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Argumentum e Silentio
International Paul Celan Symposium
Internationales Paul Celan-Symposium
Edited by
Amy D. Colin
wDE
G
Walter de Gruyter · Berlin · N e w York
1987
Herausgegeben mit Unterstützung des Goethe-Institutes (Seattle) und des
Jewish Studies Programm der Henry Jackson School of International
Studies, Universität von Washington
U S A - I S B N 0 89925 314 8
© Copyright 1986 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30. Printed in Germany.
Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von
Photokopien - auch auszugsweise - vorbehalten.
Satz und Druck: Saladruck Berlin - Buchbinder: Lüderitz & Bauer, Berlin
M I T WECHSELNDEM S C H L Ü S S E L
Paul Celan
W I T H A VARIABLE KEY
Bilder. Doch auch seine Verse wurden der Künstlerin zur Quelle der
Inspiration. Gemeinsam brachten sie den Band Schwarzmaut (Brunidor,
1969) heraus, aus dem drei der hier abgedruckten Gedichte und Radierun-
gen stammen. Argumentum e Silentio schließt mit Edith Silbermanns
Erinnerungen an den Dichter, die wiederkehrende Mißverständnisse in den
biographischen Darstellungen der Jugend Celans zu beseitigen suchen.
Die Reihenfolge der Beiträge in diesem Buch entspricht nicht dem
Ablauf der Tagung, an der viele oft parallellaufende Vorträge, Seminare und
Podiumsdiskussionen stattfanden. Die wertvollen Gespräche, die zur Zeit
der Drucklegung dieses Bandes nicht eingesandten Beiträge und der in der
Festschrift für Egon Schwarz erscheinende Aufsatz von Professor Richard
Exner (Universität von California/Santa Barbara) konnten hier aus ver-
ständlichen Gründen nicht aufgenommen werden.
Mein Dank gilt allen, die zur Verwirklichung und zum Erfolg des
Internationalen Paul Celan-Symposiums in Seattle beigetragen haben: den
Teilnehmern, insbesondere den Vortragenden und Moderatoren; Provost
Μ. Beckmann, Associate Dean Joe Norman, Associate Dean David
McCracken, Kenneth Pyle, Ernst und Diana Behler, Raimonda Modiano,
Azade Seyhan; allen Mitgliedern des Germanistischen Institutes und der
Abteilung für Jewish Studies der Universität von Washington; Ruth Olson,
Carsten Kell, Robert Wellingham vom Office of Conferences and Institutes
der Universität von Washington; Harvy West (Henry Art Galery); Dirk
Hoevener (Goethe-Institut/Seattle); Peter Demetz (Universität Yale);
Matei Cälinescu (Universität von Indiana/Bloomington); Bernhard
Böschenstein und Renate Böschenstein-Schäfer (Universität Genf). Ich
danke vor allem den Abteilungen der Universität von Washington und den
Stiftungen, deren finanzielle Unterstützung die Veranstaltung dieser Celan-
Tagung ermöglichte: den Departments of Germanics und Comparative
Literature, dem Jewish Studies Program der Jackson School of Internatio-
nal Studies, der Graduate School, dem College of Arts and Sciences und
dem Office of the Provost der Universität von Washington; Mr. and Mrs.
Samuel und Althea Stroum; der Jewish Federation of Greater Seattle; dem
Goethe-Institut und dem Deutschen Konsulat (Seattle); der Washington
Commission for the Humanities und dem National Endowment for the
Humanities.
Für die Ermutigung und Unterstützung während der editorischen
Arbeit an diesem Band danke ich Beda Allemann, Ernst Behler, Peter
Demetz, Karen Jankowski, Alfred Kittner, Grit Müller, Edith Silbermann
und Harry Zohn.
Vorwort XI
E M I L FACKENHEIM(Hebrew University)
The Holocaust: A Summing up after Two Decades of Reflection . 285
EDWARD ALEXANDER (University of Washington)
Patterns of Holocaust Poetry: Representative Voices in Yiddish
and Hebrew 296
(Baltimore Hebrew College)
ALAN U D O F F
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 320
ALFRED HOELZEL (University of Massachusetts/Boston)
Paul Celan: An Authentic Jewish Voice? 352
JOSEPH DAN (Hebrew University)
Paradox of Nothingness in the Kabbalah 359
i
S H I R A W O L O S K Y (Yale University)
Mystical Language and Mystical Silence in Paul Celan's „Dein
Hinübersein" 364
Todesfuge 394
Übertragungen von
J O H N F E L S T I N E R (Stanford University) 395
M I C H A E L H A M B U R G E R (Middleton) 396
J O A C H I M N E U G R O S C H E L (New York) 397
Psalm 401
Übertragungen von
M A R T I N E B R O D A (CNRS) 402
MICHAEL HAMBURGER (Middleton) 403
J O A C H I M N E U G R O S C H E L (New York) 404
Fadensonnen 405
Übertragungen von
MICHAEL HAMBURGER (Middleton) , . . . . 405
JOACHIM NEUGROSCHEL (New York) 405
Unlesbarkeit 409
Übertragungen von
GIUSEPPE BEVILACQUA (Florence University) 409
M I C H A E L H A M B U R G E R (Middleton) 409
Wanderstaude 410
Übertragungen von
M A R T I N E B R O D A (CNRS) 410
MICHAEL HAMBURGER (Middleton) 410
XVI Contents - Inhaltsverzeichnis
1 Peter Bichsei, Der Leser. Das Erzählen. Frankfurter Poetik-Vorlesungen, Darmstadt und
Neuwied 1982, S . 2 2 f .
4 Beda Allemann
der Schwierigkeit des Vorhabens bewußt war, sind gleichsam die Regeln
solchen Spiels, die Sprach-Spielregel. Sie ist nicht zu verwechseln mit den
grammatischen Regeln, die das interne Zusammenspiel der Wörter unter
sich bestimmen. Andererseits hat sie wenig oder nichts mit dem zu tun, was
man in Poetik und Ästhetik spätestens seit Kant und Schiller unter dem
freien Spiel-Charakter des Kunstwerks versteht. Wittgenstein selbst, der
sich der Mißverständlichkeit seines zentralen terminus technicus Sprachspiel
bewußt war, gab an, am ehesten an so etwas wie das Schachspiel und seine
Regeln gedacht zu haben.3
Ich verzichte hier auf die Vokabel Sprachspiel, aus den berührten
Gründen, und ziehe den ebenfalls von Wittgenstein gern gebrauchten
allgemeineren Begriff des Sprachgebrauchs vor. Auch er ist noch ambiva-
lent. Er könnte den Eindruck hinterlassen, hier werde mit einem primär
instrumentalen Begriff von Sprache gearbeitet. Nichts liegt mir ferner.
Sprache ist mehr und anderes als nur ein Gerät der Verständigung. Das
wissen wir mindestens seit Wilhelm von Humboldt. Von den Linguisten
muß es offenbar immer noch einmal, zuletzt von Chomsky, neu entdeckt
werden. Ich versuche, wenn Sie es auf den Begriff gebracht haben wollen,
die Sprache, zumal die literarisch-poetische Sprache, nicht instrumental,
sondern funktional zu begreifen.
Wittgenstein hat sich ganz bewußt an elementare Sprach-Situationen
gehalten, um das Funktionieren von Sprache in ihnen zu analysieren. Das
war zweifellos der methodisch richtige Entschluß. Aber es bleibt das
Desiderat, und Wittgenstein wußte auch das, die Funktionen des Sprachge-
brauchs weiterzuverfolgen bis zu dessen intensivster und komplexester
Stufe, dem literarisch-poetischen Sprachgebrauch. Das scheint mir auch
heute noch im wesentlichen ein Desiderat geblieben zu sein. Von der Seite
der sogenannten Analytischen Philosophie, die sich auf Wittgenstein als
ihren Ahnherrn beruft, ist hier wenig Hilfe zu erwarten. Aber auch die
moderne Literaturtheorie, wie sie sich als Allgemeine Literaturwissenschaft
aus den nationalsprachlichen Philologien herausentwickelt hat, scheint sich
dem kritischen Punkt solcher Untersuchungen in der Tradition des Witt-
gensteinschen Ansatzes nur sehr zaghaft zu nähern, wenn sie ihn überhaupt
wahrnimmt.
Jene Eigenart des literarisch-poetischen Sprachgebrauchs, die wir an
unserem Hirten-Beispiel erkannt haben, daß er nämlich ein Sprachgebrauch
ohne unmittelbaren Bezug auf die Realsituation ist, in der gesprochen wird,
daß er vielmehr den Sprechenden wie seine Zuhörer gleichsam, wie man im
18. Jahrhundert gern sagte, in eine andere oder zweite Welt entführt, in eine
Welt der bloßen Einbildung (was immer das heißt), dieser zweifellos
grundlegende Zug literarisch-poetischer Texte, aus der fraglos vorgegebe-
nen Realsituation auszuscheren, aus ihr zu „entführen", auch und eben
noch dort, wo er sich thematisch auf sie zurückwendet, dieser Grundzug
wird in der heute herrschenden Theorie der Literatur in der Regel unter
dem Allerweltsbegriff der Fiktionalität von Literatur und Poesie, minde-
stens ihrer mimetischen Gattungen, Drama und Epos, abgehandelt, oder
eigentlich meist nur als selbstverständlich vorausgesetzt - bei allem gerade
in den letzten beiden Jahrzehnten an den Tag gelegten Eifer am „Hinterfra-
gen" just in diesem Bereich der Theoriebildung. In ihrem schönen Eifer,
Literatur und Dichtung zu hinterfragen, hat es diese Theorie nur zu oft
versäumt, sich selbst und ihre eigene Begrifflichkeit zu hinterfragen. Ein
eklatantes Beispiel dafür ist die Rede (soll man sagen: das Gerede) von der
Fiktionalität von Literatur und Poesie.
Dem ist Paul Celan mit seiner auffallend insistenten Behauptung entge-
gengetreten, daß jedes Gedicht sein genaues Datum hat, daß es datiert ist -
und damit ist im Sprachgebrauch Celans offensichtlich eben nichts Fiktio-
nales oder gar Fiktives gemeint, im Gegenteil. Es geht um die Verbindlich-
keit von Dichtung.
Damit wären wir endlich bei Celan selbst, seinem Werk. Es mochte
zunächst scheinen, ich hätte Sie weit in die Wüste geführt, in die der
Eingeborenen-Stämme und in die andere, nämlich die Gegend sprach- und
literaturtheoretischer Reflexion. In Wirklichkeit dürfte dieser Ort in der
Wüste sehr genau auch der Ort von Celans Gedicht und Dichtung sein.
Schon der späte Hölderlin sagt, daß die Wüste aber „der Ort" sei, und
er spricht auch von der „Wüste des Meers". 4 Celan nimmt den poetischen
und poetologischen Vergleich Mandelstamms auf und nennt das Gedicht
eine Flaschenpost: wie sie den scheinbar, aber eben nur scheinbar uferlosen
Fluten des Ozeans anvertraut wird in der Hoffnung, daß sie, daß es, trotz
allem, einen Adressaten finde, wenn er auch unbekannt ist und nicht
vorhergesagt werden kann.
Das Gedicht rechnet auf einen, der sich die Mühe macht, seine Sprache
zu lernen, selbst noch dort, wo das aussichtslos erscheint. Der eine Ahnung
davon hat, was der Sprachgebrauch eines Gedichtes ist, und der sich
anstrengt, diese Ahnung zu vertiefen — nicht nur zur Gewißheit im Sinn
4 Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, hg. von Friedrich Beißner, Bd. 2, Stuttgart 1951,
S. 163,75 und S. 254,25.
Paul Celans Sprachgebrauch 7
Aber beim frühen Celan scheinen sie noch einmal Auferstehung zu feiern,
wenn auch unter der Erfahrung des apokalyptischen Hermaggedon in
entfremdeter, der Tod in märchen- und traumhafter, die Liebe in verhüllter
Form, und das nicht nur in der „Todesfuge". Die Verfremdung nimmt im
weitern Gang dieser Dichtung nur zu. Die alte Weise von Liebe und T o d
entfernt sich immer weiter von der vertrauten Thematik. Diese Verfrem-
dung mitten im einst Vertrauten ist es wohl, die nicht nur die besondere
Poetizität von Celans dichterischer Sprechweise ausmacht, sondern auch
den Anlaß einer besonderen Irritation bildet. (Das eine kann vom andern,
die Poesie von der Irritation ohnehin schwerlich getrennt werden. Dome-
stizierte Poesie, in die Lesebücher und Blütenlesen eingegangen, läßt sich
dagegen nur noch mit Mühe als solche erfahren.) Und so ist es auch mit
ihrem Bezug zum vertrauten Sprachgebrauch, zur (deutschen) Sprache
überhaupt bestellt: eben ihre Vertrautheit wird zum Stein des Anstoßes,
deren Aufhebung läßt den unbefangenen Leser stolpern. Sie bringt ihn auf
den falschen Gedanken, Celan verstehen heiße primär: seine Gedichte
decodieren, ihren Wortlaut rückübersetzen in eine gewohntere Sprache, in
den uns näherliegenden Sprachgebrauch - kurz und gut, es droht die
Versuchung zur bloßen Paraphrasierung Celanscher Texte.
Celan selbst hat dagegen in den wenigen aber fundamentalen poetologi-
schen Äußerungen, die er sich abgerungen hat, von der Sprache nicht als
einem semiotischen System gesprochen, das sich entziffern läßt oder gar
danach verlangt, verständlicher gemacht zu werden, als es ist. Die Sprache
ist für ihn — wenn Sie es mir so formelhaft auszudrücken erlauben - ein
Prozeß, mit dem man unterwegs ist und der auf etwas hinzielt. Das Ziel ist,
immer nach Celan, das Andere - oder auch der Andere: die Stelle in der
„Meridian-Rede" ist bewußt ambivalent gehalten, was das grammatische
Geschlecht dieses Anderen betrifft. Man kann es sich auslegen als jenes
imaginäre Gegenüber Mandelstamms, an das der Dichter sich wendet,
verborgen hinter dem in Celans Gedichten so häufigen Personalpronomen
Du. Aber schon Roman Jakobson hat darauf hingewiesen, wie auswechsel-
bar solche Pronomina sind (im Gegensatz übrigens zu einem in der
deutschen Literaturwissenschaft verbreiteten und durch die Logik der
Dichtung Käte Hamburgers verfestigten Fehlschluß, wonach die Wahl des
Personalpronomens geradezu die Grundstruktur eines literarischen Textes
bestimme). Er nennt sie sprachliche Shifters, Versatzstücke. Bei Celan hat
die vertrauliche Anrede Du nichts im schlechten Sinn Vertrauliches, nichts
Zutrauliches und überhaupt nichts mehr Trauliches an sich. Eher könnte
man sagen, wenn man grammatische in stilistische Kategorien umfunktio-
niert, daß das Du bei Celan ein Fragewort sei. (Ein - freilich andersgearte-
tes - Vorbild dafür gibt es allenfalls bei dem Expressionisten aus dem
Sturm-Kreis, August Stramm.) Die insistente Frage aber gilt jenem ganz
Anderen, auf das hin das Gedicht unterwegs ist.
Es behauptet sich dabei - wir haben die Wendung aus der „Meridian-
Rede" im Ohr und im Gedächtnis - am Rande seiner selbst. Was besagt das
im Hinblick auf den poetischen Sprachgebrauch? Welches ist der spezifi-
sche Sprachgebrauch einer solchen Randzone, und wie läßt sich, mathema-
tisch gesprochen, die zugehörige Grenzwertfunktion bestimmen?
Erwarten Sie bitte im Rahmen dieses Essays keine erschöpfende Ant-
wort von mir auf diese, wie ich denke, allerdings zentrale Frage der Theorie
moderner Dichtung und von Dichtung überhaupt. Einige Hinweise hoffe
ich indes zu geben; zunächst einen Hinweis auf eine der noch selteneren
Stellen in den Celanschen Gedichten selbst, die sich un-mittelbar poetolo-
gisch auffassen lassen, und die deshalb einen besonderen Stellenwert haben
Paul Celans Sprachgebrauch 11
Leicht
tat sich dein S c h o ß auf, still
stieg ein H a u c h in den Ä t h e r ,
u n d w a s sich w ö l k t e , w a r s nicht,
wars nicht G e s t a l t u n d v o n uns her,
wars nicht
s o gut w i e ein N a m e ? 7
FAHLSTIMMIG, aus
der T i e f e g e s c h u n d e n :
kein W o r t , kein D i n g ,
u n d b e i d e r einziger N a m e ,
fallgerecht in dir,
f l u g g e r e c h t in dir,
wunder Gewinn
einer Welt. 8
Nach dem Tode Paul Celans habe ich in der Gedenknummer der Etudes
Germaniques schon einmal auf dieses Gedicht besonders hingewiesen und
es dort im Zusammenhang des Celanschen Grundthemas der Wirklichkeits-
suche gesehen. Darauf möchte ich hier nicht im einzelnen zurückkommen.
Unter dem andern, aber gewiß bei Celan eng mit der Wirklichkeitssuche
verbundenen Aspekt des Sprach-Gehrauchs aber werden von dem späten
Gedicht her die vollen Konsequenzen aus den Sachverhalten des poetischen
Sprechens sichtbar, die ich einleitend mehr anekdotisch und dann von der
entwickeltsten Position der modernen Sprachphilosophie, der Wittgen-
steinschen her exponiert habe.
7 Paul Celan, Gesammelte Werke in fünf Bänden, hg. von Beda Allemann und Stefan
Reichert unter Mitwirkung von Rolf Bücher, Frankfurt a. M. 1983, Bd. 1, S.221.
8 Ebd., Bd. 2, S. 307.
12 Beda Allemann
9 Stefan George, Gesamt-Ausgabe der Werke. Endgültige Fassung, Berlin 1927 ff., Bd. 6,
S. 134.
Paul Celans Sprachgebrauch 13
er braucht die Wörter, die Wörter einer geläufigen Sprache, die gemeinhin
in solchen Kontexten gebraucht werden. Einfacher läßt sich der komplexe
Sachverhalt leider nicht aussprechen.
Der Gebrauch der vertrauten Sprache, in diesem Fall des Deutschen, ist
nur die eine Hälfte. Wer sich ausschließlich an die situationsbezogene
Bedeutung der Wörter hält, hat deshalb nur diese eine Hälfte, und das heißt
im Grunde: gar nichts verstanden, so unentbehrlich diese Hälfte auch für
das volle Verständnis ist oder wäre.
Datierung heißt bei Celan noch mehr als nur: Festmachen des Gedichts
in der historischen Realität. Es heißt primär: das Gedicht herausholen aus
seiner vermeintlichen Zeitlosigkeit, es meint seine extreme Temporalisie-
rung. Das ist gleichbedeutend mit seiner Einstellung in jene produktive
Spannung, von der eben die Rede war, in die Spannung - und damit spiele
ich ein letztesmal, wenn auch nur indirekt, auf den „Meridian" an: - die
Spannung zwischen dem immer schon und dem noch nicht Gesagten.
Den Leser bringt das in die entsprechende Verlegenheit, oft genug dem
Wortlaut nach (fast) Alles und zugleich beinah Nichts zu verstehen. Deshalb
Celans wiederholte Aufforderung, seine Gedichte immer wieder, sozusa-
gen zyklisch zu lesen. (Wie es übrigens schon Friedrich Schlegel ganz
allgemein vom Literaturkenner verlangt hat.) Man muß ihre Sprache lernen.
Was aber heißt hier Lernen? Lernen einer Sprache, für die es keine
gängige Grammatik gibt, weil sie mit syntaktischen Verkürzungen arbeitet
- und auch nicht jene höheren Stufen der Grammatik, die wir Rhetorik und
geläufige Poetik nennen, weil diese Sprache sich erklärtermaßen zum Ziel
gesetzt hat, die Tropen und Metaphern ad absurdum zu führen?
Eine Sprache also vom Schwierigkeitsgrad jener schweigsamen Noma-
den-Sprache, und mit den zusätzlichen Erschwernissen, auf die ich auf-
merksam zu machen suchte: weil es erstens eine Sprache - wie in wechseln-
den Graden jede poetische Sprache - ohne die gewohnten Hilfen des
Kontextes ist, der durch die vorgegebene Realsituation bereitgestellt würde
- und weil es zweitens eine Sprache der Verfremdung innerhalb eines uns
doch geläufigen Idioms ist, deren Schwierigkeit nicht zuletzt aus dem
Entzug dieser Vertrautheit mitten im Hinhören erwächst. Auch das ist im
Prinzip ein Phänomen, das aus dem Umgang mit poetischer Sprache
keineswegs unbekannt ist oder jedenfalls unbekannt sein sollte, im Gegen-
teil. Aber auch es zeigt sich naturgemäß am deutlichsten dort, wo diese
Sprache ihre höchsten Intensitätsgrade erreicht - und davon gehe ich bei
Celan allerdings aus.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: ich plädiere keineswegs für
Resignation oder gar Kapitulation vor den hermeneutischen Problemen, die
14 Beda Allemann
sich nun einmal und nicht zufällig im Umgang mit Poesie ergeben, da
Poesie es mit dem Vollzug und Gewinn von Sprache zu tun hat, und
keineswegs nur (wie manche immer noch glauben mögen) mit dem der
Mitteilungs-, bestenfalls der Appell-Struktur oder gar nur den Gefühls-
Werten einer bereits bestehenden Sprache. Dergleichen wäre nicht mehr als
„eine / ihrer bebilderten Sprachen", von denen Sie in dem Gedicht lesen
können, das in unserem Programm-Heft abgedruckt ist.10
Es geht um eine andere Sprache, um die Sprache des Anderen, und
damit auch um jene Zeit einer anderen Auslegung, von der schon Rilke in
seinem Malte Laurids Brigge gesprochen hat." Wir werden diese Sprache
lernen, selbst ihre Namen, immer wieder, denn zu so perversen Zuständen
wie vermeintlichem Sprach-Besitz und vermeintlicher Sprach-Beherr-
schung wird sie sich nicht hergeben. Auch Celan hat seine Sprache nicht
beherrscht, und wir müssen ihm dankbar sein dafür. Wo er im Begriff war,
sie zu beherrschen, wie vielleicht in der „Todesfuge", die aus einem
„Todestango" hervorging, hat er es gut sein lassen und nach neuen Wegen
gesucht - und sie gefunden.
Wir werden sie lernen, die Sprache des Anderen. Aber zu den scheinba-
ren Paradoxien des hermeneutischen Zirkels gehört es auch, daß wir, um
eine Sprache zu lernen, so tun müssen, als ob wir sie immer schon hätten.
Wir sollten uns durch diesen unvermeidlichen Mechanismus des Verstehens
nur nicht dazu verführen lassen zu glauben, wir hätten sie bereits (und gar
in Besitz genommen). Das würde nur bedeuten, uns zu früh und an der
falschen Stelle zufriedenzugeben. Bei den philologischen Konstrukten und
literaturwissenschaftlichen Einsichten nämlich. Davor allerdings möchte
ich warnen. Es wäre das Gegenteil von dem, was wir wirklich wollen.
Manche unter Ihnen haben vielleicht etwas anderes erwartet und unter
der Uberschrift „Celans Sprachgebrauch" sich etwas anderes vorgestellt:
vielleicht eine Art von Grammatik des lyrischen Idioms von Sand aus den
Urnen bis hin zu Schneepart und Zeitgehöft, oder eine Lese-Anleitung und
ein Lexikon qua Nachschlagewerk, oder doch die Skizze davon.
Ich will die Nützlichkeit solcher Instrumente keineswegs bestreiten.
Noch neulich stieß ich auf den Satz - es war allerdings ein Kunsthistoriker,
kein Philologe, der ihn vor seinen Studenten unermüdlich wiederholte:
„Man kann erst dichten, nachdem man buchstabieren gelernt hat."12 Das ist
10
Paul Celan (wie Anmerkung 7), Bd. 1, S.213.
11
Rainer Maria Rilke, Sämtliche Werke, hg. von Ernst Zinn, Frankfurt a. M. 1966, Bd. 6,
S. 756.
12
August Grisebach, zitiert in: Hans Sahl, Memoiren eines Moralisten, Zürich 1983, S. 76.
Paul Celans Sprachgebrauch 15
natürlich nur zu richtig und dichten wollen wir im allgemeinen ja auch gar
nicht, aber doch um so emsiger buchstabieren lernen. Nur schützt das
Buchstabieren anderseits, das gilt es auch zu bedenken, noch nicht vor
Vertrottelung. Ein dialektisches Verhältnis auch hier.
Abgesehen davon also, daß man das Buchstabieren Celanscher Texte
ohnehin nicht im Handumdrehen erlernen kann, gilt es auch stets die Frage
nicht aus dem Auge zu verlieren, worauf solches Buchstabieren gerichtet
ist, und wohin es denn eigentlich zielt. Dazu hoffe ich wenigstens ein paar
Hinweise gegeben zu haben.
Die Zielfrage ist im Auge zu behalten. Sonst gleichen wir jenen Kern-
physikern, die die Wasserstoffbombe konstruiert haben und sich hinterher
aus der Verantwortung stehlen mit der Erklärung, für den Rest seien die
Politiker zuständig. Gedichte, auch Celansche Gedichte, pflegen nicht so
verheerend zu wirken wie der Atomschlag auf Hiroshima. Das Celansche
Gedicht verschweigt den Namen Hiroshima eher. Es gibt dafür einen
direkten Beleg, und jetzt gerate ich doch noch und zu guter Letzt ans
Buchstabieren - es geht um das Gedicht „Hier" aus dem Band Von Schwelle
zu Schwelle, das mit der Verszeile beginnt:
H i e r - das meint hier, w o die K i r s c h b l ü t e s c h w ä r z e r sein will als dort. 1 3
Es war zunächst, wie mir Celan eines Tages sagte, als Hiroshima-Gedicht
geplant. Von dem Namen der japanischen Großstadt, der aus der
Geschichte der Menschheit nie mehr zu tilgen sein wird, blieb im Entste-
hungsprozeß des Gedichtes schließlich nur das Ortsadverb „Hier" übrig —
und als Andeutung die Nennung der Kirschblüte, die hier schwärzer sein
will als dort. Das ist ein schon fast überdeutliches Beispiel für die Reduktio-
nen, die Rückführungen, die sich in den Gedichten Celans vollziehen. Der
im Wortlaut des Gedichts verschwiegene Name Hiroshima wird, über die
Kluft der Sprachen und Kulturen hinweg, zum überall zu lokalisierenden,
aber genau datierten Hier. Zum Pol im elementaren Spannungsgefüge von
Hier und Dort. Der Ort - ich darf noch einmal daran erinnern - war aber
die Wüste. Man kann hinzufügen: der vom Menschen bebaute, durch
Menschen auch verwüstbare Planet.
Schibboleth*
* Der hier abgedruckte Beitrag von Professor Derrida ist nur ein Teil seines in Seattle
gehaltenen Vortrages, den er mittlerweile zu einem Buch ausgearbeitet hat: Schibboleth
(Paris: Editions Galilee, 1986).
1 Tr. Martine Broda, in La rose de personne, ed. Le mouveau commerce, 1979, p. 112-3.
Schibboleth 17
Cette deuxieme langue pourrait bien etre une premiere langue, la langue du
matin, la langue d'origine qui parle du cceur, depuis le cceur et depuis
lOrient. La langue, c'est en hebreu la levre, et Celan ne nomme-t-il pas
ailleurs, nous y viendrons, les mots circoncis, comme on dit aussi le «coeur
circoncis»? Laissons cela pour l'instant. Schibboleth, ce mot que j'appelle
hebra'ique, vous savez qu'on le trouve dans toute une famille de langues, le
phenicien, le judeo-arameen, le syriaque. II est traverse par une multiplicite
de sens: fleuve, riviere, epi de ble, ramille d'olivier. Mais au-delä de ces
sens, il a pris la valeur d'un mot de passe. On l'utilisa, pendant ou apres la
guerre, au passage d'une frontiere surveillee. Le mot importait moins pour
son sens que par la maniere dont il etait prononce. La rapport au sens ou a la
chose se trouvait suspendu, neutralise, mis entre parentheses: le contraire,
si on peut dire, d'une «epoque» phenomenologique qui garde d'abord le
sens. Les Ephrai'mites avaient ete vaincus par l'armee de Jephtah; et pour
empecher les soldats de s'echapper en passant la riviere (schibboleth signifie
aussi riviere, certes, mais la n'est pas necessairement la raison de ce choix),
on demandait ä chaque personne de dire schibboleth. Or les Ephrai'mites
etaient connus pour leur incapacite a prononcer correctement le schi de
schibboleth qui devenait pour eux, des lors, un nom impronongable. lis
disaient sibboleth et, sur cette frontiere invisible entre schi et si, ils se
denongaient ä la sentinelle au risque de leur vie. Iis denon^aient leur
difference en se rendant indifferents ä la difference diacritique entre schi et
si; il se marquaient de ne pas pouvoir re-marquer une marque ainsi codee.
Cela se passait ä la frontiere du Jourdain. Autre frontiere, autre passage
interdit, dans la quatrieme langue de la strophe: no pasaran. Fevrier 1936,
victoire electorate du Frente Popular, veillee de guerre civile. No pasaran: la
Pasionaria, le non ä Franco, ä la Phalange appuyee par les troupes de
Mussolini et la Legion Condor de Hitler. Cri out ecrit de ralliement,
clameur et banderoles pendant le siege de Madrid, trois ans plus tard, no
pasaran fut un schibboleth pour le peuple republicain, pour ses allies, pour
les Brigades Internationales. Ce qui passa ce cri, ce qui s'est passe malgre
lui, ce fut la deuxieme guerre mondiale, l'exterminante. Repetition d'une
premiere, certes, mais aussi de cette repetition generale, de son propre futur
anterieur que fut la guerre d'Espagne. Structure datee de la repetition
generale: tout se passe comme si la deuxieme guerre mondiale avait com-
mence en fevrier 1936, dans une tuerie qui fut ä la fois civile et internatio-
nale, violant ou refermant les frontieres, laissant autant de cicatrices dans le
corps d'un seul pays - douloureuse figure d'une metonymie.
L'espagnol est accorde ä toute la strophe centrale qui transcrit en
somme une sorte de schibboleth espagnol, mot de passe et non de passage,
Schibboleth 19
II n'est pas ecrit en italiques, pas plus que schibboleth. Les italiques sont
reserves, ä no pasaran, et au dernier vers, Friede den Hütten!, Paix aux
chaumieres!, citation dont la terrible ironie doit bien viser quelqu'un.
La multiplicite des langues peut concelebrer en une seulefois, ä la meme
date, l'anniversaire poetique et politique d'evenements singuliers, tels qu'ils
s'etoilent sur la carte d'Europe, alors conjoints par une affinite secrete: la
chute de Vienne et la chute de Madrid puisque Vienne et Madrid sont
associees dans le meme vers par un autre poeme de Celan intitule, lui,
«Schibboleth»; memoires de fevrier encore, les premisses de la revolution
d'Octobre avec les episodes lies au croiseur Aurore et ä Petrograd, nommes
dans le poeme, voire ä la forteresse Pierre et Paul. C'est la derniere strophe
de «In Eins» qui rappelle sans doute d'autres singularites «innoubliees», la
toscane par exemple, que je n'entreprendrai pas ici de dechiffrer.
