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Entwicklung wird in der sogenannten Entwicklungszusammenarbeit oft als eine fortschrittliche

gesellschaftliche Veränderung verstanden. Meist werden Verbesserungen im sozialen und


ökonomischen Bereich (Armutsbekämpfung, Ausbau von Schulbildung und Gesundheitssystemen)
damit verbunden. Allerdings wird der Entwicklungsgedanke auch kritisiert, da meist das westlich-
kapitalistische Gesellschaftssystem als Höhepunkt und Ziel von Entwicklung dargestellt wird,
während andere Gesellschaftsformen, v.a. im Globalen Süden, als rückschrittlich konstruiert werden
(Ziai und Bendix 2015).

Im Zeitstrahl zum Thema Entwicklung gehen wir folgenden Fragen nach:

*Wann und durch wen wurde der heute vorherrschende Entwicklungsbegriff geprägt?

*Welche Kontinuitäten gibt es in dem jahrhundertealten Konzept von Entwicklung, welche Brüche?

*Wie wird Entwicklung aus unterschiedlichen Perspektiven thematisiert und kritisiert?

*Wer hat die Definitionsmacht darüber, was als entwickelt oder „unterentwickelt“ gilt und wie wird
diese in welchen Zusammenhängen benutzt?

*Welche politischen Strukturen und Institutionen sind am Entwicklungsdiskurs beteiligt, wie sind sie
verbunden und welche Macht haben sie?

*Wie ist der Entwicklungsbegriff mit ökonomischen Machtstrukturen, Klassismus, Rassismus und
Geschlechterverhältnissen verbunden/assoziiert/verknüpft/wie steht er in Verbindung?

*Wo verortet wer die Verantwortlichkeit und die Ursachen für globale Ungleichheit oder das
„Entwicklungstadium“ bestimmter Länder, Regionen und Menschen, die
Entwicklungszusammenarbeit angehen will?

*Welche sozialen, politischen und gesellschaftlichen Widerstände gab es in Bezug auf Entwicklung
und die Begriffe von „entwickelt“ und „unterentwickelt“?

An der Geschichte von Entwicklung lassen sich die unterschiedlichen Positionen und Phasen des
Entwicklungsgedanken nachvollziehen, auch wenn wir hier nicht alle Aspekte aufgreifen können.

*Aram Ziai und Daniel Bendix (2015): Emanzipation durch Entwicklungspolitik? Einige Überlegungen
zu Fragen globaler Ungleichheit. In: Momentum Quarterly 4(3), 147-204

Wenn nötig, werden wir sie mit dem Stock ins Paradies treiben.

Jahr: 1987

Autor*inneninfo:

Abel Alier (geb. 1933) war von 1971 bis 1982 Vizepräsident des Sudan.
Quelle:

Vincent Tucker (1999): 11

Kontext:

Staudammprojekt SüdsudanDer ehemalige sudanesische Vizepräsident artikulierte die in


entwicklungspolitischen Großprojekten oft inhärente Gewalt mit diesem Ausspruch deutlich. Er
drohte den Dinka und Nuer, die gegen das Jonglei-Kanalprojekt protestierten, weil es ihre
Lebensweise bedrohte. Die Konstruktion wurde 1974 von Ägypten und dem Sudan begonnen, aber
der Riesenkanal wurde nie fertig gestellt. Es wird befürchtet, dass ein fertiger Kanal Dürren und
Grundwasserverseuchung im Südsudan zur Folge hätte (sudantribune.com, 26.05.2007).

Zum Weiterlesen:

Vincent Tucker (1999): The Myth of Development. A Critique of a Eurocentric Discourse. In: Ronaldo
Munck / Denis O’Hearn (Hrsg.): Critical Development Theory. Contributions to a New Paradigm.
London: Zed Books, S. 1-26.

