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Acta Eruditorum - Ausgabe 2

- Entstanden unter dem Patronat des Astraelsorden -

Vorwort von Nicholas Roth

Ehre sei den Göttern und der Krone.

Der Putsch in Falkensee durch aufständische Gardisten und der darauf


folgende überraschende Fall der Stadt während der Tage des Dunkeltiefs
haben die Einwohner von Falkensee und jede Person von Amt, Verantwortung
und Würde sehr beschäftigt, sodass die Tore der Universität fürs Erste
geschlossen bleiben, bis wieder Ordnung eingekehrt ist in die alltäglichen
Geschäfte der Stadt.

Bis Edelmann Toran Dur die Pforten der Reichsuniversität wieder öffnen lässt,
soll jedoch auch das Periodium „Acta Eruditorum“ weiterhin in
unregelmäßigeren Abständen erscheinen und über verschiedene Themen der
Naturphilosophie berichten, um den Gelehrten der Insel Stoff für Grüblerei und
Unterhaltungen zu bieten. Dankenswerterweise hat der Orden des
Allwissenden sich bereit erklärt, Patron dieser Ausgabe zu werden und für die
Vervielfältigung und Verbreitung aufzukommen.

Eine kurze Geschichte des Problems von Körper und Seele:

Die grundlegende Frage der Philosophie, ob nun der des verständigen Geistes,
der moralfähigen Seele oder der Phänomene der Natur, ist die Frage nach dem
Verhältnis von Körper und Seele oder von Materie und Idee. Sind Materie und
Geist zwei vollkommen verschiedene Substanzen oder doch nur Ausprägungen
einer übergeordneten Einheit? Mag die Materie gar eine Illusion sein, die sich
unser Geist einbildet, oder sind wir nur Wesen aus Materie, die sich einen
unsterblichen Geist und eine Seele einbilden in Furcht vor dem Tode? Wenn
Materie und Geist verschieden sind, stellt sich die Frage nach ihrem
verschränkten Verhältnis, das uns im Alltag so selbstverständlich erscheint und
diese Frage führt in letzter Konsequenz nach der Frage nach der
Determiniertheit unserer Handlungen oder der Freiheit unserer Entscheidungen
und damit auch der Verantwortung für unsere Taten.

Die klassische Antwort auf dieses Problems wurde bereits in frühster Zeit von
der Denkschule um den Astraelgeweihter Toplan formuliert und postuliert
einen strengen Dualismus zwischen Körper und Geist, welche aus zwei
verschiedenen Substanzen bestehen. So der Geist oder die Seele nach dem
Tode des Körpers und nach dem Verlust der materiellen Existenz noch
weiterbestehen soll, getrennt vom ehemaligen Körper, so muss sie von anderer
Art sein, als die Materie des Körpers. Verschiedene Gelehrte, die ihm
nachfolgten, haben diese Antwort durch das Wiegen von frisch Verstorbenen
und anderweitige Überlegungen bestätigt. Das Verhältnis von Körper und Geist
wird als Interaktionalismus bezeichnet, das bedeutet die Vorstellung, dass
Materielles über die Sinne auf den Geist einwirkt, das also der Schmerz des
Körpers durch unsere Sinne als Schmerz im Geist erkannt wird. Ebenso wird ein
Wille unseres Geistes in einen Befehl an den Körper umgesetzt, der uns
dadurch Untertan und Herrscher zugleich ist. Die größte Schwierigkeit dieser
Antwort ist die Frage, wo und wie die Verbindung zwischen Körper und Geist
verortet werden muss und wie zwei vollkommen unabhängige Substanzen auf
sich gegenseitig einwirken können. Toplans ursprüngliches Postulat von einem
speziellem Organ in der Nähe des Herzens wurde bereits von verschiedenen
Anatomen und Naturphilosophen widerlegt und es bleibt offen, von welcher
Beschaffenheit ein solches Organ sein muss, dass es sowohl Geist als auch
Materie miteinander verbinden kann.

