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Oktober 2016
Steop, Einführung in die Philosophie
In der Zeit in der der Sokrates spricht und unter seiner heftigen Beteiligung
hat sich dieser Begriff aber deutlich in die Richtung verschoben, in der wir
heute von ,,Tugend‘‘ sprechen. Es geht um den moralischen Begriff: also
man meint damit die moralische Qualität der Personen und deren
2. Vorlesung: 20. Oktober 2016
Steop, Einführung in die Philosophie
Lebensführung und nicht um ,,wie gut könnt ihr Tennis spielen?‘‘ (es geht
nicht um die Stärke)
Das Sokratische Gespräch
Das Sokratische Gespräch ist sozusagen die Herkunft, dessen was dann die
philosophischen Schulen der Skepsis hieß. Es geht nicht darum ,,was hat
Sokrates gelehrt?‘‘, ,,was hat er für Thesen in die Welt gesetzt?‘‘, sondern um
,,wie hat er gesprochen?‘‘ , ,,wie hat er die Philosophie sozusagen als
bestimmte Form von Praxis begründet?‘‘.
Wir haben sofort die Frage der Lehrbarkeit im Raum. Und zwar die
Lehrbarkeit in Hinblick auf einen sehr Allgemeinbegriff von Gutsein bei
Menon, der sozusagen ein ausgebildeter Redner ist und in dieser
athenischen Demokratie genau die Qualitäten besitzt, die man da haben
muss, nämlich überzeugend vor einer großen Versammlung sprechen
können. Da kann man davon ausgehen, dass er dieses ,,areté‘‘,
dieses ,,Gutsein‘‘ (auch gemein Tüchtigkeit, etwas können‘‘) gebraucht.
Dieses ,lehrbar‘ oder ,nicht lehrbar‘ ist nicht bloß Rahmen, sondern auch
Thema in diesem Dialog. Das hat etwas damit zu tun, dass die Frage ob
etwas lehrbar ist, natürlich sofort etwas über diese Sache sagt.
Es gibt einen anderen Platonischen Dialog, nämlich den ,,Ion‘‘. Da geht es
darum, ob das Künstlerische Reden, das Literarische Reden (aus den
klassischen griechischen Texten) gelehrt werden kann. Ist das ein Handwerk
oder benötigt man dafür eine göttliche Inspiration? Ist das angeboren? Es
hat etwas mit Inspiration, Enthusiasmus, Begeisterung zu tun und der
Fähigkeit dieser Begeisterung mitzuteilen an einer großen Versammlung.
Hiesigen = Athener
Das ist die typische Geste ,,Hallo, ich weiß eigentlich nichts und wir müssen
hier mal klären, was überhaupt Thema ist. Bevor wir darüber reden, ob man
das Gute lehren kann, müssen wir klarstellen was Gutsein überhaupt ist.
Sonst wissen wir nicht, was das Thema unseres Gespräches ist. Und
Gespräche von denen man gar nicht weiß worum sie gehen, sind ja schon
irgendwie Zeitverschwendung.‘‘ Somit muss man einen Schritt zurückgehen.
Kant hat mal gesagt, dass Sokrates nicht die Lehrerrolle, sondern gern die
Schülerrolle einnimmt. Auch hier im Dialog merkt man, dass er immer
sagt ,Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Sag du es mir‘
Das heißt er präsentiert hier ein Beispiel, was ziemlich absurd wäre zu sagen
,Eine Frau ist anders gesund als der Mann‘. Menon meint:
Das ist nun so ein Moment, wo in den sokratischen Dialogen das Elend für
den Gesprächspartner anfängt. Sokrates hat damit eine extrem spezifische
und stark-moralisch orientierte Art von Gutsein in diesen Begriffen
(besonnen und gerecht) interpretiert. Menon meint ,,Ja gestehe ich dir gerne
zu‘‘. Sokrates setzt fort:
Sokrates arbeitet daran, anhand diesen Beispielen, die Menon in den Raum
gestellt hat, auf gemeinsame Grundcharakteristika runterzustellen. Warum
2. Vorlesung: 20. Oktober 2016
Steop, Einführung in die Philosophie
sagen wir von den einen, der regelt die politischen Angelegenheiten gut und
die regelt den Haushalt gut. Das sind dieselben. Man soll es nicht auf Mann
und Frau aufteilen, sonst wissen wir nicht warum wir das eine GUT und das
andere SCHLECHT bezeichnen soll und wir müssen ja wissen, ob das ein
Fall von gut und schlecht ist.
Idee
Und das ist schon der Punkt an dem klar wird, warum später (vor allem in
späteren Dialogen von Platon) dieser Begriff der Idee eine große Rolle spielt.
Man kann die Idee sozusagen von oben herunter sich klarmachen aus den
späten Dialogen oder diesen tollen Bilder entworfen werden. Bsp.:
Das ,,Höhlengleichnis‘‘ (Platons Werk), wo die Leute gefesselt verbunden in
der Höhle sitzen und ihre Köpfe nicht bewegen können. Sie bekommen eine
Scheinwelt vorgespielt und dann kommt der heldenhafte philosophische
Lehrer und führt sie da raus. Von oben scheint die Sonne (Idee). Deshalb
wird der Lehrer heute als Held dargestellt.
Das heißt, wenn man das so von oben runter macht, schnell mal übersehen,
dass man überhaupt den Zweck des Ganzen (wozu hat er den Begriff so
prominent gemacht) nicht angibt.