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Gib einem Mann einen Fisch und er kann einen Tag davon essen. Gib ihm eine Angel, und er kann
sich selbst ernähren! Eine Alternative wäre, seine Gewässer nicht zu vergiften, seine Großeltern nicht
in die Sklaverei zu verschleppen und dann 400 Jahre später in deinem Freiwilligen Sozialen Jahr im
Ausland wieder aufzutauchen, um Unsinn von irgendwelchen Fischen zu reden.

Jahr: 2015

Autor*inneninfo:

Frankie Boyle (geb. 1972) ist ein schottischer Komödiant und Schriftsteller.

Quelle:

Frankie Boyle (2015): Britain’s criminally stupid attitudes to race and immigration are beyond parody.
Kontext:

Franky BoyleDas Zitat entstand im Kontext der Diskussion um Migrationsabwehr in Großbritannien.


Boyle weist darauf hin, dass Armut und daraus entstehende Migration mit der kolonialen
Vergangenheit und Ausbeutung des britischen Empire in Verbindung gebracht werden muss. Auch
die britische Entwicklungshilfe parodiert er folgend: „Danke für das Gold, Jungs, danke für die
Diamanten. Wir haben ‘ne Spendensammlung gemacht und euch Angelruten besorgt.“

Zum Weiterlesen:

Timo Kiesel / Carolin Philipp (2011): white charity. Schwarzsein und Weißsein auf Spendenplakaten.

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Entwicklungszusammenarbeit ist Hilfe zur Selbsthilfe. Sie ist werteorientiert, sie ist aber auch
interessengeleitet. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht. Entwicklungszusammenarbeit muss
nicht schädlich für deutsche Unternehmen sein.

Jahr: 2009

Autor*inneninfo:

Dirk-Ekkehard Niebel (geb. 1963) ist ein ehemaliger deutscher Politiker (FDP). Er war von 2009 bis
2013 Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Seit 2015 ist er beim Rüstungs-
und Automobilzulieferunternehmen Rheinmetall als Berater tätig.

Quelle:

FAZ (Manfred Schäfers, 20.11.2009): Entwicklungshilfe muss sich nicht überflüssig machen.

Kontext:

Dirk NiebelNiebel zufolge sei sein Ministerium kein „Weltsozialamt“ (Herter 2010). Ein Beispiel: 2001
eröffnete in Uganda die Kaweri-Kaffeeplantage mit Investitionen des deutschen Unternehmens
Neumann (NKG). Die NKG forderte, das Land müsse unbewohnt sein. Bewohner:innen sollten unter
Entschädigung umgesiedelt werden. Die Umsiedlung wurde der ugandischen Regierung überlassen,
die 2000 Menschen gewaltsam vertrieb. Als die Vertriebenen mit der NGO FIAN eine Kampagne
dagegen starteten, stellt sich Niebel 2013 schützend vor das deutsche Unternehmen: „Die Kaweri
Plantage ist die größte deutsche Investition in Uganda und hat die Aufmerksamkeit und das
Wohlwollen der deutschen Regierung“ (Die Zeit, 13.08.2013). Ende 2019 bot der ugandische Staat
den Vertriebenen Entschädigung an (FIAN, 17.02.2020).

Zum Weiterlesen:

*Interview mit Niebel im Deutschlandradio (04.01.2010): „Es ist immer gut, wenn man die Menschen
überraschen kann“.

*FIAN (17.02.2020): Kaweri Kaffeeplantage: Kleinbäuerlicher Widerstand zeigt erste Erfolge.

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Die Vereinigten Staaten müssen ihre wirtschaftlichen Hilfsprogramme im Ausland überprüfen (…).
Wir wollen, dass [die armen Länder] sich wirtschaftlich verbessern, indem sie sich an uns halten und
mit unseren Methoden an ihrer wirtschaftlichen Entwicklung arbeiten.

Jahr: 1953

Autor*inneninfo:

Theodore W. Schultz (1902-1998) war Dekan für Wirtschaftswissenschaften and der Universität
Chicago und erhielt 1979 den Nobelpreis für Wirtschaft.