Eine neuere Antwort auf das Problem ist die Idee des Parallelismus und daran
angelehnt des Okkasionalismus. Der Parallelismus verneint die Verschränkung
und Beeinflussung von Körper und Geist untereinander und basiert in seiner
klassischen Form auf der Idee von Monaden, aus denen als Bausteine die
geistige Welt aufgebaut ist. Jede Monade ist dabei zur Perzeption fähig, das
heißt zur Erfahrung ihrer Umgebung, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Einige Monaden, die den Geist vernunftfähiger Wesen bilden, sind
gewissermaßen erwacht und bilden Zentren geistiger Aktivität, während
andere Monaden nur schwach aktiv sind, also als schlafend bezeichnet werden
können. Dennoch wirken die Monaden nicht untereinander auf sich ein, denn
ihre Perzeption folgt nicht aus der Sicht nach Außen, sondern aus der Kenntnis
eines perfekten Abbildes des Ablaufs aller Dinge. Die Monaden selbst sind als
Konstrukte punktförmiger Ausdehnung nicht zur Beeinflussung der äußeren
Umwelt fähig und entsprechen einem abstrakten Prinzip. Erst durch die
Vereinigung mit der prima materie, der Erstmaterie in ihrer geistigen Form, die
oftmals dichterisch als allumfassend strömendes Lichtfluid erklärt wird, kann
die abstrakte Idee zu einer geistigen wirklichen Existenz gelangen. Die
Erstmaterie ist demnach sozusagen ein geistiger oder ätherischer Körper, der
entsprechend zu ätherischen Sinnes eindrücken fähig ist, in dessen Zentrum
jedoch ein unberührbarer und unbeeinflussbarer Kern, die Monade selbst, ruht.
In der Mode schließlich ruht der Plan der göttlichen Schöpfung und die Monade
erschafft alle Sinneseindrücke aus diesem Plan und nicht aus tatsächlicher
Perzeption der äußeren Umwelt. Gleichermaßen folgt die materielle Welt dem
göttlichen Plan und die scheinbare Verschränkung von Geist und Materie ist nur
eine Illusion, die durch den perfekten parallelen Ablauf jenes Planes erzeugt
und geschaffen wird. Geist und Materie sind daher wie zwei Uhrwerke, die
voneinander unabhängig laufen, jedoch zum Augenblick ihrer Schöpfung
perfekt aufeinander abgestimmt wurden.

Eine weitere Spielart des Parellelismus ist der Okkasionalismus, der ebenfalls
die kausale Verschränkung von Geist und Materie verneint. Im Gegensatz zur
Vorstellung der Monaden und ihrer Folgsamkeit eines eingepflanzten göttlichen
Plans geht der Okkasionalismus davon aus, dass keinerlei kausale Beziehung
zwischen Materie und Geist besteht und in jedem Moment und Augenblick die
Viergötter selbst eingreifen müssen, um diese scheinbare kausale Beziehung
herzustellen. Nach dieser Vorstellung schaffen die Viergötter also für jeden
Augenblick eine neuerliche für sich stehende Welt, die nur scheinbar kausal mit
ihrer illusionären Vergangenheit verbunden ist. Besonders der Okkasionalismus
hat in der Zwischenzeit kaum mehr Anhänger und wird von den meisten
Gelehrten kritisch gesehen, da er vielerlei Fragen schlicht ausweicht und allzu
extreme anfängliche Postulate benötigt, um geschlossen begründbar und
erklärbar zu sein.

Der Gegenentwurf zum Dualismus ist der Monismus, der entweder die alleinige
Existenz des Geistes oder der Materie postuliert. Während der Idealismus, der
von der Nichtexistenz alles Körperlichen ausgeht, noch verschiedene Anhänger
hat und in vielerlei Interpretationen durchaus eine göttergefällige Philosophie
aufbauen kann, ist der Materialismus als ketzerisch verschrieen. Die wenigen
Anhänger und Denker dieser Spielart des Monismus findet man in Endophal, wo
der Viergötterglaube historisch erst spät verbreitet wurde und wo bis zu dessen
Ankunft unerleuchtete Philosophie betrieben wurde.

