/Juni 1942) S. 162
42 Statist. Berichte für das Ostland Nr.1 (Nov./Dez.) 1941, S. 33 und Nr. 5/6 (Mai/Juni) 1942, S. 160
43 O. Anisimow; „The German Occupation in Northern Russia During World War II“, S. 24

146
e. Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg

Besondere Aufgaben und Befugnisse auf dem kulturellen Sektor hatte der sog. „Ein-
satzstab Reichsleiter Rosenberg“ (ERR). Rosenberg war von Hitler beauftragt worden,
die Vorarbeiten für die Errichtung der „Hohen Schule“, die als „zentrale Stätte national-
sozialistischer Forschung, Lehre und Erziehung“ geplant war, zu übernehmen. 44 Zur
Durchführung dieser Aufgabe unterbreitete Rosenberg Hitler den Plan, mit Hilfe eines
Einsatzstabes, zusammengesetzt aus politischen Leitern und Fachleuten, eine um-
fangreiche Durchforschung des zurückgelassenen Gutes der geflohenen Juden und
Freimaurer durchzuführen, um Material für die politische, weltanschauliche Lind wis-
senschaftliche Arbeit der NSDAP und für die „Hohe Schule“ zu erhalten. Hitler ließ
dementsprechend einen Befehl durch das OKW an alle nachgeordneten Dienststellen
geben, worin dem ERR gestattet wurde, Staatsbibliotheken und Archive, Kanzleien
und Kirchenbehörden zu durchforschen und das in Betracht kommende Material si-
cherstellen zu lassen.45

Nachdem es in der ersten Zeit des Vormarsches im Osten erhebliche Missstände auf
dem Gebiet der Sicherung von Kunstwerken und Archivalien gab, weil sich eine ganze
Reihe von Dienststellen und Einzelpersonen unabhängig voneinander damit befass-
ten, erhielt Rosenberg von Hitler einen umfassenden Befehl, der ihm allein die Sicher-
stellung und Inventarisierung der Kulturgüter im Osten übertrug.46

Danach war jeder Abtransport aus den Ostgebieten streng verboten und die Sicher-
stellung allein dem ERR vorbehalten. Mit der Leitung der Arbeit wurde der gleiche
Mann beauftragt, der den ERR schon in den besetzten West gebieten leitete.47

Der nächste Schritt war die Errichtung einer „Zentralstelle zur Erfassung und Bergung
von Kulturgütern in den besetzten Ostgebieten innerhalb des RMfdbO, die sich zur
Durchführung ihrer Arbeit des ERR bedienen sollte.48 Sonderkommandos des ERR
konnten auch im Operationsgebiet Sicherstellungen von Kulturgütern vornehmen. Ein
Abtransport kam nur dann in Frage, wenn die Wehrmacht sich dafür aussprach, weil

44 Führerbefehl bezügl. d. „Hohen Schule“ vom 29. Januar 1940, IMT 136-PS
45 OKW an d. Ob. d. Heeres, vom 5. Juli 1940, IMT 137-PS
46 IMT 076-PS
47 RMO an RKO: Betr.: Sicherstellung von Kulturgütern in den besetzten Ostgebieten, 20. August 1941,

IMT 1015 c - PS
48 RMO an die Obersten Reichsbehörden, Betr.: Errichtung einer Zentralstelle zur Erfassung und Ber-

gung von Kulturgütern in den besetzten Ostgebieten, IMT 1015 h - PS

147
sie selbst nicht in der Lage sei, diese in der Kampfzone genügend zu schützen. Listen
des geborgenen und erfassten Gutes wurden an die Reichskanzlei geschickt. Aus po-
litischen Gründen wurde es für wichtig gehalten, die Eigentumsrechte der evakuierten
Museen aufrecht zu erhalten und die Besitzrechte des Reiches nur geltend zu machen,
wenn der Eigentümer unbekannt war.49

Als der Präsident des Heeresarchivs in Potsdam, General von Rabenau, um die Si-
cherstellung und Überlassung der lettischen und litauischen Heeresarchive und die
Vereinigung mit dem deutschen Archiv bat, wurde ihm lediglich eine Sichtung und Aus-
wertung gestattet; die Archive blieben im Besitz der einheimischen Verwaltungen in
Riga und Kauen.50

Die Beschlagnahme des jüdischen Kunstgutes stellte also formal keine Plünderung im
Sinne der Haager Landkriegs-Ordnung (HLKO Art. 47) dar, da sie formell ordnungsge-
mäß erfolgte und die Mitglieder des EHR sich auch nicht persönlich dadurch berei-
cherten.51

Gegen Ende des Krieges, als die Bombardierung deutscher Städte immer größere
Ausmaße annahm, hat der ERR auf Weisung Rosenbergs den Bombengeschädigten
beschlagnahmtes Mobiliar zur Verfügung gestellt, was nach Ansicht des IMT ein
„schweres Eigentumsvergehen, begangen an ausländischen Staatsangehörigen“ dar-
stellte.

Sicher ist, daß der ERR sehr viel dazu beigetragen hat, daß unersetzliche Kunstwerte
vor der Vernichtung geschützt und der Nachwelt erhalten wurden. Große Verdienste
hat sich der Einsatzstab Rosenberg in den besetzten Ostgebieten auch dadurch er-
worben, daß er den Kontakt zu einheimischen Wissenschaftlern herstellte und ihnen
vielfach bei der Vermittlung von Arbeitsaufträgen behilflich sein konnte.

49 RMO/Führungsstab Politik: Betr.: Sicherstellung; IMT 1107 -PS 17. Mai 1944
50 O. Bräutigam: So hat es sich zugetragen, S. 398
51 Kurt Unverhau: „Der Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten“, Diss. Göttingen 1955. H. Gün-

ther-Hornig: „Kunstschutz in den von Deutschland besetzten Gebieten 1939 – 1945“, Tübingen 1958,
S. 123