Quelle:

Juan Gabriel Valdés (1995): Pinochet‘s Economists: The Chicago School in Chile. Cambridge: Cambrige
University Press. (Übersetzung aus Klein 2010: 89)

Kontext:

US EntwicklungshilfeAb den 1950er Jahren gibt es besonders im Globalen Süden Theorien, die sich
stark vom Ideal westlicher Entwicklung unterscheiden. Vertreter waren u.a. der Ökonom Raúl
Prebisch (Argentinien) und der Soziologe Walden Bello (Philippinen). Sie wurden „rosa-rote“
Ökonom:innen oder Dependenztheoretiker:innen genannt. Rosa-rot bezeichnete eine Ausrichtung,
die links, aber nicht kommunistisch (also „rot“) war. Viele unterhielten Beziehungen zu Staatschefs
wie Salvador Allende (Chile) und Mohammad Mosaddegh (Iran). Weil sie die Allgemeingültigkeit des
westlich-kapitalistischen Systems in Frage stellten, versuchte der Westen, sie u.a. durch
Entwicklungshilfegelder oder im Ausland (z.B. and der Universität Chicago) ausgebildete
Wirtschaftswissenschaftler umzustimmen. Allende und Mosaddegh wurden mit Unterstützung von
westlichen Geheimdiensten gestürzt.

Zum Weiterlesen:

*Naomi Klein (2010): Die Schock-Strategie. Der Aufstieg des Katastophen-Kapitalismus. Frankfurt am
Main: Fischer.

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Überall, wo in eurem Reiche feinere und daher bessere Wolle erzeugt wird, da sind hohe und niedere
Adlige, ja auch heilige Männer, wie einige Äbte, nicht mehr mit den jährlichen Einkünften und
Erträgnissen zufrieden […]. Es genügt ihnen nicht, müßig und üppig zu leben, der Allgemeinheit nicht
zu nützen, sofern sie ihr nicht sogar schaden; sie lassen kein Stück Land zur Bebauung übrig, sie
zäumen alles als Weide ein, reißen die Häuser ab, zerstören die Dörfer und lassen gerade noch die
Kirchen als Schafställe stehen.

Jahr: 1516

Autor*inneninfo:

Thomas Morus (1478-1535) war englischer Rechtsanwalt, Politiker und Autor, der von Henry VIII.
wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Er wurde 1935 von der römisch-katholischen Kirche zum
Heiligen und Märtyrer ernannt.

Quelle:

Thomas Morus (1516): Utopia – Bericht.

Kontext:

Kloster EinzäunungAb Ende des 15. Jahrhunderts wurden viele Pächter:innen kleiner Landstücke, die
darauf Subsistenzwirtschaft (Selbstversorgung) betrieben, durch Großgrundbesitzer:innen
vertrieben. Silvia Federici (2014: 68) zufolge begann diese Landprivatisierung in Europa zeitgleich mit
der kolonialen Expansion in die Amerikas. Die englischen Großgrundbesitzer:innen benötigten Land
für ihre Schafe, um den Textilmanufakturen in Flandern/Belgien mehr Wolle (deren Preis stark
angestiegen war) liefern zu können. Landflucht und Verarmung waren die Folgen.

Zum Weiterlesen:

*Gerald Faschingeder & Andreas Novy (2005): Die gefräßigen kapitalistischen Schafe.

*Silvia Federici (2014): Caliban und die Hexe: Frauen, der Körper und die ursprüngliche
Akkumulation. Wien: Mandelbaum

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Entwicklung wurde damit auf die Fortführung des Prozesses der Kolonisierung reduziert; sie wurde zu
einer Erweiterung des Projekts der Produktion von Reichtum in der ökonomischen Vision des
modernen westlichen Patriarchats. Diese basiert auf der Ausbeutung oder dem Ausschluss von
Frauen (westliche wie nicht-westliche), auf der Ausbeutung und Verschmutzung der Umwelt und auf
der Ausbeutung und Erosion anderer Kulturen.

