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Alle Rechte, insbesondere des Nachdrucks, der auszugsweisen
\l{fiedergabe größerer Texte der Übersetzung, der Speicherung auf
Datenträger bzw. der Einspeisung in öffentliche und nichtöffentliche
Datennetze in jeglicher Form oder der Vervielfliltigung auf anderen
Wegen sind ausdrücklich vorbehalten.

ISBN: 978-3-944062-21-1

Autor: Ibn Qayyim AI-J auziyyah


Übersetzung: Umm Ammar

!.Lektorat: Y. Sevimli
1. Auflage, Wuppertal 1435 n.H./ 2014 n.Chr., Granada Verlag

© Granada-Verlag
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Inhaltsverzeichnis
Ibn Qayyim Al-Jauziyyah .......................................................................... 2
Seine Schüler ..................................................................................... ........ 4
Die Anschichten der Ulama (der Gelehrten) i.'iber Ibn Qayyim .................. 5
Seine Werke ..................................................................................... ......... 8
Seine Drangsal ..................................................................................... ...... 9
Sein Tod ..................................................................................... ............. 10
Voraussetzungen, um vom Quran zu profitieren ...................................... 11
Das lebendige Herz: ................................................................................. 14
Die Wiedere1weckung des Toten und seine Abrechnung
18
Die Zweifel der Leugner der Wiedererweckung ....................................... 21
Die Beweise für die Auferstehung ............................................................ 22
Die Bedeutung der Unfi.higkeit. .............................................................. 28
Das Aufzeichnen der Taten und die zwei Abrechnungen ......................... 31
Der Freund und seine Feindschaft ........................................................... 34
Danach erwiihnte Allah sechs Eigenschaften von den Leuten, die ins
Höllenfeuer geworfen werden: ................................................................. 35
Die Eigenschaften der Paradiesbewohner. ................................................ 40
Vergebung für die Teilnehmer von Badr. ................................................. 45
Der Tafsir der Ayat: ,,Er ist es, Der euch die Erde fügsam gemacht hat.". 49
Die Sura Al-Fatiha und ihr Inhalt. ........................................................... 52
Zwei Wege, die zum Kennenlernen von Allah führen .............................. 55
Der Hadith, der die Traurigkeit und die Sorgen vertreibt. ....................... 59
Die Dienerschaft ..................................................................................... 62
Beschluss und Urteil ................................................................................ 65
Die Ansicht einiger Gruppierungen bezüglich des Schicksals und der
Gerechtigkeit .................................................................................... ....... 67
Allah mit Seinen Namen um Hilfe bitten (Tawassul) .............................. 71
Der Thron Allahs (Arsh) und das Herz .................................................... 74
Der Inhalt der Aussagen des Qurans ........................................................ 76
Das Herz akzeptiert nicht zwei Dinge, die gegensätzlich sind .................. 79
Tafsir der SuraAl-Takathur ..................................................................... 81
Weisheiten .................................................................................... ........... 84
Die Punkte, über die der Mensch Zeugnis ablegen muss, wenn ihm
etwas widerföhrr, was abscheulich anmutet .............................................. 87
Die Folgen der Sünden ............................................................................ 88
Um Allahs Willen barmherzig sein .......................................................... 89
Zwei Arten der Anstrengung .................................................................... 90
Weisheiten ............................................................................................... 95
Salman Al-Farisi ...................................................................................... 99
Lehren und R.atschläge .............. ,........................................................... 104
Dinge, aus denen man eine Lehre ziehen sollte und Weisheiten ............. 108
Das diesseitige Leben ist voller List. ....................................................... 112
Seltsam und noch seltsamer ................................................................... 115
Die Quelle der verbotenen Handlungen ................................................ 116
Dinge, aus denen man eine Lehre ziehen sollte und Weisheiten ............. 117
Es gibt zwei Arten sich mit seinen Glaubensgeschwistern zu treffen ....... 129
"La Hawla wa la Quwwata illa ßillah" ................................................... 130
Der T auhid vertreibt die Sorgen............................................................ 132
Die Liebe ist das Sachgebiet des .Einfallsreichtums ................................. 133
Zwer· G e1angn1sse,
0
· · c1·re N utzen b ringen· ................................................. . 134
Taqwa (Ehrfurcht vor Allah) .................................................................. 135
Ein gutes Benehmen ist das Resultat der Taqwa .................................... 136
Lehren und Weisheiten ......................................................................... 136
Die Wirkung der Worte „La illah(l ill(lllä}/' zum Zeitpunkt des Todes .. 139
So lange das Leben anhält, wird die Versorgung erfolgen ....................... 142
Die Tore der Hölle und die Grundlage der Fehler ................................. 144
Die Weisheit Allahs in den Organen der Menschen ............................... 145
Fürchtet Allah und bittet Ihn auf beste Weise ........................................ 147
Der Sünder und der Verschwender ........................................................ 148
Über den Jihad ...................................................................................... 148
Die Feindschaft zwischen dem Verstand und den Begierden ................. 149
Die Stufen des Wissens .......................................................................... 152
Schlechte Gelehrte ................................................................................. 153
Der Sieg von Rasulullah (sas) ................................................................. 154
Die Illusionen, die den Diener in die Irre führen ................................... 158
Warum Adam (as) als letzter von allen Geschöpfen erschaffen wurde .... 160
Die Situation zwischen Iblis und Adam (a.s) .......................................... 162
Nützliches Wissen ................................................................................. 166
Die Offenbarungen Allahs ..................................................................... 172
Die Tugend von Abu Bakr (r.a) ............................................................. 176
Verschiedene Weisheiten ....................................................................... 182
Dinge, aus denen man eine Lehre ziehen sollte und Erinnerungen ........ 183
Der Kafir ist derjenige, der dem Sheytan gegen seinen Herrn hilft ......... 194
Wenn diejenigen, die glauben an die Ayat ihres Herrn erinnert werden. 196
Die Wahrheit über die Sünden .............................................................. 198
Die Art und Weisen vor dem Quran zu fliehen und sich von ihm fern zu
halten .............................................................................................. :..... 201
Die Reinigung des Selbst (Nafs) ............................................................ 203
Die Teile des Wissens ............................................................................ 206
Der ~iußerliche und innerliche Iman ...................................................... 208
Das Vertrauen auf Allah ........................................................................ 209
Die Klage eines Unwissenden ................................................................ 212
„Oh ihr, die ihr glaubt! Gehorcht Allah und Seinem Gesandten!" .......... 214
Ihm haben wir ein Licht gegeben ........................................................... 219
Allah geht zwischen den Diener und dessen Herz .................................. 220
Euch ist der Jihad zur Pflicht geworden ................................................. 223
Wenn der Diener die Wahrheit gekannt hätte ....................................... 224
Dem Diesseits entsagen ......................................................................... 228
Das Wesen der Wohltat ......................................................................... 236
Weisheiten und Empfehlungen ............................................................. 240
Ein Gelehrter, der nicht entsprechend seinem Wissen handelt. .............. 243
Der unwissende Diener und der ungerechte Gelehrte ............................ 249
Das beste, was die Nafs erlangen kann ................................................... 252
Schädliches Wissen ................................................................................ 253
Der Iman und die Unterschiede darin ................................................... 258
Die Wurzeln des Glücks ........................................................................ 261
Die Rechtgeleiteten und die Irrgeleiteten ............................................... 263
Einzelheiten (Tcifsilctt) ............................................................................ 265
Zehn nutzlose Angelegenheiten ............................................................. 270
Die wahre Dienerschaft ......................................................................... 272
Die Schönheit des Vertrauens/Sich Verlassens auf Allah ........................ 275
Sei nicht parteiisch................................................................................. 278
Wie kannst du deine Lage verbessern? ................................................... 280
Die Zeichen für einen gesunden Willen ................................................. 282
Das Entsagen bezüglich der weltlichen Belange ..................................... 283
'feile der Entsagung ............................................................................... 284
Sich dem Befehl zu widersetzen ist schlimmer, als eine verbotene Tat zu
begehen ................................................................................................. 286
Das Gedenken (Dhikr) und der Dank (Shukr) ...................................... 311
Die Hidaya (Rechtleitung) führt zur Hidaya und der Dalal (Irrtum)
führt zurn Dalal ..................................................................................... 315
Die Rechdeitung ist der Barmherzigkeit nah, ........................................ 326
der Irrweg dem Bösen ............................................................................ 326
Das Gewähren und das Vorenthalten .................................................... 334
Der Kluge wird sich nicht an niedere Gesellschaften binden .................. 334
Die Verwüstungen der Li.ige .................................................................. 335
,,Aber vielleicht ist euch etwas zuwider, w:ihrend es gut fi.ir euch ist" ..... 338
Die Bedingungen, um mit dem Wissen glücklich werden zu können .... 342
Das Übel der Begierden ......................................................................... 344
Die Grenzen des Akhlaqs ....................................................................... 345
Die Allahesfi.11"cl1t im Herzen ................................................................. 349
Der vollkommenste aller Wege .............................................................. 350
Der Kern des gelobten und getadelten Akh!ttqs ...................................... 353
Die Bedingungen fi.ir die höchsten Wünsche ......................................... 354
Von den Weisheiten Ibn Masuds ........................................................... 356
Der Ikhlas und der Nafs können nicht zusammen gelobt werden .......... 365
Der Genuss entspricht der Bemühung/Anstrengung .............................. 367
Die Wirkungen des Verlassen der Sünden ............................................. 370
Die Tac1wa von Omar Ibn Abdulaziz ..................................................... 372
Die Vorzüge des Verlassens der schlechten Gewohnheiten ..................... 374
Faktoren, die abhalten ........................................................................... 375
Zusammenhiinge/Bindungen ................................................................. 376
Die Lage des Propheten Muhammad (sas) ............................................. 377
Die Vorzeichen für Gli.ick und Unheil.. ................................................. 377
Die Taten sind ein Gebäude und ihr Fundament ist der Iman ............... 380
Die Grundpfeiler/Siiulen des Unglaubens .............................................. 384
Die Eigenschaften der Leute, die Allah (j.j.) nicht kennen ..................... 387
Allahs (j.j.) Pläne ................................................................................... 398
Der Baum der Aufrichtigkeit ................................................................. 400
Die Stufen des Glücks ........................................................................... 401
Der Körper und die Seele ...................................................................... 407
Zuerst müssen die Sünden verlassen werden .......................................... 409
Drei nützliche T'hemen .......................................................................... 411
Allah (j.j.) kennen (Marifatullah) ........................................................... 412
Der beste und der schlimmste Lohn ...................................................... 414
Die Hilfe der Mu'minun ....................................................... ,. ............... 415
Unwissenheit führt zur Ermüdung ........................................................ 416
Die Reise, die zu Allah gemacht wird und diejenigen, die sich dagegen
stellen .................................................................................................... 417
Die Arten der Gnadengaben .................................................................. 418
Der Anfang von jedem Wissen und jeder Tat ........................................ 419
Gefahren und Einflüsterungen ............................................................... 420
Das Herz kann nicht weit entfernt von den Gedanken sein ................... 422
Die Ehre der Nafa .................................................................................. 427
Wer seine Nafs nicht kennt, kennt auch nicht seinen Schöpfer .............. 429
Die Stufen der Kenntnis über Allah (j.j.) ............................................... 433
„Solange ein Volk nicht ändert, was sie in sich haben, wird Allah sie
nicht verändern" .................................................................................... 434
Die Schönheit des Antlitzes Allahs/ Jamalullah ..................................... 436
Allah ist schön und liebt das Schöne ...................................................... 441
Die Arten der Schönheit ........................................................................ 444
Die Richtigkeit der Standhaftigkeit und der Taten ................................ 447
Der Wille des Dieners ........................................................................... 448
Die Besonnenheit und Größe Allahs ...................................................... 449
Das Leben ist der Weg des Gastes ................................................ :......... 455
Observation ........................................................................................... 455
Orte, an denen der Sheytan den Menschen zum Verhängnis wird ......... 456
Der Weg der Befreiung .......................................................................... 457
Die vorzüglichste Art Allahs zu gedenken .............................................. 458
Die nützlichsten und schädlichsten Menschen ....................................... 459
Der verbotene Genuss ........................................................................... 459
In jedem Organ befinden sich Gebote und Verbote ............................... 460
Die Gruppierungen des Paradieses und der Hölle .................................. 461
Die Eigenschaften des Tauhids .............................................................. 463
Allah wird Seine Schiitze nicht in einem Herzen versammeln, in dem
jemand anderes außer Allah ist .............................................................. 465
Die Nähe und der Rückzug zu Allah (Itikaf) .......................................... 466
Sheikh Ali 's Worte ................................................................................ 468
Das ,,Aufstöhnen" beim Hören des Qurans ........................................... 469
Die Teile der Reflektion (über Allah) ..................................................... 470
Der Wille und die Geduld ..................................................................... 473
Die Lage des Dieners vor Allah .............................................................. 475
Der Genuss des Jenseits ist besriindiger .................................................. 476
Und auch Ayyub .... ", rief er dazwischen ............................................... 477
Du bist sowohl im Diesseits als auch im Jenseits mein Freund ............... 478
Alle Schiirze sind nur bei Uns ................................................................ 479
Aus den Geheimnissen des Tauhids ....................................................... 480
Die Liebe zu Allah (Muhabbatullah) ...................................................... 481
Alle Gnadengaben sind von Allah .......................................................... 483
Erfolg gewiihren und verachten .............................................................. 485
Die Gründe der Verachtung .................................................................. 487
Der Tafsir des Anfangteils der Sura Al-Ankabut .................................... 492
Die Sichtweise von Imam Shafü darüber, den Sünden verfallen und
besonnen zu sein .................................................................................... 496
Wer Allahs Zufriedenheit erlangt und die Menschen nicht zufrieden
stellt ....................................................................................................... 496
Die Heimsuchung ist unausweichlich .................................................... 499
Der l--Ierr der Vergebung ........................................................................ 503
Die Wurzel des Zorns ............................................................................ 506
Im Namen Allahs des Allerbarmers, des Barmherzigen

Aller Dank gebührt Allah und der Segen sowie Frieden gelten
in ihrem Höchstmaß unserem Propheten Muhammed, seiner
Familie und seinen Gefährten bis zum Jüngsten Tag.
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ibn Qayyim Al-Jauziyyah


1292-1350 AD (691-751 AH)

Ibn Qayyim 1 war ein herausragender Imam, ein islamischer Jurist, ein
HaHdh, ein Exeget des Qurans. Darüber hinaus galt er zudem als
Astronom, Chemiker, Philosoph, Psychologe sowie Theologe.
Sein Studium konzentrierte sich auf die Traditions-Wissenschaft
(Hadith) und die islamische Jurisprudenz (Fiqh). Aufgrund seiner
intensiven Arbeit, die dem menschlichen Verhalten, der Moral sowie der
islamischen Theologie galt, bezeichnet man ihn auch als den „Gelehrten
des Herzens" 2 •

Er wurde am siebten Tag des Monats Safar im Jahre 691 nach Hijra in
Zari, einem der umliegenden Dörfer Damaskus', geboren. Unter der
Aufsicht seines Vaters - Direktor der Madrassa AI-Jauziyah - nahm er
sein Studium auf Er gehörte der hanbalitischen Rechtschule an.
Bekannt unter dem Namen „Ibn Qayyim Al-Jauziyah", hieß er mit
vollst~indigem Namen Muhyiddin Abul Mahasin Yusuf ibn
Abdurrahman Ibn Ali Ibn Al-J auziyah.

Er war unter anderem der Schüler (Trllib) von Sheikh'ul Islam Taqi ad-
Din Abu'l Abbas Ahmad ibn Abd al-Halim ibn Abel as-Salam ibn
Taymiyya al Harrani sowie von vielen führenden Gelehrten Ulmnri).

1 Diese ßiographie wurde teilweise aus der Übersetzung vom Werk „Geh.d.Gebets" und
zum Teil aus der ßiographie „Zadud Mead", welches von Ar-Risale verlegt wurde.
Quelle: ,,Zaylu Tabakatil-Hanabile", 2/447-452; ,,Al-Bidaye van Nihaye", 14/23/i-235;
,,Ad-Durarul-Kamine", 5/137-140; ,,Al-Vafi bil-Vafiyat", 2/270; ,,Shuzuratuz-Dhahab",
6/168-170; ,,Ar-Raddu'l Vaflr", 68-69; ßaghiyyatul-Vuati", 1/62-63; ,,An-Nujumuz-
Zahira", 10/249; ,,Al-Badrnt-Tali", 2/143/l li6; Jalaul-Aynayni fl Muhakameti 'l
Ahmadayni", 30-32.
2 „Ibn Qayyim al Jauziya." Die Übersetzerin.

2
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Sein Wissen über die Traditions-Wissenschaft bezog er unter anderem


von Shihab An-Nablus, Al-Kadi Taqi ad-Din Ibn Suleyman, Abu Bakr
Abduddaim, lsa Al-Mutam, Ismail Ibn Maktum, Fatima binti Jawhar
und weiteren. Arabisch lernte er von Ibn Abu Al-Fath Al Baalli, welchem
er das Werk ,,Al-Mulahhas" von Abul Baka vorlas. Dem schlossen sich
die Lesungen von ,,Al-J urjaniyya", dem Werk ,,Alfiya" von Ibn Malik,
von „Al-Kafiyatus-Safiya" und einigen Stellen des Werkes ,,At-Tashil" an.
Macduddin At-Tunusi las er außerdem einige Kapitel aus dem Werk
,,Al-Mukarrab" von Ibn Usfur vor.

Das Wissen über die Lehre der Rechtswissenschaften ( Usul und Fiqh)
bezog er von Sheikh Safiyuddin Al-Hindi, Sheikhul Islam Ibn Taymiyya,
Sheikh Isrnail Ibn Muhammad Al-Harrani. Letzteren las er das Werk
„Ar-Rawda" von Ibn Qudama Al-Maqdisi, das Werk ,,Al-Ihkam" von
Amidi, die Werke „Al-Muhassal", Al-Mahsul und Al-Arbain" von ar-Razi
und „Al-Muharrar" von Ibn Taymiyya Al-Jadd vor.

Ab dem Zeitpunkt der Auswanderung ibn Taymiyyas nach Ägypten im


Jahre 712 n.H. bis zu seinem Tod im Jahre 728 pflegte Ibn Qayyim -
schon zu Anfangen seiner Jugendzeit - eine Beziehung tiefer
Verbundenheit, höchster St~irke und größtem Verständnis zu ihm.

Von Ibn Taymiyyas weitem Wissen profitierend, hörte er sich seine


wahrheitsgetreuen und beruhigenden Ansichten an, wodurch seine
Liebe/Zuneigung zu ihm stetig wuchs. Somit nahm er Kenntnis von
vielen seiner Bemühungen im Verfahren der Rechtsfindung (Ijtihlld) und
unterstützte ihn dabei. Dadurch gewann er an Autorität in der
Beweisführung diverser Ansichten und schlug gegensätzliche Ansichten
erfolgreich nieder.
Auf diese Weise überprüfte und überarbeitete er viele seiner Bücher und
verbreitete dadurch das Wissen Ibn Taymiyyas sowie sein eigenes.

Ibn Kathir, einer seiner ihm sehr nahestehenden Schüler, beobachtete,


dass Ibn Qayyim besdndig und demütig seinen Herrn anflehte und

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

anrief. Sein Salah, insbesondere <las Tahajjud-Gebet, zeichnete sich


durch ein langes „Ruku" und „Sujud" 1ws. Al Haftdh Ibn Rajab sagte: ,,Er
befand sich in einem stiindigen Zustand des Dhi!tr. Er besaß eine
intensive Liebe zu Allah und wandte sich Ihm stets reumütig mit einem
tiefen Gefühl der Demut und Hilflosigkeit zu." Er fligre hinzu:
„Niemand glich ihm in seinem tiefen Verständnis vom Quran und von
den prophetischen Aussagen." Er verfasste zahlreiche Bücher über Quran
und Hadithe.

Seine Schüler

Von seiner Zeit als Lehrer bis hin zu seinem Tod bezogen vide
bedeutende Gelehrte ihr Wissen und ihre Tugend von Ibn Qayyim und
suchten stets nach Möglichkeiten, um von ihm (beziehungsweise seinem
Wissen) zu profitieren. Dabei handelt es sich insbesondere um folgende
Gelehrte:

Imam Hafidh Zayunddin Abul-Farajj Abdurrahman Ibn Ahmad


Ibn Rajap Al-Baghdadi. Er wanderte nach Ibn Qayyim nach
Damaskus aus und war ein Anhiinger der hanbalitischen
Rechtsschule. Sowohl im Bereich der Hadith-Wissenschaft, als
auch in rechtlichen (Fiqh) und geschichtlichen Fragen finden
sich nützliche Schriften von ihm. ßis zu dessen Tode verweilte er
in der Gemeinschaft Ibn Qayyims. Er starb im Jahre 795 nach
der Hijra.

Hafidh Imadu<ldin Ismail Ibn Omar Ibn Karhir Ad-Dimashki.


Der Verfasser der berühmten Werke „Tafsir Ibn Karhir" und „Al-
Bidaya Wan-Nihaya". Er verstarb im Jahre 774 nach der Hijra.

Sheikh, Imam, HaHdh und Ri.ickgrat der Überlieforer


Shamsuddin Abu Abdullah Muhammad Ibn Ahmad Ibn
Abdulhadi Al-Maqdisi Al-Jammali As-Salihi. Hafidh Adh-
4
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dhahabi sagte über ihn: ,,Bei Allah, nie verweilte ich in seiner
Gesellschaft ohne von ihm zu profitieren." Er starb im Jahre 744
nach der Hijra.

Shamsuddin Abu Abdullah Muhammad. Abdulqadir Ibn


Muhyiddin Osman Ibn Abdurrahman An-Nablusi. Er war
hanbalitischer Rechtsauffassung und besaß besonders viel Wissen,
weshalb man ihn auch den „Garten der Früchte" nannte. Er starb
im Jahre 797 nach der Hijra.

Ibrahim, der Sohn Ibn Qayyims. Ibn Kathir sagte: ,,In den
Wissenschaften der Grammatik und des Rechts (Fiqh) folgte er
dem Weg seines Vaters. Er starb im Jahre 767 nach der Hijra.

Die Anschichten der Ulama (der Gelehrten) über Ibn


Qayyim

Ibn Qayyim wird als Mensch mit überragender Tugendhaftigkeit, einem


besonders hohen Grad an lmctn und einem umfangreichen Wissen (Ilm)
beschrieben.

Hafldh Ibn Rajah sagte: ,,Es gibt keinen Zweifel daran, dass er im
Bereich der Lehren des Quran (Tctfiir) und der Grundsätze des
Glaubens (usul ruf din) tiefes Wissen besaß. In beiden
Themenbereichen befand sich sein Wissen in einem höchst
fortgeschrittenen Stadium. Im Bereich des Hadithes sowie des
Verständnisses darüber, war er ebenso fortschrittlich und
zeichnete sich durch seine unvergleichliche Beweisführungskraft
aus. An seine Stufe im Wissen heranzukommen schien schier
unmöglich. Auch war er bekannt für seine umfangreichen
Kenntnisse in der islamischen Rechtswissenschaft (Fiqh), der

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Verwertung der Rechtsquellen ( Usul-ul-Fiqh) und in der


arabischen Sprache. Zudem konnte er sich in der theologischen
Propädeutik (Ilm al Kalam) behaupten. Ibn Qayyim war bestens
über den Sufismus (Ahlul-Tasmuwu./J, deren Anzeichen und
Details informiert. Möge Allah mit ihm barmherzig sein. Er
selbst gehörte zu den Leuten des Allahesdienst (Ibrtclrth) und der
Nachtgebete (Ahlul-T1th1tjjud) und legte stets viel Wert auf das
Gedenken Allahs (Dhihr). Er liebte alle Themen, welche die
Liebe und Niihe Allahs innehatten. Vor Allah empfand er sich als
arm und hilfsbedürftig und in seiner Anbetung als unföhig.
Wahrlich, jemanden wie ihn habe ich noch nicht gesehen. Auch
habe ich auch nie jemanden gesehen, der ein solch breit
gefächertes Wissen hatte, den Quran, die Sunnah und ihre
Bedeutungen sowie die Wahrheiten beziiglich des Imans in dieser
fundierten Weise kannte. Sdbstversdndlich war er nicht
unschuldig (masum), dennoch begegnete ich niemandem, der
ihm jemals glich."

Hafidh Adh-Dhahabi sagte: ,,Er gelang durch sein herausragendes


Wissen bezüglich der Hadith-Texte sowie -Überliefer zu Ruhm.
Im Bereich der Rechtswissenschaft (Fiqh) hatte er ebenfalls
höchst motivierte Forschungsarbeiten vorzuweisen. Er brachte
neue Ansichten ans Licht und war eine anerkannte Persönlichkeit
in der Wissenschaft der Grammatik (Nrthiw). Ibn Qayyim war
sehr geschickt hinsichtlich der Methodik seiner Abhandlungen.
Mit großem Flern und Eifer veröffentlichte er seine Bücher und
verbreitete dadurch sein Wissen."

Hafidh Ibn Kathir sagte: ,,Er war in unterschiedlichen


Wissenssparten qualiflziert, insbesondere in der Auslegung des
Quran (Tiifsir), in der Wissenschaft des Hadirh sowie in den
Methodiken beider Themenbereiche. Als Ibn Taymiyya im Jahre
712 nach der Hijra aus Ägypten zurückkehrte, begegnete ihm
Ibn Qayyim bis zu seinem Tode mit großer Wertsch~itzung und

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

tiefster Verbundenheit und kam in den Genuss seiner


Unterrichte. Wiihrend er Tag und Nacht seinen Herrn anflehte,
führte er aber auch alleine in vielen Bereichen des Wissens. Die
Rezitation des Quran beherrschte er außerordentlich gut. Er war
ein Mann edlen Charakters und voller Liebenswürdigkeit. Er
beneidete und schikanierte niemanden und wie keine
Hartherzigkeit auf. In dieser Gesellschaft und zu dieser Zeit hab
ich noch niemanden gesehen, der so viele Allahesdienstliche
Handlungen (Ibadah) wie er verrichtete."

Ibn Nasir Ad-Dimashki sagte: ,,Er war in vielen Wissenszweigen


eine wortführende Persönlichkeit. Insbesondere im Bereich der
Auslegung des Quran (Trifiir), der Logik und der
Konzepterstellung fungierte er als Autorität."

Abu Bakr Muhammad Ibn Al- Muhib sagte, als er eine Schrift
Ibn Qayyims sah: ,,Als unser Lehrer Imam Al-Madhi sagte: ,Ibn
Qayyim ist genauso wie Ibn Hudhayma', antwortete ihm dieser:
,Das, was Ibn Hudhayma zu seiner Zeit war, ist Ibn Qayyim zu
dieser Zeit.' "

Al-Qadi Burhanuddin Adh-Dhur' a sagte: ,,Unter diesem


Himmel gibt es niemanden, der mehr Wissen besitzt als er. Er
wurde in vielem unterrichtet und wurde in Jauziyah Imam. Die
Anzahl der Werke, die er verfasst hat, ist unbekannt. Sie betreffen
siimdiche Wissenszweige. Er hatte eine Obsession für das Wissen
(Ilm), dem Schreiben und seine Bücher. Diese Obsession
überwog jene zu allen anderen Dingen."

Hafldh Ibn Hajar sagte: ,,Er war jemand, der die Herzen
angesprochen hat, ein breites Wissen besaß und bewandert mit
den Ansichten der Salttj' (Vorfahren/Vorgänger; die ersten drei
Generationen im Islam) und deren Zwiespältigkeiten (Ihtilafi
((

war.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Shawkani sagte: ,,Er war jemand, der sich ausschlicf~lich von


authentischen Beweisen verpflichten ließ. Er hütete sich von
Ansichten, denen kein Beweis zugrunde lag, verkündete stets die
Wahrheit und trieb niemanden in ein Unheil."

Seine Werke

Ibn Qayyim hat mehr als sechzig Bücher (teilweise in füinden) über
verschiedene wissenschaftliche Themen verfasst. Alle Bi'1chcr stellen sich
in ihrem Gebiet als sehr nützlich dar.

Seine Werke zu Usul al Fiqh: ,,I'lamul-Muvakkiin an Rabbi! Alamin",


,,Ar-Turuku'l Hukmuyye Fis-Siyasatish-Shariyya", ,,Ighasacul-Lehfon Fi
Masaidish-Sheytan", Tuhfatul-Mavdud Fi Ahkarnil-Mavlud", ,,Ahkamu
Ahli' dh-Dhirnrna", und „Al-Furusiyya".

Seine Werke zu Hadith und Sira: ,,Tahzibu Sunani Abi Davud wa Idahu
Ilalihi wa Mushkilatihi" und „Zadul-Mead Pi Hadyi Hayrl'l-Ibad".

Seine Werke zur Aqida (Glaubenslehre) verfasste er: ,,Ijtimail Jujushi'l


Islamiyyati Ala Gazvil-Muartilati wal Jahrniyyati", ,,As-Savaiku'l-Mursala
Ala'l Jahmiyyata wal Muattila, ,,Shifau'l Alil Pi Masailil Qadai wal
Qadari val Hikmati vet-Ta'lil", ,,Hidayatul-Hayara Minal Yahudi van-
Nasara", ,,Hadi'l Arvah ila Biladi'l-Efrah" und „Kitabu'r-Ruh".

Seine Werke zu Akhlrtq und Tttqwa: ,,Madarijus-Salikin", ,,Iddatus-


Sabirin wa Zahiratush-Shakirin", ,,Ad-Dau wad'-Dawa" und „Al-
Wabilus-Sayyibu Minal Kalimat-Tayyib".

Zu anderen Wissensbereichen schrieb er: ,,Ar-Tibyan Pi Aksamil Quran",


„Bedai-u'l Fawaid", ,,Al-Fawaid", ,,Jilau'l-Afham H's-Salati was-Salami

8
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ala Hayril-Anam", ,,Rawdatu'l-Muhibbin", ,,Tariku'l Hijratayni wa


Babu's-Saadatayn" sowie „Miftahu Dari's-Saadati" und weitere.

Seine Drangsal

Ibn Qayyim wurde gemeinsam mit seinem Lehrer und Sheikh Ibn
Taymiyya gefangen gehalten. Auch wurde er einige Zeit in einem
Schloss Damaskus' wegen seines Lehrers eingesperrt. Letzterer wurde
gefoltert, unter anderem auf einen Kamel gelegt, festgebunden,
geschlagen und ausgepeitscht. Imam Ibn Qayyim sah die Freiheit bis
zum Tod Ibn Taymiyyas nicht, der im Monat Shawwal des Jahres 728
nach der Hijra im Gefangnis starb.

Dies war die letzte Drangsal mit der Ibn Taymiyya im Jahr 726 nach der
Hijra konfrontiert wurde. Seine Gegner waren ihm gegenüber
missgünstig gestimmt. Dies lag unter anderem an folgenden Gründen:

1- Neid auf die hohe Wertstellung Ibn Taymiyyas in den Herzen


der Menschen, die ihn geliebt und geschätzt haben.
2- Die kontroversen Ansichten Ibn T aymiyyas.

So bildeten seine hassgeladenen Gegner eine gemeinsame Front gegen


ihn. Sie suchten nach einer Rechtsauffassung Ibn T aymiyyas, welche die
Laien sowie die Oberschicht der Gesellschaft wi_itend machen sollte und
wurden flindig. Die nun vorliegende Rechtauffassung hatte das
Bestreben Ibn Taymiyyas inne, die Leute daran zu hindern Gräber
rechtschaffener Menschen sowie den Al-Rawadh, in dem der Prophet
(sas) begraben ist, anzubeten.
Der damalige Sultan erließ den Auftrag Ibn Taymiyya in ein Gefängnis
zu sperren, das sich der Person des Sheikhs „geziemt". So wurde er im
Gefängnis der Zitadelle in Damaskus gefangen gehalten.

9
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ibn Qayyim besaß, wie sein Lehrer Ibn Taymiyya, einen guten A/::hlaq
und erfreute sich unter den Leuten einer großen Beliebtheit. Er liebte die
Wissenschaft und Bücher und verfasste, wie bereits erwähnt, zahlreiche
namhafte Werke.

Sein Tod
Ibn Qayyim (rahirrwhul/{lh.) starb am Donnerstag, den 23. Rajah des
Jahres 751 gegen Ishaa (Zeit des Nadngebetcs). Sein Totengebet wurde
am darauffolgenden Tag in der Großen Dirnashk Moschee gebetet.
Spiiter wurde das Totengebet erneut in der Jarrah Moschee verrichtet, die
sich in der Niihe des Ortes „Kleine Türe" befindet, an dem Ibn Qayyim
begraben wurde. Sein Grab ist auch in heutiger Zeit noch aufflndbar.

10
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des


Barmherzigen
Der Meister und Imam, der Bewahrer der Sunnah und der Gegner der
Neuerungen im Islam (Bidaa) Imam Abu Abdul Allah - besser bekannt
als Ibn Qayyim Al-Jauziyah - berichtet uns über:

Voraussetzungen, um vom Quran zu profitieren

Wenn du einen Nutzen aus dem Quran ziehen möchtest, solltest du ihm
beim Lesen und Zuhören dein Herzen widmen und alle deine Sinne
schärfen. Du solltest achtsam sein und dir eine Atmosphäre verschaffen,
in der du dir im Klaren darüber bist, dass Allah in diesem Moment zu dir
spricht. Denn der Quran ist die Rede Allahs durch die Zunge des
Propheten (sas).

Allah sagt:

„Darin ist wahrlich eine Ermahnung fur jemanden, der Herz hat oder
hinhört, während er (geistig) anwesend ist." [Qaf:37]

Damit es dich vollkommen beeinflussen und seine volle Wirkung


entfalten kann, müssen ebenso einige Grundregeln beachtet, ihre
Gewährleistung garantiert, die Voraussetzung für den Eintritt ihrer
Wirkung erfüllt werden. Auch sollten alle hinderlichen Umstände
behoben werden. In der folgenden Ayat wird uns dies auf eine deutliche
11
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

und prägnante Art und Weise erklärt und die Absichten, die dabei
vorhanden sein sollten, offen dargelegt:

,,Darin ist wahrlich eine Ermahnung"

Diese Aussage weist auf die Themen hin, die seit dem Anfang der Sura
bis zu dieser Ayat behandelt wurde. Und genau hierin liegt die Wirkung.

,, .. . für jemanden, der Herz hat"

Was nun diesen Ausdruck anbelangt, so kennzeichnet er den „Ort", an


dem sich diese (besagte) Wirkung entfalcen kann. Vorbch:lltt:n ist dies
nur jenen, deren Herzen ihrem Herrn gedenken und lebendig sind:

„Und Wir haben ihn nicht das Oichten gelehrt, und es ziemt ihm
(auch) nicht. Das ist doch nur eine Ermahnung und ein deutlicher
Quran, damit er warne, wer (da) lebt, und das Wort gegen die
Ungläubigen unvermeidlich füllig werde." [Yasin: 69-70]

Gemeint sind also die lebendigen Herzen.

Der im Vers enthaltene Ausdruck „oder hinhört" bedeutet, dass man


gegenüber dem, was gesagt wird, gefasst sein soll, sein Gehör darauf
richtet und alle Sinne auf diese Worte hin sch~irfc. Dies ist die
Voraussetzung dafür, dass das Gesagte wirkt.

Der Ausdruck „während er (geistig) anwesend ist" bedeutet, dass das


Herz als Zeuge dient, aufoahmeföhig und nicht abwesend ist.

12
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ibn Quraibah sagte: ,,Wenn aus dem ßuche Allahs etwas hört, müssen
Herz und Verstand - die Worte ihres Herrn bezeugend - bereit und
niemals unachtsam sein." Wenn das Herz abwesend ist, so hindert dies
das Eintreffen der Wirkung. Auf diese Weise befindet sich das Herz in
einem Zustand, welcher gegen die ihm vorgetragenen Worte spricht und
fühlt sich somit noch nicht dazu bereit. Das Herz lenkt seinen Blick
nicht auf die Worte und macht sich auch keinerlei Gedanken darüber.
Wenn letztendlich eine Wirkung eingetroffen ist, so geschah dies
lediglich durch den Quran selbst. Wenn dies an dem Ort geschah, an
dem die Wirkung sich entfalten kann, so handelt es sich hierbei um das
seines Herrn gedenkende Herz. Wenn nun zudem die Bedingung des
Zuhörens erfüllt wurde, die Hindernisse wie etwa Unachtsamkeit des
Herzens oder die Ablenkung durch andere Dinge behoben wurden, so ist
die gewünschte Wirkung eingetroffen. Und darin liegt der Nutzen und
die Ermahnung, die man erfährt.

13
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Das lebendige Herz:

Wenn nun behauptet werden würde: ,,Damit sich die Wirkung des
Qurans auf den Menschen verwirklichen kann, müssen alle Bedingungen
erfüllt werden. Die Priiposition „oder", die in der Aussage Allahs „oder
hinhört, während er (geistig) anwesend ist" enthalten ist, stellt
schließlich kein „oder" im Sinne einer Alternative, sondern viel mehr ein
„oder" als unabdingaberer Teil eines Ganzen dar, so könnte man darauf
wie folgt antworten:

„Für den Menschen, dem die Ayat aus dem Quran verlesen wird und
dieser die Ayat als für sich bestimmt betrachtet, stellt sich die Priiposition
oder" - seinen persönlichen Zustand beachten - tatsächlich als
Alternative dar. Denn es gibt Menschen, deren Herz lebendig und
verständig ist und deren Fitrtl (die natürliche Veranlagung des
Menschen) weitestgehend ausgereift ist. Wenn er mit seinem Herzen
sieht, so werden ihm sein Herz und sein Verstand die Wahrhaftigkeit des
Qurans bestätigen. Auf diese Weise wäre sein Herz bereit die offenbarten
Worte im Quran zu bezeugen. So würden die im Quran enthaltenen
Ayttt als Nur (ein Licht) auf das Licht seiner F'itrri strahlen. Ohne Zweifel
trifft dieser Zustand auf diejenigen zu, über die Allah in der folgenden
Ayatsagt:

,,Und diejenigen, denen das Wissen gegeben worden ist, sehen, (da{~)
das, was zu dir von {\einem Herrn (als Offenbarung) herabgesandt
worden ist, die Wahrheit ist und zum W cg des Allmächtigen und
Lobenswiirdigen führt." [Saba:GJ
14
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah sagt ebenso über sie:

„Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Das Gleichnis seines
Lichtes ist das einer Nische, in der eine Lampe ist. Die Lampe ist in
einem Glas. Das Glas ist, als wäre es ein fonkelnder Stern. Ihr
Brennstoff kommt von einem gesegneten Baum, einem Ölbaum, weder
östlich noch westlich, dessen Öl beinahe schon Helligkeit verbreitete,
auch wenn das Feuer es nicht berührte. Licht über Licht. Allah führt zu
Seinem Licht, wen Er will. Allah prägt den Menschen die Gleichnisse,
und Allah weiß über alles Bescheid." [An-Nur:35]

Dies belegt, dass das Licht der Fitra dem Licht der Offenbarung folgt.
Außerdem ist es ein Beweis dafür, dass das Herz desjenigen, der
(wahrhaftig) ein Herz hat, empfindsam und lebendig ist.

Die Bedeutung inklusive der einbegriffenen Themen dieser Ayat (also Al-
Kahf:37) hatten wir bereits im Buch „Ijtimau'l Juyushil-Islamiyyati Ala
Gazwil Muattilati va'l-Jahmiyyati" erläutert.

Der Besitzer eines lebendigen Herzens ist jener, der die Bedeutungen des
Quran in seinem Herzen sammelt. Er wird diese Bedeutungen auf eine
Art und Weise verinnerlichen, als könne er sehen, wie sie auf seinem
Herzen niedergeschrieben. So sehr, dass er sie allesamt auswendig lesen
kann. Natürlich gibt es auch Menschen, die sich nicht vollständig
hingeben können, deren Herzen nicht beben und nicht vollständig
lebendig sind. Sie brauchen jemanden, der für sie zwischen Wahrheit

15
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

und Unwahrheit (Haqq und Bctti~ trennt. So jemand hat noch nicht den
Zustand des lebendigen Herzens und das damit einhergehende Licht
erlangt. Die Sauberkeit der Fitra bestimmt die Lage des lebendigen und
fühlenden Herzens. Der Weg der Recht!eitung erfordert, dass man sich
w;ihrend der Rezitation des Qurans nicht ablenken lässt. Das Herz muss
dazu angehalten werden, den Quran zu verstehen, darüber nachzusinnen
und seine Bedeutungen zu reflektieren. Nur auf diese Weise kann
verstanden werden, dass der Quran die Wahrheit ist.

Somit handelt es sich bei dem ersten, um jemanden, der die Worte im
Quran und die darin enthaltenen Gebote so betrachtet, als könne er sie
vor seinem inneren Auge sehen. Wiihrend der zweite jemand ist, der
weiss und daran glaubt, dass die Worte im Quran die Wahrheit sind,
jedoch behauptet, dass ihm die Benachrichtigung durch das Wort der
Offenbarung alleine ausreiche.

Während Letzterer damit lediglich seinen bloßen Glauben kundtut,


befindet sich zeitgleich der Erste im Zustand des lhsmz (jemand, der
Allah anbetet, als könne er ihn sehen). Sein Yttqin (feste Überzeugung)
hat somit auch seinen Ilm erreicht. Sein Herz signalisiert ihm, dass sein
!man aufrichtig ist. Er ve&isst den Kujfr (den Unglauben) und taucht
vollständig in den Islam ein.

Es gibt zwei Arten der vollkommenen Überzeugung. Ein Teil befindet


sich in der Dunyct, der andere Teil in der A/.:hirri. Das Verldmis der
absoluten Gewissheit (Yaqin), die man in der Dunytt erlangen kann, zu
dem Herzen, entspricht dem Verlüiltnis des Menschen zu seinem
Spiegelbild. Wenn man in den Zustand der vollkommenen Überzeugung
übergeht, so wird man die A/.:hira - und die von den Propheten
diesbezüglich gemachten Prophezeihungen - so sehen, als hiitte man sie
tatsiichlich vor seinen eigenen Augen (mit Yttqin) und zeitgleich wird
1

16
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

man in der Dunya mit Bedachtsamkeit (Vorsicht) voranschreiten. Dies


ist der Gipfel (des Yaqin), den man in beiden Arten der vollkommenen
Überzeugung erreichen kann.

Der Beginn, der Ort der Rückkehr und die Eigenschaften des T auhid,
die in der Sura Qaf gesammelt sind. Mit Gewissheit beinhaltet diese Sura
ausreichend die Grundsätze des Imans und bedarf daher nicht den
Worten der Leute des Kalam sowie den Überlegungen der Denker. Die
Sura offenbart den Anfang, den Ort der Rückkehr, den Tauhid, das
Prophetentum, den Iman an die Engel, die Trennung der Menschen in
Boshaftige/Zerstörerische und Gute/Errettete und legt die Eigenschaften
dieser beiden Gruppen offen dar. Außerdem beweist die Sura die
vollkommenen Eigenschaften Allahs und bestätigt, dass Allah i.iber
jegliche Fehler und Defizite erhaben ist.

Allah berichtet uns in dieser Sura von zwei Abrechnungen und zwei
Welten und unterteilt sie jeweils in groß und klein. Bei der großen Welt
handelt es sich um die Al<:hira, wohingegen die kleine Welt die Dunya
darstellt. In dieser Sura berichtet uns Allah von der Erschaffung des
Menschen, seinem Tod und seiner Auferweckung, dem Zustand des
Todes und dem Tag der Rückkehr. Allah warnt die Menschen vor den
Einflüsterungen, welche auf ihre Nafs einwirken und berichtet über zwei
Engel, die Er damit beauftragt hat, jedes einzelne Wort aufzuzeichnen
(lvlalaikrit Hrifawh; rechts und links ein Engel) und ferner darüber, dass
Er sie (die Menschen) am Tag der Abrechnung allesamt zur
Rechenschaft ziehen wird. Auch ist von dem Zeugen die Rede, der an
diesem Tag für den Menschen bestellt werden wird. Sobald dieser Zeuge
bereits ist, wird er sprechen „Er (der Mensch, den ich vorbereiten sollte)
ist soweit". Dies ist vergleichbar mit jemandem, der einen Verbrecher vor
den König bringt und spricht: ,,Ich bin nun bereit, den „Soundso"
hinzurichten" oder „Wenn dem so ist, dann bringt den „Soundso" ins
17
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Gefängnis und vollzieht seine Strafe!". Genau so wird zu den zwei


Engeln, sobald die zur Rechenschaft zu ziehenden Menschen bereits sind,
gesprochen werden: ,,So werft ihr beiden jeden sturen U ngHiubigen,
jeden, der sich mit aller Kraft gegen die Wohltaten gestellt hat, jeden
zügellosen Leugner hinein in das Höllenfeuer.

Die Wiedererweckung des Toten und seine Abrechnung

Denk darüber, wie die Sura darauf hindeutet, dass Allah den sich
auflehnenden und den sich ergebenden Körper wiedererwecken wird. So
wird Er den Toten entweder belohnen oder bestrafen. Genauso wie Er
die Seele des Gbubigen belohnen und die Seele des Ungliiubigen
bestrafen wird. Denn Allah erschafft nicht zusiitzlich eine weitere Seele,
anstelle der wiedererweckten, die Belohnung oder Bestrafung erführe.
Heisst: Die Ahhirrz und die Wiedererweckung, wie sie uns von den
Propheten berichtet wurden, wird nicht auf die Art und Weise
vonstattengehen, wie es jene behaupten, die keinerlei Wissen darüber
haben. Letztere glauben niimlich, dass Allah die Seele mit einem gfozlich
neuen Körper bekleidet, welcher dann schließlich belohnt oder bestraft
wird. Ferner glauben sie, dass die Seele ein Teil des (toten) Körpers ist
und Allah aus diesem Grunde eine neue Seele und daraus resultierend
auch einen neuen Körper erschaffen wird. Es besteht kein Zweifel daran,
dass die Propheten solch einem Gedankengang zugestimmt hiitten.
Sowohl der Quran, als auch die Sunnrih als auch die restlichen von Allah
offenbarten Bücher belegen allesamt, dass solch eine verkehrte
Glaubensart in Wirklichkeit einer Leugnung der Wiedererweckung nach
dem Tod entspricht. Damit würde man zugleich jene Lügner, welche die
Wiedererweckung nach dem Tod leugnen, bestiitigen, da diese letztlich
nicht abstreiten, dass Allah die Eihigkeit dazu besitzt die Körper zu

18
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

erschaffen, die er belohnen oder bestrafen wird und zudem auch dazu
fähig ist weitere Körper zu erschaffen. Sie bezeugen sogar, dass die
einzelnen Teile des Menschen nacheinander erschaffen werden. Auch
wissen sie, dass Allah immer wieder neue Körper und Seelen erschafft,
die vorher nicht vorhanden waren. Sie wissen und bezeugen es auch.
Wenn dem so ist, weshalb sind sie erstaunt und leugnen Dinge, die sie
(eigentlich) bezeugen? Die Antwort liegt in der der Wiedererschaffung
und Auferweckung des Körpers (inklusive der Seele), nachdem er zu
Staub zerfallen ist. Dies ist der einzige Punkt, worüber sie erstaunt sind
und welcher von ihnen geleugnet wird.

Daher sagten sie:

„Wenn wir gestorben und zu Erde und Knochen geworden sind, sollen
wir denn dann wirklich auferweckt werden?" [As-Saffat: 16]

Und sie sagten:

~.1 ~ ~ , -
~--c?".J ~s- ül.Y- ili; - LiL 1\· i
.!
3 , ~,
„Wie? Wenn wir tot sind und zu Staub geworden sind(, dann sollen
wir wieder auferweckt werden)? Das ist eine Wiederkehr, die weit
abseits liegr."[Qaf:3]

Wenn die Belohnung und Bestrafung für den Körper wäre, so wäre dies
keine Aufe1weckung oder Rückkehr, sondern ein Neuanfang. So wäre
auch die Bedeutung der Worte Allahs:

19
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

„Wir wissen bestimmt, was die Erde von ihnen verringert. Und bei Uns
ist ein Buch, das alles bewahrt." [Qaf:4 J

nicht von solch außerordentlichem Belang. Somit hat Allah und


folgendes als Antwort für die Frage nahegelegt, die sich unweigerlich
stellen würde: ,,Es besteht kein Zweifel daran, dass Allah den Teil, der
sich mit der Erde vermischt hat voneinander trennen kann, obwohl sich
diese Teile mit der Erde so stark vermischt haben, ja sogar schon darin
teilweise fast verschwunden sind, weshalb das Wiederflnden ihrer
Meinung nach unmöglich geworden ist." Allah berichtet uns, dass Er
weiß, dass die Erde ihr Fleisch, ihre Knochen und Teile ihres Körpers
zerfrisst und Er jedes einzelne ihrer Teile und ihr Ganzes kennt. Er ist es,
der dazu fahig ist, diese wieder zu versammeln, nachdem sie von einander
getrennt waren und sie wiederherzustellen. Er, der Allmächtige erkliirt
uns, dass er die Wiederauferstehung auf der Grundlage Seines Wissens,
Seiner Macht, Seiner Kompetenz und Weisheit vollzieht. Die Zweifd der
Leugner drehen sich alle immer um drei Dinge.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Zweifel der Leugner der Wiedererweckung

1. Ihre Zweifel bezüglich der Tatsache, dass die Körperteile derart


in der Erde zerfallen und sich mit ihr verbinden, sodass sie
unmöglich voneinander zu unterscheiden sein werden

2. Ihre Zweifel darüber, dass keine Kraft diesem (zerfallenen


Körper) wieder eine Funktion geben kann

3. Ihre Ansicht, dass diese Angelegenheit jeden Sinnes entbehrt und


es von Weisheit zeugt, dass die Spezies Mensch ewig fortbestehen
bzw. eine Generation nach der anderen folgen wird. Was die
Auferweckung der Menschen anbelangt, nachdem sie gestorben
sind, so hat dies nach ihrer Ansicht nichts mit Weisheit zu tun.

Die Beweise für die Auferstehung im heiligen Quran basieren auf drei
Kernaussagen.

21
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Beweise für die Auferstehung

1. Die Kunde davon, dass das Wissen von Allah, dem Allmkhtigen
vollkommen ist, wie aus dem folgenden Versen hervorgeht:

,,Er führt Uns ein Beispiel an und vergisst seine (eigene)


Erschaffong. Er sagt: ,,Wer macht die Knochen wieder lebendig,
wenn sie zerfallen sind? Sag: Wieder lebendig macht sie
Derjenige, Der sie das erste Mal hat entstehen lassen. Und Er
weH~ über jede Schöpfung Bescheid." lYasin: 78-79)

)
„Wir haben die Himmel und die Erde und was dazwischen ist
nur in Wahrheit erschaffen. Gewif~, die Stunde wird sicher
eintreffen. So übe schöne Nachsicht. Dein Herr ist der
Allerschaffer und der Allwissende." [Al-Hijr:85-86]

„Wir wissen bestimmt, was die Erde von ihnen verringert. Und
bei Uns ist ein Buch, das alles bewahrt." [Qaf:4]

2. Die Kunde davon, dass die Kraft Allahs alles erfasst, wie in dem
folgenden Vers deutlich wird :
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Hat nicht Derjenige, Der die Himmel und die Erde erschaffen
hat, (auch) die Macht, ihresgleichen zu erschaffen?" [Yasin:81]

„Ja doch! (Wir) haben die Macht dazu, seine Fingerspitzen


zurcchtzuformen." [Al-Qiyamah:4]

„Dies, weil Allah die Wahrheit ist und weil Er die Toten wieder
lebendig macht und weil Er zu allem die Macht hat" [Al-Haj:6]

Beides zusammenfassend sagt Allah:

„Hat nicht Derjenige, Der die Himmel und die Erde erschaffen
hat, (auch) die Macht, ihresgleichen zu erschaffen? Ja doch!
Und Er ist der Allerschaffer und Allwissende." [Yasin:81]

3. Die Kunde davon, dass Seine Weisheit vollkommen ist:

„Und Wir haben die Himmel und die Erde und was dazwischen
ist, nicht zum Spiel erschaffen." [Al-Dukhan:38]

23
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und Wir haben den Himmel und die Erde und das, was
dazwischen ist, nicht umsonst erschaffen." [Sad:27J

,,Meint der Mensch (etwa), dass er auHer acht gelassen wird?"


[Al-Qiyamah:36]

„Meint ihr denn, dass Wir euch zum sinnlosen Spiel erschaffen
hätten und dass ihr nicht zu Uns zurückgebracht würdet?" -
Doch Erhaben ist Allah, der König, der Wahre. Es gibt keinen
Allah auHer Ihm, dem Herrn des ehrwürdigen Thrones." [Al-
Mu 'minun: 115-116]

„Oder meinen diejenigen, die böse Taten verüben, dass Wir sie
denjenigen, die glauben und rechtschaffene Werke tun,
gleichstellen sowohl in ihrem Leben als in ihrem Tod? Wie böse
ist, was sie urteilen!" [Al-Ghatiyah:21]

Demnach ist die Auferstehung nach dem Tod gerecht und auch mit dem
Verstand nachvollziehbar ist. Auch macht die göttliche Vollstfodigkeit
Allahs, die Vollst1indigkcit Seiner Namen und Eigenschaften diese
Wahrheit erforderlich. Sie beweist, dass Allah, der Allm:iclnige erhaben
über alles ist, was die Leugner über Ihn behaupten, genauso wie er über
alle M;ingel und Scl1;iden erhaben ist, die sie Ihm anlasten.

24
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Bezüglich der Leugner erzählt Allah, dass sie in ein wirres Unheil
verfielen, nach dem die Wahrheit zu ihnen kam und sie diese abstritten:

„Aber nein! Sie haben die Wahrheit für Lüge erldärt, als sie zu ihnen
gekommen ist, und so befinden sie sich (stets) in Unbeständigkeit."
[Qaf:5]

Sie waren durcheinander und nichts von dem was sie behaupteten,
konnte sich verwirklichen.

Anschließend macht sie Allah aufmerksam auf das weite Universum,


seine Errichtung, seine Expansion, seine Makellosigkeit, Schönheit
Zutr;iglichkeit, das unterirdische Leben (als Teil der Erde) und darauf,
wie er ihm eine Ordnung verliehen und es vollendete. Ferner lenkt Er
ihre Aufmerksamkeit auf die Erde, die Er durch die Berge fixierte und sie
segnete, das Wasser zum Sprudeln brachte, das Wachsen von jeder Sorte
an Pflanzen, welche verschiedene Formen, Farben, Vorziige und
Eigenschaften enthalten, bewirkte.

Ein Diener, der mit Allah verbunden ist und diese Angelegenheit mit
Weisheit bewertet und betrachtet, wird verstehen, dass all das darauf
hindeutet, was die Propheten, bezüglich des Tauhids und der
Auferstehung an Wissen überbrachten. Zweifellos wird die Weisheit
dessen, der die Gnadengaben (Allahs) betrachtet, geschärft werden,
woraufüin er über das Ganze mit Entschlossenheit nachsinnen wird.
Allerdings geschieht dies nur bei einem Diener, der mit seinem Herzen
einschließlich seiner Organe zu Allah zurückkehrt.

Danach fordert sie Allah auf, über den Ursprung bzw. die Materie ihrer
Nahrung, Lebensmittel, Kleidung und Fortbewegungsmittel
nachzudenken. So über das gesegnete Wasser, das Er vom Himmel
herunterfließen lässt. Mit diesem Wasser brachte Er verschiedene Gärten

25
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

hervor und erschuf an unterschiedlichen Orten unterschiedliche Arten


von Gemüse und Frikhten, die weiß, schwarz, rot, gelb, appetitlich und
sauer sind und verschiedene Vorzüge und (wiederum) verschiedene
Sorten besitzen. Durch dieses Wasser brachte er verschiedene
Getreidearten an verschiedenen Orten, zu verschiedenen Zwecken, in
unterschiedlichen Formen und Mengen zum Wachsen.

Daraufhin erwiihnt Allah die Dattelpalmen und verkündet, dass in ihnen


viele Lehren stecken, die jenen, die nachsinnen, nicht verborgen bleiben
werden. weil dies Beispiele und Bedeutungen enthalten, die dem
Betrachter, der aufmerksam ist, Beweise liefern, die nicht 1111
Verborgenen bleiben werden:

„Wahrlich, im Erschaffen der Himmel und der Erde und im Wechsel


von Nacht und Tag und in den Schiffen, die im Meer fahren mit dem,
was den Menschen nützt, und in dem, was Allah vom Himmel an
Wasser herniedersandte - und Er gab der Erde damit Leben, nachdem
sie tot war und ließ auf ihr allerlei Getier sich ausbreiten - und im
Wechsel der Winde und den dienstbaren Wolken zwischen Himmel
und Erde, (in all dem) sind Zeichen für Leute, die begreifen." [Al-
Baqarah: 164]

„Als Versorgung für die Diener. Und Wir machen damit (manch) totes
Land wieder lebendig; so wird auch das Herauskommen (erfolgen).''
[Qaf:11]

26
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Gemeint ist, dass der Mensch aus der Erde hervorkommen wird, wie die
Früchte, das Gemüse und Getreide, aus der Erde hervorkommt.

Wir e1wähnten diese und ähnliche Vergleiche, zusammen mit


Abschnitten aus den Vergleichen im Quran, in unserem Werk Al-
Ma 'alem. Darin erläuterten wir einige Geheimnisse und Lehren, die
darin thematisiert wurden.

Danach spricht Allah mit den schönsten Worten und in einer Art und
Weise, die frei von jeglichem Zweifel und Verdacht ist, kurz und knapp
über das Prophetentum. Er berichtet davon, dass Er bereits Propheten
zum Volke Noahs, Aads, Thamuds, Lots und Pharaos entsandte, doch
jene Menschen verleugneten sie. Daraufhin vernichtete er sie auf eine
zerstörende Art und Weise und zeigte, dass Er Seine durch seine
Propheten iibermittelte Drohung, gegenüber jenen, die nicht glaubten,
wahr werden ließ. Dies ist eine Bestätigung für das Prophetentum der
jeweiligen Propheten und das Prophetentum dessen (sas), der das Wissen
über deren Prophetentum besaß, ohne dass er (sas) diese Information in
einem Buch gelesen oder durch einen Lehrer gelehrt bekommen hat.
Dies geschah in einer Art und Weise, die das bestätigte und detailliert
darlegte, was die Leute der Schrift bereits wussten.

Diejenigen, die die Wahrheit wide1willig erkannten und dennoch


leugneten, stellen lediglich aus Arroganz und mit dem Zwecke der
Irritation Fragen darüber. Sie bestritten das Eintreffen der
Ankündigungen. Sie behaupteten, dass die St~imme vor ihnen durch
Naturkatastrophen umgekommen wären und demnach nicht durch die
Bestrafung Allahs. Die Seelen derer, die solche Fragen stellen, bezeugen,
dass diese die offenkundigen Tatsachen und die zweifelsfreien
Wahrheiten erkennen, jedoch trotzdem leugnen und sich in großer
Verwirrtheit befinden. Dies wird so bleiben, selbst wenn Jahrhunderte
um Jahrhunderte vergehen.

27

....., ~
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ihr Leugnen gleicht dem Leugnen emes berühmten Königs,


Wissenschaftlers und dem Leugnen der Ortbesitzer, die die Wahrheit
leugnen, obwohl sie sie mit den eigenen Augen erkennen.

Die Bedeutung der Unfähigkeit

Allah berichtet erneut über die Auferstehung, in dem Er sagt:

,,Ermüdeten Wir denn durch die erste Erschaffung?" [Qaf: 15]

Zu jemandem, der in jeder Sache Unfahigkeit beweist, sagt man: ,,Aia


bihi/Aia fulanun bi hadhal amri". Wie ein Dichter einst sagte: ,,So wie
die Taube Unfahigkeit gegeni.iber ihren Eiern bewies, so bewiesen sie
Unfahigkeit gegenüber Seinen Befohlen."

Die folgende Ayrtt ve1weist hierauf:

,,und bei ihrer Erschaffimg nicht ermüdet ist," [Al-Ahqaf:33]

Ibn Abbrts stlgte: ,,Die Ayrtt deutet darauf, dass Allah zu allem föhig ist.
lvluq1ttil ist derselben Meinung.

Ich sttge: So eine Trifsir entspricht dem Wortlaut, die Wahrheit jedoch
ist, dass die Bedeutung darüber hinausgeht. Denn die Araber schreiben
jemandem, der nicht für sie stehenbleibt und auf sie eingeht: ,,Aya-ni
davauke". Daraus resultiert die besagte Unföhigkeit. Das oben angeführte
Gedicht wird genau so verstanden. Denn die Taube ist ja nicht un8.ihig
ihr Ei zu legen. Nur in dem Moment, in dem sie das Ei legen wird, ist sie

28
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

unBihig den geeigneten Ort dafür zu finden. Die Taube läuft umher,
sucht, sieht sich um und versucht ihr Ei zu beschützen. Sobald sie ihr Ei
gelegt hat, beweist sie wiederum Unfähigkeit in der Art und Weise das Ei
zu schützen und wechselt ihren Ort, damit man sie nicht finden kann.
Sobald sie einen guten Platz findet, nistet sie das Ei dort ein. Und genau
diese Verhaltensweise der Taube entspricht der eines Dieners, welcher
Unfahigkeit in der Ausführung gegenüber den Befehlen Allahs aufweist.
So jemand weiß nicht, woher ihm eine Gefahr drohen kann. Somit ist
das Wort „Iya" in der Ayat ein Mittel, für diejenigen, die nicht wissen
wie man einen Tafiir macht und denken, dass damit die „Müdigkeit"
gemeint ist. Allah erhebt sich über diese Art der Deutung in dem Er in
der folgenden Ayat erklärt:

,,wobei Uns keine Ermüdung überkommen hat." [Qaf:38]

,,wobei Uns keine Ermüdung überkommen hat.} [Qaf: 15]

Also ist die Wiederherstellung der Schöpfung fiir diese Menschen


vetwirrend und missvers6ndlich. Anschließend lenkt Allah ihr
Augenmerk auf die größten Zeichen Seiner Kompetenz, auf die Beweise
Seiner Herrschaft und die Wiederauferstehung, bei der die (zerfallenen
Körperteile der) Menschen wieder zusammengefügt werden. Denn dies
ist das höchste Thema, das auf den Tauhid und die Auferstehung nach
dem Tod verweist.

Welch größeren und deutlicheren Beweis für die Macht Allahs kann es
für den Menschen geben als seine eigene Kreatur mit all seinen Organen,
seinen Eigenschaften, seinen Knochen, Venen, Nerven, Muskeln,
Gelenke, seinem Wissen, seinem Willen und seiner Talente? Ohne

29
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifel entstanden all diese Dinge durch einen Tropfen Wasser. Wenn
der Diener seinen Herrn um Gnade anfleht und über diese Dinge
nachsinnt, so wird ihm dies ausreichen. Die Propheten, die uns von
Allah mit all Seinen Namen und Eigenschaften berichteten, waren für
uns ein Beweis für Seine Existenz. Hierdurch berichtete uns Allah, dass
sein Wissen alles umfasst bis zu den Einflüsterungen, die dem Menschen
widerfahren. Auch verkündet Er, dass Er mit Seinem Wissen und Seiner
Obhut sehr nah bei seinem Diener ist, nliher als dessen Halsschlagader.

Unser Lehrer sagte, dass wenn Allah „Wir" sagt, so sind damit eigentlich
,,Seine Engel" gemeint. Wie in der folgenden Ay1tt beschrieben wurde:

„Und (erst) wenn Wir ihn vorgelesen haben, dann folge du der Art
seines Vortragens." [Al-Qiyamah: 18]

Gemeint ist: ,,Wenn unser Botschafter Jibril es dir (Muhammad)


vorgelesen hat". Ein Beweis dafür sei auch folgende Ay{{t:

„wo die beiden Empfanger (der Taten) empfangen, zur Rechten und
zur Linken sitzend." [Qaf: 17]

Die besagte Nähe bezieht Er auf die Engel, die den Menschen bewachen.
Wenn also mit der besagten Ay{{t Allah gemeint w:ire, so htitte Allah
nicht die Ay{{t entsandt, in der er uns von den Engeln berichtet, die als
„W:ichter" eingesetzt werden und unsere Taten aufzeichnen. So sehen
wir, dass diese Ay{{t nicht als Grundlage für den Beweis der mystischen,

30
Al-Fawaid von Sheild1 Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

ausweichenden Betrachtungsweisen der Hulul- und Muatilla-Gruppe3


dienen kann.

Das Aufzeichnen der Taten und die zwei


Abrechnungen

Allah erktirte uns, dass es zwei Engel gibt. Einer, der sich auf der rechten
Seite und ein anderer, der sich auf der linken Seite des Menschen
befindet. Diese schreiben dessen Taten und Worte auf. Allah macht uns
auf die gesprochenen Worte aufmerksam. Diese werden öfter verzeichnet
als die Taten, da sie im Verhältnis weniger oft vorkommen, jedoch
größer in ihrer Wirkung sind.

Danach berichtet uns Allah von der Trunkenheit des Todes, mit der die
kleine Abrechnung gemeint und davon, dass sie tats~ichlich eintreffen
wird, dass der Diener Allah tatsächlich begegnen, zu Ihm gehen, seine
Seele zu Ihm emporsteigen wird. Auch verkündet Er, dass er (der Tod)
fiir die Seele als eine Belohnung oder Bestrafung noch vor dem
Eintreffen des Jüngsten Tages verstanden wird.

Daraufhin berichtet uns Allah von der großen Abrechnung und spricht:

,,Und es wird ins Horn geblasen; das ist der angedrohte Tag." [Qaf:20]

5 (Meinung/Theorie der „Hulul Gruppe". Dies ist eine absurde Behauptung, dass Allah
in irgendwelche Dinge eingeht, mit der Schöpfung vollkommen wird und solche einen
Zustand annimmt. Ihr Vorreiter war Muhyiddin Ibn Arabi und diese Ansichten
wurden an vielen Orten verbreitet. Muattile dagegen sagte: ,,Dies ist eine absurde
Ansicht darüber die Eigenschaften Allah' s aufzuheben und sie als nicht vorhanden zu
ziihlcn.- (der Übersetzer)
31
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah erz:ihlt uns vom Zustand der Schöpfung an diesem großen Tag.
Wir erfahren, dass an diesem Tag jeder mit einem Treiber an seiner Seite
und einem Zeugen, der gegen sie aussagen wird, vor seinen Schöpfer
gebracht wird. Dabei geht es nicht nur um das Zeugnis der einzelnen
Organe, die für oder gegen ihn aussagen oder das Zeugnis der Erde, auf
der er gelebt hat oder das Zeugnis des Propheten (sas) und der
GHiubigen. Denn Allah wird zusiitzlich die zwei über den Diener
wachenden Engel, die Propheten und die Orte an denen der Diener gute
oder schlechte Taten verrichtet hat, ja sogar seine Haut, auf der er
schlechtes veriibt hat, als Zeugen bestellen. Allah wird demnach nicht
nur mit Seinem Wissen (also Seiner Kenntnis) zwischen ihnen richten.
Allah ist der Gerechteste aller Gerechten und der beste aller Richter.

So berichtet Allah Seinem Propheten, dass Er unter den Leuten nach


dem richten wird, was sie bezeugten und an Beweisen vortrugen und
dementsprechend nicht nur auf der Grundlage Seines Wissens;. Wenn
dem so ist, sollten wir darüber nachdenken, wie ein Richter ohne Beweis
und Gestiindnis, sich lediglich auf sein Wissen verlassend, ein Urteil
Billen kann und wohin ihn dies letztlich bringen wird.

Danach erühlt uns Allah, dass der Mensch hinsichtlich dieser


Angelegenheit unachtsam ist, obwohl dies eine Sache ist, die stets im
Bewusstsein sein sollte. Allah sagt:

,,Du warst dessen ja unachtsam." [Qaf:22]

·1 ßukhari-2458, Muslim-! 713, überliefert von U111111 Sala111a. Rasulullah (sas) sagte: 1hr
bringt mir die Dinge hervor worüber ihr euch unter einander nicht einig seid. Vielleicht
kann der Beweis des einen stiirker sein als die des anderen. Und ich richte nach dem was
ich von euch höre. Wer auch immer etwas ohne das Wissen seines Bruders genommen
haben sollte, so soll er dies auf keinen Pali machen. Wenn dem so ist, so hat er niimlich
ein Stück vom Feuer an sich gerissen.
32
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Und Er sagte in der Ayat nicht „an hadha", wie beispielsweise in der
folgenden:

„Und sie sind darüber fürwahr in einem starken Zweifel (fl shald<ln
minhu)." [Hud: 110 J

Hier heißt es nicht „fi shakkin fihi". Dieses Wort bezeichnet nicht die
Tat, sondern die Grundform. Also ist es nicht wie „Ghafeltu minhu"
oder „shakaktu minhu" zu deuten. Wenn dem so wäre, dann würde es
bedeuten, dass die Unachtsamkeit und der Zweifel von Anfang an
vorhanden waren und die Unachtsamkeit der Beginn des Zweifels war.
Somit ist dies wirksamer und zutreffender als „fi ghaflatin anhu" und „fi
shakkin fihi" zu sagen. Denn Allah hat die Ermahnung und den Yaqin
bzw. den Moment, in dem sie den Menschen verlassen, zu einem Beginn
für die Unachtsamkeit und den Zweifel gemacht.

Danach berichtet uns Allah von dem Schleier der Unaufmerksamkeit. So


wird Allah von ihm (dem Menschen) am jüngsten Tag- wie jemand, der
aus dem Schlaf erwacht und sein Herz den Schleier des Schlafes ablegt
und er seine Augen öffnet - den Schleier der Unachtsamkeit und des
Vergessens abnehmen. Und wenn er wieder mit seinen Augen sieht -
nachdem besagter Schleier von ihm entfernt wurde - gleicht das dem
Moment, in dem er aus dem Schlaf erwacht und der Schleier des Schlafes
von alleine von ihm verschwindet.

33
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Freund und seine Feindschaft

Allah berichtet uns von Engeln, die den Diener als Freund in seinem
Leben begleiten und all seine Taten und Worte aufzeichnen und dari.iber
Auskunft geben. Und wenn dieser Freund ihn (den Diener) vorbereitet
hat, so wird er zu Allah sprechen: ,,Der mit dessen Vorbereitung in der
Dunya Du mich beauftragt hast, ist vorbereitet und so habe ich ihn Dir
gebracht.". Dieses war die Erklärung von lvlujahid.
Ibn Kutayab,t jedoch sagt hierüber: ,,Die Bedeutung ist: Die von ihm
aufgezeichneten Worte und Taten sind vorbereitet."

Die Wahrheit jedoch lautet jedoch, dass diese Ayat zwei Themen
beinhaltet:

1. Die Person mit der ich beauftragt wurde

2. Die Taten und Worte, die ich i.iber ihn gesammelt und
aufgezeichnet habe

Wenn wir in diesem Zusammenhang den Vers betrachten, welcher


besagt:

„Werft, ihr beide, in die Hölle jeden beharrlichen, widerspenstigen


Ungläubigen," [Qaf:24] dann könnte hiermit entweder der den Diener
zu Allah schleifende Engel und die bezeugenden Engel (die zwei Engel an
den Seiten des Menschen) gemeint sein oder der Engel, der mit der
Bestrafung beauftragt wird. Wenn nur ein einziger Engel gemeint ist, so
erinnert dies an einige arabische Sprichwörter. Oder es bedeutet, dass der
in der Ayat vorkommende Buchstabe ,,Alif" (alkiya) gemildert wurde und

34
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

dadurch die Akzentuierung verschwand. So wurde der Buchtstabe ,,Alif"


zu einem Übergangsbuchstaben.

Danach erwähnte Allah sechs Eigenschaften von den


Leuten, die ins Höllenfeuer geworfen werden:

1. Diejenigen, die den Segen Allahs, Seine Gunst und Seine Rechte,
Seine Religion und die Tauhid, Seine Namen und Eigenschaften,
Seine Propheten und Engel, Seine Bücher und das Jenseits
leugnen.

2. Diejenigen, die sich der Wahrheit widersetzen und diese mit


Sturheit ve1weigern.

3. Diejenigen, die das Gute stetig verhindern. Diese blockieren


somit auch der eigenen Nafs, den Menschen, den eigenen
Familienmitgliedern, die Gehorsamkeit gegenüber Allah und
seine Nähe, die als vorzügliche Taten gelten. Dies ist eine
Eigenschaft, die auf viele Menschen zutrifft.

4. Diejenigen, die neben der Verhinderung des Guten sich an


Menschen vergehen, ihnen gegeniiber tyrannisch und grausam
sind und ihnen sowohl mit ihren Händen als auch mit ihrer
Zunge unrecht tun.
5. Misstrauische Menschen. Gemeint sind jene, die stets
misstrauisch und im Zweifel sind und dieses Misstrauen stets in
sich wahren. Wenn man sagt: ,,Fulanun Murib", so ist damit
jemand gemeint, der mit vielen Zweifeln belastet ist.

6. Diejenigen, die sich neben Allah andere Götter nehmen. Solche,


die sich einen Allah aussuchen und diesen mehr als Allah lieben
und anbeten. Diejenigen, die im Namen dieses Allahes wütend

35
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

werden oder sich in dessen Namen freuen, in dessen Namen


schwören und ihn lobpreisen, sogar für ihn Freundschaften
schließen und Feindschaften begehen. Sie streiten in ihrem
eigenen Namen und im Namen ihres satanischen Freundes, der
diese Situation herbeigeführt hat. Er ist es auch, der ihn (den
Mensch) dazu bringt zügellos zu sein, ihn auf den falschen Weg
führt und ihm am Ende sagen wird: ,,Ich hatte keine Macht i.iber
dich, weder um dich in die Irre zu führen, noch um dich zu
täuschen. Du hast es dir selbst ausgesucht, wahrlich du bcHndest
dich in einem großen Irrtum." Genauso, wie Iblis zu den
Höllenbewohnern sagen wird:

Und ich hatte keine Macht über euch, außer daß ich euch gerufen
"
habe und ihr auf mich gehört habt." [Ibrahim:22]

Somit ist mit diesem Freund der Satan gemeint und diese, also der Satan
und der Engel, streiten vor Allah.

Eine Gruppe von Gelehrten sagten diesbezüglich: ,,Nein, der Engel


persönlich ist sein Freund. Die andere Partei behauptete, dass der Diener
nicht alle seine Taten vollbracht hatte und war der Überzeugung, dass
der Engel vielmehr an Taten verzeichnete, als der Diener tats:ichlich
vollbracht hatte. So stellte er sich gegen diesen Engel und warf ihm vor
die vom Diener begangenen Taten viel zu schnell niedergeschrieben und
ihm dadurch keine Zeit mehr zum Bereuen gelassen zu haben. Daraufhin
antwortete der Engel: ,,Ich habe nicht mehr Taten von jenem Diener
verzeichnet, als er begangen hat und habe mich damit auch nicht beeilt."

Hierzu sagt Allah:

,(~ J~ ~. U~I.S
"!:\.• ~-. •
:.d,
~3)

36
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,sondern er (selbst) befand sich in tiefem Irrtum" [Qaf:27]

und

,,Streitet nicht miteinander vor Mir," [Qaf:28]

A1l:1h berichtet vom Streit zwischen den Kujfitr5 und den Shaycttin vor
Ihm in der Sura As-Saffat und Al-Araf, vom Streit zwischen den
Menschen in der Sura Az-Zumar und vom Streit der Höllenbewohner in
der Hölle in der Sura Ash-Shuara und Sad.

Danach berichtet uns Allah davon, dass sich bei Ihm die Worte bzw. die
Aussagen nicht verändern werden.

Er sagt:

„Ich werde die Hölle ganz gewiss mit den Ginn und den Menschen
allesamt füllen." [H ud: 119 J

Damit ist gemeint, dass er den Gläubigen das Paradies verspricht. Dieses
Versprechen lautet, dass sich die besagten Worte niemals ändern und
geändert werden.

5 (Einzahl Kalk Linguistisch = jemand, der etwas verdecke. Im religiös, islamischen


Sinne = jemand, der die Wahrheit verbirgt.)
37
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ibn Abbrts sagte: ,,Allah könnte damit folgendes gemeint haben: ,Mein
Paradiesversprechen gilt meinen gehorsamen Diener und nicht den
rebellischen."'

lvlujahid deutete Al!tths lVorte auf diese lVeise: ,,,Ganz gleich in welcher
Angelegenheit Ich bcschlicGcn möchte, wenn Ich es will, so bcschlicGe
Ich es."'

Die richtige Meinung in diesen zwei Auslegungen ist die von lvlujahid.
Eine andere Sichtweise über diese Ayttt lautet: ,,Niemals wird ein Wort
bei Mir mit Lug und Trug gdndert werden, so wie die Ki_,nige und
Richter manchmal ihre eigenen gelogenen Worte mit weiteren Lügen
verändert haben."

In dieser Auslegung wird deutlich, dass es sich hierbei um die Worte der
Streitenden handelt. Dieser Meinung bevorzugten auch Ferrrl und Ibn
Kutrtybrt. Ferrrt sagte: ,,Die Bedeutung der Ayat lautet: ,,Mein Wissen über
das Verborgene mit eingeschlossen, wird niemals ein Wort bei Mir zur
Unwahrheit!"
/ Ibn Kutaybrt s1tgte über diese Ayat: ,,Bei Mir wird ein Wort niemals
verändert und hiervon (dem Wort) wird nichts genommen oder dem
hinzugefügt!"

Drtwttlmrt sagte: ,,Denn Allah sagt: ,Bei Mir wird das Wort nicht
geändert!' und Er sagt nicht ,Mein Versprechen'. Das ist genauso, wie
wenn Er sagt: ,,Bei Mir wird nicht gelogen!"
Der ersten Meinung nach fungiert die Aussage:

,,und Ich bin keiner, der den Dienern Unrecht zufügt." [Qaf:29),

als semantische Ergänzung des Verses:

38
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,Das Wort wird bei Mir nicht abgeändert" [Qaf:29].

Hierdurch wird die Bedeutung der Ay1tt, also Allahs Wort,


vervollstlindigt.

Allah sagt, dass ohne Zweifel alles, von dem Er uns berichtet hat sowie
Sein Versprechen eintreffen werden. Er ergänzt dies, in dem Er uns
berichtet, dass sich darin Gerechtigkeit und nicht etwa Ungerechtigkeit
und Grausamkeit befinden.

Der zweiten Meinung nach beschreibt Allah Seine Eigenschaften (in


Bezug auf Seine eigene Nafi) durch zwei Dinge:

1. Durch die einzigartige Vollst(indigkeit Seines Wissens, welche die


Verlinderung der Worte und die Unterdrückung durch die
Unwahrheit (Batil) verhindert

2. Durch Seine vollkommene Gerechtigkeit und Seine absolute


Unabhtingigkeit ist es unmöglich, dass Er gegenüber Seinen
Dienern ungerecht handelt

Daraufhin berichtet uns Allah vom Höllenfeuer, das jedes Mal, wenn
jemand in ihn geworfen wird, fragen wird:

,,Gibt es denn noch mehr?" [Qaf:30].

39
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Diejenigen, welche diese Ayttt als Verneinung intt.:rpretieren, sagen also:


,,Es gibt keine mehr (Menschen, die ins Höllenfeuer geworfen werden)"
und liegen damit falsch. Hierzu gibt es eine authentische Überlieferung
des Propheten (sas) (Hrulith sahih), überliefert von Buchflri, der ihre
Sichtweise widerlcgt. 6

Die Eigenscha&en der Paradiesbewohner

Allah berichtet uns, dass Er das Paradies den fronunen Leuten niiher
bringen wird. Jene sind es, die es verdient haben ins Paradies einzutreten
und folgende vier Eigenschaften besitzen:

1. Sie wenden sich zu Allah, unterlassen die Rebellion und widmen


sich dem Gehorsam gegenüber ihm. Sie kehren sich ab von der
Unachtsamkeit und geben sich Seinem Gedenken hin.

Obaicl Ibn Omar sagte: ,,Der Reumütige ist eine Person, die sich
an ihre Sünden erinnert und Allah daraufhin um Vergebung
bittet." lvfugrtheed sagte: Es ist jemand, der sich im Geheimen (an
einem ruhigen Ort) an seine Si.inden erinnert und Allah um
Vergebung bittet. Sa 'icl Ibn Al-lvlttsrtib srtgte: ,,Der Reurni.itige ist
derjenige, der eine Sünde begeht und anschließend bereut.
Danach begeht er wieder eine Sünde und bereut erneut."

2. Sie sind diejenigen, die Allahs Befehle befolgen.

Ibn Abris srtgte: ,,Sie befolgen ihre Pflichten gegeni.ibcr Allah und
hüten die ihnen anvertrallte Gnadengabe."

6 ßukhari-4818, Muslim-2848, überlidcrc durch Anas.


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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Qutadah sagte: ;,Es sind diejenigen, die die ihnen von Allah
gewährten Rechte und anvertrauten Gnadengaben bewahren."

Wenn sich demzufolge die Willensstärke des Menschen in zwei


Gruppen unterteilt - in jene im Wollen und jene im Ablehnen -
so bedienen sich die sich Allah Zuwendenden in ihrem
Gehorsam Ihm gegenüber und in ihrem Streben nach Seinem
Wohlgefallen der Willensstärke im Wollen. Folglich bedienen
sich diejenigen, die (Ihn) befolgen und (Seine Gnadengaben)
bewahren ihrer Willensstärke im Ablehnen von Sünden - sei es
hinsichtlich der Unterlassung des Ungehorsam gegenüber Allah,
der Einhaltung seiner Verbote bzw. (daraus resultierend) des
Schutzes der eigenen Person. Das bedeutet, dass der Bewahrer
und Befolger jemand ist, der seinen eigene Nafs vor den Dingen,
die Allah als Hararn erklärt hat zu schützen versucht und sich
davor hütet.

Derjenige, der sich Allah zuwendet ist also derjenige, der sich
dem Gehorsam Ihm gegenüber zuwendet.

3. Allah sagt in der folgenden Ayat, dass es derjenige ist,:

,,der den Allerbarmer im Verborgenen fürchtet" [Qaf:33].

Diese Ayctt beinhaltet die Bestätigung der Existenz von Allah,


Seine Herrschaft, Seine Kompetenz, seine Macht, sein Wissen
und Seine Kunde über jede Angelegenheit Seiner Diener.
Außerdem beinhaltet diese Ayctt den Iman an die Propheten
Allahs, Seine Bücher, Seine Gebote und Verbote, Sein
Versprechen und die Begegnung mit Ihm. Es nicht daher nicht
korrekt, sich vor Allah zu fürchten, wenn der Iman hinsichtlich
des Aufgeziihltem nicht vorhanden ist.

41
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

4. Allah sagt:

,, ... und mit reuigem Herzen (zu Ihm) kommt." [Qaf:33]

Ibn Abbas sagte: ,,Dies ist ein Diener, der vom Ungehorsam
gegenüber Allah ablässt und sich ihm gehorsam zuwendet."
Tatsiichlich bedeutet die wahre Reumütigkcit, dass man sem
Herz Allah hingibt, Ihn liebt und zu Ihm zurückkehrt.

Danach etw'.ihnt Allah als Antwort auf die vorangegangene Ayrtt, was die
Menschen, die die aufgeführten vier Eigenschaften besitzen, im
Gegenzug als Belohnung erhalten:

„Betretet ihn in Frieden. Das ist der Tag der Ewigkeit. Sie werden, was
sie wollen, darin haben. Und bei Uns ist noch mehr."[Qaf:34-35]

Nach dieser Ayat flöGt Allah ihnen Furcht ein, in dem Er berichtet, wie
Er Völker, die vor ihnen und viel stiirker als sie selbst waren, vernichtet
hat. Allah berichtet, wie die vorangegangen Völker im Augenblick der
Vernichtung versuchten in die Stiidte zu fliehen, um ein Versteck zu
finden bis sie verstanden, dass ihre Stiirke ihnen gegen die Vernichtung
durch Allahs Macht nicht nützen wird und sie der Bestrafung Allahs
nicht entfliehen können.

Qatadah sctgte: ,,Die Feinde Allahs waren einer derart gewaltigen Hiirte
und Belastung ausgesetzt, dass sie letztlich begriffen, dem (Vernichtungs-
) Willen Allahs zu unterliegen.

42
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dhajjaj sagte: ,,Sie rannten umher und versuchten einen Zufluchtsort zu


finden, konnten jedoch nicht dem Tod entkommen."
In Wahrheit wünschten sie sich einen Weg zu finden um sich vor dem
Tod zu retten, fanden jedoch keine Möglichkeit.
Im Anschluss berichtet uns Allah:

„Darin ist wahrlich eine Ermahnung für jemanden, der Herz hat oder
hinhört, w~ihrend er (geistig) anwesend ist." [Qaf:37]

Danach erz~ihlt uns Allah, dass Er die Himmel und die Erde und das was
sich dazwischen befindet in sechs Tagen erschaffen hat, ohne
Erschöpfung oder Wide1willen zu verspüren. Damit legt er die Lüge
Seiner Judenfeinde offen, welche behaupteten, dass Allah sich am siebten
Tag zur Ruhe legte.

Im Anschluss befiehlt Allah Seinem Propheten (sas) sich in gleicher


Weise gegenüber den Dingen, die ihm seine Feinde anlasten, geduldig zu
zeigen. Anschließend unterrichtete Allah Seinen Propheten (sas) über die
Faktoren auf, welche bei der Geduld behilflich sind. Dazu gehört die
Lobpreisung Allahs bevor die Sonne aufgeht (das Morgengebet) und
bevor sie untergeht (das Mittag-und Nachmittagsgebet), ebenso nachts
(Abend- und Nachtgebet) sowie durch freiwillige Gebete nach den
Pflichtgebeten. Einige sagen, dass mit freiwilligen Gebeten nach den
Pflichtgebeten die „Witrgebete" gemeint sind, andere hingegen vertreten
die Meinung, dass mit dem freiwilligen Gebet, die zwei Rakat nach dem
Abendgebet gemeint sind. Die erste Meinung gehört Ibn Abb11s, die
zweite Meinung stützt sich auf die Ansicht Om1trs, Alis, Abu Hurayr1ts,
Hasan Ibn Alis sowie auf eine Ansicht Ibn Abbas'. Ibn Abbrts vertritt
zudem eine dritte Meinung in dieser Sache. Diese bezieht sich auf die
Lobpreisung Allahs. Ibn Abbas vertritt die Meinung, dass mit der
Lobpreisung Allahs, die Lobpreisung mit der Zunge nach den fünf

43
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Pflichtgebeten gemeint ist (und nicht etwa die Lobpreisung durch das
Verrichten von Gebeten.)

Anschließend beendet Allah die Sura durch den Verweis auf die
Auferstehung nach dem Tod und auf den Ruf des Rufers, durch den die
Seelen am Tag der Auferstehung wieder in ihre Körper zurückgeführt
werden. Allah berichtet ebenfalls, dass der Ruf von einem nahen Ort
kommen wird, wodurch es für jeden möglich sein wird, ihn zu hören.
Allah sagt:

„am Tag, da sie den Schrei in Wahrheit hören werden; das ist der Tag
des Herauskommcns." [Qaf:42J
So wie es in der Ayat

„Am Tag, da die Erde, sie freilassend, sich ihnen aufspalten wird und
sie eilig (hervorkommen). Das ist für Uns ein leichtes Versammeln."
[Qaf:44],

beschrieben wird, werden die Menschen am Tage der Auferstehung vor


Allah versammelt werden. Ohne zu stocken und ohne Verzögerung
werden sie aus ihren Gdbern rennen. Und dies ist wahrlich fi.ir Allah ein
Leichtes.

Danach berichtet uns Allah, dass Er dessen kundig ist, was Seine Feinde
sagen. Dieser Punkt verdeutlicht uns, dass sie die Konsequenz ihrer
Worte noch treffen wird und dass nichts vor Allah verborgen bleibt. Er,
der Allm~ichtige erwähnt Sein Wissen und Seine Macht, wenn er von
dem Vollzug der Konsequenz (im Sinne der Bestrafung) spricht.

44
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Anschließend· berichtet uns Allah, dass Er diese Menschen (die


Ungläubigen) weder befallen, noch genötigt, noch durch Zwang den
Islam annehmen lassen hat. Er befahl lediglich die Erinnerung Seiner
Worte, für diejenigen, die Ihn fürchten. Hierbei handelt es sich
zweifellos um jene, die aus Ermahnungen einen Vorteil ziehen.
Diejenigen, die nicht an die Begegnung mit Allah glauben, sich nicht vor
seinen Drohungen fürchten und nicht auf die Belohnung hoffen werden
niemals einen Nutzen aus Ermahnungen ziehen.

Vergebung für die Teilnehmer von Badr

Der Prophet (sas) sagte zu Omar: ,,Woher willst du wissen, dass Allah die
Lage der Leute von Badr nicht sah und nicht zu ihnen sprach: , Tut was
ihr wollt! Ich habe euch bereits vergeben!?" 7

Die Bedeutung von diesem Hadith wurde von vielen Gruppen


unterschiedlich interpretiert.
Dem äußeren Anschein nach, dürfen sie machen, was sie wollen (und
ihnen wäre verziehen).

Dies ist allerdings nicht möglich! Die Aussage einer Gruppe, unter der
sich auch Ibnul-fawzi befand sagte: ,,Die Aussage „tut was ihr wollt" in
diesem Hadith bezieht sich nicht auf die Taten in der Zukunft, sondern
auf die, welche bereits in der Vergangenheit liegen. Dementsprechend
würde die Bedeutung folgendermaßen lauten: ,Was auch immer ihr an
Taten {Sünden) in der Vergangenheit begangen habt, so habe Ich euch
diese verziehen"' Zweifelsohne bestätigen folgende zwei Annahmen diese
Aussage:

7 Hadith ßuchhari-4274 und Muslim-2494. Überliefert von Ali Ibn Abu Talib.
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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Wenn sich das Wort „fül" im Hadith auf die Zukunft beziehen
würde, dann würde das Urteil lauten: ,,Ich werde euch vergeben!"

);.- Wenn dem so w;ire, so würde dies zu einer Verallgemeinerung


aller Sünden führen, daher ist solch eine Auslegung abzulehnen.
Die richtige Ansicht lautet: ,,Ohne Zweifel habe Ich euch durch
diesen Kampf alle vorangegangen Sünden verziehen!", aber auch
diese Auslegung ist aus zweierlei Gründen schwach einzustufen:
1. Der Ausdruck „tut wrts ihr wollt" ist ein Hindernis für diese
Auslegung, da es die Zukunft und nicht etwa die Vergangenheit
impliziert. Ocr Teil, der lautet: ,,Ich hrtbe euch bereits vergeben
(Vergmzgenheitsbezug)", erfordert nicht, dass der Teil: ,, litt zurts
ihr wollt (Zukunftsbezug)" dazu passen muss, da der Teil ,,Ich
httbe euch bereits vergeben" die Vc1wirklichung der Vergebung in
der Zukunft zum Ausdruck bringt, so wie es beispielsweise in den
aufgeführten Ayat der Fall ist.

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-( o_q,• ' ;, "'' :. ~f 1 ..)A
A:l
' ' 'i ~:!\)

„Der Befehl Allahs ist (so gut wie) eingctroffon,"[An-Nahl: lJ

Und:

,,und dein Herr kommt}[Al-Fajr:22]

2. Der Hadith selbst weist diese Art der Auslegung ab, da der
Grund des Hadithes das Ereignis mit Hrttih ist, der den
Propheten (sas) ausspionierte. Dieser Vorfall ereignete sich nach
Badr und bildet daher das Fundament des Htldithes. Also bezieht
sich der Ha<lith lediglich darauf. Unsere Auslegung dieses Haditl1
lautet, und Allah weiss es am Besten: ,,Dies ist lediglich an die
Leute von Badr gerichtet, denn Allah weifs, dass sie Menschen

46
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sind, die ihre Religion niemals verlassen und für den Islam
sterben würden. Gleichzeitig sind sie jedoch Menschen, die
wieder andere auch, Sünden begehen, wovon Allah jedoch
wegsehen wird .

. Er wird sie zur aufrichtigen Reue und Vergebung führen. Er


weiß, dass viele ihrer vergangenen Sünden durch die darauf
folgenden guten Taten gereinigt wurden. Somit ist diese
Angelegenheit speziell auf sie ausgerichtet. Denn dieser Umstand
hat sich für sie ereignet und dadurch wurde ihnen vergeben.

Diese Auslegung bedeutet natürlich nicht, dass sie diesen Umstand


ausnutzend nicht mehr ihren Pflichten nachgehen müssen. Jedoch heisst
aber auch nicht, dass, selbst wenn sie nachtissig werden würden, dies ein
unüberwindbares Hindernis für ihre Vergebung wäre. Wenn ihre
Vergebung bedeutet hätte, dass sie ihren Pflichten von nun an nicht
mehr nachkommen müssen, so hätten sie (die Leute von Badr) es nicht
für nötig empfunden, ab dato zu beten, zu fasten, zu pilgern, die Zakat
zu entrichten oder den Jihad zu vollziehen. Und dies ist ohne Zweifel
absolut nicht möglich!

Mit Sicherheit ist es erforderlich nach einer Sünde zu bereuen (Tauba).


Auch wenn einem die Vergebung versprochen wurde, bedeutet das nicht,
dass man die Faktoren, die zur Vergebung führen außer Acht lassen darf.
Es gibt einen weiteren Hadith, der diese Auslegung unterstützt. (Allah
spricht): ,,Mein Diener beging eine Sünde und sprach: ,Oh mein Herr!
Ich beging eine Si.inde, bitte vergebe mir!', daraufhin vergibt ihm Allah.
Einige Zeit sp~iter begeht der Diener erneut eine Sünde und spricht
erneut: ,,Oh mein Herr, ich beging eine Sünde, bitte vergebe mir!" und
Allah vergibt ihm. Nach einiger Zeit begeht der Diener wieder eine
Sünde und spricht: ,,Oh mein Herr, ich beging eine Sünde, bitte vergebe
mir!", woraufhin Allah antwortet: ,,Mein Diener hat verstanden, dass es
nur einen Herrn gibt, der ihm seine Sünden vergeben und ihn zur

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Rechenschaft ziehen kann/wird. \"v'ahrlich, so habe Ich Meinem Diener


vergeben. So soll er tun, was auch immer er will!"~

Durch diesen Hadith wird weder die Siinde erlaubt, noch erfordert. Der
Hadith verdeutlicht uns lediglich, dass Allah seinem Diener jede Siinde
vergibt, solange dieser immer wieder reumütig zu Ihm zurückkehrt und
Tauba macht.

Wenn wir nun diesen Diener betrachten, dem eine solche (universelle)
Vergebung zu Teil wurde, so ist ihm klar, dass niemals auf einer Siinde
beharrt werden darf. Denn sobald er eine Siinde beging, wandte er sich
reumütig zu Allah und bat Ihn um Vergebung. Diese Bestimmung
würde im Regelfall für jeden gelten, der sich in derselben Situation
beHndet. Zu beachten ist jedoch, dass das Urteil iiber diesen Diener
bereits ergangen ist. Genauso, wie es bei denjenigen der Fall ist, denen
bereits die frohe Botschaft des Paradies oder der Vergebung verkündet
worden ist. Eine Tatsache darf man jedoch nicht auf\er Acht gelassen
werden: Niemandem, die hier thernatisierten Gefahrren sowie andere
Geführten des Propheten (sas) inbegriffen, wird die Freiheit eingeriiumt,
jegliche Sünden und Ungehorsamkeitcn auszuleben oder die Pflichten zu
unterlassen. Im Gegenteil waren besagte Menschen noch mehr darin
bestrebt, gute Taten zu verrichten. Sie fürchteten Allah viel mehr und
ihre Vorsicht stieg, nach dem sie die freudige Nachricht erhielten. So wie
es bei den zehn Gdlihrten war, welchen die frohe Botschaft des
Paradieses vcrkiindet wurde.

Abu Bakr As-Siddiq war eine Persern, die sich vor dem Bdd1l Allahs auf
das ÄuGerste fürchtete und sich vor Siinden stark in Acht nahm. Omar
war genauso. Denn beide wussten, dass die allgemeine frohe Botschaft an
bestimmte Bedingungen gebunden war, die es bis zum Tod zu erfüllen
galt. Sie wussten ebenso, dass es bestimmte Dinge gab, welche die frohe
Botschaft annullieren könnten. Keiner von ihnen hatte sie jemals als

8 ßukhari 7507 und Muslim 2758, iibcrlicfcrt von Abu l luraira.


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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Freifahrtschein für Sünden betrachtet oder zum Anlass genommen, seine


Pflichten gegenüber Allah, dem Allmächtigen, zu unterlassen.

Der Tafsir der Ayat: ,,Er ist es, Der euch die Erde
fügsam gemacht hat."

Allah sagt:

„Er ist es, Der euch die Erde fügsam gemacht hat. So geht auf ihrem
Rücken einher und eßt von dem, womit Er (euch) versorgt. Und zu
Ihm wird die Auferstehung sein." [Al-Mulk: 15]

Allah berichtet uns, dass Er die Erde fügsam gemacht hat, damit auf ihr
gelaufen, gegraben, gebaut und (Häuser) errichtet werden kann und sagt,
dass er jenen, die all das verwirklichen wollen, ihre Sache nicht
erschweren wird. Auch sagt Allah, der Allmächtige, dass er die Erde zu
einer Wiege und Lagerstätte für die Menschen gemacht hat, zu einem
Entscheidungsort, dass Er als angemessen erachtet. Ferner sagt Er, dass
Er die Erde ausgeweitet und eingerichtet hat, dass Er aus ihr (der Erde)
das Wasser und die Weidefhchen hervorbrachte und sie durch Berge
standfest machte, dass Er Wege und Gipfel auf ihr erschuf, Flüsse und
Quellen aus ihr hervorspringen ließ, sie segnete und ihre Schönheit lobte.
Eines der Segen der Erde ist, dass alles die Tiere und die Menschen an
Nahrung genießen, aus der Erde hervorkommt. Ein weiterer Segen der
Erde liegt darin, dass der Mensch ein Korn sät und es um ein Vielfaches
zurückerhlilt. Zudem trägt die Erde alle Last auf ihrem Rücken bringt
den Menschen die schönsten und nützlichsten Gnadengaben hervor, die
sich in bzw. unter ihr befinden. Selbst wenn man die einfachsten Dinge
in ihr einpflanzt, so bringt sie dennoch die schönsten und anmutigsten

49
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Sch;itze hervor. Zudem bedeckt sie die f;ehler und Schandtaten der
Menschen, bietet Schutz für ihre Körper, gcwiihrt Bcherbergung und
Schutz. Sie bietet Nahrung und Trank fiir die Geschöpfe. Zweifdsohne
ist die Erde es, die Leid und f rcud auf die beste Art und Weise auf sich
triigt und die nützlichsten Produkte bereitstellt. Demzufc,lge gibt es keine
Gnade, die dem Leid entfernter und der Wohltat ntiher wiire, als die
Erde.

Gemeint ist, dass Allah, der Allmiichtige, die Erde för uns genau so
fügsam gemacht hat, wie von einem Kamel e1wartet wird, das er
gehorsam und gefügig in die Richtung geht, in die wir die Zügel lenken.
Der Ausdruck „auf seinem Rücken 9" in dem Vers wird interpretiert als
„jener, der sich auf Wegen und Bergen gefügig macht". Das sich gefügig
machen, wie es im der Ayat hcisst, bezieht sich also auf die Eigenschaft,
die die Erde besitzt. Wenn wir nun einen gehenden Menschen
betrachten, so ist zu sagen, dass er auf den Schultern der Erde geht.

Die Schultern stellen die höchste Stelle dar. Aus diesem Grund sind die
Schultern als „Berge" interpretiert wordcn. 10 Genauso wie bei den
Menschen, da die Schultern den höchsten Punkt des Menschen bilden.
Einige sagten: ,,Der Begriff in der Ayat: ,auf den Schultern der Erde'
bezieht sich auf den Gang eines Menschen auf dem Flachland. Damit
wird darauf aufmerksam gemacht, dass dies einfacher von statten geht." 11 .
Eine andere Gruppe an Gelehrten sagte jedoch: ,,Vielmehr sind mit dem
Begriff ,Schultern' eigentlich ihre Seiten gemeint. Beispielsweise meint
man eigentlich „die Seiten" eines Menschen, wenn man „seine
Schultern" sagt.

9 (in einer anderen Übersetzung wird der Rücken als Schulter gekennzeichnet,
dementsprechend benutze ich im weiteren Verlauf der Übersetzung ins De11tsche den
Begriff Schultern, da dieser in der Definition aufschlussreicher ist)
10 (die Tafsir der Schultern sind die ßerge)

11 (Im Vergleich zu einem Gang auf einem hügeligen \Veg)

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Es wird ganz klar deutlich, dass mit den Schultern die höchsten Stellen
gemeint sind. In der Regel gehen alle Geschöpfe meistens auf der
erhöhten (höheren) Seite eines Weges, und nicht etwa das Gegenteil. Das
liegt daran, dass der Großkreis (Äquator) auf der Erdkugel sich über die
höchsten Stellen der Erde zieht. Die gehenden Geschöpfe befinden sich
allesamt auf dem Großkreis (also auf den ebenen Flächen). Es ist eine
schöne Interpretation, dass Allah, der Allmächtige, den Begriff „die
Schultern der Erde" gew~ihlt hat und eines ihrer Eigenschaften ihre
Fügsamkeit ist.

Im Anschluss befiehlt ihnen Allah, dass sie von den Versorgungen (Risq)
essen sollen, die Allah, der Allmächtige für sie aus der Erde hervorbrachte
und diese für sie gehorsam und verfügbar machte und sie auf den Wegen
und Hügeln gehen sollen, die Er für sie frei machte. Er verki.indet ihnen,
dass Er für sie Versorgung aus der Erde erbringt. Danach berichtet Er
von den Wohnstätten, dem Leben und dem Umherwandeln darin und
von den Gnadengaben, die die Menschen in den Wohnstätten als
Nahrung zu sich nehmen.

Danach macht Er mit der Aussage „Und zu Ihm wird die Auferstehung
sein!" auf folgende Punkte aufmerksam: Ihr werdet nicht ewig in
Wohnstätten verweilen und sie nicht zu eurer ewigen Bleibe machen
können. Vielmehr haben wir euch als Reisende darin bestimmt. Sowieso
w;ire es nicht schön, euch für die Ewigkeit darin zu lassen. Euer
Aufenthalt dort soll nur bis zum Tage der Abrechnung anhalten. Eure
Wohnst;inen bergen den Tod, sie halten nicht für ewig. Sie sind Orte der
Durchreise, des Besuchs. Sie sind auch keine Heimat und auch kein
ewiger Entscheidungsort.

Die Ayat weist hin auf: die Herrschaft Allahs, Seine Einzigartigkeit, Seine
Macht, Weisheit und Großzügigkeit. Die Ayat erinnert uns an Seine
Gnadengaben und Wohltaten und daran, dass man sich nicht an die
Dunya binden und sich davor hüten soll, diese als ewige Heimstätte zu
betrachten. Außerdem macht Er uns deutlich, dass wir, solange wir uns

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

noch in der Dunyrt aufhalten, uns beeilen sollen in Seine Heimat (in der
Akhirct) und ins Paradies zu gelangen. Dementsprechend sd1en wir, dass
diese Ayat uns dazu motiviert, über die Existenz und Einzigartigkeit
Allahs und seine Gnadengaben nachzusinnen und in Seine Richtung
fortzuschreiten. Die Ayat beinhaltet die Information, dass wir Allah
begegnen und vor Seinen Antlitz treten werden und Er diesen Ort (die
Dunytt) beseitigen wird, als sei sie nicht vorhanden gewesen. Auch sagt
sie aus, dass Er die Lebenden nach ihrem Tod wieder auferwecken wird
und die Rückkehr einzig und alleine zu Ihm ist.

Die Sura Al-Fatiha und ihr Inhalt

Der Mensch besitzt zwei Kriifte:

•!• Die Kraft des Wissens und der Theorie

•!• Die Kraft der Taten und des Willens

Das uneingescl1dnkte Glück ist von der Einheit der beiden Kriifte Ibni
und Arttdi ablüngig. Damit die Kraft des Ilmi komplett ist, muss der
Diener seinen Schöpfer, seine Namen und Eigenschaften, die Wege, die
zu Ihm führen und die Wege, die dies verhindern können sowie sich
selbst und seine Schw:ichen kennen.

In dem der Diener diese fundamentalen Regeln erlernt, eignet er sich die
Kraft des Jlmi komplett an. Der Menschen mit dem meisten Wissen ist
derjenige, der über diese Dinge am besten Bescheid weiß und sie am
besten versteht. Damit der Diener die Kraft des Anutli-lrtldi
vervollst;indigen kann muss er die Rechte Allahs befolgen, sie aufrichtig
(mit Ikhlrts) und mit Wahrhaftigkeit ausfiihren, auf dem geraden Weg
bleiben, sich stets im Zustand des lhsmz befinden und nicht undankbar

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sein. Wenn er die Rechte Allahs befolgt, so muss er sich dessen bewusst
sein, dass er vor Ihm machtlos ist. Er muss die Befolgung dieses Dienstes
als ein Prinzip betrachten, von dem man niemals abweichen wird. Denn
dieser Diener weiß, dass die Rechte Allahs nicht wie seine eigenen Rechte
sind. Kurz gesagt können beide Kdfte sich nur mit der Hilfe Allahs
vervollständigen. Genauso wie Allah Seine besonderen Diener rechtleitet,
benötigen diese Allahs Hilfe damit sie auf den geraden Weg kommen
und von diesem nicht mehr abweichen. Wenn die Kraft des Ilrni
verdirbt, so führt das zu diversen Abartigkeiten und wenn die Kraft des
Anutli verdirbt, so wird damit der Zorn Allahs erweckt.

Dementsprechend kann ein Mensch nur dann uneingeschränktes Glück


erleben, wenn er die (aufgezählten) Faktoren allesamt erfüllt. Ohne
Zweifel beinhaltet die Sura Al-F1ztih1z alle Faktoren und führt damit seine
Vollständigkeit vor Augen. Wenn es in der Ayat heißt: ,,(Alles) Lob
gehört Allah, dem Herrn der Welten, dem Allerbarmer, dem
Barmherzigen, dem Herrscher am Tag des Gerichts", so beinhaltet dies
den ersten Grundsatz bzw. die Existenz Allahs, Seine Namen,
Eigenschaften und das Wissen über Seine Handlungsweise.

Die Namen Allahs, die in dieser Sura vorkommen, stellen das


Fundament des „Asma'ul Husna" dar. Dabei handelt es sich um ,,Allah,
Rabb und Rahnuin".

Der Name „Allah" beinhaltet die Eigenschaften, die sich auf Seine
Uluhiyya (Einzigkeit in der Anbetung) beziehen, während der Name
„Rtibb" die Eigenschaften innehat, die Seine Rububiyya (Einzigkeit
Allahs in Seiner Herrschaft) zum Gegenstand. Rahman hingegen bezieht
sich auf die Eigenschaften Allahs, die auf Seine Wohltaten, Seine
Großzügigkeit und Seine Güte beziehen. Die Bedeutungen Seiner
Namen drehen sich demnach um diese Punkte.

Betrachten wir die Ayat, in der es heif~t: ,,Dir allein dienen wir, und Dich
allein bitten wir um Hilfe", so beinhaltet diese das Wissen über den

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Weg, der zu Allah führt. Dieser wird zweifelsohne dadurch erreicht, dass
man entsprechend dem Wunsch und dem Wohlgefallen Allahs seme
Dienerschaft auslebt und dabei nur Ihn allein um Hilfe bittet.

Die Ayat: ,,Leite uns den geraden Weg" verdeutlicht, dass der Diener nur
dann Glückseligkeit erlangen kann, wenn er auf diesem geraden Weg
bleibt und dass er auf diesen Weg nur dann gelangen kann, wenn Allah,
der Allmächtige in auf diesen Weg führt. Wenn Allah ihm nicht hilft, so
kann er Ihn auch nicht anbeten, genauso wie er den richtigen Weg nicht
finden kann, wenn Allah ihn nicht rechtleitct.

Die Ayat: ,,den Weg derjenigen, denen Du Gunst erwiesen hast, nicht
derjenigen, die (Deinen) Zorn erregt haben, und nicht der
Irregehenden!" verdeutlicht uns, dass beide aufgeführten Parteien vom
richtigen Weg abgeirrt sind. Die einen gingen in die Irre, weil sie
bezüglich des Wissens und des Glaubens Unruhen begründeten, die
anderen hingegen zogen Seinen Zorn auf sich, weil sie ihre Ziele und
Absichten in Versuchung brachten.

( Der Beginn der Sura ist eine ßarrnhcrzigkeit, die Mitte die Rechtlcitung,
das Ende ein Segen. Der Diener verspürt in dem Maße Genuss in der
Rechtleitung, wie er sonst bei einer Gnadengabe (Allahs) Genuss
verspürt. Und entsprechend dem Genuss, den er in der Rechtlcitung
verspürt, erfahrt er den Genuss der ßarmherzigkeit. Dementsprechend
führen letztlich alle Angelegenheiten auf den Segen und die
Barmherzigkeit Allahs zuri'ick. Sowohl seine Gnadengaben, als auch
Seine Barmherzigkeit begründen die Notwendigkeit Seiner Rububiyya.
Demzufolge gibt es auch keinen Zweifel daran, dass Er Derjenige ist, Ocr
barmherzig ist und seinen Dienern Gnadcngaben zu Teil werden Hisst.
Dies ist gleichzeitig ein ßeweis für Seine Göttlichkeit. Selbst wenn die
Leugner ihn verleugnen und die Götzendiener (Mushriqin) Ihm Partner
beigesellen, ist Er mit Recht der einzige wahre Allah!

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Somit erlangt derjenige, der die Sura Al-Fatiha versteht und


verinnerlicht, sowohl innerlich als auch äußerlich, den ehrenvollsten und
höchsten Segen. Damit nimmt der Wert seiner Ibada (Allahesdienstliche
Handlungen) im Vergleich zu der Jbrida eines unwissenden Dieners
erheblich zu.

Zwei Wege, die zum Kennenlernen von Allah führen

Unser Herr, der Allmächtige, berichtet im Quran Seinen Dienern von


zwei Wegen, um Ihn kennen zu lernen:

1. Durch die Betrachtung der Schöpfung

2. Durch das Nachsinnen über die Ayat

Mit dem ersten sind Zeichen in der Schöpfung gemeint, die betrachtet
und bezeugt werden, wiihrend mit dem zweiten die Ayat gemeint sind,
die gehört und reflektiert werden.

Betrachten wir nun das erste. Im Quran finden wir viele Ayat, die
darunter fallen, wie beispielsweise:

„In der Schöpfung der Himmel und der Erde; im Unterschied von
Nacht und Tag; in den Schiffen, die das Meer befahren mit dem, was
den Menschen nützt; darin, daß Allah Wasser vom Himmel
herabkommen läßt, und damit dann die Erde nach ihrem Tod wieder
lebendig macht und auf ihr allerlei Tiere sich ausbreiten läßt; und im

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wechsel der Winde und der Wolken, die zwischen Himmel und Erde
dienstbar gemacht sind, sind wahrlich Zeichen für Leute, die
begreifen." [Al-Baqara: 164]

In einer weiteren Ayat heißt es:

1 ~ w'w'l ': t11-cP.11 u)ci..\ - · · ~\ - w\ -w1 ~ . ~ u.


·:i~ ~ ~ \b.r
.
~J
,
, ~ .J'-r" J - .. - - J <..r,=l .J J - J
<~~~\ , . ,
„In der Schöpfung der Himmel und der Erde und in dem Unterschied
von Nacht und Tag liegen wahrlich Zeichen für diejenigen, die
Verstand besitzen," [Al-i-Imran:190]

Wenn wir uns nun dem anderen Punkt annehmen, so gibt es auch
diesbezüglich eine Vielzahl an Ayat:

„Haben sie denn nicht über das Wort nachgedacht, oder ist zu ihnen
gekommen, was nicht zu ihren Vorvätern kam?" [Al-Mu'minun:68]

Und:

,,(Dies ist) ein gesegnetes ßuch, das Wir zu dir hinabgesandt haben,
damit sie über seine Zeichen nachsinnen und damit diejenigen
bedenken, die Verstand besitzen." [Sad:29]

Wenn wir nun auf die Schöpfung zu sprechen kommen, so weist diese
auf Taten hin. Die Taten wiederum weisen auf Eigenschaften hin. Denn
Taten, die begangen werden, weisen immer auf einen Tiiter hin. Dieser
Umstand macht es erforderlich, dass Er existiert, m'.ichtig ist, Wissen
besitzt und tut was Er will. Denn es ist niemals möglich, dass etwas, das

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

nicht existiert, vorzügliche Taten begeht, Macht, Wissen und Willen


besitzt.

Zudem kommen die unterschiedlichen Eigenschaften Seiner Schöpfung


hinzu, welche Seine Barmherzigkeit bestätigen. Und dass Er diese
Schöpfung bestrafen kann, ist eine Bestätigung für das Vorhandensein
Seines Zorns. So sind Seine Gnadenerweisungen, Seine Nähe,
Großzügigkeit und Hilfen sind hingegen ein Beweise dafür, dass Er Liebe
besitzt.

Entsprechend ist der Verrat der Menschen an Ihm, die Entfernung von
Ihm und die Wut eine Besdtigung dafür, dass Er hassen und zi.irnen
kann. Zusätzlich bestätigt uns die Tatsache, dass ein Geschöpf eine Sache
wieder reparieren und sie komplettieren kann, nachdem diese Sache
zerstört war, dass Allah, der Allmächtige die Menschen nach ihrem Tod
(gleichermaßen) wieder auferwecken wird. Der Zustand der
Pflanzenwelt, die Tierwelt und die Veränderung der Gewässer, der
Winde etc. beweist die Möglichkeit, dass Er nach dem Tod wieder
auferstehen lassen wird. Dass diese Zeichen Seiner Barmherzigkeit bei
jenen sichtbar sind, derer er nicht Seine Barmherzigkeit vorenthalten hat
und dass Er seinen Geschöpfen Seine Gnadengaben erteilt, weist zudem
darauf hin, dass das Prophetentum wahr ist.

Die Vervollständigung der Schöpfung bedarf bestimmter Bestandteile,


welche von großer Bedeutung sind. Würde ein vervollständigender
Bestandteil fehlen, so wäre das Resultat mangelhaft. Somit verstehen wir,
dass Allah, der Allm;iduige, der Einzige ist, der die Macht dazu hat die
Bestandteile der Schöpfung zu erschaffen, sie zu verleihen oder zu
entziehen. Dementsprechend sind die Dinge, die Er erschuf der größte
Beweis für Seine Existenz, Seine Eigenschaften und die Wahrhaftigkeit
Seiner Propheten und deren Aussagen. Sie bestätigen die Zeichen in der
Natur und zugleich die Ayat, die man durch Zuhören, reflektiert.
Allah, der Allwissende sagt:

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Wir werden ihnen Unsere Zeichen am Gesichtskreis und in ihnen


selbst zeigen, bis es ihnen klar wird, dag es die Wahrheit ist. Geniigt es
denn nicht, dag dein Herr über alles Zeuge ist?" [I~ussilat:53]

Dies bedeutet, dass der Koran ein wahrhaftiges Buch ist. Deshalb
berichtet der allnüdnige Herr, dass er ihnen die offenkundigen Zeichen
vor Augen führen und den klaren Beweis fiir die Wahrhaftigkeit Seiner
Ayat erbringen wird. Danach führt Er Zeichen und unwiderlegbare
Beweise an, welche die Wahrhaftigkeit Seiner Propheten belegen und
berichtet, dass Er als Zeuge Rir die Wahrheit ihrer Übermittlungen (der
Propheten) genügt. So werden auch Seine Zeichen Seine Wahrhaftigkeit
und Er bezeugt mit Seinen Zeichen die Wahrhaftigkeit Seiner
Propheten. Er ist der Zeuge und Derjenige, der als Zeuge genommen
wird. Er ist der Beweis und wird durch sich Selbst bewiesen. Er ist
i Derjenige, der sich selbst ein Beweis ist, so wie manche Weisen sagten:
i „Wie kann ich einen Beweis bezüglich Allah verlangen, wenn Er doch für
:f mich in all meinen Angelegenheiten ein Beweis ist?" Wahrlich wie kann

f jemand einen Beweis über Ilm verlangen, wenn Seine Existenz


offenkundig ist? Aus diesem Grunde sprachen die Propheten zu ihren
Völkern: ,,Gibt es denn einen Zweifel iiber Allah[... ]?"

Und das, obwohl Er es ist, über den man mehr weiß als über alles andere
und Seine Existenz offenkundiger ist als jeder erbringbare Beweis.

Festgehalten werden kann, dass alles Existente auf Seine Existenz


hindeutet. Durch die ßetrachnmg oder durch Taten und eine
rechtmäßige Beweiserbringung, kann man diese Dinge sdbsdndig in
Erfahrung bringen.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Hadith, der die Traurigkeit und die Sorgen


vertreibt

Im dem Hadith, welcher im lvlusnad und im „Sahih" von Abu Hatim


von Abdullah Ibn lvI11sud überliefert wird, sagte der Prophet Muhammad
(sas): ,,Wenn einen Diener irgendeine Trauer oder Sorge trifft und er
spricht: ,Oh Allah! Ich bin dein Diener, Sohn Deines Dieners, Sohn Deiner
Dienerin, meine Stirnloc/.:e ist in Deiner Hand (auch: Du hast die
Herrschrift über mich), Deine Entscheidung über mich wird immer
ausgeführt und Deine Bestimmung für mich ist gerecht. Ich bitte dich mit
jedem Namen, der Dir gehört, mit dem Du Dich entweder selbst benannt
hast, oder den Du in Deinem Buch offinb~trt hast, oder den Du einem deiner
Geschöpfe gelehrt hast, oder den Du für Dich selbst behalten hast in Deinem
Wissen um das Verborgene, mache den Quran zum Frühling meines
!-Jerzens, zum licht meiner Augen, zur Beseitigung meiner Trauer und zum
Schwinden meiner Sorgen machst.', so wird Allah ihm seine Trauer und
Sorgen nehmen und ihm stattdessen Freude bescheren." Daraufhin
sagten die Sahaba: ,,Oh Gesandter Allahs! Sollen wir dies den Menschen
nicht mitteilen?" Der Prophet(sas) antworte: ,,Selbstverständlich sollte
jeder, der hiervon mitbekommt, dieses auch weitergeben." 12

Dieser Hadith beinhaltet die Kenntnis über Allah, Sein Wesen und Seine
Eigenschaften, über den Tauhid und die Dienerschaft. Wenn der Diener
im Hadith sagt: ,,Ich bin Dein Diener, ich bin der Sohn deiner
mfonlichen und weiblichen Diener", so bezieht sich dies auf seine Eltern
bis zu seinen Urahnen Adam und Hawwa. Dieser Hadith enthält nicht
nur ein Flehen sondern auch eine inständige Bitte an Allah, vor Dessen
Angesicht er sich befindet. Dabei bringt er zum Ausdruck, dass sowohl
er, als auch seine Vorfahren die Sklaven Allahs sind. Von Sklaven wird
erühlt, dass sie niemandem außer ihrem Herrn die Türe öffnen, nur ihn
bewirten wiirden und gütig zu ihm sind. Und wenn der Herr sich nicht

12Ahmad Ibn Hanbal Musnad-3712-, Tafsir Ibn Jarir-13852,13853,13854,13855-


,Darakutni „Al-Ilal"5/188
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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

mehr um seinen Sklaven kümmern und ihn vernachtissigen würde, so


würde der Sklave zugrunde gehen, keinen Helfer mehr haben, erniedrigt
und vernichtet werden.

