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PDF of Die Politische Und Mediale Reprasentation in Deutschland Lebender Muslime Eine Studie Am Beispiel Der Deutschen Islam Konferenz 1St Edition Masoumeh Bayat Auth Full Chapter Ebook
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Repräsentation in Deutschland
lebender Muslime Eine Studie am
Beispiel der Deutschen Islam
Konferenz 1st Edition Masoumeh Bayat
(Auth.)
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Masoumeh Bayat
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© Springer Fachmedien Wiesbaden 2016
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die
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tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind.
Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder
implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei verschiedenen Personen und Institutionen
bedanken, die zum Gelingen der vorliegenden Arbeit beigetragen haben. Mein
besonderer Dank gilt Prof. Dr. Sigrid Baringhorst für ihre exzellente und uner-
müdliche fachliche Betreuung als Erstgutachterin. Ihre kontinuierlichen Anmer-
kungen und Denkanstöße waren für meine Arbeit an der Dissertation unerläss-
lich. Auch für die uneingeschränkte Unterstützung weiterer Vorhaben, die ich
parallel zur Promotionsphase verwirklichen konnte, bedanke ich mich an dieser
Stelle ganz herzlich bei ihr.
Zudem danke ich Prof. Dr. Karin Schittenhelm, die mich als Zweitgutach-
terin hervorragend beraten und mir wertvolle Hinweise gegeben hat. Mein weite-
rer Dank gilt Frau Kölsch, die mir stets hilfreich zur Seite stand, sowie der Uni-
versität Siegen für das Promotionsabschlussstipendium.
Bei der Friedrich-Naumann-Stiftung bedanke ich mich für das Promotions-
stipendium, mit dem ich nicht nur finanziell gefördert wurde. Die zahlreichen
Begegnungen in der Stiftung und die Möglichkeiten, mich dort zu engagieren,
haben mich inspiriert. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich auch bei dem
Vertrauensdozenten der Stiftung, Prof. Dr. Hans Jürgen Schlösser.
Prof. David Laitin von der Stanford University und Dr. Scott Blinder von
der University of Oxford danke ich für die Betreuung während meiner unver-
gesslichen Forschungsaufenthalte.
Bedanken möchte ich mich weiterhin beim Bundesministerium des Innern
für die Kooperation und dafür, mir die Teilnahme an einer Plenarsitzung der
Deutschen Islam Konferenz ermöglicht zu haben. Bei den Interviewpartnern
bedanke ich mich ausdrücklich für ihre Aufgeschlossenheit und Bereitschaft, mir
wertvolle DIK-Teilnehmerperspektiven zu eröffnen.
Ohne den Rückhalt meiner Familie wäre das Schreiben dieser Arbeit nicht
möglich gewesen. Mein großer Dank gilt daher meiner Schwiegermutter Gisela,
meinem Bruder Reza sowie besonders meinem Lebenspartner Olli, der immer an
mich geglaubt, mich bedingungslos unterstützt und motiviert hat.
Ausgehend von dem Anspruch der im Jahr 2006 initiierten Deutschen Islam Kon-
ferenz (DIK), die Muslime in Deutschland bestmöglich in ihrer Vielfalt zu reprä-
sentieren, wird in der vorliegenden Studie der Frage nachgegangen, ob die DIK im
Zeitraum von 2006 bis 2010 einen Beitrag für eine bessere Repräsentation und
letztlich Inklusion der Muslime in Deutschland leisten konnte. Dadurch, dass die
Arbeit die politische und mediale Repräsentationsebene aneinander koppelt, eröff-
net sie einen gänzlich neuen Blick auf dieses deliberative Gremium.
Auf der Grundlage des konstruktivistischen Ansatzes der Wissenssoziolo-
gischen Diskursanalyse (WDA) wird die politikwissenschaftliche Perspektive
mit diskursanalytischen Fragestellungen verbunden. Im Rahmen der Analyse der
politischen Repräsentationsebene werden die staatlich angewandten Selektions-
kriterien für die Auswahl von muslimischen Repräsentanten herausgearbeitet
und reflektiert. Methodisch wird hierbei vor allem auf Experteninterviews und
Sekundäranalysen zurückgegriffen. Für die Untersuchung der medialen Reprä-
sentation wird analysiert, wie sich leitende Printmedien zu den muslimischen
Repräsentanten im Einzelnen und zum Repräsentationskonzept der DIK insge-
samt positionieren. Hierfür werden insbesondere qualitative als auch quantitative
Methoden der Diskursanalyse angewandt.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die DIK - besonders in der ersten
Konferenzphase (2006 - 2009) - vor allem aufgrund ihrer polaren Struktur von
muslimischen Verbänden auf der einen und ‚nicht-organisierten‘ Einzelpersonen
auf der anderen Seite eindeutig zur Erzeugung von Exklusionsmechanismen
beiträgt. Mit dem Blick auf die zweite DIK-Phase (2010 - 2013) und dem Aus-
blick auf die dritte DIK-Phase (ab 2014) zeichnet sich politisch eine Tendenz
dahingehend ab, dass sich vermehrt einer sachorientierten Zusammenarbeit zwi-
schen Staat und Muslimen zugewandt wird und sich damit einhergehend korpo-
rative Strukturen zu verstetigen scheinen.
Abbildungsverzeichnis ....................................................................................... 13
Tabellenverzeichnis ............................................................................................ 15
Abkürzungsverzeichnis....................................................................................... 17
1 Einleitung .................................................................................................. 19
1.1 Problembereich und Fragestellung .................................................... 19
1.2 Stand der Forschung.......................................................................... 23
1.3 Methodisches Vorgehen .................................................................... 29
1.3.1 Experteninterviews ...................................................................... 30
1.3.2 Printmedienanalyse ...................................................................... 36
1.3.2.1 Wissenssoziologische Diskursanalyse ............................... 36
1.3.2.2 Auswahl der Medien ......................................................... 43
1.3.2.3 Datenerhebung und Zusammenstellung des
Printmedienkorpus............................................................. 44
1.3.2.4 Computergestützte Datenanalyse ...................................... 49
1.4 Aufbau der Arbeit ............................................................................. 50
2 Grundlagen ............................................................................................... 53
2.1 Muslime in Deutschland - Daten, Fakten und
Herausforderungen ............................................................................ 53
2.1.1 Politische Repräsentation ............................................................. 56
2.1.1.1 Theoretische Grundlagen................................................... 56
2.1.1.2 Politische Repräsentation von Menschen mit
Migrationshintergrund ....................................................... 61
2.1.1.3 Islamische Organisationen................................................. 67
2.1.2 Mediale Repräsentation ............................................................... 85
2.1.2.1 Mediale Repräsentation in der Migrationsgesellschaft ...... 85
2.1.2.2 Der Islamdiskurs in Politik, Gesellschaft und Medien ...... 88
2.2 Die Deutsche Islam Konferenz ....................................................... 101
2.2.1 Entstehungskontext .................................................................... 101
2.2.2 Politische und theoretische Verortung ....................................... 103
2.2.3 Struktur ...................................................................................... 107
10 Inhaltsverzeichnis
1 Der Begriff ‚Menschen mit Migrationshintergrund‘ bezeichnet „alle Ausländer und eingebür-
gerte ehemalige Ausländer, alle nach 1949 als Deutsche auf das heutige Gebiet der Bundesre-
publik Deutschland Zugewanderte, sowie alle in Deutschland als Deutsche Geborene mit zu-
mindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil.“ (Sta-
tistisches Bundesamt 2014a, S. 6)
[…] [Dies, M.B.] entspricht […] einem Bevölkerungsanteil von 20,5 %. […] Mit
9,7 Millionen hatte der Großteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund
einen deutschen Pass, gut 6,8 Millionen waren Ausländerinnen und Auslän-
der.“ (Statistisches Bundesamt 2014b)2 Die vielen Herausforderungen, die mit
dieser Diversität einhergehen, werden oftmals unter den Termini ‚Integration‘3
sowie vermehrt ‚Inklusion‘4 zusammengefasst und betreffen vor allem die Berei-
che politische Partizipation und Repräsentation, Staatsbürgerschaft und Aufent-
haltsstatus, Arbeit, Bildung und Sprache als auch Kultur und Religion, womit
sowohl strukturelle, kulturelle, soziale als auch emotionale Dimensionen tangiert
werden (vgl. Esser 2006, S. 4).
