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Satre – Geschlossene Gesellschaft

Mir ist komisch. (betastet sich) Geht Ihnen das nicht auch so: Wenn ich mich nicht
sehe kann ich mich noch so sehr betasten, ich frage mich ob ich eigentlich existiere.
Was in den Köpfen vorgeht ist so verschwommen, das macht mich müde.
In meinem Schlafzimmer sind sechs große Spiegel. Ich sehe sie. Ich sehe sie. Aber
sie sehen mich nicht. Sie spiegeln das Kanapee, den Teppich, das Fenster… wie
leer das ist, ein Spiegel in dem ich nicht bin.
Wenn ich sprach, sorgte ich immer dafür, dass einer da war in dem ich mich sehen
konnte. Ich sprach, ich sah mich sprechen. Ich sah mich, wie die Leute mich sahen,
das hielt mich wach.
Mein Rouge! Ich bin sicher, dass es schief ist. (nimmt Spiegel) Ich bin ganz klein. Ich
sehe mich ganz schlecht. Habe ich es richtig aufgetragen? Nicht allzu gut. Das
dachte ich mir. Zum Glück hat mich niemand gesehen.
Wie unangenehm, dass ich mich nicht sehen kann.
Menschen schüchtern mich ein. Im Spiegel war mein Bild zahm. Ich kannte es so
gut… Ich lächle: Mein Lächeln dringt bis in die Tiefe ihrer Pupillen und Gott weiß was
dann aus ihm wird.
Was wenn der Spiegel zu lügen anfinge? Wenn sie die Augen zumachten, wenn sie
sich weigerten mich anzusehen, was machte ich dann mit der ganzen Schönheit?
Ich spüre sie bis ins Mark meiner Knochen. Ihr Schweigen brüllt mir in die Ohren. Sie
können sich den Mund zukleben, sie können sich die Zunge abbeißen, können sie
mich deshalb hindern zu existieren?
Sie sind überall. Sie haben mir mein Gesicht weggenommen: Sie kennen es und ich
nicht. Sie haben mir mein Gesicht weggenommen.

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