Dieser besagte Ausruf des Dieners birgt deshalb folgende Aussagen:


„überlasse mich nicht einen Augenblick mir selbst. Es gibt keinen
anderen Zufluchtsort für mich, auf~er bei Dir. Niemals werde ich die
Zuflucht bei jemand anderem ersuchen auEer bei Dem, dessen Sklave ich
bin." Zweifellos wird durch dieses Gest;indnis verdeutlicht, dass der Herr
derjenige ist, der erzieht, die Angelegenheiten verwaltet, befiehlt und
verbietet. Ohne Bedenken ist dies nichts, was ein Sklave f':ihig ist zu tun.
Vielmehr ist es die Arbeit der Freiherren. Wenn wir dies nun auf die
Diener Allahs beziehen, so ist das Einzige, dass sie verrichten können, die
Ibadrt, da sie ja gehorsame Diener sind. \'v'ic im folgenden Hadith
deutlich wird, nimmt Allah die Ibada Hir sich in Anspruch:

„Gewiß, über Meine Diener hast du keine Macht, außer wer dir von
den Verirrten folgt." [Al-Hijr:42)

„Die Diener des Allerbarmers sind diejenigen, die maf~voll auf der Erde
umhergehen und die, wenn die Toren sie ans1>rechen, sagen:
,,Frieden!'" [Al-Furqan:63]

Wer auch immer ihnen Schaden zufügen sollte, muss wissen, dass sie die
Diener Allahs, des Herrschers und Erschaffers sind und Ihm
zugeschrieben werden. Genauso wie die (auf der Erde errichteten)
Häuser Seinem Reichtum, die lvftlSjid Al l-forrtm Seiner Selbst, das

GO
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

geopferte Kalb sowie das Paradies und die Dienerschaft seines Propheten
Ihm zugeschrieben werden. In der anknüpfenden Ayat heißt es:

„Uml wenn ihr im Zweifel über das seid, was Wir Unserem Diener
offenbart haben, dann bringt doch eine Süra gleicher Art bei und mft
eure Zeugen auHer Allah an, wenn ihr wahrhaftig seid!" [Al-Baqara:23]

„Preis sei Dem, Der Seinen Diener bei Nacht von der geschützten
Gebetsstätte zur fernsten Gebetsstätte, deren Umgebung Wir gesegnet
haben, reisen lieH, damit Wir ihm (etwas) von Unseren Zeichen zeigen.
Er ist ja cler Allhörende, der Allsehencle." (Al-Isra: I]
, ., .Gic
,1~ , ~ UY.<: .ut -
~ :.J-":l 1.J .Sts. ~ .JC' ii~ 11 . r'-1J ~ .J)
, JJ.c

„ U ncl als Allahs Diener aufstand, um Ihn anzurufen, hätten sie ihn
(alle) beinahe erclrückt."[Al-Jinn:19]

61
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Dienerschaft

Wenn wir nun den im zuvor zitierten Hadith vorkommenden Satz: ,,Ich
bin Dein Diener" im Einzelnen betraduen, so stechen hier besondere
Eigenschaften des Diener hervor: der Zustand der Erniedrigung, den er
einnimmt, seine Demut vor Allah, seine tiefe Verbundenheit mit den
Befehlen Allahs, sein Streben sich bestmöglich vor Verbotenem zu
schützen. Auch ist er sich seiner Abhiingigkeit von Allah bewusst, sucht
Zuflucht bei Ihm, erbittet Ihn um Hilfe. Er verl:isst sich auf Allah,
ersucht die Zuflucht bei Ihm und verspürt für niemanden die Liebe,
Furcht und Hoffnung, die er mit seinem Herzen fiir Allah verspürt und
legt stets großen Wert auf Seine Anbetung.

Gemeint ist: Ganz gleich ob klein oder groG, lebendig oder tot, gehorsam
oder rebellisch, im Sumpf der Katastrophen oder in Wonne, mit dem
Herzen oder mit der Seele, mit der Zunge oder mit den Organen, eben
auf jede erdenkliche Weise bin ich Dein Diener. Auch bedeutet es „Mein
Gut und Blut gehören Dir.", denn der Sklave selber und sein Besitz
gehören ebenso seinem Herrn. \'v'eiter heif~t es: Jede Art von Gnade, die
Du mir c1wiesen hast, ist von dem, was Du Deinen Dienern an Gnaden
/
bescherst. Ferner bedeutet es: ,,Solange Du es mir nicht erlaubst, kann
ich mich weder von meinem Blut noch von meinem Gut, welches Du
mir geschenkt hast, bedienen. Genauso wie der Sklave sich nicht dessen
bedienen kann, solange es ihm sein Herr nicht erlaubt. Zweifellos kann
ich mir weder schaden noch nutzen. Ich kann kein Leben geben und
nehmen." Demzufolge sagt jemand, der all diese Erl:iuterungen bestiitigt,
im wahrhaftigen Sinne: ,,Ich bin Dein Diener."
Weiterhin heißt es: ,,Mein Leben liegt in Deiner Hand". Gemeint ist:
Du bist Derjenige, der über mich verfügt und mich behandeln kann, wie
Er will. Ich hingegen habe keine Macht, um über meine eigene Seele zu
verfügen. Wie kann auch jemand, dessen Leben und Seele in der Hand
seines Herrn und sein Herz zwischen den zwei Pingern Allahsu ist, über

u Muslim-2654-Abdullah Ibn Arnr Ilm Al-As


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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

seine eigene Seele bestimmen?! Allah, der Allmächtige, ist Es, der das
Leben und den Tod, das Gute und Schlechte, das Wohlbefinden und die
Sorgen bzw. jede Angelegenheit des Menschen arrangiert. Dem Diener
kommt hierbei keinerlei Funktion zu. Diese Person ist unter dem Griff
seines Herrn sogar noch schw~icher und hilfsbedürftiger als ein
erniedrigter und schwacher Sklave. Sein Leben, seine Bestimmung und
seine Leitung liegen in der Hand seines Herrn, dem König, dem
Allm~ichtigen. Die Dimension dieser Angelegenheit reicht sogar noch
über all das hinaus ...

Sobald der Diener verstanden hat, dass sein Leben und das Leben aller
Diener alleine in den H~inden Allahs, dem Einen, liegt und Er Seinen
Wünschen entsprechend mit ihnen verfahren kann, wird er (der Diener)
keine Angst mehr vor den Geschöpfen haben und von nichts mehr von
ihnen erwarten. Ab diesem Zeitpunkt wird sein Wert nicht mehr auf die
Stufe eines Sklaven sinken. Vielmehr steigt er auf die Stufe eines Dieners,
der erzogen und ges~iubert wurde. Der Diener, der sich in diesem
Zustand befindet, wird verstehen, dass nicht ihnen sondern jemand
anderem die Befugnis des Gebietens obliegt und begreifen, dass nicht sie
die Walter und Wender aller Dinge sind, sondern ein Anderer.

Wer auch immer sich in diesem Zustand befindet, so ist dessen


Abhängigkeit von Allah und Seine Bedürftigkeit Ihm gegenüber, zu einer
Eigenschaft geworden. Wenn der Diener sich über diesen Zustand der
Menschen bewusst wird, so wird er sich ihnen gegenüber niemals als arm
empfinden, er wird von ihnen nichts e1warten und keine Hoffnungen in
sie setzen. Wenn er diesen Zustand erreicht, so werden sein Tcwhid, sein
Trtwrtqqul und seine Ibrttla auf dem geraden Weg fußen.

Aus diesem Grund sprach Hud (as) zu seinem Volle

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Ich verlasse mich auf Allah, meinen Herrn und euren Herrn. Es gibt
kein Geschöpf: das Er nicht an seiner Stirnlocke hielt. Gewifs, mein
Herr befindet sich auf einem geraden Weg." [Hud:52]

Wenn wir nun zu dem Satz kommen: ,,Deine Entscheidung wird immer
ausgeführt und Deine Bestimmung über mich ist gerecht", so weist dies
auf zwei Punkte hin:

1. Die Gültigkeit Seiner Bestimmung iiber den Diener

2. Der Dank an Allah und Seine Gerechtigkeit.

Allah ist der Eine Allah, dem die Herrschaft gehört und der Dank
gebührt. Die Bedeutung hiervon ist ebenso wie jene der Aussage Huds
(as) in der Ayar: ,,Es gibt kein Geschöpf: das Er nicht an seiner Stirnlocke
hielt." Danach führt er fort: ,,Mein Herr befl.ndet sich zweifellos auf
einem geraden Weg." Somit ist Er der Allbezwinger, der Besitzer allen
Reichtums, der iiber Seine Diener bestimmt, ihr Leben in Seinen
Händen hält und auf dem geraden Weg ist. Gleichzeitig ist Er Derjenige,
der die unendliche Gerechtigkeit besitzt und mit dieser über seine
Schöpfung richtet. Er ist auf dem geraden Weg mit Seinen Worten und
Taten, mit Al-Qjidtl und Al-Qadar (das beschlossene Urteil und die
Vorherbestimmung), mit Seinen Befehlen und Verboten und Seiner
Belohnung und Bestrafung. Ohne Zweifel ist alles, wovon er uns
berichtet, die Wahrheit und alle Seine Urteile sind gerecht. Alle seine
Gebote beinhalten einen gewissen Nutzen sowie alles, was er uns
verbietet, einen Schaden birgt. Er belohnt diejenigen, die die Belohnung
verdient haben, entsprechend Seiner Gi'tte und bestraft diejenigen,
welche die Bestrafung verdient haben, entsprechend Seiner Gerechtigkeit
und Weisheit.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Beschluss und Urteil

Allah, der Majestätische differenziert zwischen dem (kurzfristigen)


Beschluss und dem endgültigen Urteil. Er hat das Vergängliche für den
Beschluss bestimmt und die Gerechtigkeit für das endgültige Urteil.
Seine Herrschaft beinhaltet sowohl die Sluiritt (islamische Gesetzgebung)
als auch die Gesetze, die Er für die Natur bestimmt hat. Beides gilt dem
Diener und wird fortdauern. Der Diener hat sich beiden
Angelegenheiten untergeordnet - sowohl durch die Tatsache, dass sie auf
ihn Anwendung finden, als auch durch die Tatsache, dass er sie ablehnt
oder annimmt. Wo es dem Diener unmöglich ist, sich den
Naturgesetzen zu widersetzen, kann es durchaus sein, dass er sich den
schari 'arischen Bestimmungen widersetzt.

Das endgültige Urteil muss abgeschlossen bzw. vollständig sein und


kommt erst zum Vorschein, wenn es über den Diener ergangen bzw. für
ihn gültig geworden ist. Hiernach sagt der Diener: ,,Das Ergebnis des
endgültigen Urteils ist gerecht". Somit beweist die Vollständigkeit und
Fehlerlosigkeit des Urteils, das Du über Deinen Diener erlässt (oh Allah),
Deine Gerechtigkeit zu ihm.

Kommen wir nun zum kurzfristigen Beschluss, womit der Beschluss


gemeint ist, den Allah über seine Diener erlässt. Er bestimmt, ob Er
diesen Beschluss (tats~ichlich) ausführt oder nicht. Wenn es ein Urteil
hinsichtlich der Religion ist, so wird er für den Diener verbindlich.
Wenn es jedoch ein Beschluss hinsichtlich der Naturgesetze ist, so trifft
es den Diener nur, wenn Allah ihn umsetzt. Wenn Er es jedoch nicht
umsetzt, so ist es belanglos für den Diener und Allah, der Allmächtige,
bestimmt weiterhin entsprechend seinem endgültigen Urteil. Zweifellos
ist Er Derjenige, Der Seine Bestimmungen erfi.illt und sie fortwähren
tisst.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Aussage: ,,Die Vorherbestimmung ist das Ergebnis der


Gerechtigkeit" beinhaltet alle göttlichen Ikstimnrnngen in Bezug auf die
Diener (Allahes). Krankheit, Gesundheit, Armut, Rdchtum,
Wohlbefinden, Kummer und Sorgen, Leben, Tod, Bestrafung und
Belohnung sind allesamt inbcgriffon. Allah sagt:

„Und siehe, wenn Wir den !vlenschen von Uns Barmherzigkeit kosten
lassen, ist er froh darüber. Wenn sie aber etwas Böses trifft für das, was
ihre H1inde vorausgeschickt haben, gewif~, dann ist der Mensch sehr
undankbar." [As-Shura:48]

So sehen wir, dass Allah, der Allwissende, in allen Bestimmungen


bezüglich Seiner Diener, Seine Gerechtigkeit offenlegt.

GG
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Ansicht einiger Gruppierungen bezüglich des


Schicksals und der Gerechtigkeit

Sofern jemand eine Ansicht bekundet, die lautet: ,,Sünden zu begehen


geschieht aus dem Vorauswissen (al Qada) und der Vorherbestimmung
Allahs (al Qadr) heraus. Wo liegt dann die Gerechtigkeit Allahs, wenn Er
dies ve1wirklicht? Schließlich ist die Gerechtigkeit in Bezug auf die
verborgenen Sünden keine offensichtliche Angelegenheit", so antwortet
man diesem folgendermaßen;

Zunächst einmal ist dies eine wichtige Angelegenheit. Dementsprechend


sagte eine Gruppe, dass Allahs Gerechtigkeit feststeht und eine
Ungerechtigkeit Seinerseits unmöglich ist.

Sie erklärten: ,,Zu unterdrücken bedeutet, über das Vermögen eines


anderen zu verfügen. Nun gehört jedoch alles Allah. Demzufolge kann
die Verfügung Allahs über Seine Diener nur als Gerechtigkeit bezeichnet
werden."

Eine andere Gruppe sagte: ,,Somit ist die Gerechtigkeit, dass Allah, der
Allmächtige, die Dinge, die er vorher bestimmt nicht bestraft. Wenn Er
demnach Sünden mit Bestrafung begegnet, so versteht man daraus, dass
die Sünde nicht als Seine Vorherbestimmung verstanden werden kann.
Gerechtigkeit ist also, dass Er Sünden mit Strafe begegnet und sie (die
Sünder) in der Duny1t oder in der Alehira dem Tadel aussetzt."

Diese Gruppen konnten nur mühsam die Angelegenheiten der


Gerechtigkeit und der Vorherbestimmung miteinander vereinen. Zudem
kommt hinzu, dass die Leute, welche der Ansicht waren, alles geschähe
durch die Vorherbestimmung, es nicht für möglich hielten über die
Gerechtigkeit zu sprechen, genauso wie jene, die behaupteten alles fuße

67
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

auf der Gerechtigkeit, die Ansicht vertraten, dass es nicht möglich sei
über die Vorherbestimmung zu reden.

Genauso wie sie sich schwer damit taten die Beweise des Trtuhicls und der
Eigenschaften Allahs zu vereinen. Sie dachten, dass es nur möglich sei
den 7iwhitl zu beweisen, in dem man die Eigenschaften Allahs
verleugnet. Somit wird offensichtlich, dass ihr Verstiindnis für den
7iwhitl nur durch das Leugnen der Eigenschaften Allahs möglich ist.
Genauso wie ihr Vcrstiindnis der Gerechtigkeit der Tatsache zu schulden
ist, dass sie die Vorherbestimmung als Lüge abstcmpdn.

Kommen wir nun zur Ahlul Srmrw (den Bewahrern der Sunna). Diese
haben beide Angelegenheiten mit Beweisen offon dargelegt. Gemiiß ihrer
Ansicht bedeutet Unterdrückung, dass man eine Sache von ihrem
(eigentlichen) Platz an einen anderen Platz legt, wie beispidsweise einem
Gehorsamen und unschuldigen Leid zu zufügen. So spricht der Allah,
der Allm~ichtige, sich an vielen Stellen im Quran von der Unterdrückung
frei. Allahs Eigenschaften sind fern von allem Makel. Selbst wenn Er
jemanden auf dem richtigen Weg lassen oder für einen anderen eine
Sünde bestimmten und ihn deshalb in das Höllenfeuer werfen würde, so
ware dies zweifellos wieder ein Beweis für Seine unendliche
Gerechtigkeit. Denn Er ist Derjenige, der den geraden Weg und die
/
Sünden genauestens platziert. Wie sollte es auch anders möglich sein,
wenn Er laut Asma'ul Husna Al-Acll (der Gerechte) ist. Dieser Name
best~itigt, dass Er in all Seinen Taten und Beschlüssen gerecht und auf
Wahrheit ist. Allah, der Schöpfer, legte alle Wege offen dar, entsandte
Propheten, offenbarte Bücher, hob alle Hindernisse auf und erleichterte
es den Menschen durch ihre Ausstattung mit dem Hörsinn, der Sehkraft
und dem Verstand die Tore der Rechdeitung und des Gehorsams zu
erreichen.

Und dies zeugt offensichtlich von Seiner Gerechtigkeit. Er tisst seme


Hilfe zukommen, wem er will und bringt Seine Unterstützung (jenen

68
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

gegenüber) stets zum Ausdruck. Und dies geschieht aus seiner Giite und
Gnade heraus. Und diejenigen, die nicht seiner Güte und Hilfe
gewachsen sind, erniedrigt Er und setzt sie der Schmach au. Er trennt
sich von ihnen und verspricht, dass sie niemals Seiner Hilfe erfahren
werden und Er Seine Gnade von ihnen entziehen und sie letztlich Seiner
Gerechtigkeit i.iberlassen wird.

Letzteres teilt sich in zwei Kategorien:

1. Die Strafe, die Er denen gibt, die sich von ihrem Herrn
abwenden, Seinen Feinden Gehorsam leisten und ihnen
behilflich sind, Ihm nicht gedenken und nicht dankbar sind.
Ohne Zweifel verdient so jemand die Pein und sein Herr hat sich
definitiv von ihm abgewendet.

2. Er bestraft ihn zun!ichst einmal nicht. Da diese Person den Wert


der Rechtleitung nicht kennt, Ihm nicht dankt, Ihn nicht
lobpreist und keine Liebe zu ihm hegt, bestimmt Er fiir ihn nicht
die Rechtleitung.

Allah, der Allm~ichtige sagt:

„Und so haben Wir die einen von ihnen durch die anderen einer
Prüfung unterzogen, so daß sie sagen: ,,Hat Allah diesen da aus unserer
Mitte eine Wohltat erwiesen?" Weiß nicht Allah am besten über die
Dankbaren Bescheid?" [Al-Anam:53]

69
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

In einer anderen Ayat sagt Allah:

„Wenn Allah von ihnen etwas Gutes gewußt hätte, h~itte Er sie
wahrlich hören lassen. Uml wenn Er sie hätte hören lassen, so hätten
sie sich dennoch widerstrebend abgekehrt." [Al-Anfal:23]

Also ist es von Seiner Gerechtigkeit, dass er den Seelen den Weg weist
und die Siinden voraussieht und dementsprechend sein Urteil Billt.
Genauso wie er geboten hat Schlangen, Skorpione und ganz schwarze
Hunde zu töten. Auch wenn Er sie letztlich erschaHen hat, zeugt die
Tatsache, dass er über sie ein Urteil t;illt, von Seiner Gerechtigkeit. Wir
haben uns bei den ausführlichen Erklärungen zu diesem Thema einiger
Passagen aus unserem Buch bedient, welches die Themen Al-Qada w11
Al-Qadar ausführlich behandelt.

Die Aussage des Prophets (sas): ,,Dein Urteil iiber mich wird immer
ausgefiihrt, Deine Bestimmung fiir mich ist gerecht. ", stellt eine
Widerlegung für zwei Glaubensrichtungen dar. Eine Gruppe leugnet das
Urteil über das Vorauswissen und die Vorherbestimmung Allahs
hinsichtlich Seiner Diener und das Schicksal und glaubt, dass die Taten
eines Menschen sich dem Urteil Allahs entziehen können. Hierbei
handelt es sich um die Qadariyya.

Die andere Gruppierung ist der Auffassung, dass alles was geschieht, der
Gerechtigkeit Allahs zuzmchreiben istH. Dies ist die Ansicht der
Jabriyya. Demzufolge findet man keinerlei Nutzen in der Erl~iuterung
des Hadithes von Muhammad (sas), in dem er sagt: ,,Deine Bestimmung
für mich ist gerecht.", da laut ihrer Meinung Gerechtigkeit in allem liegt.
Die Ungerechtigkeit wiederum ist erst gar nicht möglich. Als würden sie
sagen wollen: ,,Dein Urteil über mich wird immer ausgeführt und kann

14 Sie sprechen dem Menschen jegliche Willensfreiheit ah


70
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

auch von mir kommen." Und dies ist letztlich dieselbe Ansicht wie die
erste.

Allah mit Seinen Namen um Hilfe bitten (Tawassul)

Wenn der Diener Allah auf folgende Weise bittet: ,,Ich bitte dich mit
jedem Nmnen, der Dir gehört... ", so bittet er Ihn mit all den Namen
Allahs, die ihm bekannt aber auch nicht bekannt sind. Diese Art und
Weise des Erbittens gehört zu den schönsten ihrer Art. Der Diener bittet
Allah nfünlich mit den Namen, die sich auf Seine Eigenschaften und
Taten beziehen.

In dem Teil des Hadithes, der lautet: ,,mache den Quran zum Frühling
meines Herzens, zum Licht meiner Augen", bedeutet das darin
vorkommende Wort „Ar-Rrtbi" Regen, welches der Erde leben schenkt.
Der Vergleich des Qurans mit dem Regen rührt daher, da er den Herzen
Leben schenkt. Er vermittelt uns, dass das Leben durch Wasser entsteht
und Nur Licht und Helligkeit schenkt. Diese beiden Dinge hat Er in
manchen Ayat im Quran auf folgende Weise zum Ausdruck gebracht:

„Er läßt vom Himmel Wasser herabkommen, und dann fließen Täler
entsprechend ihrem Maß, daraufhin trägt die Flut aufschwellenden
Schaum. Und aus dem, worüber man das Feuer anzündet, im Trachten
(da)nach(,) Schmuck oder Gerät (anzufertigen, entsteht) ein ähnlicher
Schaum. So prägt Allah (im Gleichnis) das Wahre und das Falsche.
Was nun den Schaum angeht, so vergeht er nutzlos. Was aber den
71
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Menschen nützt, das bleibt in der Erde. So priigt Allah die


Gleichnisse." [Ar-Rad: 17]

„Ihr Gleichnis ist das jemandes, der ein Feuer anzündet. Nachdem es
seine Umgebung erhellt hat, nimmt Allah ihr Licht weg und tifh sie in
Finsternis zurück; sie sehen nicht." [Al-Baqara: 17]

„Oder es ist wie ein Gewitterregen, der vom Himmel niedergeht, voller
Finsternis, Donner und Blitz. Sie stecken sich die Finger in die Ohren
vor den Donnerschtigen, um dem Tod zu entfliehen, doch Allah
umfaßt die U ngtiubigen." [Al-Baqara: 19]

„Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Das Gleichnis seines
Lichtes ist das einer Nische, in der eine Lampe ist. Die Lampe ist in
einem Glas. Das Glas ist, als wlire es ein funkelnder Stern. Ihr
Brennstoff kommt von einem gesegneten Baum, einem Ölbaum, weder
östlich noch westlich, dessen Öl beinahe schon Helligkeit verbreitete,
auch wenn das Feuer es nicht berührte. Licht über Licht. Allah führt zu
Seinem Licht, wen Er will. Allah priigt den Menschen die Gleichnisse,
und Allah weiß über alles Bescheid." [An-Nur:35]

72
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Siehst du nicht, daß Allah die Wolken sanft bewegt, sie hierauf
zusammenfügt und hierauf zu einem Haufen macht? Dann siehst du
den (Platz)regen dazwischen herauskommen. Und Er sendet vom
Himmel (Wolken)berge herab, mit Hagel darin, dann trifft Er damit,
wen Er will, und wendet ihn ab, von wem Er will. Das Aufleuchten
Seines Blitzes nimmt beinahe das Augenlicht." [An-Nur:43]

Aus der Tatsache, dass der Quran Leben schenkt, kann demnach
verstanden werden, dass die Bittgebete den Herzen Leben schenken, das
Innere erleuchten und damit das Leben und das Licht vereint sind. Allah,
der Allm!ichtige sagt:

„Ist denn der, der tot war, und den Wir dann lebendig gemacht und
dem Wir ein Licht gegeben haben, worin er unter den Menschen geht,
wie einer, dessen Gleichnis das jemandes ist, der sich in Finsternissen
befindet, aus denen er nicht herauskommen kann? So ist den
Ungläubigen ausgeschmückt, was sie zu tun pflegten." [Al-Anam: 122]

Demzufolge ist das Innere einer Person umfangreicher als sein Herz und
diesem entsprechend fließt der entstandene Nur in Richtung des
Herzens. Denn das Nur ergibt sich dem umfangreicheren Teil. Da der
Körper und die Organe davon abhängig sind, dass das Herz lebt, fließt
das Leben aus diesem Grunde nach innen hinein und versorgt die
Organe. Im Hadith ist mit dem Wort „Ar-Rabi" Derjenige in der Dua
gemeint, Der das Leben gibt.

73
Al-Pawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Trauer, Leid und Sorgen sind Dinge, die dem Herzen und dem Nur
darin zuwider sind. Aus diesem Grund wünscht er (der Diener) sich in
seiner Dua, dass diese Dinge mit dem Quran vernichtet werden. Denn
diese Krankheiten verschwinden mit dem Quran und kommen nicht
mehr zurück. Falls sie jedoch (kurzfristig) durch andere Dinge
verschwinden, wie etwa durch Gesundheit, Status, Reichtum,
Ehepartner, Kinder und dergleichen, so werden die Krankheiten mit
dem Verschwinden dieser Dinge erneut zurückkehren. Die schiindlichen
Dinge, die das Herz erreichen, werden Leid hervorrufen, sofern sie aus
der Vergangenheit herrühren. Wenn es mit der Zukunft zu tun hat, wird
es Sorgen hervorrufen und wenn es mit dem gegcnw;irtigen Zustand zu
tun hat, so wird es Trauer auslösen.

Der Thron Allahs (Arsh) und das Herz

Die Präsenz, welche am reinsten, zug;inglichsten, strahlendsten ,


ehrenvollsten und - hinsichtlich ihrem Wesen und ihrer Erhabenheit -
am besten und ausgeprtigtesten ist jene des Throns Allahs. Aus diesem
Grund die Tatsache, dass Allah, der Allmtichtige sich auf diesem
niederHisst, nur allzu adiiquat. Alle Dinge, die dem Thron nahe sind,
gleichen dessen Pr;isenz entsprechend ihrer Niihe in ihrem Strahlen, ihrer
Puri6t und Ehre. So ist „Firdaws" (die höchste Stufe im Paradies)
aufgrund der N;ihe zum Thron (der Thron Allahs bildet die Decke des
Firdaws') die erhabenste, strahlendste und beste Paradies-Stufe.
Umgekehrt verlüilt es sich mit allem, das entfernt vom Thron entfernt
ist. Je größer die Distanz dazu fahler (ohne Glanz), banaler und
schlechter sind die Dinge. Dementsprechend sind die am meisten
Erniedrigten unter den Erniedrigten (Asfel-i-Saßlin) die Personen, die an
den schlimmsten und segenslosesten Orten sind.

Allah, der Erhabene erschuf die Herzen und damit einhergehend einen
Platz im Herzen, wodurch Er erkannt, geliebt und Ihm gedacht wird.
Zweifellos ist dieser Platz der Thron Seiner erhabenen Eigenschaften.
74
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah, der Allmiichtige sagt:

„Diejenigen, die an das Jenseits nicht glauben, haben die Eigenschaft


des Bösen. Allah aber hat die höchste Eigenschaft, und Er ist der
Allmächtige und Allweise." [An-Nahl:60]

„Und Er ist es, Der die Schöpfung am Anfang macht und sie hierauf
wiederholt; das ist für Ihn noch leichter. Er hat die höchste Eigenschaft
in den Himmeln und auf der Erde, und Er ist der Allmächtige und
Allweise." [Ar-Rum:27]

,,Nichts ist Ihm gleich; und Er ist der Allhörende und Allsehende."
[Ash-Shura: 11]

Offensichtlich ist dies eines Seiner erhabenen Eigenschaften. Er lässt sich


im Herzen des Gtiubigen nieder. Es ist Sein Thron. Wenn jedoch dieses
Herz nicht sauber und fern von jeglicher Unreinheit wäre, so wäre es
nicht möglich gewesen, dass sich Seine erhabenen Eigenschaften in Form
von Erkenntnis, Liebe und dem Gedenken an Ihn darauf niederlassen.

Betrachtet man die niedrigsten Stufen im Diesseits, so beengt die Liebe


dazu das Herz, entfernt es von der Wahrheit, stumpft es ab und findet
kein Heil. Aus alledem geht hervor, dass die Herzen in zwei Formen in
Erscheinung treten: Zum einen als das Herz, welches den Thron des
Barmherzigen bildet. Darin befinden sich Licht, Leben, Glück,
Zufriedenheit, Freude und jegliche Formen von Segen. Im Gegensatz zu
dem Herzen, welches den Thron von Sheytan darstellt. Darin finden sich

75
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Enge, Unterdrückung, Tod, Trauer, Sorge und Kummer. Auch


herrschen in einem solchen HerLen stets Zust;indc der Trauer bezüglich
der Vergangenheit, der Sorge hinsichtlich der Zukunft und der
Bedrängnis im Hinblick auf die Gegenwart.

Nach der Überlieferung von Tirmidhi und anderen sagte der Prophet
Muharnrnad (sas): ,,Wenn Licht in das Herz eindringt, öffoet sich das
Herz und wird heiter." Daraufhin fragten seine Geföhrten: ,,Oh
Gesandter Allahs! Gibt es dafür auch ein Zeichen?" Rasulullah (sas)
antwortete: ,,Der ewigen Aufenthaltst;itte im Jenseits nahe zu sein, sich
von dem Ort des Hochmuts (dem Diesseits) fernzuhalten und sich auf
den Tod, noch ehe er eintritt, vorzuberciten!" 15 Demzufolge kann Licht
ausschließlich durch die Spuren erhabener Eigenschaften ins HerL
gelangen. Nur dadurch weitet und öffoet sich das Herz. Wenn jedoch
darin keinerlei Liebe zu Allah und keine Kenntnis i.iber Ihn existieren
würde, so wären darin Ungerechtigkeit und Enge vorherrschen.

Der Inhalt der Aussagen des Qurans

Wenn du über die Aussagen des edlen Quran tiefergehend nachsinnst,


wirst du erkennen, dass Allah der Einzigartige, der einmalige König ist.
Sein ist alles Reichtum und alles Lob gebührt Ihm allein. Alle
Angelegenheiten sind in Seiner Hand. Der Beginn und der Anfang aller
Dinge gehören Allah. Nichts von seinem Reichtum bleibt ihm nirgends
verborgen. Er hat Kenntnis darüber, was Seine Diener in ihrem Inneren
verbergen. Er ist es, der sowohl über ihre Geheimnisse, als auch iiber ihre
offenkundigen Angelegenheiten Wissen hat. Er dreht und wendet alles,
was sich in Seiner Herrschaft befindet, alleine. Er hört und sieht, gibt
und nimmt, belohnt und bestraft, schenkt und nimmt. Er erschafft und

15 Tirmidhi-AI-Hakim At-Tirmidhi-Ncvadirul-Usul-i /528<86, Said Ibn Mansur-As-

Sunan-5/86 (918)-ßcyhaki AI-Asma va 's-Sifar-326, Ibn Jarir At-Tabcri {13856-13852-


13853-13854-13855)-Darckutni AI-Ilal-5/188, Abu Jafar {13855)
76
Al-Fawaid von Sheild1 Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

versorgt, lässt sterben und gibt Leben, Er urteilt und setzt fest (Al-Qada
wa Al-Qadr), er dreht und wendet alle großen und kleinen
Angelegenheiten von Seiner Stelle aus. Kein Staubkörnchen kann sich
bewegen ohne Seine Erlaubnis und kein Blatt abfallen ohne Sein Wissen.

Wenn dem so ist, so denke darüber nach, wie Er Seine Nafs lobt und
rühmt; wie Er Seine Diener ermahnt und sie zur Rettung und Freiheit
einliidt; wie Er seine Diener vor der Zerstörung bewahrt; wie Er seine
Namen und Eigenschaften erw~ihnt; wie Er Seine Gnadengaben Seinen
Dienern lieb macht und wie Er sie an seine Gnadengaben erinnert, die
Er ihnen zukommen ließ; wie Er ihnen die Dinge, welche sie erfüllen
müssen, auferlegt, sie vor den Dingen, die Seine Rache erforderlich
machen, bewahrt; wie Er für ihr Gehorsam Gaben und Geschenke und
fiir ihr Ungehorsam Bestrafungen vorbereiten lässt; wie Er darüber
Kunde gibt, was Seine geliebten und seinen verhassten Diener erwarten
wird und wie ihr Ausgang sein wird.

Allah lobt Seine geliebten Diener mit ihren rechtschaffenen Taten und
ihren schönsten Eigenschaften und setzt seine verhassten Diener mit
ihren schlechten Taten und ihren schlimmsten Eigenschaften herab.
Dafür gibt Allah im Quran Beispiele, schmück:r sie mit Beweisen und
Belegen aus, gibt Seinen Feinden die schönsten Antworten auf ihre
Zweifel, bestätigt das Richtige und legt die Lügen der Lügner offen.
Allah spricht offen die Wahrheit aus und zeigt die Wege davon auf. Allah
ruft zu Seiner Heimsdtte im Paradies, erwähnt die Gnaden,
Besonderheiten und Schönheiten darin. Gleichermaßen warnt Er vor
dem Höllenfeuer, beschreibt dessen Hässlichkeit, Schmerz und Strafe.
Allah macht deutlich, dass Er reicher als jedes Seiner Geschöpfe ist, Er
niemandem bedarf, alles im Vergleich zu Ihm arm ist, niemand (alleine)
dazu imstande sein ein Funken Segen zu erlangen bzw. nur aufgrund
Seiner Gnade und Barmherzigkeit. Auch wird das Schlechte nur durch
die Gerechtigkeit und Weisheit Allahs erfahren werden.

77
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Aus Allahs Worten kann entnommen werden, dass sein Tadd gegenüber
seinen geliebten Dienern zum v01-Lüglichsten Tadd gd1ön. Allah
versichert, dass er ihre Verfehlungen, ihre kleinen Fehler zu vergeben,
ihre Reue anzunehmen, ihre Missetaten zu korrigieren und in die richtige
Richtung zu lenken, sie zu verteidigen, zu beschützen, ihnen zu helfen
und for ihre Angelegenheiten zu bürgen. Er verspricht ihnen all ihre
Sorgen zu nehmen, Sein Versprechen zu geben, ihr Freund zu sein und
macht deutlich, dass dies niemandem aufser Ihnen zusteht. Er garantiert,
dass Er sie in der Wahrheit unterstützen und ihnen gegen ihre Feinde
helfen wird und macht klar, dass es keinen anderen Freund als Ilm gibt
und keine Hilfe aufser durch Ihm kommen wird.

So dann: Wenn nun der Quran aussagt, dass Allah, der Allrn:idnige, der
König, der Barmherzige, der Grofszi_igige, der Besitzer des Guten, der
Schöne ist und dies die Herzen bezeugen, wie kann es folglich sein, dass
die selbigen Allah nicht lieben? Und dies, obgleich sie stets in Eifer darin
sind sich ihm zu nähern sowie all ihre Energie dafür einzusetzen sich an
Ihn zu binden. Wenn nichts anderes rnehr als Allah diesen Herzen lieb
erscheint und sie nunmehr nicht nach der Anerkennung anderer sondern
allein nach Allahs Anerkennung trachten - wie kann es sein, dass
dieselben Herzen nicht Allah mödncn? Wenn die Liebe, die für Ihn
gehegt wird, die Sehnsucht nach Ihm sowie die Freundschaft:, die die
Medizin und Kraft des Herzens ist, vorliegt - wie kann das Herz
(dennoch) nicht dazu neigen Allahs zu gedenken?! Zweifellos treten die
Krankheiten im Herzen auf: sofern sich eines dieser (positiven) Gefühle
(gegenüber Allah) verflüchtigt. Das Herz erkrankt, wird vernichtet und
nutzlos, obwohl es noch am Leben ist.

78
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Das Herz akzeptiert nicht zwei Dinge, die


gegensätzlich sind

Genauso wie das Herz bezüglich der Personen oder Angelegenheiten, die
er in sich wahrt, keine Gegensätze duldet, duldet es in gleiche1weise
keinen Widerspruch hinsichtlich des Glaubensverständnisses und des
Willen.

Wenn das Herz jedoch mit Glauben und der Liebe für Batil1 6gefüllt ist,
so wird sich darin niemals der Glaube an die Wahrheit sowie die Liebe
dazu niederlassen. Dies ist vergleichbar mit leerem Gerede, woraus der
Zuhörer niemals einen Nutzen entnehmen kann. Nur wenn man den
Batil und das Unnütze verlässt, kann daraus ein Nutzen für die Zunge
des Sprechenden entstehen. · Gleichermaßen verhält es sich mit den
Organen. Wenn die Organe in Betrieb sind ohne den Gehorsam
gegenüber Allah auszuführen, so kann der Gehorsam nur dadurch
hervorgerufen werden, dass das Gegenteil geschieht. Das Herz wird Allah
erst dann lieben, Ihm gedenken, sich nach der Begegnung mit Ihm
sehnen, wenn jegliche Bindung und jegliches Verlangen zu jemand
anderem außer Ihm aufgehoben werden. Das Gedenken Allahs mit der
Zunge und die Dienerschaft durch die Organe ist erst dann möglich,
wenn man aufhört jemand anderem außer Allahs zu gedenken und ihm
dadurch zu dienen.

Wenn also das Herz mit den Geschöpfen gefüllt ist, sich ausschließlich
damit befasst und sich nutzlosem und falschem Wissen widmet, bedeutet
dies, dass darin kein Platz für die Beschäftigung mit Allah, Seinen
Namen, Eigenschaften und Gesetzen bleibt. Das Geheimnis darin ist:
„Die Ergebenheit des Herzens ist wie die Ergebenheit der Ohren." Wenn
eine Person etwas anderes als die Worte Allahs hört und sich dem ergibt,
so ist es für ihn unmöglich sich Allahs Befehlen zu ergeben und Ihn zu

16 Falschheit, Aberglaube, Dinge, die mit der Sharia unvereinbar sind


79
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

verstehen. Genauso wie jemand, der nicht Allah sondern jemand


anderem gegenüber Zuneigung empfindet, Allah keine Zuneigung
entgegenbringen kann. Wenn also das Herz nicht Ilm, sondern jemand
anderem gedenkt, bedeutet dies, dass bei Ihm keine Spur des Gedenkens
Allahs bleiben wird. Genau wie die Zunge ...

Aus diesem Grund sagte Muhammad (sas) in einer s11hih (authentischen)


Überlieferung: ,,Wenn sich eure B:iuche mit Eiter füllen und damit
überlaufen würden, so wiire dies ohne Zweifd besser fiir euch, als dass ihr
sie mit Gedichten fiillt." 17 Dieser Hadith macht deutlich, dass der
Bauch/also das Innere, sich mit Gedichten gefüllt ist und damit mit
Bedenken und Zweifeln, mit Fantasien und Vorstellungen, mit
nutzlosem Wissen, leeren Scherzen, anstöfügen Witzen, Geschichten etc.
Wenn das Herz also mit diesen Dingen gcf'i.'dlt ist und zu ihm die
Wahrheit des Qurans sowie das \'v'issen, welches Perfektion und Glück
darstellt, kommt, jedoch nicht auf ein Bewusstsein stöfk dass die
Unwahrheiten erkennt, so wird das Herz zu allem anderen als Allah
gehen und sich an einem anderen Ort niederlassen.

Ähnlich wie derjenige, dessen Herzen mit Widersprüchen gefiillt ist, den
( Ratschlag, der ihm gegeben wird, nicht verkraftet und nicht föhig dazu
ist ihn anzunehmen, umzusetzen und es sich zu Herzen zu nehmen. So
tiufr er wie ein Nomade umher und findet keinen bestiindigen Ort für
sich.

,,Reinige dein flerz von ,il!em ({Ttßer uns, sd mit uns,


Unsere Brust ist für jeden Gereinigten oj}c11.
Geduldig ztt sein ist d11s Ziel ttnd ein Z({uber fiir unseren Schfltz.
Und wer sich vom Zrtuber befreit, wird seinen Schtttz erreichen. "

Der Erfolg kommt von Allah!

17 ßukhari-6155, Muslim-2257. Übcrlidcrc durch Abu II uraira.


80
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Tafsir der SuraAl-Takathur

~10_;.fa
0 .;, ,...,. '

~luJc.~3yl~
_._t,1 . -
~
~ ~ ,, 3:1 lY
,- (u r-1.r.
,,Die Vermehrung lenkt euch ab, bis ihr die Friedhöfe besucht.
Keineswegs! Ihr werdet (es noch) erfahren. Abermals: Keineswegs! Ihr
werdet (es noch) erfahren. Keineswegs! Wenn ihr es nur mit dem
Wissen der Gewißheit wüßtet! Ihr werdet ganz gewiß den Höllenbrand
sehen. Abermals: Ihr werdet ihn mit dem Auge der Gewißheit sehen.
Hierauf werdet ihr an jenem Tag ganz gewiß nach der Wonne gefragt
werden." [Al-Takathur 1-8]

Diese Sura beinhaltet die Themen, welche das Versprechen sowie die
Drohungen anbelangen. Gleichzeit ist sie aber für denjenigen, der
versteh, eine Ermahnung. In der Ayat heißt es ,,lenkt euch ab". Es
bedeutet, dass es euch abgelenkt hat, obwohl ihr keine Entschuldigung
dafür hattet. Denn „al-Ilha ani 'sh-shayi", bedeutet, aufgrund einer
Sache abgelenkt zu sein. Wenn dies eine beabsichtigte Ablenkung ist, so
ist die Verantwortung dafür zu tragen. Wenn dies jedoch nicht mit
Absicht geschieht (die Ablenkung nicht beabsichtigt ist), dann wäre es
verzeihlich, so wie Rasulullah (sas) über die Vergesslichkeit sagte: ,,Ohne

81
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifel, vorhin hat mich dies von memern Gebet abgelenkt 18 • Das im
Hadith Erwiihnte ist eine Form der Vergesslichkcir. Augerdem beigt es
im Hadith: ,,Wegen den Kindern abgelenkt. " 1'> ,,Laha bi 'sh-shey'i''
bedeutet „er hat sich mit was anderem beschiifrigt, dies hat ihn
abgelenkt, er hat sich von ihrn abgewendet". Es ist so, dass die Freude für
das Herz ist und das Spiel für die Organe und Körperteile.
Dementsprechend werden beide unter einen Hut gebracht (wörtlich;
unter einem Dach versammelt). Wenn Allah, der Allmiichtige folglich
sagt: ,,Die Vermehrung lenkt euch ab, bis ihr die Friedhöfe besucht.", so
ist damit gemeint, dass der Tadel aufgrund dieser Ablenkungen am
schlimmsten sein wird. Denn diejenigen, die abgelenkt sind begehen die
Ablenkung manchmal auch mit ihren Organen und Körperteilen - das
Herz muss nicht unbedingt ins Vergnügen eingetaud1t sein. Aufgrund
dessen tdgt der Begriff ,,lahw" (Vergnügen) die Bedeurnng „eintauchen"
und „sich auflehnen". ,, 7itkfltlmr" (die Vermehrung) stammt hingegen
von der Wortfamilie „ Trtßrnl" (Wechselwirkung eines Wortlauts) ab, was
(in diesem Kontext) ,,miteinander prahlen" bedeutet. Bezeichnet wird
damit auch eine Perscm, die sich gegen andere mit dem, womit sie sich
brüstet, auflehnt und sich die absolute Gültigkeit davon wünscht.
Zweifellos füllt das für den Betroffenen nützlich erscheinende Sich-
Brüsten gegenüber anderen Menschen - mit etwas anderem als dem
Gehorsam gegenüber Allah und seinem Gesandten - unter „Takathur".
V Demnach findet sich in allen Lebensaspekten des Betroffenen - sei es
sein Vermögen, sein (gesellschaftlicher) Status, seine Fi.iluungsposition,
seine Frauen, sein Wissen und Angelegenheiten, bei denen er von
keinem abhiingig ist - der prrthlcrische 'f it!.:11tlmr wieder. Das Schreiben
von Büchern und das Prahlen bei vielen verschiedenen Angelegenheiten
gehört zum „ Trtkrtthur". Auch unter „ 'fitkrttlmr" fallt beispielsweise, dass
man in stets mehr möchte als andere. Dies ist jedoch ein zu
missbilligendes, tadelnswertes Streben. Erlaubt ist lediglich das Trachten
nach guten Dingen (beispielsweise Allahesfi.1rcht), die den Menschen

18 ßukhari-373 und Muslim-556 iibcrlicfcrc von Aisha (ra).


19 Bukhari-6191, Muslim-2149 iibcrlicfcrt durch Sah! Ilm Sad.
82
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

niiher zu Allah bringen. Eine solche Absicht impliziert, dass man im


Guten miteinander weitereifert.

Im „S1thih Muslim" (Nr. 2958) wird von Abdullah Ibn Shihhir überliefert,
dass, als er zu Rasulullah (sas) kam, er (sas) die Ayat: ,,Die Vermehrung
(eure Kinder) lenkt euch ab, bis ihr die Friedhöfe besucht." las. Der
Prophet (sas) sagte: ,,Der Sohn Adams sagt stets: ,Mein Besitz, mein
Besitz", wo doch Besitz lediglich das ist, was man spendet (Sadaqa), isst,
konsumiert sowie trägt und abnutzt."

83
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Weisheiten

• Wenn man von einer Persern oder e111er Sache keine11


Nutzen ziehen kann, kann man dies auch nicht mit nur
einem Teil von ihr.

• Zwischen Allah und semem Diener und den Mensche11


und dem Diener ist ein Schleier (Distanz). \'X'cr auch
immer den Schleier zwischen sich und Allah entfernt,
dem wird Allah den Schleier zwischen ihm und de11
Iv1enschen entfernen.

• Der Diener hat Einen Herrn, Dem er begegnen wird und


ein Haus, in dem er wohnen wird. Dementsprechend
sollte er sich die Zustimmung seines Herrn einholen,
bevor er Ihm begegnet und sollte sein Haus errichten, ehe
er zu Ihm geht.

• Die Zeit zu vergeuden ist schlimmer als der Tod. Denn


die vergeudete Zeit reifü dich von Allah und deiner
Wohnsdtre im Jenseits weg. Der Tod jedoch reigt dich
y lediglich von der Dunya und ihren Bewohnern weg.

• Von Anfang bis zum Ende ist das Diesseits keinen


Augenblick der Sorge wert. Wie verhiilt es sich sodann
mit all den Sorgen des ganzen Lebens?

• Es kann sein, dass man denjenigen, den man noch heute


geliebt hat, morgen nicht mehr Hebt und denjenigen, den
man heute noch nicht geliebt hat, morgen liebt.

84
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

• Der höchste Gewinn im Diesseits ist für den Menschen


das Sich-Bemühen um das Beste und das für ihn
Nützlichste am Tage seiner Auferweckung.

• Kann jemand, der sein Paradies für einen Augenblick an


Vergnügen verkauft, klug sein?

• Der weise Diener wird, bevor er von dieser Welt geht,


zwei Punkte niemals vernachlässigt haben: das Weinen
um seine eigenen Nafs und das Loben seines Herrn.

• Wenn man sich vor einem Geschöpf fürchtet, so wird


man sich so weit es geht vor ihm flüchten. Nur wenn
man sich vor Allah, dem Allmächtigen fürchtet, wird man
sich Ihm nähern und Sein Freund werden.

• Wenn Wissen ohne Taten ni.itzlich w~ire, so hätte Allah,


der Allmächtige, die Rabiner der Leute der Schrift nicht
geschmäht. Und wenn Taten ohne Aufrichtigkeit
nützlich w~iren, so hätte Allah die Heuchler nicht
geschmäht.

• Verlasse die gefährlichen Dinge. Wenn nicht, so werden


sich diese Dinge in deine Gedanken einschleichen.
Verlasse diese Dinge, solange sie sich noch in deinem
Kopf befinden. Ansonsten wird sich diese Sache zu einem
Gelüst verwandeln. Wenn dem so ist, dann bekämpfe es.
Wenn du das nicht tust, so wird es seine Spuren
hinterlassen. Und wenn du dich davon nicht abwendest,
so wird sich dies in eine Tat umwandeln. Falls du das
Gegenmittel dieser Sache nicht finden kannst, so wird
sich diese Sache in eine Gewohnheit verwandeln. Wenn
sich die Situation so entwickelt haben sollte, wird es dir
umso schwerer fallen diese Gewohnheit zu unterlassen.
85
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

• Die Ehrfurcht besteht aus drei Rangstufen:

1. Der Schutz des Herzens und der Körperteile vor V erbotenem


und Sünden.

2. Der Schutz vor Dingen, die verpönt (makruh) sind.

3. Der Schutz vor nutzlosen Dingen und leerem Gerede.

Wenn wir nun den ersten Punkt betrachten, so sehen wir, dass dieses
dem Diener sein Leben gibt. Der zweite beschafft dem Diener
Gesundheit und Kraft. Der dritte Punkt l:isst den Diener Freude,
Fröhlichkeit und Heiterkeit erlangen.

Wenn das zum Schweigen bringen des Rechts verteidigt wird.


Den Disputant, der im Recht ist, werden wenige unterstützen.
So schwindet dem Alim (dem Gelehrten) die Verstiindnisweise der
Gesellschllft. So dann wird der Unwissende U,1hil) über dem Gelehrten
stehen.
<<<<<<<<>>>>>>>>>

Ich schwöre bei Allah, dass ich dm erreiche, dem ich hinterher gejt1gt
bin. Nicht von mir, nicht von den !vfenschen, die mir gegmiiber tolerant
waren. Als ich ohne Hofjiwng war und die Hr~/jiwngslosig/.:eit mich
beimthe vernichtete. Neben der Hofjiwngslosig/.:eit eilt so dmm eine
Hoffimng herbei.

),., Wen auch immer Allah ins Paradies eingehen !:isst, so wird dies
nicht geschehen, ohne dass dieser Mensch von abscheulichen
Dingen um ihn herum heimgesucht wird. Und wen auch immer
Allah ins Höllenfeuer schickt, wird dies nicht geschehen, ohne
dass dieser Mensch von Begierden um ihn herum heimgesucht
wird.
86
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

)..> Als Adam (as) sich gewünscht hat neben dem „Baum der
Ewigkeit" zu bleiben, wurde ihm mit der Verbannung aus dem
Paradies geantwortet. Als Yusuf (1ts) sich neben dem Mann, der
von der Befreiung aus dem Gefängnis geträumt hatte, sich dies
ebenso wünschte, verbrachte er noch viele weitere Jahre im
Gefängnis.

Die Punkte, über die der Mensch Zeugnis ablegen


muss, wenn ihm etwas widerfährt, was abscheulich
anmutet

Widerfahrt dem Diener etwas, was abscheulich anmutet, so muss er über


folgende sechs Punkte Zeugnis ablegen (bzw. mit Aufrichtigkeit
bezeugen):

1. Das Bezeugen des Tctuhids. Es ist zu bezeugen, dass Allah, der


Allmkhtige, derjenige ist, der bestimmt, wünscht und erschafft.
Es geschieht das, was Er will und nichts, was Er nicht will.

2. Das Bezeugen Seiner Gerechtigkeit. Es ist zu bezeugen, dass die


Bestimmung über seinen Diener stets Seiner Gerechtigkeit
entspricht bzw. gerecht verl~iuft.

3. Das Bezeugen der Barmherzigkeit. Es ist zu bezeugen, dass die


Barmherzigkeit, die Er hinsichtlich einer von Ihm bestimmten
Sache aufbringt, seine Bestrafung und seinen Zorn übertroffen
hat. Wahrlich, Seine Barmherzigkeit hat Ihn eingenommen.

4. Das Bezeugen der Weisheit. Gemeint ist, dass Allah, der


Erhabene, entsprechend seiner Weisheit über den Diener
bestimmt. Seine Weisheit ist nicht umsonst und seine

87
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Vorherbestimmung ist nicht verwerflich.

5. Das Bezeugen der Dankbarkeit. Auch bei diesem Thema


gebi.ihren ohne Ausnahme der Dank und alles Lob einzig allein
Allah.

6. Das Bezeugen der Dienerschafr. Es ist zu bezeugen, dass der


Diener auf jede Weise, auf jeden Fall ein Sklave gegenüber den
Befehlen und Urteilen seines Herrn ist. So wie Allah, der
Allmiichtige, in den religiösen Angelegenheiten nach Seinem
Belieben eine Sache in Bezug auf den Diener dreht und wendet,
so tut Er dies auch bezüglich der Angelegenheiten des Schicksals
alleine mit Seinem Urteil. Und dies ist zweifdsohne der Fall, in
denen die Bestimmungen hinsichtlich des Dieners Gültigkeit für
den Diener haben.

Die Folgen der Sünden

Der Erfolg von einem Menschen, der sündigt, verringert sich. Dieser ist
jemand, der die \'qelt pessimistisch betrachtet, die Wahrheit verbirgt.
Jemand, dessen Herz verdirbt und der sich nicht bewusst über die \'qorte
( Allahs ist. Der Sünder ist jemand, der seine Zeit verschwendet und vom
Volk verachtet wird. Zwischen Allah und dem Diener kommt es zu einer
Verfremdung, seine ßittgebctc (Dwt) werden nicht erhört, sein Herz
verhiirtet sich, der Segen entzieht sich aus seiner Versorgung und seinem
Leben. Einern solchen Menschen wird Wissen vorenthalten; er triigt die
Kleidung der Erniedrigung, gcriit in die Hinge cks Feindes. Seine Brust
wird eng und er verflil!t Freunden, die sein Herz verwirren und seine Zeit
töten. Auch ist er fortwiihrend betrübt und besorgt, erlebt Knappheit in
der Lebenshaltung und ist traurig. So wie Saat durch \'qasser sowie Brand
und Wiirrne durch Feuer hervorgebracht werden, so bringt die Sünde
beim Sünder Unachtsamkeit im Gedenken Allahs, den Allmiichtigen,

88
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sowie Aufsässigkeit hervor. Hingegen bringt das Gegenteil den Gehorsam


gegenüber Allah hervor.

Um Allahs Willen barmherzig sein

Für den, der gegenüber seinem Herrn gewissenhaft ist, seinen Mangel an
Wissen sowie seine vielen Fehler eingesteht und zugibt, dass er mit
seinen Taten ab und an die Grenzen überschreitet, gibt es eine gute
Nachricht! Falls sein Herr ihn für seine Sünden zur Rechenschaft zieht,
wird er Seine Gerechtigkeit erkennen. Und falls Er seine Si_inden vergibt,
so wird er Seine Güte erkennen. Wenn er eine gute Tat begeht, wird er
Seine Erhabenheit erfahren und Zeuge über Seine Belohnung dafür sein.
Akzeptiert Er schließlich diese Tat, wird er zum zweiten Mal erleben,
dass ihm Seine Gunst zuteil wird. Wenn jedoch gleichzeitig eine
Bedingung nicht erfüllt wird und Er dadurch diese Tat ablehnt, wird der
Diener niemals behaupten, dass dies (von Ihm) unangebracht wäre.
Beging er eine Sünde, so wird er verstehen, dass sein Herr von dieser
Si_inde weit entfernt ist.

Durch die Tatsache, dass er Sünden beging, wird er wissen, dass Allah
ihn nicht als unschuldig erachtet und ihn deswegen - aufgrund Seiner
Gerechtigkeit - bestrafen wird.

Zweifelsohne wird er begreifen, dass er gegenüber seinem Herrn arm ist


und sich an seiner eigenen Nafs vergangen hat. Falls sein Herr ihm
trotzdem vergeben sollte, wird er verstehen, dass dies Seiner unendlichen
Güte, Großzügigkeit und Gnade zu verdanken ist.

Der Angelpunkt und das Geheimnis dieser Sache liegen darin, dass der
Diener endlich erkennt, dass nur Allah es ist, der Güte erweisen kann

89
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

und dass seine eigene Nafo es ist, die sündigt und sich 1m Zustand de\
Exzesses oder gar im Irrtum bcflndcc.

Dadurch wird der Diener realisieren, dass alles, was ihn erfreut, von det
Erhabenheit des Schöpfers herrührt. Er erweist Güte und !:isst zudem it\
allem, was den Diener durch seine Si.indcn verschlechtert, Sein\:
Gerechtigkeit walten.

Wenn das Haus jener, die von Menschen geliebt werden, ruiniert wurd\
so sagten letztere: ,,Wer auch immer sich dort befindet, dem soll dies~r
Ort sumpfig werden!" Genauso verhiilt es sich mit jemandem, der Allal1
liebt. Wenn er sich unter der Erde bdlndet und bereits Jahre vergangei1
sind, wird er sich an die Gehorsamkeit, die er gcgeni.iber Allah z\i
Lebzeiten aufgebracht hat, an Seine Freundschaft und Seine
Barmherzigkeit erinnern. So werden die Orte, welche von den veralteteh
Körpern bewohnt werden, sumpfig, morastig.

Zwei Arten der Anstrengung

Anstrengung ist zweierlei: Die Anstrengung zur Erfüllung cmer Sache


( sowie jene zur Verhinderung einer Sache. Dk Anstrengung zur Erfüllung
einer geliebten bzw. erwünschten Sache bedeutet ehrgeizig zu sein, Ulh
sie zu realisieren.

Sich um etwas zu bemühen, was man nicht möchte, bedeutet, dass ma11
sich darum bemüht und dafür kiimpft, ihr nicht zu erliegen..
Dementsprechend wird die Bemühung gegeni.iber einer Sache, die ma11
liebt, nur dann vollkommen sein, wenn man sich stets dafiir einsetzt, sie
zu realisieren. Und dies ist vorzüglich. Dies geht soweit, dass man in1
Hinblick auf die Liebe zur geliebten Sache keine Toleranz kennt. So wie
die Schöpfung ...

90
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Was das Teilen dieser Liebe anbelangt, wie etwa die Liebe zu dem
Gesandten, der Welt und gar Allah gegenüber, so ist keine Anstrengung
dafür aufzubringen, da dies Neid darstellen würde.

Kommen wir nun zur lobenswerten Anstrengung. Die Anstrengung und


Mühe eines Liebenden für die Sache, die er liebt, bedeutet, dass er diese
Liebe von allem anderen trennt, jene verhindert, die das Geliebte
wahrnehmen und dadurch seine Liebe beeinträchtigen sowie in der Liebe
dazu eifrig ist. Es bedeutet, den Wunsch des Geliebten dem Wunsch
eines anderen vorzuziehen, eifrig in den Taten dem Geliebten gegenüber
zu sein sowie Augendienerei, Selbstgefalligkeit, den direkten Lob sowie
die Listerei und alles andere, was dem Geliebten widerwärtig sein
könnte, bestrebt zu sein zu unterlassen.

Zusammengefasst: Dies legt offen, dass die Anstrengung dieses Dieners


hinsichtlich seiner Umstände, seiner Taten und Handlungen allesamt für
Allah sind. Auch möchte er seine gesamte Zeit entsprechend dem
Wohlgefallen seines Geliebten verbringen und nutzen. Dies ist die
dienerschaftliche Bemühung. Es bedeutet gleichzeitig auch, dass man
sich von den Faktoren, die davon abhalten Ihn zu lieben, fernhält bzw.
sich dagegen einsetzt.

Die Bemühung des Geliebten gegenüber dem Liebenden ist hingegen


davon abhtingig, wie sehr das Herz ihn liebt oder nicht doch zu jemand
anderem tendiert, was eine Abscheulichkeit darstellen wi.irde. Dies wäre
beispielsweise dann der Fall, wenn man in der Liebe zum Liebenden ihm
jemanden beigesellt.

Aus diesem Grund nimmt Allah eine bestimmte Haltung gegenüber dem
Diener ein, wenn dieser sündigt. Allah erklärt die offene und verborgene
Schamlosigkeit für verboten. Die Menschenkinder sind Seine
männlichen und weiblichen Diener. Er befiehlt ihnen so wie ein Mensch
seinem Diener bzw Sklaven befiehlt. Und Allah besitzt erhabene

91
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Eigenschaften. Damit diese Liebe (zu Allah) von Schamlosigkeiten


fernhiilt sich auf die schönste Weise entfalten kann, verbietet Allah diese
(Art der) Liebe gegeni.iber anderen (auger Ihm).

Wer auch immer sich dari.iber bewusst ist, dass Allah die Einzige
Autoritfü ist, Er es ist, der ihn erniedrigen kann und mit diesem \'{/issen
Seine Würde in seinem Herzen vergrögert, so wird Allah in die Herzen
der Geschöpfe, die ihn (diesen Diener) als niedertr:ichtig ansehen,
Akzeptanz gegenüber diesem Diener eingeben.

Wenn die Tropfen des Wissens auf den Boden des Herzen prasseln, so
wird daraus der Baum der Liebe entstehen. Wenn der Baum an Stiirke
und Kraft gewinnt, wird er die h·i.ichte der Gehorsamkeit mit der
Erlaubnis seines Herrn zu jeder Zeit hervorbringen.

Die mit dem höchsten Rang unter den Gliiubigen sind folgendcrmagcn
beschrieben:

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( „0 die ihr glaubt, gedenkt Allahs in hiiuflgem Gedenken und preist Ihn
morgens und abends." [Al-Ahzab:41-42]
Die mit dem mittleren Rang:

,,Er ist es, Der über euch den Segen spricht - und auch Seine Engel -,
damit Er euch aus den Finsternissen ins Licht hinausbringt; und Er ist
zu den Gläubigen Barmherzig" [Al-Ahzab:43 J

92
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Und die untersten werden wie folgt erklärt:

„Ihr Gruß am Tag, da sie Ihm begegnen, wird sein: ,,Friede!" Und Er
hat für sie trefflichen Lohn bereitet." [Al-Ahzab:44]

Der Ort der Fitrct (natürliche Veranlagung) ist ein Ort, der weit genug ist
um darauf anzubauen (darin zu arbeiten). Wenn darauf der Baum des
Glaubens und der Allahesforcht gepflanzt wird, so wird sie auf ewig der
Gliickseeligkeit und Freude zugeneigt sein. Wenn jedoch der Baum der
Unwissenheit und Begierden gepflanzt werden, so werden siimtliche
Früchte und Nahrungsmittel davon bitter werden. Kehre zu Allah
zuri.ick, sei es mit deinen Augen oder Ohren und erstrebe es mit deinem
Herzen und deiner Zunge. Sei bei diesen vier Organen nur nicht
unachtsam! Ohne Zweifel, wer zu Allah zurückkehren möchte, kann nur
mit der Hilfe, die Er diesen Organen erteilt, zu Ihm zurückkehren. Und
wer sich von Ihm abwenden möchte, kann das nur, wenn Er diese
Organe zugrunder richtet (also sich mit Seiner Erlaubnis von Ihm
abwenden). Somit sind die Erfolgreichen diejenigen, welche mit dem,
was von Ihrem Herrn kommt, hören, sehen, reden und gehen. Und wer
sich von Ihm abwendet, wird dieses nur entsprechend seinen Begierden
und Gelüste tun.

Das Hervortreten oder auch Erscheinen, die Entwicklung und


Vermehrung der Fitrct ist vergleichbar mit einem Samen der gesät wurde.
Im Laufe der Zeit wird aus diesem Samen ein Baum hervorkommen, der
Früchte gibt. Man kann diese Früchte essen und ihre Samen erneut säen.
So kann man jedes Mal, wenn der Baum Früchte hervorbringt, diese
essen und ihren Samen säen. Genauso verhält es sich auch mit den
Sünden. (Möge Allah uns davor bewahren; jedes Mal, wenn man eine
Sünde begeht vermehren sich diese und man steuert geradewegs auf das
Höllenfeuer (/ahannmn) zu.)

93
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Kluge sollte sich viele Gedanken über dieses Beispiel machen!
Nach einer guten Tat eine weitere folgen zu lassen, wird als gute Tat
belohnt und so lassen sich diese vermehren. Einer schkchren Tat eine
weitere folgen zu lassen, vermehrt das Ergebnis des Schlechten ebenso
und damit auch die Strafe dafür.

Es ist nicht verwunderlich, dass sich die Diener fiir Allah erniedrigen und
Ihm dienen. Ihm zu dienen ist unvermeidbar. Dies, weil sie auf Ihn
angewiesen sind und Ihm gegcni.iber arm. Wenn es eint: Sache gibt iibt:r
die man sich wundern kann, dann ist es die Tatsache, dass, obwohl Er
sich selbst genügt, Er trotzdem Seine Diener vieler Seiner Gaben lieb
macht, barmherzig zu ihnen ist und ihnen viel Güre entgegenbringt.

Dass du Sein Diener bist, ist als Ehre und Stolz ausrcid1t:nd und dass Er
dein Herr ist, genügt als Anerkennung.

94
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Weisheiten

y Halte dich auf jeden Fall von den Sünden fern! Denn diese
haben sogar denjenigen, der vorher ehrenhaft war, erniedrigt:

„Und als Wir zu den Engeln sagten: ,,Werft euch vor Ädam nieder!" Da
warfen sie sich nieder, außer Iblis. Er weigerte sich und verhielt sich
hochmütig und gehörte zu den Ungläubigen." [Al-Baqara:34]

So brachten die Dhalla (Engel; Sündenfreie) Adam (11s) aus dem


Paradies hinaus:

„Und Wir sagten: ,,0 Ädam, bewohne du und deine Gattin den
(Paradies)garten, und eßt von ihm reichlich, wo immer ihr wollt! Aber
nähert euch nicht diesem Baum, sonst gehört ihr zu den Ungerechten!"
Doch Satan entfernte sie davon, und da vertrieb er sie aus dem, worin
sie (an Gliickseligkeit) gewesen waren. Wir sagten: ,,Geht fort! Einige
von euch seien der anderen Feind. Und auf der Erde sollt ihr
Aufenthalt und Nießbrauch auf Zeit haben." [Al-Baqara:35-36]

y Oh du, der für einen Augenblick der Sünde, sich nahezu ein Jahr
voller Unruhe aufgebürdet hat! Du schreibst Geschichten voller
Reumütigkeit und Traurigkeit nieder und sendest sie mit einem
Herzen voller Reue und Trauer, woraufhin dir geantwortet wird:

95
C ·-~,..:,- -

Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Da empfing Ädam von seinem Herrn Worte, und darauf nahm
Er seine Reue an. Er ist ja der Reue-Annehmende und
Barmherzige." [Al-Baqara:37]

Y Iblis hat sich über den Austritt Adrm1s (t1s) aus dem Paradies
~iußerst gefreut. Jedoch wusste er nicht, dass es auch einen \'Veg
zurück gibt, wenn ein Taucher ins Meer hincintaucht um an die
Perlen zu gelangen, die sich auf dem Meeresgrund befinden.

Y Er sprach zu Admn (m):

„Und als dein Herr zu den Engeln sagte: ,,Ich bin dabei, auf der
Erde einen Statthalter einzusetzen", da sagten sie: ,,Willst Du
auf ihr etwa jemanden einsetzen, der auf ihr Unheil stiftet und
Blut vergießt, wo wir Dich doch lobpreisen und Deiner
/ Heiligkeit lobsingen?" Er sagte: ,,Ich weiß, was ihr nicht
wißt. "[Al-Baqara:30]

„Geh (deines Weges)! Wer von ihnen dir folgt, gewif~, so ist die
Hölle euer Lohn, ein reichlicher Lohn." [Al-Isra:63 J

„Hättet ihr doch keine Sünden bcgangen!" 20

20 Muslim 27fi9 berichtet von Abu Hurcira.


96
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y „011 llcl11rn fürcl1te dicl1 nicht vor clem Befehl, den Ich sprach, als
ich sagte: ,,Geh hinaus ... " [Araf:18]. Ich habe für dich und deine
rechtschaffenen Nachkommen das Paradies erschaffen."

„Oh Adam! So wie die feinen Herren sich untereinander


besuchen, so kamst du stets zu mir. Heute jedoch kamst du wie
die Sklaven zu ihrem Herrn kommen. Oh Adam! Sei klug und
dir deiner Fehltritte bewusst und beklage dich nicht darüber, dass
deine Reue nicht angenommen wird! Wahrlich die Krankheit der
Ve1wunderung wurde von dir genommen. Dir wurde die
Kleidung der Dienerschaft angezogen:
l~j:•:, ljifo 2) ~ j)

,, .. . Aber vielleicht ist euch etwas zuwider, während es gut für


euch ist ... " [Al-Baqara:216]

Oh Adam! Ich habe das Abbild des Paradieses (die Erde) nicht
erschaffen um dich von deinem Platz (im Paradies) wegzureißen.
Ich habe dich dazu veranlasst mit deiner Hand auf der Erde eine
Armenküche zu errichten und zu vervollständigen, damit die
Arbeiter (also die Menschenkinder) mir ihren Unterhalt (ihre
Allahesdienste) schicken.

„Ihre Seiten weichen vor den Schlafstätten zuriick; sie rufen


ihren Herrn in Furcht und Begehren an und geben von dem,
womit Wir sie versorgt haben, aus.} [As-Sajdah: 16]

Bei Allah, Arlmn (as) nützte die Ehre, die ihm durch den Vers:
,, ... werft euch vor Adam nieder!" zuteil wurde, nicht. Die
Überlegenheit, die ihm in der Ayat: ,, ... Allah brachte Adam all
Seine Namen bei. .. " gew~ilm wurde, hat ihm ebenso keinen
Nutzen gebracht!
97
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim AI-Jauziyyah

„Er sagte: ,,0 Iblis, was hat dich davon abgehalten, dich vor
dem niederzuwerfen, was Ich mit Meinen Hiinden erschallen
habe? Verhiiltst du dich hochmiitig, oder geh<>rst du etwa zu
den Überheblichen?" [Sad: 75]
Selbst die besondere Stellung (die Adflm gegeben wurde) in dieser
Ayat brachte Adl!m keinen Nutzen.

„Wenn Ich es zurechtgeformt und ihm von Nleinem Geist


eingehaucht habe, dann fallt und werft euch vor ihm nieder."
[Al-Hijr:29 J

Das Lob in dieser Ayat brachte ihm ebenfalls keinen Vorteil.


Einzig die erniedrigte Haltung, die Adam in der Ayat

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„Sie sagten: ,,Unser Herr, wir haben uns selbst Unrecht


zugefügt. Wenn Du uns nicht vergibst und Dich unser
erbarmst, werden wir ganz gewiß zu den Verlorenen
gehören." [Al-Araf:23]
einnahm, brachte ihm einen Nutzen!
Als er (Admn) den Panzer des Tauhid auf seinen dankbaren
Körper legte, brachten die Pfeile seiner Gegner nicht ihn,
sondern andere ums Leben. Durch seinen begangenen Fehler war
er verwundet, allerdings heilten seine Wunden, als er aufrichtig

98
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

bereute. Sein gebrochener Knochen wurde wieder ganz und seine


Wunden heilten. So als ob nichts gewesen w;ire, stand Adam
wieder auf.

Salman Al-Farisi

Diejenigen, welche Stolz besitzen um errettet zu werden, sind auf die


Erwartungen (an sie selbst) vorbereitet. Die unerwünschten
Entwicklungen (wiihrend dessen) sind von den jeweiligen Fallen
abhiingig. Wenn vorherbestimmte Stürme den Boden zerstören, die
Geschöpf-c hin und her laufen, leuchtet und strahlt das Gute wie ein
Stern.

Als jener Sturm aufhörte und der Onkel des Propheten (sas) Abu Trzlib
im Meer der Vernid1tung ertrank, befand sich Srzlman auf der Insel des
Friedens. Als V0t!icl bin lv!ughirtzh seine Gefolgschaft in die Wüste
schleppte kam Suhaib mit der römischen Eskorte.
Wiihrend Najrzshi auf dem Gebiet des Habrzsh: ,,Labbaik! A!lahma
Labbrzik!" rief, befand sich Abu }rzhil im gegnerischen Schlaf.

Als Srzlmrtn dazu bestimmt wurde an vorderster Reihe (in seiner alten
Religion) mitzulaufen, trennten in die Beweise, die er im Islam entdeckte
von seiner vorherigen Religion des Zcfroastrismus und er entfernte sich
von dem Weg des Shirks (der Beigesellung Allahs), den auch sein Vater
ging. Er diskutierte über die (Shirh-) Religion seines Vaters. Als er auch
die Ältesten mit den Beweisen (des Islam) zum Schweigen brachte,
niemand ihm mehr etwas entgegenbringen konnte, antworteten sie ihm
mit der Gefangenschaft. Dies war ohnehin unter den Besitzern der
Unwahrheit (Lüge) schon seit den Anfängen die Art zu antworten. Es
geschah so wie Pharrto zu Musrt (m) sprach:

99
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Er (Pharao) sagte: ,,Wenn du dir einen anderen Allah als mich
nimmst, werde ich dich ganz gewiß zu einem der Gefangenen machen."
[Ash-Shu 'ara:29]

Als sie mit Imam Ahmrul über die Gemeinschaft der fa/mziyytl Scl.:te (Eine
Gemeinschaft, die indirekt die Existenz Allahs verleugnet) stritten,
antworteten sie ihm mit der Peitsche. Und die llhlul Biclrt (die Erncucn.:r
in der Religion) antworteten Sheiklml lslm,/ 1damit, dass sie ihn ins
Gefangnis sperrten. Und wir befinden uns ebenfalls auf diesem \Veg!
(Uns kann in gleicher Weise das widerfahren, was ihnen widerfahren ist.)

Wahrlich mit dem Eintritt Salmans in den Islam wurde folgende Ayat
herabgesandt:

„Und Wir werden euch ganz gewiB mit ein wenig Furcht und Hunger
und Mangel an Besitz, Seelen und Friichten priifon. Doch verkünde
frohe Botschaft den Standhaften." [Al-Baqara: 15 5]

Salmans Rang erhöhte sich um eine Stufe weiter und er erfuhr eine
besondere Ehrerbietung:

„Salman ist von uns, er ist von meiner Ahlul Beyt." 22 Als Salman von
einer Karawane hörte, die aufbrach, floh er vor seinem Vater um sich
dieser anzuschließen, jedoch brach er die Bande der Verwandtschaft zu

21 Gemeint ist Ibn Taymiyya rahimahullah. (Der Übersetzer)


22 (Ibn-i Abi Shayba „el-Musannaf": 12/148, ibn-i Abdilbar „el-lstiab": 4/223, Ibn Sa' d
"Tabakat, Taberi: 4/82-83, 21/133; Hakim "el-Mustadrak, 3/598, Ibn Abi Asim "el-
Ahaclu val Masani {2707}, Tabarani ;,el-Kabir" 5/220-221{51461)

100
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

ihm nicht. Um sofort das Glück zu erlangen, stieg er auf das Reittier und
tauchte in die tiefen Meere um zur Perle unter den Geschöpfen,
Muhammad (sas), zu gelangen. Er weihte sich, um im Dienste des
Wertvollsten, des Ehrenvollsten sowie gegenüber jeder Art von Unheil zu
stehen.

Als die Geisdichkeiten erkannten, dass ihre Nationen zu Grunde gingen,


hiindigten sie Srdmrtn einen Brief, der für den Propheten (sas), der unser
Führer und Vorbote ist, bestimmt war, aus und sagten zu Ihm: ,,Die
Zeit ist seine (!) Zeit und wird fortdauern. So bleibe stets auf diesem
Weg!"

Sp:üer nahm einer von ihnen Salman und machte sich auf den Weg:

„Und sie verkauften ihn für einen zu niedrigen Preis, einige gezählte
Dirhams. Und sie übten Verzicht in Bezug aufihn."[Yusuf:20]

Sie nahmen ihn gefangen und verkauten ihn an einen jüdischen


Medinenser. Er selbst hatte die dortige W:irme gespürt Und seine
Begeisterung stieg weiter an. Salman wusste noch nicht was Allah, der
den Quran herabsandte, dort für ihn bereithielt. Seine Organe dagegen
waren bereits genau zu diesem Zeitpunkt voller Erwartung. Als er sich
auf der Spitze einer Dattelpalme befand, kam der Überbringer der guten
Nachrichten Muhammad (sas) mit einem (freudigen) Gang, der einen
hoffen lieK Srtlnwn konnte sich vor Freude kaum halten und die Freude
dieses Tages hatte all seine Traurigkeit von ihm genommen.

101
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und das Herz der !vlutter Müsäs wurde leer. ßeinahe h~itte sie ihn
fürwahr offen bekanntgegeben, wenn Wir nicht ihr Herz gest~irkt
hätten, damit sie zu den Gläubigen gehöre." [Al-Qasas: 10 J

Um Muhammad (sas) begegnen und ihn (sas) sehen zu können, kletterte


Salman vom ßaum hinunter und sagre:

,,lv[eine Freunde aus Najid 21 .


ßleibt für mich auf der Spitze des H ügds.
Ohne Zweifel weht in diesem Land ein Seewind."

Woraufhin der Herr von Srdmm1 sagte: ,,Was ist los mit dir? Geh sofort
wieder an deine Arbeit!" S1drnrm jedoch sprach: ,,Selbst wenn bei euch zu
Hause die Arbeit ist, wie sollte ich nun dorthin gelangen?"
Anschließend sagte er folgende Worte, die sogar der Taube nachsummen
hlitte können, falls er föhig dazu wiire den Klang des Gesagten zu
vernehmen:

„Meine Freunde. Ich schwöre bei Allah, dass ich nicht von eurem Land
stamme. Wenn sie mich von der Familie der L1tyftt 2 i erkennen, so
würden sie sich sofrnt veriindern!"

Als Stt!man auf Rasulullah (sas) traf, hatte er die Ausfi.ihrungen seines
Rabiners mit der Botschaft des Buches verglichen und sich ihm (sas)
angeschlossen.

Oh Muhammad! Du möchtest Abu Tit!ib, wir jedoch wollen Sllfnwn.


Wenn man Abu T1t!ib nach seinem Namen fragte, so antwortete dieser
mit: ,,Abcful-lvlmzrif"25 •

2 .i (das ist der Name einer Stadt in Arabien oder auch die [kzeichnung fiir eine
Hochebene)
2·1 (Stammesname, wörtlich dunkle Nacht, benebelt)

102
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Fragte man ihn nach seiner Abstammung, prahlte er mit seinen Pferden.
Fragte man ihn nach seinen Gütern, fing er damit an seine Kamele zu
zählen. S1tlmrm dagegen antwortet mit: ,,Abdu!l11h" (Allahs Diener), wenn
er nach seinem Namen gefragt wurde. Auf die Frage nach seiner
Abstammung antwortete er: ,,Der Sohn des Islam". Fragte man ihn nach
seinem Besitz, antwortete er mit: ,,Armut". Fragte man nach seinem
Haus, antwortet er mit: ,,lvfrlSjicl" (Moschee). Fragte man nach seinem
Lohn, sagte er: ,,Geduld". Die Frage nach seiner Kleidung beantwortete
er mit: ,, 7itqw11 und 1i1w1uihu" (Ehrfurcht und Demut). Jene nach
seinem Kissen mit: ,,Nicht zu schlafen". Stellte man ihm die Frage,
worauf er stolz ist, rezitierte er den Hadith: "Salman ist von uns ... "
Fragte man nach seiner Absicht, erinnerte er an die Ayat: ,, ... dort ist
Allah' s Angesicht. .. ".

Wenn man ihn fragte wohin er möchte, antwortete er: ,,Ich möchte ins
Paradies". Die Frage nach seinem Wegweiser beantwortete er mit: ,,Der
Imam der Geschöpfe und der Fiihrer der Ummah Muhammad(sas)."

Wenn wir nur mifbrechen l,önnten


solrtnge du unser Imttrn bist.
Dein freundlicher Anblicle würde
Reichen um die Reittiere zu erheitern.
Frtlls wir den 1-Veg verfehlen und
Ihn nicht mehr wiederfinden leönnten,
so würde der Glanz (Nur) deines Gesichts genügen,
dmnit wir den 1-Veg wieder finden!

25(Dieners des Manaf""7 Manaf war einer der vorislamischen Götter, die angebetet
wurden)
103
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Lehren und Ratschläge

Y Sünden bedeuten Wunden. So viele Wunden gibt es, die auf dem
Schlaclufeld entstanden.

Y Falls dein Verstand sich von der Kontrolle deiner Be"ierden


b
befreit, bedeutet dies, dass derjenige, der zurückgekehrt ist, sich
vedndert hat.

Y Du bist ins Land der Begierden gegangen. Das bedeutet, dass du


mit deinem Leben Gli"1cksspicl betreibst.

>"' Wenn ein verbotener Blick zur Bestiindigkcit wird, dann wisse,
dass dies die Feuerschaufel des Krieges ist. Bewahrt euch mit dem
Tuch der folgenden Ayat: ,,Sag den Gtiubigen ... " vor diesem
Blick. So werden sie auch nicht davon einen Schimmer behalten.
Allah reicht den Gtiubigen im Krieg.

» Wenn das Meer der Begierden steigt, wird es denjenigen, der


hineingeht, ertriinken. Ich fürchte, dass ein Schwimmer, der
davon ergriffen würde, mit einem offenen Blick sterben würde.

lvfrtn kann nienzand G'roß'ziigigeren fl,ulen,


ds die Trtten, die einen im G'mb G'ese!lschrtfl leisten.
femmzcl, dessen G'mb zu einem G'rtrten geworden ist
und er drtrin die Gaben Allrths erkennt,
ist nicht wie jemmzd, dessen
G'mb flir ihn zu einem G'ej'ingnis wurde.

Entsprechend seines Vorzugs (Frull), wird dem lvlenschen Arbeit


1tujerlegt.
Bei den Verhringnissen, die ihm widerfitlm:n,
kennt man jedoch nur G'edulcl.
iVenn jernancl sich nicht zuriickhrdten und
104
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

geduldig sein hmzn, so httt er wtthrlich


noch weniger von seinem Anteil zu erhoffen,
als er es bereits tut.

y Wie viel kann man vor der Fertigstellung säen? Was kann die
Vermutung des Neidenden bezüglich der Saat schon sein?

y Verkaufe deine Nafs. Wahrlich der Markt ist offen und die
Gegenleistung existiert.

y Die Unachtsamkeit kann schlafen und die Begierden sich


ausruhen. Sei jedoch in einem nicht tiefen/leichten Schlummer,
sonst werden die Stadtw;ichter noch rufen: ,,Der Morgen ist
bereits angebrochen."

Y Das Licht des Verstandes kann in der Nacht der Begierden als
Erleuchtung dienen und die Gaben der Wahrheiten werden
leuchten. Wer mit diesem Licht umherblickt, dessen Belohnung
seiner Arbeit wird leuchten.

Y Steige mit Gewissheit, umhüllt von Verhängnissen von dem Ort


der ßedriingnis hinauf an den gemütlichen Ort, den kein Auge
sehen kann. Ohne Zweifel werden dort die Wünsche erfüllt und
das Geliebte wird nicht verloren gehen.

Oh du, dessen Liebe Krankheit ist, deren Verlauf qualvoll und dessen
Schönheit vergiinglich ist und der seine Nafs an seine Begierden
verkauft hat! Gewiss, hast du die schönsten für die wertlosesten und
niederwertigsten Dinge verkauft. So, als ob du nicht wüsstest, was
Wert und Preis sind. Wenn der Tag des Taghabun (Verlust und
Gewinn) kommt, wird das Ergebnis des Betruges bei deinem Tausch
ersichtlich werden. ,,La ilaha illallah" stellt einen großen Wert dar.
Sein Kunde ist Allah, der Erhabene. Sein Gewinn (von „La ilaha
illallah") ist das Paradies, wie uns Muhammad(sas) mitteilte. Du

105
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

erlangst Zufriedenheit, indem du dafür das verkaufst, was


minderwertiger ist als der Flügel einer Fliege.

Wie viel wert hiittest du bei einem einfachen Menschen, der etwas
bei demjenigen, dessen Sklave du bist, hiitte, was in seinem \'lert
lediglich einem Bruchteil des Flügels einer Fliege entspricht?

Und wenn du dieser einfachen Person dein Leben verkaufen würdest


und sie es mit dem Schönsten bei sich erkaufen würde, so würde dein
Wert gänzlich verloren gehen.

>" Oh du, dessen Wille nicht bestiindig ist! Wo bisr du? Auf diesem
Weg wurde Adttrn (,ts) müde. Nuh (m) weinte aus diesem Grund.
Htllil (tls) wurde ins Feuer geworfen, lsnwil (m) wurde als Opfer
hingelegt. Yusuf (m) wurde für einen geringen Preis verkauft: und
verbrachte jahrelang im Gefängnis. Zrd:llriyrt (rts) wurde sogar mit
einer Siige in zwei geteilt und Ytzhyrl (tts) enthauptet. Ayyub (m)
trafen Krankheit und Sorge. Drwuds (tls) Weinen vermehrte sich
stetig. lsct (rts) musste ohne Waffen fliehen und M11hmmnrul (s,ts)
trafen jede Art von Drangsal und Armut. Wenn dem so ist, willst
du noch immer mit dem Spiel und Vergnügen weiter machen?
I

Oh du trübsinniges Geschöpf! Wrthrlich, es ist nicht mehr


ltlng bis wir dm jenseits erblicken. jedoch gibt es viel Unheil
bis wir es erreichen.

>" Der Krieg ist bereit und kann jederzeit beginnen. Wenn du
jedoch weit entfernt davon bist es zu erkennen und deine
Bemühung nicht zu ldmpfcn konstant beibcll:iltst, so bedeutet
dies, dass du die Niederlange bereits erlitten hast.

Y Wer auch immer seine Energie zur Erreichung hoher Ziele


einspart, wird sich nicht im Schatten der Ehre erholen können.

106
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Suleyman sagt:

Wenn du früher nicht m unserer Heimat gewohnt hättest, so


hiittest du auch nicht erfahren, dass ich sie umrundet habe
(tawaf).

}.- Wenn man manche Diener fragt, wie stark sie ihre Nafs
beanspruchen, so antworten sie: ,,Ich möchte ihr (Nafs) Wohl.2

.,- Oh du, dem nach dem Schmuck der Gesundheit, der Schmuck
des Imans geschenkt wurde. Allah, der Großzügige hat dir dieses
zugestanden, so handle bei diesen Dingen auf keinen Fall deinem
Schöpfer zuwider! Leugne deine Fehler nicht. Jemand, der seine
Fehler nicht als etwas Gutes betrachtet wird noch mehr das
Recht dazu haben den Vorzug der Gnaden, die er von Allah
erhiilt, nutzen zu können.

y Die ßriiute der Welt haben sich für die Brautschauer


geschmückt.
Damit ersichtlich wird, wer von ihnen die Bräute des Jenseits'
beschauen. Wer auch immer den Unterschied zwischen den
Briiuten des Jenseits und des Diesseits erkannt hat, so hat er das
befolgt, was es zu befolgen gilt.

Wenn die Schönheit der lVelt sichtb1tr wird,


wendet sie sich rmr zu und ruft mich mir.
Ich erblinde, als hiitte ich nie zuvor sehen können,
sobald ich meine Wünsche neben mir erblicke.

Y Die helfenden Sterne der weisen Leute wandern um ihre eigenen


Kraft-Sternkonstellationen, dort wo niemand den Saturn
erblickt.

107
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

>'Oh du, der von seinem Weg abgekommen ist. Halce dich am
Ende der Karawane auf Wenn du auf dem Weg schlafen
möchtest, so schlafe, denn der Führer einer Herde kontrolliert
jene, welche an letzter Stelle sind.
Y Als man Hassan sagte: ,,Es gibt eine Gemeinschaft, die uns mit
schnellen Pferden überholt hat. Wir dagegen befinden uns auf
unfruchtbaren Eseln?", antwortete er: ,,Wenn du auf ihrem Weg
sein möchtest, wo ist dann deine Anstrengung um sie zu
erreichen?"

Dinge, aus denen man eine Lehre ziehen sollte und


Weisheiten

Y Wer auch immer seine Vertrautheit, seine Niihe zu Allah verliert,


wenn er sich unter den Menschen befindet und es wiederfindet,
wenn er mit sich alleine ist, der ist aufrichtig, obgleich er eine
schwache Person darstellt. Und derjenige, der sie (die N:ihe zu
Allah) unter den Menschen findet und sie wieder verliert, wenn
er mit sich alleine ist, ist unvollkommen und fehlerhaft. Und
derjenige, der sie sowohl unter den Menschen verliert als auch
dann, wenn er mit sich alleine ist, so ist dieser ein verstoßener
Toter. Und derjenige, der die Niihe zu Allah sowohl unter den
Menschen findet, als auch dann, wenn er mit sich alleine ist, ist
ganz und gar eine wahrhaftige und geliebte Persern. Wer auch
immer die Nähe zu Allah hat, auch wenn er mit sich alleine ist,
dessen Aufstieg ist wieder durch den Schutz der Niihe zu Allah
verbunden. Und wer sich auch immer unter den ivfenschen
aufhält, sich mit ihnen beratschlagt, sich zur Rechtschaffenheit
ermahnt, so ist der Aufstieg darin damit verbunden, wie er sich
unter den Menschen und in Einsamkeit verhiilt. Demzufolge ist
der ehrbarste Zustand jener, in der man sich das aussucht, was
für einen bestimmt und emcm anbcfc)hlcn worden ist und von

108
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

allem anderen ablässt. Sei mit dem, was für dich bestimmt
worden ist und bloß nicht nach eigenem Ermessen mit dem, was
Er nicht möchte!

).- Noch vor der Scharia (die islamische Gesetzgebung) gaben die
Lichter der sauberen Herzen den Wurzeln des Fitra-Baumes
Licht:

„Allah ist das Licht der Himmel und der Erde. Das Gleichnis seines
Lichtes ist das einer Nische, in der eine Lampe ist. Die Lampe ist in
einem Glas. Das Glas ist, als wäre es ein fonkelnder Stern. Ihr
Brennstoff kommt von einem gesegneten Baum, einem Ölbaum,
weder östlich noch westlich, dessen Öl beinahe schon Helligkeit
verbreitete, auch wenn das Feuer es nicht berührte. Licht über
Licht. Allah führt zu Seinem Licht, wen Er will. Allah prägt den
Menschen die Gleichnisse, und Allah weiß über alles Bescheid."
[An-Nur:35]

).- Sogar der Papst nahm den Islam an, obwohl er Muhammad (sas)
nicht gesehen hatte. Ibn Ubey jedoch wurde zum Kafir, obwohl
er mit dem Propheten (sas) zusammen in der Moschee gebetet
hat.

);., Das Wasser fließt. Manche trinken es, manche nicht. Genauso
wie viele am Fluss sitzen und (dennoch) verdursten!

);., Das Prophctentum !vlusas (tls) und der Glaube sowie das Wissen
der Frau des Pharaos Asiya haben sich durchgesetzt. Musas (as)

109
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Körper wurde bereits in der Wiege zum Schloss des Pharaos


geführt. Seine Mutter liefs ihn in einem Körbchen ins Wasser
und er kam alleine, obwohl er noch ein Baby war, bei einer
kinderlosen Frau (Asiya) an. Allah Akbar! Wahrlich, wieviel diese
Erziihlung an Weisheiten birgt! W'o Phtlrr10 unziihlige Kinder
töten ließ, damit Musa (as) nicht zu ihm gelangen kann, sprach
das Schicksal zu ihm: ,,Wir werden /vlus1t in deinem Schloss groE
ziehen."

Y Der Prophet (sas) wurde bereits in sehr jungem Kindesalter zu


einem Waisen. Sein Onkel kümmerte sich tun ihn. Seine eigene
Nafs jedoch konnte ihm, Rasulullah (sas), einfach nicht
Gefolgschaft leisten. Er hatte sogar darüber nachgedacht ihn (sas)
aus der Welt zu schaffrn. Da er allerdings einen GroGreil seines
restlichen Lebens mit einer Krankheit verbringen musste, hielt
ihn dies lange Zeit von seinem Vorhaben ab. Eines Tages saß
Rasulullah (sas) und wartete auf seinen Onkel. Die Krankheit
seines Onkels war bereits verheilt und seine Geduld am Ende. Da
sprach es aus der Brust von Rasulullah (sas) zu ihm:

Wie lm1ge wird es sich noch cltlrüber bek!tlgm,


clrtss er krrmk ist?
W'enn er nun doch seiner Kmnkheit erliegen sollte,
so wird er vielleicht ei11en lVegjlnclen.

So sprach Rasulullah (sas) zu seinem Onkel:


„Oh mein Onkelehen! Ich warte schon lange darauf: dass du den
Islam annimmst, erkenne dafür deinerseits jedoch keinen
Wunsch. Falls du ein Muslim wirst, so werde ich alles, was dir
gegeben werden soll, ohne Zweifel von meiner Seite aus geben."

Und im Gegenzug zu diesen Worten rief die vergnügte Zunge


aus: ,,Ein Blick von

110
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Muhammad (sas) ist besser als die gesamte Ounya und alles, was
sich auf ihr befindet."

Wenn Majnun gefragt werden würde: ,,Möchtest du, dass Leyla


bei dir bleibt oder die Ounya mit all ihrem Glanz", so würde er
zweifellos antworten: ,,Der Staub unter den Füßen von Leyla ist
mir si.ißer und nützlicher, als dass ich dem Unheil der Ounya
ausgesetzt wer(le. "

Sein Onkel hat Seine Kleidung herausgelegt und diese für den
Feldzug in zwei Teile geteilt. Einen Teil hat er als Hemd, den
anderen Teil als Überwurf gegeben. Als der Kriegsrufer rief,
kamen die Freunde/die Geliebten zu dem Entschluss, dass sie bei
ihm sein sollten. Wahrlich, jemanden, der liebt, wird die Länge
des Weges nicht kümmern, da es sowieso seine Absicht ist zu
helfen.

Wisse! Allah wird jenen, die Ihn möchten, seinen Schutz


gewiihrcn. Und jenen, die dem Schutz bieten möchten, den Er
beschützt, wird Er es ermöglichen!

Als er starb, nahm Rasulullah (sas) seinen Leichnam, legte ihn in


den Sarg und sagte „Oh Allah, ich habe mich von ihm in
Zufriedenheit getrennt, sei auch Du mit ihm zufrieden. " 26
Hierauf sagte Ibn !vltZsurl: ,,Wäre doch nur ich der Besitzer dieses
Grabes."

Y Oh du willcnsloscr Diener! Ocr Raubvogel wirkt weit oben in der


Lufr klein.
Landet er jedoch auf dem Boden, so zerfetzt er seinen Fang.

26 Siratu ihn Hisham, 2/527, 528; Ibn Hajar „al-Isabc, 6/149, 6/149
111
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

y Manche Menschen mit Weisheit sagten über


ßewiisserungsarbeiten und Pferde, die als Lastenrriiger genutzt
wurden: ,,Wenn er mühelos hiitte gehen können, so hiitte man
auch auf ihn steigen können ... "

Y Mit entschiedenen Schritten voranzuschreiten, wird ohne Zweifel


die vorliegenden Hindernisse eindeichen.

Y Erschwernisse und Hindernisse sind die Prüfungen, die zwischen


den Wahrhaftigen und den Lügnern unterscheiden. Wenn du die
Prüfung bestehen solltest, wird Er dir hclkn und dich dein Ziel
erreichen lassen.

Das diesseitige Leben ist voller List

Die Welt ist wie eine ungestüme, lüsterne Frau. Sie nimmt sich nicht nur
einen Mann zum Partner, sondern mehrere, um mehrfach begehrt zu
werden. Mildtiitigkeit missföllt ihr.

Trennt zwischen dem wm sie mit ihrer Schönheit gcnwcht h11t,


Es clmf nicht sein, dllss sie sich mit ihrer f-J;isslichkt'it schih1 zdgt
Sie schwor (zwllr), df1ss sie sich fln unsere W'orte h11lto1 wirr/,
Doch es ist so, rtls ob sie etlu11s geschworen hiitte, dm sie nicht
einhttlten wirr!.

Somit bedeutet es, dass man zweifellos auf einem brutalen und
geföhrlichen Weg geht, wenn man das diesseitige Leben begehrt und es
kosten möchte. Im Diesseits zu scl1wimmen, bedeutet, in einem See
voller Krokodile zu schwimmen. Sich über das Diesseits zu erfreuen,
bedeutet, dass die Augen weinen und in Kummer verfallen, die Genüsse
verschwinden und mit Sorgen ersetzt werden sowie Freude durch
Kummer ausgetauscht wird.

112
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Schönheit, welche man in der Jugend besitzt, erscheint


dernjenigen, dem sie gehört als besonders süß
wird jedoch zur Last, wenn er erstmttl tt!t geworden ist.
Der Vogel, welcher die Saat aufreibt, sieht das Futter. Während dessen
sieht das Auge des Verstandes das Seil, mit dem er den Vogel zur Beute
macht. Doch das Auge der Begierden und der Gelüste sieht nicht, ist
blind.

Dtts Auge, welches sich ctn jeder Art der Schändlichkeit erfreut,
ist blind. Genttu wie dtts schlechte Auge, welches die
Schiindlichkeiten offen dttrlegt.

Die Begierden und Wi.inschc erscheinen den Augen, die sie betrachten,
geschmückt. Diejenigen, die an das Verborgene glauben, versuchen sich
davor zu schonen.

Diejenigen, die ihren Begierden erliegen und ihnen nachgehen möchten,


sind und diese begehren, sind im Verlust.

Bezüglich jener, die an das Verborgene glauben, heisst es:

„Diese folgen der Leitung ihres Herrn und diese sind die
Erfolgreichen .. " [Baqarah: 5]

Was diejenigen angeht, die im Verlust sind, so wird gesagt:

,,Eßt und genießt ein wenig, ihr seid ja Übeltäter." [Al-Mursalat:46]


113
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Erfolgreichen sind diejenigen, welche den Lauf des diesseitige1 1


Lebens verstehen und begreifen, wie wenig die in ihr verbrachte Zeit ist.
Das sind diejenigen, die für die Zeit, in der sie sich im Diesseit~
befinden, ihre Begierden und Gelüste für das ewige Gli.ick im Jenseit~
getötet haben. Wenn sie aus dem Schlaf der Unachtsamkeit auhvachen l
machen sie sich auf den Weg, um das zurückzuhokn, was ihnen ihr~
Feinde in ihren schlechten Zeiten gestohlen haben. Und wenn der \v'e~
sich beginnt immer mehr zu verliingern, fangen sie an, ihre Ziele Stüc~
für Stück zu erreichen. Das, was weit entfernt lag, wird ihnen nun nah~
sein. Das diesseitige Leben wird ihnen bitter erscheinen und ihnen wirtt
die Süße zuteil, welche in folgendem Quran-Vers zum Ausdruc~
gebracht wird:

„Und Wir haben bereits im Buch der Weisheit nach der Ermahnung
geschrieben, daH Meine rechtschaffenen Diener das Land erbeq
werden." [Al-Anbiya: l 05]

Die Karawane brach bereits auf Die Nacht begann und drückte ihre
Dunkelheit auf alle Verstaubten.

Obwohl sie die Welt bedrückte, gingcn sie mir Entschlossenheit hinter
der Karawane her. Auf ihrem Weg jedoch breiteten sie die Kriifre ihrer
Entschlossenheit aus. Mit dem Sirius Stern und dem Vordersten der
Karawane zeigten ihnen die Sterne der Nacht ihre Ziele auf: Am Ende,
inmitten des Krieges, als sich die Dunkelheit entfernte und die Lage ernst
wurde, nahmen sie die Speere von den Reittieren und schleuderten sie
gegen die Brust ihrer Gegner, die voller Würde waren.

114
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Seltsam und noch seltsamer

Wie seltsam ist es, dass du, obwohl du über eine Sache Kenntnis hast, sie
jedoch nicht möchtest und liebst; dass du den Rufer hört, es jedoch
verpasst seinem Ruf Folge zu leisten; dass du dir über den Vorteil in
einem Kaufgeschäft sicher bist, dich jedoch dennoch für ein anderes
Kaufgeschiift entscheidest; dass du es in Kauf nimmst jemanden
anzugreifen, dessen Ausmaß an Zorn dir nicht bekannt ist; dass du eine
Sünde begehst und dies im Zeitpunkt der Ausführung genießt, danach
jedoch nicht zu Allah Ihm Gehorsam leistend zurückkehrst; dass du
Seinen Worten kein Gehör schenkt und dein Herz den Worten anderer
hingibst und hierbei Genuss empfindest und dein Herz sich nicht
danach sehnt Ihm zu gedenken und Ihn, den Erhabenen, anzurufen; dass
dein Herz sich zu jemand anderem hingezogen fühlt und du dich dabei
amüsierst, wo sie dich letztlich zur Vernichtung führt und du dich davor
nicht hütest, dich Allah (t) nicht zu wendest und nicht auf Sein Paradies
zurcnnst.

Und tatsiichlich gibt es sogar noch eine Sache, die noch seltsamer ist als
all das Aufgeziihlte:
Obwohl man weif~, dass man ohne Ihn nicht imstande ist etwas zu
machen und bei allen Dingen auf Ihn angewiesen ist, wendet man sich
trotzdem von Ihm ab und fühlt sich von allem angezogen, was von Allah
entfernt.

115
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Quelle der verbotenen Handlungen

Der Diener kann auf zwei Wegen anfallig für Verbotenes werden:

1. Die schlechte Meinung, die eine Person gegenüber seinem Herrn


hegt. Falls sie Allah keinen Gehorsam leistet und Seine Gebote
nicht einh:ilt, so kann man von ihr in den Dingen, die erlaubt
(halal) sind nichts Gutes erwarten.

2. Eine Person, die Wissen darüber hat. Sie verfasst auf der einen
Seite für Allah eine Sache und vollzieht Dinge, die gut sind.
Jedoch stehen ihre Gelüste und Begierden über seiner Geduld,
sein Verlangen ist st:irker als sein Verstand.

Diese Umst:inde ergeben sich bei der Persern, die unter die erste
Kategorie fallt daraus, dass er jemand ist, dessen Ilm schwach ist und bei
der Person, welche unter die zweite Kategorie fällt daraus, dass er jemand
ist, dessen Verstand und Besonnenheit schwach ausgepr:igt sind

Yahya Ibn lvfwulh sagt: ,,Allah wird die Dua desjenigen, der sein Herz.
sammelt, nicht abweisen."
Ich sage: ,,Wenn das Herz eines lvienschen mit Demut gesammelt ist,
seine Not und sein Zustand dies bestiitigen, seine Hoffnung stark ist, so
kann davon gesprochen werden, dass seine Dua nicht abgewiesen wird."

116
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dinge, aus denen man eine Lehre ziehen sollte und


Weisheiten

Y Genau wie die reumütigen Sklaven bei ihrem Herrn


Unterschlupf finden, so finden diejenigen, welche aus ihrem
Schlaf e1wachen und den Prunk der Dunya und dessen Besitzer
sehen, die gezielten Fallen darin erkennen, welche für sie
vorbereitet wurden, bemerken wie der Satan diese lenkt, sehen
wie ihre Nafs kommandiert wird und die gezwungenen
Begierden ihrer Nafs um sie herum scharwenzeln, Unterschlupf
im Palast der Bescheidenheit und Demut.

r Die Gelüste der Diesseits gleichen Fantasiespielen. Während der


Unwissende auf das Äußere achtet und somit bestätigt, dass er in
diesem Thema infertil ist, wird dagegen der Wissende sich die
Frage stellen, was sich wohl hinter dem Vorhang befindet und
nachsehen.

r Ihnen haben sich die begehrlichen Dinge gezeigt. Als sie hierauf
mit einem besonnenen Auge betrachtend erkannt haben, dass die
H~inde, welche sie auf sich gerichtet hatten (und die sie zerstören
würden) nur eine Schnur der Falle ist, fingen sie an mit den
Flügeln, mit denen sie hiervon fliehen können, so weit wie nur
möglich wegmfliegen. So erreichten sie die zweite
Auswanderung. Und dies ist die Tatsache, die durch den Vers

,,Er sagte: ,,0 wüßte doch mein Volk davon ... " [Yasin:26]

zum Ausdruck gebracht wird. Somit hat diese Gemeinschaft den


Sinn ihrer Existenz verstanden und an ihren Zielen festgehalten.
Bevor sie auswanderten, versammelten und schlossen sie sich

117
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

zusammen, um auf dem geraden Weg zu gehen, wo andere


Menschen ihre Zeit mit nutzlosen Dingen verbrachten und sie an
leeren Orten töteten. Genau zu diesem Zeitpunkt warteten die
Sperlinge der Gelüste und Begierden im Strick der Falle auf den
Tod ... !

>" Eines Tages tappte ein Fuchs in eme Falle. Da fragte er den
anderen: ,,Was glaubst du, wo von nun an der neue Treffpunkt
sein wird?" Der andere Fuchs antwortete ihm: ,,In zwei Tagen in
der Gerberei."

>" Ich schwöre bei Allah, die Tage vergehen schlafend.


Demzufolge .... wacht endlich auf! So werdet ihr noch den Sie<>
b
erreichen.

>" Das, was kommt und geht, sind im Diesseits Tr:iume. Was
davon übrig bleibt, sind Illusionen. Die Zeit jedoch befindet sich
zwischen diesen beiden und vergeht.

>" Wie kann man jemandem vertrauen, dessen Ehepartner nicht


barmherzig ist, dessen Kind nicht flihig ist sich zu entschuldigen,
dessen Nachbar nicht vertrauenswürdig ist, der keinen Freund
hat, der ihn beratschlage und keinen Handelspartner, der gerecht
ist und zudem einen Feind besitzt, der versucht ihn zu vernichten
? Wie soll man dieser Persern vertrauen - wenn seine Nafs ihm
immer nur schlechte Dinge befiehlt, ihm die Dunya
ausgeschmückt zeigt, ihn dazu anstachelt sich immer mehr seinen
Gelüsten und seinen Begierden anzupassen, einen Hass in sich
birgt, der ihn erdrückt, einen geschmückten Sheytan
hervorbringt und Schw:iche zeigt!? Wie soll man ihm vertrauen
können? Wenn er sich Allah (t) zum Freund nimmt, werden all
die aufgez:ihlten Dinge vernichtet und vertrieben werden. Falls er
sich jedoch (von Ihm) abwenden sollte, so werden sich in der

118
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Seele dieser Person erneut all diese Dinge sammeln. So wird er


(erneut) auf sein Verderben zusteuern.

'r Wenn die Menschen sich davon abwenden mit Quran und
Sunnah zu richten und damit zu urteilen und sie sie als nicht
ausreichend empfinden, sich demnach der Ansichten und
Meinungen außerhalb des Quran und Sunnah bedienen und
diese sowie die Meinungen ihrer Shcikhs gutheißen, wird sich die
Fitra dieser Personen anfangen zu veriindern. In ihren Herzen
wird sich Ungerechtigkeit bilden, ihr Verständnis wird fehlerhaft
sem und in ihre Vernunft wird sich die Verdummung
einschleichen. Es sind exakt diese Art Menschen, die von diesen
Eigenschaften umzingelt und iiberwiiltigt werden. Sie sind es, die
gar jüngere damit (mit ihrer Einstellung) erziehen und Ältere
dazu animieren. Sie betrachten dies auch nicht als ve1werflich.
Dies geht soweit, dass die Wahrheit durch Erneuerungen ersetzt
wird, der Verstand durch die Unkenntnis, das festhalten an der
Wahrheit durch die Begierden, die Rechdeitung durch die
Perversionen, das Gute durch das Schlechte, das Wissen durch
die Unwissenheit, die Aufrichtigkeit durch die Augendienerei,
die Wahrheit durch die Unwahrheit, das Richtige durch das
Falsche, der Ratschlag durch die Ignoranz und die Gerechtigkeit
durch die Unterdrückung.

Daraus wird versdndlich, dass hiermit auf die Faktoren, die die
Menschen übe1wiiltigen sowie die Menschen, die sie ausführen
hingewiesen wird.

Wenn du demnach sehen solltest, dass sich die überwältigenden


Faktoren/Fehler auf den Menschen richten, ihre Flagge hissen
und ihre Armee ihre Reittiere besteigen, so musst du endlich
begreifen, dass es zu diesem Zeitpunkt besser ist, unter statt auf
dem Erdboden zu leben, auf den Hügeln der Berge als unten im

119
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Tal zu stehen, sich bei fremden Tieren statt unter den Nlenschen
aufzuhalten.

>" Das Grün des Erdbodens hat sich ver:inderr, der Himmd sich
verfinstert, das Festland und das Meer ersticken in der Finsternis
der Unterdrückung durch die Ungerechten. Der Segen ist
verschwunden, das Gute hat sich verringert, die Barbarei hat sich
vermehrt und das Leben durch die Si.inden verfinstert. Aufgrund
dieser hässlichen Zustiinde, weinten schon immer das Licht des
Tages und die Dunkelheit der Nacht. Über diese schlechten
Angelegenheiten hatten sich bereits die Engel der Kimnum
Kittibin (die Engel, welche sich links und rechts der Diener
befinden und ihre Taten notieren) beschwert. Die Menschen
begingen sehr viel Übel, dass den Zorn ihres Herrn begründete
und hüllten sich in hiissliche und widerliche Zusdinde ein.
Damit, dass Allah die Wolken losziehen !:isst, die die Plur der
Bestrafung auslösen werden, warnt er die Menschen. Damit, dass
Er erlaubt, dass von dem Schatten dieser Wolken die
Heimsuchungen und das Unheil auf die Menschen
(
herabkommen, möchte Er, dass sie (vor Seiner Strafe) fliehen. So
sucht die Wege, dieser Flut zu entkommen und solange zu
bereuen, wie es gdn und bis sich die 'I'iir der Reue öffoet. Jedoch
scheint es so, als ob die Türe der Reue euch (aufgrund der
Tatsache, dass ihr nicht aufrichtig wart) verschlossen bleibt. Es
scheint, als ob ihr zu Geiseln genommen worden seid und euch
die Fli.igel zum Fliegen gebrochen wurden.

„Außer denjenigen, die glauben, rechtschaffene Werke tun und


Allahs häuflg gedenken uml sich (erst) selbst helfen, nachdem ihnen
ja Unrecht zugefügt wunle. Uml cliejenigen, die Unrecht tun,

120
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

werden erfahren, was für eine Rücld.:ehr sie haben werden." [Ash-
Sh u' ara:227]

Y Verkaufe heute noch dein Leben, denn noch ist der Markt geöffnet.
Die Preise sind noch erschwinglich, die Waren noch erhältlich zu
einem bezahlbaren Preis. Warte nicht zu lange, bis der Markt
verschlossen ist und die Waren nicht mehr zugänglich sind. Allah
sagt diesbezüglich:

„Am Tag, da Er euch zum Tag der Versammlung versammeln


wird. Das ist der Tag der Übervorteilung. Wer an Allah glaubt
und rechtschaffen handelt, dem tilgt Er seine bösen Taten, und
den wird Er in Gärten eingehen lassen, durcheilt von Bächen,
ewig und auf immer darin zu bleiben; das ist der großartige
Erfolg." [At-Taghabun:9J

„Und an dem Tag wird der Ungerechte sich in die Hände


beißen und sagen: ,,0 hätte ich doch mit dem Gesandten einen
Weg eingeschlagen!" [Al-Furqan:27]

Wenn du dich ohne den Proviant der Ehrfurcht auf die Reise
begibst. Wenn du am jüngsten Tag einen siehst, der vorbereitet
ist.
Genau dann wirst du dir sagen: ,,Oh wäre ich doch nur so wie er
gewesen." Und du wirst bereuen! Denn du hast die Religion
bestimmt nicht so betrachtet, wie er es tat.

121
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

};- Eine Tat, welche ohne Aufrichtigkeit und Geradlinigkeit


begangen wird, ist wie ein Gast, der auf seinem Weg die Tüten,
die er bei sich hat, mit Sand füllt und sie mit sich triigt, obwohl
sie nutzlos sind und lediglich eine Last darstellen.

};- Wenn du die Sorgen und die schwere des Diesseits' auf dich
lädst, die Beschiiftigungen des Diesseits', welche Kraft und
Vitalit'.it implizieren und seine Angelegenheiten auf deine
Schultern nimmst, so gleichst du einem Reisenden, der sein Gold
auf seinem Rücken triigt. Da das Gold schwerer wiegt als du
selber, wirst du es nicht tragen, es nicht vermehren und nichts
damit anfangen können. Du wirst sogar auf derselben Stelle
stehen bleiben!

Ich lud mzclttuerncl die Dinge 1t1if'mich, welche dilS leben


vemusg1tben.
tVie verwunderlich!
DtlS gibt weder einen Triumph, noch einen Sieg.
Krmn ein voreiliger Fahrer seine Arbeit iiberhrwpt kontrollieren?
lvfan lutnn nicht 1wfjeder Felclzugreise einen ßnden, der sich beeilt.
Verl{lngs{lme also dein Reittier, clu hflst an seine W'mzge gestreift.
Und unter ihm (clem Reittier) ist deine zerquetschte W'imge zu
finden.

Y Für wen auch immer der Geschmack des Wohlbefindens


leuchtet, dem sind Schmerzen, die Geduld erfordern, weit
entfernt.

};- Der Wille steht in Bezug auf das Schicksal an erster Stelle, in der
Existenz dagegen ganz am Schluss. Sie führt den Verstand und
endet an dem Punkt, an dem das Ziel erreicht werden sollte.
Y Du liebst die normale Hilfsbedürftigkeit. Wenn sodann deine
Sorgen sich vermehren, je mehr du darüber nachdenkst, bedeutet
dies, dass die Lichter der Entschlossenheit dich anfunkeln.
122
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

>- Der Unterschied unter den Gesellschaften liegt nicht in den


Handlungsweisen sondern in ihren Denkweisen.

>- Der Untergang der Gedanken einer niederträchtigen Person ist


wie der Untergang eines Eimer, den man in einen schmutzigen
Brunnen hinuntergleiten tisst.

Y Zwischen dir und den Erretteten findet man den Berg der
Begierden. Die Erretteten haben die Hindernisse vor sich
bezwungen und sind weiter gegangen. Du dagegen bist inmitten
dieser Hindernisse geblieben. So zerfetze auch du diese
Hindernisse und erreiche sie, eile ihnen hinterher.

>- Die Dunya ist eine Wettkampfarena. Wenn der Staub


aufgewirbelt wird, ist es nicht klar, wer der Sieger eigentlich ist.
Die Menschen befinden sich ebenfalls in dieser Arena. Manche
von ihnen beteiligen sich auf Pferden, manche sind zu Fuß und
wiederum andere beteiligen sich auf unfruchtbaren Eseln.

Wenn sich der Stttub legt, wirst du sehen, wer gewonnen hat.
Der, der sich auf einem Pß:rd befindet oder der, der sich auf einem
Esel befindet.

>- Die Habsucht mag in der Wesensart emer Person vorhanden


sein. Jedoch ist die Genügsamkeit selbstloser.

>- Der Dieb, welcher dem Ehrgeiz hinterher jagt, kann nur im
Schatten seiner Begierden laufen.

>- Die Saat der Gelüste findet man unter den vernichtenden Fallen.
Stell dir vor, du wärst das Futter für diese Falle. Dann würde sich
dir die Geduld tatsächlich n:ihern.

123
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

~ Die Kraft zum Ehrgeiz in der Erreichung der Ziele, erfordert die
Arbeit an diesen Zielen und mehrt die Vorsicht davor, die Ziele
zu verlieren.

~ Der Geizige ist arm und wird auf Grund seiner Armut keinen
Lohn erhalten.

~ Man sollte den Durst der Sorgen ertragen und nicht aus dem
Beutel der Schuld 27 trinken.

~ Eine Frau, die stillt, wtirde selbst wenn sie hungrig ist, nicht von
ihrer eigenen Milch trinken.

~ Verlange von niemand anderem etwas vom Diesseits außer von


deinem Herrn! Denn, dass der Sklave von jemand anderem auGer
von seinem Herrn etwas erbittet ist eine Beleidigung.
~ Wenn ein Baum der Liebe gepflanzt wird, do wird er die Fri.ichte
der Freundschaft geben.

>"' Sei fremd zu jenen, die nicht mit dir sind und mit jenen, welche
sich nicht von dir trennen.

~ Eine Reise mit einem Unwissenden bedeutet Verderbnis. Wenn


wir jedoch zur Reise mit einem Gelehrten kommen, so hat dieser
Schuhe an seinen Fi.ißen und tr;igt stets eine Wasserschale bei
sich.

~ Wenn im Haus des Rückzugs der Verstand und die absolute


Gewissheit (Yaqeen) kommen und die Bereitschaft zum
Nachdenken gegeben ist, so wird sich zwischen diesen beiden
folgendes ereignen:

27 (wörtlich: jemandem dankbar sein zu müssen. Der Übersetzer.)


124
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn ein Wort, dessen mtln nicht überdrüssig wird, zu dir lwmmt,
So gefitllen uns sein Inhrllt und sein System
lVerm die N1ifi sich drlrtln erinnert, so wird drls, wrls die N1ifi
bmbsichtigt sowie die Dunkelheit des in Versuchung geratenen
!-Jerzens verschwunden sein

)., Wenn von jemandem mit dem du gestritten hast, ein absurdes
Wort kommt, so interpretiere dies nicht sofort. Anderenfalls
wirst du daran zerbrechen. Wahrlich die Vorfahren vom Streit
sind die herabgewürdigten Generationen.

'r Seine Nafs zu beschützten ist eine Art ihm zu zeigen wie man mit
der Unwissenheit umgeht. Wenn du über die Wahrheit genau so
viel gewusst hättest, wie über die Belange deiner Nafs, so hättest
du ihr gegen ihren Feind behilflich sein können, damit sie nicht
in die Irre geht.

Y Wenn mit dem Feuer der Wut das Feuer der Rache entfacht
wird, so wird das, was Feuer fangt, brennen.
Y Binde deine Wut mit den Ketten der Geduld und der
Besonnenheit. Denn die Wut ist wie ein Hund. Wenn man ihm
zum Töten Qagen) schickt, wird er getötet.

).- Wessen Glück ihn überholt hat, der wird seinen Beweis erhalten,
noch ehe er danach verlangt.

Y Wenn das Schicksal es wünscht bezüglich einer Person einige


Dinge zu machen, so wird er im Herzen dieser Person die Samen
der Rechdeitung streuen. Danach wird er auf diese Samen das
Wasser der Hoffnung und der Angst gießen. Anschließend wird
er auf sie die Siiulen der Bewachung errichten und dafür Wächter
des Wissens bestimmen. Und auf einmal siehst du wie diese Saat
von alleine mit Wurzeln und Ästen auf den Beinen steht.

125
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

Y Wenn der Stern der Weisheit in einer klaren Nacht erscheint und
der entschlossene Mond ihn verfolgt, entsteht mit dem Licht
deines Herrn der Ort des Herzens.

>" Wenn die Nacht sich in Dunkelheit hüllt, überkommt (den


Menschen) Schlaf und Erschöpfung. Wiihrend sich der Kopf der
Angst und des Eifers dagegen in der Kompanie der wachsamen
Soldaten befinden, halten sich die Faulheit und die
Unbekümmertheit bei den unachtsamen Soldaten auC \X'enn
sich der Wille zeigt, versammeln sich die Soldaten, wiihrend auf
der anderen Seite die Unachtsamen und Eigennützigen zur
Niederlage geführt werden. So bricht der Tag an und die Anteile
werden aufgeteilt. Und die Kriegsbeute wird an seine Besitzer
verteilt. .. !

Y Eine niicht!iche Reise kann nur derjenige überstehen, der seinc:n


Hunger verheimlicht Darin stehen die Noblen an vorderster und
die Provianttriigcr an letzter Stelle.

Y Auch wenn du abgewiesen wirst, so sei es dennoch nicht leid an


den Türen zu stehen! Auch wenn sie dich abwimmeln, scheue
dich nicht davor deine Entschuldigung vorzutragc:n. Falls sie
anderen Einlass gewiihren sollten, so stürme auf sie zu wie man
sich auf die Lügner stürzt und trete ein wie es ein kleines
Miidchen tun würde und reiche ihnen die Hand.

,,Als sie (wieder) bei ihm eintraten, sagten sie: ,,0 hoher Herr,
Unheil ist uns und unseren Angehörigen widerfahren. Und wir
haben (nur) Ware von geringem Wert gebracht. So gib uns

126
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

(dennoch) volles Maß und gib (es) uns als Almosen. Allah vergilt
denjenigen, die Almosen geben." [Yusuf:88]

:,. Oh du, der ohne den Schlüssel der Ehrfurcht (vor Allah) die Tür
zur Versorgung öffnet! Wie sich dir doch die falschen Wege
eröffnen... und anschließend beklagst du dich dari.iber, dass
deine Versorgung abgenommen hat.

:,. Wenn du im Hinblick auf die Absicht der Ehrfurcht vor Allah
standhaft bist, so wird deine Absicht nicht von dir weichen.

Y Die Sünden sind eine Mauer vor der Tür des Unterhalts.
„Wahrlich dem Diener wird auf Grund seiner Sünden seine
Versorgung vorenthalten." 28

Ich schwöre bei Allrth, drtss ich nicht gelwmmen bin um euch zu
besuchen.
Jedoch hrtbe ich gesehen, drtss mich der Erboden umschlungen hrtt.
Ich hrthe rneine I-Io./Jrwng rtuf euch nicht rtufgegehen und meine
Vorsiitze nicht geh rochen. Jedoch hin ich rtuf Grund dessen wrts ich
t,tt, gestolpert.

Y Die Seelen befinden sich auf höheren Ebenen; genauso wie man
die Vögel auf den Dächern der Schlösser wiederfindet. Obwohl
dort keine Versorgung für ihre Neugeborenen zu finden ist,
befinden sie da. Ihr Zustand gleicht exakt dem jener, die sich auf
einen Wettkampf vorbereiten.

Y Wer auch immer von den arbeitenden Arbeitern seine


Arbeitsleistung bei dem Arbeitgeber vorfinden (sehen) möchte,
der soll darauf achten, auf welche Art und Weise er seine
Arbeiten ausführt und mit welcher Arbeit er beschäftigt ist.

28Ahmad Ibn Hanbal, ,,Musnad"-22386 überliefert von dem Sevban Hadith, für die
Offenlegung des 1-ladith bitte im angegebenen Werk nachschlagen.
127
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Sei von den Kindern des Jenseits und nicht von den Kindern d1.:s
Diesseits! Denn das Kind ist an seine Mutter gebunden.

Y Das diesseitige Leben ist eine schmutzige Leiche. Der Löw1,:


jedoch befindet sich nicht auf Schmutz.

Y Das Diesseits gleicht einem Durchgang und das Jenseits ist di1.:
Heimsdtte. Nach den notwendigen Bedürfnissen verlangt mart
nur in der Heimat.