148
IV. Schlussbetrachtung

Nach dem militärisch motivierten Angriff auf die SU erschien es notwendig, politisch-
weltanschauliche Kriegsziele, die als Rechtfertigungsideologie dienen konnten, zu prä-
sentieren. Die Propagandaformel von der Gewinnung von Lebensraum im Osten, die
bisher schon als „Weltanschauungsinstrument zur Mobilisierung von Kampfbereit-
schaft und Zukunftsgläubigkeit“1 gedient hatte, wurde wieder hervorgeholt, um dem
Feldzug den Anstrich eines politischen „Kreuzzuges“ zu geben. Deshalb war auch der
Ideologe und Theoretiker Alfred Rosenberg der geeignete Mann, der der Öffentlichkeit
zum Beweis für die politische Konzeption des Feldzuges als der zuständige Mann für
die Neuordnung des Ostens vorgezeigt werden konnte. Der Name Rosenberg deutete
ein ganz bestimmtes Programm an, nachdem Hitlers bisherige Äußerungen über den
Lebensraum im Osten wenig konkret waren. Wie wenig Einfluss er ihm aber in Wirk-
lichkeit geben wollte, hatte Rosenberg schon aus der Tatsache ersehen können, daß
er erst sechs Wochen vor dem längst festgesetzten Angriffstermin davon unterrichtet
wurde, daß die deutsche Politik gegenüber dem Osten eine radikale Kehrtwendung
vollziehen würde und der Ostraum seiner Verantwortung unterstellt werden sollte. Fast
könnte man sagen, daß Rosenberg nur eine „Alibifunktion“ für Hitler übernehmen
sollte. Der Öffentlichkeit gegenüber wurde Rosenberg für eine Ostpolitik verantwort-
lich, auf die Einfluss zu nehmen ihm versagt wurde. Gegenüber seinen mächtigeren
Minister-Kollegen verstand er sich in keiner Weise mit seiner Politik durchzusetzten,
er war dazu weder persönlich noch machtmäßig in der Lage. Seine Konkurrenten um
die Macht im Osten, auch einige seiner Untergebenen, hätten wesentlich mehr Einfluss
bei Hitler, dessen Autorität in Zweifel zu ziehen, Rosenberg nicht bereit war.

Allerdings gelang es auch Rosenbergs Konkurrenten nur in den seltensten Fällen, ihre
Vorstellungen ohne Abstriche in die Praxis umzusetzen. Dafür gab es die mannigfachs-
ten Gründe: die militärische Lage genauso wie die Schwerfälligkeit eines Verwaltungs-
apparates, die Widerstände der betroffenen Bevölkerung wie auch der konkurrierende-
n Ministerien oder der untergeordneten Dienststellen. Beim Ostministerium kam noch

1M. Broszat: „Soziale Motivation und Führerbindung des Nationalsozialismus“ in: VjHZG 18 (1970),
S. 408
hinzu, dass es mit all seinen nachgeordneten Dienststellen, mitten im Krieg aus dem
Boden gestampft, personell sehr heterogen besetzt war.
Bei der „Anarchie der Vollmachten“ und der „Multiplikation identischer Ämter und In-
stanzen“2 entstand ein beträchtlicher Kräfteverschleiß. Ebenso führte die Kompetenz-
Konkurrenz dazu, dass oft verschiedene Ziele angestrebt wurden, die sich gegenseitig
ausschlossen, wie z. B. Germanisierung bei gleichzeitiger Förderung nationaler Kultur.
Verglichen mit den anderen Völkern des Ostens sollten die baltischen Völker eine et-
was bevorzugte Stellung einnehmen. Das positive Interesse an diesen Völkern be-
wirkte aber, ähnlich wie in den Niederlanden,3 bei der obersten Reichsführung ein be-
sonders ausgeprägtes Herrschaftsbedürfnis. Der politische Spielraum der Selbstver-
waltungsorgane sollte dementsprechend eingeengt sein. Tatsächlich jedoch bewirkte
die Rivalität der verschiedenen Organe im Ostland vielfach eine Neutralisierung oder
Milderung der Besatzungsherrschaft.

Untersucht man nun die Gründe für das Auseinanderklaffen von Herrschaftswillen und
tatsächlicher Besatzungsherrschaft, so findet man dafür noch weitere Gründe. Eine
Besetzung von Ämtern und Stellen war noch nicht gleichzusetzen mit einer wirklichen
Besetzung oder Verwaltung des Landes; denn die von den Einheimischen beklagte
Übervölkerung mit deutschen Beamten betraf wohl die Gesamtsituation, nicht so sehr
die eigentliche Zivilverwaltung des Reichskommissariats. Dadurch, daß Maßnahmen
einzelner Dienststellen des Reiches und ihrer Exponenten im Ostland wenn überhaupt,
dann nur noch routinemäßig über den Ostminister oder den Reichskommissar liefen,
aber nicht mehr zu einer einheitlichen Politik zusammengefasst werden konnten, ergab
sich eine Verstärkung des Personalismus auf Kosten des Institutionalismus, der dem
einzelnen in der Verwaltung weitgehend freie Hand bei seinen Entscheidungen gab.
Und so mancher Erlass der Zivilverwaltung stammte – genau genommen – von einem
aus einer anderen Behörde in die Zivilverwaltung eingebauten Beamten. Der Werde-
gang einer ministeriellen Weisung von der Planung und vom Entwurf über Änderung
und Erlass bis zur endgültigen Durchführung zeigt häufig, dass diese Weisungen die
politische Entwicklung weniger beeinflusst haben, als die Bereitschaft eines einzelnen
untergeordneten Beamten, die Erlasse strikt durchzuführen oder auch durch offene
Weigerung, Verzögerung oder Umgehung zu torpedieren. Anders als in den Nieder-

2 H. Ahrend: „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“, Frankfurt/M. 1955, S. 633


3 K. Kwiet: „Reichskommissariat Niederlande“, S. 152

150
landen, wo dieser Mangel an einer klaren Gesamtleitung zu einer „Inflation der Ge-
waltmaßnahmen“4 führte, hat dieser Zustand der Bevölkerung im Ostland – nicht nur
im kulturellen Bereich – eher genutzt als geschadet. Allerdings auch wieder nicht in
dem Maße, daß dadurch die politische „Großwetterlage“ entscheidend geändert wer-
den konnte.

In den besetzten baltischen Gebieten hat die deutsche Reichsführung das anfänglich
ihr entgegengebrachte Vertrauen weniger durch ihre Härte als durch die Plan- und
Ziellosigkeit verspielt und dadurch, dass die Bevölkerung über ihre Zukunft, im Unkla-
ren gelassen wurde und Hitler eine endgültige Entscheidung über die Neuordnung im-
mer wieder vertagte. Wenn auch die These von den kulturlosen baltischen Völkern
sehr bald stillschweigend beiseite geschoben worden war, so war die an ihre Stelle
gesetzte Europa-Ideologie zu inhaltsleer um attraktiv zu sein.

Ein nicht geringer Teil der baltischen Bevölkerung sah in der deutschen Besatzung
schließlich keinen allzu großen Unterschied zur vorangegangenen sowjetischen. An-
dere wieder, vor allem die nationale Intelligenz und das BiIdungsbürgertum, haben
trotz einschneidender Beschränkungen eine Erleichterung darin gesehen, dal.1 sich
die Aktionen der Deutschen in politischen und nationalen Fragen nicht: mehr wie bei
den Sowjets gegen Personen richtete, sondern im wesentlichen nur gegen die äuße-
ren Symbole und Organisationen (Umbenennung von Straßen, Instituten und Organi-
sationen, Verbot der Hymnen u. ä.) so dass die Träger und Vermittler einer selbstän-
digen, nationalen Tradition und Kultur weiter tätig sein könnten.