Forderungen nach einer ‚besseren‘ Integration der Menschen mit Migrations-
hintergrund spielen in Öffentlichkeit und Politik eine wichtige Rolle und äußern
sich nicht zuletzt in politischen Foren wie dem Nationalen Integrationsgipfel oder
in der verstärkten Finanzierung von Forschungsinstitutionen und -projekten, die
sich ausschließlich mit dem Themenfeld Migration und Integration auseinanderset-
zen (wie z. B. der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und
Migration (SVR) GmbH). Neben diesen politischen Maßnahmen, die sich sehr
allgemein an die äußerst heterogene Gruppe ‚Personen mit Migrationshintergrund‘
richten, ist eine Bevölkerungsgruppe in den letzten Jahren ganz besonders in den
Fokus der Integrationsdiskurse5 gerückt: die Muslime.6
2 Die vollständigen Ergebnisse des Mikrozensus 2013 sind der entsprechenden Publikation des
Statistischen Bundesamtes zu entnehmen (vgl. Statistisches Bundesamt 2014a).
3 Der politisch und medial dominante Terminus ‚Integration‘ stammt von dem lateinischen
Begriff ‚integratio‘ ab und bezeichnet allgemein die „(Wieder-)Herstellung eines Ganzen durch
Einbeziehung außenstehender Elemente. […] In den Sozialwissenschaften [ist der Begriff,
M.B.] Fachausdruck für Vorgang oder Ergebnis des Zusammenwachsens oder -fügens von zu-
vor selbständigen Größen zu einer Einheit, z. B. die Einbindung aller, die es wünschen, ins ge-
sellschaftliche Leben, einschließlich des Zugangs zu den wichtigsten Institutionen und den
zentralen Ressourcen […].“ (Schmidt 2004, S. 322) Zur Vielschichtigkeit und Kontroversität
des Integrationsbegriffs vgl. z. B. Schulte (Schulte 2011, S. 59ff.).
4 Während der Exklusionsbegriff in den Sozialwissenschaften den „gesellschaftlich oder poli-
tisch konstruierten[n, M.B.] Ausschluss von der Teilhabe an Chancen, von Rechten oder vom
Konsum begehrter Güter und Dienstleistungen“ (Schmidt 2004, S. 218) benennt, bezieht sich
der Begriff Inklusion auf das Gegenteil, also den Zugang zu Teilhabechancen (vgl. Schmidt
2004, S. 316).
Im Mediendiskurs und in der Politik ist der Integrationsbegriff, der spezifisch auf die Gruppe
der Menschen mit Migrationshintergrund angewandt wird, vorherrschend; jedoch ist auch hier
eine vermehrte Verwendung der weiter gefassten Begriffe ‚Inklusion‘ und ‚Exklusion‘ festzu-
stellen (vgl. Özdemir 2011). In der vorliegenden Arbeit werden die erläuterten Begriffe kon-
textspezifisch verwendet.
5 Der Terminus ‚Integrationsdiskurs‘ wird hier als ein Teildiskurs des ‚Migrationsdiskurses‘
verwendet (vgl. hierzu Erläuterungen in Fußnote 87).
6 Der Begriff ‚Muslime‘ bezieht sich in der vorliegenden Arbeit nicht nur auf männliche Perso-
nen muslimischer Glaubenszugehörigkeit. Zugunsten der Lesbarkeit wird für Muslime sowie
Problembereich und Fragestellung 21
Insbesondere seit den Anschlägen vom 11.09.2001 (vgl. Kapitel 4.2) ist ein
sich stetig verfestigender politischer und gesellschaftlicher Diskurs zu beobach-
ten, in welchem die in Deutschland lebenden Muslime aufgrund ihrer Religions-
zugehörigkeit vermehrt als ‚Nicht-Integrierte‘ identifiziert und gleichzeitig mit
der Forderung nach einer verstärkten Integration konfrontiert werden. Zuneh-
mend wird somit nicht mehr nur über die Integration der Menschen mit Migrati-
onshintergrund im Allgemeinen diskutiert, sondern spezifisch über die islami-
sche Religion und die muslimischen Religionsangehörigen, denen nicht selten
die Integrationsfähigkeit gänzlich abgesprochen wird (vgl. Tezcan 2003, S. 240).
Ereignisse wie die Ermordung des Filmemachers van Gogh, der Streit um die
Mohammed-Karikaturen, die sogenannten ‚Ehrenmorde‘ sowie diverse Studien
werden in öffentlichen Diskussionen häufig als Anlass dafür genommen, Debat-
ten zur Integration im Allgemeinen zu einer spezifischen Debatte über Muslime
zu verschieben.7 8 Der Islam hat sich somit zu einer entscheidenden Kategorie
innerhalb des politischen und öffentlichen Integrationsdiskurses entwickelt (vgl.
Halm 2008, S. 11).9 Auf politischer Ebene ist insbesondere die 2006 initiierte
Deutsche Islam Konferenz10 ein deutlicher Ausdruck dafür, dass die muslimische
Bevölkerung auch in der Politik als Gruppe herausgestellt wird, die besonderer
integrationspolitischer Maßnahmen bedarf.
Ein Kernanliegen der Deutschen Islam Konferenz besteht in der adäquaten
Repräsentation der Muslime in Deutschland (vgl. Deutsche Islam Konferenz
2010d). Im Gegensatz zu den meisten ihrer politischen Vorgängergremien setzt
die DIK auf die aktive Teilnahme der angesprochenen Gruppe und folgt damit
dem Prinzip der deskriptiven Repräsentation (vgl. Bausch 2011, S. 257; Zinterer
2007, S. 151, 159). Mit dem Anspruch, die in Deutschland lebenden Muslime
angemessen zu vertreten, geht gleichzeitig die Herausforderung einher, der mus-
limischen Vielfalt gerecht zu werden. Der damalige Bundesinnenminister de
Maizière äußerte hierzu in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung im
Jahr 2010: „Es geht mir […] darum, dass sich möglichst viele Muslime von der
Deutschen Islamkonferenz repräsentiert fühlen.“ (Preuß 2010) De Maizière be-
nennt damit die zwei relevanten Ebenen, auf der die Muslime im Rahmen der
alle weiteren Gruppen nachfolgend das generische Maskulinum verwendet, um alle Ge-
schlechtszuordnungen einzuschließen.
7 Erst im Jahr 2012 führte die Studie ‚Lebenswelten junger Muslime in Deutschland‘ des Bun-
desministeriums des Innern (vgl. Frindte et al. 2011) zu polarisierenden Schlagzeilen wie etwa
„Studie: Viele junge Muslime wollen sich nicht integrieren“ (Die Welt Kompakt 2012).
8 In Kapitel 4.2 dieser Arbeit findet sich eine Chronologie und Erläuterung dieser und weiterer
diskursiver Ereignisse, die sich für den DIK-Diskurs als prägend herausgestellt haben.
9 In Kapitel 2.1.2.2 wird detailliert auf den in Deutschland geführten Islamdiskurs eingegangen.
10 In dieser Arbeit wird der offizielle Titel ‚Deutsche Islam Konferenz‘ synonym zum Terminus
‚Islamkonferenz‘ verwendet.
22 Einleitung
Konferenz repräsentiert werden sollen: Zum einen weist er auf die bereits er-
wähnte politische, deskriptive Ebene hin, die auf die Besetzungspolitik der Kon-
ferenz abzielt. Zum anderen bezieht er sich auf die affektive Ebene der Reprä-
sentation, die sich symbolisch insbesondere im begleitenden Mediendiskurs
äußert (vgl. Göhler 2007, S. 113). Gerade dadurch, dass die DIK als deliberatives
Gremium11 nur eingeschränkte Gestaltungsmacht auf politischer Ebene besitzt
und nicht demokratisch gewählt ist, kommt ihrer symbolpolitischen Wirkung
- und damit ihrer öffentlichkeitswirksamen Seite - eine Schlüsselrolle zu.
Ausgehend von diesen beiden Aspekten wird die Deutsche Islam Konferenz
in der vorliegenden Arbeit in Bezug auf das Zusammenwirken von deskriptiver
und symbolischer Repräsentation analysiert.12 Damit wird der engen Verbindung
zwischen politischer und medialer Repräsentation Rechnung getragen, welche in
der DIK ihre Wirkmacht entfaltet.13
Ob die DIK einen Beitrag zu einer verbesserten Repräsentation der Musli-
me, zu einem Mehr an Differenzierung und letztlich zu einer erhöhten Inklusion
von Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland leistet, oder ob das auf
eine Identität14 reduzierte „vereinheitlichte ‚Andere‘ diskursiv hervorgebracht“
(Bausch 2013, S. 95) wird, kann nur in einer Kombination aus der Analyse bei-
der Repräsentationsebenen erörtert werden. Medien sind in diesem Kontext als
valider Indikator des Erfolgs des deliberativen Gremiums zu sehen, da sie den
symbolischen Output der Repräsentationspolitik aufzeigen. Entsprechend wird
der mediale Diskurs über die DIK-Repräsentanten bzw. die DIK-Repräsentation
als inhärenter Bestandteil der politischen Repräsentationsdimension betrachtet
und analysiert.
Auf dieser Grundlage ergeben sich die folgenden Leitfragen, die im Zent-
rum der kommenden Analysen stehen:
11 Deliberative Gremien sind als beratende politische Foren zu verstehen. Zur genauen Definition
vgl. Kapitel 2.1.1.2.