[...]
«Aurora»: «Aurore»:
die Bruderhand, winkend mit der la main du frere, faisant signe
von den wortgrossen Augen avec le bandeau retire
genommenen Binde - Petropolis, der des yeux grands comme le mot - Petropol
Unvergessenen Wanderstadt lag cite nomade des inoublies, etait
auch dir toskanisch zu Herzen pour toi aussi toscane, a coeur.
4 J e cite encore, pour le meme poeme, la traduction de Martine Broda (o. c.) qui consacre
«une longue parenthese» ä cet «espagnol de berger» dans un essai dont je n'ai pu prendre
connaissance qu'apres cette conference: Bouteilles, cailloux, schibboleths: un nom dans la
main, Passe Present 1984, N o 4, p. 52.
20 Jacques Derrida
Mais dans le foyer d'une meme langue, dejä, par exemple le franfais, un
essaim discontinu d'evenements peut se laisser commemorer en une seule
fois, a la meme date qui des lors prend la dimension etrange, coi'ncidente,
unheimlich, d'une predestination cryptique.
La date elle-meme ressemble ä un schibboleth. Elle donne un acces
chiffre ä cette collocation, ä cette configuration secrete des lieux de la
memoire.
La serie ainsi constellee se fait d'autant plus ample et nombreuse que la
date reste relativement indeterminee. Si Celan ne precise pas le jour (13), et
dit seulement «fevrier» (Februar, cette fois et non Feber), comme dans le
poeme intitule «Schibboleth»5, on voit s'accroitre encore la memoire des
manifestations de meme type, avec la meme signification politique, qui ont
pu rassembler le Peuple de Paris, entendons le peuple de gauche, dans le
meme elan, pour clamer, comme les Republicans de Madrid, no pasaran.
Un seul exemple: le 12 fevrier 1934, apres l'echec de la tentative du Front
Commun de la Droite, avec Doriot, apres l'emeute du 6 fevrier, se deploie
l'immense defile regroupant les masses et les dirigeants de partis de gauche.
Ce fut l'origine du Front Populaire.
Mais si, dans «In Eins,» Celan precise le 13 de fevrier (Dreizehnter
Feber), on peut penser au 13 fevrier 1962. Je livre cette hypothese ä ceux qui
peuvent avoir connaissance et temoigner de la date dite «externe» du
poeme. Je l'ignore, mais si mon hypothese etait factuellement fausse, eile
designerait encore le pouvoir de ces dates ä venir vers lesquelles, dit Celan,
nous nous transcrivons. Une date reste toujours une sorte d'hypothese, le
support pour un nombre par definition non limite des projections de
memoire. La moindre indetermination (le jour et le mois sans l'annee, par
exemple) accroxt la chance et les chances du futur anterieur. La date est un
futur anterieur, eile donne le temps qu'on assigne aux anniversaires ä venir.
Ainsi, le 13 fevrier 1962, Celan est ä Paris. Die Niemandsrose, le recueil
dans lequel se trouve «In Eins», n'est publie qu'en 1963. D'autre part, d'un
poeme ä l'autre, de «Schibboleth», publie huit ans auparavant, ä «In Eins»,
Celan preise 13 fevrier la ou le premier poeme disait seulement fevrier. II a
done bien du se passer quelque chose. Le 13 fevrier 1962, c'est ä Paris le
jour ou l'on enterre les victimes du massacre du metro Charonne. Manifes-
tation anti-OAS ä la fin de la guerre d'Algerie. Plusieurs centaines de milliers
de Parisiens, le Peuple de Paris, defilent alors. Deux jours apres commen-
cent les rencontres franco-algeriennes en vue des accord d'Evian. Ce Peuple
de Paris reste celui de la Commune avec lequel il faut s'allier: avec toi,
Insere dans le deuxieme vers de «In Eins», le mot Schibboleth forme le titre
d'un poeme plus long et plus ancien publie en 1955 dans le recueil Von
Schwelle zu Schwelle. Schibboleth vaudrait aussi, par metonymie, pour le
titre du recueil. Il dit bien le seuil, le passage du seuil (Schwelle), d'un seuil ä
l'autre, ce qui permet de passer, traverser, transferer: traduire. On y trouve
ä peu pres la meme configuration d'evenements, scelles par le meme
anniversaire de fevrier, le trait qui relie les capitales de Vienne et de Madrid
se substituant peut-etre ä celui qui, dans In Eins, trace une ligne entre Paris,
Madrid et Petropol. No pasaran est dejä tout pres de schibboleth. Memoire
encore, sans doute, de fevrier 1938, bien que cette fois ni le jour (13) ni
l'annee ne paraissent. Ce qui laisse penser, la reference et la langue
frangaises semblant absentes, qu'il s'agit en verite d'une autre date, cette
fois, dans l'alterite de laquelle d'autres mois de fevrier, puis un certain 13
fevrier viennent, conviennent ensuite pour surdeterminer le Sprachgitter de
la signature. Le jeu des ressemblances et des differences, schibboleth entre
les deux poemes, pourrait donner lieu ä une analyse interminable.
26 Jacques Derrick
L'etranger, l'etrangete du chez soi, l'etre hors de chez soi, l'etre appele hors
de la patrie on hors de chez soi dans la patrie, ce pas du «ne pas» qui assure
et menace tout passage de la frontiere en soi et hors de soi, ce moment du
schibboleth se trouve remarque dans la date, dans le mois et le mot de
fevrier. Difference mal traduisible, c'est Februar dans «Schibboleth,» Feber
(Dreizehnter Feber) dans «In Eins» qui pourrait reconduire ainsi, schibbo-
leth en fevrier, selon un jeu de l'archai'sme et de l'autrichien9, a quelque
etymologie sans doute faussement attribuee ä februarius, moment de fievre,
acces, crise, inflammation.
Les deux poemes se font signe, parents, complices, allies, mais aussi
differents qu'il est possible. lis portent et ne portent pas la meme date. Un
schibboleth assure le passage de l'un ä l'autre, dans la difference, ä l'interieur
du meme, de la meme date, entre Februar et Feber. Iis parlent, dans la
meme langue, deux langues differentes. lis la partagent.
Je me servirai done, comme Γ a fait Jean-Luc Nancy dans Le partage des
voix, de ce mot partage qui en frangais nomme aussi bien la difference, la
ligne de demarcation ou le partage des eaux, la scission, la cesure que,
d'autre part, la participation, ce qu'on partage parce qu'on y communique
ou l'a en commun, au titre de l'appartenance.
Fascine par une ressemblance ä la fois semantique et formelle qui n'a
pourtant aucune raison d'etre linguistico-historique, aucune necessite ety-
mologique, je risquerai un rapprochement entre le partage comme schibbo-
leth et le partage comme symbolon. Dans les deux cas de S - Β - L, on passe
un gage ä l'autre, «er sprach / uns das 'Wort in die Hand» («il nous dit / dans
la main le m o t . . . » ) , un mot ou un morceau de mot, la part complementaire
d'une chose partagee en deux qui vient sceller une alliance, la tessere.
Moment de l'engagement, de la signature, du pacte ou du contrat, de la
promesse, de l'anneau.10
La signature de la date joue ici ce role. Au-delä de l'evenement singulier
qu'elle marque et dont eile serait le nom propre detachable, capable de
survivre et done d'appeler, de rappeler le disparu comme disparu, sa cendre
meme, eile rassemble, tel un titre (titulus a valeur de rassemblement), une
conjonction plus ou moins apparente et secrete de singularites qui se
partagent, et dans l'avenir partageront encore la meme date.
II n'y a pas de limite assignable ä une telle conjonction. Elle se
determine depuis l'avenir auquel une fracture la promet. Aucun temoi-
gnage, aucun savoir, pas meme celui de Celan, ne saurait par definition en
epuiser le decryptage. D'abord parce qu'il n'y a pas de temoin absolu pour
un dechiffrement externe. Celan peut toujours sous-entendre un schibbo-
leth de plus: sous un mot, un chiffre, une lettre. Puis il n'aurait pas
pretendu lui-meme totaliser les sens possibles et compossibles d'une cons-
tellation. Enfin et surtout, le poeme se destine a rester seul, des son premier
souffle, seul ä la disparition des temoins et des temoins de temoins. Et du
poete.
La date est un temoin, mais on peut tres bien la benir sans tout savoir de
ce pour quoi et de ceux pour qui eile temoigne. Il est toujours possible qu'il
n'y ait plus de temoin pour ce temoin. Nous nous approchons lentement de
cette affinite entre une date, un nom - et la cendre. Les derniers mots de
«Aschenglorie» («Cendres-la gloire...»):
Niemand Nul
zeugt für den ne temoigne
Zeugen pour le temoin"
10 Ii eüt ete opportun de le faire partout ailleurs, mais je choisis de rappeler ici les schibboleth
de Freud, au moment de cette allusion ä l'anneau, par exemple celui qui symbolisa l'alliance
entre les fondateurs de la psychanalyse. Freud s'est frequemment servi de ce mot, schibbo-
leth, pour designer «ce qui distingue les adeptes de la psychanalyse de ceux qui s'y
opposent» ( G W 5, p. 127, Trois essais sttr la sexualite), ou encore «les reves, schibboleth de la
psychanalyse» ( G W 10, p. 102, Histoire du mouvement psychanalytique). Cf. aussi G W 13,
p. 239, Le moi et le ςα, G W 15, p. 6, Nouvelles Conferences... Le motif du schibboleth fut
discute au cours d'un seminaire organise autour de Wladimir Granoff, Marie Moscovici,
Robert Pujol et Jean-Michel Rey a l'occasion d'un colloque de Cerisy-la-salle. Cf. Les fins
de l'homme, Galilee, 1981, p. 185 sq.
11 Tr. Andre du Bouchet, in Streite, p. 51. Les deux premieres strophes de ce poeme ont ete
traduites par Michel Deguy et Jean Launay (Po&sie, 9, p . 2 7 ) .
28 Jacques Derrida
[...]
L e u r - <enigme cela,
qui est p u r
jaillissement> - , leur
m e m o i r e de
Schibboleth 29
vant des dates ou des signatures qu'on peut rencontrer, pour les benir, sans
tout savoir de ce qu'elles datent ou signent. Benediction au-dela du savoir,
commemoration ä travers l'oubli ou le secret non partage, le partage encore
de l'impartageable. Les «quatorze juillets» forment l'entaille d'une singula-
rite non-repetable (unwiederholbar). Mais ils repetent l'unique dans l'an-
neau. Une tropique fait tourner les anniversaires autour du meme. De plus,
l'ensemble du poeme multiplie les signes d'autres evenements associes au 14
juillet. Ii donne ä penser ainsi que «(Quatorze juillets. [ . . . ] ) » n'est pas une
date mentionnee, celle de l'histoire publique et politique mais peut-etre, qui
sait, celle qui signe secretement, le sceau prive qui paraphe, au moins,
l'avenement de ce poeme-ci, la dechirure sublime que je prefere laisser ici
intact. Telle signature ferait partie de la constellation. Rappelons seulement,
sans autre commentaire, que L'entretien dans la montagne dit aussi: «et
juillet n'est pas juillet.» Cela au cours d'une meditation sur le Juif fils d'un
Juif au «nom imprononsable» et qui n'a rien en propre, rien qui ne soit
emprunte, si bien que, comme une date, le Juif a en propre de n'avoir pas de
propriete ni d'essence. Juif n'est pas juif. Nous y reviendrons, comme nous
reviendrons sur cet autre fait: pour les Ephra'imites, d'une autre maniere,
schibboleth fut aussi un «nom impronongable». O n sait ce qui leur en
coütait.
Nous avons souvent parle de constellations: plusieurs singularites hete-
rogenes viennent se consigner dans l'etoilement configure d'une seule
marque datee. Rappelons ici la «constellation de novembre». Elles s'asso-
cient ä un epi, non pas ä l'epi de ble du schibboleth mais ä un epi de mai's:
B E I M H A G E L K O R N , im PRES D U G R E L O N , dans
brandigen Mais- l'epi nielle
kolben, daheim, du mai's, chez toi,
den späten, den harten soumis ä l'äpre, tardive
Novembersternen gehorsam: constellation de Novembre:
De ces cendres que sont les dates. Et Celan le savait, on peut louer ou benir
des cendres. La religion n'est pas necessaire pour cela. Peut-etre parce
qu'une religion commence la, avant la religion, ä la benediction des dates,
des noms et des cendres.
Schibboleth 33
U n e date est folle: eile n'est jamais ce qu'elle est, ce qu'elle dit qu'elle
est, toujours plus ou moins que ce qu'elle est. Ce qu'elle est, c'est ou bien ce
qu'elle est ou bien ce qu'elle n'est pas. Elle ne releve pas de l'etre, de
quelque sens de l'etre, voilä ä quelle condition sa folle incantation devient
musique. Elle reste sans etre ä force de musique, reste p o u r le chant,
«Singbarer Rest» 14 , c'est 1 'incipit ou le titre d'un poeme qui commence par
dire le reste. Il commence par le reste - qui n'est pas et qui n'est pas l ' e t r e - ,
en y laissant entendre un chant sans m o t (lautlos), un chant peut-etre
inaudible ou inarticule, un chant pourtant dont le tour et le trait, l'esquisse,
le trait de contour (Umriss) tiennent sans doute ä la forme coupante,
aiguisee, concise, mais aussi arrondie, circonvenante d'une faucille, d'une
ecriture encore, d ' u n e ecriture de faucille (Sichelschrift). Cette ecriture-
faucille ne tourne pas autour de ce qu'elle tranche, puisqu'elle ne l'evite pas,
pas tout ä fait, mais eile coupe en faisant le tour, tout le tour. Autre
tournure, un autre trope: tourner autour et faire le tour, ce n'est pas la
meme chose p o u r cette faucille qui inscrit peut-etre des lettres en coupant,
tout autour. Dira-t-on qu'elle circoncit des mots en silence, quand le
discours se tait (lautlos) p o u r laisser resonner le singbarer Rest? Cela
resonnera plus tard: beschneide das Wort, circoncis le mot.
«Singbarer Rest» ou «Cello-Einsatz:» von hinter dem Schmerz..., cet
autre poeme met en oeuvre musicale un indechiffrable ou un insignifiant
(Undeutbares). Ii se clot sur ces mots qui disent si peu, et plus que tout,
inoubliables des lors et faits p o u r passer inapergus de la memoire, dans leur
intraduisible simplicite, leur simplicite scandee toutefois:
14
SINGBARER REST - der Umriss / dessen, der durch / die Sichelschrift lautlos hindurch-
brach, / abseits, am Schneeort. Tr. A n d r e du Bouchet: « R E S I D U A C H A N T E R - le
contour / de qui, par / les lettres-faucilles sans un mot fit breche, / ä cöte, ä l'endroit de la
neige.» (in Streite, p. 36-7) Philippe Lacoue-Labarthe propose «residu chantable» p o u r
Singbarer Rest (o.e. p. 79). R . M . Mason: «Reliquat chantable», in La Revue de Belles-
Lettres, op. cit., p. 77.
15
Tr. A n d r e du Bouchet, in Strette, p. 161-3.
34 Jacques Derrida
Si je dis que le sens d'une date ouvre la folie, une sorte de Wahnsinn, ce
n'est pas pour emouvoir: seulement pour dire ce qu'z/ y a a lire d'une date,
dans l'injonction ou la chance de toute lecture.
Wahnsinn: la folie de la date, la folie du «quand», le sens delirant de
wann. La folie de Phomophonie (Wahn/wann) ne se livre pas dans un jeu de
langage de Celan, pas plus que ne le faisait tout ä Pheure la ressemblance
entre schibboleth et symbolon, Phebreu, le grec et ici le germain. La folie
sommeille en cette rencontre aleatoire, cette chance entre des heterogeneites
qui se met ä donner sens et ä dater. Avant le Wahn/wann de «Huhediblu»,
l'Ecriture, Pepitre, Pepistolaire croisent leurs envois avec le nom du pro-
phete, la trace et le postume, la post-face et la date:
[...] [···]
U n d - ja - Et - oui -
die Bälge der Feme-Poeten les baudruches des poetes proscripteurs
lurchen und vespern und wispern viperent, vesperent et vituperent,
und vipern, grenouillent,
episteln. epistolent.
Geunktes, aus Bave de crapaud, ou
Hand- und Fingergekröse, darüber tripe de main et de doigt, dans laquelle
schriftfern eines loin de l'Ecriture
Propheten N a m e spurt, als le nom d'un prophete laisse sa trace,
A n - und Bei- und Afterschrift, unterm comme
Datum des Nimmermenschtags agresse, commenteur, et post-hume
im September - : post-face, datee
du jour de personne en septembre - :
La question «quand?», «wann...?», qui porte d'abord sur les roses (quand
fleurissent les roses de septembre?) pour finalement porter sur la date meme
(«Oh quand refleuriront, oh roses, vos septembres?») devient, dans l'inter-
valle, folie elle-meme:
[...] [...]
Wann, Quand,
wann blühen, wann, quand fleurissent, quand,
wann blühen die, hühendiblüh, quand fleurissent les,
huhediblu, ja sie, die September- flhuerissentles, oui, les,
rosen? roses de septembre?
Si la date devient lisible, son schibboleth vous dit: «Je» (presque rien, une
seule fois, une seule fois ä l'infini recommencee mais finie par cela meme, et
de-finissant d'avance la repetition), je suis, je ne suis qu'un chiffre comme-
morant cela meme qui aura ete voue ä l'oubli, destine ä devenir nom, pour
un temps fini, le temps d'une rose, nom de rien, «voix de personne», nom
de personne: cendre.
Desir ou don du poeme, la date se porte, en un mouvement de
benediction, vers la cendre.
Je ne presuppose pas ainsi quelque essence de la benediction qui
viendrait trouver la un etrange exemple. Je ne dis pas: vous savez, nous
savons ce qu'est une benediction, eh bien en voici une qui s'adresse ä la
cendre. Non, l'essence de la benediction s'annonce peut-etre depuis la
priere poetique, le chant d'un reste sans etre, l'experience de la cendre dans
Tr. Martine Broda, in La rose de personne, p. 38-9. Une autre traduction de Psalm, par John
E.Jackson, avait ete publiee dans La Revue de Belles-Lettres, 2 - 3 , 1972, p. 32-3. Nie-
mandes Stimme, wieder, «Voix de personne, ä nouveau», dans Ein Auge, Offen, Un Oeil,
Ouvert (tr. Rainer Michael Mason, ibid. p. 72-3). Jean-Pierre Burgart: «Voix de nul, ä
nouveau.» (Streite, p. 86-7).
Tr. Jean Daive, in Streite, p. 166-7. A propos de ichten, Henri Meschonnic ecrit: «Ii semble
qu'on doive le prendre pour le preterit d'un infinitif ichten qui est dans Grimm: <devenir je>,
<creer un je> - une genese. De plus, ichten est entre - nicht et Licht. Entre les deux, il
participe des deux par son signifiant, - du neant et de la lumiere.» (Pour la poetique, 11,
p. 374).
Schibboleth 37
donnee mais par la meme incalculable, nulle part une donnee, donnee
d'avance. «Chymisch»:
[...] [...]
Grosse, graue, grande, grise,
wie alles Verlorene nahe comme tout perdu, proche
Schwestergestalt: figure de sceur:
Alle die Namen, alle die mit- Tous les noms, avec
verbrannten eile, consumes, tous les noms. Tant
Namen. Soviel de cendres ä benir. Tant
zu segnende Asche. Soviel de pays conquis
gewonnenes Land par-dessus
über legers, si legers
den leichten, so leichten des anneaux
Seelen- d'ämes.
ringen [ . . . ]
Ii y a la cendre, peut-etre, mais une cendre n'est pas. Ce reste semble rester
de ce qui fut, et qui fut presentement; il semble se nourrir ou s'abreuver ä la
source de l'etre-present, mais il sort de l'etre, il epuise d'avance l'etre auquel
il semble puiser. La restance du reste - la cendre, presque rien - n'est pas
l'etre-restant, si du moins l'on entend pas lä l'etre-subsistant. Ce qui est
puise, aspire, bu (geschöpft) ä la truelle (Kelle; la source ou la fontaine,
Quelle, n'est pas loin), ä la truelle des cendres, ä la cuiller des cendres (mit
der Aschenkelle) sort du baquet de l'etre (aus dem Seinstrog). Ii en vient
peut-etre, mais il en sort, et il en sort propre, savonneux (seifig). C'est
pourquoi, dans cette scene de lessive et de cendre (la fontaine n'est pas loin),
il vaut mieux dire baquet de l'etre que petrin, mangeoire ou abreuvoir
(Trog):
MIT D E R A S C H E N K E L L E Α LA T R U E L L E DES CENDRES,
GESCHÖPFT PUISE
aus dem Seinstrog hors du baquet de l'etre,
seifig [ . . . ] savonneux [.. .]21
Tous les anneaux, toutes les cendres, il y en a tant, chaque fois uniques,
passent par le don d'une date benie. Chaque lärme. Innombrables dons,
indenombrablement chiffres par tant de poemes, nous ne les citerons pas.
20 Tr. Jean Daive, in Streite, p. 126-7. Martine Broda: «Grande, grise, / comme tout le perdu
proche / figure de soeur: / Tous ces noms, brüles / avec eile, tous / ces noms, Tant / de
cendre ä benir. Tant / de terre gagnee / au-dessus / des legers, si legers / anneaux / d'ames.»
(in La rose de personne, p.42-3).
21 Tr. John E.Jackson, in La Revue de Beiles Lettres 2-3, p . 4 0 - 1 .
Schibboleth 39
Jusqu'ici, nous avons toujours parle de dates codees, non seulement chif-
frees, mais codees selon la grille conventionnelle d'un calendrier. Le poeme
peut les mentionner tout en les incorporant dans sa phrase: ephemeride lui-
meme. La date ainsi marquee ne correspond pas necessairement ä celle de
l'ecriture, ä l'evenement du poeme. Elle represente son theme plutot que sa
signature.
Mais pour avoir quelque necessite, cette distinction parait neanmoins
limitee dans sa pertinence. O u situer cette limite?
Elle a la forme de l'anneau. En raison de la revolution dont nous
parlons, la date commemorante et la date commemoree tendent ä se
rejoindre ou ä se conjoindre dans un anniversaire secret. Le poeme est cet
anniversaire qu'il chante ou benit, cet anneau donne, le sceau d'une alliance
et d'une promesse. Ii a, il est a la meme date que celle qu'il benit, il est a eile,
il donne et redonne la date ä laquelle tout a la fois il appartient et se destine.
A ce point, en ce lieu toujours passe, toujours ä venir, la frontiere s'efface
entre la circonstance dite externe, la date «empirique» et la genealogie
interne du poeme. Mais cette genealogie est datee, ce n'est pas un mouve-
ment essentiel, universel, intemporel. Un schibboleth passe aussi cette
frontiere: pour une date poetique, pour une date benie, la difference n'a
plus lieu entre l'empirique et l'essentiel, entre le dehors contingent et
l'intimite necessaire. Ce non-lieu, cette Utopie, c'est l'avoir-lieu ou l'evene-
ment du poeme comme benediction, ce poeme (peut-etre) absolu dont
Celan dit qu'il n'y en a pas (... das es nicht gibt!).
Avec cette distinction entre l'empirique et l'essentiel, une limite se
brouille, celle du philosophique comme tel, la distinction philosophique.
La philosophic se trouve, se retrouve alors dans les parages du poetique,
voire de la litterature. Elle s'y retrouve car l'indecision de cette limite est
peut-etre ce qui la provoque le plus ä penser. Elle s'y retrouve, eile ne s'y
perd pas necessairement comme le croient, dans leur tranquille credulite,
ceux qui croient savoir ou passe cette limite et s'y tiennent peureusement,
ingenument, quoique sans innocence, denues precisement de ce qu'on doit
appeler l'experience philosophique: une certaine traversee questionnante des
limites, l'insecurite quant ä la frontiere du champ philosophique — et surtout
1 'experience de la langue, toujours aussi poetique, ou litteraire, que philoso-
phique.
D'ou le privilege de ce que nous appelons le code: l'institution du
calendrier qui permet d'appeler, de classer (calare) les annees, les mois, les
jours; ou bien de l'horloge qui espace et sonne la revolution des heures.
Comme le calendrier, l'horloge nomme le retour de l'autre, du tout autre
dans le meme. Mais Uhr et Stunde, ce que disent tant de poemes, nous
40 Jacques Derrida
devons y entendre autre chose et plus que des themes ou des objets. L'heure
ecrit, l'heure parle, eile appelle ou assigne le poeme, elle le provoque, le
convoque, l'apostrophe et s'adresse ä lui, comme au poete qu'elle reclame,
elle le fait venir ä son heure. Nacht parle d'un Zuspruch der Stunde22:
exhortation, peut-etre consolation, mais d'abord une parole adressee. Et ä
ce Zuspruch repond ailleurs un Gespräch de l'heure, un dialogue, une
conversation avec l'heure qui tourne, une parole partagee avec elle:
Diese Stunde, deine Stunde, Cette heure, ton heure,
Ihr Gespräch mit meinem Munde. son dialogue avec ma bouche.
Mit dem Mund, mit seinem Schweigen, Avec la bouche, avec son silence,
mit den Worten, die sich weigern. avec les mots qui se refusent. 23
Aussi bien qu'un cadran solaire ou que toute autre charte, la marque de
l'heure assigne sa place au sujet, eile lui donne lieu, son adresse saisit le
signataire ou le poete avant meme que celui-ci ne marque ou ne donne
l'heure. L'initiative revenant aux mots, disait Mallarme, elle revient aussi ä
l'heure. Le poete est provoque, autrement dit constitue par elle. Ii s'appa-
rait, comme tel, depuis eile. Retour et ronde discontinue des heures, l'ici de
l'aiguille espace le maintenant. Cette discretion, cette «cesure des heures»
(der Stundenzäsurf\ la chance et la souffrance, scande le poeme des son
origine. Mais cette poetique du rythme ou de l'espacement ne concerne pas
seulement la forme de la langue, elle dit quelque chose de Porigine du sens,
et du sens de la langue. «Und mit dem Buch aus Tarussa» inscrit en son
coeur la «cesure des heures» au cour d'un poeme qui dit certes le rythme, la
rime, la respiration («mit / geatmeten Steppen- / halmen geschrieben ins
Herz der Stundenzäsur»), (avec / le chaume respire / des steppes ecrit au
coeur de la cesure des heures), mais aussi la langue, le rythme de la langue, la
«balance de la langue, de la parole, du lieu natal, balance exil («Sprach-
waage, Wortwaage, Heimat- / waage Exil»). O r cette question du sens de la
langue, de son sens et de son lieu pour un exile (l'allemand pour un poete de
langue allemande qui ne fut pas allemand), le Discours de Breme lui
reconnait une affinite avec «la question du sens de Phorloge» (Uhrzeiger-
sinn): «Accessible, proche et sauvegardee, au milieu de tant de pertes,
22
Tr. Jean-Pierre Burgart, in Streite, p. 82-83. « . . . als Zuspruch der Stunde.» γ est traduit par
«l'heure s'adresse ä toi». Ce qui n'exclut pas qu'elle le fasse pour apporter courage et
consolation (Zuspruch).
" Tr. Martine Broda («Selbdritt, Selbviert», in La rose de personne, p . 2 0 - 1 ) . Et «Dein
Uhrengesicht [ . . . ] verschenkt seine Z i f f e r n . . . » , «Ton visage [ . . . ] offre ses c h i f f r e s . . . »
(Zeitgehöft, Enclos du temps, trad. Martine Broda).
24
«Und mit dem Buch aus Tarussa», tr. Martine Broda, in La rose de personne, p. 148-9.
Schibboleth 41
demeura ceci, seul: la langue. [ . . . ] Dans ces annees et les annees qui
suivirent j'ai tente d'ecrire des poemes dans cette langue: pour parier, pour
m'orienter, pour m'enquerir du lieu oü je me trouvais et du lieu vers lequel
j'etais entraine [ . . . ] C'etait, vous le voyez, evenement (Ereignis), mouve-
ment, marche (Unterwegssein), c'etait la tentative de trouver une direction.
Et lorsque j'en questionne le sens, je crois devoir me dire que dans cette
question parle aussi la question du sens de l'horloge. / Car le poeme n'est pas
intemporel. Certes, il eleve une exigence d'infini, il cherche ä se frayer
passage ä travers le temps, - ä travers lui et non par-dessus.»25 Qe souligne.)
L'annulation, encore, de l'anneau. Retour sur soi de l'heure. Consump-
tion, devenir-cendre, incendie ou incineration d'une date: sur l'heure, dans
l'heure meme, ä chaque heure. C'est la menace d'une crypte absolue: le
non-retour, l'illisibilite, Pamnesie sans reste, mais le non-retour comme
retour, dans le retour meme. Tel risque ne parait pas plus inessentiel,
accident de l'heure ou du jour, que la possibilite meme du retour qui livre
aussi bien ä la chance qu'ä la menace, en une seule fois, chaque fois.
On me pardonnera si je ne nomme ici I'holocauste, c'est-a-dire litterale-
ment, comme j'avais aime l'appeler ailleurs, le bmle-tout, que pour en dire
ceci: il y a certes aujourd'hui la date de cet holocauste que nous savons,
l'enfer de notre memoire; mais il y a un holocauste pour chaque date, et
quelque part dans le monde ä chaque heure. Chaque heure compte son
holocauste. Chaque heure est unique, soit qu'elle revienne, et c'est la roue
qui tourne d'elle-meme, soit que, la derniere, eile ne revienne pas plus que
la soeur, la sienne, la meme, son autre revenant:
25 Tr. John E.Jackson, in La Revue de Belies Lettres, 2 - 3 , p. 84. Un fragment du meme texte a
ete traduit par Maurice Blanchot (o.e. p . 4 5 ) : «Accessible, proche et non perdue, restait, au
milieu de tout ce qu'il avait fallu perdre, cette seule chose: la langue. [ . . . ] C'est dans ce
langage que, durant ces annees et les annees d'apres, j'ai essaye d'ecrire des poemes: pour
parier, pour m'orienter et apprendre oü je me trouvais et oü il me fallait aller [ . . . ] C'etait,
nous le voyons, evenement, mouvement, cheminement, c'etait l'essai pour gagner une
direction.»
42 Jacques Derrida
Et plus loin, dans le meme poeme, que je dois done sectionner et auquel ces
coupures infligent une violence sans mesure, puisqu'elles blessent non
seulement le corps du chant mais d'abord le rythme de ses propres cesures,
elles coupent dans les coupures, les blessures ou les cicatrices, les sutures
meme dont parle precisement ce poeme, immense, qui fut au foyer de tant
de lectures, plus loin, done, les cendres, les cendres repetees, cendres de
cendres, la nuit dans la nuit, la nuit et la nuit - mais les deux mots (Asche,
Nacht) ne s'appellent, de ce terrifiant echo, que dans cette langue:
Asche. Cendres.
