PZ Pforzheim vom 30.12.

2017
38 SAMSTAG, 30. DEZEMBER 2017 G E S C HICHTEN AUS DER RE GI ON Stark! UND VON DAH EI M PFORZHEIMER ZEITUNG NUMMER 300

Der Mann mit der Lizenz zum Böllern

TEXT UND FOTOS: SILKE FUX

Pyrotechniker sind an Silvester besonders gern gesehene Gäste. Für Sascha Jost aus Neuhausens Ortsteil Schellbronn ist Silvester schon immer ein Feiertag,
denn seit Kindertagen fasziniert den 42-Jährigen das Feuerwerk mit all seinen farbenfrohen Facetten, Sternen und Lichteffekten, die zum Jahreswechsel den heimischen
Nachthimmel in ein Lichtermeer verwandeln und für eine atemberaubende Kulisse am Firmament mit vielen Knallern und optischen Überraschungen sorgen.

S
eit einigen Jahren hat der
Neuhausener CDU-Ge-
meinderat und stellver-
tretende Bürgermeister
Sascha Jost, der beim
Handelsverband Baden-Würt-
temberg arbeitet, sogar die Li-
zenz zum Böllern in der Ta-
sche. Denn um als Pyrotechni-
ker auch hobbymäßig tätig
werden zu können, braucht
man einen Befähigungsschein
zum Umgang mit Großfeuerwerk
der Klasse IV, heute Kategorie 4.
Und diesen gibt es nicht einfach im
Handumdrehen. Jost machte Ein Feuerwerk will gut vorbereitet sein.
2002 einen qualifizierten, staat-
lich anerkannten Lehrgang und legte im
Anschluss erfolgreich die Fachkun-
deprüfung ab, blickte 26-mal ei-
nem erfahrenen Pyrotechniker
über die Schulter und half als
Helfer bei Feuerwerken. Auch
dies gehört zur Qualifikation,
ebenso wie alle fünf Jahre ein
Wiederholungslehrgang.
Der Funke sprang bereits als
Vierjähriger über. Damals hielt
Sascha Jost mit glänzenden Au-
gen seinen ersten Sternenregen
in der Hand und sprühte wie dieser
zwar nicht mit Sternen, aber vor Be-
geisterung. „Mich ließ die Faszina-
tion des Feuerwerks nicht mehr Für die großen Raketen braucht es
los“, sagt der studierte Politologe, einen speziellen Befähigungsschein.
Betriebs- und Volkswirt. Denn der Feuer-
werker hatte längst Feuer gefangen
für Raketen, Böller, Sterne und
mehr. Jedes Jahr zog er drei Tage
vor Silvester mit seiner Oma los,
die für ihn Knallerbsen sowie
Knallfrösche und für die Er-
wachsenen allerhand Zeug
zum Schießen kaufte.
„Mein Vater zündete Böller
und Raketen. Ich durfte sie
aussuchen und dann aus siche-
rer Entfernung zuschauen“, sagt
der Schellbronner, der es kaum er-
warten konnte, bis er 18 wurde, um
sich für den Silvesterabend
selbst mit Knallern und Raketen Solide Abschussvorrichtung zur Sicherheit. noch weitere aus Pforzheim und
und vielem mehr einzudecken
und am letzten Tag des Jahres selbst farbenfroh und
laut gen Himmel ballern zu können. „Ich hatte sogar
immer wieder denselben Albtraum: Es ist Silvester
