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Ulrichfliinfo 2004
Ulrichfliinfo 2004
FLI-Info:
Labormitteilungen aus dem Friedrich-Loeffler-Institut
Herausgeber: FLI, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Boddenblick 5a, 17493 Greifswald - Insel Riems. 1
Redaktion: Dr. K. R. Depner
Tel.: 038351-70, Fax: 038351-7226, E-mail: depner@rie.bfav.de, Homepage: http://www.bfav.de
FLI-Info, 2/2004, Dezember 2004
Die Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere mit Hauptsitz auf der Insel Riems und
weiteren Standorten in Jena, Tübingen und Wusterhausen wird in "Friedrich-Loeffler-Institut,
Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit" umbenannt. Eine Namensänderung war notwendig
geworden, weil der Aufgabenbereich des Instituts in der Zwischenzeit weit über die Bearbeitung von
reinen Viruserkrankungen hinaus geht und auch Prionenkrankheiten und bakterielle und parasitäre
Infektionen umfasst. Friedrich Loeffler, als Schüler Robert Kochs erfolgreicher Bakteriologe und
gleichzeitig mit der Entdeckung des Maul- und Klauenseuche-Virus einer der Begründer der
Virusforschung ist eine hervorragende Identifikationsfigur für die heute im Institut stattfindenden
Forschungsarbeiten. Gleichzeitig wird mit der Bezeichnung 'Bundesforschungsinstitut für
Tiergesundheit' der Aufgabenbereich der Forschungseinrichtung weiter gefasst und der aktuellen
Situation angepasst. Friedrich Loeffler hatte das Institut auf der Insel Riems als weltweit erste
virologische Forschungsstätte am 10. Oktober 1910 gegründet. Seit seinem 100. Geburtstag im Jahre
1952 führte das 'alte' Institut auf der Insel Riems bis 1991 bereits den Namen des Gründers. Die
Namensänderung wurde mit dem Inkrafttreten der dritten Änderung des Tierseuchengesetzes wirksam.
Im Jahr 2004 wurden vier Verfahren zur Berufung neuer Institutsleiter am FLI an den Standorten Insel
Riems und Jena durchgeführt. Zwei der Verfahren konnten abgeschlossen werden bzw. befinden sich
kurz vor dem Abschluss. Als neuer Leiter des Instituts für Virusdiagnostik (IVD) wurde Herr PD Dr.
Martin Beer berufen, der sein Amt im September antrat. Besonders bedanken möchte ich mich bei
Herrn Dr. Horst Schirrmeier für die langjährige kommissarische Leitung des IVD. Der Ruf als Leiter
des Instituts für molekulare Pathogenese am Standort Jena erging an Herrn Prof. Dr. Michael Nau-
mann aus Magdeburg.
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Auf Webseiten, die der Information niedergelas- 2 bis 7,4fach erhöhten Abortrisiko unterla-
sener Tierärzte dienen sollen, wurde kürzlich gen.
argumentiert, Neospora caninum sei nur ein
„Trittfahrer“ im Zusammenhang mit Rinderabor- 3. Experimentelle Infektionen mit Zwischen-
ten. Dieser Auffassung stehen wissenschaftlich wirtsstadien belegen, dass eine Neospora-
fundierte, weltweit erhobene und publizierte caninum-Infektion, die ein Rind postnatal
Daten entgegen. erwirbt, Aborte verursachen kann. Untersu-
Anlass für die Äußerungen zur Bedeutung der chungen an experimentell und natürlich infi-
bovinen Neospora-caninum-Infektion im Zu- zierten Tieren haben dazu beigetragen, dass
sammenhang mit Rinderaborten sind Aktionen die Pathogenese der bovinen Neosporose in-
einzelner Landwirtschaftsverbände gegen Hun- zwischen weitgehend bekannt ist.
dekot auf Weiden und Futterflächen.
4. Fallberichte über Herden nach seuchenhaften
Trotz der Beobachtung, dass sich mit der Hun- Abortgeschehen zeigen, dass es in einzelnen
dedichte eines Landkreises oder Stadt, die Präva- Herden zu starken, fast zeitgleich ablaufen-
lenz Sammelmilch-positiver Herden vorhersagen den N. caninum-assoziierten Infektionsge-
lässt, teilen wir die Einschätzung, dass Kampag- schehen kommen kann, die mit Aborten ein-
nen gegen Hundekot auf Weiden und Futterflä- hergehen können.
chen wenig geeignet sind, Neospora-caninum-
Infektionen und damit assoziierte Aborte in 5. Eine Reihe von Risikofaktorstudien belegt,
Rinderbeständen zu verhindern. Die im Stallbe- dass Hunde bei der horizontalen Übertragung
reich gehaltenen Hofhunde spielen bei der hori- des Parasiten eine wichtige Rolle spielen.
zontalen Übertragung des Parasiten eine wesent- Modellrechnungen belegen, dass trotz einer
lich wichtigere Rolle. effizienten vertikalen Übertragung der Parasi-
ten ohne horizontale Infektionswege nicht
Aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen dauerhaft in Rinderbeständen persistieren
gibt es aber für uns an der Bedeutung von kann.
Neospora caninum als Abortursache bei Rindern
aus folgenden Gründen keine Zweifel: Weitere Informationen, insbesondere zur Diag-
nose der Neosporose des Rindes, finden sich auf
1. Epidemiologische Studien in Belgien und im der Homepage des Friedrich-Loeffler-Instituts
Vereinigten Königreich ergaben, dass unter
Neospora caninum eine wichtige infektiöse http://www.bfav.de/organisation/ifed/krankheite
Abortursache beim Rind darstellt und dort n/neospora1.html
mit rund 12 % der Rinderaborte in
Verbindung gebracht werden kann. _______________________________________
Dr. Gereon Schares
2. Epidemiologische Untersuchungen in chro- Friedrich-Loeffler-Institut
nisch infizierten Herden zeigten, dass Zucht- Seestraße 55, 16868 Wusterhausen
tiere, die sich pränatal infiziert hatten, einem Telefon: 033979-80 193
gereon.schares@wus.bfav.de
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Abb.: (A) Das Fressen von Körpergewebe infizierter Zwischenwirte (z. B. Abortmaterial oder Nachgeburten) kann bei Hun-
den eine ein- bis dreiwöchige Ausscheidung von Neospora-caninum-Oozysten über den Kot auslösen. (B) Rinder können
sich über Oozysten infizieren. Oozysten sind sehr widerstandsfähig. Sie können wahrscheinlich Wochen bis Monate in der
Umwelt (im Futter oder Wasser) überleben. (C) Durch Oozysten infizierte Rinder können aufgrund der Infektion verkalben,
eine Totgeburt oder die Geburt eines lebensschwachen Kalbes erfahren. (D) Oft überlebt das Kalb die Infektion und es wer-
den dauerhaft infizierte, aber gesunde Kälber geboren. (E) Wird mit solchen dauerhaft, eventuell lebenslang infizierten Käl-
bern weitergezüchtet, so übertragen diese Tiere ihre Infektion auf ihre eigenen Nachkommen. Einmal infizierte Rinderlinien
bleiben so für mehrere Generationen infiziert. (F) Chronisch infizierte Tiere können ebenfalls verkalben. Sie verkalben im
Durchschnitt zwei- bis dreimal häufiger als nicht infizierte Tiere.