Asche, Asche. Cendres, cendres.
Nacht. Nuit.
Nacht-und-Nacht. Nuit-la nuit.
26
Tr. Jean Daive, in Streite, p. 102-117.
STEPHANE MOSES
Auf dem Weg von mir zu mir, auf dem Hintergrund eines Mangels, eines
Versäumnisses, einer nicht zustandegekommenen Begegnung, stellt das
„Gespräch im Gebirg" einen Gang durch den Wald der Wörter dar, einen
Gang, auf dem sich eine anonyme Sprache Schritt für Schritt in das
Sprechen eines Subjekts, ein Er in Ich und Du, eine Erzählung in einen
Diskurs verwandelt. Das Thema dieses Textes ist auch seine Form: die
Verwandlung des Unpersönlichen ins Persönliche, das Auftauchen des
sprechenden Subjekts aus seinen verschiedenen Masken, die Verwirkli-
chung der Sprache durch eine lebende Stimme.
Ein Gegensatz zwischen zwei von Emile Benveniste einige Jahre zuvor
herausgestellten Grundweisen des Aussageaktes bestimmt die Struktur vom
„Gespräch im Gebirg": Es ist der Gegensatz zwischen der Erzählung, in
der sich die berichteten Ereignisse wie von selbst abspielen, und dem
Diskurs, der einen Sprecher und einen Hörer und bei ersterem die Absicht,
den anderen in irgendeiner Weise zu beeinflussen voraussetzt. 2 Während
die Erzählung Personalpronomen in der dritten Person sowie den Verbal-
tempus des Imperfekts verwendet, bevorzugt der Diskurs das Ich und das
Du sowie die Verbalformen des Präsens und des Perfekts. Doch für Emile
p.201.
2 Problemes de linguistique generale (im folgenden: P L G ) I, Paris 1966, p. 242.
44 Stephane Moses
Doch bezeichnet das jeweilige „ich" immer nur das Subjekt der gegenwärti-
gen Diskurs-Instanz:
Jedes „ich" hat seinen eigenen B e z u g s p u n k t u n d entspricht jedes Mal einem
einzigartigen, als solches gesetzten, W e s e n . ( . . . ) „Ich" bedeutet „die Person,
w e l c h e den gegenwärtigen M o m e n t eines ichhaltigen D i s k u r s e s z u r Sprache
bringt". D i e s e r M o m e n t ist p e r definitionem einmalig und n u r in seiner Einma-
ligkeit gültig. W e n n ich z w e i a u f e i n a n d e r f o l g e n d e D i s k u r s m o m e n t e , jeweils mit
ich, v o r m i r habe, die beide v o n derselben S t i m m e getragen sind, so kann ich
d o c h nicht sicher sein, o b es sich nicht b e i m einen d a v o n u m die W i e d e r g a b e
eines D i s k u r s e s , u m ein Zitat handelt, so daß das Ich einem anderen z u z u s c h r e i -
ben ist. 4
Genau dies ist im „Gespräch im Gebirg" der Fall, in dessen Verlauf sich die
verschiedenen Ichs jeweils auf einen anderen Sprecher zu beziehen schei-
nen, wobei sich nicht eindeutig feststellen läßt, ob diese Vielheit von Ich-
sagenden Stimmen durch ein einziges Subjekt zusammengehalten wird oder
nicht. Es handelt sich um eine Zersplitterung des Subjekts, eine Auflösung
der Identität, die durch die D y n a m i k des Textes jenen W e g durch die
5 PLG I, p. 262.
4 Ibd., p. 252.
Wege, auf denen die Sprache stimmhaft wird 45
Was die Rede im allgemeinen kennzeichnet, ist die Hervorhebung der diskursi-
ven Beziehung zum Partner, mag dieser real oder imaginär, individuell oder
kollektiv sein.
Dieses Kennzeichen setzt notwendigerweise das, was man als den figurati-
ven Rahmen der Rede bezeichnen könnte. Als Form des Diskurses setzt die
Rede zwei gleichermaßen notwendige „Gestalten", die eine als Quelle, die
andere als Ziel der Rede. Dies ist die Struktur des Dialogs. Zwei partnerschaft-
lich aufeinander bezogene Gestalten fungieren abwechselnd als Hauptfiguren
der Rede. 8
Im „Gespräch im Gebirg" gelangt das Ich durch und mittels des Dialogs
Schritt für Schritt zu seiner eigenen Identität. Das Heraustreten aus sich
selbst, der Umweg über den anderen, schlagen eine Bresche durch die
5 Ibd., p. 260.
6 G . W . III, p.201.
7 Ibd., p. 186.
8 P L G II, p. 85.
46 Stephane Moses
Mauer, die das Ich umgrenzt; dadurch öffnen sie es seiner eigenen Wahrheit
und bringen es zum Bewußtsein seiner Identität, zu einer „Art Heimkehr". 9
Es ist wohl kein Zufall, daß Celan in seiner Bremer Ansprache den Namen
Martin Buber nannte, und ihn mit der Erinnerung an seine heimatliche
Landschaft verknüpfte. Damit berief er sich auf jene Tradition des dialogi-
schen Denkens, für welches die Beziehung eines Ich zu einem Du sich von
der unpersönlichen Entfaltung des ,objektiven' Denkens radikal unterschei-
det. Für Buber ist jenes ,objektive Denken', als Bereich des „Es", auf die
Subjekt-Objekt-Beziehung gegründet, in der die Welt nurmehr als Gegen-
stück des Bewußtseins erscheint, während die Ich-Du-Beziehung eine neue
Dimension des Seins erschließt. Diesem rein philosophischen Zugang zum
dialogischen Denken stellte Franz Rosenzweig ungefähr zur selben Zeit
einen linguistisch orientierten Ansatz gegenüber, in dem er zwischen einer
Sprache der Erzählung und einer dialogischen Sprache unterschied: die
erste, gegründet auf die Verwendung des Pronomens der dritten Person
und auf Verbformen der Vergangenheit, die sich auf die Wirklichkeit der
Welt beziehen, die zweite, gekennzeichnet durch die Verwendung der
Pronomina Ich/Du und durch das Vorherrschen des Präsens, wobei die
beiden Sprecher durch die Wechselrede ihre persönliche Situation als
sprechende Subjekte ausdrücken. Emile Benveniste seinerseits stellt die
persönlichen Diskurs-Momente, bestimmt durch die Ich/Du-Beziehung,
dem gesamten Bereich der „dritten Person" gegenüber, den er linguistisch
als „Nicht-Person" charakterisiert. 10
Das „Gespräch im Gebirg" ist sowohl in seiner linguistischen Struktur
als auch in seinem thematischen Aufbau vom Gegensatz dieser beiden
Sprachformen geprägt. In der Mitte des Textgefüges wird die Antinomie
zwischen der dialogischen und jener anderen Sprache „ohne Ich und ohne
Du, lauter Er, lauter Es" erwähnt, die Emmanuel Levinas als Heideggers
„Sprache des Seins" gedeutet hat.11 Für Heidegger spricht bekanntlich „das
Sein überall und stets durch alle Sprache hindurch". 12 Die Sprache der
Personen steht hier der „Sprache des Neutrums" 13 gegenüber. Zwischen
diesen beiden Gegenpolen spinnt das „Gespräch im Gebirg" ein subtiles
Netz von Spannungen und Beziehungen, durch die sich die poetische
Sprache konstituiert.
9 G . W . III, p . 2 0 1 .
10 P L G I, p. 255.
11 „De l'Etre ä l'Autre" (Vom Sein zum Anderen), in: La Revue des Belies Lettres 2 - 3 , Geneve
1972, pp. 1 9 3 - 1 9 9 .
12 Holzwege, Frankfurt/M. 1950, p.388.
13 E. Levinas, op. cit., p. 194.
Wege, auf denen die Sprache s t i m m h a f t wird 47
II
hörst du mich, du hörst mich, ich bin's, ich, ich und der, den du hörst, zu hören
vermeinst, ich und der a n d e r e . . .
Was sagen diese vier Stimmen? Die erste, die wir die gelehrte Erzähler-
stimme genannt haben, trägt die melodische Hauptlinie der Erzählung, die
48 Stephane Moses
Handlungsebene, und man muß sie aus dem polyphonen Gewebe sozusa-
gen durch Abstraktion herauslösen:
Eines A b e n d s , die Sonne . . . w a r untergegangen, da ging, trat aus seinem
H ä u s e l und ging der J u d , . . . ging u n t e r m G e w ö l k , ging im Schatten, . . . ging,
wie L e n z , d u r c h s Gebirg.
Ein Gehen mit wunden Füßen, ganz anders als bei Lenz, von dem Büchner
sagt: „Müdigkeit spürte er keine", vielmehr das Gehen des ,,Jud[en] und
Sohn eines Juden", der von zu Hause weggegangen ist „eines Abends", da
die Sonne „und nicht nur sie" untergegangen war. Eine ergreifende Litotes,
die etwas weiter unten wieder aufgenommen wird („eines Abends, da
einiges untergegangen war") und die hier mit zitternder Zurückhaltung von
einer kommentierenden Stimme eingeführt wird, und zwar um jenen
Untergang einer gesamten Welt zu bezeichnen, von der Celan in seiner
Bremer Ansprache gesagt hatte, sie sei „der Geschichtslosigkeit anheimge-
'fallen". 14 Diese zweite Stimme, die des Kommentars, scheint einem Beob-
14 G . W . III, p. 185.
Wege, auf denen die Sprache stimmhaft wird 49
achter zu gehören, der aus einiger Distanz von dieser Gestalt, dann wieder
von ihrem Partner (aber doch mit einer Vertrautheit, die aus gemeinsamer
Erfahrung erwächst), deren Handlungen und Bewegungen in den Zusam-
menhang der jüdischen Situation einordnet:
denn der Jud, du weißt's, was hat er schon, das ihm auch wirklich gehört, das
nicht geborgt war, ausgeliehen und nicht zurückgegeben -
oder auch:
er, den man hatte wohnen lassen unten, w o er hingehört, in den Niederungen,
er, der Jud, . . .
und
denn wenn der Jud daherkommt und begegnet einem zweiten, dann ist's bald
vorbei mit dem Schweigen, auch im Gebirg. Denn der Jud und die Natur, das
ist zweierlei, immer noch, auch heute, auch hier.
Aber die Gesamtheit von Erzählung und Kommentar wird ständig unter-
brochen durch zwei andere Stimmen, eine erzählende und eine dialogisie-
rende, die beide in den Bereich der Volkssprache, genauer gesagt des
Judendeutschen, gehören. Morphologische Eigentümlichkeiten wie die
Verwendung des Diminutiv („Häusel") oder der Elision („Jud", „ich
bin's", „du weißt's"), abweichende Syntax wie der regelwidrige Gebrauch
der Inversion („bin ich", „weißt du") oder die Vorziehung der finiten
Verbform („da Gott ihn hat einen Juden sein lassen", „wenn der Jud
begegnet einem zweiten"), lexikalische Armut („ist's"), nahezu ausschließ-
lich parataktischer Satzbau („und . . . und . . . und"), Vorkommen idiomati-
scher Wendungen („Gott sei's geklagt"), Einsatz spezieller Stilmittel wie
Wiederholung („so frag ,ich und frag' ich") oder rhetorische Frage („und
wer, denkst du, kam ihm entgegen?"), - all diese Züge sind den verschiede-
nen jiddischen Idiomen sowie dem Judendeutschen gemeinsam. Innerhalb
der deutschen literarischen Tradition hat diese Sprache, oder besser gesagt:
ihre stilisierte Nachahmung in einem hochdeutschen Kontext und im
Kontrast zu diesem stehend, dazu gedient, jüdische Gestalten, und beson-
ders neu eingewanderte Ostjuden, negativ zu charakterisieren. (Das
bekannteste Beispiel für solche Verwendung des Judendeutschen bietet um
die Mitte des 19. Jahrhunderts der Roman Soll und Haben von Gustav
Freytag.) Die nationalsozialistische Propaganda hat ihrerseits diese sprach-
lichen Stereotype aufgegriffen, um ein abstoßendes Bild der Juden und ihrer
„Unkultur" zu zeichnen.
50 Stephane Moses
III
Der zweite Textabschnitt bezeichnet den Ubergang von der Erzählung zum
Dialog, von der dritten Person zum Ich/Du. Der persönliche Diskurs
erscheint mit all seinen markanten Zügen: Verwendung von Präsens und
Perfekt („bist gekommen", „weißt du", „es hat sich die Erde gefaltet", „in
der Mitte steht ein Wasser", „er redet nicht, er spricht", „ich bin da"),
Vorkommen von deiktischen Elementen, die erst in der Beziehung auf den
konkreten Augenblick des Sprechers sinnvoll werden („bist gekommen
hierher", „ich bin hier") und welche die Identifizierung des sprechenden
Subjekts durch sich selbst, die Einzigartigkeit seines Daseins in Raum und
Zeit, dramatisch herausstellen:
1S Ibd., p. 186.
Wege, auf denen die Sprache stimmhaft wird 51
Aber ich, . . . ich, der ich da steh, auf dieser Straße hier, auf die ich nicht
hingehör, heute, jetzt, da sie untergegangen ist, sie und ihr Licht, ich hier mit
dem Schatten, dem eignen und dem fremden, ich - ich, der ich dir sagen kann:
Dieses Hier und Jetzt, wodurch das Subjekt sich als den Ursprung seines
eigenen Diskurses setzt, definiert es paradoxerweise nicht dadurch, daß es
an dem Ort und in dem Moment steht, von denen aus es spricht, sondern
dadurch, daß es dort nicht steht: in diese strahlende Natur, in diesen großen
Augenblick, „gehört es nicht hin", denn die Welt, der es eigentlich ange-
hört, ist diejenige, die „untergegangen ist, sie und ihr Licht". Seine eigene
Rede kennzeichnet ihn, mit Bezug auf den Ort, an dem er steht, als einen
Eindringling, und mit Bezug auf den Augenblick, in dem er spricht, als
einen Überlebenden. Dies „Hier und Jetzt", zuinnerst widerlegt durch ein
„Dort und Damals" — das ist die Diskurs-Instanz des „Gespräch im
Gebirg", der „20. Jänner", von dem aus es geschrieben ist.
Allerdings ist die Verknüpfung des sich selbst setzenden Subjekts
einerseits und der grammatikalischen Dialog-Struktur andererseits nicht so
recht klar. Obwohl die Redeweise dieses zweiten Teils die des Ich/Du ist,
so ist es doch schwer, die beiden Dialogpartner als zwei gesonderte Ichs zu
identifizieren. Der Diskurs des einen strahlt beständig auf den des anderen
zurück, und eine ganze Kette von Echo-Effekten hebt schließlich den
Unterschied zwischen den beiden Sprechern nahezu völlig auf:
Auf eben diesem Hintergrund — dem Fehlen des Anderen, was gleichzeitig
auf das Fehlen dessen hinweist, der im „Meridian" „ein ganz Anderer"
heißt - nimmt dieses Sprechen, das „niemand hört", dennoch einen neuen
Aufschwung, denn immer wieder „will das Gedicht zu einem Anderen". 17
Und da der Monolog als solcher, laut Benveniste, ein „verinnerlichter
Dialog, in der Sprache des Inneren, zwischen einem Ich-Sprecher und
einem Ich-Hörer" 18 ist, gelingt es dem Ich doch - dank des Umwegs über
das Du - seine eigene Wahrheit an den Tag zu legen:
. Hörst du, sagt er - ich weiß Geschwisterkind, ich weiß . . . Hörst du, sagt er,
ich bin da. Ich bin da, ich bin hier, ich bin gekommen. Gekommen mit dem
Stock, ich und kein andrer, ich und nicht er, ich mit meiner Stunde, der
unverdienten, ich, den's getroffen hat, ich, den's nicht getroffen hat, ich mit
dem Gedächtnis, ich, der Gedächtnisschwache, ich, ich, i c h . . .
„Eine Art Heimkehr" sagt Celan im „Meridian"", die Suche nach dem „Ort
meiner eigenen Herkunft". 2 0 Aber diese Rückkehr des Ich zu dem Aus-
gangspunkt, w o sein Sprechen entstanden ist, kontrastiert im Text selbst
mit einer anderen Art von Heimkehr, die zu einer ursprünglichen Natur
zurückführt, w o der Mensch laut Heidegger sein Vaterland haben soll. Die
Pracht der Alpenlandschaft schrumpft zu einer Aufzählung von abstrakten
Formen zusammen:
Es hat sich die Erde gefaltet hier oben, hat sich gefaltet einmal und zweimal und
dreimal, und hat sich aufgetan in der Mitte, und in der Mitte steht ein Wasser,
16 Ibd., p. 198.
17 Ibd., p. 198.
18 PLG II, p. 85.
19 G . W . III, p.201.
20 Ebd., p. 202.
Wege, auf denen die Sprache stimmhaft wird 53
und das Wasser ist grün, und das Grüne ist weiß, und das Weiße kommt von
noch weiter oben, kommt von den Gletschern . . .
das ist die Sprache, die hier gilt, das Grüne mit dem Weißen drin, eine Sprache,
nicht für dich und nicht für mich - denn, frag ich, für wen ist sie denn gedacht,
die Erde, nicht für dich, sag ich, ist sie gedacht und nicht für mich —, eine
Sprache, ja nun, ohne Ich und ohne Du, lauter Er, lauter Es, verstehst du, lauter
Sie, und nichts als das.
IV
Der erste Textabschnitt war von einer Vielzahl von Stimmen beherrscht,
der zweite, von einer dialogischen Polarität; im dritten spricht das Ich
21 Wir folgen hier der Analyse von Beda Allemann in seinem Buch Hölderlin und Heidegger,
Stuttgart/Freiburg 1954, p. 122.
22 Erläuterungen zu Hölderlins Dichtung, Frankfurt/M. 1951, p. 74.
23 G . W . III, p. 198.
54 Stephane Moses
allein: ein Sprechen, das nicht aufhört, dialogisch zu sein, obwohl das
verstummende Du zum reinen Zuhörer wird und das Ich ganz allein in
einem langen Klagegesang zu den Ursprüngen seiner eigenen Identität
hinabsteigen läßt. Jenseits seines „Hier und Jetzt" kehrt das Ich zum „Dort
und Damals" zurück, wo seine Rede entstanden ist. Um sich selbst in seine
Subjekts-Einzigkeit einzusetzen, muß das Ich, ausgeschlossen von einer
Gegenwart, zu der es „nicht hingehört", sich seine eigene Vergangenheit
neu zu eigen machen, seine eigene Geschichte wieder in den Griff bekom-
men. Gleichzeitig bei sich und fern von sich: in dieser Spannung zwischen
dem Heute und dem Damals wird es seinen „20. Jänner" entdecken, den
Ort, von dem sein Sprechen immer wieder von neuem ausgeht.
Der Ausgangspunkt dieser Geschichte (vielleicht nicht der älteste, aber
offenbar der, welcher sie als Geschichte des Ich begründet) ist der Augen-
blick der absoluten „Geworfenheit", wo das Ich ein für alle Mal von sich
selbst ausgeschlossen wurde:
Auf dem Stein bin ich gelegen, damals, du weißt, auf den Steinfliesen; und
neben mir, da sind sie gelegen, die andern, die wie ich waren, die andern, die
anders waren als ich und genauso, die Geschwisterkinder; und sie lagen da und
schliefen, schliefen und schliefen nicht, und sie träumten und träumten n i c h t . . .
Wie Peter Szondi gezeigt hat, ist der hier angesprochene Ort ein deutsches
Vernichtungslager.24 Ein Ort, den die Dichtung in den Rang einer Allegorie
des absoluten Schreckens erhebt, doch gleichzeitig ein ganz realer Ort, der
sich auf der Landkarte finden läßt, ein benannter („er hat einen Namen")
und doch namenloser („er hat keinen") Ort, denn die Sprache, wie Celan in
seiner „Bremer Ansprache" gesagt hatte, „gab keine Worte her für das, was
geschah". 25
Auch in „Engführung" wird dieser Ort mit dem Bild des Steins
zusammengebracht:
D i e Steine, weiß,
mit den Schatten der H a l m e
Doch allmählich tauchen aus der Erinnerung Bilder auf, die mitten aus der
Welt des Unpersönlichen herausgehobene, mit Zeichenfunktion ausgestat-
tete Gegenstände aufsteigen lassen, die das Ich als Bestandteile seiner
eigenen Geschichte zu erkennen scheint. Jedes Gedicht ist ein Gespräch,
sagt Celan im „Meridian", wo sich das Angesprochene „um das es anspre-
chende und nennende Ich versammelt". 26 In der Bewegung der Dichtung
vermag das Ich das Es in ein D u zu verwandeln; so tauchen auch hier aus
den Tiefen der Erinnerung Dinge auf, die ihrerseits das Ich ansprechen und
ihm ihren Sinn offenbaren. Gegenstände, die sich der Sprache des Neu-
trums entziehen, Bruchstücke von Natur, umgestaltet durch die Erfahrung
des Ich, zu Metaphern gewordene Dinge, Kinder jener im ersten Teil
erwähnten „Hochzeit des Bildes und des Schleiers": die Kerze, der Stern.
Die Sabbatkerze, geliebt nicht als Gegenstand, da sie ja noch der Ordnung
des Es angehört („ich liebte sie, weil sie herunterbrannte, nicht weil sie
herunterbrannte"), sondern um der Assoziationen willen, welche ihre
Betrachtung auslöst. Sie taucht auf im Gedächtnis als letzter Schein jener
Welt, die verschwunden ist, „sie und ihr Licht", als Sinnbild der unwieder-
bringlichen Schönheit all dessen, was erloschen ist; zugleich aber weist sie
auf die Erfahrung jenes Tages hin, „der der siebte war, . . . der siebte und
nicht der letzte", also auf die Vorstellung von der Ambivalenz der histori-
schen Zeit: wenn der siebte Tag nicht der letzte ist, dann deshalb, weil die
Zeiten nie erfüllt sein werden, weil es kein Ende der Geschichte gibt; doch
ist diese der Zeit anhaftende Unvollkommenheit andererseits gerade die
Garantie für die Fortdauer des Lebens; selbst die Katastrophe, wo die Zeit
zum Stillstand gekommen schien, war nicht der letzte Tag, nicht der letzte,
„nein, denn da bin ich ja, hier, auf dieser Straße...".
Dem Schein der Kerze entspricht das Schimmern des Sterns. Doch wird
dieser im Unterschied zur Kerze uneingeschränkt mit dem Pronomen der
dritten Person bezeichnet („und der Stern - denn ja, der steht jetzt überm
Gebirg"), als ob in diesem speziellen Fall das Gegenüber von Ich und Er
aufgehoben sei: indem er der Sprache des Unpersönlichen entgeht, wird der
Stern zu einem Grenz-Objekt, das, nachdem es ganz und gar zum Zeichen
geworden ist, aufhört zu „sprechen" und statt dessen zum Ich als zu einem
Dialogpartner „redet". Der Stern, jene reine Metapher, von der aus unzäh-
lige Bedeutungen ausstrahlen, kehrt in Celans Dichtung als eine Art
Schlüssel-Bild immer wieder. In „Engführung" deutet die Abwesenheit der
Sterne auf die absolute „Geworfenheit":
die Nacht
braucht keine Sterne, nirgends
fragt es nach dir
Also
stehen noch Tempel. Ein
Stern
hat wohl noch Licht.
Nichts,
nichts ist verloren.
Celans Schlußgedicht
Gedichte, die ich interpretiere, möchte ich als Leser interpretieren, das
heißt nicht mit dem Anspruch, einen Beitrag zur wissenschaftlichen Inter-
pretation leisten zu wollen oder wie immer ich ausdrücken kann, daß ich
nicht beanspruche, auf dem sogenannten Niveau der Forschung zu stehen,
wohl aber hoffe, auf dem Niveau eines Lesers zu stehen, für den der
Dichter schreibt.
So habe ich bei meinen Beiträgen zur Poetik stets eine ganz subjektive
Auswahl vorgenommen. Das gilt auch von meiner Auswahl aus dem Werk
von Paul Celan. Ich muß offen bekennen, daß ich von dem späteren Celan
vielleicht dreißig Gedichte wirklich verstanden habe. Von einem dieser
Gedichte, allerdings von einem besonders ausgezeichneten, möchte ich
heute ausgehen.
Auf dem Gebiet dichterischer Erfahrung ist Verstehen ein komplexes
und schichtenvolles Geschehen. Wir haben gute Kenntnis davon, was etwa
die griechische Tragödie als gesellschaftliches Ereignis in Athen bedeutete.
Wir wissen, wie da vom Niveau der höchsten intellektuellen Spitzenfiguren
bis hinunter zu einem breiten, emotional-engagierten Publikum alles an
dem großen Vorgang dieses kultischbezogenen Ereignisses teilhatte. Wir
sollten das nicht vergessen. Etwas davon gilt auch heute noch. In jeder
echten Begegnung mit Poesie gibt es klares Verstehen in sehr verschiedenen
Graden der Distinktheit. Das ist der Grund, warum ich glaube, daß ein
verständnisvoller, sensibler Leser neben dem Forscher auf diesem Gebiet
immer noch bestehen kann. Bei allem Mangel an Wissen hat er doch auch
etwas voraus. Ihn kann die wissenschaftliche Notwendigkeit methodischer
Isolierung bestimmter Fragen und Gesichtspunkte nicht von der Konzen-
tration auf die eigentliche Aussage der Dichtung abführen.
So habe ich keine andere Rechtfertigung für die Auswahl, die ich in
meinen Celan-Studien getroffen habe, als meine eigenen Lese-Erfahrungen.
Ich habe eine geschlossene Gedichtfolge Atemkristall aus dem Gedichtband
Atemwende unter dem Titel Wer bin ich und. wer bist Du? interpretiert. Ich
glaubte, diese Gedichte zu verstehen, und meinte, dies mitteilen zu sollen,
Celans Schlußgedicht 59
weil das, was andere zu Celans Dichtungen vorlegten, mich nicht recht
befriedigte.
Ich erinnere mich genau, wie ich dies Büchlein geschrieben habe, ohne
einen anderen Text vor mir zu haben als den dieser wenigen Gedichte. Ich
lag eines Sommers in den Dünen von Holland. Auf einem geheimen Wege
hatte ich mich durch die Gitterabzäunung hindurchgeschlichen, weil es am
Strande zu laut war. - Dort schrieb ich nieder, was ich verstand, „im
großen Gelausche", ein meditatives Werk. Da kam eines Tages ein Strand-
wächter vorbei und sagte: „Hier dürfen Sie nicht sein, das ist verboten." Ich
antwortete: „Ja, ich weiß, aber wissen Sie, ich schreibe ein Buch, und am
Strande ist es zu laut." „Ach, Sie schreiben ein Buch?" Das war für ihn eine
wahre Offenbarung, daß Bücher erst geschrieben werden müssen, bevor sie
gedruckt und gelesen werden. Und er fuhr fort: „Ja, dann will ich nicht
länger stören." So habe ich das kleine Buch sozusagen mit polizeilicher
Erlaubnis geschrieben. Es hat, glaube ich, seine Dienste getan und tut sie
vielleicht noch. Eine neue Auflage ist jetzt in Vorbereitung, seit ich die
wenigen Lesearten zu dieser Gedichtfolge kennenlernen durfte.
Auch einige andere Gedichte Celans habe ich interpretiert. Das eine,
das mir besonders wichtig war, wie man begreifen wird, da ich mit
Heidegger besonders verbunden war, ist das Gedicht „Totnauberg". Ein
anderes Gedicht „Tenebrae" ist in eine Sammlung meiner Interpretationen
von Dichtung aufgenommen (Poetica im Insel-Verlag). Es scheint mir ein
sehr wesentliches Gedicht. Heute möchte ich ein anderes wählen, das mir
im gleichen Sinne wesentlich scheint, das durch seinen Platz innerhalb des
Gesamtwerkes die Bezeichnung ,Schlußgedicht* verdient: es ist das letzte
Gedicht aus dem Gedichtband, den der Dichter als letzten selbst fertigge-
macht hat, das Gedicht „Wirk nicht voraus".
WIRK N I C H T V O R A U S ,
sende nicht aus,
steh
herein:
durchgründet vom Nichts,
ledig allen
Gebets,
feinfügig, nach
der Vor-Schrift,
unüberholbar,
ihrem Meinen auf, gerade im Hören selbst und im Lesen selbst. Wir kennen
alle diese Auszeichnung des poetischen Wortes. Ein Mensch, der sagen
würde, wenn ein schönes Gedicht, ein Gedicht, das einem etwas sagt,
gesprochen wird: „Aber das kenn ich doch schon", hat überhaupt nicht
begriffen, was dichterische Rede ist, was dichterische Texte sind. Man
kennt sie nicht schon. Man kennt sie nicht einmal, wenn man sie auswendig
kennt. Immer noch ist ihre Wiedererweckung zu Klang und Sinn wie eine
neue Entdeckung. Wir beginnen immer wieder neu zu verstehen, indem wir
auf das Bekannte zurückkommen.
Was an Celans Gedicht sofort deutlich wird, ist, daß hier mit äußerster
Sparsamkeit komponiert wird. Da ist kein Reim. Man wundert sich nicht.
Das weiß man, daß der Reim, je größer die sprachliche Geläufigkeit im
Bildungsleben einer Zivilisation ist, immer seltener wird. Es wird offenbar
schwierig, das Klappern des Reimes zu vermeiden, wenn allzu viel gereimt
wird. Man muß den Reim in das T o n - und Klangganze eines Verses so
hineinweben, daß er sich von selbst einzustellen scheint, als etwas, das ganz
natürlich dazugehört. Das ist nicht leicht. So sehen wir, daß heutige
Dichter den Reim entweder ganz vermeiden oder den Reim durch die
Auffüllung des Versvolumens sozusagen gewichtlos machen, so daß er
nicht mehr als das eigentlich Auffällige nachklappert. Es wäre eine interes-
sante Aufgabe, zu untersuchen, was zum Aufkommen des Endreims im
Abendland geführt hat und was ihn heute zurückgehen läßt.
Gehen wir zur Erklärung der Einzelheiten über: „Wirk nicht voraus".
Wer diese Worte hört, weiß nicht genau, wer angeredet wird. Das einzige,
was man weiß, ist, daß ein Du angeredet wird. Denn Du ist immer der
Angeredete. Das ist die feste semantische Größe, die sich hier aus dem
Imperativ ,wirk nicht voraus' bildet. Was heißt ,vorauswirken'? In jedem
Wirken wird von einer Ursache aus gesehen, die auf etwas hinzielt. Wenn
es vorauswirken heißt, so ist offenbar damit verstärkt, daß in diesem
Wirken ein Weit-nach-vorne-Blicken gelegen wäre, eine Art Providenz.