12 Zur genauen Definition der deskriptiven und symbolischen Repräsentation vgl. Kapitel 2.1.1.1.
13 In Bezug auf Menschen mit Migrationshintergrund schreibt Baringhorst: „Fragen der angemes-
senen politischen Repräsentation von Personen mit Migrationshintergrund sind eng verbunden
mit der Frage ihrer allgemeinen symbolischen Repräsentation und aktiven Beteiligung an öf-
fentlichen, zumeist medial vermittelten politischen Diskursen.“ (Baringhorst 2013, S. 57) Die-
se Verknüpfung beider Repräsentationsebenen ist ebenso übertragbar auf die Repräsentation
der Muslime in der DIK.
14 In diesem Kontext ist auf Klein zu verweisen, die betont, dass Identität(en) nicht als statisch zu
begreifen sind, sondern als sich in einem stetigen Wandel befindend und sich daher immer
wieder neu konstruierend (vgl. Klein 2008, S. 3).
Stand der Forschung 23
Wie wird das Plenum der DIK auf muslimischer Seite besetzt und welche
Selektionsmechanismen der politischen Akteure werden dadurch erkennbar
(deskriptive Repräsentation)?15 Welche Muslime werden damit politisch als
Repräsentanten anerkannt?
Welche Muslime werden im öffentlichen Diskurs als legitime politische
Repräsentanten anerkannt bzw. wie werden diese jeweils bewertet? Wird
die Vielfalt der Muslime sichtbar, damit sich letztlich eine inklusive Wir-
kung für die muslimische Bevölkerung in Deutschland entfalten kann (sym-
bolische Repräsentation)?
15 Zu dieser Fragestellung vgl. auch Mikuszies et al. (Mikuszies et al. 2010, S. 105).
24 Einleitung
16 Unter Korporatismus ist in dieser Arbeit „die auf freiwilliger Mitgliedschaft basierende Inte-
ressenvermittlung“ (Schmidt 2004, S. 388) zu verstehen, die auf einer „Kooperation und Koor-
dination von Staat und Verbänden […] bei der Formulierung und Ausführung gesamtgesell-
schaftlich relevanter Entscheidungen […]“ (Schmidt 2004, S. 389) beruht. Diesem Verständnis
entsprechend werden häufig die Termini ‚liberaler Korporatismus‘ oder ‚Neo-Korporatismus‘
verwendet (vgl. Schmidt 2004, S. 388).
17 Die Bezeichnungen islamische und muslimische Organisationen bzw. Verbände werden nach-
folgend synonym verwendet.
Stand der Forschung 25
Sehr gut erforscht ist die vergangene und gegenwärtige mediale Darstellung von
Menschen mit Migrationshintergrund im Allgemeinen, wie beispielsweise
Ruhrmann et al. in einem Überblick zum Migrationsdiskurs von den 60er Jahren
bis hin zum 21. Jahrhundert aufzeigen (vgl. Ruhrmann et al. 2006, S. 48f.), so-
wie das damit verknüpfte Integrationspotential der Medien, dem sich etwa Geiß-
ler und Pöttker eingehend widmen (vgl. Geißler und Pöttker 2006).
Der Islamdiskurs hat sich insbesondere im Zuge der Entwicklungen von
‚9/11’ zu einem eigenen Forschungsgegenstand entwickelt, dem in unterschiedli-
chen Medien und unter facettenreichen Fragestellungen nachgegangen wird.
Dezidiert analysiert wurde bisher sowohl das Fernsehen im Hinblick auf etablier-
te Sender und Sendungsformate (vgl. bspw. Hafez und Richter 2007; Ruhrmann
et al. 2006; Karis 2013) als auch die Printmedienlandschaft (vgl. z. B. Schiffer
2004; Friedrich und Schultes 2013). Etliche Printmedienanalysen wurden dem
diskursiven Ereignis ‚Karikaturenstreit‘ gewidmet, das augenscheinlich große
Aufmerksamkeit erregt hat (vgl. etwa Jäger 2009b; Ata 2011; Wahl 2011).
Im Kontext der Deutschen Islam Konferenz ist auch Rauers Untersuchung
der medialen Repräsentation ausgewählter türkischer Verbände erwähnenswert
(vgl. Rauer 2008). Seine Befunde zeigen, dass eine Institutionalisierung der Or-
ganisationen in allen von ihm analysierten Printmedien festgestellt werden kann
und dass zudem keine Präferenzen für eine der Organisationen erkennbar sind.
Dies ist zumindest in Bezug auf die in der DIK vertretene Türkische Gemeinde
von - wenn auch nicht unmittelbarem - Interesse für die vorliegende Studie.
In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung der großen islamischen Ver-
bände für Politik und Öffentlichkeit steht eine Analyse der medialen Repräsenta-
tion dieser noch aus.
Auch Arbeiten zum gesellschaftlichen Diskurs, der häufig an den medialen
anknüpft, sind etwa im Zusammenhang mit Konstruktions- und Kategorisie-
rungsprozessen von Muslimen vorzufinden (vgl. z. B. Spielhaus 2010).
Die Studienergebnisse stimmen in der Regel darin überein, dass Muslime
und der Islam in den deutschen Medien bereits seit Jahrzehnten überwiegend im
Problemkontext verhandelt werden. Besonders seit dem 11. September 2001
erfolgen diese medial erzeugten Kontextualisierungen demnach oft mit Bezug-
nahmen auf Bedrohungsszenarien, die vor dem Hintergrund einer gesellschaft-
lich vorhandenen ablehnenden Haltung dem Islam und Muslimen gegenüber
kritisch beobachtet werden (vgl. Halm et al. 2007, S. 38; Saeed 2007, S. 454ff.).
Weiterhin weisen die Befunde auf den Trend hin, dass viele Debatten unter-
schiedlichen diskursiven Ursprungs auf die Kategorie ‚Muslim‘ bzw. ‚Islam‘
Stand der Forschung 27
18 Auf aktuelle Publikationen, die sich etwa auf Aspekte wie Sprache (vgl. Hentges 2014) und
Mediation (vgl. Große 2014) im Kontext der DIK beziehen und als nicht relevant für die vor-
liegende Arbeit erachtet werden, sei an dieser Stelle lediglich kurz verwiesen.
19 Lediglich am Ende der Veröffentlichung reißt Tezcan kurz die Konstitution der zweiten DIK-
Phase an (vgl. Tezcan 2012, S. 155ff.).
28 Einleitung
zu dem Schluss, dass dieser im Jahr 2006 zwar islamkritisch beginnt, aber schon
2009 als differenziert und integrationsförderlich betrachtet werden kann.
Zu einem gänzlich anderen Ergebnis als Hermani kommt Shooman, die in
ihrer Untersuchung zur medialen Rezeption der DIK in den Tageszeitungen Die
Welt und Frankfurter Allgemeine Zeitung feststellt, dass der Diskurs ‚gute‘ und
‚schlechte‘ Muslime konstruiert und so Stereotype manifestiert.
Weitere medienanalytische Untersuchungen, die zum einen den Facetten-
reichtum der Medienlandschaft berücksichtigen und zum anderen eine wissen-
schaftliche Distanz zum Forschungsgegenstand gewährleisten, sind bisher nicht
veröffentlicht worden.
Zusammenfassung
Insgesamt fällt auf, dass sich die ohnehin rar vorhandene Literatur zur DIK fast
ausschließlich auf den Zeitraum von 2006 bis 2009 beschränkt und somit jegli-
che Entwicklungen der Konferenz, die 2010 mit dem Wechsel des Bundesin-
nenministers eintraten, analytisch weitgehend unberücksichtigt bleiben. Dabei
können nur mit dem Einbezug dieser innerhalb der DIK vollzogenen Verände-
rungen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie sich die Repräsentation im
Laufe der Konferenz verändert hat und welche Bedeutung diese Modifizierungen
für das Zusammenspiel von der politisch-deskriptiven und der medial-symbo-
lischen Ebene der Repräsentation haben. Auf solch einer Grundlage können
weiterführende fundierte Überlegungen, etwa zur neu eingeleiteten dritten DIK-
Phase ab dem Jahr 2014 sowie zu weiteren politisch initiierten deliberativen
Foren, angestellt werden.
Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass vor dem Hintergrund des
vorhandenen (politischen und medialen) Repräsentationsdefizits der Muslime in
Deutschland eine differenzierte Analyse der Deutschen Islam Konferenz, die
sowohl die politische als auch die mediale Ebene der Repräsentation einbezieht
und aneinander koppelt, ein Desiderat der Forschung darstellt.