Jahr: 1988

Autor*inneninfo:

Vandana Shiva (geb. 1952) ist eine indische Physikerin, Intellektuelle, Frauen- und Umweltrechtlerin.
Die Anti-Globalisierungs-Aktivistin ist Trägerin des Alternativen Nobelpreises.

Quelle:

Vandana Shiva (1988): 1f.

Kontext:

Vandana ShivaShiva ist eine der wichtigsten Vertreter:innen des Ökofeminismus. Damit werden
soziale Bewegungen und Denkschulen bezeichnet, die ökologische Fragen mit feministischer Analyse
verbinden. Sie entstanden im Zuge der internationalen Umwelt-, Friedens- und Frauenbewegungen
in den 1970er Jahren. Ökofeminismus geht davon aus, dass es zwischen der patriarchalen
Unterdrückung von Frauen und der Ausbeutung der Natur Zusammenhänge gibt. Von
Umweltzerstörung sind wiederum Frauen besonders stark betroffen. Denn sie stellen u.a. in der oft
kleinbäuerlichen Landwirtschaft im Globalen Süden 60 bis 80% der Nahrung her (dw.com,
14.10.2019).

Zum Weiterlesen:

*Shiva, Vandana (1988): Staying Alive: Women, Ecology and Development. London: Zed Books.

*Shiva, Vandana (2018): Stupidity of modern day civillization. Interview.

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Die rassistischen Ideen der Weißen sind in der kapitalistischen Gesellschaft so tief verwurzelt, dass
das Nicht-Fortschreiten der afrikanischen Landwirtschaft der angeborenen Minderwertigkeit des
Afrikaners zugeschrieben wurde. Es wäre sehr viel zutreffender, zu sagen, dass es auf das Eindringen
der Weißen zurückzuführen war, obgleich die Erklärung nicht den persönlichen bösen Willen der
Kolonialherren oder ihrer rassischen Herkunft, sondern vielmehr an der organisierten Bosheit des
kapitalistisch-kolonialistischen Systems liegt.

Jahr: 1972

Autor*inneninfo:

Walter Rodney (1942-1980) war ein marxistischer Historiker und Politiker aus Guyana. In einer
Arbeiterfamilie geboren, hat er in Guyana und auf Jamaika studiert und u.a. in Hamburg und in
Tansania gelehrt. 1980 wurde er während des Wahlkampfes für die Working People’s Alliance bei
einem Bombenanschlag umgebracht. Eine Untersuchungskommission befand 2015, dass der
Anschlag von staatlichen guayanischen Stellen ausging.

Quelle:

Walter Rodney (1975): 190.

Kontext:

Walter RodneyRodney analysiert in seinem Buch die gesellschaftliche und ökonomische Geschichte
Afrikas vom 14. Jahrhundert bis zum Ende der Kolonialzeit. Im 15. Jahrhundert liegen Europa und
Afrika demnach noch gleich auf. Er argumentiert, dass von da an durch Versklavung, imperialistische
Dominanz, Kolonisierung und allgemeine Ausbeutung Afrika vom Westen abhängig gemacht wurde.
Verarmung und Misere seit dem Ende der Kolonialzeit seien damit zu erklären.

Zum Weiterlesen:

Walter Rodney (1975): Afrika. Die Geschichte einer Unterentwicklung. Berlin: Klaus Wagenbach.

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Arme Länder – und arme Menschen – unterscheiden sich von reichen nicht nur dadurch, dass sie
weniger Kapital haben, sondern dadurch, dass sie weniger Wissen haben (…) Noch größer als die
Wissenslücke ist die Lücke bezüglich der Kapazität, Wissen zu schaffen.

Jahr: 1999

Autor*inneninfo:

Weltbank Protest Jakarta, IndonesienDie Weltbank ist eine in Washington D.C. (USA) angesiedelte
multinationale Entwicklungsbank. Sie hatte ursprünglich den Zweck, den Wiederaufbau der vom
Zweiten Weltkrieg zerstörten Staaten zu finanzieren. Heute ist die Kernaufgabe, die wirtschaftliche
Entwicklung von „weniger entwickelten“ Mitgliedsstaaten durch finanzielle Hilfen, Beratung und
technische Hilfe zu fördern.