Nur der wirkt voraus, der weit vorgreift und voraussieht. Nehmen wir das
mit ,sende nicht aus' zusammen, also mit jener Weisung von Jesus an die
Apostel: „Gehet hin in alle Welt und lehret sie". Dann sehen wir sofort, wie
durch den mit Negation versehenen Imperativ eine bestimmte Mission, ein
Auftrag, eine bestimmte Botschaft widerrufen wird.
Bevor wir uns dem dritten Ausdruck ,steh herein' zuwenden, sollten
wir vorgängig beachten, daß das Wort ,steh' hier als ein Einwortvers, ja als
ein Einsilbenvers erscheint. Jeder Leser, der hört, weiß, daß einsilbige
Verse so lang sein können, wie Vielsilbige- oder Vielwortverse. Sie haben
das rhythmische Gewicht eines ganzen Verses zu tragen. Wenn ,steh' als ein
Celans Schlußgedicht 63
Als Waltendes ist etwas allpräsent und als Gründendes ist es das letzte,
unter dem kein weiterer Grund mehr ist. Es ist bis zuletzt und überall
nichts. ,Durchgründet vom Nichts' erhöht also die Präsenz und das Prä-
senzgewicht des Nichts, das für keinen anderen Grund Grund läßt. Das
Nichts ist Grund und Gegenwart zugleich. - Die Fortsetzung ,ledig allen
Gebets' ist eine überraschende Fügung. Man muß an ,ledig allen Gepäcks'
denken, d. h. ledig all dessen, das einem wie eine Last zu schwer war und
was einen drückte. Als solche Last erscheint hier das Gebet, eine Last, die
er nicht mehr schleppen konnte und abgeworfen hat. Hier wird also der
Anruf an denjenigen, von dem ehedem die Verkündigung der frohen
Botschaft von dem wiederkommenden Erlöser durch die Welten ging,
soweit zurückgenommen. Zwar wird er immer noch — wie etwas Unum-
gängliches, das hereinsteht - angeredet und angenommen, aber da ist keine
Erwartung darin, wie sie in dem Anruf des Gebets liegt und das Gebet wie
Zuflucht um Hilfe und Heil suchen läßt.
Die Strophe fährt fort ,feinfügig, nach der Vorschrift, unüberholbar'.
In ,feinfügig' haben wir wieder die Verschmelzung von zwei verschiedenen
Bedeutungsrichtungen. Man hört in feinfügig nicht so sehr feinfühlig - das
klingt höchstens von Ferne an - , vielmehr spielt die Bedeutung zwischen
zwei stammverwandten Worten ,gefügig' und ,feingefügt'. Beide Bedeu-
tungen klingen an. ,Feingefügt' liegt gleichsam obenauf. Aber zweifellos ist
auch ,gefügig' im Spiele. Das lehrt der semantische Zusammenhang mit
dem folgenden: Da ist von ,Vorschrift' die Rede. Gegenüber einer Vor-
schrift ist man gefügig. Das ist schließlich ein Ausdruck für Gehorsam. So
folgt man einer Vorschrift, und zwar einer unbequemen. In ,fein' liegt aber
auch eine Art von Willigkeit und Einsicht. - Bei dem nächsten Ausdruck
,nach der Vor-Schrift' hat Celan es für nötig befunden, dem Leser durch
Interpunktion zu helfen. Wenn Vorschrift durch einen Zwischenstrich
,Vor' und ,Schrift' voneinander trennt und Vor und Schrift beide großge-
schrieben werden, so ist deutlich, was er damit will. Man soll nicht
überhören, daß darin (in einer gewissen Verkürzung) „nach der Schrift"
liegt. Diese Wendung hat man im O h r , weil sie oft in der Bibel und im
christlichen Kultus wiederholt wird. ,Nach der Schrift' meint durchaus
nicht nur ,wie die Schrift sagt', sondern auch ,wie die Schrift befiehlt'.
Dafür wäre es also nicht nötig, die Vorausstellung der Silbe ,Vor' zu
unterstreichen. Durch den betonten Zusatz ,Vor', der zugleich von Schrift
getrennt bleibt, spielt offenbar ein weiterreichendes Moment hinein. Einer-
seits ist es gewiß eine Vorschrift, das heißt, etwas, dem man gefügig folgen
muß. Das hinzugefügte Wort,unüberholbar', macht das vollends deutlich.
Es ist eine Vorschrift, die immer gilt, die nicht überholbar ist. So klar das
Celans Schlußgedicht 65
ist, ist es doch vielleicht Anlaß, am Beispiel zu verdeutlichen, was ich mit
Gravitation meinte. Wenn man den Text „feinfügig, nach der Vorschrift,
unüberholbar" grammatisch konstruieren würde, dann müßte das
.Unüberholbar' wie ,feinfügig' ein weiteres Attribut zu dem Ich sein, das
feinfügig genannt wird. Es käme also heraus, einer ist nach der Vor-Schrift
feinfügig und ist unüberholbar. Aber es ist doch offenkundig, daß die
Vorschrift selber den Charakter der Unüberholbarkeit hat. Damit gewinnt
Vor-Schrift erst seinen vollen Sinn. Diese letzte Vor-Schrift, die vor aller
Schrift ist, ist eine unüberholbare. Vorschriften, die wie die Gesetze auf
ehernen Tafeln verzeichnet sind, können durch andere Vorschriften über-
holt werden und damit hinfällig sein. Diese Vor-Schrift ,vor aller Schrift'
dagegen ist nicht überholbar. (Allenfalls kann man mithören; weil diese
Vor-Schrift nicht mehr überholbar ist, ist der, der ihr folgt, selber unüber-
holbar. Aber dazu müßte man schon begriffen haben, daß es sich um eine
unüberholbare Vorschrift handelt.) Denkt man Vor-Schrift im vollen
Gewicht, kommt die zeitliche Wendung in ,vor' zum Tragen. ,Vor der
Schrift' meint etwas, das älter ist als ,die Schrift'. Damit ist offenbar eine
Weisung und Wahrheit gemeint, die aller religiösen Überlieferung, wie sie
auf Tafeln verzeichnet ist, noch vorausliegt, mag eine solche auf den Tafeln
des Sinai verzeichnet sein oder in den Evangelien oder im Koran oder wo
immer. Diese älteste Vor-Schrift hat noch höhere Autorität. So, meine ich,
ist die zweite Strophe zu lesen.
N u n folgt die dritte Strophe, die den eingeleiteten Satz zu Ende bringt.
Sie bringt, um mich im Stile der Konstruktion lateinischer Sätze auszudrük-
ken, das Verbum. In Wahrheit hat das Ganze den großen Zug einer
Kantilene, als die das Gedicht im inneren Ohr zum Klingen kommt. Das
Ganze ist nicht nur ein einziger Satz, es ist auch ein einheitlicher Ton, ein
Tonos - nicht eine Aneinanderreihung von mehr oder minder wohlgewähl-
ten Wortelementen, sondern eine Fügung, die die unüberhörbare Einheit
einer Spannung, eines ,tonos' hat. Man kann diese Fügung geradezu
wohlgestimmt nennen, so wie wir von einem Instrument sagen, daß seine
Saiten so gestimmt sind, daß sie den reinen Ton geben. Das ist der bekannte
Sinn von Ton, den Hölderlin in seinen Reflexionen über die Dichtung
anklingen läßt. Der Ton macht das Gedicht. Es ist wahrlich richtig, daß
man den Nichtdichter vom Dichter gerade dadurch unterscheiden kann,
daß er keinen eigenen Ton hat, auch wenn und gerade weil er viele Töne
anzuschlagen weiß. - Diese letzte Strophe des kurzen Gedichtes hat
wirklich Ton, den Ton der Endgültigkeit. Sie hat diesen Ton wieder durch
eine überraschende Wendung. Wenn man hört ,nehm ich Dich auf statt
aller...', dann mag man alles mögliche erwarten, nur das nicht, was
66 Hans-Georg Gadamer
kommt, nämlich ,Ruhe'. Wenn man etwas aufnimmt, dann nimmt man es
als etwas Willkommenes und Zugehöriges auf, das in den Frieden des
Hauses eintritt. Dies Gedicht sagt gerade das Gegenteil. Nicht Ruhe bringt
es, wenn ich Dich aufnehme. ,Statt aller Ruhe' meint offenbar, daß es etwas
zutiefst Beunruhigendes ist, was da hereinsteht und Aufnahme finden wird.
Daß jede nicht tief genug gehende Beunruhigung noch immer verworfen
wird, wird durch das ,statt aller Ruhe' unterstrichen. Was immer in
religiöser Uberlieferung wie Trost und Verheißung gelten mag, gerade das
will ich nicht, sagt das Gedicht. Ich will das aufnehmen, an dem ich nicht
vorbeikomme, weil es hereinsteht. Diese Unruhe soll mir willkommen sein.
Das liegt offenbar in diesen Versen.
Mit Absicht gehe ich so pedantisch von Ausdruck zu Ausdruck. An
diesen semantischen Elementen kann man nicht rütteln. Von ihnen her muß
schließlich, aus Bedeutungsvielfalt und Klangeinheit, das Gedicht zum
Sprechen kommen, und so wird es gelesen werden können. Niemand kann
ja ein Gedicht lesen, wie es gelesen sein will, es sei denn als innere Stimme
für das innere O h r . Das aber kann ein jeder Leser nur, wenn er verstanden
hat.
Versuchen wir zu verstehen. Man kann auch hier fragen, ,wer bin ich,
wer bist Du'? Man kann das wohl bei jedem Gedicht Celans fragen, ja,
vielleicht bei jedem Gedicht, auch wenn im Text kein ,ich' vorkommt und
kein ,du'. Immer gibt es das sprechende Ich und das angesprochene Du, das
sich im Ich erkennt. Aber hier kommt Ich und Du im Text vor. Was sind
sie? Ein alter hermeneutischer Grundsatz sagt - schon Schleiermacher hat
ihn entwickelt —, daß ein Text, der offene Fragen hinterläßt, aus einem
größeren Zusammenhang heraus Eindeutigkeit gewinnen kann. Man sollte
sich eingestehen, daß man hier solcher Hilfe bedarf. Dieser Text kann in
vielen seiner Wendungen und Anspielungen auch anders gelesen werden.
,Wirk nicht voraus, sende nicht aus', kann man fast wie Marc Antons ,in te
ipsum' verstehen, als Selbstanrede und Mahnung zur Einkehr in sich selbst.
Auch so verstünde man, was das Gedicht sagt, daß jede Berechnung auf
Wirkung abgewiesen wird. Warum könnte es nicht ein Selbstgespräch sein,
so daß das Ich zu sich selbst D u sagt? - Zwar würde ich nicht so weit gehen
können, diese ersten Wendungen: „wirk nicht voraus, sende nicht aus", so
zu verstehen, als ob der Dichter in seiner Selbstanrede sein Dichten und
sein Gedicht meinte. Aber daß es an sich denkbar wäre, daß jemand zu sich
sagt: lerne erst schweigen, ehe du sprichst, würde ich gewiß nicht leugnen.
Es ist ein trefflicher Rat, den man jedem immer wieder geben kann und vor
allem dem, der schreibt. Aber das steht nicht da. Einleuchtender schiene
mir eher, solche Selbstanrede überhaupt nicht auf eine bestimmte Wirksam-
Celans Schlußgedicht 67
keit hin zu verstehen, sondern, wenn schon als Selbstanrede, dann auf
jedermann, auch wenn einer nicht schreibt. — Aber ist es überhaupt eine
Selbstanrede? Suchen wir nach Kriterien. Eines der bewährtesten Kriterien
ist der Kontext. Hier hilft uns die Tatsache, daß wir ein von Celan selbst
noch komponiertes Buch vor uns haben, an dessen Ende das Gedicht steht.
So enthält der Zusammenhang eine sehr eindeutige Aussage. Es geht ein
Gedicht voran, das heißt ,Du sei wie Du'. Dort steht geradezu: „als ich das
Band zerschnitt zu Dir hin". Das sind Worte, die, ob sie nun aus der
Erfahrung des Dichters oder aus der Erfahrung eines jeden Menschen
gesprochen sind, kaum, als die Erfahrung vom ,Zerschneiden des Bandes
zu Dir hin', auf Trennung zwischen Menschen zu beziehen sind. Sie
betreffen jedenfalls als erstes das Verhältnis zu Gott. Eine so genaue
Anweisung, die den Zusammenhang gibt, können wir für das Schlußge-
dicht nicht ausklammern.
Natürlich gibt es hier noch andere Kriterien. Für jedes Verstehen ist die
innere Stimmigkeit entscheidend, das heißt die Frage, bei welcher Auffas-
sung die meisten Bedeutungs- und Klangelemente eines Gebildes sich an
ihrer Stelle als tragend erweisen. Auch die wissenschaftliche Interpretation
kann keinen größeren Ehrgeiz haben. Alle Beiträge, die sie zu leisten
vermag, müssen sich in ein genau artikuliertes Hinhören zurückverwandelt
wiederfinden. Wenn ich von diesem Begriff von Kriterium ausgehe, versu-
che ich zu sagen, warum man hier so verstehen muß, wie ich nahelege. Ich
möchte an einen Vers von Gottfried Benn erinnern: „Die wenigen, die was
davon erkannt". „Was denn?" fragt Benn. Seine Antwort lautet: ,vom
Satzbau.' Ich möchte hoffen, daß meine bisherigen Erläuterungen dieses
Celan-Gedichtes das etwas zynische Wort mit Inhalt erfüllt haben. Von
diesem Satzbau etwas Erkennen, heißt: Verstehen, wie Klangelemente und
Bedeutungsträger zu einem Ganzen zusammenstehen.
Wir sind also bereits einen Schritt weiter, als ihn die allgemeine
Methodentheorie der Hermeneutik zu verzeichnen wußte — ich meine die
Vielheit der möglichen Interpretationshinsichten. August Boeckh hat in der
Nachfolge von Schleiermacher vier solcher Hinsichten, die grammatische
Interpretation, die generische Interpretation, die historische Interpretation
und die psychologische Interpretation unterschieden. Zwar bin ich der
Meinung, daß diese vier Interpretationshinsichten durchaus der Erweite-
rung fähig sind, und glaube zum Beispiel, daß der Strukturalismus eine
solche Erweiterung darstellt, sei es für die mythischen Inhalte, ζ. B. die
griechische Tragödie, sei es für das Verständnis der dichterischen Sprachge-
staltung. Auch ich selber habe mich bemüht, in methodischem Vorgehen
mit der Semantik einzusetzen und die Syntax gleichsam erst daraus hervor-
68 Hans-Georg Gadamer
gen, die wir an der Sprachkunst machen, hat sich (mit wesentlichen
Änderungen freilich) das gleiche zeigen lassen. Das ist der eine Bruch, an
den wir uns bereits gewöhnt haben. Es war, wie ich meine, der Bruch mit
dem Bildungsbewußtsein des Historismus und seiner Nachahmungsselig-
keit. Und wenn es auch Werke von Qualität, ja von klassischer Art sind
und wenn es auch schöne Bilder und schöne Gedichte sind, an denen wir
festhalten und die uns weiter begleiten, so ist doch die Entwicklung des
20. Jahrhunderts in die Richtung gegangen, daß diese Formen trostreicher
Versöhnung des Verderbens (um einen Hegeischen Ausdruck zu gebrau-
chen), die uns die Kunst verhieß, im Schaffen heutiger Kunst nicht mehr
überzeugen.
Hieran schließt sich der zweite Bruch, von dem Celan in seiner Büch-
ner-Rede besonders eindringlich gesprochen hat, der aber in unser aller
Bewußtsein erwacht ist. Es ist nicht nur die Abnutzung unseres mythischen
Vorstellungsinhaltes durch das Bildungsbewußtsein einer zu Ende gehen-
den bürgerlichen Epoche, das so tiefe Veränderungen heraufgerufen hat.
Darüber hinaus ist es ein Erschrecken über die Unkraft dieser Bildungs-
welt, was uns angesichts der neuen Barbarei des 20. Jahrhunderts überfallen
hat. Damit ist auch in das dichterische Sprechen eine neue Art von
Intensität gekommen, vergleichbar der gesteigerten Intensität der Farben
und Farbkontraste, der Töne und Tondissonanzen. Zwar ist in allen
Gestalten von Kunst immer etwas von Zeugenschaft für eine heile Welt,
aber doch auch etwas wie Mißtrauen gegen zu leichte Versöhnungen, eine
Art Glaubensunwilligkeit. Das scheint mir der eigentliche Hintergrund in
Celans poetischem Schaffen und findet in dem Gedicht, von dem wir
ausgehen, geradezu wörtlichen Ausdruck. Das Harmoniepostulat, das wir
bisher in allen begegnenden Sinnverhüllungen als sichere Sinnerwartung
aufrechterhalten, hat sich entzogen. Sinnverhüllung wird in einem
Zustande von Erwartung bejaht, in dem Auflösung solcher Verhüllung,
Wendung zu einer neuen Harmonie, nicht mehr vorausgesetzt werden. Es
ist ein Zusammenbruch von Sinnerwartung, der ein Standhalten ohne
Vorauswirken und Glauben an ein Heiles ist, was in dem Gedicht, von dem
wir ausgingen, seinen dichterischen Ausdruck gefunden hat. Ein solches
Gedicht, das obendrein an dem ausgezeichneten Punkte von Celans dichte-
rischem Schaffen steht, den ich angedeutet habe, empfängt seine letzte
Aussagekraft am Ende gerade dadurch, daß es bis an den Rand des Stehens,
bis an den Rand des Nicht-mehr-Standhaltens vorgedrungen ist, an dem der
Dichter von uns gegangen ist.
BERND WITTE
„Trümmer und Poesie" - unter diesem Titel hat Czeslaw Milosz das
Entfremdungssyndrom der Uberlebenden nach Jahren von Krieg und
Völkermord am Beispiel der polnischen Nachkriegslyrik diagnostiziert. 1 Im
deutschen Sprachraum läßt es sich vor allem an der künstlichen Erneuerung
klassizistischer Traditionen ablesen, die das historische Chaos nicht zu
Wort kommen lassen, indem sie es in des Wortes eigentlicher Bedeutung
verdrängen. Die Jahre zwischen 1945 und 1955 sind in der deutschen Lyrik
die Epoche eines sich modernistisch gebärdenden Klassizismus. Die späte
Blüte des Naturgedichts in Wilhelm Lehmanns und Elisabeth Langgässers
Werk gehört ihr ebenso an wie die den antiken Mythos beschwörende
Formkunst Gottfried Benns und der sozialistische Traditionalismus seines
Zwillingsbruders und Gegenspielers Johannes R. Becher. Den Gedichten
all dieser Autoren ist ihre Fluchthaltung gemeinsam. Es hat ihnen die
Sprache verschlagen, die dem verstörenden historischen Geschehen ge-
wachsen wäre. Statt dessen preisen sie um so eindringlicher mythische Er-
satzrealitäten, die Natur, die Kunst, den Sozialismus, deren harmonische
Ordnungen als Wunschbilder und Gegenwelten der verdrängten geschicht-
lichen Katastrophe erscheinen.
Unerkannt, weil durch das zum kanonischen Vorbild erhobene „abso-
lute Gedicht" Bennscher Prägung in seiner Eigenart verdeckt, tritt gegen
Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre eine ganz neue Art des
lyrischen Sprechens hervor. Günter Eich und Peter Hüchel, die den Krieg
als Soldaten in vorderster Front am eigenen Leib erfahren haben, Ingeborg
Bachmann, deren frühe Kindheit der Krieg zerstört hat, Paul Celan, unter
dem Schock von Ghettoisierung, Zwangsarbeit und der Ermordung seiner
Eltern und Freunde, schreiben Texte, in denen Bildsprache und lyrische
Verfahrensweise der literarischen Moderne fruchtbar gemacht werden für
die Erinnerung an die leidvollen Erfahrungen der jüngsten Geschichte. Das
hermetische Gedicht, wie es in der Nachfolge Baudelaires und Mallarmes
2 Paul Celan: Gesammelte Werke. Frankfurt 1983. l . B d . , S. 18. (Diese Ausgabe künftig
zitiert als: G W . )
3 Charles Baudelaire: CEuvres Completes. Ed. Claude Pichois. Paris 1961. S. 25 f.
74 Bernd Witte
Meer". Hier bereits zeigt sich, daß die „natürliche" Identifikation von Haar
und Meer, auf der Baudelaires Gedicht beruht, keine Gültigkeit mehr
besitzt. Wie ein Menetekel hängt das Haar überm Meer. Der Grund hierfür
wird in den nächsten Zeilen genannt, die einen verborgenen Hinweis auf
Biographisches enthalten. Mit den Worten „wo zuletzt ich geschleift ward
gen S ü d e n . . . " wird daran erinnert, daß Celans Eltern bei der Besetzung
der Bukowina durch deutsche Truppen in ein Konzentrationslager am
„südlichen Bug" - so in dem Gedicht „Nähe der Gräber" - verschleppt und
ermordet wurden. 4 Celans frühe Gedichte sprechen ganz offen von diesem
Verbrechen. Sein eigentliches, von ihm selbst auch später noch anerkanntes
Werk beginnt aber erst dort, wo es ihm gelingt, sein Leiden an dieser
zugleich biographischen und historischen Katastrophe in der Sprache der
hermetischen Lyrik zum Ausdruck zu bringen.
Hier spricht er mit dem „du", wie in vielen seiner frühen Gedichte, die
ermordete Mutter an. Ihr Haar ist weiß geworden - ein Hinweis auf ihr
Leiden, aber auch auf das einsetzende Vergessen, dem der Dichter entge-
genwirkt, indem er der Mutter im Gedicht gedenkt, ihr Haar „steinblau"
färbt, ihm also die Farbe gibt, die es bei Baudelaire gehabt hatte. Für ihn ist
es zugleich die Farbe der Heimat, aus der er verschleppt wurde. Durch die
Erinnerungsarbeit seines Gedichtes gibt Celan so der Toten eine utopische
Menschlichkeit wieder, die ihr durch das geschichtliche Verbrechen geraubt
wurde, und zugleich restituiert er die „schöne" Sprache der Dichtung, die
durch dieselben Ereignisse verblaßt ist. War doch das „Meer mit dem
goldnen Wacholder", das als Zeichen für die symbolistische Dichtung eines
Baudelaires mit ihren Synästhesien einsteht, weiß geworden „mit" dem
Haar.
In den Zeilen vier bis acht evoziert Celan die Geschichte seiner Beru-
fung zum Dichter. Zunächst spricht er von der Todesdrohung und der
Verlockung, die von seinen Peinigern ausgeht - man wird das „sie" hier
durchaus mit den Deutschen identifizieren dürfen. Der Dichter soll „übers
Meer" kommen, demnach der toten Mutter folgen, deren Haar schon
„überm" Meer hängt. Selbstvernichtung also ist die Verlockung, der ihn die
deutschen Sirenen mit ihrem Gesang aussetzen. Ihr aber entgeht der
Dichter, indem er aus eigener Initiative in See sticht. Diese Seefahrt, die
anfangs als Hadesfahrt ein Bild des Todes ist, verwandelt sich nun zurück in
den uralten Topos, den auch Baudelaire in „La Chevelure" benutzt: das
Dichten als Fahrt auf dem Meer, doch bei Celan nicht aus Lust und hin zu
exotischen Gestaden, sondern angetrieben vom eigenen Leiden - „röchelte
4 G W . 3 . B d . , S.20.
Der zyklische Charakter der Niemandsrose von Paul Celan 75
selbst mir die Brise" — kommt der Dichter seinen Verfolgern zuvor, er sticht
in See, fährt auf den Tod zu, aber er tut dies im Gedicht. Folgerichtig heißt
es in der nächsten Zeile: „Ich sollte sie rot dir nun färben, die Locken", das
bedeutet, ihnen die Farbe des Blutes geben, die die Erschießung der Mutter
verlangt. Statt dessen gibt ihnen der Dichter die Farbe der Heimat: „stein-
blau". So kann das Gedicht mit den beiden Schlußzeilen in seinen Anfang
zurückkehren: Das Haar der Ermordeten — hier ist die ursprüngliche
Metapher auf die Heimatstadt als ganze und ihre Bewohner ausgedehnt -
schwebt über dem Meer, ist aufgehoben im dunklen Gedicht als Erinnerung
an die historischen Untaten und als Warnung vor neuen. Zugleich spricht
das Gedicht jedoch auch über sich selbst, ist Metapoesie, indem es vor-
weist, wie die Tradition der hermetischen Lyrik transformiert wird, um sie
zum Medium der Reflexion über die Leiden des Menschen in der
Geschichte zu machen.5
Diese grundlegende Uminterpretation, diese Negation der schönenden,
die Menschen und Dinge mit einer Aura umgebenden Ausdrucksform liegt
allen dunklen Gedichten in den fünfziger und frühen sechziger Jahren
zugrunde. Die Aufnahme sehr konkreter, historischer Erinnerungsfrag-
mente in ihren Text läßt sie unverständlich erscheinen und nötigt so den
Leser zu eigener textkonstituierender Arbeit und damit zur Auseinander-
setzung mit der verdrängten Geschichte. Diese Tendenz der dunklen Lyrik
erhält in Celans wichtigstem Gedichtband Die Niemandsrose von 1963 eine
neue Qualität. Auf Grund seiner Geschlossenheit und der engen Zusam-
mengehörigkeit seiner Motive ist dieser Band schon immer als Einheit
verstanden worden. Marlies Janz hat sie als „Antibibel" auf den Begriff zu
bringen versucht.6 Doch verkennt man den zyklischen Charakter der
Niemandsrose, wenn man ihn ausschließlich inhaltlich definieren wollte.
„Aufmerksamkeit", dieses „natürliche Gebet der Seele"7, läßt hinter der
5 Wenn man die Zäsur verkennt, die das Dritte Reich für die dunkle Lyrik darstellt,
mißversteht man ihre ureigensten Intentionen. Als Beispiel nur einige Zeilen aus der
Monographie von Winfried Menninghaus (Paul Celan. Magie der Sprache. Frankfurt 1980),
in denen von dem hier interpretierten Gedicht die Rede ist: „Indem die extrem betonten
Farbprädikationen (Attribuierungen) in ebenso extremer Resistenz gegen eine Aneignung
durch argumentative semantische Begründungslogik verharren und wie erratische Blöcke
aus dem Fluß des Textes herausstehen, lenken sie Schreiben und Lesen aus der Fixierung auf
ein sie .dechiffrierendes' Für-Anderes-Sein der Worte auf eine ,Aufmerksamkeit' (Me 18)
gegenüber ihrem Für-Sich-Sein." (S. 183) Solche Sätze unterlegen, die eigene Weigerung zu
verstehen dem Gedicht selber, so daß die Texte Celans schließlich nur noch als „nicht-
instrumentelle ,Gespräche' von Farben" erscheinen (S. 184).
6 Marlies Janz: Vom Engagement absoluter Poesie. Frankfurt 1976. S. 129.
7 So Malebranche, von Paul Celan im „Meridian" nach Walter Benjamins Kafka-Essay zitiert.
In: GW. 3 . B d . S. 198.
76 Bernd Witte
Schrift der einzelnen Gedichte andere Texte hervortreten, auf die sie sich
beziehen, besser noch: läßt einen anderen Text hervortreten. Dieser Tatbe-
stand ist nur unvollständig beschrieben, wenn man kommentierend die
vielfachen Zitate und Anspielungen aufhellt und Celans Text als Reinter-
pretation seiner Quellentexte begreift. Vielmehr haben diese auffälligen
Bezüge - wie auch die Widmung des Bandes „Dem Andenken Mandel-
stamms" — Zeichencharakter. Sie verweisen darauf, daß das einzelne
Gedicht nur Fragment eines einzigen großen Textes ist. Diesen gilt es zu
lesen.
Schon das Eingangsgedicht eröffnet der vielfachen, geduldig wiederhol-
ten Lektüre eine verwirrende Vielfalt von Perspektiven: „Es war Erde in
ihnen, und / sie gruben. // Sie gruben und gruben, so ging / ihr Tag dahin,
ihre Nacht". 8 Sicher, wie Marlies Janz meint, ein Einsatz, der die Schöp-
fungsgeschichte der Genesis beschwört: die Menschen gemacht aus Lehm,
und nach ihren Ursprüngen suchend.9 Aber auch, Joachim Schulze verweist
darauf, die Anspielung auf eine zentrale Metapher der deutschen Romantik,
in Novalis' Heinrich von Ofterdingen gestaltet oder in Brentanos Früh-
lingsschrei eines Knechtes aus der Tiefe: der Weg des Dichters nach innen,
dargestellt im Tun des in die Tiefe grabenden Bergmanns.10 Dann auch, wie
Jerry Glenn betont hat11, durch Rhythmisierung und durch syntaktische
Gestaltung Erinnerung an eines der zentralen Gedichte von Celans eigenem
Frühwerk, an die Zeilen der „Todesfuge": „wir trinken und trinken / wir
schaufeln ein Grab in den L ü f t e n . . . " und damit Erinnerung an die
Judenvernichtung und an die eigene Zwangsarbeit mit der Schaufel, von der
Israel Chalfen berichtet.12 So opak wie das Subjekt des Satzes, das „sie", das
die Menschen, die Dichter, die Juden einschließt, wird der Text selber.
Hier von Zitaten zu reden, griffe zu kurz. Eher ließe sich schon sagen, der
Text bezieht sich auf die Tradition, die viele, virtuell eine unendliche Menge
von Texten einbegreift. Und wo bleibt in all dem der Dichter Celan? Auch
die Antwort auf diese Frage ist noch im Eingangsgedicht der Niemandsrose
enthalten, dessen dritte Strophe mit der Zeile endet: „und das Singende dort
sagt: Sie graben." Auch in diesen Worten verbirgt sich das Wort eines
anderen, Ossip Mandelstamms, in dessen programmatischem, von Celan
übersetzten Gedicht „Der Hufeisenfinder" der Satz zu lesen ist: „Was ich
jetzt sage, sage nicht ich, / sondern es ist ausgegraben aus der Erde, wie das
schlägt, oder sei es in das mystische der Schechinah, wie Schulze meint,
müßte schon die Emphase warnen, mit der die Mitte des „Psalm" daran
festhält: „Ein Nichts / waren wir, sind wir, werden / wir bleiben, blühend:
/ die Nichts-, die / Niemandsrose." Und so lesen wir denn auch einige
Seiten weiter: „Schwarzerde, schwarze / Erde du, Stunden- / mutter /
Verzweiflung: / / Ein aus der Hand und ihrer / Wunde dir Zu- / geborenes
schließt / deine Kelche".17 Noch einmal wird dem Wort „Erde" damit eine
neue Bedeutung gegeben: Die Erinnerung an das persönliche Leid, an die
Ermordung der Mutter, nimmt der Erde alle Verheißung, schließt die
Blütenkelche, die aus ihr schon in dem frühen Gedicht „Ein Rosenkelch" 18
und dann in der Neuinterpretation der religiösen Formensprache, wie sie
„Psalm" vornimmt, aufgeblüht waren. Erde wird als Zeichen der unheilba-
ren Verzweiflung des Sprechenden zum schwarzen Grund seines Textes. In
ihm spricht sich das Selbstverständnis des Uberlebenden aus, dem die
fraglose Sicherheit der Existenz abhanden gekommen ist. Der angenom-
mene und vorausgenommene Tod ist die schwarze Grundfläche, vor der
alle Farben des Textes verlöschen.