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Die Durchführung der BSE-Untersuchungen und In Deutschland gelten für alle Rinder, die älter
die Diagnostik erfolgt in Deutschland anhand als 24 Monate sind, die BSE-
der EU-Verordnung Nr. 999/2001, zuletzt geän- Untersuchungspflicht.
dert am 19.12.03, als gesetzliche Grundlage. Es gibt zum einen ELISA-Antigenteste zum
Umgesetzt in nationales Recht gilt zum einen die Nachweis des Prionproteins oder aber eine Wes-
BSE-Untersuchungsverordnung für Schlachttiere tern-Blot-Technik (Immunelektrophorese). Auf
sowie zum anderen die TSE-Überwachungs- diesen beiden möglichen Prinzipien beruhen die
verordnung für TBA-Tiere. 4 in Deutschland zugelassenen Schnellteste. Um
Die Bedeutung der BSE-Schnelltests ist in der eine endgültige Diagnose zu stellen, muss eine
EU-Verordnung als sogenannte Screening- vom Internationalen Tierseuchenamt zugelasse-
Methode, für alle Rinder die älter als 30 Monate ne Diagnostikmethode eingesetzt werden. Dies
sind, festgelegt. Diese Verfahren sind zur Unter- ist einmal der SAF-Immunoblot oder die im-
suchung großer Probenzahlen geeignet. munhistochemische Untersuchung histologischer
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Hirnpräparate. Beide Methoden finden im TSE- Klassifizierung der Proben nicht, d. h. Proben
Referenzlabor Anwendung. mit hohen BSE-Hirnanteilen wie 50 % oder 20
Um eine Vergleichbarkeit zwischen den einzel- % zeigten hohe Extinktionswerte über den unter-
nen BSE-Untersuchungsmethoden zu ermögli- suchten Zeitraum. Proben mit geringen BSE-
chen, ist die Herstellung von BSE- Gehalten wie 10 % oder 5 % zeigten entspre-
Referenzproben zwingend erforderlich. chend niedrigere Werte. Und Proben mit sehr
Dabei sollen solche Proben aus definiertem Ma- geringen BSE-Gehalten, wie die 2,5 % Probe
terial bestehen, einen einheitlichen Zerkleine- bewegten sich stets im grenzwertigen Bereich.
rungsgrad des Hirngewebes aufweisen und sich Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen wer-
gut vermischen lassen [einheitlicher Gehalt an den, dass die Mazeratmischungen bei der Lage-
BSE-Infektiosität/Prozente (%)]. Auch die Halt- rung bei -20 °C stabil sind und ihre Antigenität
barkeit solcher Standardpools ist ein wichtiger über viele Monate behalten. Die gleiche Tendenz
Aspekt. Bis vor kurzem war dies nicht möglich, zeigt sich auch bei der –70 °C-Lagerung. Zwar
da fein gemahlene Dounce-Homogenate in De- wurden hier nicht so viele Untersuchungen
tergenz-haltigen Puffern bereits nach wenigen durchgeführt, da das Ausgangsmaterial nur be-
Stunden bzw. Tagen ihre PrPSc-Antigenität ein- grenzt zur Verfügung stand (BSE-Material ist
büßten, unabhängig davon, bei welchen Tempe- immer noch recht kostbar), aber ähnliche Ver-
raturen sie gelagert wurden. Der Kollege Dr. läufe waren sichtbar. Auch hier blieb die Klassi-
Peter Lind vom dänischen BSE-Referenzlabor fizierung/Antigenität der Proben (50 %, 20 %,
löste dieses Problem, indem er grobe 50 %ige 10 %, 5 %, und 2,5 % BSE) bei der –70 °C-
BSE-Hirnmazerate in 5 %iger Sucrose-Lösung Lagerung über einen Zeitraum von 20 Monaten
herstellte, die eine bessere Gewebe- und Anti- erhalten.
genkonservierung ermöglichten. Hierzu wurde Nachdem das Probenmaterial für die Haltbar-
das Gehirngewebe (BSE-positiv oder -negativ) keitsstudien aufgebraucht war, wurde ein neuer
nach einer Vorzerkleinerung zu gleichen Antei- Homogenatpool hergestellt, mit noch weiteren
len mit der Verdünnerlösung verrieben und Verdünnungsstufen (50 % BSE bis 0,005 %
durch ein feinmaschiges Metallsieb gepresst. BSE). Dieser sollte zum einen in den gängigen
Man erhält einen Hirnbrei, der zu 50 % aus BSE-Schnelltests (BioRad Platelia bzw. TeSeE,
Hirngewebe besteht. Diese Mazerate können Enfer, Prionics-LIA, Prionics-Westernblot) ein-
dann mit einer Insulinspritze portioniert werden. gesetzt werden, um deren analytische Empfind-
Folgende Fragestellungen galt es nun zu klären: lichkeit zu überprüfen. Zum anderen sollten die
1. Ist die Herstellung unterschiedlicher Verdün- Schnelltestergebnisse mit der Empfindlichkeit
nungsstufen möglich? Wie haltbar sind diese der O.I.E.-Methoden verglichen werden. Die
Proben? Untersuchungen wurden jeweils am TSE-
2. Wie haltbar sind die Ausgangspool`s? Referenzlabor und in einem Untersuchungsamt
durchgeführt, welches den entsprechenden
Zur Abklärung wurden zwei unterschiedliche Schnelltest routinemäßig einsetzt. In allen 4
Lagerungstemperaturen gewählt (-20 °C/-70 °C). Schnelltesten zeigte sich eine ähnliche Tendenz,
Die Herstellung der Verdünnungsstufen erfolgte die Schnelltests erkannten die Verdünnungsstu-
nach folgendem Schema: fen gleich gut. Die Proben von 50 % BSE bis
Das Ausgangsmaterial Positivpool (50 % BSE- 5 % BSE wurden stets als eindeutig positiv er-
Hirn) und Negativpool (50 % negativ Hirn) wur- kannt, die 2,5 % Probe lag im grenzwertigen
den zu unterschiedlichen Teilen miteinander Bereich. Wenn man diese Schnelltestergebnisse
vermischt. Folgende Verdünnungsstufen (1 : 2,5, den Ergebnissen des O.I.E.-Immunoblots/
1 : 5, 1 : 10, 1 : 20) mit den entsprechenden Westernblot gegenüberstellt, wird Folgendes
Endgehalten von BSE-Hirn (20 % BSE, 10 % sichtbar: Die 4 Schnelltests reagierten etwa
BSE, 5 % BSE und 2,5 % BSE) wurden so her- gleich gut, aber der immunchemische Nachweis
gestellt. von pathologischem PrPSc in Fibrillen-
Die Haltbarkeits-Untersuchung zu diesen Ver- Präparaten aus Hirnstammgewebe (der SAF-
dünnungsstufen bei –20 °C erbrachte im Bio- Immunoblot), der mit 2 g Gehirnmazerat durch-
Rad-ELISA, dem am häufigsten in Deutschland geführt wurde, war mehr als 100 mal empfindli-
eingesetzten Schnelltest, folgende Ergebnisse: cher.