Quelle:

Weltbank, (1998/99): World Development Report: Knowledge for Development. New York: Oxford
University Press, S. 1.

Kontext:

Die Weltbank bewertet den Entwicklungstatus von Ländern in der Logik westlicher kapitalistischer
Wirtschaft. Die Annahme, dass nur eine Angleichung an diese Standards zu Fortschritt im Globalen
Süden führe, macht eine Anerkennung von nicht-westlichen Werten und Weltanschauungen
unmöglich. Abweichende Lebens- und Sozialformen gelten aus dieser herrschenden
entwicklungspolitischen Perspektive als Defizite. Und das, obwohl sich der westliche
Entwicklungsweg u.a. durch Ausbeutung und Zerstörung von Mensch und Natur nicht bewährt hat.
Die Vorsitzenden der WB sind seit der Gründung 1946 bis auf zwei Ausnahmen männliche, weiße US-
Amerikaner. Zahlreiche soziale Bewegungen und NGOs im Globalen Norden (attac) und Süden (Focus
on the Global South) üben seit Jahrzehnten Kritik und Widerstand gegen Weltbankpolitiken.

Zum Weiterlesen:

*Franziska Müller & Aram Ziai (2015): Eurozentrismus in der Entwicklungszusammenarbeit. In: APuZ
– Aus Politik und Zeitgeschichte, 7-9.

*Grace Blakeley (2020): The Great World Bank Robbery: An Interview with Walden Bello (Podcast).
Tribune Magazine.

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Wenn du gekommen bist, um mir zu helfen, verschwendest du deine Zeit. Aber wenn du gekommen
bist, weil deine Befreiung mit meiner zusammenhängt, dann lass uns zusammen arbeiten!

Jahr: 1970

Autor*inneninfo:

Aborigine Aktivist:innengruppe aus Queensland, Australien.

Quelle:

Damien Riggs (2004): Benevolence and the management of stake: On being ‘good white people’.
Philament: An Online Journal of the Arts and Culture (Issue 4: August). Die Jahreszahl (1970) ist eine
ungefähre Angabe.

Kontext:

Aboriginal Land Rights ProtestDer Gedanke von Hilfe ist nicht nur in der sogenannten
Entwicklungshilfe stark vertreten: Anderen müsse geholfen werden, weil sie es selbst angeblich nicht
können. In Australien werden die Aborigines oft als hilfsbedürftig dargestellt. Aborigines sind in
sozialen Bewegungen (z.B. in der Umweltschutzbewegung oder bei Protesten gegen Uranminen)
stark vertreten. Allerdings gibt es innerhalb vieler Bewegungen aus Nicht-Aborigines und Aborigines
oft starke Spannungen und Bevormundung. Der Aborigine-Aktivist Gary Foley schrieb, er habe das
Gefühl, für jede Generation von Nicht-Aborigines das Rad neu erfinden zu müssen (Foley 1999), also
den weißen Australier:innen immer wieder beibringen zu müssen, auf Augenhöhe
zusammenzuarbeiten.

Zum Weiterlesen:

*Gary Foley (1999): Whiteness and Blackness in the Koori struggle for self-determination.

*Clare Land (2015): Decolonizing Solidarity. Dilemmas and Directions for Supporters of Indiginous
Struggles. London: Zed Books.

Nächstes

In den heißen Ländern reift der Mensch in allen Stücken früher, erreicht aber nicht die
Vollkommenheit der temperierten Zonen. Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der
Rasse der Weißen. Die gelben Inder haben schon ein geringeres Talent. Die N**** sind tiefer, und am
tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.

Jahr: 1822

Autor*inneninfo:

Immanuel Kant (1724-1804) war der bekannteste deutsche Philosoph der Aufklärung. Er hat fast sein
gesamtes Leben in Königsberg verbracht. Er war bei der Prägung der Rassentheorie für den
deutschsprachigen Raum von zentraler Bedeutung.