Die Notwendigkeit eines solchen Widerrufs begründet das auf
„Schwarzerde" folgende Gedicht „Einem, der vor der Tür stand", in dem
noch einmal an ein Gebilde aus Erde und Lehm erinnert wird. Der Golem,
eine jener Gestalten aus der Reihe der „weltberühmten Automaten", die
Celan im „Meridian" als Figur der mechanischen Kunst herbeizitiert,
verbündet sich mit den die Sprache mißbrauchenden, kriegerischen Men-
schen. Deshalb die Aufforderung: „Diesem / beschneide das Wort, /
diesem / schreib das lebendige / Nichts ins Gemüt". 19 Der Text muß also,
soll er nicht zu einem mißbräuchlichen Kunstprodukt werden, die Worte
zurücknehmen, sich das Nichts einschreiben und sich dem Schweigen
nähern, das, im Gedicht durch eine Leerzeile repräsentiert, als der „heil-
bringende Spruch" bezeichnet wird. Das impliziert auch eine Uberführung
der Tradition ins Schweigen: „Wirf auch die Abendtür zu, Rabbi. / . . . / "
N u r der Blick auf eine verstümmelte, darf man sagen, noch nicht vollendete
Utopie bleibt erlaubt: „Reiß die Morgentür auf, Ra—." Dieses Abbrechen
mitten im Wort läßt offen, ob der Sprechende nicht gar von seinem eigenen
Kunstprodukt verschlungen worden ist. Ausgegangen von der ersten Zeile
der Niemandsrose, sind wir schon weit entfernt von aller möglichen Ver-
söhnung, die sich dort anzukündigen schien. Der Text, verfolgt man seine
17
GW. l.Bd. S.241.
18
Chalfen, a.a.O., S. 129.
" GW. l.Bd. S.242.
Der zyklische Charakter der Niemandsrose von Paul Celan 79
20 G W . 1.Bd. S.212.
21 Christoph Schwerin: „Bitterer Brunnen des Herzens. Erinnerungen an Paul Celan". In: Der
Monat Nr. 279. 1981 H . 2 . S.77f.
22 G W . 3.Bd. S. 157.
23 G W . 1. Bd. S. 78.
80 Bernd Witte
oder - mit einem Wort Walter Benjamins - einer Tradition, der die Lehre
abhanden gekommen ist.
Welchen Sinn hat dieses im Nahen und Weiten umherschweifende
Sprechen des Dichters? Ich folge noch einmal einigen Worten, die im
Mittelpunkt des Gedichtbandes stehen. Die letzte Strophe des „Psalm"
lautet: „Mit / dem Griffel seelenhell, / dem Staubfaden himmelswüst, / der
Krone rot / vom Purpurwort, das wir sangen / über, ο über / dem Dorn." 27
Auf den zweifachen Widerruf dieser Zeilen im Motiv der „Schwarzerde"
und in der Winterstarre des Hölderlingedichts habe ich schon hingewiesen.
Sie haben aber noch andere Weiterungen: Die christliche Tradition der
Leidensgeschichte klingt an: „O Haupt voll Blut und Wunden, / voll
Schmerz bedeckt mit Hohn, / Ο Haupt zum Spott umwunden / mit einer
Dornenkron." Von Celan im Gedicht „Chymisch" auf die historische
Passion der Juden hin durchsichtig gemacht, zieht sie das Verstummen nach
sich: „Schweigen, wie Gold gekocht, in / verkohlten, verkohlten / Händen.
/ Finger, rauchdünn. Wie Kronen, Luftkronen / um —". 2S Verneint dieser
Abbruch nicht auch den Sinn des Leidens, den es im Sterben des christli-
chen Erlösers, das in dem Bachschen Kirchenlied verklärt wurde, noch
hatte? Es klingt aber auch die Tradition des absoluten Gedichts an, um
dessentwillen der Dichter leidet. Stefan Georges Verse stellen sich ein, die
Nietzsche als „führer mit der blutigen krone" apostrophieren. 29 In welcher
Gesellschaft bewegen wir uns mit Celan? Wir begegnen mit der Niemands-
rose Gottfried Benns „Valse triste": „Rosen, die blühten und hatten, / und
die Farben fließen ins Meer, / blau tiefblau atmen die Schatten / und die
Nacht verzögert so sehr. // Getanzt vor dem einen, dem selten / blutenden
Zaubergerät, / das sich am Saume der Welten / öffnet: Identität-: / einmal in
Versen beschworen, / einmal im Marmor des Steins, / einmal zu Klängen
erkoren: / Niemandes-: Seins! // Niemandes-: beuge, beuge / dein Haupt in
Dorn und Schleh'n, / in Blut und Wunden zeuge / die Form, das Aufer-
stehe "30
Ist das eine der „wildblühenden Kronen", die Celan in „Radix Matrix"
beschwört?31 Sollen wir von da zurückgehen zu der im selben Gedicht
genannten „(Wurzel. / Wurzel Abrahams. Wurzel Jesse. Niemandes /
27 G W . 1.Bd. S.225.
28 G W . 1.Bd. S.228.
29 Stefan George: „Nietzsche". In: Der Siebente Ring. Gesamtausgabe Bd. VI-VII. Berlin
1931. S. 12.
30 Gottfried Benn: Prolog [„Valse Triste"]. In: Gedichte in der Fassung der Erstdrucke. Hrsg.
von Bruno Hillebrand. Frankfurt 1982. S. 273 f.
31 G W . l . B d . S.240.
82 Bernd Witte
32 G W . l.Bd. S.239.
33 G W . l.Bd. S.290.
34 G W . l.Bd. S.219.
35 Bertolt Brecht: Gesammelte Werke in 20 Bde. Frankfurt 1967. Bd. 2 S.536.
36 G W . 2.Bd. S. 165.
37 G W . l.Bd. S.262.
Der zyklische Charakter der Niemandsrose von Paul Celan 83
der Liebe und der Naturmetaphern stand, aber zugleich Erinnerung an die
Schuld, die sein Leben verwandelt hat, die Schuld am Tode der Mutter, der
„Staubfarbenen", die er sich selbst zugemessen hat. So erscheint denn der
Kranich hier schließlich auch als Bote des Todes, als welchen ihn Schillers
berühmte Ballade „Die Kraniche des Ibykus" in die Literatur eingeführt
haben.
„Selbdritt, Selbviert", mit dem wenigen, was ihm geblieben ist, mit der
literarischen Tradition, mit den Toten, mit der eigenen Subjektivität und
mit seiner Wendung zu einem Du wandert der Dichter durch die Texte,
kommt vom Hundertsten ins Tausendste, ohne je irgendwo anzukommen.
Und mit ihm der Leser. Dieses Schreibverfahren wird in den Gedichten des
dritten Teils der Niemandsrose vielfach poetologisch reflektiert: „Die hellen
/ Steine gehn durch die Luft, die hell- / weißen, die Licht- / bringer." 38 „Ein
Wurfholz, auf Atemwegen, / so wanderts, das Flügel- / mächtige, das /
Wahre." 39 Die charakteristischen geographischen Uberblendungen des vier-
ten Teils sind die allegorischen Wegweiser dieser dichterischen Ubiquität:
jenes „Normandie-Njemen-in Böhmen" 40 und vor allem: „Petropolis, der /
Unvergessenen Wanderstadt lag / auch dir toskanisch zu Herzen." 41 Im
letzten Gedicht des ganzen Zyklus wird der Dichter im Exil, nur noch in
der Sprache, im Lied zu Hause, noch einmal paradigmatisch gezeigt, wie er
durch die Luft geht, das Grab der Ermordeten. „Mit ihm / wandern die
Meridiane." 42
Ich breche hier diese wilde Lektüre ab, um zu fragen, wohin dieser
Wandertext, dieses Wandern im Text führt. „Wohin gings, da's nirgendhin
ging?"43 Diese Frage, die das erste Gedicht der Niemandsrose stellt, beant-
wortet der Zyklus, wenn man ihn als Einheit liest. Zunächst geht es
überallhin. Der Text verweigert sich jedweder Ausschließung, knüpft in
seiner vielfältigen Bezugnahme auf die Tradition an alles an, entläßt nichts
aus seinem Gedächtnis. Indem er alle Redeweisen in sich aufnimmt, wird er
zur poetischen Rede, das heißt, zur nicht mehr auf einheitlichen Sinn
festgelegten, anarchischen, wilden Rede. Diese Befreiung hat existenziell
die Vorausnahme des Todes und damit die Nichtigkeit der Welt zur
Voraussetzung. Geschichtsphilosophisch liegt ihr die Erfahrung der Nich-
tigkeit alles Uberlieferten zugrunde. N u r so kann der Text sich allem
38
GW. l.Bd. S.255.
3
' GW. l.Bd. S.258.
40
GW. l.Bd. S.286.
41
GW. l.Bd. S.270.
42
GW. l.Bd. S.290.
43
GW. l.Bd. S.211.
84 Bernd Witte
tung der Menschen mit der Tilgung der Namen, dessen höchster, der Name
Gottes, in der Niemandsrose vielfach negiert wird. Damit widerspricht der
Dichter nicht nur seinem Bruder Mandelstamm, der im „Hufeisenfinder"
gesagt hatte: „Dreimal selig, wer einen Namen einführt ins Lied! Das
namengeschmückte Lied / lebt länger inmitten der andern."50 Er widerruft
vor allem die der jüdischen Sprachphilosophie zugrundeliegende Spekula-
tion über die seinsstiftende Macht des Namens, wie sie etwa das Denken
Walter Benjamins fundiert. Geschichtsphilosophisch gewendet: Wenn das
Judentum sich, nach einem Worte von Heinrich Graetz, „bei seinem
Eintritt in die Geschichte als Negation" des Heidentums darstellt51, so
erweist es sich am Ende seiner europäischen Geschichte, das die Niemands-
rose reflektiert, als Negation der Negation, indem es auch die es konstitu-
ierende Idee des einen Gottes radikal verneint und sich so auf den Unort
zubewegt, „ins Abermals-Helle, das niemand / zu weinen braucht noch zu
nennen".52 Im Medium der sprachphilosophischen Spekulation ist hier als
äußerste Bedingung eines herrschaftsfreien Textes ausgesprochen, daß auch
der Ursprung aller einheitsstiftenden Autorität negiert werden muß, als der
sich Gott darstellt.
Der reine Text vertraut sich ganz seiner Ohnmacht an, nimmt den Leser
mit in sie hinein und deutet sie als Widerstand. Als deren Zeichen gilt in der
Niemandsrose der Baum. „Aber, / aber es bäumt sich, der Baum. Er, / auch
er / steht gegen / die Pest."" Diese als „Envoi" hervorgehobenen Schlußzei-
len von „Eine Gauner- und Ganovenweise" sind eine Reinterpretation
berühmter Verse aus Rilkes „Cornet": „Und er schaut: es bäumt sich. Es
bäumt sich ein Leib / den Baum entlang.. ,"54 Bei dem späteren ist es nicht
mehr die geschändete Kreatur selbst, die gegen den Krieg aufschreit,
sondern der Text, wie ihn Celan zuvor in seinen Variationen des Wortes
„Mandelstamm" durchgespielt hatte. Diese Lesart bestätigt das vorletzte
Gedicht der Niemandsrose, wo die Rede ist „von / einem Baum, von einem.
/ Ja, auch von ihm. Und vom Wald um ihn her. Vom Wald / Unbetreten,
vom / Gedanken, dem er entwuchs."55 Baudelaire, der das Gedicht als
„forets de symboles" bestimmt und Mandelstamm mit der Anfangszeile des
„Hufeisenfinder": „Wir sehen den Wald an und sagen..." sprechen hier
mit.56 Das Gedicht als Baum im Wald des Textes leistet Widerstand. Dieses
50 G W . 5 . B d . S. 133.
51 Heinrich Graetz: Die Konstruktion der jüdischen Geschichte. Berlin 1936. S. 10.
52 G W . 1. Bd. S.255.
53 G W . l . B d . S.230.
Paradoxon läßt sich nur lösen, wenn man es in seiner Negativität ganz ernst
nimmt, das heißt, es versteht als Befreiung des Lesers aus der Sprache der
Macht hin zum eigenen Sprechen.
Die Niemandsrose ist so die Suche nach dem absoluten Buch, das
zugleich das absolute Unbuch wäre. In diesem Sinne hat Celan „Mallarme
konsequent zu Ende" gedacht, wie er im „Meridian" fordert.57 Mit seinem
Text mutet er dem Leser zu, sich selbst auf den Weg zu machen, eigene
Schritte zu tun. Seine Gedichte sind nicht zum Nachsprechen gemacht -
eine Rekonstruktion ihrer Inhalte griffe zu kurz - , sondern zum Neuspre-
chen. Sie wollen den Leser auf den Weg bringen. Deswegen sind alle
Interpretationen verfehlt, die - und das ist die generelle Tendenz der
Forschungsliteratur über Celan - sein Werk zu einer, wenn auch noch so
säkularisierten, Heilsbotschaft und seine Gestalt zum leidenden Dichter-
heros verklären. Da beginnt der Mythos Celan, dem so viele philologische
Interpretationen huldigen und der den Leser, statt ihn zu befreien, in neue
Abhängigkeiten bringt: „sie / logen unser Gewieher / um in eine / ihrer
bebilderten Sprachen", konstatiert er schon in der Niemandsrose.5i In
seinem späteren Werk hat er sich schimpfend, beschwörend, zynisch gegen
diese Mythisierung zur Wehr gesetzt: „und wenn er, // er, // foetal, //
karpatisches Nichtnicht beharft, // dann spitzenklöppelt die / Allemande /
das sich übergebende un- / sterbliche / Lied."59 So stellt sich in Fadensonnen
der Dichter aus den Karpaten gegen seine deutschsprachigen Interpreten.
Und anderswo im selben Band: „Das ausgeschachtete Herz, / darin sie
Gefühl installieren. // Großheimat Fertig- / teile. // Milchschwester /
Schaufel."60 Womit wir an den Beginn der Niemandsrose zurückgekehrt
sind. Die Leerformeln, das Nichts, mit den Fertigteilen der eigenen Ideolo-
gie auszufüllen, wirft der Dichter seinen Interpreten vor. Statt dessen hält
er sich an sein Arbeitsinstrument, insistiert auf dem biographischen Faktum
des erzwungenen Arbeitseinsatzes mit der Schaufel und auf dem dekonstru-
ierenden Aspekt seiner Textarbeit: „Es war Erde in ihnen, und / sie gruben.
// Sie gruben und gruben...".
text # 1
Nachzügler
für Paul Celan
Nach:
Nachgezogen
Nachgezogen die Linie
(Lebens-
und Sterbens-)
die Linie
die keine Handlinie war
Death as a Poetological Problem 89
die Linie
derer
die keine mächtigen Hände hatten II
die keine Hände mehr haben
Linien zu ziehen
Nachgezogen die Linie
derer
die in die Hand
der Mächtigen fielen
derer
die aus der Hand
der Mächtigen fielen
Nachgezogen
der Linie
bis zu ihrem Fall
Dort
zog sie dich nach
from: Erich Fried, Die bunten Getüme (Berlin: Verlag Klaus Wagenbach, 1977).
We can set to work on Erich Fried's text "Nachzügler" by noting the type
of linguistic reduction present here. The negation of the suada of social
intercourse and of the eloquence of many traditional poetic forms is, of
course, characteristic of much modern poetry, the extraordinary contrac-
tion and rarifaction of Celan's late texts being perhaps the most extreme
example of this. But it is necessary to distinguish between different forms of
reduction, and that which we encounter in Fried's text strikes me - despite
the echoes of Celan's Spracbduktus especially in the first stanza - as rather
traditional. I shall call it epigrammatic reduction, by which I mean the
deployment of a restricted linguistic repertoire to achieve the effect of
epigrammatic pointedness. Such pointedness is achieved when the poetic
message is structured as an abrupt logical-semantic reversal, when a term A
suddenly reveals, by virtue of its placement in a slightly altered context,
that it is non-A. This poetic strategy operates with a controlled polysemy:
terms do not have the opalescent quality that characterizes symbolist lyric
nor the disarticulating or disseminative quality of experimental writing.
Rather, their polysemy is deliberately reduced to a limited set of circum-
scribed meanings which entertain easily discernible logical relations of
contrariness or contradiction with one another. Such reduction is the
precondition of pointedness.
90 David Ε. Wellbery
after. Thus, in its first several uses nach implies the discreteness of temporal
separation; to trace out in poetic writing the life- and death-line of the
victims of genocide is to be separated from that life and death by a temporal
gap. In this interpretation of Celan's poetic activity, the murders in the
concentration camps are held at a distance from the act of writing itself;
they have the status of a thematic content. But, as the verb nachziehen shifts
to the meaning of 'follow behind,' this temporal separation is overcome:
nach no longer implies the relation of two discrete moments such that one
could be thematized from the standpoint of the other, but rather a relative
positionality within a single directional process. In this way, the activity of
writing takes on the existential dimension of choosing to share in a path of
life and death, the path of the victims. With the use of the verb in the final
line, this unity of process is maintained, but nach reverses its directionality,
a reversal which is accompanied by a radical change of agency, nach no
longer reaches, as it were, from the later to the earlier phase of the process,
but just the opposite: the earlier phase, having assumed the role of agent,
reaches toward the later moment and pulls it after it. Across this series of
semantic reevaluations, then, Celan's writing is brought into ever greater
proximity with the historical catastrophe which at first seemed separable
from it as a discrete theme. The poet's work, his death and the deaths of the
millions before him are finally seen to be part of the same overriding event.
This should not be interpreted as implying a psychological statement about
Celan and the conditions of his death, as if the poet had become delusively
entangled in his own poetic themes. The point - and it is a didactic point
worth thinking about - is rather historical: the holocaust has not stopped, it
is not temporally discrete. Erich Fried has given us a demanding task of
reflection: to think Celan's poetry and Celan's death as themselves part of
the history of terror.
text Φ 2
Kind keiner
Jahreszeit,
sondern des wittrigen
Rätsels von j e . . .
Sommer . . . gegönnter . . .
So dieser, überm
Gottesgerippe flammender
oder der schmierigen
Seine.
92 David Ε. Wellbery
Das Meine
ist als das Meine
ungequält
ans Allgemeine, ihr Nachbarn,
unser Leben und Sterben,
Sterben und Leben
gegeben.
Denn manches
reimt sich.
from: Ernst Meister, Sage vom Ganzen den Satz (Darmstadt und Neuwied: Hermann
Luchterhand Verlag, 1972).
einem Schwann von Nachrufen. Kurz, Hölderlin hatte vor 127 Jahren das
Zeitliche gesegnet, Celan war in die Seine gegangen... Seine ist ein verführeri-
sches Wort, es läßt sich auch deutsch aussprechen. Ich habe verwegen >das
Meine< darauf gereimt (das Meine prinzipiell und überhaupt), beziehungsweise
das Allgemeine.
These relations, and the relations that obtain between them are not stable,
that is, their terms do not remain discrete and circumscribed, like positive
entities, but continuously slip into one another. And the medium in which
this slippage takes place - or we might better say: the very movement of this
slippage - is poetic language, thematized here in the final line pair: Denn
manches / reimt sich. Poetic language is, as rhyme, the movement through
which such categorical differences as voice/writing, life/death, individual/
universal, gain of self/loss of self are at once brought forth and effaced. I
want to stress that this movement, although Meister considers it with all the
rigor of the concept (ich begriff etwas), is not a synthesis; it is not a question
here of subsuming individual differences beneath a notion, but rather of an
indifference which is itself the very movement of differentiation.
Let me try to bring this movement into somewhat closer focus. The
graphic signifier /Seine/ stands in a syntactical construction which modifies
dieser, dieser Sommer as an example, a Beispiel of the class Sommer ...
gegönnter. This class embraces those times in which poetic speech is
possible, as the Hölderlin text here being alluded to indicates. The summer
which the gods allow the poet in Hölderlin's text is a time of delay, a
postponement of death, which both opens up the space of poetic speech and
at the same time sets that speech into an irreducible relation with the poet's
death. Indeed, it can be said that the completion of the poetic statement is
that death which the final lines of his text evoke. An economy is operative
here: the poet buys the time of his accomplishment, which is also the
94 David Ε. Wellbery
accomplishment of his poetic identity, but at the price of the death which
effaces his identity. It is this economy which is radically condensed in the
allusion to Celan, dieser (Sommer)... der schmierigen Seine is, by virtue of
the deixis, the present moment of poetic speech, but at the same time the
moment of the poet's death. The very moment in which the poet enters into
his own, appropriates his poetic identity in the activity of speech, he divests
himself of his propriety, relinquishes his identity in death. Precisely this is
the force of the uncanny graphemic rhyme: /Seine/ - /Meine/. Legible
within the possessive pronouns is that which annihilates self-possession, the
schmierige river, the poet's death.
The crux of the problem - line four calls it a Rätsel - has to do then with
the relationship of the individual, as that particular identity which can say
das Meine, to a language which, in the very moment it allows that
statement, disallows it by displacing individual identity onto a universal
plane - das Allgemeine - on which individuality is effaced. Perhaps the
most interesting linguistic expression of this crux is to be found in the
system of personal pronouns and the related deictic indicators, which
function as the link between the speaker, in his particular corporeality, and
the linguistic system considered as code, that is, as a set of generally
applicable rules. One of the great linguists of our century has described this
class of signs as follows:
There is no concept " I " that incorporates all the I's that are uttered at every
moment in the mouths of all speakers, in the sense that there is a concept "tree"
to which all the individual uses of tree r e f e r . . . Could it then be said that I refers
to a particular individual? If that were the case, a permanent contradiction
would be admitted into language, and anarchy into its use. H o w could the same
term refer indifferently to any individual whatsoever and still at the same time
identify him in his individuality? We are in the presence of a class of words, the
"personal pronouns," that escape the status of all the other signs of language.
Then, what does I refer to? To something very peculiar which is exclusively
linguistic: / refers to the act of individual discourse in which it is pronounced,
and by this it designates the speaker... It is in the instance of discourse in
which I designates the speaker that the speaker proclaims himself as the
"subject." And so it is literally true that the basis of subjectivity is in the exercise
of language. If one really thinks about it, one will see that there is really no
other objective testimony to the identity of the subject except that which he
himself thus gives about himself. (Emile Benveniste, Problems in General
Linguistics, trans. Mary Elizabeth Meek, Coral Gables, Florida: University of
Miami Press, 1971, p. 226.)
subject, only through the use of the I marking the subject of speech. In this
regard, Benveniste's analysis confirms what was said above regarding the
issue of self-appropriation. Second, the dynamism or lability that is charac-
teristic of the I: the personal pronoun cannot be conceptualized solely
within the framework of the linguistic system, but rather is that element
which allows for the conjuncture of the linguistic system (langue) with
individual speech (parole). In other words, the I conceals beneath its
simplicity of form, its apparent substantiality, a movement which at once
differentiates and correlates the moments code and utterance. For this
reason, Jakobson, whom Benveniste follows here, classified the personal
pronouns as shifters; the shifting movement of the I is that oscillation I
described above as slippage. Third, Benveniste's analysis discloses,
although he does not make it explicit, a relationship between the personal
pronoun and temporality. The subject constitutes itself as the subject of this
present act of discourse; that is, the present of the subject is not a phase
within a natural chronology which could be measured from the outside, but
rather emerges only within speech itself, within the space opened up by the
act of speech and as the present of the act of speech. But this present is not
singular: it is rather repeatable, and is indeed repeated each time that the
meaning " I " is actualized. Thus, the subject appropriates itself as subject
through an act that exceeds the lived moment, that is repeatable even in the
absence of the subject. The subject is constituted in an act which sets it into
relation with its own absence, an act in which the death of the subject is
inscribed. This point has been elaborated by Jacques Derrida in the Husserl
study I cited at the beginning of this paper:
text # 3
Das zu
Erfahrende, das zu
Verhandelnde heißt
I C H und ist
beim Messen des Menschen
ein Beispiel,
über dem selben Versuch
von Toten gebaut.
In the poem we are dealing with ( # 2) the exchange runs from the participle
gegönnter to the participle gegeben. Poetic identity - das Meine - is
achieved in a movement which gives over that identity to das Allgemeine
and which aligns Meister with Hölderlin and Celan (although one might
indeed question the significance of these proper names here) in a relation-
ship which is not merely sequential: Nachbarn suggesting at once spatiality
and, in a somewhat more speculative reading, repeatability, Nach-bar. As
the tense form (ist ... gegeben) indicates, this giving-over of subjective
identity, the death of the poetic subject, is not an eventuality that follows
upon speech, but rather is, as a structural moment, simultaneous with the
act of speech itself. In this connection, let me call attention to text # 4 ,
which first appeared in 1969 and which develops several of the issues raised
here in a manner that confirms, I believe, my reading.
text # 4
Wir hatten
Spielwerk,
wir hatten, von Namen,
Tod, den
unerlebbaren Punkt, wir
hatten Sprache - aber
gab es Wir?
Death as a Poetological Problem 97
Es gab
aus einer Begattung,
aus Ich und Ich ein
Drittes, ein
Allgemeines w o m ö g l i c h ;
wärs der Verlust?
(from: Ernst Meister, Im Zeitspalt, Darmstadt und Neuwied: Luchterhand Verlag, 1976).
In particular note, the final stanza, in which das Spielwerk Sprache, in the
moment it detaches itself from the subject, condemns the subject to
mortality. The mouth of language, which at once terrifies and displaces
(mich entsetzend) the subject, is the non-being of the subject, its absence or
death, which the pact with language guarantees. The Lust implicit in
Begattung cannot be distinguished from Verlust; the birth into language is
necessarily a death as well.
The movement enacted in Meister's text, I suggested earlier, is the very
Rätsel mentioned in the first strophe, and indeed, I believe this strophe can
be read in terms of the issues developed through reference to Benveniste
and Derrida. Kind keiner / Jahreszeit, - the child born here (recall Begat-
tung in text # 4) is not a natural entity, does not emerge out of the organic
sequence of Jahreszeit(en), but rather out of a temporality that combines a
perennial character, an Immer schon, with the individuality of the moment.
The peculiar character of the je, in other words, is that it both universalizes
and specifies, that is, oscillates between the temporal meanings "all time"
and "this particular time." Such is the Rätsel of temporality from which the
Kind of line one is born. But this is as well the temporal structure of the
personal pronoun, which specifies the present moment of speech only by
referring it to a series of repetitions which is, ideally speaking, infinite. The
je of line four enacts the same interlingual or graphemic rhyme as Seine/
Meine, constituting an Ich in the oscillation between temporal and prono-
mial, German and French readings. Again, the internal metacommentary of
the final strophe is precise and accurate: Denn manches / reimt sich.
1 Vgl. Anhang S. 1 0 8 - 1 1 2 . Bd. 2,1 S. 11 und 12 edierter Text; beigefügt sind die zugehörigen
Apparate Bd. 2,2 (hier nicht paginiert).
Während der Drucklegung des Referats, das hier in seiner ursprünglichen Form belassen ist,
wurde im Zuge einer Umgestaltung der organisatorischen Voraussetzungen auch das
Schema der Bandeinteilung für die kritische Ausgabe geändert, insbesondere mit Rücksicht
auf eine nach sachbedingt langer Vorbereitungszeit möglichst zügige Erscheinungsweise der
einzelnen Bände. Dem neuen Konzept gemäß sollen die einzelnen Gedichtsammlungen, wie
sie von Celan publiziert wurden, sowie die unveröffentlichten und verstreut gedruckten
Gedichte nebst Prosa und Reden nunmehr in vierzehn Doppelbänden, möglichst in
jährlicher Folge, erscheinen. Zunächst sind, die weitere Finanzierbarkeit des Projekts
vorausgesetzt, die Bände Atemwende und Fadensonnen mit den zugehörigen Apparaten zur
Veröffentlichung vorgesehen. Die reproduzierbaren Typoskripte hierfür sind inzwischen
fertiggestellt. Die wenigen und nicht immer präzis wiedergegebenen Beispiele aus dem
Apparat zum Zyklus Atemkristalle, die H.-G. Gadamer inzwischen veröffentlicht hat,
geben kein angemessenes Bild der Handschriftenlage.
2 Vgl. etwa P . H . Neumann, Zur Lyrik Paul Celans, Göttingen 1968; bes. Kap. 1; 3; 5.
J. Schulze, Celan und die Mystiker, Bonn 1976. G.-M. Schulz, Negativität in der Dichtung
Paul Celans, Tübingen 1977; bes. S. 1 5 9 f f .
Erfahrenes Sprechen - Leseversuch an Celan-Entwürfen 101
Das Gedicht „Du darfst" ist bereits in seinem ersten schriftlich überlieferten
Textzustand (H 4 ) durch eben die Zweigliedrigkeit gekennzeichnet, die in
den späteren Versionen festgehalten wird. Die Gelenkstelle dieser Zwei-
gliedrigkeit, die in der Polarität von „Du" und „ich" sich artikuliert, ist in
beiden Texten der Doppelpunkt Z. 2. Die Einfügung des „getrost" ( H 3 /
D Z . 1) muß im Zusammenhang dieser Variation verstanden werden:
„(...) ich komme mit sieben / Blättern vom Sieben- / stamm." (H4)
und
„(...) sooft ich Schulter an Schulter / mit dem Maulbeerbaum schritt durch den
Sommer, / schrie sein jüngstes / Blatt." (H'/D).
3 Hinweise auf eine mythologisch gefärbte Verwendung der Siebenzahl finden sich bei Celan
mehrfach. Vgl. insbesondere (die Gedichte werden zitiert nach der zweibändigen Ausgabe
Frankfurt am Main 1975) Gedichte I, S . 5 2 ; (83); 89; 127; 2 7 3 ; Gedichte II, S . 3 9 (?); 100;
115; 120 (?); 139; 333. Daß in diesem Zusammenhang nicht allein solche Stellen zu
berücksichtigen sind, an denen die Sieben ausdrücklich genannt wird, sondern daß auch mit
versteckten Anspielungen zu rechnen ist, legt folgende Stelle (besonders ihres Temporalbe-
zugs wegen) nahe: „Wenn der Eisvogel taucht, / sirrt die Sekunde." (Gedichte I, S. 147).
V o m Eisvogel sagt Aristoteles: „Die Gattung der Vögel ist ( . . . ) am hecklustigsten im
Frühjahr ( . . . ) und hat dann seine Brut, außer dem Eisvogel, der um die Zeit der
Winterwende legt. Daher heißen, wenn um die Winterwende ruhiges Wetter herrscht, die
sieben Tage vorher und nachher die Eisvogeltage ( . . . ) . Es heißt, sieben Tage baue der
Eisvogel sein Nest und in den andern sieben Tagen lege und brüte er." (Tierkunde V, 8; D i e
Lehrschriften, hrsg. und übertragen v. Paul Gohlke, Paderborn 1957, S. 199 f.). - Vgl.
insgesamt W. H . Roscher, Die enneadischen und hebdomadischen Fristen und W o c h e n der
ältesten Griechen; A b h . d. Kgl. Sachs. Ges. d. Wiss. phil.-hist. Kl. X X I , N r . IV, Leipzig
102 Rolf Bücher
ist als ,heilige Sieben', wohl auf der Grundlage allgemein verbreiteter
astronomischer Spekulationen, ubiquitär." Ihre weitverzweigte Verbreitung
im griechischen Geistesraum der Antike geht vermutlich zurück auf Ein-
flüsse der assyrisch-babylonischen Astronomie.
