Sie sind auf Seite 1von 3

Bauen ausserhalb der Bauzonen

David Vasella, Oktober 2004 – keine Gewähr

In der Landwirtschaftszone In der Freihalte- und Erholungszone


Allgemeines Das PBG hat als Schutzzonen i.S.v. RPG 17 Freihalte- und Erholungszonen vorgesehen. In beiden
Unter welchem Titel auch immer eine Baute in der Landwirtschaftszone projektiert wird, folgen- sind Bauten ohne Ausnahmebewilligung, d.h. als zonenkonform, möglich.
des muß immer gegeben sein:
y Bewilligung (RPG 22 I) y Freihaltezonen: nach PBG 40 Bauten, die der Bewirtschaftung oder „unmittelbaren Bewer-
y Zonenkonformität (RPG 22 II) bung“ der Freiflächen dienen und die den Zonenzweck nicht schmälern (Bsp.: eine Badean-
y Notwendigkeit für die Bewirtschaftung (RPG 16a I; RPV 34 IV) stalt mit einem saisonalen Restaurationsbetrieb kann konform sein, wenn die Freihalte- odr
y Kein Verstoss gegen überwiegende Interessen (RPV 34 IV) Erholungszone auch Sport- und Freizeitzwecke erfüllt)
y Der Betrieb kann längerfristig überleben (RPV 34 IV)
y Erholungszonen: PBG 62 verweist auf PBG 40. Ferner gilt nach PBG 62 II, daß nur die den
Vorgaben der Richtplanung entsprechenden Bauten und Anlagen zonenkonform sind.
Grundsatz Ausnahmebewilligung i.S.v. RPG 24 ff.
Landwirtschaftszonen sind insofern Spezialbauzonen, als auch in ihnen Bauten zonenkonform RPG 24 ff. regeln die Voraussetzungen für Ausnahmebewilligungen für nicht zonenkonforme
sein können. Welche Bauten das sind, hängt davon ab, welche Bauten als landwirtschaftlich Bauten ausserhalb der Bauzonen abschliessend.2
betrachtet werden.
Seit der RPG-Revision gilt, daß Bauten nicht mehr zwingend auf den Boden angewiesen sein Nach RPG 24 gilt als Grundsatz, daß Ausnahmen möglich sind, wenn
müssen, um zonenkonform zu sein; das alte „Produktionsmodell“ (Verbindung Boden und Pro-
duktion) wurde durch das sog. Produktemodell abgelöst. Das heisst, daß u.U. auch die bodenu- y die Baute standortgebunden ist, und
nabhängige Produktion erlaubt ist. y keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.

Deshalb sind in der Landwirtschaftszone Bauten zugelassen, die (RPG 16a) der Standortgebundenheit heisst, daß die Baute aus technischen oder betriebswirtschaftlichen Grün-
y landwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder den auf einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen ist. Dieses Kriterium bestimmt nicht
y dem produzierenden Gartenbau dienen; ferner Bauten, die nur den Standort, sondern auch die Dimension der Baute.
y der inneren Aufstockung dienen (Abs. 2).
Man kann absolute und relative Standortgebundenheit unterscheiden. Absolut standortgebun-
Nach RPV 34 („Zonenkonformität in der Landwirtschaftszone“) sind Bauten und Anlagen zonen- den ist eine Baute, wenn überhaupt kein anderer Standort in Frage kommt. RPG 24 begnügt sich
konform, wenn sie aber mit relativer Standortgebundenheit; es müssen besonders wichtige und objektive Gründe
y der bodenabhängigen Produktion oder vorliegen, die den vorgesehenen Standort gegenüber anderen Standorten als viel vorteilhafter
y der inneren Aufstockung dienen. erscheinen lassen. Subjektive Gründe liegen nur in der Person des Gesuchstellers (z.B. finanzielle
Interessen) und reichen nicht aus.
Das heisst: die ersten beiden unter RPG 16a genannten Kriterien finden Anwendung auf boden-
abhängige Betriebe; die jetzt erlaubte bodenunabhängige Produktion fällt unter die innere Auf- Die relative Standortgebundenheit kann positiv oder negativ sein.
stockung. y Positive Standortgebundenheit: die Baute ist auf den betreffenden Standort wegen Eigen-
Bauten, die zur bodenunabhängigen Produktion dienen, sind zonenkonform, wenn sie (wie alle schaften dieses Standortes angewiesen (Bergrestaurant auf Berge; Kraftwerk auf Stausee;