Auch wenn die Werte über den Zeitraum von 21 Des Weiteren wurde mit Hilfe der BSE-
Monaten etwas schwanken, so änderte sich die Standardproben die analytische Empfindlichkeit
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der sog. PTA-Methode ermittelt, die im Rahmen Aufsicht des nationalen BSE-Referenzzentrums
von verschiedenen Forschungsprojekten am am FLI Insel Riems durchgeführt werden. Ziel
INNT Anwendung findet. Hierbei wird das pa- dieser Ringtests ist a) der Nachweis der Zuver-
thologische Prion-Protein mittels Phosphorwolf- lässigkeit der Labors und b) deren korrekte
ramsäure gefällt und anschließend im Immu- Durchführung der BSE-Schnelltests. Letztere
noblot angefärbt. Diese Methode ist schneller wird indirekt ermittelt, indem mittels der Stan-
(nur 5 Stunden) als der offizielle SAF- dardproben die laborspezifische analytische Sen-
Immunoblot (Dauer 2 Tage) und außerdem wird sitivität für den jeweils eingesetzen BSE-
weniger Probenmaterial benötigt. Schnelltests ermittelt wird.
Mittels der PTA-Fällung konnten Probenver- Mittlerweile wurde der 3. deutsche BSE-
dünnungen erkannt werden, die um 2 Verdün- Ringtest von Februar bis April diesen Jahres
nungsstufen niedriger waren als die letzten durch (2004) durchgeführt, in Zusammenarbeit mit der
die Schnelltests erkannten (1,25 % BSE und Gesellschaft für Biotechnologische Diagnostik
0,625 % BSE). Dennoch bleibt zu bemerken, in Berlin. Es nahmen 39 Labore teil, wobei eini-
dass die analytische Empfindlichkeit des SAF- ge Labore 2 Testverfahren durchführten.
Immunoblots nicht erreicht wurde. Es wurden für jedes Labor Probenset`s aus je-
Eine andere O.I.E.-Bestätigungsmethode ist die weils 6 Proben (Sucrose-Mazeratmischungen)
immunhistochemische Untersuchung, die hier hergestellt. Dabei galt es 3 sicher positive Pro-
nur als Zusatzmethode an den Mazeratverdün- ben (1 : 6 = 8,3 % BSE; 1 : 12 = 4,17 % BSE,
nungen von 50 % BSE bis 2,5 % BSE durch- doppelt im Set), zu erkennen sowie 2 negative
geführt wurde. In all diesen Präparaten wurden Proben. Diese 5 Proben waren die obligatori-
Gewebefragmente mit PrPSc-Ablagerungen er- schen Ringtestproben. Die 1 : 16-Verdünnung
kannt (Antikörper mab 12F10, mab L42). (= 3,125 % BSE) war als fakultative Probe im
Set, um die analytische Sensitivität des Teilneh-
Da von einem Schnelltesthersteller bemerkt merlabors besser zu beurteilen.
wurde, dass Sucrose im Verdünnungspuffer
möglicherweise einen nachteiligen Einfluss auf Folgende Ergebnisse wurden erzielt:
die Performance ihrer Schnelltests haben könnte, Alle 26 Labore, die den Bio-Rad-ELISA (TeSeE
wurden die Experimente ohne den Sucrose- bzw. Platelia) anwandten, identifizierten die 3
Zusatz wiederholt: Zum einen wurde Ausgangs- obligatorischen positiven Proben ohne Probleme.
gewebe (ein Pool an positiven Hirnstämmen) mit Das Gleiche galt für die Erkennung der fakulta-
Aqua dest. als Verdünner mazeriert und zum tiven Probe, die nur von einem einzigen teil-
anderen wie anfangs beschrieben mit Sucroselö- nehmenden Labor nicht erkannt wurde. Die 2
sung angerieben. negativen Proben erkannten alle Labore korrekt.
Der Vergleich dieser beiden BSE- Die 4 Labors, die den Enfer-Test einsetzten,
Probenkonfektionierungen mittels BioRad- zeigten eine ähnlich gute Performance: positive
ELISA zeigte keinen negativen Einfluss der und negative Proben wurden erkannt, nur 1 Teil-
Sucrose. In einer zweiten Vergleichsuntersu- nehmer klassifizierte die 1:16 Verdünnung als
chung wurden alle Verdünnungsstufen mittels negativ.
Prionics-Check-LIA getestet – allerdings auch Gleiches galt für die BSE-Schnelltestlabors, die
hier ohne offensichtlichen Effekt. Diese Tendenz den Prionics-Check-LIA (6 Labore) und den
zeigt sich auch in den anderen 2 Schnelltesten. Prionics-Westernblot verwendeten: Auch hier
Zusammenfassend kann deshalb bei zukünftigen wurden von allen Teilnehmern alle Proben kor-
Vergleichsreihen auch reines A. dest. als Ver- rekt erkannt.
dünner eingesetzt werden.