1.3.1 Experteninterviews
20 Die Bezeichnung der Teilnehmer der DIK als ‚muslimisch‘ wird nachfolgend vor dem Hinter-
grund verwendet, dass die Partizipanten als Repräsentanten der Muslime in die DIK eingeladen
und von staatlicher Seite mit der Kategorie ‚muslimisch‘ versehen wurden. Wie im Zuge der
Arbeit deutlich wird, sind einige Akteure im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zum muslimi-
schen Glauben durchaus umstritten (vgl. Diskussion in Kapitel 3.2).
21 Zu methodischen und theoretischen Diskussionen zum Experteninterview vgl. bspw. Bogner
und Menz (Bogner und Menz 2002b).
Methodisches Vorgehen 31
22 Das Deutungswissen schließt demnach den Experten als Privatperson ein; eine eindeutige
Trennung zwischen dem Interviewten als Experten und Privatperson ist nach Bogner und Menz
weder möglich noch sinnvoll (vgl. Bogner und Menz 2002a, S. 44f.).
32 Einleitung
von Meuser und Nagel entwickelt wurde, zielt in Abgrenzung zu den anderen
beiden Interviewtypen nicht allein „auf das explizite Sonderwissen des Experten
bzw. der Expertin […], sondern auch auf das implizite Handlungs- und Deu-
tungswissen, das in der (professionellen) Praxis erworben wird.“ (Littig 2008)
Das Deutungswissen ist dabei als analytische Konstruktion aufzufassen, die
durch die Interpretationsleistung des Forschers hergestellt wird (vgl. Bogner und
Menz 2002a, S. 44). Im Rahmen dieser Studie wird auf das theoriegenerierende
Interview zurückgegriffen, da es nicht nur um die bloße Informationsgewinnung
im Untersuchungsfeld ‚Repräsentationspolitik in der DIK‘ gehen soll, sondern
auch um die subjektive Dimension des Expertenwissens, wenn es etwa um Ein-
schätzungen und Positionierungen der Interviewten zur Besetzungspolitik in der
Islamkonferenz geht.
23 Die Bezeichnung ‚Komplize‘ ist alltagssprachlich eindeutig negativ konnotiert und wird ge-
wöhnlich im Zusammenhang mit Straftaten im Sinne einer Mittäterschaft verwendet. Sie ist
daher leicht irreführend. Die Rolle als sogenannter ‚Komplize‘ beinhaltet stattdessen, dass der
Interviewer als Vertrauensperson auftritt, die Erfahrungen mit dem Experten teilt.
24 Eine Übersicht zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Interviewer-Typen sind bei Bogner
und Menz zu finden (vgl. Bogner und Menz 2002a, S. 62f.).
34 Einleitung
2006, S. 140). Alle Fragen werden weiterhin im Hinblick auf ihre Relevanz, auf
Inhalte und mögliche Antworten sowie auf die Formulierung und Platzierung
innerhalb des Leitfadens entwickelt und geprüft. Je nach Interviewpartner wer-
den die Leitfragen modifiziert, um auf den Experten individuell eingehen und
spezialisiertes Wissen abrufen zu können (vgl. Gläser und Laudel 2006, S.
145ff.). So variieren beispielsweise einige Leitfragen für die Interviews mit mus-
limischen Repräsentanten, die zum Zeitpunkt des Gesprächs als eingeladene
Mitglieder der DIK zu verzeichnen waren, von denen, die die DIK aufgrund von
Konflikten bereits verlassen hatten.
In Anknüpfung an Gläser und Laudel sind bei der Auswahl von Interviewpart-
nern für diese Studie zwei Kernfragen entscheidend (vgl. Gläser und Laudel
2006, S. 113):
Für die vorliegende Arbeit ist ein weiteres Auswahlkriterium, dass sowohl mus-
limische Repräsentanten aus der ersten Phase der DIK als auch aus der zweiten
Phase befragt werden sollen, um etwaige Veränderungsprozesse in der DIK-
Besetzungspolitik zu erfassen. Weiterhin sollen solche Verbände berücksichtigt
werden, die in Bezug auf Größe und Mitgliederstruktur variieren, um unter-
schiedliche Perspektiven zur Repräsentation in der DIK unter den islamischen
Organisationen einzufangen.
Die Anzahl der ausgewählten Experten orientiert sich neben dem zeitlichen
Faktor, der sich vor allem in der Durchführung und Auswertung der Interviews
äußert, insbesondere an dem „Ausmaß, in dem man durch die Einbeziehung
zusätzlicher Interviewpartner die empirische Absicherung der Rekonstruktion
verbessert“ (Gläser und Laudel 2006, S. 111), also zur Informationsgewinnung
beiträgt.
Für diese Arbeit wurden schließlich folgende sieben Experten interviewt:
Turgut Yüksel: Soziologe, der als Einzelperson an der ersten Phase der DIK
teilnahm; Interview geführt am 14.11.2012 in Frankfurt a. M.
Sineb El Masrar: Herausgeberin und Chefredakteurin des Gazelle-Maga-
zins, die als Einzelperson an der zweiten Phase der DIK teilnahm; Interview
geführt am 08.03.2013 in Berlin.
Ayman Mazyek als Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland
e. V. (ZMD): nicht allzu großer, aber sehr bekannter Verband, der an der ers-
ten Phase der DIK teilnahm; telefonisches Interview geführt am 16.01.2013.
Ali Kizilkaya als Vorsitzender des Islamrates für die Bundesrepublik
Deutschland e. V. (IRD): großer Verband, der an der ersten Phase der DIK
teilnahm; Interview geführt am 07.11.2012 in Köln.
Dr. Bernes Alihodzic als Vorsitzender der Islamischen Gemeinschaft der
Bosniaken (IGBD): großer bosnisch orientierter Verband, der an der zwei-
ten Phase der DIK teilnahm; schriftliche Interviewantwort erhalten am
07.01.2013.25
25 Mit dem IGBD konnte lediglich ein schriftliches Interview geführt werden, das sich jedoch
ebenfalls an dem Interviewleitfaden orientierte und somit inhaltlich vergleichbare Ergebnisse
hervorbringt.
36 Einleitung
1.3.2 Printmedienanalyse
26 Foucault definiert den ‚Diskurs‘ im Werk ‚Archäologie des Wissens‘ als „[…] eine Menge von
Aussagen, die einem gleichen Formationssystem zugehören. Und so werde ich von dem klini-
schen Diskurs, von dem ökonomischen Diskurs, von dem Diskurs der Naturgeschichte, vom
psychiatrischen Diskurs sprechen können.“ (Foucault 1981, S. 156)
27 Weitere Ansätze der Diskursforschung, die an die WDA angrenzen oder sich auch deutlich von
dieser abgrenzen lassen, sind bei Keller nachzulesen (vgl. Keller 2010, S. 204f., 2011a, S. 13-
64).
28 Details zu den genannten konstruktivistischen Forschungsperspektiven sind zu finden bei
Berger und Luckmann (vgl. Berger und Luckmann 1972) sowie bei Foucault (vgl. bspw. Fou-
cault 1981, 1992).
29 Ähnlich positioniert sich auch Nullmeier, der den Mangel an politikwissenschaftlich ausgerich-
teten Diskursanalysen beklagt und vorschlägt, die wirklichkeitskonstituierende Dimension von
38 Einleitung
und/oder mittels der Prominenz (z. B. der Popularität eines Autors) gebildet. So
kann beispielsweise ein Prominentenstatus oder eine Verbandssprecherfunktion
darüber entscheiden, ob die Teilnahme an einem bestimmten öffentlichen Dis-
kurs überhaupt ermöglicht wird. Letztlich werden über den Status Diskurshierar-
chien gebildet, die über die Chancen, gehört zu werden, entscheiden (vgl. Keller
2008, S. 253, 263). Keller verwendet für diese statusbasierte Akteurskategorie
den Terminus der ‚Sprecherposition‘.
Eine weitere wichtige Kategorie bezieht sich auf die medial angebotenen
Interpretationsschemata, die entscheidend dafür sind, wie die jeweiligen Akteure
bewertet werden (bspw. als verantwortungsbewusst, radikal usw.) (vgl. Keller
2008, S. 235); Keller nennt diese Kategorie ‚Subjektposition‘.
Schließlich geht es auch um die Frage, die als Grundlage für die beiden vo-
rigen Kategorien betrachtet werden kann: Wer tritt als Sprecher und damit Aus-
sageproduzent in den Diskursen auf? Von Bedeutung ist hier insbesondere, wer
in welchen Medien spricht und welche Inhalte und Positionen in welchen Medi-
en platziert werden und sich durchsetzen können (vgl. Keller 2008, S. 223,
2011a, S. 66f.; Gerhards et al. 1998, S. 41). Die Sprecher werden dabei nicht als
individuelle Subjekte betrachtet, sondern als Repräsentanten sozialer Gruppen,
d. h. z. B. als Vertreter bestimmter Verbände (vgl. Keller 2008, S. 253). Für die
vorliegende Studie ist daher von Bedeutung, welche Gruppe die zu Wort kom-
menden Akteure vertreten. Keller bezeichnet diese Akteurskategorie mit dem
Begriff ‚soziale Akteure‘.