128
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Es gibt zwei Arten sich mit seinen


Glaubensgeschwistern zu treffen

1. Treffen, um Zeit zu verbringen bzw. um der Freundschaft willen,


wobei die Nachteile die Vorteile übe1wiegen. Diese Treffen
verderben zumindest das Herz und führen zum Verlust
(wertvoller) Zeit.

2. Treffen aus Gründen der Errettung, wobei man sich hilft und
sich gegenseitig die Wahrheit und die Geduld ans HerL legt.
Dieses ist die größte und ni:ttzlichste Beute.

Jedoch können auch diese Treffen folgende Arten des Unheils


bergen:

• Sich schmücken bzw. zurechtmachen, um Eindruck zu


schinden.

• Mehr als erforderlich reden.

• Von der ursprünglichen Absicht (des Zusammenkommens)


auf Genüssliches und Traditionelles überzugehen.

Zusammengefasst: Das Zusammenkommen und miteinander reden,


kann entweder für die das Übel erstrebende Nafs des Menschen sein,
oder Samen für das Herz sowie die zufriedene Nafs pflanzen. Somit wird
das Treffen besamt und bringt einen Nutzen hervor. Diesem Beispiel
entsprechend können nur die Früchte schön sein, deren Samen bereits
auf eine schöne Weise gepflanzt wurden. Wahrlich Allah (t) hat mit
Seiner Weisheit saubere Frauen für die sauberen Männer und saubere
Mfoner für saubere Frauen erschaffen. Und ebenso das Gegenteil davon.

129
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

"La Hawla wa la Quwwata illa Billah"

Auf der Erde gibt es nichts, was unabhiingig wirken kann. Eine Sache
kann lediglich durch die Kopplung an eine Ursache auf eine andei-e
Sache einwirken. Aufgrund dessen ist er unbedingt an tL15
Vorhandensein bzw. Fehlen einer anderen Ursache gebunden, welche at 1f
ihn einwirkt. Dies betrifft insbesondere Ursachen, welche mit de 11
Augen wahrgenommen werden, die das .Jenseits betreffen sowie
spiritueller Natur sind. Als Beispiel kann die Einstrahlung der Sonne at 1f
die Lebewesen und die Pflanzenwelt genannt werde. Genau solche
Ursachen sind wiederum in erster Linie von dem Zustandekomme 11
andere Ursachen abhiingig. Ein anderes Beispiel wiire ein miinnliches
Tier, das man sterilisiert hat. Die Stt:rilisation des Tieres, dem er
ausgesetzt wurde, war letztlich an eine bestimmte Ursache gekoppelt. S 0
finden wir zu jeder Ursache einen Grund. Etwas hinsichtlich cki-
Schöpfung Gefürchtetes oder Erwünschtes, kann sich niemals von alleine
ergeben oder grundlos auftreten. Wahrlich von alleine und ohne Ursache
lässt nur Allah (t) eine Sache stattfinden und von allen Sachen
unabhiingig ist ausschlieffüch Allah, der Allbezwinger (Al-Qahhaar).
Daher besteht keine Notwendigkeit dafür, Hoffoung sowie Angst
jemand anderem (außer Allah) entgegenzubringen. Dies verdeutlicht
unmissverstiindlich, dass es falsch ist, die Hoffnung auf jemand anderen
zu setzen und sich vor jemand anderem zu fürchten als Allah.

Falls beispielweise: ,,Dies ist eine Sache, welche von alleine eine Ursache
bewirkt", gesagt werden würde, so wiire die Ursache dieser Sache jemand
anderem als Allah zugeschrieben worden. Dabei gibt es keine Kraft,
außer bei Allah, die in der Lage wiirc eine Sache zu kreieren. Alle Macht
und alle Kraft sind bei Allah. Alle Macht liegt in Seiner Hand. Die
Hoffnungen und Ängste, die Geschöpfen entgegengebracht werde, sind
in Wahrheit nur Allah dem Erhabenen entgegenzubringen. Warum sollte
man sich also vor jemanden fürchten und von ihm hoffen, der keinerlei
Macht und Kraft besitzt?

130
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Eines der Gründe, weshalb einem manche Dinge vorenthalten werden,


ist, dass man die Geschöpfe fürchtet und von ihnen hofft. Zugleich
bedeutet es für den Sich-Fürchtenden, dass er sich auf die erste Stufe der
une1wiinschten Handlungen begibt. Denn in dem Ausmaß, indem er
sich vor jemand anderem außer Allah H.irchtet, wird er angreifbar. Und
in dem Ausmaß, in dem er von jemand anderem als Ihm hofft, wird ihm
vo ren thal ten.

Diese Angelegenheit ist für die gesamte Schöpfung geltend - selbst, wenn
man dies aus dem Aspekt des Zustandes der Geschöpfe betrachtet oder
auch das Wissen bezüglich dieser Sache bei vielen unter den Geschöpfen
nicht mehr vorhanden ist.
Aufgrund dieser Tatsache geschieht immer das, was Allah (t) möchte.
Folglich muss eine Sache eintreffen, wenn es Allahs Wille ist. Und wenn
Allah eine bestimmte Sache nicht möchte, dann wird sie auch nicht
eintreffen, selbst wenn sich die gesamte Schöpfung zusammenschließt. .. !

131
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Tauhid vertreibt die Sorgen

Der Tauhid hilft sowohl deinen Feinden als auch deinen Freunden.
Deine Feinde errettet sie vor den Sorgen des Diesseits und dem Elend.

„0 Meine Diener, die ihr glaubt, gcwif~, Meine Erde ist weit. So dient
Mir, ja, allein Mir." [Al-Ankabut:56]

Deine Freunde errettet sie sowohl vor den Sorgen und den Katastrophen
des Diesseits', als auch vor jenen des Jenseits'. Dementsprechend bat
auch Yunus (rts) Allah um Hilfe. Er flehte Ihn (t) an und sein Herr
errettete ihn vor den Dunkelhciten. Auf dieselbe Weise flehten die
Propheten und die, welche sich unterworfen hatten, ihren Herrn (t) um
Hilfe, als sie von den Götzenanbetern unziihligen Qualen ausgesetzt
worden sind. Und Er (t) errettete sie und hiilt für sie in der Akhim viele
Seiner (t) Gaben bereit.

Als Pharao kurz vor dem Ertrinken war und Allah um Hilfe bat, wurde
seine Dutt jedoch von Ihm (t) nicht mehr akzeptiert. Denn wenn man
erst in der Bedriingnis glaubt, so wird dieser Glaube nicht mehr
akzeptiert werden. Dieses ist gleichzeitig eines der unvednderlichen
Sunnan (Handlungsweisen) von Allah (t) bezüglich Allahcsdienstlicher
Handlungen. Demzufolge können auch die Sorgen der Dunya ohne den
7iwhid nicht verschwinden. Aus diesem Grund spricht man bei der Dua
gegen Kummer2 9 von Tauhid. In der Dwt von Dhunnun heißt es, dass

29Buhkhari-6345, Muslim 2730 überliefere von Ibn Abbas (ra). ,,Der Prophet (sas)
sprach bei Kummer und Trauer: Es gibt keine Allahheit außer Allah, dem
Gewaltigen, dem Sanftmütigen. Es gibt keine Allahheit auGer Allah, dem Herrn des
gewaltigen Thrones. Es gibt keine Allahheit auf~er Allah, dem Herrn des Himmels, dem
Herrn der Erde und dem, Herrn des edlen Thrones.

132
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

die Sorgen nur durch das Werkzeug des Tcwhids verschwinden können. 30
Bei großen Heimsuchungen und Sorgen schleicht sich der Shirk ein.
Von diesem kann man sich ausschließlich mit dem Tauhid befreien. Dies
bedeutet ohne Zweifel, dass die Geschöpfe Allah um Hilfe bitten und bei
Ihm (t) Zuflucht und Schutz suchen und sich an Ihn (t) wenden. Der
Erfolg kommt von Allah.

Die Liebe ist das Sachgebiet des Einfallsreichtums

Der Genuss priigt die Liebe. Wächst die Liebe, wird auch der Genuss
größer. Und wenn die Liebe sich verringert, so lässt auch der Genuss
nach. Wenn die Zuneigung und die Leidenschaft gegenüber dem
Geliebten stärker werden, so wird auch der Genuss den Geliebten zu
treffen, volls6ndiger werden. Sowohl die Liebe als auch die Leidenschaft
sind an das Wissen und die Kenntnis über den Geliebten gekoppelt.
Demzufolge wird die Liebe erst mit dem Wissen über den Geliebten
lückenloser und vollständiger sein.

Demjenigen, der die Gnadengaben vollkommen dem Jenseits widmet


und dessen kompletter Genuss dem Wissen und der Liebe Allahs gilt
und der an Allah und versucht Ihn zu verstehen, wird der allm;ichtige
Schöpfer noch lieber werden und der Genuss Ihm in der Akhircl zu
begegnen, Ihm ein Nachbar zu sein, Ihn zu erblicken und Seine Worte
zu vernehmen wird sich vervollständigen. Jeder Genuss und jede Gabe
sowie jede Art der Freude und des Vergnügens sind im Verhältnis zu
Ihm (t) relativ und vergleichbar mit einem Tropfen im Meer.

JO Ahmad Ibn Hanbal-1462 überliefert durch einen Hadith von Sa' d mit einer hasan
Übcrliefenmgskettc. Für ausführliche Beschreibung der Überlieferung im besagten Werk
nachschlagen.
133
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Würde demnach jemand, den Genuss und Geschmack, den er als nicht
ausreichend, banal und bitter empfindet, verteidigen vor etwas, dessen
Genüsse und Geschmack ewig forrw:ihren und nie enden? In der
Vollkommenheit des Dieners befinden sich zwei Sr:irken: Der Ilm und
die Liebe. Das beste Wissen ist das Wissen über Allah und die edelste
Liebe ist die Liebe w Ihm (t) und diesen beiden h1kroren entsprechend
wird sich letztlich der Genuss bilden. Allah ist die einmalige Aurorir:it,
von der gewollt wird.

Zwei Gefängnisse, die Nutzen bringen

Man spricht bei dem sturstraxen Voranschreiten und den Wünschen von
Personen, die Allah und den Tag des Jüngsten Gerichts möchten, von
zwei Arten von Gefängnissen:

1. Das Gefängnis, in das man sein Herz vor semen eigenen


Wünschen und den Erwartungen einsperrt.
Dieser Mensch schließt auf dem \'v'eg der alleinigen Lobpreisung
Allahs sein Herz weg. Seine Zunge schützt er vor dem nutzlosen
Gerede und sperrt sie somit ebenfalls in ein Geföngnis.

2. Sich selber in ein Geföngnis des Gedenkens an Allah, der


Steigerung des Imans und der Geschicklichkeit einzusperren.
Dieser Mensch sperrt sich selbst in ein Gefängnis ein, um sich
vor den Sünden und den Begierden zu bewahren sowie die
Pflichten und gute Taten zu verrichten.

Davon sollte man sich nicht trennen, bis man seinem Herrn begegnet.
Denn nur auf diese Weise wird man dem Geföngnis entkommen und an
die weitesten und schönsten Ort gelangen.
Sobald der Diener jedoch diesen beiden Geföngnissen gegenüber keine
Geduld aufbringt, wird er beim Verlassen der Dunyll in das schlimmste
Gefängnis geworfen werden.
134
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Somit wird jeder, der die Dunya verl~isst, entweder vom Gefängnis befreit
oder in ein Gefangnis gesperrt werden. Der Erfolg kommt nur von Allah.

Taqwa (Ehrfurcht vor Allah)

Als Ibn Awn einst einen Mann verabschiedete, sprach er zu ihm: ,,Sei
Allah gegenüber voller laqwa! Denn jemand, der Taqwct besitzt wird
niemand anderen auger Allah fürchten."

Zayd b Aslem sagte: ,,Man sagt, wer auch immer Allah fürchtet, den wird
Allah den Menschen lieb erscheinen lassen, auch wenn sie ihn eigentlich
als h~isslich empfinden,."

Smuri dagegen sagte zu Ibn Zi 'b: ,,Wenn du Allah fürchtest wird dir dies
gegenüber den Menschen genügen. Falls du jedoch die Menschen
fürchten solltest, werden dir diese gegen Allah nicht behilflich sein
können."

Suleyman Ibn Dcwud sagt: ,,Was den Menschen gegeben wurde, gab man
auch uns, auch das was ihnen nicht gegeben wurde ... ! Was den
Menschen gelehrt wurde, lehrte man auch uns, auch das was ihnen nicht
gelehrt wurde ... ! Jedoch fanden wir nichts, das besser war als in
verborgenen oder offenkundigen Situationen gegen über Allah Taqturl zu
haben, auch wenn man wütend oder glücklich ist gerecht zu bleiben und
in Armut oder Reichtum sparsam zu sein ... !"

Im Werk von Immn Ahnuid Ibn Hmzbal, welches „Dhuhd" lautet, heigt
es in einem Hadith Qudsi: ,,Wer auch immer unter den Geschöpfen
jemand anderem Verbundenheit zeigt als mir, von diesem werde Ich die
Mittel der Himmel und der Erde trennen. Auch wenn er Mich bittet,
werde Ich ihm nicht geben. Wenn er ein Bittgebet spricht, werde ich sie
nicht erhören. Wenn er Mich um Vergebung bittet, so werde Ich ihm
nicht vergeben. Und wer auch immer unter den Geschöpfen nur Mich
135
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

bittet, für dessen Versorgung werde ich ihm die Himmel und die fügig
machen. Wenn er mich bittet, werde Ich ihm geben. Wenn er ein
Bittgebet spricht, werde Ich es erhören und bittet er mich um
Vergebung, so werde ich Ihm vergeben.J 1

Ein gutes Benehmen ist das Resultat der Taqwa

An-Nabi (sas) verband T'flqwrt gegenüber Allah und das gute Benehmen
miteinander. Denn 7itqw,t rangiert die Beziehung zwischen Allah und
seinem Diener und das schöne Benehmen die Beziehung zu Seinen
Geschöpfen. Das bedeutet, dass die Furcht bzw. Taqwa vor Allah die
Liebe zu Ihm erforderlich macht, das schöne Benehmen dagegen die
Menschen zur Liebe zu Allah (j.j.) aufruft.

Lehren und Weisheiten

>' Zwischen dem Diener und Allah und Seinem Paradies liegt eine
Brücke, die zwei Schritte entfernt ist.

1. Der Schritt einer Persern gegen seine eigene Nafa.

2. Der Schritt gegen die Geschöpfe. Damit z:ihmt der Diener seine
Nafs gegenüber Dingen, welche sich zwischen ihm und den
Menschen ereignen. AuGerdem zügelt er die Menschen bei den

31 Im \'v'erk „Dhuhd" habe ich diesen Hadith nicht geft111de11. Temmam hat aus dem
ßuch „Fevaid" (,,Ar-lbvdul-Bessam", 1700) aus dem 1-Iadith von Kab Ibn Malik
herausgebracht. In der Überliefcrungskette des 1-Iadithes findet man Yusuf Ibn Safcr.
Über ihn sagte Tirmidhi: ,,Sein Hadith ist unbrauchbar." Diese Überlieferung arbeitet
Suyuti im Werk „Al-Camius-Safr heraus. Genau wie in Faydhul Qadir" in 2/71-72. Er
sagte: ,,Dies überlieferte Ibn Asakir von Ka 'b Ibn Malik". Munavi dagegen sagte: ,, Im
Werk von Firdevs überlieferte dies Daylarni von ihm."
136
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Angelegenheiten, die zwischen ihm und Allah (t) stattfinden. Auf


diese Weise zeigt er seine Gunst nur gegenüber demjenigen, der
zu Allah ruft und ihn selbst zu Seinem Weg bringt.

Die Geführten des Propheten (sas) waren völlig überwältigt und gaben
Laute der Verwunderung von sich ....
Betrachte die nun folgende Ayat und nehme auch du dir daran ein
Beispiel:

„Nahegeriickt ist den Menschen ihre Abrechnung, während sie sich in


Unachtsamkeit abwenden." [Al-Anbiya: 1]

Das Herz der Sahaba zitterte vor Angst bei dieser Ayat und ihre Augen
füllten sich und sie weinten Tränen.

„Er läßt vom Himmel Wasser herabkommen, und dann fließen Täler
entsprechend ihrem Maß, daraufhin trägt die Flut aufschwellenden
Schaum. Und aus dem, worüber man das Feuer anzündet, im Trachten
(da)nach(,) Schmuck oder Gerät (anzufertigen, entsteht) ein ähnlicher
Schaum. So prägt Allah (im Gleichnis) das Wahre und das Falsche.
Was nun den Schaum angeht, so vergeht er nutzlos. Was aber den
Menschen nützt, das bleibt in der Erde. So prägt Allah die
Gleichnisse." [Ar-Rad: 17]

};- Wenn sich die Drmyci Ali Ibn Abu Talib ausgeschmückt zeigte,
sagte er stets: ,,Ich habe über dich bereits drei Mal die Scheidung

137
Al-Pawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

gesprochen. Zu dir kehre ich nicht mein zurück." Nach der


Sumuth hiitte er sich von ihr auch mit einem T({lrzq scheiden
können. Er jedoch sprach es dreimal aus und lid~ sich auf diese
Weise scheiden. Dies tat er, weil er die Rückkehr seiner
Begierden und Wünsche nicht als erlaubt betrachtete. Somit
praktizierte er die richtige Religion und dessen fehlerfreie Natur
zeigte ihm auf: keine „H11//r1" 1.! zu vollziehen. Hinzu kommt,
dass er ein Überliefcrer der Überlidcrerkette des Hadithes ,,Allah
soll denjenigen, der Hu!!tt praktiziert, verfluchen!" ist - wie
könnte er dann erneut zu ihr (der Duny({) zurückkehren, wenn er
sie doch bereits dreimal geschieden hat???

Y Wenn du auf dieser Welt etwas vom Genuss und Vergnügen


siehst und diese in deine Nlljs aufnimmst, solltest du wissen, dass
sich von nun an die Faktoren gebildet haben, welche dich
beeinflussen und verführen. Aus diesem Grund musst du diese
Faktoren bereits kennen bevor sie enrstd1en und die Wege
herausfinden, wie sie dich nicht infizieren können. Wenn du dies
tust, werden dich die besagten Faktoren, selbst wenn du dich
inmitten dieser befindest und sie dich ablenken, dir keinen
Schaden zufügen können.

Y Das Licht der Gerechtigkeit ist strahlender und heller als die
Sonne. Sie bringt einen Nutzen und selbst wenn sie nur vom
weitem ein Licht sendet, kann man sich nicht davor entziehen
sich ihr zuzuwenden. Was sollen nun jene sagen, die die
Gerechtigkeit nicht erkennen können?!

Y Der Weg der Gerechtigkeit ist fern von Zweifel und Bedenken
und jenen, die sich ihren Begierden unterworfen haben. Dieser
Weg ist für Menschen mit Yrtqin und Geduld ein aufblühender
Weg und sie selbst sind wie Zeichen auf diesem Weg.

32 (Scheidungskriterium <> nach dreimaligem Scheiden derselben Frau ist es erst erlaubt
diese wieder zu heiraten, wenn sie die Ehe mit einem anderen Mann vollzogen hat)
138
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und Wir bestellten unter ihnen Vorbilder, die (sie) nach


Unserem Befehl leiteten, als sie sich standhaft gezeigt hatten
und von Unseren Zeichen überzeugt waren." [As-Sajdah:24]

Die Wirkung der Worte „La illaha illallah" zum


Zeitpunkt des Todes

Die Aussprache des Glaubensbekenntnisses mit „La illaha illczllcth" zum


Zeitpunkt des Todes hat eine große Auswirkung auf den Wegfall und
die Vernichtung der Sünden. Zweifellos sind die Begierden eines
Dieners, der das Glaubensbekenntnis spricht, diese versteht und sich
über ihre Folgen im Klaren ist, tot. Die Begierden eines solchen Dieners
erreichen, nachdem sie auf ihrem Höhepunkt waren, einen Tiefpunkt.
Der Ehrgeiz, die Dunya und ihre unni.itzen Angelegenheiten betreffend,
sind bei ihm nicht mehr vorhanden. Der Drang des Dieners bezüglich
seiner Begierden und sein Ehrgeiz hinsichtlich des Diesseits gehen vor
Seinem Herrn und Schöpfer zunichte.

Auch ist dieser Diener, der seine Gelüste vor seinem Herrn, Allah und
Schöpfer geziihmt hat, voller Demut und erniedrigt, wenn er vor Sein
Antlitz tritt. Zudem ist er bereit, die größte Reue, auf überaus energische
Weise, für die Vergebung und Barmherzigkeit Allahs zu begehen. Er ist
frei von Shirk und dessen Wegen, die seinen Tauhid zerstören oder
verfälschen können. Seine Naß ist von den Angelegenheiten, welche ihn
unnötig besdüftigen oder ablenken, weit entfernt. In diesem Zustand
stellt er sich mit Eifer gegen Angriffe auf seine Person sowie gegen
bevorstehende Probleme, klammert sich vollkommen an die Shahada,
bindet sich mit seinem Herzen, seinem Willen und seiner Seele an sie
und ergibt sich Allah, dem Einzigen, innerlich und äußerlich, legt dies

139
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

offen und sagt mit seinem Herzen und voller Aufrichtigkeit „ltt illflhrz
illrzllrth ". Er hat sein Herz an niemand anderen außer Allah gebunden
und lobt außer Ihm (t) niemanden. Wahrlich aus dem Herzen dieses
Dieners ist jegliche Form der Drmytt entwichen. In dem er auf seinen
Herrn zuging, schritt er mit Ehre voran, verminderte seine Begierden
und diente Ihm (t). Sein Herz öffoete sich somit vollst;in<lig für die
Akhirtt und füllte sich mit ihr. Seine Augen richteten sich direkt auf sie
und der Drmyrt kehrte er seinen Riicken zu. Auf diese Weise wurde die
Shahadrt, die mit Aufrichtigkeit gesprochen wurde, zu seiner letzten Tat
und zum Werkzeug dafür, sich von seinen Sünden zu reinigen und vor
das Antlitz seines Herrn zu treten. Dieser Diener wird mit dem mit
Aufrichtigkeit ausgesprochenen Glaubensbekenntnis seinem Herrn
begegnen.

Das Äußere dieser Person entspricht seinem lnm:ren und sein Inneres hat
sich seinem Äußeren angepasst. Wenn ihm das Glaubensbekenntnis an
glücklichen Tagen seines Lebens zuteil wird, so fliichtet er nicht zu den
Menschen und pflegt zu jemand anderem eine Freundschaft als zu Allah.

Trotzdem verfüllt das Herz seinen Begierden und es entwickelt sich eine
Liebe für das Leben und alles, was es mit sich bringt und ein starkes
Verlangen nach alledem macht sich bemerkbar - so sehr, dass der
Betroffene andere als Allah lobt (ohne in Unglauben zu verfallen). Hiitte
er sich bereits zu Lebzeiten seiner Begierden und Gdiistc enthalten, wie
er es zum Zeitpunkt des Todes tat, so hiitte er eine andere Nachricht
erhalten und ein anderes Leben gelebt und nicht das eines Tieres ... !

Allah ist derjenige, Der um Hilfe geben wird!

140
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Kann ein Diener, dessen Leben in Allahs Hand liegt, der König bei
seinen eigenen Angelegenheiten sein?! Denn auch die Nctfi des Dieners
liegt in Seiner (t) Hand. Das Herz des Dieners befi.ndet sich zwischen
Seinen zwei Fingern und Er dreht und wendet es so wie Er will. Und
auch das Leben des Dieners, sein Tod sowie der gute oder schlechte
Zustand, indem er sich befi.ndet, liegen in Seiner Hand. Seine
Handlungen und seine Haltung, seine Worte und Taten verwirklichen
sich auch nur mit Seiner Erlaubnis und auf Seinen Wunsch hin. Der
Diener kann nur mit der Erlaubnis Allahs handeln und nur auf Seinen
Wunsch hin kann er die Taten folgen lassen. Wenn der Diener jedoch
auf seine Nafs vertrauen sollte, wird ihn dies zur Unfähigkeit,
Vernichtung, zu Übertreibungen, Sünden und Fehlern führen. Wenn er
auf jemand anderes als Allah vertraut hat, wird ihn dies zu Dingen
führen, welche ihm weder nutzen noch schaden können und ihm weder
Leben, noch Tod, noch die Auferweckung geben können. Wenn er sich
von Allah (t) abwendet, so wird Allah genau in dem Moment seine
Feinde auf ihn loslassen. Er wird ihn versklaven lassen und dieser Diener
wird nicht einen Augenblick fi.nden können, in dem er fliehen kann.
Ohne Zweifel ist der Diener selbst in diesem Zustand, sowohl mit
seinem Inneren als auch mit seinem Äußerem und jedem Millimeter,
ausschließlich Allah gegenüber verpflichtet. Er ist vollkommen auf Allah
angewiesen. Zudem ist der erhabene Schöpfer mit diesem Diener in
Zwietracht und hat sich von ihm abgewendet. Auf Grund seiner Sünden
ist Allah zornig auf ihn. Der Diener hingegen befi.ndet sich gänzlich und
bis zum Schluss in einem Zustand der absoluten Abhängigkeit von Allah.
Der Diener hat das Gedenken Allahs vergessen und auf jemand anderem
als Ihm, den Erhabenen, vertraut auf. Dabei ist die Rückkehr nur zu Ihm
(t) und vor Ihn wird er treten.

141
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

So lange das Leben anhält, wird die Versorgung


erfolgen

Reinige und befreie dein Herz von Sorgen und von Kummer mit den
Dingen, welche dir befohlen wurden!

Sorge dich nicht um die Besch:iftigungen der Dinge, die dich noch nicht
ereilen werden! Denn die Versorgung und der Tod sind zwei Freunde,
welche jeder erh:ilt. Solange man lebt, wird die Versorgung weiterlaufen.
Wenn mein Herr mit Seiner Weisheit einen Weg unter den Wegen der
Versorgung schließen sollte, wird Er mit seiner Barmherzigkeit einen
anderen, weitaus nützlicheren und besseren Weg öffoen. Mache dir
Gedanken über deinen Zustand als Fötus, wo du noch ein Blutspfropfen
im Mutterschoß warst. Du wurdest nur über einen einzigen Weg
versorgt und dieser war die Nabelschnur. Und sobald der Mensch den
Bauch der Mutter ve1-liissr, wird dieser Weg der Versorgung geschlossen
und es werden ihm zwei neue Wege (der Versorgung) geöffnet werden.
Eine viel süßere und köstlichere Versorgung als die erste (im Mutterleib)
wird einem zuteil und diese ist die wunderbare M,uttermilch, welche von
nun an den Hals hinunterfließen wird. Wenn d;1s Stadium des
Milchtrinkens endet und das Baby entwöhnt wird, schliefst sich somit
auch dieser Weg der Versorgung und es werden wiederum vier neue
Wege der Versorgung geöffnet werden - zweierlei Arten von Essen und
Trinken. Die zwei Wege des Essens beziehen sich auf die Sorten von
Fleisch und Pflanzen. Die zwei Wege des Trinkens beziehen sich auf die
Sorten von Wasser und Milch. Obendrein erh~ilr er eine Menge weiterer
nützlicher und köstlicher Nahrungsmittel. Wenn man stirbt, schlidsen
sich auch diese vier Wege. Sofern man jedoch rechtschaffen war, eröffoet
Allah (t) acht neue Wege der Versorgung. Diese sind die Tore des
Paradieses. Dabei kann man das Paradies durch das Tor betreten,
welches man nach Belieben aussucht. So gibt Allah (t) Seinen gtiubigen
Dienern etwas Nützlicheres und Besseres, wenn Er es ihnen in der Dunyfl

142
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

eingeschr~inkt oder vorenthalten hat. Diese Angelegenheit bezieht sich


nicht auf die U ngtiubigen. Denn wenn Er ihnen etwas Besseres und
Wertvolleres als das gibt, was Er ihnen zuvor gegeben hatte, so werden
sie dennoch nicht zufrieden mit Allah sein.

Zweifelsohne können sie aufgrund ihrer Unwissenheit bezüglich der


Angelcgenhei tcn und der Unkenntnis über die unendliche
Großzi_igigkeit, Weisheit und Huld Allahs, den Unterschied zwischen
dem, was Allah ihnen vorentlüilt und dem, was Er für sie aufbewahrt,
nicht erkennen und verstehen. Sie sind in Bezug auf die Dinge, die sie
sich wiinschen und nicht sofort erhalten, besonders habgierig!

Wenn der Diener gewissenhaft wiire gegenüber seinem Herrn und


bedenken würde, wie und was auf ihn zukommt, so würde er begreifen,
dass es besser ist, dass Allah ihm keinen Anteil an der Welt, ihren
Genüssen und Gaben gibt und es ihm vorentlült.

Es ist so, dass Allah ihm bestimmte Dinge nur vorenthält, um sie ihm
eigentlich zu geben. Damit er zu Allah gelangen und zu Ihm gehen kann,
damit er in dieser Welt manche Dinge verzeiht, holt Er diesen Diener
daraus heraus.

„Sehen sie denn nicht, dass Allah, Der die Himmel und die Erde
erschaffen hat, (auch) die Macht hat, ihresgleichen zu erschaffen? Und
Er hat ihnen eine Frist gesetzt, an der es keinen Zweifel gibt, doch die
Ungerechten weigern sich (und wollen nichts) außer dem Unglauben."
[Al-Isra:99]

Allah ist Derjenige, Der um Hilfe gebeten wird.

143
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,. , Wer auch immer seine Naß kennt, wird versuchen sie zu


verbessern.

,. , Wer auch immer seinen Herrn kennt, wird aufhören seiner


Nafs zu folgen und für seinen Herrn arbeiten.

,. , Die nützlichste aller Taten ist jene, die mit Aufrichtigkeit, vor
den Menschen versteckend, die Nafs erniedrigend, ausgeführt
wird. So sehr, dass man bei der Ausführung der Tat weder die
Nafs, noch die Menschen (um sich herum) kennt/wahrnimmt.

Die Tore der Hölle und die Grundlage der Fehler

Die Menschen werden durch drei Tore in die Hölle intreten:

1. Das Tor der Zweifel


Durch dieses Tor werden jene eintreten, die i.iber die Religion
Allahs gezweifelt haben. Der Zweifel führt zum Irrglauben.

2. Das Tor der Begierden


Durch dieses Tor werden diejenigen gehen, die ihren Geliisten
folgen und ihren Begierden nachgeben, anstatt Allah zu
gehorchen und Seine Zufriedenheit zu erlangen.

3. Das Tor des Zorns


Durch dieses Tor werden diejenigen in /tlhmmrtm geführt, die
Feindschaft unter der Schöpfung Allahs gestiftet haben.

Die Grundlage der Fehler besteht aus 3 Teilen:

1. Hochmut

144
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dies ist zweifellos die Eigenschaft, wovon Iblis von Anfang an


gelenkt wurde.

2. Habgier
Diese Eigenschaft brachte Adam (as) aus dem Paradies.

3. Neid
Diese Eigenschaft bringt den Menschen dazu, sogar gegen seinen
eigenen Bruder vorzugehen.

Wer sich demnach vor diesen drei Eigenschaften in Acht nimmt, sich
davon fernh:ilt, wird vom Irrglauben (dem Zweifel) geschi:itzt sein.
Zweifelsfrei wird der Unglaube durch den Hochmut hervorgerufen, die
Sünden durch die Habgier und die Zügellosigkeit und das Unrecht
durch den Neid.

Die Weisheit Allahs in den Organen der Menschen

Allah (t) hat mit Seiner Weisheit alle Organe des Menschen, sowohl
innerlich als auch iiußerlich, für einen bestimmten Zweck bestimmt.
So ist das Auge zum Sehen bestimmt, das Ohr zum Hören, die Nase zum
Riechen, die Zunge zum Sprechen, das Geschlechtsorgan zum Heiraten,
die Hand zum Halten (Greifen), die Füße zum Gehen, das Herz um
Allah zu erkennen, die Seele um zu lieben, der Verstand um über die
religiösen und weltlichen Angelegenheiten nachzusinnen und um
notwendigen Dingen Aufmerksamkeit zu schenken.
Derjenige, der bei seinem Handel einen großen Verlust erleidet, ist der,
der mit seiner Nrifs und nicht mit Allah beschäftigt ist. Auch trifft
denjenigen ein Verlust, der nicht mit seiner Nafi, sondern mit den
Menschen beschäftigt ist.

145
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

In den Sunnrm wird ein Hadith von Alm S11icl rd-Khudri iiberlieferrll:
„Wenn der Sohn Adams morgens auhvacht, flehen all semc
Körperglieder seine Zunge an: "Fürchte Allah unseretwegen, denn wir
sind stets mit dir (in Bezug auf Belohnung oder Bestrafung). Wenn du
aufrecht redlich bist, so werden wir auch redlich, und wenn du unredlich
bist, so werden wir ebenso unredlich. ".H

In einem anderen Hadith heißt es: ,,Als die Prophetengeföhrten vor


N1ulj11shi traten, haben sie sich vor ihm nicht verneigt. (Das bedeutet,
dass sie sich vor ihm nicht niedergeworfen haben.)"Aus diesem Grund
sagte Amr Ibn As: ,,Oh König, diese Leute verneigen sich nicht einmal
vor dir." 35

Auf diese Weise ergeben sich die Körperglieder der Menschen der Zunge.
Denn die Zunge ist die Adresse und der Übersetzer des Herzens. Er
befindet sich zwischen dem Herzen und den Körpergliedern und dient
als Hilfsmittel bzw. als Instrument. Im Hadith lautet es: ,,Wir sind stets
mit dir." Dies bedeutet: ,,Unsere Rettung oder Vernichtung ist von dir
abhiingig." Aus diesem Grund sagten die Körperglieder: ,,Wenn du
richtig bist, so wirst du auch uns korrigiert haben, wenn du jedoch
krumm bist, wirst du auch uns krümmen."

33 (die Überlieferung ist marfu)


.H Ahmad Ilm Hanbal-11908, Überlicfcrungskette ist hasan. Fiir die ausf'iihrliche

Beschreibung im besagten \'v'erk nachschlagen.


J, Dies weist auf die Zeit der Hijra (Auswandernng) von Jafar Ibn Abu Talib hin. Der
Hadith wurde VOil Ahmad Ilm l-lanbal-17/iO oflcngelcgt. Die Überliclcn111gskette des
Hadithes ist hasan. Piir die ausfi.ihrliche Beschreibung im angegebenen Werk
nachschlagen. Jedoch habe ich den Ausspruch, welche vom Muallif angegeben wurde,
nicht gefonden.
146
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Fürchtet Allah und bittet Ihn auf beste Weise

An-Nabi (sas) fügte den Abstand zwischen den Angelegenheiten der


Dunytt und der !U:hira zusammen indem er (sas) sagte: ,,Fürchtet Allah
und wenn ihr Ihn bittet, so bittet Ihn auf schöne Weise!" 36
Ohne Zweifel kann man Gnaden und Genüsse nur erlangen, indem man
Allah fürchtet, sein Herz und seinen Körper aufatmen lässt und die
Sorgen sowie die starke Habgier von sich weist. Wenn man jedoch das
Diesseits fordert und erbittet, dabei jedoch stur und listig ist und
Schlechtes verübt, erreicht nichts anderes, als das er die Grenzen (im
Fordern) überschreitet.

Demzufolge werden diejenigen, die Allah fürchten, mit dem Genuss und
den Gaben der Al,hirrl gerettet werden. Wer Allah auf eine schöne Weise
bittet, der wird von den Sorgen und dem Trübsinn der Dunya aufatmen
können.

Allah ist Derjenige, Der um Hilfe gebeten wird!

Ich schwöre, die Dunya ruft zu sich selbst:


,, Wenn doch nur jeder twfclen Besitzer der Schöpfung gehört hätte!
So viele gab es, die sich tln clt1s Leben gebunden haben,
ich htibe sie vernichtet!
So viele, die Güter gesammelt haben,
habe ich von dem Gesttrnrnelten getrennt!

36 Ibn Hibban-3239, 3241, Überlieferung durch einen Jabir-Hadith. Für die


ausführliche Überlieferung im gleichnamigcn Werk nachschlagen.
147
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Sünder und der Verschwender

An-Nabi (sas) hat den Sünder und den Vergeuder gemeinsam c1wiihnt 57 •
,,Als Rasulullah (sas) im Gebet war, machte er (sas) folgende Dwz: ,, Oh
Allah! Ich suche Zuflucht bei Dir vor der Strafe im Grab! Ich suche
Zuflucht bei Dir vor der Versuchung des Dajjal. Ich suche Zuflucht bei
Dir von dem Übel des Lebens und des Todes. Oh Allah! Ich suche
Zuflucht bei Dir vor dem Sünder und dem V erschwendcr. " 18
Denn wiihrend die Akhirtl des Sünders einen Nachteil erleidet, durchlebt
die Dunyti des Verschwenders den Nachteil.

Über den Jihad

Allah (t) sagt:

„Diejenigen aber, die sich um Unsertwillen abmiihen, werden Wir ganz


gewiß Unsere Wege leiten. Und Allah ist wahrlich mit den Gutes
Tuenden." [Al-Ankabut:69]

Der erhabene Schöpfer hat hier die Rechtleitung und den fihtZd e1w;ihnt.
Demzufolge vollziehen diejenigen unter den Menschen den grögten
fihtid, deren Rechtleitung am vollkommensten ist. Ocr grög te fihad ist
der gegen die eigene Nafs, die Begierden sowie gegen den Shtytrzn und
die Dunya. Wer auch immer gegen diese vier in den fihrtd ziehen sollte,
durch die Wege ins Paradies gelangen, mit denen Allah zufrieden ist.
Wer auch immer den fihlld verlässt, dessen Rechtleitung wird sich in
dem Umfang verringern, in dem er sich vom fihrtd entfernt hat.

37 Bukhari-832, Muslim- 589, überliefert von Aisha (r.a.).


38 (Die Überlieferung ist bei Muslim.)
148
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

funeyd sagt: ,,Diejenigen, die mit ihrer N,ifi auf unserem Weg bereuen
und in den fihttd ziehen, denen werden wir die Wege der Aufrichtigkeit
aufzeigen. Derjenige, der sich gegen seine offenkundigen Feinde im fihcui
befindet, kann diesen fihad nur gewinnen, wenn er seine verborgenen
Feinde besiegt hat. Wer auch immer gegen sie hilft, hat gegen seine
Feinde geholfen. Und wem auch immer von ihnen geholfen wird, dem
wurde von seinem Feind geholfen!"

Die Feindschaft zwischen dem Verstand und den


Begierden

Allah (t) hat zwischen dem Verstand und den Begierden und zwischen
der bösen Nctjs (N,ifii Arnmttrtt) und dem Herz Feindschaft gelegt.
Dadurch prüft Er Seine Diener. Diese hat er unter sich gesammelt und
jede Gemeinschaft mit Armeen und Helfern gestärkt. Der Krieg geht
folglich solange (zwischen diesen Parteien), bis die einen die anderen
besiegen und sich eine Autorität verschaffen. Demzufolge wird die eine
Partei unter der Herrschaft der anderen stehen.

Wenn also der Sieg für das Herz, den Verstand und die Fähigkeit
eintreffen sollte, dann befinden sich dort Freuden, Gaben, Genüsse,
Zufriedenheit, Klarheit, Lebensfreude, innere Ruhe und Beute.
Falls der Sieg jedoch für die N,ifi, die Gelüste und für den Sheytan
zustande kommt, so befinden sich dort Dunkelheiten, Sorgen, Kummer,
Übel und innere Unruhe.

Stelle dir vor, du würdest dein Königreich von deinen Feinden


einnehmen lassen! Stell dir vor, sie versklaven dich und deine Autorität
und gemeinsam mit dieser Befehlsgewalt entledigen sie dich deiner
Schätze, Vorräte und Dienste und nehmen sie in ihre Fänge! Und wenn
du nun an ihnen deine Rache ausüben wollen würdest, so wi.irde dir die
Kraft dazu fehlen.

149
Al-Fawaid von Shdkh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifellos steht über solch einem König em undngeschriinkter ivltl!ik1


Der zu allem flihig und unbesiegbar ist. Er ist der !vlrtlik, Der in allen1
siegreich ist und nichts kann Ihm ein Hindernis werden. Er ist de~
Besitzer der Ehre und nichts kann Ilm zur Erniedrigung bringen. Sn
schickt Allah (j.j.), der !vlalik, Seinem Diener, welcher sich in solch
einem Zustand befindet, folgende Nachricht: ,,Wenn du Mir behilflich
bist, so werde Ich dir behilflich sein. Wenn du Mich um Hilfe bittest, so
werde Ich dir helfen. \'venn du die Zuflucht bei Mir sucht, so werde ich
an demjenigen riichen, an dem du dich riichen möchtest. \'venn du zll
Mir fliehst und die Zuflucht bei Mir suchst, so werde Ich für dich deine'
Feinde nicht in Ruhe lassen, dich siegreich und deine Feinde zu deinen
Gefangenen machen.

Wenn der gefangen genommene König sprach: ,,Mein l;eind hat meine
Zügel an sich genommen und diese fest zugebunden, er hat mir eine
Falle gestellt und mich daran gehindert mich Dir zuzuwenden, bei dir
Zuflucht zu suchen und an deine Tiir zu gehen. So schicke mir von Dir
Deine Armeen, damit sie diese Zügel aufknoten, mich vor der Falle
retten und mich aus diesem Gcföngnis rausholcn. Sie sollen mir eine
Möglichkeit bieten, an deine Ti"1r zu gehen. Andernfalls werde ich im
Gefängnis bleiben und in die Falle hineinfallen.", um sich vor dem
Sultan zu rechtfertigen oder mit der Absicht die gesandte Hilfe zu
vergraulen oder zufrieden mit dem seiend, was bei seinem Feind vorgeht,
so wird der erhribenste Su!tttrz, Allrih, sich aufgrund seiner Art und \'veise
gegen ihn stellen und sich von ihm abwenden.

Sollte er dies jedoch aufgrund seiner Armseligkeit und seiner U nföhigkeir


Ihm gegenüber gesagt haben bzw. um seiner Erniedrigung Ausdruck zu
verleihen und zudem kundgetan haben, dass seine Nafs im Hinblick auf
Allah am hilflosesten und schw;ichsten ist, er nur durch die Kraft und die
Hilfe von Allah von seinen Feinden befreit wurde und aus dem
Gefängnis errettet worden ist; er den Brief um Hilfe an Ihn geschickt hat

150
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

und ihm (dadurch) Seine vollkommenen Gaben zuteil worden, wodurch


all diese Dinge zustande kamen„

Und sollte er herausposaunen, dass Allah ihm mit seinen Armeen und
Dienern zu seiner Befreiung und Errettung geholfen hat und ihn vor den
Fallen bewahrt hat ...

Sollte er also all dies gesagt und so gehandelt haben, so hat Er Seine
Gnaden an Seinem Diener zweifelslos vollbracht/vollendet. Und wenn er
weit von Ihm entfernt war, so wird Allah (t) Seinen Diener in einem
solchen Zustand nicht tyrannisieren und ihm Seine Hilfe nicht
vorenthalten. Sein Lob und Seine Weisheit bringen mit sich, dass Er ihn
schützt im Gefängnis und sich nicht fernhält von ihm. Insbesondere,
wenn der Diener sich dessen bewusst ist, dass das Gefängnis das
Gefängnis von Allah ist und der Feind, der ihn gefangen genommen hat,
nur ein Sklave von den Sklaven Allahs ist und ein Diener unter Seinen
Dienern; dass sein Leben in der Hand von Allah liegt und er nur mit
Seiner Erlaubnis und auf Seinen Wunsch hin davon profitieren kann;
dass er seinem Feind nicht schmeichelt, sich vor ihm nicht fürchtet; dass
seine (der Feind) Kraft für nichts ausreicht und er weder einen Schaden
noch einen Nutzen erwirken kann ... Er denkt dann an den König von
alledem, an Den, der die Angelegenheiten lenkt und waltet, an Den, in
Dessen Hand seine Seele liegt. .. Und da soll er Allah nicht fürchten und
nicht von Ihm hoffen, nicht die Zuflucht bei Ihm suchen und nicht
demütig sein, sich nicht hüten vor Ihm?! Dieser Zustand ist es, in dem
die Sieg- und Hilfsarmeen zum Diener eilen.

151
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Stufen des Wissens

Wenn man nach Wissen strebt, ist das erhabenste Ziel, der Quran und
die Sunnah bzw. das, was von Allah und Seinem Gesandten (sas)
verstanden wird. Es gilt das zu erlernen, was man an Wissen besitzen
muss. Der schlimmste Zustand unter jenen, welche Wissen erstreben, ist
der, dass sie es sich zum Ziel machen, die unwichtigen und irrelevanten
Angelegenheiten zu erlernen sowie Themen, bei denen ein Ikhti!rif (also
eine Unstimmigkeit) herrscht und zudem den irreführenden Worten der
Menschen fr>lgen. Demzufolge bedarf es unter den Zielen eine gewisse
Anstrengung, um an die richtigen Angelegenheiten und Themen zu
gelangen. Anderenfalls wird man zweifdlos von dem Wissen einer
solchen Person wenig Nutzen ziehen können.

Die erhabensten Ziele bezüglich der Willenskraft sind zweifellos an die


Liebe zu Allah und an das Befolgen Seiner (j.j.) Befehle, die Seine
Wünsche darstellen, gebunden. Die niedersten Ziele dagegen sind sich
von Allah (t) zu wünschen seine Ziele zu erreichen und bei seinen Zielen
zu bleiben. Daher dient ein solcher Diener Allah nur um seines
Wunsches und nicht um den Wunsch Allahs willen. Das erste ist das,
was Allah möchte und derjenige auch. Das Zweite dagegen ist das, was er
von Allah möchte und dieses befindet sich aufserhalb Seiner Willenskraft.

152
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Schlechte Gelehrte

Schlechte Gelehrte sitzen vor den Toren des Paradieses und rufen die
Menschen mit ihren Worten ins Paradies und mit ihren Taten ins
fahannttrn. Diese sind es, die jedes Mal, die mit ihren Worten den
Menschen: ,,Kommt!", und mit ihren Taten: ,,Kommt nicht"! rufen.
Wenn das, wozu sie rufen das Richtige wäre, so wären sie selbst die
ersten, welche dazu eilen. Rein ~iußerlich wirken sie wie erhabene
Persönlichkeiten, in Wahrheit jedoch sind sie Banditen, die den Weg
kreuzen.

Wenn dein Wunsch und deine Absicht ausschließlich Allah (t) ist, so
werden zweifellos alle Vorzüge mit dir sein und egal in welcher Form
auch immer zu dir finden. Wenn jedoch deine Absicht nur jene ist, zu
erlangen, was du möchtest, so werden die Vorzüge dich nicht erreichen.
Denn sie liegen in der Hand Allahs (j.j.) und sind von Ihm abhängig.
Wenn sie dir zuteilwerden, so werden dir Vorzüge zuteil, die dich
begleiten. Wenn diese Vorzüge deine Absicht sind, so wird Allah (t) sie
dir nicht gewähren und dich nicht davon begleiten lassen. Wenn du dies
verstehst und dich damit anfreundest und dich im Anschluss daran auf
die Suche nach Vorzügen begibst, so wird Er dich als Bestrafung dafür
umso mehr davon fernhalten. Im Endeffekt bedeutet dies, dass Allah
dich verlassen wird und die Vorzüge von dir entfernen.

153
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Sieg von Rasulullah (sas)

Als Rasulullah (sas) aus dem Kreis seiner Feinde hinaustrat und den Kreis
des Sieges betrat, seine (sas) Soldaten um ihn herum mit ihren !-fanden
den Sieg feierten und sich dies bis zum Horizont verbreitete, teilten sich
die Menschen in drei Teile:

•:• Diejenigen, die an ihn glauben,


•:• Diejenigen, die sich ihm ergeben
•:• Diejenigen, die sich vor ihm fürchten.

Auf die Felder säte man die Samen der Geduld:

„Sei nun standhaft, wie diejenigen der Gesandten, die Entschlossenheit


besaßen[ ... ]" [Al-Ahqaf:35]

Die Wurzeln der Pflanzen schaukelten mit den Hyazinthen:

„Der Schutzmonat ist für den Schutzmonat, und (für) die


unantastbaren Dinge ist Wiedervergeltung. Wenn jemand gegen euch
übertritt, dann geht (auch ihr) in gleichem Maß gegen ihn vor, wie er
gegen euch übertreten hat. Und fürchtet Allah und wifh, daß Allah mit
den Allahesfürchtigen ist." [Al-ßaqara: 194]

Der Prophet (sas) betrat Mekka auf eine Art und Weise, wie niemand
vor und nach ihm. Um ihn herum befanden sich die !Vfuhrtjirun und die
154
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ans1tr, welche ihn aufmerksam betrachteten und ihn beobachteten. Die


S1thab1t dagegen hatten sich nacheinander und der Reihe nach aufgestellt.
Die Ma!aihd (Engel) befanden sich über ihren Häuptern und fibril (as)
ging zwischen seinem Herrn und dem Propheten hin und her. Allah
hatte ihm (sas) nun das für zul~issig (mubah) erklärt, was Er zuvor
verboten hatte. 39
Wenn er (sas) diesen Tag mit dem Tag

„Und als diejenigen, die ungläubig sind, gegen dich Ränke


schmiedeten," [Al-Anfal:30]

verglich, so hatten sie ihn damals, obwohl er nur einer von zwei Leuten
war, aus Mekka vertrieben. Als er dagegen Mekka betrat, betrat er es
demütig und voller Ehrfurcht Dem fügend, Der ihn (sas) mit dem Kleid
der Ehrfurcht ausstattete, Dem erhabenen Schöpfer, vor dem sich die
Geschöpfe niederwerfen. Er betrat Mekka als König, unterstützt und als
jemand, der den Sieg errungen hatte.

Bi!td (nt) war von den Tagen voller Pein als er zu seinen Feinden: ,,Ahad,
Ahad" riet befreit. An diesem Tag, als die Sonnenstrahlen alles
umfassten, kletterte er auf die Kaaba und rief mit lauter Stimme den
Adhan (Gebetsruf) aus. Sein Adhmz wurde von allen Menschen akzeptiert
und aus allen Richtungen schlossen sie sich ihm an. Wo sie sich noch
(einst) einzeln der Religion Allahs anschlossen, kamen sie nun in
Scharen. Rasulullah (sas) stieg die Kanzel der Ehre hinauf und obwohl er

ßukhari-1834, Lafa bei Muslim-1353. Nach einer Überlieferung von Ibn Abbas (ra);
.J 9

Der Prophet (sas) befahl am Tag, als sie Mekka eingenommen hatten, folgendes:
„Dieses Gebiet hat Allah (t) seit der Erschaffung der Himmel und der Erde für haram
erkliirt. Zweifellos wird dieses Gebiet bis zum Tag der Auferstehung durch die
Verehrung Allahs haram sein. Auch vor mir war niemand der Krieg darin erlaubt. Mir
dagegen wurde es tagsüber für eine Scunde als erlaubt erklärt. Ganz bestimmt ist dieses
Gebiet durch die Verehrung Allahs haram.
155
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

darauf nichts ausrief, streckte die dortige „Upper-Class" auf eine


gehorsame Weise ihre H:iupter heraus. Einige unter ihnen boten dem
Propheten (sas) die Schlüssel der Stadt an, andere den Frieden und die
Einigung, wiederum andere akzeptierten die /izy11 (Steuer) und die
Erniedrigung und ein Teil rechnete fest damit, ihr Kriegs-Equipment
und alles andere hergeben zu miisscn. Dabei wusste er (sas) zweifellos
nicht, dass die gesamte Kriegsbeute und alle Sklaven vollst:indig ihm
zukommen werden. Als der Sieg gesichert war und die Bekanntmachung
vollendet und das anvertraute Gut ausgeh:indigt wurde, erhielt er die
folgende frohe Botschaft:

„Gewiß, Wir haben dir einen deutlichen Sieg verliehen, damit dir Allah
das von deinen Sünden vergebe, was vorher war und was spfiter sein
wird, und damit Er Seine Gunst an dir vollende und dich einen geraden
Weg leite und (damit) Allah dir helfe mit miichtigcr Hilfe." [Al-Fach: 1-
3]

Danach wurde folgende Ayat offenbare:

„Wenn Allahs Hilfe kommt und der Sieg und du die Menschen m
Allahs Religion in Scharen eintreten siehst," [An-Nasr: 1-2]

Als der Botschafter Allahs (Todesengel) zu ihm (sas) kam, wusste er, dass
er seinen Herrn treffen würde. Und er (sas) wiinschte sich voller Freude

156
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

seinem Herrn zu begegnen.'10 So schmückte sich das Paradies um seine


saubere Seele in Empfang zu nehmen. Selbstverständlich geht dieses
Schmücken über den Empfang eines Königs hinaus und gleicht nicht
dem Schmücken der Städte.

Wenn der Thron des Ar-Rahman bereits bei dem Tod von einigen
Gefolgsleuten des Propheten (sas) aufgrund des Austrittes ihrer Seele im
Todesmoment und dessen Erleichterung, gezittert hat11 , wie war wohl
der Zustand des Thrones bei . der Weite der Seele des Führers der
Geschöpfe, dem Propheten (sas)? Welche Geheimnisse diesbezüglich
wirst du wohl am Tag der Auferstehung erblicken?!

,,am Tag, da die geheimsten Gedanken geprüft werden." [At-Tariq:9]

10 Bukhari-4463 und Muslim-2444, nach einer Überlieferung von Aisha (ra); ,,An-Nabi
(sas) pflegte stets, obwohl er gesund war, zu sagen: ,,Keinem Propheten wird die Seele
genommen ohne ihm vorher seinen Platzt im Paradies gezeigt zu haben, danach wird sie
frei gelassen." Als die Zeit um die Dunya zu verlassen für den Prohpheten (sas)
gekommen war, flcl er, obwohl sein Haupt auf meinen Knien lag, in Ohnmacht. Als er
wieder zu sich kam richtete er seinen Blick auf die Decke im Zimmer um rief: ,,Ya
Rabbi! Dem erhabensten Freund ... ". Die Lafz des Hadith ist bei ßukhari.

11ßukhari-3803, die Lafz ist ebenso bei ihm und Muslim-2466) von Jabir Ibn Abdullah
überliefert; Der Prophet (sas) sagte: ,,Der Thron von Ar-Rahman hat beim Tod von
Sa' d Ibn Muaz gewackelt."
157
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Illusionen, die den Diener in die Irre führen

Wehe dir, der auf die Illusionen hereingefallen ist! Sogar lblis stieg von
der ehrvollen Stellung hinab auf eine erniedrigte, weil er sich weigerte
dem Befehl der Niederwerfung (vor Aclrtm) nachzugehen und verflucht
wurde. Admn (tts) wurde aus dem Paradies verbannt, weil er von der
verbotenen Frucht gegessen hatte. Der Mörder wird, nachdem er das
Paradies gesehen hat, wegen einer Hand voll Blut das Paradies nicht
betreten dürfen. Zweifellos befiehlt der Islam die Unzucht mit dem
h:irtesten Tod zu bestrafen, sich vor den verbotenen Dingen, seien sie so
groß wie eine Fingerkuppe, fernzuhalten und keinerlei Unrerdriickung
zu begehen.

Außerdem befiehlt Er, dass der Rücken von demjenigen gepeitscht wird,
der jemand anderen der Unzucht bezichtigt oder auch nur einen Tropfen
Alkohol trinkt. Ein Körperglied wird jemandem abgetrennt, der etwas
klaut, dessen Wert drei Dirhrtrn übersteigt. Nach allem, was wir jetzt
erfahren haben, soll keiner sich sicher davor ft.ihlen ins Höllenfeuer
geworfen zu werden, sofern er eine Sünde begangen hat.

,,Und Er (Allah) fürchtet nicht die Folge davon." [Ash-Shams: 15]

„Eine Frau wurde wegen einer Katze ins Höllenfeuer geworfen." i 2 Ein
Mann spricht ein Wort, ohne ihm Bedeutung beizumessen und wegen
diesem wird er ins Feuer geworfen, tiefer als die Distanz zwischen Osten
und Westen. 43 Ein Mann verbringt 60 Jahre seines Lebens in lhadll
gegenüber Allah (t). Als ihn der Todesmoment erreicht, begeht er in
seinem Testament Unrecht und beendet sein Leben mit einer schlechten

12 ßukhari-2365 und Muslim-22 112, überliefert durch Ibn Omar.


-u Bukhari-6477, 6478 und Muslim-2988, überliefen durch Abu Huraira.
158
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Tat, woraufhin er ins Feuer geworfen.'' 4 Das Leben dauert so lange der
Mensch lebt und die Taten dauern bis zum letzten Moment. Wenn die
Gebetswaschung durch das Nichtbegrüßen einer Person ungültig werden
würde, so w~ire das darauf folgende Gebet zweifellos nicht giiltig. Wer
sein Fasten noch vor dem Sonnenuntergang bricht, so besitzt dieses
Fasten keine Gültigkeit. Wer gegen das Ende seines Lebens hin schlechte
Taten begeht, der wird auf diese Weise seinem Herrn begegnen.

Viele gute Taten eilen herbei und warten vor der Tür, werden jedoch
vom Hauswart mit Floskeln wie: ,,Vielleicht sp~iter, ein anderes Mal"
abgespeist. Wie soll daher jemand die Errettung erlangen, wenn sein
lnutn mangelhaft ist und er Taten begeht, welche das Maß überschreiten,
er von einer Krankheit ohne Heilung befallen und voller Begierden ist,
einen leeren Verstand besitzt, sich in der Dunkelheit befindet, betrunken
und voller Unwissenheit sowie fremd gegenüber seinen Herrn und der
Schöpfung gegenüber verbunden ist?!
Wo die Menschen für ihn Früchte und die Quelle seiner Kraft darstellen,
das Gedenken Allahs hingegen Gefangenschaft und Tod und er sich
lediglich ~iußerlich Allah zuwendet, innerlich jedoch jemand anderem
zugewandt ist - ist es denn möglich dass er Errettung findet?

Es geht nicht darum, dass jemmzd anderes dir überlegen ist.


Der Erniedrigte wird mit Überlegenheit einen Weg suchen
wie er zu Ihm gelangen kctnn.

'' Ahmad-7742, iiberliefcn durch Alm Huraira. In einem Wortlaut ist die Rede von
,,70 Jahren". (Fiir die ausführliche Überlieferung im gleichen Werk nachschlagen.)
159
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Warum Adam (as) als letzter von allen Geschöpfen


erschaffen wurde

Bevor das Vorherbestimmte erschaffen wurde, wurde zweifelsfrei der Stift


(Qalam) erschaffen, um es niederzuschreiben. Als letzter von allen
Geschöpfen hat Er Admn erschaffen. Und genau darin tisst sich so
manche Weisheit finden:

1. Die Errichtung eines Landes bevor man dahin siedelt.

2. Die Bestimmung der Himmel, der Erde, der Sonne, des Mondes,
der Meere und Berge etc. für den Nlenschen.

3. Der beste Künstler ist der, der seine Arbeit gewiss auf die beste
Weise verrichtet. Genauso wie er dessen Wesen und Fundament
zum Vorschein bringt.

4. Die Nafs möchte zweifelsfrei immer die Erleichterung und das


Ergebnis sehen. Aus diesem Grund sprach lvlrwt (m) zu den
Zauberern: ,,Werft hin, was ihr zu werfen habt!" Als die
Nlenschen dies sahen, wurde ihre Neugier geweckt und so
erhielten sie dariiber Kenntnis.

5. Allah (t) hat die vorzüglichsten Bücher, Propheten und


Gemeinschaften bis zum Ende hin aufgeschoben. Das, was
nachher ist, machte Er immer besser als das, was vorher war.
Zweifellos sind jene am Schluss vollkommener als die am
Anfang.
Welch großer Unterschied liegt zwischen dem Zeitraum als der
Engel zum Propheten sprach: ,,Lies!" und er (sas) antwortete:
„Ich kann nicht lesen!" und dem Moment als der erhabene Allah
sprach: ,,Heute habe Ich eure Religion vervollkommnet." [Al-

160
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Maida:3J

G. Allah (j.j.) hat in diesen Welten für Aclttrn die Dinge, welche Er
für ihn aufbewahrt hat, gesammelt und dies ist die kleine Welt.
Augerdem hat Er dies für ihn auch m der grogen Welt
gesammelt.

7. Der Mensch befindet sich im selben Zustand wie die Essenz


seiner Befindlichkeit und seiner Fri.ichte. Demzufolge ist es
angemessen zu sagen, dass der Mensch das letzte der Geschöpfe
ist.

8. Die Angelegenheiten und Bedürfnisse für seinen Herrn


vorzulegen und bereit zu sein, den Zweck des Lebens und ihre
Regeln Ihm zu unterwerfen, resultiert zweifellos aus der
Grogzügigkeit des Menschen. So wird der Mensch all das überall
wo er ist bereitfinden.

9. Allah (j.j.) wollte, dass es bekannt ist, dass der Mensch


ehrenvoller und tugendhafter als alle anderen Geschöpfe ist. Aus
diesem Grund hat Er die anderen Geschöpfe vor ihm (dem
Menschen) erschaffen. Deshalb sprachen die Engel: ,,Unser Herr
erschafft was Er will. Er (j.j.) wird für Sich kein anderes Geschöpf
erschaffen, welches grogzügiger ist als wir." Als Allah (t) Aclarn
erschuf und den Engeln befahl sich vor Adam niedermwerfen,
wurde den Engeln der Vorzug und die Ehre von Adam im
Wissen und im Können vorgeführt. Als Aclam in Sünde fiel,
nahmen die Engel an, dass der Mensch nun von der ehrenvollen
und tugendhaften Stellung enthoben wurde. Sie sind nicht davon
ausgegangen, dass Admn im Geheimen bereute (Tauba beging)
und seine Dienerschaft auf diese Weise befolgte. Als Ac/am
bereute und somit die gewünschte/erforderliche Dienerschaft
vollzog, verstanden die Engel, dass Allah, der Erhabene unter
Seinen Geschöpfen dem gibt, wem Er will und dass es

161
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-J,1uziyyah

Geheimnisse gibt, die außer Ihm nkmand anderes kennt.

10. Als Allah (t) mit der Erschaffung des Q,dmn diese Welt öffnete,
legte er die Erschaffung des Menschen dar um somit die
Erschaffung dieser \Vdt auf schöne Weise abzuschließen. Der
Stifr ist das Werkzeug des Wissens. Der Mensch dagegen ist die
Welt. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb Allah (j.j.) Adam in
Bezug auf das Wissen höher als die Engel stufte und ihn für
besonders erktirte.

Die Situation zwischen Iblis und Adam (a.s)

Mache dir darüber Gedanken, wie Allah (t) die Entschuldigung von
Admn annahm und den Engeln von seinem Vorzug und seiner Ehre
berichtete und ihn folgende1wcise ankündigte:

)/
(

„Und als dein Herr zu den Engeln sagte: ,,Ich bin dabei, auf der Erde
einen Statthalter einzusetzen", da sagten sie: ,,Willst Du auf ihr etwa
jemanden einsetzen, der auf ihr Unheil stiftet und ßlut vcrgicfh, wo
wir Dich doch lobpreisen und Deiner Heiligkeit lobsingen?" Er sagte:
,,Ich weiß, was ihr nicht wHk" [Al-Baqara:30]

Und nun mache dir Gedanken darüber, auf welche Weise Er ihn zu
einem Kalifen/Statthalter erktirte!

Mit „auf der Erde" ist gemeint, dass Er seine Entschuldigung noch
annahm, bevor Er ihn auf die Erde sandte. Derjenige, der liebt, nimmt
die Entschuldigung des Geliebten noch an, bevor dieser einen Fehler
begeht. Als Allah (t) Admn formte, lids Er ihn 40 Jahre vor den Toren
162
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

fmmcths stehen, damit er vor der Türe seines Geliebten steht und seine
Liebe auf schöne Weise zeigt. Er hang sich an den erniedrigten Zustand
aus dem Vers

„Ist (nicht) iiber den Menschen eine Spanne der endlosen Zeit
gekommen, in der er nichts Nennenswertes ist?" [Al-Insan: 1]
auf, um nicht aufgrund des Verses „Werft euch nieder" in Hochmut
verfallt.

Iblis ging zweifellos um den Körper von Adctrn umher, wurde hochmütig
und sprach: ,, Du wurdest doch nur für einen Auftrag erschaffen." Er
ging durch den Mund von Adam und verließ ihn aus seinem Rektum.
Dabei sagte er: ,,Wenn ich dir zum Verh~ingnis werde, werde ich dich
vernichten. Wenn du mir zum Verhängnis wirst, so werde ich mich
gegen dich auflehnen." Zweifellos war er sich dessen bewusst, dass sein
U mergang in der Hand Adtlms liegt.

Er sah ihn als nichts anderes als ein ausgebreitetes Stück Schlamm und
verachtete ihn. Als diesem Schlamm eine Gestalt gegeben wurde, breitete
Iblis in ihm die Krankheit des Neids aus. Jedoch starb der Neid in ihm,
als ihm die Seele eingehaucht wurde. Als ihm der Teppich der Ehre
ausgerollt wurde, wurden ihm die Geschöpfe vorgestellt. In diesem
Zeitpunkt standen die Engel mit der Ayat: ,, ... wo wir Dich doch
lobpreisen und Deiner Heiligkeit lobsingen ... ?" bereit. Allah, Al-Hctkirn,
befahl: ,,So verbreitet es (die Nachricht darüber) ... " Somit war es nicht
mehr möglich einen Beweis (dagegen) vorzubringen. Die Ayat: ,,Und Er
lehrte Ädam ... " brachte die Engel ihren Fehler einzugestehen und zu
bereuen.

163
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Daraufhin stand ein sehr tugendhafter Ausrufer, welcher sich neben den
Engeln befand, auf und rief: ,,Werft euch nieder! Und reinigt euch von
dem Schmutz der Aufforderung, die ihr ersuchtet." Sie antworteten:
„Wir haben kein Wissen auger dem, was Du uns gelehrt hast." und
warfen sich mit der Reinheit der Ergebenheit nieder. Ibfis befand sich
neben ihnen und warf sich nicht nieder. Er war die Unreinheit und
zweifellos mit der Najasft (Unreinheit) des „Sich Abwendens" wohl
vertraut. Diesen Schmutz hiittc er auch nicht beseitigen können, wenn er
sich gewaschen hiitte - er war der Schmutz höchstpersönlich. Nachdem
Aclmn (tts) vollstiindig erschaffen wurde, wurde gesagt, dass die Schönheit
seines Gesichtes ersichtlich sein muss. Dann ereilte das Schicksal, sodass
die Zeichen dafür, dass er sich wiihrend der Anbetung Allahs Ihm beugt,
sichtbar werden.

Oh Aclmn! Weil Allah (t) dir wegen dem Bissen (der verbotenen Frucht)
vergeben hat, sagten die Neider: ,,Wie kann er tugendhaft sein, obwohl
er gierig war und keine Geduld in Bezug auf den Baum aufbringen
konnte?!" Wenn du nicht auf die Welt geschickt worden wiirst, hiitten
diejenigen mit guter Nrt.fi nicht aufsteigen können. Die Nachricht: ,,Gibt
es niemanden, der möchte?·!'\ wäre nicht gesandt worden. ,,Der Atem der
Fastenden"'' 6 würde nicht mit dem Wind wehen. Der Abstieg von Adam
(r!S) in die Duny11 beweist, dass er nicht gierig ist.

Oh Aclmn! Dein Lachen im Paradies gehört dir, dein Weinen am Ort der
Verpflichtung uns.

Wenn Er meine Tugendhaftigkeit als höher stuft, so kann mir niemand


schaden, der meine Ehre verletzen will. Ocr Verlust meiner Ehre gebührt
zweifellos einem gebrochenen Körper. Ich bin mit denen, deren He1-Len
wegen mir gebrochen wurden.

45 ßukhari-1 145, Muslim-758, überliefert durch Abu Huraira.


·lG ßukhari-1894, Muslim-! 151, überliefert durch Abu lluraira.
164
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Bissen, den er aß, hat gar seine Kinder erreicht. Aus diesem Grund
sandte ihnen Allah (j.j.), der Besitzer der uneingeschränkten Bewirtung
und Allwissende, die Medizin, welche sich in den Händen der
vorhandenen Ärzte beflndet.

„Er sagte: ,,Geht alle fort von ihm. Einige von euch seien des anderen
Feiml. Doch wenn dann von Mir Rechtleitung zu euch kommt, dann
wird derjenige, der Meiner Rechtleitung folgt, nicht irregehen und
nicht unglücklich sein." [Ta-Ha: 123]

So wird sie dieser Arzt vor den verbotenen Dingen schützen, ihre Kraft
für das ihnen Anbefohlene aufsparen und sie dazu bringen, dass sie ihre
schlechten Taten bereuen. Somit wird sie die Gesundheit auf jede Weise
erreichen. Wehe dir, der seine Kräfte verschwendet und sie nicht schont,
welcher seiner Krankheit noch mehr Krankheit und Kummer zufügt, der
keine Geduld gegenüber Leid und Sorgen aufbringt! Leugne bloß nicht
deinen Weg ins Verderben. Wahrlich die Krankheit führt zur
Unstimmigkeit. Wenn das Schicksal dir gnädig ist und du dem Arzt
behilflich bist, der dich vor deinen geheimen Begierden und Gelüsten
beschützt, so wirst du die vielfältigen Gelüste und Genüsse erfahren.
Sollte jedoch das Gegenteil eintreffen, so wird der Nebel der Begierden
deine besonnen Augen trüben. Wehe dir, bei dem man die blinde
Besonnenheit vorfindet! Du hast nicht einmal für einen Moment
dariiber nachgedacht geduldig zu sein und hast dir die ewige
Erniedrigung aufgebürdet. Du wolltest immer nur die Dunya, obwohl sie
vergehen wird und hast dich nicht auf die Reise für die Akhir1t begeben
und es bevorzugt, sitzen zu bleiben.

165
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn du jemand sehen solltest, der fiir se111e..: Nttjs die abscheulichen
Dinge erkauft und die erhabenen Dinge für Verdorbenes verkauft,
solltest du wissen, dass dieser ein Dummkopf ist.

Nützliches Wissen

Y Wenn Adrtm die Grundlage der Dienerschaft: mit Gewissheit


verrichtet hiitte, so wiire keine einzige Sünde von ihm ans Licht
gekommen/ entstanden.

Y Oh Sohn Admns! Solange du Mir nichts beigesellst, kannst du


mit einer Dunyrt voll Sünden zu Mir kommen und ich werde
dich mit einer Dunyrt voll Vergebung empfangen i?_

Y Der Herr wird Seinem Sklaven beibringen wie er Ihn um


Vergebung bitten kann, wenn er Sünden begeht, sofern Er weiß,
dass dieser die Sünde nicht verübt hat, um gegen Ihn zu kiimpfcn
oder Seine Weisheit zu überwiiltigen.

„Da empfing Ädam von seinem Herrn Worte, und darauf nahm
Er seine Reue an. Er ist ja der Reue-Annehmende und
Barmherzige." [Al-Baqara:37]

Y Der Diener lehnt sich nicht gegen seinen Herrn auf urn sich
gegen Ihn zu stellen, er wird sich das nicht trauen. Lediglich
aufgrund seines Naturells und seiner Wesensart, als Ergebnis
seiner Naß und der Ausschmückungen des Sheytans wird er
seinen Begierden folgen, sich der Vergebung sicher sein und die
Verzeihung erhoffen - dies ist die Situation im Hinblick auf den

47 Muslim-2687, iiberliefi:rr durch Abu Dhar.


166
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Diener. Was die Situation hin~ichtlich des Herrn anbelangt, so


ist sie wie folgt: Die Weisheit nimmt Ihn ein, Seine Stellung als
Herr ist deutlich, Ihm wird gedient, die Diener sind von Ihm
ablüingig und die Produkte/die Auswirkungen Seiner Namen
und Eigenschaften kommen ans Licht, wie beispielsweise die
Tatsache, dass Er denjenigen vergibt, die bereuen und Tauba
machen (Al-Afur ), vergibt (Al-Ghafur), die Reue annimmt (At-
Tawwab), weise (Al-Ha/dm) und gerecht ist (Al-Adl) und
diejenigen bestraft, die auf ihren Si.inden beharren. Allah (t)
möchte sehen, dass Seine Diener Ihn alleine anbeten, Seiner
bediirfrig und auf Ihn angewiesen sind. Er will, dass Seine Diener
bezeugen, dass Er die uneingeschränkte und vollständige Macht
besitzt, dass Sie Zeuge Seiner Ehre sind und darüber, dass Er
uneingeschriinkt vergeben kann, verzeiht und barmherzig und
giitig ist, die Si.inden verdeckt, weise ist und dass es nichts gibt,
was Seiner Vergebung und Ersuchung gleicht. Allahs
Barmherzigkeit gegenüber Seinen Dienern ist ein Beweis für
ihren Ihsrtn Ihm gegenüber; das bedeutet aber nicht zwangsläufig,
dass wenn sie nicht Ihsan erbringen, Er sich gegen sie stellt.
Denn, wenn Allah nicht barmherzig und huldig zu Seinen
Dienern wäre, so wären sie zweifelsohne bereits zerstört. Daraus
versteht sich, dass sich unzählige Weisheiten bezüglich der
Sünden finden und es viele Angelegenheiten und Gnaden fiir die
Reue eines Dieners, der sündigt, gibt.

'j,,- Aufgrund seiner Sünden zu bereuen, ist wie die Einnahme von
Medizin bei bestimmten Krankheiten. Es gibt so viele
Krankheiten, die zur Genesung verhelfen.

Vielleicht ist das Ergebnis des Trtdels der Lob!


Durch bereits so viele Krrtnhheiten fanden die Körper zur Genesung.

)., Wenn die Sünde nicht bestimmt worden wäre, so wäre der Sohn
Adams aufgrund seines Hochmuts bereits vernichtet worden.

167
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Eine kleine Sünde, die nicht auf die leichte Schulter genommen
wird, ist segensreicher als eine Gehorsamkeit, die man nicht ernst
nimmt.

Y Die Kerze des Sieges erlischt erst dann, wenn die Kerle
zerstückelt ist
Y Der Diener bedient seine Nafs nicht in derselben Weise, wie er
sie hintergeht. Er erachtet sie nicht als erhaben, wie er sie als
minderwertig erachtet.

So sagt man:

Entweder werde ich rneine Nrifi hermspruchen oder ihn von der
Bequemlichkeit fortreißen.
Denn, dass die Nrifi schwach wircl rührt von ihrer Großzügigkeit.

Bei dem, Der erschafft und leben I:isst, so wie der Diener seine
Ncifi hungern I:isst, slittigt er sie nicht, gibt ihr kein Vertrauen, so
wie er ihr Furcht cinf1öfk wird ihr nicht zum l;reund wie er ihr
fremd wird und Hisst sie nicht so leben, wie er sie tötet.
So sagt man:

Der Tod der Nriß bedeutet ihr Lehen.


iVer auch imrner sie leben !/isst, wird selber sterben.

>" Das Wasser der Begierden schmeckt siiß. Jedoch bringt es nur
Kummer und Sorgen hervor.

y Wer in die Falle tappt, wird erniedrigt.

);> Wehe dir, der einst noch am Seil der Begierden hing und mit
Entschlossenheit vom rechten Weg abkam! Wahrlich, du hast
dich vom Gift befreit und solltest nun so weit gehen wie die

168
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Gewiirdigten. Breite deine Flügel für die Ergebenheit zu Allah


aus!

Y Obwohl die Himmel und die Erde Allah gehören, wurde nur
eines von dir verlangt, doch du warst geizig und hast dies nicht
erfüllt. Er hat die sieben Meere erschaffen und wollte nur eine
Triine von dir, doch du hast Ihm diese Träne vorenthalten und
warst wieder einmal geizig.

Y Das Auge bestickt das Herz mit den Dingen, die man betrachtet.
Allah, Dem alleine gedient wird, will in der Kaaba des Herzens
niemals einen Götzen vorfinden.

Y Die Genüsse der Dunya sind wie die Liebschaften, die dich
überwältigen. Wenn jedoch der Wirbelsturm der Begierden
umherweht, schließt sich das Auge der Besonnenheit und die
schönen Gaben verstecken sich.

Y SubhmzA!!ah! Das Paradies hat sich für die Brautwerber


geschmückt. Sie haben sich viel Mühe gegeben, um die
Brautgabe aufbringen zu können. Rabb (t) hat die Namen und
Eigenschaften derjenigen, die geliebt werden, offen gelegt.
Demzufolge haben sie bereits damit angefangen für den Tag der
Begegnung Taten zu verrichten.
Du dagegen bist noch immer mit dem Schmutz beschäftigt.

Es geht nicht drtrurn, dass dein Herz mit jenumd cmderem ist.
Jvlit der falschen Liebe zusammen ist dein Wort.

).- Die Kunst ist ein Teppich. Auf ihr gehen nur die, die Allah nahe
stehen. Die Liebe dagegen ist ein Marsch. Diesen sprechen nur
diejenigen, die lieben und ergeben sind.

169
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

}., Die Liebe ist wie eine seltene Oase, die man in grof~en \Xlüsten
findet. Dies ist auch der Grund dafiir, weshalb nur wenig zu ihr
gelangen.

Y Jemand der liebt, wird es nicht vcrs:ittmcn seinem Geliebten zu


gedenken. Er wird bei Abgeschiedenheit und Einsamkeit stets zu
seinem Liebsten flüchten. So wie der Fisch ins \Xlasser und das
Kind zur Mutter flüchtet.

Ich verlflsse den iVeg zwischen den !-hiwcrn und gehe zu meina
Liebsten. Es ist zu hoffen, dms ich heimlich dir gedenke, wmn ich
l'instlm bin.

Y Für denjenigen, der ein Diener ist, gibt es nlll' die Ruhe unter
dem Tuba-ßaum 18 • Für den, der liebt gibt es nocl1 mehr. Sein
Leben lang hat er für den Liebsten geschuftet und wenn er stirbt,
so wird ihm das genügen.

Y Wehe dem, der sein Leben verschwendet hat, wiihrend er sich


gegen seinen Liebsten auflehnte und sich von Ihm fernhielt!
Unter den Feinden wird man niemanden finden können, der
sich selbst mehr schadet als du dir selber.

Ein Unwissender wird den Sch,ulen, den er nicht ,wt! von seinen
Feinden erjt'ihrt, von seiner Nlljs erleiden.

Y Wenn man für die Begegnung mit Demjenigen, Den man liebt,
Vorbereitungen trifft und man am Treffpunkt nach vorne
gebracht wird, so wird sofort die frohe Ankunft angekündigt.

·18 Ein ßaurn im Paradies.


170
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Doch schickt (Gutes) fiir euch selbst voraus. Und fürchtet


Allah und wifh, daß ihr Ihm begegnen werdet. Und verkünde
den Gläubigen frohe Botschaft." [Al-Baqara:223]

r Ich schwöre bei Allah, wenn dein Freund sich von dir abwendet,
so wird dein Feind dich nicht mehr in Ruhe lassen. In so einem
Moment darfst du nicht denken, dass Sheytan dich besiegt hat!
Denke nur daran, dass Allah sich von dir abgewendet hat!

)., Hüte deine Nttjs! Wahrlich jedes Unheil, das dich trifft, ist von
ihr. überlasse deine Ndfs bloß nicht sich selbst. Ich schwöre bei
Allah, jemand der nicht geizig zu ihr ist, wird ihr nichts bieten
können. Jemand, der sie nicht erniedrigt, kann ihr nicht zur Ehre
verhelfen. Jemand, der sie nicht bricht, kann sie nicht
beherrschen und jemand, der sie nicht überanstrengt, kann ihr
keine Ruhe bieten. Auch kann ihr jemand keine Sicherheit
gewiihren, der ihr nicht zuvor Angst eingeflößt hat und sie nicht
aufatmen lassen, wenn er ihr keine Sorgen bereitet hat.

r Subhttmtlltth! W~ihrend dein Äußeres mit dem Kleid der Tttqwtt


geschmückt ist, findet sich in deinem Inneren der Behälter des
Alkohols der Begierden. Jedes Mal, wenn du dein Kleid (mit
diesem Alkohol) wiischt, verbreitet sich darunter der Wind der
Trunkenheit. Letzten Endes werden sich die Ergebenen von dir
entfernen und die Fasiqun (Frevler/Sünder) deine Begleiter
werden.
)., Während du dich in der Ecke der Dienerschaft befindest, will der
Begierdendieb zu dir kommen. Allerdings wird er von dir nicht
beachtet und wird dich nicht lassen bis du aus der Moschee
kommst.

)., Wenn du beim Bitten auf die richtige Weise bittest, wird die
Hilfe zu dir kommen.

171
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Ein Mann bat einen weißen Mann darum ihm die Liebe
beizubringen. Dieser antwortete ihm, dass die Liebe nicht
kommt, wenn man sie beigebracht bekommt.

W'enn sein Herz nicht 1m die Begegnung mit seiner Geliebten


gebunden ist...
So ist dm, wfls er 1wfiueist, (lediglich) eine Begierde

Y Die Ayat: ,,Die Gtiubigen lieben Allah." ist keine


verwundernswerte Sache. Die eigentlich erstaunliche Sache ist die
Ayat: ,,Und Allah liebt sie auch.".

Y Es ist nicht verwunderlich, wenn cm Armer und


Bemitleidenswerter einen Reichen liebt, der sich ihm erbarmt
hat. Es ist eher verwunderlich, dass ein großzügiger Reicher,
einen armen und bemitleidenswerten liebt.

Die Offenbarungen Allahs

Der Quran ist das Wort Allahs. Wahrlich Allah (t) hat darin Seine
Eigenschaften für Seine Diener offenbart. Damit die Menschen sich
ergeben, die N1ifs' zerschmettert werden, die Diener in Demut
eintauchen und der Hochmut schmilzt wie das Salz im Wasser,
offenbarte Er manchmal Seine Eigenschaften der Erhabenheit, Größe
und Herrlichkeit. Manchmal hat er darin auch Seine Eigenschaften der
Schönheit und Vollkommenheit oHcnbart. Dazu gehört auch, dass Seine
Namen frei von Miingeln und Seine Eigenschaften schön sind sowie das
Zustandekommen schöner Handlungen, die auf die Perfektion Seines
Wesens hindeuten

172
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Somit nimmt diese Liebe das Herz des Dieners ein und wird von ihr
dominiert.

Der Diener kennt fortan Seine schönen und vollkommenen


Eigenschaften und empfindet für niemand anderen als Allah eine Liebe.

Wenn jemand anderes außer Allah möchte, dass sein Herz für ihn Liebe
verspürt, so wird sich das Herz des Dieners von dieser Person abwenden
und sich so weit wie möglich von ihm entfernen. So sagt man:

„D11s, w,ts man vorn Herz will, ist, dass es sich Allah zuwendet und euch
(mzdere) vergisst. So wird sein Naturell sich von denen, die zu ihm leommen,
abwenden."

Auf diese Weise wird Seine Liebe sein Naturell anstecken. Wenn Allah
(t) Seine Eigenschaften von Gnade, Giite, Huld und Erhabenheit
offenbart, begründet dies eine starke Hoffnung bei dem Diener. Sein
Ziel wächst, sein Engagement wird stiirker. Er geht auf seinen Herrn zu
und hofft den ganzen Weg über auf Ihn. Der Diener beginnt bei jeder
Hoffnung eine Tat zu verrichten und wird nun tatkräftig. Genauso wie
es bei dem Samen ist, der in die Erde eingepflanzt wird. Wenn derjenige,
der sie einpflanzt, dies mit Hoffnung tut, wird er hinsichtlich seiner
Einpflanzung bemüht sein. Wenn seine Hoffnung nur geringfügig ist, so
wird er sich nicht bemühen und die Samen auch nicht in die Erde
pflanzen.

Wenn Allah (t) Seine Eigenschaften der Gerechtigkeit, Rache,


ßestrafung, Zerstörung und des Ausgangs offenbart, so wird die Nafsi-
Ammare des Menschen stark beeinflusst werden und die Kraft - die
Begierden, Zorn, Spiel und Spass begründet - vergehen oder schwächer
werden, genauso wie die Gier nach Verbotenem. In diesem Zustand
i.iberkommt den Menschen der Wunsch sich zu fürchten und zu
schonen.
173
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

Sollte Allah (t) Seine Eigenschaften des Hörens, Sehens und des \'(!issens
offenbaren, so würde beim Diener die Krafr der Schamhaftigkeit
auftreten.

Er würde sich davor sdüimen, dass sem Herr ihn auf eine Weise sieht
oder hört, die er nicht möchte. Oder, der Diener würde sich in seine
eigenen Tücher schweigen, damit er Allah nicht ver;irgert. Somit wiiren
die Handlungen, Worte und Wünsche des Dkners eiern Maßstab der
Shrlrifl entsprechend. Er würde nicht durch das Gesetz der Natur und der
Begierden in den Zustand der Vernachtissigung und Verwahrlosung
fallen.

Wenn Er Seine Eigenschaften, die Seine Sdbstgenügsamkeit und die


Verwaltung der Angelegenheiten c.kr Dkner betreffen, offenbart, sowie
die Tatsache, dass Er ihnen ihre Versorgung zukommen tisst, Unheil von
ihnen entzieht, Seine Freunde bewahrt und ihnen eine Hilfe zukommen
tisst, die nur ihnen gebührt, so wiirde bei dem Diener das Vertrauen auf
Allah (Tawaqqul) und die Zuwendung zu Ihm zunehmen. Die
Zufriedenheit mit Ihm und mit dem, was Er gegeben hat sowie die
Entschlossenheit das zu verrichten, was Ihn zufrieden stdlt, würden an
Stärke gewinnen. Eine weitere Bedeutung von Tawaqqul, ist, dass Allah
das Schöne für Seine Diener aussucht, damit sie sich auf Ihn berufen.

Wenn Er Seine Eigenschaften wie Ehre und Hochmut offenbart, so


würde in der Nafa des Dieners ein Bewusstsein darüber entstehen, dass er
(der Diener) vor dem Hintergrund Seiner Herrlichkeit verachtenswert
ist, vor Seiner Ehre erniedrigt ist und vor Seinem Hochmut ergeben ist.
Bei diesem Diener würde sich nun eine Zufriedenheit einstdlen, da sein
Herz und seine Organe zur Demut gelangt, sein Herz, seine Zunge und
Körperteile der Würdigkeit verfallen und sein Zorn sowie sein Ärger und
seine Gewalt verschwunden sind.

174
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn wir nun zusammenfassen wollen: Allah (t) offenbart Seinen


Dienern manchmal Seine Eigenschaften der Uluhiyytih (Einzigkeit in der
Anbetung) und manchmal Seine Eigenschaften der Rububiyyah
((Einzigkeit Allahs in Seiner Herrschaft). Demzufolge hält Er es für
notwendig, dass Seine Diener Seine Eigenschaften bezüglich der
Uluhiyyah, die Er offenbart hat, bezeugen. Dies geschieht, indem msn
Ihn liebt, sich wünscht Ihm zu begegnen, mit Ihm eine Freundschaft
aufbaut, sich darüber freut Ihm zu dienen und darin wetteifern sich Ihm
zu nähern. Der Diener bezeugt, indem er sich Ihm durch den
konstanten Gehorsam niihert, Seiner gedenkt, die Geschöpfe verlässt und
zu Ihm flieht, von Ihm Hilfe erbittet, sich für Ihn erniedrigt, sich Ihm
unterwirft und Seinetwegen Demut erlangt. Somit ist der Diener mit
alledem hinsichtlich der Uluhiyyah Zeuge der Rububiyytih und
hinsichtlich der Rububiyyah Zeuge der Uluhiyyah. Außerdem ist er Zeuge
darüber, dass Allah (j.j.) alle Gaben erschaffen und sie uns bereitgestellt
hat, Zeuge Seiner Würde bei der Vergebung, Seiner Weisheit bei dem
Schicksal sowie der Vorherbestimmung, Seiner Gaben bei Seinen
Geboten und Verboten, Seiner Würde bei Seiner Zufriedenheit und
Seinem Zorn, Seiner Fürsorge bei Seinen Offenlegungen, Seiner Gnade,
wenn Er gibt und Unabhängigkeit, wenn Er sich abwendet.

Wenn du genau über den Quran al Karim nachdenkst, ihn vor einer
Zerstörung fern hältst, dich nicht von den Ansichten der Wortführer
und den Meinungen, die die Religion unnötig erschweren, beeinflussen
liisst, so wird Allah (t), Der über Seinem Thron über den Himmeln ist,
der Alleinstehende/ der Ewige und der König, Der die Angelegenheit
Seiner Diener dreht und wendet, der gebietet und verbietet, Der
Propheten sendet und Bücher schickt, Der zufrieden und zornig ist, Der
belohnt und bestraft, Der gibt und untersagt, Der ehrt und demütigt,
Der erhebt und erniedrigt, Der über den sieben Himmeln sieht und
hört, Der das Verborgene und das Offenkundige kennt, Der macht was
Er will, Ocr alle vollkommenen Eigenschaften besitzt, Der von allen
Fehlern und Miingcln erhaben ist, Der jedes noch so große oder kleine
Atom nur mit Seiner Erlaubnis bewegen lässt, der ein fallendes Blatt nur

175
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

unter Seinem Wissen herunterfallen lässt sowie Der, bei dem


ausschließlich und allein durch Seine Erlaubnis um Fiirsprache gebeten
werden kann und der allein seinen Dienern ein Freund und ein
Ffosprecher sein kann, Zeuge werden

Die Tugend von Abu Bakr (r.a)

Als die Ahlul Akrtbrt19 Rasulullah (sas) den Treueid gabrn, befahl der
Prophet seinen Geführten die Auswanderung nach Medina
vorzunehmen. Der Stamm der Qumisch wusste, dass sich die
Anlüingerschaft des Propheten (sas) vermehrt hatte und sie ihn (sas)
beschützen wiirden. Darum fanden die Qumisch die Lösung darin eine
List anzuwenden. Nbnche unter ihnen wollten die Sllhllbtl einsperren,
andere wollte sie vertreiben. Am Ende einigten sie sich darauf: sie zu
töten. Zweifellos kam die Nachricht iiber den Brief vom Himmel. Dem
Propheten (sas) wurde befohlen sein Bett zu verlassen. Ali (rrt) verbraclne
an seiner (sas) Stelle die Nacht in seinem Bett" 0 und As-Sirldiq (ra)
begleitete den Propheten (sas) als Reisegcfahrtcn auf dem Weg. Als der
Prophet (sas) und Abu Bakr Mekka verließen, überkam Abu Bakr eine
starke Angst. Abu Brtkr ging vor dem Propheten (sas), um die Gegend
nach Feinden und Gefahren auskundschaftete. Manchmal kam es auch
vor, dass er auf seinen eigenen Wunsch hin hinter dem Propheten (sas)
ging. Auf diese Weise wollte er ihm (sas) einen weiteren Schutz bieten.
Manchmal passte er auf seine (sas) rechte und manchmal auf seine linke
Seite auf, bis sie letzrlich an der Höhle ankamen. Damit der Prophet
keinen Schaden erleidet und er ihn (sas) beschützt, ging Abu Brlkr als
erster in die Höhle hinein.

19 Hadith sahih. Ahmad-i/i456, iiberliefrn durch einen Jabir Hadith. Für die

ausführliche Überlieferung im vorkommenden Werk nachschlagen.


50 Ahmad-3251, iiberliefort durch Ilm Abbas mit einer schwachen Sanad. Fiir die

ausführliche Überlieferung im besagten Werk nachschlagen.


176
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah (t) hat einen Baum, der vorher zweifelsohne nicht dort stand, zum
ergri_inen gebracht und während dieser Baum ihnen Schatten spendete,
diente er gleichzeitig auch dazu sie vor den Blicken ihrer Feinde zu
schützen. Eine Spinne krabbelte vor den Eingang der Höhle und webte
ihr Netz direkt vor den Eingang, so dass der Eintritt in die Höhle
versperrt wurde. Die Spinne webte ihr Netz so engmaschig, dass die
Feinde des Propheten (sas) und Abu Brtkr sie durch dieses Spinnenetz
hindurch nicht mehr sehen konnten. Außerdem schickte Allah (t) zwei
Tauben. Diese Tauben bauten vor den Augen der Feinde des Propheten
(sas), welche sich auf der Suche nach ihm befanden, ihr Nest. ..

Diese Tatsache ist mit Sicherheit wunderbarer als der Kampf gegen die
feindlichen Truppen.

Als die Feinde eintrafen und über ihren Köpfen standen, konnten der
Prophet (sas) und Abu Brtkr ihre Stimmen deutlich wahrnehmen. Als
Abu Bakr die Angst packte, sagte er zu Rasulullah (sas): ,,Oh Gesandter
Allahs! Wenn einer von ihnen auf ihre Füße herunterblickt, werden sie
uns sicherlich entdecken." Der Prophet (sas) antwortet ihm daraufhin:
„Oh Abu Bahr! Was denkst du über zwei Leute, bei denen Allah der
Dritte ist?" 51 Als Rasulullah (sas) sah, dass Abu Bakrs Traurigkeit (nicht
aufgrund seiner selbst, sondern aufgrund des Propheten) sich immer
weiter zunahm, wurde sein Herz mit der Ayat: ,,Sei nicht traurig!
Gewiß, Allah ist mit uns!" [At-Taubah:40] gestärkt.

Somit wird das Geheimnis der Bestimmung, Bedeutung und Äußerung


dieser Ann/iherung deutlich. So sagte man über Abu Bakr auch: ,,Der
Freund von Rasulullah." Als Rasulullah (sas) starb, nannte man ihn „Der
Kalif des Gesandten Allahs." Als mit seinem Tod die Beziehung zum
Kalifat verschwand, sagte man über ihn „Amirul Mu 'minin ".

51ßuchari-3653 und Muslim-2381, überliefert durch Anas (ra), dieser überlieferte dies
von Abu Bakt-.
177
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Rasulullah (sas) und Abu Bilkr verbrachten drei Tage in der Höhle bevor
sie diese wieder verlid~en. Als ob uns das Schicksal sagen wollte: ,,Sie
betraten die Höhle auf eine Weise, wie sie vor ihnen noch kein anderer
betrat. Und von diesem Zeitpunkt an wird auch niemand anderes sie auf
diese Weise betreten können."

Als sie alleine ihren \'v'eg im Gebier der Bayda (zwischen Mekka und
Medina) fortsetzten, versuchte Srmtkrt Ibn 1v!ttlik sie einzuholen.
Rasulullah (sas) sandte ein Pfeil des Fluchs auf ihn (er verfluchte ihn), als
er in ihre Niihe kam. So sanken daraufhin die Vorderbeine seines Pferdes
in den Boden. Ihm wurde klar, dass er nichts gegen sie machen kann
und so händigte er die bei ihm vorhandenen Güter Rasulullah (sas), der
Schiitze besitzt und sie trotzdem nicht annimmt, aus und bot ihm sein
Proviant an. Dabei sagte derjenige (sas), den er für hungrig hielt: ,,Ich
niichtige bei meinem Herrn, Er versorgt mich. "' 2 Abu Btlkr war von
diesen Worten überwiiltigt. Er war der Zweite, der den Islam annahm
und sich nicht davor scheute seine Nafs auf diesem Weg zu opfern - der
Enthaltsame, der Freund und Khalif Außerdem starb er aus demselben
Grund wie Rasulullah (sas). Denn der Prophet (sas) starb an den Folgen
eines Giftes. 53 Abu Bakr wurde ebenso vergiftet und starb nach ihm (sas).
Uthmmz, Trtl!Jil, Zubrtir~ AbumthmrtJJ Ibn Azu/und Srt 't!, welche zu den
10 Gefahrten des Propheten (sas) gehörten, denen das Paradies (bereits
zu Lebzeiten) versprochen wurde, fanden durch ihn zum Islam. An dem
Tag, als er zum Muslim wurde, besag er 40 Tausend Dirham und
spendete die gesamte Summe fiir das, was der Islam am meisten
benötigte. Ohnehin liebte er es sehr zu spenden. Er sagte stets: ,,Hab und
Gut wird mir nichts nützen, die Besitztümer von Abu Bakr werden nur
keinen Nutzen bringen. 5·i

52 ßuchari-1965 und Muslim- I 103, iiberliefcrr durch Abu l luraira.


53 Ahmad-23933, iiberliefcrc durch Umm Mubashir. Fiir die ausführliche Überlieferung
im genannten Werk nachschlagen.
5'1 Hadith sahih. Ahmad-7446, iiberlidcrt durch Abu Huraira. Fiir die lange

Überlieferung im genannten Werk nachschlagen.


178
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifellos ist Abu Btikr (rri) vorzüglicher als jene, die aus der Familie
Pharrtos stammen und gläubig sind. Denn diese verheimlichten ihren
Glauben. Abu Ba/er dagegen stand offen für seinen Glauben ein. Zudem
ist er vorziiglicher als die Gtiubigen aus der Familie von ½isir. Denn
während deren Kamp eine Stunde anhielt, hielt der Kampf Abu Bakrs
zwei Jahre an.

Wiihrend der Vogel der Bedürfnisse hin und herflog, um die Samen der
Verausgabung (auf Allahs Weg) mitzunehmen, rief er: ,,Wer ist es denn,
der Allah ein schönes Darlehen gibt? So vermehrt Er es ihm um ein
Vielfaches." [Al-ßaqara:245]. Daraufüin gab Abu Bakr das ihm Liebste
von seinen Giitern weg, obwohl er sich selbst auf dem Bett der Armut
befand. Der Vogel kam und transportierte die Gi.iter lagenweise für den
Tag, für den sie angeh;iufr wurden. Danach stieg As-Siddiq zu den
Zweigen des Baumes und tr;illerte zu den Zweigen der Anerkennung.
Anschließend wurde folgende Ayat von den Kanzeln des Islam
vorgetragen: ,,Doch davon ferngehalten wird der Allahesfürchtigste
werden, der seinen Besitz hingibt, um sich zu läutern." [Al-Lail:17-18].
Somit berichten die Ayat und die Hadithe über seine Tugendhaftigkeit.
Die Muh1l)irun (Auswanderer) und die Ansar (Helfer) sammelten ihre
Treueide, die sie ihm gegenüber geleistet hatten. Von daher: Wehe euch
Menschen, deren Menschen Feuer fangen bei seiner Erwähnung! Wenn
über die Vorüige Abu Bakrs gesprochen wird, sind diese Worte für einige
gedemütigte und erniedrigte Leute besonders schwer zu ertragen.
Bemerkst du denn nicht, dass die ungläubigen Rafidha (Schiiten) die
Ayat „Als sie beide in der Höhle waren ... " [At-Tawba:40] von Allah
(j.j.) wohl nie gehört zu haben scheinen?

Als Abu Bakr (rri) zum Islam eingeladen wurde, zögerte er nicht einen
Moment lang und kehrte sich nicht ab. Er wurde mit Beweisen geleitet
und ist nie vom Rechten weg abgekommen oder hat sich vertan.
Bis er alt wurde (bis zu seinem Tod), zeigte er sich gegenüber jedem
Schicksalsschlag sein Leben lang geduldig.

179
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Er spendete viel und dennoch verminderte sich sein Vermögen nicht. Ich
schwöre bei Allah, immer wenn er sein Gold ausschüttete, trat Gold
bezüglich der Ayat „Als sie beide in der Höhle waren ... " [At-Tawba:40]
auf.

Wer war derjenige, der mit dem Propheten (sas) seine Jugend verbrachte?
Wer war es, der unter den Sahaba hinsichtlich des Glaubens (Iman)
führte? Wer war es der neben dem Propheten (sas) die Fragen am
schnellsten beantwortete? Wer war der erste, der mit dem Propheten
(sas) das Gebet verrichtete? Wer war der letzte, der mit dem Propheten
(sas) das Gebet verrichtete? Wer war derjenige, der, als der Prophet (sas)
starb, seinen Leichnam ins Grab legte? Versucht herauszufinden, wer der
Nachbar war, der am meisten Anrecht besitzt?

Am Tag der Ridcld (als sich die Menschen vom Islam abkehrten), erhob
sich Abu Bttkr (rtt) mit einer sehr schönen und raschen Auffassungsgabe
und legte sein hoch ausgespriigtes Verstiindnis iiber die Botschaft des
Qurans offen ...

Mir Sicherheit wird derjenige, der ihn liebt, ;iußerst erfreut sein, wenn er
gelobt wird. Derjenige, der ihn nicht liebt, wird hingegen einer sein, der
ihn anfeindet. Wenn Abu Btlkr in einer Sitzung etwiihnt wird, wird der
Rafidhi (Schiite) sich von dort entfernen. Allerdings bleibt die Frage
,,Wohin mit der Flucht?" offen.

Abu Bttkr war dem Propheten (sas) sehr oft mit seinem Besitz und seinem
Leben behilflich. Er übergab ihm (sas) sein Leben. Er verbrachte ganze
Nächte mir dem Propheten (sas) alleine. Tatsächlich besaß Abu Btlkr eine
Menge Tugenden und diese waren fern ab von jeder Abstrusitiit.

Zweifellos gingen er und der Prophet (sas) in die Höhle hinein, in der
sich niemand befand. Abu B11kr As-Sidcliq hatte große Angst davor, dass
ihnen etwas zustoßt. Die Antwort des Propheten (sas) war jedoch: ,,Oh
180
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Abu Btl!a! Was denkst du über zwei Leute bei denen Allah der Dritte
ist?"

Daraufhin überkam ihn (innere) Ruhe. Die Angst, dass sie ein Unheil
trifft, verschwand und wurde von Entspannung ersetzt. Von da an wurde
überall auf den Kanzeln von den Gebetsrufern, die die frohe Botschaft
des Sieges verkündeten, gerufen: ,,Als sie beide in der Höhle waren ... "

Bei Allah, seine Liebe bedetttete die Spitze der Toleranz. Die Dinge, über
die er sich aufregte, waren immer Dinge, die im Islam der Aufregung
bedurften. Er war der tugendhafteste unter den S11h11btl und gehörte zu
denen, die dem Propheten (sas) nahe standen. Es gibt viele Beweise
dafür, dass dies der Wahrheit entspricht.

Bei Allah, wir lieben ihn nicht für unseren Spaß. Und einem anderen
Stlhflbi stehen wir ebenso nicht feindlich gegenüber. Aber uns genügen
die folgenden Worte von Ali (rci): ,,Rasulullah (sas) war mit dir Abu Bllkr
(in Bezug auf unsere Religion) zufrieden. Wallt ihr nicht in Bezug auf
unsere Dunytl zufrieden sein\ Ich schwöre bei Allah, dass du unsere Rache
von den Rafldha (Schiiten) genommen hast. Ich schwöre bei Allah, dass
du unser wahrer Siclcliq bist. Aus diesem Grund werden wir dich stets
loben. So wie das strahlende Auge des Mondes haben wir dich als das
Strahlen unserer Augen betrachtet. Deshalb soll von nun an keiner der
ein Rafldhi ist, jemals zu uns zurückkehren."

181
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Verschiedene Weisheiten

>- Bewahre dich davor jemanden anzufeinden, der sich nach dem
Quran und der Sunnah richtet, damit du nicht die Trauer der
Enttiiuschung erlebst.

Y Halter euch von den folgenden zwei Dingen fern, die die meisten
unter den Geschöpfen vernichtet haben:

1. Vor dem, der mit Zweifeln und mit Glanz i.iberzogenen


falschen \Vorten von dem Wege Allahs ablüilt.

2. Vor dem, der der Dunya und der Gier nach Status verfallen
ist und eine übertriebene Verbundenheit damit auf~veist.

>"' Bei dem, der hinsichtlich einer Sache Kraft aufbringt, hat sich
(gewiss) Genuss dazu entwickelt. Dies bedeutet, dass hinsichtlich
der Sache Kraft aufgebracht wurde, wobei er Genuss empfindet.
Ein Mensch, bei dem der Genuss durch Wut entsteht, legt genau
genommen offen, dass er seme Wut dafür nutzt.
Bei demjenigen, bei dem der Genuss durch Essen und Trinken
entsteht, ist der Genuss an die Nutzung seiner Kraft bei diesen
beiden Dingen gebunden.
Bei demjenigen, bei dem der Genuss durch Wissen und Talente
entsteht, ist der Genuss an die Nutzung seiner Kraft des \Vissens,
welches bei solchen Dingen verwendet wird, gebunden.
Ein Mensch bei dem der Genuss durch die Pflege seiner Liebe zu
Allah, die Niihe zu Ihm, die Bindung des Herzens an Ihn, die
Begeisterung Ihm gegenüber und die Freundschaft zu ihm,
entsteht, dessen Genuss und Gaben sind an die Nutzung seiner
Kraft bezüglich dieser Dinge gebunden. Alle anderen Genüsse
sind vergfoglich.
Letztlich ist der Lobenswerte bei dieser Sache derjenige, der bei
l

182
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

den zu erst aufgeführten Schlussfolgerungen dem Gegenteil


entspricht.

Dinge, aus denen man eine Lehre ziehen sollte und ·


Erinnerungen

Y Wehe dem Waffenlosen! Bewahre dich vor deinem


zurückscheuenden Verstand.
Denn Er sieht auch die verborgenen Taten hinter den
Vorhängen: ,,Bewahrt euch vor der Verständnisweise der
Gtiubigen. " 55

Y Subhrtnttlfah! In der Ntljs eines Menschen kann man den


Hochmut von Ibfis, den Neid von Kabif, die Arroganz von Ad,
die Rebellion von Thmnud, die Kühnheit von Nmnrut, die
übertriebene Gier nach Status von Phartto, die Zügellosigkeit von
Kttrun, das Überschreiten des Maßes von Hanumz, die Hingabe
zu Begierden von Befam, die Hinterlistigkeit von den Sttbt
(Samstags)-Geföhrten, die Revolte von \,Valid Ibn Mugh1lirA und
die Unwissenheit von Abu Jahil finden. Außerdem findet man
auch einige besondere Eigenschaften der Tiere in der Nafs des
Menschen wieder. Die Habgier des Raben, der Appetit des
Hundes, die Widerspenstigkeit der Echse, die Gehässigkeit des
Kamels, der schlechte Tatendrang des Leoparden, die Wildheit
des Löwen, die Si.indhafi:igkeit der Maus, die Gefährlichkeit der
Schlange, die absurden Verhaltensweisen des Affen, das
Sammelverhalten' der Ameisen, die Hinterlistigkeit des Fuchses,
die Lautlosigkeit des Schmetterlings und das Schlafverhalten der
Hyfoe ....
Jedoch sollte man wissen, dass diese Eigenschaften auch wieder

Thirmidhi-3127, überliefert durch Abu Said al-Khudri. Thirmidhi sagte über diese
55

Überlieferung: ,,Ein seltsamer Hadith".


183
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

verschwinden, wenn man gegen sie vorgeht.


Wer auch immer diese Eigenschaften bei sich findet, ist mit
ihnen und der Handel, den er eingegangen ist: ,,Allah hat von
den Gläubigen ihre eigene Person und ihren Besitz dafür
erkauft, dag ihnen der (Paradies)gartcn gehört" [At-Tawba: 111]
und der Lohn sind somit verschwunden.
Der Mensch kann nur mit dem Werkzeug des Glaubens diesen
Handel dtigen und den Vertrag vervollstfodigen. In das Gebiet
jener, die bereuen und zu Allah zuri.ickkduen, geht er (folglich)
nur in einer erzogenen Weise hinein.

Y Überreiche die Ware dem Kunden noch bevor es in deiner Hand


verdirbt, anderenfalls wird er es nicht kaufen. Ohne Zweifel
merkt der Kunde, bevor er die Ware kauft, dass diese l'vl:ingd
aufweist. So gebe es ihm und du wirst - weil du es
zurückgegeben hast - Sicherheit und Ruhe finden.

Y Der Wert einer Sache zeigt sich durch den \'v'ert des Kunden,
durch den Preis, der dafür bezahlt wird und den Verbufer.
Demzufolge ist eine Sache besonders teuer, wenn der Kunde
wertvoll, der Preis hoch und der Verk;iufcr eine geachtete Person
ist.

Wehe dem, der seine Ntljs fiir einen geringen iVert verkrwft! \Vt:nn du
dtls Verkrrnfte noch vor seiner Zeit zuriickgibst, wirst du nichts ft!sch
milchen.
iVehe dir, bei de,n keine Sorgen vorzufznden sincl, der die Schönheit des
Lebens ,nit der elendigen V(le/mwt des Lebens verkrwft.
Ohne Zweifel beßndest du dich im Verlust!
Bei Al!tth, du bist besonders wehmiitig geworden.
Am Ttlg des Tctghrtbun 56 wirst du wirklich jtimmerlich sein und warten.
Du wirst grtnz und gar in eine sorgenvolle lebensnrtivitiit eintreten.
V0thrlich, vor dir beßndet sich die Hllftestclle des wahren Ankunftsortes.

56 (Der Tag der Abrechnung, an dem die Kuffar sich t:iuschen werden-Murerjim)
184
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dies beinhaltet lteinerlei Lüge.


\,'(/ehe dir! Der in der Dunhelheit der Nttcht Holz smnmelt!
In der Annahme es sei weich und passend, zogst du dir (damit) Unheil
hemn,
Und hofftest aufHeilung durch das, was eigentlich Kranhheit darstellt.
Hmt du denn jemals erlebt, dass rws dem Unheil Gutes hervorhommt!?
Vv'ehe dir, der drts Hässliche mit Schönheit lachiert, sich von den Spuren
der Hässlichheit reinigt, sich selbst betrügt!
Wehe denjenigen, die ihren Verstand nicht nutzen und ihre Nafi
verschwenden!
Wenn du den Wert deines Lebens hennen würdest, so hättest du es nicht
verschwendet.
Die Jugend rdtert. Deine Jugend ist nun am Ende angekommen.
lv!it Sicherheit ging deine Zeit zwischen Spiel und Vergnügen verloren.
Nun ist die Zeit gelwmmen und aufdich aufgeprallt, dass die Sonne
deines Lebens untergeht.
Der Sch11tten vom östlichen Horizont ist noch nicht verloren gegangen.
Gerettet ist derjenige, der mit Entschlossenheit die Dunhelheiten der
Nacht und der Wolken bezwingt und geht.
So viele Genertttionen kamen und gingen. Die Welten harnen und sie
gingen.
Als du es wolltest, genügten dir die Propheten deines Herrn vollhommen.
Die sich im lande bejlnden, zweifellos wegen der Pflege der
Dttrzhsagungen, die der Liebe zugetragen werden, kamen und gingen.
Hierbei gibt es heine Tiiuschung,
lege dein Gesicht ttufdie Erde
und teste mal dessen Geschmach!
Berichte über das, wrls jene, die seit langen Jahren mit den Worten der
Sehnsucht, erzählen.
f emand, der aufder Toten/ade liegt, ein enges Leben hatte und nun ctls
Leiche (auf den Schultern) umhergeht, ist besser als die Toten/ade, auf
der du deiner Zerstörung begegnen wirst.
Die f!erbergen traten hervor, so dass es nun möglich wctr, von wo aus
man wollte, zu den Wasserstellen zu gelangen.
f edoch wirst du sie nicht erreichen.
185
Al-Fawaid von Shdkh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

Der Zustttz, der clrts \Vort verschiinert, ist sogtlr besser rt!s cler Ruin deiner
Totcn!lltfe.
Jedes lv!rtl, wenn du diese Totenllldc rt!s erhtlben bctrflchtest, werden sich
die V<7rtsserwünsche cler Liebe cl1m11ch sehnen.
\Vo Leidenschaft dieser Person mit den versprochenen Rrttsch!iigen Leben
schenkt, wird sie lediglich rt!s Heilung clcm Herzen eine Einladung
geben, clie es nicht rlllnehmen wird

Eben ...
Aufdem Erdhot!cn beßnulen sich viele Herbogen.
Und als die Zeit verging, trug sie ihre Güter in die Ferne.
\Viihrend rt!l dds, ll}{/S sich im Zelt befrmcl, sich zu ihrer Liebe
cwsbreitcte, beruhigte dich dies, jedoch gi11gst du in clie Feme.
In den Dunke!heiten der Ntlcht gingst du nicht hinrws um Holz zu
smnrneln, sondern liefst ,nit deinem schiincn Duft immer weiter um
deinen Weg zu ßnden.
Sei nicht mit den Feiglingen und clen Unjr'ihigcn zw11mmcn!
Bemühe dich mit deiner Nafi, clamit Er dich nicht in einem Zwtmzd der
Zerstiimng vo,flw!et;
lvfrtch tlll eiern Tag, rm eiern sich uwwfhiirlich Jvfcnschen mit Licht
treffen,
ein Licht ßir deine Nllfi, mit clcm du selber feuchten wirst.
\Venn mein schlechter Zustrmd und meine G'edu!cl meine
Barmherzigkeit heniitigm
uwl ,nein Kiirpcr dem Geiz seine Tiir äff11ct,
so !Jttbe ich meiner Seele vergeben und keine Vergütung crwrtrtet.
Ich erzVtlrtc lediglich ihre Zustimmrmg.
Oh du meine Armut, welche sich nr1ch clcr Vergütung sehnt.

XXX

Ich weine tagsüber mit cler Liebe.


Nachts dagegen ruft mich rneinc Begierde, cler ich n{lchgehe.

X)(X
186
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

\-Venn ttus der Liebe etwas entsteht, das nicht nötig ist, so entsteht eine
Liebe, die nicht schöner als Un.fiihigkeit ist.

XXX

\-Verzn ich iiberstiirzt auf ein Leben zulttiife,


so wird mir eines der Dinge, in dem ich mich befinde, genügen.
Aber ich !tuife aufden Besitz zu, welches ewig ist.
\-Venn ich ohne !rntm gehe und Ihm nicht begegnen kann, eben dann
werde ich zerstört sein!

}.- Oh Du, der bei seiner Arbeit geschickt ist! Hast du den Wert
deines Ntifs erkannt? Das Universum wurde zweifellos für die
Nrljs erschaffen.

Y Wehe dir, der du doch durch den guten Erdziegel verpflegt


wurdest und mit huldigen !-fänden gedreht und gewendet wirst!
Wenn alles ein Baum ist, dann bist du die Frucht. Du bist die
Bedeutung, die Hülle der Perle und die Perle selbst, das Wasser
und ihr Öl.

Y Was Wir aussuchten und verteilten, ist reichlich offen für dich
gelegt. Jedoch ist deine Aufbereitung dieser Sachen sehr schwach
geworden.

Y Wann immer Du mich willst, so verlange nach Mir. Verlange


nach mir. So wirst du Mich ganz nah bei dir flnden. Verlange
keinen außer Mir! Denn Ich bin dir näher als alles andere.

>-' Wenn du von Uns den Wert deiner Nafs erfahren hättest, so
wärst du nicht mit dem Wiederholten Begehen der Sünden
nicdertr'.ichtig geworden. Iblis wurde von Uns entfernt, weil er

187
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sich nicht vor dir niedergeworfen 57 hat. Du dagegen stammst von


Adam ab. Wie verwunderlich! Kann man jemals ein
rechtschaffener Mensch werden, in dem man Uns verliisst?!
Wenn in deinem HerLen Liebe gewesen wiire, so h:itten sich seine
(der Liebe) Spuren auf dein Wesen widergespiegelt.

Als ich 1neine Liebe gestrtncl, sagte sie zu mir: ,,Du liigst, den!.:st du ich
sehe das nicht, deine Körperglieder zeigen dies nicht!"

>-- Wenn das Herz mit Liebe erniihrt ist, so werden von ihm die
Rufe der Begierden weichen.

>" Wenn deine Liebe wahrhaftig geworden ist, so werden dir


diejenigen, welche sich an dich nicht als Geliebten erinnern,
fremd werden. Wie verwunderlich ist doch derjenige, der seine
Liebe gesteht, aber jemandem bedarf: der ihn an seine Geliebte
erinnert! Er erinnert sich nicht an seine Geliebte, sondern sucht
die ganze Zeit nach demjenigen, der ihn an sie erinnert. Das, was
es in der Liebe am wenigsten gibt, ist, dass man nur dann Seiner
Geliebten gedenkt, wenn man an sie erinnert wird.

Ich hilbe Dir gedrtcht und mich rtn dich erinnert um/ Dich nichtßir
einen lvfornent vergessen. Drts einfrtchste dttrttn mich zu erinnern Wttr,
drlss ich Dir mit meiner Zunge
gedtlcht httbe.

).- Wenn ein Liebender sich auf den \'{leg macht um seim:r
Geliebten zu begegnen, so steigen Seine Soldaten mit ihm
gemeinsam auf das Reitgefahrt. SchliefWch ist die Liebe vor den
Soldaten, die Hoffnung auf den Reittieren, die sie einander niiher
bringen, die Eifer in der Führung der Reittiere und Angst in dem
Weg, den sie beschreiten. Wenn sie dann nun zur Ehre gelangen

57 (nicht als Symbol <ler Anbetung, sondern als Begriifü111g)


188
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

die Stadt erreicht zu haben, so tritt der Liebende vor seine


Geliebte, um ihr zu begegnen.

Komm und sei die Jvledizin für die Krankheit dieses Körpers,
welches du zerstört hast.
Kiihle du dieses Herz, welches sich ergeben hat und im Feuer brennt.
Vertmu mir nicht mit meiner schwachen Geduld, wiihrend du dich im
fernen Lrmd befindest.
Du weißt doch wie es um meine Geduld steht?!
Jvlein Herz wurde mm einmal betroffen.
Wegen der Begegnung mit Dir,
hrthe ich ihn (mein Herz) mit Eile geschickt.
Die W''ii,nsche dagegen wttren bereits nach vorne getreten.

)., Als er zu seiner Geliebten hineinging, umgab ihn das Gefühl, sie
mit einem Kleid auf die Probe zu stellen. Damit er sie prüfen
kann, gab er ihr das Kleid zt1m Anziehen. Wallte er damit den
Genuss (des Anblickes) erreichen oder die Komplimente des
Kleides Willen, dass er ihr zum Anziehen gab, erproben?

Y Sie haben das Herz nur mit den Gi.itern, welches Könige
erhalcen, gefüllt. Als der Wind der Dämmerung wehte, traten
dies Güter zum Vorschein ...
So wurde die Morgenröte (Fajr) geboren, während er sich am
Hafen befand!

)., Sie überschritten mit entschlossenen Schritten die Wüste der


Begierden. Es lag nur noch ein kurzes Stück vor ihnen und sie
hatten ihre Reise beendet. Auf dem Weg erreichte sie die
Gemüdichkeit und sie gelangten am Ende an ihr Zielort und
erreichten den ewigen Lohn.

y Das Volk hat ihre Herzen vor den Dingen, die sie unnong
ablenken, gereinigt und dort die Zelce der Liebe aufgeschlagen.

189
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dort siedelten sie ihre Augen an; Einige sind am Wache halten
und andere am umhergehen.

Y Das Zelt der Liebe kann nur auf einer leeren Ebene
aufgeschlagen werden.

Reinige dein Herz vor tlnderen Dingen rtz~ß'cr Uns, sei nur mit Uns.
Unsere Brust ist fi'irjeden, der sich reinigt, offen.
Geduldig zu sein ist (wie) ein Talisnwn fi'ir den Schfltz des Zieles bei
Uns.
W'er ttttch irnmer sich von (den rtnderen) Titlismrmm beßeit, wird seinen
Schatz erreichen.

),;, Kenne den Wert der Dinge, die verg:inglich sind!


Weine so wie jemand, der sie verpasst hat.

Y Wenn du dir über die N:ihe von Liebenden Gedanken gemacht


h:ittest, so h:ittest du getrauert, weil du davon weit entfernt bist.

Y Wenn du die D:immerungswinde h:ittest zerstreuen können, so


hättest du dein schlaftrunkenes Herz übenrumpfr.

>- Wer auch immer den Weg als weit entfernt betrachtet, dessen
Voranschreiten wird sich erschweren.

Wenn du „Der W'eg zwischen uns ist zu weit" oder „ Unsere Begegnung
ist noch weit entfernt" srtgen solltest, so hmt du nicht (wirklich) vermisst.

Y Weißt du denn nicht, dass ein wahrhaftiger Mensch, der sich


eine Sache vornimmt, seine Entschlossenheit ganz weit
voranstellt.

Y \'Venn der Monat des August ins Herz gelangt ist, löst er die
Augen des Monats Mai ab.

190
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Wenn die Wiichter erfahren, dass ihre Stimmen bis zu den


Ohren des Königs vorgedrungen sind, finden sie keinen Schlaf
mehr.

'r Für wen auch immer der Zustand der Alehirtt leuchtend
vorkommt, für den liegt die Trennung von der Dunya nahe.

y Wenn die Beute für den Sperber ersichtlich wird, vergisst er, dass
er sie mit seinen Krallen zerstören wird.

'r Oh Ihr Miinnern der Geduld! Seit weiterhin geduldig, wahrlich


es ist nur noch wenig Zeit fabrig.

'y Stell dir den Geschmack der Zusammenkunft vor!


So wird dir die Bitterkeit des Kampfes leicht erscheinen.

';,, Das Herz hat erfahren wo sich die Herberge befindet. Deshalb
habe ich Grenzen aufgestellt, welche sie zum Guten leiten.