Insofern erwiesen sich alle vier derzeit in
Diese Erfahrungen bei der Herstellung von BSE- Deutschland zur BSE-Schnelltestung zugelasse-
Standardproben hatten auch Einfluss auf die nen Tests gleichermaßen geeignet. Von den 39
Herstellung der BSE-Ringversuchsproben. teilnehmenden Laboren erkannten alle 39 Labore
Alle staatlichen und privaten BSE- die obligatorischen Proben. Lediglich 2 Labors
Schnelltestlabors in Deutschland müssen an erkannten jeweils die fakultative Probe nicht.
Ringtests (’proficiency tests’) teilnehmen, die Diese beiden Labors erhielten eine Nachschu-
entsprechend des Tierseuchengesetzes unter lung durch den jeweiligen Hersteller und/oder
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Die Bundesrepublik Deutschland erfüllt seit Lücken (Jungtiere unter 24 LM, Trockensteher,
1999 die Anforderungen für die amtliche Aner- Bullen u. a.) die Infektion sowohl im Bestand
kennung als leukosefreier Mitgliedsstaat nach (unerkannt) persistieren als auch darüber hinaus
EU-Recht gemäß Richtlinie 64/432 EWG und sich ausbreiten kann.
Kommissionsentscheidung 1999/465/EG. Dem- Ein Problem für die Untersuchungseinrichtun-
zufolge müssen mindestens 99,8 % der Rinder- gen, die zuständigen Veterinärämter und den
bestände amtlich anerkannt frei von enzootischer Tierbesitzer stellen die bei den Routineuntersu-
Rinderleukose (ERL) sein. Dieser Status ist chungen ermittelten „nicht negativen“ Untersu-
durch kontinuierliche diagnostische Untersu- chungsergebnisse dar, denn…
chungen aller Rinder über 24 Lebensmonate und …hinter der Bezeichnung „nicht negativ“ kann
durch pathologisch anatomische Abklärung aller sich entweder ein test- oder laborbedingtes fal-
Tumorverdachtsfälle aufrecht zu erhalten. sches oder ein infektionsbedingtes spezifisches
Untersuchungsergebnis verbergen.
Auf der Grundlage der Leukose-Verordnung von
3/1997 und den Zuständigkeitsregelungen der Wird ein solcher (infektionsrelevanter spezifi-
Bundesländer erfolgt in der Bundesrepublik scher) Befund ermittelt, zieht das aufwändige
Deutschland die Diagnostik der ERL durch (serologische) Abklärungsuntersuchungen unter
staatliche Untersuchungseinrichtungen. Amtlich Einschaltung der zuständigen Veterinärbehörde
festgelegt ist zur Überwachung der Leukosefrei- nach sich. Letztere ist in der Pflicht, eine Be-
heit die BLV-Antikörperdiagnostik im Blutse- standssperre und mehrmalige Nachuntersuchun-
rum oder in der Milch mittels zugelassener gen zu veranlassen.
kommerzieller Testsysteme. Bezüglich des Un- Nach der gültigen Rechtssetzung können diese
tersuchungsmodus gilt grundsätzlich die Unter- Restriktionen frühestens 10 Monate nach Ent-
suchungspflicht aller Rinder > 24 LM entweder fernung des letzten Reagenten aufgehoben
• in 2-jährlichem Abstand durch zwei milchse- werden.
rologische Bestandsuntersuchungen oder Das Aufgabenspektrum des Nationalen und OIE-
• in 3-jährlichem Abstand durch eine blutsero- Referenzlabors für die ERL am FLI umfasst u. a.
logische Untersuchung dieser Altersgruppe: die
• Entwicklung neuer diagnostischer Methoden
Unter Verwendung der per TSN gemeldeten und Bekämpfungsmodelle sowie deren
Leukosefälle (2003 insgesamt 21) kann • Wirksamkeitsprüfung mit dem Ziel der Etab-
eingeschätzt werden, dass der Anteil von lierung effektiverer Bekämpfungsstrategien
Neuinfektionen weiter rückläufig ist, aber eine zur Tilgung der anzeigepflichtigen Rinder-
Erregereradikation noch nicht erfolgt ist. Des seuche.
Weiteren birgt der vorgegebene
Untersuchungsrhythmus die Gefahr in sich, dass An diesem Punkt beginnen unsere Situationsbe-
bei Neuinfektionen und/oder diagnostischen trachtung und die Wirksamkeitsprüfung eines
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Untersuchung/ Anzahl ELISA-; PCR- ELISA+; PCR+ ELISA+; PCR- ELISA-; PCR+
Altersgruppe unters.
Rinder
06-08/2003
<6 Monate 5 3 1* 1** 0
<24 Monate 34 32 2 0 0
>24 Monate 50 44 6 0 0
01/ 2004
<6 Monate 3 von 16 3 0 0 0
<24 Monate 29 28 0 0 1***
>24 Monate 40 37 3 0 0
04/2004
<6 Monate 11 von 12 11 0 0 0
<24 Monate 24 23 1 0 0
>24 Monate 44 44 0 0 0
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M. avium subsp. avium (Serotypen 1-3) verkör- jedoch auch bei anderen atypischen
pert den primären Erreger der aviären Tuberku- Mykobakterien beschrieben (Englund und
lose bei Nutzgeflügel, Wild- und Ziervögeln. Mitarb., 2002). Das IS-ähnliche Element ISMav2
Organismen dieser Subspezies wurden auch bei ist ebenfalls typisch für M. avium subsp.
anderen Nutztieren (vorrangig Rind und paratuberculosis (Strommenger und Mitarb,
Schwein) und Wildtieren nachgewiesen, aber nur 2001), seine Verbreitung unter den atypischen
selten beim Menschen. Sie sind charakterisiert Mykobakterien wurde allerdings bisher noch
durch das Vorkommen der beiden Insertionsse- nicht umfassend untersucht. M. avium subsp.
quenzen IS1245 und IS901. paratuberculosis konnte bei Haus- und
Wildwiederkäuern, Wildvögeln, wildlebenden
Im Jahre 2002 wurden die Serotypen 4-6, 8-11 Karnivoren und regional begrenzt auch bei
und 21 einer neuen Subspezies zugeordnet, die Kaninchen nachgewiesen werden (Harris und
ebenfalls über das Insertionssegment IS1245 Mitarb., 2001)
verfügt, jedoch nicht über IS901 und als M. avi- Im Unterschied zu den anderen Mitgliedern des
um subsp. hominissuis bezeichnet wird (Mijs et MAC weist M. avium subsp. silvaticum das
al., 2002). Die Bezeichnung subsp. hominissuis Insertionssegment IS902 auf.
