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me!“
„Mit d.
Haushaltsentwurf 2011
sind wir auf dem Weg
zu wirklich stabilen
Staatsfinanzen.“
„Gauck for
President!“
„Und alle so:
yeahhh!“
„Siggi Pop
dreht am
Mikro gerade
durch“
„Ok busemann
(cdu) hat ne sms
bekommen leute :)
also kein zweiter
„Starkes wahlgang“
Grußwort von
„Heute zweiter Tag Joachim #Gauck
Klausurtagung CDU Hessen, auf dem #bpt10“
gleich werde ich mein
Konzept zum freiwilligen
Zivildienst vorstellen.“
„Sprecht mir
nach: Yes!
We! Can!“
„RT: @christiansoeder
Ich finde, dass Schwarz-
Gelb insgesamt eine
gute Wahlwerbung fuer
die SPD ist :-)“
„Message
matters“
„Daumen
drücken für „Ihr kauft
#Lena!!!!“ mir den
Schneid nicht
ab!“
Titel
„#Arbeitgeberpraesident
Dr. Dieter #Hundt:
#Arbeit ist der beste
Schutz vor Armut“
„Informieren!
Involvieren!
„Anhörung des BMJ Mobilisieren!“
zum #Urheberrecht
Gerade Diskussion um
pauschale Vergütung“
„Präsidiumssitzung
Tag II: Heute
beginnen wir mit der
Integrationsdebatte!“
„Ich bin
dagegen!“
„Don’t
be evil!“
„Street
View: Vorab-
„Nach der Wahl
Widerspruchsfrist
haben uns
auf acht Wochen
Überblick und
verdoppelt“
Demut gefehlt.“
I
m Berliner Büro der CSU-Abgeord-
neten Dorothee Bär steht auf dem
Tisch eine langstielige Lilie, die „Die Social Software des
einen dezenten Duft verströmt. An der
Wand hängt ein Bild der Tochter – und Web 2.0 ist ein Angriff auf
eins der Abgeordneten mit Microsoft- die etablierten Regeln der
Gründer Bill Gates. Wer hier mit der
Politikerin sprechen möchte, muss mit Macht und erzwingt ein
dem Vorzimmer einen Termin verein-
baren, und zwar möglichst für die Sit- grundlegendes Umdenken.“
zungswoche, dann zur gegebenen Zeit Peter Kruse
zum Jakob-Kaiser-Haus fahren, am
Pförtner vorbei und an der Büroleiterin
– eigentlich. Eigentlich aber ist der Auf-
wand auch nicht nötig, denn es gibt einen
schnelleren Weg: den über Facebook.
Dort kommentiert Bär in Echtzeit Ple-
numsdebatten und lässt ihre Fans wissen,
dass „der unsägliche Siggi Pop am Mikro
gerade durchdreht“ oder dass „Merkel
supergut drauf“ sei.
Wie hoch der Erkenntnisgewinn dabei
auch immer sein mag: Bärs Fans mögen
das, zumal die Abgeordnete aus Bam-
berg im Netz aktiv mitdiskutiert, was
nicht jeder ihrer Kollegen tut. Und wenn sperren unterzeichnen, mit der sich dann Unterstützer mit digitalen „Tools“ aktiv
im Sozialen Netzwerk zwar der Blumen- der Bundestag befassen muss. am Wahlkampf zu beteiligen, wurde in
duft fehlt und das Bild der Tochter, so Frei nach der Marxschen Formel, Fachkreisen zwar schon bis zum Geht-
eröffnet die Politikerin doch einen direk- nach der das Sein das Bewusstsein be- nicht-mehr diskutiert; doch bei allem
ten Zugang. Einen so direkten, dass ein stimmt, hat die neue Technik eine neue zwischenzeitlichen Hype ist das Potenzi-
Parteifreund sie schon fragte, ob sie die Idee hervorgerufen, der besonders „Di- al des Web 2.0 als Mittel der politischen
Leute nicht zu dicht an sich heranlasse. gital Natives“, also mit dem Internet auf- Kommunikation heute unbestritten.