Die Repräsentanten der Besatzungsmacht haben, da genaue Richtlinien vielfach noch


nicht vorhanden waren oder die vorhandenen schlechterdings nicht anwendbar waren,
nach eigenem Gutdünken gehandelt und regiert. In vielen Fällen ergab das die Not-
wendigkeit, eine parteikonforme und ideologisch vertretbare Begründung für bereits
getroffene Maßnahmen zu finden, Daß die dabei vorgetragenen Argumente keines-
wegs immer den wahren Motiven entsprachen, ist bei genauem Hinsehen durchaus
einsichtig; ersparte es doch Schwierigkeiten und Ärger oder gar den Vorwurf des Defai-
tismus, wenn man nicht an einem erklärten und offiziellen Ziel rüttelte, sondern ledig-
lich erklärte, um dieses Ziel zu erreichen, sei es im Augenblick günstiger, dieses Ziel

4 K. Kwiet, a.a.O., S. 154

151
nicht zu verfolgen. Sicher war auch der Krieg dafür mitverantwortlich, daß die Verwal-
tungspolitik im Ostland mehr vom Pragmatismus geprägt war als von ideologischen
Fernzielen, auch wenn diese nach außen hin nur selten aufgegeben wurden.

Aber selbst für die gutwilligsten Idealisten in der Verwaltung, die anfangs nach der
Devise handelten, dass „Fürsorge und Gerechtigkeit das beste Mittel“ 5 bei der Be-
handlung der ihnen anvertrauten Menschen sei, blieb im Verlauf des Krieges meist
„nur noch die Resignation, das Geradebiegen im unwesentlichen Einzelfall“ 6, was zur
Erreichung einer politischen Gesamtlösung wenig beitragen konnte. Die vergleichs-
weise liberale Einstellung der meisten Beamten und Verwaltungsführer der Zivilverwal-
tung des Ostlands, speziell im kulturellen Sektor, könnte darauf zurückgeführt werden,
dass es sich im überwiegenden Maße nicht um Parteifunktionäre, sondern um Akade-
miker handelte , die vielfach auch als Fachleute auf ihrem Gebiet eingesetzt werden
konnten. Sicher aber dürfte es auch dem borniertesten Beamten im Baltikum schwer
gefallen sein, den überlegenen Herrenmenschen Herauszukehre n als in den übrigen
besetzten Ostgebieten. Von dem hohen geistigen und kulturellen Niveau der Esten,
Letten und Litauer ist so mancher überrascht worden.

Eine einheitliche Gesamtbeurteilung der deutschen Verwaltungspolitik im Ostland ist


kaum möglich, sowohl wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen in den einzelnen
Gebieten als auch wegen der unterschiedlichen Einflussnahme -- durch die jeweiligen
politischen Akteure auf deutscher wie einheimischer Seite. Genauer zu untersuchen
bliebe auch noch die Wirtschaftspolitik, ebenso die Mahnahmen der Einsatzgruppen.
Aber .auch die Wirtschaftspolitik im Ostland wird schwerlich auf einen Nenner zu brin-
gen sein; dass der deutsche Einmarsch in die baltischen Länder keineswegs nur als
eine „Befreiung von der Butter“ angesehen werden kann, zeigt, z.B. die Tatsache, dass
die Zahl der der im Ostland eingegangenen Pakete bis zum Juni 1942 die der aufge-
gebenen überwiegt. 7 Es sei hier auch an Lohses und Kubes Proteste gegen „den
Vernichtungsfeldzug“ und die „Methoden des 30-jährigen Krieges“8 bei der Bandenbe-
kämpfung in Weißruthenien erinnert. Zudem wird es jeder für sich anders bewerten,
ob unter den Bedingungen des Krieges Einschränkungen auf wirtschaftlichem Sektor

5 RKO (Burmeister): Betr.: Einheimische Volksgruppen, BA R 6/159


6 P. Kluke: „Politische Form und Außenpolitik des Nationalsozialismus“, in: Festschrift für H. Rothfels,
S. 437
7 Statistische Berichte für das Ostland, 1942, Nr. 7/8, S. 206
8 Lohse an RMO, 14. Oktober 1943, BA R 6/282. Diese Proteste waren keineswegs „rein taktischer

Natur“ oder nur vom „wirtschaftlichen Pragmatismus“ bestimmt, wie Dallin (a.a.O. S. 217) annimmt.

152
eher hingenommen werden können als auf geistig-politischem Gebiet. Manchem er-
schien die liberale Hochschulpolitik oder die Tatsache, dass es z. B. in Reval mehr
Theater-Inszenierungen und höhere Besucherzahlen gab als in Friedenszeiten, 9 be-
deutsamer als vielleicht die Arbeitsdienstpflicht. Wenn auch von der Kulturpolitik alle
sozialen Schichten betroffen waren, am meisten angesprochen wurden doch diejeni-
gen Kreise, die auch politisch den größten Einfluss besaßen.

Für eine endgültige Wertung der gesamten deutschen Besatzungspolitik im baltischen


Raum sollte hier nur eine Voraussetzung geschaffen werden, indem neben der Dar-
stellung der Situation auch die unterschiedlichen Beweggründe der handelnden Per-
sonen aufgezeigt und aus ihrer damaligen Sicht und mit ihren damaligen Möglichkeiten
für die heutige Zeit verständlich zu machen versucht wurden.

9 Siehe oben S. 143

153
V. A n h a n g

Das Reichskommissariat Ostland


(Verwaltungs-Grenzen)

154
Statistische Übersicht für das Reichskommissariat Ostland 1

Bodenfläche:

Fläche davon landw. genutz


in qkm qkm %
RKO insges. 1.1.1942 241.000 ca. 148.000 61,4

Estland 47.549 27.445 57,7


Lettland 65.791 38.010 57,2
Litauen (1.1.1941) 62.349 41.255 66,2
Litauen 67.199 ca. 44.500 66,2
Weißruthenien 228.300 137.993 60,4
Weißruthenien u. dt. Zivilverw. 1.1.42 60.461 ca. 36.500 60,4

Bevölkerung:

Geburten-.
Einwohner- Einwohner/
überschuss
zahl qkm
pro 1.000 Einw.
RKO insges. 8.511.648 34 –

Estland 1.1.1942 1.017.811 21,5 1,2 (1939)


Lettland 1.8.1941 1.795.997 29,8 3,7 (1940)
Lettland 24.2.1943 1.803.104
Litauen 27.5.1942 2 2.797.840 48,9 10,5 (1940) 3
Weißruthenien insges. 1941 9.835.100 43,1 24,5 (1927) 3
Weißruthenien u. dt. Zivilverw. 1.1.42 2.900.000 47,9 –
dto. 1942/43 2.411.333 – –

1 Zusammengestellt nach verschiedenen Quellen, u. a. DZO, "Ostland in Zahlen", Statist.


Berichte für das Ostland, Statist. Berichte f. d. Gen. Bezirk Lettland, Statist. Berichte für
den Gen. Bezirk Estland, sowie verschiedene Publikationen.
2 Litauen mit Wilnagebiet
3 Ohne ehemalige polnische Gebiete