ist begründet durch den bis dahin vorrangigen
Nachweis dieser Subspezies in tuberkulösen Identifizierung
Läsionen bei Schweinen sowie in Humanisola- Die Identifizierung von Vertretern des MAC
ten. Inzwischen wurde M. avium subsp. hominis- erfolgt mit Hilfe phänotypischer und molekula-
suis jedoch auch beim Rind, anderen Säugern rer Methoden. Traditionelle Methoden zur Iden-
und in der Umwelt nachgewiesen. Einer gerin- tifizierung von Mykobakterien umfassen die
gen Anzahl von M. avium-Stämmen fehlt das Wachstumsrate, die Koloniemorphologie, die
IS1245-Element, sie reagieren aber positiv auf Pigmentierung, das biochemische Profil sowie
einen M. avium-spezifischen rRNA-Sonden- die Fettsäureanalytik mit Hilfe der Gaschroma-
Test. tografie (GC), der Dünnschichtchromatografie
(DC) und der HPLC. Die konventionelle Kultur
M. intracellulare-Stämme enthalten weder das und biochemische Tests sind jedoch wenig
IS1245 noch das IS901 (Ausnahme für das geeignet, M. avium und M. intracellulare zu
IS1245: ca. 7 %). Sie kommen ubiquitär in der unterscheiden. Die Fettsäureanalytik bietet die
Umwelt vor, wurden in seltenen Fällen aus gra- Möglichkeit, die beiden eng verwandten Spezies
nulomatösen Lymphknotenveränderungen bei voneinander abzugrenzen, die Methoden sind
Rindern isoliert (Collins und Mitarb., 1997; Ri- jedoch sehr aufwändig und kostenintensiv und
tacco und Mitarb., 1998) und aus humanen Isola- bleiben Speziallabors vorbehalten.
ten vorrangig von Patienten ohne HIV-Infektion.
Das Insertionssegment IS1311 konnte bei allen Die Spezies M. avium subsp. paratuberculosis
Vertretern des MAC nachgewiesen werden. lässt sich anhand einer wesentlich längeren
Kultivierungszeit und ihrer Abhängigkeit von
M. avium subsp. paratuberculosis unterscheidet Mykobaktin im Kulturmedium identifizieren.
sich von den anderen Mitgliedern das MAC Auch Stämme von M. avium subsp. silvaticum
durch das Vorkommen des Insertionssegmentes benötigen zumindest für die Primärkultur den
IS900. IS900-ähnliche Sequenzen wurden Zusatz von Mykobaktin.
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Tabelle 2: Differenzierung des Genus Mycobacterium und der Vertreter des MAC auf DNA-Ebene
Genus/Spezies/ Gen Methode Literatur
Subspezies
Die Eignung der Serotypie zur Differenzierung Analysen typisiert werden. Dabei handelt es sich
des MAC ist inzwischen umstritten, da sich häu- um PCR-Verfahren, PCR basierte Methoden mit
fig Widersprüche zu den Ergebnissen molekula- anschließender reverser Hybridisierung, Restrik-
rer Methoden ergaben und da bis zu einem Drit- tionsenzymverdau oder Sequenzierung sowie die
tel der Isolate nicht typisierbar sind. Analyse des Restriktions-Fragment-Längen-
Basierend auf der genetischen Diversität Polymorphismus mit unterschiedlichen Ziel-
zwischen den Organismen des MAC wurden im sequenzen.
Verlaufe des letzten Jahrzehnts schnellere,
leichtere und sensitivere Methoden zur Differen- Für die Humanmedizin entwickelte kommerziel-
zierung entwickelt. Mit ihnen können die einzel- le Tests, mit denen auch eine Differenzierung
nen Spezies und Subspezies identifiziert und zwischen M. avium und M. intracellulare mög-
individuelle Stämme für epidemiologische lich ist, basieren auf der 16S- oder 23S-
11
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rDNA bzw. auf der 16S-23S rRNA "internal und Durchfall, sie kann aber ebenso klinisch
transcribed spacer" Region und dem Prinzip der inapparent verlaufen. M. avium-Infektionen des
reversen Hybridisierung (AccuProbe, Gen-Probe Pferdes sind ebenfalls selten. Sie betreffen den
Inc.; GenoType Mykobakterien, Hain Lifescien- Darmtrakt, die klinischen Symptome äußern sich
ce GmbH und INNO-Lipa MYCOBACTERIA, in Gewichtsverlust, intermittierendem Durchfall
Innogenetics N.V.). Für die Differenzierung und Anorexie. Bei Hund und Katze kann die
innerhalb der Spezies M. avium sind bisher keine Infektion auf die Haut beschränkt sein oder sich
Tests auf dem Markt. Eine Übersicht über weite- bis zu einer generalisierten Erkrankung unter
re Methoden zur Differenzierung des MAC gibt Einbeziehung des Verdauungs- oder Atmungs-
Tabelle 2. traktes ausbreiten.