Im jüdischen Denken waren die Spekulationen um die Zahl Sieben von
derart exzeptioneller Bedeutung, daß man hier geradezu von einem „Kult"
um die$e Zahl sprechen konnte. 5 Die Bibel allein enthält über 750 Belegstel-
len.6 Ahnlich bedeutend ist die mystische Spekulation um die Zahl Sieben in
der Kabbala. Vor diesem Hintergrund ist zu bedenken, daß der siebenar-
1903; ders., D i e Sieben- und Neunzahl im Kultus und Mythus der Griechen; ebd. X X I V ,
N r . 1, Leipzig 1904; ders., Die Hebdomadenlehren der griechischen Philosophen und
Ärzte; ebd. X X I V , N r . V I , Leipzig 1906. H i e r : Fristen S. 4 4 ; Sieben- und Neunzahl S. 39 f.;
Hebdomadenlehren S. 234, Anm. - Vgl. auch Pauly-Wissowa, R E 1, 3, Sp. 1583 Stw.
,Alkyonides'.
Ebenso findet sich ein Hinweis auf die Siebenzahl im astronomischen Bereich bei Celan
nicht nur im W o r t „Siebenstern" (Gedichte I, S . 2 7 3 ) , sondern unausgesprochen bereits
zwei Gedichte früher (Gedichte I, S . 2 7 1 ) im Zusammenhang von „Berenikes Haupthaar":
das Altertum ordnete dem Sternbild C o m a Berenices sieben Gestirne zu. (Vgl. Roscher,
Sieben- und Neunzahl S . 4 4 und Pauly-Wissowa 3, 1; Sp. 285; 289. - Freilich kann der
„Siebenstern" auch als Pflanzenname verstanden werden: Grimm, W b . 16, Sp. 820 f.
Ein weiteres Beispiel solcher Anspielung: nach altisraelischem Gesetz galt jedes siebente
J a h r als ,Sabbatjahr', in dessen Verlauf der Ackerboden brachliegen sollte ( E x . 2 3 , 1 0 f . ;
Lev. 25, 3 f f . ; Deut. 15, 1 ff. Das hebr. W o r t ,schabbat' hergeleitet vom assyrischen ,schab-
batu' = Siebentag: Roscher, Fristen S. 29; 31 f.; ders., Hebdomadenlehren S. 161
A n m . 229). Nach jedem siebenten Sabbatjahr, also nach 7 X 7 Jahren, wurde ein J u b e l j a h r '
(hebr. ,jowel' = T o n des Widderhorns, das zur Ankündigung der heiligen Zeit geblasen
wurde) oder ,Halljahr' begangen. So deuten auch Celans „Hall-Schalt-/Jahre" (Gedichte II,
S. 398) und „Brachjahr" (Gedichte I I , S. 199) indirekt auf die Siebenzahl.
4 Vgl. F. v. Andrian, Die Siebenzahl im Geistesleben der Völker; in: Mitteilungen d. anthro-
pologischen Gesellschaft Wien, X X X I , 5, Wien 1904, S . 2 2 5 . - Selbstverständlich besitzt
kein einziges außerhalb des Gedichts vorgefundenes Faktum in sich schon Beweiskraft für
die sachliche Richtigkeit einer kommentierenden Interpretation. Deren Angemessenheit
kann allenfalls evident sein im schlüssigen Bezug von Sachzusammenhang, T e x t und Werk.
Hierfür wäre eine rein faktische Richtigkeit der Sachbeziehung nicht allein und nicht
unbedingt ausschlaggebend. So faßt Hermann Gunkel, Schöpfung und Chaos in Urzeit und
Endzeit, Göttingen 1895, 2. A . 1921, den nachfolgend zu besprechenden Menorah-Leuch-
ter als Symbol der sieben Planeten im Sinne antiker Astrologie auf. Vgl. v. Andrian S. 245
und P . M a y e r , Paul Celan als jüdischer Dichter, Diss. Heidelberg 1969, S. 153. Auch in
dieser Sicht wäre der Leuchter als kosmisches Symbol zu verstehen.
5 Roscher, Fristen S . 3 1 f.
6 Roscher, Sieben- und Neunzahl S. 86. Die eminente Bedeutung der Siebenzahl für das
Judentum ist auch in der Sprache selbst ausgewiesen: die hebr. Worte für ,schwören' und
,sieben' sind stammverwandt. Vgl. Roscher, Sieben- und Neunzahl S. 11, Anm. 30; v. An-
drian S . 2 4 3 ; D e r Sohar, Hrsg. und Übs. Ernst Müller, Wien 1932 (bearb. Neuausg. Köln
1982, 2. A. 1984), S. 135 (154); 302 f. (284).
Erfahrenes Sprechen - Leseversuch an Celan-Entwürfen 103
mige Menorah-Leuchter nicht nur das Emblem des Staates Israel darstellt,
sondern seit alters als Emblem für Judentum überhaupt steht.7
Der siebenarmige Leuchter gehörte zu den heiligen Kultgegenständen
seit der Zeit des Stiftszeltes. Er ist in der Bibel wiederholt ausführlich
beschrieben, und die genauen Anweisungen zu seiner Herstellung wurden
Moses von Gott am Sinai gegeben. Diese Anweisung lautet in den für
unsern Zusammenhang wichtigsten Passagen:
„Verfertige auch einen Leuchter aus purem Gold! Der Leuchter, sein Gestell,
sein Schaft, seine Kelche, Knospen und Blüten sollen aus einem Stück getrieben
sein. Von seinen Seiten sollen sechs Arme ausgehen, drei Leuchterarme auf der
einen Seite und drei auf der anderen Seite. Der erste A r m soll drei mandelblü-
tenförmige Kelche mit je einer Knospe und einer Blüte aufweisen, und der
zweite A r m soll drei mandelblütenförmige Kelche mit je einer Knospe und einer
Blüte aufweisen; so alle sechs Arme, die von dem Leuchter ausgehen. Auf dem
Schaft des Leuchters sollen vier mandelblütenförmige Kelche, Knospen und
Blüten sein, je eine Knospe unten zwischen zwei Armen, entsprechend den
sechs Armen, die vom Leuchter ausgehen. Seine Knospen und die A r m e sollen
ein Ganzes mit dem Schaft bilden (...).""
In dieser Weise ist der Leuchter von Anfang an als kosmischer Baum oder
Lebensbaum beschrieben. Das seit der Antike allgemein verbreitete Bild des
Weltbaums, das sich immer auch im Leuchter manifestieren konnte, findet
in der Kabbala, insbesondere im Sohar, zentrale Bedeutung als mystisches
Bild vom Baum des Lebens und vom Baum der Erkenntnis, auch vom
Baum des Todes.9 In diesem Zusammenhang verweist der siebenarmige
Leuchter-Baum auf die sieben unteren Sephirot.10 Er symbolisiert somit den
Kosmos selbst, der nach der Lehre des Sohar eine ,obere' und eine ,untere'
Welt umfaßt - „Beide Welten", von denen Celans Gedicht sprechen mag."
Spätestens seit den Arbeiten von J. Schulze ist die Bedeutung kabbalisti-
scher, in deren Nachfolge chassidischer Elemente in Celans Werk unüber-
sehbar. In jüngster Zeit hat Walter Jens (Momos), anläßlich eines Films
über Gershom Scholem, Celan geradezu einen Vermittler kabbalistischen
Ideenguts genannt.12
7 Vgl. die großen jüdischen Enzyklopädien und P. Bloch, Siebenarmige Leuchter in christli-
chen Kirchen; in: Wallraf-Richartz-Jb. XXIII, Köln 1961, S. 5 5 - 1 9 0 .
8 2. Mos. 25, 3 1 - 3 6 . Vgl. auch 2. Mos. 37, 17 ff.
' Vgl. z.B. Sohar (Müller) S . 1 4 (19); 128 (149); 239 (214). Das Buch Bahir, ed. Scholem,
Neuausg. Darmstadt 1980, S. 1 7 f f . ; 64; 9 0 f f . ; 1 1 5 f .
10 Vgl. Bahir S . 4 3 ; 105 Α. 1; 129 Α . 1. - Scholem, Zur Kabbala und ihrer Symbolik, Zürich
1960, S. 1 0 5 f . ; 110.
11 Gedichte I, S . 1 5 5 . Vgl. Bahir S. 8 ff. Sohar (Müller) S.96 (112).
Celans Scholem-Lektüre sei hier an einer einzigen Stelle belegt. In seinem Golem-Aufsatz
104 Rolf Bücher
Nach alldem scheint mir die Vermutung unabweislich, daß der Entwurf
H 4 mit den Zeilen „ich komme mit sieben / Blättern vom Sieben- / stamm."
offensichtlich auf Jüdisches anspielt, den siebengliedrigen Leuchter-Baum,
vielleicht den Sephirot-Baum, dessen Sinngehalt im Bild des siebenarmigen
Leuchters mitgemeint sein könnte. Aber es ist vielleicht gar nicht im Sinne
des Textes, seine Verschlüsselungen eindeutig in bestimmte Sachbezüge
aufzulösen. Ohnedies können hier nicht Detailfragen diskutiert werden, die
nur den versierten Spezialkennern dieses Gebiets zugänglich sind und
gerade unter ihnen vermutlich zu Kontroversen führen würden."
Immerhin ist zu bedenken, daß ganz im Sinne des ursprünglichen Bildes
vom „Siebenstamm" das Gedicht wohl auch im Hinblick auf genealogische
(Zur Kabbala und ihrer Symbolik, S.209ff.; zuerst Eranos-Jb. 1957) führt Scholem (Zur
Kabbala usw. S.218, vgl. auch Anm. 16 S. 280) aus: „Gott verlangt den Adam für tausend
Jahre als Leihgabe von der Erde und stellt ihr einen hochförmlichen Schuldschein für ,vier
Ellen Erde' aus, der von den Erzengeln Michael und Gabriel als Zeugen unterzeichnet ist
und bis jetzt im Archiv des himmlischen Schreibers Metatron sich befindet."
Celans Gedicht VERWAIST (Gedichte II, S. 212) stellt in einer Hinsicht eine Kontrafraktur
dieser Stelle dar:
„VERWAIST im Gewittertrog
die vier Ellen Erde,
verschattet des himmlischen
Schreibers Archiv,
vermurt Michael,
verschlickt Gabriel,
(•··)"
Die Eruierung solcher Zitate - ich möchte dies am Rande anmerken - stellt nach verbreiteter
Auffassung ein zentrales Anliegen der Celan-Forschung dar. Gewiß handelt es sich um eine
wichtige Aufgabe. Sie ist aber kaum systematisch einzulösen. In welchen Büchern müßte
der Forscher denn .weiden': in Grimms Wörterbuch, bei Pauly-Wissowa, in der Encyclo-
paedia Iudaica? Natürlich in allen dreien, und so weiter. - Die weit zentralere Frage lautet
indessen: welchen Verstehensprozeß setzt der Aufweis derartiger Bezüge beim Leser
überhaupt in Gang? Genügt, nach allen gewiß wichtigen Einzelinformationen, nicht am
Ende die Einsicht, daß man mit solchen Ubernahmen bei Celan stets zu rechnen hat? Uber
ein Gedicht wie „GRABSCHRIFT FÜR FRANCOIS" (Gedichte I, S. 105)
„Die beiden Türen der Welt
stehen offen:
(...)"
wäre mit dem Aufweis einer möglichen ,Quelle' wenig gesagt:
„ZWEI T Ü R E N
Rabbi Bunam sprach: ,Immerzu geht der Mensch durch zwei Türen: von dieser Welt
hinaus, zur kommenden Welt hinein und wieder aus und ein.'" (Martin Buber, Die
Erzählungen der Chassidim, Zürich 1949, S. 746). Über Celans Beziehung zum Chassidis-
mus sagt dies noch weniger.
15 Vgl. Scholems Einwand gegen die Sohar-Übs. von E.Müller; in: Judaica 3, Frankfurt/M.
1973, S. 149, A. 102.
Erfahrenes Sprechen - Leseversuch an Celan-Entwürfen 105
14 Auf mögliche Konnotationen zum ,Siebenbaum' gehe ich hier nicht ein. Aber es stellt sich
die Frage, ob im Hinblick auf den oben zitierten Bibeltext der Celansche „Siebenstamm"
nicht vielleicht als ,Mandelstamm' verstanden werden könnte.
106 Rolf Bücher
CELAN - AUSGABE
A b k ü r z u n g e n und Z e i c h e n - ( K u r z ü b e r s i c h t )
Reihenfolge;
geschrieben)
geschrieben)
Schreibmaterial;
arbeitung;
/ .· Erstreckungszeichen
* : Unsicherheitszeichen; chrono-
stufe hypothetisch
Zei1enzähler:
Entwurf-Abschnitts
// Strophe
Verbindungsbogen
E r f a h r e n e s Sprechen - Leseversuch an C e l a n - E n t w ü r f e n 109
Apparattexti
[] Texttilgung in der Handschrift
[]Σ
Texttilgung, Sofortkorrektur; Σ* mögliche Sofortkorrektur;
Ζ Textabbruch
u zurückgenoimnene Texttilgung
[-]
Textänderung durch Uberschreibung
ATEMWENDE
05.1 DU DARFST
4
Η Ts (AF 4.1,2); Schreibmaschinenpapier 21x27, Wz ' A n d r e Chotel
Paris';
mit Bleistift gestrichen;
3 4
Η Ts; unter Η ; unter dem Text dat. (Ts):16.10.63; (16. Bleistift
aus 15.);
2
Η Ds (AF 5.1,2); Schreibmaschinenpapier 21x27; loR Markierungs-
strich Bleistift; Tippfehlerkorr. PC ( B l e i s t i f t ) ;
D2 ATEMKRISTALL;
la/=d
Η Kopie Ts, Suhrkamp-Archiv, B1.-1-;
Dss (AF 2,7; 6.3,4; 8,2); Schreibmaschinenpapier wie voriges;
Ds 6.3,4 uR PC (Kugelschreiber): -1-;
d Korr.abzug (AF 7,5r); S.7;
D ATEMWENDE S.7;
05.1.4 H4
ι a Du darfst mich
2a mit Schnee bewirten:
3a ich komme mit sieben
4a Blättern vom Sieben-
Sa stamm. h4
2 2
.2 HD abweichend vom edierten Text:
05.2.2 H2
ATEMWENDE
D1 ATEMKRISTALL;
D ATEMWENDE S.8;
05.2.3 H3
la Traumgeätzt,
2a wirft das a durchwanderte Brotland den Berg auf.
λa schlaflos
3a Aus seiner Krume knetest du neu unsre Namen,
4a die ich, [schlaflos wie du,]i dein offnes
5a Aug an jedem der Finger,
6a abtaste nach
7a einer Stelle, durch die ich
8a mich zu dir heranwach,
9a die Hungerkerze im [Und]! Mund. H3
JEAN BOLLACK
* Les deux parties du texte qui suivent ont ete con^ues et elaborees independamment l'une
de l'autre. La premiere a ete presentee lors d'une seance pleniere du colloque; la seconde a
fait l'objet d'une table ronde consacree aux questions de methode.
Poeme paru en 1963 dans le recueil Niemandsrose; voir Gesammelte Werke (GW), I,
Francfort 1983, p. 242s. Une traduction franjaise du recueil par Martine Broda a paru en
1979.
114 Jean Bollack
1
«Anklänge an einen jüdischen Mythos», dans: Zur Lyrik Paul Celans, Göttingen 1968,
p. 44-55.
Paul Celan sur sa langue 115
2 Op. cit., p. 45—47; G. Scholem, «Die Vorstellung vom Golem in ihren tellurischen und
magischen Beziehungen», dans: Zur Kabbala und ihrer Symbolik, Zürich 1960, p. 209-259.
3 Le «soir» (vers 2), associe ä la veille du sabbat et a la «porte» (vers 1), ä l'entree de la
synagogue, ont fait qu'on a retenu d'abord cet aspect de la legende que Neumann elargit
jusqu'ä y decouvrir une «analogie secrete» entre la poesie de Celan et la figure mythique sans
parole, ou «verite» et «mal» sont inscrits (successivement) dans un meme fait. C'est vague.
4 Dans Atemwende. Voir GW II, p. 63.
5 Op. cit., p. 51s. Un mot comme «aschenbildwahr» ne peut pas etre directement rattache ä
l'image fabriquee du golem; Neumann va jusqu'ä se demander si l'on doit y voir une statue
faite de cendres, ou une cendre conservant l'image des victimes (quelle serait alors la relation
avec la legende?). II lui faut pour cela assimiler la moitie de la mort («Der halbe Tod»),
contre la demarche du poeme, ä la demi-vie d'une creature-image. Tout ce dont Neumann
tente de tirer un sens a partir de la legende connue doit etre replace dans sa dimension
poetique au sens fort, ä savoir linguistique. «L'image de cendre» est «vraie» par la force de
l'iconoclasme verbal qui l'a fait passer par le neant; de meme «le lit de nuit» («Nachtbett») ne
peut pas concretement etre rapproche du lieu, enfoui dans la terre, ou la figure a ete
modelee. Le «lit», s'il est d'amour, est aussi lit de mots; les transferts evidemment sont lies.
La naissance s'y fait dans le sang des mots («wortblutgeboren») - avec des mots qui saignent
- , dans le verbe que font etre le lit et le texte. II faudrait s'expliquer pour dire comment eile
pourrait se faire sous le signe de Dieu («vermöge des Gottesworts»). Elle s'applique ä un
«nous» («um uns», v. 4; «auch wir», v. 5). Le golem, si c'est lui qu'on voit croitre
demesurement dans la strophe 3 («grösser und grösser»), ce serait comme la tour (ν. 16),
dans un ordre personnel du langage, le seul oü une experience se fasse et se relate. Selon les
donnees de la legende, il est, en se developpant, abandonne ä sa liberte, loin de son maitre (et
plus loin encore de «dieu»). De meme dans «Psalm» (GW I, p.225; Neumann, op.cit.,
p. 52), le mythe ne pourrait etre rapproche - quelles que soient les raisons qui poussent ä le
faire - qu'ä condition de transposer strictement lä aussi l'acte demiurgique dans le domaine
de la creation poetique («Staub» est l'un des mots qui disent le «mot»; voir ci-dessous,
p. 152, n. 110). La reponse donnee au probleme de l'identite du «nous»; qui se pose comme
dans «In Prag», trouve sa reponse dans ce cadre.
6 Op. cit., p. 44. Une observation sur les limites de l'entreprise (p. 49) - «ce n'est pas tant le
poeme lui-meme qui nous pousse ä rechercher les points communs que notre connaissance
de la legende de Prague...» - met ä decouvert les vices de la methode: b. est dans a. si λ. est
b. Les reserves ne peuvent pas conduire ä mettre en question le rapprochement parce que
116 Jean Bollack
dans le conte, donne par magie vie au golem, et que le rabbi est invite ä
enlever ä son oeuvre (comme dans le mythe prometheen; «beschneide das
Wort», v. 17, pris dans le sens de «couper, enlever», et non de «circon-
cire»).
Au premier abord, le contexte n'incline pas ä confondre le «mot»
(«Wort») avec la parole demiurgique, il suppose un sens elabore dans le
cadre d'une «onomastique» propre ä Celan; le «mot» peut vouloir dire tout
autre chose qu'il ne dit dans l'histoire; le pouvoir qu'ont les lettres de
former un «nom» pourrait prendre une signification dans le contexte
transforme, dans la limite ou le mythe est dans le contexte.
O n accepterait (avec Neumann) que le «je» «donne vie» ä l'etranger en
l'accueillant; il ne s'agirait pas pour autant d'une angoisse qu'inspirerait ä
l'auteur de ses jours le monstre blasphematoire. O n negligerait encore la
dimension linguistique qui determine la facture et le developpement triadi-
que. Plus pertinente pourrait etre l'hypothese du «double», un theme qui a
ete tardivement rattache ä la legende selon Scholem 7 . L'inconnu, l'homme
non identifie («Einem, d e r . . . » , «Un q u i . . . » ) se trouve «un soir», le soir
d'un jour quelconque (et non ä l'entree du sabbat) «devant la porte». II tire
son «identite» de cette exteriorite meme - d'etre la, mais au dehors, et de
demander ä etre re9u au dedans.
La porte fait partie du «mot». C e qui s'ouvre ä lui, c'est la langue meme
(«ä celui-lä / j'ai ouvert mon mot»: «ihm / tat ich das Wort auf», v. 3s.).
L'autre, le «double», ce serait done un intrus, l'inconnu qui parle en nous,
et parle une langue etrangere 8 . S'il a penetre «un soir» en un «je» moins
contamine, on peut admettre que ce «je» dispose lä (disposait dejä) de toutes
les possibilites d'expression dont l'intrus se sert. La creation linguistique
accede ä la couche teratologique de l'imaginaire; celle-ci vit preformee dans
l'ame: mais c'est un autre, qui vient prendre, et s'interesse ä cette zone de la
demeure.
L'identite de l'etranger est approfondie par la reference evidente ä la
«Deuxieme Elegie de Duino» sur les anges («Chaque ange est terrible»).
Avant tout les vers 3s. pour l'indefini deictique et la situation dramatique,
mais aussi le vers 6 pour la rencontre de soi dans l'autre:
celui-ci tient lieu d'interpretation. «Sans la connaissance [de la tradition du golem], le poeme
ne parait pas explicable» (p. 50).
7 Op.cit., p. 259; p. 286s., note 72.
8 La figure du «double» est exploitee differemment par Pöggeler, eile lui fournit le role du
destinataire ambigu d'une parole trop confiante (voir ci-dessous).
Paul Celan sur sa langue 117
c o s t u m e un p e u p o u r le v o y a g e et deja m o i n s terrible;
(jeune h o m m e p o u r le j e u n e h o m m e , q u a n d , avec curiosite, il a r e g a r d e
dehors)».
« . . . W o h i n sind die T a g e T o b i a e ,
da der Strahlendsten einer s t a n d an der einfachen H a u s t ü r ,
z u r Reise ein w e n i g verkleidet u n d s c h o n nicht m e h r f u r c h t b a r ;
(Jüngling d e m J ü n g l i n g , wie er neugierig h i n a u s s a h ) » .
' Contre la tradition, representee dans la VIeme Bucolique de Virgile, vers 3-5, qui fait
d'Apollon Pinspirateur; ou d'une autre divinite, comme dans Horace, Odes, III, v. 9-20.
118 Jean Bollack
10 Sur cette execution de la langue qu'il parle, voir Henri Meschonnic. «On appelle cela
traduire Celan», Les Cahiers du Chemirt 14, Paris 1972, p. 115-149; dans Pour la poetique
II, Paris (Gallimard) 1980, p. 367-405.
11 Dans une «langue sagittale». Voir le poeme «Beim Hagelkorn» dans Atemwende (GW II,
p. 22).
Paul Celan sur sa langue 119
L'operation est triple. Les mots de la langue, pour etre reemployes, doivent
d'abord etre «retailles», ce sont les vocables de la langue, tels qu'ils sont, se
sont faits, en se deshumanisant, «allemands» (voir l'anaphore emphatique
de «diesem»), fournissant ä l'acte poetique le «materiau» qu'il decompose
«sur fond de neant» - dans le blanc du decoupage (et avec lui). La brisure,
transcrite dans le rythme ou la reduction, conduit au reversement des mots
dans une structure signifiante nouvelle.
Le «vif-neant» est inscrit dans les termes, au coeur du «sentiment»
(l'oxymore a ete puise dans les abimes de l'aventure mystique) 12 . O n
n'imagine pas de detournement plus radical que la reintroduction du sang
des victimes dans un «mot» comme «Gemüt» ou se sont condensees, contre
le «moi», les interiorisations factices et anonymes. Le detour prepare le
«signe» que le rabbi arrivera ä faire faire aux bourreaux pour d'autres, dans
leur propre langue degeneree-regeneree. Le paradoxe fournit ainsi la cle de
voute de la redistribution des mythologemes: la «vie», rejaillie du «neant»,
donne au verbe sa magie, si «magie» il y a. La langue poetique tire son
pouvoir du royaume inexplore de la mort, mieux: des morts. Le difforme
12 Voir (par exemple) G.Scholem, Zur Kabbala, p. 1 3 7 - 1 3 9 ; Von der mystischen Gestalt der
Gottheit, Zürich 1962, p. 128s. Le lecture annotee de ce dernier recueil par Celan est
posterieure a la composition du texte etudie ici (eile est du printemps 1967), ce qui
n'empeche pas la connaissance, dans d'autres presentations, des doctrines discutees. Le
poete s'instruit, se «ressource», il retrouve et decouvre, et confronte en meme temps, ses
propres visions (rapprochant, par exemple, la phrase «le juste se tient dans le neant» du
rabbi Bär de Meseritz du poeme «Mandorla» (ä la page suivante de la Rose de personne, G W
I, p . 2 4 4 , v. 12) - comme pour se dire que ce qu'il a ecrit pourrait en un sens etre lu ainsi.
Rien ne serait plus faux en tout cas que d'effacer la distance entre l'emploi actualisant de la
formule dans le contexte poetique particulier, qui seul lui donne, ou en l'occurrence lui
redonne, son sens, et, d'autre part, la croyance, quelle qu'elle soit, qu'ä l'origine, dans une
situation historique toute differente, eile resumait. O n souscrira aux precisions introduites
par Georg-Michael Schulz, Negativität in der Dichtung Paul Celans, Tübingen 1977,
p. 202, au sujet de l'association etroite de la vie et du rien dans la formule qui ouvre et clöt le
poeme «An niemand geschmiegt...» ( G W I, p . 2 4 5 , v. ls. et v. 2 7 - 2 9 ) .
120 Jean Bollack
13 Pour le geste de la benediction par les doigts ecartes, voir l'article «Priestly Blessing», dans«
Encyclopaedia Judai'ca, vol. 13: «The hands are hold touching at the thumbs with the first
two fingers of each hand separated from the other two, thus forming a sort of fan. This
figure became the device of the kohanim and is often inscribed on their tombstones»
(col. 1062; voir aussi l'article «Tombs and Tombstones», vol. 15, col. 1230, et la figure 17
(pierre tombale de Lubaczow, Pologne, 1833).
Paul Celan avait un livre sur le vieux cimetiere de Prague, que des amis (Erich et Katja
Arendt) lui avaient envoye de Berlin en 1960: Der alte jüdische Friedhof in Prag (en trois
langues), Prague (Artia) 1960. La tombe du rabbi Loew y est reproduite (n° 11), et plusieurs
pierres de cohanim, avec les deux mains se touchant par les pouces, et les doigts ecartes (n° 2,
25, 27, 32).
14 «Zur Lyrik Paul Celans», Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft, 19,
1974, p. 145-186. Sur ce poeme, p. 171s.
15 Loc. dt., p. 172.
16 «Konsequent durchinterpretieren», selon Pöggeler, ibid.
17 Les critiques severes («ein arger Fehlgriff») de Pöggeler (ibid.) visent la these, en effet
intenable, de Neumann sur l'inauguration, avec Atemwende, d'une theologie positive.
18 Les reserves exprimees par Schulz, op. cit., p. 119s. ou 132, a I'egard de toutes les hypostases
du «rien» pour les poemes «Psalm» et «Mandorla» (GW I, p.225, 244) peuvent etre
etendues et radicalisees; prises au serieux, elles auraient pu detourner Pöggeler de risquer
certaines de ses affirmations, aussi bien que Philippe Lacoue-Labarthe, qui ignore la mise en
garde (refuse de prendre connaissance) de livres comme celui de Schulz; il ecrit par exemple:
«Dieu s'est revele (n')etre personne» («Gelobt seist du, Niemand», GW I, p.225, v.5);
Paul Celan sur sa langue 121
serait la meme dans les deux cas. Les termes de l'affirmation, meme
negative, s'inscrivent dans le processus linguistique d'un depassement,
referentiel sans references stables. Le «neant» meme «qui vit» s'arrache au
contenu traditionnel de la mystique juive auquel en meme temps il se
rattache.
Privilegiant la dimension religieuse, le theologien voit dans le «vif-
neant» la vision plus juste que le rabbi est charge de graver dans l'äme du
monstre idolätre, comme en un lieu qui revient au dieu, reparant la «faute»
par une «conversion». Il tirait ainsi (1974) le compose «Gottesgemächt» de
preference du cote des idoles: «das zum Gott Gemachte», choisissant le
dieu que le monstre porte en lui - dans sa chair? - , l'immersion dans le
neant, plutot que le dieu qu'il s'est «fait». Pourtant les dictionnaires
consignent l'emploi du mot «Gemächt» pour le sexe de l'homme (ou de la
femme), qu'il fallait considerer dans ce contexte".
Le nom du rabbi et le «soir» pouvaient-ils ensemble suggerer la situa-
tion d'un jour de saintete? La mort du monstre sacrilege s'effectuerait par
l'apocope du «nom» inscrit sur son front. L'emondage du langage ne serait
peut etre pas incompatible avec l'acte de legitimation «cultuelle», mais le
«mot» ne se reduit pas ä l'idee amendee du «dieu» ou de toute autre notion
determinee, inscrite dans la chair du monstre. C'est bien au sein du pouvoir
expressif d'un ego loquens, dans l'espace de la parole, que le visiteur a ete
.iccueilli. Ce vers quoi il tend ne peut que s'y trouver dejä, comme un
conservatoire, une tombe ou deformations (et malformations) doublent la
production des formes.
«s'est revele», bien qu'a la meme page, pour arracher le texte ä l'ironie et au blaspheme, qui
y sont tous deux, et le second plus nettement que le premier, il concede qu'il pourrait y avoir
une «forme d'accusation», et que, si eile y etait, «eile est evidemment contre la theologie,
c'est-ä-dire contre la philosophie» (et contre ^interpretation proposee par l'auteur), ä savoir
le langage platonicien ou »se prononce» «tout le divin» (La poesie comme experience, Paris
1986, p. 107). «Personne», c'est le pöle absolu face au «je», qui en fait le «tu», l'autre du
«je», ä qui des poemes comme celui-ci s'adressent; il se constitue en eux, tout comme ils se
constituent dans l'adresse - il n'est interpelle, et interpellate, qu'au vers 5, a la quatrieme
occurrence du mot dans «Psaume».
19 Grimm, s. v., Ill, genitalia; Kluge, Etymolog. Wörterbuch, s. v., distingue l'acception de
vigueur sexuelle («zu Macht, in der Sonderbedeutung <Zeugungskraft.. .> mit späterer
Übertragung auf d e n . . . Körperteil») de creature («zu machen»); cf. Hermann Paul, s.v.