';,, Die wertvollste Bestrebung ist die Basis für die Begegnung mit
dern Geliebten vorzubereiten und bevor man sich begegnet,
Vorbereitungen für die Zukunft zu treffen.
Wenn man so vorgeht, wird einem bereits vor der Ankunft die
frohe Botschaft zuteil: ,,Doch schickt (Gutes) für euch selbst
voraus." [Al-Baqara:223]

'y Bei Allah, es gibt nicht sfaßeres als mit den Schritten des
Gehorsam die Erde der Sehnsucht zu beschreiten.

'r Wenn das Volk die N afs in die I-fönde seiner Erzieher übergibt,
werden diese ihm - entgegen der Natur - die Anpassung
beibringen. So werden sie gemeinsam mit dem Gehorsam

191
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

geradlinig werden und sich damit drehen und wenden, wie sie
möchten.

Und ich ... V0rhrend die Hiilse der Reittiere zusrm1menstoßen,


und derjenige, der ihren \\1/tg rthprtsste,
die Kiilher ,rnfeine prtssende \\1/eise zuriic/.: brrtchte...
Wiihrend dessen heßmd ich mich zwischen zwei Gemiitlichkeiten
und ging (lttfder \\1/iese umher.
Ich blickte durch die Gegend,
wiihrend ich meinen /vfund und meine Nrtse zugedeckt hielt
und mich ausruhte.

>- Wenn du deinen Hund erziehst, wird dieser aufgrund seines


Respekts gegenüber dem, was du ihm gibst und seiner Furcht vor
deiner Peitsche, seine Begierden bremsen, das l'viaß nicht
überspannen und dich akzeptieren. Du dagegen hast einfach
nicht akzeptiert, obwohl dir so viele Lehrer, so vieles beigebracht
haben.

>- Die Beute einer unwissenden Person wird nicht gegcssen 58. \'('ie
steht es dann bezüglich eines Unwissenden, der seine Taten den
Begierden seiner Nafa entsprechend begangen hat?!

>"' Zweifellos sind bei dir der V erstand des Engels, die Begierden des
Tieres und die Gelüste von !blis zusammengekommen. So wirst
du nur an Wert gewinnen, wenn du bei diesen drei Dingen
immer mehr die Oberhand gewinnst. Wenn du deine Begierden
und deine Gelüste besiegst, wirst du auf die Stufe der Engel

58 ßuchari-5/i78 und Muslim-! 930, iilierlidcrt von Abu Salab al-Hashani. Dieser sagte:
„Oh Gesandter Allah's! ... Er sagte: ,,Wenn du mir deinem erzogenen Hund auf die Jagd
gehst und dabei den Namen Allah' s gedenkst, w esse von dem fleisch, dass er euch als
Beute gefangen hat.") und esse von dem, was er für seinen eigenen Nafs gefangen hat.
(ßuchari-5/i76 und Muslim-! 929, überliefen durch Adiy Ilm Harem.)
192
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

aufateigen. Wenn die Begierden und Geli.iste dich besiegen, so


wirst du auf die Stufe eines Hundes fallen.

Y Wenn der Hund fi.ir sein Herrchen auf die Jagd geht, so wird die
Beute für sein Herrchen erlaubt sein! Wenn er jedoch für seine
eigene Nafs auf die Jagd geht, so wird sein Herrchen von der
Beute entbehrt sein.
';,, Die Eigenschaften des Guten und des Bösen, die bei dem Diener
vorzufinden sind, für die er gelobt und getadelt wird, dessen
Ursprung ist zweifellos bei Allah (t). Er ist es, Der die zwei
Eigenschaften gibt und nimmt und je nach Notwendigkeit Seine
Diener dreht und wendet. Wenn der Diener Allah im Wissen
über diese zwei Eigenschaften dient, so wird er Allah danken,
wenn Er ihm gibt und sich damit zufrieden gibt, wenn Er
nimmt. Er ist der erhabene Erschaffer, Der dem Diener gibt,
damit er Ihm dankt und ihm nimmt, damit er sich über seine
Armut (gegenüber Ihm) bewusst wird. Demzufolge zählt es zu
Seinen Eigenschaften, wenn er dem Dankbaren gibt und dem
Armen nimmt.

193
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Kafir ist derjenige, der dem Sheytan gegen seinen


Herrn hilft

Allah, der Erhabene, sagt:

,,Und der Ungläubige leistet stets Beistand gegen semen Herrn."


[Al-Furqan:5 5]

Die Bedeutung dieser Ayat ist am erhabensten unter den Aussagen des
Quran und die ehrenvollste umer den Bedeutungen.

Ein Diener, der ein Jvfo 'min ist, ist sowohl gegen seine Nafs, seinen
Sheytmz und seine Gelüste als auch gegen die Feinde seines Herrn,
jederzeit mit Allah (t) zusammen. Genau dies versteht man unter einem
Anhiinger Allahs, seinem Herrn und Vormund.

Ein Diener mit Inwn ist zudem gegen seine inneren und :iuEeren Feinde
mit seinem Herrn zusammen. Er kfünpfr für Allah gegen dkse,
betrachtet sie als Feinde und fcindet sie ebenso an. Genauso wie
auserw:ihlte Leute mit dem König zusammen gegen dessen Feinde
kämpfen, von seinen Feinden weit entfernt sind, auf sie verzichten und
sie nicht als wichtig erachten.

Der Kaßr dagegen fügt sich seinem Sheytrlll, seiner Nrifs und seinen
Gelüsten und verltisst seinen Herrn. Es gibt eine Menge Überlieferungen
der S1t!1tfrts Srt!ih 5'J über dieses Thema;

59 (ehrwiirdigen, rechtschtlj}enen Vmßthren)


194

--
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Nrtch Ibn Abu Htttim wird von Ata Ibn Dinttr, dem von Said Ibn jubeyr
überliefert wurde, gesagt: ,,Sich gegen seinen Schöpfer zu stellen und
dem Sheyttm ein Helfer zu sein, kommt durch die Feindschaft zu Allah
und Shirk zustande."

Lttyth sagt, dass nach einer Überlieferung von Mujtthid dieser sagte: ,,In
dem eine Person sich gegen Allah auflehnt, hilft er dem Sheytan. Denn
dadurch, dass er ihn best'.irkt, hat er ihm auch geholfen."

Zayd Ibn Aslttrn sagte, dass mit dem in der Ayat vorkommenden Wort
,,ztthir" ,,Freund sein, unterstützen" gemeint ist. Somit wird deutlich,
dass, wenn der Diener Allah als Feind sieht, sich auflehnt und Shirk
begeht, er ein Helfer und Freund von Sheytan ist und dass, wenn er
Allah (j.j.) ein Feind ist, er dem Sheytttn ein Helfer ist. So wird er der
Feindschaft seines Herrn ausgesetzt sein.

Es kann sein, dass die besondere Beziehung des Gläubigen mit seinem
Herrn wie die Beziehung und die Nähe des Ungläubigen und des
Unterdrückers mit Sheytttrz, seinen Gelüsten und seiner Nafs ist. Aus
diesem Grund heißt es ja auch in der folgenden Ayat:

,,Aber sie dienen anstatt Allahs, was ihnen weder nützt noch schadet."
[Al-Furqan:55 J

Somit lautet das eigentliche Thema die Dienerschaft; Es bedeutet


bezüglich der Angebeteten sich gegenseitig ein Freund zu sein, sich zu
lieben und miteinander zufrieden zu sein. Es ist das Gegenteil von der
Bedeutung Allah (j.j.) als Vormund zu haben. Denn Allah (t) ist mit
seinem bevormundeten Diener sowohl gegen dessen Nt,fi, Sheyttm, als
auch gegen seine Gelüste mit ihm zusammen. Zweifellos ist diese

195
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Bedeutung ein Schatz aus den Schiitzen des Qrmm für denjenigen, der
sich erinnert, nachdenkt und versteht. Der Erfolg kommt von Allah.

Wenn diejenigen, die glauben an die Ayat ihres I-lerrn


erinnert werden

Allah (t) sagt:

„Und diejenigen, die, wenn sie mit den Zeichen ihres Herrn ermahnt
werden, ihnen gegenüber nicht taub und blind niederfallen." [Al-
Furqan:73]

Mutaqil sagt: ,,Sie erhalten vollste Gewissheit ( Yitqin) und werden nicht
taub und blind sein, aufgrund dessen, dass sie sich vom Quran ermahnen
lassen. Sie hören, sehen und gelangen zum Yitqin."

Ibn Abbas sagt: ,,Sie können gegenüber den Ayaat von Allah nicht blind
und taub sein. Sie sehen und hören die Ayaat, in dem sie sich fürchten
und zur Demut gelangen."

Ktdbi dagegen sagt: ,,Sie verstehen die Ayaat von Allah, in dem sie diese
hören und sehen und beharren auf exakte Weise darauf:''

Ferra jedoch sagt: ,,Wenn denjenigen, die Iman haben, der Quran
vorgetragen wird, bleiben sie nicht wie Leute sitzen, welche noch nie
etwas davon gehört haben (sie hören sofort hin). Sich dem Quran
zuzuwenden, bedeutet genau dies. Ich hörte die Araber sagen: ,,Qcwrla

196
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

yashturnuni ". Dass sie dieses sagen, ist, als ob du sagst: ,, Q_arna
ymhtumuni" und „Aqbttl11 yashtumuni''6°

Demzufolge ist die Bedeutung, so wie sie zitiert wird: ,,Wenn die Ayaat
von Allah vorgetragen wird, wagen sie es nicht blind und raub zu sein
und sie beharren nicht."

Z1tjj1tj sagt: ,,Wenn ihnen Ayaat vorgetragen werden, dann wenden sie
sich zur Niede1werfung und weinen so wie es ihnen anbefohlen wurde.
Sie hören dem zu und sehen sie."

Ibn Q_uütyba sagt: ,,Sie werden den Ayaat Allahs gegenüber nicht
unachtsam. Sie werden also nicht wie die Blinden werden, die sie nicht
sehen und die Tauben, die sie nicht hören."

Und ich sage, dass man dieser Ayat zwei Bedeutungen entnehmen kann:

1. Sich den Ayaat im Quran zuzuwenden.

2. Sich niemand anderem auger Ihm zuzuwenden.

Also entweder die Zuwendung des Herzens Zu Ihm oder die


Zuwendung des Körpers zu Ihm durch eine Niederwerfung. Oder die
Bedeutung lautet folgendermagen: ,,Die Mu 'minun wenden sich nicht
blind und taub ab. Sie wenden sich auf jeden Fall entweder mit einem
demütigen Herzen oder einem sich niederwerfenden Körper."

60 (Hier zitierte er dies um zu verdeutlichen, dass „Qllde" (blieb sitzen) und die Tat
,,Aqb1t!tl" (richtete sich danach) bedeutet. -Muterjim-).

197
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Oder hier ist mit ,,/mrur" nicht „sich zuwenden", sondern „kuut!" - ,,das
sitzen bleiben" gemeint.

Die Wcwrheit über die Sünden

Die Urspri.inge der Sünden sind, egal ob grofk oder klein, jeweils drei:

1. Das sich das Herz an jemand anderen als Allah bindet.

2. Die Befolgung der Kraft des Zorns.

3. Die Befolgung der Kraft der Begierden.

In der Tat sind diese der Reihenfolge nach Shirk, Unterdrückung und
Schamlosigkeit. Zweifellos ist es Shirk, wenn man sich jemand anderen
zum !!rth (Allah) nimmt und sein Herz an jemand anderen als Allah
bindet. Ein Beispiel dafür die Kraft des Zornes zu aktivieren und ihr
Folge zu leisten (zu gehorchen) ist, einen unschuldigen Menschen. Ein
Beispiel dafür die Kraft der Begierden zu aktivieren und ihr Folge zu
leisten ist, Unzucht zu begehen.

Aus diesem Grund sammelt Allah, Azzr1 ll!rl Jrt!!, diese Dinge
zusammengefasst in folgender Ayat und sagt:

„Und diejenigen, die neben Allah keinen anderen Allah anrufen und
nicht die Seele töten, die Allah (zu töten) verboten hat, auger aus einem
rechtmäfügen Grund, und die keine Unzucht begehen. - Wer das tut,
hat die Folge der Sünde zu erleiden;" [Al-Furqan:68]

198
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Diese drei Eigenschaften laden sich gegenseitig ein, bauen aufeinander


auf. Beispielsweise ruft der Shirk sowohl zur Unterdri.ickung als auch zur
Schamlosigkeit auf. Genauso wie der Tauhid und der Ikhlas, seinen
Besitzer, von diesen zwei Eigenschaften entfernen und fern halten.
Allah (t) sagt:

„Dies (geschah), damit Wir das Böse und das Schändliche von ihm
abwendeten. Er gehört ja zu Unseren auserlesenen Dienern."
[Yusuf:24]

Das in der Ayat vorkommende Wort „Böse" ist das Ziel der Liebe und
das ebenso darin vorkommende Wort „Schändliche" ist die Zimt.
Genauso ruft die Unterdrückung sowohl zum Shir/, als auch zum
Schlindlichen auf. Denn der Shirk ist die größte Unterdrückung, genauso
wie der Tttuhid das gerechteste Benehmen ist. Die Gerechtigkeit ist der
Freund des Tauhicls und der Shirk der Freund der Unterdrückung. Diese
zwei Eille hat Allah (t) in den nun folgenden Ayat gemeinsam
aufgeführt. Kommen wir nun zur ersten Ayat. In dieser sagt Er:

„Allah bezeugt, daß es keinen Allah gibt außer Ihm; und (ebenso
bezeugen) die Engel und diejenigen, die Wissen besitzen; der Wahrer
der Gerechtigkeit. Es gibt keinen Allah außer Ihm, dem Allmächtigen
und Allweisen." [A'li-Imran: 18]

Wenn wir nun zum zweiten Fall kommen, so lautet die Ayat in diesem
Fall:
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,denn Götzendienst ist fürwahr ein gewaltiges Unrecht." [Luqman: 13]

Die Schamlosigkeit ruft eine Person gleichermaßen zum Shirk und zur
Unterdrückung auf. Insbesondere, wenn sein Wille stärker wird. Das
Abscheuliche (auch sexueller Natur) ist ein Teil der Unterdrückung und
kann zum Vorschein kommen, indem man sich durch Magie (Sithir) der
Hilfe des Sheytrtns bedient. Allah (t) erkliirt die Ziwt und den Shirk auf
folgende Weise:

„Ein Unzuchttreiber heiratet keine andere als eine Frau, die Unzucht
begeht oder eine Götzendienerin. Und eine Unzuchttreiberin heiratet
kein anderer als ein Mann, der Unzucht begeht oder ein Götzendiener.
Den Gtiubigen ist dies verboten." [An-Nur:3 J

So wird nun deutlich, dass diese drei Eigenschaften sich gegensemg


beeinflussen und sich gegenseitig Befehle geben können. Demzufolge
bedeutet dies, dass, wiihrcnd der 7iwhid im Herzen besonders schwach
und der Shirk größer geworden ist, die Abscheulichkeiten sich vermehrt
haben, sich in Gesichtern festgesetzt haben und daraus die unislamische
Liebe hervorgekommen ist.

In diesem Falle lautet die Ayat:

„Was immer euch gegeben worden ist, ist Nieffürauch des diesseitigen
Lebens. Was aber bei Allah ist, ist besser und bestfü1diger für

200
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

diejenigen, die glauben und sich auf ihren Herrn verlassen, und
diejenigen, die schwerwiegende Sünden und Abscheulichkeiten meiden
und, wenn sie zornig sind, (doch) vergeben," [Shura:36-37]

Mit dieser Ayat gibt Er jenen, die glauben und auf Ihn vertrauen, kund,
dass das, was bei Ihm ist, besser ist. Zweifellos ist dies der T1whicl.
Danach befiehlt Er: ,,Die Gläubigen bewahren sich vor großen Sünden
und dem Begehen von Schamlosigkeit." Dies zeigt uns, dass sie sich vor
den Dingen bewahren, die zu den Kr~iften der Begierden rufen. Danach
sagt Er folgendes: ,,wenn sie zornig sind, (doch) vergeben". Gewiss
bedeutet dies das Gegenteil von der Kraft des Zorns.
Somit sammelt der 7iwhid, der die Gesamtheit des Guten bedeutet, die
Ehre und die Gerechtigkeit zusammen.

Die Art und Weisen vor dem Quran zu fliehen und


sich von ihm fern zu halten

Es gibt einige Methoden vor dem Quran zu fliehen:

1. Davor zu fliehen ihn zu hören, an ihn zu glauben und sich nach


ihm zu richten.

2. Davor zu fliehen mit danach zu handeln. Davor zu fliehen auf


flarrtm und Httlrd zu achten, auch wenn er den Quran liest und
behauptet an ihn zu glauben.

3. In religiösen und anderen Angelegenheiten davor zu fliehen mit


dem Quran zu herrschen und zu richten. Daran zu glauben, dass
er nicht absolute Gültigkeit besitzt und zu sagen, dass die
Beweise darin wörtlich zu verstehen sind und kein Wissen
darstellen.
201
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

4. Davor zu fliehen über den Quran nachwdenken/ihn iu


reflektieren, ihn zu verstehen, durch ihn zu sprechen und vor der
Geschicklichkeit desjenigen zu fliehen, der versucht ihn (selbst)
zu verstehen.

5. Davor zu fliehen die Behandlung und die Shijit (Heilung) durch


den Quran bei Herzens- und anderen Arten von Krankheiten in
Anspruch zu nehmen und stattdessen von jemand anderem Shiß1
für seine Krankheit zu wünschen/fordern.

Zweifellos fallen all die zitierten Dinge, ganz unabhiingig davon, welches
unter ihnen am gefahrlichstcn ist, in den Gültigkeitsbereich der
folgenden Ayat:

„Und der Gesandte sagt: ,,0 mein Herr, mein Volk mied diesen
Qur' än unter Miffochtung." [Al-Furqan:30]

Gleichermagen füllt auch die Distanz des Menschen zum Quran, die er
in seinem Herzen pflegt, darunter. So kommt es vor, dass sich manchmal
eine Person von einer Sache entfernt, über die der Quran berichtet.
Manchmal entfernt er sich davon, weil es ein wahrhafriges Buch von der
Sphiire des Herrn ist. Manchmal hiilt er sich von einer Person fern, die
durch den Quran spricht oder entfernt sich von allen möglichen
Menschen, die den Quran rezitieren und davon, was sie sprechen.
Manchmal wirft er das Thema auf, ob der Quran alleine ausreichend ist
oder nicht. Beispielsweise behauptet er, dass der Quran alleine den
Dienern nicht genügt. Er behauptet sogar, dass die Schöpfung neben
dem Quran zusätzlich noch auf den Intellekt, den Vergleich, die
verschiedenen Ansichten und die Politik angewiesen ist. Jvlanclunal
entfernt er sich auch davon, dass der Quran ein Beweismittel ist. Er
202
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

entfernt sich sogar von den Dingen, welche der Quran anspricht und von
den (leicht) verständlichen Wahrheiten, welche er offen legt. Oder er
bezieht sich auf einige fadenscheinige Aussagen und Kommentare, ihre
verschleierten wahren Bedeutungen, hässlichen Auslegungen und auf die
gemeinsamen gegensiitzlichen Aussagen. Manchmal entfernt er sich auch
von der Entstehung dieser Wahrheiten. Beispielsweise; Er erachtet so
manche, feststehende/akzeptierte (und für das Verständnis der Sache
erforderliche) Sache als zusammenhanglos und daher als unnötig und
stellt diese Wahrheiten als „nicht akzeptiert" dar.

Eben diejenigen, welche diese Eigenschaften in sich bergen, sind allesamt


Personen, welche sich vom Quran entfernt haben. Sie sind sich darüber
auch im Klaren und spüren dies in ihren Herzen.
Wenn du jemanden findest, der Bidaa in seiner Religion ausübt, solltest
du wissen, dass sein Herz, sich von den Ayaat, welche gegen seine Bidaa
sprechen, abgewendet hat. Genauso ungerechte und vom rechten Weg
abgekommene Personen, die, obwohl sich unter ihnen Ayaat befinden,
sie sich von ihnen abwenden.

Die Reinigung des Selbst (Nafs)

Um das Selbst zu reinigen sind zwei Dinge notwendig:

1. Das Bestreben nach der Reinigung des „Selbst" muss tief in


einem verwurzelt sein und dieser Reinigungsprozess muss
unaufhörlich durchgeführt wird.

2. Dieser Selbstreinigungsprozess muss vollständig in den Charakter


einer Person übergehen.

Falls diese beiden Dinge nicht vorhanden sind, kann weder die
Reinigung stattfinden noch die Vollst:indigkeit erreicht werden. Befindet
203
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sich eine Person nicht im oben beschriebenen Zustand, erreicht sie die
Reinigung nicht. Daher sollte derjenige, der nach der Reinigung strebt,
sich sie zu erlangen, abmühen und im umgekehrten Fall traurig darüber
sein, sollte er sie nicht erreichen. Nimmt man sich dieses Thema an,
(erkennt man) dass man im Laufe dessen, Wissen über den Herrn und
Schöpfer erlangt, ohne Den es Rechtschaffenheit, Wohlbefinden oder
Freude nicht geben würde. Eine Pcrs<m kann nur die Vollstiindigkeit
ihrer N1ifi vorweisen, wenn sie Denjenigen, der sie erschaffen hat, ihren
Allah, ihren Erzieher, ihren Gnadengewiihrcr und ihren wahren Schöpfer
kennt. Es gibt für ihn nichts Genussvollcres als Ihn zu kennen, Ihm zu
begehren, nach Wegen Ausschau zu halten, die zu Seiner Zufriedenheit
und Seinem Lohn fi.'!hren! Wenn sich eine Person in solch einem
Zustand beflndct, wird seine Nfljs eine tiefe Form annehmen und
Wurzeln schlagen.

Alles, was sich aufserhalb dieses Wissens, diesem Willen und dieser Taten
befindet, gehört zu den Dingen, welche keinen Nutzen bringen und sich
nicht vervollst:indigen. Sie beinhalten lediglich Nachteile, Miingd und
Bitterkeit. Insbesondere dann, wenn sie in der Nttjs einen verwurzelten
und verinnerlichten Zustand erreicht und eingenommen haben. Somit
werden sie mit Dingen, die sich außerhalb der vollstiindigen Ntljs
befinden, je nach ihrem eigenen Bedarf: Peinigung und \'\'ehmut
erleiden.

Wenn wir nun zu den überschüssigen Dingen kommen, die sich


aufserhalb dessen befinden, wie z.B. Kleider, Transportmittel,
Wohnungen, Status und Güter ...

Eben diese Dinge sind in Wahrheit Dinge, welche nur für eme
bestimmte Zeit bleiben und anschliefscnd weg sein werden. Im Anschluss
wird derjenige, der an diese Dinge gebunden war, zuriickkehren. Wenn
das Herz zu diesen Dingen zuriickkehrr, wird diese Person in dem
Umfang, in dem er an diese Dinge gebunden war, Elend und Peinigung

204
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

erleiden. Insbesondere dann, wenn diese Bindung den letzten Grad


erreicht hat und vollständig wurde ...

Wenn er diesen Dingen verfallen ist, so bedeutet dies, dass er den


größten Mangel, das größte Leid und die größte Sehnsucht erfahren hat.

Daher: Oh, der seine Nrifi zum Glück und zur Freude führen möchte!
Denke gut nach! So nimmt der Punkt, an dem deine Nafs Genuss
verspürt, Form an. Zweifellos setzen die meisten der Menschen auf dem
Weg der Vernichtung ihrer Nafs sie Leid, Sehnsucht und Mängeln aus.
Dabei möchten sie die ganze Zeit nur, dass ihre Nafi Freude und
Gnaden erlangt!

W~ihrend der Genuss der Nrifi zweifellos mit Geschicklichkeit, Liebe


und Standhaftigkeit erreicht wird, erleidet man in der Dimension, in der
man davon fern bleibt, Wehmut und Sehnsucht. Wann auch immer dies
verschwindet, wird die körperliche Kraft, mit der man isst, trinkt,
heiratet, zornig ist und anderen Genüssen verfällt, zurückbleiben. Aus
dieser Richtung wird zu ihm auch keine Ehre und Tugend gelangen.
Vielmehr werden der Mangel und die Erniedrigung zu ihm gelangen.
Somit wird er selber, der Kraft angemessen, fallen, welche nur bei Tieren
vorhanden ist. Er wird ihrem Geschlecht gleichen und zu ihrer Art
zählen. Er wird höchstpersönlich einer von den Tieren sein. Manchmal
können sogar einige Tiere besser als er sein. Er kann sich dem Schicksal
von jemand anderem als sich selbst mit Ruhe nähern und Sicherheit
bieten.Wenn er sich in diesem Zustand befinden sollte, dann steht er mit
den Tieren auf ein und derselben Stufe. Sie können sogar über ihm
stehen. Also muss man von der Vollst~indigkeit, die kein anderer außer
man selbst ist, zur wahren Vollständigkeit übergehen und zeitgleich für
die Rettung des Schicksals mit Entschlossenheit Vorkehrungen treffen.

Der Erfolg ist von Allah.

205
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Teile des Wissens

Wissen bedeutet, etwas, was sich draußen ereignet, zu iibermittdn und


dies in der Nafs zu festigen. Eine Tat bedeutet, das Wissen in einer Form
aus der Nafs zu übermitteln nach und draußen zu festigen

Falls das, was in deiner N1tfi sich verfestigt hat, in Wahrheit auch deiner
N1tfi entspricht, dann handelt es sich tun richtiges Wissen.

In den meisten Fiillen können sich in der Naß einer Persern, einige Dinge
zeigen, dessen Vorhandensein nicht sicher ist. Sie können gefestigt sein
und die Person, welche diese Dinge in seiner N,tfi gefestigt hat, kann
annehmen, dass diese Dinge Wissen darstellen. Jedoch sind diese Dinge
lediglich bestimmt Dinge und haben mit der Realidt nichts zu tun. Das
Wissen der meisten Menschen flillt unter diese Kategorie.

Wenn wir nun zu dem kommen, der tatsiichlich dieser Sache entspricht,
so kann man zwei Eille unterscheiden:

1. Die Heranreifung der N,tfi, indem man Wissen besitzt und dies

umsetzt. Beispielsweise das Wissen über die Namen von Allah

(j.j.), Seine Eigenschaften, Handlungen, ßiicher, Gebote und

Verbote.

2. Das Wissen, womit die Nafs nicht Vollstiindigkeit erreichen

kann. Dies beinhaltet jede Form des Wissens, die dem Menschen

nicht schadet. Das Wissen darüber bringt dem Menschen keinen

206
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Nutzen (nutzloses Wissen). Zweifellos hat Rasulullah (sas)

Zuflucht bei Allah vor dem nutzlosen Wissen gesucht.61

Dies ist etwas, was bei den meisten Arten des Wissens vorliegt, deren
Vorhandensein keinen Schaden bergen. Beispielsweise die Astronomie,
die uns Wissen über die Stufen der Planeten, deren Einzelheiten, die
Anzahl der Sterne und deren Gattung liefert und die Geographie, die uns
Wissen über die Farben der Berge, ihre Anzahl und Höhe vermittelt.

Die Ehre des Wissens ist an die Geläufigkeit und die Gewalt des
Bedürfnisses danach gebunden. Dies bedeutet nicht, dass man Allah
kennt und an dieses Wissen gebunden ist. Die Katastrophe des Wissens
besteht darin, wenn es dem Wunsch Allahs hinsichtlich der
Angelegenheit der Religion, womit er zufrieden ist und es sich wünscht,
nicht entspricht. Dieser Zustand tritt manchmal ein, wenn das Wissen
von Schlechtem, Verdorbenem getroffen wurde oder der Wille von
Verdorbenem getroffen wurde.

Dass das Wissen von Schlechtem getroffen wird, geschieht auf folgende
Weise: Zum Beispiel glaubt diese Person, dass die Sache, die er macht
eine gerechte Sache ist, welche Allah (j.j.) erfreut; jedoch ist dies nicht
der Fall.

Oder er glaubt, dass er mit einer Tat, die nicht gerecht ist, Allah (j.j.)
nahe steht. Obwohl er nicht weiß, ob diese Sache gerecht ist geht er
davon aus, dass dies eine Tat ist, welche ihn Allah näher bringen wird.

Wenn wir nun zu dem Verdorbenem kommen, die ihn bezüglich der
Absicht treffen kann, läuft diese folgendermaßen ab: Beispielsweise will
eine Person nicht das Angesicht Allahs und den Tag der Akhira.
Stattdessen möchte er die Dunya und die Geschöpfe. Zweifello.s führen

61 Muslim-2722, überliefert durch den Hadith von Zayd Ibn Arkam.


207
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

diese zwei Unheile, sei es aus der Sicht des Wissens oder der Taten, nicht
zum Heil bzw. zur Befreiung. Damit das Heil erlangt wird, muss man
Wissen über die Dinge, die uns Rasulullah (sas) über das Wissen, die
Fähigkeit, das Angesicht Allahs, das Leben in der Akhirrt und bezüglich
der Absicht und des Willens berichtet hat, besitzen.

Wann auch immer man von Geschicklichkeit und der Willenskraft


fernbleibt, werden das Wissen und die Taten von Übel getroffen werden.
Der lrnttrz und der Yaqin dagegen bringen sowohl die Geschicklichkeit
als auch Willenskraft hervor. Beides erweit<.:rt und stiirkt den Iman. Die
meisten J'vlenschen wenden sich vom lmmt ab, weil sie sich von der
Geschicklichkeit und Willensstärke abwenden. Zweifellos kann der Iman
sich nur vervollstfü1digen, wenn man Wissen vom Licht des
Prophetentums bezieht und seinen Willen von den Gelüsten und den
Geschöpfen reinigt. Wenn dem so wird, werden die Taten desjenigen so
sein, wie die Taten, die vom Licht der Eingebung beriihrt wurden. Somit
wird der Betroffene sich Allah (t) und den Tag des Jenseits
herbeiwünschen. Er wird unter den Menschen derjenige sein, dessen
Wissen und Taten am besten sind. Gleichzeitig wird er zu den Führern
gehören, die dazu beitragen, dass Allahs (j.j.) Befehle ausgeführt werden
und in der Unmwh des Propheten (sas) wie einer der rechtgdeiteten
Kalifen sein.

Der äußerliche und innerliche Iman

Der Inutn existiert sowohl in einer ersichtlichen als auch in emer


verborgenen Form. Das Ersichtliche des lnums sind das Sprechen der
Zunge und die Taten der Körperglieder. Das Verborgene des !mmis sind
die Best;itigung im Hen:en, die Ergebung und die Liebe. \'7essen
Verborgenes nicht vorhanden ist, dessen Ersichtliches wird ihm nichts
nützen. Das Verborgene des Menschen wird ihm ohne das Ersichtliche
nicht ausreichen. Wenn der Mensch dadurch davor errettet wird, dass

208
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sein Blut vergossen wird und sein Vermögen und sein Nachkommen
gesichert sind, reicht das, was in seiner Brust verborgen ist nicht aus,
wenn es nach außen nicht ersichtlich ist. Ausgenommen davon sind
Fälle, die entschuldigt sind, da man seine Vernichtung oder
Handlungsunfahigkeit fürchtet. Jemand, der keinen Faktor des
Ersichtlichen erfüllt und seine Taten der Sharia widersprechen, beweist
damit, dass sein Verborgenes vom Unheil getroffen wurde und sein Herz
keinen Immz beinhaltet. Sein Mangel ist ein Beweis für seinen Mangel
und seine Stiirke ein Beweis für seine Stärke.

Demzufolge bedeutet Inutn, dass das Herz und der Verstand sich
ergeben. Der Yaqin dagegen ist das Herz des lrnan und des Verstandes.
Jede Form von Wissen, die nicht zur Stärke des Irnctn und des Yaqin
führt, ist mit Sicherheit fehlerhaft. Und jede Form von Iman, welche
nicht Taten mit sich bringt, ist mangelhaft.

Das Vertrauen auf Allah

Der Tawczqqul gegenüber Allah bestehen aus zwei Teilen:

1. Die Tawaqqul des Dieners auf Allah bei seinen Bedürfnissen,


weltlichen Wünschen, weltlichen Sorgen oder das Vertrauen auf
Allah darauf: dass Schicksalsschbge wieder verschwinden.

2. Der Tawaqqul des Dieners auf Allah bei der Erreichung der
Dinge, die Allah wohlgeflillig sind und Seine Zufriedenheit
hervorrufen, wie Iman, Yttqin, fihrtd, sowie die Dawct (Einladung
zur Religion).

In beiden follen gibt es Vorzüge, dessen Belohnungen nur Allah (j.j.)


kennt. Wann immer der Diener den wahren Tawaqqul, der im zweiten
Fall beschrieben wird, aufbringt, so hat er auch automatisch den
209
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

Tmuttqqul im ersten Fall aufgebracht. W<:nn <:r unabhiingig von dem


zweiten den T1tzu1rqqul des ersten Falles aufbringen sollte, so wird ihm
auch dies genügen. Jedoch wird das Ergebnis für diesen Diener nicht
dasselbe sein wie für denjenigen, der Tmllllqqul bei den Dingen hat, die
Allah liebt und mit denen Er zufrieden ist.

Die erhabenste Form des T1tzu1UJquls auf Allah ist der liwwqqul bei der
Rechtleitung, dem lirnhid, dem Gehorsam gegenüber Rasulullah (sas)
und dem /ihrul gegenüber den Leuten der Falschheit. Zweifellos ist diese
Form des lrlllJttqqu!s der Tawaqqul der Gesandten und derjenigen, die
ihnen folgen.

Trtzuctqqul zeigt sich in schwierigen Situationen und in Zeiten der


Zuflucht. Der Diener findet die Zuflucht und dass Verschwinden der
Sorgen nur in dem Tmuaqqul zu Allah. Insbesondere in Momenten, in
denen ihn em1ge Katastrophen . belasten und seine N,~fi ihn
erdrückt. .. Der Diener glaubt daran, dass er nur die Zuflucht bei Allah
suchen kann. Selbstverst:indlich erhiilt der Diener Ruhe und
Erleichterung durch den Trtwllqqul. Manchmal kommt der Tml!aqqul im
Alter. Diese Tttzllttqqul dagegen ist an Mittel (sabab) gekoppelt, deren
Vorhandensein ihn zu seinem Wunsch bringt. Wenn diese Mittel es
sind, mit dem man ihm befiehlt, so wird er getadelt werden, wenn er die
Mittel verl:isst. Wenn er jedoch die Bedingungen erfüllt bzw. die Mittel
aufbringt und den Tawaqqul verliisst, wird er auch dafür getadelt
werden. Denn laut der Übereinstimmung der Gelehrten und des
erhabenen Qurans ist dies obligatorisch. Es ist zweifellos vorgeschrieben
beides zu vollziehen und beides zusammenzuschlid~en. Wenn jedoch das
Mittel etwas aus dem Bereich des flmmn sein sollte, so wird auch dessen
Verrichtung hrtrmn sein. Demzufolge kann man keinen anderen Grund
finden. Denn der Tmurtqqul ist das st:irkste Mittel, zur Erreichung der
Ziele und der Aufhebung des Unheils.

Wenn das Mittel mttbllh (zul:issig/nicht verboten) ist, dann wirst du


selbst erkennen, ob bei dessen Aufbringung der 7itwaqqul abnimmt oder

210
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

zunimmt? Wenn er abnimmt und dein Herz von dir fernhält und dich
durcheinander bringt, dann ist es besser es zu verlassen. Wenn der
Tawaqqul jedoch nicht abnimmt, dann ist es besser sich mit ihm
auseinander zu setzen. Denn die Weisheit des weisesten aller Richter,
Allah (t), hat die Aufbringung seiner Mittel offengelegt. Demzufolge ist
es gleich, unter welchen Umständen du dich auch befindest; du solltest
versuchen die Mittel und Gründe aufaubringen und die Weisheit
dahinter bloß nicht zu verleugnen!

Insbesondere dann, wenn du dies in körperlichen Angelegenheiten getan


hast. So werden dein Herz und deine Körperglieder gemeinsam mit der
Dienerschaft den Tttwrtqqul erfüllt haben und gegenüber Allah den Beleg
für die Beabsiclnigung Seiner Nähe offen gelegt haben.

Um Tawaqqul zu erreichen, müssen die befohlenen Mitteln und Gründe


aufgebracht bzw. erfüllt werden. Wer auch immer diese vernichtet, wird
keinen Tawrtqqul erlangen. Genauso wie Hoffnung aufgebracht werden
muss, um die Mittel zustande zu bringen, die zum Guten führen. Denn
wer auch immer sie nicht zustande bringt, dessen Hoffnung wird sich
zum Wunsch verwandeln. Genauso wie sich der Tawaqqul desjenigen,
der die Mittel wegschafft, zur Hilflosigkeit und die Hilflosigkeit zu
Trtwrtqqul umwandeln wird.

Das Geheimnis und die Wahrheit des Tawrtqqul liegen darin, dass das
Herz nur Allah, dem Einzigen, vertraut. Wenn dem so ist, wird es der
Einsamkeit des Herzens, das Ihm vertraut und sich auflhn verlässt nicht
schaden, wenn zusätzlich Gründe bzw. Mittel existieren.

Ein Beispiel dafür ist: Wenn jemand sagt: ,,Ich habe Tawaqqul auf Allah"
, jedoch von jemand anderem außer Allah überzeugt ist und diesem
vertraut, so werden ihm seine Worte nichts nützen. Somit ist der
Tmurtqqul der Zunge eine Sache und der Tttwaqqul des Herzens eine
andere. Genauso wie das Beharren des Herzes auf den Sünden mit
211
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

gleichzeitiger Reue durch die Zunge etwas anderes ist als die Reue des
Herzens ohne die Bekundung durch die Zunge. Damit ist gemeint, dass
die Tatsache, dass jemand, dessen Herz von jemand anderem als Allah
i:1berzeugt ist, mit seiner Zunge behauptet: ,,Ich habe Tmu11qqul auf
Allah", dasselbe darstellt, wie dass jemand, der auf seinen Sünden immer
weiter beharrt, behauptet: ,,Ich habe bei Allah Tttuh1t gemacht".

Die I(lage eines Unwissenden

Ein Unwissender wird sich bei den Menschen stiindig über Allah (t)
beschweren. Zweifellos best:itigt dieser Zustand, sowohl hinsichtlich der
Klage als auch des Ktigers, auf höchstem MaG die Unwissenheit dieses
Menschen. Denn, wenn der Unwissende seinen Herrn mit Seinem vollen
Recht gekannt hiitte, so h'.itte er sich auch nicht über ihn beschwert. Und
wenn er die Furcht und Hilflosigkeit der Menschen gekannt h'.itte, so
hätte er sich nicht bei ihnen beschwert.

Nach den Erz/ihlungen einiger der Srd1if r1s Salih heiGt es: Als sich ein
Mann bei einem anderen über seine Bedürfnisse und Erschwernisse
beklagte, antwortete ihm dieser: ,,Schaut mal an! Ich schwöre bei Allah,
indem du deine Klage nicht Allah, dem Barmherzigen und
Mitleidsvollen vortriigst, sondern mir, der dich nicht bemitleidet, hat
sich dein Leid vergröGert!" Über dieses Thema wurde berichtet:

Wenn du deine Klage an den Sohn Adam richtest,


hast du deine Klage nicht an Allah, den Barmherzigen gerichtet,
sondern an denjenigen, der kein Mitleid mit dir hat.

Eine weise Person richtet seine Klage nur an Allah. Und der weiseste
unter den Weisen ist derjenige, der akzeptiert, dass seine Klagen nicht
durch die Menschen, sondern durch seine eigene Nafs hervorgerufen
werden. Somit wird er, auch wenn er selber von den Menschen belästigt

212
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

wird, sich mit seiner Klage ausschließlich an Allah richten. Folgende


Ayaat beziehen sich hierauf:

„Und was immer euch an Unglück trifft, es ist für das, was eure Hände
erworben haben. Und Er verzeiht vieles." [Ash-Shura:30]

,, Was dich an Gutem trifft, ist von Allah, und was dich an Bösem trifft,
ist von dir selbst. Und Wir haben dich als Gesandten für die Menschen
gesandt. Und Allah genügt als Zeuge." [An-Nisa:79]

„Ist es nicht (so), daß, als euch ein Unglück traf, obwohl ihr (den
Feind) mit einem zweimal so großen getroffen hattet, ihr sagtet:
„Woher kommt das?" Sag: Es kommt von euch selbst. Gewiß, Allah hat
zu allem die Macht." [Al-i-lmran: 165]

Demzufolge beinhaltet dieses Thema drei Stufen. Die schlimmste


darunter ist, dass eine Person sich über Allah bei einem Geschöpf
beklagt. Die erhabenste dagegen ist, dass ein Mensch sich über seine
eigene Nafs bei Allah beklagt. Die mittlere Stufe ist, dass ein Mensch sich
über die Geschöpfe bei Allah beklagt.

213
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Oh ihr, die ihr glaubt! Gehorcht Allah und Seinem


Gesandten!"

Allah (t) befiehlt:

„0 die ihr glaubt, leistet Allah und dem Gesandten Folge, wenn er
euch zu dem aufruft, was euch Leben gibt. Und wisset, daH Allah
zwischen dem Menschen und seinem Herzen trennt und daG ihr zu
Ihm versammelt werdet!" [Al-Anfal:24]

Diese edle Ayat beinhaltet einige Themen:

Ohne Zweifel kann man ein nützliches Leben nur erreichen, indem man
Allah und Seinem Gesandten folge leistet. Demzufolge werden
diejenigen, die dies verweigern, kein ni"trzliches Leben haben. Auch wenn
er mit seinem animalischen Leben selbst unter den Tieren der mit dem
schlimmsten Leben wiire! Demzufolge haben diejenigen das schönste und
wahre Leben, die sowohl iiuGerlich als auch innerlich dem folgen, wozu
Allah und Sein Gesandter (sas) gerufen haben. Eben diese sind es, welche
noch am Leben sind, selbst wenn sie bereits gestorben sind. Alle anderen
sind bereits tot, obwohl ihre Körper noch leben. Aus diesem Grund
haben die Menschen das beste Leben und die besten Erlebnisse, die der
Einladung von Rasulullah (sas) am besten Folge leisten. Mit Sicherheit
befindet sich in dem, wozu er (sas) uns ruft, Leben. Demzufolge hat
derjenige ein Teil des Lebens verpasst, der einen Teil der Einladung
verpasst hat. Er besitzt so viel Leben, wie er Rasulullah (sas) folge leistet.

lvlujahid sagt, dass der Zweck von: ,,wenn er euch zu dem aufruft-, was
euch Leben gibt",

214
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

der Wahrheit entspricht. ()!ttttdtt dagegen sagt: ,,Damit ist der Quran
gemeint, der Sicherheit, Errettung, Schutz im Diesseits und im Jenseits
beinhaltet".

Suddi sagt: ,,Der Islam ist es, der ihnen nach ihrem Unglauben Leben
schenkt."

Ibn Ishaq und Urvrt Ibn Zub1tyr - der Wortlaut ist von ihm- sagt: ,,Mit:
„was euch Leben gibt" ist folgendes gemeint: Mit dem Krieg hat Er Euch
nach der Erniedrigung Ehre verliehen, nach eurer Schwäche
Überlegenheit ihnen gegeni.iber gewährt und nach eurer Niederlage vor
euren Feinden euch Kraft zu deren Vernichtung gegeben."

Diese Ansichten beinhalcen allesamt eine wahre Aussage, nämlich, dass


man sich :iußerlich sowie innerlich an das halten muss, was Rasulullah
(sas) gebracht hat.

Wrthirli sagte, dass die meisten Gelehrten unter der Ayat „was euch Leben
gibt" den fih1ul verstehen. Diese Ansicht ist auch jene von Ibn Ishaq.
Außerdem ist es die bevorzugte Ansicht der Tafiir-Gelehrten 62 •

ferrttdagegen sagt: ,,Wenn ihr dazu aufgerufen werdet mit Aufrichtigkeit


gegen eure Feinde zu kämpfen". Damit meint er (Ferra): Ihre
Angelegenheiten werden immer nur mit dem Kampf und dem fihttd an
Sdrke gewinnen. Wenn sie den fih{l(/ verlassen sollten, werden ihre
Angelegenheiten an Stiirke verlieren und sie werden von ihren Feinden
besiegt werden.

Ich sage: Die Angelegenheit des Jihads ist das Höchste, das sowohl in der
Dunya, als auch im ß1trzrtkh63 und in der Akhira Leben gibt. Kommen

62 (Tafsir=ßedeutung)
215
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

wir nun zum Zustand in der Dunytl: Dies beinhaltet den /ihrui gegen die
Feinde durch Stärke und durch Krieg. Bezüglich des Bm"Ztzkh sagt Allah
(t):

„Und meine ja nicht, diejenigen, die auf Allahs Weg getötet worden
sind, seien (wirklich) tot. Nein! Vielmehr sind sie lebendig bei ihrem
Herrn und werden versorgt." [A'li-Imran: 169 J

Bezüglich der Al.:hirtl: Zweifellos ist der Genuss, den die lvfujtlhicleen und
die Shuhrultl 61 bezüglich ihres Lebens und der Gaben erhalten, um ein
vielfaches erhabener als das der anderen Menschen. Aus diesem Grund
deutet Ibn Kutrzybrz: ,,was euch Leben gibt" als die Sh11hadll.<,~ Einige
lvlufitssirun 66 deuten: ,,was euch Leben gibt" als das Paradies. Denn dies
ist der Ort für diejenigen, die leben und erleben. Dort gibt es ein
unendliches, schönes Leben." Dies wurde von Abu Ali al-/mjrwi
herausgearbeitet.

Diese Ayat ist in einer Verfassung, in der sie alle Deutungen erfassen
kann. Denn der Imrtn, lslrtm, Q_urrtn und der /i/}([cl schenken den Herzen
der Menschen Leben. Die Spitze' des Lebens stellt das Paradies dar. Der
Prophet (sas) tidt zum bnrtn und zum Paradies ein. Sei es auf der Dunya
oder in der Akhirrt ruft er (sas) zum Leben. Was den Menschen
anbelangt, so ist er gegenüber diesen zwei Lebensabschnitten verpflichtet:

1. Das körperliche Leben. Der Mensch unterscheidet damit das


Niitzlichc vom Schiidlichcn und setzt es um. Er stellt die ihm
nützlichen Dinge vor die ihm schiidlichcn. Falls jedoch etwas von

63 (der Zustand im Grab)


61 Miirtyrer
65 Glaubensbekenntnis
66 (Quran-Gclehrte)
216
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

diesem Leben sich für ihr verringern sollte, dann wird er der
Verringerung entsprechend von Bitterkeit und Schwäche
getroffen. Aus diesem Grund ist das Leben von den Kranken,
Traurigen, Besorgten, Genervten, Ängstlichen, Armen und
Erniedrigten nicht so wie das derjenigen, die in diesen Dingen
bei Gesundheit sind.

2. Das Leben des Herzens und der Seele. Damit unterscheidet er


zwischen der Wahrheit und der Unwahrheit/Lüge, zwischen Gut
von Schlecht und zwischen der Rechtleitung und dem Irrweg. Er
wiihlt nicht das Gegenteil sondern das, was wahr (haqq) ist.
Dieses Leben verleiht die Kraft bei den Dingen wie dem Wissen,
der Willenskraft, den Taten und den Dingen, die für eine Person
nützlich oder schädlich sind zu unterscheiden. Außerdem verleiht
dieses Leben die Kraft an die Wahrheit zu glauben, sich nach ihr
zu sehnen, sie zu lieben und die Unwahrheit zu verabscheuen.
Ergiinzend hierzu; Entsprechend seinem Anteil an dieser Gattung
von Leben wird die Person bewusst und unterscheidungsfähig
sein. Genauso wie das Bewusstsein und sein Empfinden bei den
Dingen, welche für einen lebendigen Körper nutzvoll sind und
bei den schlechten Dingen, vor denen man sich hüten sollte.
Zweifellos ist man den ni.itzlichen Dingen zu- und den
schlechten Dingen abgeneigt. Dieser Zustand ist von dem
körperlichen Leben und dem Leben des Herzens abhängig.
Wenn das Leben falsch (der Wahrheit zuwider) sein sollte, dann
wird auch die Fähigkeit zur Unterscheidung nicht mehr
vorhanden sein.

Falls bei ihm nur ein Teil der Unterscheidungsfähigkeit übrig


geblieben sein sollte, dann bedeutet dies, dass er keine Kraft zur
Unterscheidung von Gut und Böse mehr besitzt. Genauso wie es im
Menschen noch kein Leben gab, bevor ihm der Engel seine Rtth67

67 (Seele)
217
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

einhauchte. Der Mensch erhielt Leben, indem ihm der von Allah
beauftragte Abgesandte von Seiner Ruh eingab. Bevor ihm die Seele
eingehaucht wurde, galt der Mensch jedoch als Tot<:r. Ebenso verlüilr
es sich mit der Seele und dem Herzen eines Ivknschen, welche sich,
ehe ihnen der Gesandte Allahs (sas) durch das ihm inspirierte Leben
bringt, sich in einem Zustand der Leblosigkcit befinden. Allah (t)
sagt:

„Er sendet die Engel mit dem Geist von Seinem Befehl herab, auf wen
von Seinen Dienern Er will: ,,Warnt (und verkündet), daG es keinen
Allah gibt auHer Mir; darum fiirchtet Mich (allein)." [An-Nahl:2]

und

„Der Inhaber der hohen Rangstufon und der Herr des Thrones sendet
den Geist von Seinem ßefchl, wem von Seinen Dienern Er will, damit
er den Tag der Begegnung warnend ankündige." [Ghafü: 15]

Laut Seiner Auskunft stellt Seine Eingebung Ruhe und Licht dar. Somit
hat der Zustand des Lebens und des Lichts mit dem Einhauchen durch
den Engel zu tun. Demzufolge besitzt derjenige, dem durch den
Abgesandten von den Engeln und durch den Abgesandten (sas) von den
Menschen eingehaucht wurde, zwei Leben. Wem nur der Abgesandte
von den Engeln und nicht der Abgesandte von den Menschen
eingehaucht hat, dem wurde nur ein (!) Leben zuteil und er hat das
andere Leben verpasst.
Allah (t) sagt folgendes:

218
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Ist denn der, der tot war, und den Wir dann lebendig gemacht und
dem Wir ein Licht gegeben haben, worin er unter den Menschen geht,
wie einer, dessen Gleichnis das jemandes ist, der sich in Finsternissen
befindet, aus denen er nicht herauskommen kann?" [Al-Anam: 122]

Er stellt klar, dass dieser sich zwischen Licht und Leben befindet.
Genauso wie Er uns verdeutlicht, dass derjenige, der sich vom Seinem
Buch abwendet, sich zwischen Tod und Finsternis befindet.
Ibn Abbrts und alle J\;Jufassirun deuteten diese Ayat wie folgt: ,,Dieser
Mann befand sich im Kujjr und auf dem Irrweg und Wir68 gaben ihm
die Rechtleitung.

Ihm haben wir ein Licht gegeben

Allah sagt:

„Ist denn der, der tot war, und den Wir dann lebendig gemacht und
dem Wir ein Licht gegeben haben, worin er unter den Menschen geht,
wie einer, dessen Gleichnis das jemandes ist, der sich in Finsternissen
befindet, aus denen er nicht herauskommen kann?" [Al-Anam:122]

Diese Ayat greift einige Themen auf:

1. Während sich die Menschen in den Finsternissen befinden, geht


dieser (der in der Ayat beschriebene) unter den Menschen mit

68 (also Allah gab)


219
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

Licht umher. Das Beispiel zwischen ihm und diesen Menschen


gleicht folgendem: Die Dunkelheit der Nacht bricht über diese
Menschen hinein und sie können ihren Weg nicht mehr
erkennen und verlaufen sich. Der andere jedoch ist voller Licht
und kann seinen Weg weitnhin wrfolgen. Er sieht sowohl die
Nacht als auch die Dinge vor denen es sich in der Nacht zu
hüten gilt.

2. Diese Person befindet sich auf dem richtigen Weg. Die


Götzendiener und die Heuchler dagegen bleiben lll der
Dunkelheit des Götzendienstes und der Heuchelei.

Allah geht zwischen den Diener und dessen Herz

Allah (t) befiehlt folgendes:

„0 die ihr glaubt, leistet Allah und dem Gesandten Folge, wenn er
euch zu dem aufruft, was euch Leben gibt. Und wisset, daH Allah
zwischen dem l\!lenschen und seinem Herzen trennt und dag ihr zu
Ihm versammelt werdet!" [AI-Anfal:24]

Der berühmteste Ttifsir über diese Ayar lautet: Allah (j.j.)geht zwischen
den lvfu 'min und den Ktif1r, zwischen dem Ivif1r und den Immz und
zwischen diejenigen, die ihm Gehorsam leisten und diejenigen, die sich
gegen Ihn auflehnen. Diese Ansicht ist die Ansicht von Ibn Abbt1s und
den fumhur ul lvlttfitssimn 69 • Über diese Ayat gibt es noch einen weiteren
Tafsir, demzufolge die Bedeutung folgendermafkn lautet: Allah (j.j.) ist
dem Herzen des Dieners nahe und nichts im Herzen bleibt Ihm

6 '1 (jumhur=vercinigt, alle)


220
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

verborgen. Demzufolge ist Er zwischen dem Diener und dessen Herz.


Diese Ansicht zitierte 1v"Vtthidi von Qattula. Sie entspricht dem Ausdruck
der Ayat am meisten, denn der wahre Ort der Zusage/der Folgsamkeit ist
das Herz. Zweifellos wird es nichts nutzen, wenn der Körper Folge
leistet, bevor das Herz vorhanden ist. Denn Allah (t) geht zwischen den
Diener und dessen Herz und weiß zweifelsfrei darüber Bescheid, ob
dessen Herz Ihm Folge leisten wird oder nicht und ob er leugnen wird.
oder nicht.

Wenn wir nun zur ersten Erl~iuterung kommen, so lautet die passende
Erläuterung dieser Ayat wie folgt:

Wenn ihr euch Allah und Seinem Gesandten (sas) widersetzt, so seid
euch keinesfalls sicher, dass Allah nicht zwischen euch und eure Herzen
geht und euch bestraft! Nachdem euch die Wahrheit auf solch
offensichtliche Weise verständlich gemacht wurde, wird eure Strafe darin
liegen, dass es euch unmöglich gemacht wird, dem Ruf (der Wahrheit)
zu folgen.

Euer Zustand wird wie in den folgenden Ayaat beschrieben sein:

„Und Wir kehren ihre Herzen und ihr Augenlicht um, so wie sie das
erste Mal nicht daran geglaubt haben. Und Wir lassen sie in ihrer
Auflehnung umherirren." [Al-Anam: 110J,

,,Als sie nun abschweiften, ließ Allah ihre Herzen abschweifen."


[As-Saff:5],

221
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Aber sie waren nicht bereit, an das zu glauben, was sie zuvor für Lüge
erklärt hatten." [Y un us: 7 4]

Die Ayat beinhaltet noch ein Gd1eimnis und das ist: Mit Sicherheit
befiehlt Allah (t) den Menschen auf der Grundlage/mit der Sharia und
dies bedeutet gehorchen, folgekisren. Er, Allah, legte das Schicksal sowie
den Glauben daran zusammen:

„für jemanden von euch, der sich recht verhalten will. Und ihr könnt
nicht wollen, aufser daB Allah will, (Er), der Herr der
Weltenbewohner." [At-Takwi r: 28-2 9],

„Wer nun will, gedenkt seiner. Sie werden aber (seiner) nicht
gedenken, auBer daB Allah es will. Ihm gebiihrt die Allahesfiucht und
Ihm gebührt die Vergebung." [AI-Muddaththir:55-56]

Allah weiß es am besten.

222
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Euch ist der Jihad zur Pflicht geworden

Allah Azztt zutt fall befiehlt:

„Vorgeschrieben ist euch zu kämpfen, obwohl es euch zuwider ist. Aber


vielleicht ist euch etwas zuwider, während es gut für euch ist, und
vielleicht ist euch etwas lieb, während es schlecht für euch ist. Allah
weiß, ihr aber wißt nicht." [Al-Baqara:216]

,,Wenn sie euch zuwider sind, so ist euch vielleicht etwas zuwider,
während Allah viel Gutes in es hineinlegt." [An-Nisa: 19].

Die erste Ayat bezieht auf den Jihad, der die Spitze der Kraft des Zorns
ist.
Die zweite Ayat bezieht sich auf die Nikah, die die Spitze der Kraft der
Begierden darstellt. Zweifellos wird der Diener, auf Grund seiner
Todesangst, dem Gegner mit der Kraft des Zorns nicht begegnen wollen.
Dabei ist diese Sache, welche ihm zuwider ist, eine Sache, die für sein
Leben und seine Ahhira ~iußerst gut ist. Aus diesem Grund wird es ihm
auch gefallen sich vom Kampf, welches ihm zuwider ist, fernzuhalten
und ihn zu verlassen. Dabei ist dieser Zustand, der ihm gefallt, sowohl
für sein Leben als auch für seine Akhira voller Übel.

Aus demselben Grund kann es vorkommen, dass ein Mann eine Frau aus
einer bestimmten Anzahl von Gründen nicht leiden kann. Dabei liegt
im Inneren dieser Frau und in vielen Eigenschaften dieser Frau viel
Gutes, wovon er nichts weiß. Manchmal hingegen kann es auch
vorkommen, dass er eine Frau auf Grund bestimmter Eigenschaften an
223
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

ihr liebt, wobei sich im Inneren dieser hau viel Übel bd1ndet, von
denen der Mann nichts weiß. Der Mensch kann, entsprechend der
Beschreibungen seines Herrn, Der ihn erschaffen hat, ungerecht und
unwissend sein. Somit braucht der Mensch das Mag bezüglich
Nachteilen, Vorteilen, Neigungen, Liebe, Hass, Feindschaft nicht zu
definieren. Allah höchstpersönlich hat beziiglich dieser Themen das Mag
festgesetzt. Diese sind Seine Gebote und Verbote. Im Allgemeinen ist das
Niitzlichste, was ein Diener darbieten kann, ob innerlich oder :iugerlich,
seinem Herrn Folge zu leisten. Im Allgemeinen ist das Sch:ic.llichste, was
ein Diener machen kann, ob innerlich oder iiugerlich, sich gegen seinen
Herrn aufzulehnen. Wenn er Allah mit Aufrichtigkeit gehorcht, Ihm
demnach Folge leistet und dient, wird sich das, was ihm an schlecht
Erscheinenden widerfihrt, gut für ihn werden. Wenn er sich von der
Folgsamkeit und der Dienerschaft zu Allah jedoch entfernt, wird ihm
alles, was ihm lieb erscheint, zu einem Übel für ihn werden. Demzufolge
wird derjenige, der seinen Herrn auf die richtige Weise kennt, Seine
Namen und Eigenschaften versteht, bei den schlechten Dingen, die ihm
widerfahren und den .Heimsuchungen, erkennen und verstehen, dass bei
den unzähligen Angelegenheiten, die er nicht versteht, sich viele Nutzen
und Vorteile befinden. Aufserdem sind weitaus gröfsere Angelegenheiten
und Vorteile in den Dingen enthalten, die der Diener als unschön
betrachtet, mehr als bei den Dingen, die er liebt.

Wenn der Diener die ·wahrheit gekannt hätte

Wenn wir nun zu der Allgemeinheit der Vor- und Nachteile der als
abscheulich empfundenen Dinge und der Vernichtungsgründc der
geliebten Dinge kommen, so solltest dabei über das Beispiel des in
seinem Gebiet besonders geschickten und erfahrenen Bauern, der einen
Garten pflanzte, tief nachdenken und es verstehen. Dieser legte einen
Garten an und war stets darauf bedacht, dass er gegossen und gepflegt
wird. Letztlich geben die füiumc im Garten ihre Friichte. AnschicGend
beginnt der Bauer die Äste der lhume abzubrechen. Damit die Bfome
224
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

bessere Früchte geben, schneidet er einige Äste des Baumes ab und will
damit ihn zu einem Baum mit besonderen Früchten züchten. Nachdem
die Früchte nun zum Vorschein kommen, kürzt er die Äste, die ihre
Kraft und Schönheit verloren hatten, damit die Früchte schön und lecker
werden. Dafür nimmt er sogar die Domen, die ihn stechen, in Kauf. Er
nimmt die Schmerzen (der Domstiche) in Kauf, um seinem Herrn die
schönsten Fri.ichte i.iberreichen zu können. Danach wird er die Bäume in
diesen Garten auch nicht mehr nach Lust und Laune bewässern. Ganz
im Gegenteil. Er wird sie im Wechsel einige Zeit lang nicht bewässern
und einige Zeit wieder bewässern. Er wird nicht ständig Wasser über sie
kippen, ganz gleich wie schnell seine Blätter reifen und Früchte zum
Vorschein kommen. Er wird jede Handlung mit einer bestimmten und
kontrollierten Ordnung vornehmen. Schließlich wird er sich daran
machen die Bbtter, mit der einige Früchte geschmückt sind, zu s;iubern.
Die kaputten unter ihnen wird er entsorgen. Denn diese Blätter
schleichen sich unter die Früchte und bewirken, dass sie an Fülle
verlieren. Genauso wie es bei Trauben und dergleichen der Fall ist. Aus
diesem Grund schneidet er dessen Äste ebenfalls mit der Schere ab.
Indem er den Früchten die Btitter wegnahm, verschwand auch ein Teil
ihres Schmucks. Jedoch ist diese eine Sache, die auf Grund einer
bestimmten Angelegenheit vorgenommen werden musste. Wenn die
Tiere ein Versdindnis und eine Unterscheidungsgabe wie die Menschen
h;itten, würden sie nicht davon ausgehen, dass die zahlreich entsorgten
Btitter ein Nachteil und eine Störung (für den Baum) wären. Dabei
entspricht das, was der Mensch tut, genau dem Gegenteil.

Genauso ist es wenn em liebevoller Vater gegenüber seinem Kind in


einer bestimmten Angelegenheit gegensätzlich handelt. Wenn er
beispielsweise gezwungen ist ein schädliches Blut aus dem Körper seines
Sohnes fließen lassen zu müssen, wird er seine Haut verletzen und seine
Ader einschneiden. Dafür nimmt er den dadurch bewirkten starken
Schmerz in Kauf. Auch ein Organ, welches krank macht, würde er
amputieren, damit eine Heilung eintritt. Eben dies zeugt alles von der

225
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Barmherzigkeit und Liebe eines Vaters gegenüber seinem Sohn. \V'enn


er etwas als notwendig betrachtet, wird er sogar eine Sache, die er seinem
Sohn gegeben hatte (Geld etc.), wieder von ihm zurücknehmen, ihm
vorenthalten oder kürzen. Er tut dies im Bewusstsein darüber, dass es ihn
nicht zur Vernidnung und Zerstörung führt. Auch wird er seinem Sohn
zu seinem Schutz einiges verbieten, was dessen Begierden entsprich. Dies
tut er nicht aus Geiz sondern aufgrund der Notwendigkeit.

Und der Gerechteste unter den Richtern, der Barmherzigste unter den
Barmherzigen, und der Weiseste unter den Weisen, Allah (t), ist zu
Seinen Dienern barmherziger als ihnen gegenüber ihre eigene Nafa, ihre
Väter und Mütter. Mit Sicherheit ist es gut fiir sie, wenn Er Seinen
Diener etwas schickt, was ihnen schlecht erscheint. Dies ist so, weil er sie
beobachtet, gn:idig und gütig mit ihnen ist. Wenn sie selbst die
Auswahlmöglichkeit bezüglich ihrer Nafi hiittcn, so w:ircn sie sowohl
hinsichtlich des Wissens als auch hinsichtlich der Taten unföhig gar das
Erforderliche/Notwendige zustande zu bringen. Nur Allah ist Derjenige,
Der ihre Angelegenheiten entsprechend Seinem Wissen, Seiner Weisheit
und Seiner Barmherzigkeit dreht, wendet und lenkt; ob sie es nun mögen
oder als unschön betrachten ...

Zweifellos wissen diejenigen, welche Allah (t)s Namen und


Eigenschaften mit absoluter Gewissheit kennen, über diese
Angelegenheit bescheid. Diese Sache bleibt dem Unwissenden, der Seine
Namen und Eigenschaften nicht kennt, verborgen. Dieser würde sich gar
darüber streiten, dass Er seine Angelegenheiten dreht und wendet,
bezüglich Seiner Weisheit schlecht reden und sich Seinem Gesetz nicht
unterwerfen. Mit seinem verdorbenem Verstand, seinen falschen
Ansichten und seiner ungerechten Politik wird er sich gegen Seine
Gesetze auflehnen. Demzufolge kennt er seinen Herrn nicht und wird
seine Angelegenheiten nicht erreichen können.
Allah ist Derjenige, der das Richtige erlangen tisst.

226
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wann immer der Diener diese Eihigkeit erlangen sollte, wird er bereits
vor der Al-:hirct in der Dunya, eine Gabe erlangen und in einem Paradies
Ruhe finden, deren Gnaden den Ganden des Paradieses gleichen. Die
Zufriedenheit rnit seinem Herrn wird kein Ende kennen. Zweifellos ist
die Zufriedenheit das Paradies der Dunyct und das Erlangen der Ruhe
seiner A!-:hirrt. Dieser Diener ist mit Allah als Herrn, mit dem Islam als
Religion und rnit Muhammad (sas) als Propheten zufrieden. Wer diese
Wahrheit nicht erreicht hat, wird auch den Geschmack des Imans nicht
schmecken. Diese Zufriedenheit ist entsprechend seiner Fähigkeit Allahs
(j.j.) Gerechtigkeit, Seine Barmherzigkeit, seine Weisheit und das durch
Ihn bewirkte Altern der Schönen zu erkennen. Gewiss wird der Diener
jedes Mal, wenn er sich dartiber bewusst wird, die Zufriedenheit Ihm
gegenüber flnden. Somit erfolgt die Bestimmung/das Urteil Allahs
gegenüber Seinen Dienern die ganze Zeit über zwischen Gerechtigkeit,
Notwendigkeit, Weisheit und Barmherzigkeit. Selbstverständlich
unterliisst Er dies niemals. Genauso wie Muhammad (sas) in seiner
berühmten Dua sprach: ,,0 Allah, ich bin Dein Diener, der Sohn Deines
Dieners und der Sohn Deiner Dienerin. Du bist Herr über mich, Deine
Entscheidung über mich wird immer ausgeführt und Deine Bestimmung
über mich ist gerecht. Ich bitte Dich mit all Deinen Namen, mit denen
Du Dich selbst benannt hast oder die Du in Deinem Buch herabgesandt
hast, oder die Du einem Deiner Geschöpfe lehrtest, oder die Du mit
Deinem verborgenen Wissen bei Dir aufbewahrst, dass Du den Qur'an
zum Frühling meines Herzens, zum Licht meiner Brust, zur Beseitigung
meiner Trauer und zum Schwinden meines Kummers machst." Wenn
er dies sagt, wird Allah ihm seine Sorgen und seinen Kummer nehmen
und diese mit Freude ersetzen. Die Sahaba fragten: ,,Oh Gesandter
Allahs! Sollen wird dies nicht weiterlehren?" Der Prophet (sas)
antwortete ihnen: ,,Selbstversdndlich sollt ihr das! Wer auch immer
hiervon hört, soll es weitererziihlen."

Wenn wir nun zu dem Satz kommen: ,,Deine Entscheidung über mich
wird immer ausgeführt", so ist die Bedeutung hiervon: Zunächst sei
gesagt, dass dies jede Bestimmung, ob sie eine Belohnung oder Kummer

227
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

darstellt, erfasst. Der Grund dafür ist, dass der erhabene Erschaffer mit
Ursache und Wirkung herrscht. Somit ist Er Derjenige, der bezüglich
dieser Sache die Gerechtigkeit besitzt. Und diese Entscheidung ist für
den /vfu 'min gut. So wie Rasulullah (sas) sagte: ,,Ich schwöre bei dem, in
Dessen Hand mein Nafs liegt, wenn Allah bezüglich Seines gl:iubigen
Dieners eine Entscheidung fallt, findet sich darin zweifellos Gutes für ihn
und dies gilt nur für den Gliiubigen. "70

Ich fragte meinen Lehrer Ibn Titymiyyrt: ,,Gilt das auch dafür, dass die
Sünden verurteilt werden?" Er sagte mir: ,,Ja, allerdings nur unter einer
Bedingung." Diese Bedingung erl:iurerte er folgendermaßen: ,,Wenn der
Diener, nachdem er den Sünden verfallen ist, für Allah Grundsiitzliches
wie Reue, Buße, Demut, Erniedrigung und Triinen aufbringt."

Dem Diesseits entsagen

Damit der Wunsch nach dem Jenseits vollkommen ist, musst du dem
Diesseits (Dunya) entsagen. Wenn die folgenden richtigen
Betrachtungsweisen nicht vorhanden sind, wird dies nicht giinzlich
gelingen:

1. Das Betrachten der Vergfüiglichkcit der Dunya, ihrer


Verringerung, ihres Elendes, ihres Zwistes, des Ehrgeizes
bezüglich ihr, der darin befindlichen Sorgen, Trauer und des
Überflusses. Außerdem die Kenntnis darüber, dass diese
Vergiinglichkeit und Zerrissenheit mit Sehnsucht und Bedauern
enden wird. Zweifellos werden diejenigen, die die Dunya
begehren, Probleme bekommen, noch bevor sie sie erlangt haben,
und Sorgen, wenn sie sie letztlich erlangen und Leid und
Kummer, wenn sie an ihr baldiges Ende denken. Dies war einer

70 Muslim-2999, übcrlicforc vom Shuhayb J-ladith.


228
Al-Fawai<l von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

der beiden Betrachtungsweisen.

2. Das Betrachten der Ahhir1t, der Zuwendung zu Ihr, ihrer


Ankunft, ihrer Notwendigkeit, ihres Verlaufs, ihrer Dauer sowie
ihrer guten und schönen Dinge, und des Zustandes zwischen ihr
und dem Diener. Demnach so wie es in der folgenden Ayat
heißt: ,,während das Jenseits besser und best~indiger ist." [Al-
Ala: 16-17]

Das Jenseits (die Akhira) ist der Ort der beständigen und vollkommen
guten Dinge. Die Trii.ume des Dieners bezüglich des Diesseits sind
hingegen mangelhafte, zerrissene und zerstörte Träume. Sie enthalten
Dinge, die sich der Diener von der Duny1t erhofft, welche jedoch in
Wirklichkeit mangelhaft, zerrissen und brüchig sind. Demzufolge wird
<ler Diener, bei dem sich beide Betrachtungsweisen vollständig entfalten
haben, seinen Platz finden un<l ein Enthaltsamer sein, wie es ihm gelingt.

Der Mensch ist bei beiden Betrachtungsweisen von Natur aus dazu
prädestiniert die dringlichen und nützlichen Dinge zu verlassen und die
vorhandenen Genüsse den verzögert auftretenden Vorteilen sowie
verloren gegangenen oder verspiiteten Gentissen zu bevorzugen. Jedoch
ist es etwas anderes, wenn ihm klar geworden ist, dass die
zuriickgestellten, also verspäteten Vorteile besser sind als die sofortigen
Vorteile und wenn er stark genug geworden ist, um sich das erhabenste
und tugendhafteste zu wünschen ...

Wenn er (bislang) das, was vergiinglich und fehlerhaft ist, befolgt hat,
dann ist <lies, entweder, weil sich ihm nichts hinsichtlich des Vorzuges
dieser Angelegenheit (Enthaltsamkeit) gezeigt war oder weil er sich nicht
um den Vorzug bemüht hat.

229
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Beide Eille schlief~en in Bezug auf den Inwn und den Verstand auf eine
schwache Basir,t. 71 Denn wer sich um die D,mytl bemüht, ehrgeizig und
von ihr beeinflusst ist, best:itigt entweder, dass die ehrenhaftesten,
erhabensten und besdndigsten Dinge auf der Dunytl sind oder er tut dies
nicht. Falls er es nicht tut, dann ist in diesem fall sein Iman wie der
desjenigen, der keinen hat. \'v'enn er es best:itigt, es ihn jedoch nicht
beeinflusst, wird er verdorben sein und eine schlechte Wahl für seine
Nttfi getroffen haben. Diese Unterteilungen sind verbindliche und
gegenw:irtige Best:indigkeiten und eines von beiden Teilen von dem
Diener unzertrennbar. Somit bedeutet es im Hinblick auf den Iman und
den Verstand Verdorbenheit, wenn man die Dunyrt vor die Akhim stellt.
Eine andere Erktirung kann es hierfür nicht geben. Aus diesem Grund
warfen der Prophet (sas) und seine Geflihrten die Dunyrt hinter sich,
enthielten ihre Herzen davon ihr gegenüber geneigt zu sein, warfen sie in
eine Ecke und zeigten ihr gegcniiber keine Freundschaft. Sie wanderten
aus ihr aus und zeigten keinerlei Interesse ihr gegenüber, betrachten sie
nicht als das Paradies, sondern als ein Gcfongnis. Sie bewiesen auf der
Dunytt die wahre Entsagung. Wenn sie sich die Dunyrt gewünscht hiittcn,
hiitten sie alles, was sie geliebt haben, erreicht und alles, worum sie
bemüht waren, erhalten.

Dem Propheten (sas) höchstpersönlich wurden die Schlüssel der Sch:itze


auf der Dunyct überreicht, jedoch lehnte er sie ab. Aus diesem Grund
stellten auch seine Gefohrten die Akhirrt vor die Dunyrt. Sie verkauften
ihre Akhirct nicht für die Dinge, an denen sie gefallen hatten. Sie
verstanden, dass die Dunytt vergiinglich ist, zu Ende gehen und verderben
wird und dass dies nicht der Ort der Entscheidung ist. Sie wussten, dass
die Duny,t das Land der Wehmut ist und die Akhim das Land der
Freude. Die Dunytt ist zweifellos wie eine \'v'olke im Sommer, welche nur
für einen kurzen Moment bleibt und wie ein verg:inglicher Schlaf: Sie
wird gerufen um den Besuch auf ihr zu vcrvollsdndigen und sich
schließlich wieder auf den Weg zu machen.

71 (ßesonnenheit,Scharfblick)
230
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

An-Nabi (sas) sagte: ,,Was soll ich mit der Dunya?! Ich bin wie ein
Reisender, der auf diesem Weg unter dem Schatten eines Baumes rast
macht. "72 Außerdem sagte er: ,,Der Wert von dieser Welt verglichen mit
dem des Jenseits ist wie das, was dein Finger aus dem Meer herausbringt,
wenn du ihn eintauchst und wieder herausziehst." 73

Allah, Der die Dunyrt erschaffen hat, sagt folgendes:

„Das Gleichnis des diesseitigen Lebens ist nur wie Wasser, das Wir
vom Himmel hinabsenden, worauf das Gewächs der Erde, von dem die
Menschen und das Vieh verzehren, sich damit vermischt, bis dann,
wenn die Erde ihren Prunk angenommen hat und sich geschmiickt hat
und ihre Bewohner meinen, daß sie Macht über sie hätten, kommt
Unser Befehl über sie bei Nacht oder bei Tag, und da lassen Wir sie
abgemäht sein, als ob sie am Tag zuvor nicht in Blüte gestanden hätte.
So legen Wir die Zeichen ausführlich dar für Leute, die nachdenken.
Allah lädt zur Wohnst~itte des Friedens ein und leitet, wen Er will, zu
einem geraden Weg." [Yunus:24-25]

Mit diesen Ayaat verdeutlicht uns Allah, dass die Duny1t schlecht ist und
dass man sich ihr entsagen soll. Darüber hinaus erz~ihlt er von D1trus
S1t!mn (vom Paradies) und davoll, dass er dorthin einladet.

Allah (t) bdlehlt:

72 Hadith sahih. Ahmad-3709, überliefert von Abdullah Ilm Masud. Für die
ausführliche Überlieferung im gleichnamigen Werk nachschlagen.
73 Muslim-2858, überliefert durch Mustavrid Ibn Shaddad.

231
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und präge ihnen das Gleichnis vom diesseitigen Leben. (Es ist) wie
Wasser, das Wir vom Himmel hinabkommen lassen, worauf sich damit
das Gewächs der Erde vermischt. Dann wird es zu vertrocknetem Zeug,
das die Winde verwehen. Und Allah hat ja zu allem völlig die Macht.
Der Besitz und die Söhne sind der Schmuck des diesseitigen Lebens.
Das Bleibende aber, die rechtschaffenen Werke -, sie sind bei deinem
Herrn besser hinsichtlich der Belohnung und besser hinsichtlich der
Hoffnung." [Al-Kahf:45-46]

,,Wißt, daß das diesseitige Leben nur Spiel und Zerstreuung ist,
Schmuck und gegenseitige Prahlerei und Wettstreit nach noch mehr
Besitz und Kindern. Es ist wie das Gleichnis von Regen, dessen
Pflanzenwuchs den Ungläubigen gefallt. Hierauf aber trocknet er aus,
und da siehst du ihn gelb werden. Hierauf wird es zu zermalmtem
Zeug. Im Jenseits aber gibt es strenge Strafe und (auch) Vergebung von
Allah und Wohlgefallen. Und das diesseitige Leben ist nur trügerischer
Genuß." [Al-Hadid:20]

232
Al-fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Ausgeschmückt ist den Menschen die Liebe zu den Begierden, nach


Frauen, Söhnen, aufgehäuften Mengen von Gold und Silber,
Rassepferden, Vieh und S'aatfeldern. Das ist der Genuß im diesseitigen
Leben. Doch bei Allah ist die schöne Heimstatt. Sag: Soll ich euch von
etwas Besserem als diesem Kunde geben? Für diejenigen, die
Allahesfürchtig sind, werden bei ihrem Herrn Gärten sein, durcheilt
von füichen, ewig darin zu bleiben, und vollkommen gereinigte
Gattinnen und Wohlgefallen von Allah. Allah sieht die Menschen
wohl," [A'li-lmran:14-15]

„Allah gewährt die Versorgung großzügig, wem Er will, und bemißt


auch. Und sie sind froh über das diesseitige Leben; aber das diesseitige
Leben (zählt) im Jenseits nur als (vergänglicher) Nießbrauch." [Ar-
Rad:26]

Allah Azz1i wa ]1dl spricht die größte Drohung gegenüber denjenigen aus,
die mit der Dunya zufrieden sind, Allahs (j.j.) Zeichen (Ayaa) nicht
beachten und nicht auf die Begegnung mit Ihm hoffen:
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„Diejenigen nun, die nicht die Begegnung mit Uns erwarten und mit
dem diesseitigen Leben zufrieden sind und darin Ruhe finden, und die
gegenüber Unseren Zeichen unachtsam sind, deren Zufluchtsort wird
das (Höllcn)fcuer sein für das, was sie erworben haben." [Yunus:7-8]

Und die Gl/iubigen, die mit der Duny1i zufrieden sind, tadelt Er mit
folgender Ayat:

233
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,0 die ihr glaubt, was ist mit euch, daH, wenn zu euch gesagt wird:
,,Rückt aus auf Allahs Weg!", ihr euch schwer zur Erde sinken lafü?
Seid ihr mit dem diesseitigen Lehen mehr zufrieden als mit dem
Jenseits? Aber der GenuH des diesseitigen Lebens wird im Jenseits nur
gering (erscheinen)." [At-Tauba:38]

Der Diener wird in dem Umfang, in dem er die Dunyrt begehrt und mit
ihr zufrieden ist, schwermütig (faul) gegenüber dem Gehorsam zu Allah
und dem Wunsch nach der A/.:him. Zweifellos sind die folgenden Ayaat
bezüglich der Entsagung der Dunytt ausreichend:

„Was meinst du wohl? Wenn Wir sie iiber Jahre hinweg genieHen
lassen, und hierauf über sie kommt, was ihnen stets angedroht wurde,
nicht nützen wird ihnen (dann), was ihnen an NieHbrauch gew~il1rt
wurde." [Ash-Shu'ara:205-207]

„Und an dem Tag, da Er sie versammelt, wird (ihnen) sein, als ob sie
nur eine Stunde vom Tag verweilt hätten, und sie erkennen einander
wieder. Verloren sind dann diejenigen, die die Begegnung mit Allah für
Lüge erklärten und nicht rechtgeleitet waren." [Yunus:45 J

234
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Am Tag, da sie sehen, was ihnen angedroht wird, glauben sie, nur eine
Stunde eines Tages verweilt zu haben. (Dies ist) eine Botschaft. Wird
denn jemand vernichtet außer dem Volk der Frevler?" [Al-Ahqaf:35]

„Sie fragen dich nach der Stunde, wann sie bloß feststehen wird. Was
hast du über sie zu erw~ihnen? Zu deinem Herrn ist ihr Endziel. Du bist
nur ein Überbringer von Warnungen für jemanden, der sie fürchtet.
Am Tag, da sie sie sehen, wird ihnen sein, als hätten sie nur einen
Nachmittag verweilt oder seinen (dazugehörigen) Vormittag." [An-
Naziat:42-46 J

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„Und am Tag, da sich die Stunde erhebt, schwören die Übeltäter, sie
hätten nicht länger als eine Stunde verweilt. So pflegten sie sich (von
der Wahrheit) abwendig machen zu lassen." [Ar-Rum:55]

„Er wird sagen: ,,Wie viele Jahre habt ihr in der Erde verweilt?" Sie
werden sagen: ,,Verweilt haben wir einen Tag oder den Teil von einem
Tag; doch frage diejenigen, die zählen (können)." Er wird sagen: ,,Ihr
habt nur ein wenig verweilt, wenn ihr doch nur wüßtet!" [Al-
Mu' minun: 112-114]

235
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

„Am Tag, da ins Horn geblasen wird und Wir die Übeltäter als Leute
mit blauen Augen versammeln. Sie flüstern einander zu: ,,Ihr habt nur
zehn (Nächte) verweilt." Wir wissen sehr wohl, was sie sagen, wenn der
Vorbildlichste von ihnen in seinem Verhalten sagen wird: ,,Ihr habt nur
einen Tag verweilt." [Ta-Ha: 102-104 J

Allah (t) ist Derjenige, Der um Hilfe gebeten wird. Auf Ihn verlassen wir
uns.

Das Wesen der Wohltat

Der Anfang einer Wohltat ist, dass du dir dariiber im Klaren bist, dass,
wenn Allah eine Sache wiinscln, sie eintreten wird und wenn Allah eine
Sache nicht wünscht, sie nicht eintreten wird.

Wenn du auf diesem Glauben bleibst, wirst du stets für Seine Gaben
dankbar sein, dich Ihm unterwerfen, Ihm Gehorsam leisten und dich
von der Verrichtung der Sünden fernhalten und es nicht zulassen, dass
diese zwischen dich und Deinen Herrn treten.

Du wirst davor fliehen, Sünden zu begehen und wirst stets gute Taten
verüben. Zweifellos sind sich die Weisen der Menschen dariiber einig,
dass hinter jeder Wohltat Allah steht, der für Seinen Diener einen Erfolg
bestimmt hat und das hinter allem Übel eine Vernichtung für den
Diener steht. Außerdem sind sie sich darüber einig, dass der Erfolg darin
liegt, dass Allah Seinen Diener nicht mit seiner Nafo im Stich tisst und
ihn gute Taten verrichten lässt. Die Vernichtung dagegen ist, dass ein
Mensch mit der Vernichtung verkettet und eins geworden ist. Wenn
demnach jede Wohltat die Erlangung von Allahs Hilfe bedeutet, so liegt
alles in der Hand Allahs und nicht in der des Dieners. Der Schlüssel
hierzu ist, dass man Dwi macht und sich vor Allah als armselig erachtet,

236
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

bei Ihm die Zuflucht sucht, zu Ihm flieht, sich um Ihn bemüht und bei
alledem treu ist. Wann auch immer dem Diener diese Schlüssel geben
werden, wird er damit die Tür (der Wohltaten/des Guten) öffnen
wollen. Wann auch immer er den Schlüssel verliert, wird die Tür der
Wohltaten/des Guten jemand anderem gewährt.

Der Führer der Gl~iubigen Omttr Ibn Khtttttlb (r.tl.) sagt: ,,Ich mache mir
nicht über die Annahme (eines Bittgebetes) sondern über das Bittgebet
(selbst) Gedanken. Zweifellos wird die Annahme mit dem Bittgebet
einhergehen, wenn ich ein Bittgebet spreche. 7'1

Allah (t) wird seinem Diener seinem Streben, seinem Fleiß, seinem
Wunsch und seinem Verlangen entsprechend Ttwfiq 75 und Hilfe zu
kommen lassen. Die Hilfe Allahs (j.j.) steigt im Umfang des Fleißes, der
Standhaftigkeit, des Verlangens und der Ängste Seiner Diener hinab.
AuEerdem steigt die Vernichtung Allahs entsprechend dem Umfang der
Sünden hinab. Allah (t) ist der gerechteste Richter und der Wissendste
aller Wissenden. Zweifellos lässt Er sowohl den Erfolg als auch die
Vernichtung für den herabkommen, der es wert ist. Er ist Allah, Sein
Wissen ist unendlich und Er besitzt die Weisheit. Der Diener wird von
Unheil heimgesucht, weil er seine Dankbarkeit und seine Dutt
vernachtissigt hat. Gleichzeitig erhält er die Hilfe Allahs, wenn er sich
dankbar zeigt und seine ßittgebete aufrichtig verrichtet. Im Wesentlichen
bedeutet dies geduldig zu sein. Denn dies (Geduld) ist vom Iman und
hat im Körper die Stellung des Kopfes. Wenn der Kopf abgerissen wird,
kann der Körper nicht existieren.

71 Wenn man ein ßittgcbct spricht, sollte man es mit der Hoffnung: ,,Insh{lA/lah wird
sie erhört" machen. Wenn man mir dem Gedanken: ,,Meine Dua wird ja ohnehin nicht
erhört" ein Bittgcbet sprechen sollte, wird man in die Hoffoungslosigkeit fallen, und
ohnehin ist diese Weise von den Hadithcn abweichend-Muterjim.
75 (Erfolg; die Erlangung der Hilfe von Allah)

237
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Härte und die Reinheit des I-Ierzens

Es gibt nichts Vernichtenderes für den Diener als ein hartes Herz zu
haben und von Allah weit entfernt zu sein. Die Hölle wurde erschaffen
um die harten Herzen zum schmelzen zu bringen. Das Herz, welches von
Allah am weitesten entfernt ist, ist zweifellos ein hartes Herz. Wenn das
Herz hart wird, trocknen auch die Tr:inen in den Augen aus.

Wenn man das Maß überschreitet, wird das Herz durch vier Dinge hart:

1. Essen
2. Schlafen
3. Reden
4. Sich einmischen
Genauso wie dem Nlenschen Essen und Trinken nicht helfen, wenn sein
Körper krank ist, wirken auch Ratschtige nicht auf das Herz, wenn der
Betroffene krank an Begierden ist.

Wer möchte, dass sein Herz weich und re111 wird, der soll seine
Begierden für Allah bändigen! Herzen, die an ihre Begierden gebunden
sind, entfernen sich im dem Ausmaß, in dem sie an ihre Begierden
gebunden sind, von Allah. Die Herzen sind auf der Erde die Gefüße von
Allah. Das Allah wohlgefalligste/liebste Geföß ist dasjenige, welches das
vornehmste, reinste und weichste ist.

Die Menschen beschäftigen ihre Herzen mit der Duny11. Wenn sie mit
Allah und dem Tag der A/.:hirtt besd1iifrigt gewesen wliren, so wi.irden
ihre Herzen aufgrund der Bedeutungen Seiner Worte und den bezeugten
Ayaat (auch Zeichen) dahingesclunelzen und sie hiitten viele Vorteile
erlangt und wliren zu verschiedenen Urteilen gelangt.

Wenn das Herz sich vom Gedenken Allahs ernährt, mit dem
Reflektieren (tafakkur) gegossen und von Fehlern gereinigt wird, wird es
verwunderliche Sachen erkennen können und ihm werden Weisheiten

238
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

eingegeben. Selbstverständlich wird dies nicht bei jedem der Fall sein, der
sich mit allen möglichen Eihigkeiten und Weisheiten schmückt und
behauptet sie zu besitzen. Ganz im Gegenteil! Es muss sich dabei um
Menschen handeln, welche die Gabe und die Weisheit besitzen, ihre
Herzen zu beleben, in dem sie ihre Begierden töten! Wer auch immer
sein Herz tötet und dadurch seinen Begierden Leben schenkt, dessen
Eihigkeit und Weisheit wird lediglich auf seiner Zunge umherwandern
(nur ein Lippenbekenntnis sein). Die Vernichtung des Herzes wird
durch Sicherheit und Unachtsamkeit hervorgerufen. Durch die Furch
und das Gedenken Allahs kann es jedoch repariert werden.

Wenn die Herzen den Tafeln (Esstisch) der Dunytl entsagen, so werden
sie sich an die Tafeln der A!thira und zwischen die Eingeladenen (Gäste)
setzen. Wenn sie jedoch mit den Tafeln der Dunytt zufrieden sind, so
werden sie die Tafeln der Akhira verpassen.

Die Freude Allah zu begegnen ist wie ein frischer Wind. Er weht im
Herzen, beruhigt es und zerstört die Dunya. Wer sich auch immer in
seinem Herzen nach Seinem Herrn sehnt, wird Ruhe und Zufriedenheit
finden. Wer auch immer sein Herz zu den Menschen wendet, dessen
Herz wird Qualen erleiden und seine Sorgen und Ängste werden sich
mehren.

Wenn ein Kamel durch ein Nadelöhr hindurchgeht, dann wird in das
Herz einer Person, die voller Liebe zur Dunytl ist, die Liebe zu Allah
hineingehen.

Wenn Allah einen Diener liebt, wird Er ihm das Gute geben, ihn für
Seine Liebe auswählen, ihn mit vollkommener Aufrichtigkeit (mtthlis)
austatten, damit er Ihm ein Diener ist und ihm ermöglichen, dass er sich
mit Ihm besch!ifögt, Ihm mit seiner Zunge gedenkt und mit seinen
Körperteilen dient.

239
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Das Herz kann genau so wie der Körper krank werden. Seine Heilung
dagegen liegt darin Titttbll zu machen und sich in Seine (j.j.) Obhut zu
begeben. Das Herz kann genauso wie ein Spiegel, rosten; seine
Lackierung hingegen ist das Gedenken Allahs. Das Herz kann genauso
wie ein Körper nackt sein; seine Kleidung und sein Schmuck sind die
Allahesfurcht. Das Herz kann genauso wie der Körper durstig sein; seine
Nahrung und sein Getr'.ink sind die Geschicklichkeit, Liebe, T1lll)(tqqul,
die Nähe zu Allah und der Dienst zu Ihm.

Weisheiten und Empfehlungen

>"' Sei bloß nicht unachtsam gegen über Demjenigen, Der deinem
Leben eine bestimmte Frist gesetzt hat, dir Zeit für deine Tage
und dein Leben gegeben hat, Demjenigen, außer dem alle
anderen vernichtet werden, Demjenigen, von dem du abhiingig
bist, Demjenigen, Der ewig sein wird!

>"' Wer auch immer Tmullqqul gegenüber Allah hat und auf das
vertraut, was Er für ihn bereitgestellt und für ihn ausgewiihlt hat,
auf der Dunyrt nicht nach Ansehen strebt und die Wahl seiner
Nll}s vertisst, seine Angelegenheiten in Seine Hand legt und sie
Ihm aushiindigt und mit dem, was für ihn bestimmt wurde,
zufrieden ist, wird er von den Sorgen, Betrübnissen und der
Wehmut befreit werden und Seelenruhe erreichen.

Zweifellos wird derjenige, der sich hiervon abwendet und seiner


Nrtfi folgt, Eingen, Katastrophen, schlechten Zustiinden und
Ermüdungen verfallen. Dieser wird kein sauberes Leben und kein
erleichtertes Herz haben, keine realistischen Wünsche besitzen
und zu keiner andauernden, bestiindigen Zufriedenheit gelangen.
Allah (t) erlcicl1tert mit Sicherheit die Wege Seiner Diener, die zu
Ihm führen. Jedoch hat er ihnen offenbart, dass sich diese Wege
240
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

immer dann verschleiern, wenn die Diener ihrer Nafi folgen.


Sobald man jedoch auf Allah statt auf seine N1tfi hört, damit
zufrieden ist, dass Er alles dreht und wendet, mit dem Ruhe
findet, was Er ausgesucht hat und sich Seinem Urteil ergibt, wird
der Schleier verschwinden. Dann wird sich sein Herz seinem
Herrn zuwenden, er wird Sicherheit verspi.iren und zur Ruhe
kommen.

'r Wer auch immer T,tw1tqqul hat, wird außer Allah nichts anderes
mehr wollen. Er wird niemand anderen außer Allah beauftragen
und bei niemand anderem außer Allah horten.

r Wer auch immer mit seiner N1ifi beschäftigt ist, ist mit etwas
anderem außer Allah besch:iftigt. Wer auch immer mit seinem
Herrn beschiiftigt ist, ist nicht mit seiner N1tfi beschäftigt.

'r Die Aufrichtigkeit ist eine Sache, die die Engel nicht notieren
können, weil sie sie nicht wahrnehmen und die Feinde nicht
nutzen können um Unruhe zu bringen, weil sie sie nicht sehen
und die Taten des Dieners nicht zugrunde gehen können, weil
deren Besitzer damit nicht angibt.

,- Die Zufriedenheit ist unter dem Flussbett der Gesetze der Ort
wo das Herz Ruhe findet.

Y Die Menschen werden in dem Umfang bestraft, wie sie sich nach
der Dunya gesehnt haben.

'r Im Herzen gibt es sechs Orte, keine sieben, und das Herz
wandert um diese Orte umher. Drei von diesen Orten sind
niedertriichtig und drei sind erhaben. Die niederen sind: die
ausgeschmückte Dunya, die sprechende N1tfi und der Feind, der
einflüstert (Wttszuttstt). Dies sind die Orte der niederen Seelen
und sie wandern um diese umher. Die drei erhabenen Orte sind:

241
Al-Fawaid von Shdkh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

das erklärende Wissen, der den (richtigen) Weg weisende


Verstand und der angebetete Allah. Und die Herzen wandern um
diese Orte umher.

>'" Seinen Gelüsten zu folgen und verschleierte Taten zu begehen, ist


der Beginn allen Übels. Denn den Gelüsten zu fcJlgen bedeutet,
sei es bezüglich der Eihigkeit dazu oder der Weisheit, blind zu
sein.
>" Der Diener kann, wenn er den Geruch der Wahrheit eingeatmet
hat, sich selbst und andere nicht mehr belügen und nicht
zweigesichtig sein.

>" Wenn Allah Gutes für Seinen Diener bestimmt hat, wird er
diesen zu jemandem machen, der die Sünden von anderen nicht
erziihlt und nur seine eigenen Sünden gesteht. Aufserdem wird er
ihn zu jemandem machen, der mit seinem Vermögen großzügig
gegenüber anderen ist, gegenüber dem Vermögen anderer jedoch
enthaltsam und bei der Unterdrückung durch andere geduldig
ist.

)"' Wenn Allah (t) Schlechtes für einen Diener will, dann wird Er
diesem genau das Gegenteil von alledem (zuvor Erwiihnten)
geben.

>" Die erhabene Hilfe (die Hilfe Allahs) wird einem lediglich durch
die folgenden drei Punkte zuteil:

1. Indem der Diener eines der erhabenen Eigenschaften erktirt,


womit sowohl die Liebe als auch die Willenskraft vermehrt wird

2. Indem man der Gnade gedenkt, durch deren Gedenken sich


sowohl die Dankbarkeit als auch der Gehorsam mehren

242
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

3. Indem man einer Sünde gedenkt, durch deren Gedenken sich


sowohl die Reue als auch die Angst mehren

Y Wer auch immer sich in die Dunyct verliebt, auf dessen


Geringfügigkeit wird die Dunya blicken und ihn zu seinem
Diener oder seinem Sklaven machen und ihn erniedrigen. Und
wer auch immer sich von der Dunyct abwendet, auf dessen Wert
und Wi.irde wird die Dunya blicken. Dieses Mal wird sie die
Dienerin dieser Person und sich für sie erniedrigen.

Y Eine Reise kann nur zu Ende gehen, wenn der Gast mit
Entschlossenheit auf seinem Weg bleibt und die Nächte ohne zu
schlafen verbringt. Wenn der Gast seinen Weg nicht weiterhin.
verfolgt und die Nächte im Schlaf verbringt - wann soll er den
Ort, den er möchte, erreichen?

Ein Gelehrter, der nicht entsprechend seinem Wissen


handelt

Von jedem der Ahlul Ilm 76 , der die Dunya liebt und nach ihr trachtet,
wird erwartet, dass er sowohl in seinen Rechtsgutachten 77 , als auch in
seinen Urteilen und Nachrichten bezüglich Allah rechtswidrige
Antworten liefert. Denn in den meisten Hllen sind die Gesetze von
Allah (t) das Gegenteil den Menschen zuwider. Insbesondere jenen, die
Ansehen und Führungspositionen lieben und sie begehren ...
Zweifellos waren die Absichten und die Anliegen derer, die ihren
Begierden folgten, sich gegen die Wahrheit zu stellen und die Wahrheit
zu vertreiben.

7r, (Gclehrren, ßesitzer des Wissens)


TT (arabisch: Patwa/sg., Faarawa/pl.)
243
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn die islamischen Rechtsgelehrten und Richter ihren Status lieben


und ihren Begierden folgen, so werden sie anfangen Dinge zu
verteidigen, die gegen die Wahrheit sprechen. Damit würde sich ihr
Anliegen verwirklichen. Insbesondere dann, wenn sich ein Zweifel in die
Wahrheit einschleicht, werden die Zweifel und die Begierden
zusammenkommen und dazu führen, dass sie ihren Gelüsten folgen und
das Richtige bzw. die \'v'ahrheit verheimlichen. Wenn eine ricluigc Sache
nach außen hin offensichtlich und nicht versteckt ist und auch keinen
Zweifel zutisst, werden sie anfangen sich dagegen zu stellen und sich
sagen: ,,Immerhin habe ich ja noch die Möglichkeit mich durch meine
Ttwba zu retten!". Sie werden die 1iwba auf die leichte Schulter nehmen.
Tats~ichlich sagt Allah i"tber diese und vergleichbare:

„Es folgten dann nach ihnen Nachfolger, die das Gebet


vernachlässigten und den Begierden nachgingen. So werden sie den
Untergang Hnden," [Maryam: 59]

Außerdem sagt Allah (j.j.) über sie:

„Auf sie folgten Nachfolger, die das Buch erbten. Sie greifen nach den
Giitern des Diesseits und sagen: <<Es wird uns vergeben.» Und wenn
sich ihnen gleiche Güter bieten, greifen sie danach. Wurde nicht von
ihnen die Verpflichtung des Buches entgegengenommen, sie sollen
über Allah nur die Wahrheit sagen? Sie haben doch das, was darin
steht, erforscht. Und die jenseitige Wohnstritte ist gewiH besser für die,
die Allahesfiirchtig sind. Habt ihr denn keinen Verstand?" [Al-
Araf: 169]
244
Al-Fawaid von Sheil<l1 Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Laut Allah (t) haben diese das Wertlose gewählt, obwohl sie wussten,
dass es ihnen verboten ist, und gesagt: ,,«Es wird uns vergeben.»"
Wenn ihnen etwas anderes gegeben worden wäre, so hätten sie es
genommen und wären dabei sehr beharrlich. Dieser Zustand hat sie
letztlich dazu gebracht über Allah (j.j.) Unrecht zu sprechen. Schließlich
sagten sie: ,,Dies ist Allahs Religion, Seine Sharia und Seine Gesetze",
obwohl sie, dass das, was sie über Seine Religion, Sharia und Gesetze
sagen, dem Gegenteil entspricht. ..

Oder sie wussten tats~ihlich nicht was Allahs Religion, Sharitt und
Gesetze sind? Demzufolge sprachen sie manchmal ohne Wissen über
Allah und manchmal sprachen sie über die Dinge, über die sie wussten,
dass sie falsch sind so, als sei es vom ßuch (Quran) und sprachen auf
diese Weise über Allah.

Wenn wir nun den Ehrfürchtigen/ Allahesfürchtigen, die glauben,


kommen, so handelt es sich bei ihnen um Menschen, die wissen, dass die
A/::hirtt besser als die Dunytt ist. Und dies bestätigt sich darin, dass sie an
die Liebe zu ihrem Ansehen und der Begierden nicht gebunden sind und
die Dunya nicht vor die Akhira stellen. Der Beweis, dass sie an die
Duny1t, das Ansehen und die Begierden nicht gebunden sind, erkennt
man daran, dass sie mit aller Kraft am Quran und der Surmah festhalten.
Außerdem bitten sie mit Geduld und mit dem Gebet Allah (j.j.) um
Hilfe, machen sich darüber Gedanken, dass die Dunya vergänglich und
schlecht und die Akhirtt dagegen best~indig ist und wenden sich der
Ahhirtt zu.

In Wahrheit kann man sogar davon ausgehen, dass die Gelehrten, die
sich der Dunytt zugewandt haben, nicht nur Fitna 78 stiften, sondern auch
noch Erneuerungen einführen. Somit stechen zwei ihrer Eigenschaften
ins Auge. Zweifellos den Gelüsten zu folgen, macht das Auge des
Herzens blind und dadurch kann es nicht mehr zwischen Sunnah und

78 (V crsuchungcn )
245
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Erneuerung unterscheiden. Oder er verwechselt beide, wodruch er die


Erneuerung als Sunnah betrachtet und die Sunnah als Erncuerung.
Wenn sie der Dunyrt hinterherlaufen und das Ansehen sowie die
Begierden befolgen, wird dies die Katastrophe der Gelehrten sein.
Folgende Ayat handelt von ihnen:

„Und verlies ihnen den Bericht über den, dem Wir unsere Zeichen
zukommen ließen und der sich dann ihrer entledigte. Da holte ihn der
Satan ein, und er wurde einer von denen, die irregegangen sind. Und
wenn Wir gewollt hätten, hätten Wir ihn durch sie erhöht. Aber er
wandte sich der Erde zu und folgte seiner Neigung. So ist es mit ihm
wie mit einem Hund: Gehst du auf ihn los, h:ingt er die Zunge heraus;
läßt du ihn in Ruhe, hängt er auch die Zunge heraus. So ist es mit den
Leuten, die unsere Zeichen fiir Lüge erkHiren. Erz:ihle also, was es zu
erzählen gibt, auf daß sie nachdenken." [Al-Araf: 175-176]

Diese sind wie die schlechten Gelehrten, die entgegen ihrem Wissen
handeln. Denke über den Inhalt der vorangegangcn Ayaat gut nach und
versuche sie so zu verstehen, wie es im Folgenden zusammengetragen
worden ist:

1. Diese Person ist mit seinem \'v'issen in die Irre gegangen. Er ist
nicht aus Unwissenheit sondern absichtlich vom Glauben in den
Unglauben gefallen.

2. Er ist unwiderruflich vom Glauben abgefallen. Er hat s:iintliche


Ayaat verlassen. Genauso wie sich die Schlange von ihrer eigenen

246
Al-fowaid von Shcikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

Haut hiiutct. Wenn irgendetwas zurückgeblieben wäre, so wiire er


auch nicht für immer vom Glauben abgefallen.
3. Der Sheytmz hat diese Person eingeholt. Er hat ihn besiegt und
wurde zu seinem Befehlshaber. Aus diesem Grund sagt man
auch: ,,Der Sheytan hat ihn sich angepasst".

In der Ayat heigt es nicht: ,,Er ist dem Sheytmz gefolgt." Denn in
der Bedeutung heifst es: ,,fügig gemacht, erreicht, erlange" und
diese ErHiuterung ist laut Wortlaut oder Bedeutung klarer bzw.
eindeutiger.

4. Er ging in die Irre, nachdem er auf dem geraden Weg war.


Tarsiichlich bedeutet „gh1tyy" - ,,Im Wissen und in der Absicht
irregehen". Dies ist authentischer als dass man in der Absicht und
in den Taten irregeht. Genauso wie die Irreleitung authentischer
ist, als dass man im Wissen und dem Glaubensverständnis in die
Irre geht. Falls eines dieser Punkte allein bleibt, geht er in die
Bedeutung des anderen über; wenn beides zusammen auftritt,
dann ist der Unterschied wie erläutere.

5. Allah (t) wollte nicht, dass das Wissen aufgehoben wird. Darum
bedeutet es für den schlechten Gelehrten, der dies mache, seine
Vernichtung. Denn das Wissen, das er aufgehoben hat, wurde für
ihn zu einer Sünde. Wenn er kein Gelehrter gewesen wäre, wiire
dies für ihn besser gewesen und sein Strafe um einiges leichter.

6. Laut Allah (t) hat der schlechte Gelehrte eine schlechte Wahl
getroffen. Er hat anstelle des erhabenen und ehrenvollen
Paradieses, ein niederträchtiges Gur gewählt.

7. Der Grund weshalb diese Person das Niederträchtige wählt, rührt


nicht von ihrer Zufriedenheit oder von dem, was ihre Nafi
begehrt, sondern von ihrem Wunsch nach der Ewigkeit des
diesseitigen Lebens und ihre Zuneigung/ihr Hang dazu.

247
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifellos bedeutet die Ewigkeit, dass es immer weiter gehen


muss. Es ist so, als ob gesagt wird: ,,Die Zuneigung zur Duny11
war für diese Person vonnöten." \'v'enn es daher notwendig wird
irgendwo zu wohnen, sagt man: ,,A/.:h!rtde jzt!mwn bil-mt1/.:mz" -
„So und so hat sich da und dort niedergelassen, er hat es sich zur
Heimst;itte gemacht". lvfali/.: Ilm Nuwrzyrrz sagt:

„Die Söhne von }frlyy, aus dem Stamm der lvfrllil.:, und Amr Ibn
Yrzrbu haben sich niedergelassen und es sich zur Heimstiitte
gemac l1t. "

Sie haben „den Hang zu Dunyrt" als „für immer auf der Erde
bleiben" gedeutet. Denn die Dmzyrt, ihr Gut, Schmuck und
Besitz etc. sind Dinge, die aus ihr entstehen/ gewonnen werden.

8. Diese Person hat sich von der Rechtleitung Allahs abgewendet


und sich ihren eigenen Gelüsten gewidmet. Sie hat sich ihre
Gelüste zum Führer erktüt und ist ihm gefolgt.

9. Allah vergleicht diese Person als das schlimmste aller Tiers


hinsichtlich der Hilfe, als Wertlosesten hinsichtlich der Nrljs und
als den fortgeschrittensten Hund hinsichtlich des Geizes. Aus
diesem Grund wird er als Hund bezeichnet.

10. Allah (t) vergleicht ihren Durst, der von ihrem Verlangen nach
der Dunya ausgelöst wird, ihre Ungeduld hinsichtlich der
Dunya, ihre Angst die Dunya zu verlieren und ihren Ehrgeiz, sie
zu erlangen mit einem Hund, der - ganzgleich ob du auf ihn
losgehst oder ihn auf sich alleine stellst - immer rnit einer
herausgestreckten Zunge hecheln wird. Genau so ist es mit einem
Mann, den man sich selbst überlassen hat. Seine Bindung an die
Dunyrt würde kein Ende finden, ganzgleich ob du ihm einen
religiösen Ratschlag gibst oder radelst. Der stlindige Durst dieser
Person nach der Dunyrt, aus jeglicher Hinsicht betrachtet, gleicht

248
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

dem eines Hundes mit ausgerollter Zunge, der hechelt.

Ibn Q_uttiyabtt sagt: ,,Alles, was durstet oder hechelt geschieht aus
Durst oder Hunger. Mit Ausnahme des Hundes. Denn der
Hund hechechelt bei Ermüdung, bei Ruhe, bei Sättigung und
Durst.

Allah (t) hat bezüglich dieses Kiifirs ein Beispiel gegeben und
gesagt: ,,Selbst wenn du dieser Person einen Ratschlag erteilst,
wird er dennoch jemand sein, der auf dem Irrtum bleiben wird.
Wenn du ihnn sich selbst i.iberl~i.sst, wird er trotzdem auf dem
Irrtum bleiben. Genauso wie ein Hund, der ständig am hecheln
ist, ganz gleich ob du ihn bedrängst oder ihn sich selbst
überl1i.sst. "Zweifellos trifft dieses Beispiel nicht auf jeden Hund
zu. Es betrifft lediglich die Hunde, die stets mit ausgerollter
Zunge vor sich hinhecheln. Aus diesem Grund befindet sich
dieser Hund ja auch im schlechtesten und im hässlichsten
Zustand.

Der unwissende Diener und der ungerechte Gelehrte

Gemeint ist hiermit der Gelehrte, der die Dunya vor die Akhira gestellt
hat. Der unwissende Diener ist hingegen jemand, dessen Unglück darin
liegt, dass er sich vom Wissen und von den diesbezüglichen Urteilen
abgewandt hat und hii.ufig in Fantasiewelten eintaucht, sich seinen
Genüssen und sich selbst hingibt sowie Dingen, zu den ihn seine Nafs
verleitet. Darüber sagten Sufyan Ibn Uwayntt und andere: ,, Nehmt euch
vor der Fitnah eines ungerechten Gelehrten und eines unwissenden
Dieners in Acht! Denn ihre fttrwh ist eine Fitna, die jeden, der der Fima
erliegt, treffen kann. Wiihrend der eine auf Grund seiner Unwissenheit
vom Wissen und dem, was es erfordert, abhält, lädt der andere auf
Grund seiner Ungerechtigkeit dazu ein, ungerecht zu sein.

249
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

Allah (t) gibt folgendes ßeispid in der Ayat:

,,Es ist wie mit dem Satan, als er zum Menschen sagte: «Sei ungHiubig.»
Als er ungläubig wurde, sagte er: «Ich bin unschuldig an dir. Ich
fürchte Allah, den Herrn der Welten.» Das Ende von beiden war, daß
sie nun im Feuer sind; darin werden sie ewig weilen. Und das ist die
Vergeltung für die, die Unrecht tun." [Al-Haschr: l 5-17J

In dieser Erziihlung erfahren wird, dass der Mann sich selbst nur i.iber
seine Dienerschaft: zu Allah (j.j.) dcflnicrt, allerdings ist er eine
unwissende Person. Und als Sheytan bemerkt, dass er eine unwissende
Person ist, bedriingt er ihn solange, bis er ihn hereingelegt hat. Auf
Grund seiner Unwissenheit schafft er es ihn zum Kuf/r zu bringen. Mit
Sicherheit ist Sheytrtn der Führer aller Diener, die unwissend sind. Er
sieht deren Unwissenheit als Chance und fi.ihrt sie zum Kuf}i·. Aufscrdem
kann er der Hihrer von jedem ungerechten Gdehrten sein. Er sieht seine
Ungerechtigkeit als Chance und bringt ihn dazu die Dunyrt vor seine
Ahhira zu stellen.

Allah (t) hat denjenigen unter Seinen Dienern, die mit der Dunya
zufrieden sind, ihre Unachtsamkeit gegenüber dem Gedenken Seiner
Verse, deren Reflektion und dem Handeln danach zum Grund für ihre
Zerstörung und Vernichtung gemacht. Auf der einen Seite mit seinem
Herrn zufrieden sein und auf der anderen Seite unachtsam gcgeni.ibcr
Seinen Versen/Worten zu sein, ist nicht möglich. Dies kann nur ein
Herz behaupten, dass nicht daran glaubt, dass der Mensch nach seinem
Tod wieder auferweckt wird und nicht davon ausgeht, dass Sein Herr
Seinem Diener begegnen wird. Ohnehin kann ein Herz, das die
Wiederaufetweckung zu tiefst verinnerlicht hat, niemals mit der Dttn)'tl

250
Al-h1waid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

zufrieden sein, sich sicherfühlen und sich von den Versen Allahs
abwenden. Wenn du also jemand bist, der den Zustand der Menschen
gut versteht, wirst du gewiss gesehen haben, dass dieses Beispiel bei sehr
vielen Menschen zutrifft. Zweifellos sind diejenigen, die mit der Dunya
zufrieden sind und sich von den Versen Allahs abgewandt haben, an die
Dunya gebunden. Unter den Menschen sind nur wenige vorzufinden, die
das Gegenteil davon denken. Ihr Zustand und deren Zustand sind
getrennt und unterschiedlich. Ihr Wissen, ihre Willenskraft und ihre
Wege unterscheiden sich voneinander. Sie befinden sich auf zwei
unterschiedlichen Tiilern.

„Diejenigen, die nicht erwarten, Uns zu begegnen, clie mit clem


diesseitigen Leben zufrieden sind und sich darin wohl fühlen, und clie
unsere Zeichen unbeachtet lassen, Diese haben das Feuer zur
Heimstätte für das, was sie erworben haben." [Yunus:7-8)

Danach berichtet Allah (t) vom Schicksal derer, die das Gegenteil von
ihnen sind:

„Diejenigen, die glauben und die guten Werke tun, leitet ihr Herr
wegen ihres Glaubens recht. Unter ihnen werden Bäche Hießen in clen
Gärten cler Wonne." [Yunus:9]

Diese sind es, die an die Begegnung mit ihrem Herrn glauben und mit
der Dunya aus diesem Grund nicht zufrieden sind. Sie haben kein
Gefühl der Sicherheit in Bezug auf die Dunyrt. Sie gedenken stets den

251
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ayaat Allahs. Dies ist gewiss der Beweis dafiir, dass sie daran glauben,
dass sie auferweckt werden, nachdem sie gestorben sind.

Der Beweis der Kuffiir liegt darin, dass sie keinerlei Glauben bezüglich
der Auferweckung nach dem Tod haben und dessen unachtsam sind.

Das beste, was die N afs erlangen kann

Das erhabenste, was die Nllß' (lv!t?hrZllh/) und die Menschen gewinnen,
die Herzen erreichen und den Dienern, sowohl in der Dunya als auch in
der Akhira zuteil wird, ist zweifellos Wissen und Glaube. Aus diesem
Grund erw~ihnte Allah (t) diese beiden Dinge in den folgenden Ayaat
nacheinander:

,,Und diejenigen, denen Wissen und Glauben zugekommen sind,


sagen: «Nach dem Buch Allahes habt ihr bis zum Tag der
Auferweckung verweilt. Und das ist der Tag der Auferweckung. Aber
ihr wußtet es ja nicht.»" [Ar-Rum:56]

„0 ihr, die ihr glaubt, wenn zu euch gesagt wird: «Macht Platz in den
Versammlungen.», dann macht Platz, so macht auch Allah euch Platz.
Und wenn gesagt wird: «Erhebt euch.», dann erhebt euch eben, so
erhöht auch Allah diejenigen von euch, die glauben, und die, denen das
Wissen zugekommen ist, um Rangstufen. Und Allah hat Kenntnis von
dem, was ihr tut." [Al-Mujadala:11]

252
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Diese sind es, die das wahre Vermögen und ihre Quintessenz bilden.
Darüber hinaus sind sie diejenigen, denen die höchsten Stufen gebühren.
Jedoch begehen die meisten Menschen Fehler in Bezug auf die
Bezeichnung dessen, was sie als Wissen, dass Glück und Erhabenheit
begründet, verstehen. Es glaubt sogar jede Gruppe, dass sie das Wissen
und der Glaube, den sie besitzen, zur Glückseligkeit führen werden.
Dabei sieht die Situation anders aus. Vielmehr ist der Glaube der meisten
unter ihnen, nicht auf der Stufe, der sie erretten kann - genauso wenig
wie das Wissen, dass sie besitzen, nicht auf der Stufe ist, der sie erhöhen
kann.
Sie blockieren sogar die Wege des Wissens und des Glaubens, zu denen
der Prophet (sas) seine Urnnuth eingeladen und die er (sas), seine
Gefahrten und diejenigen, die ihnen in ihren Fußstapfen und ihrem Weg
folgten, befolgt haben.

Schädliches Wissen

„Jede Gruppe geht davon aus, dass das Wissen nur bei Ihnen
vorhanden ist und freut sich darüber: ,,Aber sie spalteten sich in ihrer
Angelegenheit untereinander nach verschiedenen Büchern, und jede
Partei war froh iiber das, was sie besaß." [Al-Mu'minun:53]

Jedoch besteht das meiste unter ihnen nur aus Philosophie, falschen
Ansichten und Lügen. Das Wissen spielt sich zweifellos außerhalb der
Philosophie ab. Genauso wie Hammad Ibn Zttyd gesagt hat: ,,Ich fragte
Ayyup ob das Wissen heute mehr vorhanden ist oder ob es früher mehr
vorhanden war? Dieser antwortete mir: ,,Die Philosophie ist heut mehr
vorhanden und das Wissen ist früher mehr vorhanden gewesen."

253
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dieser tiefgründige Gelehrte hat zwischen dem Wissen und der


Philosophie unterschieden. Es sind viele Bi.icher vorhanden. Die
Philosophie (Kelarn) hat sich durch unnötige Werke, die die Dialektik
und den Geist beanspruchen, um einiges vermehrt. Das Wissen dagegen
ist von vielen davon weit entfernt. Mit Sicherheit ist das Wissen das, was
Rasulullah (sas) durch Allah (t) überbracht hat. Allah (j.j.) befiehlt:

„Und wenn man mit dir darüber streitet nach dem, was zu dir an
Wissen gekommen ist, dann sprich: Kommt her, lafh uns unsere Söhne
und eure Söhne, unsere Frauen und eure Frauen, uns selbst und euch
selbst zusammenrufen und dann den Gemeinschaftseid leisten und den
Fluch Allahes auf die Lügner herabkommen lassen." [A'li-Imran:61]

„Weder die Juden noch die Christen werden mit dir zufrieden sein, bis
du ihrer Glaubensrichtung folgst. Sprich: Nur die Rechtlcitung Allahes
ist die (wahre) Rechtleitung. Und wenn du ihren Neigungen folgst
nach dem, was dir an Wissen zugekommen ist, so wirst du vor Allah
weder Freund noch Helfer haben." [Al-Baqara: 120]

„Allah bezeugt, was Er zu dir herabgesandt hat. Er hat es mit seinem


Wissen herabgesandt. Auch die Engel bezeugen es. Und Allah geniigt
als Zeuge." [An-Nisa:166]

Folglich gingen der Zustand und die Arbeit der meisten Menschen so
weit, dass sie Bücher schrieben, die den ihren Gelüsten entsprechenden

254
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

Ansichten, Einstellungen und Sehnsüchten zugesagt haben, dafür ihr


Vermögen ausgaben, ihre Zeit töteten und die Seiten unnötig damit
füllten, um die Herzen der Menschen zu verdunkeln. Letztlich haben sie
offen kundgetan, dass in Quran und Sumuth (ihrer Meinung nach) kein
Wissen vorhanden ist. Sie überschritten alle Grenzen, als sie die
Behauptung aufstellten, dass keine Beweise im Qimm und in der Sunnah
zu finden sind und sie demnach keinen Absolutheitsanspruch
einnehmen, da beide (Qur' an und Sunnah) lediglich als literarische
Werke zu verstehen sind. Und der Sheytan verleitete sie dazu diese Worte
zu sprechen. Er hat es ihnen unter seiner Aufsicht erlaubt und ist ihnen
dabei behiflich gewesen, diese Worte jedem zu vermitteln. Damit lösten
sich das Wissen und der Glaube dieser Menschen von ihren Herzen.
Genauso wie sich eine Schlange von ihrer Haut löst oder eine Person ihre
Kleidung von ihrem Körper abnimmt.

Der Grof~gelehrte Shmnsuddin Ibn Qayyim sagt: ,,Laut den


Informationen einiger meiner Freunde, die mir von einigen Personen
erz'.ihlten, die deren (oben beschriebene Art der Menschen) Schüler
befolgten, beschiifrigten sich einige von ihnen nur mit ihren eigenen
Bikhern und konnten den Quran nicht auswendig. Wenn zu einem von
ihnen gesagt wurde, dass es besser wäre zunächst den Quran auswendig
zu lernen, antwortete dieser: ,,Ist im Qurmz den Wissen enthalten?!"

Ibn Qayyim sagt: Einige von ihnen, die noch weiter gingen, sagten: ,,Wir
hören die Hadithe nur damit sie uns Segen bringen. Ansonsten
entnehmen wir aus ihnen keinerlei Nutzen, da die Werke außerhalb (der
Hadithe) für uns ausreichend sind. Wir wenden uns an das, was wir
verstehen und worüber wir entschieden haben." Zweifellos ist der Grad
ihres Wissens und ihr Zustand so wie der Zustand desjenigen, der in
folgendem Gedicht beschrieben wird:

Sie schritten aus lvlek!ut zu den Stiimmen der Hashim


Ich dagegen schritt zum weitentfernten Ufergeröll Batha.

255
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Außerdem sagt Ibn Q__ayyirn: ,,Einst berichtete mir mein Lehrer i.iber die
Eigenschaften dieser Personen: Zweifellos verrichten sie um die Ftihrer
ihrer Rechtsschule den Tmullf und wollen mit den h'.isslichsten
Wünschen zur Errettung gelangen. Und dies sind fiir dich offensichtliche
Beweise dafi.ir, dass ihre Ansichten und Meinungen nicht vom QutQn
sind, das von Allah herabgesandt wurde. \Venn du den QutQn
betrachtest, wirst du darin niemals einen Zwiespalt, eine Unstimmigkeit
und auch keinen Widerspruch zwischen den Ayaat flnden.