155
Religionszugehörigkeit der Bevölkerung in %

evang.- röm.-
orthodox altgläubig mosaisch andere
luth. kath.
Estland 1934 79,1 0,2 18,9 – 0,4 1,4

Lettland 1935 56,1 24,5 8,9 5,5 4,8 0,2

Litauen * 1923 3,8 85,7 1,1 1,6 7,7 0,1

Weißruth* 1931 0,5 46,2 42,3 – 9,9 1,1

Lesenskundige (über 10 Jahre) in %

Estland 1934 96,1

Lettland 1935 88,9

Litauen* 1923 67,4

Weißruth* 1931 53,3

Berufstätige in %

in Land- u. in Industrie
Forstwirtsch u. Handwerk

Estland 1934 63 14,5

Lettland 1935 67,6 14,7

Litauen * 1923 79 6,1

Weißruth * 1931 87,3 1,5

* ohne ehemalige polnische Gebiete

156
Ostministerium
(1. 12. 1941 – Mai 1942)

Reichsminister für die besetzten Ostgebiete (Alfred Rosenberg)


ständiger Vertreter (Gauleiter Dr. Alfred Meyer)

Haupt-Abt. I. Politik (Dr. Leibbrandt)


I / 1 Allg. Politik (Dr. Bräutigam)
a. Rechtsentwicklung und Gesetzgebung
b. Außenpolit. Fragen
c. Einsatz
d. Information
e. Verlagswesen
f. Verbände und Kriegsgefangene, Sport- und Wehrfragen
g. Rassenpolitik
h. Überstaatl. Mächte (Intern. Verbände)
i. Allgem. Verbindung zur Wehrmacht in d. bes. Ostgebieten, Turkestan

I / O Ostland (Dr. Kleist)


a. Allgemeines
b. Estland
c. Lettland
d. Litauen
e. Weißruthenien
f. Fremdes Volkstum
g. politische Fragen und Rück- und Umsiedlung
h. Emigration

I / U Ukraine
a. Allgemeines
b. Deutschtum
c. Ukrain. Kerngebiete
d. Ukrain. Randgebiete
e. Russ. Siedlungsgebiet
f. Kosakentum
g. Krim
h. Auslands-Ukrainer und Emigration

I / T Rußland
a. Allgemeines
b. Kernrussland
c. Nordrussland
d. Westrussland
e. Idel-Uralgebiet
f. Sibirien
g. Panslawismus
h. russ. Emigration

157
I / K Kaukasien
a. Allgemeines
b. Georgien
c. Aserbeidschan
d. Armenien
e. Nord-Kaukasus
f. Kuban-Terek
g. Kalmücken-Gebiet

I / 4 Presse und Aufklärung


a. Allg. Veröffentlichungsfragen
b. Deutsche Presse
c. Fremdsprachige Presse
d. Auslands-Information
e. Rundfunk
f. Film
g. aktive Propaganda

1 / Abt. Jugend (S. Nickel – seit etwa April 1942)


a. Allg. Fragen der Jugendpolitik
b. öffentliche Jugendarbeit der landeseigenen Verwaltung
c. freie Jugendarbeit nichtdeutscher Völker
d. Reichs- und volksdeutsche Jugendarbeit, Jugendaustausch
e. Überwachung

1 / Abt. Frauen (Dr. Petmecky)


a. Reichsdeutsche
b. Volksdeutsche
c. Fremdvölkische

Haupt-Abt. II Verwaltung (Dr. Runte)


II / Pers. Personalamt und Einsatz Ost (4 Gruppen)
II / 1 Innere Verwaltung (6 Gruppen)
II / 2 Gesundheitswesen und Volkspf1cge (6 Gruppen)
II / 3 Veterinärwesen (4 Gruppen)
II / 4 Fürsorge und Vo1kswohlfahrt (4 Gruppen)
II / 5 Justiz (6 Gruppen)
II / 6 Finanzen (5 Gruppen)
II / 7 Wissenschaft und Kultur (6 Gruppen)
II / 8 Treuhandverwaltung (Generalreferat)

Führungsstab Wirtschaftspolitik (statt Haupt.Abt. Wirtschaft)


III / Wi Chefgruppe Wirtschaftl. Kooperation (Dr. Schlotterer) – 7 Abteilungen –
III / E Chefgruppe Ernährung und Landwirtschaft (Dr. Riecke) – 3 Abteilungen –
III / FH Chefgruppe Forst- und Holzwirtschaft (Barth)

Haupt-Abt. IV Technik
– Aufbau mit 5 Abt. nur vorgesehen –
Abt. Z Zentralverwaltung (Degenhardt) – 4 Gruppen
158
geplanter Aufbau des Ministeriums im Juli 194 *
Reichsminister für die besetzten Ostgebiete
ständiger und allgemeiner Vertreter

Haupt-Abt. I: Zentralverwaltung

Haupt-Abt. II:

Abt. II a Politik
Abt. II b Aufklärung und Presse
Abt. II c Arbeits- und Tarifpolitik

Hauptabteilung III: Verwaltung

Abt. III a allgem. Verwaltung


Abt. III b Gesundheitswesen
Abt. III c Veterinärwesen
Abt. III d Recht
Abt. III e Finanzen
Abt. III f Wissenschaft und Kultur

Hauptabteilung IV: Wirtschaftspolitik und technische Kooperation

Abt. IV a Gewerbliche Wirtschaft


Abt. IV b Ernährung und Landwirtschaft
Abt. IV c Forst- und Holzwirtschaft
Abt. IV d Preisbildung und Preisüberwachung
Abt. IV e Arbeit
Abt. IV f Technik
Abt. IV g Verkehr

* Bundesarchiv: IMT 1065-PS

159
Ostministerium
(Mai 1942 – August 1943)

Reichsminister f. d. b. O. Rosenberg
Pers. Referent Dr. Koeppen
Adjutant Dr. Marquart
Verbindungsmann zum FHQ Dr. Koeppen
zum OKH Dr. Bräutigam
zur HG Nord Weissauer
zur HG Mitte Lorenz
zur HG Süd Freund

Verbindungsführer zum RFSS und Chef


der dt. Pol. Brandenburg
zur obersten SA-Führung Girgensohn

ständiger Vertreter Dr. Alfred Meyer


Pers. Referent Dr. Fritsche
Adjutant Ahnefeld
Hauptabteilung I Politik
I/1 Allgem. Politik Dr. Leibbrandt
I/2 Ostland Dr. Kleist
I/3 Ukraine Dr. Kinkelin
I/4 Rußland Dr. Zeitler / Dr. v. Knüpffer
I/5 Kaukasus Prof. Dr. v. Mende
I/6 Kultur Scheidt / v. d. MiIwe-Schroeden
I/7 Volkstum und Siedlung Dr. Wenzel/Kinkelin
I/8 Presse Zimmermann
I/9 Jugend Nickel
I/10 Frauen Dr. Petmecky
Hauptabteilung II Verwaltung Dr. Runte
II/1 Innere Verwaltung Dr. Labs
II/2 Gesundheitswesen u. Volkspflege Dr. Waegner
II/3 Veterinärwesen
II/4 Sozialdienste
II/5 Recht Dr. Wilhelmi
II/6 Finanzen
II/7 Wissenschaft und Kultur Kienzlen
II/8 Treuhandwesen Dr. Reinbothe
Hauptabteilung III Wirtschaft
Chefgruppe III Wirtsch.-pol. Kooperation: Dr. Schlotterer
Chefgruppe III E - Ernährung u. Landw. Dr. Rieke
Chefgruppe III FH - Forst- u. Holzwirtsch Barth
Beauftragter für Sonderfragen Malletke
Abt. Z Zentralverwaltung