Quelle:

Immanuel Kant (1764): Physische Geographie 2. T. 1. Abs. § 3 (IX 195). Königsberg: Göbbels und
Unzer.

Kontext:

Immanuel KantObwohl die Aufklärung allgemein mit der Aufklärung die universellen
Menschenrechte verbunden wird, war sie auch die Zeit der aufkommenden Rassentheorien. Die
Vorstellung, dass alle Menschen gleich und frei waren, war eine Bedrohung für diejenigen, die von
gesellschaftlichen Ungleichheiten profitierten. Darum brauchte es eine parallele Theorie, die
belegten sollte, warum einige eben doch nicht ganz gleichwertig sein können (siehe oben Adorno
und Horkheimer und ihre „Die Dialektik der Aufklärung“). Immanuel Kant versuchte, eine
“Rassenhierarchie” zu konstruieren, die auf “Rationalität”, “Moral”, “Mündigkeit”, “Erziehbarkeit”
und “Faulheit” als Merkmale des Andersseins aufbaute. Er platzierte den weißen Mann im Zentrum
dieser Ideologie und machte ihn zur Norm, an der Fortschritt gemessen wurde. Die Abwertung von
People of Color ging bei Kant so weit, dass er sich bei bestimmten Weltregionen fragte, warum sie
überhaupt existierten.

Zum Weiterlesen:

*Peggy Piesche (2005): Der “Fortschritt” der Aufklärung – Kants “Race” und die Zentrierung des
weißen Subjekts. In: Maureen Maisha Eggers et al. (Hrsg.): Mythen, Masken und Subjekte. Kritische
Weißseinsforschung in Deutschland. Münster: Unrast, S. 30-39.

*Bayrischer Rundfunk (17.09.2020): “Philosophen der Aufklärung: Waren Hegel, Kant und Co.
Rassisten?“

Nächstes

Danach stehen neben unstrittigen kolonialen Grausamkeiten, gesellschaftlichen Zerstörungen,


wirtschaftlichen Strukturveränderungen und mentalen Traumatisierungen auch Veränderungen,
ohne die jegliche Entwicklung ausgeschlossen wäre, etwa der Aufbau von Schul- und
Gesundheitssystemen, Infrastrukturen und das Eindringen des „europäischen Geistes“.

Jahr: 2007

Autor*inneninfo:

Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) wurde 1952 als Bundeszentrale für Heimatdienst
gegründet, um einen deutschen Beitrag zur Erziehung zur Demokratie zu leisten. Sie ist dem
Bundesinnenministeriums zugehörig. Die bpb erstellt und verlegt Materialien, organisiert
Veranstaltungen und fördert andere Träger der politischen Bildung.

Quelle:

Bundeszentrale für politische Bildung (2007): Afrika Verstehen Lernen. Bonn: Bundeszentrale für
politische Bildung, S. 148.

Kontext:

Bundeszentrale PublikationDas Zitat beruht auf dem kolonial-rassistischen Argument, dass


Afrikaner:innen ohne Europäer:innen weder Bildung, Gesundheitssysteme noch irgendeine Form der
Infrastruktur hätten. Dahinter steht die Vorstellung, dass Afrika vor der Kolonisierung keine
komplexen Gesellschaftsstrukturen hatte. Diese Logik rechtfertigt auch das „zivilisatorisch“-koloniale
Eingreifen von außen. Indem die bpb Negatives vermeintlich Positivem gegenüberstellt, wird davon
abgelenkt, dass koloniale Infrastruktur vor allem für die Ausbeutung von Ressourcen geschaffen
wurde.

Zum Weiterlesen:

*Walter Rodney (1975): Afrika. Die Geschichte einer Unterentwicklung. Berlin: Klaus Wagenbach.

*Chimananda Ngozi Adichie (2011): Narratives of Europe. Stories that matter.

*David Harvey (2000): Cosmopolitanism and the Banality of Geographical Evils.

