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Handreichung für Lehrer*innen und Pädagog*innen

Neonazis
auf dem
Schulhof
Was tun bei Aktionen
der Neonaziorganisation
„Der III. Weg“ vor der Schule?
In Hohenschönhausen und Lichtenberg kam es in den vergangenen
Monaten vermehrt zu Propagandaaktionen der Neonaziorganisa-
tion „Der III. Weg“ an Schulen. Wenn Neonazis Flyer oder Wer-
bematerialien an Schulen verteilen, wissen viele Lehrer*innen
und Schüler*innen nicht sofort, wie sie auf solche Situationen
reagieren können. Diese Handreichung soll helfen, hiermit einen
Umgang zu finden und Gegenstrategien zu entwickeln.
Was ist „Der III. Weg?“
„Der III. Weg“ ist derzeit die aktivste und gefähr- re und linke Jugendliche. Der Schwerpunkt der
lichste Neonazi-Organisation in Berlin. Es han- Organisation liegt momentan auf der Gewin-
delt sich hierbei um eine rechtsextreme Kleinst- nung neuer Jugendlicher für ihre Jugendorgani-
partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet sation „NRJ“ („Nationalrevolutionäre Jugend“).
wird. Er ist ein Sammelbecken von jahrelang ak- Jugendlichen werden Sport- und Freizeitange-
tiven Rechtsextremen, gewaltorientierten Neo- bote unterbreitet und damit gelockt, auf die-
nazis und ehemaligen NPD-Kadern. „Der III. Weg“ se Weise Teil einer exklusiven Gemeinschaft zu
propagiert ein völkisches und neonazistisches werden. So soll ihr Interesse geweckt werden,
Weltbild. In den vergangenen Monaten kam es um sie anschließend beeinflussen und anwer-
vermehrt zu Angriffen von Neonazis auf quee- ben zu können.

Foto: Kai Schwerdt Foto: Register Lichtenberg

„Der III. Weg“ ist


ein Sammelbecken
von jahrelang aktiven
Rechtsextremen,
gewaltorientierten
Neonazis und ehemali-
gen NPD-Kadern.
2 Was kann man tun?
Darf „Der III. Weg“ die Flyer verteilen?
Oft finden die Verteilaktionen nicht auf, sondern
kurz vor dem Schulgelände statt. Grundsätzlich
bedarf die Verteilung von (extrem rechten) Flyern
oder Zeitschriften keiner gesonderten Erlaubnis.
Kundgebungen oder Demonstrationen sowie Info-
stände müssen jedoch bei der Polizei angemeldet
werden. Sollte die Verteilung auf dem Schulgelän-
de stattfinden, greift das Hausrecht. Es besteht
dann die Möglichkeit, Neonazis den Zutritt zu un-
- Beobachten Sie, wie Schüler*innen auf Verteil-
aktionen reagieren: Ablehnend, gleichgültig oder
mit Interesse? Hieraus können Sie später gezielt
pädagogische Interventionen ableiten.