Hier den Menon zeigt er von unten hoch wie er zur Idee kommt, nämlich
man braucht ein gemeinsames Thema damit wir geordnet reden. Mit
Beispielen kann den Begriff jetzt auch nicht erklären z.B. geben wir ein
Beispiel für x, wenn man aber nicht x kennt/weiß. Das heißt, diese Ziel, die
IDEE, die den gesamten Erkenntnisprozess Orientierung gibt, das muss man
feststellen.
Heute verstehen wir unser Idee was anderes (Ich habe eine Idee). Damals
verstand man unter Idee, genau das was nicht in einem einzelnen Kopf
passiert, sondern was im Laufe verschiedene Köpfe in Übereinstimmung zu
bringen.
Sokrates selbst fragt immer den anderen Gesprächspartner ,,Was würdest
du sagen?‘‘ und Menon antwortet ,,Gutsein ist, wenn der Staat gut verwaltet
wird.‘‘
Was er da meint ist, ,,Naja wir haben gesagt, Gutsein bedeutet etwas mit
Besonnenheit und Gerechtigkeit tun. Wenn du sagst Gutsein ist den Staat
gerecht verwalten, dann hast du etwas was die Bestimmung von Gutsein ist
verwendet um Gutsein zu bestimmen und das ist logisch gesehen ein
Zirkelschluss. Du kannst nicht das, was du bestimmen willst, bestimmen.‘‘
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Steop, Einführung in die Philosophie
Jetzt kommt eine sehr bekannt Stelle, wo Menon politisch extrem inkorrekt
ein Tiergleich verwendet:
Hier kommt es nun zu einer Lähmung. Es ist wie ein Gift, der einem die
Bewegungsfähigkeit raubt. Sokrates narkotisiert sein Gegenüber. Menon ist
extrem verärgert, weil er merkt, dass Sokrates ihn einfach lähmt.
Nun kommen wir zu einem Begriff, das ein Gegenstück zur Idee ist und zwar
nicht auf der thematischen Ebene, sondern der Ebene wie redet Sokrates
und was ist die Art seiner Gesprächsführung. Das ist die Aporie.
Aporie
Aporie bedeutet ganz einfach ,,Sackgasse‘‘ (der Weg, der nicht weiterführt).
Im Werk Menon passiert diese ,,Sackgasse‘‘ allein in der ersten Hälfte 3x.
Sokrates denkt sich ,,Nein. Wir müssen nochmal anfangen. Das bringt sich
nichts.‘‘ und Menon ist nun entnervt.
Genau diese Art von Gespräch war der Grund weshalb Sokrates umgebracht
wurde. Jetzt ist es in diesem Dialog so, dass der Zug zum Konstruktiven
ganz klar siegt und überwiegt. Die berühmte Stelle an der Sokrates diese
ganze Sache rettet und er sagt ,,Nein ich renn hier nicht zum 4. Mal in die
Sackgasse. Ich gehe jetzt einen Schritt zurück.‘‘ Das ist jetzt der Punkt, wo
er einem Mythos (eine Geschichte) erzählt, irgendwo einen Knoten zu lösen.
Wir werden nie erfahren, was Gutsein ist aber die Möglichkeit ist auf jeden
Fall da, weil unsere Seelen so geschaffen sind, das bevor wir auf die Welt
gekommen sind, im Grunde schon alles gesehen und erkannt haben. Und
2. Vorlesung: 20. Oktober 2016
Steop, Einführung in die Philosophie
deshalb ist es möglich, dass wir uns einfach daran erinnern. Das ist einfach
Motivationspsychologie.
Jetzt zu Menon: Die Weise, wie er wie Sokrates versucht, das zu belegen
und es nicht einfach den Geschichten zulassen will. Menon lässt einen
Sklaven zu sich rufen (einen Nicht-gebildeten) und möchte, dass er mit
einem Stock in den Sand in einem Quadrat ein Quadrat mit der halben
Fläche einzeichnet. Sklave überlegt und Sokrates sagt zu
Menon: ,,Merkst du Menon, welche Fortschritte er falsch gemacht hat.‘‘
Man muss falsche Ergebnisse liefern, um drauf zu kommen, dass es
falsch ist. Sokrates zeigt, dass man es diagonal zeigen muss=,,Sklaven-
Episode‘‘
Die Idee des Guten
Wenn Gutsein lehrbar sein soll, muss es den Charakter von Wissen haben.
Die Frage nach der Lehrbarkeit des Guten,
beantwortet Platon im Menon nicht;
beantwortet er später in der Politeia mit Ja.
Die höchste Idee ist die Idee des Guten. Die Idee des Guten muss Charakter
von Wissen sein, wenn Gutsein lehrbar sein soll.
Sextus Empiricus
Die Linie, die Sextus daraus zieht, ist jetzt genau die der Aporetischen
Gesprächsführung. Sein Werk: Grundriss der pyrrhonischen Skepsis
Sokrates (469-399 v.Chr.)
Pyrrhon von Elis (360-270 v.Chr.): war der Namensgeber dieser Antiken
Schule der Skepsis (deshalb heißt das Buch von Sextus so). Pyrrhon war
zwei Generationen nach Sokrates.
Sextus Empiricus(~ 200 n.Chr.): hier haben wir jemanden, der eher
resümiert
Dogmatiker/Dogma
Akademiker: damals waren sie auch Skeptiker, die aber aus der Sicht
Sextus schlechte dogmatische Skeptiker waren
Das heißt, die antike Skepsis ist eine extrem individualistische Art des
Philosophierens und er redet über das, was er sieht.
Kulturrevolution
Die fünf Tropen lassen sich aus den zehn Tropen extrahieren.
Alle zehn Tropen laufen auf die Relativität hinaus – das bemerkte auch
schon Sextus Empiricus.