»Allah (t) sagt:

„Betrachten sie denn nicht sorgfältig den Quran? Wenn er von eine 111
anderen als Allah wäre, würden sie in ihm viel Widerspruch Hnde11."
[An-Nisa:82]

Diese Ayat verdeutlicl1t uns, dass nichts, was bei Allah ist, unstimmig ist.
Das, was eine Unstimmigkeit und einen Widerspruch beinhaltet, ist
nicht von Allah. Wie ist es demnach möglich, dass Ansichten, Fantasien
und unnötige Meinungen von der Religion bzw. religiös sind? Wie ist es
darüber hinaus auch möglich, dass man damit im Namen von Allah und
Seinem Gesandten (sas) Urteile fallt? Oh Allah! Ich spreche dich fern von
allen mangelhaften Eigenschaften. Zweifellos ist dies (diese Meinungen)
eine große Verleumdung.

Die Sllhllba erlernten Wissen ohne einen Bestandteil des Wissens dieser
irregegangenen und verleumderischen Menschen. Genauso wie Hflkim in
der Biographie von Abu Abclullllh td-Buchflri sagte: ,,Wenn sich die
Geführten des Propheten (sas) trafen, erziihlren sie ausschließlich vom
Buche ihres Herrn und von der Sunnrih des Propheten (sas). Unter ihnen
fand man keine Ansicht und keinen Vergleich aufscrhalb des Qurans.
Wie schön sagte doch derjenige, der sagte:

256
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

D{{S Wissen ist d11s, was Allah und Sein Gesandter (sas) s11gen.
Die Sah11ba sagen: ,,Hierbei gibt es keinerlei Falschheit. "
Es ist /,ein \,flissen, wenn du zwischen den Ansichten des Propheten (sas) und
der Rechtsgelehrten ttttjstiindisch sagst: ,,D11s ist verriickt. " 79
Niemttls! E's /.:mm nicht sein, d{{Ss man die Eigenschaften leugnet und
verbmmen , um sie vor einer Darstellng und Analogie zu hüten

79 Wenn die Ansicht eines Gelehrten gegen die Ansichten des Propheten (sas) spricht,
ist Erstere abzulehnen ist und darf niemals verwendet werden.
257
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

Der Iman und die Unterschiede darin

Die meisten oder gar alle Menschen behaupten mit Sicherheit, dass sie
Iman besitzen/gl:iubig sind:

„Und die meisten Menschen sind nicht gläubig, du magst dich noch so
sehr bemühen." [Yusuf: 103]

Nur bei den meisten der Gl:iubigen (Mu'minun) ist ein vollsdndiger
Glaube vorhanden. Bei n:iherer Betrachtung ist der Glaube ein Glaube
der besonderen Menschen und jener, die mit dem Propheten besonders
verbunden und authentisch sind. Zugleich ist dieser wknsch ein
offenkundiger Anhänger des Glaubens.

Die meisten Nfenschen verstehen unter Iman nur ein Lippenbekenntnis.


Sie sagen, dass Er der Einzige ist und der, der die Himmel und die Erde
und alles, was sich zwischen ihnen beflndet, ersdiaflen hat. Darüber
hinaus leugnen sie nicht die Götzen der Qrmtish und jene der anderen
Diener. Wiederum andere Menschen behaupten, dass der lmmz nur
daraus besteht, das Glaubensbekenntnis (shahada) zu sprechen. Ganz
gleich, ob er dem Taten folgen tisst oder nicht, ganz gleich, ob er der
Bestiitigung seines Herzens folgt oder nicht.

Andere behaupten, dass der Immz alleine die Best:itigung des Herzens ist.
Sie behaupten, dass das Herz best:itigt, dass Allah (j.j.) die Himmel und
die Erde erschaffen hat und Muhammad (sas) sein Gesandter ist, auch
wenn die Zunge dies nicht ausspricht und keine Taten folgen. Selbst
wenn der Betroffene Allah und seinen Gesandten (sas) beleidigt und
große Sünden begeht, ist er dennoch ein lvlu 'min, solange er an die
Einheit Allahs und das Prophetentum von Rasulullah (sas) glaubt.

258
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Widerrum andere glauben, dass der Imtm durch das Leugnen der
Eigenschaften von Allah zustande kommt. Ihrem „Verständnis" nach
bekundet man den Glauben, indem man Sein Erheben über den Thron,
Seine Fähigkeit mit Worten zu sprechen, Seiner Bücher, Seine
Eigenschaft zu hören, Seine Eigenschaft zu sehen, Seine Eigenschaft zu
wünschen, Seine Macht, Seine Willenskraft, Seine Liebe, Seine
Feindschaft und andere Dinge, die Er und Sein Gesandter (sas)
beschrieben haben, leugnet. ..

Nach ihrer Ansicht wird der Iman damit begründet, dass man all diese
Wahrheiten leugnet und den Erfordernissen der Ansichten der Leugner
sowie die Meinungen der Lügner befolgt, über die sie sich untereinander
widersprechen und untereinander uneins sind. Zweifellos sind sie wie die
Leute über die Omllr Ibn rd-Kh11ttab und Immn Ahnuul gesagt haben: ,,Sie
sind sich bezüglich des Qurans nicht einig, sie widersprechen dem Quran
und sehen das, was der Quran als Meinungsunterschied sieht als
einheitliche Meinung an."

Fi'Ir wiederum andere ist der Iman, Allah nicht so anzubeten wie es dem
Propheten (sas) überliefert wurde, sondern entsprechend der eigenen
Wünsche und dem, wozu die eigene Nafs verleitet.

Andere behaupten der Iman sei lediglich guter Akhlaq, schönes


Benehmen, ein freundliches Gesicht, die gute Vermutung den Menschen
gegeni.iber und die Eigenschaft, sich nicht mit den Menschen und ihren
Fehlern zu beschäftigen.

Wiederum andere behaupten, der Iman sei sich von der Dunya und dem
Leben gänzlich fernzuhalten, die Dunya vom Herzen zu löschen und sich
der Dunya zu enthalten. Wenn sie jemanden sehen, der dem entspricht,
sagen sie sofort: ,,Dies ist der Meister der Leute des Imans." Selbst wenn
diese Person hinsichtlich des Wissens und der Taten nichts geleistet
haben sollten .. !

259
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifellos gibt auch Menschen, die sogar noch weiter gehen und den
Imttrz nur als Wissen betrachten und die Taten nicht dazu ziihlen .. !

Die Quintessenz ist ... Die hier Aufgeziihlten wissen allesamt nichts i.iber
die Wahrheit des !mttns. Sie vollbringen weder den lmm1, noch geht der
Iman in sie hinein. Diese Menschen sind sehr unterschiedlich. Manche
unter ihnen erachten das, was (eigentlich) dem Iman widerspricht, als
Iman. Wiederum andere ziihlen es als Iman, ohne das, was der Iman
erfordert, zu erfüllen und es zu beachten.

Und andere behaupten von Dingen, die den Iman vernichten oder
vereiteln, dass sie obligatorisch für den Iman seien und wiederum andere
machen Dinge, die keinerlei Zusammenhang mit dem Iman haben zur
Voraussetzung dafür.

Der !rnttn ist zweifellos eine Sache, die fernab von alledem steht. Der
Inutn ist das Ergebnis davon zu wissen, was der Prophet (sas) übermittdt
hat, sein Glaubensverst:indnis zu bestätigen, mit der Zunge zu bezeugen,
sich voller Liebe und Demut zu ergeben, iiußerlich und innerlich Taten
zu verrichten und entsprechend den Möglichkeiten dazu einzuladen und
zu motivieren. Damit sich der Iman vervollstiindigt, muss man für Allah
(j.j.) lieben und hassen, für Allah geben und entziehen und Allah als
seinen Allah und als (einzig und allein) Anbetungswürdigen zu sehen.
Der Weg um zu Allah zu gelangen, wird dadurch befolgt, dass man
Seinem Gesandten (sas) sowohl iiußerlich als auch innerlich Gehorsam
leistet und das Herz davor zu hüten, jemand anderem außer Allah und
Seinem Gesandten (sas) zu schmeicheln.

Der Erfolg ist von Allah.

260
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wer auch immer mit Allah und nicht mit seiner Nafi beschäftigt ist, dem
wird Allah hinsichtlich der Versorgung seiner Nafi ausreichen. Und wer
auch immer mit Allah und nicht mit den Menschen beschäftigt ist, dem
wird Allah hinsichtlich der Versorgung der Menschen ausreichen. Wer
jedoch nicht mit Allah, sondern mit seiner Nafi beschäftigt ist, den wird
Er seiner Nafs überlassen. Und wer nicht mit Allah, sondern mit den
Menschen besclüftigt ist, den wird Allah den Menschen überlassen.

Die Wurzeln des Glücks

Wenn ein Diener die guten Dinge und seine Wünsche für jemand
anderen außer Allah vertisst, wird er nur Schwierigkeiten erleiden.
Zweifellos wird derjenige, der diese Dinge mit einem treuen und
aufrichtigen Herzen für Allah verlässt, so wird er keinerlei
Schwierigkeiten erleben. Lediglich beim ersten Mal wird ihn die Angst
packen und bei ihm die Frage aufommen, ob er nun wahrhaftig ist, weil
er all dies verlassen hat, oder ein Lügner. Wenn er bei dieser
Schwierigkeit nur wenig Geduld aufbringt, wird es unmöglich für ihn
sein Gefallen daran zu haben.

Ibn Sirin sagt: ,,Ich sah Shimiyh; Er schwor auf Allah und sagte: ,,Wenn
der Diener eine Sache für Allah verlässt, wird er das vorfinden, was er
verloren hat." Aus seinen Worten versteht man: Wer auch immer eine
Sache für Allah verbsst, dem wird Allah (j.j.) mit Sicherheit etwas
Besseres geben.

Vielmehr sind die Dinge, welche er erhalten wird, sehr unterschiedlich.


Das Beste, was einem Diener zuteil werden kann, ist die Freundschaft
mit Allah, die Liebe zu Allah, ein Herz, welches mit Ihm Zufriedenheit
erlangt, lebendig, fröhlich und zufrieden ist.

261
Al-Fawaid von Sheikh Ihn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Der peinlichste aller J'vf enschen ist der, der, kurz bevor er zuhause
ankommt, seinen Weg verliert.

>- Die Verstiinde, die mit dem Erfolg gest:irkt wurden, sehen dass
das, was Rasulullah (sas) gebracht hat, die Wahrheit ist und dem
Verstand und der Weisheit entsprechen. Der Verstand, der von
der Zerstörung und der Vernichtung unterdri.ickt wurde, glaubt,
dass es einen \'v'iderspruch zwischen dem Verstand und der
ßeforderung und zwischen der Weisheit und der Shrtriil gibt.

>- Die schnellsten Wege zu Allah (j.j.):

1. Mit der Sttnnilh zu verschmelzen, ihm :iuf~erlich und


innerlich gerecht werden

2. Sich stets als abhiingig von Allah (j.j.) zu betrachten.

3. Sich Allahs Angesicht durch \'v'orte oder durch Taten zu


erwi.inschen

Eine Pers<m kann nur durch diese drei Dinge Allah erreichen, ebenso wie
sie durch den Verlust aller oder auch nur einer dieser drei Dinge Allah
nicht mehr erreichen.

Es gibt drei Grundlagen, durch die ein Diener das Gliick verlieren kann.
Und zu allem gibt es ein Gegenteil. Wer auch immer diese Grundlagen
verlieren sollte, wird dem Gegenteil verfallen:

1. Trwhici. Sein Gegenteil ist der Shirk

262
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

2. Sunn{{h. Sein Gegenteil ist die Bidri.

3. Gehorsam. Sein Gegenteil ist die Auflehnung.


Alle drei Dinge haben zusammen nur ein Gegenteil und das ist, dass sich
das Herz davon trennt Allah (j.j.) zu verlangen und Ihn zu fürchten und
Abstand davon nimmt, das aufzuzählen (zu erkennen), was sich bei Ihm
befindet.

Die Rechtgeleiteten und die lrrgeleiteten

Allah (t) sagt:

„So legen Wir die Zeichen im Einzelnen dar, auch damit der Weg der
Übelt~iter offenkundig wird." [Al-Anam:55]

„Wer sich dem Gesandten widersetzt, nachdem ihm die Rechtleitung


deutlich geworden ist, und einem anderen Weg als dem der Gläubigen
folgt, den lassen Wir verfolgen, was er verfolgt hat, und in der Hölle
brennen - welch schlimmes Ende!" [An-Nisa: 115]

Allah (t) hat in Seinem Buch den Weg der Mu 'minun und den Weg der
Jvlujrimin 80 und das Ende beider Gruppen ausführlich beschrieben.

80 V erb rech er
263
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Außerdem berichtete Er uns offen iiber die Taten und Freunde der
beiden Gruppen und darüber, dass Er einer dieser Gruppen den Erfolg
und der anderen den Niedergang gegeben hat. Zudem erliiutert Er
denjenigen, den er den Erfolg gew;ihrt hat, die Gri"mde dafür und
denjenigen, denen er den Niedergang bestimmt hat, ebenso. Allah (j.j.)
hat beide Gruppen in seinem Buch erw;ihnt, sie erktirr und über sie so
klar berichtet, wie die Augen das Licht und die hnsternis erkennen und
so offenkundig, dass die Weisen darüber Zeuge sein würden.

Jene, die Allah (j.j.), Sein Buch und Seine Religion kennen, haben
sowohl über den Weg der Gtiubigen, als auch den der Sünder detallierte
Kenntnis. Beide Wege sind ihnen deutlich geworden. Genauso wie der
Weg für diejenigen, die ihr Ziel errei~hen möchten und der \'v'eg der
Zerstörung deutlich ist. Jene sind unter den Geschöpfen die, die am
meisten Wissen besitzen. Aufscrdem sind sie Menschen, die am
nützlichsten sind und am meisten ermahnen bzw. anspornen. Sie sind
die Helden unter den Rechtgcleiteten. Die S1thrtb1t gingen jenen, die
nach ihnen kommen, genau mit diesen Eigenschaften bis zum Tag des
jüngsten Gerichts voraus. Zweifellos befanden sich die Srth1tbfl im Irrtum,
Kuffe, Shirk und auf allen anderen Wegen, die zur Vernichtung führten
und haben diese Wege genauestens gekannt. Danach kam Rasulullah
(sas) zu ihnen und brachte sie aus den Dunkclheiten heraus auf den Weg
der Rechtleitung, er führte sie auf den geradlinigen Weg Allahs. Sie
traten aus einer gewaltigen Finsternis heraus und tauchten in ein
vollkommenes Licht ein. Sie verließen den Shirl~ und traten in den
Tiwhitl ein, sie gingen von der Unwissenheit zum Wissen, von der
Schamlosigkeit zur Geradlinigkeit, von der Unterdrückung zur
Gerechtigkeit, von der Verwirrtheit und Blindheit zur Rechdeitung und
Weisheit. Somit verstanden sie den Wert von dem, was sie erreicht und
erlangt hatten. Denn es ist schön das Gegenteil vom Iman zu kennen
und sich somit vor dessen Übel sicher zu sein. lv[an erkennt den Wert
einer Sache erst durch ihr Gegenteil. So hat sich der Wunsch und die
Liebe der S1thdb1t nach dem, wonach sie sich gcriclnet haben sowie ihre
Feindschaft und ihr Hass zu den Dingen, vor denen sie geflohen sind,

264
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

vermehrt. Sie wurden im Hinblick auf den Ttmhid, Imttn und Islmn zu
den liebsten unter den Menschen und zu jenen, die das Gegenteil davon
am meisten ablehnten und verabscheuten. Auch waren sie es, die beide
Wege in all ihrer Ausführlichkeit kannten.

Einzelheiten ( Tafsilat)

Da sie in einer islamischen Gesellschaft gelebt haben, kannten einige


derer, die nach den S{lhttbtl kamen, das Gegenteil des Islam nicht in all
ihrer Bandbreite. Sie konnten lediglich den Weg den Mujrimin
beschneiden, weil sie über den Weg einiger Mu' minun detaillierte
Kenntnis besagen. Der Grund liegt darin, dass sie entweder in beiden
oder in einem der beiden Wege wenig Wissen hatten. Genau wie Om{lr
Ibn Khttttttb (r.11.) gesagt hat: ,,Der Islam wird sich in Stücken auflösen.
Wer im Islam aufgewachsen ist, kennt die / {lheliytt nicht." Dieser Satz
verdeutlicht das vollstiindige/ausgeprägte Wissen von Omttr.
Selbstverstiindlich ist ein Diener, welcher die /tthleliytt und ihre Gesetze
nicht kennt -und die /tlhehliytt betrifft alles was gegen das spricht, was
Muhammad (sas) gebracht hat - selber einer von den fuhtll (ein
Unwissender). Der Begriff /ttheliytt wird mit der Unwissenheit (/tlhi~
gleichgesetzt. Zweifellos liegt der Ursprung der Dinge, die gegen
Rasulullah (sas) sprechen, im f{lhil.

Wer auch immer den Weg der lvlujrimin nicht kennt und dieser sich
ihm nicht zeigt, der wird einige der Wege der Mujrimun für die Wege
der Mu'minun halten.

Genauso wie er bei vielen Themen der Umm{lh wie beispielsweise der
Aqida, dem Wissen und der Taten die Meinung hineinschleust, dass das
Meiste darin von den Si.indem (Mujrimun) den Ungtiubigen und den
Feinden des Propheten ist. Einige der Ansichten der Mujrimun fügte er -
da er davon ausging, dass sie nicht von den Mujrimun stammen - in die
Wege der Mu'minun, lud dazu ein und schloss jene vom Islam aus, die
265
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

diesen Ansichten widersprachen. Er sah die Dinge, die Allah und Sein
Gesandter (sas) zu Hrmnn erkliirt haben, als Hrt!al an! Genauso wie die
Leute der Erneuerung (Ahlul Bida) von den /ahmiyyrt, Qadflriyya,
Hawrtrij und Rrifzrlhrt mit ihren Gruppen Bidrt einführten, dazu einluden
und diejenigen, welche sich dagegen stellten, vom Islam ausschlossen.

Bezüglich dieses Themas teilen sich die Menschen in vier Gruppen:

/, 1. Diejenigen, die sowohl die Wege der lvfu 'minttll als auch jene der
/.,··p·,, lvfujrimmz bezüglich \'v'issen und Taten genauesten kennen.
Zweifellos handelt es sich hierbei um die, die das meiste Wissen
unter den Geschöpfen besitzen.

2. Diejenigen, die beide dieser Wege nicht sehen können und blind
sind. Sie sind wie Tiere. Auch sind sie es, die am meisten den
Wegen der lvfujrimun folgen und so wie sie werden.

3. Wer auch immer ohne den Einfluss des Gegenteils sich danun
bemüht den Weg der Ivfu'rninun zu erlernen, der wird das
Gegenteil des Weges der lvlu 'mimm nur durch seine
Widersprüche zum Weg der !v!u 'mimm kennen. Er wird wissen,
dass alles, was gegen den Weg der lvfu 'mimm spricht, falsch ist,
selbst wenn er dies nicht detailgenau begründen kann! Und wenn
er etwas hört, das gegen den Weg der lvfu 'minun spricht, wird er
sein Ohr davor bewahren dies anzuhören. Er wird seine Nrtß
nicht damit beschiifrigen das zu verstehen und die Perspektive der
Unwahrheit kennenzulernen. Der Zustand einer solchen Person
ist wie jemand, deren Nrifs so entpannt ist, dass ihm das Begehren
der Begierden weder in den Sinn kommt noch in das Herz
gelangt. Sie entspricht dem Gegenteil der ersten Gruppe. Denn
sie (die erste Gruppe) kennen die Shahzvat und ihre Nrifs 'neigen
sich dem. Sie versuchen sie mit grofser Anstrengung für Allah
(j.j.) zu verlassen und arbeiten daran.

266
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Man fragte Ornar Ibn Khctttczb bezüglich dieses Themas und


schrieb ihm folgenden Brief: ,,Es gibt einen Mann, den die
Shcthw11t nicht beeinflussen und ihn nicht berühren! Ist diese
Person besser als derjenige, den die Shahwat anstacheln und er sie
trotz allem für Allah verbsst?" Daraufhin antwortete Omar (r.a.)
mit folgendem Brief: ,,Wenn der Mensch, dessen Nafs sich nach
Sünden und Shahwrlt sehnt, diese für Allah verlässt, gehört er zu
denjenigen, deren Herzen von Allah in Bezug auf die Taqwa
geprüft wird. Zweifellos gibt es Vergebung und eine große
Belohnung für sie.

Somit wird sich bei keinem, der die Bida, den Shirk und die
Wege der Falschheit kennt, sie für Allah (t) missbilligt, sich davor
bewahrt und davor bewahren lässt und deren Weg zu seiner Nafs
verhindert und dies nicht an seinem Iman kratzen bsst, Zweifel
und Bedenken einnisten können. Da er diese Dinge kennt, wird
sich seine Weisheit umso mehr dafür weiten die Wahrheit zu
erkennen, seine Liebe (zu Ihm) wird zunehmen und er wird die
Sünden als hiisslich empfinden und sie für Ihn hassen. Diese sind
vorzüglicher als diejenigen, deren Shahwat und Nafs von
solcherlei Dingen garnicht erst berührt werden. Denn sie werden
jedes Mal, wenn die Shahwat ihre Herzen erreichen, sich dafür
entscheiden sie für Allah zu unterlassen. Dadurch wird ihre Liebe
(zu Allah) zunehmen und sich ihre Freude und ihr Glück
mehren. Ihr Glaube an Ihn wird an Stärke gewinnen. Genauso
wie es bei jenen ist, die die Shczhwat und die Sünden begehren.
Jedes Mal, wenn sie die Shahwat überkommen, wenden sie sich
dem Gegenteil davon zu und bleiben den Shahwat fern. Ihre
Liebe gegenüber dem Gegenteil von den Shahwat und ihre
Wünsche nehmen dadurch zu. Sie werden Ihn wollen und dabei
zielstrebig sein. Die Weisheit weshalb Allah (t) Seine gläubigen
Diener mit den Shahwclt und den Sünden prüft und ihre Ncifs
ihnen gegenüber schwach stimmt, liegt darin, dass Er ihre Nafs
zu noch Vorzüglicherem, Lieberen, Nützlicheren leitet. Und das

267
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

bedeutet, dass diese Personen ihre Sünden und Begierden für


Allah verlassen und sich mit ihnen auseinandersetzen müssen.
Letztlich wird sie dieser Kampf gegen die Begierden zum
erhabensten Geliebten (Allah) führen. Demzufolge wird der
betroffene Mensch jedes Mal, wenn die Shllhwilt seine Nttjs '
anstachelt und er ihnen gegenüber in höchstem Maße gewillt ist,
es wissen, seine Wünsche, Sehnsucht und Liebe in eine ewwe b
und erhabene Form umzulenken.

Zweifellos ist seine Liebe Ihm gegeniiber und sein Verlangen


nach Ihm viel größer und seine Zielstrebigkeit Ihm gegenüber
vollkommener. Ganz im Gegensatz zu der niedrigen N,tjs, die
fern davon ist! Denn ganz gleich wie sehr sich diese niedrige Nttjs
nach dem Erhabenen sehnt, besteht zwischen diesen beiden
Wünschen ein großer Unterschied. Zweifelsfrei ist derjenige,
dessen Nllfi von Begierden angestachelt wird und sich trotzdem
Allah zuwendet, nicht wie jemand, für den die Beldmpfung der
Shahwat garkeine Rolle spielt und der sich (sowieso) anderen
Dingen widmet.

Allah prüfr Seine Diener mit den Shilhw,1t. Sei es um Seine


Diener davor zu hüten oder sie davor zu bewahren und sie somit
Allahs Zufriedenheit, Niihe und Gaben erlangen zu lassen.

4. Dies ist die Gruppe, die die Wege des Übels, der Biclll und des
Kujfrs genauestens kennen und ein priignantes Wissen über die
Wege der Jvlu 'minun besitzen. Dies ist der Zustand der meisten
Menschen, die die Beirriige und Bücher der alten Völker sowie
der Leute der Birl,z kennen und ein breites Spektrum an Wissen
darüber besitzen, jedoch nicht über dasselbe Ausmaß an Wissen
bezüglich dem, was Rasulullah (sas) gebracht hat, verfügen. Selbst
wenn sie in manchen Themen ein großes Maß an Wissen
besitzen, kennen sie das, was Rasulullah (sas) gebracht hat nur im
Allgemeinen, ohne detailliertes Wissen darüber zu haben. Wer in

268
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

ihre Bücher blickt, wird zweifelsfrei erkennen, dass dem so ist.

Gleichermaßen wird jemand, der die Wege der Ungerechtigkeit


und des Neides gut kennt und sie befolgt, Reue begeht und
diesen Wegen den Rücken kehrt und fortan den Weg der
Erretteten befolgt, grobes/allgemeines Wissen (und kein
detailliertes) Wissen darüber haben. Diese Person wird begreifen,
dass das Wissen, dass sie bereits ein Leben lang befolgt und
umgesetzt hat, eigentlich nicht vorhanden und falsch ist.

Kommen wir nur zur Absicht: Allah (t) möchte, dass man die
Wege Seiner Feinde kennt, damit man sich vor ihnen in Acht
nimmt und sie als Feinde erkennt.

Genauso wie Er möchte, dass man die Wege Seiner Freunde


kennt, diese Wege liebt und verfolgt.

In dieser Eihigkeit sind zweifellos unzählige Vorteile und


Geheimnisse vorhanden, welche außer Allah niemand kennt. Die
Rububiyycth von Allah (t), Seine Weisheiten, die allgemeine
Vollkommenheit Seiner Namen und Eigenschaften und ihre
genaue Zugehörigkeit, ihre Notwendigkeit und Ph!inomene ...
Und dies ist der erhabenste Beweis für Seine Rububiyyah, Seine
Majest;it, Seine Göttlichkeit, Seine Liebe und Seinen Hass, dass
Er Derjenige ist, Der belohnt und bestraft. Allah weiß es am
besten.

Die Bediirftigen warten vor der Türe ihres Herrn und bitten ihn
um ihre Bedürfnisse. Ihre Freunde sind diejenigen, die sie lieben.
Ihre Herren sind diejenigen, die sie bitten, von denen sie
erhoffen, die ihnen nahe stehenden und Freunde. Wenn der Herr
möchte, dass einigen unter den Bedürftigen ihre Belange erledigt
werden, erlaubt er einigen seiner Nahestehenden und besonderen

269
Al-Fawaid von Shcikl1 Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Freunde, dieser Person behilflich zu sein. Nur damit dies eine


Barmherzigkeit für diesen besonderen l;reund und den
Nahestehenden ist und es ein Bewirtung für den Bedürftigen.
Die anderen ivlenschen werden von der Türe weggetrieben und
mit der Sklavenpeitsche geschlagen.

Zehn nutzlose Angelegenheiten

Es gibt zehn Punkte, die keinen Nutzen bringen:

1. Wissen, das nicht umgesetzt wird


2. Taten, die ohne Aufrichtigkeit und Kontrolle begangen werden
3. Besitz, das nicht gespendet wird. Dieser Person wird der Besitz,
den sie in der Dttnyrt angeh'.iuft hat, keinen Nutzen bringen und
in der Akhirrt wird es ihr ebenso keinen Vorteil verschaffen
4. Das Herz, welches sich von der Liebe zu Allah, von der Freude
Ihm gegenüber und von der Freundschaft zu Ihm entfernt hat
5. Ein Körper, das sich des Gehorsams und der Dienerschaft zu
Ihm entledigt hat
6. Eine Liebe, die nicht der Zufriedenheit und den Befohlen seines
Liebsten folgt
7. Die Zeit, die verschwendet wird oder nichts Gutes und keine
N!ihe bewirkt
8. Gedanken, die nutzlos sind und sich tun inhaltslose Dinge
drehen
9. Eine Dienerschaft, die dich Allah nicht 1d1erbringt und nicht
bewirkt, dass du in der Dunyrt auf den richtigen Weg kommt
10. Dass du Furcht und Hoffnung gegenüber Allah hegst, obwohl du
selbst deiner Nrtjs weder einen Schaden noch einen Nutzen
bringen kannst, ihr kein Leben oder Tod geben kannst, dich

270
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

nicht selber wieder auferwecken kannst und du nur am Knauf


von Allah ein Sklave bist und dich in Seiner Hand beflndest. 81

Es gibt noch zwei weitere Nachteile, die noch viel größer sind als jene,
die aufgezählt wurden:

1. Das verlorene Herz


2. Die verlorene Zeit

Das verlorene Herz ist, dass man die Dunya vor die Akhira stellt. Die
verlorene Zeit ist, dass eine Person mit verschleierten Taten lebt. Somit
sammelt sich alles Üble in der ßefolgung seiner Gelüste und bei den
verschleierten Taten. Der ganze Islam vervollständigt sich, indem man
der Rechtleitung folgt und Vorbereitungen für den Tag, an dem man
Allah begegnen wird, trifft.

Allah ist Derjenige, Der um Hilfe gebeten wird.

Es gibt eine verwunderliche Sache: Es entsteht ein Bedürfnis bei einer


Person und damit sich in diesem Thema seine Wünsche und Belange
verwirklichen, wendet er sich an Allah. Sie macht Dua, damit ihr Herz
von dem Tod der Unwissenheit und der Rebellion wieder Leben findet
und von der Krankheit der Shahwttt und Zweifel geheilt wird. Jedoch
kann das Herz, seine Auflehnung nicht mehr bemerken, wenn es tot ist.

81 (Zweifellos ist es eine wahre und gewünschte Sache, dass eine Persern gegenüber
Seinem Herrn Furcht und Hoffnung hegt. Aber hier ist etwas anderes damit gemeint.
Also, auch wenn er gegenüber Allah Furcht und Hoffnung hegt, wird trotzdem das
eintreten, was Allah möchte und wenn Er will, kann Er trotzdem Seinen Diener
vernichten. In dieser Situation wird weder die Furcht noch die Hoffnung etwas
bringen. -Mutcrjim)
271
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die wahre Dienerschaft

Es gibt drei von einander nicht trennbare Dinge bezüglich Allah (j.j.), die
Seine Diener anbelangen: Die Befehle, die Er ihnen erteilt, die
Vorherbestimmung, die Er für sie bestimmt hat und die Gaben, die Et
ihnen darbietet.

Es gibt zwei Arten der Vorherbestimmung: Zum einen die


Schicksalsschl:ige, zum anderen die Einschr:inkungen. Der Diener dient
hierbei auf jeder Stufe. Der liebste Diener ist für Allah derjenige, der auf
diesen Stufen seine Dienerschaft vollbringt und sein Recht ausführt,
U nrer den Geschöpfen ist dieser Diener zweifelsfrei derjenige, der Allah
am nahesten steht. Wer die Dienerschaft auf diesen Stufen nicht
vollbringt und hinsichtlich des Wissens und der Taten (diese
Dienerschaft) nicht austibt, ist von Allah am meisten entfernt.

Die Dienerschaft bcztiglich der Gebote besteht darin, von innen heraus
Seine Befehle zu befolgen und Rasulullah (sas) zu fc)lgen.

Die Dienerschaft bezüglich der V crbotc besteht darin, sich vor Allah,
Seiner Größe zu fürchten und Ihn zu lieben sowie sich vor den Dingen,
die Er verboten hat, fernzuhalten.

Die Dienerschaft bezüglich der vorherbestimmten Schicksalsschtige


besteht darin, geduldig zu sein und zu wissen, dass Allah das Schönste für
den Diener gew:ihlt hat und Er das Beste für ihn möchte, dass Er huldig
zu ihm ist und ihm einen Schicksalsschlag zukommen Hisst, selbst wenn
man den Schicksalsschlag als schlecht erachtet..!
In dem der Diener weiß, dass nur Allah (j.j.) es ist, Der die
einschriinkende Vorherbestimmung aufheben und das Übd fortnehmen
kann und sich deswegen der Reue und der Bitte um Vergebung
zuwendet, erh;ilt er den Status von jemandem, der um Entschuldigung
bittet und bereut.

272
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Außerdem sollte man wissen: Wenn man die Fehler nicht unterlässt,
wird man von der Niihe zu Allah zur Distanz zu Ihm gelangen und von
Seiner Türe fortgetrieben werden. Dies betrachtet der Betroffene als eine
Krankheit, die niemand außer Allah heilen kann. Er sieht diese
Krankheit sogar als eine schlimmere, größere Krankheit an als eine
körperliche/ organische Krankheit.

Diese Person sucht den Unterschlupf vor Seinem Zorn bei Seiner
Zufriedenheit, vor Seiner Strafe bei Seiner Vergebung und vor Ihm bei
Ihm. Er flieht vor Seiner Strafe und sucht den Unterschlupf bei Ihm.
Wenn er fern von Allah ist und seine Nafi von Ihm entfernt, so weiss er,
dass es bei Allah noch größere und schlimmere Übel als dies gibt.
Zweifelsohne weiss er, dass man ohne Seine Hilfe nicht Ttlubci machen
und sich von diesen Fehlern reinigen kann und dass es keinen anderen
Weg hierbei gibt. Er weiß auch, dass diese Dinge in der Hand Allahs
liegen und nicht in der Hand eines Dieners. Außerdem weiß er, dass er
am hilflosesten, am schwächsten und am erfolglosesten gegenüber seiner
Nafs ist und auch, dass er ohne die Erlaubnis, den Wunsch und die Hilfe
seines Herrn nicht die Zufriedenheit seines Herrn bewirken kann.

Er ist bei seinem Herrn untergeschlüpft. Er befindet sich gegenüber


Allah in einem gezwungenen, erniedrigten und bemitleidenswerten
Zustand. Er wirft seine Ntlfi vor Ihn, wird vor Seiner Tür zu Seinem
Diener und Sklaven. Für Ihn sieht er sich selber als niederträchtig und als
der minderwertigste Mensch an. Er sieht sich als den unfähigsten,
ärmsten, bedürftigsten, zusprechendsten und liebsten Diener. Sein
Körper ist mit Seinen Urteilen beschäftigt, sein Herz vor Ihm in der
Niederwerfung und er weiß mit Gewissheit, dass es bei ihm selbst nichts
Gutes gibt und dass alles Gute nur von Allah ist. Er weiss, dass das Gute
in den Händen von Allah ist, es Ihm gehört und von Ihm ist und dass er
selber nur ein Werkzeug Seiner Gaben ist. Wenn der Diener dem
widersprechen sollte, in die Unachtsamkeit fallen und sich auflehnen
sollte, kann Er sich sowohl an ihm rZichen oder ihm - wenn Er möchte -
seine Gnaden erteilen.

273
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Tatsachlich gebührt die Ehre, der Dank und der Lob Allah. Dem Diener
gehört der Tadel, der Mangel, die l;ehler, die Schande, die mit
Anerkennung und Schmuck verkleidete Satire. Alles Lob gebührt nur
Allah. Alles Gute befindet sich zwischen Seinen zwei I-Einden. Alle
Tugenden, Belobigungen und die Dankesschuld gebühren Ihm. Das
Gute ist von Ihm und das Schlechte ist von den Dienern. Es liegt an
Seiner Grogzügigkeit, dass Er von Seinen Gaben den Dienern gibt. Sich
gegen Allah (j.j.) aufzulehnen und Ihn anzufeinden, ist von den Dienern.
Den Dienern Ratschtige zu erteilen ist von Ihm, bei den
Taten/Handlungsweisen zu betriigen ist von den Dienern.

Die Dienerschaft bezüglich der Gaben: Zuniichst muss der Diener die
Gaben (Allahs) kennen und sie eingestehen. Danach muss er sein Herz
davor schützen und bei Allah davor Zuflucht suchen, die Gaben jemand
anderem als Allah zuzuschreiben. Falls ein Grund von den Gründen
zustande gekommen ist, dann war Er die U rsachc und Derjenige, der sie
zustande kommen lieK Demzuf<Jlge ist die Gabe in jeglicher Hinsicht
nur von Allah. Danach rühmt der Diener auf Grund der Gaben Allah
und hegt Liebe Ihm gegenüber und nutzt diese Gaben um Ihm
Gehorsamkeit zu leisten, Er dankt Ihm.

Eine Bedingung um mit den Gaben die Dienerschaft zu erfüllen ist,


einzusehen, dass die Gaben, die einem zuteil wurden, viele sind und
Allah deshalb zu danken, sich jedoch dabei darüber im Klaren zu sein,
wie wenig man Ihm dafür dankt. Man muss wissen, dass die Gaben,
welche man von seinem Herrn erhalten hat, ohne eine Gegenleistung
und kostenlos waren. Man glaubt daran, dass man diese Gaben ohne
Hilfsmittel und ohne ein Recht darauf erhalten hat. Man weif~, dass diese
Dinge in Wahrheit von Allah und nicht vom Diener sind. Die Gaben
des Dieners vermehren sich, indem man sich vor Allah ergibt, sich für
ihn erniedrigt, Bescheidenheit übt und die Liebe zu Ihm pflegt. Jedes
Mal, wenn die Gaben den Diener erreichen, vermehren sie sich
entsprechend des Zustandes, in dem er sich bezüglich der Dienerschaft,
der Liebe, der Hingabe und der Erniedrigung befand. Jedes Mal, wenn

274
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

dieser eine Sünde begehe, kommt sein Wissen über die Taubct und sein
Bewusstsein bezüglich der Erniedrigung und der Entschuldigung ans
Liehe. Dies ist eine kluge und intelligente Person. Eine hilflose,
bemitleidenswerte Person ist jemand, der von diesen Dingen entfernt ist.

Der Erfolg ist von Allah (t).

Die Schönheit des Vertrauens/Sich Verlassens auf


Allah

Wer auch immer mit der Hoffnung auf Vermehrung oder der Angst auf
Verminderung oder mit dem Wunsch auf Gesundheit bzw. der Heilung
einer Krankheit seine Wahl und Auswahl verlässt, ist sich dessen bewusst,
dass Allah erhabener als alles andere ist.

Er weiß, dass Allah (j.j.) in der Auswahl und im Wählen alleine ist und
dass es besser ist, wenn Allah für Seinen Diener aussuche. Er weiß, dass
Er die Angelegenheiten Seiner Diener am besten kennt, ihre Nutzen und
Werte besser kennt, dass Er dem Diener mehr Ratschläge erteilr als der
Diener seiner Nafs, dass Er barmherziger ist, als der Diener zu sich selbst
barmherzig ist und dass Er noch viele weitere Wohlraten verübt.
Außerdem weiß er, dass ein Diener das Schicksal, welches Allah (j.j.)
bestimmt hat, nicht um einen einzigen Schritt übertreten oder verLögern
kann. Er wirft seine Ncifs vor Ihn, händigt Ihm all seine Angelegenheiten
aus, wirft sich vor einen Erhabenen, Ewigen, Gewaltigen Herrn, als ein
sehr schwacher Sklave hin. Und Allah vollzieht alles, was Er möchte,
bezüglich Seines Dieners. Der Diener dagegen hat keinerlei Anspruch auf
diesen Vollzug. Zweifelsfrei entspannt der Sklave in diesem Moment, wo
er frei von Sorgen, Reue und Geiz ist. Allah lädt sich all dies auf, nimmt
die Belange und Angelegenheiten Seines Dieners auf Seine Schulrer,
obgleich sie Ihm nicht schwer erscheinen, Ihm keine Enge bereiten und
keine Erschwernis für Ihn darstellen. In dieser Hinsicht möchte der
275
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Diener von Allah (j.j.) Seine Huld, Güte, Barmherzigkeit und Gnade. In
dieser Zeit wird der Diener keinerlei Sorgen, Krankheit oder Kummer
haben .. ! Denn er hat all seinen Kummer Allah (t) übertragen. Er hat all
die Fürsorge Allah zugewiesen und alles, was er noch möchte, ist Allah.
Demzufolge hat er keinen Wert auf die Belange und Angelegenheiten der
Dunya gelegt und hat sein Herz hiervon abdanken lassen. Letztlich hat er
das besten Leben erhalten, sein Herz wurde mit viel schöneren Gaben
geniihrt und seine Freude und seine Nttjs sind damit um Rangstufen
gestiegen. Wenn er sich hiervon abwendet, so bedeutet dies, dass er im
Sinne seiner Nafi entschieden und für sie ausgesucht hat. Er hat dies
entsprechend seinen Neigungen vollzogen und das Recht seines Herrn
nicht beachtet. Deshalb bsst ihn sein Herr mit dem, was er sich
ausgesucht hat, alleine bzw. sich selbst. Dies, weil er sich abgewendet hat.

Im Anschluss werden ihn Enge und Sorgen, Trauer und Geiz, Ängste
und Ermüdung, ein schlechter und ein hiisslicher Zustand ereilen. So
wird er kein reines Herz mdu haben, keine sauberen Taten besitzen,
keiner seiner Wünsche werden sich erfüllen, es wird keine Entspannung
eintreten, welche ihn befreien wird und ihn wird kein Behagen berühren,
welches er zuletzt finden wird. Vielmehr werden die Unmöglichkeiten
zwischen ihm und denen, die er erfreut hat, zum Ausbruch kommen. Er
wird nicht zur Ruhe kommen und es werden sich für ihn keine
Erfreunisse ergeben. Somit wird er in der Dunyrt sein Inneres so
zerfetzen, wie es die Wilden tun und mit keinem seiner Taten wird er
siegreich sein. Außerdem wird er hiermit für den Tag der Abrechnung
keinerlei Proviant sammeln können. Zweifelsfrei garantiert Allah dafür,
dass, wenn Er Seinem Diener etwas befiehlt und der Diener diesem
Befehl nachkommt, er diesen belohnen wird. Demzufolge wird Allah
(j.j.) dieser Person die versicherte/garantierte Versorgung, Genügsamkeit
und den Sieg als Gegenleistung bringen. Allah (t) garantiert die
Versorgung denjenigen, die Ihm dienen. Den Sieg gibt Er denjenigen,
die auf Ihn vertrauen und Ich um den Sieg bitten. Die Genügsamkeit
erteilt er denjenigen, die sich Allah wünschen und herbeisehnen. Die

276
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Vergebung gibt er denjenigen, die ihn um Vergebung bitten. Die


Antwort auf die Belange gibt Er, wann Er will, dem Diener, der sich
aufrichtig auf Ihn verliisst, dessen Hoffnung auf Ihn gestärkt ist und der
sich Seiner Huld und Großzügigkeit bedingungslos ergibt. Menschen
mit Verstiindnis und Verstand werden bei den Befehlen Allahs bleiben
und dabei, dass Er den Erfolg erreichen Hisst. Sie würden ihre Augen
nicht auf das richten, was Er garantiert.

Allah (t) ist zweifelsfrei Derjenige, der Sein Wort hält und bei Seinem
Wort wahrhaftig ist. Wer kann mehr sein Wort halten als Allah?! Mit
Sicherheit ist eines der Vorzeichen des Glücks, dass der Diener, ohne
dass das Wort der Garantie erwiihnt wird, sich Allahs Befehl ergibt. Eines
der Vorzeichen der Vorenthaltung ist, dass das Herz fern davon ist
Seinen (j.j.) Befehlen zu folgen, Ihn zu lieben, Ihn zu fürchten und sich
an der Garantie festnagelt.

Allah ist Derjenige, Der um Hilfe gebeten wird.

Bishr Ibn Hrtris sagt: ,,Die Bewohner der Akhira sind drei: Der Diener,
der Asket (der sich Entsagende) und der Wahrhaftige. Der Diener dient
Allah mit einigen weltlichen Bindungen. Der Asket durchschneidet diese
Bindungen und betet Allah auf diese Weise an. Der Wahrhaftige betet
Allah sowohl auf die richtige als auch auf die passende Art und Weise an.
Wenn er etwas in der Dunya sieht, dass man mitnehmen kann, dann
nimmt er dies und wenn er etwas zum verlassen entdeckt, so verlässt er
II
es.

277
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim AI-Jauziyyah

Sei nicht parteiisch

Wenn Allah und Sein Gesandter (sas) auf einer Seite sein sollten, so se1
keineswegs auf der anderen Seite! Denn, wenn du nicht auf ihrer Seit~
bist, bedeutet dies, dass du auf der falschen Seite bist. Die Grundlage de1,;
arabischen Wortes „Al-lvlus11kk11ttt" bedeutet so viel wie „einer Seit~
angehören", ,,sich auf der anderen Seite von dem zu beflnden, der einen1
gegnerisch gegenüber steht". Das Wort „Al-lv!11httdd1ztu" ist genau S<)
gemeint. Denn das Wort „Al-lvluh1ltld1zt11" bedeutet, dass sich der ein~
auf der einen Seite und der andere auf der gegnerischen Seite bdlndet.

Nicht, dass du diese Sache als klein ansiehst! Zweifel tisst ihre \'v'urze[
das Ziel und die Absicht erreichen. Ihre Kraft ist für vieles die Einladung,
So sei also auf der Seite von Allah und Seinem Gesandten (sas), selbst
wenn alle anderen Menschen auf der gcgcns:iczlichen Seite w:ircn,
Hierfür gibt es Belohnungen, die die Besten und Vorzüglichsten allq-
Belohnungen sind. Sie sind die nützlichsten Sachen, die man einenl
Diener in der Dmtytt geben kann, bevor er in die Akhira geht. Di<:
meisten Menschen jedoch bevorzugen es auf der anderen Seite zu stehen,
Insbesondere dann, wenn die Sehnsüchte und Ängste an St:irk<:
gewinnen ... ! So wirst du fast niemanden finden, der sich auf der Seit<:
von Allah und Seinem Gesandten bdlndet. Die Menschen vcrurteile11
obendrein noch diejenigen, die sich auf der Seite von Allah und Seinen1
Gesandten (sas) befinden als vcrstandlos und sehen sie als Menschen, di1:
für ihre Nrifs eine schlechte Wahl getroffen haben. Manchmal
beschuldigen sie diese auch als verrückt. Somit sind dies1:
Beschuldigenden die Erben der Feinde des Propheten (sas). Weil sie sich
auf der einen und die anderen Menschen auf der anderen Seite befinden,
beschuldigen sie die Seite von Allah und Seinem Gesandten (sas) und
ihre Anh:inger als Verrückte.

Aber wer auch immer seine Nlljs daran gewc)hnt hat, der bedarf eines
tiefen Wissens bezüglich dessen, was Rasulullah (sas) gebracht hat. Auf
diese Weise wird er absolute Gewissheit erlangen und hinsichtlich dieses
278
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Themas keinem Zweifel verfallen. Außerdem wird er gegenüber den


Anfeindungen seiner f;einde und dem Tadel der Tadelnden eine
beisielslose Geduld aufbringen. Damit er dies (auch tats~ichlich) makellos
ausfi"1hren kann, muss er ein starkes Verlangen haben, was die Themen
um Allah und den Tag der Ahhim betrifft. So wird dieser Person die
Akhira lieber als die Dunyrt erscheinen, er wird die Alchira vor die Duny1t
stellen. Allah und Sein Gesandter (sas) werden ihm lieber als alles andere
erscheinen. Nur leider ist es so, dass es nichts Schwierigeres für den
Menschen gibt, als diese Dinge (am Anfang) zu Stande zu bringen! Denn
seine Nafi und seine Gelüste, sein Naturell und sein Sheytan, die
parteiischen und die ihm nahestehenden rufen ihn zu sich. Wenn er sich
gegen sie stellt, so werden sie gegen ihn kämpfen. Wenn diese Person
geduldig und standhaft bleibt, so wird ihm Hilfe Allahs zuteil, auf das die
Erschwernisse leicht werden. Das Bittere wird süß. Mit Sicherheit ist es
Allah (t), Der den Menschen Gaben gew~ihrt und gibt. Demzufolge wird
Allah den Genuss auf Seiner und der Seite des Gesandten (sas) zu stehen,
gewiss mit dem Paradies schmecken lassen. Er wird deren Wundertaten
aufzeigen. So wird die Freude und Bewunderung bei dieser Person
steigen. Sein Herz wird Ruhe erlangen. Er wird mit seiner Kraft den Sieg
erlangen und wird mit Wohlstand und Glück bedeckt. Und diejenigen,
die gegen ihn gekämpft haben, werden auf der falschen Richtung
bleiben. Er wird unter denen bleiben, die vor ihm Angst haben, an ihn
glauben, helfen und unter denen, die ihn verlassen. Sein Heer wird
st~irker und das Heer seiner Gegner schwächer sein.

Es wird niemals zu schwer für dich sein dich gegen die Menschen zu
stellen und dich nach Allah und Seinem Gesandten (sas) zu richten,
selbst wenn du ganz alleine bist! Denn Allah ist mit dir zusammen und
du bist mit Ihm. Du stehst unter Seiner Bewachung und unter Seinem
Schutz. Allah (j.j.) wird dich nur mit deiner Gewissheit und deiner
Geduld prüfen. Die größte Hilfe, die dir von Allah zuteil werden kann,
ist, dass du von der Habgier und der Angst bezüglich des Falschen
fernbleibst. Wann auch immer du dich von diesen zwei Faktoren
isolierst, wird es sich dir n~ihern auf der Seite von Allah und Seinem

279
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Gesandten (sas) zu stehen und du wirst best:indig auf der Seite von Allah
und Seinem Gesandten (sas) bleiben. Wann auch immer die Habgier
und die Angst bei dir die Oberhand gewinnen, werden dich diese Dinge
nicht erreichen. Und sprech dies keineswegs vor deiner Nafi aus! Wenn
du dich nun fragen solltest, wie man sich von der Habgier und der Angst
säubern kann, so lautet meine Antwort darauf: ,,Mit Trtuhid, T(tuJttqqul,
dem Vertrauen auf Allah und dem Glauben daran, dass das Gute nur
von Ihm kommt und dass Er der Einzige ist, Der die Sünden tilgen kann
und indem du dir darüber im Klaren bist, dass alle Angelegenheiten bei
Allah sind und es bei niemand anderem etwas anderes gibt."

Wie kannst du deine Lage verbessern?

Eilt herbei um in die Religion Allahs einzutreten, ohne Krankheit,


Ermüdung und Sorgen, rennt herbei um Ihm ein Nachbar im Daru s-
Selmn (Paradies) zu werden! Ja kommt zu dem nahesten und dem
leichtesten Weg unter den Wegen ... !

Zweifellos befindest du dich in einer Zeit, die zwischen zwei Zeiten liegt
und dies ist in Wahrheit dein Leben. Somit liegt deine Zeit zwischen der
Vergangenheit und der Zukunft. Die Vergangenheit kannst du durch
Tattb{t, Reue und der Bitte um Vergebung begradigen. Die
Angelegenheit ist wahrlich keine, die dich iiberanstrengen wird. Sie wird
dich nicht krank machen und dich nicht mit einer körperlichen Tat
beanspruchen. Sie hat lediglich mit der Tat des Herzens zu tun. Die
kommenden Sünden (in der Zukunft) kannst du begradigen, in dem du
sie nicht begehst und dich von ihnen fernldtst. Dass du dich von ihnen
fernhiiltst und dabei entspannst, betrifft ja nicht die Tat deiner Organe,
so dass deine Auflehnung gegen sie dir körperlich schwer erscheinen
könnte. Dies geht nur mit Entschlossen- und Entschiedenheit. Wenn du
so vorgehst, werden dein Körper, dein Herz und deine Gedanken zur
Ruhe kommen. Die Sünden, welche in der Vergangenheit liegen, werden

280
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

durch die Tauba begradigt. Die kommenden dagegen, werden begradigt,


durch Vermeidung, Entschlossenheit und Absicht.

Bei beiden Dingen kann man nicht davon sprechen, dass eine Gefahr
dafür besteht, dass deine Organe erkranken oder ermüden. Jedoch ist der
wahre Zustand in deinem Leben, die Zeit zwischen diesen beiden Zeiten.
Wenn du dies verlierst, wirst du auch deine Glückseeligkeit und
Errettung verlieren. Wenn du aber die erwähnten Dinge sowohl vorher
als auch im Nachhinein, mit der Begradigung bieder Zeiten zusammen,
schützt, wirst du errettet und die Erholung, den Genuss und die
Überhäufung an Gnadengaben gewinnen.

Somit ist es schwieriger dies zu schi.itzen als das Vorherige oder


Nachherige zu begradigen. Du musst nämlich selber erkennen, dass es
für dich notwendig ist, da der Schutz das Beste und Nützlichste für deine
Nczfi ist und dass es das erhabenste ist, was dich die Glückseeligkeit
erreichen bsst.

Bei diesem Thema sind zweifellos die Unterschiede unter den Menschen
die größten aller Unterschiede.

Ich schwöre bei Allah bezüglich der verschwendeten Tage auf dieser
Dunya, auf der du deinen Proviant für den Tag sammelst, an dem du
entweder für das Paradies oder für das Höllenfeuer auferweckt wirst,
wenn du dem Weg deines Herrn folgst, wirst du die größte
Gli.ickseligkeit erlangen und du wirst im Leben auf der Dunya, das nicht
ewig dauern wird und nur von ganz kurzer Dauer ist, die größte
Errettung erfahren. Wenn du die Shahwat, die Faulheit, das Spiel und
das Vergnügen betrachtest, so wird sich die größte Glückseligkeit mit
höchster Geschwindigkeit von dir entfernen und dich wird ein großer
und stetiger Schmerz einnehmen. Dies ist ein stetiger Schmerz, dessen
Erschwernis und Sorge noch größer sind. Die Erschwernis bei Allahs

281
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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Verboten und dem Gehorsam gegeniiber Ihm geduldig zu bleiben und


sich deswegen gegen seine Gelüste zu stellen, ist best:indiger.

Die Zeichen für einen gesunden Willen

Das Zeichen für einen gesunden Willen ist, dass derjenige der den
Willen besitzt, die Zufriedenheit seines Herrn erlangen möchte. Er
bereitet sich auf die Begegnung mit Ihm vor. Er ist traurig über die Zeit,
die er ohne die Zustimmung Allahs verbracht hat. Obwohl ihm Allah ein
Freund ist und ihm nahesteht, bereut er es, dass er seine Dienerschaft
nicht perfekt zu Stande bekommt. Wenn wir dies nun zusammenfassen,
bedeutet es, dass der Diener Tag und Nacht nichts anderes auger Allah
begehrt.

282
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Das Entsagen bezüglich der weltlichen Belange

Wenn die Menschen mit der Dunya reich werden möchten, so wünsche
du dir mit Allah reich zu werden (binde dich an niemand anderen außer
Allah).

Wenn sie sich mit der Dunya freuen, so freu du dich mit Allah. Wenn sie
sich mit denen anfreunden, die sie lieben, vergesse du nicht Allah ein
Freund zu sein! Damit ihnen Stolz und Ehre zuteil wird, öffnen sie sich
ihren Ältesten und Herren und versuchen sich ihnen zu nähern.
Offenbare du deinen Zustand Allah und sei liebenswürdig gegenüber
Ihm. Zweifelsfrei wirst du auf diese Weise den größten Stolz und die
gröfüe Ehre erlangen. Manche enthaltsamen Leute sagen: ,,Wir kennen
niemanden, der, nachdem er vom Paradies und von der Hölle Kenntnis
genommen hat, seine Zeit ohne das Gedenken Allahs, das Gebet, den
Quran und den Gehorsam mit Jhsmz verbringt." Wenn einer zum
anderen sagte: ,,Ich weine sehr viel.", bekam er als antwort: ,,Wenn du
mit denen lachst, die dir deine Fehler offen ins Gesicht sagen, ist dieser
Zustand zweifellos besser für dich, als wenn du deine Taten hier und da
erziihlst und weinst. Denn die Tat wird sich nicht über deinen Kopf
erhöhen, wenn du sie jedem erzählst." Daraufhin sagte der andere: ,,Gib
mir einen Ratschlag!" und erhielt als Antwort: ,,Genau so wie sie das
J cnsei ts seinen Leuten überlassen haben, solltest du das Diesseits seinen
Leuten überlassen. Sei wie eine ßiene im Diesseits. Auf diese Weise wirst
du, wenn du etwas isst, das essen, was schön und lecker ist und wenn du
jemanden verköstigst, wirst du ihn mit dem schönen verköstigen und
wenn du auf eine Sache fällst, wirst du sie nicht kaputt machen und es
nicht verbeulen."

283
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Teile der Entsagung

Die Teile der Entsagung:

1. Sich von Haram fern halten. In Wirklichkeit ist dies Ftml ,d


Ayn.s2

2. Sich von zweifelhaften Dingen fernhalten. Zweifelsfrei richtet


sich dies nach den Stufen des Zweifels. Wenn der Zweifd
zunehmen sollte, so wird das Fernhalten von diesen Dingen
wajib. 81 Wenn der Zweifel schwach sein sollte, so ist das
Fernhalten davon !v!usflthab. 8 i

3. Sich von unnötigen Dingen fernhalten.

4. Sich von leeren Worten, leeren Blicken, unnötigen Fragen und


Begegnungen fernhalten.

5. Gegenüber den Menschen enthaltsam sein.

G. Gegenüber der Nrifs enthaltsam sein. So wird die Nrtß nur Allah
(j.j.) nahe sein/stehen.

7. Es gibt eine Form der Enthaltsamkeit, die alle anderen


einschließt. Dies ist, allem anderen außer Allah und allem, was
von Allah ablenkt und beschiiftigt, zu entsagen und sich davon
fernzuhalten.

81 (persönliche Pflicht)
s.i (Pflicht, der Unterschied zu Fard liegt in den Konsequenzen, welche daraus folgen)
81 (freiwillig)

284
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die höchste Enthaltsamkeit ist diejenige, die im Verborgenen ausgeübt


wird. Und die schwierigste Enrhaltsameit ist, den Dingen zu entsagen,
die man eigentlich begehrt und genießt. Der Unterschied zwischen
Enthaltsamkeit und Furcht ist, dass die Enthaltsamkeit darin liegt, die
Dinge zu verlassen, die für die Akhira keinen Nutzen bringen. Die
hird1t ist, dass man die Dinge ve&isst, bei denen man befürchtet, dass
sie einen Schaden für die Akhirtz bergen. Kommen wir nun zu dem
Herzen, das an die Shahwrzt gebunden ist. Dass dieses Herz sich
enthalten oder fürchten kann, ist unmöglich.

½zhy1z Ibn lv!urulh sagt: ,,Ich wundere mich über diese drei Dinge.":

1. Ein Mann, der mit seinen Taten gegenüber einem anderen


Menschen, der genauso ein Geschöpf wie er selbst ist,
Augenclienerei (Riyrz) begeht und die Taten, die für Allah sind,
verl/isst.

2. Ein Mann, der von seinem Besitz nichts abgibt und sich
hinsichtlich seines Besitzes gegenüber Allah geizig verhält,
obwohl sein Herr von ihm (um ihn zu prüfen) eine Leihgabe/ein
Darlehen will.

3. Ein Mann, der die Gespräche der Geschöpfe und ihre


Freundschaft bevorzugt und sich ihnen zuwendet, obwohl sein
Herr ihn zum Gespr~ich und zur Freundschaft ruft.

285
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Sich dem Befehl zu widersetzen ist schlimmer, als


eine verbotene Tat zu begehen

Stlhl Ibn Abclulltth sagt: ,,Es ist bei Allah (t) eine gröGere Sünde ein Gebot
nicht zu verrichten und demnach einem Befehl nicht nachzukommen,
als eine Sünde zu begehen. Denn obwohl es Adllm (ll.s.) verboten war
von der Frucht des Baumes zu essen, hat er davon gegessen und bei
seinem Herrn Tttub1t gemacht und Allah hat seine Tttttbrt akzeptiert. Ihlis
dagegen wurde es befohlen sich vor Adtlm niederzuwerfen, doch er warf
sich nicht nieder und seine T1tttbtl wurde nicht akzeptiert."
Damit möchte ich sagen, dass dieses Thema ein Thema ist, dass von
besonderer Wichtigkeit ist. Die Befehle Allahs zu verlassen ist
zweifelsfrei bei Allah (j.j.) schwetwiegender als eine Sünde zu begehen.
Die Erläuterungen hierzu lauten wie fc,lgt:

a) Scthl 's Zitat über Admn (1,.s.) und Ihlis, den l;eind von Allah.

b) Kommen wir nun zu der Sünde, die verbotenen Dinge zu


begehen: Ihr Ausgangsort und ihre Wurzel liegen in den Shtthwat
und den Bedürfnisse. Was die Sünde anbelangt, die Befehle zu
verlassen, so liegt ihr Ausgangsort und ihre Wurzel im Hochmut
und in der Überheblichkeit. Wer in seinem Herzen nur einen
Funken Hochmut tr~igt, wird das Paradies nicht betreten. Hierzu
ergiinzend: Wer in seinem Herzen nur einen hmken Trwhid
trägt, wird in das Paradies eingehen, selbst wenn er Ziwt
begangen oder geklaut haben sollte ... !

c) Die befohlenen Dinge auszuführen ist bei Allah (j.j.) besser als
die verbotenen Dinge zu verlassen. Genauso wie die
Wahrhaftigen dies auf folgende Weise bewiesen haben:
Rasulullah (sas) sagte: ,,Die vorzüglichste aller Taten bei Allah ist

286
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

das Gebet, das zur richtigen Zeit verrichtet wird." 85 Außerdem


sagte er: ,,Soll ich euch nicht verraten, welches eurer Werke das
beste ist, welches bei eurem König das segensreichste ist, welches
das höchste für euren Rang ist, welches besser für euch
als das Spenden von Gold und Silber (für die Sache Allahs) ist
und welches besser ist, als dass ihr euren Feinden begegnet, ihre
Nacken (für die Sache Allahs) schlagt und dass sie eure Nacken
schlagen?" Die Gefahrten antworteten: ,,Doch!" Er erwiderte:
„Das Gedenken Allahs." 86

Ein Hadith lautet: ,,Wisset, dass die beste eurer Taten das Gebet
ist. " 87

Es ist eine (Allahesdienstliche) Tat die verbotenen Dinge zu


verlassen. Zweifelsfrei ist es die Nafi eines Menschen, die davon
abh'.ilt. Aus diesem Grund hat Allah (t) Seine Liebe (Muhabba)
an die Ausführung und somit an die Befolgung Seiner Befehle
gebunden, genau so wie es in den folgenden Ayaat zum Ausdruck
gebracht wird:

„Allah liebt die, die auf seinem Weg kämpfen in einer Reihe, als
wären sie ein festgefügter Bau." [As-Saff:4]

83 (ßuchari-527 und Muslim-85, Überliefert durch den Hadith von Abdullah Ibn
Masud)
86 Ahmad-21702. lsnad. sahih. Überliefert vom Hadith von Abu Darda. Für die

ausH.ihrliche Überlieferung im besagten Werk nachschlagen.


87 Ahmad-22433. Hadith sahih. überliefert durch den Hadtih von Savban. Für die

ausftihrliche Überlieferung im besagten Werk nachschlagen.


287
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Die in guten und schlechten Tagen spenden, ihren Groll


unterdriicken und den Menschen verzeihen - Allah liebt die
Rechtschaffenen" [A'li-Imran: 134]

„Und wenn zwei Gruppen von den Gliiubigen einander


bekämpfen, so stiftet Frieden zwischen ihnen. Wenn die eine
von ihnen gegen die andere in ungerechter Weise vorgeht, dann
kämpft gegen diejenige, die in ungerechter Weise vorgeht, bis
sie zum Befehl Allahes umkehrt. Wenn sie umkehrt, dann stiftet
Frieden zwischen ihnen nach Gerechtigkeit und handelt dabei
gerecht. Allah liebt die, die gerecht handeln." [Al-Hujurat:9]

„Und so manchen Propheten gab es, mit dem viele Scharen


gekämpft haben. Sie erlahmten nicht wegen dessen, was sie auf
dem Weg Allahes traf: und sie wurden nicht schwach, und sie
gaben nicht nach. Umi Allah liebt die Standhaften." [A'li-
Imran: 146]

Wenn wir nun die Seite der verbotenen Dinge betrachten,


entstehen die meisten Missstfode in Bezug auf die Liebe. So wie
es in den Ayaat heißt:

288
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und wenn er an der Macht ist, reist er auf der Erde umher, um
Unheil auf ihr zu stiften und Saatfelder und Nachwuchs zu
verderben. Aber Allah liebt das Unheil nicht." [Al-Baqara:205]

,, (Dies), damit ihr nicht traurig seid über das, was euch
entgangen ist, und euch nicht (zu sehr) der Freude hingebt über
das, was Er euch hat zukommen lassen. Und Allah liebt
niemanden, der eingebildet und prahlerisch ist," [Al-Hadid:23]

„ Und lciimpft auf dem Weg Allahes gegen diejenigen, die gegen
euch kämpfen, und begeht keine Übertretungen. Allah liebt die
nicht, die Übertretungen begehen. " [Al-Baqara: 190]

„ Allah liebt es nicht, daH jemand über das Böse öffentlich


redet, es sei denn, es wurde ihm Unrecht getan. Allah hört und
weiH alles." [An-Nisa: 148]

„Und dient Allah und gesellt Ihm nichts bei. Und behandelt die
Eltern gut und die Verwandten, die Waisen, die Bedürftigen,
den verwandten Beisassen, den fremden Beisassen, den

289
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyirn Al-Jauziyyah

Geflihrten an eurer Seite, den Reisenden und das, was eure


rechte Hand besitzt. Allah liebt die nicht, die eingebildet und
prahlerisch sind," [An-Nisa:36]

In einer anderen Ayat berichtet uns Allah (j.j.), dass er die


verbotenen Dinge als widcrwiirtig betrachtet und darüber zürnt:

„Das schlechte Verhalten in alledem ist bei deinem Herrn


verpönt." [Al-Isra:38]

„Dies, weil sie dem folgen, was Allah erzürnt, und sein
Wohlgefallen verabscheuen. So macht Er ihre Werke wertlos."
[Muhammad:28]

Da man diese Dinge weiß, sind die Handlungen bei den


Themen, die Allah liebt, von der Person beabsichtigt.
Demzufolge bestimmt Allah (t) jenen, die Er liebt, die Dinge, die
Er als widerwiirtig erachtet und hasst. Genauso wie Er Sünden,
den Unglauben und die Frevlerei bestimmt, 1wf dtls Seinen
Liebsten Seine Bestimmung zuteil wird. Denn auf diese Weise
kommen ihre Bedürfoisse zum Vorschein. Genauso wie der
fih1id, der Wunsch nach dem Miirtyrertod, die Ttmbtl des
Dieners, seine Ergebenheit gegenüber Allah, sein Wohlbefinden
bei Ihm sowie Seine Gerechtigkeit und Vergebung zum
Vorschein kommen. Gleichermafsen kommt seine Rache und
Ehre zum tragen sowie Seine Freundschaft und der Hass
Seinetwegen etc. etc. Die Dinge, die es gibt und die Dinge, die
Er als widerwiirtig erachtet, enthalten alle eine Weisheit. Somit
ist es besser, dass Allah (j.j.) diese Angelegenheiten und Ursachen
von der Bildfüiche nimmt.

290
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Nun wird klar, dass Ihm die Dinge, die Er liebt lieber sind als die
Dinge, die Er nicht liebt. Und dies erlfotert der nun folgende
Punkt:

d) Die befohlenen Dinge auszuführen, wird von jeder einzelnen


Person höchstpersönlich verlangt. Die verbotenen Dinge zu
verlassen, erfordert dagegen die befohlenen Handlungen zu
vervollst'.indigen. Dem Diener wurde das Verbot auferlegt, da es
die anbefohlene Handlung verdirbt oder schwächt oder sie
mangelhaft macht .... Genauso wie Allah (t) den Alkohol und das
Glücksspiel verboten hat, da es vom Gedenken Allahs und vom
Gebet abhält.
Mit Sicherheit sind die untersagten, verbotenen Dinge die
Hindernisse und Barrieren. Sie halten von den befohlenen
Handlungen und ihrer Vollständigkeit ab. Somit ist es für
jemand anderen ein Erfordernis die verbotenen Dinge zu
verbieten. Die obligatorischen Dinge zu befehlen dagegen stellt
für den Diener selbst ein Erfordernis dar. Dies wird im nächsten
Punkt e1liutert.

e) Der Vorgang des Befehls hat damit zu tun, die Kraft des
Glaubens und ihre Beständigkeit zu bewahren. Die verbotenen
Dinge zu verlassen hat hingegen damit zu tun, den Glauben vor
Kawstrophen zu schützen, die seine Kraft beeinträchtigen und
ihn aus der Fassung bringen. Die Bewahrung der Kraft hat
Vorrang vor dem Schutz.
Der Schutz ist eine Sache, den man von jemand anderen erhofft.
Dies bedeutet die Bewahrung der Kraft und ihre Beständigkeit.
Auf diese Weise wird der lmrtn, wenn er an Stärke gewinnt, die
minderwertigen Faktoren vertreiben und es verhindern, dass
diese Faktoren Oberhand gewinnen. Dieser Zustand wird sich
entsprechend der Kraft bzw. Schwäche des Imans entwickeln.
Sollte er schwach sein, werden die schlechten Faktoren Oberhand

291
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyirn Al-Jauziyyah

über ihn erlangen. Demzufolge solltest du über diesen Aspekt gut


nachdenken und ihn verstehen!

f) Den Befehlen zu gehorchen, bedeutet für das Herz


Wiederbelebung, Nahrung, Schmuck, Freude, Augentrost,
Zufriedenheit und Gbade.Wcnn der Diener alle verbotenen
Dinge verbsst, dabei jedoch keinen Imm1 hat und die befohlenen
Taten nicht verrichtet, wird es ihm keinen Nutzen bringen die
Sünden verlassen zu haben und er wird für die Ewigkeit in
fahrmnmn kommen, ohne dort jemals wieder herauszukommen.
Und diese Erläuterungen stellen sich mit dem n:ichsten Punkt
heraus.

g) Wer auch immer die befohlenen und verbotenen Dinge begeht,


wird entweder jemand sein - dessen gute 'I'atcn die Schlechten
übetwiegen und auf Grund dessen uncingeschriinkt gerettet ist,
oder jemand, der, nachdem von ihm sein Anteil genommen und
er für seine Sünden bestraft worden ist, Errettung erlangt. Sein
Platz ist in Richtung der Errettung. Dies ist das Ergebnis davon,
dass man die befohlenen Dinge verrichtet. Und wer auch immer
die befohlenen und verbotenen Dinge verl:isst, der wird zerstört
und nicht gerettet werden. Er kann nur durch die befohlenen
Handlungen gerettet werden. Zweifelsfrei ist dies der Tauhid.

Wenn gesagt werden sollte: ,,Diese Person ist nur deshalb


vernichtet worden, da sie das Bedenkliche, also Shirk, begangen
hat", so sollte darauf geantwortet werden:

„Gewiss reicht es aus den explizit anbefohlenen Tauhid zu


verlassen um vernichtet zu werden. Selbst dann, wenn er nicht
etwas macht, was Shirk - das Gegenteil von T auhid - enthiilt.
Selbst dann, wenn sein Herz komplett vom Trwhid abkommt
und nichts mehr davon i.ibrigbleibt, wird er vernichtet werden.

292
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Selbst dann, wenn er niemand anderem außer Allah dient, wird


er vernichtet werden! Wenn er jemand anderen außer Allah
anbetet, wird er bestraft werden, weil er den befohlenen Tauhid
verlassen und den verbotenen Shirk begangen hat. Und dies
erliiutert der niichste Punkt.

h) Wenn jemand zum Iman eingeladen wird und hierauf antwortet:


„Ich bestiitige es nicht, ziihle es aber auch nicht als Li.ige. Ich liebe
es nicht, aber hasse es auch nicht. Ich diene weder Ihm, noch
diene ich jemand anderem.", wird er alleine deswegen, weil er
protestiert/ sich dagegen auflehnt und das Anbefohlene verlässt,
zum I<tiflr. Wenn er jedoch sagt: ,,Ich bestätige den Gesandten
(sas), ich liebe ihn und glaube an ihn und führe aus, was er mir
befohlen hat. Jedoch lassen es meine Shahwat, meine Sehnsüchte
und mein Naturell nicht zu, dass ich die verbotenen Dinge
verlasse und beherrschen mich. Und ich weiss zweifelsfrei, dass
der Prophet (sas) diese Dinge verboten hat und es als wide1w;irtig
erachten wi.irde, dass ich sie begehe. Jedoch schaffe ich es nicht
bei diesen Dingen geduldig zu sein", so wird diese Person mit
diesen Worten nicht zum Kajlr. Das Urteil in diesem Fall
unterscheidet sich im Vergleich zum vorherigen Urteil. Denn
diese Person wird zu einem Teil als gehorsam gewertet. Aber
derjenige, der die Gebote von Grund auf verlässt, wird keines
Teils als gehorsam gezählt. Und dies erläutert folgender Punkt:

Der Gehorsam und die Auflehnung sindvom Grunde her an den


ßefehl/ das Gebot und von der Folgsamkeit her an das Verbot
gebunden. Somit ist ein gehorsamer Diener jemand, der sich an
die Gebote hiilt. Der auflehnende Diener dagegen ist jemand, der
die Gebote verlassen und sich dagegen aufgelehnt hat. Allah (t)
befiehlt:

~-t.;..:J1, L 1·~ ~<'..IA.\, f<:11i;11 ~ 1 !,i ~ ~I ,:~\l.Jb_


'llll \Aj ___,.g3
.) . , J (..)"' .) ~ 3 ___,.g ..J-lA U:L ~ ~r
./ ; ',,.,Li~ J::!:- •','\Li =&I ; ' ,, 'J Jli.::i.l:i)tc ~~ 1g;lc
\ UJYJ:1 UY"-"::J ~ Y u~ , , , ~

293
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

„0 ihr, die ihr glaubt, hütet euch selbst und eure Angehörigen
vor einem Feuer, dessen Brennstoff l'vlenschen und Steine sind
und über das hartherzige und strenge Engel gesetzt sind, die
gegen Allah nicht ungehorsam sind in dem, was Er ihnen
befiehlt, sondern tun, was ihnen befohlen wird." [At-Tahrim:GJ

../ (5 _JA
,'1 , -~, ,,'• a'.'1.9
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~. •. , •• , ; !'

„Mir zu folgen? Bist du denn gegen meinen Befehl ungehorsam


gewesen?»" [Ta-Ha:93J

Als Arnr Ibn As im Sterbebett lag, sprach er folgendes:

,,Du hast mir anbefohlen, aber ich habe mich dagegen aufgelehnt.
Dabei gibt es keinen lllah aufser Dir."
Der Dichter sagt: Ich habe dir eine klare Sache anbefohlen.
Doch du hast dich gegen mich aufgelehnt und mir zuwider
gehandelt.

Der Grund für die Entsendung des Propheten (sas), ist Allah zu
gehorchen. Und dies verwirklicht sich nur indem man Seine
Gebote einhiilt. Sich vor den Verboten zu hüten dagegen, gehört
zu den Faktoren, die das Einhalten der Gebote vervollstiindigen.
Aus diesem Grund hi.itet sich der Diener vor den verbotenen
Dingen. Wenn er jedoch die Gebote nicht ausführt, wird er kein
gehorsamer sondern ein sich auflehneder/rebellischer Diener.
Wenn der Diener Gebote verrichtet, zugleich jedoch Verbote
begeht, so wird er - ganz gleich wie rebellisch oder sündig er ist -
auf Grund der Tatsache, dass er die Gebote eingehalten hat, ein
gehorsamer Diener sein und auf Grund der Tatsache, dass er die
Verbote begangen hat, ein Rebell. Derjenige der die Gebote
verliisst, ist genau das Gegenteil davon: Selbst wenn er sich

294
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

insbesondere vor den verbotenen Dingen hütet, wird er nicht


gehorsam sein.

i) Sich an die Gebote zu halten bedeuetet Ib11da, Nähe und


Dienerschaft. Für diese Anbetung wurde die Schöpfung
erschaffen. Genauso wie es in der Ayat heißt:

„Und Ich habe die Djinn und die Menschen nur dazu
erschaffen, daß sie Mir dienen." [Az-Zariyat:56]

Laut dieser Ayat hat Allah die Geschöpfe nur zum Zwecke der
Dienerschaft erschaffen. Auf dieselbe Weise hat Er die Propheten
mit genau dieser Absicht entsandt und ihnen Bücher offenbart,
damit sie Ihm dienen. Demzufolge ist die Bestimmung der
Erschaffung der Geschöpfe die Ibad1t. Sie wurden nicht
erschaffen um dies zu verlassen. Somit würde das Fehlen dieser
Sache „Admn i Amir"88 bedeuten. Es wäre das Gegenteil vom
Befolgen der Gebote/Befehle. Denn dies ist ein Befehl, der zu
befolgen und zu ve1wirklichen ist.Und dies wird auf folgende
Weise im n!ichsten Punkt erl~iutert.

j) Der Zweck der Verbote ist, dass eine (verbotene) Handlung nicht
vorgenommen wird, was „Adam i Amir" bedeutet. Der Zweck
der Befehle dagegen ist, dass eine bestimmte Handlung
vorgenommen wird und dies wird als „ Wudjudi Amir''89
bezeichnet. Somit ist die Verbindung des Gebots seine Existenz
und die Verbindung des Verbots, dass es nicht

88 (durch das V errichten einer kleinen Sache folge ein großes Resultat, ßeispielsweise
Garten gicfsen und das daraus folgende Resultet betrachten)
89 (Ein ßcfd1l, welches mit der Existenz zu tun hat)

295
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

existiert/zustandekommt. Das Verbot ist nur dann vollst;indig,


wenn es einen vorhandenen Befehl entl1;ilt. Der Sohn Adan1s
wird nur dann voilst;indig sein und seinen Zweck erfüilen, wer1 11
die Tat, die nicht existieren/zustandekommen soll, einc 11
endgültigen Befehl end1;ilt. Der existenzielle Befehl ist dc 1,
gewünschte, geforderte und anbef<)hlenc Befehl. Somit hat sich
die Wahrheit des Verbotes zu einem Befehl gewandelt. Das, w;1s
innerhalb der Verbote gefordert wird, ist demzufolge ein
existenzieller Befehl. Und dies offenbart uns den n;ichsten Punkt,

k) Die Menschen sind bezüglich dem Zweck der Verbote


unterschiedlicher Meinung. Das vom Verbot geforderte ist die
verbotene Handlung nicht zu begehen oder anzugehen und dass
es ein notwendiger Befehl ist. Sie sagten: ,,Denn das Angebot
beinhaltet eine Bestimmung, woran es gebunden ist. \'v'errn eine
Sache mit Sicherheit nicht geschehen wird, ist sie nicht
bestimmt." Dies ist die Ansicht der /umhur al Ulmn11. Ab1t
H11shim und andere wiederum sagten diesbezüglich: ,,\'v'as
persönlich gefordert wird, ist, dass eine Handlung nicht
vorgenommen wird, also nicht stattfindet. Aus diesem Grund
ergibt sich ihre Bestimmung mit der nicht vorhandenen/nicht
vorgenommenen Handlung. Außerdem zieht er sich davon
zurück eine verbotene Handlung vorzunehmen. Denn, wenn er
sich nicht von den verbotenen Handlungen zurückzieht wird er
ein sich auflehnender/rebcllisd1er Diener sein. Selbst wenn die
Menschen innerlich nicht daran denken das Schiindliche zu
verlassen, loben sie gewiss diejenigen, die es verlassen und sich
davon fernhalten." Diese Ansicht ist eines der Ansichten von Al-
Kadi Abu Bllkr. Er erl;iuterte ja bereits, dass die nicht
stattfindende Handlung eine Sache ist, die bezüglich des Dieners
bestimmt worden ist. Er sagte: ,,Der Zweck der Verbote ist ja,
dass deren Gegenstand dazu bestimmt ist nicht zu sein. Und dies
wurde bestimmt." Eine Gruppe von Gelehrten sagte: ,,Das Ziel der
Verbote entspricht dem Gegenteil der Handlungen. Denn das ist

296
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

es, was Allah, der Bestimmer, damit meint. Als Er die Hurerei
verbat, tat Er dies, da er die Tugendhaftigkeit wollte.

Und dies ist, was damit befohlen wird. Er verbat den Dhulm,
weil er die Gerechtigkeit wollte. Er verbat die Lüge, weil Er die
Wahrheit wollte. Und das trifft auf alle verbotenen Dinge zu.
Demzufolge liegt die Wahrheit des Verbots darin, dass Gegenteil
dessen, was verboten wird, zu wollen. Der Befehl entsteht erst,
wenn das Etwünsclne an die anbefohlene Tat gebunden ist.

Dies geschieht in zwei Formen:

1. Etwas (unmittelbar) zu wollen. Dies ist das, was befohlen wird.

2. Das Verbotene nicht zu wollen, um das Gegenteil davon zu


bewirken.

Wenn er sich keine Gedanken um die Verantwortungen macht


und seine Nafs nicht dazu leitet und zum Ursprung zurückkehrt,
wird er für das, was er verlassen hat, keinen Lohn erhalten. Wenn
er sich für Allah (j.j.) über seinen Zustand Gedanken macht und
seine N1tfi von dem Verbotenen fernhält und zudem das
Verbotene freiwillig verl~isst, so wird er dafür, dass er seine Nafs
gehütet hat, belohnt werden. Dies ist eine tatsächliche Handlung.
Die Belohnung wird nur bezüglich der tatsächlich geschehenen
Handlungen erfolgen und nicht bezüglich derer, die nicht
wirklich geschehen sind. Wenn eine Person eine Tat aus
Entschlossenheit heraus unterlässt, während sie dabei ihre Gelüste
und ihren starken Drang (die Tat zu begehen) unterdrückt, erhält
sie hierfür den Lohn. Unterlässt sie jedoch das Begehen einer
Handlung aus dem schlichten Grund, weil es ihr nicht möglich
ist, sie auszuführen, erhiilt sie hierfür keinen Lohn. Fasst sie die
Absicht dazu eine Tat zu begehen, wird jedoch aus irgend einem

297
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Grund an der Ausführung gehindert, wird sie nicht in dem MaE


bestraft, wie derjenige, der sie ausgeführt hiitte, allerdings wird sie
für ihre schlechte Absicht und ihre Lust zur Ausfi.ihrung bestraft.
Zweifelsfrei wird dies von einer Vielzahl an Gbubenss~itzen
bewiesen. Demzufolge darf niemals derjenige gelobt werden, der
deren Gegenteil entspricht, so wie Allah (j.j.) bdlehlt:

,,Allah gehört, was in den Himmeln und was auf der Erde ist.
Und ob ihr das, was in eurem Inneren ist, offenlegt oder
geheimhaltet, Allah rechnet mit euch darüber albn Er vergibt,
wem Er will, und Er peinigt, wen Er will. Und Allah hat Macht
zu allen Dingen." [Al-Baqara:284]

Bezüglich demjenigen, der das Zeugnis (die Zeugenaussage)


zurücl<l1iilt/geheim hält:

,,Und wenn ihr auf einer Reise seid und keinen Schreiber findet,
so soll ein Pfand genommen werden. Und wenn die einen von
euch den anderen etwas anvertrauen, so soll derjenige, dem
etwas anvertraut wurde, das ihm Anvertraute zurückgeben, und
er soll Allah, seinen Herrn, fürchten. Und verschweigt nicht das
Zeugnis. Wer es verschweigt, dessen Herz, ist siindig. Allah
weiß, was ihr tut." [Al-ßaqara:283 J

298
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

In einer anderen Ayat heißt es:

„Allah belangt euch nicht wegen unbedachter Rede in euren


Eiden. Aber Er belangt euch wegen dessen, was eure Herzen
begehen. Und Allah ist voller Vergebung und langmütig." [Al-
Baq ara:225 J

In Zusammenhang mit diesem Thema sagte Rasulullah (sas):


„ Wenn zwei Muslime sich mit ihren Schwertern auseinander
setzen, ist sowohl der Getötete als auch der Mörder im Feuer."
Sie fragten: ,,Das mit dem Mörder haben wir verstanden, aber
was war die Schuld des Getöteten?" Daraufhin antwortete
Rasulullah (sas): ,,Er hat doch ebenso darüber nachgedacht den
anderen zu töten!" 90

Ein anderer Hadith lautet: ,,Ein Mann sagte: <<Wenn ich


Vermögen hätte, hiitte ich ebenfalls das gemacht, was der „So
und So" gemacht hat.>> Zweifelsfrei tdgt er dieselbe Absicht wie
er (der Vermögende). Beide sind in der Sünde gleich. " 91

Wenn wir nun zu der Aussage „Das Ziel der Verbote ist das
Gegenteil der Handlung" kommen, so ist der Zustand nicht so.
Denn das Ziel ist, dass die Handlung nicht stattfindet/nicht
begangen wird und dass es mit zwei Gegenteilen vermischt ist.
Denn eine Pflicht (Wajib), die erst mit einem bestimmten Faktor

90(ßuchari-31, und Muslim-2888, überliefert durch einen Hadith von Abu


Bakr.)

91 Hasan. Ahmad-18024, Überliefert durch Abu'l-Kabsha al-Anbari. Für die


ausführliche Metni des Hadithes im besagten Werk nachschlagen.
299
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

vollständig ist, ist aufgrund der erstt::n Absicht absichtslos. Auch


wenn es sich bei dem, was mit der ersten Absicht gemeint ist, um
das Anbefohlene handelt, so ist auch dieses Anbefohlene eines der
verbotenen und schwiichenden Dinge. Somit wird gewollt, dass
das Verbotene (g:inzlich) verschwindet (nicht begangen wird). Es
ist gewollt, das die verbotenen Wege gestopft und geschlossen
werden. Das Anbefohlene soll durchgd1.ihrt und zustande
gebracht werden und gleichzeitig werden auch die Absichten und
Ziele gefordert.

Ibn flrtshims Aussage: ,,Selbst, wenn einer Persern das Verlassen


(einer Sache/einer Tat) nicht einmal einfällt, wird er für das
Verlassen der Hiisschlichkeiten gelobt werden." Wenn hierbei
mit „Lob" gemeint ist, dass diese Persern nicht getadelt wird, so
stimmt es. Wenn damit jedoch gemeint ist, dass er (gerade)
deshalb gelobt, geliebt und (von Allah) belohnt wird, so stimmt
dies nicht. Denn die !vlcnschen werden gewiss nicht jemanden
loben, der die Zintt verlassen hat, weil ihm die körperliche Kraft
dazu fehlt oder den Stummen, der das Listern und Loben
aufgrund seiner Unflihigkeit zu sprechen unterl:isst. Diejenigen
die sie loben sind jene, die sich vor den Sünden hüten, obwohl sie
die Stiirke und Kraft dazu haben.

Al Qrtdi: ,,Im Grunde genommen ist das Zuendegehen/die


Beendigung einer Sache/einer Tat etwas, was gcwi.irdigt wird."
Wenn er damit meint, dass man die N,ifs von den verbotenen
Handlungen entfernt und fernh:ilt, so ist dies richtig. Wenn er
damit jedoch die verbotene Handlung selbst meint, so ist dies
nicht richtig. Und dies wird im niichsten Punkt ersichtlich.

1) Etwas zu befehlen bedeutet aufgrund der verstandesm:ißigen


Notwendigkeit vom Gegenteil abzuhalten und nicht um etwas zu
fordern. Denn das Ziel cmes Befehles ist, dass die befohlene
Handlung ausgeführt wird. Wenn es also cmes der

300
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Voraussetzungen des Befehls ist, das Gegenteil dessen zu


verlassen, so ist das
Verlassen davon für einen Anderen das Ziel geworden. Und dies
ist in Bezug auf die Frage die richtige Antwort. Also ist dies die
Antwort auf die Frage: ,,Ist die Bedeutung eines Befehls das
Gegenteil zu verbieten oder nicht?"
Diese Antwort zeigt uns, dass es aufgrund des Erfordernissess
und der Absicht verboten wurde. So ist es auch, wenn man eine
Sache verbietet und davon abhält.

Die Absicht beim ersten Verbot ist es, die verbotetenen Dinge zu
verbieten. Die Herangehensweise mit dem Gegenteil rührt nur
aus der verstandesmäßigen Notwendigkeit her. Wie bereits
erwiihnt wurde, wird das verboten, was dem zuwider ist, was
befohlen/geboten wurde. Das, was befohlen wird, erfolgt in
beiden Eillen mit der ersten Absicht.

Dies bedeutet im Wesentlichen, dass, wenn man eine Sache


fordert, die Sache an sich fordert und für notwendig h~ilt. Etwas
zu verbieten hingegen bedeutet, die Sache an sich zu verlassen
und das zu verlassen, was dafür notwendig ist. In beiden Fällen
wird gewünscht, dass man handelt und verlässt. Beides sind
fassbare Befehle.

m) Die Verbote und Gebote bewegen sich auf der Ebene der
Befehle. Für das, wofür es keine Bestätigung gibt, gibt es auch
kein Lob. Wenn das Lob und die Anerkennung nichts Positives
beinhalten, können sie auch nicht das Negative erreichen. Denn
zu verneinen bedeutet nicht vorhanden zu sein, nicht vollständig,
nicht des Lobes föhig. Wenn es eine Bestätigung geben wi.irde, so
würde mit ihr Lob einhergehen. Ähnlich verhält es sich mit der
Vergesslichkeit, welche man verneint (ihr entgegenwirkt und
versucht sie nicht aufkommen zu lassen), da sie dem
Wissenserwerb und der Selbstreinigung beungünstigt. Oder

301
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Müdigkeit, Schwäche und Kraftlosigkeit getadelt wird, wenn


man stark und miicl1tig ist. Oder auch wie die Tatsache, dass
Müdigkeit und Schlaf nicht vorhanden sind, wenn man lebendig
ist und aufrecht steht. Oder Er keine Kinder und keinen Partner
benötigt, weil Er der Reiche, der König und der Herr ist. Oder
man Ihm keine Partner beigesellt, er zum Vormund genommen
wird und ohne seine Erlaubnis keine H.irbittc gemacht wird, weil
er - aufgrund Seiner mfogcllosen Einzigartigkeit - Einzig ist
(ohne Teilhaber) in Seiner Vollkommenheit, in Seiner Anbetung
und Seiner Herrschaft:. Oder es keine Unterdrückung aufgrund
Seiner Gerechtigkeit gibt. Oder die Augen Ihn aufgrund Seiner
Großartigkeit nicht erfassen können. Selbst wenn die Augen Ihn
in der Akhirrl erblicken können, ist Er, Allah dennoch erhaben
darüber, dass man Ihn begreift. Im Gegenfall könnte im Diesseits
nicht die Rede von (Seiner) Lobpreisung sein.

Wenn nun all dies verstanden wurde: Wenn das Verbotene einen
fassbaren, feststehenden Befehl beinhaltet, so wird das Verlassen
davon nicht gelobt.
Nur auf Grund des Verlassens wird nicht der Lohn und Lob
verdient. Genauso wie der Lob und Ruhm nur aufgrund des
Nicht-Seins nicht verdient wird.

n) Allah (t) verspricln im Falle der Befolgung Seiner Befehle/Gebote


jede gute Tat mit dem Zehnfachen zu belohnen. Bei den
verbotenen Dingen und den Taten, vor denen man sich hüten
sollte, verspricht Er den einfachen Lohn. Dies verdeutlicht, dass
Ihm die Befolgung Seiner Befehle/Gebote lieber ist, als die
Unterlassung der, Verbote. Wenn sich das Gegenteil ereignen
sollte, dann (weil das Geborene verlassen wurde) werden die
Sünden zehnfach geziihlt. Und wenn sich vor einer verbotenen
Sache gehütet wird, wird dafür ebenfalls belohnt oder ein Lohn
erhalten, der der Größe des Verbotenen entspricht, das verlassen
wurde.

302
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

ö) Der Zweck der Verbote ist, dass sie nicht begangen werden und
auftreten; ganz gleich ob der Diener es beabsichtigt oder nicht
und ob er daran denkt oder nicht. Demzufolge ist das Ziel, dass
das Verbotene nicht verrichtet wird. Was das Befohlene/die
Gebote anbelangt, so ist der Zweck dahinter, dass sie ausgeführt
und umgesetzt werden und sich damit durch Taten und Absicht
Allah geniihert wird.

Das Geheimnis der Sache ist folgendes: Zu wollen, dass eine


Sache zustandekommt ist Allah (j.j.) lieber als eine Sache zu
verrichten. Demzufolge ist es schlimmer, dass das, was Er
möchte, nicht ausgeführt wird als dass das, was Er nicht möchte,
ausgeführt wird. Zweifelsfrei ist Seine Liebe bezüglich des
Verrichtens der Dinge, die Er liebt, eine größere Angelegenheit,
als Seine Verachtung bezüglich des Verrichtens der Dinge, die Er
verboten hat. Der niichste Punkt erHiutert dies genauer.

o) Das Verrichten der Dinge, die Er liebt, Seine Hilfe und


Gegenleistung dafür und alles, was an Lob damit einhergeht,
rührt aus Seiner Barmhenigkeit (RahrrM) her. Und alles, was Er
nicht möchte, dessen Konsequenz und der daraus folgende Tadel
und das Leid sowie die Quittung dafür ist/zeugt von Seinem
Zorn. Es ist jedoch so, dass Allahs Rahmt! über Seinem Zorn
steht und diesen besiegt hat. All seine Eigenschaften der
Barmherzigkeit sind Seinen Eigenschaften des Zornes überlegen.
Mit Sicherheit ist Allah (t) Ar-Rahim (der Barmherzige). Seine
Rrthmrt wird von der Notwendigkeit Seines Wesens gezählt.
Genauso wie Sein Wissen, Seine Macht und die Tatsache, dass
Er lebendig ist, hört, sieht sowie Seine Huld. Das Gegenteil
davon ist niemals möglich. Wenn wir nun zum Zorn von Allah
kommen: Dies ist nicht eines von den Notwendigkeiten Seines
Wesens. Es ist auch nicht so, dass er stets zornig ist und sich der
Zorn niemals von Ihm entfernt. Die Propheten, die Er erschaffen

303
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

hat und die Ihn am besten kannten, sagten über den Tag der
Auferstehung: ,,Zweifelsfrei ist heute mein Herr so wütend und
zornig geworden wie Er auf diese Weise vorher noch nie so
wütend war und so zornig wird Er danach nie wieder werden. " 92
Seine Barmherzigkeit umfasst alle Dinge, Sein Zorn dagegen
nicht. Allah, der sich Seine Rrtlmlil zur Pflicht gemacht hat, hat
sich Seinen Zorn nicht zur Pflicht gemacht. Seine Rctlmw und
Sein Wissen umfassen alle Dinge.

Seine Rrthmrt und was das, was damit einhergeht sind Allah
lieber, als das, was Sdnen Zorn bewirkt und damit einhergeht.
Aus diesem Grund ist Allah die Barmherzigkeit lieber als der
Zorn. Die Vergebung ist Ihm lieber als die Rache. Die Existenz
der Dinge, die Er liebt sind Allah (t) lieber als das
Zugrundegehen der Dinge, die Er nicht liebt. Insbesondere dann,
wenn im Niedergang von etwas, was Er nicht liebt/nicht will, ein
Faktor enthalten ist, dass die Notwendigkeiten/Voraussetzungen
der Dinge, die Er liebt, (ebenfalls) zugrundegehen !;isst! Denn
Allah (j.j.) möchte nicht, dass die Notwendigkeiten der Dinge,
die Er liebt, verschwinden. Genauso wie Er nicht mödm:, dass
die Dinge, die Er als schlecht erachtet, existieren.

p) Die verbotenen Dinge, die die Spuren dessen sind, was Allah als
widerwiirtig erachtet, gehen zweifellos schneller zugrunde als die
Dinge, die Allah möchte und liebt. Sie vernichtet Allah Teal,
indem Er (die Sünden) vergibt und auslöscht. Die Spuren der
verbotenen Dinge vergehen durch die Trwbrt, die Bitte um
Vergebung, die durch Katastrophen bedingte Buge und die
Fürbitte. Zweifelsfrei löschen die guten Taten die schlechten.
Wenn sich die Sünden eines Dieners bis wrn Himmel aufstapeln
und er danach um Vergebung bittet, so wird ilun Allah vergeben.
Wenn ein Diener mit einer Duny11 voll Sünden - ohne Shirk -

92 ßuchari-4712 und ivluslim-194, Überliefen durch einen I Iadith von Abu Huraira.
304
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

vor Allah treten würde, so würde Allah dieser Person (wenn er


Trtubtl gemacht hat) mit einer Dunytl voll Vergebung
entgegentreten. Selbst wenn sich seine Si.inden vermehrt haben,
wird Allah (j.j.) Seinem Diener verzeihen und vergeben. Ein
kleine Sache, die der Diener verrichtet, kenzelt und löscht seine
Si.inden und dessen Spuren: Die aufrichtige Tflubtl und die Reue
bezüglich der Dinge, die er begangen hat. .. !

Die Vergebung der Sünden erfolgt durch die Tflttbfl des Dieners
gegenüber Allah, Seinen Gehorsam und der Tatsache, dass er auf
dem 1irnhid ist und sich nach Seinem Willen richtet. Dies
verdeutlicht, dass das Vorhandensein dieser Dinge Allah lieber
sind und Ihn zufriedener stellen. Und dies wird durch den
n~ichsten Punkt erläutert.

q) Zweifelsfrei hat Allah (t) (von dem Erlaubten) Dinge bestimmt,


die Er befohlen/geboten hat, damit sie von Seinen Geliebten
befolgt werden und von dem Verbotenen Dinge bestimmt, die er
als wide1w~irtig erachtet und verabscheut. Daher hat Er (j.j.) sich
über die Iiwbrt des Mannes, der seine Sachen verloren und sie
anschließend wieder gefunden hat und die des Mannes, der keine
Kinder kriegen konnte sowie die des durstigen Mannes, der die
Stelle des Wasser fand, sehr gefreut. Zweifelsfrei gab uns
Rasulullah (sas) ein Gleichnis bezüglich der Tflubct eines Dieners
und dies war unter den erfreulichen Dingen das, worüber Allah
(j.j.) sich wahrlich am meisten freute. 93

Es ist unmöglich, dass diese erhabene Freude, deren


Zustandekommen besser ist als deren Vorhandensein, sich ohne
das Zustandekommen der dafür erforderlichen Bedingungen
entsteht. Dies verdeutlicht, dass Ihm das Zustandekommen der
von Ihm (j.j.) geliebten Dinge lieber sind, als die Unterlassung all

'JJ ßuchari-6309 und Muslim-2747, Überliefere durch einen Hadith von Anas.
305
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

der Dinge, die Er als abscheulich erachtet. Somit ist Ihm die
Verrichtung von zwei Gebetseinheiten (rakaat) des Duha-
Gebetes lieber als das Unterlassen der Tötung eines Muslims.
Das Ziel hierbei ist: Die Gattung des Gebots steht über dem
Nachteil der zu verlassenden Gattung. Genau so wie die
mlinnliche Gattung über der weiblichen und die menschliche
Gattung über der der Engel steht. Zweifelsfrei bezieht sich hier
der Wunsch, also das Ziel auf die Erhöhung einer Gattung.
Ansonsten gilt dies nicht bezüglich eines einzelnen Menschens
persönlich.

Kommen wir nun zum Zweck: Dieser Zustand der Freude ist
nichts anderes als das Ergebnis der Reue und der anbefohlenen
Tat. Daraus versteht sich, dass das Anbefohlene lieber ist als das
das Begehen von Dingen, die eine Reue und ihre
Voraussetzungen löschen. Wenn gesagt werden würde: ,,Allah
(j.j.) hat sich nur wegen der Tauhrt gefreut. Denn Tauha bedeutet
die Verbote zu beachten/zu unterlassen. Somit ist Seine f;reude
aufgrund der Unterlassung der Sünde", so würde man antworten:
„Nein, das stimmt nicht. Denn mit Sicherheit ruft das
Unterlassen (der Sünden) diese Freude nicht hervor, nicht einmal
den Lohn oder die Anerkennung ... ! Ganz gleich wie sehr man
das Verlassen der Sünden als eine Notwendigkeit der Tauha
zählt, bedeutet „ 1,wha" nun einmal nicht „Verlassen". Die
Tttuha ist eine fassbare Handlung, die die Zuwendung zu Allah,
die Annliherung an Ihn den Gehorsam Ihm gegeni.iber
beinhaltet. Dafür ist es erforderlich, dass ihm (dem Diener)
Verbotene zu unterlassen/verlassen. Aus diesem Grund befiehl
Allah W:

306
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyil1' Al-Jauziyyah

„Und: «Bittet euren Herrn um Vergebung, dann wendet euch


Ihm zu, so wird Er euch eine schöne Nutznießung auf eine
bestimmte Frist geben, und Er wird jedem, der ein Verdienst
(erworben) hat, sein Verdienst zukommen lassen.» Wenn ihr
euch abkehrt, so fürchte ich für euch die Pein eines schweren
Tages." [Hud:3]

Demzufolge bedeutet Tauba, sich von den Dingen, die Allah


(j.j.) verabscheut, zu den Dingen, die Er liebt, zuzuwenden. Es
bedeutet nicht nur „verlassen". Denn wer auch immer lediglich
eine Sünde vertisst, wird sich nicht dem zuwenden, was Allah
lieb ist. Auch wird er nicht als jemand gezählt werden, der Tauba
begangen hat. Demzufolge bedeutet Taubti zu Allah
zurückzukehren, sich Ihm zuzuwenden und Ihm nahe zu sein. Es
bedeutet nicht nur eine Sache zu verlassen.

r) W cnn ein Gebot von ihm nicht ausgeführt wird, so wird der
Diener nicht das erwünschte Leben erreichen können. In
Bezug auf dieses Thema sagt Allah (t):

„0 ihr, die ihr glaubt, erhört Allah und den Gesandten, wenn er
euch zu dem aufruft, was euch Leben gibt. Und wißt, daß Allah
zwischen dem Menschen und seinem Herzen trennt, und daß
ihr zu Ihm versammelt werdet." [Al-Anfal:24]

307
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Ist denn der, der tot war, den Wir aber dann wieder lebendig
gemacht und dem Wir ein Licht gegeben haben, dag er darin
unter den Menschen umhergehen kann, mit dem zu
vergleichen, der in den Finsternissen ist und nicht aus ihnen
herauskommen kann? So ist den U ngtiubigen verlockend
gemacht worden, was sie zu tun pflegten." [Al-Anam: 122]

Beziiglich der K1if}t1r sagt Er:

„T ot. sind sie, nicht lebendig, und sie merken nicht, wann sie
erweckt werden." [An-N ahl:21]

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„Du kannst nicht die Toten hören lassen und auch nicht die
Tauben den Zuruf hören lassen, wenn sie den Rücken kehren."
[An-Naml:80}

Wenn wir nun zu den Verboten kommen: Wenn auch nur eines
davon vorherrscht, so heisst dies, dass die Krankheit
ausgebrochen ist. Mit Sicherheit ist ein Leben mit Krankheiten
besser als der Tod.

Wenn jedoch gesagt werden sollte: ,,Eines der Verbote gehört m


den Dingen, die zur Vernichtung führen. Und dies ist der
Shirk.", so antwortet man darauf: ,,Die Vernichtung kommt nur
als Ergebnis davon, dass der befohlene und Leben gebende
Tauhid nicht mdu vorhanden ist. Wenn man den 11whid
verliert, beginnt die V erniclnung. Eine Persern wird nur auf
Grund dessen Zerstört, dass er den gebotenen Ta11hicl nicht
verrichtet hat.

308
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

s) Während es bei den Geboten Dinge gibt, deren Verlassen zur


Vernichtung und zum stetigen Bösen führt, ist derartiges bei
V erboten nicht existent.

t) Eine gebotene Handlung bewirkt, dass die Verbote unterlassen


werden. Insbesondere wenn es mit Aufrichtigkeit, Gehorsamkeit
und als Ermahnung für Ihn gemacht wird! Allah (t) befiehlt:

„Vcrlies, was dir vom Buch offenbart wird, und verrichte das
Gebet. Das Gebet verbietet das Schändliche und das
Verwerfliche. Und wahrlich, das Gedenken Allahes ist größer.
Unc.l Allah weiß, was ihr macht." [Al-Ankabut:45]
Lediglich das Verbotene zu verlassen, wird die
befohlene/gebotene Handlung nicht hervorrufen oder erfordern.

u) Das, was Allah unter Seinen Geboten liebt, hängt mit Seinen
Eigenschaften zusammen. Das, was er unter Seinen Verboten als
hii.sslich erachtet, hat mit Seinen Handlungen zu tun.Dieses
Thema ist tatsiichlich eine sehr graziles Thema und bedarf einer
Aufldii.rung.

Wir sagen: ,,Das Verbotene bedeutet Übel und führt zum Üblen.
Die Gebote dagegen bedeuten Gutes und führen zu Gutem. Das
Gute liegt in Allahs (j.j.) Hand. Das Üble dagegen kann Ihm
nicht zugeschrieben werden. Denn das Üble kann weder unter
Seine Eigenschaften kommen, noch in Seine Handlungen, noch
in Seine Namen. Das Das Üble kann dem Diener zugeschrieben
werden. Anderenfalls wird man es Allah zuschreiben. Das Üble
Allah (j.j.) zuzuschreiben ist nicht das gemeinte Übel. Wenn wir
uns nun das Übel, das dem Diener zugeordnet wird und die

309
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Verbote, die das Übd beinhalten, bezüglich der Verrid1tu1 1"


b
anschauen, so erkennen wir, dass sich in der Nafs eines Dieners
kein Übel befindet (es kann nur in den übkn Taten, welche er
verrichtet Übel enthalten sein). Mit der Umcrlassung der Gebote
wird nichts Gutes zustandekommen. Mit dem Verschwinden des
Guten dagegen kommt das Üble zum Vorschein.

Wiihrend die Gebote mit jedem Mal Allah lieber werden, wird
sich das Übel, dass durch das Unterlassen der Befehle/Gebote
zustande kommt, vermehren. Genauso wie es im Bereich von
1iwhicl und Imrtn der Fall ist.

Das Geheimnis all dieser aufgeziihlten Dinge ist: Die Gebote sind
Dinge, die Er liebt und die Verbote sind Dinge, die er als
ve1werflich erachtet und nicht liebt. Das Verrichten der Dinge,
die Er liebt ist Allah lieber als die Unterlassung der Dinge, die er
als verwerflich erachtet. Die Unterlassung der Dinge, die Allah
liebt ist bei Ihm verwerflicher als die Unterlassung der Dinge, die
Er nicht möchte.

Allah (t) weiß es am besten.

310
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Das Gedenken (Dhikr) und der Dank (Shukr)

Die Religion wurde auf zwei Fundamenten aufgebaut: Der Dhila und
der Shula. Allah (t) sagt folgendes:

„Darum gedenket Meiner, dann gedenke Ich euer, und danket Mir und
seid nicht undankbar gegen Mich." [Al-Baqara: 152]

Der Gesandte Allahs (sas) sagte zu Mut1dh: ,,Ich schwöre bei Allah, dass
ich dich liebe. V crgesst nicht nach jedem Gebet folgende Dua
aufausagen; ,,Oh All11h, hilf mir, Deiner zu gedenken, Dir zu danken und
Dich gut mzzubeten ''91

Bei diesem besagten Dhikr handelt es sich nicht nur um den Dhikr, der
mit der Zunge gemacht wird. Vielmehr geht es hierbei um den Dhil,r,
der mit dem Herzen und der Zunge verrichtet wird. Ihm zu gedenken
bedeutet auch, Seinen Namen und Eigenschaften sowie seinen Verboten
und Worten zu gedenken. Und dies bedarf den Glauben an die Fähigkeit
von Allah und den Glaube an Ihn, Seine vollständigen und erhabenen
Eigenschaften und den Glauben daran, dass Ihm alles Lob gebührt. Und
dies geht nur, indem man Ihm Ttluhid entgegenbringt. Demzufolge
beinhaltet der wahre Dhikr all diese Dinge. Es beinhaltet Seinen Gaben,
und dem, was er uns gegeben hat sowie Seiner Huld gegenüber der
Schöpfung zu gedenken.

Wenn wir nun zum Shul,r kommen: Dies bedeutet Allah zu gehorchen
und sich Ihm mit den Arten der Liebe innerlich und äußerlich zu
n~ihern. Beides bedeutet die gesamte Religion. Ihm zu gedenken, Ihn zu
kennen beinhaltet auch Ihm dankbar zu sein und Ihm zu gehorchen.

9 ·i Ahmad-22119, der lsnad des Hadithcs ist sahih. Hir den ausführliche Wortlaut im

gleichnamigen Werk nachsehen.


311
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Beide Punkte sind das persönliche Ziel für die Erschaffung der finn 95
und der Menschen und der Himmel und der Erde, welches für sie
erschaffen wurde. Zweifelsfrei wurden der Lohn und die Strafe deshalb
bestimmt und die Propheten aus diesem Grund entsandt. Somit ist
dieses Ziel wahr (haqq) und die Himmel und die Erde und alles was sich
dazwischen befindet, wurde aus diesem Grund erschaffen.

Das Gegenteil hiervon ist falsch und sinnlos und wer so denkt ist der
Feind Allahs. Allah (j.j.) ist iiber das, was sie sagen und dem, was sie an
Falschheit begehen, erhaben.
Allah (t) sagt:

„Und Wir haben den Himmel und die Erde und das, was dazwischen
ist, nicht umsonst erschaffen. Das ist die Meinung derer, die ungtiubig
sind. Wehe aber denen, die ungtiubig sind, vor dem Feuer!" [Sad:27]

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'· .. ,. l..~
,,Siehe, Wir haben die Himmel und die Erde, und was dazwischen ist,
in Wahrheit erschaffen. Und die Stunde wird sicher eintreffen. So iibe
schöne Nachsicht." [Al-Hijr:85]

Nachdem in der Sura Yunus die vorherigen Ayaac zitiert wurden, wmdc
folgendes zitiert:

95 Geisterwesen
312
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Er ist es, der die Sonne zur Leuchte und den Mond zum Licht
gemacht und ihm Stationen zugemessen hat, damit ihr die Zahl der
Jahre und die Zeitrechnung wißt. Allah hat ja dies nur in Wahrheit
erschaffen. Er legt die Zeichen im einzelnen dar für Leute, die Bescheid
wissen." [Yunus:5]

Eine andere Ayat lautet:

,,Meint denn der Mensch, daß er unbeachtet gelassen wird?"


[Al-Qiyama:36]

„Meint ihr denn, Wir hätten euch zum sinnlosen Spiel erschaffen und
ihr würdet nicht zu Uns zurückgebracht?»" [Al-Mu'minun:115]

„Und Ich habe die Djinn und die Menschen nur dazu erschaffen, daß
sie Mir dienen." [Az-Zariyat:5GJ

„Allah ist es, der sieben Himmel erschaffen hat, und von der Erde
gleich viel. Der Befehl (Allahes) kommt zwischen ihnen herab, damit
ihr wifh, daß Allah Macht hat zu allen Dingen und daß Allah alle
Dinge mit seinem Wissen umfaßt." [At-Talaq: 12]

313
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Allah hat die Kaba, das heilige Haus, für die Menschen zum
Erfüllungsort ihrer Kulthandlungen gemacht, sowie den heiligen
Monat, die Opfertiere und die Halsgeh~inge. Dies, damit ihr wifh, daß
Allah weiß, was in den Himmeln und was auf der Erde ist, und daß
Allah über alle Dinge Bescheid weift" [Al-Maida:97]

Nach dem, was aus den aufgez;ihlten Dingen ersichtlich wird, ist Das
Ziel der Geschöpfe und der Gebote das Gedenken Allahs und der Dank
an Ihn. Der Dhikr an Allah ist, dass man Ihn nicht vergisst und der
Dank an Ihn ist, dass man nicht undankbar wird.

Allah (t) etw:ihnt denjenigen, der Ihn erw:ihnr. Er dankt demjenigen, der
Ihm dankt. Der Grund dafür, dass man Ihm gedenkt, ist, dass einem
selbst gedacht wird. Der Grund weshalb er von Seinem Vorzug gewiihn,
ist, dass man Ihm gegeni.iber dankbar war.

Demzufolge ist der Dhikr fi.ir das Herz und die Zunge bestimmt. Der
Dank dagegen ist als Liebe und N:ihe für das Herz, als Lob und Ehre für
die Zunge und als Dienst für die Körperglieder bestimmt.

314
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Hidaya (Rechtleitung) führt zur Hidaya und der


Dalal (Irrtum) führt zum Dalal

Im Quran wurde wiederholt, dass die Taten mit dem Herzen zu tun
haben und die Gründe für die Hidaya und den Dalal bei den
Körpergliedern liegen. Während zweifelsfrei die Taten mit dem Herzen
begradigt werden, werden die Körperglieder mit der Verrichtung der
Taten begradigt.

Für die Ursachen der Hidaya müssen die Gründe und für deren Ergebnis
eine Wirkung vorhanden sein. Der Drdtd zeigt sich folgendermaßen: Die
guten Taten lassen die Hidrlyri aufblühen. Wenn die guten Taten sich
mehren, vermehrt sich auch die Hidayri. Die schlechten Taten vermehren
sich auf die umgekehrte Weise. Somit liebt Allah (t) die guten Taten und
wegen ihnen entgegnet Er Seinem Diener im Gegenzug mit Hidaya und
Errettung. Die schlechten Taten liebt Er nicht und wegen ihnen
entgegnet Er Seinem Diener im Gegenzug mit Irrtum und
Schändlichem. Außerdem ist Allah (t) Al- Birr6 und er liebt die, die
Gutes tun. Er niihert sich ihren Herzen in dem Maß, indem sie Gutes
verrichten und vollziehen. Allah liebt die Übeltiiter und die Sünder nicht.
In dem Maß, wie sie schlechtes begehen, entfernt Er sich von ihren
Herzen.

,r Eigentlich sagt Allah (t) bezüglich dieses Themas:

„Alif Lam Mim. Dies ist das Buch, an ihm ist kein Zweifel

% (der ßesitzer des Guten)


315
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

möglich, es ist eine Rechtleitung fiir die Allahesfi.irchtigen,"


[Al-Baqara: 1-2]
Die Ayat beinhaltet zwei Angelegenheiten:

1. Der Quran spricht diejenigen an, die, bevor das Buch


herabgesandt wurde, sich vor den Dingen, die Allah nicht
möchte, gehütet haben. Denn obwohl die Menschen früher
in unterschiedlichen Völkern und Konfessionen lebten,
hatten sie bereits erfahren, dass Allah (j.j.), der Erhabene, es
nicht liebt, dass man auf der Erde Unterdrückung ausübt,
Schändliches begeht und Unheil stiftet und dass Er solche
Leute bestrafen wird. Als die Bikher herabgesandt wurden,
hatte Allah (t) denjenigen, die Gutes taten und Gehorsam
leisteten, das Geschenk des Imans gemacht. Diejenigen, die
Schlechtes taten, Sch1indliches begingen und Unterdrückung
ausübten, hatte Er sich selbst überlassen und ihnen die
Rechtleitung nicht gew:ihrt.

Die Stufen der Hidrtyrt (Rechtleitung)

2. Wenn der Diener an das Buch glaubt und im Gesamten die


Rechtleitung erlangt hat, Seine Gebote akzeptiert, Seine
Nachrichten best:itigt, wird fi.ir ihn dies in Form Seiner N1ihe
der Grund sein, dass er die restlichen Rechrlcitungen erlangen
wird. Denn die Rechrleitung beinhaltet keinerlei Grenzen.
Selbst dann, wenn der Diener im Erlangen der Rechrleitung
weit vorangeschritten ist! Zweifelsfrei befindet sich über
dieser Rechtleitung eine andere Rechtleitung, die wiederum
keinerlei Grenzen beinhaltet. Je mehr der Diener seinen
Herrn fürchtet, desto weiter wird er in andere Stufen der
Rechtleitung aufsteigen. Jedes Mal wenn die Trtqzurt dieses
Dieners steigt, wird sich auch seine Rechtleitung vermehren.
Wenn er den Genuss der 7aqwrt verliert, wird er im selben

316
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Umfang die Rechcleitung verlieren. Jedes Mal wenn er in die


Trtqwa eintaucht, wird sich auch seine Rechcleitung
vermehren. Und wenn sich seine Hiday1t steigert, wird sich
auch seine Taqwrl steigern. Allah (t) sagt folgendes:

„0 ihr Leute des Buches, unser Gesandter ist nunmehr zu euch


gekommen, um euch vieles von dem, was ihr vom Buch
geheimgehalten habt, deutlich zu machen und um vieles zu
iibergehen. Gekommen ist zu euch von Allah ein Licht und ein
offenkundiges Buch, Mit dem Allah diejenigen, die seinem
Wohlgefallen nachgehen, die Wege des Friedens leitet und sie
aus den Finsternissen ins Licht herausbringt mit seiner
Erlaubnis; und Er leitet sie zu einem geraden Weg." [Al-
Maida: 15-16]

„Er hat euch von der Religion verordnet, was Er Noach


aufgetragen hat, und was Wir dir offenbart haben, und was Wir
Abraham, Mose und Jesus aufgetragen haben: Haltet die
(Bestimmungen der) Religion ein und bringt keine Spaltungen
hinein. Den Polytheisten fällt das schwer, wozu du sie aufrufst.
Allah erwählt dazu, wen Er will, und Er Rihrt dazu, wer sich
(Ihm) reumütig zuwendet." [Ash-Shura:13]

317
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyirn Al-Jauziyyah

„Diejenigen, die glauben und die guten Werke tun, leitet ihr
Herr wegen ihres Glaubens recht. Unter ihnen werden füiche
Hießen in den Gärten der Wonne." [Yunus:9]

Y Er hat sie mit dem Imrm rechtgeleitet. Wenn sie geglaubt haben,
hat Er sie eine weitere Rechtleitung erlangen lassen. So iihnlich
heißt es in der folgenden Ayaat:

„Und Allah läßt diejenigen, die der Rechtleitung folgen, in der


Rechtleitung zunehmen. Was bleibt, die guten Werke - sie
bringen bei deinem Herrn einen besseren Lohn und sichern
einen besseren Ort der Rückkehr." [Maryam:76]

„0 ihr, die ihr glaubt, wenn ihr Allah fürchtet, bestellt Er euch
eine Unterscheidungsnorm, sühnt euch eure Missetaten und
vergibt euch. Und Allah besitzt groge Huld." [Al-Anfal:29]

Das Licht, das ihnen die Wahrheit von der Unwahrheit


unterscheidet lässt, ist vom Furqrm (Quran), das ihnen gegeben
wurde. Der Sieg und die Ehre, die sie dadurch erlangen, dass sie
die Wahrheit umsetzen und der Unwahrheit den Rücken kehren,
ist ebenfalls vom Furqan. Der Quran wurde also damit ausgelegt.
Allah (t) sagt:

318
Al-E1waid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,Darin ist ein Zeichen für jeden Diener, der sich (Allah)
reumütig zuwendet." [Saba:9}

„Darin sind Zeichen für jeden, der sehr geduldig und sehr
dankbar ist." [Saba: 19]

Genauso wie es in den Suren Luqnwn, Ibrczhim, S1tb1z und Ash-


Shurrt ist ...

Nach dem, was in diesen offonsichtlichen Ayaat berichtet wird,


werden von diesen Ayaat nur die Geduldigen und Dankbaren
profitieren können. Genauso wie von den glaubensbezogenen
Quran-Verscn nur diejenigen profltieren können, die Trzqwtt
haben, Ihn fi.irchtcn und Ihm nahe stehen. Wessen Absicht es ist,
sich Seiner Zufriedenheit zu unterwerfen, so werden sich von
Seinen folgenden Ayat nur diejenigen ermahnen lassen, die ihren
Herrn fürchten. So wie Allah (j.j.) sagt:

,,Taa Haa. Wir haben den Koran nicht auf dich hinabgesandt,
damit du unglücklich bist, Sondern als Erinnerung für den, der
Allahcsfürchtig ist," [Ta-Ha:1-3J

319
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyirn Al-Jauziyyah

Und so wie Er über den Tag der Auferstehung berichtet:

,,Du hast nur die zu warnen, die sie fürchten." [An-Naziat:45]

Wenn wir nun zu denjenigen kommen, die nicht an diese Ayaat


glauben, aus ihnen nicht Hoffnung schöpfen oder Angst davor
haben, so werden ihnen mit Gewissheit weder die offenkundigen
Zeichen (Allahs), noch die Quran-Verse einen Nutzen bringen.
Aus diesem Grund berichtet Allah (t) in der Sura Hud über das
Ende derer, die die Propheten der Lüge bezichtigten, dass ihnen
bereits in der Dunya eine Erniedrigung zuteil wurde.

Danach sagt Er:

,,Die Vornehmen aus seinem Volk, die ungtiubig waren, sagten:


«Wir sehen, daß du nur ein Mensch bist wie wir. Und wir
sehen, daß nur die dir folgen, die unsere Niedrigsten sind, und
zwar ohne reifliche Überlegung. Und wir sehen bei euch keinen
Vorzug über uns. Vielmehr meinen wir, daß ihr lügt.»"
[Hud:27)

Mit dieser Ayat berichtet Er über das Ende, das Er denjenigen


gab, die die Propheten der Lüge bezichtigten, damit es für
diejenigen, die die Strafe der Akhirri fürchten, eine Lehre ist.
Diejenigen, die nicht an die A!.:hirrz glauben und sich nicht vor
deren Strafe fürchten, gibt es keinerlei Lehre. Wenn sie davon
hören sagen sie: ,,Gutes, Übel, Gaben, Schicksalsschtige, Glück

320
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

und Trauer werden nicht innerhalb der Zeit verschwinden.