Die Philosophie des Parallelismus musste sich in den letzten Jahren vermehrt
dem Vorwurf des ketzerischen Pantheismus vorwerfen lassen, das heißt der
absoluten Gleichsetzung der Viergöttlichkeit mit der Schöpfung an sich, wobei
die Göttlichkeit nicht mehr als die uns sichtbare und unsichtbare Schöpfung
umfasst und nicht über die Schöpfung selbst hinaus geht. Besonders die
Metapher der Schöpfung als zwei aufeinander abgestimmte Uhrwerke hat
einige Kritiker dazu veranlasst, dem Parallelismus vorzuwerfen, er würde die
Passivität und Untätigkeit der Götter postulieren, denn sie seien in diesem
Weltbild gleich eines Königs, der sein Reich nur beschaut, aber nach der
Gründung seines Reiches keine einzige Entscheidung mehr trifft, sondern auf
den schicksalhaften Lauf der Dinge abwartet. Ein solcher König wäre in letzter
Konsequenz nicht mehr für das Wohl seines Reiches notwendig, sofern er es zu
Beginn zu seiner Gründung wohl geordnet hat, wie es von den Viergöttern
angenommen werden kann.

Der gelehrte Geist Leibniz, Berater des Fürsten von Falkenstein in


naturphilosophischen Dingen und Erfinder der genausten Zeitmesser der
galadonischen Flotte zur Breitengradbestimmung, hat im letzten Jahr eine
ausführliche Erwiderung auf diese und andere Vorwürfe und eine
beeindruckende Verteidigung des Parallelismus veröffentlicht. Nach seinen
Ausführungen wurde die Schöpfung von den Vieren als Bestmögliche aller
Welten geschaffen und Materie und Geist in derartiger Weise aufeinander
abgestimmt, dass sie die Bestmögliche aller Welten auch hervorbringen. Dieser
ursprüngliche Schöpfungsplan war daher von Beginn an vorherbestimmt und
kennt keinerlei Willensfreiheit, sondern nur den absoluten Determinismus zu
den Besten aller Entscheidungen. Eine solche Welt wäre ein paradiesisches
Gemälde der Güte der Viere und obwohl unsere Entscheidung für das Licht der
Viergöttlichkeit bereits vorherbestimmt wäre, würden wir diese Entscheidung
für das Gute doch in höchster Freude umarmen, ist sie doch die Bestmögliche
aller Entscheidungen und jede Seele würde aus dem eigenen Sein nach den
Vieren streben. Doch leider leben wir nicht in der bestmöglichen aller Welten,
den der Einfluss des Namenlosen stört den geordneten Schöpfungsplan und
zwingt die Viergötter, auch nach dem Moment der Schöpfung in den Lauf der
Dinge einzugreifen, um unsere Seelen zu retten und uns gnadenvolles Wohl zu
schenken. Diese Tatsache bringt auch erst die Möglichkeit der freien
Entscheidung in die Schöpfung, denn unsere Sicht auf die Konsequenzen
unserer Entscheidungen ist vernebelt durch die Unsicherheit, die in die Welt
gekommen ist, und es ist nahezu unmöglich, zu erkennen, welches zu jeder
Zeit die rechte und beste Wahl ist, auch wenn die Viere bei uns sind. Die
Existenz des Namenlosen und des Urbösen ist nach dieser Erklärung keine
Notwendigkeit für die Existenz der Viergötter, jedoch Grund für das Abweichen
der Schöpfung von ihrer bestmöglichen Ordnung. Der Seele ist von Natur aus
das edelste Gemüt in die Wiege gelegt, welches nicht anders kann, als sich für
die Viergöttlichkeit zu entscheiden, doch wird unsere Fähigkeit zur Erkenntnis
vernebelt. Gnadenvoll schenken uns die Viergötter daher in diesem Zustand
die Möglichkeit zur freien Entscheidung und freien Wahl unseres Willens, damit
wir nicht an der Unvollkommenheit unserer Entscheidungen zu Grunde gehen.

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