Grundlegend zu beachten ist, dass die WDA keine spezifische Methode be-
zeichnet und in ihrer Umsetzung der jeweiligen Forschung angepasst werden
muss (vgl. Keller 2010, S. 208). Vielmehr benennt sie „zuallererst einen Gegen-
standsbereich und ein Untersuchungsprogramm“ (Keller 2006, S. 138) im Sinne
einer „organisierenden Perspektive“ (Keller 2006, S. 138), von der ausgehend
vielfältige Methoden zur Anwendung kommen können. Auf Basis der oben dar-
gelegten Forschungsfragen speist sich das individuelle Vorgehen in der Medien-
analyse dieser Arbeit daher aus dem konstruktivistischen Rahmen der WDA, der
mit weiteren diskursanalytischen, zum Teil linguistisch geprägten Überlegungen
sowie Aspekten der Grounded-Theory-Methodologie ergänzt wird.
Die ersten forschungspraktischen Schritte dieser Untersuchung bestehen
zunächst im Festlegen des zu analysierenden Diskurses sowie der Entwicklung
einer konkreten Fragestellung und können wohl als essentielle ‚Vorarbeiten‘
eines üblichen diskursanalytischen Vorgehens bezeichnet werden (vgl. u. a. Ka-
pitel 1.1).31 Bei der Auswahl der Medien, der Zusammenstellung des Printmedi-
enkorpus (vgl. Kapitel 1.3.2.2 und 1.3.2.3) als auch bei der Datenanalyse (vgl.
Kapitel 4) werden Kellers Überlegungen mit denen von Jäger32 verbunden und
zu einem fundierten Orientierungsrahmen für die Medienanalyse dieser Arbeit
zusammengeführt.33 Jägers (Diskurs-)Analyseleitfaden sieht nachfolgende
Schritte vor, die sich vergleichbar auch in der vorliegenden Studie finden lassen
(vgl. z. B. Jäger 2009a, S. 190ff., 2006, S. 104ff.):34 Nach einer fundiert begrün-
deten Auswahl des Untersuchungsgegenstandes (vgl. u. a. Kapitel 1) wird der
diskursive Kontext skizziert, in den der zu untersuchende Mediendiskurs einge-
bettet ist (vgl. Kapitel 4.2). Auch die Selektion der jeweiligen Zeitungen wird
begründet sowie deren Charakteristik - bspw. in Bezug auf die politische Veror-
tung - dargelegt (vgl. Kapitel 1.3.2.2). Es folgt die Erstellung eines ersten Mate-
rialkorpus (vgl. Kapitel 1.3.2.3). Dieser wird nach grundlegenden Kriterien
(grob) analysiert und schrittweise auf die für die Fragestellung wesentlichen
Texte reduziert, um zu einem Überblick über den Diskurs bzw. die Diskursstruk-
tur zu gelangen (vgl. Kapitel 4.3 bis 4.5.2). Auf der Grundlage dieser strukturie-
renden Grobanalyse werden letztlich die Diskurspositionen der einzelnen Print-
medien bestimmt (vgl. Kapitel 4.5.2 bis 4.5.4), um zur Feinanalyse exemplari-
scher Artikel je Zeitung übergehen zu können (vgl. Kapitel 4.5.5). Nach der
Feinanalyse dieser Texte bzw. Diskursfragmente wird mit Rückgriff auf die
vorigen grobanalytischen Schritte die diskursive Verhandlung des Themas bzw.
des Diskursstrangs je Zeitung reflektiert und zu einer Gesamtinterpretation des
diskursiven Verlaufs zusammengeführt (vgl. Kapitel 4.6). Den Abschluss bildet
die sogenannte ‚synoptische Analyse‘, die eine „vergleichend-zusammenfas-
sende Analyse“ (Jäger 2006, S. 106) der Printmedien vorsieht, um die Bandbrei-
32 Auch wenn der Kritischen Diskursanalyse von einigen Seiten marxistische Wurzeln nachgesagt
werden und der Ansatz daher durchaus umstritten ist (vgl. Keller 2011b, S. 152), so sind ihre
Analysen, die den politischen mit dem gesellschaftlichen und sprachlich-medialen Diskurs
verbinden, oftmals sehr detailliert und aufschlussreich. Wie die weiteren Ausführungen zeigen,
werden ähnliche Ansätze auch von zahlreichen anderen (Diskurs-)Forschern angewandt und
führen teilweise zu vergleichbaren Ergebnissen (vgl. etwa Fußnote 33 sowie Kapitel 2.1.2.2).
33 Zwischen Keller und Jäger gibt es etliche methodische Gemeinsamkeiten in der diskursanalyti-
schen Herangehensweise, die sich vom tabellarischen Erfassen aller relevanten Texte in Bezug
auf Inhalt und Diskursstränge über Kriterien bei der Reduktion des Textkorpus bis hin zur
Feinanalyse erstrecken. Hierbei wird teilweise (lediglich) mit verschiedenen Begrifflichkeiten
gearbeitet. Auch die konstruktivistische Grundannahme, dass Diskurse Wirklichkeit gestalten,
teilt Siegfried Jäger mit Reiner Keller und greift in seinen diskurstheoretischen Begründungen
ebenfalls auf Foucault zurück (vgl. Jäger 2006, S. 87ff.).
34 Dass die beschriebenen analytischen Etappen in der vorliegenden Arbeit nicht unmittelbar
nacheinander erfolgen, sondern sich über diese verteilen, liegt vor allem daran, dass die Studie
nicht ausschließlich diskursanalytisch ausgerichtet ist und sich so weitere Kapitel zwischen die
einzelnen Schritte einfügen. Auch werden die dargelegten analytischen Etappen nicht einfach
übernommen, sondern in Anpassung an die Perspektive dieser Arbeit aufgegriffen und inter-
pretiert.
Methodisches Vorgehen 41
35 Detaillierte Informationen zu den Grundlagen der Grounded Theory sind bei den ‚Urhebern‘
Glaser und Strauss zu finden (vgl. Glaser und Strauss 1967); Erläuterungen zur (Weiter-)Ent-
wicklung der Forschungsstrategie sind beispielsweise nachzulesen bei Mey und Mruck (vgl.
Mey und Mruck 2009).
42 Einleitung
Strategien eine tragende Rolle für die konkrete Ausgestaltung der Printmedien-
analyse. Dies wird exemplarisch in der detaillierten Feinanalyse (vgl. Kapitel
4.5.5) deutlich: So unterscheidet Jäger beim feinanalytischen Vorgehen den
institutionellen Rahmen des Textes (z. B. das Benennen von Autor und Textsor-
te), die Oberflächenstruktur des Artikels (z. B. das Identifizieren von Überschrif-
ten und Sinneinheiten), die sprachlich-rhetorischen Mittel (z. B. mit Blick auf
Kollektivsymbole36, Wortschatz, Redewendungen, Anspielungen), die inhaltlich-
ideologischen Aussagen (z. B. in Bezug auf das vermittelte Gesellschaftsver-
ständnis) und die Interpretation (bspw. in Bezugnahme auf den diskursiven Kon-
text) voneinander (vgl. Jäger 1998, S. 174ff.). Wie Kapitel 4.5.5 zu entnehmen
ist, werden diese feinanalytischen Etappen für die vorliegende Studie aggregiert
und modifiziert. Vor allem wird der starke Fokus auf linguistische Aspekte zu-
gunsten einer Perspektive verändert, die der politikwissenschaftlichen Fragestel-
lung dieser Arbeit gerecht wird und vorwiegend nach inhaltlich-argumentativen
Mustern sucht. Diese können durchaus an sprachliche Aspekte geknüpft sein, die
aber nicht den Fokus der Analysen darstellen. Hier ist ersichtlich, dass der skiz-
zierte Leitfaden lediglich als grober Orientierungsrahmen für diese Arbeit dient.
Zusätzlich erwähnt sei an dieser Stelle, dass die detaillierten Untersuchun-
gen der einzelnen Zeitungsartikel in der Feinanalyse III ausschließlich mit den
Hilfsmitteln ‚Bleistift und Papier‘ - und eben nicht computergestützt - erfolgen.
Wie in der vorliegenden Studie jeweils an den einzelnen Stellen der Medi-
enanalyse vorgegangen wird, also welche Etappen genau in der Grob- und Fein-
analyse als wichtig erachtet und durchgeführt werden, ist in den jeweiligen Kapi-
teln nochmals anschaulich beschrieben (vgl. Kapitel 4.1 sowie Abbildung 4).