und ich habe nichts zum Schießen“, erzählt Jost
schmunzelnd.
Sascha Jost erinnert sich auch noch an seinen
ersten eigenen Kauf zurück, an Kanonenschläge und
an ein gemischtes Sortiment mit dem Namen
„Peng“. Einige Jahre später kaufte sich der Mann ei-
ne Signalpistole, die es damals noch ohne Waffen-
schein gab, um das neue Jahr mit glanzvollen Effek-
ten lautstark begrüßen zu können. Be-
geistert war Sascha Jost bereits bei
seinem ersten Besuch der Feuer-
werkerei Zink in Cleebronn, die
noch eine der wenigen Feuer-
werks- und Raketenhersteller
in Deutschland ist. Schon da-
mals interessierten den Hob-
byfeuerwerker große gelbe Ra-
keten, die in der Ecke standen
– erhältlich nur mit entspre-
chendem Schein. Josts Interesse
am Großfeuerwerk war geweckt.
„Heute sind zu Silvester auch frei-
verkäuflich tolle Sachen im Handel, die
nicht mehr weit weg von einem
Großfeuerwerk sind“, betont der
Fachmann und denkt dabei an Batterien
und an das aktuell und modern ge-
wordene System- und Verbundfeu-
erwerk, das zum Jahreswechsel
im Fachhandel für jedermann
erhältlich ist.
Noch einen Tipp hat Sascha
Jost für Otto-Normal-Feuer-
werker parat. „Wichtig ist das
Synchrone. Es lohnt sich
manchmal, mehrere Vulkane
oder Batterien gleichzeitig anzu-
zünden“, so Jost.
„An Silvester ist ein Pyrotechniker
immer ein gern gesehener Gast, der
obendrein nicht selbst zur Party
einladen muss“, lacht der Schell-
bronner, der mittlerweile auch für
offene Münder und Staunen beim Talhu-
benfest in Unterreichenbach, beim
Flößerfest in Neuenbürg, beim 40-
jährigen Gemeindejubiläum von Sascha Jost freut sich auf das Silvesterfeuerwerk und ist gut organisiert.
Neuhausen, bei „Hamberg
leuchtet“ bei Hochzeiten oder
runden Geburtstagen sorgt.
Dann kann auch ein Bühnen-
oder Bodenfeuerwerk das
Richtige sein.
Seine Leidenschaft für einen
spektakulär beleuchteten, far-
benprächtigen Nachthimmel teilt
auch Thomas Wagner aus Sternen-
fels, der beim Cleebronner Feuer-
werkshersteller arbeitet und wie
der Region, einen Befähigungs-
schein für Großfeuerwerk in der Tasche hat und es
nicht nur an Silvester ordentlich krachen lässt, son-
dern Volksfeste oder auch das Sternenfelser Straßen-
fest glanzvoll in Szene setzt. Dies gelingt ebenso Py-
rotechniker und Großfeuerwerker Carol Braun, der
mit seinem Pulverfass in Pforzheim und Umgebung,
wenn es um Feuerwerk und Spezialeffekte geht,
längst eine feste Größe ist und beispielsweise bei der
„Pforzemer Mess“ oder bei Lichterfesten im Enzau-
enpark, Bad Liebenzell und Schömberg immer wie-
der für Begeisterungsstürme sorgt. Was wäre Silvester ohne den gleißenden Lichtzauber am Himmel.