Infektionen des Menschen durch Vertreter des
Epidemiologie, klinische und pathologische MAC-Komplexes betreffen überwiegend
Befunde immunsupprimierte Personen. Bei immun-
In Deutschland spielt die Geflügeltuberkulose kompetenten Menschen sind derartige
(Haupterreger: M. avium subsp. avium) bei der Infektionen sehr selten und prägen sich als
heutigen Geflügelintensivhaltung praktisch keine chronische Lungenerkrankungen bei alten
Rolle mehr. Zwischen 1996 und 1999 betrafen Menschen, zervikale Lymphadenitis bei Kindern
Meldungen fast ausschließlich kleine Bestände und Weichteilinfektionen aus, aber selten als
in Privathand oder in zoologischen Gärten (Mar- disseminierte Erkrankungen. Während der
tin und Schimmel, 2000). Bei den betroffenen frühen Jahre der weltweiten AIDS-Epidemie
Tieren werden tuberkulöse Veränderungen vor- besaßen Infektionen durch Mykobakterien des
wiegend in der Leber, aber auch in der Milz und MAC eine große Bedeutung als Ursache für
im Darm gefunden. Die Stämme der Subspezies systemische bakterielle Infektionen, wobei 85 %
hominissuis sind nur gering virulent für Vögel der Isolate von HIV positiven Patienten der
und gehören wie M. avium subsp. avium zu op- Spezies M. avium, nicht M. intracellulare
portunistischen Erregern bei Säugetieren. zugeordnet werden konnten. Obwohl die
Vertreter des MAC sind die Hauptursache von Entwicklung der antiretroviralen Kombinations-
tuberkulösen Lymphknotenveränderungen beim therapie (HAART-Therapie: highly active
Schwein. Bei 24 540 (1,85 %) von 1 326 274 antiretroviral therapy) einen Rückgang aller
Schlachtschweinen wurden verkäste Läsionen in opportunistischen Infektionen bei HIV-
Lymphknoten festgestellt (Fischer und Mitarb., Infizierten und Patienten mit AIDS hervorrief
2000). 29 % dieser Läsionen wurden durch und die Sterblichkeit an Mykobakterien-
Vertreter des MAC-Komplexes hervorgerufen, infektionen deutlich reduzierte, bleiben MAC-
die Mehrheit gehörte der Spezies M. avium, Infektionen weiterhin weltweit eine große
nicht M. intracellulare, an. Als Infektionsquellen Gefahr für HIV-infizierte Patienten ohne Zugang
konnten die Aufnahme infizierten Vogelkotes zur HAART-Therapie oder mit HIV-Neu-
(Schliesser, 1985; Mitro, 1997), kontaminierte infektion.
Einstreu (Uhlemann und Mitarb., 1975) oder M. avium subsp. paratuberculosis verursacht
Torf, der an Ferkel als diätetischer Futterzusatz eine chronische granulomatöse Darmentzündung
verfüttert wird, nachgewiesen werden bei Haus- und Wildwiederkäuern. Die Erkran-
(Uhlemann, 1999). kung führt zu Abmagerung, Leistungseinbußen
Beim Rind führen Infektionen mit M. avium und vor allem beim Rind, seltener bei kleinen
(subsp. avium, subsp. hominissuis) und M. intra- und Wildwiederkäuern zu chronischen Durchfäl-
cellulare im Allgemeinen nicht zu klinischen len. Bei Vögeln und anderen Wildtieren wurde
Erkrankungen. Die veterinärmedizinische Be- der Erreger zwar nachgewiesen, war aber meist
deutung der Infektion liegt in einer Sensibilisie- nicht mit pathologischen Veränderungen assozi-
rung gegenüber Mykobakterien-Antigenen, die iert.
zu Kreuzreaktionen bei der Diagnostik der bovi-
nen Tuberkulose und auch der Paratuberkulose Literaturverzeichnis bei den Autoren erhältlich
führen können.
Bei Schaf und Ziege sind M. avium-Infektionen _______________________________________
selten, sie können aber intestinale Läsionen und Dr. Petra Möbius
generalisierte Erkrankungen hervorrufen. Hir- Friedrich-Loeffler-Institut
sche, besonders in Gatterhaltung, sind empfäng- Naumburger Straße 96 A
lich für Infektionen mit M. avium. Die Erkran- Telefon: 03641-804280
kung ist charakterisiert durch Gewichtsverlust petra.moebius@jena.bfav.de
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Immunfluoreszenztest (IFA; Progen Biotechnik, Bei zwei der 36 Patienten wurden als mutmaßli-
Heidelberg) und indirekte in-house IgG-ELISAs che Infektionsorte Österreich und Italien ange-
und IgG-Western blots auf der Basis Hefe- geben; bei allen anderen Patienten ist von einer
exprimierter N-Proteine von PUUV und DOBV Infektion am Wohn-/Arbeitsort in Niederbayern
verwendet (Razanskiene et al., 2004). Seren auszugehen. Angaben zu den möglichen indivi-
wurden bei einer Verdünnung von 1/200 im duellen Risikofaktoren der betroffenen Patienten
ELISA als positiv gewertet, wenn sie den cut liegen nur begrenzt vor. Die meisten Befragten
off-Wert von 0,120 (Mittelwert der OD-Werte hatten ein rurales Lebensumfeld, lebten in Bau-
der Negativseren + 3fache Standardabweichung) ernhäusern, Häusern mit angebauten Schuppen
überstiegen. Zur Bestimmung von ELISA- oder hatten Kontakte zu Forst-/Landwirtschaft.
Endpunkttitern wurden die Proben, beginnend Bei einigen Erkrankten konnte ein direkter oder
mit einer Ausgangsverdünnung von 1/200, in indirekter Kontakt zu Nagetieren bzw. deren
2er-Stufen verdünnt. Der Endpunkttiter ent- Ausscheidungen recherchiert werden. Untersu-
spricht der höchsten Verdünnungsstufe, bei der chungen mit unterschiedlichen serologischen
der entsprechende OD-Wert noch über dem cut Tests zeigten bei 35 der 36 Patienten PUUV-
off-Wert lag. Alle im Screening reaktiven Pro- Infektionen an; in einem Fall konnte die Hanta-
ben wurden anschließend im Western blot- virusinfektion nicht weiter spezifiziert werden
Bestätigungstest überprüft. Als Kontrollen wur- (Dr. W. Hautmann, LGL, persönliche Mittei-
den in ELISA und Blot gepoolte anti-PUUV-N- lung). Der überwiegende Teil der Infektionen
und anti-DOBV-N-positive und negative Kon- wurde am Nationalen Referenzzentrum für tropi-
trollseren von C57BL/6-Labormäusen verwendet sche Infektionserreger (Bernhard-Nocht-Institut
(Geldmacher et al., 2004). für Tropenmedizin, Hamburg) in Zusammenar-
beit mit dem Konsiliarlaboratorium für Hantavi-
3. Ergebnisse ren (Institut für Virologie, Universitätsklinikum
3.1. Epidemiologie der Erkrankungsfälle Charité, Berlin) diagnostiziert und typisiert (PD
Dr. S. Günther, Hamburg; persönliche Mittei-
In Bayern wurden im Jahr 2004 bis zur 49. Ka- lung). Die gemeldeten Erkrankungen betrafen in
lenderwoche (KW) 58 klinisch apparente huma- etwa drei Viertel der Fälle Männer (Män-
ne Hantavirusinfektionen gemeldet (LGL, Stand ner/Frauen: 2,6). Der Altersgipfel der Patienten
8. 12. 2004), die sich unterschiedlich auf die lag in der Altersgruppe 30-49 Jahre.