Bevor der Frage nach der medialen Repräsentation der DIK-Teilnehmer nachge-
gangen wird, ist festzulegen, welche Medien genau in diesem Zusammenhang
untersucht werden sollen. Printmedien stellen - auch bzw. insbesondere in Zeiten
des Web 2.0 - eine fundierte und überprüfbare Informationsquelle dar, die für
viele gesellschaftliche und politische Akteure in Deutschland den ersten Zugang
36 Kollektivsymbole bieten eine koppelnde Funktion in der Weise, dass sie Widersprüche verber-
gen können und dabei den Anschein von Plausibilität erwecken. Zudem führt der Einsatz sol-
cher Kollektivsymbole zur Entfaltung bestimmter Logiken, die unweigerlich mit dem Symbol
konnotiert werden. Wird also etwa in einem Artikel von einer ‚Flüchtlingsflut‘ berichtet, so ist
damit eine weitreichende Assoziationskette verbunden, die aufgrund der drohenden, ebenfalls
kollektivsymbolischen ‚Überschwemmung‘ auf Aspekte wie Chaos, Panik und Untergang an-
spielt. „Die Kollektivsymbolik wird sozusagen weitererzählt“ (Jäger et al. 1998, S. 23), wie Jä-
ger et al. anmerken.
44 Einleitung
zu zahlreichen Themen bildet. Die Tatsache, dass rund zwei Drittel der Deut-
schen über 14 Jahren regelmäßig eine gedruckte Tageszeitung lesen und der
deutsche Zeitungsmarkt der größte Europas ist, unterstreicht die Bedeutung des
Printmediums (vgl. bspw. Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V.
2012, S. 5; Pasquay 2010, S. 1). Überregionale Zeitungen haben mit einer Aufla-
ge von derzeit rund 1,5 Mio. - vor allem im Vergleich zu lokalen und regionalen
Zeitungen mit etwa 13 Mio. - zwar einen quantitativ geringen Anteil an der Ge-
samtauflage der Zeitungen von rund 23,2 Mio. (vgl. Bundesverband Deutscher
Zeitungsverleger e. V. 2012, S. 3), doch gelten gerade sie als sogenannte ‚opini-
on leader‘, deren Themensetzungen und Darstellungen entscheidenden Einfluss
auf andere Medien und schließlich auf die öffentliche Meinungsbildung ausüben
(vgl. Madeker 2008, S. 100; Ata 2011, S. 54). Diese oft als ‚Qualitätszeitungen‘
bezeichneten Printmedien haben einen besonderen Status der Glaubwürdigkeit
sowie Seriosität inne und bieten daher ein aufschlussreiches Fundament für die
nachfolgenden Analysen (vgl. Hafez 2002, S. 32; Jäger et al. 1998, S. 94).
Bezogen auf den diskursiven Kontext, der vornehmlich entlang von Print-
medien konstruiert wird (vgl. Kapitel 2.1.2.2), bietet die Untersuchung von Zei-
tungen überdies viele analytische Anknüpfungspunkte an Studien zum Islamdis-
kurs sowie zu angrenzenden Diskursen. Damit ergibt sich zusätzlich die Mög-
lichkeit, die medienanalytischen Befunde der vorliegenden Studie in Verbindung
mit den printmedialen Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte entspre-
chend verorten und bewerten zu können.
Wie bei allen diskursanalytischen Arbeiten stellt sich auch bei der vorliegenden
Studie die Frage danach, wann die Analyse als vollständig und entsprechend
aussagekräftig erachtet werden kann. Nach Jäger geht es bei der Diskursanalyse
um das Herausarbeiten von Sagbarkeitsfeldern, die meist ohne „riesige[…] Ma-
terialmengen“ (Jäger 2006, S. 103) erfasst werden können: „Die Argumente und
Inhalte, die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten sozialen Ort […] zu
einem Thema […] zu lesen […] sind, sind bemerkenswert beschränkt […].“
(Jäger 2006, S. 103) Daran anknüpfend spielen in Diskursanalysen generell und
in der vorliegenden Arbeit im Besonderen quantitative Elemente zwar eine Rol-
le, um den Diskurs auch in Bezug auf bestimmte Häufungen, etwa von Argu-
mentationen und Akteuren, erfassen zu können; doch die qualitativen Aspekte
sind für die eingangs aufgeworfenen Forschungsfragen am aussagekräftigsten
und stehen daher im Mittelpunkt dieser Untersuchung.
Beruhend auf einem vornehmlich qualitativen Ansatz werden nun unter-
schiedliche Strategien angewandt, um einen angemessenen Textkorpus für die
Methodisches Vorgehen 45
Für die Zusammenstellung des Datenkorpus fällt die Wahl auf insgesamt sechs
Printmedien: Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Die Welt,
Die Tageszeitung, Die Zeit und Der Freitag.
Die 1945 gegründete Süddeutsche Zeitung (SZ) ist mit einer verkauften Auf-
lage von 397.033 Exemplaren37 und einer Reichweite von täglich 1,29 Mio.
Lesern38 die größte überregionale deutsche Tageszeitung. Den Posten des Chef-
redakteurs bekleidet derzeit Kurt Kister. Die SZ-Leserschaft zeichnet sich durch
ein hohes Bildungsniveau aus und durch ein im bundesdeutschen Vergleich
überdurchschnittliches Monatseinkommen (vgl. Süddeutsche Zeitung 2014a;
Axel Springer Media Impact Marktforschung 2014).39 Die SZ ist tendenziell im
sozialliberalen Spektrum zu verorten. Hauptkonkurrent im überregionalen Zei-
tungsmarkt ist die Frankfurter Allgemeine Zeitung (vgl. Institut für Medien- und
Kommunikationspolitik 2014b).
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die 1949 gegründet wurde, kann
hinsichtlich ihrer Ausrichtung als ein konservatives Medium bezeichnet werden
und weist eine Auflage von 306.779 sowie eine Reichweite von etwa 750.000
Lesern auf. Die FAZ richtet sich besonders und gezielter als die Vergleichsmedi-
en an eine gesellschaftliche Elite und an Entscheidungsträger, so dass zu ihrer
Zielgruppe bspw. leitende Angestellte und Geschäftsführer gehören (vgl. Frank-
37 Alle Auflagenzahlen der hier genannten Printmedien zum Quartal 2/2014 sind online einzuse-
hen (vgl. Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.
2014).
38 Die hier angegebenen Daten zur Reichweite einzelner Zeitungen beziehen sich auf das Jahr
2014 (vgl. Axel Springer Media Impact Marktforschung 2014). Zur Zeitung Der Freitag waren
keine validen Angaben zur Reichweite abruf- oder einsehbar.
39 Grundlegende Daten zur SZ, wie z. B. zum Gründungsjahr, sind dem Süddeutschen Verlag zu
entnehmen (vgl. Süddeutsche Zeitung 2014b).
46 Einleitung
furter Allgemeine Zeitung 2014a). Sie wird von Werner D’Inka, Berthold Koh-
ler, Günther Nonnenmacher und Holger Steltzner herausgegeben.40
Die Zeitung Die Welt, die rechts-konservativ orientiert ist, hat im zweiten
Quartal 2014 eine Reichweite von 700.000 Lesern täglich und eine verkaufte
Auflage von 208.045 erzielt.41 Über die Hälfte der Leser hat ein Netto-Haus-
haltseinkommen, das mindestens bei 3.000 € liegt, sowie ein hohes Bildungsni-
veau (mindestens das Abitur). Etwa 30 % der Leser gehören zu ‚Entscheidern‘,
also etwa zu Selbständigen und leitenden Angestellten. Die Welt, deren Chefre-
dakteur aktuell Jan-Eric Peters ist, wurde 1946 gegründet und gehört zum Axel
Springer Konzern.42
Die Tageszeitung (taz) erscheint ebenfalls täglich, erreicht bei einer ver-
kauften Auflage von 58.144 rund 240.000 Leser und ist linksalternativ ausge-
richtet. Die Leserschaft ist nach Angaben der taz „überdurchschnittlich gebil-
det[…]“ (Die Tageszeitung 2014). Sie wurde 1978 in West-Berlin gegründet und
wird von der taz-Verlagsgenossenschaft eG herausgegeben. Die taz ist nicht
gewinnorientiert und hat zudem als einzige Zeitung Deutschlands eine Frauen-
quote. Chefredakteurin ist Ines Pohl (vgl. Institut für Medien- und Kommunika-
tionspolitik 2014a).
Die Zeit ist eine liberal-intellektuelle, überregionale Wochenzeitung und er-
reicht mit einer Auflage von 503.970 wöchentlich etwa 2,3 Mio. Leser. Sie wur-
de 1946 gegründet und richtet sich an eine „gehobene Zielgruppe“ (iq media
marketing 2014). Chefredakteur ist Giovanni di Lorenzo.
Auch die linksliberale Zeitung Der Freitag, welche 1990 gegründet wurde,
erscheint wöchentlich und ist mit einer Auflage von 17.339 das kleinste in der
vorliegenden Studie untersuchte Printmedium. Die Leserschaft ist überwiegend
gebildet und linksbürgerlich (vgl. Ata 2011, S. 67). Jakob Augstein ist der Ge-
schäftsführer und Chefredakteur (vgl. Der Freitag 2014).