160
Ostministerium
(20. Aug. 1944 – Dezember 1944)

RMfdbO Rosenberg
ständiger Vertreter Dr. Meyer

Führungsstab Politik Berger


Führungs-Gr. P 1 Allg. Politik Bräutigam
2 Deutschturn Dr. Kinkelin
3 Fremde Völker Prof. v. Mende
Ostland Turmann
Litauen v. Staden
Lettland Dr. Thelen
Weißruthenien NN
4 Kultur v.d. Milwe-Schroeden
a. Schule u. Wissen Dr. Hoefke .
b. Religionsfragen Rosenfelder
c. Schrifttum Dr. Westenburger
d. Kunst Göpel
5 Jugend Nickel
6 Frauen Dr. Petmecky
7 Arbeitspolitik

Hauptabteilung II Verwaltung
mit Abteilungen wie zuvor
Abt. II/7 Erziehung und Wissenschaft
a. Volks- und Hauptschulen, Lehrerbildungsanstalten
b. Ober-, Mittel- und Aufbauschulen
c. gewerbl. und sonst. Ausbildung (Personalunion mit Wi Ig)
d. landw. Ausbildung (Pers.-Union mit E 21)
e. Lehrerfortbildung
f. Wissenschaft und Kultur

Hauptabteilung III
mit den 3 Chefgruppen Wi, E und FH

Abt. Z Zentralverwaltung

BfS Beauftragter für Sonderfragen: Malletke

Abt. Treuhandverwaltung
Ostministerium
Januar 1945 in Michendorf

RMfdbO Rosenberg
ständiger Vertreter: Dr. Meyer

Führungsstab Politik: Berger

HA-Abt. Arbeit
HA-Abt. Presse und Propaganda
HA-Abt. II Verwaltung (ohne die Abt. 4 + 5)
Chefgruppe III Wi
Chefgruppe III E
Abt. Z Zentra1verwaltung
Bfs Beauftragter für Sonderfragen
Abt. Treuhandwesen
ZfO Zentrale für Ostforschung

Persona1stand am 6. November 1944: 235 Mitarbeiter


d. Abt. II/2 und II/7 im Januar 1945: je 2 Mitarbeiter

162
Reichskommissariat Ostland

Reichskommissar: Gauleiter Hinrich Lohse


Pers. Referent: Dr. Wichmann
Adjutant: Ziegenbein

Haupt-Abt. I. Zentralamt: Burmeister


Abt. 1/ Pers. Personalien: Dr. Steinbrick

Haupt-Abt. II Politik: Dr. Fründt (- Mai 1942), Pröhl (- Mai 1943)


Burmeister
II a Politik: Trampedach
II b Arbeit u. Sozialpolitik
II c Treuhandverwaltung
II d Arbeit
II e Gesundheitspflege
II f Veterinärwesen
II g Recht
II h Wirtschaftswerbung u. Fremdenverkehr
II i Wissenschaft und Kultur: Neugebauer

Haupt-Abt. III Wirtschaft: Matthiessen


III a Arbeitspolitik und Sozialverwaltung
III b Ernährung und Landwirtschaft
III c Forst- und Holzwirtschaft
III d Eisenbahn und Post
III e Preisbildung und Überwachung
III f Bankwesen und Währung
III g Handels- und Devisenpolitik

Haupt-Abt. IV Technik: Lorenzen


IV a Technik
IV b Verkehr

Die Haupt-Abt. I Zentralamt wurde später in die Haupt-Abt. 11 Verwaltung um-


gewandelt. Die Haupt-Abt. II wurde gleichzeitig zur Haupt-Abt. I.

163
General-Kommissariat Estland

Generalkommissar: SA-OGruf. Karl Litzmann


Adj. u. Pers. Referent: Homringhausen
HAbt. I Zentralamt: v. Haldenwang

HAbt. II Politik: Aster, sp. Menzel


Abt. Wiss. u. Kultur: Dr. Weiss

HAbt. III Wirtschaft: Prinz Hohenlohe

HAbt. IV Technik: Maul

Gebietskommissare:
Reval-Stadt: Menzel
Reval-Land: Böcking, ab 4. 2. 42: Walter Rieke
Pernau: Rieken
Dorpat: Meenen
Wesenberg: Jenetzky
Petschur: Bombe
Arensburg: Dr. Schröder

General-Kommissariat Lettland

Generalkommissar: Dr. Drechsler

HAbt. I Zentralamt: Simm


HAbt. II Politik: Bönner
Abt. Wiss. und Kultur: Dr. v. Stritzky

HAbt. III Wirtschaft: Dr. Dr. v. Borcke

HAbt. IV Technik: Dr. Weise

Gebietskommissare:
Riga-Stadt: Wittrock (zugl. Oberbürgermeister)
Riga-Land: Fust
Libau: Dr. Alnor
Mitau: Frh. V. Medem
Wolmar: Hansen, ab 15.1.1943: Paulsen
Dünaburg: Schwung, ab 1.9.42: Rieken,
(vorgesehen: Weliki-Luki: Madre)

164
General-Kommissariat Litauen

Generalkommissar: Dr. Adrian v. Renteln

HAbt. I Zentralamt: Solms

Habt. II Politik: Habersberg, sp. Lüth

HAbt. III Wirtschaft: Dr. Pense

HAbt. IV Technik: v. Ebner

Gebietskommissare:
Kauen-Stadt: Cramer
Kauen-Land: Lentzen
Schaulen: Gewecke
Wilna-Stadt: Hingst
Wilna-Land: Neum

General-Kommissariat Weißruthenien

Generalkommissar: Gauleiter Wilhelm Kube (ab Sept. 43: SS-OGruf. v. Gottberg)


Adj.: Eckard
Pers. Ref.: Dr. Markus

HAbt. I und Pers.