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[Die I* sind] ihrer Natur nach Sklaven, Barbaren, rohe und grausame Gestalten, [… da sie] die
Herrschaft der Klugen, Mächtigen und Vortrefflichen ab[lehnen], anstatt sie zu ihrem eigenen Besten
zuzulassen, wie es einer natürlichen Gerechtigkeit entspringt, wonach die Materie der Gestalt, der
Körper der Seele, die Begierde der Vernunft, die rohen Tiere dem Menschen, das heißt also das
Unvollkommene dem Vollkommenen, das Schlechtere dem Besseren unterworfen sein müssen.

Jahr: 1544

Autor*inneninfo:

Juan Ginés de Sepúlveda (1494-1573) war ein spanischer Theologe, Historiker und Philosoph.

Quelle:

Richard Konetzke (1971): Lateinamerika seit 1492. Klett: Stuttgart, S. 8f.

Kontext:

De Sepúlveda, der nie selbst in den Amerikas gewesen war, vertrat die Ansicht, die indigene
Bevölkerung der Amerikas verdiene die Behandlung, die sie erfuhren, da ihre Lebensweise eine
Gotteslästerung darstellte. Im Disput von Valladolid (1550-1551) vertrat er die Interessen der
spanischen Siedler:innen und Landbesitzer:innen. In dieser Auseinandersetzung zwischen ihm und
dem Dominikaner Bartolomé de Las Casas auf der Gegenseite ging es um die Frage, ob die
Versklavung der indigenen Bevölkerung Amerikas gerechtfertigt werden könne. In dem ersten
hundert Jahren der Besetzung Amerikas verringerte sich die indigene Bevölkerung um ca. 95% (75
Millionen) durch eingeschleppte Krankheiten und Mord (Federici 2014: 103f.).
Zum Weiterlesen:

*Tzvetan Todorov (1985): Die Eroberung Amerikas. Das Problem des Anderen. Frankfurt am Main:
Suhrkamp.

*BBC (2013): Las Casas and Sepúlveda from Racism a History. Dokumentarfilm.

*Silvia Federici (2014): Caliban and the Witch. Women, the Body and Primitive Accumulation. New
York: Autonomedia.

Nächstes

Dieser europäische Überfluß ist buchstäblich skandalös, denn er ist auf dem Rücken der Sklaven
errichtet worden, er hat sich vom Blut der Sklaven ernährt, er stammt in direkter Linie vom Boden
und aus der Erde dieser unterentwickelten Welt.

Jahr: 1961

Autor*inneninfo:

Frantz Fanon (1925-1961) war ein in der französischen Kolonie Martinique aufgewachsener
Psychiater, Politiker, Schriftsteller und Vordenker antikolonialer Bewegungen. Nachdem er als Soldat
in der französischen Armee gegen das faschistische Deutschland gekämpft hatte, schloss er sich in
den 1950er Jahren dem algerischen Befreiungskampf gegen die französische Kolonialmacht an.

Quelle:

Frantz Fanon (1961/2015: 79)

Kontext:

Frantz FanonFanon beschreibt „Entwicklung“ und „Unterentwicklung“ als eine unmittelbare Folge
des Kolonialismus nach der Befreiung der Kolonien. Er vertritt die Ansicht, dass Entwicklungshilfe
keine „Hilfe“, sondern eine Entschädigungsleistung für die Grausamkeiten und Ausbeutung des
Kolonialismus darstelle.

Zum Weiterlesen:

*Frantz Fanon (1961/2015): Die Verdammten dieser Erde, 15. Auflage. Franfurt a.M.: Suhrkamp.
Afrikas Drama ist, dass der Afrikaner nicht genug in die Geschichte eingetreten ist. Der afrikanische
Bauer kennt nur den ewigen Wiederbeginn der Zeit im Rhythmus der endlosen Wiederholung
derselben Gesten und derselben Worte. In dieser Geisteshaltung, wo alles immer wieder anfängt,
gibt es Platz weder für das Abenteuer der Menschheit noch für die Idee des Fortschritts.