Diese für die vorliegende Arbeit ausgewählten überregionalen Zeitungen
sind nicht nur elementarer Bestandteil der deutschen Printmedienlandschaft; sie
bilden außerdem ein breites politisches Meinungsspektrum vom linken Flügel
über die Mitte bis hin zum rechts-konservativen Bereich ab, so dass ein fundier-
ter und ausgewogener Überblick zur Medienrepräsentation gewährleistet wird.
Es ist zu erwarten, dass sich die unterschiedlichen Positionierungen der Zei-
tungen auch in der Berichterstattung zur DIK niederschlagen. Von besonderem
Interesse ist hier, ob und wie sich die verschiedenen politischen Orientierungen
von links, rechts, liberal und konservativ in der Reflexion zur Islamkonferenz
und zu den einzelnen Repräsentanten zeigen.
So ist beispielsweise in Bezug auf die linksorientierte und tendenziell reli-
gionskritische taz (vgl. Ata 2011, S. 61) zu erwarten, dass sie der engen Koope-
ration zwischen Staat und Religion im Rahmen der DIK generell skeptisch ge-
genübersteht und sich vor allem gegen die muslimischen Verbände ausspricht;
den sogenannten ‚Islamkritikerinnen‘ steht die taz aus ihrer eher emanzipatori-
schen Perspektive heraus vermutlich positiv gegenüber. Die ebenfalls links aus-
gerichtete Zeitung Der Freitag wird dem Forum DIK, in dem die Grenzen zwi-
schen Politik und Religion zu verschwimmen scheinen, wohl ebenfalls deutlich
kritisch gegenüberstehen. In Anbetracht der oftmals sehr individuellen bzw.
eigenwilligen Themenschwerpunktsetzungen des Printmediums ist vorab nur
schwer abzuschätzen, welche Aufmerksamkeit Der Freitag der DIK insgesamt
schenkt und welche Bedeutung er der Konferenz daran anknüpfend beimisst.
Konservative Medien wie die teilweise deutlich islamkritischen Zeitungen
Die Welt (vgl. Ata 2011, S. 60) und FAZ werden die DIK im Sinne einer Steue-
rung von Integration mutmaßlich begrüßen - nicht zuletzt deshalb, weil sie vom
(konservativen) CDU-Innenminister Schäuble initiiert wurde. Ob sie ausgehend
von ihrer teilweise äußerst konservativ-nationalen Perspektive die islamischen
Verbandsvertreter vornehmlich als Bedrohung oder als adäquate, da organisierte
muslimische Vertreter betrachten, bleibt abzuwarten. Ebenso interessant ist die
Frage, wie etwa die FAZ die sogenannten ‚säkularen Muslime‘ wertet, die der
Zeitung im Hinblick auf ihre Werte- und Normenorientierung nahe stehen, und
ob bzw. wie sie diese als Vertreter der Muslime in Deutschland (de-)legitimiert.
Die SZ, die einen Großteil ihrer Ausgaben im katholisch geprägten Bayern
vertreibt (vgl. Ata 2011, S. 59) und im religions- und integrationspolitischen
Themenfeld zudem äußerst christlich-katholisch orientierte Autoren wie Matt-
hias Drobinski und Heribert Prantl einsetzt, befürwortet vermutlich das enge
Verhältnis zwischen Staat und Religion bzw. Islam in der DIK. Es ist zu vermu-
ten, dass sich die SZ in Bezug auf die staatliche Auswahl der Teilnehmer auf
muslimischer Seite durchaus kritisch positioniert.
Die Zeit wird sich aus ihrer tendenziell säkular verorteten und nicht selten
islamkritischen Perspektive vermutlich kontrovers mit dem Forum DIK und
besonders kritisch mit den Verbandsvertretern auseinandersetzen.
Mit Ausnahme der Zeitung Der Freitag ist weiterhin zu erwarten, dass
sämtliche Printmedien der Deutschen Islam Konferenz - insbesondere zu ihrem
Auftakt im Jahr 2006 - eine vergleichsweise hohe Aufmerksamkeit entgegen-
bringen. Dies ist zum einen mit dem gesellschaftspolitischen Kontext zu begrün-
den, in dessen Rahmen sich das Thema ‚Islam‘ spätestens seit dem Ereignis
‚9/11‘ zu einem Kernthema in Gesellschaft und Politik entwickelt hat (vgl. Kapi-
48 Einleitung
tel 2.1.2.2. sowie 2.2.2). Zum anderen ist die DIK ein öffentlich inszeniertes
Forum auf höchster bundespolitischer Ebene, dem vermutlich gerade in den
leitenden Printmedien eine entsprechende Bedeutung beigemessen wird.
Datenerhebung
Die Erhebung der Zeitungsartikel in den oben genannten Medien wird auf die
Jahre 2006 bis 2010 eingegrenzt, in denen jeweils eine Plenarsitzung der Islam-
konferenz stattfand. Damit ist sowohl die erste Phase der DIK (2006 - 2009) als
auch der Beginn der zweiten Phase (2010 - 2013) erfasst.
Das Ziel dieser bewussten zeitlichen Fokussierung ist, neben der ersten
Konferenzphase auch die personellen Entwicklungen mit dem Einsetzen der
zweiten DIK-Phase analytisch zu berücksichtigen. Dafür wird pro Jahr in einer
Zeitspanne von vier Wochen nach Artikeln recherchiert, um passende Beiträge
zu selektieren. Der zu untersuchende Zeitraum wird dabei auf jeweils zwei Wo-
chen vor sowie zwei Wochen nach einer Plenarsitzung festgelegt. Hintergrund
dieser Erfassung ist es, die besonders hohe mediale Aufmerksamkeit zu nutzen,
die sich in diesen Vor- sowie Nachphasen der DIK-Plenarsitzungen zeigt.
Die Recherche nach den Zeitungsartikeln zur Islamkonferenz erfolgt über
zahlreiche Kanäle: Anfangs werden alle Zeitungen, deren Archive über den
VPN-Zugang der Universität Siegen abgerufen werden können, gesichtet. Daran
anschließend werden die Datenbanken ‚LexisNexis‘ sowie ‚WISO‘ über die
Rechner der FH Hannover verwendet; bei der Suche mit Hilfe dieser beiden
Datenbanken stellt sich heraus, dass die Suchergebnisse der Systeme zum Teil
unterschiedliche Treffer zu denselben Zeitungen hervorbringen, so dass erst der
sukzessive Abgleich der Ergebnisse aus beiden Datenbanken schließlich die
Zusammenstellung eines zuverlässigen Datenkorpus der jeweiligen Printmedien
ermöglicht.43 Die Artikel von Der Freitag werden dem Online-Archiv der Zei-
tung entnommen.
Die Eingabe der Suchbegriffe erfolgt ebenfalls vielfältig, um alle Artikel
rund um die Deutsche Islam Konferenz erfassen zu können. Die Suche reicht
hier von ‚DIK‘ über ‚Islamkonferenz‘ bis hin zu ‚Islam UND/ODER Konferenz‘.
Mit dem manuellen Sichten jedes einzelnen Artikels und der anschließenden
Selektion wird gesichert, dass nur jene Dokumente, die (auch) das Thema DIK
beinhalten, in den Printmedienkorpus aufgenommen werden. Es findet an dieser
Stelle noch keine Auswahl nach spezifischen Textsorten statt, um nicht bereits
eine Vorauswahl zu treffen und somit die Ergebnisse unnötig einzuschränken.
43 Zur Problematik bei der Verwendung der Datenbanken vgl. z. B. Rauer (Rauer 2008, S. 137),
Madeker (Madeker 2008, S. 99ff.) und Keller (Keller 2011a, S. 90).
Methodisches Vorgehen 49
wiesen. Die gespeicherten Artikel sind nach ihrem Import nicht mehr veränder-
bar; sie können am PC mit Unterstützung des Programmes analysiert und bei
Bedarf auch ausgedruckt werden, um einige Arbeitsphasen am Computer ggf.
mit ‚Papier und Bleistift‘-Phasen zu ergänzen, was sich auch in der vorliegenden
Untersuchung als sinnvoll erweist (vgl. Kuckartz 2010, S. 22f., 30ff.).44
Anschließend wird mit der Arbeit am Text begonnen, die im Codieren be-
steht, also in der Markierung und Zuweisung relevanter Textteile zu „aussage-
kräftigen Kategorien“ (Kuckartz 2010, S. 23) bzw. Codes, sowie in der oben
beschriebenen Entwicklung von Kategoriensystemen, die im Laufe des Analyse-
prozesses aus den Codes entstehen (vgl. Kapitel 1.3.2.1; Kuckartz 2010, S. 25).
Dabei kommen die erläuterten Codierarten des offenen, des axialen und des
selektiven Codierens zur Anwendung (vgl. auch Keller 2011a, S. 106ff.;
Kuckartz 2010, S. 77ff.).