Referent: Landrat Reuscher (1943: HAbt. I Politik: Bauer/ sp .Dr. Lübbe)

HAbt. II Politik: Eger (1943: HAbt. II Verwaltung: Dr. Kaiser)

HAbt. III Wirtschaft: Freitag

HAbt. IV Technik: Hartwig (1943: HAbt. IV Arbeit: Osbelt)

165
Haupt- und Gebietskommissare im RKO

H-Kom. Minsk:
Minsk-Stadt: Jenetzke
Minsk-Land: Dr. Kaiser/ Dr. Ehrenleitner
Glubokoje: Hachmann
Wilejka: Schmidt
Borissow: Carl
Sluzk: Dr. Schmidt

H-Kom. Baranowitschi: Fenz


Baranowitschi: Werner
Lida: Hanweg/ Sollmann
Novogrodek: Traub
Telechany: Becker
Ganzewitschi: Müller
Slonim: Erren

H-Kom. Mogilew: (Sollmann, vorges.)


Mogilew-Land: Petersen
Bobruisk-Stadt: Mertes
Bobruisk-Land: Wulf
Shlobin: Hemmann
Gorki: Haase
Ruda Kachalewska: Maas

H-Kom. Witebsk: Paulsen


Witebsk-Stadt: Wegner
Witebsk-land: Dr. Reichmann
Orscha: Krebs
Gorodok: Bormann
Tolotschino: Madre
Lepel: Ellerbock
Polozk: Münch
Drissa: Müll
Zahacie: Walchensteiner

H-Kom. Smolensk: Bauer


Smolensk-Stadt: Walter
Smolensk-Land: Langer
Newel: Mahn
Berki: Mackowsky
Jarzewo: Wagner
Rosslawl: Dr. Ehrenleitner

Die drei Haupt-Kommissariate Mogilew, Witebsk und Smolensk, verblieben stän-


dig unter Militär-Verwaltung im rückwärtigen Heeresgebiet.
166
Abschrift *)

Der Reichsminister
für die besetzten Ostgebiete Berlin, den 19. November 1941
I / 3217/ 41

An den
Herrn Reichskommissar für das Ostland
Riga
Adolf-Hitler-Str.
Postleitort Tilsit

Betrifft: Hochschulpolitik im Reichskommissariat Ostland


Ich bitte, bei der Behandlung der Hochschulfragen nach folgenden Grundsätzen zu ver-
fahren:
1.- Alle Hochschulen im RK Ostland sind bis auf weiteres zu schliessen. Eine Ausnahme
gilt lediglich für die medizinischen, tierärztlichen, landwirtschaftlichen, forstwirtschaftli-
chen, technischen Fakultäten und die naturwissenschaftlichen Fächer, die zur Absolvie-
rung des Studiums In den vorgenannten Fakultäten notwendig sind (z. B. Medizin, Phy-
sik und Chemie), da in allen Generalbezirken schon jetzt ein grosser Mangel an Fach-
kräften dieser Art besteht.
2.- Studenten höherer Semester, die nicht zu den unter 1 genannten Fakultäten gehören,
steht später vielleicht die Möglichkeit offen, ihr Studium zu beenden. Gegenwärtig kann
selbst für die kurz vor Abschluß eines Examens oder in einem Examen stehenden Stu-
denten der Universitäten im Ostland die Ablegung bzw. Beendigung des Examens nicht
in Betracht kommen. Das Recht hierzu muss erst durch vorbildliches Verhalten Eintreten
für deutsche Belange erwirkt werden.
3.- Sämtliche Fachhochschulen der unter 1 genannten Fakultäten können ihre Arbeit
sofort wieder aufnehmen.
4.- Für später sind folgende deutschen Hochschulen im RK Ostland vorgesehen:
1) Universität in Dorpat
2) Technische Hochschule in Riga
3) landwirtschaftliche Hochschule in Kauen – nebst Veterinärakademie

Ich bitte, schon jetzt die geeignet erscheinenden Vorarbeiten vertraulich einzuleiten. Das
gleiche geschieht von hier aus, insbesondere hinsichtlich der personellen Besetzung.
5.- Der beamtete Lehrkörper der zu schließenden Universitäten bzw. Fakultäten ist vor-
sorglich zu entlassen. Eine Wiedereinstellung solcher Lehrkräfte, die sich nach einge-
hender Prüfung als politisch und weltanschaulich zuverlässig erwiesen haben, ist gege-
benenfalls im Rahmen der Neuplanung in Aussicht zu stellen.
gez. Rosenberg
Beglaubigt:
(Stempel) Partmann
Regierungsassistent
*) Bundesarchiv: R 6/ 172

167
Abschrift *)

Berlin, den 19. November 1941


Der Reichsminister
für die besetzten Ostgebiete
I/ 3217/ 41

An den

Herrn Reichskommissar für das Ostland

R i g a/ Leitort Tilsit
Adolf-Hitler-Str.

Durchführungsbestimmungen
zum Erlass über die Hochschulpolitik im Reichskommissariat
Ostland vom 19. November 1941
_____________________________________________________________

1.- Der Lehr- und Forschungsbetrieb in den im Erlass vom 19.11.41 Punkt 1 ge-
nannten Fakultäten ist sofort für alle Semester aufzunehmen.
Über Neu-Immatrikulationen ergehen später vom Herrn Reichskommissar im Ein-
vernehmen mit den Herren Generalkommissaren noch besondere Richtlinien.
2.- In allen Hochschulen ist nach Möglichkeit eine allmähliche Umstellung des Lehr-
und Forschungsbetriebes auf die deutsche Sprache einzuleiten.
Es sind sofort deutsche Sprachkurse einzurichten.
3.- Soweit nicht bereits geschehen, sind kommunistische und deutschfeindliche Ele-
mente aus dem Lehrkörper, der Verwaltung und der Studentenschaft zu entfer-
nen.
4.- Federführend ist bei den Herren Generalkommissaren der Referent für Wissen-
schaft und Forschung in der Abteilung Kulturpolitik. Er ist für die personalpoliti-
sche Überwachung des Hochschulbetriebes verantwortlich.
5.- Um die berufliche Nachwuchsfrage für die zu eröffnenden Fakultäten zu regeln,
sind die für die einzelnen Fach- und Berufsgruppen zuständigen Abteilungen der
Generalkommissare zu beteiligen (Gesundheitswesen, Veterinärwesen usw.)

gez. Rosenberg

(Stempel) beglaubigt
Partmann
Regierungsassistent
*) Bundesarchiv; R 6/ 172

168
RMfdbO an RKO
Erlaß v. 22. 2. 44 Nr. 22 betr.: Verwaltungsvereinfachung
hier: Deutsche Hochschulplanung im RKO

Ich bin damit einverstanden, daß in Abweichung von meinem Erlaß vom 19. No-
vember 1941 - I 3217/ 41 - die landeseigenen Verwaltungen Ihres Reichskommis-
sariats ermächtigt werden, die innere Hochschulverfassung der Universitäten
Dorpat, Riga, Kauen und Wilna, der Technischen Hochschule in Reval und der
Landwirtschaftlichen Hochschulen in Mitau und Dotnuva in eigener Zuständigkeit
zu regeln. Hierbei ist eine klare Verantwortung für die Führung und Verwaltung
der Universitäten und Hochschulen sicherzustellen. Es ist ferner durch geeignete
Maßnahmen zu gewährleisten, daß die landeseigenen Verwaltungen diese Er-
mächtigung nicht zum Anlaß nehmen, eine eigene hochschulpolitische Tätigkeit
größeren Stiles zu entfachen.