Jo mei – die CSU ist halt eine konserva- gewachsene Nutzer, anhängen: die Idee
tive Partei. einer freien Netz-Gesellschaft, in der alle Lobbyist als Reputationsmanager
einen offenen Diskurs führen, in der sich
Potenzial erkannt Gleichgesinnte nach Belieben zusam- Und daher bemühen sich inzwischen
menschließen und gemeinsam für ihre auch Interessenvertreter, es für ihre
Grafik: Marcel Franke; Fotos: re:publica 2010/www.flickr.com; www.marco-urban.de; Archiv
Den Direktkontakt, den Facebook, Twit- Ziele kämpfen können – ob es sich um Zwecke zu nutzen: So propagiert Gun-
ter und Co. ermöglichen, gab es vor nur die Wahl von Joachim Gauck zum Bun- nar Bender, Lobbyist beim Mobilfunk-
fünf Jahren noch nicht. In dieser kurzen despräsidenten handelt oder bloß das unternehmen E-Plus, eine onlinegestütz-
Zeitspanne hat das Web 2.0 den politi- von Spaßvögeln in Facebook propagier- te Form von Public Affairs: „Digital Pu-
schen Diskurs massiv verändert, wenn te Ziel, den TV-Schuldnerberater Peter blic Affairs“ nennt er, was bislang eher
nicht revolutioniert. Es hat Resonanz- Zwegat nach Griechenland zu schicken. unter dem Schlagwort „E-Lobbying“
räume geschaffen, in denen mitunter Parteien und Politiker nutzen das lief. Bender und seine Kollegen in der E-
„Stürme entstehen“, wie Peter Kruse Internet seit über zehn Jahren zur po- Plus-Hauptstadtrepräsentanz gehen seit
sagt, einer der Vordenker der deutsch- litischen Kommunikation, wenn auch April im Netz in die Vollen: Sie bespielen
sprachigen Web-Community. Der Pro- nicht immer so interaktiv, wie mancher unter dem Namen „UdL-Digital“ einen
fessor und Inhaber einer Beratungsfirma Anhänger sich das wünscht. Seit dem Blog, eine Facebook-Seite, einen Youtu-
meint damit, dass sich Diskussionen in Präsidentschafts-Wahlkampf von Barack be- und einen Twitter-Kanal; die Abkür-
Blogs und Sozialen Netzwerken binnen Obama vor zwei Jahren spricht die Po- zung steht für Unter den Linden, wo sich
kürzester Zeit hochschaukeln und hand- litszene gerne von dessen vorbildlichem der Sitz der Repräsentanz befindet.
feste Folgen im „echten Leben“ haben Graswurzel-Wahlkampf im Netz und von Bender, der schon die FDP im Bun-
können – etwa, wenn über 130.000 Men- den Communitys, die es zu pflegen und destagswahlkampf beraten und mit
schen eine Online-Petition gegen Netz- zu mobilisieren gelte. Obamas Ansatz, Freshfields-Anwalt Lutz Reulecke einen
Paintball-Spieler waren, hatte anscheinend auch gegen das Verbot unterzeichnen können, was am Gauck. Von der Zugkraft dieser Kam-
niemand reflektiert. Die Hersteller von Paintball- Ende 35.800 Menschen taten. Die Regierungs- pagnen dürften Unternehmenslobbyis-
Ausrüstung sahen durch das Verbot ihr Geschäft fraktionen sahen schließlich von dem Verbot ab. ten, die Communitys für sich gewinnen
wollen, aber nur träumen: Die Fallhöhe
„Supertools“ und
Soziale Netzwerke
Praxistipps für digitale Interessenvermittlung
von den idealistischen Botschaften Facebook hat weltweit 500 Millionen Nutzer, 145 Jahres deckte die Transparenz-Initiati-
Obamas („Hope“) oder dem Aufruf Millionen Menschen sind bei Twitter angemeldet ve Lobbycontrol den Schwindel auf.
zur Rettung des Weltklimas hinunter – doch mancher Kommunikationsprofi setzt gar Dann also lieber gleich beim klas-
zur Freiheit des Mobilfunkwettbe- nicht so sehr auf die Sozialen Netzwerke, etwa die sischen Vieraugen-Gespräch bleiben,
werbs ist groß. Immerhin: Ein Zeichen Nichtregierungsorganisation Avaaz: „Alle reden um Einfluss auf die Politik zu nehmen?
der Offenheit ist die Entscheidung für über Facebook und Twitter, doch das Supertool Darauf möchte ohnehin kein Lobbyist
Lobbying in den Weiten des Web 2.0 bleibt die E-Mail“, sagt der Avaaz-Vertreter in verzichten, denn wer würde schon ein
schon. Politikwissenschaftler Althaus Deutschland, Julius van de Laar. Eine E-Mail wer- Gespräch mit der Kanzlerin ablehnen,
attestiert E-Plus-Mann Bender denn de mit einer 95 mal höheren Wahrscheinlichkeit weil er ja auch an ihre Facebook-Pinn-
auch Mut: „Sein Public-Affairs-Ansatz wahrgenommen als eine Twitter-Meldung, sagt er. wand schreiben kann? Dass Themen
dürfte ihn im eigenen Haus Überzeu- Auch sei der richtige Aufbau der Nachricht enorm verstärkt über die Öffentlichkeit ge-
gungskraft gekostet haben.“ Denn wer wichtig, verrät der Kampagnen-Profi: Wenn die spielt werden, ist ein anhaltender
seine Themen von den Internetnutzern NGO zum Beispiel eine Mail versendet, in der Trend der politischen Kommunikation,
offen diskutieren lässt, muss mit Kritik sie ihre Aktivisten bittet, eine Protestmail gegen doch bleibt das Gespräch mit Abge-
umgehen können; wenn die Kommuni- den Atomkompromiss der Regierung an Bundes- ordneten und Ministerialen die Basis
kation zum Dialog wird, funktionieren kanzlerin Angela Merkel zu senden, entscheiden des Lobbyings. Nach einer Studie der
klassische PR-Strategien nicht mehr. zunächst die Klarheit und Kürze des Betreffs über internationalen PR-Agentur Edelman
Die Unterdrückung kritischer Kom- die Wahrnehmungschancen. Dann enthält die unter knapp 400 Abgeordnetenmitar-
mentare kommt in Blogs und bei Face- Mail wiederum einen Link, der unbedingt freiste- beitern in Washington, Brüssel, Lon-
book gar nicht gut an. hend sein sollte, also nicht im Fließtext verborgen. don, Paris und Berlin ist für diese das
Digitaler Lobbyismus – ein Schritt Das erhöht die Wahrscheinlichkeit stark, dass er persönliche Gespräch immer noch der
hin zu mehr Transparenz? Christi- angeklickt wird. Klickt der Leser den Link an, ge- beste Weg, zu kommunizieren: Über
an Humborg, der Geschäftsführer langt er zu einem Web-Formular, mittels dessen er 90 Prozent der Befragten bezeichneten
von Transparency International in eine Nachricht an die Kanzlerin versenden kann. es als „effektives Mittel“.