1
Zulässig war eine Pferdepension auf einem Landwirtschaftsbetrieb, weil das Futter auf dem Hof produziert werden konnte. Das BGer ließ aber offen, ob das als bodenabhängig oder als innere Aufstockung zu bewilligen war (wohl
eher das zweite, und die Tatsache, daß das Futter auf dem Hof produziert werden konnte, zeigte bloß, daß der Charakter als landwirtschaftlicher Betrieb gewahrt wurde).
David Vasella, Oktober 2004 – keine Gewähr 2

Bauten in der Landwirtschaftszone) für den Betrieb nötig sind und keine überwiegenden Interes- Scheinwerfer zur Pilatusbeleuchtung auf den Pilatus, usw.)
sen entgegenstehen; daneben muß der landwirtschaftliche Charakter des Betriebes gewahrt y Negative Standortgebundenheit: die Baute ist auf den betreffenden Standort angewiesen,
bleiben. Unter dem Titel der inneren Aufstockung ist z.B. ein Betrieb für die Geflügelaufzucht oder weil andere Standorte nicht oder kaum in Frage kommen (Abfalldeponie, Schiessanlage
die Schweinemast zulässig, solange der Betrieb nicht als Industriebetrieb erscheint.1 usw.)

RPG 24a (Zweckänderungen ohne bauliche Maßnahmen)


Besondere Planung Das betrifft bestehende Bauten, die nicht mehr zum ursprünglichen Zweck verwendet werden
Wenn in der kantonalen Planung dafür eine besondere Zone vorgesehen wurde (RPG 16a III), sind sollen.
auch Bauten möglich, die weder der bodenabhängigen Produktion noch der inneren Aufstockung Die Zweckänderung ist als Ausnahme i.S.v. RPG 24a zu bewilligen, wenn
dienen, falls die Bauten vorgesehen sind für y dadurch keine neuen Auswirkungen auf Raum, Erschliessung und Umwelt entstehen, und
y die Produktion verwertbarer Erzeugnisse aus Pflanzenbau und Nutztierhaltung oder y sie nach keinem anderen Bundesgesetz unzulässig ist.
y die Bewirtschaftung naturnaher Flächen (RPV 34 I)
Hier ist also alles konform, was Landwirtschaftsprodukte herstellt, von Boden völlig unabhängig Es geht vor allem um landwirtschaftliche Bauten, aber nach dem Wortlaut auch um andere be-
(Hors-Sol-Produkte, Mastbetriebe usw.) stehende Bauten ausserhalb der Bauzonen.
Nicht erforderlich ist, daß der neue Zweck standortgebunden ist.
Nach der Lehre ist RPG 24a restriktiv zu verstehen. I.d.R. entstehen neue Auswirkungen, dann ist
die Nutzungsänderung nicht nach RPG 24a zulässig, oder bauliche Änderungen sind erforderlich,
dann ist RPG 24a nicht anwendbar .
Lagerung, Aufbereitung, Verkauf RPG 24b (Nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe ausserhalb der Bauzonen)
Daneben sind nach RPV 34 II ebenfalls zonenkonform Wenn landwirtschaftliche Betriebe (nur Vollbetriebe) ohne Zusatzeinkommen nicht existieren
y Bauten zur Aufbereitung, Lagerung oder dem Verkauf landwirtschaftlicher und gartenbauli- können, dürfen bauliche Maßnahmen zur Einrichtung eines Nebenbetriebs ergriffen werden
cher Produkte, wenn die Produkte in der Region oder mind. zur Hälfte auf dem Standortbe- („kleingewerbliche Aufstockung“). Das heisst
trieb bzw. den mehreren zu einer Produktionsgemeinschaft zusammengeschlossenen Be- y Angewiesenheit auf Zusatzeinkommen
trieben erzeugt werden, die Lagerung usw. nicht industriell-gewerblich erfolgt und der y der Nebenbetrieb ist nicht landwirtschaftlich,
landwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Charakter des Betriebes gewahrt bleibt.3 y aber er ist betriebsnah

Dann sind bauliche Maßnahmen zulässig. Neue Gebäude dürfen aber nicht unter diesem Titel
erstellt werden, nur bestehende baulich verändert.
Betriebsnähe heisst, daß das Nebengewerbe räumlich, aber auch sachlich mit dem Betrieb ver-
bunden ist. Z.B. kann eine Scheune zu einer Schreinerei umgebaut werden, auch wenn das Holz
nicht vom eigenen Betrieb stammt (sonst würde es sich u.U. um eine innere Aufstockung han-
deln?). Das Zusatzeinkommen darf immer nur den Charakter eines Nebeneinkommens haben, der
Betrieb muß landwirtschaftlich bleiben.