Regierungsbezirke verteilten (Abb. 2A). Im Zeit-
raum April bis November 2004 wurde in Nie- 3.3. Nagetieruntersuchungen
derbayern eine im Vergleich zu den Vorjahren
deutlich erhöhte Zahl von klinisch apparenten Um den Ursprung des Hantavirusausbruchs in
Hantavirusinfektionen beobachtet. Während in Niederbayern näher zu charakterisieren, wurden
den Jahren 2001 und 2003 in Niederbayern keine Nagetiere in den Lkr. Regen und Freyung-
und im Jahr 2002 nur einzelne Hantavirusinfek- Grafenau an 7 Orten gefangen, an denen die
tionen gemeldet wurden, wurden bis zur 49. KW meisten klinischen Hantavirusinfektionen beo-
2004 insgesamt 36 Fälle registriert. Die ersten bachtet worden sind (Abb. 2). Durch Vorködern
Fälle wurden im Lkr. Freyung-Grafenau in der wurde in den ausgelegten Shermanfallen eine bis
17. KW beobachtet. Seit der 34. KW wurden zu 50 %-ige Fangquote erreicht. Insgesamt wur-
nahezu kontinuierlich 2 und mehr Fälle pro Wo- den während 3 Fangnächten 43 Tiere, d.h. 29
che übermittelt. Die Inzidenz war am höchsten in Rötelmäuse (Clethrionomys glareolus), 11
den Lkr. Regen, Passau und Freyung-Grafenau Gelbhalsmäuse (Apodemus flavicollis), 2 Wald-
(Abb. 2B). mäuse (Apodemus sylvaticus) und eine Haus-
maus (Mus musculus), gefangen. Die meisten
3.2. Klinik und Infektionsquellen Nagetiere (17/43) wurden dabei in der Gemeinde
Raimundsreuth in einem Waldstück (Buchen-,
Die Klinik dieser symptomatischen Hantaviru- Eichen-, Nadelmischwald) mit dichtem Brom-
sinfektionen war durch Fieber, Nierenfunktions- beerunterbewuchs, einem bevorzugten Lebens-
störungen, Glieder-, Kopf- und Muskelschmer- raum vor allem von Rötelmäusen, gefangen (sie-
zen sowie Übelkeit und Erbrechen gekennzeich- he Abb. 1A).
net. Von den 36 bis zur 49. KW 2004 gemelde- Beim Screening von 29 Serumproben der in
ten Fällen in Niederbayern mussten 30 stationär Niederbayern gefangenen Nagetiere mittels
behandelt werden, bei 24 Erkrankten trat eine DOBV- und PUUV-IgG-ELISA wurden 7 sero-
Nierenbeteiligung auf (LGL, Stand 8.12. 2004). reaktive Proben identifiziert, die in mindestens
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einem ELISA reagierten. Bei paralleler Analyse während in den westlich gelegenen Lkr. Strau-
aller 29 Proben im PUUV-IFA wurden nur die bing, Dingolfing-Landau, Kelheim und Landshut
IgG-ELISA-reaktiven Seren detektiert (siehe keine Infektionen beobachtet wurden.
Abb. 1D). In anschließenden Western blot- In verschiedenen Studien ist eine Korrelation der
Analysen wurde die Reaktivität dieser 7 Serum- Häufigkeit von Hantavirusinfektionen beim
proben mit mindestens einem Antigen bestätigt. Menschen mit der Populationsgröße der jeweili-
Bei vier der 6 seropositiven Rötelmäuse war der gen Hantavirusreservoirwirte aufgezeigt worden
ELISA-Endpunkttiter für PUUV-N-Protein min- (Niklasson et al., 1995; Hjelle and Glass, 2000).
destens doppelt so hoch als der für DOBV-N- In Deutschland wurde in der Vergangenheit über
Protein. Bei zwei Rötelmäusen waren die End- ein gehäuftes Auftreten von Hantavirusinfektio-
punkttiter für DOBV und PUUV identisch. Bei nen insbesondere in Baden-Württemberg berich-
der einzigen seropositiven Gelbhalsmaus wurden tet (Kimmig et al., 2002; Kunz et al., 2002; Ra-
in ELISA, Blot und IFA PUUV-N-reaktive An- sche et al., 2004). So wurde während eines Mili-
tikörper nachgewiesen. Drei dieser Antikörper- tärmanövers in der Nähe von Ulm ein Hantavi-
positiven Mäuse stammten aus der unmittelbaren rusausbruch beobachtet (Clement et al., 1996).
Umgebung von im August schwer erkrankten Die erhöhte Zahl von Hantavirusinfektionen in
Patienten. Aus der Gemeinde Raimundsreuth Baden-Württemberg im Jahre 2002 wurde durch
war in der Woche vor dem Nagetierfang ein eine überdurchschnittlich starke Vermehrung der
Erkrankungsfall gemeldet worden. Hier waren 4 Rötelmaus erklärt (Kimmig et al., 2002). Mögli-
von 17 Nagetieren (24 %) serologisch reaktiv cherweise kann das hier dargestellte gehäufte
(siehe Abb. 2C). Auftreten von Hantavirusinfektionen in Nieder-
Alle als negativ eingestuften 22 Nagetier- bayern im Jahre 2004 auch dadurch erklärt wer-
Serumproben aus Niederbayern und Negativkon- den; nach Mitteilungen der örtlichen Forstbehör-
trollseren von Labormäusen reagierten in keinem den in Niederbayern (Dr. Graf, Forstamt Frey-
der verwendeten Tests. Die als Positivkontrollen ung) kam es als Folge einer besonders ausge-
eingesetzten Seren von experimentell mit prägten Fruchtbildung bei Buchen und Eichen
DOBV- oder PUUV-N-Proteinderivaten immu- im Herbst 2003 zu einer starken Vermehrung der
nisierten C57/BL6-Labormäusen zeigten eine Mäuse in den betroffenen Regionen. In Öster-
unterschiedlich starke Reaktion im PUUV-IFA reich wurden in diesem Jahr bisher 75 humane
(Abb. 1D). PUUV-Infektionen beobachtet (Stand 2.12.