Gemächt(e), 2.
La premiere lecture de Pöggeler pouvait etre influencee par l'emploi qu'en fait Heidegger:
«Niemals ist das S e i e n d e , . . . , unser Gemachte oder gar nur unsere Vorstellung» ( H o l z w e g e ,
Francfort 1950, p. 41; l'edition qu'a travaillee Celan).
122 Jean Bollack
Les portes, ä la fin du poeme, sont doubles et elles sont distinguees, l'une au
soir, l'autre au matin. Au debut, il n'y en a qu'une seule, sans distinction.
Cependant l'innomme, qui n'est autrement defini que par sa presence au
dehors s'y trouve «un soir». Le soir n'est pas seulement une heure, mais
126 Jean Bollack
Tun des cötes du monde ou les corps vont, d'Est en Ouest21. Le «devant»
situe une maison; or, ce qui s'ouvre ä l'autre, c'est le mot - «mein Wort»,
v. 4 (au lieu d'un «tat ich mein Haus auf»). II y a une maison de la langue,
qu'habite le sujet parlant.
Dans l'enceinte des facultes expressives, le «je» partage avec le «rabbi» la
demeure («j'ai ouvert mon mot», v. 4; «je Tai vu trottiner», v. 5, puis:
«Rabbi, grognai-je...»). Celui qui penetre va vers son double. Ii ne va pas
vers le rabbi qui l'aimante. Le dedoublement conduit ä voir dans l'autre la
solicitation, liee ä la «vocation» thematisee (voir ci-dessus), ä se servir de
cet idiome; il y a eu un appel venu de lä, qu'on a suivi, «un soir» de la chute,
au plus profond de l'eloignement du «matin», ä un comble de declin; la
matiere etait prete.
Tous les termes qui composent le corps du monstre que l'on livrera ä la
main du rabbi se presentent une seule fois dans l'oeuvre. Ce sont des hapax.
1. «Kielkropf», l'avorton (v. 5), pour le premier des cinq membres de la
description, synonyme «regional» de «Wechselbalg», l'enfant «de
rechange», substitue par le demon22; 2. «halbschürig» (v. 6 s.), «incomplet»,
«mal developpe, gringalet»; 3. «Kriegsknecht» (v. 8), le «soudard», pere du
gnome, dans le troisieme membre du milieu; 4. «Gottesgemächt» (v. Iis.),
le sexe du dieu, et, ä la fin, «Menschlein» (v. 13), le mannequin. On peut
ajouter «kotigen» (v. 8) ä cöte de «Kot»23, ou «schilpenden» (v. 13) a cote de
«Getschilp»24. Les vocables rares s'engendrent Tun l'autre, entassant les
anomalies derisoires.
21 Le juste, selon le livre Bahir, est la face est du monde; cf. G. Scholem, Von der mystischen
Gestalt, p . 6 3 s . ; la division du ciel chez les mystiques s'appuie en partie sur Isaie, 43,5:
«D'Orient je ferai revenir ta race et d'Occident je te rassemblerai»; le verset, cite dans le livre
de Scholem (op. cit., p. 89) est marque et recopie par Celan dans l'exemplaire annote en 1967.
22 Introduit par Luther dans la langue ecrite, le mot se lit dans Goethe et dans Jean Paul; cf.
Grimm, s. v.
25 G W I, p. 273, v . 5 .
2< Voir «Kaisergetschilp», G W II, p. 121, v . 9 .
Paul Celan sur sa langue 127
25 Kluge, s. v. (voir aussi Grimm, s. v., 5., col. 681) rapproche «les enfants de l'eau» du folklore
pour retrouver la «source» (moyen haut all. quit) dans le premier element, et, dans le goitre
(«Kröpf»), l'appetit vorace d'un enorme cou (le mot sert d'insulte, comme «Wasserkopf»;
Grimm, 3.: « h e u t z u t a g e . . . meist als Schelte für ein dummes Kind, wie gleichfalls dick-
kopf».
26 Cf. Moritz Heyne, dans Grimm, s. v.: «eine balbschierige (nicht völlig erwachsene) Dirne»;
et Hermann Paul, s. v.
27 Voir les exemples cites dans Grimm; «minderwertig» aussi dans Duden: incarnant dans leur
poeme «In Prag» discute ci-dessus, note 5: «Der halbe Tod», v. 2; puis ν. 17: «der Halbe»),
en relation avec le dedoublement; on la retrouve ici, oü eile est prefiguree par une division ä
meme le monstrueux, un «non» de la violence, qui n'est pas la non-violence.
" Voir le poeme «Einen Stiefelvoll» du cycle israelien ( G W III, p. 103), dont je prepare un
commentaire.
128 J e a n Bollack
30 L e c o m m e n t a i r e de ce p o e m e est sans doute le lieu oü rappeler que Paul Celan se sentait une
fibre satirique et burlesque, qui perce dans plus d'un p o e m e , mais qu'il se voyait deployer en
p r o s e . A u m o m e n t ou il se sentait le plus abandonne, et incompris en Allemagne, au debut
des annees 60, il lui est arrive de me dire qu'il fallait prendre garde, et que, si o n «le
p r o v o q u a i t » , il pourrait bien d o n n e r libre cours ä sa verve dans des effusions qui eclipse-
raient les p r o u e s s e s les plus caustiques d'un G ü n t h e r G r a s s .
Paul Celan sur sa langue 129
Les points de suspension (du vers 26) notent une execution. Le rabbi, au
service du «je», ne se sera pas derobe. Les deux derniers ordres («Claque»,
v. 27, «Ouvre...», v. 29) esquissent un depassement de la judai'sation.
La particule «aussi» («Wirf auch...») met sur un meme plan la triple
priere de la troisieme strophe (v. 16-25) et la fermeture de la porte qui pose
un arret. Le mal entre par la porte du soir. Le rabbin est charge de chasser
les demons comme il etait somme d'exorciser les mots. L'affaire le con-
cerne; le «je» s'adresse ä lui comme ä sa creature (le rabbi, il est un golem
lui-meme, comme un serviteur dans la chasse aux demons).
O n n'en reste pas lä, apres la fermeture (voir la ligne de points du vers
28). La maison se rouvre, au terme d'une nuit, du cote du «salut». Le rabbin
reapparait, mais coupe. Le circonciseur est circoncis.
Le poeme se termine sur deux traits inegaux, l'un petit, l'autre plus
long. Le premier est un trait d'union, reliant deux parties d'un mot, comme
aux vers 6 ou 11; «Ra-» n'est plus qu'un element; on pourrait passer ä la
ligne; mais le tiret qui suit (un trait de suspension) montre qu'il y a
interruption. N o n seulement l'ordre n'est pas suivi, dans cette troisieme
position, des signes qui marquent l'execution, mais Γ executant, au coeur
meme de l'enonce, est depossede de son execution. Le geste complemen-
taire est esquisse; la rupture le prive de toute signification. O n n'est juif que
contre les monstres.
PLUS D'ART DES SABLES, plus de livre des sables, plus de maitres.
Rien par les des. Combien
de muets?
Sept-et-dix.
Ta question - ta reponse.
Ton chant, que sait-il?
Neige-profonde,
eige-ofonde,
ei-o-on.
*** Le poeme «Keine Sandkunst mehr» a paru dans le recueil Atemwende (1967); voir
Gesammelte Werke, Francfort (Suhrkamp) 1983, vol. II, p. 39.
130 Jean Bollack
Le poeme
Quelle est la perte que dit le debut, «Keine . . . mehr» (v. 1)? Qu'est-ce que
le «sable», dans «Part» et dans «le livre»? Dans la deuxieme strophe,
qu'apprend le coup de «de»?
La comprehension du texte decoule de la reponse ä ces trois questions
qui se commandent. Si la premiere phrase est rapportee programmatique-
ment au rejet d'une forme d'art, appliquee jusque lä («dans l'avenir, eile ne
le sera plus»), alors «rien par les des» («Nichts erwürfelt», v. 2), concernant
le passe, montrerait le «neant» qui, pour le point de vue nouveau, formerait
tout le contenu des productions anterieures.
Si Ton accepte cette lecture palinodique de la premiere strophe, il
faudrait en bonne logique rester dans la meme ligne pour la seconde. O u
bien les des de Mallarme se confondent avec «Part des sables» perime, et
alors ces des symbolistes sont empörtes dans un meme rejet; ou bien les cles
sont bonnes, et dans ce cas il faudrait reviser Papplication polemique du
premier vers, ä moins d'admettre arbitrairement une rupture.
Le poeme commence avec ses propres mots et moyens, comme un
poeme qu'il est, sans reference immediate ä l'histoire «litteraire». L'«art des
sables», sans extrapolation prematuree, ce n'est pas, ce ne peut etre autre
chose que le savoir-faire de Celan, qui a donne forme aux poemes, depuis
toujours, depuis le «sable verse des urnes».
«Sables» dit les mots et leur ecoulement (voir Passociation «Wortsand»,
G W I, p.274, v. 12; cf. ci-dessous), et non d'abord le temps, ou la
temporalite fuyante et ephemere; sans meme qu'on en rapproche toutes les
harmoniques («urne») 31 , par son enrichissement en profondeur, le «sable»
31 «Sable des urnes» est le titre du premier recueil, retire du commerce, de 1948, puis de la
premiere section de Mohn und Gedächtnis (1952). Le mot ne peut pas dans cette association
designer la fuite du temps. O u bien renonce-t-on simplement a etablir un rapport entre ces
textes? C e sont bien les mots faits de cendre, tels qu'ils s'assemblent, sur fond blanc. Voir ci-
dessous la partie III, p. 97s.
Paul Celan sur sa langue 131
32 «Livre» est un mot mallarmeen. Non seulement les fragments du Livre ont ete publies
(d'apres des brouillons, par J.Scherer, Paris (Gallimard) 1957; nouvelle edition, sous le
meme titre Le »Livre» de Mallarme, en 1977), mais, comme le montre la section: «Quant au
livre», avec Particle «Le livre, instrument spirituel» (edition de la Pleiade, Paris 1945,
p. 369-387), le nom depasse le genre lyrique et tous les genres (cf. Hans Peter Lund,
L'itineraire de Mallarme, numero special 3 de la Revue Romane, Copenhague 1969,
p. 168s.). La «transposition», qui «porte le fait vers son au-dela», «Mallarme n'hesita pas ä
rever qu'il pourrait la situer jusque dans la vulgarite du journal lui-meme» (Jean-Pierre
Richard, L'univers imaginaire de Mallarme, Paris 1961, p. 557).
33 «Hasardeuse» ne designe ici que le jeu des signifiants et non le principe oppose ä la necessite
(voir dans Proses diverses, «Notes», Pleiade, p. 851-856), sans qu'on envisage les differentes
positions de Mallarme au cours de sa vie sur les lois de l'ecriture poetique, portee par le
langage ou reparant sa gratuite, et sans tenir compte non plus de la valeur du coup de des
dans les textes. Chez Celan, le mot «Würfel», avec une autre connotation que «de», est
etroitement lie ä la situation ludique de la table d'auberge, et, dans l'ordre du langage, ä la
poussee initiale de la creation verbale, des germinations qui levent dans le plaisir, avant de et
pour prendre figure selon la direction qui leur est assignee. Les ressources de l'ecriture
automatique ne sont pas moins ä l'oeuvre parce qu'elle n'est pas erigee en principe. Aussi le
mot est-il associe ä la relation paradigmatique de l'amour et de l'invention verbale (voir,
entre autres exemples, «Das Gastmahl», GW I, p. 25, v. 7: «wo wir würfeln um Lust», ou
«Hafen» dans Atemwende, GW II, p. 51, v. 7s.: « - würfel / mein Glück zurecht, Meerhaar /
...». La «chevelure de la mer» Oriente le lancer vers le «juste», justesse et justice).
L'association la plus libre peut etre preformee, i. e. l'amour se faire avec les morts («Zu
zweien», GW I, p. 101, v. 8s.). Le de de la langue porte une aimantation en lui, «aveugle
pour le jour» (GW I, p. 157, v. 6); le cornet, annulant le lancer, est «chez lui», se repliant
(GW II, p. 60, v. 8), comme les syllabes chez elles quand le mouvement se deploie (GW I,
p. 157, v. 2 et 5). La main qui ecrit est une aire marquee par la mort, par tous les coups de des
comme «arbres» (GW II, p. 157, v. 2-5). Dans Todtnauberg, le cube sculpte en etoile,
couronnant la fontaine situee pres de la maison de Heidegger dans la Foret Noire, le
«Sternwürfel» (GW II, p. 255, v. 4) Oriente les mots dont est fait le poeme vers ^extermina-
tion. Les etoiles, comme l'eau qui coule du tuyau, ont ete transportees dans le langage du
cöte de l'oubli de ce monde de la foret. L'etoile n'est done pas le ciel (Philippe Lacoue-
Labarthe, op.cit. p. 53s.), mais la mort. «Würfel» represente le langage, et «Stern» les espaces
de l'aneantissement. Le coup est jete dans le sens de Tun (la figure sur le de), de la reduction
et du silence, comme dans ce poeme-ci et dans «Ölig still» (GW II, p. 194, v. 2: «die Würfel-
132 Jean Bollack
Eins»), Dans un autre poeme d'Atemwende oü l'on voit surgir des etrangers jouant aux des
«avec ce que / nous deux, nous possedons encore / de langue, / de destinee». (GW II, p. 64,
v. 17-23), la langue est fixee dans son idiolecte individuel quand elle est doublee par une
destinee qui donne ä l'orientation son caractere necessaire.
34 La maladie et le suicide du poete sont rapportes ä une faute et, plus ou moins explicitement,
a un sentiment de culpabilite, dont on cherche tout naturellement la trace dans la creation
litteraire, et, ä un degre superieur, dans la conscience des defaillances que trahit la
justification theorique. Ces extrapolations malicieuses, qu'elles se veuillent medicales ou
psychologiques, peuvent etre denoncees ä travers les principes de lecture et le mode de
discours qu'elles commandent, pour Peter Szondi comme pour Paul Celan. La question est
abordee aussi dans l'etude des deformations qu'on a fait subir aux theses soutenues par
Szondi dans son livre inacheve. La position «hermeneutique» projette son desarroi devant
l'objet qu'elle s'approprie sur l'horizon de ses attentes exegetiques (voir ä la fin de cet article,
p. 148s).
35 L'aporie est developpee plus bas dans la discussion des approches de la critique.
Paul Celan sur sa langue 133
36 Les analogies aussi bien pour l'experience poetique du neant que pour la place du silence
dans le langage sont nombreuses. De meme pour la rupture de la realite descriptible et
representable (voir Gerhard Regn, Konflikt der Interpretationen, Romania Monacensia 13,
Munich 1978, p. 149-168, au sujet du poeme «Autre eventail»). J . - P . Richard analyse le
drame de la realisation de l'Etre ä travers le Non-etre {op. cit., p. 184), la dissolution concrete
dans la fiction, qui fournit son support ä la realite et s'accomplit dans le regard mourant
(op. cit., p. 195-198), suivie du retournement du moins au plus (p. 1 9 8 - 2 0 8 ) . Le transfert du
plus au moins est plus radical et moins experimental chez Celan, ού l'evenement historique
est venu donner ä la negativite une verite autrement determinee que par la negation du
sensible, mais l'accomplissement du romantisme dans la poesie de Mallarme indique les
voies linguistiques du depassement.
134 Jean Bollack
revet son sens (de «reference»): les qualificatifs attribuent ici l'ecriture
poetique au domaine de l'art pour Part, qui peut etre «situe» comme il Pest,
parce que Pactualisation particuliere pousse son application jusqu'a la
negation, ä savoir la non-application, et done jusqu'a Porigine d'une
contradiction, d'une non-affirmation, qui justifie (ou «sauve») la pratique
d'un art, toujours contre dans les espaces desertiques du sable. La blancheur
ne fait pas converger synthetiquement les mouvements; elle apparait,
defaite.
37 Quelle que soit la signification du mot «livre» (voir la note 2). C'est la litterature sous toutes
ses formes, mais c'est aussi l'CEuvre qu'anticipent tous les poemes, et le fait litteraire ä
travers eux. II n'en va pas moins ainsi pour Celan que pour Mallarme.
38 Le sens mallarmeen de «maitre», homme arme de savoir et de savoir-faire, technicien et
magicien, dans la tradition du poete sophos, existe dans Celan comme valeur premiere; chez
lui, la maitrise se fonde sur la connaissance de la mort; l'histoire s'est inscrite dans l'absence.
Le poete est un maitre «des cachots et des tours» (GW I, p. 76, v. 25), il est l'un des
«etrangers», «libre», «maitre de par la glace et la pierre» (GW I, p. 141, v. 6s.). Les balises
qu'il rassemble guident dans une autre nuit que celle du ciel (GW II, p. 244, v. 8s.). L'emploi
le plus connu est celui de la Fugue de la mort (GW I, p. 41, v. 24, 28, 30, 34). La mort y est le
maitre d'Allemagne, ä la place du poete, ecrivant le poeme. Ce qui s'est produit etait le reve
d'un homme, d'un autre, qui est un relai. C'est par cet intermediaire actif que se transmet la
Paul Celan sur sa langue 135
matiere de mort. Dans le cycle israelien de Zeitgehöft ( G W III, p. 110, v. 9), les maitres, ce
sont les morts devant qui les amants comparaissent. Ici les maitres n'ont pas directement
partie liee avec la mort, ce qui montre bien l'independance de tous les passages les uns par
rapport aux autres. La concordance ne fixe que des virtualites de sens.
39 O t t o Pöggeler, «Kontroverses zur Ästhetik Paul Celans ( 1 9 2 0 - 1 9 7 0 ) » , Zeitschrift für
Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft, 25, 1980, p . 2 1 3 .
40 Voir encore Pöggeler, rapportant cette conjecture, loc. cit. p . 2 0 8 .
136 Jean Bollack
un autre bonheur que le «sept», recherche par Mallarme41. Le dix, dans cette
fecondite sans limite, s'ajoutera au sept.
Le chiffre doit etre interprete comme un «mot», doublement determine
par l'usage etabli dans la langue poetique et par le contexte qui l'eclaire (et
qu'il eclaire de son cote). Si le «hasard» sorti du gobelet n'est pas l'intrusion
alienante d'une langue destructrice, perturbant l'organisation personnelle42,
ni le sigle d'une esthetique rejetee et symbolisee par le coup de des
mallarmeen43, le chiffre doit traduire la chance d'une plenitude. On ne peut
done pas seulement eliminer les decomptes trop «fortuits», comme celui de
Peter Mayer 44 , qui retrouve la priere des dix-huit benedictions (Chemone
Esre?) 45 : dix-huit, moins une, parce que la «priere» ne s'est pas realisee;
Maassen compte les blancs entre les mots, ä partir du vers 2 (voir ci-
dessous). Pour Jackson 46 , le chiffre pourrait, par hypothese, faire corres-
pondre une realite biographique (dix-sept ans, de l'arrivee en France en
1948 jusqu'ä la date supposee de la composition du poeme, 1965) avec une
realite biblique, l'exil de Joseph en Egypte - hypothese gratuite et sans
aucune connexion avec le texte.
41 Voir la reflexion des sept etoiles de la grande Ourse dans le miroir du «Sonnet allegorique de
lui-meme»: « . . . , Decor / De l'absence, sinon que sur la glace encor / De scintillation le
septuor se fixe» (vers 12-14; premiere version envoyee ä Henry Cazalis, et reproduite dans
l'edition de la Pleiade de 1945, p. 1482s.; cf. Documents Stephane Mallarme, presentes par
Carl Paul Barbier, vol.IV, Paris 1973, p.39—41. Et, dans Un coup de des jamais..., le
«Septentrion» apparait dans le ciel du naufrage (Pleiade, p. 477, avec les sept syllabes de
U N E C O N S T E L L A T I O N ) . Le röle du nombre, presente par Jean-Pierre Richard, op. cit.
p. 572s., et d'autres, pourrait etre compare utilement avec les elements numeriques dans le
langage poetique de Celan.
42 Voir J . P . J . Maassen, «TiefimSchnee. Zur Lyrik Paul Celans», Neophilologus, 55, 1972,
p. 196s.
43 Klaus Voswinckel, Paul Celan. Verweigerte Poetisierung der Welt. Versuch einer Deutung.
Heidelberg 1974, p.200s.
44 Peter Mayer, «Alle Dichter sind Juden. Zur Lyrik Paul Celans», Germanisch-Romanische
Monatsschrift, 54, 1973, p. 32. Jerry Glenn, Paul Celan, New York 1973, p. 142s. Elisabeth
Petuchowski, «A New Approach to Paul Celan's <Argumentum e Silentio>», Deutsche
Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte, 52, 1978, p. 111-136.
45 Mayer y voit une reference ä un poeme de Sand aus den Urnen, «Die Schwelle des
Traumes», GW III, p. 26: «leer blieb der letzte, der achtzehnte K r u g , . . . » . Les chiffres sont
en effet comparables, dix-sept cruches ont ete remplies (vers 3), une dix-huitieme est restee
vide (vers 8). Quelle que soit la signification qui se rattache aux nombres dans les differentes
traditions (bonne ou mauvaise), eile est refaite dans chaque poeme comme celle des autres
mots. Le sens ne peut pas etre deduit d'un rite, quand meme il y est fait allusion. Le poeme
de jeunesse doit d'abord etre interprete pour lui-meme, avant que le rapprochement puisse
devenir pertinent. Il en resulterait peut-etre une surprenante homologie avec le present
poeme: dix-sept cruches de silence, une derniere pour la parole.
46 John Jackson, La question du moi. Un aspect de la modernite poetique europeenne. T. S.
Eliot - Paul Celan - Yves Bonnefoy, Neuchätel 1978, p. 219.
Paul Celan sur sa langue 137
47 Op.cit., p. 201.
48 hoc. cit., p. 209.
49 Le texte qui fait l'objet de la presente etude a son unicite, en relation avec la reflexion
mallarmeenne sur le centre de la musicalite qu'est le silence, en homologie avec la blancheur
de la page et les blancs entre les syllabes, mais etant donne le nombre de references ä ce
theme, presqu'ä chaque page des recueils - il suffit de citer «Unten» (GW I, p. 157), ou
«Argumentum e silentio» (GW I, p. 138) - , on comprend difficilement qu'il ait ete meconnu
ici (voir l'importante analyse que Ton trouve dans la premiere partie, «Das Schweigen», du
livre de Georg-Michael Schulz, Negativität in der Dichtung Paul Celans). Cherchant une
solution aux enigmes du texte dans le rituel juif, E. Petuchowski trouve un modele dans une
forme de priere, hyperbolique (le nishmath), que Celan ajusterait ici ä son objet, par le
silence, a savoir «prosai'quement» (loc. cit. p. 121: « . . . posits a God whose attributes merit
silence»; eile exclut que le dieu puisse ne pas etre un objet de louange; le silence ne peut pour
eile que corriger l'inutile hyperbole). Mais le silence est une qualite du langage; il n'est
valorise par aucune autre conformite que celle de la justesse du dire, sans qu'aucun objet lui
soit assig^. II est pour le moins arbitraire de donner aux voyelles-vestiges de la fin une
signification autre que leur depouillement, en dechiffrant l'anagramme croise des consonnes
tombees, pour y retrouver en hebreu «l'ame du mort»; et en plus, d'interpreter le vers
central (v. 5) ä partir d'un autre element de la meme priere («qui est comme toi, qui est ton
egal?» - autant d'entraves posees, et d'appropriations.
50 L'ombre, on le sait, et pas pour Celan seulement, donne la verite au dire; voir en particulier
«Sprich auch du» (GW I, p. 135), avec, dans la strophe 4, le miracle renverse de la vie issue
de la mort: «Wahr spricht, wer Schatten spricht» (ν. 16).
138 Jean Bollack
Jackson fait des «des» de l'art des «hypotheses formelles» 5 ': ils ne sont
plus productifs dans l'experience poetique «nouvelle», mieux appropriee,
renongant ä la «duree». La question de la strophe 3 est prise pour une mise
en question du poeme, se «reduisant» maintenant ä ne plus etre qu'un
etonnement (pour Jackson sur son pouvoir, plutot; pour Pöggeler 52 , sur le
contenu inexprime). En superposant les enonces", on neglige les equiva-
lences ( « - ta reponse»), portees par l'iteration de « - ta» et «ton» ( « D e i n e . . .
- d e i n e . . . / D e i n . . . » ) . Le possessif, au sens fort, Oriente la question, la
situant dans le domaine de l'absence, de la presence ailleurs d'«autre» chose;
definie par le meme pronom, la «reponse» ne diverge pas de la question,
mais l'accord, de son cote, situe la rencontre en un lieu d'alterite oü l'envol
et l'aboutissement coincident.
«Le chant» alors, dans la plenitude (ou la hauteur) du mot («Gesang»,
plutot que «Lied»), s'accomplit dans une conformite a la chose «autre» - un
depouillement, sa propre purification par l'elimination de toute reference
partielle et approximative. Le poeme a sa signification pleine dans la
negation. C'est de ce centre, vers lequel toujours il s'oriente, qu'il tire son
pouvoir negateur qui le fait chant contre les chants, dans une blancheur
parfaite 54 . C'est done le contraire, il me semble, d'une «antiphrase», comme
l'entend Jackson 5 5 . La «noblesse» n'est pas dite pour que soit mieux
«avouee» ensuite la «destitution»: la noblesse serait plutöt dans la faculte de
destituer le dire constitue. O n n'avance pas jusqu'au terme de la destruc-
tion, comme chez Mallarme, pour acceder ensuite ä l'immuable. C'est en
termes mallarmeens que Mallarme est «contredit» (non conteste, mais
contredit) 56 . Le chant est contradiction. Rien ne se reconstruit plus pur,
derriere la mort, que le paysage meme de la mort. Le chant s'abime, dans
son «essence», dans la mort, qui l'anime.
Le silence ne «menace» pas la parole, il en est le terme (toute «connais-
sance dicible» s'y alimente). Ce n'est done pas un nouvel art de la reduction
ou de la «strette»; l'art du «sable» est caracterise justement par cette
«reduction» qui depouille, depuis les debuts, sans rupture. Il n'y a de
La critique
57 Harald Weinrich, «Kontraktionen. Paul Celans Lyrik und ihre Atemwende», Neue Rund-
schau, 79, 1968, p. 121; dans le recueil, Uber Paul Celan, herausgegeben von Dietlind
Meinecke, Francfort (Suhrkamp) 1970, 2eme ed. 1973, p.225.
58 « . . . die Theorie von der poetischen Relevanz der Sprache als Mimesis der Welt», loc. cit.,
p.224.
59 «Das Gedicht zeigt an sich selber die Unzulänglichkeit seiner eigenen Sprache», loc. cit.,
p.225.
140 Jean Bollack
60 Villiers de l'Isle-Adam, grand initiateur pour Mallarme, ecrit en date du 11 septembre 1966:
«Quand paraitra le Tratte des Pierres precieuses? J'ai plus confiance en votre alchimie qu'en
celle d'Auriol Theophraste Bombaste, dit le divin Paracelse. Toutefois je vois indiquerai les
Dogmes et Rituels de baute magie d'Eliphas Levy...» (dans: Stephane Mallarme, Corres-
pondance I, 1 8 6 2 - 1 8 7 1 , Paris 1959, p . 2 3 1 , note 1).
61 P. Η . Neumann, op. cit.; p. 98s.
Paul Celan sur sa langue 141
62 Marlies Janz, Vom Engagement absoluter Poesie. 2ur Lyrik und Ästhetik Paul Celans,
Francfort (Syndikat) 1976; reed. Königstein (Athenäum-Verlag) 1984, p. 186s.
63 Op. dt., p. 186. Le poeme se forcerait ä se manifester comme un pour-soi en s'engageant
ainsi, par le detour de l'absolu, dans une lutte pour le pour-soi des sujets (qui seule se
justifie)...
64 Voir mes remarques dans l'etude «Eden, encore», in: L'acte critique. Sur l'ceuvre de Peter
Szondi, Cahiers de Philogie 5, Lille 1985, p.270s. et ailleurs.
65 Op. cit., p. 187.
66 Op. cit., p. 186.
142 Jean Bollack
67 «Vom sozialen Mandat seiner Kunst war Celan bis zum Schluss überzeugt», une phrase qui
meriterait assurement d'etre nuancee; cf. op. dt., p. 187.
" Op. dt., p. 1 2 2 - 1 2 7 (discussion avec Pöggeler au sujet du Meridien), p. 196-200 (discussion
avec Gadamer sur son interpretation du poeme «Du liegst...»).
69 Loc. dt., p. 209.
Paul Celan sur sa langue 143
70 Janz, op. cit., p. 94; Pöggeler, loc. cit., p. 2 0 9 ; pour P. H . Neumann eile est chiffre du silence,
voir ci-dessus.
71 Ce sont les vers 12s. du poeme «Eis, Eden»: «La glace ressuscitera, / avant que l'heure ne se
referme» ( G W I, p. 224).
71 Voir ci-dessus, p. 135s, et la remarque de Maassen, loc. cit., p. 196.
144 Jean Bollack
6. Le propos de Jackson est double. Quel que soit le lien qu'il construit
entre les deux aspects qu'il traite, ils doivent etre envisages separement; leur
portee n'est pas comparable. D'une part, il soutient, comme Pöggeler, que
le poeme traduit une volonte de changement, une retractation programma-
tique. Bien que l'hypothese d'un rejet soit invraisemblable en elle-meme, on
peut developper plusieurs objections tres precises.
a) Si dans la periode par rapport ä laquelle maintenant, avec Atem-
wende, il est cense prendre ses distances, le poete restait enferme dans «le
jeu en miroir des signifiants» ou la realite s'abolit, comment ce qui fait
proprement sa langue et qui se constitue d'un texte ä l'autre, dans son
autonomic, pourrait-il etre abandonne au profit d'une «incertitude»? L'art,
n'est-ce pas la langue, qui n'est ni plus ni moins «consciente de soi» et pour
soi, avant ou apres «Keine Sandkunst mehr»? L'eloignement du reel par le
langage, le demarquage de la poesie, n'est pas different chez Mallarme ou
chez Celan, quoi qu'il en soit de la «realite» qui, dans le nouvel idiome, se
construit74. S'il etait vrai que pour Paul Celan «la realite - ä la difference de
Mallarme - n'est pas le lieu d'une abolition necessaire» (ibid.), la distinction
ne touche pas la nature ou le type de langage poetique, marque par
l'autonomie, mais sa structuration interne, qui seule varie en fonction de la
finalite; l'emploi qui en est fait, dans l'autonomie, et non le principe de
celle-ci. Le «lieu de coincidence» nouvellement recherche entre les deux
instances du langage et du monde75 ne se confoit que comme rencontre
d'elements homogenes. Le «lieu de signification»76 y est egalement indepen-
73 II paraphrase: «Tief im Schnee des Geredes und der sinnentleerten Worte verstummt die
Stimme» (p. 197).