2
Ausnahmen innerhalb der Zonen betreffen öffentlichrechtliche Bauvorschriften und fallen unter PBG 220. Ausnahmen sind möglich, wenn die Anwendung der Vorschriften im Einzelfall nicht zumutbar wäre, die Ausnahme dem Sinn
und Zweck der dispensierten Norm nicht zuwiderläuft und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.
3
Nicht zulässig ist deshalb ein Lagerdepot für Wein, wenn die dazu verwendeten Reben ausserhalb der Region angebaut wurden. Mit RPV 34 II soll ermöglicht werden, daß einerseits zwar nicht nur gerade Landwirtschaft im engsten
Sinn möglich ist – das würden die Bauern wohl nicht überleben –, daß andererseits aber nicht gerade Industriebetriebe in Landwirtschaftszonen entstehen. Das wird erreicht, indem die Lagerungs-, Aufbereitungs- oder Verkaufsbe-
triebe mit dem Standortbetrieb mehr oder weniger verknüpft werden. Auf der anderen Seite soll auch nicht jeder Betrieb noch eine Lagerhalle bauen, deshalb dürfen sich mehrere Betriebe dafür zusammentun („Produktionsgemein-
schaft“).
David Vasella, Oktober 2004 – keine Gewähr 3

Wohngebäude RPG 24c (Bestandesgarantie)


Wohngebäude in der Landwirtschaftszone sind zulässig, wenn RPG 24c betrifft Altbauten ausserhalb der Bauzonen, die durch eine Rechtsänderung zonenwidrig
y sie einem landwirtschaftlichen Betrieb unmittelbar dienen, und geworden sind. Solche Bauten werden in ihrem Bestand grundsätzlich geschützt.
y ihre Notwendigkeit nachgewiesen ist. Sollen sie erneuert, teilweise geändert, massvoll erweitert oder wiederaufgebaut werden, kann
das die Bewilligungsbehörde zulassen, wenn die Bauten rechtmässig erstellt oder geändert wor-
Damit sind Wohnbauten unzulässig, wenn sie Ferienhaus- oder sonst nichtlandwirtschaftlichen den sind.
Charakter haben, andererseits aber auch, wenn die Mitarbeiter des Betriebes in einer ausreichend RPG 24d (Kantonalrechtliche Ausnahmen, „Rustico-Artikel“)
nahen Wohnzone unterkommen können. Die Kantone dürfen in landwirtschaftlichen Wohnbauten landwirtschaftsfremde Nutzungen zulas-
sen.
Daneben ist das sog. „Stöckli“, eine Wohnbaute für, wie man das nennt, die „abtretende Genera- Sogar die vollständige Zweckänderung kann das kantonale Recht erlauben, wenn unter Schutz
tion“, sofern die Baute eine diesem Zweck entsprechende Dimension hat. gestellte Bauten nur dadurch erhalten werden können.
Verhältnis zur Planungspflicht
Die Ausnahmebewilligung darf nicht dazu verwendet werden, die Planungspflicht zu umgehen.
Daher kann keine Ausnahmebewilligung gewährt werden, sondern muß allenfalls eine Spezialzo-
ne errichtet werden, wenn die Auswirkungen auf die Planung oder auf die Umwelt so gravierend
sind, daß sie die umfassende Betrachtung erfordern, die nur mit planerischen Mitteln gewährlei-
stet ist. Wenn das der Fall ist, kann die Ausnahmebewilligung mit diesem Argument angefochten
werden (nach der neusten Rechtsprechung bei einem Standplatz für Fahrende; nicht unbedingt
für Lawinenschutzeinrichtungen).

Das könnte Ihnen auch gefallen