2004; Prof. S. Aberle, Wien, persönliche Mittei-
4. Diskussion lung). Dieser enorme Anstieg gegenüber den
Vorjahren (von 1993-2003 jährlich weniger als
Die Seroprävalenz der Normalbevölkerung be- 20 Fälle) wird einerseits durch eine verbesserte
trägt in Bayern ca. 1,6 % (Zöller et al., 1995). Aufklärungsrate bei den behandelnden Ärzten
Seit Einführung der Meldepflicht im Jahre 2001 aber auch sehr wahrscheinlich durch eine Zu-
wurden in Bayern insgesamt 122 Fälle gemeldet, nahme der Populationsdichte der Rötelmaus
von denen nur im Jahre 2002 einzelne Fälle (3 erklärt (Prof. S. Aberle, persönliche Mitteilung;
Fälle, 2 im Lkr. Freyung-Grafenau und einer im Aberle, 2004). Auch in der Ostslowakei wurde
Lkr. Deggendorf) auf Niederbayern entfielen. In im Jahr 2004 eine erhöhte Zahl von humanen
den Jahren 2001 bis 2003 waren bis zu 90 % der Hantavirusinfektionen beobachtet (Dr. B. Klem-
in Bayern gemeldeten Fälle im Raum Würzburg, pa, Berlin, Bratislava, und Dr. M. Labuda, Bra-
Regierungsbezirk Unterfranken, aufgetreten, der tislava, persönliche Mitteilung). Im Gegensatz
seit Jahren als ein bayerisches Endemiegebiet für dazu wurden in Belgien im Jahre 2004 bisher
Hantavirusinfektionen bekannt ist (Pilaski et al., deutlich weniger Fälle als im Vorjahr beobachtet
1991; Kulzer et al., 1993). (P. Heyman, Brüssel, persönliche Mitteilung).
In diesem Jahr wurden in Bayern bis KW 49 Bei fast allen aus Niederbayern gemeldeten kli-
bereits 58 Fälle registriert (LGL; Stand 8.12. nischen Fällen wurde durch unterschiedliche
2004), d.h. doppelt so viele wie durchschnittlich serologische Tests eine PUUV-Infektion detek-
in den letzten drei Jahren beobachtet worden tiert (Dr. W. Hautmann, LGL, persönliche Mit-
waren, von denen 36 auf Niederbayern entfallen. teilung; PD Dr. S. Günther, Hamburg, persönli-
Dabei sind insbesondere die östlich gelegenen che Mitteilung). Diese Daten stehen in Überein-
Lkr. Freyung-Grafenau, Passau und Regen be- stimmung mit der in unseren Untersuchungen
troffen. In den mittleren Lkr. (Deggendorf, Rot- beobachteten Dominanz PUUV-reaktiver Anti-
tal-Inn) wurden nur vereinzelte Fälle registriert, körper in Rötelmäusen, dem natürlichen Wirt
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A C
B 1/5
5/14
0/3
Regen 1/6
Unterfranken Oberfranken Kelheim Cg Af
8/36
Würzburg14/58 0/58 Regen
Straubing 22%
(24%) Freyung-
Grafenau Cg Af
Deggen- 18/36 Freyung-
Mittelfranken Oberpfalz dorf 50% Deggen- Grafenau
1/58 2/58 1/36 dorf
3% Passau 8/36 n.u.
Landshut Dingolfing-
22%
Landau
Niederbayern Passau
36/58 Rottal/Inn n.u.
Rottal/Inn
Schwaben (62%) 1/36
Oberbayern n.u.
2/58 3%
3/58
München
Abb. 2: Geographische Lokalisation der Herkunftsorte von Hantavirus-infizierten Patienten aus Niederbayern sowie Fangorte
von Nagetieren
A: Karte mit Regierungsbezirken Bayerns: Angabe der Zahl der im Jahr 2004 pro Regierungsbezirk im Vergleich zur Ge-
samtzahl der Fälle in Bayern (Stand: 8.12. 2004)
B: Übersicht über das Auftreten von klinischen Hantavirusfällen in den östlichen Landkreisen (Lkr.) Niederbayerns im Ver-
hältnis zur Gesamtzahl der Patienten in Niederbayern. Bei fast allen gemeldeten Patienten wurden durch unterschiedliche
serologische Tests PUUV-Infektionen diagnostiziert (Dr. W. Hautmann, LGL, persönliche Mitteilung; PD Dr. S. Günther,
Hamburg, persönliche Mitteilung).
C: Übersicht über den Anteil von Hantavirus-Antikörper-positiven Rötelmäusen (C. glareolus; Cg) und Gelbhalsmäusen (A.
flavicollis, Af) in den beiden untersuchten Lkr. an der Gesamtzahl der jeweils gefangenen Tiere der beiden Spezies.
rot, Endpunkttiter PUUV>DOBV; rot/grün schraffiert, Endpunkttiter PUUV=DOBV; schwarz, serologisch negativ; grau,
nicht untersucht, da kein Serum zur Verfügung stand.
n.u., nicht untersuchte Lkr.
___________________________________________________________________
Kurznachrichten
KSP-Diagnostik am Gefrierschnitt
Aktuelle Anwendungshinweise zur Immunfluoreszenz
Jens P. Teifke
Institut für Infektionsmedizin
Ab sofort steht auch wieder ein zugelassenes KSP-Diagnostikum für die direkte Immunfluoreszenz
am Gefrierschnitt zur Verfügung. Die eben zugelassene Charge des Anti-CSFV FITC Konjugat
(ChB: FCSF04B09) der Firma BioX Diagnostics ist in einer Arbeitsverdünnung 1 : 30 unter Ver-
wendung von 0,005% Evans Blue sowohl bei Gewebeproben von Haus- als auch besonders von Wild-
schweinen zum Nachweis von KSPV-Antigen anwendbar. Die bei der indirekten Immunfluoreszenz,
in Abhängigkeit vom verwendeten sekundären Antikörper, gelegentlich auftretenden unspezifischen
Reaktionen in Follikelzentren oder in großen zytoplasmareichen dendritischen Zellen werden bei
Verwendung der direkten Immunfluoreszenz nicht beobachtet. Die Effizienz und Spezifität des FITC-
Konjugats ist vergleichbar mit dem inzwischen nicht mehr für die Diagnostik zugelassenen VMO
Gamakon. Für die indirekte Immunfluoreszenz am Gefrierschnitt (empfohlene Arbeitsverdünnung
1:100) wurde zuletzt die Charge aCSF04L04 des „Anti-CSFV monoklonale Antikörper BIO 275“
zugelassen.
_______________________________________
PD Dr. Jens P. Teifke, DACVP
Friedrich-Loeffler-Institut
Institut für Infektionsmedizin
Boddenblick 5 a
17493 Greifswald-Insel Riems
Telefon: 038351-7 253
teifke@rie.bfav.de
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