Vielleicht werden sie sich zu Faktoren im Himmel und zu
menschlichen Kräften umwandeln."
Mit Sicherheit eddt eine Person aufgrund der Geduld und der
Dankbarkeit einen Nutzen aus diesen Ayaat. Denn der Iman
wurde auf Stlbr und Shukr aufgebaut. Die Hälfte ist Geduld und
die andere I--falfte Dankbarkeit. Je nach Geduld und Dankbarkeit
wird der lrnmz an Stiüke gewinnen. Außerdem wird nur derjenige
von Seinen Ayaat profitieren können, der an Ihn (j.j.) und seine
Ayaat glaubt. Der Iman kann sich nur vervollständigen, wenn
sowohl der Srtbr als auch der Slmkr vorhanden sind. Tatsächlich
ist der Kopf des Shula der T,whid. Und der Kopf des Sczbrs ist es,
der Einladung derjenigen, die zu den Gelüsten rufen, nicht zu
entsprechen. Wenn diese Person jedoch ein Götzenanbeter ist
oder jemand, der seinen Gelüsten verfallen ist, kann er kein
Dankbarer und Geduldiger sein. Außerdem wird er keinen
Nutzen von den Ayaat ziehen können und sie werden sich nicht
auf seinen lmlln auswirken.

',, Zweitens und dies ist, dass es der Frevlerei, des Hochmuts und
der Uigen bedarf, um in den D,zlal zu verfallen. Im Quran sind
diesbeziiglich viele Ayaat aufgeführt. So wie es in den folgenden
Ayaat ist:

321
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,Allah schämt sich nicht, als Gleichnis eine Miicke oder das,
was darüber hinausgeht, zu nehmen. Diejenigen nun, die
glauben, wissen, daH es die Wahrheit von ihrem Herrn ist.
Diejenigen, die ungläubig sind, sagen: «Was will Allah mit
einem solchen Gleichnis?» Er führt damit viele irre und leitet
damit viele recht. Und Er führt damit nur die Frevler irre, Die
den Bund Allahes, nachdem er geschlossen worden ist, brechen
und das zerschneiden, was Allah befohlen hat zu verbinden, und
die auf der Erde Unheil stiften. Das sind die Verlierer." [Al-
Baqara:26-27

„Allah festigt diejenigen, die glauben, durch die feste Aussage


im diesseitigen Leben und im Jenseits. Und Allah fiihrt die, die
Unrecht tun, in die Irre. Allah tut, was Er will." [Ibrahim:27]

,,Wieso seid ihr im Hinblick auf die Heuchler zwei Gruppen,


wo Allah sie (in den alten Zustand) zuriickversetzt hat wegen
dessen, was sie erworben haben? Wollt ihr denn rechtleiten,
wen Allah irregeführt hat? Wen Allah irreführt, für den Hndest
du keinen Weg." [An-Nisa:88]

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„Und sie sagen: «Unsere Herzen sind unbcschnitten.» Aber
nein! Allah hat sie wegen ihres Unglaubens verflucht. Darum
sind sie sowenig gläubig." [Al-Baqara:88]

322
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und Wir kehren ihre Herzen und ihr Augenlicht um, ebenso
wie sie das erste Mal nicht daran geglaubt haben. Und Wir
lassen sie im Übermag ihres Frevels blind umherirren." [Al-
Anarn: 110]

Laut den Ayaat bestraft Allah (t) sie, da sie sich von Ihm
abgewendet haben, nachdem der Inum zu ihnen gekommen ist.
Zweifelsfrei haben sie den Imrm erkannt und sich wissentlich
davon abgewandt. Daraufhin hat Allah (t) ihr Innerstes und ihre
Augen (auf dass sie nicht mehr in den Inum gelangen) gedreht
und sich zwischen sie und ihren Iman gestellt. So wie es in der
folgenden Ayat heißt:

„0 ihr, die ihr glaubt, erhört Allah und den Gesandten, wenn er
euch zu dem aufruft, was euch Leben gibt." [Al-Anfal:24]

Er befiehlt ihnen, wenn sie zu dem, was Ihnen Leben gibt - Allah
und Seinem Gesandten (sas) - eingeladen werden, sie diese
Einladung annehmen bzw. ihr Folgeleisten sollen. Danach hat Er
sie, weil sie sich von der Folgsamkeit abwandten und sie
verzögerten und damit bewirkten, dass Allah zwischen sie und ihr
Herzen geht, davon ferngehalten. Er sagt:

323
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Als sie nun abwichen, ließ Allah ihre Herzen abweichen. Und
Allah leitet die frevlerischen Leute nicht recht." [As-Saff:5]

„Nein, aber das, was sie zu erwerben pflegten, hat sich (wie
Rost) iiber ihre Herzen gelegt." [Al-Mutaffifin:14]
Laut Allah, des Erhabenen, hat sich das, was sie erworben haben,
über ihre HerLen gelegt. Allah stellte sich zwischen ihre Herzen
und den Glauben an Seine Ayaat. Daraufhin sagten diese: ,,Die
M~irchen der Vorherigen".

Allah sagte bezi.iglich der /vlunrzjzqun:

„Vergessen haben sie Allah, und so hat Er sie vergessen. Die


Heuchler sind die wahren Frevler." [At-Tauba:67]

Weil sie Allah vergessen haben, hat Er sie als Strafe ebenfalls
„vergessen". Er erinnert sie nicht an die flidrtytl und an die
Rahm,1. Allah hat sie ihre Nil}s vergessen lassen. Somit haben sie
sich bezüglich der Vollkommenheit ihrer Nllfi kein nützliches
Wissen und keine aufrichtige Taten, also die Hidfly11 und die
Religion der Wahrheit, gewünscht. Allah hat sie dies vergessen
lassen. Außerdem hat Allah sie die Liebe hiervon, die Eihigkeit
dazu und die Tatsache, dass sie dabei sein mi.isscn, vergessen
lassen. Nur weil sie Allah vergessen haben, haben sie diese Strafe
verdient. Über ste sagt Er (t):

324
Al-Pawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und unter ihnen gibt es welche, die dir zuhören. Wenn sie
aber dann von dir weggehen, sagen sie zu denen, denen das
Wissen zugekommen ist: «Was hat er soeben gesagt?» Das sind
die, deren Herzen Allah versiegelt hat und die ihren Neigungen
folgen. Und diejenigen, die der Rechtleitung folgen, läßt Er in
der Rcchtlcitung zunehmen, und Er verleiht ihnen ihre
Allahesfurcht." [Muhammad: 16-17]

Mit diesen Ayaat hat Allah das Befolgen ihrer Geli:tste und den
Irrtum als dessen Ergebnis und Voraussetzung
zusammengetragen. Genauso wie Er beziiglich der
Rechtgclciteten die Trlqtutl und die Hidttytt zusammengetragen
hat.

325
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Rechtleitung ist der Barmherzigkeit nah,

der Irrweg dem Bösen

Allah (t) hat den Abstand zwischen der Hidayrt und der Taqwrt und den
Abstand zwischen dem Irrtum und der Schamlosigkeit (Ziigellosigkeit)
gering gestimmt. Wenn wir nun zum Ersten kommen: Allah (t) sagt:

,,Diese folgen einer Rechtleitung von ihrem Herrn, und das sind die,
denen es wohl ergeht." [Al-Baqara:5]

„Auf sie kommen Segnungen und Barmherzigkeit von ihrem Herrn


heralbn Das sind die, die der Rechtleitung folgen." [Al-Baqara: 157]

Und mit den Worten der Mu'minun sagt Er:

„Unser Herr, laß unsere Herzen nicht abweichen, nachdem Du uns


rechtgeleitet hast. Und schenke uns von Dir Barmherzigkeit. Du bist ja
der Freigebige." lA'li-Imran:8]

Sein Ashabul Kalif" sagten fc)!gendes:

,,Als die Jünglinge in der Höhle Unterkunft suchten und sagten:


«Unser Herr, laß uns Barmherzigkeit von Dir zukommen und bereite
uns aus unserer Angelegenheit einen guten Ausweg.»" [Al-Kahf: 10]
326
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Und einige weitere Ayaat bezüglich dieser Thematik lauten:

,,Wahrlich, in der Erühlung über sie ist eine Lehre für die Einsichtigen.
Es ist keine Geschichte, die erdichtet wird, sondern die Bestätigung
dessen, was vor ihm vorhanden war, und eine ins einzelne gehende
Darlegung aller Dinge, und eine Rechtleitung und Barmherzigkeit für
Leute, die glauben .. " [Yusuf: 111]

„Und Wir haben auf dich das Buch nur deswegen hinabgesandt, damit
du ihnen das deutlich machst, worüber sie uneins waren, und als
Rechtleitung und Barmherzigkeit nir Leute, die glauben." [An-Nahl-
64]

„Und am Tag, da Wir in jeder Gemeinschaft aus ihren eigenen Reihen


einen Zeugen über sie erwecken. Dich bringen Wir zum Zeugen über
diese da. Und Wir haben das Buch auf dich hinabgesandt, um alles
deutlich zu machen, und als Rechtleitung, Barmherzigkeit und
Frohbotschaft für die Allahergebenen." [An-Nahl:89]
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327
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„0 ihr Menschen, zu euch ist nunmehr eine Ermahnung von eurem


Herrn gekommen und eine Heilung für euer Inneres, eine Rechtleitung
und Barmherzigkeit für die GHiubigen." [Yunus:57J

Danach sagt Allah (t), indem Er beides zitiert:

„Sprich: Über die Huld Allahes und über seine Barmherzigkeit, ja


darüber sollen sie sich freuen. Das ist besser als das, was sie
zusammentragen." [Yunus:58]

Die Seda/tls Stl!ihin haben einige unterschiedliche Aussagen bezüglich der


Auslegung von „Huld" und „Rcthnut" getroffen. Die korrekte Ansicht
lautet, dass sie Rechtleitung und Gnadengaben bedeuten. Sein Vor.rng,
Seine Großziigigkeit und Seine Rechtleitung sind Seine Gnadengabcn.
Aus diesem Grund hat er die Rechtleitung und die Gnaden nah
beieinander gelegt. Genauso wie Er in der Sura Al-Ftltiha (aus dem
Munde der Gtiubigen) spricht:

,,Führe uns den geraden Weg, Den Weg derer, die Du begnadet hast,
die nicht dem Zorn verfallen und nicht irregehen." [Al-Fatiha:G-7]

Folgende Ayat, in der Allah den Propheten (sas) an Seine Gaben


erinnert, hat mit dieser Thematik zu tun:
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-- ' :lL.a C!\:S..' r,
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.. ,.. C!l.b..J

,,Hat Er dich nicht als Waise gefunden und dir Unterkunft besorgt,
Und dich abgeirrt gefonden und rechtgeleitet, Und bedürftig gefunden
und reich gemacht?" [Ad-Duha:6-8J
328
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Indem Er mit dieser Ayat Seinen Propheten (sas) an Seine


Unabhängigkeit und Seinen Reichtum erinnert, hat er die Gnadengaben,
welche Er ihm (sas) erteilt hat, zusammengefasst.

Shuayb (a.s.) hat bezüglich dieser Thematik eine folgende Rolle:

„Er sagte: «O mein Volk, was meint ihr, wenn ich einen deutlichen
Beweis von meinem Herrn habe und Er mir einen schönen
Lebensunterhalt beschert hat? Ich will auch nicht (einfach) euch
widersprechen im Hinblick auf das, was ich euch verbiete. Ich will nur
Ordnung schaffen, soweit ich es vermag. Durch Allah allein wird mir
das Gelingen beschieden. Auf Ihn vertraue ich, und Ihm wende ich
mich reumütig zu." [Hud:88]

Und die Ayat, die Allah bezüglich Hidhir (a.s.) sandte, lautet wie folgt:

„Sie trafen einen von unseren Dienern, dem Wir Barmherzigkeit von
Uns hatten zukommen lassen und den Wir Wissen von Uns gelehrt
hatten." [Al-Kahf:65]

Zu Rasulullah (sas) sagte Er:

„Wir haben dir einen offenkundigen Erfolg verliehen, Damit Allah dir
deine Sünden vergebe, die früheren und die späteren, und damit Er
seine Gnade an dir vollende und dich einen geraden Weg führe, Und
329
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

damit Allah dich mit einem mächtigen Beistand unterstütze." [Al-


Fath: 1-3]

„Und ohne die Huld Allahes gegen dich und seine BarmherLigkeit w~ire
eine Gruppe von ihnen im Begriff gewesen, dich irrezuführen; aber sie
führen nur sich selbst in die Irre, und sie schaden dir nichts. Und Allah
hat auf dich das Buch und die Weisheit herabgesandt und dich gelehrt,
was du nicht wußtest. Und die Huld Allahes gegen dich ist gewaltig."
[An-Nisa: 113]

„0 ihr, die ihr glaubt, folgt nicht den Fußstapfen des Satans. Wer den
Fußstapfen des Satans folgt, der gebietet das Sch~indliche und
Verwerfliche. Und ohne die Huld Allahes gegen euch und seine
Barmherzigkeit würde keiner von euch jemals geläutert sein. Aber Allah
läutert, wen Er will. Und Allah hört und weiß alles." [An-Nur:21J

Somit verstehen wir, dass Seine Vorzüge, Rechtleimng, Barmherzigkeit


bedeuten, dass Er Gnaden gewiihrt, huldig ist und Gutes tut/ gibt. Allah
(t) sagt folgendes:

330
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Er sprach: «Geht von ihm hinunter. Die einen von euch sind Feinde
der anderen. Wenn dann von Mir eine Rechtleitung zu euch kommt,
dann wird der, der meiner Rechtleitung folgt, nicht irregehen und
nicht ungliicklich sein." [Ta-Ha: 123]

Hieraus versteht sich, dass die Rechtleitung vom Irrweg abhii.lt sowie die
Barmherzigkeit vom Schlecluen/Schändlichen. Dies steht zweifellos mit
den Ayaat am Anfang dieser Sura in Verbindung:

„Taa Haa. Wir haben den Koran nicht auf dich hinabgesandt, damit du
unglücklich bist." [Ta-Ha:1-2]

Mit dieser Ayat verdeutlicht uns Allah, dass der Quran, den Er auf Seine
Diener herabsandte nicht schwer und nicht schlecht ist. Genauso wie am
Ende der Sura beziiglich denjenigen, die dem folgen:

„Ihr werdet erfahren, wer die Leute des ebenen Weges sind und wer der
Rechtleitung folgt." [Ta-Ha: 135]

sagt. Demzufolge sind die Rechtleitung, die Huld, die Gnadengaben und
die Barmherzigkeit alle miteinander verbunden, keines der Faktoren ist
von den anderen unabh'.ingig. Genauso wie der Irrweg und das Schlechte
miteinander verbunden sind und keines von den anderen unabhängig ist.
Allah Azza va Jellc sagt:

331
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyirn Al-Jauziyyah

,,Die Übeltäter befinden sich im Irrtum und leiden an Wahnsinn."


[Al-Qamar:47]

Das Wort „As-Suur" in der Ayat ist die Mehrzahl von „Sllir". Ihre
Bedeutung ist die Strafe mit der höchsten Form an Wahnsinn. Allah (t)
sagt:

„Wir haben für die Hölle viele von den Djinn und den Menschen
geschaffen. Sie haben Herzen, mit denen sie nicht begreifen; sie haben
Augen, mit denen sie nicht sehen; und sie haben Ohren, mit denen sie
nicht hören. Sie sind wie das Vieh, ja sie irren noch mehr albn Das sind
die, die (alles) unbeachtet lassen." [Al-Araf: 179]

Und durch ihren Mund sagt Er:

„Und sie sagen: «Hätten wir nur gehört und Verstand gehabt, w~iren
wir nun nicht unter den Gefährten des Höllenbrandes.»" [Al-Mulk: 10]

Allah, der Erhabene hat die Rechdeitung, die Ausweitung der Brust und
die Ruhe, die damit einhergeht, die Themen eines schönen Lebens, den
Irrweg, die Erschwernisse des Lebens und der Versorgung
folgendermaßen zusammengetragen:

332
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und unter ihnen gibt es welche, die dir zuhören. Aber Wir haben auf
ihre Herzen Hüllen gelegt, so daß sie es nicht begreifen, und in ihre
Ohren Schwerhörigkeit. Sie mögen jedes Zeichen sehen, sie glauben
nicht daran. Und so, wenn sie zu dir kommen, um mit dir zu streiten,
sagen diejenigen, die ungläubig sind: «Das sind nichts als die Fabeln
der Früheren.»" [Al-Anam: 125]

„Ist denn der, dem Allah die Brust für den Islam weitet, so daß er in
einem Licht von seinem Herrn wandert, (einem Irrenden gleich)? So
wehe denen, deren Herzen gegen die Ermahnung Allahes verhärtet
sind! Sie beHnden sich in einem offenkundigen Irrtum." [Az-Zumar:22]

Auf dieselbe Weise hat Allah (j.j.) die Themen bezi_iglich der
Rechtleitung und der Nähe, des Irrwegs und dem harten Herzen
zusammengefasst und diesbezüglich gesagt:

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„Er hat euch von der Religion verordnet, was Er Noach aufgetragen
hat, und was Wir dir offenbart haben, und was Wir Abraham, Mose
und Jesus aufgetragen haben: Haltet die (Bestimmungen der) Religion
ein und bringt keine Spaltungen hinein. Den Polytheisten fällt das
schwer, wozu du sie aufrufst. Allah erwählt dazu, wen Er will, und Er
führt dazu, wer sich (Ihm) reumütig zuwendet." [Ash-Shura:13]

333
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Ist denn der, dem Allah die Brust für den Islam weitet, so dag er in
einem Licht von seinem Herrn wandert, (einem Irrenden gleich)? So
wehe denen, deren Herzen gegen die Ermahnung Allahcs verhärtet
sind! Sie befinden sich in einem offenkundigen Irrtum." [Az-Zumar:22 J

Das Gewähren und das Vorenthalten

Die Rechtleicung und die Barmherzigkeit sowie die Huld, die Gunst und
alle Gnadengaben, die daraus hervorgehen, sind von Seiner Eigenschaft
zu geben. Der Irrweg, die Strafe und alles, was daraus hervorgeht, sind
von Seiner Eigenschaft des Vorenthaltens. Zweifelsfrei dreht und wendet
Allah (j.j.) Seine Geschöpfe, indem Er ihnen gew:ihrt und vorenthiilt. All
dies ri.ihrt aus einer erhabenen Weisheit, einer vollkommenen Gnade
und einem perfekten Beispiel her. Wahrlich es gibt keinen anderen Ifah
(Allah) außer Allah.

Der Kluge wird sich nicht an niedere Gesellschaften


binden

Wenn du die willenslosen und ve1wahrlosten Nafi' in solch einem


Zustand siehst, so wirst du sehen, dass sie sich an die niedersten und
wertlosesten Gesellschaften fest gebunden haben und diese
Gesellschaften sie eingekesselt haben. So überlasse sie sich selbst und
vertraue auf Allah. Wahrlich, die Nafs verdient diese niedrigen
Gesellschaften aufgrund ihres Übels.

334
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Und streite dich diesbezi.iglich nicht mit der Nrlfs! Denn diesen niedrigen
und wertlosen Gesellschaften können sich auf eine sehr schnelle Weise
von der Ntifs entfernen. Und die Verbundenheit der Nrlfi an diese
Gesellschaften wird zusammen mit der Trennung dieser Gesellschaften
von ihr, in dem Mag ihrer Verbundheit mit ihnen, als Strafe ebenfalls
zuri.ickbleiben. Es wird ein Schleier zwischen die Nrlfi' und dem, was sie
begehren, treten. In der Weise, dass sie in Bezug auf die niedere
Gesellschaft, m der die Begierden und Genüsse vorherrschen,
hoffnungslos wird.

Eine intelligente Person, die sich den Schmerz und die Trauer
diesbezüglich vor Augen fi.ihrt, wird sich darin beeilen die Bindung zu
der niederen Gesellschaft sowie das Interesse an ihr zu zu beenden/zu
trennen. Genauso wie sie sich beeilen wird die Samen des Üblen
wegzureissen. Dadurch wird sie je nach ihrer Ausdauer ihren Anteil
(N{lsib) erlangen. Ihr Herz und ihre Gedanken werden an die
erhabensten Dinge gebunden sein.

Allah ist Derjenige, der um Hilfe gebeten wird.

Die Verwüstungen der Lüge

Hüte dich auf jeden Fall vor der Lüge! Denn die Li.ige wird deine
Gedanken und deine Vorstellungen bezüglich der Dinge, die du kennst,
verwi.istcn. Augerdem wird es dein Ansehen bei den Menschen zerstören.
Denn ein Lügner, der eine vorhandene Sache als nicht vorhanden
präsentiert und eine Sache, die es nicht gibt als existent preist, ist
jemand, der die Wahrheit als Unwahrheit und die Unwahrheit als
Wahrheit, das Gute als Übel und das Übel als Gutes beschreibt. Als
Strafe werden sein Wissen und seine Gedanken durcheinander gebracht
werden. Anschliegend wird dieser Lügner die Denkweise und das Wissen
der Person, die sich von ihm einlullen lassen, sich an ihn gebunden und
sich ihm zugewendet hat, zerstören.
335
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Nafi eines Lügners ist von der vorhandenen Wahrheit weit entfernt.
Er geht zur Vernichtung und ist von der Falschheit beeinflusst. Wenn
seine Vorstellungskraft und die an die Willenskraft gebundene Kraft des
Wissens als Wurzel jeder Handlung zerstört sind, so werden auch seine
Handlungen zerstört sein. So wird das Urteil der Lüge iiber sie
einbrechen und an jeder Stelle dieser Person wird die Li.ige zum
Vorschein kommen. Genauso wie die Wurzel und der Ausgangsort der
Lüge die Zunge ist. In diesem Zustand wird er weder von seiner Zunge
noch von seinen Taten einen Nutzen erlangen. Aus diesem Grund ist die
Lüge der Anfang von allem Schlechten. So wie An-Nabi (sas) gesagt hat:
„Wahrlich, die Lüge führt zum Schlechten und das Schlechte führt zum
Feuer." 97

Die Lüge niihert sich zun~ichst der Zunge des Menschen und zerstört sie,
bringt sie durcheinander. Danach wendet sie sich den Körpergliedern zu
und zerstört die Taten. Genauso wie sie dmch das Annii.hern an die
Zunge die Worte zerstört. Somit beherrscht die Liige die Worte einer
Person, deren Taten und ihren allgemeinen Zustand und bewirkt darin
die Zerstörung und das Übel. Wenn Allah (t) bei dieser Person die
Substanz der Lüge, die sich in ihrem Inneren breit gemacht hat, nicht
herausnimmt und entfernt und die Medizin der Wahrheit nicht zuti.sst,
so wird sich bei ihr die Krankheit der Liige fest verwmzeln. Aus diesem
Grund ist der Ursprung aller Taten des Herzens, die Wahrheit. Als
Gegenteil davon ist die Quelle der Augcndienerei, der Selbstdarstellung,
des Hochmutes, des Eigenlobes, der Arroganz, der Überheblichkeit, der
Gewohnheiten, der Faulheit, der Trägheit, der Lebensabend und
dergleichen, die Lüge. Demzufolge ist der Ursprungsort jeder
aufrichtigen Tat ist, sowohl innerlich als auch tiußerlich, die Wahrheit.
Und der Ursprungsort jeder miesmacherischen Tat ist, sowohl innerlich
als auch äußerlich, die Liige.

97 ßuchari-6093 und Muslim-2607, Überliefert durch den Hadith von Ibn Masud.
336
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wiihrend Allah (t) die Lügner bestraft, indem Er sie von den nützlichen
Angelegenheiten und den Vorteilen fornlüilt, belohnt Er diejenigen, die
die Wahrheit sprechen, in dem Er ihnen dabei hilft, ihr diesseitiges und
jenseitiges Leben zu ordnen. Während also das Leben für die A!-thirtt und
die Dunyti mit der Wahrheit geordnet wird, liegt es an der Lüge, dass das
Leben mit Trauer und Nachteilen zu Ende geht.

Allah ( t) sagt:

„0 ihr, die ihr glaubt, fürchtet Allah und seid mit denen, die die
Wahrheit sagen." (At-Tauba: 119]

„Allah sprach: «Das ist der Tag, an dem den Wahrhaftigen ihre
Wahrhaftigkeit niitzen wird. Bestimmt sind für sie Gärten, unter denen
Bäche fließen, darin werden sie auf immer ewig weilen. Allah hat
Wohlgefallen an ihnen, und sie haben Wohlgefallen an Ihm. Dies ist
der grofbrtige Erfolg.»" (Al-Maida:119]

„Gehorchen (sollen sie) und geziemende Worte sagen. Wenn die Sache
beschlossen ist, dann wäre es besser für sie, sie würden Allah gegenüber
aufrichtig sein." (M uhammad: 21]

337
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und diejenigen von den arabischen Beduinen, die sich entschuldigen


wollen, kommen her, um Befreiung zu erbitten. Und daheim sitzen
diejenigen, die Allah und seinen Gesandten belügen. Treffen wird
diejenigen unter ihnen, die ungtiubig sind, eine schmerzhafte Pein."
[At-Tauba:90]

Aber vielleicht ist euch etwas zuwider, während es gut


für euch ist"

Allah (j.j.) sagt:

„Vorgeschrieben ist euch der Kampf: obwohl er euch zuwider ist. Aber
vielleicht ist euch etwas zuwider, w~ihrend es gut für euch ist. Und
vielleicht liebt ihr etwas, w~ihrend es schlecht für euch ist. Und Allah
weiß, ihr aber wißt nicht Bescheid." [Al-Baqara:216]

Zweifelsfrei befinden sich in dieser erhabenen Ayat für den Diener eine
Menge Weisheiten, Geheimnisse und Vorteile. Der Diener muss sich
darüber im Klaren sein, dass das, was ihm missf:.illt, etwas hervorrufen
kann, was ihm gefüllt. Genauso wie das, was ihm gefallt, etwas
hervorrufen kann, was ihm. missfällt. Denn genauso wie er das Ergebnis
nicht kennt und nicht weiss, ob der Nutzen einen Schaden birgt, so kann
er auch anders herum nicht hoffnungslos darüber sein, dass der Schaden
nicht doch etwa einen Nutzen birgt. So wird er nicht die Hoffnung
bezüglich der Nachteile, die einen Nutzen hervorbringen können,
verlieren. Denn Allah (j.j.) kennt diesbezüglich die Wahrheiten, die der
Diener nicht kennt. Für Seinen Diener hat Er folgende Punkte für
notwendig erklärt:

338
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

_,., Es gibt für einen Diener nicht Nützlicheres als den Geboten zu
folgen, auch wenn sie ihm am Anfang schwer fallen sollten! Denn
ihr Ergebnis ist immer gut und nützlich. Auch wenn dies der
Naß zuwider ist, sind sie für sie (die Naß) besser und
vorteilhafter. Auf dieselbe Weise gibt es für einen Diener nichts
Schlimmeres als das Verbotene zu begehen, selbst wenn seine
Naß diesem zugeneigt ist und es begehrt. Denn das Ergebnis
davon ist Schmerz und Trauer, Übel und Unheil. Insbesondere
der Verstand nimmt nur wenig Sclune1-L in Kauf um viel Gutes
und einen grof~en Genuss zu erlangen. Und indem er den Genuss
nicht nimmt, da er ihm zu wenig erscheint, wird er einen großen
Schmerz und ein groGes Übel erleiden.Wenn eine unwissende
Person diese Sache betrachtet, wird sie sie nicht bis zu ihrem
endgültigen Grad betrachten und sehen können. Wenn die Sache
jedoch eine kluge und intelligente Person betrachtet, wird sie sie
bis zum letzten Grad bzw. bis zur letzten Stufe/zum letzten
Schleier betrachten. Sie wird hinter dem Schleier die gewürdigten
und getadelten Ziele bis zu ihrem letzten Punkt sehen können.
Das Verbotene wird sie als ein köstliches Essen, das von einem
Mörder vergiftet wurde, betrachten. Jedes Mal wenn der
Geschmack dieses Essens sie dazu aufruft es aufauessen, wird die
kluge Person aufgrund ihres Wissens i.iber dessen Vergiftung, sich
davon fernhalten. Die Gebote/Befehle sieht sie als eine bittere
Medizin, die sie zur Gesundheit und zum Wohlbefinden führen
werden. Auch wenn sie diese Medizin jedes Mal aufgrund des
schlechten Geschmackes nicht einnehmen möchte, wird der
Nutzen dieser Medizin sie dazu animieren/motivieren. Es ist
jedoch so, dass diese Person bezi.iglich dieser Sachen ein breites
Wissen haben - und wenn sie das Ziel ersehnt - die Kraft der
Geduld aufbringen muss, um die Erschwernisse dieses Weges auf
ihre Schultern laden zu können. Wenn sie aber die absolute
Gewissheit, das Wissen und die Geduld verlieren sollte, so wird
es ihr nicht mehr möglich sein, all dies auf sich zunehmen. Wenn
jedoch ihr Wissen und ihre Geduld stärker geworden sind, dann

339
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

wird sie mit Sicherheit die, Erschwernisse sich das besdndige


Gute und die ewigen Genüsse zu wünschen, auf sich laden.

};;> Eines der Geheimnisse dieser Ayat ist, dass sie offenlegt, dass der
Diener sich Allah, der das Ende von allem kennt, zuwendet, sich
Ihm ergibt, damit zufrieden ist was Er ft.ir ihn ausgesucht und
bestimmt hat und darauf hofft, dass es für ihn ein schönes Ende
geben wird.

};;> Ein weiteres Geheimnis ist, dass der Diener sich nicht gegen
seinen Herrn auflehnt, Ihm nichts anbietet und nicht ohne
Wissen nach einer Sache fragt und verlangt.
Es kann vielleicht sein, dass er einen Schaden erleidet und
vernichtet wird, da er diesbezüglich kein Wissen besitzt.
Demzufolge darf er nichts aussuchen, was dem widerspricht, was
Allah (j.j.) sagt. Er muss es Seiner schönen Wahl überlassen und
danach trachten und damit zufrieden sein, was Er für ihn
ausgesucht hat. Zweifelsohne wird er niemals etwas finden, dass
für ihn nützlicher wiire, als dies.

Y Ein weiteres Geheimnis: Wenn der Diener Seine


Angelegenheiten seinem Herrn übertriigt und mit dem, was für
ihn bestimmt wurde, zufrieden ist, wird Er ihm, weil er sich für
Ihn entschieden hat, dabei helfen und ihm die Kraft verleihen,
bei den Dingen, die er gewiihlt hat stark, entschlossen und
geduldig zu sein. Außerdem wird Allah (j.j.) die Katastrophen,
die aufgrund seiner Wahl für seine Nafs (die nicht richtig ist)
entstehen, in eine andere Richtung lenken. Auf diese Weise wird
Allah dem Diener, obwohl er bei seiner eigenen Wahl zu keinem
Ergebnis kam, die schönen Ergebnisse zeigen, da Er für ihn
ausgesucht hat.

Y Eines der Geheimnisse lautet auch: Allah (t) nimmt Seinem


Diener die Last der schwierigen Ansichten bei Entscheidungen.

340
AI-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim AI-Jauziyyah

Er wird ihn zufrieden stimmen bezüglich der sich mal


erhöhenden und mal sinkenden Ergebnisse und seinem Herzen
hinsichtlich der Entscheidungen Ruhe geben. Aus diesem
Grunde kann es sowieso nicht sein, dass er von dem, was für ihn
bestimmt wird, abweicht. Wenn er mit der Wahl von Allah (j.j.)
zufrieden ist, wird er - auch wenn sein Schicksal Unheil mit sich
bringt - jemand sein, der diesbezüglich gelobt wird, dem gedankt
und gehuldigt wird. Anderenfalls wird das Schicksal über ihn
einbrechen und er wird ein diesbezüglich Getadelter werden und
ihm wird keine Huld zuteil, da er für seine NtTjs entschieden hat.
Wann auch immer er sich Allah zuwendet und mit Seiner Wahl
zufrieden ist und mit einer Verbundenheit voller Weisheit und
einer Ann;ihcrung voller Huld, das, was für ihn bestimmt wurde,
sieht, so wird er sich zwischen der Verbundenheit und der Huld
befinden.

Seine Verbundenheit wird ihn ganz gewiss vor den Verboten


schützen und Seine grazile Freundlichkeit wird ihm das
Bestimmte erleichtern. Wenn das Schicksal bei dem Diener das
Ende findet, so ist das größte Zeichen dafür seine Vorstellung
bezüglich der Nicht-Annahme. Zweifelsfrei gibt es für den
Diener nichts Nützlicheres als sich zu ergeben und wie ein Toter
seine eigene Nrtjs vor die Füße des Schicksals zu werfen.
Tatsiichlich mögen es wilde Tiere nicht, Kadaver zu essen.

341
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Bedingungen, um mit dem Wissen glücldich


werden zu können

Damit der Mensch vom Glauben und vom Wissen, die dne Gnade von
Allah sind, einen Vorteil ziehen kann, darf er, obwohl er seine Nafs
kennt, sich nicht an etwas vergeht, was ihm nicht gehört, das !\,faß nicht
überschreitet und weiss, dass es Allah ist, der ihm seine Nttjs gibt und sie
Ihm gehört, niemals sagen: ,,Es ist meins, es gehört mir"! Obwohl der
Diener keinerlei Gründe und Rechte besitzt, kann er gegenüber den
Gnaden Allahs nicht undankbar sein. Er zeigt, dass er gegenüber den
Gnaden Allahs erniedrigt ist. Er n:ihert sich mit solch einer
Bescheidenheit, dass es deutlich wird, dass es nicht von seiner Nrtjs
kommt. Er begreift, dass sich in seiner eigenen Nrtjs nichts Gutes
befindet und dass das Gute, das er erlangt hat, von Allah ist und es Seine
Gunst an Ihm ist. Er wird dem erhabenen Schöpfer Seine Gnadengaben
auf eine erniedrigte und glückliche Weise und ohne Augendienerei
eingestehen.

Und jedes Mal wenn die Gaben erneuert werden, wird sich die
Erniedrigung dieses Dieners sowie seine Bescheidenheit erneuen. Seine
Demut, Liebe, Angst, Hoffnung ... alles wird sich erneuern. Und das ist
das Ergebnis davon, dass man Kenntnis bezüglich der folgenden zwei
Punkte hat:

1. Seinen Herrn zu kennen sowie Seine Vollkommenheit,


Wohltaten, die Bereitstellung Seines Reichtums und die
Tatsache, dass Er gütig und barmherzig ist, dass alles Gute in
Seiner Hand liegt, dass dies alles von Seinem Besitz ist und Er
davon gibt, wem Er will und kürzt, wem Er will, dass Ihm alles
Lob gebührt und dass der Diener weiß, dass dies der
vollkommenste und vollst:indigste Lob ist.

342
Al-hlwaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

2. Seine Ntlß zu kennen, vor deren Grenzen, Kraft,


Mangelhaftigkeit, Ungerechtigkeit und Unwissenheit stehen zu
bleiben und zu wissen, dass nichts Gutes in ihr ist und sich nichts
außer Armut in der eigenen Person befindet. Auf dieselbe Weise
muss man wissen, dass es auch in den Eigenschaften und der
Volls6ndigkeit der Nafs lediglich Armut gibt und dass dies das
am meisten Missachtete und das Fehlerhafteste bedeutet und dass
in ihr nichts Gutes existiert, dem man Folge leisten sollte.

Wenn demzufolge der Diener diese zwei Punkte - nicht auf seiner
Zunge - sondern in seiner N1tß festigen konnte, so wird er erkennen,
dass alles Lob nur Allah (j.j.) gebührt. Alle Angelegenheiten gehören
Ihm. Alles Gute liegt in Seiner Hand. Und er wird verstehen, dass nicht
seine Nrifs sondern Allah (t) das Recht auf die Lobpreisungen und
Belobigungen hat. Die Nrifs des Dieners verdient es getadelt, beschiimt
und verachtet zu werden. Wer auch immer unfahig in der Umsetzung
dieser beiden Punkte ist, dessen Worte, Taten und Zustand werden von
einer Farbe zur n;ichsten I~arbe übergehen und er wird den geraden Weg,
der zu Allah (j.j.) führt, nicht erreichen. Sowohl als Wissens als auch als
tats;ichlicher Zustand, muss der Diener diese beiden Punkte erlangen.
Wenn er dies verpasst, so hat er sie nicht erlangt.

Dies ist die eigentliche Bedeutung der Aussage mancher, die sagen: ,,Wer
seine Nafs kennt, der kennt seinen Herrn."
Denn wer auch immer weiß, dass seine Ntl.fi unwissend, ungerecht,
beschämend und mangelhaft, abhiingig und arm, erniedrigt,
hilfsbedürftig und klein ist, der weiß auch, dass sein Herr genau das
Gegenteil davon ist. Er bleibt im Wert seiner Ntl.fi, wird sein Maß nicht
überschreiten und seinen Herrn, dem alles Lob gebührt, mit einer Menge
von Belobigungen preisen. Weil er Ihn liebt, Ihn fürchtet, von Ihm
erhofft, Ihm nahe ist und nur auf Ihn vertraut, wird seine Kraft stets
vorhanden sein. Allah (t) wird dieser Person lieber als alles andere
erscheinen. Er wird sich noch mehr darüber bewusst werden, dass man

343

..1..
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

nur Ihn fürchten darf und er wird nur von Ihm erhoffen. Dies ist die
wahre Dienerschaft. Allah ist Derjenige, Der um Hilfe gebeten wird.

Nach einer Überlieferung heißt es: Einige weise Leute schrieben auf die
Türen ihrer Häuser: ,,Von Unserer Weisheit wird nur derjenige
profitieren, der seine Nafs kennt und das Maß nicht überschreitet. Wer
auch immer so ist, der soll eintreten. Und wer auch immer nicht so ist,
der soll nicht eintreten bis er diese Eigenschaft erlangt hat."

Das Übel der Begierden

Gegenüber den Begierden geduldig zu bleiben ist einfacher als geduldig


gegenüber den Dingen zu sein, die die Begierden erfordern. Denn dies
wird entweder Schmerz erfordern oder einen Geschmack stoppen, der
vollkommener ist als es selbst oder die Zeit verschwenden, deren
Verschwendung Enttäuschung und Reue mit sich bringt. Oder es
beschädigt die Ehre, deren Beschiidigung für den Diener wichtiger ist als
ihre Nicht-Beschädigung. Oder es wird von ihm den Besitz nehmen,
dessen Vorhandensein besser ist als sein Verlust. Es kann auch sein, dass
es einen Status, dessen Vorhandensein besser ist als dessen Aufhebung
und seinen Wert, aufhebt. Oder es wird eine Gnade beseitigen, dessen
Bestand genussvoller und schöner ist als das Stillen einer Begierde. Oder
es wird dir die Wege des Unheils öffnen, die sich dir vorher nicht gezeigt
haben oder dir Sorgen, Kummer, Trauer und Ängste zum V erh~ingnis
machen, die dich den Begierden nicht niihern lassen. Oder es v,:ird dich
Wissen vergessen lassen, dessen Erinnerung schöner ist als das, was durch
die Begierden erreicht wird. Oder es wird dir Feinde geben, die dich
beschimpfen und Freunde, die dich traurig machen, Oder es wird den
Weg der Gnade, die auf dem Weg zu dir war, abschneiden oder es wird
gelästert werden und dies wird als Eigenschaft bleiben und nicht
weggehen. Zweifellos werden die Taten die Eigenschaften und das
Benehmen zum Vorschein bringen.

344

.
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Grenzen des Akhlaqs

Es gibt Grenzen des Akhlaq. Wann immer man diese Grenzen


überschreitet, wird sich i:-;eindschaft ausbreiten und wann immer man
vom Ahklaq kürzt, werden sich Mangelhaftigkeit und die
Niedertriichtigkcit zeigen. Es gibt auch Grenzen der Wut und dies ist das
gelobte Heldentum bzw. sich von der Erniedrigung und der
Mangelhaftigkeit zu befreien. Dies trägt zweifelsfrei die Bedeutung der
etwiihnten Mangelhaftigkeit. Wenn man die Grenzen überschreitet, so
wird der Wütende das Maß überschreiten und ungerecht werden. Wenn
er seine Wut ein wenig zurücknimmt, so wird er feige werden und in die
Schmach stiirzen.

Es gibt auch eine Grenze der Habgier / des Ehrgeizes. Dies ist dann der
Fall, wenn man bezüglich der Angelegenheiten der Dunya genügsam ist
und sie erreicht. Wann immer sich hiervon ein Teil verringern sollte, so
wird sich Niederträchtigkeit und Verschwendung zeigen. Und wann
immer sich dieser Ehrgeiz vermehrt, so werden sich die Habsucht und
der Wunsch nach nicht gewürdigten Dingen ausbreiten.

Es gibt auch eine Grenze des Neides (hased). Und dies ist das Wetteifern
darin etwas zu erreichen und sich zu wünschen, den zu überholen, den
man beneidet. Wann immer man diese Grenze überschreitet, wird das
Maß durch Ungerechtigkeit i.iberschritten werden und man wird sich
wünschen, dass die Gnade der beneideten Person vernichtet wird. Auch
wird man besonders bestrebt darin sein dieser Person zu schaden. Wann
immer sich von dieser Grenze entfernt, wird man entsannter, die
Gedanken schwächer und die Nllß kleiner. An-Nabi (sas) sagte: ,, Man
darf nur zwei Leute beneiden: Den Mann, dem Allah Besitz gegeben hat
und er dies auf dem Weg Allahs ausgibt. Und einen Mann, dem Allah
Wissen gegeben hat und dieser richtet mit diesem Wissen und bringt es
den Menschen bei. "98

98 ßuchari-73 und Muslim-817, Überliefort durch einen Hadith von Ibn Masud.
345
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

Eben dies ist die Art des Neides, wobei der Neider wie der von ihm
Beneidete sein will und mit ihm wetteifert. Der Neider, der sich
wünscht, dass die Gnade dem Beneideten entzogen wird und ihm
Erniedrigung wünscht, ist nicht die Art des Neides, von dem der Hadith
berichtet.

Auch die Shahwat haben eine Grenze. Dies ist, dass das sich das Herz
und der Verstand von der Schwierigkeit des Gehorsam befreit, die
Vorzüge erlangt und behilflich dabei ist diese in die Tat umzusetzen.
Wann auch immer diese Grenze überschritten wird, wird die Person
habgierig und nimmersatt. So wird sie auf die Stufe der Tiere sinken.
Wann auch immer sich von dieser Grenze etwas verringert, wird sie
schwächer, hilfsbedtirftig und erniedrigt werden.

Die Erholung hat auch eine Grenze. Dies ist die Erholung der Nrtfi, die
Kraft der Einsicht, den Gehorsam und die Vorzüge zu gewinnen, die
Kraft zu erlangen sie in die Tat umzusetzen und sich auf dem geraden
Weg zu befinden. So sehr, dass sogar seine Ermüdung und dessen Spuren
sich verringern werden. Wann immer dieses Mag überschritten wird,
werden sich Faulheit und Schiiden zeigen und eine Vielzahl nützlicher
Angelegenheiten des Dieners verlieren lassen. Und wann immer sich
hiervon etwas verringern sollte, wird ein Nachteil zum Vorschein
kommen, der die Erschöpfung mehren und den Diener manchmal gar
zerreissen wird. Genauso wie es bei einem fruchtbaren, ergiebigem
Grundstück der Fall ist. Er wird keine lockere Erde haben und auch
keinen Rücken haben auf dem I~ri.ichte und Pflanzen hervorkommen
können

Auch die Grogzi.igigkeit hat auf zweierlei Arten eine Grenze. Wann
immer man deren Mag überschreitet, werden die Verschwendung und
Prasserei durchbrechen. Wann immer etwas davon weniger wird, werden
sich Geiz und Kürzung „breitmachen".

346
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Auch das Heldentum hat seine Grenze. Wann immer man diese Grenze
überschreitet, wird Zerfall durchkommen. Wann immer sich hiervon
etwas sich verringert, wird die Ängstlichkeit zum Vorschein treten.
Dessen Grenze ist, dort wo man nach vorne treten sollte, nach vorne zu
treten und dort wo man Angst haben sollte, Angst zu haben. So wie
lvlumuiy11 zu Arnr Ibn As gesagt hat: ,,Hilf mir, damit ich es weiß. ßist du
ein Held oder bist du ein Feigling? Trete vor, sodass ich über dich „der
mutigste unter den Menschen" sagen kann. Fürchte dich, so dass ich
über dich „der iingstlichstc unter den Menschen" sagen kann. Er
antwortet ihm: ,, Abh:ingig von der jeweiligen Situation, (bin ich) mal
Held, mal Feigling".

Sich fernzuhalten hat auch eine Grenze. Wenn diese Grenze


überschritten wird, werden sich die Beschuldigung, das Fernhalten und
die schlechte V crmutung zeigen. Wenn sich hiervon etwas verringert, so
werden der Zustand der Unachtsamkeit und die Merkmale der
Schamlosigkeit zum Vorschein kommen.

Die Bescheidenheit hat auch ihre Grenze. Wenn diese Grenze


überschritten wird, so wird der Zustand der Erniedrigung und der
Besch:imung zum Vorschein treten. Wann immer sich hiervon etwas
verringert, wird es in Richtung Hochmut und Eigenlob gehen.

Auch die Ehre hat eine Grenze. Wenn dessen Grenze überschritten wird,
wird es zu Hochmut entstehen und einem getadelten Benehmen. Wann
immer sich dies verringert, wird es sich in Richtung Ehrenlosigkeit und
Erniedrigung entwickeln.

Der beste Weg bei diesen Angelegenheiten ist der mittlere Weg. Dessen
Regeln und Maß ist die Gerechtigkeit. Und dies bedeutet, dass man,
bevor man in Übermaß und Untermaß fallt, den mittleren Weg wiihlt.
Zweifelsfrei bcflnden sich die Vorteile der Dunya und der Alehira auf
ihm. Dass der Körper in die Vorteile eintauchen kann, ist nur möglich,
wenn er den mittleren Weg w:ihlt. Denn, wann auch immer sich am

347
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Körper einer Person Merkmale, die an die Gerechtigkeit gebunden sind,


verringern oder das Maß überschreiten und verschwinden, wird sie im
selben Maß Schwächen in der Kraft und der Ausdauer erleiden.
Natürlich ist das bei den Handlungen ebenfalls so wie beispielsweise
beim Schlaf, bei der Erschöpfung, dem Essen, Trinken, dem
Geschlechtsverkehr, der Bewegung, dem Sport, dem Allcinbleiben, der
Gesellschaft anderer Menschen etc. Wenn er - ohne in beide der
getadelten Seiten überzugehen - dazwischen bleibt und den Mittelweg
wählt, so würde dies Gerechtigkeit sein. Wenn er sich jedoch einer dieser
beiden Seiten (Übertreibung und Untertreibung) zuwendet, so wird ein
Defekt ans Licht kommen und er wird sich m Richtung
Mangelhaftigkeit bewegen.

Zweifelsfrei ist das ehrenvollste und nützlichste Wissen, die Grenzen zu


kennen. Insbesondere die Grenzen von dem, was in der Sharitl geboten
und verboten wird. Derjenige, der das meiste Wissen unter den
Menschen besitzt, ist zweifelsohne derjenige, der diese Grenzen am
besten kennt. Sodass sich dem, was sich darin nicht befindet, nichts
hinzugefügt werden kann und nichts, was sich darin befindet,
heraustreten kann. Allah (t) sagt:

„Die arabischen Beduinen sind st~irker dem Unglauben und der


Heuchelei verfallen, und es paßt eher zu ihnen, daß sie die
Bestimmungen dessen, was Allah auf seinen Gesandten herabgesandt
hat, nicht kennen. Und Allah weiß Bescheid und ist weise." [At-
Tauba:97)

Mit Sicherheit ist der Gerechteste unrer den Menschen, sei es bezüglich
des Wissens oder der Handlungen des Akh!aq, derjenige, der die Grenzen
der Taten und der gerechten Gesetze kennt. Der Erfolg ist von Allah.
348
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Allahesfurcht im Herzen

Abu Dardrt (r.rt.) sagt: ,,Wie schön ist der Schlaf und das Fastenbrechen
der Klugen. Sie wenden sich dem Nachtgebet (Qjyam ul Lrtil) und dem
Fasten nicht schwachsinnig zu. Der Funke an Ehrfrucht (Tiiqwa) des
Ehrfürchtigen ist vorzüglicher als ein Berg voll Allahesdienst des
Unachtsamen."

Dies wird zu einem semer feinsten Worte gezählt. Außerdem


verdeudidn es, was für eine detaillierte Kenntnis die Sahabrt über den
Fiqh besaßen und dass sie viel besser waren als diejenigen, die nach ihnen
kamen. Möge Allah (j.j.) mit ihnen zufrieden sein.

Außerdem solltest du wissen, dass der Diener nur mit Herz und Weisheit
die Wege, die zu Allah führen, beschreiten kann und nicht mit seinem
Körper. In Wirklichkeit ist die Taqwtl die Tiiqwa der Herzen, nicht der
Körperglieder. Allah (t) sagt:

„So ist es. Und wenn einer die Opfertiere Allahes hochhält, ist es ein
Ausdruck der Frömmigkeit der Herzen." [Al-Hajj:32]

„Weder ihr Fleisch noch ihr Blut erreicht Allah, aber Ihn erreicht eure
Frömmigkeit. So hat Er sie euch dienstbar gemacht, damit ihr Allah
hochpreiset, daH Er euch rechtgeleitet hat. Und verkünde denen, die
Gutes tun, frohe Botschaft." [Al-Hajj:37]

349
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

An-Nabi (sas) zeigte auf seine Brust und sagte: ,,Die Taqwa befindet sich
hier." 99

Eine kluge Person wird mit der Kraft der Entschlossenheit, seinem
starken Willen und seiner von gesunden und von sc.:hlcc.:hten Zielen
gesäuberten Absicht mit wenig Auf\vand eine lange Strecke zurüddegen.
Ein Unachtsamer dagegen wird den Weg zuriicklegen, indem er sich sehr
anstrengen und nur Stiick für Stück vorankommen wird. Denn die
Entschlossenheit und die Liebe Hisst die Erschwernisse verschwinden, sie
verschönern den Weg. Sich Allah (j.j.) zuzuwenden und sich Ihm zu
auszuliefern, geht nur mit dem Willen/Wunsch und der richtigen
Entschlossenheit. Der Fleißige wird (allein) mit seiner Erholung den
Unachtsamen, der viele Taten verrichtet, überholen. Wenn ihr Fleifs
ebenbürtig sein sollte, so wird er ihn mit seinen Taten überholen.
Zweifelsfrei bedarf dieses Thema, worin der Islam und der lhsm1 eine
Rolle spielen, einer detaillierten Erktirung.

Der vollkommenste aller Wege

Der vollkommenste Weg ist der, den uns Rasulullah (sas) gebracht hat.
Er (sas) gab jedem sein Recht. Sei es mit seiner Tugendhaftigkeit, seiner
Willenskraft oder seinem Körper war er (sas) mit Allah zusammen, sogar
bis seine Füße anschwollen/bluteten ... ! Er fastete auf einer Art, wobei
man sich dachte: ,,Vermutlich wird er kein Iftar machen." Er kfünpfte
auf Allahs Weg. Er (sas) war mit seinen Sahttbtt vertraut und führte auf
eine freundschaftliche Art Gespräche mit ihnen, er hielt sich nicht von
ihnen fern. So weit es ging, verließ er nicht den das Gedenken Allahs
und die freiwilligen Taten. Allah Azztl Wtt ]eile hat seinen Dienern
befohlen, die Regeln des Islam äußerlich und die Wahrheiten des Iman
innerlich zu ve1wirklichen. Diese beiden, also den Inum und den Islam,

99 Muslim-2064, Überliefert durch den Hadith von Abu Huraira.

350
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

akzeptiert Er nur von dessen ßesitzer und Seinem Freund. In emem


Hadith nutrjit, der im lvfurwtd verzeichnet ist, heißt es: ,,Der Islam ist
öffentlich, der Iman dagegen befindet sich im Herzen." 100

Demzufolge bedeutet das nicht, dass jede islamische Sache, die ;iußerlich
verübt wird, die Person innerlich zu den Wahrheiten des !mttrzs führen
wird. Da er innerlich nicht den Iman erlangt hat, wird es nicht gut
angesehen. Auf~erdem nützt keine innerliche Wahrheit - egal um welche
es sich hierbei handelt - dk die Person ;iußerlich nicht den Regeln des
Islams unte1wirft.

Wenn das Herz mit Liebe und Furcht zerfetzt wird, der Diener aber
nicht mit dem dient, was ihm befohlen wurde, so werden ihn seine
foßerlichen schariakonforrnen Handlungen nicht vor dem Höllenfeuer
retten können. Wenn die Person die islamischen Taten ;iußerlich
verrichtet und innerlich von den Wahrheiten des Imans fernbleibt, wird
ihn dies auch nicht vor dem Höllenfeuer erretten können. Demzufolge
sind es zwei Gruppen, die Allah (j.j.) und dem Tag der Akhirtt treu sind
und zu Allah und der Akhirri fortschreiten:

l. Die erste Gruppe von Menschen verbringt nach ihren


Pflichttaten die restliche Zeit mit freiwilligen Taten. Neben der
Tatsache, dass sie diese zu ihren ßeschäfrigungen machen, mehrt
ihr Eifer deren Pfeiler und Urteile umzusetzen ihre Taten, auch
wenn sie nicht vom Kern gereinigt sind.

2. Die zweite Gruppe von Menschen bemühen sich die Zeit, die
nach ihren Pflicln- und Sunnah-Taten übrig bleibt, zur
Verbesserung ihrer Herzen zu benutzen sowie dazu, gegenüber
Allah, dem Einzigen (j.j.) demütig zu sein, sich für Ihn zu
versammeln und ihre Wünsche und ihre Willenskraft für Ihn zu
bewahren. Sie verrichten ihre Dienerschaft mit den Taten des

10"Ahmad-12381, mir einer schwachen lsnad iiberliefort. Für die ausführliche


Überlieferung im gleichnamigen \'v'erk nachschlagen.
351
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Herzens, also mit Liebe, Furcht, Hoffnung, Tawaqqul und mit


der korrekten Annäherung. Ihnen ist die geringste menthale
Wirkung auf ihr Herz, die ihnen Allah gew;ilut, lieber als eine
Vielzahl an freiwilligen Taten. Wenn ihnen Gemeinschaft,
Freundschaft, Liebe, Sehnsucht, Bescheidenheit oder auch
Erniedrigung zuteil wird, würden sie dies mit nichts tauschen, es
sei denn es ist ihnen befohlen. Je nach Möglichkeit folgen sie
umgehend dem Befehl. Wenn zu ihnen die freiwilligen Taten
kommen, dann würden sich Bedenken zeigen. Wenn sie jedoch
im Stande ist die freiwilligen Taten zu verrichten, dann ist dies
etwas anderes .. ! Anderenfalls schauen sie immer auf das, was
Allah (j.j.) lieb ist und das, was am Besten ist. Ist der Vollzug der
freiwilligen Taten identisch damit dem Leidenden zu helfen, dem
abgeirrten den (geraden) Weg zu zeigen, den Wunden eine
Linderung zu sein und vom !rnttn zu profitieren (etc.) ? Hier
muss man der bevorzugten freiwilligen Tat den Vorrang geben.
Wann immer man sich um Allah bemüht und die freiwilligen
Taten durch die Anniiherung an Ihn vornimmt, wird das, was er
von dem verpasst hat, was ihn erreicht hat, zurückkommen und
dies ist stärker als das, was im letzten Moment geschieht. Ganz
gleich wie vorteilhaft der Vorzug im Gegensatz zu den den
freiwilligen Taten erscheinen mag.

Demzufolge ist das, was der Diener machen muss, bezüglich


dem, was ihn erreicht hat und zu ihm zuri.ickkommen wird,
entschlossen und in der Absicht dazu bes6ndig zu sein. Denn die
Angelegenheiten, die sich ereignet haben, können auch wieder
verschwinden. Die freiwilligen Taten hingegen verschwinden
nicht. Dieses erhabene Thema bedarf einer genaueren
Erliiuterung mit einem ausgepriigten Fiqh, den Stufen der Taten
und Vorrang. Allah (t) ist Derjenige, Der dies erreichen Hisst. Es
gibt keinen Iftth auger Ihm. Es gibt keinen Rtlbb auGer Ihm.

352
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der l(ern des gelobten und getadelten Akhlaqs

Im Kern des getadelten Ahhlrlqs liegen der Hochmut, die Arroganz und
die Überheblichkeit. Im Kern des gelobten Akhlrtq liegen die Demut und
die höchste Anstrengung. Demzufolge liegt die Ursache der
Eigenschaften wie Eigenlob, Überheblichkeit, Habgier, Narzissmus,
Neid, Zügellosigkeit, Einbildung, Unterdrikkung, Hartherzigkeit,
Selbstgdlilligkeit, die Ablehnung eines (guten) Ratschlags, das Begehren
eines Gutes von jemand anderem, der Höhenflug, die Statusliebe und
der Eigenlob für etwas, das man nicht geschafft hat, in Hochmut.

Die Ursachen von Eigenschaften wie Lüge, Verrat, Augendienerei, List


und Betrug, Furcht und Gier, Geiz, Hilflsbedürftigkeit und Faulheit,
Erniedrigung für jemand anderen außer Allah, das Gute mit dem
Schlechten zu vertauschen etc. in Überheblichkeit und Arroganz.

Die gelobten Eigenschaften des Akhl(lqs wie beispielsweise Geduld,


Heldenmut, Gerechtigkeit, heigiebigkeit, Wahrung der Ehre,
Großzügigkeit, Besonnenheit, Unnachsichtigkeit, die Wahrscheinlichkeit
vor Augen zu halten, die Befolgung der Wahrheit, die Wahrung der Ehre
bei hoduni.itigen Dingen, Bescheidenheit und Genügsamkeit,
Korrektheit und Aufrichtigkeit, Gutem mit im selben Maß an Gutem
oder noch Besserem zu begegnen, die kleinen Fehler der Menschen nicht
zu beachten, sich vor den unsinnigen Dingen zu hüten und das Herz vor
diesen (oben aufgeziihlten) getadelten Sachen zu hüten etc. werden
allesamt durch Demut und die hohe Art der Anstrengung hervorgerufen.

Gem;iß dem, was Allah (j.j.) berichtet, war auch der Erdboden voller
Demut. Danach regnete es auf ihn und er vergrößerte sich, sein Schmuck
und seine Schönheit kamen zum Vorschein, als ihm vom Schicksal ein
Genuss beschert wurde. Der aus Erde erschaffene Mensch ist genauso.

Die Herrschaft und die Zerstörung liegen in der Natur des Feuers. Wenn
es erlischt, erlangt es den niedrigsten, verächtlichsten Zustand. Alles was
353
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

aus dem Feuer erschaffen wurde, ist ebenso. Wenn das Feuer brennt und
aktiv ist, befindet es sich in der Herrschaft. Wenn es ausgebrannt und
ruhig ist, befindet es sich in einem erniedrigten und niederen Zustand.
Der getadelte Akhlflq ist an das Feuer und dem, was daraus erschaffen
wurde, gebunden. Der vorzügliche/gelobte Akh!rtq ist von der Erde und
dem, was daraus erschaffen wurde. Demzufolge wird derjenige, dessen
Anstrengung erhaben ist und dessen Nafs voller Demut ist, mit dem
schönsten Akhlllq (bzw. den schönsten Charaktereigenschaften)
ausgestattet werden. Wessen Anstrengung niedrig und seine Nafs
zi.igellos ist, wird mit den niederwerigsten und schmachvollsten 11/..:hlaq
ausgestattet werden.

Die Bedingungen für die höchsten Wünsche

Der erhabene Wunsch ist an einem solchen Ort, das dessen Erreichung
einer erhabenen Anstregung und einer richtigen Absicht bedarf \'v'er
auch immer diese beiden Faktoren verliert, für den wird das Erreichen
dieses erhabenen Begehrens unmöglich werden. Denn wenn seine
Anstrengung hoch und erhaben wird, wird er nur daran gebunden sein
und nicht an etwas anderes. Wenn seine Absicht auch noch wahrhaftig
ist, so wird der Diener den Weg betrachten, der zu den höchsten
Wünschen führt. Also ist die Absicht das, was den Weg des Dieners
selektiert. Wenn das, was er will und der Weg, der dorthin fiihrt, eins
sein sollten, so wird es für ihn zu seinem Ziel werden, diesen zu
erreichen. Wenn aber seine Anstrengung für einfache Dinge ist, so ist
seine Anstrengung an einfache und wertlose Dinge gebunden. Es wird
nicht an die höchsten Wünsche gebunden sein. Wenn die Absicht nicht
richtig ist, so wird der Weg ihn nicht zu den höchsten Wünschen fiihren.
Alles dreht sich somit um die Anstrengung und die Absicht des Dk111..:rs.
Diese beiden Faktoren bedeuten für den Diener sowohl sein \'v'unsch als
auch sein Weg. Damit sich dies für ihn verwirklichen kann, muss er
folgende drei Dinge verlassen:

354
Al-h1waid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

1. Das Verlassen des Weltlichen, das von den Menschen


hervorgebracht wird

2. Das Verlassen der h1ktoren, die ihn daran hindern nach den
höchsten Wünschen zu tradnen und diesen Weg zu verfolgen.

3. Das Verlassen von Dingen, die sich zwischen seine Wünsche und
sein Herz schleichen und versuchen ihn von seinen Wünschen
wegzubringen.

Die Grundlage davon ist das Verlassen von unnötigen Dingen, die den
Menschen von seinem Ziel ablenken wie z.B. Essen, Trinken, Schlafen,
Umhergehen und inmitten einer Menschenmenge zu sein etc. Er nimmt
sich von diesen Dingen nur das, was ihm bei seinem Wunsch behilflich
sein wird. Und das, was ihn von seinem Wunsch wegreisst, wird er
lassen. Anderenfalls wird sich sein Wille verringern. Allah ist Derjenige,
Der um Hilfe gebeten wird.

355
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Von den Weisheiten Ibn Masuds

Einige von den Worten von Ibn lv!rzsuds (r.d.) waren:

Y Als eines Tages ein Mann „Ich wii.re gerne von denen, die in der
Akhirti Allah nahe stehen statt von jenen, die auf der rechten
Seite stehen (Ast){{bul Ymnin)" sagte, antwortete ihm Abdullrth:
„Hier gibt es einen Mann, der Angst davor hat, was nach seinem
Tod passiert (ob er überhaupt dahin kann oder nicht)." Damit
meinte er sich selbst.

y Eines Tages liefen die Menschen ihm hinterher. So fragte er sie:


,,Habt ihr einen bestimmten Wunsch?" Sie antwortete ihm:
,,Nein. Wir wollten nur mit dir gemeinsam ein Stiick gehen."
Daraufhin sagte er: ,,Geht zurück! Denn dieser Zustand ist für
die, die folgen, eine Erniedrigung und für den, dem gefolgt wird,
eine Fitwzh."

Y Er sagte: ,,Wenn ihr über meine Nrtfi das wüsstet, was ich weiss,
würdet ihr mich mit Erde bescluncissen."

Y Außerdem sagte er: ,,Wie schön sind diese beiden


Angelegenheiten, die sich niemand wünscht: Der Tod und die
Armut. Ich schwöre beiAllah, dies sind (eigentlich) der Reichtum
und die Armut. Ich weiss nicht mit welchem von ihnen ich
geprüft werde. Ich wünsche mir von Allah (j.j.), dass mich beides
von ihnen trifft. Wenn der Reichtum kommt, werde ich
deswegen mit meiner Naß ldmpfon. Wenn die Armut kommt,
werde ich gcd uldig sein."

Y Er sagte: ,,Die Nächte und die Tage vergehen und ihr befindet
euch auf einem unvollstli.ndigen Tod und bewahrten Taten. Der
Tod kommt mit Sicherheit unerwartet. Wer auch immer daher
das Gute säen sollte, wird willentlich Früchte slien. Wer auch
356
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

immer Übel s'.it, wird reumiitig ernten. Die Ernte jedes Säers
wird gefunden werden. Wer langsam s:it, wird das Behagen nicht
überholen können und wer ehrgeizig ist, wird sie (die Ernte)
nicht erlangen, wenn es für ihn nicht vorgeschrieben wurde."

}.- Wem auch immer Gutes gegeben wurde, dem gab es Allah (j.j.).
Wer auch immer vom Übel bewahrt wurde, den hat Allah
geschützt.

'y Die lvlujrthicleen sind Herren, die Fuqrtha sind Befehlshaber. Mit
ihnen zu sitzen und Zeit zu verbringen ist ein Nutzen.

'r Es gibt zwei Dinge: Der Weg und das Wort! Zweifelsfrei ist das
höchste aller Worte, das Wort Allahs (j.j.). Der vorzüglichste aller
Wege ist der Weg Rasulullahs (sas). Die schlimmsten aller Dinge
sind die, die im Nachhinein eingeführt wurden. Alles, was im
Nachhinein eingeführt wurde, ist eine Erneuerung. Lasst euch
nicht davon t;iuschen, dass das Leben lange dauern wird, eure
Hoffnungen sollen euch nicht nachl1issig werden lassen. Denn all
das, was kommen wird, liegt nah. Seid vorsichtig! Das Schlechte
ist das, was auch schon im Mutterleib schlecht war. Das Gute
hingegen ließ sich von etwas anderem als dies ermahnen. Seid
vorsichtig! Den Muslim zu töten ist Unglaube, ihn zu beleidigen
Frevlerei. Es ist einem Muslim nicht erlaubt tinger als drei Tage
mit seinem Glaubensbruder verstritten zu sein. So soll derjenige,
der den anderen als erstes sieht, sofort den Friedensgruß
sprechen. Wenn er ihn einladen sollte, so soll er der Einladung
folgen, wenn er krank wird, soll er ihn besuchen. Passt auch
hierauf aufl Das übelste Wort ist die Lüge. Seid vorsichtig! Es
gibt keinen Spaß oder Ernst in einer Lüge. Wenn ein Vater
seinem Kind ein Geschenk verspricht und dies nicht einhält,
wird dies auch als Lüge gezählt. Wisset auch, dass die Lüge zum
Schlechten und das Schlechte ins Höllenfeuer führt sowie die
Aufrichtigkeit zum Guten und das Gute ins Paradies führt. Über

357
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

denjenigen, der die Wahrheit spricht, sagt man bei Allah: ,,Er hat
die Wahrheit gesprochen, er hat Gutes gesagt." Über den Lügner
dagegen: ,,Er hat gelogen, er hat Schlechtes gesprochen." An-
Nabi (sas) sagte: ,,Eine Person, die die Wahrheit spricht, wird bei
Allah als „Wahrhaftiger" verzeichnet. Eine Persern, die lügt, als
„Lügner"." 101

y Das wahrhaftigste aller Worte ist das Buch Allahs. Der festeste
aller Knoten ist das \'v'ort der T,tqwa. Die beste aller Religionen
ist die Religion von Ibrahim (11.s.). Die schönste Sunr111h ist die
Sunnah von Rasulullah (sas). Der schönste Weg ist der Weg der
Propheten. Das ehrenhafteste Wort ist das Gedenken Allahs. Die
beste Moral ist der Quran. Die beste Tat ist die des Dim und die
schlechteste Tat ist die, die im Nachhinein in die Religion
eingeführt wurde. Eine Sache, die wenig aber ausreichend ist, ist
besser als eine Sache, die viel ist, aber keinen Nutzen bringt. Die
Errettung der Nafi ist besser als die unkontrollierten Merkmale
der Najs. Die schlimmste Entschuldigung ist die, die im
Todesmoment gesprochen wird. Die schlimmste Reue ist die
Reue am Tag der Auferstehung. Der i.ibclste Irrtum ist der
Irrtum, den man nach der Rechtleitung begeht. Der beste
Reichtum ist der Reichtum des Herzens. Die beste Nahrung ist
die Tttqzu,i. Die beste Sache, die dem Herzen zugeführt werden
kann ist der Yaqin. Und Zweifel kommt durch Kuj}r. Die i.ibclste
Blindheit ist die Blindheit des Herzens. Der Alkohol ist die
Mutter aller Sünden. Die zügellosen Frauen sind die Schnüre des
Sheytan. Eine schlechte Jugend ist eine Stufe der Verrücktheit.
Die Toten auf eine übertriebene Art und Weise zu betrauern ist
von der fahiliyfl.

Y Es gibt unter den Menschen welche, die das Freitagssgcbet nur so


verrichten, in dem sie ihren Rücken zudrehen. Einige gedenken

101 Hadith sahih. Ahrnad-3638. Pür die ausführlicl1e Überliefornng im glciclmamigcn

Werk nachschlagen.
358
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allahs nur, wenn ihnen danach ist. Zweifelsfrei ist der größte
unter den Fehlern, die Lüge. Wer auch immer vergibt, dem wird
auch Allah (j.j.) vergeben. Wer auch immer seinen Zorn
unterdrückt, den wird Allah (t) belohnen. Wer auch immer
verzeiht, dem wird auch Allah verzeihen. Wer auch immer bei
den Schicksalsschl:igen geduldig bleibt, dem wird Allah ein
schönes Ende bereiten. Der übelste Verdienst ist der, der mit
Zinsen erworben wird. Die übelste Nahrung ist das Gut der
Waisen zu verzehren. Das einer von euch genügsam ist, wird
euch zweifelsfrei mehr als genügen. Die Größe eines Menschen
kann bis zu vier Stationen erreichen, die guten Taten dagegen
werden ihn bis zum Schluss begleiten. Der Wendepunkt der
Angelegenheiten ist ihr Ende. Der beste Tod ist der eines
Miirtyrers. Wer auch immer hochmütig ist, den wird Allah
erniedrigen und wer auch immer sich gegen Allah auflehnt, der
folgt dem Sheyttm.

'.r Der Triiger des Qurans muss jemand sein, der, wenn die
Menschen schlafen, die Nacht im Allahesdienst verbringt, wenn
die Menschen tagsüber essen, am fasten ist, wenn sich die
ivlenschen freuen, traurig ist und wenn sich die Menschen
vergnügen, demütig ist. Außerdem sollte der Träger des Qurans
jemand sein, der weint, trauert, Weisheit besitzt, ein Vorbild und
ein ruhiger Mensch ist. Obendrein sollte er aufgeweckt, nicht
unachtsam, nicht chloerisch und gegeni.iber den Muslimen nicht
hart wie Eisen sein.

>-- Wer auch immer sich zur Schau stellt und überheblich ist, den
wird Allah (t) in Erniedrigung stürzen und wer auch immer auf
eine demütige Weise bescheiden ist, den wird Er erheben/
erhöhen. Sowohl der Engel als auch der Sheytan haben einen
freund. Der Freund des Engels erzählt das Gute und bestätigt
die Wahrheit. Demzufolge solltet ihr umgehend Allah loben,
wenn ihr das bemerkt. Der Freund des Sheytan dagegen erzählt

359
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

vom übel und stellt die Wahrheit als Lüge dar. \"Venn ihr das
bemerkt, so sucht Zuflucht bei Allah.
;., Mit Sicherheit sprechen die Menschen schöne Worte. Jemand,
dessen Worte zu seinen Taten passen, der hat Wohlbehagen
erlangt. Und jemand, dessen \"Vorte nicht zu seinen Taten
passen, der hat seine Naß zur Vernichtung geführt.

;., Ich freunde mich nicht mit jenen an, die ihre Tage sinnlos und
ihre Nächte verschwenderisch verbringen! Ich zürne dem Mann,
der weder flir sein Leben in der Duny,t noch in der Akhim
irgendeine gute Tat vorweisen kann. Außerdem zürne ich dem,
dessen Gebet ihn nicht zum Guten leitet und vom Schlechten
fernhiilt. Zweifelsfrei hat ihn dieser Zustand sehr weit von Allah
entfernt.

;., Eine Form den Yaqins ist es, diejenigen, denen Allah zürnt, nicht
zufriedezustellen. Und auch nicht jemandem (flir die
Versorgung) zu danken, wo es doch Allah ist, der versorgt. Denn
genauso wie das vielmalige Bitten um Versorgung die Versorgung
nicht herbeiführen kann, kann auch das Nicht-Wollen sie
hindern. Denn Allah (j.j.) hat mit Seiner Gerechtigkeit und
seiner Nachsicht die Seele und die Freude in Yrtqin und die
Zufriedenheit gelegt. Die Bedrängnis und die Trauer hingegen in
den Zweifel und Zorn.

;., Solange du im Gebet stehst, klopfst du an der Tür deines Herrn!


Wer auch immer an der Tür seines Herrn klopft, dem werden
die Türen geöffnet.

;.- Ich vermute, dass die Menschen dadurch das sie Fehler begehen,
vergessen was sie wissen!

360
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Seid die Besitzer von Wissen und ein Licht der Rechtleitung und
diejenigen, deren Hfoser bescheiden sind. Seid die Kerze der
Nacht, das Leben der Herzen und Leute mit alten Kleidern!
Wenn ihr so seid, werdet ihr im Himmel bekannt und den
Menschen auf der Erde verborgen sein.

Y In den Herzen befinden sich der Wunsch/der Wille und die


Abkehrung. Wenn das Herz will und sich sehnt und sich
zuwendet, so sehe zu, dass du davon profitierst. Und wenn es sich
abwenden und den Rücken zukehren sollte, so verlasse es.

).- Das Wissen kommt nicht durch viele Überlieferungen. Das


Wissen kommt nur durch die Demut zustande.

Y Ihr seht die Kuj}ttr als körperlich stark und im Herzen krank und
die lvlu 'mimm unter den Menschen als im Herzen gesund und
körperlich krank. Ich schwöre bei Allah, wenn eure Herzen krank
sind und der Körper gesund, so werdet ihr gegenüber Allah
weniger Wert besitzen als ein Misrkiifer.

Y Der Diener wird den wahren Iman nur erreichen können, wenn
er den Gipfel des lnutns erreichen sollte. Den Gipfel wird er
jedoch nur erreichen, wenn er die Armut mehr als den Reichtum
und die Bescheidenheit mehr als die Überheblichkeit liebt. Für
ihn ist derjenige, der ihn lobt identisch mit dem, der ihn tadelt.
Zweifelsfrei ist die Religion eines Menschen bei ihm, wenn er
sein Haus verl:isst. Wenn er nach Hause zurückkommt, findet
sich nichts von seiner Religion wieder. Obwohl der Mensch sich
selbst und seiner Naß weder einen Schaden noch einen Nutzen
zuführen kann, kommt jemand und schwört bei Allah: ,,Du wirst
das schon schaffen." Daraufhin kehrt er zurück ohne irgendeines
seiner Bedürfnisse gedeckt zu haben und ladet und ladet den
Zorn von Allahs auf sich.

361
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn ich mich über einen Hund lustig mache, so fürchte ich
};;>
mich davor zu einem Hund zu werden.
Y Die Sünden sind die Faktoren, die das Herz ankratzen.

Y Zur Zirut mit den Augen wird dich zweifelsfrei der Sheytm1 für
den ersten Blick bewegen und für den zweiten Blick ermutigen.

>"' In jeder Freude kann Trauer gefunden werden! Ein Haus, das
mit Freude gefüllt ist, kann sich zweifelsfrei auch mit Trauer
füllen! Ihr seid Gäste und auch das anvertraute Gut isr nicht ewig
beständig. Der Gast wird wieder gehen. Und auch die Amrma 102
wird wieder an seinen Eigentümer zurückkehren.

Y Gegen Ende der Zeit wird es eine Gruppe von Menschen geben,
deren beste Tat es ist, sich gegenseitig zu tadeln. Sie bezeichnen
sich gegenseitig als „S tinker".

Y Wenn eine Person gegenüber seiner eigenen Naß gewissensvoll


sein möchte, so soll er das, was er sich für seine eigene Nafs
wünscht, den Menschen geben.

>"' Die Wahrheit ist schwer (zu tragen) und ersichtlich. Die
Falschheit dagegen ist leicht und versteckt.
Y Es gibt solche Neigungen, die eine lange Trauer mit sich bringen.

>"' Es gibt auf der Erde nichts, was eine solch lange Gefangenschaft
erfordert wie die Zunge.

>"' Wenn in einem Land die Unzucht und der Zins verbreitet sind,
so wird die Zerstörung dieses Landes gestattet werden.

102 Das anvertraute Gut.


362
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Y Wessen Kraft auch immer dazu reicht die Schätze, die die
Zuversicht nicht essen und der Dieb nicht klauen kann, bis zum
Himmel zu tragen, der soll das machen. Denn das Herz einer
Person ist bei seinem Schatz.

r Niemand soll die Religion eines anderen imitieren! Denn er wird


an das glauben, woran derjenige glaubt, den er imitiert; wenn
dieser leugnet, wird auch er leugnen. Wenn du zwingend etwas
brauchst, wonach du dich richten kannst, so richte dich nach
einem Toten (imitiere ihn). Denn einen Lebendigen wird die
Fitmzh des Toten nicht erreichen.

Y „Seit bloß nicht lmnuz." Daraufhin fragten sie: ,,Was ist lrnma?"
Daraufhin antwortete er (sas): ,,Es heisst, dass Allah, der
Erhabene, sagt: <<Wenn sie auf der Rechrleitung sind, so werde
Ich ihnen Rechrleitung geben und mit ihnen sein. Wenn sie auf
dem Irrweg sind, so werde Ich sie nicht zum Inweg leiten.>>
Seid vorsichtig! Auch wenn die Menschen jemanden vom Islam
ausschlid~en, so bezeichne du ihn niemals als Kafir!"

r Als ein Mann fragte: ,,Bringe mir einige nützliche und wahre
Worte bei?" Da antwortete er (sas) ihm: ,,Geselle Allah nichts bei.
Entferne dich von den Dingen, von denen sich auch der Quran
entfernt. Richte dich nach dem, der die Wahrheit umsetzt, auch
wenn er weit entfernt ist und andere ihn anfeinden ... Und
entferne dich von dem, der die Falschheit umsetzt, auch wenn er
lieb wirkt und sich dir auf eine freundschaftliche Weise nähert. ..

Y Am Tag der Abrechnung wird dem Diener gesagt: ,,Bringe dein


anvertrautes Gut zu Stande." Und der Diener wird antworten:
„Oh mein Herr! Wo soll ich es herbringen, zweifelsfrei ist es in
der Duny1t verschwunden!" Daraufhin wird das Abbild der
Dunyrt, die es verschwinden lassen hat, in einer Grube von

363

...
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

f ahcmnttrn ersichtlich. Er steckt die Dunytl bis zum Abgrund


hinein, danach nimmt Er sie und ladet sie auf die Schulter Seines
Dieners und tisst ihn damit erhöhen, bis dieser Diener glaubt,
dass die Geli.iste und dergleichen von ihm raus sind und er denkt,
dass dies ewig so weitergehen wird."

~ Lass dein Herz an diesen drei Orten sem: Beim Hören des
Qurans, in den Kreisen des Dhikrs und in den Momenten, in
denen du alleine bist. Wenn du diese Orte nicht findest, so bitte
Allah, dass er dir ein Herz schenkt, denn du kein Herz hast.

~ Junayd sagte: Eines Tages kam ein junger Mann zu mir und
fragte mich bezüglich der 1iwbrt. Ich antwortete ihm. Danach
fragte er mich über die Wahrheit der 1irnbrt und ich sagte: ,,Es
bedeutet, dass du deine Si.inden zwischen deinen beiden Augen
siehst, bis der Tod dich ereilt." Er sagte: ,,Lass das! Das ist nicht
die Wahrheit der T1wba sein." Daraufhin sagte ich ihm: ,,Nun
gut, junger Mann, was ist deiner Meinung nach die Wahrheit der
Taub1t?" Er meinte: ,,Dass du deine Si.inde vergisst. So wird auch
sie (die Sünde) dich vergessen und an dir vorbeiziehen." Als
daraufhin ein anderer Mann mich fragte: ,,Oh Alm ()!1sim, was ist
sie (die Wahrheit der Tauba) eurer Meinung nach", sagte ich:
„Das was der junge Mann sagt, entspricht der Wahrheit." Er
sagte: ,,Wie meinst du das?" Ich antwortete ihm: ,,Obwohl ich
mit der Sünde zusammen bin, bringt es mich von der Trauer zur
Freude. Zweifelsfrei bedeutet es Trauer, wenn ich mich im
Zustand der Freude an die Trauer erinnere.

364
Al-Fawai<l von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Ikhlas und der Nafs können nicht zusammen


gelobt werden

Es kann niemals vorkommen, dass, wenn ein Mensch in seinem Herzen


Aufrichtigkeit hat, er gelobt wird und habgierig gegenüber den Dingen
ist, die sich in den I-Unden der Menschen befinden; genauso wie Feuer
und Wasser oder ein Esch und eine Zecke niemals zusammen sein
können. Wenn deine N,ifi dich dazu motiviert etwas voller Aufrichtigkeit
zu wiinschen, so zerschneide als erstes die Habgier mit dem Messer des
Pessimismus'. Daraufhin wende dich dem Lob und den Belobigungen 103
zu und sei ihnen gegenüber enthaltsam, genauso wie du dich der Akhirtt
zuwendest und gegcnüber der Dunya enthaltsam bist. In dem du die
Habgier abschneidest und dich des Lobes und der Anerkennung
enth:iltst, wird es, wenn du den richtigen Kurs einfängst, einfach sein,
dass du Aufrichtigkeit erlangst.

Wenn du dich fragen solltest, wie es sein kann, dass die Aufrichtigkeit
dich erreicht, sobald du die Habgier abschneidest und den Lob und die
Anerkennung vertisst, so sage ich dir: ,,Wenn du die Habgier von dir
abschneidest und sie verl:isst, wird es einfacher, dass du das absolute
Wissen dariiber bekommst, dass alles, worin man habgierig ist, nur in
Allahs Hand liegt und Er es gibt, wenn Er möchte. Wenn wir nun zu der
Enthaltsamkeit gegenüber Lob und Anerkennung kommen, so wird zu
dir das absolute Wissen darüber kommen, dass Allah allein es ist, der
tadelt, erniedrigt und Schaden zufügen kann. Genauso wie ein Beduine
zu An-Nabi (sas) sagte: ,, Das ich gelobt werde, ist etwas schönes. Dass
ich getadelt werde, ist dagegen ungeheuerlich." Da antwortete An-Nabi
(sas): ,,Dies ist von Allah." 10·1

103 In Bezug auf einen selber, also der Eigenlob oder das Verlangen von anderen gelobt

werden 1.u wollen.


1'J-i Ahmad- 15991, Überliefert durch Akra Ibn Habis. Für die ausführliche
Überlieferung im gleichnamigen Werk nachschlagen.
365
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Demzufolge sollst du gegenüber der Anerkennung von jemandem, der


dich nicht mag und gegenüber dem Tadel dessen, der dich nicht als
schändlich erachtet, entsagend sein. Ersehne Allah, der in Seinem Lob
alles Schöne beinhaltet und bewahre dich vor Seinem Tadel, der jegliche
Schande beinhaltet. Dies kannst du nur verstehen, wenn du Ytzqin und
Geduld aufbringst. Wann immer auch die Geduld und der Ytzqin
verschwinden, wirst du zu jemandem werden, der sich auf eine
Schiffsreise begeben möchte, obwohl er kein Transportmittel besitzt.

Allah (t) sagt:

,,Sei nun geduldig. Das Versprechen Allahes ist wahr. Und diejenigen,
die keine Gewißheit hegen, sollen dich nicht abirren lassen." [Ar-
Ruum:60]

, u~.J:l - .. ; Y .J . J ~ ..r;·L
.1 ~ t~ , Ll:ilil.i 1 \s · 1 , -- L:J Ll ~1
~ ~~-
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·~~ l.ik.. '\,
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„Wahrlich, dein Herr wird um Tag der Auferstehung zwischen ihnen
über das entscheiden, worüber sie uneins waren." [As-Sajdah:24]

366
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Genuss entspricht der Bemühung/Anstrengung

Jeder Mensch nimmt einen Genuss entsprechend seiner Anstrengung


und der Ehre seiner Nafs wahr. Zweifelsfrei ist hinsichtlich seiner Nafs
derjenige am ehrenvollsten, der bezüglich seiner Anstrengung und seiner
Fatihigkeit am höchsten ist. Es ist derjenige, der Allah kennt, Ihn liebt,
sich auf die Begegnung mit Ihm frem und gegenüber den Dingen, die Er
liebt und mit denen Er zufrieden ist, Liebe hegt. Für diese Person ist es
auch ein Genuss, wenn sie sich Allah zuwendet und seine Anstrengung
sich Ihm ergibt. Darüber hinaus gibt es noch unühlige Stufen, deren
Anzahl nur Allah kennt. Wer diesen Genuss erfahren hat, wird die
schmutzigsten Dinge, die schlimmsten Worte, Taten und
Beschäftigungen allesamt aufgeben. Wenn sich etwas anbietet, was ihm
Genuss bereitet, so wird er nicht tolerant darin sein, es anzunehmen, ihm
nicht schmeicheln und ihm gegeniiber sogar Wehmut verspifren.

Bezüglich des Genusses sind die vollkommensten Menschen, diejenigen,


die den Genuss des Herzens, der Seele und des Körpers vereint haben.
Zweifelsfrei wird diese Person die erlaubten Genüsse in einer Art und
Weise nutzen, dass sich seine Genüsse in der Alehim dadurch nicht
verringern und der Genuss Allah zu kennen und Ihm ein Freund zu sein
nicht vernichtet wird. Diese Person z'.ihlt zu den Leuten über die Allah
sagt:

„Sprich: Wer hat denn den Schmuck verboten, den Allah für seine
Diener hervorgebracht hat, und auch die köstlichen Dinge des
Lebensunterhalts? Sprich: Sie sind im diesseitigen Leben für die
bestimmt, die glauben, und am Tag der Auferstehung (ihnen)
besonders vorbehalten. So legen Wir die Zeichen im einzelnen dar für
Leute, die Bescheid wissen." [Al-Araf:32]
367
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die schlimmsten unter den Leuten, die sich an ihren Genüssen erfreuen,
sind diejenigen, die die Genüsse auf eine Weise nutzen, sodass sich
zwischen ihn und die Akhirrt Geniisse stellen. Demzufolge werden sie an
dem Tag, an dem die Quittungen für die Genüsse erhalten werden, zu
jenen gehören, über die gesagt wird:

„Und am Tag, da diejenigen, die ungläubig sind, dem Feuer vorgeführt


werden: «Ihr habt eure köstlichen Dinge im diesseitigen Leben
aufgezehrt und genossen. Heute wird euch mit der scl1m~ihlichen Pein
vergolten dafür, daß ihr euch auf der Erde immer wieder zu Unrecht
hochmütig verhalten und daß ihr immer wieder gefrevelt habt.»" [Al-
Ahqaf:20]

Beide haben von dem Guten einen Nutzen gezogen. Die Getadelten
haben sich nur getrennt, um zu profitieren. Die Gelobten dagegen haben
auf eine Art und Weise von dem Genuss profitiert, der ihnen erlaubt
war. Für sie wurden sowohl die Genüsse der Dunyrt als auch die der
Akhira gesammelt. Die anderen dagegen haben auf dem Weg ihrer
Gelüste und Wünsche, die sie angestachelt haben, von den Genüssen
profitiert. Ganz gleich ob sie ihnen erlaubt waren oder nicht... Von
ihnen wurden auch die Genüsse der Dunya getrennt, und die Genüsse
der Akhira sind an ihnen vorbeigezogen. Für sie wird es keine
beständigen Genüsse der Dunya und auch keine ewigen Genüsse der
Akhira geben. Wer sich auch immer die Genüsse, ihre ßcst;i.ndigkeit und
das schöne Leben wiinscht, soll sowohl in seinem Wunsch als auch in
seinem Allahesdienst für Allah auf sein Herz verzichten und seinem
Genuss behilflich sein und dadurch den Genuss der Dunya den Genuss
der Akhira erreichen lassen. Er soll den Genuss erhalten, indem er Allah
darum bittet und sich nicht nach seinen Shrihwat und Gelüsten

368
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

orientieren. Wenn er jemand ist, von dem die Geni.isse der Dunytt und
ihre Schönheiten entfernt wurden, so soll er die Dinge, die ihm fehlen,
zu den Genüssen der Al,hir11 hinzuz;ihlen! In dem Allah diesen Genuss
von ihm fernhiilt, r;iumt Er seine Nafs dorthin, wo seine Genüsse die
vollkommene Gegenleistung erhalten werden.

Mit Sicherheit sind die Genüsse und die Schönheiten der Dunya für
diejenigen, die Allah und den Tag der Akhirrl auf eine richtige Weise
wollen, eine wunderschöne Hilfe. Außerdem sind die Dinge, die man
möchte, in der Ahhirtl. Wie schlimm ist derjenige, dessen Absicht und
Ziel die Schönheiten der Dunyrz und ihre Geniisse sind und er sich um
sie dreht und kreist (sie umschwfümt), von den Geniissen der Akhirtt
jedoch entbehrt. Welch ein guter Freund ist es für diejenigen, die sich
nach Allah und den Jiingsten Tag sehnen, sich nicht an die Dunya zu
binden. Welch ein schlechter Freund die Dunytz fi.ir die Leute ist, die
Allah und den Jüngsten Tag verlassen haben.

Wer auch immer die Vorteile der Dunya auf eine Weise nutzen sollte,
sodass von seinem Leben in der Akhirci keinerlei Genüsse verringert
werden, wird sowohl in der Dunya als auch in der Ahhirtt siegreich sein,
anderenfalls wird er in beiden Fällen in Trauer fallen.

369
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Wirkungen des Verlassen der Sünden

Erhaben ist Allah, der Herr der Welten von der Unvollstiindigkeit seiner
Eigenschaften. Zweifelsfrei ist das Ergebnis des Verlassens der Siinden
und des Ungehorsams das im Anschluss Aufgeziihlte:

Dass eine Person an Menschlichkeit gewinnt, seine Ehre, sein Zustand


und die verschiedenen Güter beschützt werden, die Allah fiir das
Wohlergehen in der Dunytt und der Akhirtt bereitgestellt hat, dass man
die Geschöpfe liebt, dass unter ihnen schöne \'v'orte gesprochen werden,
dass man ein schönes Leben hat, dass der Körper zur Ruhe gelangt, dass
das Herz stärker wird, dass die Nttjs schön ist, dass sich das Herz mit
Gaben füllt, dass das Herz sich beruhigt, dass man sicher von den
Bdingstigungen der Heuchler und Unterdrücker ist, dass die
Krankheiten, Sorgen und Trauer abnehmen, dass die Nafs entgegen der
Wahrscheinlichkeit erniedrigt zu sein voller Ehre ist, dass das Licht im
Herzen geschützt wird, welches die Dunkclheiten · des Ungehorsams
löscht, dass man einen Weg Hndet um sich von den Erschwernissen der
Frevler und der Unterdriicker zu befreien, dass man von einer Stelle
versorgt wird, mit der man nicht gerechnet hätte, das man Erleichterung
gegenüber den Erschwernissen durch die Frevler und die Rebellen
erlangt, dass der Gehorsam erleichtert wird, dass das \'v'issen und die
Komplimente unter den Menschen erleichtert werden, dass die
Bittgebete zu Allah (j.j.) sich mehren, dass sich ein Riickzugsort für Sein
Angesicht bildet, dass den Herzen der Menschen die Allahesfrucht
zugeführt wird, dass den Muslimen der Sieg gegeben wird, dass sich die
Muslime schützen, wenn ihnen Pein und Unterdrückung widerflihrt,
dass die Keuschheit geschützt wird, wenn sie angegriffen wird, dass die
Dutt eines Dieners auf der Stelle erhört wird, das die Premdheit zwischen
Allah und dem Diener verschwindet, dass sich die Engel einem niihern
und der Sheytmz sowie die üblen firm sich entfernen, dass die Menschen
miteinander wetteifern um einen zu bedienen und bei den Bedürfnissen
behilflich sind, dass sie mit einem das Gespr;ich und die Niihe aufhauen,
dass man den Tod nicht mehr fürchtet, sondern sich im Gegenteil
370
Al-fowai<l von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

darüber freut, dass man seinen Herrn erreichen, zu Ihm gelangen un<l zu
Ihm zurückkehren wird, <lass <lie Dunyfl im Herzen des Dieners als klein
un<l <lie Ahhirri groß erscheint, dass man ehrgeizig ist, den großen Besitz
un<l <lie erhabene h·eiheit zu erlangen, dass man den Genuss des
Gehorsams und des Imttns schmeckt, dass man Teil von der Dutt der
Engel wird, welche den Thron tragen und die sich um ihn (den Thron)
herum bdlnden, dass sich die Aufschreiber-Engel für einen freuen und
jederzeit für ihn Dwt machen, dass sich der Verstand, das Verständnis,
der !mfln und das Wissen mehren, dass Allah einen liebt, Sich für einen
interessiert und über die Tauba glücklich ist und Sich freut. ..

So wie Allah (t) sich jedes Mal darüber freut und glück darüber ist, wenn
der Diener vor Sünden flicht, wird Er sich niemals darüber freuen und
glücklich werden, wenn der Diener eine Sünde begeht.

Zweifelsfrei sind dies einige der Ergebnisse der Wirkungen davon, wenn
ein Diener die Siinden in der Dunyll verl:isst. Wenn der Diener stirbt,
werden ihn die Engel mit der freudigen Nachricht empfangen und mit
Allahs Erlaubnis ins Paradies einführen. Außerdem werden sich bei ihm
weder Furcht noch Trauer befinden. Er zieht aus dem Gefangnis der
Dunyrt und ihrer Enge in einen Garten von den G~irten des Paradieses
und ihm werden bis zum Tag der Auferstehung Gnaden zuteil. Am Tag
der Auferstehung, wenn sich die Menschen in dieser Hitze und im
Schweiß befinden werden, wird er sich im Schatten des Thrones
befinden. Wenn die Menschen von Allah entfernt werden, wird dieser
Diener unter den Freunden von Allah, den Bewahrten und den
Errettteten auf der rechten Seite sein:

„Das ist die Huld Allahes. Er läßt sie zukommen, wem Er will. Und
Allah besitzt große Huld." [Al-J umua:4]

371
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Taqwa von Omar Ibn Abdulaziz

Im Werk „ Tab,zqat" berichtet Ibn Sa' d, dass Omrtr Ibn Abdulflziz, wenn
er auf den lvfinbar stieg um die Khutba zu halten, sie stets kurz hielt, aus
Angst seine Nafs könnte in Augendienerei verfallen. Aus demselben
Grund zeriss er die Briefe, die er schrieb und sagte: ,, Oh Allah! Ich suche
die Zuflucht bei dir vor dem Übel meiner Najs."

Wisse, dass der Diener sich darüber bewusst sein muss, wenn er eme
Sache oder eine Rede beginnt, sie Allah ihm gcwlihrt und wiederum
Allah es ist, Der ihn hierbei erfolgreich sein tisst, Dass es von Ihm und
nicht von seiner N1ifs ist, dass es nicht aus seinem eigenen Wissen und
seinen eigenen Gedanken resultiert, dass es nicht durch seine eigene
Stärke und Macht, sondern höchstpersönlich von Allah kommt, Der ihm
die Zunge, das He1~l, die Augen und Ohren erschaffen hat. Zweifelsfrei
hat Derjenige, Der ihm dies zuteil werden ließ, auch die Worte und
Handlungen zuteil werden lassen.

Wenn dies aus den Gedanken und dem Blickfeld des Herzens dieser
Person nicht verschwindet, dann wird sich die grundlegende
Augendienerei der Nafs, n~imlich die Selbstgefalligkeit in Bezug auf die
Dankesschuld gegenüber ihrem Herrn, Seiner Hilfe und Seinem Schutz
bei ihr nicht vorzufinden sein. Wenn jedoch dies in den Gedanken eines
Menschen vorhanden ist, dann wird es auch zum Vorschein kommen
und sowohl seine Worte als auch seine Taten durcheinander bringen.
Manchmal stellt sich der Hochmut zwischen ihn und die
Vollständigkeit. Manchmal versucht der Diener dies zu durchtrennen,
jedoch erhält er, kurz bevor er das tut und von diesen Dingen entbehrt
wird, die Rahmtl von Allah. Manchmal ist er vollkommen von der
Überheblichkeit eingenommen und wenn sich dies bei ihm ausbreitet,
wird er keinen Ertrag erzielen können. Selbst wenn er einen Ertrag
erzielt, wird dies eins sein, dass überhaupt kein Ziel hat und so schwach
ist, dass er keinen Nutzen erbringt. Manchmal wird dies eine solche
Form annehmen, dass die Nachteile dieses Ertrages die Vorteile
372

IIMIPI ...__
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

i.iberwiegen. Wenn der Erfolg, die Hilfe, die Dankbarkeit und die Hilfe
bei ihm zum Vorschein kommen und sich in seiner Nrtfi die
Augendienerei zeigt, so werden bei ihm eine Vielzahl an Fehlern und
Nachteilen den Durchbruch erlangen.

Somit verstehen wir von diesem Thema, dass Allah (j.j.) die Worte und
Taten Seiner Diener zum Guten wendet, erhöht oder sie für den Diener
korrigiert oder ihm kürzt. Zweifelsfrei gibt es nichts, was die Taten mehr
aufhebt als die Selbstgefälligkeit. Wenn Allah (j.j.) in Bezug auf Seinen
Diener das Gute wünscht, wird er in all seinen Worten und Taten Seine
Gunsterweisung, Seinen Erfolg und Seine Hilfe zum Zeugen über ihn
machen und dieser wird nicht mehr selbstgefallig sein. Danach wird Er
dem Diener seine Fehler aufzeigen und der Diener wird diese Dinge für
Allah nicht mehr lieben und daraufhin wird er aufgrund dieser Dinge bei
Allah (t) Taubct machen, Ihn um Vergebung bitten und sich schämen
dafür eine Belohnung zu erhalten, wiihrend diese Dinge noch existieren.
Wenn Allah (j.j.) diese Dinge nicht als Zeugen über den Diener einsetzt
und sie ihm nicht aufzeigt, so wird der Diener bezüglich dieser Sache
seine Ntljs als zufrieden und vollkommen erachten. Jedoch werden diese
Sache und seine Taten den Diener nicht zum Status der Akzeptanz, der
Zufriedenheit und der Liebe führen.

Demzufolge wird sich eine weise Person, indem sie bezeugt, dass Allah es
ist, Der die Gunsterweisung, die Hilfe und den Erfolg gibt, die
Hilflosigkeit ihrer eigenen Nafi eingestehen und sich schiimen das Recht
Allahs in seiner ganzen Dimension nicht erfüllt zu haben. In diesem
Zustand wird sie nur noch für das Angesicht Allahs Taten verrichten und
sich an die Arbeit machen. Ein frthil dagegen wird ohne von seinem
Herrn den Erfolg zu erbitten, entsprechend seiner eigenen Ntlfi und
seiner eigenen Wünsche sich nach seinen Gelüsten und Ansichten
orientierend und damit zufrieden seiend Taten und Dinge verrichten.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Vorzüge des Verlassens der schlechten


Gewohnheiten

Das Erwi.inschte zu erreichen hiingt damit zusammen die Gewohnheiten


zu unterlassen und die Faktoren zu beseitigen, die davon abhalten. Die
Gewohnheiten führen zur Gemütlichkeit und zur Weichheit. Außerdem
finden die Menschen Ruhe indem sie sich gewöhnen. Somit haben sie
nach ihrem eigenen Ermessen eine Menge Regeln und Traditionen in die
Gesetze der Sh1tria eingeführt. Diese Regeln und Traditionen, die sie
selber eingeführt haben, stehen für sie sogar höher als die Shttrirt selbst.
Sie leugnen jeden, der diese Regeln missachtet. Sie stellen sich nicht so
sehr gegen die Leute, die ganz offen die Sharill verleugnen als gegen jene,
die diese/ihre Regeln leugnen. Manchmal schließen sie sogar denjenigen,
der sich gegen ihre Regeln und Traditionen stellt, vom Islam aus,
manchmal erachten sie ihn als einen der Ahlul Bidrt und als einen
Verri.ickten, manchmal verjagen und tadeln sie ihn. Für diese Regeln und
Traditionen töten sie sogar die Sunnttn und missachten sie. Sie
bestimmen falsche Vertreter, die den Propheten (sas) in eine primitive
Position bringen und ihn anfeinden. Zweifelsfrei ist ihrer Meinung nach
das Richtige, sich danach (nach ihren eigenen Regeln) zu richten und das
Falsche ist für sie, sich nicht danach zu richten.

Diese Regeln und Traditionen haben sich schon so manche Könige,


Rechtsgelehrte, Philosophen, Drtrwishe und einige unter den Leuten der
unteren Schicht des Volkes vorgeknüpft. Sie erziehen sogar die kleinen
Kinder mit diesen Regeln und Traditionen. Den Älteren haben sie davon
erzählt. Somit haben sie sich nach ihrem eigenen Gutdünken einen \"{!eg
vorgezeichnet. Dieser Weg und diese Traditionen sind für sie das
Erhabenste. Mit Sicherheit ist derjenige, der sich an diese Traditionen
hiilt, in ihnen gefangen. Wenn seine I--fände ihm mit diesen Traditionen
gebunden sind, so ist er gegenüber jemand anderem liußerst abgeneigt.
Es gibt keinen Zweifel daran, dass sich mit diesen Ansichten die
Schicksalsschtige ausbreiten. Aus diesem Grund haben sich eine Vielzahl

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Al-I;awaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

an Menschen von Quran und Sunnah entfernt. Wer auch immer diesen
Traditionen und Regeln behilflich ist, der wird bei Allah enttäuscht
werden. Wer auch immer sich nicht nach Quran und Sunnah, sondern
danach richtet, der wird bei Allah keine Akzeptanz darin finden. Mit
Sicherheit wird dies als eines der größten Hindernisse gezählt, die den
Diener von der Zuwendung zu Allah und Seinem Gesandten (sas) weit
entfernt und abhiilr.

Faktoren, die abhalten

Wenn wir nun zu den Faktoren kommen, die den Diener abhalten, so
zeigen diese iiusscrliche und innerliche Unterschiede auf. Diese halten
das Herz davon ab zu Allah zu gelangen und schränken den Diener auf
Seinem Weg ein.

Dabei handelt es sich um folgende drei Faktoren:

•!• Shir/.:
•!• Bida
•!• Sünden

Der Shir/.: verschwindet vom Diener nur mit Ttttthid. Die Bida mit der
Sunnah und die Siinden verschwinden nur mit einer aufrichtigen,
innigen 1iwba. Wiihrend der Diener sich auf die Reise vorbereitet, sind
die Faktoren, die ihn abhalten, fiir ihn noch nicht ersichtlich. Wenn der
Diener sich auf die Reise zu Allah und zum Tag der Abrechnung begibt,
wird sich dieser Zustand ve1wirklichen ...

ßei dieser Etappe werden sich dem Diener diese abhaltenden Faktoren
zeigen und sich herauskristallisieren. Je nach Isolierung/Abtrennung des

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dieners bei seinem Zeitlauf und seiner Reise, wird er anfangen diese
abhaltenden Faktoren zu spüren. Anderenfalls werden bei ihm, wenn er
sitzen bleibt und sich nicht auf diese Reise begibt und so weitermacht
wie vorher, die Geheimnisse dieser Faktoren und sie selbst nicht zum
Vorschein kommen.

Zusammenhänge/Bindungen

Wenn wir nun zu den Bindungen kommen, so handelt es sich um


Dinge, an die man sich außer Allah und Seinen Gesandten (sas) bindet,
also an die Duny1i, ihre Genüsse, ihre Begierden, an den Status, das
Lästern i.iber andere Menschen und an die Bindung zu ihnen.

Es ist alles, woran sich das Herz bindet. Dass der Diener diese drei
Angelegenheiten von sich reißen und wegwerfen kann, ist lediglich an
die Kraft seiner Bindung an die hohen Wi.insche (das Paradies und
dergleichen) gebunden. Andernfalls, wenn er sein Herz nicht an diese
hohen, erhabenen Wünsche bindet, ist es unmöglich für ihn, diese
Angelegenheiten von sich zu reißen und wegzuwerfen. Denn die Nafs
wird diese Dinge, an die sie sich gewöhnt hat und die sie liebt, nur für
etwas verlassen, das sie mehr liebt und für sie vorteilhafter ist. Wenn die
Bindung in ihrem Herzen an das, was sie sich wiinscht, jedes Mal stiirker
wird, wird sie zu allem anderen schw/icher werden. Umgekehrt ist das
genauso. Sich an das zu binden, was man sich wünscht, bedeutet, dass
man sich sehr stark danach sehnt. Und dies ist daran gebunden, dass
man den Wert dieser Sache, ihre Ehre und ihre Erhabenheit gegenüber
anderen Dingen erkennt.

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Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Lage des Propheten Muhammad (sas)

Als Rasulullah (sas) sich gegenüber Allah als :iußerst bedi.irftig empfand,
hat der erhabene Schöpfer alle Geschöpfe sowohl in der Dunya als auch
in der Akhirrt von ihm (sas) abh:ingig gemacht. Die Abhängigkeit der
Geschöpfe in der Dunyfl ist weitaus bedeutsamer als die Abhängigkeit
von Essen und Trinken und der Abhiingigkeit von ihrer Nafs, die Leben
für ihre Körper bedeutet. Die Abh:ingigkeit von ihm (sas) in der Akhira
ist folgende: An dem Tag, an dem die Geschöpfe voller Sorgen sein
werden, werden sie die Propheten um Fürsprache bei Allah für sie bitten,
damit sie zur Ruhe gelangen. Als sich alle diesbeziiglich zurückziehen,
wird Rasululluah (sas) für sie mit Allahs Erlaubnis Fürsprache einlegen
und ihnen das Tor des Paradieses öffoen. 105

Die Vorzeichen für Glück und Unheil

Einige Vorzeichen für das Glück und das Unheil sind folgende:
Zweifelsfrei wird sich die Bescheidenheit und Barmherzigkeit des
Dieners mehren, wenn sich sein Wissen mehrt. Wenn sich seine Taten
vermehren, werden sich auch seine Furcht uns sein Hüten (vor Sünden)
vermehren. Wenn sich sein Leben vermehrt, wird sich sein Ehrgeit
verringern. Wenn sich sein Besitz vermehrt, werden sich seine
Großzügigkeit und seine verschwenderische Art vermehren. Wenn sich
sein Wert und seine Persönlichkeit vermehren/steigern, wird sich auch
seine N:ihe zu den Menschen, seine Erfüllung ihrer Wünsche undseine
Bescheidenheit ihnen gegenüber, vermehren.

Wenn wir nun zu den schlechten Vorzeichen kommen, so handelt es sich


dabei um folgende: Wenn das Wissen des Dieners steigt, so mehren sich
seine Hochmut und seine Eigenschaft, den Menschen seine Wohltaten

1<,, Muslim-! 97, Überliefere durch einen Hadith von Anas (r.a.)
377
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

vorzuhalten. Wenn sich seine Taten mehren, so mehren sich auch sein
Eigenlob und die Tatsache, dass er die Menschen als rninderwcrtig
erachtet und über sich selbst am besten denkt. Wenn sich sein Leben
vermehrt, mehrt sich auch seine Habgier.

All diese Eigenschaften sind Eigenschaften, woriiber einige gli.icklich und


andere unglücklich sind und die Allah mit der Absicht der Prüfong
hervorgebracht hat. Auf dieselbe Weise sind die Gnadengaben Allahs
(j.j.) über die Er berichtet, Herrschaft, Regentschaft und Besitz etc.
wiederum nur Prüfungen. Als Allah (j.j.) den Thron von Bellds neben
dem von dem Propheten Sul11y1rum (rls) gesehen hat, sagte Er:

„Der, der Wissen aus dem Buch besaß, sagte: «Ich bringe ihn dir, bevor
dein Blick zu dir zuriickkehrt.» Als er ihn da bei sich stehen sah, sagte
er: «Dies ist von der Huld meines Herrn, damit Er mich priift, ob ich
dankbar oder undankbar bin. Und wer dankbar ist, ist dankbar zu
seinem eigenen Vorteil. Und wenn einer undankbar ist, so ist mem
Herr auf niemanden angewiesen und freigebig.»" [An-Naml:40]

Welch schöne Prüfung von Allah! Mit dieser Prüfung kommt die
Dankbarkeit, des Dankbaren und die Undankbarkeit des Undankbaren
ganz klar zum Vorschein!
Somit sind die Prüfungen, die Prüfungen von Allah. So wie Allah (j.j.)
mit Gaben prüfen kann, kann Er auch mit Schicksalsschtigen prüfen.
Allah (t) sagt:

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Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Aber der Mensch, wenn sein Herr ihn prüft und großzügig behandelt
und ihm ein angenehmes Leben schenkt, sagt: «Mein Herr behandelt
mich großzügig.» Wenn Er ihn aber priift und ihm seinen
Lebensunterhalt bemessen zuteilt, sagt er: «Mein Herr läßt mich
Schmach erleiden.» Aber nein, ihr behandelt die Waise nicht
großzügig," [Al-foj r: 15-17]

Damit ist gemeint: Genauso wenig wie es bedeutet, dass Ich der Person,
der Ich Möglichkeiten und Erleichterung gegeben habe, der Ich
Gunsterwcisungen gewiihrt und Gaben iiberreicht habe, stetig
Gunsterwcisungen gewiihren werde, genauso wenig bedeutet es, dass Ich
der Person, deren Versorgung Ich geki.irzt habe, der Ich Erschwerschnisse
auferlegt und sie mit Schicksalsschtigen konfrontiert habe, fi.ir immer
Sorgen geben werde.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Taten sind ein Gebäude und ihr Fundament ist


der Iman

Wer auch immer sein Gebäude erhöhen möchte, der soll das Fundament
seines Geb1iudes mit erfolgreich, stark, Stabil und stark verwurzelt
machen. Denn die Höhe eines Gebäudes ist von der Stabilit:it und Stärke
des Fundaments abhängig. Wenn sein Fundament stark ist, kann es das
Gebäude tragen und sich erhöhen. Wenn ein Teil des Geb:iudes zerstört
werden würde, so ist es einfach dies zu ersetzen und zu sanieren. Wenn
jedoch das Fundament nicht stabil ist, wird das Gebäude sich weder
erhöhen können, noch aufrecht stehen bleiben. Wenn etwas vom
Fundament zerstört wird, so wird das Geb:iude in sich einsti.irzen und
kaputt gehen.

Der weise Mensch wird sich darüber Gedanken machen und sich um
dessen Sanierung bemühen. Er wird nicht solange warten bis das
Gebäude eingestürzt ist. Allah (t) sagt:

„Ist der, der seinen Bau auf die Furcht Allahes und sein Wohlgefallen
gegriindet hat, besser oder der, der seinen Bau auf den Raml eines
brüchigen Hanges gegründet hat, worauf er mit ihm ins Feuer der
Hölle abstürzt? Und Allah leitet die ungerechten Leute nicht recht."
[At-Tauba:109]

Nachdem die Taten das Gebäude darstellen ist das Fundament davon,
das, was bei dem menschlichen Körper die Kraft ist. Wenn die Kraft
stark ist, wird es den Körper tragen und eine Menge Plagen von ihm
vertreiben können. Wenn die Kraft schwach ist, wird es den Körper
nicht tragen können und die Plagen werden sich ganz schnell in ihm
verbreiten und ihn einnehmen. So errichte dein Geb:iude auf die Kraft

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

des Imans. Wenn von dem oberen Teil deines Gebäudes einige Stellen
zerstört werden und einige W~inde einstürzen, wird dessen Sanierung
und Instandhaltung einfacher sein als die Zerstörung des Fundaments.
Dieses Fundament wird in zwei Teile kategorisiert:

1. Die Aufrichtigkeit im Wissen über die Gebote, Namen und


Eigenschaften von Allah

2. Sich nur Allah und Seinem Gesandten (sas) zu ergeben, niemand


anderem.

Zweifelsfrei ist dies für einen Diener das stärkste Fundament, auf das er
sein Gebiiude errichten kann. Und er wird sein Gebäude erhöhen
können, wie er wil. So lege ein stabiles Fundament, schütze deine Kraft
und sei best;indig darin, sie zu schützen. Auch wenn sich das
Durcheinander um dich herum vermehren sollte, halte dich davon
zurück. Beschi.itze deine Absicht und dein Ziel sehr gut. Zweifelsfrei
wirst du auf diese Weise dein Ziel erreichen können. Anderenfalls wird
die Kraft, wenn sie schwach ist, nicht weitergehen, seine verführerischen
Elemente werden nicht existieren können und ohne sich zurückzuhalten
wird ein Leben ebenfalls nicht weitergehen.

Begrüße das Lehen! Denn drts Lehen


f!ttt es dir erlmtht dich ganz schnell wieder zu vertlbschieden.

Wenn das Gebiiude bereits errichtet ist, so tapeziere es mit dem schönen
Akhlttq und den guten Taten gegenüber den Menschen! Danach solltest
du eine Mauer hochziehen, die deine Feinde nicht zerstören können und
wodurch sie deine freistehenden Stellen nicht erkennen können. Danach
solltest du über die Türen einen Überzug werfen. Anschließend an die
größte Tür ein Schloss hängen. Daraufhin sollest du für dieses Schloss
einen Schlüssel anfertigen lassen, welches nur mit dem Gedenken Allahs
geöffnet und geschlossen wird. Wenn du es öffnen solltest, wirst du es
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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

mit dem Schlüssel tun, wenn du die Tür wieder schließen möcluest,
wirst du es ebenfalls mit dem Schlüssel tun. Auf diese Weise wirst du
eine Burg besitzen, mit der du dich vor deinen Feinden schützen kannst.
Wenn sich der Feind, um dich einzufangen, um dich herumschleicht,
wird er keine Türe finden, wodurch er dich erreichen kann und wird die
Hoffnung verlieren. Jedoch wird der Feind sich jedes Mal erneut
anstrengen, wenn er wieder versucht in die Burg einzudringen. Denn
wenn der Feind keine Kraft findet um durch die Türe einzutreten, wird
er versuchen mit dem Hamrner der Sünden von weitem Löcher
durchzuschlagen. Wenn du in dieser Situation nachHissig wirst, werden
sich diese Löcher vergrößern und plötzlich bemerkst du, dass der Feind
sich mit dir gemeinsam in der Burg befindet! In diesem Zustand wird es
für dich sehr schwer werden den Feind wieder nach draußen zu
befördern. In diesem Moment wirst du dich mit dem Feind in einem der
drei Zustände befinden:

Entweder hat dich der Feind, indem er die Bmg eingenommen


hat, besiegt und beherrscht nun die Burg,

oder der Feind wird mit dir gemeinsam dort wohnen,


oder er wird dich, aufgrund der Begegnung mit dir, von der
Vollendung der nützlichen Sachen ablenken. Du wirst versuchen
die Löcher zu schließen und die kaputten Stellen der Burg wieder
in Stand zu setzen. Wenn der f~eind dich durch das Loch, dass er
geschlagen hat, erreicht hat, so bedeutet dies, dass er dir die
folgenden drei Unheile gebracht hat:

1. Die Zerstörung deiner Festung.

2. Die Einmischung des Peindes in die Dinge, die er einnehmen


konnte und gesichert hat

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Al-h1waid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

3. Er zeigt die Schwachstelle durch welche er eingebrochen ist


anderen „Dieben" seiner Art. Du wirst von jedem einzelnen
von ihnen Leid erfahren, bis sie dir deine Kraft gänzlich
geraubt und deine Entschlossenheit geschwächt haben. In der
Folge verLisst du deine Pestung und überliisst sie ihnen.

Zweifelsfrei begegnen viele Menschen, die in diesen Zustand


geraten, in dieser Verfassung ihrern Feind. Aus diesem Grund
siehst du auch, dass diese Art von Menschen mit ihrer eigenen
Nafi zufrieden und gegenüber ihrem Herrn voller Wut sind. Sie
sind sogar mit Geschöpfen wie sie selbst zufrieden, die ihnen
weder nutzen noch schaden können und empHnden gegenüber
Allah Zorn. Sie entsagen der Din und wenden sich dem
Anh'.iufcn von Besitztümern zu. Sie vernichten selber ihre Nttfi
mit Dingen, die nicht endlich, sondern vergiinglich sind. Obwohl
die Dunya ihnen den Rücken zukehren wird, sind sie ihr
gegenüber sehr ehrgeizig. Obwohl die Akhirtt ständig nach ihnen
ruft, halten sie sich von ihr fern. Sie richten sich nach ihren
Gelüsten und stellen sich gegen ihren Herrn. Ihr Tmuttqqul gilt
dem Leben, auf das sie vertrauen und sie gedenken nicht des
Todes. Sie denken über die Begierden und Wünsche nach und
vergessen das Wort, das sie Allah (j.j.) gaben. Sie richten ihre
Aufinerksamkeit auf das, was Allah ihnen geben soll, legen jedoch
keinen Wert auf das, was ihnen befohlen wurde. Sie freuen sich
über die Dunya und trauern über die Genüsse der Dunytt, die sie
verlieren werden. Sie trauern nicht über den Verlust des
Paradieses und der Dinge, die sich in ihm beHnden. So wie sich
über Gold und Silber freuen, freuen sie sich nicht über den lnuzn.
Mit ihrer Falschheit bringen sie die Wahrheit durcheinander, mit
ihrem Irrweg ihre Reclnleinmg und mit dem Schlechten das
Gute. Sie kleiden ihren bnan mit ihren Meinungen und
vertauschen I-Ja!rd mit I-frmmz. Obwohl sie Bedenken haben
bezüglich ihrer Ansichten und Meinungen, verlassen sie die
Rechtleitung, die Allah (j.j.) ihnen geben würde. Es gibt noch

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

eine verwundernswerte Sache ... dieser Feind hat um diese Burg


zu zerstören dafür höchstpersönlich die Hand des Burgbesitzers
benutzt.

Die Grundpfeiler/Säulen des Unglaubens

Die Grundpfeiler des Unglaubens (Kuj]r) sind vier: Der Hochmut, der
Neid, der Zorn, die Begierden.

Der Hochmut hindert daran sich zu ergeben. Der Neid hindert daran,
den guten Ratschlag zu akzeptieren und ihn umzusetzen. Der Zorn
hindert die Gerechtigkeit. Die Begierden hindern daran die Ibadllt zu
verrichten. Wenn die Säule des Hochmuts zerstört werden wiirde, würde
sich das Ergeben (gegenüber Allah) für den Diener erleichtern. Wenn die
Säule des Neides zerstört werden würde, würde es für den Diener
einfacher werden einen Ratschlag anzunehmen und auch umzusetzen.
Wenn die Säule des Zorns zerstört werden würde, würde es einfacher
werden, dass sich bei dem Diener Gerechtigkeit und die Bescheidenheit
einstellt. Wenn die Säule der Begierden zerstört werden würde, wiirden
sich die Geduld, die Ehre und die Ib1ulti für den Diener erleichtern.

Es ist einfacher, dass diese vier Faktoren in ihrer Wurzel zerstört werden,
als mit ihren sp~iteren Folgen kfünpfen zu müssen, wenn man ihnen
bereits verfallen ist. Insbesondere dann, wenn sie sich bereits verwurzelt,
an Beständigkeit gewonnen und als Eigenschaften etabliert haben ...
Denn auf diese Weise - sofern diese Faktoren vorliegen - werden die
Taten des Dieners gewiss nicht richtig sein. Abgesehen davon wird sich
seine N{lfs auch nicht reinigen können. Jedes Mal, wenn er eine Tat zu
verrichten versucht, werden sie von den vier Faktoren zerstört werden.
Somit entspringt alles Unheil aus diesen Faktoren heraus. Wenn diese
sich im Herzen eingenistet haben und es beherrschen, wird der Diener
die Unwahrheit als Wahrheit sehen und die Wahrheit als Unwahrheit
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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sowie das Gute als schlecht und <las Schlechte als gut. Die Dunytt wird
sich ihm niihern, <lie Akhirtt dagegen sich von ihm entfernen. Wenn ihr
über den Kuffr der vorangegangen Völker der Umrrut nachdenkt, werdet
ihr erkennen, dass ihr h11l in den Kujjr immer aufgrund dieser Faktoren
geschah. Ihre Bestrafung erfolgte auch stets aus diesen Gründen. Die
Intensität der Bestrafung erfolgte auch stets entsprechend der Intensität
dieser Faktoren.