Die Durchführung der deutschen Hochschulplanung in Ihrem Reichskommissariat


wird bis auf weiteres zurückgestellt. Die von Ihnen in dieser Hinsicht betriebenen
Vorarbeiten sind vorläufig einzustellen.

Aus: Amtsblatt des RMO 2. Jahrg. Nr. 5

Fernschreiben - Geheim
(Auszug)
16. 5. 1944

Der Vertreter des RHO beim OK der Heeres-Gruppe Nord


an RMO zu Hd. Herrn Bräutigam, Berlin, Hegelplatz

Verwaltungserfahrungen aus dem Bereich d. HGr. Nord

Trotz aller Schwierigkeiten wird an einer Erweiterung des Schulbetriebes gear-


beitet. Im Gebiet der 18. Armee konnten 7 Schulen neu eröffnet werden. Bei der
16. Armee wird versucht, während der Sommermonate durch die Errichtung von
Freiland-Schulen der Schulraumnot zu steuern. Bei der 16. Armee wurde zur Or-
ganisierung des Schulwesens der ehemalige Direktor des Gymnasiums von
Witebsk als beratender Schulrat eingesetzt. Wegen der Behebung des Mangels
an Lehr- und Lernmitteln sind von der Heeresgruppe aus im Zusammenwirken
mit dem Reichskommissariat für das Ostland und dem Reichsministerium Schritte
unternommen worden.

Aus: Bundesarchiv R 6/ 402

169
VI. Quellen und Literaturverzeichnis

1. Quellen
Auswärtiges Amt Politisches Archiv:
AA Inland g II (Akten betreffend Rußland)
AA Inland I D Büro RAH (Akten betreffend Ostland-Ukraine)
Büro RAM
Pol. Abt. XII (Rußland-Gremium)
Akten betr. Lettland, Estland, Litauen
Bundesarchiv (BA):
Akten des Reichsministeriums für die besetzten Ostgebiete, Signatur: BA R 6/
Akten des Reichskommissariats Ostland, Signatur: BA R 90/ - (bisher nur in
Bruchstücken zugänglich)
Akten des Generalkommissariats Weißruthenien, Signatur: BA R 93/ -
Akten des Generalkommissariats Lettland, Signatur: BA R 92/
Restakten der Gebietskommissariate Libau, Mitau und Reval, Signatur: BA R 91/
Institut für Zeitgeschichte München:
Beweis-Dokumente aus den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen (Fotokopien),
besonders die Serien IMT-PS, -NG und -NO. Mikrofilme der Akten des RMfbO, RKO
und der RFSS, Signatur: IfZ HA-
„Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärge-
richtshof“, 42 Bde, Nürnberg 1948
„Das Recht der besetzten Ostgebiete", hrsg. von Alfred Meyer, München 1943 (Abk.:
Meyer: Recht)
„Verordnungsblatt des RMfdbO", Berlin 1941 - 1945
„Amtsblatt des RMfdbO", Berlin 1941, 1942 „Verkündungsblatt für das Ostland", Riga
1941/42
„Verordnungsblatt des RKO“, Riga 1942-44 „Amtlicher Anzeiger des RKO“, Riga
1942 - 44
"Amtsblatt des GK für Estland", Reval 1942 – 44
"Amtsblatt des GK für Litauen", Wilna 1942 – 44
"Amtsblatt des GK für Lettland", Riga 1941 – 44
"Amtsblatt des GK für Weißruthenien", Minsk 1941 – 44
"Ostland" Monatsschrift des RKO, hrsg. v. W. Zimmermann, Riga
"Deutsche Zeitung im Ostland" (DZO) v. 5. 8. 1941 - 10. 10. 1944
"Revaler Zeitung", "Kauener Zeitung", "Wilnaer Zeitung", Minsker Zeitung", "Deut-
sches Tageblatt für Weißruthenien"

170
"OKW - Wehrmachts-Befehlshaber Ostland: Vorordnungsblatt", Riga, 1941 - 1944
"Die Ostwirtschaft", Ber1in 1941 - 1944
"Die Burggemeinschaft", Organ d. Ordensburg Krössinsee, 1943/44
"Landwirtschaftliches Wochenblatt", Amtl. Organ f. Ernährung und Landwirt-
schaft des RKO, Riga ab 1. B. 1943
"Brücke zur Heimat", Blätter für die Volksdeutschen in den besetzten Ostgebieten,
hrsg. v. RMfdbO und RKFDV, vierteljährl. Berlin 1943 ff.
"Die Ostkartei" - Grundriß des Neuaufbaus im Osten, hrsg. v. H. Hohenstein, Berlin
1943/44

Schriftliche oder mündliche Mitteilungen an den Autor von:

Oskar Angelus, Walter Banaitis, Hans v. Boetticher, Hans-Otto v. Borcke, Otto Bräuti-

gam, Carl Cranz, Siegfried Drescher, Karl Dülfer, Werner Essen, Adam Grünbaum,

Heinrich Härtle, Zenonas Ivinskis, Werner Kapp, Robert M. W. Kempner, Oskar Kienz-

len, Peter KIeist, Rudolf v. Knüpffer, Werner Koeppen, Heinrich Kurtz, Georg v. Kru-

senstjern, Walter Labs, Georg Leibbrandt, Wilhelm Lenz, Georg Marquart, Martin Matt-

hiessen, Fritz Michel, Wilhelm Mommsen, Vilis Namsons, Friedrich Neugebauer, Gott-

lieb Ney, Herbert Petersen, Hans Rall, Herbert Roettig, Mikelis Rolle, Hans-Wil- helm

Scheid, Joachim Seeger, Hans-Günther Seraphim, Adolf Šilde, Joseph Siwitza, Karl

Georg Graf Stackelberg, Richard v. Staden, Arved Baron Taube, Ernst Turmann, Fried-

rich Karl Vialon, Harald Waegner, Hellmuth Weiss, Adolf Windecker.

171
2. Enzyklopädien, Handbücher, Statist. Jahrbücher etc.

"Augst ka un videja speciala izglītība Latvijas PSR" (Höhere und mittlere Fach-Aus-
bildung in der Lett. SSR), hrsg. v. d. Statist. Zentralverwaltung beim
Ministerrat der Lett. SSR, Riga 1964
"Bolšaja Sovetskaja Enciklopedija" (Große Sowjet. Enzyklopädie) Moskau 1956 ff.

"Eesti", hrsg.: Inno , Karl und Oinas, Felix, 4 Bde., Geislingen 1949

"Eesti Riik Ja Rahvas leises Maailrnasõjas", (Estland, Staat und Volk während des
2. Weltkrieges), 9 Bde., Stockholm 1958 ff.

