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Rechtsfragen im Zusammenhang mit der

Flexibilisierung des 900-MHz-Spektrums


aufgrund der RL 2009/114/EG

Berlin, 10.11.2010

Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M.


Institut für Informations-, Telekommunikations-
und Medienrecht (ITM)
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Problemstellung
Hintergrund: GSM-Änderungsrichtlinie 2009/114/EG
• Art. 1 Abs. 1: Die Mitgliedstaaten machen das 900-MHz-Band für GSM- und UMTS-
Systeme sowie für andere terrestrische Systeme verfügbar.
• Art. 1 Abs. 2: Dabei untersuchen die Mitgliedstaaten, ob aufgrund der bestehenden
Zuteilung des 900-MHz-Bands an die Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsverzerrungen
auf den betreffenden Mobilfunkmärkten wahrscheinlich sind.
• Die Mitgliedstaaten beheben solche Verzerrungen, soweit dies gerechtfertigt und
verhältnismäßig ist, in Übereinstimmung mit Art. 14 Genehmigungsrichtlinie.

Ergänzung durch neuen Rechtsrahmen für elektr. Kommunikation


• Art. 8a und Art. 9 bis 9b Rahmenrichtlinie; Art. 5 und 6 Genehmigungsrichtlinie
• Danach wird die Frequenznutzung soweit wie möglich technologie- und dienstneutral
gestaltet und die Flexibilität der Frequenznutzung erhöht.

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Umfang der Wettbewerbsanalyse gemäß der GSM-RL


• Zielbündel
− bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs
− gleichzeitige Aufrechterhaltung der Verfügbarkeit von GSM neben UMTS
− Verbrauchernutzen

• Konkrete Nutzung der Flexibilisierung ist nicht maßgeblich


− Prinzip des „forward-looking approach“

• Kein Antrag der D-Netzbetreiber auf Refarming erforderlich

• Chance auf 800-MHz-Spektrum kein hinreichender Ausgleich

• Dass E-Netzbetreiber bereits über 900-MHz-Spektrum verfügen, schließt


Wettbewerbsverzerrungen nicht aus

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Behebung der Wettbewerbsverzerrungen durch Umverteilung

• Art. 1 Abs. 2 geänderte GSM-RL: Die Mitgliedstaaten „beheben“ die


wahrscheinlichen Verzerrungen, soweit dies gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, in
Übereinstimmung mit Art. 14 der Genehmigungsrichtlinie.

• Maßnahme zur Behebung: Umverteilung der bestehenden Frequenznutzungsrechte


im 900-MHz-Band

• Rechtsgrundlage folgt nicht aus Europarecht, sondern aus dem nationalen Recht

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Behebung der Wettbewerbsverzerrungen durch Umverteilung

Ermächtigungsgrundlagen:

• Frequenzwechsel für D1- und D2-Lizenz (Tausch von 900- und 1800er Frequenzen

mit den E-Netzbetreibern): § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG und

• Teilweiser Widerruf mit anschließender Neuzuteilung

− D1-Lizenz: § 49 Abs. 2 Nr. 1, 2. Fall VwVfG i.V.m. Ziff. 24.7 oder § 63 TKG

− D2-Lizenz: § 60 Abs. 1 VwVfG

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Behebung der Wettbewerbsverzerrungen durch Umverteilung


Die Tatbestandsvoraussetzungen sind jeweils erfüllt.
Auslegung maßgeblich durch Europarecht vorgeprägt; Prämissen nach Gerpott:
Intensivierung von Wettbewerbsverzerrungen und wettbewerbliche Bereitstellung
neuer Dienste ist erheblich effizienter.

• § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG: „erhebliche Effizienzsteigerung“,

• Ziff. 24.7 der D1-Lizenz: „insbesondere aufgrund internationalen Rechts“,

• § 63 TKG: „Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung“ / „unzumutbare“


Beeinträchtigung des Wettbewerbs und „Verhinderung der Einführung
frequenzeffizienter Technologien“ sowie

• § 60 Abs. 2 VwVfG: „erhebliche Änderung der zugrundeliegenden Verhältnisse“ und


„schwere Nachteilen für das Gemeinwohl“

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Behebung der Wettbewerbsverzerrungen durch Umverteilung


Verhältnismäßigkeit I:
• Vorteile eines frühzeitigen Frequenzwechsels überwiegen gegenüber Interessen der
D-Netzbetreiber
• Ohne Frequenzwechsel wären Wettbewerbsverzerrungen erheblich (vgl. Gerpott)
• Frequenzwechsel dient der Durchsetzung europarechtlicher Zielsetzungen (GSM-RL)
− flexible Frequenznutzung ist „wann immer möglich“ zu fördern
− „bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs“ - Effektiver Wettbewerb „eine große
Bandbreite von Diensten und Technologien“ nur möglich, wenn alle NB genügend
Frequenzen im 900-MHz-Band haben, um UMTS einzuführen, ohne GSM einstellen
zu müssen.
− Unterstützung der „i2010-Initiative“ zur Förderung einer europaweiten
Informationsgesellschaft - Im Interesse der Nutzer soll im 900-MHz-Band
breitbandiger Netzzugang frühzeitig flächendeckend eingeführt werden. Dies ist ein
überragendes Ziel der Telekommunikationspolitik.

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Behebung der Wettbewerbsverzerrungen durch Umverteilung


Verhältnismäßigkeit II: Bestandsvertrauen?

• Laufzeit der Lizenzen bis 2016 steht der Umverteilung nicht entgegen

− § 55 Abs. 8 TKG: Frequenzzuteilung bzw. -verlängerung kann nie unabhängig


von den Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 TKG bzw. des § 63 TKG (oder
sonstiger Widerrufsgründe) gewährt werden.

− § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG sieht gerade die Möglichkeit eines Frequenzwechsels


während des laufenden Genehmigungszeitraums vor.

 Kein Bestandsvertrauen

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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


Institut für
Informations-, Telekommunikations-
und Medienrecht (ITM)
an der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster

Prof. Dr. Bernd Holznagel, LL.M.

Leonardo-Campus 9
D-48149 Münster

Tel: +(49) 251 – 83 386 41


Fax: +(49) 251 – 83 386 44

E-Mail: holznagel@uni-muenster.de
http://www.itm.uni-muenster.de

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