U N TE R S C H I E D L I C H E ME IN UN G E N VO N P RO M I N E N TE N IN D E R RE GI ON

Zu Silvester knallen oder spenden?

Die richtige Verkabelung ist bei einem Großfeuerwerk wichtig.
Tipps für die Sicherheit
Pyrotechniker Sascha Jost aus
Schellbronn gibt Sicherheitshin-
Seit 35 Jahren ruft das evangeli-
sche Hilfswerk „Brot für die Welt“
zum Jahresende zu Spenden auf –
nach dem Motto „Brot statt Böl-
ler“. Auch Tierschutzorganisatio-
nen wie TASSO appellieren, auf
Feuerwerkskörper zu verzichten
und stattdessen etwas Gutes zu
tun. Wie stehen Persönlichkeiten
der Region dazu?
Neuenbürgs Dekan Joachim
Botzenhardt spricht sich für bei-
des aus: „Ich bin kein Feuerwer-
ker, aber auch keine Spaßbremse“.
Seine Devise laute „Fröhlich und
maßvoll knallen und großzügig
und fröhlich spenden“. Silvester-
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kurz vor zwölf Uhr ins Freie ren- feuerwerke sollten nicht übertrie-
nen, sondern zuvor rechtzeitig
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gen“, so der Verwaltungschef. Seit
Jahren spende er mit seiner Fami-
lie einen jährlichen Betrag.
Ähnlich geht Dobels Spitzen-
koch Roy Kieferle vor, wenn auch
nicht unbedingt an Silvester. „Ich
helfe, wenn es nötig ist“, so Kiefer-
le. Silvester-Feuerwerke seien
nicht sein Ding, verschmutzten
zudem die Umwelt. Auch beim Es-
sen und Servieren verzichtet der
Koch aus Prinzip auf funkelnde
Knallkörper. Zudem habe er viel
zu tun an dem Abend. Doch:
„Wenn die Arbeit getan ist, geneh-
migen wir uns ein Glas Champag-
ner und feiern in kleiner Gemein-
schaft mit unseren Gästen“, sagt
Brot statt Böller
. . . ist eine Aktion des evangeli-
schen Hilfswerks „Brot für die
Welt“, die 1982 ins Leben ge-
rufen wurde. Jedes Jahr wird
dazu aufgerufen, einen Teil der
Summe, die für Feuerwerks-
körper bezahlt werden würde,
für Menschen in Not zu spen-
den. Allein in Deutschland wer-
den nach Angaben der Kirche
zu Silvester mehr als 100 Milli-
onen Euro für Feuerwerk aus-
gegeben. Die Aktion geriet
auch teils in Kritik. ani
www.brot-fuer-die-welt.de
dass mehr für wohltätige Instituti-
onen und Hilfsorganisationen ge-
spendet werden würde, wenn kein
Geld für Feuerwerkskörper ausge-
geben wird.
Die SPD-Bundestagsabgeordne-
te Katja Mast feiert wie jedes Jahr
mit engen Freunden in Pforzheim.
Ihr Beitrag seien keine Raketen,
sondern ein Kartoffelsalat. Ihre
Kinder würden keine eigene Knal-
lerei mögen, doch: „Natürlich ge-
hen wir auf die Straße und schau-
en das Feuerwerk an, die Pforzhei-
mer Hänge eignen sich dafür ja
hervorragend“, sagt sie.
Seit Jahrzehnten genießt auch
Gerhard Brunner, Stadtrat und

ben werden, gehörten aber auch er. Rektor des Gymnasiums Neuen-
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weise für das Böllern: und in Ruhe die Sicherheitshin-

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dazu. Bei Liebhabern von Feuerwer- bürg, das Spektakel am Silvester-

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: Alkohol und explosive Stoffe weise lesen und beachten.

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Helge Viehweg, Bürgermeister ken gibt es indes die Tendenz, lie- himmel, ohne selbst tätig zu wer-
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vertragen sich nicht. : Schutzbrille und Handschuhe

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in Straubenhardt, sieht das an- ber zuzuschauen statt selbst anzu- Kind und Jugendlicher sehr gerne den. „Ich finde Feuerwerke schön,
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: Kinder aus dem Gefahrenbe- verwenden.

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ders. „Ich bin überhaupt kein zünden. So verbringt Star-Tenor Feuerwerk abgebrannt. Heute besonders wenn sie organisiert
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reich bringen. Sie haben vorne : Nur geprüftes Feuerwerk mit

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Freund von Feuerwerken“, sagt er. Jay Alexander den Silvester- liebt es mein Sohn“, erzählt der sind“, meint er. Gründe, die dage-
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beim Feuerwerker nichts verloren. CE-Zeichen benutzen, denn ande-

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Er denke dabei an die Tiere, den abend inzwischen mit einem Sänger aus Eisingen, dem die bun- gensprechen würden, seien die
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: Nicht auf den letzten Drücker re sind unberechenbar. fux Gestank und den Dreck. „Man Kirchgang und gemütlichem Es- ten Ornamente am Silvesterhim- Feinstaubbelastung und der finan-
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kann das Jahr auch anders anfan- sen mit Freunden. „Ich habe als mel gefallen. Er glaubt auch nicht, zielle Aspekt. Anita Molnar