Daher: Wer auch immer seiner Nafs für diese Faktoren einen Durchgang
verschaffen hat, der wird früher oder sp'.iter die Türen allen Übels
geöffnet haben. Wer auch immer diese Dinge seiner Nafs gegenüber
verschlossen, ihren Durchgang versperrt hat, der hat alle Türen des Übels
geschlossen. Zweifelsfrei verhindern diese Faktoren, dass man sich Allah
ergibt sowie den 1/.:hllls, die Ttlttbtl, die N:ihe zu Ihm, die Akzeptanz der
Wahrheit, <lie Beratschlagung/Ermahnung der Muslime, die
Bescheidenheit für Allah und gegenüber denjenigen, die Er erschaffen
hat. Der Ursprung des Aufkommens dieser Faktoren liegt in der
Unwissenheit einer Person. Denn wenn der Diener die vollständigen und
erhabenen Eigenschaften seines Herrn gekannt hätte, so hätte er auch
gewusst, dass seine eigene Ntljs unvollständig und mangelhaft ist und
dass seine Nttjs voller Unheil ist. So w:ire er nicht hochmütig und seine
Nttjs nicht abgeneigt. Und er w:ire nicht neidisch jenen gegenüber, die
Allah begünstigt hat. Denn der Neid ist in Wirklichkeit ein Teil der
Feindschaft zu Allah. Somit will dieser Diener - obwohl ihn Allah (j.j.)
mit Seinen Gnaden erfreute - nicht, dass einem anderen Diener eine
Gnade zuteil wird, er kann es nicht leiden. Allah dagegen liebt den
Zustand des Neiders überhaupt nicht. Zweifelsfrei lehnt sich der Neider
in Bezug auf das Schicksal, die Vorherbestimmung, Sein Wollen oder
Nicht-Wollen gegenüber Allah auf. Aus diesem Grund ist Iblis
(Lttrltltttl!tlh) in Wahrheit Allahs Feind. Denn der Ursprung seiner Siinde
liegt im Hochmut und Neid. Zweifelsfrei kann man diese zwei
Eigenschaften aus der N1tJs nur entfernen, indem man Allah kennt, Ihm
die Einzigartigkeit zuschreibt, mit Ihm und für Ihn zufrieden und Ihm
nahe ist.

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Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyirn Al-Jauziyyah

Damit man den Zorn aus seiner Naß entfernen kann, muss man seine
eigene Naß kennen. Man muss wissen, dass die Nrt.fi kein Anrecht darauf
hat, zornig zu sein und auch kein Recht darauf hat, sich zu riichen.
Zweifelsfrei bedeutet der Neid, dass man für die Nrtjs die Zufriedenheit
wählt und gegenüber dem Schöpfer Zorn hegt. Das größte, wozu dieses
Unheil verleitet, ist, dass es sich in den Angelegenheiten in Bezug auf die
Abneigung gegenüber Allah und die Zufriedenheit mit Ihm umherdrclu.
Wenn sich dem Unheil jedes Mal aufs Neue ein Teil des Zornes
hinzufügt, wird die Zufriedenheit mit Allah von diesem Unheil
herausgehen.

Kommen wir nun zu den Begierden (Shahwat): Die Ivkdizin dafür ist
das gesunde Wissen. Der größte Grund dafür, dass die ,<;h1zhwrzt
verschwinden und man von ihnen verschont bleibt, ist ein gesundes
Wissen zu erlangen. Zweifelsfrei kann man nur mit diesem \'Vissen die
Shahwat blockieren. Demzufolge werden jedes Mal, wenn du die Türe
der Begierden öffnest, die Nachteile der Sh1zhwat zu dir flief;:en und du
wirst weiterhin damit fortfahren, dir kein gesundes Wissen anzueignen.
Jedes Mal wenn du diese Türe schließt, wirst du auf eine vollstiindigc
Weise gesundes Wissen erlangen und auf diesem Weg weitermachen.
Der Zorn ist wie ein wildes Tier. Wenn jen1and versuchen wiirde es zu
retten, würde es (das Tier) versuchen ihn zu fressen. Begierden sind wie
Feuer. Versucht jemand es zu löschen, wird das f;euer ihnen versuchen
zu verbrennen. Der Hochmut dagegen ist wie der Streit zwischen einem
König und seinem Sklaven. Selbst wenn er seinen Sklaven nicht töten
lässt, wird er ihn dennoch von sich weisen. Der Neid bedeutet, dass man
gegen jemanden ist, dessen Wert höher als der eigene. Mit Sicherheit
wird Sheytan denjenigen, der gegen iiber seinen Sh1zhwrzt siegreich war
und seinen Zorn besiegt hat, aus seinem eigenen Schatten entfernen.
Und wessen Shahwat siegreich sind und sein Zorn ihn besiegt, den wird
Sheytan von seinen Träumen (Vorstellungen) trennen (er wird ihn von
seinem Schatten nicht mehr entfernen).

386
Al-bwaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Eigenschaften der Leute, die Allah (j.j.) nicht


kennen

Wer Allahs Namen und Eigenschaften nicht kennt und in dieser


Hinsid1t unwissend ist, gehört zu denjenigen, die diese (Eigenschaften)
annullieren. Es sind diejenigen, die gegenüber den Geschöpfen Allahs
Hass empfinden lassen. Sie schneiden denjenigen, die Ihn nicht kennen,
den Weg ab, der dazu führe Allah zu lieben, Ihm zu gehorchen und Ihm
dadurch ein I;reund zu werden.
Pdzisieren wir diese nun nacheinander:

1. Wenn diese Menschen Personen sehen, deren Nafs schwach ist,


erz:ihlen sie ihnen, dass, ganzgleich wie lange es dauern mag, wie
sehr sie sich auch anstrengen und innerlich und äußerlich alles zu
Stande bringen, ihnen keine einzige Gehorsamkeit bei Allah
etwas nutzen wird. Außerdem erdhlen sie, dass der Diener vor
der folle Allahs nicht in Sicherheit ist und darauf nicht vertrauen
kann. Sie erz:ihlen, dass insbesondere die gehorsamen und
furchtvollen Diener aus der Moschee in die Spielhallen gebracht,
vorn Iiwhid und Dhikr entfernt und zum Shirk und Gesang
geführt werden und ihr Herz vom echten f m{ln zum Kuffr
gewandelt wird. W:ihrend sie dies erühlen, führen sie, obwohl
sie nichts davon verstehen, einige authentische ßeweise/Hadithe
vor. Jedoch sind ihre Kommentare falsch und nicht von den
Hrulithen des Propheten (sas), der „mmurn" ist. Sie glauben, dass
dies der wahre Tiwhid ist. Hierauf rezitieren sie folgende Ayat:

,,Er wird nicht zur Verantwortung gezogen für das, was Er tut;
sie aber werden zur Verantwortung gezogen." [Al-Anbiya:23]
~; , w1 r-, yu
~UJ.Y;->
~~i1 'll! .J.i1
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387
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

„Wähnen sie sich in Sicherheit vor den Riinken Allahes? In


Sicherheit vor den Ränken Allahes wiilmen sich nur die Leute,
die Verlierer sind." [Al-Araf:99]

„0 ihr, die ihr glaubt, erhört Allah und den Gesandten, wenn er
euch zu dem aufruft, was euch Leben gibt. Und wifh, daß Allah
zwischen dem Nlenschen und seinem Herzen trennt, und daß
ihr zu Ihm versammelt werdet." [Al-Anfal:24]

Mit der Absicht, dass diese für sie ein Beweis werden, reden sie
mit dem Wissen über dieses Thema über Iblis. Dass dieser vorher
der Herr der Engel war und keinen Platz im Himmel und auf der
Erde ausgelassen hat, an dem er keine Niedercrfung und keine
Niederbeugung vollzog jedoch durch Allahs Bestimmung sich
gewendet hat (zum Krtjtr wurde), dass das Urteil so gcföllt wurde
und Er hierauf Iblis Augen auf die schönen Dinge gerichtet und
ihn somit zum verwerflichsten Geschöpf umgewandelt hat. Eine
der Ansichten unter den weisen Leuten lautet: ,,Du musst Allah
fürchten, genauso wie du dich vor dem Angriff des Löwen
fürchtest, obwohl du nichts verbrochen und keine Sünde
begangen hast." Außerdem bringen sich noch den Hadith von
An-Nabi (sas) als Beweis hervor: ,,Mit Sicherheit wird einer von
euch die Taten der Paradiesbewohner verrichten, so dass
zwischen ihm und dem Paradies nur noch eine Handbreite übrig
bleibt, als die Vorherbestimmung ihn einholt und er die Taten
der Höllenbewohner verrichtet und in /1thttrm11m cintritt." 10 (,
Außerdem brachten sie noch das Wort einiger S1tlaf tls Salih als
Beweis hervor: ,,Die größte der Sünden ist sich vor der l~allc von

106 Buchari-3208 und Muslim 2643, überliefert durch Ibn Masud (r.a.)
388
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah sicher zu fühlen und die Hoffnung auf die Barmherzigkeit


Allahs aufzugeben."

Ahmad Ibn Hanb,zl widersprach gemäß der Überlieferung von


Awn Ibn Abclul/(lh und anderen, einem Mann, der folgendes
Bittgebet aussprach: ,,Oh Allah! Lass mich nicht sicher von deiner
Falle sein" und sagte: ,,Sag lieber: ,,Oh Allah! Lass mich zu denen
gehören, die sich nicht vor deiner Falle sicher fühlen."

Die Unwissenden haben diese Beweise hervorgebracht, um ihre


Ansichten - die in Wirklichkeit falsch sind - zu unterstützen.
Selber leugnen sie ja ohnehin die Weisheit und die Erforschung
ihrer Gründe. Außerdem geben sie an: ,,Allah, der Erhabene
macht nichts aus Seiner Weisheit und dessen Gründen heraus. Er
handelt ohne Seine Weisheit und ohne Gründe aufzubringen,
weil Er es will und legt es dann offen. Er macht nichts aus einem
bestimmten Grund heraus. Da Er denjenigen, die Ihm gehorchen
die größten Prüfungen auferlegt/ die größten Schmerzen bereitet,
ist es auch möglich, dass Er Seine Feinde und die Rebellen mit
den gröf~ten Belohnungen und Bescherungen bereichert. Für Ihn
ist es nicht schwer beide dieser Situationen herzustellen. Es gibt
keinen authentischen Beweis dafür, dass Er das nicht macht.
Wenn wir diesbezi.iglich eine Information gehabt hätten, so
wüssten wir, dass Er das nicht tut. Dies bedeutet auch nicht, dass
in der Nafs von Allahfolschheit und Ungerechtigkeit vorhanden
sind. Denn es ist unmöglich anzunehmen, dass sich in der Nrtfi
von Allah Ungerechtigkeit befindet. Zweifelsfrei ist Er in der
Lage ein einziges Objekt auf einmal an vielen Orten zu
versammeln, Er kann die Nacht und den Tag gleichzeitig in einer
Stunde hervorkommen lassen und in eihem Moment das
Vorhandene und das Nicht-Vorhandene zusammenbringen."

389
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ihrer Meinung nach ist das die richtige Ungerechtigkeit. Wenn


Er sich ihnen zuwendet, sagen sie: ,,Wenn Er nicht in der
gleichen Weise verHihrt und wir vor Seiner Falle nicht Sicher
sein können, wie sollen wir es dann schaffen uns Ihm (j.j.) zu
nähern? Wie sollen wir Ihm gehorchen und Seine Gebote
verrichten?! Obwohl wir nur noch wenig Zeit haben ... Wenn wir
in dieser kurzen Zeit unsere Neigungen und \'v'ünsche verlassen
und davon ablassen und uns die Erschwernisse der lbtldttt
auferlegen, so kann es sein, dass wir nicht standhaft in der
Religion des Islam bleiben können. Wir können nicht sicher sein,
dass unser Iman nicht zum Kuffr, der Ttwhitl nicht zum Shir/.:,
der Gehorsam nicht zur Auflehnung und unsere guten Taten
nicht zu schlechten werden. Wir können nicht darauf vertrauen,
dass wir nicht zu denen gehören werden, denen st'.indig
Schicksalsschläge widerfahren und deren Dunya und A/.:hirfl der
Trauer verfallen."

Wenn sich dieser Glaube in ihren Herzen etabliert und in ihrer


Nttjs niedergelassen ist, fallen sie, obwohl ihnen die lhrtdtl
befohlen und die Genüsse zu verlassen verboten wurde, in den
Zustand des Mannes, der folgendes zu seinem Kind sagte: ,,Wenn
du deine Aufgaben mitschreibst und gut daran arbeitest, dich
benimmst und deinem Lehrer nicht ungehorsam bist, wird er
dich vielleicht bestrafen. Wenn du faul sein solltest, nicht
mitmachst und die Dinge, die dein Lehrer dir aufgetragen hat,
verHisst, dann wird er dir Nahe stehen und dich dafiir belohnen."
Zweifelsfrei wird er mit dieser Aussage im Herzen seines Sohnes
einen Zwiespalt hervorrufen. Von nun an wird im Herzen des
Kindes ein Missvertrauen dariiber entstehen, dass er straft, wenn
er droht und dass er belohnt, wenn er dies ankündigt. Wenn das
Kind groß ist, seine Angelegenheiten und Verfahrensweisen
geregelt hat, sagt ihm sein Vater nun: ,,Der Sultan unseres Landes
befreit aus dem Gefangnis einen Dieb und macht ihn zum W'azir.
Den Klugen und Gütigen wirft er hingegen nur deshalb

390
Al-hwaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

(aufgrund seiner Klugheit und Güte) lebenslänglich in den


Kerker, tötet ihn oder tisst ihn irgendwo erhängen." Wenn ihm
dies gesagt wird, wird er dem Sultan fremd. Er wird ihm weder in
seinen Androhungen noch in seinen freudigen Nachrichten
Vertrauen schenken und ihn nicht mehr lieben; Er wird sich
davor fürchten sich gegen den Ungerechten (Sultan) zu stellen,
der den Gütigen und Klugen ins Gefangnis wirft und ihn auf
verschiedene Weisen bestraft. Daraufhin wird dieser arme
Mensch in Bezug auf den Glauben ob seine Taten nützlich oder
nachteilig sind, rekapitulieren und so verbleiben. Er wird keine
gute Tat 1nehr verriclnen und nicht davon entfernt sein, i.ible
Dinge zu begehen.

Kann es also sein, dass es Menschen gibt, die wie diese


unwissenden Menschen andere Menschen dazu bringen Allah zu
hassen und sich von Ihm zu entfernen? Auch wenn sich die
Atheisten bezüglich der Anfeindung und des Hasses gegenüber
Allah bemühen wi.irden, könnten sie nicht das anrichten, was
diese unwissenden Menschen angerichtet haben.
'

Mit Sicherheit behaupten die Menschen dieses Weges, dass die


den Tiwhitl und das Schicksal verinnerlicht haben, gegen die
Ahlul Bidri vorgehen und der Religion helfen. Ich schwöre auf
Allah, ein kluger Feind ist bei weitem nicht so schädlich wie ein
Freund, der unwissend ist. Diese Unwissenden behaupten alle,
dass das, was seitens der von Allah hinabgesandten Bücher
(insbesondere dem Quran) und Seiner Gesandten über sie gesagt
wird, nicht so ist. Wenn die Prediger den Menschen die Religion,
zu der Allah und Sein Gesandter (sas) eingeladen haben, in ihrer
vollsdndigen/richtigen Form vermittelt und dies fortgeführt
hiitten, so giibe es keine Spaltung geben. Laut Allah (j.j.), Dessen
Wort wahr ist und Der Sein Wort hält, behandelt Er die
Menschen entsprechend dem, was sie e1worben haben und
entgegnet ihnen entsrechend ihrer Taten. Derjenige, der gute

391
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

„Sie sagten: «Preis sei unserem Herrn! Wir haben gewiH


Unrecht getan.»" [Al-Qalam:29]

Hasan sagt: ,,Sie gingen ins Feuer ein, obwohl sie Ilm lobpreist
haben. Das, was in ihren Herzen war, hat ihnen jedoch weder
einen Beweis noch einen Ausgangsweg erbracht."

Aus diesem Grund sagt Allah (t) folgendes:

,,So wurde der letzte Rest der Leute, die Unrecht taten,
ausgemerzt. Und Lob sei Allah, dem Herrn der Welten!"
[Al-Anam:45]

Hier kam der Satz als Ergebnis-/Erledigungssatz: Obwohl Allah


(t) gelobt wurde, wurde ihnen ihr Rücken (ihre Wurzel)
abgeschnitten. Auch wenn sie Allah (t) lobpreisten (Allah (t) ist
diesem Lob auf jede Weise würdig), wurde ihnen ihre Wurzel
abgeschnitten.

Die ist eine Vernichtung des Herrn, der die Vollkommenheit


Seiner Weisheit und Gerechtigkeit verdeutlicht und aus diesem
Grund gelobt und glorifiziert wird. Auch ist es Seine
Verwirklichung der Strafe in einer Weise, in der es sich gebührt.
Nachdem Er uns berichtet, dass er unter Seinen Dienern richten
und die Ahlul Sttttdet ins Paradies und die Elendigen ins Feuer
werfen wird, sagt Er:

394
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Und du siehst die Engel sich um den Thron hinstellen und das
Lob ihres Herrn singen. Und es ist zwischen ihnen nach der
Wahrheit entschieden. Und es wird gesagt: «Lob sei Allah, dem
Herrn der Welten!»" [Az-Zumar:75]

Um der Ayat einen allgeminen Charakter zu verleihen, wurde


derjenige, der die Aussage getroffen hat, weggelassen. Also sagten
sie (alle), da sie Zeuge Seiner Weisheit, Seiner Gerechtigkeit und
Seine Ehre wurden: ,,Alles Lob gebührt Allah, dem Herren der
Welten."
Aus diesem Grund sagte Er über die Bewohner des Höllenfeuers:

„Es wird gesprochen: «Betretet die Tore der Hölle, darin werdet
ihr ewig weilen. Wie schlimm ist die Bleibe der
Hochmütigen!»" [Az-Zurnar:72]

Als ob die gesamte Schöpfung dies sagen würde und sogar ihre
Körperglieder, ihre Seelen, die Erde und die Himmel.
Zweifelsfrei wird Allah nach Seiner (eigenen) Aussage dann,
wenn Er Seine Feinde zerstört, Seine Freunde beschützen. Er
wird nicht alle der Zerstörung aussetzen.

Als Nuh (rt.s) Allah darum bat, dass sein Sohn gerettet wird,
bericl1tete ihm Allah, dass Er seinen Sohn aufgrund seiner
schlechten Taten und seines Unglaubens bereits ertränkt hat. Er
hat demnach nicht gesagt: ,,Ich habe ihn nur ertränkt, weil ich es
wollte oder ohne dass ein Grund oder ein Fehler existierte." Allah
(t) bürgt dafi.ir, dass Er den lvlujllhideen, die auf Seinem Weg den
fihrtd vollziehen, die Rechtleitung im Übermaß geben wird. Er
sagt nicht, dass Er sie in die Irre führen und ihre Taten zunichte
machen wird. Aufscrdem bürgt Er auf dieselbe Weise dafür, dass
Er den Allahcsfi.irchtigen, die Seine Zufriedenheit befolgen, die
395
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Rechtleitung im Übermaß gewähren wird. Er sagt, dass Er nur


die Frevler (Fasiqun), die, nachdem sie einen Vertrag eingegangen
sind, ihn nicht einhalten und brechen, in die Irre führen wird.
Allah führt nur diejenigen in die Irre, die diesen Weg verfolgen
und sie der Rechtleitung bevorzugen und versiegelt ihre Ohren
und ihre Herzen. Allah wendet nur das Herz desjenigen zum
Irrweg, der mit der Rechtleitung, die Allah ihm erteilte, nicht
zufrieden ist, sie nicht will und ablehnt. Als Strafe dafür, dass er
die Rechtleitung kannte und ihre Wahrheit erkannte und sich
von ihr abgewandt hat, dreht Er seine Körperglieder und seine
Weisheit in die Irre. Wenn Er, als er über Seinen Diener das
Urteil des lrregehens und des Unglücklichseines erließ, bei ihm
ein Zeichen dafür gesehen hätte, dass er zum Guten gehen wird,
so hiitte Er es ihm verständlich gemacht und ihm die
Rechtleitung gewiihrt. Obwohl sich Sein Diener in dieser
Position befindet, profitiert er von den Gaben Allahs, auch wenn
er dem nicht würdig ist. Mit Sicherheit hat der erhabene
Erschaffer die Gründe erliiutert, die Beweise hervorgebracht und
die Gründe Seiner Rechtleitung gesichert. Er führt nur die
Frevler und die Unterdrücker in die Irre und versiegelt nur die
Herzen derjenigen, die das Maß überschreiten. Er setzt nur die
Heuchler aufgrund ihrer Taten der Fitnah aus. Für die Sünden,
die die Herzen der Kuffiir versiegeln, sind die Kujfitr selbst
verantwortlich und zwar mit dem, was sie selbst e1worben haben
und selber begingen. So wie Allah, der Erhabene sagt:

„Nein, aber das, was sie zu erwerben pflegten, hat sich (wie
Rost) iiberihre Herzen gelegt." [Al-Mutaff1fin: 14]

Über die Juden, die Seine Feinde sind, sagte Er:

396
AL-rawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,(Verflucht wurden sie,) weil sie ihre Verpflichtung brachen, die


Zeichen Allah es verleugneten, die Propheten zu Unrecht töteten
und s~tgten: «Unsere Herzen sind unbeschnitten» - vielmehr hat
Allah sie wegen ihres Unglaubens versiegelt, so daß sie nur
wenig glauben;" [An-Nisa: 155]
Nach (lem, was Er berichtet: Wenn er (der Diener) sich hütet
und dies zeigt, hütet Er seinen Diener vor dem Irrgang und führt
ihn zur Rechtlcitung. Wenn sich dieser nicht hüten sollte, so
w:ihlt er dadurch, dass er vor die Rechtleitung die Irre und vor
das Gute die Zügellosigkeit stellt, seine schlechte Natur.
U ndzwar so, dass, wenn er in diesem Zustand ist, er mit seiner
Nttfs und seinem Sheytmz seinem Rttbb gegenüber zum Feind
wird.

397
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allahs (j.j.) Pläne

Wenn wir nun zu den Ptinen Allahs kommen, so sind sie Seine Antwort
auf dieenigen, die gegen Seinen Freunde und Propheten Pbne
schmieden. Es sind seine schöne Pläne im Gegenzug zu den
niederträchtigen Plänen Seiner Feinde. Das bedeutet, dass ihre Pliine die
lüsslichsten und seine Päne die schönsten sind. Denn Seine Ptine sind
gerecht und die Gegenleistung höchstpersönlich. So verlült es sich auch
mit Seiner List. Es ist eine Gegenleistung, die Er mit Seinen Gesandten
und Seinen Freunden Seinen Feinden erteilt. Es kann keine schöneren
Pläne und keine schönere List geben als Seine.

Wenn wir den Hadith betrachten: ,,Mit Sicherheit wird einer von euch
die Taten der Paradiesbewohner verrichten, so dass zwischen ihm und
dem Paradies nur noch eine Handbreite übrig bleibt, und die
Vorherbestimmung nach vorne tritt und er die Taten der
Höllenbewohner verrichtet und in /1ih11muim eintritt." Zweifelsfrei sind
dies Taten, die die Menschen von den ßewohnern des Paradieses
kennen. Wenn dies angenommene rechtschaffene Taten flir den Eintritt
in das Paradies wären, so würde Allah sie lieben und damit zufrieden sein
und sie nicht gegenstandslos machen. Wenn wir nun zu dem Teil
kommen: ,,bis zwischen ihm und dem Paradies nur eine Handbreite
übrig bleibt" so bereitet dies den Unwissenden Schwierigkeiten. Darum
antworten man darauf: ,,Wenn die Tat bis zum Ende gehen/andauern
würde, wird die Person, die diese Tat verrichtet, keine Geduld dafür
aufbringen können, die Tat zu Ende zu bringen und zu vollenden;
vielmehr ist hier die Rede von einem versteckten Unheil. Gleichzeitig
kommt ein Knackpunkt auf, das zur Erniedrigung, gegen Ende des
Lebens verpflichtet. So werden dieses Unheil und versteckte Unglück ihn
in Zeiten der Bedürftigkeit betri.igen. Dieses Mal wird die Ursache, die
das Unheil erforderte, kommen und dies übernehmen. Wenn hier kein
Betrug und kein Unheil vorhanden sind, so wird Allah den Iman von
dieser Person nicht zum Kuffe drehen und vielleicht wird Er, obwohl Er
die Vernichtung der rechtschaffenen Tat erforderlich machen könnte,
398
Al-hn,vaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

ohne einen Grund bzw. aufgrund der Wahrhaftigkeit und der


Aufrichtigkeit in dieser Tat, dem Diener dies verzeihen. Obwohl die
!vfenschen nicht alles untereinander und übereinander wissen, weiss
Allah (j.j.) alles über jeden.

Kommen wir nun zu dem Punkt mit Jblis; Allah (j.j.) sagte zu den
Engeln:

,,Ich weiß, was ihr nicht wifh.»" [Al-ßaqara:30]

Mit Sicherheit wusste Allah von dem Kuj}r, der Hochmut und dem Neid
im Her1:en von Iblis bescheid, die Engel aber wussten es nicht. Als ihnen
die Niederwerfung befohlen wurde, kam der Gehorsam, die Liebe, die
Furcht und die Ergebenheit im Herzen der Engel zum Vorschein und sie
folgten sogleich dem ßefohl. Im Herzen von Iblis dagegen kamen die
Hochmut, der Betrug und der Neid zum Vorschein. Er wendete sich ab,
wurde hochmi.itig, überheblich und zu einem Ungtiubigen.

Wenn wir nun zu dem Punkt kommen, dass Er mit Seiner Falle Seine
Freunden Angst einf1öGt, so ist dies wahr. Denn diese fürchteten sich
davor mit ihren Sünden und ihrer Fehlern alleine zu bleiben und davor,
dass diese sie in einen elendigen Zustand bringen. Ihre Angst ri.ihrt von
ihren Sünden her und sie hofften auf Seine ßarmherzigkeit. In der Ayat
lautet es:

„Wähnen sie sich in Sicherheit vor den Ränken Allahes? In Sicherheit


vor den füinkcn Allahes w~ihncn sich nur die Leute, die Verlierer sind."
[Al-Araf:99 J

399
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dies betrifft nur die Unterdrücker und die Ungäubigen. Die Bedeutung
der Ayat lautet: ,,Sei dir nicht sicher, dass du mit deiner Auflehnung,
deinem Begehen von Siinden nicht in die Falle tappen wirst. Keiner
außer den Frevlern wähnt sich vor Seiner Falle in Sicherheit." Wenn wir
nun zu den weisen Leuten kommen, die die Ränke Allahs fürchten: Bei
ihnen schiebt Er die Strafe bezüglich ihrer Vergehen hinaus. Bei ihnen
entwickelt sich eine Art Stolz und sie vergessen ihre Sünden und die
Strafe kommt zu ihnen nach dieser Etappe und diesem Stolz. Eine
andere Erklärung lautet: ,,Sie haben, indem sie Ihm gegenüber
unachtsam waren das Gedenken an Ihn vergessen. Weil sie sich vom
Gedenken an Ihn und von dem Gehorsam Ihm gegenüber abgewandt
haben, hat Er sich von ihnen abgewendet. Somit haben das Unheil und
die Fitttin 101 sie sehr schnell erreicht. Die Falle Allahs für sie, ist, dass Er
sich von ihnen abgewendet hat." Eine andere Erbuterung lautet: ,,Die
Sünden und Fehler, die sie nicht kennen, kennt Allah. Ihnen stellen sich
Fallen, ohne dass sie es bemerken." Eine weitere Erkbrung lautet: ,,Sie
wurden mit Dingen geprüft, wozu sie keine Geduld aufhringen können
und dies stellt eine Falle für sie dar."

Der Baum der Aufrichtigkeit

Das Jahr ist der Baum, die Monate sind seine Zweige, die Tage seine
Äste, die Stunden seine Blätter und das V erlangen und die Wünsche
seine Früchte. Wessen Verlangen und Wünsche den Gehorsam betreffen,
dessen Früchte seines Baumes werden si.iß und lecker. Wessen Verlangen
und Wünsche die Auflehnung betreffen, dessen Früchte werden bitter
sein. Die Zeit für die Ernte der Fri.ichte dagegen erfolgt am Tag der
Auferstehung. An dem Tag, an dem die Früchte gepfli.ickt werden, wird
deutlich werden, welches die süßen und welches die bitteren Früchte
sind.

107 (Mehrzahl von Fitna)


400
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Aufrichtigkeit und der Tduhid sind ein Baum im Herzen und seine
Äste die Taten. Seine hüclne sind ein schönes Leben in der Dunya und
ein Leben voller Gnadengaben in der Akhirtt. Die Fri.ichte des Paradieses
werden sich niemals verringern und verschwinden. Die Früchte des
Ttwhicls und der Aufrichtigkeit in der Dunya ebenso.

Der Shirk, die Lüge und die Augcndienerei sind ein Baum im Herzen. In
der Duny11 sind die Fiirclne dieses Baumes die Sorgen, das Leid, die
Bedriingnis im Her1.en und die Dunkclheiten des Herzens. In der Akhira
sind die Früchte dieses Baumes „Zaqqum108 " und Bestrafung. Allah (t)
hat beide füiurne in der Sura Ibrahim erw:ihnt.

Die Stufen des Glücks

Wenn der Diener die Gechlcclnsreife erreicht, erhält er das Versprechen,


welches ihm Derjenige gab, Der ihn erschaffen hat und der König ist.
Wenn er Sein Versprechen (bzw. die Bedingungen dafür, um dem zuteil
zu werden) allenfalls und so wie es von ihm verlangt wird, mit Kraft,
Akzeptanz und Entschlossenheit verwirklicht, so wird er die Etappen
durchlaufen, die jene auf beste Weise durchliefen, die ihr Wort halten \
und ihre Rangstufe wahren.

Wenn er das Versprechen erhiilt, wird seine Nafi zunächst einmal zittern
und sagen: ,,Ich bin geeignet für das Versprechen, was mir mein Rabb
gab. Kann es also jemanden geben, der es mehr verdient hat, dieses
Versprechen zu akzeptieren, zu verstehen und zustande zubringen als
ich?!" So wird er erst einmal anfangen über diese Worte nachzudenken
und ehrgeizig sein, das Verm:ichmis seines Herrn zu verstehen. Danach
wird er bestrebt sein, die darin enthaltenen Befehle einzuhalten,
dementsprechend gute Taten zu verrichten und den Inhalt des

1''B (Okander)
401
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Versprechens entsprechend seiner Möglichkeiten zu realisieren. Er wird


das Versprechen und seinen Inhalt aufrichtig mit der Weisheit seines
Herzens betrachten, sodass sich bei ihm eine andere Mühe und eine
andere Art der Entschlossenheit als jene, die er als Kind besaß, einstellen
werden. Somit wird er sich auch von der Dunkelheit seines kindlichen
Stolzes abwenden. Er hat sich Ihm zum Zwecke der Dienerschaft und für
das Recht des Lebens ergeben und Geduld aufgebracht, um die Ehre der
Anstrengung zu erlangen. Er hat mit dem Licht seines Yrtqins den
Schleier der Dunkelheit zerrissen und Geduld sowie die Ehre erlangt, die
sein Herrn ihm entsprechend seiner Arbeit/seines Einsatzes gew~ilut hat.

Die erste Stufe des Glücks ist für den Diener ein Ohr, das wahrnimmt
und merkt und ein Herz, das über das, was sein Ohr sich gemerkt hat,
nachsinnt. Wenn es hören und darüber nachdenken sollte und der zu
beachtende Weg für ihn deutlich wird und er die Zeichen auf dem Weg
sieht und er erkennt, dass die Kinder der Leute, die nach rechts und links
verstreut wurden, vom rechten Weg abgekommen sind, dann wird er
selber die Stufen als erforderlich erachten und vom (rechten) Weg nicht
abkommen wie diejenigen, die vom Weg abgekommen sind. Der Grund,
weshalb die anderen vom Weg abkamen, war, dass sie das Versprechen
nicht akzeptierten oder es mühsam/ nicht entschieden genug und
gezwungermaßen akzeptieren, nicht mit Entschlossenheit akzeptierten
und mit ihrer Ntljs das Versprechen nicht zu verstehen versuchten und
mit ihrer Vermächtnis nicht auf die erforderliche Weise Taten
verrichteten. Wenn ihnen das Versprechen unterbreitet wird, zeigen sie
kindliche Merkmale (das Unwissen dariiber, dass die Angelegenheit eine
große ist) und ein traditionelles Versdndnis der Religion auf sowie
Informationen (falscher Art), die noch von ihren Vorfahren und ihren
Großeltern geblieben sind. Als sie das Versprechen entgegen nahmen,
taten sie dies mit dem Glauben, dass es ausreichend sei, auf dem zu sein,
worauf ihre Vorfahren und Altvorderen waren. Zweifelsfrei sind ihre
Traditionen nicht ausreichend, um die Eigenschaften desjenigen zu
erlangen, der mit dem Herzen darüber nachdenkt, versteht und
dementsprechend handelt - so als ob dieses Versprechen nur auf ihn

402
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

herabkam. Wenn ihm gesagt wird: ,,Priige dir den Inhalt dieses
Versprechens gut ein und Verrichte so gut es geht Taten" und er dann
diesen Worten nicht folgt, so wird er für immer den fremden Weg
einschlagen. Er wird weiterhin daran gebunden sein auf dem Weg seiner
Familie, Freunde, Nachbarn und den Traditionen der Gesellschaft zu
bleiben. Wenn seine Bemühungen fehlerhaft: sind, wird er stets das
gleiche machen, was bereits jene vor ihm machten. Er wird sich nicht
dazu bewegen, i.iber das Versprechen nachzudenken und zu verstehen, er
wird nicht loben und damit zufrieden sein, dass seine Religion als eine
Religion der Traditionen ist. Wenn der Sheyttln diesen Zustand an ihm
versteht und erkennt, dass sich seine Mühe bezüglich des Versprechens
und seine Entschlossenheit auf einem niedrigen Level befinden, wird er
anfangen ihn mit der Erregbarkeit/Cholerik und dem Rassismus seiner
Vorfahren und der Vorangegangenen zu infizieren. Er wird es ihm
ausschmücken (und weiss machen), dass diese Dinge wahr seien und das
diejenigen, die dagegen sind, falsch sind. Er wird ihm die Rechdeitung
als Irrweg und den Irrweg als Rechtleitung priisentieren. Aufgrund seiner
Unwissenheit und der Liebe und Zufriedenheit mit seiner Sippe und
seinem Stamm wird sich der Diener in diesem Rassismus und dieser
Erregbarkeit/Cholerik von der Rechtleitung entfernt haben und von
Allah zum Irrweg - nach der er sich bereits gerichtet hat - geführt
werden. Jedesmal, wenn ihn eine Rechtlcimng erreicht, die seiner Sippe
und seinem Stamm zuwider ist, wird er sie als falsch erachten.

Wenn aber seine Mühe nicht diesen Dingen sondern den erhabenen
Sachen gilt, sein Nafs ehrenvoll und sein Wert hoch ist, wird er sich dazu
begeben dem Versprechen zu folgen, es zu verstehen und darüber
nachzudenken. Er wird verstehen, dass das Versprechen bei seinem
Besitzer eine Besonderheit besitzt, die bei keinem anderen ist und auf
diese Weise wird er anfangen dieses Versprechen verstehen zu wollen. Er
wird anfangen, es zu verstehen und es sich einzupdgen. Allah (j.j.) wird
ihm Seine Naß, Seine Eigenschaften, Handlungsweisen und Urteile
beibringen. Er wird verstehen, dass Allah ()!zyyrnn ist. Außerdem wird er
begreifen, dass Er von allem unablüngig ist und dass alles Ihm gegenüber

403
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

arm und auf Ihn angewiesen ist. Außerdem wird er wissen, dass Er über
Seinem Thron ist und Er über allen Seinen Geschöpfen steht, dass Er
sieht, hört, zufrieden ist, bestraft, liebt und hasst, dass Er alles drein und
wendet und alles lenkt, dass Sein Thron über allem anderen steht, dass
Er spricht, gebietet und verbietet, dass Er auf die verschiedensten Orte
der Welt Gesandte geschickt hat mit Seinem Wort, das er denjenigen
hören ließ, den er wollte, dass Er Derjenige, ist, Der die Gerechtigkeit
aufgestellt hat, dass Er mit Ihsan und Schlechtem vergeltet, dass Er der
Ha/im ist, Vergibt, As-Shakur ist, Großzügig ist und das Gute besitzt,
dass Er die vollständigsten Eigenschaften besitzt, dass Er über jegliche
Fehlern und Mängel erhaben ist und dass es nichts gibt, das Ihm gleicht.
Außerdem wird er Seine Weisheit in der Herrschaft Seines (j.j.) Besitzes
bezeugen, wie Er, ohne dass Seine Gerechtigkeit und Seine Weisheit
einen Nachteil erleiden, nur mit Seinem Wunsch das bestimmt, was
bestimmt wird. Auf diese Weise kommen die Shrtria und die Fitmh beim
Diener zum Vorschein. Somit bestätigt der Diener nun, dass alles von
Allah (j.j.) kommt und er wird die Wahrheit iibcr die Namen, mit denen
sich Allah sich in Seinem Buch benennt, verstehen. Er versteht, dass
dieses Buch auf sie herabkam, mit ihnen sprach, durch sie gefestigt
wurde und zum Vorschein gebracht wurde und mit diesem Dingen hat
Allah sich Seinen Dienern vorgestellt, damit ihr Verstand dies
eingestehen kann und ihre Fitrah dies bcstiitigt.

Wenn der Diener mit seinem Herzen versteht und sich die Eigenschaften
des Wortführers (Allahs) richtig eingeprägt hat, wird in seinem Herzen
deren Licht anfangen zu leuchten. So wird er stets in deren Bewusstsein
und mit ihnen gemeinsam sein. Er wird ihre Verbindung mit den
Geschöpfen und Angegelegenheit, ihre Zusammcnhiinge und ihren
W crdegang - sowohl auf emotionaler als auch auf seelischer Ebene -
erkennen. Er wird erkennen wie allgemein oder besonders deren
Verwirklichung unter der Schöpfung ist, wie Er sich ihnen niihcrt und
entfernt, wie Er gibt und kürzt. Er wird mit seinem Herzen bezeugen,
dass sein Herr mit Seiner Gerechtigkeit herrscht und auch die Dinge
bezeugen, bei denen Er voller Barmherzigkeit ist. In seinem !nutn wird

404
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sich das Wissen über Seine Herrschaft der Dinge, die Notwendigkeit
Seiner Beweise, die Vollkommenheit Seiner Gerechtigkeit, die
Verg~inglichkeit seiner Geschöpfe, Seine Barmherzigkeit, Seine Güte,
sein Ihsmz, dass Er leben tisst, vergibt und Mitleid hat, Seine
Großartigkeit, Seine Erhabenheit, Seine Autoritiit und dass Er sich rächt,
versammeln.

Der Diener wird die Notwendigkeit der Beweise und des Schicksals
sehen, dem kein Geschöpf sich entziehen kann. Er erkennt, dass die
Zeichen Allahs einander bestiitigen und im Einklang miteinander sind.
Der Diener begreift, dass hinter allem eine Weisheit steckt und diese sich
durchsetzt. Jene Weisheiten sind der Anfang und das Ende einer jeden
Begebenheit und Bestimmung. (Er sieht) wie die Bestimmungen und
ihre Entwicklungen im Verlauf zu ihrem Ausgangspunkt und ihrer
Ursache zurückkehren - so als würde den Prinzipien, welche den
Weisheiten zu Grunde liegen in ihrer Entfaltung zusehen und dabei die
Erscheinungsformen der Weisheit sowie ihren Erfolg bezüglich der
Gerechtigkeit, Erforderlichkeit, Barmherzigkeit und des Ihsrtns bezeugen.
Somit werden sie bis zum Niedergang des Universums und der
Trennung der Bestimmungen, bis zum Jüngsten Tag beherrscht werden.
Sie werden nicht von Seiner Gerechtigkeit und Seiner Weisheit
abweichen. In diesem Moment wird Seinen Geschöpfen, obwohl sie dies
vorher nicht wussten, die Erhabenheit der Eigenschaften Allahs und
Seine vollkommenen Attribute klar werden. An diesem Tag (Tag der
Auferstehung) wird Ihn sogar das Geschöpf, welches Ihn am besten
kannte, aufgrund Seiner vollst/indigen Eigenschaften und erhabenen
Attribute loben, obwohl er Ihn auf der Dunya nicht auf die schönste
Weise gelobt hatte! Genauso wie sich dies bei der Schöpfung zeigt,
werden sich die Gründe des Sich-Verdrückens der Verdrücker, des
Irregehens der Irregehenden, des Wegreisscns der Wegreisser zeigen. An
diesem Tag wird der Unterschied die Wahrheit Seiner Namen und
Eigenschaften auf der Dunyrt zu kennen, genauso sein, wie den
Unterschied zwischen fmmah und frthrtnnmn zu kennen, ja sogar noch
größer als dies.

405
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Auf dieselbe Weise versteht sich, wie die Notwendigkeit seiner Namen
und Eigenschaften bezüglich der Propheten und der Existenz der üblen
Dingen sein wird. Es wird sich herausstellen, dass Er Seine Geschöpfe
nicht alleine und auf sich alleine gestellt lässt. Außerdem wird es
verst:indlich, wie Seine Gebote und Verbote, Seine Namen und
Eigenschaften beinhalten - der Zusammenhang dazwischen wird klar
werden. Damit wird auch vers6ndlich, wie Er belohnen und bestrafen
wird und auf welche Weise Er auferwecken wird. Zweifelsfrei ist all dies
von den Erfordernissen Seiner (j.j.) Namen und Eigenschaften. Allah (t)
hält sich selbst von den Leugnungen der Leugner in dieser Sache fern.
Außerdem bezeuge der Diener, dass Allah über alles erhaben ist, dass Er
den gesamten Kosmos dreht und umschließt und dass nichts vor Ihm
verborgen bleibt - sei es auch nur so groß wie ein Atom. Der Diener
bezeugt, dass, wenn es außer Allah noch einen anderen 111th geben würde,
die Welten durcheinander geraten würden und die Himmel und die
Erde und was sich zwischen ihnen befindet, durcheinander kommen
würde. Er bezeugt, dass, wenn Allah der Schlaf oder der Tod treffen
könnten, dass die Welten, aufgrund Seines Schlafes oder Todes, ganz
glatt und vernichtet werden würden und nicht einmal für einen Moment
bestehen könnten. Außerdem bezeugen sie, dass der Islam und Inutn von
den heiligen Eigenschaften Allahs geschickt worden sind. Außerdem
bezeugt er, wie Er die Belohnung und Bestrafirng eilig bzw. mit
Verzögerung schickt. Außerdem bezeugt er, dass diejenigen, die Seine
Eigenschaften kennen und sich dagegen auflehnen, Seine Erhabenheit
über Seine Geschöpfe leugnen und nicht akzeptieren, dass Er durch
Seine Bücher und Sein Versprechen spricht. Genauso wie er bezeugt,
dass diejenigen, die die Wahrheit über Sein Hören, Sehen, Seben,
Wünschen und Bestimmen leugnen, dieses Versprechen nicht richtig
akzeptiert haben. Mit Sicherheit bezeugen diese auch, dass diejenigen,
die Sein Versprechen ablehnen, diejenigen sind, die sich von der
Akzeptanz dieser Dinge abgewendet haben und selbst wenn einer
akzeptiert h1itte, nicht alles darin akzeptieren würde.

Der Erfolg ist von Allah.

406
Al-h1waid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der l(örper und die Seele

Der Körper des Sohn Adams wurde aus Erde erschaffen. Die Seele
dagegen wurde von der Welt der Seelen und Engel im Himmel
erschaffen. Beide, sowohl der Körper als auch die Seele stehen in nahem
Kontakt zueinander. Wenn der Körper hungrig wird, ermüdet und für
die (religiöse) Dienerschaft genutzt wird, wird die Seele zur Ruhe finden
und von ihm für die Stelle seiner Erschaffung Kraft erhalten; er wird eine
Sehnsucht zur Welt der Seelen verspüren.

Wenn er seinen Körper siittigen und schlafen laesst, sich seiner


Gemütlichkeit und seinem Wohlbehabcn hingibt, so wird sein Körper
wieder dorthin zuriickgehen, woraus er erschaffen wurde und die Seele
wird mit ihm gemeinsam fallen und eingesperrt sein. Wenn die Seele
nicht an das GeEingnis gewöhnt wiire, so hätte er sie (die Seele) um Hilfe
gebeten - genauso wie derjenige, der bestraft wird, um Hilfe bittet -
aufgrund des Schmerzes, die er wegen seiner Trennung von der Welt
woraus er erschaffen wurde, verspürt.

Jedes Mal wenn der Körper Erleichterung verspürt, so verspürt auch die
Seele Erleichterung und er wünscht sich die erhabene Welt herbei. Jedes
Mal, wenn der Körper schwerer wird und sich den Sh1ihwat und den
Gemütlichkeiten zuneigt, so wird auch die Seele schwer und fällt von der
erhabenen Welt. Du wirst sehen, dass sich die Seele eines Mannes auf
den höchsten der höchsten Stufen befindet. Sein Körper befindet sich
neben dir oder liegt vielleicht auf seinem Bett. Seine Seele dagegen
befindet sich im Sidr1z-i lvfunttlhtl, es kreist um den Thron herum. Der
andere Mann befindet sich mit seinem Körper in der Dienerschaft, seine
Seele dagegen beflnc.kt sich weit unten und kreist um die Erniedrigtesten
der Erniedrigten herum. Demzufolge, wenn die Seele den Körper
verfasst, wird sie entweder zum Höchsten oder zum Tiefsten gehen. Bei
R.1tflqi A!tt (beim höchsten Freund) wird er die Erfreunisse finden, die
schönsten Gaben, Freuden, alles an Glück und Genuss und dem schönen
Leben. Beim niedrigsten Freund flnden sich die Sorgen, Leid, Schmerz,
407
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Krisen, Trauer, das schlechte Leben und alles vom engen Leben wieder.
Allah (t) sagt:

„Und der, der sich von meiner Ermahnung abwendet, wird ein
beengtes Leben führen. Und am Tag der Auferstehung versammeln
Wir ihn blind (zu den anderen)." [Ta-ha:124]

Sein Dhikr ist das Wort, das Er Seinem Gesandten herabgesandt hat.
Sich von Ihm abzuwenden bedeutet, die Gedanken an Ihn und die Taten
mit ihm/für ihn zu verlassen. Das enge Leben, laut den meisten
Erläuterungen unter den Tafiir, bedeutet die Strafe im Grab. Dies ist die
Ansicht von Ibn lvfasud, Abu Hurrtirtt, Abu Sctid al-Khudri und Ilm
Abbas. Diesbezüglich findet sich auch ein Hadith, welches mmjit ist. 109

Die Bedeutung des Wortes „dank" in der Ayat lautet Enge und Gewalt.
Alles, worin Enge besteht, wird „dank" bezeichnet. Wenn beispielsweise
„Manzilun dankzm, ayshzm dankun" gesagt wird, meint man damit
„ökonomischer Engpass und räumliche Enge". Eben diesem
ökonomischem Engpass entgegengesetzt ist, dass eine Person gegenüber
seiner Nafi ~iußerst tolerant ist. Die Wünsche des Körpers bedeuten, dass
sie sich in den Geni.issen und Bequemlichkeiten befindet. Denn jedes
Mal, wenn der Diener die Nafs tolerant/locker lässt, wird er sein Herz
beengen und es wir schließlich zu einem schwierigen/engen Auskommen
führen. Und jedes Mal, wenn man die Nafi einengt und verengt lässt,
wird man sein Herz weit halten und letztlich wird es sich öffnen und sich
erholen können. Wenn man in der Dunya einen ökonomischen Engpass
hatte, die Erfordernisse der Taqwa jedoch vorhanden waren, wird dieser

109 Ibn Hibban-3119,


laut einer Überlieferung, dessen Isnad hasan ist, berichtete Abu Huraira: ,,An Nabi (sas)
sagte iiber die Ayat: 124 Ta-Ha: ,,Fiir ihn gibt es ein beengtes Lehen.", dies ist die
Strafe im Gralbn" Fiir den langen Teil des Hadithes im angegebenen \'v'erk
na~hschlagen.
408
Al-h1waid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Diener im ßttrzrikh und im Akhim Leben eine weite Versorgung


erhalten. Wenn er auf der Dunyfl eine weite Versorgung hatte und seinen
Gelüsten gefolgt ist, wird er im Bttrzakh und im Leben der Akhirtl ein
enges Leben haben. So wiihle unter diesen beiden Auswahlmöglichkeiten
die beste, schönste und die niemals endende (den Barzakh und das Leben
der Alihim)!

Teile mit den Gaben der Seele den Körper, aber teile nicht deine Seele
mit den Gaben des Körpers! Denn wiihrcnd die Gaben der Seele und ihr
Übel grögcr und bcstiindigcr sind, sind die Gaben des Körpers und ihre
Übel viel infertiler und gefihrlichcr.

Allah ist Derjenige, Ocr um Hilfe gebeten wird.

Zuerst müssen die Sünden verlassen werden

Wer weise bzw. im Bewusstsein der Wahrheit ist, wird nicht das
Verlassen der Dunya anordnen. Denn die Kraft der Menschen wird nicht
ausreichen, um sie zu verlassen. Jedoch kann er ihnen anordnen die
Sünden zu verlassen und trotzdem in der Dunytt verweilen. Er wird
ihnen crz/ihlen, dass es vorzüglich ist die Dunya zu verlassen und eine
Pflicht ist, die Sünden zu verlassen. Wie kann er jemandem, der nicht
einmal die Pflicht crfiillt, etwas anordnen, was vorli.iglich ist! Wenn es
ihnen schwer fallt, die Sünden zu unterlassen, so bemühe dich darum
ihnen die Liebe bezüglich Allahs Gaben, Seinem Ihsrtn, Seinen
vollständigen Eigenschaften und Seinen erhabenen Attribute näher zu
bringen. Denn die Herzen neigen durch ihre Fitmh dazu Ihn zu lieben.
Wenn die Herzen sich daran gebunden haben Ihn (j.j.) zu lieben, wird es
einfacher werden die Sünden zu verlassen, nicht auf ihnen zu beharren
und es zu unterlassen, sich nach ihnen auszurichten.

409
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Yahya Ibn Jvluaz sagt: ,,Dass sich ein kluger Mensch die Dunya wünscht,
ist besser als, dass ein Unwissender die Dunya verlii.sst."

Ein weiser Mensch wird die Menschen von ihrer Dunya zu Allah (t)
rufen, auf diese Weise wird ihnen das Folgen leichter fallen. Ein
enthaltsamer Mensch wird durch das Verlassen der Dunya zu Allah rufen
und so wird es ihnen schwer fallen, diesem Ruf Folge zu leisten. Wenn
wir nun zur Entwöhnung eines Menschen von der ßrnst, die er (als
Säugling) nicht begreift, kommen, so hatte er einst von ihr kr:i.ftig
gesaugt. Jedoch w:i.hlte er unter den Stillmüttern diejenige aus, die die
nützlichste und leckerste Milch hatte. Denn die Milch hat einen großen
Einfluss auf die Natur desjenigen, der sie trinkt. Zweifelsfrei kann es
vorkommen, dass bei einem Baby, die die Milch einer kranken frau
getrunken hat, eine Krankheit hervorkommt. Fiir diejenigen, die noch
Milch trinken, ist die nützlichste Milch diejenige, die getrunken wird,
wenn man hungrig ist und Appetit darauf hat. Wenn der Hunger
aufgrund der Entwöhnung so groß wird, so wird man, auch wenn es nur
ein Schluck sein sollte, diese Milch trinken. Denn der Magen kann
manchmal einen Menschen töten.

410
AI-Fawaid von Sheikh Ibn Q_ayyim AI-Jauziyyah

Drei nützliche Themen

',, Es liegt ein groger Unterscheid darin, ob man auf eine schädliche
oder gesunde Weise seine Rechte verfolgt.

Y Zweifelsfrei wird mem Diener, alle Meine Diener, die Mir


gedenken desgleichen erreichen. 110

„0 ihr, die ihr glaubt, wenn ihr auf eine Schar trefft, so steht
fest und gcdcnkct Allahcs viel, auf daH es euch wohl ergehe."
[Al-Anfal:4 5]

',, Es ist nicht verwunderlich, das ein Mensch, der gesund ist und
nichts Sd1lcchtes in sich birgt, der Religion hilft. Ve1wunderlich
ist jedoch, dass das Herz eines Menschen, obwohl er schwach
und krank ist und die Sachen und Situationen um ihn herum ihn
in eine sehr schlechte Lage gebracht und ihn in einen
jfünmerlichen Zustand versetzt haben, der Religion dienen
möchte und sich nicht gegen diejenigen stellt, die über ihn
urteilen.

Thirmidhi-3580, Überliefert durch Ammare Ibn Dhaker. Thirmidhi sagt: ,,Ein garib
11 ''

Hadith, wir kennen diesen nur auf diese Weise. Ihr lsnad jedoch ist nicht stark."
411
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah (j.j.) kennen (Marifatullah)

lvfarifatul!tth bestehen aus zwei Teilen:

1. Die Wahrheit zu sprechen/zu bestfüigen wissen. Hierbei sind die


guten, schlechten, gehorsamen und rebellischen Menschen eins.

2. Zu wissen schamhaftig gegenüber Allah zu sein sowie die Liebe,


das Binden des Herzens an Ihn, die Freude über die Begegnung
mit Ihm, die Furcht vor Ihm, die Zuwendung zu Ihm, die
Freundschaft zu Ihm und die Zuflucht zu Ihm vor der
Schöpfung zu wissen. Dies ist ein besonderes Wissen, das auf die
Zunge des Volkes fließt. Ihre Unterschiede kann nur derjenige
aufz~ihlen, der seine eigenen Nttfi kennt und mit diesem Wissen
das entdecken, was für deren Herz ist und anderen verborgen
bleibt.

Somit wird jeder entsprechend seiner Stellung auf dieses Wissen zeigen
und auf das, was er davon entdeckt hat. Der mit dem meisten Wissen
unter den Geschöpfen war der Prophet Muhammad (sas), der sagte: ,,Ich
kann die Lobpreisung Dir gegenüber nicht vollenden. Du bist so, wie du
Dich gelobt hast." 111
Allah (t) berichtet darüber, dass er eine Menge Gaben, die Er ihm (sas)
auf der Dunya vorenthalten hat, an fawmul Qjymntl überreichen wird.

Bezüglich dieses Themas finden sich zwei große Türen:

};;, Die erste Tür: Die gesamten Ayaat im Quran reflektieren und
darüber nachdenken und verstehen, was Allah und Sein
Gesandter (sas) gesagt haben.

111 Muslim-486, überliefert durch einen Hadith von Aisha (r.a.)


412
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

r Die zweite Tür: Über die Zeichen, die bezeugt wurden,


nachdenken sowie über die Weisheit, die Macht, den Ihsmz, die
Huld und die Gerechtigkeit darin.

Zusammengefasst: Ein detailliertes Wissen über Seine schönen


Namen, Seine Gröfk Seine Vollkommenheit und Seine
Einzigartigkeit in alledem und die Bedeutung des
Zusammenhangs dieser Dinge zu den Geschöpfen und den
Angelegenheiten zu haben. Indem der Diener dies weiss, wird er
ein feines Verstfodnis bezüglich Seiner Gebote und Verbote
erhalten. Auf~erdem wird er ein feines Verständnis für das
Schicksal und die Vorherbestimmung, Seine Namen und
Eigenschaften und der religiösen bzw. scharia-bezogenen und
weltlichen Angelegenheiten erhalten.

„Eilt zu einer Vergebung von eurem Herrn um die Wette und


zu einem Garten, der so breit ist wie der Himmel und die Erde,
und der für die bereitet ist, die an Allah und seine Gesandten
glauben. Das ist die Huld Allahes, Er lä{h sie zukommen, wem
Er will. Und Allah besitzt groGe Huld." [Al-Hadid:21]

413
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der beste und der schlimmste Lohn

Es gibt vier Arten von Dirham (also Verdiensten):

1. Der Dirhtim, den man mit dem Gehorsam gegenüber Allah


verdient und um Allahs Willen ausgibt. Dies ist der beste aller
Dirhmns.

2. Der Dirhttrn, den man durch die Auflehnung gegenüber Allah


verdient und zur Rebellion gegenüber Allah ausgibt. Dies ist der
schlechteste aller Dirhmns.

3. Der Dirhtim, den man durch die Pein/Qual an Muslimen


verdient und für die Pein/Qual an Muslimen ausgibt. Dieses
gehört ebenfalls zu den übelsten Dirhtirns.

4. Der Dirham, den man auf (islamisch) zul:issigen Wegen verdient


und für (islamisch) zulässige Genüsse ausgibt. Dieses ist weder
tugendhaft noch verwerflich.

Die hier aufgezählten Dirhmn-Arten gehören zu den Grundlagen des


Verdienstes. Wenn wir nun in die Details gehen, so existieren noch
weitere Arten von Dirhtims:

1. Der Dirhtim, den man auf dem Weg der Wahrheit verdient, aber
auf dem Weg der Falschheit ausgibt.

2. Der Dirhtirn, den man auf dem Weg der Falschheit verdient, aber
auf dem Weg der Wahrheit ausgibt. Somit liegt seine Sühne in
der Ausgabe.

414
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

3. Der Dirhmn, den man durch die Shllhwrzt verdient. Dessen


Sühne ist das Ausgeben auf dem Weg des Gehorsams.

Genauso wie die Belohnung, Bestrafung, Belobigung und der Tadel an


die Aushiindigung des Dirhams gebunden sind, gilt dies auf dieselbe
Weise auch für ihren Verdienst. Außerdem, genauso wie der Diener
darüber gefragt wird, wofür er seinen Dirhmn ausgegeben und vetwendet
hat, wird er ebenso darüber befragt wie er es verdient und wofür er es
eingesetzt hat.

Die 1-Iilfe der Mu'minun

Die Hilfe unter den lvfu 'minun erfolgt auf unterschiedlichen Wegen:
Die Hilfe mit dem Besitz/Vermögen, dem Status, dem Körper und
durch Dienste, durch einen Ratschlag und eine Vorbereitung, mit einem
Bittgebet und der Bitte um die Vergebung und durch das Flehen/Betteln
für sie. Zweifelsfrei unterscheidet sich der Grad dieser Hilfe je nach
fmmz. Wenn der lnwn sinkt, sinkt auch die Hilfe, wird sie stärker, so
\
nimmt auch die Hilfe zu.

Rasululluah (sas) war derjenige unter den Menschen, der seinen


Gefohrten mit allem, was er besag, die gröfüe Hilfe erbracht hat. Je nach
Stufe desjenigen, der ihm folgte, war er (sas) ihm behilflich.

Eines Tages, an einem sehr kalten Tag, als sie zu Bishr-i l-lrlfl kamen,
fanden sie ihn barfüfüg und zitternd vor. Als sie ihn fragten: ,,Was ist los,
was ist mit dir geschehen, oh Abu Nrzsr?", antwortete er: ,,Mir ist das
Frieren der Armen eingefallen und ich habe nichts, womit ich ihnen
helfen könnte. So wollte ich ihnen bezüglich ihres Frierens behilflich
sein, indem ich an sie denke."

415
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Unwissenheit führt zur Ermüdung

Den Weg nicht zu kennen und dessen Plagen, bringt wenig Nutzen und
sehr viel Ermüdung mit sich. Zweifelsfrei ist so jemand entweder mit den
freiwilligen Taten beschäftigt ohne seine Pflicht-Taten zu vollbringen.
Oder er verrichtet mit seinen Organen Taten, aber nicht mit seinem
Herzen. Oder er verrichtet im inneren Taten, seine ~iußerlich
verrichteten Taten jedoch entsprechen nicht der Shrtritt oder es
entwickelt sich in ihm ein Drang zur Verrichtung einer Tat, er wird die
Person aber nicht zum Ziel führen. Manchmal geschieht das auch in dem
Moment, in dem er eine Tat verrichtet oder im Anschluss einer Tat, die
ihn nicht vor einer schädlichen Plage retten wird oder er verrichtet eine
Tat, wodurch er aufgrund seiner augenscheinlichen Dankbarkeit
bezüglich der Vergebung seines Rabb unvorsichtig wird und somit ein
Partner dieser Tat wird und sich selbst isoliert. Oder er verrichtet im
Inneren eine Tat, ohne sich selbst als mangelhaft und hilfslos zu erachten
und begibt sich daraufhin dazu sich deswegen zu entschuldigen. Oder er
begeht eine Tat, die er vollständig verrichtet zu haben denkt, dem er
jedoch in Wirklichkeit damit, dass er ermahnt und Gutes getan hat,
nicht gerecht geworden ist.Eben all dies wird neben der vielen
Ermüdungen, die es mit sich bringt, zu den verringerten Früchten
gezählt.

Allah ist Derjenige, Der zum Erfolg führt.

416
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Reise, die zu Allah gemacht wird und diejenigen,


die sich dagegen stellen

Wenn der Diener Entschlossenheit zeigt, um zu Allah und um Seinet


Willen zu reisen, so wird der Diener Tiiuschungen und Hindernissen
ausgesetzt. Zunächst einmal wird er durch Shahwctt, der Liebe zum
Status, durch Genüsse, mit Eheschließungen und Kleidung getäuscht. ..
Wenn der Diener dabei bleibt, so wird seine Reise beendet sein, wenn er
jedoch nicht dabei bleibt und die Tiuschungen aus dem Weg räumt und
bei seinem Wunsch aufrichtig und standhaft bleibt, so wird er damit
gepri.ift, dass man ihm folgt, ihm seine Hände küsst, ihn in den
Gemeinschaftskreisen lobt, ihn um Dua bittet und auf seinen Segen
hofft. Wenn er nun dabei bleibt und das, was von Allah (j.j.) kommt,
abschneidet, so wird dies sein Behagen werden. Wenn er jedoch seine
Reise abbricht und nicht dabei bleibt, so wird er mit Gnadengaben und
Entdeckungen geprüft werden. Wenn er auf seiner Reise dabei bleibt
und damit das, was von Allah kommt, abschneidet, so werden diese
Dinge zu seinem Behagen werden. Wenn er jedoch nicht dabei bleibt, so
wird er mit Einsamkeit gepri.ift werden. Wenn er dabei bleibt, so wird
ihn dies von seinem Zweck trennen. Wenn er nicht dabei bleibt, so wird
er dies für die Menschen herausbringen oder von ihnen vertreiben. Er
wird nur das für sich wiihlen, was sein Herr und Freund (j.j.) für ihn
gew;ihlt hat, Allah wird für seine Nafi wiihlen. Er wird auf Seinem Befehl
bleiben, so weit seine Kraft dafür ausreicht. Er wird seine Nafi sich
niemals erholen lassen, in dem er sie vor das stellt, was Allah befohlen
hat. Und er wird seine eigenen Genüsse und Neigungen nicht vor die
Zufriedenheit und vor die Befehle seines Herrn stellen. Dieser Diener
hat auf seinem Weg das erreicht, was er sich vorgenommen hatte und hat
das erreicht, was er sich gewünscht hatte und natürlich ist dieser Diener
einer, der die Reise zu seinem Herrn nicht abgebrochen hat.

Der Erfolg ist von Allah.

417
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Arten der Gnadengaben

Die Gnadengaben sind drei:

1. Die Gnadengaben, die der Diener kennt und bereits besitzt

2. Die Gnadengaben auf die man hofft und wartet.

3. Die Gnadengaben, in denen sich der Diener befo1det und über


die er sich keine Gedanken macht.

Wenn Allah (j.j.), der Erhabene eine Gnadengabe für Seinen Diener
vervollständigen möchte, so zeigt Er ihm diese schon/kündigt sie an und
- solange der Diener sie nicht zerstreut - gibt Er sie ihm im Gegenzug zu
seiner Dankbarkeit. Denn diese Gnadengaben werden mit dem Begehen
von Sünden zerstreut und mit der Dankbarkeit wieder
zusammengebracht. Allah (j.j.) hilft diesem Diener dabei Taten zu
verrichten, damit er die Gnadengaben, deren Eintritt erwartet wird,
erh~ilt. Er zeigt ihm die Wege auf, die eine Grenze vor die Sünden ziehen
und die Faktoren, vor denen es sich fernzuhalten gilt. Mit allen Arten
legt Er diese Gnadengaben für Seinen Diener offen und stellt sie ihm vor
und lässt sie ihn erkennen; Aber manch ein Diener wurde davon
entbehrt sich dieser Dinge bewusst zu werden.

Nach einer Überlieferung heißt es; ,, Ein Beduine ging zu einem


rechtgeleiteten Kalifen und sagte ihm: ,,Oh Arnirul Jv!u 'minun! Da du
die Dankbarkeit gegenüber den Gnadengaben fortführst, soll Allah (j.j.)
deine Gnadengaben best~indig machen. Er soll dir neue Gnadengaben
geben dafür, dass du Ihm gegenüber eine schöne Meinung hegst und
Ihm gegenüber gehorsam bist und auf seine Gnadengaben hoffst.
Außerdem soll Er dich die Gnadengaben erkennen lassen, in denen du
dich befindet, für die du jedoch keine Dankbarkeit zeigst, da du dir
darüber nicht bewusst bist." Daraufhin freute sich der Kalif und
antwortete: ,,Wie schön er doch die Einzelheiten aufgez~ihlt hat."
418
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Anfang von jedem Wissen und jeder Tat

Der Grundsatz von jedem theoretischen Wissen und jeder


obligatorischen Tat sind die Gedanken und Meinungen. Denn diese
bedürfen der Vorstellungskraft. Die Vorstellungen laden zum Willen ein.
Der Wille dagegen bedarf des Zustandekommens von Handlungen. Die
vo!lst'.indige Erfüllung dieser Stufen hiingt von der
Wahrhaftigkeit/Korrektheit der Gedanken und Meinungen ab.
Demzufolge müssen die Gedanken und die sich ergebenden Meinungen
ihren Herrn berücksichtigen, sich Ihm zuwenden und zu Seinem
Wohlgefallen und Seiner Liebe eilen. Denn alle Richtigkeit und alle
Begradigungen sind von Allah. Alle Rechtleitung befindet sich bei Ihm.
Jegliche Rechtleitung erfc)lgt aufgrund Seiner Erlaubnis. Dass er jene von
Seinen Dienern beschützt, die Er möchte, geschieht aufgrund Seiner
Leitung/Fiihrung. Und dass Er sich von jeglichen irregegangenen und
schlechten Menschen abwendet, geschieht widerum aufgrund Seiner
Lcitung/Fi.ihrung. Zweifelsfrei wird der Diener in dem Maß, in dem er
über Seine (j.j.) Gnadengaben, Seinen Tauhid, über die Wege Ihn zu
kennen, über die Wege der Dienerschaft, die Hinabsendung der
Rechdeitung, die Kenntnis Allahs über das, was ihm durch den Kopf
geht, denkt, die Rechtleitung und jede Form des Guten erreichen. Auf
dieser Stufe wird er sich vor seinem Herrn schiimen. Er sch'.imt sich
darüber, dass Er seine geheimen Stellen/seinen Schambereich kennt und
das kennt, was sich in seiner Nafs befindet und ihn schlecht macht. Er
schiimt sich dafür, dass Allah seine geheimen Stellen kennt.

Wenn sein Herr diesen Diener diesem Zustand aussetzt, erhöht Er ihn
und niihert ihn an Sich. Er wird ihm ein Preund. In diesem Ausmaß wird
er von den schmutzigen Dingen und den verwerflichen Gedanken, die
ein Ausfluss von Niederwertigkeiten sind, sowie von banalen Meinungen
entfernt sein. Genauso wie er sich jedes Mal, wenn er sich von Allah
entfernt und sich von Ihm abwendet, dem Schmutz, den Banalitäten,
den schlechten Resten niihern und von allen Vollstlindigkeiten
abgeschnitten und allen Fehlern verfallen sein wird.
419
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn sich also der Mensch seinem Schöpfer niihert, er sich an Seine
Gebote und Verbote hält, er für Seine Zufriedenheit Taten verrichtet
und seine Wünsche in diesem Sinne verfolgt, wird er der Beste unter den
Geschöpfen sein. Wenn er sich von Ihm entfernt und sein Herz sich
nicht in Bewegung setzt um Ihm nahe zu sein, Ihm zu gehorchen und
Seine Zufriedenheit zu gewinnen, so wird er der Übelste unter den
Geschöpfen sein.

Demzufolge wird er, wann immer er sich dafür entscheiden sollte sich
Allah zu nähern, mit seiner Ntl.fi diese Richtung zu verfolgen und seine
Gelüste in diesem Sinne einzustellen, wird er sein Herz, seinen Verstand
und seinen Iman gegen seine Nrifs und gegen seinen Sheytmz gefestigt
haben. Außerdem wird er seinen Weg, weil er sich auf dem richtigen
Weg befindet, gegeni.iber den falschen Wegen und seine Rechtlcimng
gegenüber seinen Gelüsten gefestigt haben. Wenn er sich von Allah
entfernt, so wird er seine Ntl.fi, seine Gelüste und seinen Sheytrtn
gegenüber seinem Verstand, seinem Herz und seiner Rechtleitung
gestärkt haben.

Gefahren und Einflüsterungen

Du solltest wissen, dass die Gefahren und die Einflüsterungen zu


Gedanken führen. Die Gedanken übernehmen sie und führen dazu, sie
auszusprechen. Das sdindige Aussprechen führt zum Willen. Der Wille
widerum leitet sie (die Gedanken) zu Taten und den Körperteilen. Auf
diese Weise werden sie gefestigt und zur Gewohnheit werden.
Zweifelsfrei ist es einfacher sie bereits in der ersten Etappe abzulehnen,
statt sie dann von sich zu weisen, wenn sie bereits gest'.irkt und
vervollständigt sind.

Wie bereits bekannt, bewahrt der Mensch die Dinge, die ihm einfallen
und die Kraft sie wieder zu verwerfen nicht auf Denn die Dinge, die
ihm einfallen, befallen seine Nafs. Jedoch ist es anders, wenn Er die Kraft
420
Al-fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

des Glaubens und des Verstandes besitzt. Denn diese helfen dabei zu
vertreiben, was einem an Gutem, Zufriedenstellendem und Gehasstem
einfallt. Wie die Sahriha sagten: ,,Oh Gesandter Allahs! Manch einen von
uns überkommen Einflüsterungen. Es ist uns lieber Kohle zu sein als
diese auszusprechen!" Daraufhin sagte Rasulullah (sas): ,,Habt ihr sie in
euch vorgefunden?" Sie sagten „J a", woraufhin er (sas) sagte: ,,Dies ist der
wahre lman." 112

In einem anderen Wortlaut heifü es: ,,Alles Lob gebührt Allah, der des
Teufels List auf die Einflüsterung beschriinkt har." 1U

Es gibt zwei Ansichten bezüglich der Erliiuterung dieses Hadithes:

1. Die Beschr;inkung dieser Sache und die Schlednigkeit der


Einflüsterungen sind ganz klar vom Iman.

2. Das Vorhandensein der Einflüsterungen und dass der Sheytan sie


in die Naß des Dieners einbringt, zeugt ganz klar vom Iman.
Denn indem der Sheytmz in die Nafi des Dieners die
Einflüsterungen eingibt, möchte er seinen Iman angreifen und
ihn verniduen.

Zweifelsfrei hat Allah, der Erhabene die Nrifs des Dieners wie eine
niemals stehen bleibende und sich immer drehende Mühle erschaffen.
Sie muss unbedingt etwas zermahlen. Wenn sie mit Vogelfutter befüllt
wird, zermahlt sie diese, wenn sie mit Erde oder mit Steinen befüllt wird,
ebenso. Somit ist das, was dem Diener einfüllt und sich an

112Muslim-132, Überliefert durch einen Hadith von Abu Huraira.


113Ahmad-2097, mit einer sahih lsnad von Ibn Abbas überliefert. Für den langen Teil
der Überlieferung im angegebenen \'{'erk nachschlagen.
421
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Einflüsterungen einnistet, wie das Vogelfutter, das in die Mühle gelegt


wird. Die Mühle wird nicht kaputt gehen. Sie 1nuss sogar beft.illt werden.
Es gibt Menschen, die die Mühle mit Körnern befüllen. Daraus entsteht
ein feiner Staub, Mehl und dergleichen, der sowohl ihm als auch anderen
ni.itzlich ist. Zweifelsfrei lassen eine Vielzahl an Menschen die Mühle
Sand, Steine, Heu und dergleichen zermahlen. Wenn die Zeit für den
Teig und für das Brot gekommen ist, so wird das, was in Wirklichkeit
zermahlt wurde, in Erscheinung treten.

Das Herz kann nicht weit entfernt von den


Gedanken sein

Wenn du Einflüsterungen und Ansichten, die zu dir kommen, vertreibst,


wird das, was danach kommt, vor dir fliehen. Wenn du sie nicht
vertreibst und akzeptierst, so werden die Einfüisterungen und Gedanken
zu sich ständig drehenden und umherwandernden Gedanken werden
und den Willen in Bewegung setzen. Auf diese Weise wird dieser
Gedanke die Organe in Kraft setzen. Wenn es unmöglich ist, dass sie in
Bewegung gesetzt werden, so wird er (der Gedanke) hoffend und den
Shtthw1tt verfallen, zum Herzen zurückkehren und sich dazu begeben zu
hoffen. Wenn man es weiß ist es einfacher die Gedanken/Einfalle zu
begradigen als die Ansichten zu begradigen. Die Ansichten zu begradigen
ist einfacher als den Willen zu begradigen. Den Willen zu begradigen ist
weitaus einfacher als das Übel einer Tat wiedergutzumachen. Dies
wiedergutzumachen ist einfacher als sich von Gewohnheiten zu trennen.
Die beste Medizin ist zweifelsfrei seine Naß nicht mit nutzlosen sondern
mit nützlichen Dingen zu beschiifrigen. Denn die leeren Gedanken sind
die Tore des Übels. Wer auch immer über leere Dinge nachdenkt, wird
die nützlichen Dinge verpassen und indem er sich innerlich mit
Unnützem aufh~ilt, wird er die nützlichsten Themen überspringen.
Demzufolge ist es das Beste für deine Naß, wenn du die Ansichten, die
Einfälle/Einflüsterungen, den Willen und die Bemühungen

422
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

begradigst/verbesserst. Oenn dies ist für dich am besten und du hast das
Recht von diesen Eigenschaft:en fernzubleiben. Selbst wenn du von
deinem !ltth, deinem Angebeteten entfernt bist, ist dies dein Recht.
Somit wirst du das Gliick nur erreichen, wenn du Allah nahe bist und
mit Ihm zufrieden bist. Ocr Grund dafür, dass du Ihm fernbleibst und
Seine Strafe und seinen Zorn auf dich ziehst, liegt in allem Schlechten.
Wer auch immer - sei es in Bezug auf seine Einfalle/Gedanken, sei es in
Bezug auf seine Ansichten - ordiniir und schwach ist, so wird er auch in
diesen Dingen nicht anders sein.

Lass es nicht zu, dass der Sheytm1 zu deinem Willensgebilde kommt und
sich dort niederl'.isst! Denn der Sheytrm wird sich darum bemühen all dies
durcheinander zu bringen. Dies wiedergutzumachen, wird dann sehr
schwer für dich werden. Sheyttm wird dich mit einer Menge an
Einflüsterungen und sch'.idlichen Ansichten bewerfen. Er wird sich
zwischen dich und dem nützlichen Wissen stellen. Und indem du ihm
damit hilfst, dass du ihm in deinem Herzen und in deinen Gedanken
einen Platz cindiumst, wird der Sheytan dich langsam beherrschen. Dass
du mit ihm zusammen bist, ist wie das Beispiel mit dem Mi.ihlenbesitzer,
der sein Vogelfutter mahlt und desjenigen, der zu ihm kommt und in
seiner Mühle seine Erde, seinen Schmutz, seine Kohle und sein Unrat
mahlen möchte. Wenn der Mühlenbesitzer ihn vertreibt und es ihm
nicht erlaubt irgendetwas in seine Mühle zu legen, so wird der
Mi.ihlenbesitzer das Ni.itzliche in die Mühle geben und sich wieder an
seine Mahlarbciten begeben. Wenn er jedoch dem anderen erlaubt, die
schädlichen Dinge in seine Mühle zu werfen, so wird er auch die guten
Körner, die sich in der Mühle befanden, durcheinander bringen und
zerstören. So wird alles Gemahlene zerstört herauskommen. Zweifelsfrei
tritt das, was der Sheytan in die N(ljs des Dieners einbringt, nicht aus den
Gedanken dieser Person heraus und wenn der Diener dem Richtigen
folgt, so wird der Sheytan ihm dadurch zum Verhlingnis, dass er ihm stets
einflüstert. Der Sheytrm begibt sich daran dies im gedanklichen Leben
und im Gedankenmechanismus des Dieners zu verwirklichen.

423
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Und der Weg all dies zu begradigen und zu korrigieren ist folgender:

In dem man dadurch, dass man i.iber den Tttuhicl und das, was bezüglich
dessen Urteilen für dich erforderlich ist, weiss, hinsichtlich des Wissens
und der Umsetzung den Verstand/seine Gedaken einsetzt. AuGerdern
bedeutet es, dass man seine Gedanken fi.ir den Tod und dem, was danach
kommt bis zum Eintritt in das Paradies oder die Hölle, einsetzt. Auch
bedeutet es, seine Gedanken für die Katastrophen/das Unheil der (guten)
Taten sowie die Wege der Errettung davor einzusetzen. AuGerdem heisst
es seine Nttfi damit zu beschäftigen, von dem Willen das, was nützlich
ist, zu nehmen und das, was sdüidlich ist zu verwerfen und die
Gedanken/den Verstand für die Willenskraft und Entschlossenheit
einzusetzen. Zweifelsfrei ist bei den Weisen die Tatsache, dass du
Boshaftigkeit beabsichtigst und deine Gedanken und dein Herz damit
beschäftigst, für das Herz schiidlicher als die Boshaftigkeit selbst. Wenn
sich der Diener dies wi.inscht, besch~iftigt er sein Herz damit und füllt es
mit Boshaftigkeit. So liegt fortan in dem Ziel und der Mühe des Dieners
die Boshaftigkeit.

Dieses Mal liegt dann im Zwecke, in der Bemühung und Anstrengung


des Dieners die Falschheit.

Genauso wie du es sehen würdest, wenn du es bezeugen wirst: Wenn ein


Herr erfährt, dass der Sklave, der unter seiner Weisung arbeitet und ihm
dient, ihn hintergehen möchte und damit sowohl im Herzen als auch
gedanklich beschäftigt ist, so wird er, wenn er von diesem Geheimnis,
dass der Sklave in sich trägt, sowie seiner Absicht erfährt, ihm gegenüber
- auch wenn er ihm dient und seine Angelegenheiten erledigt -
gewalttätig werden und ihn entsprechend dessen, was er verdient hat,
behandeln. Der Zorn, den er ihm gegenüber verspürt, wird wie der Zorn
sein, den man gegeni.iber jemandem verspi.irt, der einen Mord begangen
hat. Der Sklave kann Dinge gegenüber seinem Herrn in seinem Herzen
hegen und verheimlichen ohne Boshaftigkeit zu pflegen, Boshaftigkeit zu
mögen und darin ehrgeizig zu sein. Im ersten Fall wird der Sklave,

424
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

obwohl sein Herz damit gefüllt ist seinen Herrn zu hintergehen,


aufgrund seiner Unfahigkeit und seiner Beschäftigung die Boshaftigkeit
verlassen. Im zweiten Fall wird er, ohne darauf zu beharren und ohne
Boshaftigkeit in sich zu wahren, die Boshaftigkeit als abscheulich
erachten und zugleich bezüglich seines Herrn innerlich was hegen. Und
dies ist besser als der erste l~all und, gemessen an seinem Ergebnis,
sicherer.

Zusammengefasst: Das Herz ist niemals weit von den Gedanken


entfernt. Ins Herz gelangen entweder Gedanken über die
Notwendigkeiten und Vorteile der Ahhirtt oder über die Vorteile und
Notwendigkeiten der Dunytt oder über die Einflüsterungen,
'Eiuschungen oder nicht erfolgende Bestimmungen.

So ~ihnclt das Beispiel von dieser Person dem Beispiel desjenigen, der die
Dinge mahlt, die er in die Mühle gelegt hat. Wenn er dort Körner
hineinwirft, wird er sie auch mahlen. Wirft er jedoch Glas, Steine und
Schmutz hinein, wird er auch dies mahlen. Allah (t) ist Derjenige, Der
diese Mühle aufrechterhiilt. Er ist deren König und Er ist es, der sie dreht
und wendet. Mit Sicherheit ist Er Derjenige der für diese Mühle einen
Engel erschaffen hat, der in diese Mühle ni.itzliche Dinge hineinlegt und
sie dreht und einen Sheytan erschaffen hat, der in die Mi.ihle schädliche
Dinge hineinlegt und sie dreht. Letzten Endes sammelt der Engel das
Zermahlene in der Mühle, der Sheytttn ebenso. Wenn wir nun zu den
Körnern kommen, die der Engel hineingelegt hat, so kamen sie mit
Gutem wieder raus und bestiitigten Sein Versprechen. Beim Sheytttn
dagegen, drehten sich die Körner mit Übel und verleugneten Sein
Versprechen. Das Zermahlene entspricht dem Wert der Körner. Der
Besitzer der schiidlichen Körner zeigt sich nur entschlossen darin zeigen,
seine schiidlichen Körner hineinzuwerfen, wenn er sieht, dass die Mühle
fern von guten Körnern ist und der Gute die Mühle
vernachtissigt.Gcnau in diesem Moment wird er anfangen, die
sch~idlichcn Körner neben sich in die Mühle zu werfen.

425
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn demzufolge der Besitzer dieser Mühle sich davor hütet diese
Mühle zu korrigieren und sie gut zu unterhalten und davor flieht diese
Mühl~ mit guten Körner zu füllen, so wird der Feind einen Weg finden,
die Mühle, mit dem, was sich bei ihm befindet, durcheinander zu
bringen und sie zu unterhalten. Die Grundlage dafür, dass diese Mühle
wieder korrigiert/verbessert werden kann, ist, dass sie mit nützlichen
Dingen betrieben wird. Dass sie sich nicht verbessert und durcheinander
kommt, liegt daran, dass sie mit nutzlosen Dingen betrieben wird. Eine
Gruppe von äußerst intelligenten Menschen sagten einst: ,,Ich habe eine
Menge gehorteter Dinge gesehen, die für den gemacht wurden, der sie
zerstört. Ich sah, wie schnell sie zu Ende gingen. Ich verließ alles und
wandte mich an den richtigen Verstand, über den kein Zweifel besteht.
Zweifelsfrei ist dieser Verstand das ni.itzlichste unter den Gehorteten, die
höchste unter den Verdiensten und die profitabelste unter dem Handel.

Allah ist Derjenige, Der um Hilfe gebeten wird.

426
Al-bwaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Ehre der Nafs

Shttqiq Ibn Ibrrihim sagt: ,,Aufgrund der folgenden sechs Angelegenheiten


sind die Türen des Erfolgs dem Diener verschlossen:

1. Die Besch:ifrigung mit Gnadengaben und die Undankbarkeit


hierüber.

2. Die Konzentration auf das Wissen mit der zeitgleichen


Unterlassung der (guten) Taten

3. Die schnelle Veri.ibung von Sünden und die Hinauszögerung der


1'rwbri

4. Die Unadnsamkeit bei den Unterhaltungen der Rechtschaffenen


und das Verlassen der Befolgung deren Taten.

5. Die Bindung an die Dunyri, obwohl sich die Rechtschaffenen \


nicht an die Dunyrt gebunden haben.

6. Die Abwendung von der Akhirtt, obwohl sich die


Rechtschaffenen der Akhira zugewandt haben."

Ich sage, dass die Grundlage hiervon das Nichtvorhandensein von


Sehnsucht und Angst ist. Dass der Yriqin schwiicher geworden ist,
bedeutet, dass die Weisheit schw:icher und die Nafi minderwärtig und
banal geworden ist. Das bedeutet das Gute mit Schlechtem
auszutauschen. Wenn sie im Gegenteil ehrenvoll und erhaben wäre, hätte
sie sich mit der Erniedrigung nicht zufrieden gegeben. Zweifelsfrei liegt
427
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

die Grundlage von allem Guten darin von Allah (j.j.) den Erfolg zu
bekommen und in Seinem Wunsch. Der Akhlflq der Ntljs, der sie erhöht
und ehrenvoll ist, liegt ebenso im Umfang der Grundlage des Guten. Die
Grundlage des Übels dagegen liegt darin, dass die Nafi mindetwiirtig,
hässlich und klein ist. Allah, der Erhabene sagt:

,,Dem wird wohl ergehen, der sie Hiutert, Und der wird entt~iuscht sein,
der sie mit Missetaten überdeckt." [Ash-Shams:9-10 J

Also ist derjenige gerettet, der Allah dient, w:ihrend er seine Nafi als
groß, viel und gestärkt sieht. Hingegen ist derjenige zerstört, der sich
gegen Allah auflehnt, w~ihrend er seine Nafi als klein und wertlos
erachtet.

Zweifelsfrei sind die ehrenvollen Nttfi 'nur diejenigen, die erhaben sind,
höher sind und in Anbetracht des Endes mit den gelobten Dingen
zufrieden und geniigsam sind. Die niedrigen Ntzfi 'dagegen wandern um
die niedrigen und banalen Dinge umher und fallen hinein, so wie eine
Fliege in den Schmutz Billt. Die ehrenvolle und erhöhte Naß ist niemals
zufrieden mit Ungerechtigkeit, Prostitution, Diebstahl und Verrat. Denn
diese Nttfi ist viel erhabener und wertvoller als diese Dinge. Nur die
gefallene und minderwärtige Nt,js entspricht dem Gegenteil davon.
Demzufolge neigt sich jede Ntlfl dem zu, was ihm und seiner Art
entspricht. Die Bedeutung der folgenden Ayat ist dem gleich. Allah, der
Erhabene sagt: ,,Sprich jeder verrichtet Taten, nach dem was ihm
. "
angemessen 1st.

Also verrichtet jeder Taten, entsprechend dem, was für ihn geeignet und
angemessen ist. Diese Person verrichtet (gute) Taten auf eine Weise, die
428
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

seiner Natur und seinem 11/.:h!ttq entsprechen. Der Diener verrichtet


Taten entsprechend seinem Weg, seinem Kurs und seiner
Gewohnheiten. Die ungerechte N1tfi verrichtet Taten, indem sie sich von
dem abwendet, Der die Gnadengaben gibt, indem sie sündigt sowie mit
Dingen, die den Gnadengaben entgegengesetzt sind und ihrem Weg
entsprechen. Die gl:iubige Najs dagegen verrichtet Taten in dem sie
Demjenigen, der die Gnadengaben gibt, dankt, Ihn liebt, Ihm gegenüber
Lob und l~reude bekundet, Ihm gegenüber schamhaftig ist, Ihn erhöht
und auf eine passende Weise Seinen Weg verfolgt.

Wer seine Nafs nicht kennt, kennt auch nicht seinen


Schöpfer

Wie soll jemand, der seinen Nrtfi nicht kennt seinen Schöpfer kennen?
Allah, der Erhabene hat in deiner Brust für dich ein Haus erschaffen und
dies ist dein Herz. Er hat in die Brust seines Dieners, einen Thron gelegt,
damit er Ilm kennt und hierauf Seine erhabenen Eigenschaften erhoben.
Allah hat sich über seinen Thron erhoben. Er ist von seinen Geschöpfen
getrennt. Die erhabenen Eigenschaften sind von Seinen Fähigkeiten,
Seiner Liebe und Seinem Trwhid und Er hat sie über die Zeder des \
Herzens des Dieners erhoben. Auf der Zeder befindet sich der Teppich
der Zufriedenheit. Sowohl rechts als auch links hat Er die Säulen Seiner
schariatischen Gesetze und Befehle aufgestellt. Aus Seinem
Barmherzigkeit, Seiner Freundschaft und der Freude heraus, Ihm zu
begegnen, hat Er eine Türe des Paradieses geöffnet. Er gewährt Regen,
worin sich verschiedene Formen der Winde befinden und Bäume mit
Früchten von den verschiedenen Arten des Gehorsams, des Tahlils, des
Tasbihs, des Tahmids und Takdis '. In mitten dieses Gartens stellt er
einen bekannten Baum auf, der jederzeit von der Liebe, Nähe, Angst,
Freude und der Freude bezüglich der Nähe zu Ihm, mit der Erlaubnis
deines Herrn hüchtc gibt.Diesen Baum gießt Er (j.j.) damit, dass er
über Seine Worte nachsinnt, sie versteht und dem entsprechend handelt.

429
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifelsohne hängt dieser eine Öllampe auf, die mit der Kenntnis über
Ihn, dem Glauben an Ihn und Seiner Vereinheidiclmng (etwas eins
machen) erleuchtet. Und dies wird unterstützt von dem gesegneten
Olivenbaum, dem weder im Westen noch im Osten nichts ebenbürtig
ist. So sehr, dass sie Feuer geben wird, ohne (jemals) von einem Feuer
berührt Zlt worden. Dies rahmt er mit einer Mauer, die die Plagen, die
von außen kommen werden und das Übel der Unruhestifter aufhalten
wird. Somit hat er eine Barriere im Garten aufgestellt, die den Schaden
der Schädiger abwendet. Er stellt Engel als Wachen auf, die diesen
Garten sowohl zu Schlaf- als auch zu Wachzeiten beschi.itzen werden.
Danach fordert er den Besitzer dieses Hauses und des Gartens auf darin
zu sitzen. Somit waren seine Gedanken stets darauf' fixiert seinen
Wohnplatz zu verbessern um Seiner Zufriedenheit Willwn zu erlangen
die Unordnung an seinem Wohnplatz zu beseitigen und zu verbessern.
Wenn er auch nur eine Kleinigkeit bemerkt, die seinen Wohnplatz in
Unordnung bringen könnte, rückt er es sofort zurecht. Auf Grund seiner
Furcht vor Allah beherbergt er in dieser Wohnung jegliches Übel, das
ihn von Allah entfernen könnte. Welch schöner Bewohner und welch
schöne Wohnstiitte! Ich spreche Allah, den Herrn der Welten von
jeglichen Mängeln frei. Wie groß der Unterschied dieser I-I:iuser
gegenüber denjenigen ist, worin Schmutz, schlechte Gerüche, Unrat und
Ungeziefer sind!

Wer demzufolge auch immer von solch einem Haus entkommen und
seine Bedürfnisse draußen entsprechend seiner Neigungen befriedigen
möchte, wird ein Haus voller Unheil erlangen, worin er keine Ruhe und
Sicherheit finden wird. Es wird für ihn sehr schwer werden seine
Bedürfnisse zu stillen. Aufgrund der Zerstörung des Hauses sind darin
Dunkelheiten und viele schlechte Gerüche vorhanden. Es ist mit
schmutzigen Resten und Überbleibseln gefüllt. Dieses Haus wird keine
Freunde haben. Dieses Haus werden nur die entsprechenden Giiste,
Wölfe und Ungeziefer für sich vereinnahmen. Der Sheytrm dagegen hat
sich auf das Tuch dieses Hauses gesessen und der Teppich der
Unwissenheit ist bereits ausgerollt. Die Gelüste/Triebe nehmen das Haus

430
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

ein. Die rechten und linken Siiulen des Hauses sind mit Shahwczt
umringt. Die Türe des Hauses, die sich in seine Richtung öffnet, ist ein
Ruin und mit wilden Pflanzen an die Dunya gebunden und
zufriedengestellt und rnit dem „Nicht-Wünschen" der Akhira gesäubert.
Dort wurden Unwissenheit, Gelüste, Shirlt, Bida und jede Art von
Schmerz und Dornen, Sünden, Betrug, Geliichter, die Trunkenheit, dem
die Sünder verfallen, Bedrücktheit und das Entbehrt-Sein von
Gehorsamkciten eingepflanzt. Inmitten dieser Pflanzen stellt Allah (j.j.)
den Baum der Unkenntnis und der Abwendung von Ihm auf. Und
dieser Baum gibt zu jeder Zeit die Früchte von Frevel, Sünden, Spiel,
Vergnügen und Verrücktheiten. AuGerdem gibt er bei jedem Wind
Früchte, die davon beeinflusst werden und den Shahwrtt folgen. Einige
Fri.ichte dieses Baumes sind Bedr!ingnis, Sorgen, Traurigkeit und Leid.
Zweifdsfrci kommen diese Früchte, wenn die Naß mit diesen
ßeddngnissen und den Spielen beschäftigt ist. Wenn sie von diesem
Rausch erwacht, nimmt ihn jede Art von Sorgen, Bedrängnis, Trauer,
Zweifel und Versorgungsengpass ein. AuGerdem wird er der Befolgung
der Gelüste, womit der Baum gegossen wurde, dem Tul-i Amal 1H sowie
dem Stolz verfallen sein. Danach wird dieses Haus mit seiner Dunkelheit
und seinem Ruin verlassen. Somit kann der Unheilstifter nicht von
einem Tierqu1iler oder von irgendeinem Schmutz weg gebracht werden.
Ich spreche Allah, der sowohl das vorherige als auch dieses Haus
erschaffen hat, von siimtlichen mangelhaften Eigenschaften, rein. Wer
auch immer sein Haus und die Sch1itze, welche sich darin befinden, seine
Depos und die Gnadengaben kennt, dem wird es für sein Leben und fi.ir
seine Nttjs nützlich sein. Und wer auch immer hierüber unwissend ist,
der wird seine Nfljs in die Unwissenheit eingraben und sein Glück
verloren haben.

Der Erfolg ist von Allah.

(Eine hohe Lebenserwartung vor dem Hintergrund soviel Genuss und Spass wie
11 i

miiglich zu erleben)

431
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Als Sheikh al-Tusturi gefragt wurde: ,,Es gibt einen Mann, der nur einmal
am Tag isst, was sagst du dazu?", da antwortete er: ,,Das ist die Art zu
essen wie es die Sadiqun tun.". Als man ihn weiter fragte: ,,Wenn er
zweimal isst?", da sagte er: ,,Das ist die Art zu essen wie es die lv!u 'rninun
tun.". Und als sie ihn fragten: ,,Und dreimal?", so antwortete er: ,,Sagt
seiner Familie, dass sie für ihn ein Futternapf anfertigen sollen."

Als Aswad Ibn Sa/im sagte: ,,Zwei Rrik,tat sind Rir mich mit dem, was sie
in sich haben, lieber als das Paradies.", sagte ihm einer: ,,Das ist ein
fehlerhaftes Wort." Daraufhin sagte er: ,,Ruft diejenigen, die dies gesagt
haben! Das Paradies ist meine Zufriedenheit. Zwei Rah1u1t dagegen sind
die Zufriedenheit meines Herrn. Die Zufriedenheit meines Herrn ist mir
lieber als die Zufriedenheit meiner Naß."

Y Eine weise Person auf dem Erdboden ist ein Wind von den
Winden des Paradieses. Wer diesen Wind riecht, wird sich über
das Paradies freuen.

Y Das Herz eines Liebenden wurde zwischen die Größe und der
Schönheit des Antlitzes Desjenigen, den er liebt, gelegt. Wenn er
Seine Größe betrachtet, wird sich das Herz vor Ihm fürchten und
Ihn erhöhen. Wenn er Seine Schönheit betrachtet, wird Ihn das
Herz lieben und Ihn vermissen.

432
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Stufen der l(enntnis über Allah (j.j.)

Es gibt Menschen, die Allah als großzügig, tugendhaft und als den
Besitzer des Guten kennen. Und es gibt auch jene, die Ihn als vergebend,
freundlich und als Denjenigen kennen, Der die Gegenleistung gibt.
Einige kennen Ilm auch als Denjenigen, Der sich rächt. Manche kennen
Ihn für Sein Wissen und Seine Weisheit. Und wiederum anderen kennen
Ihn für Seine Ehre und Seine Autoritiit. Manche kennen Ihn für Seine
Barmherzigkeit und als den Besitzer des Guten und der Huld. Manche
kennen Ilm als Vernichter und König. Manche kennen Ihn als
Denjenigen, Der die Dua erhört, als Denjenigen, Der dabei behilflich ist
die schleduen Gedanken zu vertreiben und als Denjenigen, der die
Bedürfnisse stillt. Derjenige, der das weiss, was schöner ist als all das
Genannte, ist derjenige, der Allah durch Seine Worte kennt. Denn dieser
Diener kennt die vollkommenen Eigenschaften seines Herrn, der mit
Größe und Besonderheiten charakterisiert wurde und von allem anderem
erhaben und fern von Fehlern und Mlingeln ist. Er weiß, dass Seine
Namen schön sind, alle seine Besonderheiten mangelfrei sind, dass Er
Derjenige ist, Der tut, was Er will, dass Er über allem steht, mit allen
zusammen ist, wertvoll ist, alles aufstellt, gebietet, verbietet, mit Seinen
religiösen und existenziellen Sätzen spricht, der Größte und schöner als
jeder und alles ist, der Barmherzigste unter den Barmherzigsten ist, der
Stärkste unter den Stlirksten und der mit dem meisten Wissen unter den
Herrschern ist. Demzufolge wurde der Quran al Karim hinab gesandt,
um Ihn und die Wege, die zu Ihm führen und den Zustand derer, die
Ihn erreicht haben, zu erklären.

433
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,Solange ein Volk nicht ändert, was sie in sich haben,


wird Allah sie nicht verändern"

Im Allgemeinen ist eines der Plagen, dass ein Diener, obwohl er sich
inmitten von Gnadengaben befindet, die Allah ihm gewiihrt und
ausgewählt hat, dieser überdrüssig wird und auf Grund seiner
Unwissenheit, sich den Dingen zuwenden möchte, die er selbst als besser
erachtet. Sein Herr dagegen wird diesen Diener auf Grund Seiner Rllhma
nicht von diesen Gnaden entfernen, Er sieht ihn aufgrund seiner
Unwissenheit und wegen der schlechten Wahl fiir sich selber als
entschuldigt an. Sogar, wenn der Diener diese Gnadengaben schlecht
behandelt, davon genug hat und sie nicht mehr möchte, wird Allah (j.j.)
sie trotzdem zu ihm lenken.

Wenn Allah (t) Gutes ünd Rechtleitung für Seinen Diener wünscht, wird
Er ihm die Gnadengaben, in denen er sich befindet, au0Leigen. Er regt
Seinen Diener bezüglich dieser Gnadengaben an, damit dieser dankbar
ist und ermöglicht ihm, dass er mit Ihm zufrieden ist. Wenn der Diener
jedoch den Wunsch hat, zu jemand anderem zu gehen, so wird er seinen
Herrn um Rat fragen (Istikhara), ob es gut oder schlecht fiir ihn ist und
dadurch ihm gegenüber sich bedürftig zeigen. Er wendet sich Allah zu
und bittet Ihn darum das Beste fi.ir ihn zu w:ihlcn. Mit Sicherheit gibt es
nichts Schiidlicheres für den Diener als von den Gnadengaben von Allah
genug zu bekommen. Denn wenn sich der Diener in solch einem
Zustand beflndet, wird er sie nicht als solche erkennen und deshalb auch
nicht dankbar sein und sich über diese Gnadengaben nicht freuen. Er
wird die Gnaden gar tadeln, sich darüber beschweren und sie als
Schicksalsschlag erachten. Während dies zweifelsfrei eines der
erhabensten Gnaden ist, die Allah gew:ihrr, sind die meisten Menschen
gegenüber den Gnaden Allahs, die Allah ihnen gibt, feindlich gesinnt. Sie
sind sich nicht bewusst über die Gnaden, die Allah ihnen erteilt hat.
Zudem lehnen sie die Gnadengaben unwissender und unfairer Weise ab
und sträuben sich dagegen. Es gibt so viele Gnaden, die, wiihrend sie

434
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

dem Diener zuteil werden, von ihm mit seiner Ungerechtigkeit und
Unwissenheit vertrieben und vernichtet werden.

Allah (t) sagt:

„Dies, weil Allah niemals seine Gnade, mit der Er ein Volk begnadet
hat, ~indert, bis sie selbst das ~indem, was in ihrem Innern ist, und weil
Allah alles hört und weift" [Al-Anfol:53]

und

„Vor sich und hinter sich hat er Begleiter, die ihn auf Allahes Befehl
behüten. Allah verfüHlert nicht den Zustand eines Volkes, bis sie selbst \
ihren eigenen Zustand vedindern. Und wenn Allah einem Volk Böses
will, so kann es nicht zurückgewiesen werden. Und sie haben außer
Ihm keinen Schutzherrn." [Ar-Ra'd:11]

Es gibt niemanden, der den Gnadengaben ein größerer Feind ist als die
N{lfi des Dieners. Indem der Diener diese Gnaden anfeindet, unterstützt
er zweifelsfrei seine N1zfi.

Während sein Feind ihn auf Grund der Gnadengaben ins Höllenfeuer
wirft, pustet er selber die Kohle an, damit sie nicht wieder erlischt. So
fi.ihlt er sich sicher davor ins Feuer geworfen zu werden. Danach ist er
dem Feuer dabei behilflich, in dem er die Glut anpustet. Wenn die Hitze
435
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

und die Glut des Feuers richtig stark geworden sind, föngt er nun an um
Hilfe zu bitten, weil es brennt. Sein Ziel dagegen ist seine Auflehnung
gegen das Schicksal.

Die Schönheit des Antlitzes Allahs / Jamalullah

Eines der ehrenvollsten unter den Fiihigkeiten ist es Rabb (t)s Schönheit
zu kennen. Dies ist das Wissen der besonderen Leute unter den
Geschöpfen. Zweifelsfrei kennen alle von ihnen eines der Eigenschaften
Seiner Eigenschaften. Von ihnen ist bezi.iglich des Wissens, der mit dem
vollkommensten Wissen, derjenige, der die Vollstiindigkeit, die Gröge
und die Schönheit Allahs kennt. Es gibt nichts, was den erhabenen
Eigenschaften von Allah, dem Erhabenen, gleicht. Wenn du rein Hktiv
alle Menschen mit den Schönsten unter ihnen an einer Stelle
versammeln würdest und die innere und Iiugerc Schönheit von diesen
der Schönheit von Allah, dem Erhabenen, entgegen stellst, w:ire dies
zweifelsfrei wie der Vergleich einer ganz schwach brennenden Öllampe
gegenüber dem strahlenden Licht der Sonne.

Bezüglich der Schönheit des Antlitzes Allahs ist es ausreichend folgendes


zu sagen: Wenn sich Sein Angesicht nur um ein Schleier des Lichts
öffnen würde, so wi.irde es alles verbrannt und vernichtet werden, was das
Menschenauge sieht. Auch würde es diesbezüglich auch reichen, zu
sagen: Alle ersichtlichen und nicht ersichtlichen Schönheiten des
Diesseits' sind Meisterwerke, die von Allah erschaffen worden sind.Was
denkt denn der Diener über seine Schönheit, die Allah ihm gegeben hat?
Augerdem würde es auch reichen bezüglich Seiner Schönheit zu sagen:
Alles an Ehre, Stärke, Grogzi.igigkeit, Wissen und Vorzug gehören Allah.
Mit dem Licht Seines Angesichts würden sich alle Dunkdheiten erhellen.
Wie An-Nabi (sas) bezüglich der Dua desjenigen, der Tawaf macht,
sagte: ,,Ich suche Zuflucht im Licht des Angesichts desjenigen, Der für

436
Al-fowaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

den, der Tawaf macht die Dunkelheiten gänzlich erhellt und seme
Angelegenheiten in der Dunya und in der Akhira regelt." 115

Abdttllflh ibn lvltlSurl sagt: ,,Bei Allah gibt es weder Tag noch Nacht. Das
Licht der Himmeln und der Erde sind vom Licht Seines Angesichts.
Allah ist das Licht der Himmeln und der Erde. Am Tag der
Auferstehung, wo bezüglich dem Geschehenen geurteilt wird, wird der
Erdboden mit Seinem Licht aufleuchten."

Eines der schönsten Namen von Allah (j.j.) ist „Al-famil". Rasulullah
(sas) sagte: ,,Mit Sicherheit ist Allah schön und Er liebt das Schöne. 116
Die Schönheit Allahs besteht aus vier Stufen. Die Schönheit Seines
Wesens, die Schönheit Seiner Eigenschaften, die Schönheit Seiner
Handlungen und Seiner Namen. Alle Seine Namen sind die schönsten.
Alle Seine Eigenschaften sind vollkommene Eigenschaften. Alle Seine
Handlungen sind voller Weisheit und nützlich, gerecht und barmherzig.
Wenn wir nun zur Schönheit Seines Wesens und der Dinge, die damit
zusammenhängen, kommen, so kann sie keiner außer Ihm begreifen und
wissen.

Bei den Dienern dagegen gibt es bezüglich dieses Wissens keinerlei


Auskunft:. Nur Allah (t) teilt einiges an Informationen unter Seinen
Dienern dem mit, den Er möchte. Seine Schönheit ist vor Verfoderung
geschützt und mit Rida 117 und Izar 118 bedeckt. Über das was von Ihm
überliefert wurde, sagte Rasulullah (sas): ,,Der Hochmut ist Meine Rida,

115 Ibn Jarir machte dies in „Tarih"--2/344-3/4 5, von Muhammad Ibn Kab al-Kuradhi

tahric. Ibn-i Kasr belinmek dies in seinem Werk „al- bidaya van nihaya" -3/135-136.
Haysami dagegen sagte in seinem Werk „Majmaudh-dhavaid"-G/3536: ,,Diesen
Hadith überlieferte Tabarani. Im Sanad vom Hadith befindet sich auch Ibn Ishaq und
dieser ist mudalis vertrauenswiirdig, die anderen dagegen sind vertraucnswiirdig.
116 M uslim-91, überliefert durch Ilm Masud.

117 Ein Tud1/Stofl: dass das, was iiber der Giirtcllinie ist, bedeckt.

118 Ein Tuch/Stofl: dass das, was unter der Giirtcllinie ist, bedeckt

437
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

die Erhabenheit dagegen ist mein lzctr." 119 Wenn der Hochmut das
Erhabenste und das Größte wird, verdient es, den Namen Rida zu
erhalten. Denn Allah (j.j.) ist der Größte und Derjenige, der der Einzig
Erhabene ist, Er ist Aliy und Arlhim.

Ibn Abbcts sagt: ,,Sein Wesen ist mit den Eigenschaften und seine
Eigenschaften sind mit den Handlung bedeckt. Was denkt ihr also über
Seine Schönheit, die mit den vollkommenen Eigenschaften, mit
erhabenen und höheren Besonderheiten bedeckt ist?!"
Im Rahmen dieser Bedeutungen lassen sich einige Bedeutungen von der
Schönheit Seines Wesens erkennen. Zweifelsfrei erhöht sich der Diener
in Richtung der Fähigkeiten bezüglich der Handlungen zu den
Fähigkeiten der Eigenschaften, von den Eihigkeiten der Eigenschaften zu
den Fähigkeiten der Person. Wenn der Diener Zeuge der Schönheit der
Handlugen von Allah wird, so zeigt Er ihm dieses Mal mit der Schönheit
Seiner Eigenschaften ein Beweis für eine Sache. Danach zeigt Er mit der
Schönheit Seiner Eigenschaften ein Beweis für die Schönheit Seines
Wesens.

Daraus versteht sich, dass alles Lob Allah gebührt. Keiner Seiner
Geschöpfe kann das Lob auf Allah vollenden. Somit ist Er so, wie Er
Sich gelobt hat. Außerdem ist Allah derjenige, Der das Recht dazu
besitzt, dass Ihm gedient wird, Er (t) ist es, Der geliebt und Dem
gedankt wird. Allah (t) liebt Seine Nrifs, Er lobt und rühmt sie.
Zweifelsfrei ist die Liebe zu Ihm sowie die Tatsache, dass Er sich lobt
und rühmt und vereinheitlicht (eins macht) in Wahrheit die
Vervollständigung Seines Lobs, Seiner Lobpreisung, der Liebe und des
Tauhids. Denn das Allah (j.j.) Sich lobt, ist weit aus erhabener, als das
Lob der Geschöpfe. Zudem lobt Er (t) auch Seine Eigenschaften und
Handlungen. Somit sind alle Seine Handlungen schön und gelobt. Auch
wenn es unter Seinen Geschöpfe Dinge gibt, die Er verabscheut und
nicht mag, gibt es in Seinen Handlungen nichts, das verpönt ist und

119 Hadith sahih. Ahmad-7382. Überliefort durch Abu Huraira. Fiir die lange
Überlieferung im besagten Werk nachschlagen.
438
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

angefeindet wird. Alles, was (zwar) außer Ihm, jedoch um Seinetwillen


geliebt wird, ist erlaubt, findet sie hingegen nicht um Seinetwillen statt,
ist sie es nicht - und dies ist die wahre Bedeutung des Wortes
„Herrschaft oder Rububiya". Der wahre Herr, ist derjenige, der geliebt
und gelobt wird. Wie wäre es dann, wenn dazu die Wohltat Allahs, das
Gew~ihren der Gnadengaben, Seine Milde und die Tatsache, dass Er
erwidert und vergibt, Gutes tut und sich erbarmt, hinzukommt?
Demzufolge muss der Diener wissen, dass es keinen anderen Ilah gibt
außer Allah. Dass er Ihn fi.ir Sein Wesen und Seine Vollständigkeit liebt
und lobt. Außerdem muss er wissen, dass es keine Art der Gnaden - sei
es ersiclnlich oder versteckt - die von jemand anderem als Allah gewiihrt
werden. Da Allah gewiihrt und Gnadengaben gibt, liebt und lobt Ihn der
Diener. Er liebt Ihn aus beiderlei Gründen.

Mit Sicherheit gibt es nichts, was Allah ebenbürtig ist. Demzufolge kann
die Liebe des Dieners nicht so sein wie die Liebe von Allah. Sich ergeben
und lieben bedeutet Dienerschaft, die eigens für die Geschöpfe
erschaffen/bestimmt wurde. Die Dienerschaft bedeutet, dass man in
höchstem Maße liebt und sich in höchstem Maße ergibt. Und dies
gebührt nur Allah. Dies bezüglich ein Teilhaber zu sein, bedeutet Shirl,,
welches Allah niemals verzeiht und die Taten bei Allah nichtig macht.

Sein Lob beinhaltet zwei Grundlagen: Mit Lob und den vollständigen
Eigenschaften dies kundzutun und diese für Ihn zu lieben. Wer auch
immer ohne die Schönheiten von anderen kundtut ohne sie zu lieben,
hat nicht wirklich gelobt. Wer auch immer liebt ohne von den
Schönheiten des Betroffenen berichtet zu haben, der kann auch nicht
gelobt haben ... bis diese beiden Angelegenheiten zusammentreffen.

Allah (t) berichtet, indem Er Seinen eigene Nafi mit Seiner N1tfi lobt
auch über die Lobpreisungen der Engel, Propheten, Gesandten und der
gtiubigen Diener Ihm gegenüber. Demzufolge lobt Allah (j.j.) Seine
eigene Nafi mit Seiner Nafi und mit dem Lob der aufgezählten.
Zweifelsfrei ist die Lobpreisung von ihnen Ihm gegenüber mit der

439
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

Erlaubnis von Allah (j.j.) und auf Seinen Wunsch hin erfolgt. Denn Er
lobt denjenigen, der lobt, macht den Muslim zum Muslim, den
Betenden zum Betenden und den Taubtt machenden zum lauba
machenden. Die Gnadengaben kommen von Ihm und enden bei Ihm.
Die Gnadengaben kommen mit em Lob zu Ihm und enden bei Ihm mit
Seinem Lob. Er ist es, der den Ort der T1wb1t Seinen Dienern eingibt.
Wenn Seine Diener Tttubtt machen, freut Er sich sehr darüber. Und dies
kommt durch Seine Vorzüglichkeit und Seine Großzügigkeit. Er gibt
dem Diener ein, den Gehorsam Ihm gegenüber zu verriclw.:n und hilft
ihm dabei. Danach belohnt er ihn dafür. Dies kommt wiederum durch
Seine Vorzi.iglichkeit und Seine Großzügigkeit. Allah (t) ist von allen
Dingen reich und unablüingig. Alles ist mit jeder seiner Arten Ihm
gegenüber iiußerst bedürftig. Der Diener ist Seinem Wesen gegenüber
arm und befürfrig, solange er in den Mitteln und Zielen gegen Ihn ist.
Denn wenn er seinem Herrn gegenüber nicht so ist, so hat er diese Sache
nicht umgesetzt. Er wird für die Dinge, die er nicht für Ihn (j.j.) gemacht
hat, keinerlei Nutzen erhalten.

440
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah ist schön und liebt das Schöne

In der Überlieferung heißt es: ,,Ganz Gewiss ist Allah schön und Er liebt
das Schöne." 120 Dieser Hadith beinhaltet den Hadith, der die Pflicht zur
schönen Kleidung thematisiert.

Außerdem fließt hier die Allgemeinheit der Schönheit von allem, was
existiert, ein. Ein anderer Hadith lautet: ,,Zweifelsfrei ist Allah sauber und
Er liebt das Saubere." 121

Ein Hadith aus den „Sahih"-Werken lautet: ,,Ganz Gewiss liebt es Allah,
Seine Gnaden an dem Diener zu sehen". Laut einer anderen
Überlieferung, die von Abu 'l Ahwas ,tl-fushani berichtet wird, sagte
dieser: ,,Als An-Nabi (sas) sah, dass ich alte Kleidung trug, sagte er:
„Hast du Besitz?" Ich sagte: ,,Ja." Darauflün sagte er (sas): ,,Von welcher
Art?" Ich antwortete ihm: ,,Von jeder Art, die mir Allah (j.j.) gegeben
hat, von Kamelen und Schafen." Er (sas) sagte daraufhin: ,,Seine
Gnadengaben und das, was Er dir gewiihrt hat, sollen gesehen
werden." 122

Also will und liebt Allah es, dass das Werk Seiner Gnadengaben auf
Seinem Diener ersichtlich ist. Denn das, was Er liebt ist schön. Dies ist
außerdem ein Dank des Dieners bezüglich der Gnadengaben, was von
innerer Schönheit zeugt. Demzufolge möchte Allah (t) auf seinem
Diener die Gnadengaben als liußerliche Schnönheit und den Dank
demgegeniiber als innere Schönheit sehen. Eine andere Angelegenheit
bezüglich der Schönheit dessen, was Allah will und liebt, ist, dass Er auf
Seine Diener Kleidung und Schmuck sandte, womit sie ihr Äußeres

120 Muslim-91, Überliefon durch Ibn Masud.


121 Tirmidhi-2799, überliefet durch Sad ibn Abu Vaqqas. Tirmidhi sagte:" Dieser
Hadith ist eigenartig. Khalid Ibn Ilyas betrachtete ihn als schwach."
122 Muslim-! 015. Überliefert durch Ibn Masud.

441
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

verschönern können sowie T1tqwa, womit sie ihr Inneres verschönern


können. Er sagt:

„0 Kinder Adams, Wir haben auf euch Kleidung hinabgcsandt, die


eure Blöße bedeckt, und auch Prunkgew~inder. Aber die Kleidung der
Allahesfurcht, die ist besser. Das gehört zu den Zeichen Allahes, auf
daß sie es bedenken." [Al-Araf:26]

„So bewahrt sie Allah vor dem Unheil jenes Tages und IMh sie
strahlendes Glück und Freude vorfinden, Und Er vergibt ihnen dafür,
daß sie geduldig sind, mit einem Garten und mit Seide." [Al-Insan: 11-
12]

Er verschönert ihr Gesicht mit einem Strahlen, ihr Inneres mit Freude
und ihre Körper mit Seide. So wie Allah (j.j.) bei den Worten, den
Taten, den Kleidern und den Gruppen das Schöne liebt, liebt er bei den
Worten, den Taten, den Kleidern und den Gruppen die h:isslichen
Dinge nicht. Wiihrend Er das Hässliche und dessen Gefolgsleute
anfeindet, liebt er das Schöne und dessen Gefolgschaft. Allerdings hat
Allah (j.j.) zwei Gruppen in diesem Thema in die Irre geführt:

Y 1. Gruppe: Sie sagen:,,Alles was Allah erschaffen hat, ist schön. Er


liebt alles, was Er erschaffen hat. Wir lieben alles, was Er
erschaffen hat und wir sagen über nichts, dass wir es nicht
mögen." Außerdem sagen sie: ,,Jeder, der daran glaubt, dass die
Welt von Ihm ist, wird alles in dieser Welt als schön betrachten."
und folgendes Gedicht:

442
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

\Vom clu clie \Veit gflnz /dar siehst,


wird alles, was darin existiert, schön werden.

Außerdem haben sie die fcJlgenden Ayaat von Allah (t) als Beweis
hervorgebracl1r:

„Der alles, was Er erschaffen hat, gut gemacht hat. Zuerst


erschuf Er den Menschen aus Ton," [As-Sajda:7]

„Und du siehst die Berge: Du meinst, sie stünden fest, während


sie wie Wolken vorbeiziehen. (Es ist) das Werk Allahes, der alles
sorgfaltig gemacht hat. Er hat Kenntnis von dem, was ihr tut."
[An-Naml:88]

,,(Er), der sieben Himmel in Schichten erschaffen hat. Und du


kannst an der Schöpfung des Erbarmers kein Mißverhältnis
sehen. Wende deinen Blick zurück: Siehst du irgendeinen
Mangel?'' [Al-Mulk:3]

Laut ihrer Ansicht ist ein weiser Mensch jemand, der zu allem
uncingeschriinkt schön sagt und in diesem Universum nichts als
hässlich erachtet. Zweifelsfrei haben diese Leute in ihren Herzen
das Sich-Auflehnen für Allah, den Hass für Allah, die Feindschaft

443
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

für Allah, die Ablehnung der Glaubensverweigerer für Ihn, den


Jihad auf Seinem Weg und die Ausführung Seiner Strafen auf
ihnen, gefodert. Sie sagten über die Schönheit des Gesichts von
Männern und Frauen, dass dies von der Schönheit ist, die Allah
liebt. Manchmal haben einige Leute auch bezüglich dieses
Themas übertrieben und gedacht, dass Allah in diesem Abbild
(also der Schönheit des Gesichts) erscheint, dass Er die Gestalt
dieser Person annimmt. Dagegen sage die einheitliche
Verkörperung: ,,Dieses Abbild (Gesicht) ist ein Bild von den
Bildern Allahs" und bezeichnet dieses als „Al-lvl1ulhflhiru 'l-
/arnaliyy1t" (Die schönen Bilder von Allah).

Die Arten der Schönheit

>" In der zweiten Gruppe beflnden sich diejenigen, die ihnen


widersprachen und sagten, dass Allah, Der Erhabene, blof~e
äußerliche Schönheit im Ansehen herabsetzt. Er (t) sagt über die
Munaflqun:

„Und wenn du sie siehst, gefallen dir ihre Gestalten. Und wenn
sie sprechen, hörst du ihren Worten zu. Sie sind wie angelehnte
Bretter. Sie meinen, jeder Schrei sei gegen sie gerichtet. Sie sind
die (wahren) Feinde. Nimm dich vor ihnen in acht. Allah
bekämpfe sie! Wie leicht lassen sie sich doch abwenden!" [Al-
Munaflqun:4]

444
Al-bwaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

,,Wie viele Generationen haben Wir vor ihnen verderben lassen,


die sie in Ausstattung und Aussehen übertrafen!" [Maryam:74]

Also die Güter und die Bilder. Hasan sagt: ,,Hiermit sind die
Bilder gemeint." In Sahih-i-/vluslim heißt es 123 , dass Rasulullah
(sas) sagte: ,,Allah schaue nicht auf eure Schönheit und nicht auf
eure Güter. Er schaut nur auf eure HerLen und Taten."

Weiterhin sagen sfr folgendes: ,,So weit man weiss, hat Allah (j.j.)
nicht den Blick des Begreufcns, sondern den Blick der Liebe
abbestellt" Dies ergänzend sagen sie: ,, Allah (j.j.) hat uns das
Tragen von Seide und Gold verboten. Er hat uns auch das
Nutzen von goldenen und silbernen Gefößen verboten.
Zweifelsfrei werden diese zu den größten Schönheiten der Dunya
gcziihlt. Allah (j.j.) sagt:

„Und richte nicht gierig deine Augen auf das, was Wir einigen
von ihnen zur Nutznießung verliehen haben - das ist der Glanz
des diesseitigen Lebens -, um sie darin der Versuchung
auszusetzen. Der Lebensunterhalt, den dein Herr beschert, ist
besser und hat eher Bestand." [Ta-Ha: 131]

Im Hadith heißt es: ,,Bescheiden und genügsam zu sein, ist vom


lman." 1H Und Allah (t) tadelt die Verschwender. Somit ist es bei
der Kleidung genauso Verschwendung wie es beim Essen und
Trinken der Pall ist.
Bei dieser Auseinandersetzung und den unterschiedlichen
Ansichten kann man den U nterschicd folgendermaßen erklären:
Zuniichst einmal sind die Schönheiten bei den Arten, Kleidungen
und den Gremien drei: Die Gelobten, die Getadelten und die,
welche weder getadelt noch gelobt sind.