Jahr: 2007

Autor*inneninfo:

Nicolas Sarkozy (geb. 1955) war von 2007 bis 2012 französischer Staatspräsident.

Quelle:

Peter Cichon / Reinhart Hosch / Fritz Peter Kirsch (Hrsg., 2010): Der undankbare Kontinent?
Afrikanische Antworten auf europäische Bevormundung. Hamburg: Argument, S. 44.

Kontext:

Nicolas SarkozyDas Zitat stammt aus einer Rede Sarkozys an einer Universität im Senegal, die nach
dem senegalesischen Historiker Cheikh Anta Diop (1923-1986) benannt ist. Diop hatte erklärt, die
westliche Geschichtswissenschaft erforsche die Welt aus einer eurozentristischen Perspektive.
Außerdem verfälsche sie die Geschichte Afrikas massiv. Frankreich war seit dem 17. Jhd an kolonialen
Angriffen auf den Senegal beteiligt, ab 1891 Kolonialmacht. 1960 erreichte das Land seine
Unabhängigkeit. Sarkozy wurde von senegalesischen Kommentator*innen vorgeworfen, sich eines
rassistischen kolonialen Sprache zu bedienen. Sarkozys Nachfolger Präsident Emmanuel Macron folgt
diesem kolonialen Diskurs. Er behauptete 2017, Afrika hätte „zivilisatorische Probleme“, u.a. „weil
Frauen sieben Kinder hätten.“

Zum Weiterlesen:

*Peter Cichon, Reinhart Hosch & Fritz Peter Kirsch (Hrsg. 2010): Der undankbare Kontinent?
Afrikanische Antworten auf europäische Bevormundung. Hamburg: Argument, S. 37-56.

*Boniface Mabanza (2020): 60 Jahre Unabhängigkeit des Kongo: Die alten Strukturen bestehen
weiter.

Nächstes

Im eigentlichen Afrika ist es die Sinnlichkeit, bei der der Mensch stehenbleibt […] Diese Völker sind
aus sich nie herausgekommen, haben in der Geschichte keinen Fuß gefaßt. […] Dieses Afrika bleibt in
seiner ruhigen, trieblosen, aus sich nicht treibenden Sinnlichkeit und ist noch nicht in die Geschichte
eingetreten und hat keinen weiteren Zusammenhang mit der Geschichte, als daß die Einwohner zu
Sklaven in ärmerer Zeit gebraucht wurden.

Jahr: 1822

Autor*inneninfo:

Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) war einer der wichtigsten deutschen Philosophen der
Aufklärung.

Quelle:

Karl Bremer (1996): G.W.F. Hegel. Vorlesungen, Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte
(1822/1823). Bd. 12. Hamburg: Meiner, S. 98-100.

Kontext:

G.F.W. HegelIn der Aufklärung kam die Vorstellung auf, dass sich Gesellschaften durch Rationalität
immer weiter entwickeln können. Für eine höhere Entwicklungsstufen wurde es für notwendig
angesehen, die Natur – und Menschen, die als Naturvölker bezeichnet wurden – zu kontrollieren und
zu unterwerfen. Laut G.F.W. Hegel hatten nur weiße Menschen die nötige „Rationalität“ für den
Fortschritt, weswegen diese den Rest der Welt zu „humanisieren“ hätten. Afrika galt als der
geschichtslose Kontinent, in dem die Menschen sich „nicht entwickelt“ hätten. Mit der
philosophischen Konstruktion der Überlegenheit Europas rechtfertigte Europäer:innen koloniale
Gewalt.

Zum Weiterlesen:

*Arnold Farr (2005): Wie Weißsein sichtbar wird. Aufklärungsrassismus und die Struktur eines
rassifizierten Bewusstseins. In: Maureen Maisha Eggers et al. (Hrsg.): Mythen, Masken und Subjekte.
Kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Münster: Unrast, S: 40-55.

*Eduardo Grüner (2008): “Haiti: a (forgotten) philosophical revolution.”

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