"Eesti Riik Ja Rahvas leises Maailrnasõjas", (Estland, Staat und Volk während des 2.
Weltkrieges), 2 Bde., Tallin 1964 "Eesti statistika", Jg. 1940, Tallin 1940
"Grožine literatura 1940 - 1960" (Schöngeistige Literatur), ed. J. Jurevičiute, Vilnius
1961
"Latvia, Country and People", ed. J nis Rutkis, Stockholm 1967

"Latvijas PSR M za Enciklop dija" (Kl. Enzyklopädie der Lett. SSR), 3 Bde. Riga 1970 - 72

"Latvijas statistikas gada gr mata 1937 - 38" (Stat. Jahrbuch Lettlands), Riga 1938

"Latvijas statistikas gada gr mata 1939" (Stat. Jahrbuch Lettlands) Riga 1939

"Latvijas zeme, daba, tauta" (Land, Natur und Volk Lettlands), Riga 1937

"Latvija - Statistisks P rskats" (Lettland-Statist. Übersicht), Verlag Mantnieks 1947

"Latvju Enciklop dija" (Red. Arveds Švabe), Stockholm 1950 – 62

"Die Lehranstalten des Generalbezirks Lettland im Schuljahr 1941/42", hrsg. v. Jānis


Kronlinš, (deutsch und lettisch), Riga 1943
"Lietuva 1918 - 1938", ed. V. Kemežis, Kaunas 1938

"Lietuviu Enciklopedija", 35 Bde, Boston 1954 - 68


"Lietuvos TSR Knygu R mai - Lietuvos TSR spaudos statistika 1940 - 1955", Vilnius
1955 (Haus des Buches - Statistik)
"Lietuvos TSR Liaudies kis" (Die Volkswirtschaft d. Litauischen SSR), Vilnius 1957

"Lietuvos Statistikos Metraštis 1939", Vilnius 1940

"Lietuvos Žemės kis ir Statistika" Landwirtschaft u. Statistik Litauens), red. A. Mus-


teikis, 2 Bde., Dillingen 1948
“Lithuania Past and Present", New York 1965
"Lithuania 700 Years", ed. by Albertas Gerutis, New York 1969
172
"Lithuania Under the Soviets - Portrait of a Nation 1940 - 1965", ed. by Vytas Stanley
Vardys, New York, Washington, London 1965
"Mažoji Lietuviškoji Tarybine Enciklopedija" (Kleine sowjetlitauische Enzyklopädie),
Vilnius 1970
"Ostland in Zahlen", Bd. 1 (Strukturbericht) und Bd. II (Karten), hrsg. v. Gottfried Müller
und Jekab Jureviz, Riga 1942
"Das Recht der besetzten Ostgebiete", hrsg. v. Alfred Meyer, München 1943 (Abk.:
Meyer: Recht)
"Statistische Berichte für das Ostland", Riga; Nr. 1, Nov./Dez. 1941

"Statistisches Jahrbuch für den General-Bezirk Estland 1942", Bearb. vom Estländ.
Statist. Amt, Reval 1943
"Statistische Berichte für den General-Bezirk Lettland", (deutsch und lettisch), Riga
ab 1942
"Tarybu Lietuvos dvidešmtmetis - statistiniu duomenu rinkinys, (20 Jahre Sowjet- Li-
tauen, eine Zusammenstellung statist. Daten), hrsg. v. d. Zentralverwal-
tung f. Statistik beim Ministerrat d. litauischen SSR, Vilnius 1960

173
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Deuchler, Gustaf: "Die Psychologie im Osteinsatz", in: "Osteinsatz-Studien" Hr.3 (o.J.)
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Gadolin, Axel von: "Der Norden, der Ostraum und das neue Europa", München 1943
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174
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ders.: "Der Mythus des 20.Jahrhunderts", München 1930
ders. "Kampf um die Macht - Blut und Ehre", Reden und Aufsätze 1931-1932, 3 Bde.,
hrsg. v. Thilo v. Trotha, München 1943
ders. "Schriften und Reden", mit Einleitung von H. Bäumler, 2 Bde., München 1943
ders. "Letzte Aufzeichnungen", Göttingen 1955
ders. "Großdeutschland - Traum und Tragödie", Rosenbergs Kritik am Hitlerismus,
hrsg. v. H. Härtle, München 1969 (s.a. S. Lang u. E. Schenk: "Portrait … ")
Runte, Ludwig: "Die Verwaltung der besetzten Ostgebiete", in: Der deutsche Verwal-
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Thenn, u. Seeger, J. (Hrsg.): "Deutsches Lesegut" – ein Lesebuch der Lehrgemein-
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175
4. Darstellungen
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Ackermann, Josef: "Heinrich Himmler als Ideologe", Göttingen 1970
Adson, Arthur: "Lahkumine" (Abschied nehmen), Toronto 1951
ders.: "Teaatri raamat" (Das Theaterbuch) , Stockholm 1958
Aizsilnieks, Arnolds: " Latvijas saimniecības v sture 1914 - 1945" (Wirtschaftsge-
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Anderle, Alfred. u. Basler, Werner: "Juni 1941 - Beiträge zu Geschichte des hitlerfa-
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Angelus, Oskar: "Die Kulturautonomie In Estland", Detmold 1951
ders.: "Tuuhande valitseja maa. Mälestusi saksa okupatsiooni ajast 1941 - 1944"
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ideologischen Grundlagen", Diss. Erlangen, Nürnberg 1962
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199
Abkürzungs-Verzeichnis

AA Auswärtiges Amt
APA Außenpolitisches Amt der NSDAP
BA Bundesarchiv (Koblenz)
DZO Deutsche Zeitung im Ostland
ERR Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg
FHQ Führerhauptquartier
GG Generalgouvernement
GK Generalkommissar, Generalkommissariat
GL Gauleiter
HA Hauptabteilunq
HSSPF Der Höhere SS- u. Polizeiführer
IMT Internationales Militär-Tribunal (Nürnberg)
IfZG Institut für Zeitgeschichte (München)
LAF Litauische Aktivisten Front
NG u. NO Dokumentenserie des IMT
MA Signatur des IfZ
OKH I OKW Oberkommando d. Heeres I d. Wehrmacht
PS Dokumentenserie des IMT
RAD Reichsarbeitsdienst
RFSS Reichsführer SS
RK Reichskommissar
RKFDV RK f. d. Festigung Deutschen Volkstums
RKO / RKU Reichskommissariat Ostland I Ukraine
RMO u. RMfdbO Reichsministerium f. d. bes. Ostgebiete
RSHA Reichssicherheitshauptamt
SA Schutz-Abteilung
SS Schutzstaffel
SSPF SS- u. Polizeiführer
VOBl Verordnungsblatt
WJW Weißruthenisches Jugendwerk
ZAVO Zentralstelle f. Angehörige d. Völker d. Ostens
ZfO Zentrale für Ostforschung

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