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Abstract
Vor allem in den USA und Japan kann man verstärkt eine mechanistische Betrachtung
der Natur beobachten. Umweltprobleme werden vielfach als ein Defekt angesehen, der
mit technischen - und finanziellen - Mitteln behoben werden kann. Die mühsam
gewonnene Einsicht über die synergistische Natur der Natur wird ignoriert - stattdessen
wird sie als ein zwar kompliziertes, letztlich aber beherrschbares System betrachtet.
Ein Beispiel für diese Entwicklung sind die jüngsten Vorschläge verschiedener US-
amerikanischer und japanischer Konzerne und Interessengruppen, den Treibhauseffekt
durch gezielte Ozeandüngung - letztlich also "Geo-Engineering" auf planetarer
Ebene - zu kontrollieren.
Diese Vorschläge gehen zurück auf die ursprünglich nicht ganz ernst gemeinten
hypothetischen Überlegungen des Ozeanographen John Martin, der die Hypothese
aufstellte, die Produktivität in bestimmten Regionen des Ozeans sei durch die
vorhandene Eisenmenge begrenzt. Tatsächlich haben kürzlich durchgeführte
Experimente z.B. im tropischen Pazifik gezeigt, daß eine Eisendüngung zu kurzfristigen
Algenblüten des Phytoplanktons führen kann (Coale et al., 1996, Chisholm, 2000).
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Prof. Chisholm vom MIT geht dagegen davon aus, daß die anfangs erhöhte
Produktivität auf einen Kaltstarteffekt der Nahrungskette zurückzuführen ist, der unter
anderem damit zusammenhängt, dass die Fressfeinde des Phytoplanktons länger
brauchen, um sich auf das erhöhte Nahrungsangebot einzustellen.
Markells wirbt für sein Vorhaben mit Worten wie "Schauen sie sich Peru an:
Nährstoffreiches Wasser bedeutet glückliche Fische und glückliche Menschen" und
findet offene Ohren in Ländern der Dritten Welt, wie den Marshall Islands. Dabei
werden die zahlreichen Unsicherheitsfaktoren schlicht ignoriert:
• Der offene tropische Ozeans unterscheidet sich bereits physikalisch erheblich von
den natürlichen Auftriebszonen (Salinität, Temperatur). Das erhöhte
Nährstoffangebot trifft zudem auf gänzlich andere Arten.
• Erste Untersuchungen zeigen bereits, daß Düngung zwar Blüten des Phytoplanktons
hervorruft, sich aber die Anteile der verschiedenen Spezies auf den untersten
trophischen Stufen ganz grundlegend verändern, und somit ändern sich
höchstwahrscheinlich auch die Arten an der Spitze der Nahrungskette. Es ist nicht
einmal sicher, ob unter den veränderten Bedingungen überhaupt größere
Fischpopulationen entstehen bzw. ob es sich dabei um die gewünschten Arten
handelt. Eine mögliche Verschiebung auf hohen trophischen Ebenen wäre z.B eine
starke Vermehrung von Quallen auf Kosten der Fischpopulationen.
• Ein Resultat ist laut Sommer (1998) in jedem Fall zu erwarten: der Verlust an
Diversität. Dies ist nicht zu verhindern, da es das erklärte Ziel der Ozeandüngung
ist, lange Nahrungsketten durch kurze zu ersetzen.
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Letztlich liegt dem gesamten Konzept der Ozeandüngung ein größerer Problemkreis
zugrunde. Kommerzielle Interessen und ein einzig auf wirtschaftlichem Wachstum
basierendes Entwicklungsmodell vereinen sich mit einer rein mechanistischen
Weltsicht. Anstatt auf CO2-Reduktion zu setzen, wird mit Konzepten von Quellen und
Senken sowie Emmissionshandel experimentiert, durch welche die Industrieländer sich
weitgehend von ihren Verpflichtungen zu befreien gedenken und zugleich in
Entwicklungsländern Experimente mit ungewissem Ausgang anstellen. Insbesondere
Japan und die USA sind Vorreiter dieser Entwicklung.
Die geplante Arbeit soll den Versuch darstellen, eine möglichst umfassende integrierte
Risikoanalyse mit Kosten-Nutzen Verteilung zu erstellen. Wer trägt welche Risiken?
Wer hat den größten Nutzen?
Die Untersuchung soll sich dabei möglichst eng an jüngst entwickelten UNEP
Standards zur Umwelt-Impakt Abschätzung von Großprojekten halten.
Eine wichtige Frage ist zunächst einmal, ob überhaupt die prinzipielle Möglichkeit
besteht, mittels Ozeandüngung eine künstliche CO2-Senke zu erzeugen, denn selbst dies
ist ja, wie oben angedeutet, bereits unsicher.
Grundsätzlich wird das im Phytoplankton durch Photosynthese fixierte CO2
zunächst durch die Atmung der sich ebenfalls vermehrenden Fressfeinde wieder
freigesetzt. Der größte Teil des so gebundenen Kohlenstoffes durchläuft mehrfach das
Nahrungsnetz in den obersten Wasserschichten, und nur ein geringerer Teil wird in das
Abyssal transportiert, dessen größerer Teil wiederum von Bakterien freigesetzt und
letztendlich durch Vertikalaustausch an die Oberfläche - und damit die Atmosphäre -
abgegeben wird.
Wird die Primärproduktion erhöht, nützt dies letztlich im Sinne der gewünschten
Verstärkung der ozeanischen CO2 Senke praktisch nichts, wenn zugleich die
Sekundärproduktion und damit die Respirationsraten verstärkt werden.
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Der Kontakt zu und die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Institutionen und
Arbeitsgruppen weltweit ist ein Kernpunkt der Methodik der geplanten Arbeit. Der
Grundansatz ist der einer Systemanalyse, angelehnt an die UNEP Richtlinien. Das Ziel
ist die Erstellung eines Dokumentes, in dem der augenblickliche Stand der Forschung
festgestellt und nach Möglichkeit erweitert wird und die allgemeinen Unwägbarkeiten
und Risiken herausgearbeitet werden.
Zudem soll die Auswirkung eines solchen Projektes auf die Entwicklung eines
Landes anhand des konkreten Beispieles der Marshall Islands abgeschätzt werden.
Stefan Thiesen
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