Für Schüler*innen
- Stellt eine ‚Braune Tonne‘ zum direkten Entsor-
gen rechtsextremer Propaganda auf.
- Kreative Gegenaktionen starten: Banner und Pla-
kate aufhängen, eigene Flyer mit klarer Haltung
tersagen und sie vom Schulgelände zu verweisen. gegen Rassismus und extreme Rechte verteilen,
Strafbar kann eine Verteilung vor dem Schulgelän- Konfetti werfen, etc.
de aber dann sein, wenn Materialien verteilt wer-
den, die als jugendgefährdende Medien indiziert - Informiert möglichst frühzeitig Mitschüler*in-
wurden oder die dem Strafgesetz nach verboten nen, damit diese ggf. einen anderen Weg zur Schu-
sind, wie bspw. das Verwenden von Kennzeichen le wählen können. Wenn möglich bietet besonders
verfassungswidriger Organisationen (§86a StGB) betroffenen Mitschüler*innen an, sie z. B. von der
oder volksverhetzende Inhalte (§130 StGB). nächsten Haltestelle abzuholen und in die Schule
zu begleiten.
Handlungsmöglichkeiten im Vorfeld
Nach der Verteilaktion
- Einigen Sie sich im Kollegium vorab auf ein ab-
gestimmtes Vorgehen bei extrem rechten Verteil- - Reflektieren Sie im Kollegium die Situation: Was
aktionen, um schnell reagieren zu können (Wer ist passiert? Was haben wir gut gemacht? Was
wird wie informiert? Wer übernimmt welche Maß- können wir beim nächsten Mal besser machen?
nahmen?). Beratung dazu bietet bspw. die Mobile Bei welchen Aspekten benötigen wir ggf. externe
Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR). Unterstützung, z. B.- Leiten Sie ihre Wahrneh-
mungen und gesammelte Materialien zur Pro-
- Setzen Sie sich thematisch mit dem Themenfeld pagandaaktion an die zuständige Schulaufsicht,
Neonazis/extreme Rechte auseinander. Auch im das Lichtenberger Register und die Polizei weiter.
Unterricht kann die kritische Auseinandersetzung
mit menschenverachtenden Ideologien gefördert - Vernetzen Sie sich für einen Erfahrungsaus-
werden. Angebote wie Workshops oder Vorträ- tausch mit anderen Schulen, wenden Sie sich
ge von Anbietern politischer Bildung sind hierbei mit ihren Fragen an die lokale Fach- und Netz-
hilfreich, um extrem rechte Propagandaaktionen werkstelle Licht-Blicke.
frühzeitig zu erkennen. - Behandeln Sie Rechtsextremismus nicht als
- Gemeinsam mit den Schüler*innen können Tabuthema. Sorgen Sie in jedem Fall für eine an-
bspw. Plakate und Transparente gegen die extre- gemessene Thematisierung der Verteilaktion. Be-
me Rechte oder Rassismus entworfen und aufge- antworten Sie aufkommende Fragen von Schü-
hangen werden. So kann sich die Schule deutlich ler*innen und besprechen Sie rechtsextreme In-
sichtbar positionieren. halte im Unterricht.
- Unterstützen Sie Schüler*innen, die sich gegen
Kompetent reagieren bei Verteilaktionen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus
und Queerfeindlichkeit engagieren wollen.
- Für Fachkräfte: Der Schutz von Schüler*innen
und Lehrpersonal steht an erster Stelle. Sorgen - Wenn Sie oder Schüler*innen bedroht werden:
Sie dafür, dass niemand einer Gefährdung ausge- Wenden Sie sich an die Polizei und vermitteln sie
setzt wird. Reagieren Sie, wenn Schüler*innen be- in Rücksprache mit den Betroffen den Kontakt
droht oder beschimpft werden. Achten Sie darauf, zu Beratungsstellen. Machen Sie durch öffent-
dass Neonazis nicht auf das Schulgelände gelan- lichkeitswirksame Aktionen deutlich, dass ihre
gen und lassen Sie sich nicht provozieren. Schule für Demokratie und gegen Ausgrenzung
steht und stärken Sie Betroffenen und Engagier-
- Rufen Sie die Polizei und lassen Sie prüfen, ob ten den Rücken.
Straftaten vorliegen. Die Polizei kann Ihnen auch
ggf. helfen, das Hausrecht durchzusetzen.
3 An wen kann man
sich wenden?
Analyse und regionales Lagebild zur
extremen Rechten
Lichtenberger Register
lb@berliner-register.de
030 — 50 56 65 18
www.berliner-register.de/register/lichtenberg
Beratungsstelle für Schüler*innen
und Eltern
Anlauf- und Fachstelle für Diskriminierungs-
schutz an Schulen in Lichtenberg
auf-lichtenberg@raa-berlin.de
+49 160 96740429
https://auf-lichtenberg.de/
Beratung zum vor- und nachbereitenden
Umgang mit rechtsextremen Aktivitäten Beratungsstelle für Betroffene von
im Kontext Schule Bedrohungen und Angriffen
Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus, ReachOut
info@mbr-berlin.de beratung@reachoutberlin.de
030 — 81 79 85 810 030 — 69 56 83 39
www.mbr-berlin.de www.reachoutberlin.de

Fachlicher Austausch und aktiv werden


Fach- und Netzwerkstelle Licht-Blicke
mail@licht-blicke.org
030 — 50 56 65 18
www.licht-blicke.org

Eine Handreichung von: Fach- und Netzwerkstelle Licht-Blicke und Lichtenberger Register

Die Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung des BMFSFJ oder des BAFzA dar. Für inhaltliche Aussagen tragen die Autorinnen und Autoren die Verantwortung.
V.i.S.d.P.: Andreas Wächter/ pad gGmbH, Kastanienallee 55, 12627 Berlin

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