123 Nr.2564, Überliefen durch Abu Huraira.


12 ·1 Abu Davud-4161 und Ilm Maja-ltl 18. Überliefert durch Abu Umama.
445
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Gelobten (Schönheiten) sind diejenigen, die für Allah sind,


bei dem Gehorsam gegenüber Allah hilfreich sind, Seine Gebote
und Seine Befolgung zustande bringen. Genauso wie sich An-
Nabi (sas) schöne Kleidung anzog und sich schmückte, wenn er
vor die fremden Botschafter trat, die zu ihm kamen. 120 Die
Kriegsbekleidung, die man sich anlegt (Panzer etc.), wenn man in
den Kampf zieht, ist dem ~ihnlich. Sich im Krieg aufgrund ihrer
Pracht Seide anzuziehen ist ebenso. Denn dies zu machen; wurde
gelobt. Wenn dies gemacht wurde, damit Allahs Worte die
höchsten sind, Seine Religion den Sieg erlangt und Seine Feine
Hass gewinnen... Wenn wir nun zu den Getadelten
(Schönheiten) kommen, so sind dies jene, die der Dunyd und
dem Status, der Zurschaustellung, dem Hochmut und den
Begierden dienlich sind und das Ziel und der Wunsch des
Dieners sind ... Es scheint so, dass leider die meisten Menschen
keine anderen Wünsche auGer diesen erw/ihnten haben. Und
wenn wir nun zu dem Fall kommen, der weder getadelt noch
gelobt ist, so sind dies die Dinge, die von beiden Zielen weit
entfernt sind und keines der Ziele beinhalten.

Der vorhin erw~ihnte erhabene Hadith beinhaltet folgenden


Zweck: Es beinhaltet zwei groGe Grundlagen. Die erste ist
Fähigkeit/Wissen, die andere die Befi.>lgung.

Somit wird Allah, der Erhabene (j.j.), Dem nichts gleicht, mit
Schönheit gekannt und Ihm wird mit den Worten und Taten,
die Er liebt und mit der Schönheit des Akhlrtqs gedient. Somit
liebt Er, dass Seine Diener ihre Zungen mit der Wahrheit, ihr
Herz mit Aufrichtigkeit, Liebe, Nähe und Trtwrtqqul, ihre Organe
mit der Gehorsamkeit verschönern. AuGerdem liebt Er es, wenn
Seine Diener mit dem Tragen von Kleidern das Werk Seiner
Gnaden zeigen und wiederum für Ihn sich vom Schmutz, von

125 Dies zitierte Munavi in „Faydhul Qadir"--2/297-5/174.


446
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

U nreinhcitcn, Resten, schlechten Gedanken, der „Sunnah-


losigkeit" befreien, mit dem Schneiden der Niigel ihre Körper
reinigen, sich schmücken. Auf diese Weise hat der Diener die
schönen Eigenschafren Seines Herrn verstanden. Er gesteht dies
seinem Rabb mit schönen Handlungen, Worten und 1llchlttq.
Somit versteht er die Schönheit, welche beschreibend ist und mit
ihren Regclcn dient er Allah, dessen Religion die Schönheit ist.
Somit hat der Hadith die zwei Grundlagen zusammengefasst.
Wissen und ßdolgen.

Die Richtigkeit der Standhaftigkeit und der Taten

Es gibt nichts Nützlicheres fiir den Diener als mit der richtigen
Entschlossenheit zusammen in allen Angelegenheiten gegenüber seinem
Rabb aufrichtig zu sein und mit wahren Worten zu sprechen. Sei es in
der Entschlossenheit oder auch in seinen Handlungen, wird er somit
aufrichtig sein. Allah (t) sagt:

„Gehorchen (sollen sie) und geziemende Worte sagen. Wenn die Sache
beschlossen ist, dann w~ire es besser für sie, sie würden Allah gegenüber
aufrichtig sein." [Muhammad:21]

Zweifelsfrei war sein Glück, dass er Entschlossenheit zeigte und seine


Taten aufrichtig waren.

Die Korrektheit seiner Entschlossenheit bedeutet, dass der Entschluss


gesammelt wird, die Entscheidung definitiv ist und dass in der
Entschlossenheit keinerlei Bedenken vorhanden sind. Es bedeutet sogar,
dass darin kein bisschen an Bedenken vorhanden sein darf und nichts
beinhaltet, worin man etwas Tadelnswertes erkennen kann. Wenn er in
dem, was er sich fost vorgenommen hat, entschlossen ist, wird sich bei
447
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

diesem Diener die Aufrichtigkeit der Handlung verwirklichen. Hierbei


wird aufgrund der weite dieses Themas die Resignation sich ans Werk
machen. Mit Sicherheit wird die Entschlossenheit bei einer Sache von
einem schwachen Willen wegbringen. Die Aufrichtigkeit der
Handlungen wird eine Person von der Faulheit und des Überdrusses
entfernen. Wer auch immer in all seinen Angelegenheiten gegenüber
Allah aufrichtig ist, dem wird Er das, was Er anderen gibt, um ein
Mehrfaches geben. In dieser Aufrichtigkeit gibt es einen korrigierenden
Zweck, welche aus der Geradlinigkeit der Aufrichtigkeit und der
Geradlinigkeit des Tmuaqquls hervorgeht. Der Mensch, der am meisten
aufrichtig ist, gehört zu denjenigen, dessen Aufrichtigkeit und Tmurzqqul
am geradlinigsten ist.

Der Wille des Dieners

Allah hat einen Willen und bef1chlt Seinem Diener, der ebenfalls einen
Willen besitzt. Wenn Er Seinen Diener erfolgreich zu machen und mit
Seiner eigenen Nafs zu unterstützen wünscht, gibt Er ihm ein und der
Diener führt das aus, was ihm befohlen wurde. Wenn Er ihn nicht
erfolgreich macht und ihn seinem eigenen Willen und seiner N afa
überlässt, wird der Diener nur das wiihlen, wohin ihn seine eigene Nrzß
und seine menschliche Natur lockt. Aus diesem Grund hat Allah (j.j.) sie
in Seinem Buch getadelt. Gelobt wurden sie von Ihm nur dafür, dass sie
Muslime, lvlu 'rninrm, geduldig, gi.itig, wohltiitig etc. sind, was
zweifelsfrei mehr ist, als nur ein Mensch mit Willen zu sein. Ihr Wille ist
richtig, jedoch reicht dies allein nicht aus. Damit dies alleine ausreicht,
bedarf es einer weiteren Komponente, die dies unterstützt, niimlich des
Taufiqs.Genauso wie es nicht ausreicht, dass man mit dem Auge richtig
sieht, damit man etwas begreift. Damit dies ausreicht, ist ein weiterer
Grund nötig, nämlich das Licht des Verständnisses, dass das Begreifen
möglich macht.

448
Al-fowaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Besonnenheit und Größe Allahs

Zweifelsfrei ist der größte Dhulm und die gröfüe Unwissenheit, dass du,
obwohl das Herz forn von der Ehrerbietung und Lobpreisung Allahs fern
ist, von den Menschen Ehrerbietung und Lob wi.inscht. Damit, dass du
dies wi.inschst, hast du ein Geschöpf gelobt und erhöht. Obwohl Allah es
sehen möchte, dass du Ihn erhöhst, wirst du jemand sein, der sich selbst
erhöht sehen möchte ... !

Allah ( t) sagt:

„Was ist mit euch, daß ihr nicht von Allah erwartet, daß Er würdevoll
handelt," [N uh: 13]

Also behandelt ihr Ihn nicht so, wie ihr den behandelt, den ihr erhöht
habt? Der Tii/.:bir bedeutet: Herrlichkeit/ Größe. Die Ayat „Ihr erhöht
Ihn" ist in dieser Richtung.

H11s1m sagt: ,,Was ist mit euch los, dass ihr die Wahrheit für Allah nicht
kennt und Ihm nicht dankt?"
Jvlujahid dagegen sagt: ,, Ihr seht nicht die Herrlichkeit/Erhabenheit
eures Herrn."

Ibn Zriid sagt: ,,Ihr könnt die Gehorsamkeit gegeni.iber Allah nicht
sehen."

Ibn Abbas sagt: ,,Ihr kennt das Recht Seiner Herrlichkeit nicht."
Mit Sicherheit laufen all diese Etfauterungen auf ein Ziel hinaus, das da
lautet: Wenn sie Allah (j.j.) respektiert hiitten, das Recht Seiner
Erhabenheit gekannt hiitten, so h!itten sie Ihn als den Einen gesehen,

449
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ihm gehorcht und Ihm gedankt. Zweifelsfrei ist die Gehorsamkeit


gegenüber Allah, das Hüten vor der Auflehnung gegen Ihn und der
Scham vor Ihm, der Würde im Herzen entsprechend. Aus diesem Grund
sagten manche der StllrlfGelehrten: ,,Wenn man schamhafrig wird, wenn
der Name Allahs erwähnt wird, so wird durch das Gedenken an Ihn,
Allahs Erhabenheit in den Herzen erhöht werden. Zweifelsfrei ist dies
von der Würdigkeit Allahs. Von der Würde Allahs ist es auch, dass du
Ihm von Seinen Geschöpfen niemanden/nichts beigesellst. Nicht einmal
mit den Worten! Dies bedeutet, dass du sagst„Ich schwöre auf Allah und
das Leben", und nicht: ,,Es gibt für mich nur Allah und dich" oder
„Wenn du und Allah das so möchten". Es bedeutet, dass du Ihm in der
Liebe, im Respekt, in der Erhöhung und in der Gehorsamkeit nichts
etwas von den Geschöpfen beigesellst. Anderenfalls wirst du jemand sein,
der sowohl in den Befehlen als auch Verboten einem Geschöpf
gegenüber Gehorsam leistet, so wie es gegenüber Allah zu tun ist. Dies ist
sogar noch gefährlicher als das. Denn hier ist die Rede vom gröf~tcn
Dhulm und der Übertretung der Grenzen.

Geselle Allah auch nichts bei den Dingen wie Furcht und Hoffnung bei!
Wer sich gegen Ihn stellt, den wird Er als wertlos bemessen, sein Recht
als niederträchtig erachten und keine Toleranz walten lassen. So jemand
wird die Tugenden nicht beachten und vor Allah das Recht der
Geschöpfe stellen. Allah und Sein Gesandter (sas) werden auf der einen
Seite und in einer Richtung für ihn sein und die Menschen auf der
anderen Seite. In ihm werden sich eine Grenze und ein Teil befinden, wo
sich die Menschen befinden. Er wird sich nicht an der Grenze und an
dem Teil befinden, wo sich Allah und Sein Gesandter (sas) bdlnden.
Wenn er gesprächig wird, so wird er dem Geschöpf nicht sein Herz und
seinen Verstand geben, bei der Dienerschaft wird er Allah seinen Körper
und seine Sprache geben, aber nicht seine Herz und seine Seele. Die
Hoffnung seiner Nttfl wir er nicht für die richtige Hoffnung einsetzen, er
wird sich nicht für seinen Rabb in Bewegung setzen.

450
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Dies alles kommt davon, dass sich im Herzen des Dieners die Gravität
Allahs nicht befindet. Wer auch immer so sein sollte, dem wird Allah,
der Erhabene (j.j.) nicht die Würde und die Größe in sein Herz legen.
Im Gegenteil wird Er die Würde und die Größe seinem Herzen
entziehen. Wenn man jedoch auf Grund der Angst vor Seiner Strafe
Allah erhöht und würdigt, so ist diese Würde eine verhasste Wiirde,
nicht die geliebte und eine respektierte. Eines der Würden von Allah ist,
dass man auf Grund dessen, dass Er i.iber die Geheimnisse und
versteckten Dingen Seiner Diener informiert ist und auch die h~isslichen
Dinge an ihm sieht, Scham ausübt. Außerdem ist eines seiner Würden
folgendes: Die Scham vor Allah, wenn der Diener ganz alleine ist größer
als die Scham, wenn er neben erhabenen Persönlichkeiten steht.

Kommen wir nun zum Zweck des Ganzen: Wie kann jemand, der nicht
Allah, Sein Wort, das Wissen, dass Er gibt und Seine Weisheiten erhöht,
verlangen, dass die Menschen Ihn erhöhen und ehrerbieten? Zweifelsfrei
sind der Quran, das Wissen und die Worte Rasulullahs (sas), sind
RatschHige, Erinnerungen und ein Schutz vor den Verboten. So ist das
Altern ein Faktor, dass dich von der Dunya entfernt und davon abhält.
Es ist ein Ratgeber für dich. Wie kann es dann sein, dass dir ein
Ratschlag und ein Beispiel nicht nützlich sein können! Warum wendest
du dein Gesicht ab, wenn man dir von einem Ratschlag berichtet!
\
Zeitgleich möchtest du aber, dass andere dich loben und erhöhen. Du
bist in einer Blockade an Schicksalsschl~igen, bei dem kein Beispiel und
keine Predigt helfen können. Du möchtest von jemand anderem als
Allah beratschlagt werden, blickst auf die Schicksalsschläge und wirst
entbehrt von dem Rat Allahs. Du siehst nicht jene, die Beispiele geben,
möchtest jedoch, dass andere sehen, was du an Beispielen vorführst. Wer
auch immer die Beispiele, die Ergebnisse und die Ayaat bezüglich
anderer Menschen sich angehört hat, ist zweifelsfrei bezüglich anderer
Menschen nicht wie jemand, der mit seinen Augen ganz klar sieht. Wie
ist dann also jemand, der diese Dinge in seiner eigenen N,ifs vorfindet?

451
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Wir werden sie an den Horizonten und in ihnen selbst unsere Zeichen
sehen lassen, bis es ihnen deutlich wird, daß es die Wahrheit ist.
Genügt es denn nicht, daß dein Herr Zeuge ist über alle Dinge?"
[Fussilat:53]

Seine Ayaat werden in den Himmeln vernommen und gekannt. In der


Nafs einer Person dagegen wird sie bezeugt und erkannt. Ich suche
Zuflucht bei Allah davon dessen i.iberdri.issig zu sein. Allah (t) sagt:

,,Siehe, Allah gehört, wer in den Himmeln und wer auf der Erde ist.
Gewiß folgen diejenigen, die anstelle Allahes Teilhaber anrufen, ja sie
folgen nur Vermutungen, und sie stellen nur Schätzungen an. Er ist es,
der euch die Nacht gemacht hat, damit ihr in ihr mht, und den Tag, an
dem man sehen kann. Darin sind Zeichen für Leute, die hören."
[Yunus: 66-67]

„Würden Wir auch zu ihnen die Engel hinabsenden, würden die Toten
auch zu ihnen sprechen und Wir alle Dinge vor ihren Augen
versammeln, sie würden unmöglich glauben, es sei denn, Allah will es.
Aber die meisten von ihnen sind töricht." [AI-Anam: 111]

452
Al-fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Jemand, der Trwflq besitzt und klug ist, wird etwas anderem als diesem
einen Wert geben. Er wird die Miingel seiner Fitra (natürliche
Veranlagung) mit Akhlt1q und der Tugend seiner Taten vervollständigen.

Jedes Mal, wenn sein Körper mit einer neuen Prüfung konfrontiert wird,
hinterlässt es in seinem Immz eine Spur. Wenn in seinem Körper eine
Stelle stiirker wird, so wird auch sein lmlln, Yllqin und die Sehnsucht zu
Allah und dem Tag der Akhim sr:irker. Wenn es nicht so sein sollte, dann
wiire der Tod für ihn besser. Denn rnit dem Tod wird dieser Diener ab
einer bestimmten Grenze von Kummer und Übel abgeschnitten und
bleibt bei diesem stehen. Mit einem langen Leben wiire es genau das
Gegenteil in Bezug auf seine l;ehler und Schiindlichkeiten. Denn dass der
Diener in diesem Zustand lebt; ist ein Zeichen dafür, dass sein Leid,
seine Sorgen, Trauer und ßedriingnisse sich vermehren werden.
Zweifelsfrei muss der Diener, wenn sein Leben lange dauern sollte, damit
dieses schön und nützlich ist, sich ein Beispiel am genannten nehmen
und dies korrigieren. Der Diener muss seine Möglichkeiten gut nutzen
und die aufrichtige, innige liwba machen. So wie Allah'u (t) sagt:

1 .J
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~, -1 UA-"-1 - •~ wL:...:::i •1- • : ti;. : i ~ - ,: .,. : ~ .L • -: • , -b..
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.. ~ ~ ~ - JSJ ~- r . .J J-' (.JA-~- J-' ~ ,yu..i d

„Und sie schreien darin: «Unser Herr, laß uns herauskommen, so \


werden wir Gutes tun und nicht das, was wir zu tun pflegten.» -
«Haben Wir euch nicht so alt werden lassen, daß jeder, der es hätte
bedenken wollen, es hätte bedenken können? Und ist nicht der Warner
zu euch gekommen? So kostet (es) nun. Die, die Unrecht tun, haben
keinen Helfer.»" [Fatir:37]

Wenn er sein langes Leben, dass er gelebt hat, nicht dazu genutzt hat um
nützliche Dinge zu verrichten, über Allah nachzudenken, Leistungen zu
erbringen, um seine Nafs im Sinne des Guten beständig zu stimmen ,
mit seinem Herzen dieses Leben nicht begriffen hat, den darin
befindlichen Gnadengabcn nicht bewusst wurde, so bedeutet dies, dass in
seinem Leben nichts Gutes vorhanden ist. Denn der Diener hat sich nun

453
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

einmal bereits auf die Reise begeben; entweder auf dem Weg ins Paradies
oder ins Höllenfeuer. Wenn sein Leben lange dauern sollte und er die
schönen Sachen verrichtet, so wird sich seine Reise um die Genüsse und
die Gaben erlangen zu können, vermehren. Wenn er seinen Weg in diese
Richtung verliingert, so wird seine Freude höher und erhabener werden.
Wenn sein Leben jedoch lange dauern, seine Taten jedoch schlecht sein
sollten, er schlechte Taten begehen sollte, werden sich auf seiner Reise,
sein Leid und seine Bedrängnisse vermehren. Er wird zu den niedersten
Orten weiter voranschreiten. Zweifelsfrei wird sich ein Gast entweder
erhöhen oder erniedrigen, genauso wie es in einem nwdi1 Hadith lautet:
„Der beste unter euch ist derjenige, dessen Leben lange dauert und er
darin schöne Taten verrichtet. Der iibelstc unter euch ist derjenige,
dessen Leben lange dauert und er darin schlechte Taten begeht. " 126

Wenn eine Person sich etwas aufrichtig wünscht, wird er jedes 1v1al,
wenn in ihrem Wesen etwas zerstört wird, sich dazu begeben ihr Herz
und ihre Seele zu verbessern /reparieren. Jedes Mal, wenn sich in der
Dunya etwas verringert, wird sie dies zu seinem Anteil/Redn in der
Akhira zählen. Wenn sie von einem Genuss der Dunyrz abgehalten wird,
so fügt sie diesen zu den Genüssen der Ahhim hinzu. Jedes Mal wenn sie
den Bedrängnissen, der Trauer, Trübsal oder Unruhe verfallt, ziihlt sie
dies ebenso zu den Freuden der Ahhirrt hinzu. Wenn sich bei einem
Diener das Bewusstsein bezüglich der Stellung seines Körpers, seiner
Dunya, seiner Genüsse und der Mangel seines Status' mehren sollte und
dies bei ihm nicht zur Schaustellung und zur Augendienerei führt, so
werden diese Dinge für ihn zu einer Barmherzigkeit und etwas Gutem.
Anderenfalls wird das Ergebnis die Entbehrung von diesen Dingen sowie
äußerliche/ersichtliche und innerliche/nidn ersichtliche Sünden oder die
äußerliche und innerliche Abwendung von einer Pflicht sein. Denn die
Tatsache, dass man von dem Guten der Dunyrt und der A/.:hirrt entbehrt
wird, basiert auf diesen vier Angelegenheiten. Der Erfolg ist von Allah.

126Der Hadith ist hasan. Dies hat Ahmad mit einer schwachen lsnad iiberliefcn.-
20415. Für die lange Überlieferung im aufgeführten Werk nachschlagen.
454
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Das Leben ist der Weg des Gastes

Die Menschen sind seit ihrer Erschaffung G~iste und es gibt keinen
anderen Ort, an den man gelangen kann, außer dem Paradies oder dem
Höllenfeuer. Ein kluger Mensch weiss, dass der Weg mit Schwierigkeiten
und Gefahren umzingelt ist. Normalerweise wäre es unmöglich, dass er
in dieser Etappe seines Lebens die Gaben hiervon, die Genüsse und die
Ruhe möchte. Diese können nur arn Ende der Reise erreicht werden.
Man weiss, dass jeder Schritt, der gegangen wird und jede Strecke, die
auf dem Weg zurückgelegt werden muss, ihn nicht aufhalten wird. Nur
derjenige, der sich verpflichtet, kann stehen bleiben. Bekannterweise ist
auch dieser Verpflichtete ein Gast und muss, damit er am Ziel ankommt
und an seinen Proviant gelangt, auf bestfü1dige und gelassene Weise auf
dem Weg voranschreiten. Wenn er schtifr, sich ausruht oder sitzen
bleibt, muss er (wieder) seine Fiifse für den Weg/ die Reise in Bewegung
setzen.

Observation

\
Laut den weisen Leuten, bedeutet das Sich-Besch~iftigen mit der
Obervation, in Wirklichkeit stehen zu bleiben. Denn wenn der Diener
die Zeit, die er für die Observation aufbringt, nutzen wi.irde, um
ersichtliche/verborgene Taten zu vollbringen, die Kenntnis über Allah zu
mehren oder hinsichtlich des Wissens fortzuschreiten, so wäre dies gewiss
vorziiglicher.

Denn er wird in der Form der Tat, Eihigkeit, der Bemühung und dem
Willen eines sanftmütigen Menschen erweckt werden. Auch sein Körper
wird in der Form seiner guten oder schlechten Taten erweckt werden.
Wenn er sich selber von diesem Leben zurückzieht, wird er dieser
Wahrheit ein Zeuge werden. So nah dein Herz zu Allah steht, so sehr
wirst du dich von den Menschen und der Freundschaft zu ihren

455
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Positionen entfernen. In dem Ausmaß, in dem du deine Geheimnisse


und deinen Willen schützt, wird Er (j.j.) dich beschützen. Das Maß
hiervon ist dabei zunächst einmal ein stabiler Trwhid und danach eine
stabile Tat. Bewahre dich auf jeden Fall davor, dass Die Angelegenheiten
der Dunya und der Menschen sich in deine Richtung lenken und dass sie
dich für ihre Zwecke als Werkzeug nutzen! Denn dies ist ein großes
Unheil.

Orte, an denen der Sheytan den Menschen zum


Verhängnis wird

Jeder Mensch, der einen Verstand besitzt, weiss, dass Sheytrtn nur mit
diesen folgenden drei Dingen den Mensch befallen und durcheinander
bringen kann:

1. Wenn Sheytan dich bei den Überflüssen und in den


Verschwendungen besiegt: Zweifelsfrei überschreitet der Diener
seinen Bedarf an einer Sache und es bilden sich Überschüsse. Das
ist es, was Sheytan möchte und der Eingangsort, von wo er das
Herz einnimmt. Der Weg um sich davon zu befreien dagegen ist:
Von all deinen Wünschen, sei es Essen, Schlaf, Genuss oder die
Gemütlichkeit zu kiirzen. Wann auch immer du diese Türe
schließst, wirst du vor deinem Feind sicher sein.

2. Wenn Sheytttn dich bezüglich der Unachtsamkeit besiegt:


Ein Mensch, der gedenkt, befindet sich in der Festung des Dhila.
Wann immer er unachtsam wird, so öffnet sich die Türe der
Festung und der Feind wird sich ins Innere begeben. Entweder
wird er ihm Schwierigkeiten bereiten oder ihn dazu zwingen die
Festung zu verlassen.

456
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

3. Wenn Sheytrtn dich besiegt, in dem er dir alle möglichen Güter


anbietet.

Der Weg der Befreiung

Wer auch inuner Allah und die Akhira erreichen und alles an Wissen,
Geschick, Autorit;it erlangen möchte, um in der Umsetzung/Befolgung
davon der Vorderste/Beste zu sein, muss mutig, autoritär und
beherrschend gegenüber seinen Vorstellungen und kontrolliert gegeniiber
seinen Wünschen sein, sich allem entsagen, verliebt sein in das, was er
befolgt, den Weg dahin zu kennen sowie die Faktoren, die diesen Weg
behindern. Der Ausgangsort dieser Wünsche muss im Herzen beständig
sein. So eine Person wird niemanden, der sie tadelt, ernst nehmen und
ihren Wunsch hochloben. Sie wird stets ruhig sein und
reflektieren/nachsinnen. Sie wird sich nicht dem Genuss des Lobes
neigen und auch nicht dem Schmerz des Tadels ... ! Allah (j.j.) wird ihr
mit Seiner Hilfe die Dinge, die sie benötigt, gewähren. Auflehnungen
dagegen werden ihr nicht schaden. Zweifelsfrei lautet hierbei das Motto
die Geduld. Die Gemütlichkeit dieses Dieners ist die Ermüdung, er liebt
den schönen Ahhlllq, schützt seine Zeit, indem er sie nützlich verwendet.
Mit den Menschen hegt er auch nur deswegen eine innige Beziehung,
um sie vor den V erboten zu hüten.

Genauso wie ein Vogel, der nach seinen Körnern Ausschau hält und
dabei seine Nafs mit Hoffnung und Furcht schützt und darauf hofft,
unter seiner Art speziell zu sein. Er wird nichts aus seinen eigenen
Emtionen heraus senden und nichts von dem, was ihm im Universum an
schlechten Ideen und Gedanken in den Sinn kommt. Der Wendepunkt
von all diesen Dingen ist, dass er von den Faktoren, welche ihn vom
Guten abhalten, fernbleibt. Er muss die Hürden, welche sich zwischen
ihn und seine Wünsche stellen, abreißen. Man sagt/das Volk sagt: Ein

457
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Benehmen zu haben, das verdeckt ist, ist besser, als ein Benehmen, dass
man in der Öffentlichkeit verliert.

Die vorzüglichste Art Allahs zu gedenken

Manche derer, die Allah gedenken, fangen an - auch wenn sie sich im
Zustand der Unachtsamkeit befinden -Allahs mit der Zunge zu
gedenken. Danach fahren sie hiermit fort, bis sie in ihrem Herzen bereit
und dem Dhikr zutr~iglich sind. Manch einer sieht das nicht und der
Dhikr beginnt für ihn während er sich im Zustand der Unachtsamkeit
befindet. Bis sein Herz bereit ist, findet er dennoch die Ruhe und auf
diese Weise beginnt er auch mit seinem Herz mit dem Dhila. Wenn dies
stärker wird und er den Dhila an seine Zunge gebunden hat, so wird
alles andere zutdglich werden. Kommen wir nun zum ersten Beispiel.
Hier geht der Dhikr von der Zunge zum Herzen i.iber, beim zweiten
Beispiel gelangt es vom Herzen zur Zunge, sodass sein Herz nicht weit
entfernt davon ist. Vielmehr findet es bereits vorher Ruhe, solange bis
derjenige, der den Dhikr spricht, dessen Gegenwiirtigkeit ganz klar spürt.
Wenn er dies so empfindet, fängt er an mit seinem Herzen zu sprechen.
Da nun sein Herz spricht, geht er dazu über mit seiner Zunge Allahs zu
gedenken. Anschließend umfasst dieser Zustand alles an ihm, sodass jede
Stelle des Dieners anfängt den Dhikr zu verüben. Der nützlichste und
bekömmlichste Dhikr ist zweifelsfrei der Dhi/.:r, dem das Herz und die
Zunge einwilligen. Außerdem ist dies zeitgleich der Dhila der Propheten.
Hierzu ergänzend wird der gedenkende Diener den Sinn und den
Zwecke dieser Dinge bezeugen.

458
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die nützlichsten und schädlichsten Menschen

Der nützlichste Mensch für dich ist -bis du in Bezug auf ihn Gutes säst
oder ihm Gutes tust - derjenige, der dich vor seiner N1ifi in Sicherheit
bringt. Zweifelsfrei ist dieser darin, dir nützlich zu sein und dich zur
Vollsdndigkeit zu führen, ein guter Helfer. In Wirklichkeit bedeutet es,
das du von ihm einen Nutzen ziehst und er von dir einen Nutzen zieht,
ja sogar darüber hinaus ... ! Der schiidlichste unter den Menschen
dagegen ist - bis du dich sogar über ihn bei Allah beschwerst - jemand,
der dich vor seiner Najs nicht in Sicherheit bringt und keinen Nutzen für
dich möchte. Somit ist dieser ein sehr schlechter Helfer darin, dich in
Schaden zu führen und zum Grund für einen Mangel an dir zu werden.

Der verbotene Genuss

Wenn ein verbotener Genuss genutzt wird, wenn man mit der
Abscheulichkeit innig geworden ist, wenn diese genutzt worden und
fertig sind, wird das Leid erheblich zum Vorschein treten. Wenn dich
diese Dinge dazu einladen, die Angelegenheiten, die verboten sind,
abzureissen, da die Abscheulichkeiten und das Leid sonst bleiben werden,
so denke gut darüber nach! Danach solltest du beide Angelegenheiten
einmal abmessen und abwiegen und dir die jeweiligen Unterschiede
zwischen ihnen einmal ansehen.

Die Erschöpfung durch den Gehorsam bedeutet zweifelsfrei, dass man


mit der Schönheit innig geworden ist. Dies bringt den Genuss und den
Frieden zum Vorschein. Wenn dies der N1ifi schwerfällt, so denke gut
dari.iber nach, dass die Erschöpfung abgebrochen wird und aufhört und
der Genuss und die Freuden davon bleiben und wiege beides
gegeneinander auf. Denke gut darüber nach und messe und wiege
zwischen beiden Angelegenheiten ab! Macht euch auf den Weg, in dem
ihr das Bevorzugte vor das Nicht-Bevorzugte stellt! Wenn du wegen eines

459
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Grundes Leid erfahren solltest, so betrachte die Annehmlichkeiten, die


Freude und den Genuss, der aus seinen (des Leides) Gri.inden resultierte.
Du wirst erkennen, dass dies viel leichter fi.ir dich sein wird, als das,
womit du es verglichen hast. Wenn du Leid erfahrst, in dem du die
verbotenen Genüsse verlässt, denke über das Leid nach, welche es nach
sich bringen wird und vergleiche zwischen den beiden und wiege ab!

Während ein Verstand, der richtig arbeitet, zwischen beiden nützlichen


Dingen das nützlichere wählt, wird er vom Leid, dessen Leid vermutlich
am geringsten ist, das wählen, was das kleinste Leid darstellt. Um Die
Gründe und die Notwendigkeit davon zu erkennen und um das Beste zu
nehmen und das Nützlichste zu wählen, benötigt man einen Verstand.
Wer also demzufolge auch immer bei seinem Vergleich seinen Verstand
und sein Wissen genutzt hat, wird das bekommen, was am
tugendhaftesten ist und dies weiterhin beobachten. Wer auch immer
davon entbehrt sein sollte oder von einem Verstand oder Wissen
entbehrt ist, wird das Gegenteil davon wiihlen und nehmen. Wer auch
immer in Bezug auf die Dunya und die Angelegenheiten der Akhir,t
nachsinnt, wird verstehen, dass eine Person beide Angelegenheiten nur
mit Schwierigkeiten erlangen kann. Also soll er für das Gute und für die
Beständigkeit beider Gnadengaben, diese Schwierigkeit auf sich nehmen
und ertragen.

In jedem Organ befinden sich Gebote und Verbote

In den Organen/Körperglieder des Dieners befinden sich für Allah (j.j.)


Gebote und Verbote. Für Ihn befinden sich in allen Körpergliedern
Gnadengaben, Vorteile und Genüsse. Wenn fi.ir Allah in den
Organen/Körpergliedern ein Gebot ausgeführt wird und man sich für
Ihn von einem Verbot ferngehalten hat, so hat der Diener zweifelsfrei in
allen Körpergliedern für die Gnadengaben, die Er in alle Körperglieder
gelegt hat, Dankbarkeit gezeigt und seinen Nutzen und seinen Genüsse
vervollständigt. Wenn jedoch die Gebote und Verbote von Allah (j.j.)
460
Al-fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

nicht eingehalten wurden, so wird Allah genauso wie Er keinerlei Nutzen


für dessen Körpergliedern geben wird, ihn in die größten Katastrophen
führen, in denen er großen Kummer und großen Schaden erleiden wird.
In den Körpergliedern findet man auch zu jeder Zeit die Dienerschaft,
mit der man sich Allah niihern kann und die man für Ihn nach vorne
stellt. Wenn der Diener diese Zeit mit der Dienerschaft zu Allah
verbringt, so hat er die Zeit für Ihn nach vorne gestellt. Wenn er sich
jedoch mit seinen Gelüsten, Annehmlichkeiten oder mit der
Verwahrlosung beschiifrigt hat, so hat er die Dienerschaft zu seinem
Herrn verschoben. Somit stellt der Diener die Dienerschaft entweder
vorne an oder er verschiebt sie. Sclbstversdndlich gibt es auf diesem Weg
keine Siiumnis. Allah (t) hat gesagt:

,,Für jeden von euch, der vorankommen oder zurückbleiben will." [Al-
M uddathir:3 7]

Die Gruppierungen des Paradieses und der Hölle

Allah (t) hat diesen Geschöpfen die Gebote und Verbote und auch das
Geben und Vorenthalten auferlegt. Somit hat sich die Schöpfung in zwei
Gruppen geteilt:

1. Sie verlicf~en Seine Gebote und begingen die Verbote, sie waren
undankbar gegenüber dem, was Er ihnen gegeben hat und waren
unachtsam. Weil Er ihnen vorenthielt, wurden bei ihnen
Gehiissigkcit und Reue sichtbar. Zweifelsfrei sind das die Feinde
Allahs. Aufserdcm verhiilt sich die Feindschaft von ihnen
proportional im V erldtnis zu ihren Eigenschaften.

2. Das sind diejenigen, welche sagen: ,,Wird sind nur Deine Diener,
wenn Du uns gebieten solltest, so werden wir sofort Folge leisten,
461
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

wenn Du uns verbieten solltest, werden wir uns davor hüten das
Verbotene zu begehen und wir werden unsere N(ljs nicht zu
diesem Verbot hinschleifen. Wenn Du uns gibst, loben wir Dich
und sind dankbar und wenn du von uns vorendialren solltest, so
werden wir Dir trotzdem mit Demut gedenken." Zwischen ihnen
und dem Paradies befindet sich lediglich der Schleier des Lebens
in Duny11. Wenn der Tod diesen Schleier für sie zerreißt, so
werden sie die Gnadengaben, worin sie wohnen werden und die
Freuden erlangen. Genauso befindet sich nur der Schleier des
Lebens zwischen der vorangegangenen Gruppe (den Feinden
Allahs) und dem Feuer. Wenn der Tod diesen Schleier zerreißt,
werden sie der Trauer und dem Schmerz verfallen.

So siehe nach zu welcher Gruppe du selber neigst und mit wem du


zusammen sein möchtest, wenn die Heere der Dunya und der Akhirtl in
deinem Herzen arbeiten und wenn du wissen mödnest zu welcher
Gruppe du gehörst. Es ist so, dass es nicht möglich ist, dass wenn du
zwischen diesen beiden Herren stehst, du weder zu dem einen noch zu
dem anderen gehst. Es ist die Rede davon, dass du auf jeden Fall zu
einem dieser beiden Heere gehörst. Die Gruppe im Paradies: Obwohl
ihre Gelüste sie anstacheln, stellen sie sich gegen sie. Dies machen sie mit
einem schönen Verstand und auf eine gerade Weise lösen sie dies mit
einer verni.infrigen Beratung. Indem sie über das nachdenken, was für sie
erschaffen wurde, verzichten sie mit ihren Herzen und indem sie die
Dinge, welche ihnen geboten wurden verrichten, verzichten sie mit ihren
Organen. Sie verbringen ihre Zeit, indem sie mit der Akhirfl ihre
Tragweiten bemessen. Auf diese Weise, noch bevor der Tod
kommt/während sie noch auf der Duny(l sind, begeben sie sich daran
ganz schnell Taten zu verrichten.

Obwohl ihre Herzen auf der Dunytt Giiste sind, wohnen sie darin und
wünschen sie sich als Heimat bevor sie in die Akhira übergehen. Bis zu
ihren letzen Bedürfnissen hin, gilt ihre ganze Aufincrksamkcit Allah und

462
Al-hlwaid von Sheikh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

Ihm zu dienen. Dem Status ihrer Alihirrt entsprechend bereiten sie das
Proviant für die 11/.:hirrt vor. Diesen Dienern wird Allah (t) Seine
Paradies-Gaben mit Eile geben, außerdem wird Er ihnen die Winde des
Paradieses mit Eile zuteil werden lassen. Dies macht Er, indem Er ihnen
eine Freund ist, Sich ihren HerLen zuwendet, ihre Herzen zur Liebe zu
Ihm sammelt, für die Begegnung mit Ihm sie freudig stimmt und indem
Er mit Seiner Niihe ihnen Gaben gewiihrt. Gleichzeitig hat Er ihre
Hei-1,en von den Herzen entfernt, die in sich die Liebe zur Dunya
beherbergen und betrübt und traurig darüber sind, dass die Dunya
vergehen wird, Angst davor haben und in ihrer Traurigkeit ertrinken.
Dies sind Personen, die wii.lrn.:nd die Despoten mit ihnen hart umgehen,
sie weich zu ihnen sind und obwohl die Unwissenden ihnen gegenüber
fremd sind, ihnen mit Freundschaft begegnen. Zweifelsfrei verlangen
ihre Körper nach der D1111yrt, jedoch wollen ihre Seelen die erhabensten
Dinge.

Die Eigenschaften des Tauhids

Der Tauhid ist das huldreichste, anst;indigste, das sauberste und das
reinste Thema. Der Gebrauch, die Wirkung und die Spaltungen, welche
ihn beeinflussen, sind so wie ganz kleine Spuren. Genauso wie ein ganz
kleiner Punkt auf einem ganz weißen Kleid. Es ist wie ein ganz kleiner
grober Punkt auf einem glatten Spiegel. Aus diesem Grund kann ein
ganz kleiner Moment, ein kleines Wort und eine ganz heimliche Shahw11t
den Tauhicl zerrüttcln. Demzufolge muss dessen Besitzer diese
aufkommenden Spuren von der Wurzel aus lösen, anderenfalls werden
sie stärker und sich in sein Naturell schleichen. Von da an wird es sehr
schwer werden, diese von sich zu reißen und zu lösen. Wenn wir nun zu
den Spuren und zum Naturell kommen, die zum Vorschein kommen, so
können manche von ihnen schnell zum Vorschein kommen auftreten
und ebenso schnell wieder verschwinden. Manche können ganz schnell
auftreten, verschwinden jedoch nur ganz langsam. Manche treten nur
ganz langsam auf und verschwinden auch nur ganz langsam. Jedoch gibt
463
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

es unter den Menschen solche, deren Tauhicl groß und erhaben ist. l\!Iit
diesem Tauhid treiben diese eine Menge Spuren von sich fort. Genauso
wie eine große Wassermenge eine ganze kleine Unreinheit und Schmutz
wegtreibt. Bei diesem Tiwhid ist es nicht möglich, dass Spuren
zurückbleiben. Wer sich außerhalb dieses Tcwhid befindet, hat einen sehr
schwachen Tauhid. Wenn er die Schwäche seines 7iwhids demjenigen
gegenüberstellt, dessen Tcwhitl erhaben und groß ist, so wird er aufgrund
der Wirkung auf ihn von demjenigen, der den großen Ttwhid besitzt,
von nun an ohne dass eine Spur entsteht, den Zustand desjenigen mit
dem großen Tauhid annehmen. Somit kommt dies zum Vorschein.

Während es auf einem sauberen Ort Porositfüen geben kann, die zum
Vorschein kommen, können auf einem Ort, der nicht sauber ist, die
vorhandenen Porosit~iten nicht zum Vorschein kommen. Somit wird er
dies, indem er jemand anderen findet, beseitigen. Denn er wird dies
nicht verstehen können.
Außerdem wird jemand, der viele gute Taten verrichtet und mit den
Sünden kämpft, eine Person, die diese Sünden begeht und all das Schöne
nicht besitzt, mit dem, womit er nicht geduldet wird, dulden.

Wenn er zum Liebsten lwrmnt, wenn er eine Sünde btgeht,


W1erden seine Schönheiten (gute Taten) Tausend Fürbitten rnitsich
bringen. u 7

Zeitgleich: Der innige Wunsch, der starke Wille und eine mangclfreie
Ergebenheit vertreiben diese Störfaktoren und fremde Spuren

127 Zunächst einmal kann man keine Sünde als klein betrachten. Dies würde ohnehin
eine Person von der Religion entfernen. Dies ist im Gedicht nicht so gemeint. Das was
im Gedicht erktirt wird, ist folgendes: Weil diese Persern nicht wie jemand ist, der
fortwährend Sünden begeht, bereut er aufrichtig, sofern er siindigt und bittet um
Vergebung ... Mit der Erlaubnis Allahs macht er sich sofort daran die Dinge, die ihn
von der Sünde befreien können, also ein Werkzeug sind (so wie die T(luba), zu
verrichten. Er ist nicht wie jemand, der viele Sünden begeht und sich trotzdem nicht
der Tattba nähert. Allah weiß es am Besten. (Muterjim)

464
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

entsprechend ihrer Notwendigkeit und Erforderlichkeit. Genauso wie die


Lüge, die schlechte Absicht und eine schwache Ergebenheit, das gelobte
Wort und die Handlungen erfordern und nach ihrer Notwendigkeit
wieder entfernen. Genauso wie eine Sache, die kommt und eine andere
Sache dafür unterdrückt, die nicht siegreich ist und das Proviant, dass
dadurch an das Naturell gelangt und ihren Nutzen blockiert, bezeugt.

Allah wird Seine Schätze nicht in einem Herzen


versammeln, in dem jemand anderes außer Allah ist

Das Verlassen der Sh1Zh1Uttt für Allah - auch wenn es jemand ist, der sich
vor der Strafe Allahs am meisten schützt und dem Anspruch der
Barmherzigkeit Allahs am meisten genügt, reicht nicht dafür aus, dass
sich Allahs Schiitze, Seine Gunsterweisung an Wohltaten, der Genuss der
Freundschaft, die Begeisterung für Ihn, die Freude und die Genüsse der
Freude in dem Herz niederlassen, in dem sich jemand anderes außer
Allah befindet. Auch wenn dieser zu den Leuten der Anbetung, und den
Entsagenden oder zu den Leuten des Wissens gehört ... !

Denn Allah (j.j.) wird einem HerLen, worin sich jemand anderes außer
Ihm selbst bd1ndet und das an jemand anderen außer Ihn gebunden ist,
Seine Schiitze und Gunsterweisungen nicht gewähren. Zweifelsfrei
gew/ihrt Er (j.j.) nur dem Herzen diese Schätze, das nur, weil er mit Allah
zusammen ist, die Armut als Reichtum betrachtet, die Ehre, die nicht
mit Allah verbunden ist, als Erniedrigung betrachtet, die Erniedrigung,
die mit Allah verbunden ist als Ehre betrachtet, eine Gnadengabe, die
nicht mit Allah verbunden ist als Strafe betrachtet und eine Strafe, die
mit Allah zusammen ist als Gnadengabe betrachtet.

465
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zusammengefasst: Diese Person sieht nur mit Allah. Wenn er mit Ihm
oder for Ihn ist, sieht er das Leben und die Zeit „ohne" Ihn als Tod,
Bedrängnis, Schmerz, Leid und Trauer. Demzufolge gibt es für ihn zwei
Paradiese: Ein Paradies in der schnellen Dunytt und eins in der A/.:hirrz.

Die Nähe und der Rückzug zu Allah (Itikaf)

Die Nähe bedeutet, dass sich das Herz an Allah (j.j.) gebunden hat.
Genauso wie ein Körper, das sich in der Moschee befindet, ohne von
Ihm getrennt zu sein, Itikaf macht und sich an Allah bindet. Die
Wahrheit dahinter ist, dass sich das Herz an die Liebe Allahs, der Dhi/.:r
an Seine Herrlichkeit und Erhabenheit und die Körperglieder durch
einen aufrichtigen Gehorsam und der Befolgung Seinen Gesandten (sas)
an Ihn binden. Wer auch immer sein Herz nicht an Allah, den Einzigen,
binden sollte, der wird es an verschiedene Götzen und Statuen binden.
So wie Ibrahim (as), welcher der Führer der reinen (hmzij) Religion war,
zu seinem Volk und seinem Vater sagte: «Was sind das für Bildwerke,
die ihr verehrt?»" [Al-Anbiya:52]

Auf diese Weise hat er das, woran er gebunden war und das, woran sich
sein Volk gebundet hat, zerteilt. Während es der Wunsch seines Volkes
war sich an die Götzen zu binden, war der Wunsch von Ibrahim (as) sich
an Den Rabb (t), Der schön ist, zu binden.

Dass sich das Herz an jemand anderes außer Allah bindet und sich damit
beschäftigt und dies auslüilr, bedeutet, dass man sich mit dem Herzen an
diese Statuen/Götzen bindet. Dies stellt zugleich eine Form der ßindung
an Statuen mit Gesichtern dar. Aus diesem Grund entstand die
Anbetung der Götzen durch die Götzendiener durch die Bindung ihrer
Herzen an die Götzen/Statuen - auf Grund ihrer Bemülmngen um sie
und ihrem Verlangen nach ihnen.Wenn es Götzen gibt, die durch die
Bindung an sie zu Herrschern werden und angebetet werden, so ist dies
eine Form der Bindung des Herzens an diese Götzen. Aus diesem Grund
hat An-Nabi (sas) sie als Diener der Götzen bezeichnet und sie
466
Al-bwaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

dahingehend verflucht, dass sie vernichtet und zerstört werden. Er (sas)


sagte: ,,Wer das Gold anbetet, soll vernichtet werden, wer das Silber
anbetet, soll vernichtet werden. So sind sie auch vernichtet. Wenn dieser
Dorn einsticht, kann er nicht mehr herausgezogen werden." 128

Alle Menschen befinden sich auf dieser Welt im Zustand der Reise. Und
alle sind Giiste in Bezug darauf: ihre Bestimmung zu erlangen und zu
dem zu gehen, was jeder möchte. Der Mensch ist auf dem Weg zu dem,
was ihn erfreuen wird. Mit Sicherheit wird derjenige, der Allah und die
Wohnstlitte der 111.:hirll möchte auf seiner Reise nur zu Allah gehen und
dorthin siedeln. Er möchte zu Ihm voranschreiten und dort bleiben. Auf
seiner Reise und dessen Ende, ist sein Wunsch stets dort zu sein:

„0 du Seele, die du Ruhe gefonden hast, kehre zu deinem Herrn


zufrieden und mit Wohlgefallen zuriick. Tritt ein unter Meine Diener,
und tritt ein in Meinen (Paradies)garten." [Al-Fajr: 27-30]

Asiyct, die f rau von Pharao sagte:

„Und Allah hat als Gleichnis für diejenigen, die glauben, dasjenige von
Fir' auns Frau gepr~igt. Als sie sagte: ,,Mein Herr, baue mir bei Dir ein
Haus im (Paradies)garten, und errette mich von Fir' aun und seinem
Werk, und errette mich von dem Volk der Ungerechten." [At-
Tahrim: 11]

Ws (Buchari 2886-2887. Überliefert durch Abu Huraira.)

467
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

Sie wünschte sich noch vor einem Haus im Paradies, ein Haus bei Allah
zu haben. Denn der Nachbar hat Vorrang vor dem Haus.

Sheikh Ali 's Worte

Zu mir wurde in meinem Wachzustand wiihrend meines Schlafes oder in


meinem Schlafzustand w/ihrend meines Wachseins gesagt: ,,Lege
niemand anderem außer Mir deine Armut/deine Bedürfnisse dar! Um
dich von den Grenzen der Dienerschaft heraus zuholen/zu erhöhen,
werde Ich es dir mit Belohnungen um ein Vielfaches vermehren. Ich
habe dich mit Armut geprüft und dies soll reines Gold für dich werden.
Also betrachte dieses Gold bloß nicht als klein, nachdem es
eingeschmolzen wurde! Ich habe dir die Armut und mit Meiner Nrifs den
Reichtum geboten. Wenn du deine Bedürfnisse Mir darlegst, so werde
Ich dir den Reichtum geben. Wenn du jemand anderem außer Mir deine
Bedürfnisse darlegen solltest, so werde Ich dir mit dem Verreiben von
Meiner Türe die Hilfsmittel kürzen. Stütze dich nicht auf jemand
anderen außer Uns und vertraue nicht! Denn dies würde für dich zu
einer großen Sünde werden und dies wiirde dich vernichten. Wenn du
dich auf eine Tat stützen solltest, so werden Wir diese an dich
zurückschicken. Wenn du dich auf das Wissen verlassen solltest, so
werden Wir diese für dich zur Unwissenheit erktiren. Wenn du dich auf
den Befund verlassen solltest, so werden Wir dich dort hineinstecken.
Wenn du dich auf das Wissen verlassen solltest, so werden wird dich
darin stoppen. Wenn du dich auf die Geschöpfe verlassen solltest, so
werden Wir dich ihnen überlassen. So sei mit Mir als Herrn zufrieden, so
dass Ich mit dir als Diener zufrieden bin."

468
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Das „Aufstöhnen" beim Hören des Qurans

Wenn man den Quran hört oder jemand anderem zuhört und dabei
aufstöhnt, findet man darin einige Besonderheiten, diese sind:

1. In dem Moment, indem man es vernimmt, kommt man zu Ruhe


und daraus entsteht ein Aufstöhnen. Dies ist eine Art der Freude.

2. Das Aufstöhnen, weil man an eine Sünde erinnert wurde und


sich deswegen bezüglich seiner Naß fürchtet und traurig wird.
Dies ist ein Aufstöhnen, das aus den Arten der Angst entsteht.

3. Es kommt bei einem ein Mangel zum Vorschein, den man nicht
von sich vertreiben kann. Daran erinnert man sich und die
Traurigkeit entsteht. Dies ist eine Art der Trauer.

4. Man erinnert sich an die Vollständigkeit Desjenigen, Den man


liebt. Man erkennt, dass der Weg, der zu Ihm führt, für einen
selber verschlossen ist und ein großes Bedauern entsteht.

5. Der Liebste geht von einem und beschiiftigt sich mit jemand
anderem. Diese Person erinnert sich durch das Hören vom
Quran und dergleichen an seinen Liebsten und Seine
Besonderheiten fallen ihr wieder ein. Sie erkennt, dass die Türe
offen und der Weg ersichtlich ist. Daraufhin erhöht sich je mehr
er darüber nachdenkt seine Freude und dies ist eine Art des
Glücks.

Der Grund für das Aufstöhnen und Schluchzen liegt darin, dass die
Ideen und Gedanken, die zu ihm gelangen sowie ihre Kraft schwächer
wird. Die Kraft jedoch ist an diese aufkommenden Meinungen,
Gedanken, dem Verrichten von vielen Taten und dass ihn neimand
übertrumpft, gebtmden.

469
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifelsfrei wird dies bei Ihm stiirker und bestfü1diger werden. Denn,
wenn ihn etwas übertrumpft, werden die Spuren schwiicher und ihr
Verschwinden rückt niiher. Somit betrifft das Aufstöhnen und
Schluchzen jemanden, der aufrichtig ist. Denn die Aufstöhnenden sind
entweder von den Wahrhaftigen, den Dieben oder den Heuchlern,

Die Teile der Reflektion (über Allah)

Die Grundlage des Guten und des Übels liegt aus der Riclnung der
Reflektion. Denn die Refletion ist in den Angelegenheiten der Askese,
des Verlassens, des Liebens und Hassens der Vorreiter im Hinblick
darauf, dies zu wünschen und zu wollen. Der ni.itzlichste Gedanke ist die
Reflektion der Nutzen des Lebens in der Akhirtt und der Wege, die dahin
führen sowie die Reflektion der Faktoren, die das Leben in der Akhirtt
durcheinander bringen und über die Wege von diesen Faktoren
fernzubleiben. Diese vier Auffassungen ziihlen zu den erhabensten
Auffassungen.

Außerdem gibt es noch weitere vier:

1. Den Nutzen der Dunytt reflektieren.

2. Die Wege reflektieren, diesen Nutzen zu erlangen.

3. Die Zerstreuungen der Dunytt reflektieren.

4. Die Wege reflektieren, von diesen zerstreuten Weaen


t,

fernzubleiben.

470
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Zweifelsfrei wandern die Auffassungen und Überlegungen von


Menschen, welche einen Verstand besitzen, im Rahmen dieser acht Teile
umher.
Der Kopf des ersten Teils sind die Gnadengaben Allahs, Seine Befehle,
Verbote, die Wege Ihn zu kennen, Sein Tadel, Seine Namen und
Eigenschaften aus der Sunnrzh des Propheten (sas) und den daran
gebundenen Ansichten der Ulmwz zu reflektieren.

Aus diesem Teil des Nachc.knkens einer Person kommen die Früchte der
Liebe und der Eihigkciten zum Vorschein. In Bezug auf die Akhira,
wenn man i"iber ihrer Ehre und Best:indigkeit nachdenkt und in Bezug
auf die Dunya-Angelegenheiten, wenn man darüber nachdenkt, dass sie
(die Dunya) wertlos und verg;inglich ist. So ergrünen die Früchte bei
dieser Person in Bezug auf ihre Sehnsucht für die Akhira und die
best;indigc Entsagung gcgeni"iber der Duny1z. Wenn eine Person
bezüglich der Kürze der Taten und der Enge der Zeit nachdenkt, so
ergrünen bei ihr die Früchte bezüglich ihres Eifers in dieser engen Zeit
beständig viele gute Taten zu verrichten. Diese Gedanken sind die, die
ihre Bemühungen erhöhen und Gedanken, die nach ihrem Tod und
ihrer Erniedrigung ihrer ßemi"ihung Leben schenken. Mit dem
Weggehen dieser Gedanken, nehmen im Herzen sehr vieler Geschöpfe
die schlechten Gedanken ihren Platz ein. Diese wandern umher.
Genauso wie über Dinge nachzusinnen, die irrelevant sind oder in den
Unnötigkeiten der nutzlosen Informationen zu versinken oder über
Themen nachzudenken, die kein Mensch mit Verstand nachvollziehen
kann, wie beispielsweise die Frage wie Allahs Person und Eigenschaften
aussehen und sein könnten.

Manche von denen, die diese schlechten Gedanken besitzen, denken


über die feinen Zweige der Kunst nach, welche keinen Nutzen bringen,
ja sogar eher schiidlich sind. Zum Beispiel über Schach, Musik, Arten
und Weisen von Dingen und Bilder.

471
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Manche denken - auch wenn es prinzipiell richtig ist - über eine Menge
an Wissen nach, welches sie keine Genügsamkeit und Ehre gewinnen
lassen wird. Beispielsweise: Details im Wissen über das logische Denken,
Mathematik, das Nachdenken über das Wissen über die Natur und auch
wenn eine Person diesbezüglich sehr weit gekommen sein sollte, über die
Philosophie, die seine Nllß niemals säubern wird etc.

Genau so wie manche über Begierden, Genüsse und über die Wege, wie
man diese erreichen kann, nachdenken. Ganz gleich wie sehr hier die
Rede von einem Genuss für eine Person sein sollte, hat es kein Ziel und
schon vor der Akhirll wird das Ergebnis bereits auf der Dunytl für sie
mehr Nach teile als Vorteile mitsichbringen.

Manche denken über Dinge nach, die nicht existent sind, z.13. über
Themen a la „Wenn es so wäre, wie wiire es dann wohl?" Beispielweise:
Was würde man machen, wenn man ein König wiire oder einen Schatz
findet oder ein Gut von sich verliert, wie beispielsweise sein Haus, wie
man den Schatz wohl ausgeben würde, wie man es nehmen und geben
könnte und wie man sich ri-ichen würde und dergleichen. Im Klartext
über Themen niederen Wertes nachzudenken.

Manche denken - abgesehen davon, ob ihr Gelüst (islamisch) zubssig


oder h,iram ist - über Details des Verrats und der Fallen nach, womit sie
ihr Ziel erreichen können.

Manche denken über die Arten von Gedichten nach, iiber Beispiele,
Silben, Betrachtungen und über die Zweige von Niinie. Diese lenken den
Menschen davon ab, sich über das ewige Leben des Glücks Qenseits)
nachzudenken.

So wie manche Menschen über den Geist der ermessen Auffassungen


nachdenken, welche kein Mensch braucht und die sich auch nicht im
Äußeren einer Sache befinden. Dies ist zweifelsfrei bei jedem Wissen

472
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

befindlich. Sogar bei dem Wissen von Fiqh, Usul und Medizin ist dies
zugegen. ßei all diesen Gedanken sind die Nachteile viel größer als der
Nutzen darin. Demzufolge sollte man die Gedanken bezi.iglich der
Themen, die Nachteile bringen, unterlassen und zu dem, was besser ist,
also dem Nützlichen, sofort und beständig zurück kehren.

Der Wille und die Geduld

Der Wunsch ist die Impfung des Imans. Wenn der Iman und der
Wunsch zusammenkommen, bringen sie eine aufrichtige Tat hervor. Es
ist die Impfung, damit man gegenüber Allah eine schöne Meinung hegt,
stolz ist und sich Ihm gegenüber als Fimmerlich empfindet. Wenn diese
zusammenkommen, bilden sie die Zusage für die Dua. Die Furcht ist die
Impfung für die Liebe. Wenn beide zusammenkommen, bewirken sie,
dass man die Gebote einlült und sich vor den Verboten hütet. Die
Geduld ist die Impfung des Yitqins. Wenn beide zusammenkommen,
bewirken sie die Fi.ihrung der Dinge. Allah (t) sagt:

„Und Wir haben aus ihren Reihen Vorbilder bestellt, die (sie) nach
unserem Befehl leiteten, als sie sich geduldig gezeigt hatten und über
unsere Zeichen Gewißheit hegten." [As-Sajdah:24]

Die gesunde Befolgung Rasulullahs (sas) ist die Impfung für den IM1las
(Aufrichtigkeit). Wenn beides zusammenkommt; bewirken sie, dass die
Taten angenommen werden und dass dem Diener geholfen wird. Die
Taten sind die Impfung des Wissens. Wenn beides zusammenkommt,
bewirken sie die Rettung und das Glück. Wenn eines von beiden sich
vom anderen trennr, wird es keinen Nutzen mehr bringen. Der
Sanftmut/die Güte ist die Impfung des Wissens. Wenn beides
zusammenkommt, bewirken sie das Glück der Dunya und der Ahkirtt
und es einem wird vom Wissen des Wissenden/Gelehrten ein Nutzen
473
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

zuteil werden. Wenn eines von beiden sich von einer Persern trennt, so
werden der Nutzen und der Profit verloren gehen. Die Willenskraft: ist
die Impfung der Weisheit. Wenn beide zusammenkommen, wird eine
Person das Gute der Dunytt und der Akhira erlangen. Ihre Anstrengung
wird überall die Erhabenheit erlangen. Das Verschwinden der Reife
bewirkt entweder, dass die Weisheit verschwindet oder es ist daran
gebunden, dass die Entschlossenheit nicht mehr vorhanden ist. Die
schöne Absicht ist die Impfung damit der Verstand gesund bleibt. Wenn
diese beiden verbraucht werden, so verschwindet das Gute giinzlich.
Wenn beide zusammenkommen, bewirken sie jede Art des Guten. Eine
gesunde Sichtweise ist die Impfung des Heldentums. Wenn beide
zusammenkommen, so bewirken sie den Sieg und die Hilfe Allahs.
Wenn beide verloren gehen sollten, so wird es Zerstörung und
Niederlage geben. Wenn ohne das Heldentum die Sichtweise vorhanden
ist, so kommen die Hilfsbediirfrigkeit und die Feigheit zum Vorschein.
Wenn das Heldentum jedoch vorhanden sein sollte, ohne das man die
Sichtweise gefunden hat, so wird die Feigheit zum Vorschein kommen.
Die Geduld ist die Impfung der \'v'eisheit. Wen beide
zusammenkommen, so wird bei jeder Zusammenkunft: der beiden das
Gute zum Vorschein kommen.

Hasan sagt: Wenn du jemanden sehen möchtest, der Weisheit besitzt,


aber nicht geduldig ist, so wirst du diesen finden. Wenn du jemanden
sehen möchtest, der geduldig ist, aber keine Weisheit besitzt, so wirst du
auch diesen finden. Jemand zu finden, der sowohl Weisheit als auch die
Geduld besitzt, eben darin liegt die Kunst!"

Die Näsiha ist die Impfung des Verstandes. Wenn die NrlSihri jedes Mal
stärker wird, so wird auch der Verstand stiirker und erhellt. Den Dhil.:r
zu verrichten und nachzudenken ist von allem anderen die Impfung.
Wenn beide zusammenkommen, so bewirken sie, dass man gegenüber
der Dunytt entsagend wird und gegenüber der Akhira Sehnsucht
entwickelt. Die Trtqwa ist die Impfung des Tmurtqquls. Wenn beide
zusammenkommen, so wird das Herz aufrichtig. Sich auf die Begegnung

474
Al-Fawaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

mit Allah vorzubereiten ist die Impfung von der Kürze der Taten. Wenn
beide zusammen kommen, so wird sich bei allem der Kheir entwickeln
und zwar jedes Mal wenn die beiden beieinander sind. Wenn sie von
einander getrennt sind, so wird sich das Übel entwickeln. Die höchste
Anstrengung ist die Impfung der riclnigen Absicht. Wenn beide
zusammen kommen, so wird dieses Mal der Diener den Gipfel seiner
Hoffnung erreichen.

Die Lage des Dieners vor Allah

Der Diener befindet sich vor Allah in zwei Zusüinden: Der Zustand, in
dem er vor Ilm im Gebet tritt und der Zustand am Tag der Begegnung,
an dem er vor Sein Antlitz tritt. Wer auch immer die Etappe der ersten
Lage ihren Ansprüchen genügend zu Stande gebracht hat, der wird auch
bezüglich der Etappen der anderen Lagen hilfreich gewesen sein. Wer
auch immer diese Thema nicht ernst nehmen sollte und ihr Recht nicht
gibt, so wird ihm dieses Sache sehr schwer werden.
Allah ( t) sage:

„Und wirf dich in der Nacht vor Ihm nieder und preise Ihn lange zur
Nachtzeit. Diese da lieben das, was schnell eintrifft, und
vernachlässigen einen Tag, der schwer lasten wird." [AI-Insan:26-27]

475
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Der Genuss des Jenseits ist beständiger

Der Genuss, welcher jeder Mensch, ja sogar alle Lebewesen sich


wünschen, kann aus der Perspektive des Genießens nicht getadelt
werden. Es können nur jene Genüsse getadelt werden, wo das V erlassen
des Genusses für eine Person besser ist als ihre Erlangung.

Außerdem, wenn ihm ein vollstfü1digerer und erhabenerer Genuss


angeboten wird oder das Verschwinden dieses (Dunya) Genusses ein
größeres Leid hervorbringt, so geht dies in die Hülle der getadelten
Genüsse mit ein. Somit kommt der Unterschied klar, mit emem
wissenden und klugen Menschen zusammen zu sein oder mit einem
Unwissenden.

Einer klugen Person wird es aufgrund dessen, dass sie den Unterschied
zwischen diesen beiden Genüssen und dem damit verbundenen Leid
kennt und weiss, dass einer von beiden nicht im selben Maß wie das
andere sein kann, sehr leicht fallen, das Erhabenste zu erlangen und das
Niederste zu verlassen und von den Leiden das, welches am meisten Leid
beinhaltet, zu vertreiben und das, welches am wenigsten Leid beinhaltet
je nach Möglichkeit zu nehmen.

Wenn das Hauptgesetz, dass die Genüsse der Ahhira erhabener und
beständiger sind, die Dunya Genüsse dagegen erniedrigt und nur von
kurzer Dauer sind, ans Licht kommt, wird der Diener erkennen, dass es
sich auch mit dem Schmerz der Ahhira und dem Schmerz der Dunyfl so
verhält. Der Wendepunkt hierbei ist an den Inum und den Yrzqin
gekoppelt. Wenn der Yaqin st;irker wird und mit dem Herzen eins wird,
wird er bezüglich der Genüsse das Niederste nehmen und das Erhabenste
beobachten und nach Möglichkeit von den Schmerzen nicht das meiste,
sondern das geringste nehmen.

476
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Allah ist Derjenige, Der tun Hilfe gebeten wird.

Und auch Ayyub .... ", rief er dazwischen

Allah ( t) sagt:

„Und (erw~ihnc) Ayyub, als er zu seinem Herrn rief: «Mich hat Schaden
getroffen, und Du bist der Barmherzigste der Barmherzigen.»" [Al-
Anbiya:83]

In dieser Dwt wird zwischen der Wahrheit des Tctuhids und seiner
(Ayyubs) eigenen Armut gegeniiber seinem Herrn getrennt und die
Bekundung der Hilfslosigkeit Ihm gegenüber, das Übermaß an Liebe, die
Erwiihnung Seiner barmherzigen Eigenschaften, die Bitte an Ihn mittels
Seiner Eigenschaften und die Übertragung dieses gewaltigen Bedürfnisses
auf Ihn, die seine Armut darstellt, zusammengebracht.

Wer auch immer Schicksalsschliigen ausgesetzt ist, dessen


SchicksalsschHige werden von ihm verschwinden. Wenn jemand, der von
der Kr:itze heimgesucht wird, dies sieben Mal lesen sollte, insbesondere
mit dem Glauben und diesem Wissen, den wird Allah heilen.

477
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Du bist sowohl im Diesseits als auch im Jenseits mein


Freund

Allah (j.j.) hat durch die Zunge Seines Propheten Yusuf (a.s.) folgendes
gesagt:

„Mein Herr, du hast mir etwas von der Königsherrschaft zukommen


lassen und mich etwas von der Deutung der Geschichten gelehrt. Du
Schöpfer der Himmel und der Erde, du bist mein Freund im Diesseits
und Jenseits. Berufe mich als Allahergeben ab und stelle mich zu den
Rechtschaffenen.»" [Yusuf: 10 l]

Diese Dua ist ein I3ittgebet, das den Trwhid und die Ergebenheit
gegeniiber Rabb (t) sowie die Armut Ihm gegenüber eingesteht und
offenlegt, dass man sich niemand anderen als Freund nehmen sollte
außer Ihn. Dies ist gleichzeitig eine Dua, die zusammenbringt, dass der
Diener sich wünscht als Muslim zu sterben. Somit ist der Wunsch als
Muslim zu sterben eines der größten Ziele des Dieners. Dies liegt in der
Hand Allahs und nicht in der des Dieners. Diese Dua ist auch ein
Bittgebet, welches zusammenfasst und bestiitigt, dass man nach dem Tod
wiedere1weckt wird und mit den Rechtschaffenen/Erretteten zusammen
sein möchte.

478
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyirn Al-Jauziyyah

Alle Schätze sind nur bei Uns

Allah (t) sagt:

,,Und es gibt nichts, von dem Wir nicht einen Vorrat angelegt hätten.
Und Wir senden es nur in festgelegtem Maß hinab" [Al-Hijr:21]

Es beinhaltet die Schiitze, welche von Seinen Schiitzen sind. Diese


werden nur denen gcwiihrt, die die Sclütze bei Ihm vorfinden und die
Schlüssel dieser Sclüitze in ihren eigenen Händen halten. Zweifelsfrei
bedeutet es von jemand anderem aufser Ihm zu wollen, dass man diese
Schiitze von jemandem wünscht, der sie nicht besitzt und diesen auch
nicht wert ist. Die folgende Ayat von Allah (t) beinhaltet dagegen einen
erhabenen Schatz:

,,Daß das Ende des Weges zu Allah führt" [An-Najm:42]

Und dies ist, dass jeder Wunsch, der nicht Ihni gilt und alles, was nicht
an Ihn gebunden ist, der Zerstörung ausgesetzt ist. Dafür gibt es keine
Endstation. Die Endstation ist die Angelegenheit, in der alles endet und
stoppt. Mit Seiner Schöpfung, Seinem Wunsch, Seiner Weisheit und bei
Seinem Wissen finden all diese Dinge ein Ende. Dies ist von allen
Wünschen der letzte Wunsch. Für Allah ist zu lieben. Die Liebe aller
Liebenden dagegen ist leer und eine Strafe. Alle Taten, welche nicht fi.ir
Ihn verrichtet werden, sind Verschwendung und vergänglich. Alle
Herzen, die Ilm nicht erreichen, sind schlecht geworden - sie sind von
Seinem Glück und Seiner Befreiung fern. Alles, was von Ihm erhofft
wird, wurde in dieser Ayat gesammelt: ,,Daß das Ende des Weges zu
Allah führt."
479
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Demzufolge kann es niemals möglich sein, dass man von jemand


anderem außer Ihm (j.j.) verlangt und alle Dinge finden nur bei Allah ihr
Ende.

Aus den Geheimnissen des Tauhids

Bei diesem Thema liegt eine erhabene Sache von den Geheimnissen des
Tauhids. Und dies ist, dass dein Herz nur durch die Erreichung Allahs
Entschlossenheit zeigt. Eine Sache, bei der man sich sicher ist und bei der
man Ruhe findet. Alles, was für jemand anderen außer Ihrn geliebt und
gewollt wird, bedeutet, jemand anderen als Ihn zu wollen. Wer das
Wesen Allahs liebt, der wird sagen, dass die Endstation aussd1lieffüch bei
Allah, dem Einzigen, ist. Er wird es als unmöglich erachten, dass das
Ende auch noch bei jemand anderem (einen zweiten) ist. Genauso wie er
es als unmöglich und abwegig erachtet, dass Adam (ll.s.), der als erster
Mensche erschaffen wurde, aus zwei Personen erschaffen worden ist.
Wessen letztes Begehren die Liebe, Sehnsucht, der Wille und die
Gehorsamkeit zu jemand anderen außer Allah ist, soll wissen, dass dieses
für ihn zur Falschheit wird und er soll sich von solchen Menschen
fernhalten. Sonst wird es ihn von Ihm trennen und ihn zu jemand
machen, der noch hilfsbedürftiger ist. Wessen letztes Begehren die Liebe
und Sehnsucht zu und der Wunsch nach Allah ist, der wird Seine
Gnadengaben, Genüsse, Freude, und das Glück, welches ewig wiihrt,
erreichen.

Der Diener ist andauernd zwischen den Geboten und den Übeln am hin
und her wanken. Er ist bei den Geboten auf Hilfe und bei den Übeln auf
Güte angewiesen, ja sogar verpflichtet. In dem Maß, wie er die Gebote
zu Stande bringt, wird bei den Übeln die Gi.ite für diese Person
hervortreten. Wenn er sowohl iiußerlich als auch innerlich diese Gebote
ohne Mängel zu Stande bringt, so wird er sowohl iiußerlich als auch
innerlich die Giite erreichen. Wenn er nicht die Wahrheit und das
Innere, sondern nur ihre Art und Weisen zu Stande bringt, so wird das
480
Al-fowaid von Shcikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Äußere diese Güte erreichen. In seinem Inneren dagegen wird der Anteil
an Gi.ite sehr gering sein.

Wenn du jetzt sagen solltest: ,,Was bedeutet denn Inneres/innere Güte?",


so sollst du wissen, dass dies zweifelsfrei die Ruhe ist. Dort wo das Übel
und das Unheil im Herzen ihre Spuren hinterlassen. Es ist die Sicherheit,
das Verschwinden der Zweifel, das Heraustreten der Angst und der Qual
und dass er vor seinem Herrn erniedrigt und auf armselige Art und
Weise steht, sich mit seinem Herzen an Ihn wendet und mit seiner Seele
und seinen Geheimnissen bei Ihm Ruhe findet. Gegenüber der Intensität
des Leides, die bei ihm sind, hat ihn die Güte, die Er ihn zuteil werden
ließ, beschiiftigt. Er bezeugt Seine Fähigkeit in Bezug darauf: dass Er für
ihn das Schöne wiihlt. Somit ist er definitiv ein Diener und das Urteil
seines Herrn berührt ihn. Entweder ist er damit zufrieden oder er ist es
nicht und wird vernichtet. Wenn er nicht damit zufrieden ist und Hass
hegt, so werden den Diener Ruin und Zerstörung ereilen. Die Früchte
dieser inneren Güte in der Behandlungsweise werden sich mit der
Vermehrung vermehren und mit der Verringerung verringern.

Die Liebe zu Allah (Muhabbatullah)

Solange die Liebe und der Wille des Dieners nicht in ihrer höchsten
Form an Allah gebunden ist, wird er weiter von Allah getrennt sein. Der
Zweck dieser Gebundenheit ist, dass der Diener Ihm (j.j.) gegenüber
Liebe verspürt, dass er nur an Ihn gebunden ist, dass er niemand
anderem außer Ihm Liebe zeigt, dass er an Seine Namen, Eigenschaften
und die Hihigkcit Seiner Handlungen gebunden ist. Genauso wie die
Dunkelheit des Shirks das Licht der Liebe zu Allah nicht löschen kann,
kann die Dunkelheit der Stornierung dieser Sachen nicht das Licht der
Liebe zu Allah löschen. Wenn der Diener sich mit dem Dhikr an Allah
bindet, so verschwindet auf diese Weise der Schleier der Unachtsamkeit
zwischen ihm und dem Dhikr und bewirkt somit dass der Dhiler
verrichtet wird. Es bewirkt, dass er niemand anderes außer Allah lobt
481
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

und auf diese Weise gedenkt er Seiner mit Verbundenheit. Indem er mit
Seinen Geboten und Verboten Taten verrichtet, bindet er sich an Ihn
und leistet Gehorsam. Denn ihm wurden diese Dinge anbefohlen und er
liebt sie. Weil sie ihnen verboten wurden, hat er diese Verbote verlassen
und hat sie angefeindet. Mit Sicherheit ist dies die Bedeutung von der
Bindung der Taten an Seine Gebote und Verbote. Die Wahrheit davon
jedoch ist, dass die Krankheiten, die die Handlungen treffen sollten,
verschwinden, und der Genuss und die Gehässigkeiten zügigst verlassen
werden. Indem der Diener Allah, dem Erhabnen, vertraut und sich auf
Ihn stützt, bindet er sich mit Tmuaqqul und Liebe an Ihn. Er bindet sich
auf eine bestimmte Weise. Nämlich, indem er Seine Bedürfoisse nur Ihm
überschreibt, seine Angst, Hoffnung, sein Glück, seine f;reude und sein
Spaß, sogar die höchste Stufe vom Glück nur von Ihm erwartet.

Wenn er von irgendeinem Geschöpf, eine gewisse Freude erlangt, so ist


dies nicht die vollständige Freude und nicht das vollstfodige Glück. Es
bedeutet auch nicht die Erlangung vollstiindiger Gnadengabe und auch
nicht die unendliche Augenfreude, auch nicht dass das Herz Ruhe findet.
Er wird diese Dinge nur erlangen, wenn er diese von Allah erhiilt. Wenn
jemand anderes außer Allah ihm bezüglich dieser Wünsche behilflich ist,
so freut er sich und wird glücklich. Wenn er diese Dinge nicht erlangen
kann, so wird er traurig, entfernt sich davon und sein Herz verspürt eine
Qual. Denn es gibt kein Glück und keine Freude, außer in den Dingen,
die dabei helfen einen näher zu Ihm (t) zü bringen und einen im
Gehorsam Ihm gegenüber untersüitzt. Somit gibt es für den Diener nur
die Freude mit Allah und das Glück mit Ihm. Es gibt Freude und Glück
darüber, dass er Seine Zufriedenheit erlangt und dass Allah ihm dabei
behilflich gewesen ist. Laut dem, was Allah (t) bekannt gegeben hat, liebt
Er nicht diejenigen, die sich iiber die Dunyri und ihren Schmuck freuen
und darüber Glück verspüren. Er befiehlt uns sich mit Seinen
Gunsterweisungen und Seiner Barmherzigkeit zu freuen. Dies ist, wie die
Taba'in es ausgelegt haben, sich mit dem Islam, Iman und dem Quran
zu freuen.

482
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Wenn wir nun zum Zweck kommen: Wer auch immer sich mit alledem
an Allah bindet, so wird Allah es diesen Menschen ermöglichen, all dies
zu erreichen. Anderenfalls wird er sich von Rabb (t) trennen und an seine
eigene Nafi und seine eigenen Neigungen gebunden sein und bezüglich
seiner Eihigkeiten, seines Willens und seines Weges einen Zustand von
Verwirrtheit angenommen haben.

Alle Gnadengaben sind von Allah

Über dieses Thema habe ich sehr viel nachgedacht. Es ist so, dass dessen
Grundlage darin liegt, dass du wcisst, dass alle Gnadengaben nur und
ausschließlich von Allah sind. Du möchtest, dass Allah dir bezüglich der
Gnadengaben des Gehorsams und der Gnadengaben der Genüsse
eingibt, weil du dich an diese erinnerst und darüber hinaus auch noch
dankbar bist. Allah (t) sagt:

„Was ihr an Gnade erfahrt, ist von Allah. Wenn euch dann ein Schaden
trifft, so schreit ihr zu Ihm um Hilfe." [An-Nahl:53]

„Wundert ihr euch etwa dariiber, daß eine Ermahnung von eurem
Herrn zu euch gekommen ist durch einen Mann aus eurer Mitte, damit
er euch warne? Gedenket, als Er euch zu Nachfolgern nach dem Volk
des Noach machte und euch eine beachtlichere Stellung in seiner
Schöpfung verlieh. Gedenket also der Wohltaten Allahes, auf daß es
euch wohl ergehe." [Al-Araf:69]
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Eßt nun von dem, was Allah euch beschert hat, so es erlaubt und
köstlich ist. Und seid dankbar für die Gnade Allahes, so ihr wirldich
Ihm dient." [An-Nahl:114]

Genauso wie diese Gnadengaben nur von Ihm, nur von Seiner Tugend
sind, so kommt deine Dankbarkeit dafür nur auf: wenn Allah es dir
erlaubt. Aufgrund dessen, dass Er dir hierbei keinen Erfolg schenkt,
kommen die Sünden und die Gnadengabcn von diesem Diener
verschwinden. Er hebt die Gnadengaben zwischen Ihm und Seinem
Diener auf. Und wenn Er sie von Seinem Diener nicht aufhebt, gibt es
für den Diener keinen Weg dafür, dass Er dies von Seiner eigenen Naß
aufhebt. Somit ist der Diener dazu gezwungen sich demütig Ihm zu
ergeben, Ihn anzuflehen, da er Siinden begeht. Er muss Ihn darum
bitten, dass Er die Gründe dieser Sünden von ihm vertreibt. Wenn diese
Sünden beim Diener verwurzelt wurden und sie aufgrund der
menschlichen Erforderlichkeit ausgeführt wurden, muss er sofort mit
Demut Allah anflehen und Dwt machen, auf dass die Gründe und di.e
Ergebnisse von diesen Sünden von ihm entfernt werden mögen. Wenn
der Diener sich in einer Notsituation befindet, sollte er die folgenden
drei grundlegenden Dinge niemals von sich trennen. Ohne diese kann er
auch nicht die Errettung erlangen:

Die Dankbarkeit

Der Wunsch nach Gesundheit und Wohlbefinden

Die Verrichtung der aufrichtigen, innigen Trwba

Erneut habe ich darüber nachgedacht, dass der Wendepunkt dieser Sache
die Sehnsucht ist. Dies liegt nicht in der Hand des Dieners. Dies liegt
nur in der Hand Allahs, der die Herzen dreht und wendet wie Er möchte
und sie umkehrt, mit Dessen Hilfe sich das Herz des Dieners zu Ihm
dreht und sich mit Sehnsucht füllt. Wenn Er nicht hilft, ihn vcrl:isst und
484
Al-Fawai<l von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

ihn seiner Ntlfi übertisst, wenn Er nicht <las Herz des Dieners zu Sich
dreht, so wird der Wendepunkt nicht eintreffen. Wenn Er wünscht, so
geschieht es und wenn Er nicht will, so geschieht es nicht.

Erfolg gewähren und verachten

Danach habe ich <lari.iber nachgedacht ob es einen Grund dafür gibt,


jemandem Erfolg zu verleihen und zu verachten oder ob beides ohne
einen Grund, nur weil Allah es so möchte, passiert? Es ist so: Der Grund
von beiden Dingen liegt darin, dass Er im Hinblick auf <las Sich-
Vorbereiten und die Akzeptanz (Seine Geschöpfe) unterschiedlich
erschaffen hat. Und zwar mit den größten Unterschieden ... Die leblosen
Geschöpfe akzeptieren nicht das, was die lebendigen akzeptieren. Auf
dieselbe Weise sind beiden Arten auch in Bezug auf die Akzeptanz sehr
unterschiedlich. Ein sprechendes Lebewesen wird das akzeptieren, was
ein Tier nicht akzeptiert. Im Falle der Akzeptanz ist dies der aller größte
Unterschied. Auf dieselbe Weise ist das, was ein Tier akzeptiert sehr
unterschiedlich. Jedoch ist hier nicht Rede vom Unterschied der ersten
Art und der Art der Menschen.

Dass er die Gnadengaben kennt, <lass er den Wert versteht, dass er


Demjenigen dankt, der ihm die Gnadengaben gewährt hat, Ihn lobt, Ihn
erhöht - obwohl er weiss, <lass er kein Anrecht auf diese Gnadengaben
hat - und weiss, <lass diese Gna<lengaben lediglich aus Seiner
Großzügigkeit und Seiner Gewiihrung herrühren und dass er mit
Aufrichtigkeit bezeugt, <lass diese Gna<lengaben nur Ihm gehören und
versteht, <lass er nur in Bezug auf Seine Liebe für diese Gna<lengaben
ausgibt und dafür dankt. Er bezeugt, <lass sie nur aus Seiner Gewährung
und Großzügigkeit heraus entstehen. Er versteht seine
Hilfsbe<li.irftigkeit, da er wenig dankbar ist, seine Schwiiche und seine
Fehler, da er übertreibt. Wenn diese Gnadengaben bei ihm weiterlaufen
wi.ir<len, weiss er, dass diese Gna<lengaben ein Resultat Seiner
Gerechtigkeit, Seiner Tugend und Seiner Güte sind. Wenn Er sie ihm
überhaupt nicht gewiihren würde, so würde dieser Diener sich trotzdem
485
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

dessen bewusst sein, dass Allah (j.j.) auch das Recht besitzt ihm diese
Dinge nicht zu gewähren und dass Er alleine dafür zustiindig ist.

Jedes Mal, wenn sich die Gnadengaben bei dem Diener vermehren, wird
es sich auch mehren, dass er sich gegenüber Allah erniedrigt, sich Ihm
ergibt, Ihn anfleht, Ihm dankt und Ihn fürchtet. Aufgrund dessen, dass
jemand trotz der Gnaden nicht dankbar ist, kürzt Allah (j.j.) sie ihm,
genauso wie Er sie denjenigen ki.irzt, die Seine Gnadengaben nicht
kennen und dem keinerlei Beachtung schenken. Wenn der Diener für
Seine Gnadengaben nicht dankt und sich die Kürzung der Gnadengaben
zum Ziel macht und dies einfach so hinnimmt, so werden die
Gnadengaben auch nicht zu ihm gelangen. Allah (t) sagt folgendes:

„Und so haben Wir die einen durch die anderen der Versuchung
ausgesetzt, damit sie sagen: «Hat Allah gerade diesen da aus unserer
Mitte eine Wohltat erwiesen?» WeiH nicht Allah besser Bescheid über
die, die dankbar sind?" [Al-Anam:53 J

Zweifelsfrei hatten sie den Wert der Gnadengaben verstanden, sie


akzeptiert und erhalten. Sie liebten diese Gnaclengaben und lobten
Denjenigen, Der sie ihnen gewlihrt hat. Sie glorifizierten Ihn, liebten Ihn
und dankten Ihm.

Allah (t) sagt über eine Gruppe, die bezüglich der Gnadengaben
undankbar war, folgendes:

486
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Wenn ein Zeichen zu ihnen kommt, sagen sie: «Wir werden nicht
glauben, bis uns das gleiche zukommt, was den Gesandten Allahes
zugekommen ist.» Allah weiß besser, wo Er seine Botschaft anbringt.
Diejenigen, die Übeltaten begehen, wird bei Allah Erniedrigung und
eine harte Pein treffen dafür, daß sie Ränke schmiedeten." [Al-
Anam: 124]

Die Gründe der Verachtung

Der Grund fi.ir die Verachtung und Zerstörung ist die


U nangemessenheit des Ortes und die (mangelhafte) Anerkennung der
Annehmlichkeiten und Gnaden.

Es ist so wie, wenn einem Diener Gnadengaben zuteil werden und dieser
sagt: ,, Dies gehört mir, ihre Zugehörigkeit liegt bei mir, das habe nur ich
gemacht, ich habe es zu Stande gebracht. Demzufolge bin auch ich
derjenige, der der Besitzer davon ist, ich besitze jegliches Recht darüber."
So wie Allah (t) über sie sagt:

. '.1i1 ; ~ : dlliil ~ k1 ~ i ~,~: ~, '\ ~ J,.. ,~ tli:i 1WI J~b.


~JY"'~---.~ ,, ;Ui""7.(""3'-?:,:~,cs:--.,~-3 ! r
j; '.:'.I\ ' . . j :-
-;U.JA~ ~ y 0C
''~:!-~
u „ 3 '.':<l'öN4.la1.'.:il
. ..r-'3 .J9 , :.;..
..r LJAl'

„Er sagte: :<Es is;,mir zugekommen aufgrund von Wissen, das ich
besitze." [Al-Qasas:78]

Also auf Grund dessen, dass ich weiss, dass ich das Recht darüber besitze.

Perm sagte: ,,Er sagt also <<Weil ich dafür zusüindig bin und gebe und
aufgrund meiner Tugend und der Tatsache, dass ich das Recht darüber
.
besnzc, wur(le es n11r
. gege ben.>> "

lvfuqtttil sagte: ,,Er sagt, dass das, worüber Allah berichtet, das Gute bei
ihm ist."

487
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Laut einem Zitat von Abdullah Ibn Haris Ibn Nmufitl: Als Suleymmz (as.),
dem Sohn von Davud, die Herrschaft gegeben wurde, trug er folgende
Ayat vor:

„Dies ist von der Huld meines Herrn, damit Er mich priift, ob ich
dankbar oder undankbar bin." [An-Naml:40]

Er sagt, dass Suleymrm (as) in der Ayat nicht sagte: ,,Dies ist von meinem
Wunder."

Danach zitierte Er Qmm, der sagte: «Es ist mir zugekommen aufgrund
des Wissens, das ich besitze.» Und als Suleyrnruz (rzs) das sah, was ihm an
Wohltaten Allahs gegeben und gewiihrt wurde und bemerkte, dass er
damit gepri.ift wird, so dankte er Allah dafür.
Qarun jedoch sagte, dass dies von seiner eigenen Nrtfi kommt und dass er
selbst diese Dinge erworben hat. Zeitgleich verliiufr auch diese Ayar in
diese Richtung:
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-1 ~ w\jc ! •:·" ~ -
"t\. ... , •• ~ ~ - .J

,,Und wenn Wir ihn eine Barmherzigkeit von Uns kosten lassen,
nachdem ihn ein Schaden berührt hat, sagt er bestimmt: «Das steht mir
zu. Und ich glaube nicht, daß die Stunde hcrauArnmmen wird. Und
wenn ich zu meinem Herrn zurückgebracht werde, werde ich sicher das
Beste bei Ihm erhalten.» Doch Wir werden denen, die ungHiubig sind,
kundtun, was sie getan haben, und sie eine schwere Pein kosten
lassen." [Fussilat:50]

488
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Also, ,,ich bin dafür zust~indig und es gehört mir. Genau so wie einem
Begünstigten sein Besitz gehört, bin ich der Besitzer davon."

Der gbubige Diener sieht, dass dies vom Besitz seines Herrn ist, von
Seinen Gnaden und Seiner Gunsterweisung. Er weiss, dass er kein Recht
darauf hat, sogar, dass das, was Allah ihm gibt, eine Sadaqa ist und dass
es nichts ist, was er selbst als Sadaqa gegeben hat. Wenn Allah ihm diese
Gnadengaben nicht gibt, sie ihm ki.irzt, so wird Er nichts gekürzt haben,
was dem Diener gehört hat (denn es gibt nichts, worauf der Diener ein
Anrecht hat und ihm gehört). Wenn der Diener die nicht bezeugt, so
behauptet er, dass er der Besitzer von alledem ist und ein Recht darauf
hat. Dies wird seiner Nafi gefallen und er wird in Bezug auf die
Gnadengaben das Maß überschreiten. Er wird zügellos werden und auch
andere mit diesem Schmutz bespritzen. Auf Grund dessen, werden bei
ihm eine Freude und eine Prahlerei ersichtlich werden. So wie Allah, der
Erhabene sagt:

„Und wenn Wir den Menschen von uns her Barmherzigkeit kosten
lassen und sie ihm dann wegnehmen, ist er sehr verzweifelt und
undankbar. Und wenn Wir ihn nach einem Leid, das ihn erfaßt hat,
Angenehmes kosten lassen, sagt er gewiß: «Das Übel ist von mir
gewichen.» Und er ist froh und prahlerisch," [Hud:9-10]

Wenn er mit SchicksalsschHigen gepri.ift wird, tadelt er dies mit der


Hoffnungslosigkeit und dem Kujfr. Wenn er mit den Gnadengaben
geprüft wird, tadelt er dies mit Freude und Prahlerei. Den Lob zu Allah,
den Dank Ihm gegeni.iber und Seine Lobpreisung, ändert dieser Diener,
wenn das ihn befallene Unheil verschwunden ist, indem er sagt: ,,Das
Übel ist von mir gewichen." Er wäre jedoch nicht getadelt worden, wenn
er gesagt hiitte: ,, Allah hat dieses Übel von mir genommen." Er w~ire

489
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

sogar dafür gelobt worden. Als jedoch die Bedriingnisse und das Unheil
von ihm wichen, vergaß er Denjenigen, der ihm die Gnadengaben
gewährte und sagte, dass er selber diese Ikdriingnisse beseitigt hat. So
freute er sich und prahlte ....

Wenn Allah (t) im Herzen Seines Dieners diese Sache erkennt, so wird
dies zweifellos zu den größten Gri_inden geziihlt, weshalb Er von diesem
Diener fernbleibt und ihm fremd ist. Denn an diesem Platz wird niemals
die vollkommene und fortwiihrendc Gnade angemessen sein. So wie
Allah (t) sagt:

„Die schlimmsten Tiere bei Allah sind die tauben und stummen, die
keinen Verstand haben. H~itte Allah bei ihnen etwas Gutes festgestellt,
hätte Er sie hören lassen. Und wenn Er sie hätte hören lassen, so h~itten
sie sich (dennoch) abgekehrt und abgewandt." [Al-Anfal:22-23]

Also ist ihr Platz nicht in der Lage diese Gnadengaben zu empfangen.
Indem sie dies nicht akzeptieren, behindern sie auch andere
Gnadengaben. Außerdem gibt es noch einen weiteren Faktor und dieser
ist, dass sie sich, obwohl sie die Gnadengaben kennen und begreifen,
trotzdem von ihnen abwenden und sich dagegen auflelmen.

Es gibt noch eine weitere Sache, die man wissen sollte; Die Grundlage
von der Vernichtung und vor der Verachrnng ist, dass die Najs mit einer
Unachtsamkeit/Nachtissigkeit gegenüber den Gnadcngaben und der
Distanz zu ihnen erschaffen wurde und die Gri_inde der Vernichtung
dadurch zustande kommen. Die Gründe für den Erfolg und die
Errettung sind, dass die Nafs in \'v'ahrhcit dazu erschaffen wurden diese
Gnadengaben zu akzeptieren. Demzufolge sind die Gründe für die
Errettung bei Allah und Seinem Fmlhl. Zweifelsfrei ist es Allah, Der
490
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

dieses und sie erschaffen hat. Genauso wie Er die Teile des Erdbodens
und die (Erd-) Schichten erschaffen hat. Die einen akzeptieren Pflanzen,
die anderen (Erdschichten) nicht. Allah hat den Baum erschaffen, von
denen einige Friichte hervorbringen, andere nicht. Allah (j.j.) hat die
Biene erschaffen und beßihigte sie dazu Honig in vielen Farben zu geben,
damit man sie trinken kann. So gut wie die Hornisse, die dies nicht
kann. Genauso wie er die reinen Seelen erschuf, um ihnen den Dhikr,
den Dank Ihm gegeni"tber, Seine Lobpreisung, Schönheit, Herrlichkeit
und den Tlluhid ans Herz zu legen, hat Er die schlechten und
schmutzigen Seelen erschaffen, die dazu nicht imstande sind. Die
schmutzigen Seelen wollen sogar genau das Gegenteil davon.

Allah (t) ist Derjenige, Der Hakim, erhaben ist.

491
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Sheikhul Islam, das Meer des Wissens und der Mufti der Menschen Abu
Abbas Ahmad Ibn T1iymiyya (r1ih. A.) sagt:

Der Tafsir des Anfangteils der Sura Al-Ankabut

Allah (t) sagt:


Al-Fawaid von Sheikh Ibn Q_ayyim Al-Jauziyyah

„Alif Lam Mim. Meinen die Menschen, daß sie in Ruhe gelassen
werden, nur weil sie sagen: «Wir glauben», ohne daß sie der
Versuchung ausgesetzt werden? Wir haben schon diejenigen, die vor
ihnen lebten, der Versuchung ausgesetzt. Allah wird gewiß in
Erfahrung bringen, wer die Wahrheit sagt, und Er wird gewiß in
Erfahrung bringen, wer die Lügner sind. Oder meinen diejenigen, die
schlechte Taten begehen, sie seien uns voraus? Schlecht ist ihr Urteil.
Wenn einer die Begegnung mit Allah erwartet, so wird die Frist Allahes
sicher eintreffen. Und Er ist der der alles hört und weiß. Und wer sich
einsetzt, setzt sich ein zu seinem eigenen Vorteil. Allah ist ja auf die
Weltenbewohner nicht angewiesen. Denjenigen, die glauben und die
guten Werke tun, werden Wir ihre Missetaten sühnen, und Wir
werden ihnen das Beste vergelten von dem, was sie taten. Und Wir
haben dem Menschen aufgetragen, seine Eltern gut zu behandeln.
Wenn sie dich aber bedrängen, Mir das beizugesellen, wovon du kein
Wissen hast, dann gehorche ihnen nicht. Zu Mir wird eure Rückkehr
sein, da werde Ich euch kundtun, was ihr zu tun pflegtet. Diejenigen,
die glauben und die guten Werke tun, lassen Wir in die Reihe der
Rechtschaffenen eingehen. Und unter den Menschen ist manch einer,
der sagt: «Wir glauben an Allah.» Wenn er aber um Allahes willen
etwas erleidet, setzt er die Anfechtung durch die Menschen der Pein
Allahes gleich. Wenn jedoch von deinem Herrn eine Unterstiitzung
kommt, sagen sie bestimmt: «Wir sind doch mit euch gewesen.» Weiß
Allah denn nicht besser Bescheid über das, was im Inneren der
Weltenbewohner steckt? Und Allah wird gewiß in Erfahrung bringen,
wer glaubt, und Er wird gewiß in Erfahrung bringen, wer die Heuchler
sind." [Al-Ankabut:1-11]

Allah (t) sagt:

493
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jat1ziyyah

„Dies ist das Buch, an ihm ist kein Zweifel möglich, es ist eine
Rechtleitung für die Allahesfürchtigen, Die an das Unsichtbare glauben
und das Gebet verrichten und von dem, was Wir ihnen beschert haben,
spenden, Die an das Unsichtbare glauben und das Gebet verrichten
und von dem, was Wir ihnen beschert haben, spenden," [Al-Baqara:2-
4]

Nach dem Allah (t) jene, die abtriinnig wurden oder unter Zwang den
Glauben leugneten, erwiihnt hat, sagte Er:

„Wer Allah verleugnet, nachdem er gläubig war - auHer dem, der


gezwungen wird, während sein Herz im Glauben Ruhe gefunden hat -,
nein, diejenigen, die ihre Brust dem Unglauben öffoen, über die
kommt ein Zorn von Allah, und bestimmt ist für sie eine gewaltige
Pein." [An-Nahl:106]
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„Dein Herr ist zu denen, die (doch) ausgewandert sind, nachdem sie
der Versuchung ausgesetzt wurden, und sich dann eingesetzt haben und
standhaft gewesen sind - ja, dein Herr ist nach diesem (zu ihnen) voller
Vergebung und barmherzig." [An-Nahl: 110]

Wenn zu den Menschen die Propheten gesandt werden, sagen einige von
ihnen: ,,Wir glauben." Und manche: ,,Wir glauben nicht." und machen
mit dem Schlechten weiter. Wer auch immer sagt: ,,Wir glauben.", so
wird Allah'u (t) ihn prüfen, um den Wahrhaftigen vom Lgnern zu
trennen. Er wird sie der Priifi.mg aussetzen und sie beobachten. Wer auch
immer sagt: ,,Wir glauben nicht", der soll keineswegs glauben, dass etwas
Allah hilfsbedürftig machen kann. Nichts kann Ihn hilfsbediirftig

494
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

machen und niemand kann sich vor Sein Urteil stellen. Dies ist die
Sunnah von Alla'u (t). Er sandte den Menschen Propheten, und manche
von ihnen bezichtigten die Propheten der Lüge und quiilren sie.

Allah (t) sagt:

„Und so haben Wir jedem Propheten einen Feind gegeben: die Satane
der Menschen und der Djinn, von denen die einen den anderen
prunkvolles Gerede eingeben, um sie zu betören-" [Al-Anam: 112]

,,So ist auch zu denen, die vor ihnen lebten, kein Gesandter gekommen,
ohne claß sie gesagt hätten: «Ein Zauberer oder ein Besessener.»" [Az-
Zariyat:52]

,,Es wird dir nur das gesagt, was schon den Gesandten vor dir gesagt
wurde. Dein Herr schenkt Vergebung und verhängt eine schmerzhafte
Strafe." [Fussilat:43 J

Den, der den Propheten glaubt und ihnen folgt, werden diese Leute
anfeinden und quälen. Außerdem wird er, während er das Leid erträgt,
noch zusätzlich SchicksalsschHige erleiden. Wenn ein Mensch nicht an
die Propheten glaubt, so wird er in / ahannttrn bestraft werden und
ebenso Schmerzen erleiden, die jedoch sdirker sind als die anderen (auf
der Dunya) und ewig fortwiihren. Demzufolge ist sowohl bei demjenigen,
der glaubt als auch bei demjenigen, der nicht glaubt bzw. bei jeder Nafi
die Rede von Leid/Schmerz. Jedoch wird der Mu 'min als erstes und nur

495
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

in der Duny1t die Schmerzen erleiden, danach wird sein Ende in der
Duny1t und in der Akhim sein ... (er wird also in der Akhim kein Leid
mehr ertragen). Der Kafl.r dagegen wird zun:ichst die Gnadengaben
erlangen, danach wird er ewigen Schmerzen zuteil.

Die Sichtweise von Imam Shafii darüber, den Sünden


verfallen und besonnen zu sein

Als ein Mann lrnmn Shaßi fragte: ,,Oh Abu Abclul!rth! Welches ist
erhabener? Wenn eine Person behutsam ist oder den Katastrophen
verfallen ist?", so antwortete er ihm: ,,Ohne dem Katastrophe verfallen zu
sein, kann man nicht behutsam werden. Denn Allah (t) prüfte Nuh,
Ibrahim, lvfusa, ls1t und lv!uhmnnutcl (Allahs Frieden und Segen seien auf
ihnen) mit Katastrophen. Als sie geduldig waren, har Er sie behutsam
werden lassen. Oder denkt der Mensch etwa, dass er niemals Schmerzen
erleiden wird?!"

Wer Allahs Zufriedenheit erlangt und die Menschen


nicht zufrieden stellt

Dieses Thema ist ein sehr großes grundlegendes 'l 'hema, über das ein
kluger Mensch Bescheid wissen sollte. Dies ist eine Angelegenheit, die
bei jedem einzelnen Wesen vorkommt. Denn der Mensch kann auf
Grund seiner Fitra nicht alleine leben. Er lebt auf jeden Fall unter
Menschen/mit Menschen zusammen. Bei den Menschen findet man
Willenskraft und Gedanken. Man möchte von ihnen, dass sie diese
besiegen. Wenn der Diener nicht siegreich ist, so werden sie ihn qu:ilen
und peinigen. Wenn er ihnen folgt, so wird sich bei ihm die Pein zeigen.
Wer auch immer seinen und den Zustand der Menschen testen sollte,
wird bezüglich dieser Angelegenheit sehr viele Dinge fl.nden können.
Wer die Schamlosigkeit und die Ungerechtigkeit möchte, ist wie eine

496
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Gemeinschaft, deren Worte voller Unwahrheit und Shir!? sind.


Außerdem ist er wie diejenigen, die einige der Verbote begangen haben,
die Allah (t) in der folgenden Ayat erwähnt:

„Sprich: Siehe, mein Herr hat die schändlichen Taten verboten, was
von ihnen offen und was verborgen ist; und auch die Sünde und die
Gewaltanwendung ohne vorliegende Berechtigung, und auch, daß ihr
Allah solche beigesellt, für die er keine Ermächtigung herabgesandt hat,
und daß ihr über Allah das sagt, was ihr nicht wißt." [Al-Araf:33]

Sie befinden sich an einem gemeinsamen Ort - in einem großen Haus,


einer Karawanserei, einem Jahrmarkt, einer Schule, im Milidir, im Dorf,
einer Kleinstadt oder in der Stadt und dergleichen und sind innig und
vertraut miteinander. Sie willigen nur bei den Dingen ein, die sie selber
möchten, sie handeln bedacht. Oder auf Grund dessen, das sie diese
verleugnen, gehen sie mit ihrem Schweigen behutsam voran und binden
sich auf diese Weise entweder an die Dinge, bei denen sie einwilligen
oder an ihr Schweigen. Wenn sie ihnen folgen sollten oder es
geschwiegen wird, so werden sie vor ihrem Übel sicher sein. Danach
beliistigen sie manchmal ihre Nafi damit, sie betrügen sie und so wie sie
diese am Anfang noch gefürchtet haben, werden sie sie nun um ein
Vielfaches bestrafen. Genauso wie jemand, der will, dass sie ein falsches
Zeugnis ablegen oder bezi.iglich der Angelegenheiten der Religion
Falsches erziihlen oder die Hurerei und . die Ungerechtigkeiten
unterstützen. Wenn der Diener sie nicht liebt, so werden sie ihn qu~ilen
und ihn anfeinden. Wenn er ihnen folgt, so werden sie ihn mit ihrer Nafi
betistigen und ihn betrügen. Sie werden ihn um ein Vielfaches mit dem,
wovon er sich fürchtet, peinigen. Anderenfalls werden sie einfach jemand
anderen quälen.

497
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Kommen wir nun zu der Angelegenheit in dem Hadith, den Aisha (r.11.)
an Muawiya geschickt hat. Der Hadith wurde mawkuf und marji,
überliefert: ,,Wer auch immer nicht die Menschen, sondern Allah
zufrieden stellt, dem wird Allah bezüglich dem Besitz der anderen
Menschen Genügsamkeit schenken."

In einem anderen Wortlaut heißt es wie folgt: ,,Allah wird mit ihm
zufrieden sein und ihn mit den Menschen zufrieden sein lassen. Und wer
auch immer nicht Allah, sondern die Menschen zufriedenstellt, dem
werden sie gegen Allah in keinster Weise behilflich sein können."
Ein anderer Wortlaut dagegen lautet: ,,Der Eigenlob der lvlenschen
entwickelt sich dazu getadelt zu werdcn." 129

Zweifelsfrei berührt dies die Helfer von den Leuten der Erneuerung, die
ihre Erneuerungen dem Wissen und der Religion zugeführt haben. Wem
auch immer Allah die Rechtleitung und den geraden Weg gegeben hat,
der wird sich davor hüten; eine verbotene Handlung zu begehen. Er wird
bezüglich der Pein und Feindschaft der Menschen gegenüber ihm
geduldig sein. Danach wird dies sein Ausgang in der D1my11 und der
Akhira. Genauso wie es bezüglich der Propheten und ihrer Anhiingcr, die
sie gequält und angefeindet haben, geschah.

129 Ibn Hibban (276,277) hat dies iiberliefort. Fiir den langen Teil des 1-Iadith im
angegenbencn Werk nachschlagen.

498
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Heimsuchung ist unausweichlich

Manchmal ist es so, dass man bestimmte Dinge innerlich nicht


akzeptiert, jedoch 1iußerlich sich anders zeigt. Genauso wie es bei
jemanden ist, der zum Kuflr gezwungen wurde. Jeder Mensch wird auf
irgendeine Art mit einer Pri.ifung oder einem Schaden heimgesucht. Es
fürlu kein Weg an der Heimsuchung vorbei. Aus diesem Grund hat
Allah, Der Erhabene, die Heimsuchung an zahlreichen Stellen erwähnt,
und uns dari.ibcr in Kenntnis gesetzt, dass eine Art Notwendigkeit darin
besteht, dass der Mensch geprüft, bzw. heimgesucht wird. Die
Heimsuchung kann entweder durch etwas Freudiges oder etwas
Schlechtes erfolgen. Es kann niemals die Rede davon sein, dass jemand
von dem Unheil/den Katastrophen befreit ist. Aus diesem Grund
erwiihnt Allah (j.j.) an einer anderen Stelle, dass die Menschen mit
Unheil geprüft werden. Prüfungen kommen sowohl bei Enge als auch
bei Überschuss vor. Somit wird der Menschen sowohl mit den Dingen
gepri.ift, die ihn erfreuen als auch mit den Dingen, die ihn verärgern.
Demzufolge ist er darauf angewiesen geduldig und dankbar zu sein. Allah
(t) sagt:

„Wir haben das, was auf der Erde ist, zu einem Schmuck für sie
gemacht, um sie zu prüfen (und festzustellen), wer von ihnen am
besten handelt." [Al-Kahf: 7]

„Und Wir zerteilten sie auf der Erde in Gemeinschaften. Unter ihnen
gab es Rechtschaffene und solche, die es nicht waren. Und Wir prüften
sie mit Gutem und Bösem, auf daß sie umkehren." [Al-Araf: 168]

499
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

„Er sprach: «Geht von ihm hinunter. Die einen von euch sind Feinde
der anderen. Wenn dann von Mir eine Rechtleitung zu euch kommt,
dann wird der, der meiner
Rechtleitung folgt, nicht irregehen und nicht ungliicklich sein. Und
der, der sich von meiner Ermahnung abwendet, wird ein beengtes
Leben führen. Und am Tag der Auferstehung versammeln Wir ihn
blind (zu den anderen)." [Ta-Ha: 123-124]

,,- oder meint ihr, daß ihr ins Paradies eingehen werdet, noch ehe Allah
in Erfahrung gebracht hat, wer von ihnen sich eingesetzt hat? - und
damit Er in Erfahrung bringe, wer die Standhaften sind." [Al-i-
Imran: 142]

Dieses war das in der Sura A 'li-Imrrtn. Davor hat Er es in der Sura Al-
Baqam erw~ihnt, denn die meisten Ayaat in der Sura Al-Brlqrmz wurden
vor den Ayaat der Sura A 'li-Immn herab gesandt.

„Oder meint ihr, daß ihr ins Paradies eingehen werdet, noch ehe euch
das gleiche widerfahren ist wie denen, die vor euch dahingegangen
sind? Not und Leid berührten sie, und sie wurden hin und her
geschüttelt, so daß der Gesandte und diejenigen, die mit ihm gHiubig

500
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

waren, dann sagten: Wann kommt die Unterstützung Allahes?


Wahrlich, die Unterstützung Allahes ist nahe." [Al-Baqara:214J

Es ist so, dass die N1tfi nur, wenn sie mit Unheil überschüttet wird,
sauber und korrekt werden kann. Genauso wie das Gold solange auf dem
Herd der Prüfungen geschmolzen wird, bis das schlechte vom qualitativ
hochwertigem getrennt wird. Wenn die N1tfi unwissend und ungerecht
ist, so wird der Diener, bei jeder Art von Übel, welches hervortritt, ihr
Anfang bzw. ihr Ausgangsort werden. Das Unheil wird nur von ihm aus
hervortreten. Allah (t) sagt:

„Was dich an Gutem trifft, ist von Allah. Und was dich an Schlechtem
trifft, ist von dir selbst. Und Wir haben dich zum Gesandten für die
Menschen entsandt. Und Allah genügt als Zeuge." [An-Nisa:79]

,,Das ist der Satan. Er will (euch) vor seinen Freunden angst machen.
Habt keine Angst vor ihnen, Mich sollt ihr fürchten, so ihr gläubig
seicl." [Al-i- Imran: 175]

„Und was immer euch an Unglück trifft, es ist für das, was eure Hände
erworben haben. Und Er verzeiht vieles." [Ash-Shura:30]

501
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Dies, weil Allah niemals seine Gnade, mit der Er ein Volk begnadet
hat, ändert, bis sie selbst das ändern, was in ihrem Innern ist, und weil
Allah alles hört und weiß" [Al-Anfal:53]

„Er hat vor sich und hinter sich Begleiter, die ihn auf Allahs Befehl
beschützen. Allah ändert nicht den Zustand eines Volkes, bis sie das
ändern, was in ihnen selbst ist. Und wenn Allah einem Volk Böses will,
so kann es nicht zurückgewiesen werden. Und sie haben außer Ihm
keinen Schutzherrn." [Ar-Ra' d: 11]

Er hat von Adam (as) bis zur letzten Zeit das Ende/Schicksal der Völker
erwähnt und bei allen folgendes gesagt: ,,Aufgrund dessen, dass sie ihrer
Nafi Unrecht taten, sind sie ungerechte Leute und nicht die
Unterdrückten. Die ersten, die diese Eigenschaften an ihnen sich
eingestanden haben, waren ihre Eltern:

„Sie sagten: «Unser Herr, wir haben uns selbst Unrecht getan. Und
wenn Du uns nicht vergibst und dich unser erbarmst, werden wir
bestimmt zu den Verlierern gehören.»" [Al-Araf: 23]

,,(Zu lblis sagte Er:) ,,Ich werde die Hölle follen mit dir und mit all
denen von ihnen, die dir folgen." [Sad:85]

Iblis dagegen ist denen verbunden, die unter ihnen zügellos sind. So wie:

502
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

„Er sagte: «Mein Herr, weil Du mich irregeführt hast, werde ich, ich
schwöre es, ihnen auf der Erde Verlockungen bereiten und sie allesamt
abirren lassen, Auger deinen auserwählten Dienern unter ihnen.»" [AI-
Hijr:39-40]

Allah (t) sagt:

„ U ncl Wir kennen diejenigen unter euch, die vorausgehen, und Wir
kennen die, die zurückbleiben." [Hijr:24]

In einer Überlieferung (Hadith quclsi) von Abu Dharr erzählt Rasulullah


(sas), dass Allah (t) sagte: ,,Oh meine Diener! Zweifelsfrei sind es eure
Taten, die Ich für euch aufbewahre und Ich werde sie euch später geben.
Wer auch immer Gutes sieht, soll Allah loben. Wer auch immer etwas
anderes als dies sieht, der soll nur seine eigene N1,js dafür tadeln. 130

Der Herr der Vergebung

In einem authentischen Hadith heißt es: ,,Der Herr der Vergebung ist,
dass der Diener sagt: ,,Du bist mein Herr. Es gibt niemanden, der der
Anbetung würdig ist, außer Dir. Du hast mich erschaffen und ich bin
Dein Diener. Ich halte mein Versprechen und mein Wort Dir gegeni.iber
ein, soweit ich kann. Ich suche Zuflucht bei Dir vor dem Übel meiner
Taten. Ich gestehe Deine Gnadengaben, die Du mir gegeben hast und
meine Sünden ein. Vergebe mir, denn es gibt niemand anderen außer
Dir, der die Sünden vergibt." Wer auch immer dies im wachen
Zustand/bei Bewusstsein bzw. wenn er den Morgen erreicht, liest, und

uo Übcrlicfornng ist bei Muslim-2577.


503
Al-Fawaid von Sheikh Ilm Qayyim Al-Jauziyyah

an diesem Tag stirbt, wird ins Paradies eingehen, und wer dies im
wachen Zustand / bei Bewusstsein bzw. wenn er die Nacht erreicht hat,
liest und in dieser Nacht stirbt, wird ins Paradies eingehen." In einem
Hadith von Abu Huraira und Abdullah bin Amr erziihlten sie, dass
Rasulullah (sas) Abu Bakr As-Sicldiq beibrachte, wenn er morgens
au1"vacht und nachts schlafen geht und wenn er sich hinlegt folgendes zu
sagen: ,,Oh Allah, Der die Himmel und die Erde erschaffen hat, Der das
Verborgene und das Offensichtliche kennt und Der von allem der Herr
und König ist! Ich bezeuge, dass es niemanden gibt, der der Anbetung
wiirdig ist außer Dir. Ich suche Zuflucht bei Dir vor meiner Nafi und
dem Übel und Shirk des Sheytctn. Ich suche Zuflucht bei Dir davor
unserer Nafi Schlechtes zu tun und dieses unter den Muslimen zu
verbreiten. " 131

Rasulullah (sas) sagte in seiner Khutba folgendes: ,,Alles Lob gebührt


Allah. Ihn bitten wir um Hilfe und um Vergebung und wir suchen
Zuflucht bei Ihm vor dem Übel unserer Nafi und dem Übel unserer
Taten. 132 An-Nabi (sas) sagte: ,,Ich versuche euch vor dem Höllenfeuer
zu entfernen. Ihr dagegen schwirrt wie die Schmetterlinge drum
herum. 133 Mit diesem heiligen Hadith verglich er (sas) sie (seine
Gefährten) mit Schmetterlingen aufgrund der Unwissenheit und der
schnellen Handlungen des Schmetterlings. Dies entspricht der
Geringfügigkeit der Nafi. Denn die geringfügige/kleine Nrifs ist
unwissend und begeht sehr schnelle Handlungen.
Ein weiterer Hadith lautet wie folgt: ,, Das Beispiel des Herzens ist wie
eine Feder, die auf ein leeres Grundstiick geworfen wird. LH

131Ahmad-51. Der Isnad ist sahih. Für die lange Überlieferung im angegd>enen Werk
nachschlagen.
132 Ahmad-3750. Der Isnad ist schwach. Überliefen durch Abdullah Ibn Masud. Für
die lange Überlieferung im angegebenen Werk nachschlagen.
1Jl ßuchari-G483 und Muslim-228/i. Überliefert durch Abu H uraira.

13 '
Ahmad-19757. Der Isnad ist schwach. Überliefert durch Abu Musa al-Ashari. Hir
die lange Überlieferung im angegebenen \Verk nachschlagen.
504
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Ein anderer Hadith lautet: ,,Das Herz des Sohnes Adams dreht sich
schneller als der Kochtopf, wenn es in ihm kocht." So weit man weiss, ist
sowohl bei der Feder als auch beim Topf neben der Unwissenheit von
einer sehr schnellen Handlung die Rede. Wenn man demnach dem, der
einen verwirrt und vom Weg abgebracht hat, sagt: ,,Er hat ihn bedroht",
so sagt man: ,,Er nahm es auf die leichte Schulter."

Über Pharao dagegen sagte man: ,,Weil er sein Volk als klein und einfach
betrachtet hat, hat ihm sein Volk Gehorsam geleistet." Allah (t) sagt:

,,Sei mm geduldig. Das Versprechen Allah.es ist wahr. Und diejenigen,


die keine Gewißheit hegen, sollen dich nicht abirren lassen." [Ar-
Rum:60]

505
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Die Wurzel des Zorns


Hasan al Basri sagt: ,,Wenn du jemanden sehen mödttt.:st, der Weisheit
besitzt, aber nicht geduldig ist, so wirst du diesen finden. Wenn du
jemanden sehen möchtest, der geduldig ist, aber keine Weisheit besitzt,
so wirst du auch diesen finden. Jemand zu finden, der sowohl Weisheit
als auch Geduld besitzt, eben darin liegt die Kunst!"
Allah (t) sagt:

„Und Wir bestellten unter ihnen Vorbilder, die (sie) nach Unserem
Befehl leiteten, als sie sich standhaft gezeigt hatten und von Unseren
Zeichen überzeugt waren." [As-Sajda:24 J

Gerade weil er schnell handelt, durcheinander bringt und zornig wird,


wurde er mit dem Feuer verglichen. Somit bestehen die Sh1th1wzt der Nrifs
ebenso aus Feuer, so wie der Sheytrm aus Feuer besteht.

In den „Sunan" heißt es, dass An-Nabi (sas) sagte: ,,Der Zorn ist von
Sheytan. Sheytrm besteht aus Feuer. Das Feuer wird mit Wasser gelöscht.
So soll derjenige unter euch, der wütend wird, den \,Vz,tlurn
verrichten. " 136

Ein anderer Hadith lautet: ,,Der Zorn ist ein brennender Kohlebecken
im Sohne Adams. Seht ihr denn nicht wie die Augen beim Zorn erröten
und die Halsschlagader anschwillt?"ll 7 1)ies geschieht, wenn beim
Wunsch auf Rache das Herz vom kochenden Blut erreicht wird. Ein

u 5 Die Gebetswaschung
UG Ahmad-17958. Der lsnad ist schwach. Überliefert durch Attiya. Fiir die lange

Überlieferung im angegebenen \'v'erk nachschlagen.


IJ 7 Ahmad-111143. Der Isnad ist schwach. Überliefrrr durch Abu Said. Fiir die lange

Überlieferung im angegebenen Werk nachschlagen.


506
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

Hadith über dessen Authentizität sich alle einig sind, lautet: ,,Der Sheytttrz
fließt durch den Sohn Adams wie Blut. 138

In den „Sahihayn" heißt es, dass zwei Leute sich vor Rasulullah (sas)
gegenseitig beschimpft haben. Als der eine gegenüber dem anderen sehr
zornig wurde sagte An-Nabi (sas): ,,Ich kenne ein Wort, wenn dieses
gesprochen wird, so verschwindet dieser Zorn: ,,A 'udhu Billahi lvlinash
Sheytrmir Rarijim ". u 9

Allah (t) sagt:

„Nicht gleich sind die gute und die schlechte Tat. Wehre ab mit einer
Tat, die besser ist, da wird der, zwischen dem und dir eine Feindschaft
besteht, so, als wäre er ein warmherziger Freund. Aber dies wird nur
denen verliehen, die geduldig sind, ja es wird nur dem verliehen, der
ein gewaltiges Glück hat. Und wenn dich vom Satan ein Stachel
aufstachelt, dann suche Zuflucht bei Allah. Er ist der, der alles hört und
weiß." [Fussilat:34-36]

„Nimm das Gute und Leichte, gebiete das Rechte und wende dich von
den Törichten ab. Und wenn dich vom Satan her ein Stachel

us Buchari-2035 und Muslim 2175. überliefert durch SaHyya.


l.l 9 Buchari-6115 und Muslim-2610. Überliefert durch Suleyman Ibn Sard.

507
Al-Fawaid von Sheikh Ibn Qayyim Al-Jauziyyah

aufstachelt, dann suche Zuflucht bei Allah. Er hört und weiß alles." [Al-
Araf: 199-200]

,,Wehre mit dem, was besser ist, das Böse ab. Wir wissen sehr wohl,
was sie da zuschreiben. Und sag: Mein Herr, ich nehme Zuflucht bei
Dir vor den Aufstachelungen der Satane. Und ich nehme Zuflucht bei
Dir davor, mein Herr, daß sie mich aufsuchen." [Al-Mu'minun:96-98]

508
Eine Sammlung wei'>er Au'.>'.>agen

Das Buch AI-Fawa id „Eine Sammlung weiser Aussagen" ist


eines der bekanntesten Sa mlllclwerke des Im am SMms
Ad-Di n Ibn ()ay) im l\ 1-.lau/i) ya h, ,, eich r ,weh u11Ler dem
Namen Ibn A l-()ay_\ im bcb11111 ist, 111 iil!,c All nh il:h ·ein-er
erbarmen . Diesi.:s sc!.!,c11s1\:ichc l~uch ist ni ·ht
Bücher i.:inc Anein;111dcrrcihu11g , 011 Kapit ·In,
und I hi.:lllc11hcrcichc11 . Vicltnchr bc ·td 1t
hi.:rausrage11dcn < 1L'da11kL·11, ,, clchc 1\ ll ;tl1 : dcnjcni!! ·1·1 , 011
Seinen Dienern /t1tc il\,crden !:isst , dcm h , lkr l·: rhahc11c, 111i\chtc. \o h:1! der l111 arn ,
immer wen n ·ich eine dieser vcr-;treutcn Pcrkn dn Wei'J1cit ,or ihm L'11tl1Ullt c, d icsc
augL'nhlick lich k-;t!.!_ehalkn .

JL:c.ks Mal, we1111 er aus einer S it uat ion etwas lernte, oder s ich ct\\ a · lkwege11des in
seinem Leben ereignete woraus er ei ne Lchri.: / Og, erleuchtete er di e i'.e ik 11 se iner \chrilt
mit der Tinte seines St i lks.

Diese· ßuch bcschfütigt sich nicht mit den Fragen und Themen der Rechtspn:clw11g, 11och
delt es von den ln:trumenten der Wissc11schalt, we lche j cdernrn nn H.:rstd1en und
ndig lernen kann. Eher befasst es sich mit den (i rcn1.steincn und
ten der Rechtleitung, sowie den I lcrdcn der Ciottgcwahrsamkeit und
ich Ibn Al-Qayyim Gedanken machte.

I I 11111111
9 783944 0622 1 1

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