Deutschland, ist skeptisch: „Wirklich Ein editierbarer Mustertext ist bereits vorformu-
transparent wäre es, wenn Lobbyisten liert – ihn abzuwandeln, erwünscht. So vermeidet Ungeahnte Kontakte
ihre gesamte Arbeit online dokumen- Avaaz erfolgreich Spam-Mailings: „Eine hohe Zahl
tieren würden.“ Wenn sie lückenlos Zurück ins Büro von Dorothee Bär:
ihre Finanzierung im Netz darlegen Die Abgeordnete nimmt sich Zeit für
und sämtliche Positionspapiere online ein persönliches Gespräch. Ja, sagt sie,
stellen würden, dann könne sich die die Sozialen Netzwerke seien für sie
Öffentlichkeit ein Bild machen, sagt ein ernstzunehmender Kommunika-
Humborg. Für den digitalen Lobby- tionskanal geworden: „Hier kann ich
ismus sollten dieselben Regeln gelten mir ein vollständigeres Bild über die
wie für den Offline-Lobbyismus. Meinungen zu einem Thema verschaf-
fen.“ Auch entstünden Kontakte, die
Lobbying auf dem Kunstrasen unserer Mails an Bundestagsabgeordnete wird ganz neue Sichtweisen ermöglichten.
tatsächlich beantwortet“, sagt van de Laar, „etwa Ein Anhänger der Grünen aus dem
Vielleicht birgt die so schnelle und di- zwei Drittel bis 80 Prozent“. niederrheinischen Kleve habe kürzlich
rekte Kommunikation im Netz sogar Ob nun die Mail das Instrument der Wahl ist, ob an einer Wanderung teilgenommen,
die Gefahr größerer Intransparenz, des Twitter oder Facebook: Eine ausgewogene digi- die sie in ihrem bayerischen Wahlkreis
„Astroturfings“: Aus den USA stammt tale Strategie berücksichtigt alle Kanäle. Daher veranstaltete – der Kontakt kam über
die Strategie, Graswurzelkampagnen sollten politische Interessenvermittler immer ein Facebook zustande. Dank der Netzwer-
vorzutäuschen – der Begriff bezieht intensives Monitoring der Diskussionen im Web ke überschneiden sich plötzlich Kreise,
sich auf eine Kunstrasenmarke. Beim 2.0 betreiben. „Wenn politische Entscheider sich die sich sonst niemals überschneiden,
Astroturfing stellen Unternehmen in Facebook, Blogs oder bei Abgeordnetenwatch eröffnen sich Zugänge, die sonst ver-
Webseiten vermeintlicher Bürgerbe- präsentieren, müssen sie auch auf die Diskussi- schlossen bleiben würden. Also gute
wegungen ins Netz und lassen gezielt onen dort reagieren“, sagt Bernd Buschhausen, Zeiten auch für Lobbyisten? Das Vor-
Einträge in Internetforen und Kom- Public-Affairs-Chef der Agentur Edelman in Berlin. zimmer mag sich über Facebook um-
mentare auf Medienseiten schreiben. Daher sollten Public-Affairs-Verantwortliche sich gehen lassen, und dennoch: „Wer sich
Die Deutsche Bahn erlitt mit sol- in den Diskurs einbringen. Für Unternehmen im richtigen Leben von Lobbyisten
chen Methoden Achsbruch, als der vor- seien die Sozialen Netzwerke aber in erster Linie nicht überzeugen lässt, wird sich auch
dergründig unabhängige Think-Tank eine „passive Ressource“, die es zu beobachten durch Facebook nicht umstimmen las-
„Berlinpolis“ für sie tätig wurde und gelte, und die helfen könne, Allianzpartner zu sen“, sagt Bär. Message matters – auf
Foto: Archiv