Wie in der Grounded-Theory-Methodologie vorgesehen, werden während
des gesamten Codierprozesses Memos geschrieben; diese werden in dieser Ar-
beit insbesondere genutzt, um Codierregeln festzuhalten, aber auch, um ander-
weitige Spezifika zu notieren. Weiterhin wird das MAXQDA-Logbuch geführt,
um die jeweils durchgeführten Tätigkeiten schriftlich und datiert festzuhalten
sowie auftauchende Probleme, Fragen und Anmerkungen zu fixieren. Weitere
komplexere analytische Schritte, die unter Zuhilfenahme der Software durchge-
führt werden können, beispielsweise für die Kennzeichnung von bestimmten
Textsorten mittels der Definition und Verwendung von Fallvariablen (vgl. Kapi-
tel 4.4.4), können später auf der Grundlage der vorher erarbeiteten Codes und
Kategorien vorgenommen werden.
In den einzelnen Kapiteln der Medienanalyse dieser Studie werden alle re-
levanten Schritte, die mit MAXQDA vorgenommen werden, sukzessiv dargelegt
(vgl. Kapitel 4).
Die vorliegende Arbeit beginnt mit einem Grundlagenteil (Kapitel 2), der we-
sentliche Aspekte für den sich anschließenden Hauptteil erläutert und insgesamt
in drei Abschnitte gegliedert ist: Zunächst werden grundlegende Informationen
zur muslimischen Bevölkerung in Deutschland dargelegt und daraus ableitend
aktuelle gesellschaftspolitische Herausforderungen skizziert. Es folgt ein Unter-
44 Während sich der anfängliche Versuch, sämtliche 350 Artikel für diese Untersuchung aus-
schließlich mit ‚Papier und Bleistift‘ zu bearbeiten, nicht als zielführend erwies, ermöglichte
gerade das Zusammenspiel von der Arbeit am Rechner mit der auf dem Papier einen besonders
produktiven Analyseprozess.
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direi di no: perchè in una maniera o nell’altra, presto o tardi, per
necessità, qualunque sia l’oggetto desiderato, consumo e bisogno si
devono adeguare.... O crescono i mezzi per soddisfare il bisogno o il
bisogno scema: di qui non si scappa, parrebbe. Quindi la macchina
non dovrebbe poter servire, a giudicare a lume di buon senso, che in
tempi di straordinaria carestia, per soddisfare in poco tempo una
richiesta grande e urgentissima. Per servire di continuo
occorrerebbe che esistesse anche la carestia permanente....
Le premesse del breve discorso erano riuscite lucidissime a tutti: ma
non così le conclusioni.
— La carestia permanente?... — disse l’Alverighi. — Ma neppur ora
capisco. Lo ha detto anche lei che la carestia non può essere eterna!
— La macchina fa l’abbondanza, non la carestia — osservò
l’ammiraglio.
— Anche questo — rispose la Gina — è un punto oscuro assai:
chiarirlo non è facile.... Bisognerebbe forse che raccontassi la storia
della macchina....
Fece una pausa, e poi risolutamente, sempre rivolgendosi
all’ammiraglio: — Per qual ragione — disse — crede lei, ammiraglio,
che la grande industria a macchina sia nata proprio in Inghilterra e
proprio alla fine del secolo XVIII?
— Perchè sino allora — rispose invece dell’ammiraglio l’Alverighi —
nessun popolo era stato così intelligente e ardimentoso da iniziare
un tanto rivolgimento. L’America riconoscerà sempre all’Inghilterra
questa gloria, anche quando l’avrà spogliata del suo impero
industriale.
— E come spiega, allora — chiese la Gina — che nessun popolo
d’Europa sia stato sino alla seconda metà del settecento più avverso
alle macchine dell’Inghilterra? Il governo le proibiva, e gli operai le
rompevano.... Perchè l’Inghilterra aspetta a convertirsi tra il 1770 e il
1790; e quando si converte si mette a filare e a tessere con le
macchine non, per esempio, la lana, che in Inghilterra era un’arte
antichissima, secolare, paesana, ma il cotone che era ancora un’arte
dell’India? «Indiennes, bengalines, calicot», che è Calcutta: i nomi
dicono chiaro donde venivano, nel seicento e nel settecento, i panni
di cotone che si consumavano in Europa e nelle colonie d’America.
La Francia e l’Olanda erano le nazioni che ne facevano il maggior
commercio con l’India: non l’Inghilterra, che anzi, a certi momenti
aveva perfino tentato di proibire ai suoi sudditi i panni di cotone, per
proteggere i panni paesani.... Ma ecco in quel ventennio l’Inghilterra
vince invece l’Olanda e la Rivoluzione lega le mani alla Francia:
l’Inghilterra resta dunque padrona dei mari e allora la vediamo fare
ad un tratto il suo repentino voltafaccia. Perchè? L’Inghilterra non è
mai stata molto originale; lascia di solito gli altri provar le cose
nuove; ma in compenso sa agguantare con risolutezza quando il
momento è giunto. E l’Inghilterra capì allora che quelle macchine
tanto odiate sino allora, che parevano dei sogni di menti bislacche,
potevano servirle in quel momento unico e passeggero, se lo sapeva
cogliere, a spogliar l’India di quella sua antica arte; a conquistare in
pochi anni i mercati dell’America e dell’Europa, che erano stati sino
allora clienti dell’India. E difatti subito, con diritti enormi, proibì
l’esportazione dei tessuti dall’India: obbligò gli Indiani a venderle il
cotone greggio; abolì tutti i divieti emanati prima contro il cotone;
vuotò con questa violenza e fece la carestia nei mercati d’Europa e
di America; monopolizzò la materia greggia. Nel tempo stesso portò
alle stelle gli spregiati inventori di macchine e li incoraggiò con ogni
sorta di premi; vide infatti apparire tra gli altri Watt e Arkwright;
moltiplicò le filature meccaniche, inchiodò al telaio di giorno e di
notte, nelle città e in campagna, nelle case loro e in laboratori,
uomini, donne, vecchi, fanciulli: si scervellò per inventar ogni sorta di
macchine; e in pochi anni l’importazione del cotone greggio e
l’esportazione delle stoffe quadruplicò, se ben ricordo. Nel 1815,
quando l’uragano della rivoluzione dileguò, il mondo si ritrovò in
grembo questa specie di nuovo mostro inaspettato — la grande
industria a macchina — che era nato in mezzo a quella tempesta.
Una delle più spaventose convulsioni della storia lo aveva vomitato
all’improvviso sulla terra.... E avrebbe dovuto sparire, quando il
mondo si ripacificò. Poichè insomma questo grande sforzo era stato
fatto per sfrattare una situazione momentanea, insolita, quasi unica,
che non poteva nè durare nè ripetersi.... Invece il mostro visse, anzi
prolificò....
Ma in quel momento la macchina del «Cordova» fischiò, roca,
bassa, rabbiosa.
— L’equatore, l’equatore! — gridammo, balzando in piedi, tutti,
fuorchè il capitano che, deponendo pacatamente il tovagliolo,
sorrideva e faceva cenno di no con il capo, mentre i camerieri si
avvicinavano sussurrando ossequiosamente:
— È mezzogiorno!
Ma ormai la conversazione era stata scompigliata da quel fischio
improvviso; chi si era levato non si sedette più: uno dopo l’altro si
avviarono tutti verso l’uscio. Andammo quasi tutti a tribordo, ad
aspettar che l’ufficiale venisse a segnare sulla carta il percorso,
discutendo intanto animatamente intorno alle macchine. Ma — oh
delusione — non eravamo giunti che a un grado e 29 minuti di
latitudine, a 30 gradi e 11 minuti di longitudine! Non c’era quindi
speranza di trapassare nell’altro emisfero prima di sera: ci disse
l’ufficiale. L’ora era caldissima: sul sole si era disteso un velo di
vapori sottile ed ardente: nell’immensa cerchia dell’orizzonte, le
nuvole si accavallavano, facevano montagne, grigie alle basi,
abbaglianti le vette: il mare e il cielo si scolorivano, nell’afa velata e
annuvolata che pesava sull’Oceano. Ad uno ad uno, ci disperdemmo
al riposo, nelle cabine, dopo aver convenuto che a pranzo, la sera,
avremmo continuato il discorso intorno alle macchine.
La mia signora spesso mi aveva ripetuto che in questo secolo si può
negar Dio, la patria, la famiglia, ma la macchina no; chè il dubitar
della macchina sembra un folle ardimento non meno che
l’oppugnare ancora la rotazione della terra o l’immoto stare del sole.
Mi coricai per la siesta, pensando che essa aveva proprio ragione.
Quella sua non premeditata interruzione era stata bastevole a
suscitare di improvviso una nuova discussione, più animata ancora e
più ardente delle precedenti.
II.