74 Voir Jackson, op. cit., p. 221; il distingue plus justement lä, ä la suite de Gerhard Neumann,
«Die absolute Metapher. Ein Abgrenzungsversuch am Beispiel Stephane Mallarmes und
Paul Celans», Poetica, 3, 1970, p. 1 8 8 - 2 2 5 , entre le langage et la finalite qui en regit l'emploi.
75 Jackson, op.cit., p . 2 2 8 .
76
Op.cit., p.222.
Paul Celan sur sa langue 145
dant dans son principe. II n'y a pas, et ne peut y avoir, de coupure dans
l'emploi d'une langue dejä elaboree, tout au plus dans l'usage accru des
contractions, des condensations, des references implicites, etc
b) Le poeme - ce poeme la - , precisement s'il s'inscrit dans la disconti-
nuite, et qu'il en triomphe, en se maintenant contre sa perte, non dans les
intervalles seulement entre les mots ou les vers, mais, dans l'instant de
l'assemblage des mots, comme une unite precaire, qui tire sa force du vide
contre lequel eile s'affirme, traduit l'experience particuliere de l'un de ses
modes d'etre, et n'est done guere apte ä formuler un «programme» pour des
oeuvres ä venir dont la logique compositionnelle ne sera pas moins ponc-
tuelle (la «these», la, est en contradiction avec les principes que Jackson lui-
meme formule). Je ne pense pas qu'il se trouve des poetiques programmati-
ques dans le sens ou on l'entend dans les poemes de Celan. Ce sont des
«experiences» plutot, personnelles et done linguistiques. L'art avec ses
«regies» s'y affirme et s'y nie, s'affirme en se niant, en se defaisant.
c) La «reduction» qui, selon Jackson, s'instituerait nouvellement est en
fait inseparable de la «visee poetique». Elle a pu s'accentuer tout au plus. II
n'y a jamais eu, chez Celan, de «discours de Pharmonie». Du moins dans sa
facture, son idiome s'est constitue contre toutes les langues existantes de
l'harmonie, s'etant constitute tel qu'il Γ a reconnu pour sien et qu'il s'y est
reconnu pour s'y etre fait («devant le papier, l'artiste se fait», ecrivait
Mallarme ä Eugene Lefebure en 186577). L'hypothese est contredite par la
premisse s'il est vrai que la parole, selon l'auteur, «fait fond» sur le vide -
eile nait de sa puissance negatrice.
En outre «la temporalite homogene» supposee (et supposee rejetee)
n'est pas l'apanage de l'«harmonie». Le poeme vit d'une unite verbale, qu'il
affirme - pour breve qu'elle soit, ne serait-ce que pour nier son unite.
d) Pour Jackson, les voyelles de la fin du poeme manifestent la presence
du langage ä l'interieur du regime symbolique, «un dernier recours»
(linguistique), «l'ultime lieu de la realite», appele «chant». La nature de son
savoir nouveau: «un signifiant», - mais non plus autonome? 78 Ce chant
s'impose-t-il contre un autre «chant» ou serait-il simplement englouti,
menace par le silence glacial? Mais est-ce lä le rapport que le silence
entretient avec la parole; n'en est-il pas plutot une origine, et l'aboutisse-
ment le plus juste? C'est bien le silence qui entre dans les mots, et leur
77
Stephane Mallarme, Correspondance I, 1862-1871, recueillie, classee et annotee par H e n r i
M o n d o r , Paris (Gallimard) 1959, p. 134. «Se fait» est souligne par Mallarme (Paul Celan
avait les trois premiers des onze volumes de la Correspondance, ce qui avait paru de son
vivant, dans sa bibliotheque).
n
Voir ci-dessus, p. 138s.
146 Jean Bollack
donne «sens», leur sens (Jackson, ailleurs, dit bien que la «realite» est «la
p e r t e . . . qui donne son sens ä l'acte poetique») 79 .
7. Le rapport de Celan avec «l'heritage mallarmeen» conduit plus loin 80 .
Jackson tente d'en definir les termes, non sans hypothequer l'exegese du
poeme. Certes «l'abolition du reel» s'accomplit chez Mallarme dans un
ordre absolu et aboutit a la recreation d'un monde qui n'a pas son
homologue chez Celan 81 . Pour incomparable que soit le projet (la «visee»),
lie au «souvenir» de la mort (ou: des morts), la difference ne touche pas le
Statut de la signification. C'est dans les limites d'une pensee radicale des
limites du langage82 qu'il faut situer la phrase, si souvent citee contre son
sens, du «Meridien» sur l'art (mallarmeen) et sur sa «mise en question» 83 .
Ce qui est remis en question, c'est le Statut de l'art comme une «donnee»
(prealable) et comme un absolu (preexistant dans une anteriorite), non
l'«artifice» du langage («artiste»), si l'individuation s'actualise en lui, si par
lui il s'arrache 84 .
Les propos rapportes par Gerhart Baumann 85 notent avec precision la
difference radicale de la visee, au sein d'une meme forme d'art et de grandes
similitudes: «quelque vive que soit l'impression de ressemblance dans
l'abstraction, decouvrant les possibilites de la langue, et la pluralite intermi-
nable du sens, et ce qui finalement tait» 86 . La polyvalence des signifiants
s'oriente vers le silence. Le dialogue, et la reflexion sur les «ressources»
liberees et distinctes du langage, passent par le symbolisme; c'est parce
qu'elles «traversent» le pays de Mallarme qu'il importe tellement de mar-
quer la difference et de depouiller l'usage de la visee qui lui est rattachee et
ne lui est pas inherente: la beaute d'une forme absolue, l'autarcie des
symboles, la conscience que le langage a de lui-meme. La realite «sensible»
tracees par la langue, comme des possibilites qui lui sont ouvertes en eile». Dans Der
Meridian, G W III, p. 197.
83 Sur le «penser jusqu'au bout» de la «logique», «disons de Mallarme» (Der Meridian, GW
III, p. 193), voir aussi mon article «La blessure et le langage juste. Α propos de <Fahlstim-
mig>, poeme de Paul Celan», dans la revue Confrontation, no. 16, automne 1986,
p.159-165.
84 «Une langue actualisee, liberee sous le s i g n e . . . d'une individuation certes radicale,
m a i s . . . » , dans la phrase du Miridien citee ci-dessus.
85 « . . . Durchgründet vom N i c h t s . . . » , Etudes Germaniques, 25, 1970, p. 2 7 7 - 2 9 0 .
86 «So ähnlich manches anmute im Abheben auf die Möglichkeiten der Sprache, auf das
unabschliessbar Vieldeutige und zuletzt Verschweigende, . . . » , p. 287.
Paul Celan sur sa langue 147
pourtant est abolie dans les mots chez Celan aussi bien. «L'attention» du
poeme n'est pas la sensibilite optique, une conquete de plus de l'«ceil»,
rivalisant avec les appareils 87 . C'est dans leur usage distinct aussi que le
sujet, le « m o i » , se trouve, se perd pour se trouver. Seulement, les mots ainsi
«faits» et «refaits» ne se sont pas detaches, dans leur autonomic, de
l'evenement et de l'histoire. L'autonomie n'est pas fermeture, elle n'est
prestructuree par aucune «replique» ordonnee des choses. L'ouverture qui
seule l'oriente ne lui est pas contraire.
Rien de plus tendancieux ni de plus arbitraire que de confondre les deux
plans, reduisant l'un ä la gratuite pour en deduire le refus de l'histoire, puis
de prendre le poete lui-meme pour garant de cette assimilation, en detour-
nant la phrase du «Meridien» de son sens: «Sur Mallarme, Celan s'est
exprime d'une maniere qui exclut l'interpretation suivie par Weinrich et
beaucoup d'autres» 8 8 . L'affirmation est peremptoire, mais intenable. L a
liberte de dire est au principe de l'engagement dans l'histoire.
Les habitudes «hermeneutiques» empechent de voir que «l'art» s'est
coupe des liens referentiels ordinaires du langage sans pour autant se lier ä
un dogme de l'Art.
L a poesie celanienne «nouvelle maniere», selon Jackson ou Pöggeler,
n'oscille pas entre une fonction «transitive» («le rapport ä une realite extra-
linguistique») et sa «conscience de soi» (mallarmeenne); ce serait, suivant les
termes de cette opposition, dans la conscience de soi, telle qu'elle s'affermit
dans le langage et dont il ne se dessaisit jamais, que s'opere l'ouverture
mediatisee sur «la temporalite» 8 9 . Transferee, elle ne s'abolit pas, mais se
redecouvre signifiante. L ' « a r t » meme est tourne vers l'evenement, retourne,
dans «la pure ponctualite d'un projet sans fin», et «dans l'affirmation de soi
du sujet» 90 . L'occasion unique, avec l'absolu d'une affirmation de soi, et la
perception de l'immediat, n'est pas en contradiction avec la reconnaissance
du langage comme realite «ultime et premiere», elle s'y exprime, pergue
comme l'objet d'une conquete, si l'on veut, et se confond avec la grille
51 On donnait du maitre ä George comme ä Mallarme, qu'il prenait pour exemple dans
l'esoterisme. Cependant ni l'usage ni l'effet recherche ou produit ne sont les memes. On
pourrait rappeler que le titre revient en France aux membres de l'Institut, et que Mallarme en
etait revetu ä la fois par opposition, et pour son role d'artiste, de chef d'atelier, comme
Manet ou Rodin. La connotation de modele absolu et de guide souverain devait Γ empörter
en Allemagne.
92 Loc.cit., p. 212.
n La descendance et la reconnaissance doivent etre maintenues contre vents et marees: «Der
Diktion Georges war ein frühes Gedicht wie <Ein Lied in der Wüste> ( G W I, p. 11, cf. III,
p. 31) nicht ganz fremd gewesen». Qu'implique cela? L a lignee est brisee. Pour moi, je l'ai
toujours entendu parier de cet art et de ces pretentions avec horreur.
'4 Loc.cit., p . 2 1 2 .
Paul Celan sur sa langue 149
95 Voir dans Unterwegs zur Sprache, Pfullingen 1959, 2eme ed. Tübingen 1960, l'essai date de
1958, «Das Wort», p. 217-238. Le poeme de George du meme titre illustre l'enigme de la
parole poetique.
96 Op. at., p. 224.
57 Voir la definition de la fonction poetique citee par Szondi dans son essai «Poetry of
Constancy - Poetik der Beständigkeit», dans Celan-Studien, Schriften II, Francfort (Suhr-
kamp) 1978, p. 341-344.
' 8 Voir sur ce poeme, ä la suite de l'etude de Szondi, Schriften II, p. 390-398, mon etude
«Eden, encore» (cf. note 64).
99 La meprise est analysee ä la fin de cet article, «Eden, encore», p. 281-283.
100
Loc. dt., p.214.
150 Jean Bollack
le voit captif, derriere la «grille des mots»101, comme dans une cage ou dans
un cachot - ne s'accordent pas avec la transmission d'un message comme la
plainte, theme oblige, le souvenir «obsessionnel», selon Jackson. Les
categories imaginaires sont ä l'origine d'ukases draconiens: «La plainte
appartient si intimement ä la poesie de Celan que la voie de Mallarme est
interdite». La lamentation est une affaire trop grave pour s'accommoder de
l'«art»102.
Cependant, cet art, Celan l'a pratique jusqu'aux poemes d'Atemwende,
dans une partie que par ailleurs l'on considere comme le sommet de son
oeuvre. II s'en serait repenti, dans un retour (une «Kehre»), regrettant
d'avoir fait de la poesie avec de l'ephemere105, payant peut-etre par un
tarissement (le mutisme) ce qui lui est apparu ensuite comme une trahison.
L'immuable lui est interdit, sa langue s'en est affranchie, en renongant ä «la
poesie pure», et l'ephemere n'est pas la matiere appropriee, apres les camps
d'extermination... Le coupable est frappe d'aphasie.
Si le critique distingue les termes empruntes directement aux vocabu-
laires specialises, geologie, mineralogie ou cristallographie, des metaphores
minieres dont la provenance peut etre identifiee104, la division est sans doute
arbitraire. Le reemploi implique de toute fa^on un transfert semantique,
dont le caractere moins «allusif», et plus evidemment neologique, ne
modifie pas la nature. Pour Pöggeler105, on annulerait les efforts du poete
(pour renouveler le langage?), si l'on faisait de ses poemes «de la litterature,
nee de litterature». C'est d'abord supposer qu'une poesie, comme celle-la,
en raison de la gravite des evenements dont eile porte temoignage, cherche ä
transcender sa propre texture poetique, et done «litteraire», n'etant litte-
101 Pour l'etude du mot «grille» («Gitter»), dans sa relation avec la structure linguistique, je
renvoie ä mon etude du poeme «Sprachgitter» ä paraitre dans A contre-jour. Sur Paul Celan.
Actes du colloque consacre au poete a Cerisy-La-Salle, Paris, Edition du Cerf, en aoüt 1984.
Loin de se referer a une prison que serait la langue non reformee, telle qu'elle existe, le mot
marque la fermeture liberatrice, une separation qui est ä l'origine du langage nouveau (voir
«Schibboleth», G W I, p.131, v. 4).
102 La lamentation ne cadre pas avec Mallarme - trop «artiste» pour avoir assez de gravite: «Die
Klage . . . gehört . . . so zu Celans Lyrik, dass der Weg Mallarme's ausgeschlossen ist»,
loc.cit., p . 2 1 1 .
103 pöggeler, loc cit., p.207s. Jackson, op. cit., p. 218.
104 Voir pour un certain nombre de ces termes, dans le livre de Joachim Schulze, Celan und die
raire que malgre eile, alors qu'elle la structure en profondeur, pour en faire
un instrument qui leur soit conforme. C'est penser qu'une autre forme
d'expression serait virtuellement plus adaptee ä ce que les poemes commu-
niquent, si bien qu'ils seraient comme portes par une tension qui les pousse
ä sortir d'eux-memes et quasiment ä transcender leur propre etre; ainsi
lorsqu'il ecrit: «il ne voulait pas apporter une contribution ä la litterature,
mais sortir de la vie pour faire rentrer la parole dans la vie»106. Le contraire
est vrai. La vie est dans la «lettre» des mots, avant d'etre dans la «vie» — et
plus veridiquement, et non selon Mallarme seulement; autant, selon la
tradition juive. Enfin, en troisieme: la litterature n'est pas devalorisee parce
qu'«issue de litterature». Pöggeler, accumulant par ailleurs ä souhait (et
utilement) les «references», les recuse ici parce qu'il lui importe de liberer le
«message» de ce qui lui apparait comme une limite, quand au contraire le
poete s'inscrit constamment, et avec une prodigieuse virtuosite, dans et
contre une tradition «lettree», pour s'y rattacher en la niant - ou pour la
nier en s'y rattachant.
legerete de ce qui vole, et qui afflue dans son effritement109, et ne permet pas
de transcender la division. II qualifie le type de langue qui s'elabore dans les
poemes, fractionnee par la memoire des morts, poussiere dispersee par le
neant110.
Ainsi, dans «Ce soir aussi» du recueil De senil en seuilm, l'echange ne se
fait pas, comme le dit Pöggeler112, entre la mort, symbolisee par la glace, et
le cours ordinaire de la vie ephemere, de «sable», mais entre la mort et les
mots qui s'assemblent dans le poeme: «En echange tu reclames / du sable».
Qui serait ici le «tu» sinon la personne de celui qui fait — et pourrait ne pas
faire - ce poeme? Le dedoublement n'instaure pas de dialogue interieur, il
rejette le soi jusque dans le neant113. Si le bloc de glace qui s'est fige avec la
mort de F r a n c i s , le premier enfant du poete114, s'est enrichi d'un nouvel
eclat au bord d'une autre mer115 que la Mer noire, les paniers, s'ils vont ä la
ville - et au marche, lieu de l'echange116 c'est que les mots, tels qu'ils ont
cours ä la ville, charges de ce lustre, rapporteront un pesant de paroles, le
poeme.
La deuxieme strophe marque ce retour des mots en leur lieu, de la ville ä
un «chez soi» - un «daheim» qui a investi le dehors. «La derniere / des
roses» ne peut pas etre le Symbole de la mort, comme on le pense (ce serait
une figure de plus, ä cote de la «neige» et de la «glace» - qui demandent
aussi ä etre differenciees), mais plutot d'une concentration des forces vives
s'epanouissant, parce que l'intensite de l'existence emerge du non-etre - la
109 Voir le debut de «Brandung», cite ci-dessus: «Du, Stunde, flügelst in den Dünen» (GW I,
p.69, v.2). Ou dans «Heute und Morgen»: «Von Flugsand / ausgewaschen...» (GW I,
p. 158, v. 4s.) en correlation avec «Flügelaug» (v. 12).
110 Pour le site voisin occupe par «Staub», voir dans le meme texte «Spät und tief»: «Wir
schwören bei Christus dem Neuen, den Staub zu vermählen dem Staube» (GW I, p. 35,
v. 7), et, quelques pages plus loin, dans Mohn und Gedächtnis: «Es ist eine Stunde, die
macht dir den Staub zum Gefolge» (GW I, p.45, v. 2). La poussiere pointe la cendre, au
bout de la route, le sable, les greves desertiques et l'effritement des rocs, dans un meme
pays, eclaires par la meme clarte nocturne des noms. L'exorcisme dans le poeme «Psaume»
de La rose de personne, Tun des plus souvent commentes, «niemand bespricht unsern
Staub» (GW I, p. 225, v. 3), s'applique ä la matiere qui donne vie, dans le verbe (voir aussi
«Staubfaden», s'analysant de la meme maniere, v. 17).
111 «Auch heute abend«, GW I, p. 109.
112 «Vom Tod her wird vergängliches Leben gewonnen», p. 208 - est-ce meme vrai en soi, sous
cette forme, pour cette poesie?
113 Voir, entre autres textes, le poeme «Fahlstimmig», et l'etude citee ci-dessus, note 83.
114 Voir l'epitaphe («Grabschrift für Francois») qui ouvre le deuxieme cycle de Von Schwelle
zu Schwelle, datee d'octobre 1953, et les poemes qui lui font suite.
115 Au moment du voyage en Italie (voir le poeme «Assisi», GW I, p. 108).
116 Le marche, et la ville, dans «Schibboleth», oü «schleiften sie m i c h . . . » (GW I, p. 131,
v. 5s.) reprend un theme deja central dans «Dein Haar überm Meer» (GW I, p. 18), sont
antithetiques de la «maison» qu'est la langue propre, reconquise.
Paul Celan sur sa langue 153
negation ä meme les «noms», comme leurs ombres117. C'est dans ce rehaus-
sement qu'apporte une presence accrue du neant, une proximite de l'abime
- poussant la fleur ä sa floraison118 —, que l'image exprime la plenitude de ce
qui, ä travers elle, est nomine, quels que soient les enrichissements venus
d'autres traditions culturelles (plus litteraires ou plus mystiques) que, selon
les contextes, eile integre dans son aura. Le poeme rend «a la rose» son du,
il l'alimente ä la plenitude, «ultime», parce que distinguee de celles qui ont
ete englouties1", en puisant dans son ruissellement («aus rieselnder Stunde»)
le rythme qui scande. Les grains de sable sont abandonnes au flux de
l'heure, et celle-ci, loin d'etre l'expression d'une fluidite rejetee parce que
trop harmonieuse120, est discontinue d'abord, divisee; ä l'image de l'heure,
ou les choses emergent, brillant de leur eclat de neant, la parole trouve son
rythme, en s'affirmant contre sa suspension.
Semblable est l'echange dans «Sommeil et aliment»121 entre le mouve-
ment d'abord fragmentaire, et son retour rythme. La tenebre « . . . ecoute le
sable de tes heures et te le met devant toi» ( « . . . lauscht deinen Stunden den
Sand ab und setzt ihn dir vor»). Les «heures», ouvertes ä la polarite, livrent
passage aux mots, divisent leur assemblage, font eclore la matiere — et la
rythment.
L'emploi n'est pas moins net dans «Les Globes» de La rose de per-
sonnel, oü le sable est accompagne d'une association explicite: «le sable des
mots» («Wortsand»), en raison de l'antithese entre l'ecriture, «Schrift», et la
parole du poeme.
117 O n a cru que la polarite caracterisait essentiellement le «nom» de la rose (ainsi Winfried
Menninghaus, Paul Celan. Magie der Form, Francfort (Suhrkamp, es 1026) 1980, p. 126:
«ein . . . in sich polares Bedeutungsgefüge», «vielleicht auch weil . . . stets die Erinnerung
einer noch nicht versöhnten Wirklichkeit eingeschrieben bleibt»). La definition, bien trop
formelle, deplace le foyer nocturne: l'eclosion passe par la nuit, eile n'est pas reversible.
118 C'est lä un point sur lequel la lecture (au sens vrai, a savoir critique) de Sein und Zeit et
d'autres oeuvres de Heidegger par Celan pourrait etre utilement etudiee.
119 L'etude de «dernier» («letzter», «zuletzt») montrerait que la valeur n'est pas necessairement
celle de dernier dans une serie chronologique, mais qu'elle s'applique au depassement le
plus radical dont se nourrit la plenitude, toujours ultime.
120 Jackson, op.cit., p . 2 1 8 .
121 «Schlaf und Speise», G W I, p . 6 5 .
122 G W I, p. 274.
II. Tradition - Innovation
AMY D . COLIN
from Celan's Sprachgitter (1959) and Niemandsrose (1963), yet they ignore
the origins of his concept of poetry as expressed in these volumes and in the
"Meridian-Rede." The present chapter shows how Celan's early texts
written in Bucharest and Vienna anticipate crucial ideas of his later poetry.
The readings focus on Celan's largely unknown Roumanian texts
(1945—47), on his Edgar Jene und der Traum vom Traume (1948), and on
his prose texts "Gegenlicht" (1949).
Celan's search for a new mode of writing did not develop in a void. As an
early student of the avant-garde, Celan became acquainted not only with
the various movements in Western Europe but also with the ideas of
Russian Futurism and Formalism long before they were known to a wider
public. Among the avant-garde traditions with which Celan was
acquainted, Surrealism plays a significant role. In Tours (1938), he acquired
an inclusive knowledge of its major poetic theories. By the time he returned
to Czernowitz in 1939, he not only knew some of Andre Breton's poems
by heart but also worked with surrealist images in his own poetry. The
interest in Surrealism stimulated Celan's later study of such other avant-
garde writers as Apollinaire, Eluard, Blok and Esenin in Czernowitz in
1940/41.3
In the cenacle of Roumanian avant-gardists in Bucharest around 1945,
Celan acquired a deeper understanding of the Roumanian surrealist move-
ment and its variegated heritage. When Celan arrived in Bucharest, the
Roumanian avant-garde could look back on a rich tradition. 4 Its father was
the legendary writer Urmuz (Demetru D. Demetrescu, 1883-1923) whose
enigmatic texts, characterized by absurd dialogues and linguistic play, had a
strong impact on modern Roumanian writers from Tudor Arghezi
(1880-1967), the foremost Roumanian poet of the 20th century, to Tristan
Tzara (1896-1963) and Eugene Ionesco (1912-).
3
Years later, in Paris, Celan translated such eminent avant-garde authors as Paul Eluard,
Fernando Pessoa, and Velimir Klebnikov into German. Particularly remarkable is his
translation of Mandel'shtam's poems into German; see Osip Mandel'shtam, Gedichte,
transl. Paul Celan (Frankfurt am Main: S.Fischer, 1959). Über Paul Celan ed. D. Meinecke
(Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1970), pp.294, includes a list of all of Celan's translations
from different languages into German.
4
For a detailed account on Roumanian literature consult Ovid Crohmälniceanu: Literatura
romana μ expressionismul. (Bucurejti: Editura Eminescu, 1971) and George Cälinescu,
Istoria literaturii romane (Bucure$ti: Editura Academiei R. S.R., 1970-73). An intricate
analysis of the surrealist movement in general provides Anna Balakian's The Road to the
Absolute., (London: Allen & Unwin, 1972).
Paul Celan's Poetics of Destruction 159
5 Chalfen, Paul Celan: Eine Biographie seiner Jugend, (Frankfurt am Main: Suhrkamp,
1979), p. 149.
6 Time and again literary critics underscored Celan's proximity to surrealism. F o r instance,
Lielo Anna Pretzer's Gescbichts- und sozialkritische Dimensionen in Paul Celans Werk: eine
Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung avant-gardistischer Aspekte (Bonn:
Bouvier, 1980) examines genitive metaphors, allegorical comparisons, and paradoxa as
manifestations of surrealist tendencies in Celan's poetry. Klaus Voswinckels Paul Celan.
Verweigerte Poetisierung der Welt (Heidelberg: Stiehm, 1974) and Helmut de Haas' " M o h n
und Gedächtnis," Uber Paul Celan, pp. 31, also detect surrealist elements in his work. Yet
Celan himself rejected the idea that his later poetry was indebted to Surrealism: "Ich werde
160 Amy D. Colin
ziemlich oft des Surrealismus bezichtigt, das ist natürlich Unsinn!" Celan once said. See
Harry Neumann: "Wir sprachen mit dem Preisträger," Die Welt 1.2.1958. Otto Pöggeler's
Die Frage nach der Kunst (Freiburg: Karl Alber, 1984), pp. 298, documents Celan's
scepticism toward this movement.
7
Celan, "Partisan al absolutismului erotic," published by Petre Solomon in Transilvania 7
(1982).
Paul Celan's Poetics of Destruction 161
8 Aciphale ed. Georges Bataille, et al. (1936); cited from Bernd Witte, Walter Benjamin
(Hamburg: Rowohlt, 1985), p. 129.
162 Amy D. Colin
The text "Blinded by Giant Leaps," 9 also written in Bucharest around 1946,
fuses far-fetched images into an unusual figurative sequence:
1 Orbiji de salturi uria$e, ne-am Intllnit,
2 cälätori prin miragii, in singura särutare a renunjari;
3 ora e cea de ieri, dar ο aratä un al
4 treilea ac, incandescent, pe care nu 1-am
5 väzut niciodatä in grädinile timpului.
6 Celelalte douä zac imbräfi§ate in sudul cadranului.
7 Cind se vor despärp va fi prea tirziu,
8 vremea va fi alta, acul strain va roti
9 nebun pina va aprinde orele toate cu un
10 foe contagios §i le va topi Intr-o singura eifrä
11 care in acela§ timp va fi ora, anotimp
12 ^i cei douäzeci§ipatru de pa§i ce-i voi
13 face in clipa cind voi muri in jurul statuii
14 oarbe sculptatä din lemnul carbonizat al amintirilor
15 apoi va sari prin geamul plesnit in mijlocul odaii
16 invitindu-mä sä-Ι urmez sa-i fiu tovara§ intr-un n o u
17 orologiu care va mäsura un timp mult mai mare.
18 Eu insa prefer ca vremea sä fie mäsuratä
19 cu clepsidrele sä fie un timp mai märunt,
20 cit umbra pärului täu in nisip
21 fi sä-i pot desena conturul cu singe,
22 ftiind c-a trecut ο noapte. Eu insa prefer
23 clepsidrele ca sä le pofi sfärima
9
Celan, "Orbifi de salturi uria§e. . . p u b l i s h e d by Petre Solomon in Tramilvania 7 (1982).
Paul Celan's Poetics of Destruction 163
Cintec de dragoste10
Song of love
10
Celan, "Cintec de dragoste," Secolul 20, (1971) pp. 80—81.
166 Amy D. Colin
A Dream of Dreams
While the Roumanian poems and prose texts reveal how Celan works with
the poetic devices of the European avant-garde, his introduction to Edgar
Jene's lithographs, Edgar Jene und der Traum vom Traume11 (1948),
develops within its metaphorically rich discourse theoretical reflections on
surrealist techniques as a means of subverting known poetic codes. For
Celan, Jene's lithographs reveal a new mode of artistic expression, since
they combine traditions of Greek and Roman art with unusual figures to
convey the artist's experience of the War. Jene, born in Saarbrücken 1904,
became a leading figure among the Viennese artists after the War and
initiated a 'cult' that combined ancient rituals with surrealist happenings.
When Celan arrived in Vienna, Jene was the "Pope of Surrealism" and
Celan himself became his "Cardinal." Jene illustrated Celan's first volume
Der Sand aus den Urnen (1948) and Celan, in his turn, included commen-
taries on Jene's etchings into his introduction to Edgar Jeni und der Traum
vom Traume,n (see: etching plates I13, II14).
Celan's point of departure in this essay is dissatisfaction with the world.
Words are viewed as a means of changing the world, and the protest against
its violence and injustice results in a critique of language. Traditional forms
of perception and linguistic representation are a prime target of Celan's
polemic. On his journey through the world of Jene's lithographs, the
speaker's eyes attempt to compare the strikingly new objects they perceive
with things already known and seen before (Celan links perception here to
the image of the road). His mouth dismisses such an attempt as utterly
inadequate:
11 Celan, Edgar Jene und der Traum vom Traume (Vienna: Agathon, 1948).
12 According to Gisele Celan-Lestrange, Celan later distanced himself from Jene's work and
even went so far as to tear out Jene's illustrations of his copies of Der Sand aus den Urnen.
1J Celan, Edgar Jene, lithograph, n.pag.
14 Ibid.
168 Amy D. Colin
As the ironic dialogue between the eyes and the mouth suggests, the
speaker interprets and understands the new object not by observing its
characteristics and essence but by modeling his perception of it after
habitual knowledge of something which he imagines to be similar. The new
object becomes a mere "Auch-Baum" because it is still linked to pre-
knowledge. Rejecting comparisons as an adequate cognitive and poetic
device of understanding the world implies a critique of rhetorical tech-
niques employed not only by Celan's own early poetry but also by the
works of his major literary model, Rainer Maria Rilke. Such a critique
results in a re-evaluation of other poetic ideas:
The subsequent passages present a fictitious dialogue between the
speaker and a friend. In search for adequate means of cognition, the friend
attempts to return to a primordial and naive view of the world in the sense
of an "ursprüngliche Schau" (primordial sight) and " A n m u t " (grace) as
outlined in Kleist's Marionettentheater (to which Celan directly refers). For
the speaker, as for Kleist, the "ursprüngliche Sicht" and " A n m u t " open the
history of humankind and will also conclude it, becoming the ultimate goal
of human development and the deeper meaning of life.
The attempt to restore the original meaning of words ("a tree should
become a tree again," line 14) implies, according to the speaker's friend, a
conception of "das Geschehen" (meaning here history, all events, in
particular the War) as a force that does not affect the very essence of words
and their signifiers. Its impact upon words, objects, persons, etc. manifests
itself as their accumulated external "attributes" that can be more or less
easily "cleaned off." But for the speaker and for Celan himself, "das
Geschehen" determines a constant altering of the language's "genuine
substance." Events such as the War leave ineffaceable traces, and a return to
past meanings is, according to Celan, not merely an impossibility but an
hypocrisy:
18Ibid.
" Celan, Edgar Jene, p. 9.
170 Amy D.Colin
In the subsequent passage (lines 37-49), Celan exposes his poetic aims.
The fulfillment of his "dream of dreams" is a poetic language that will both
articulate the "not yet given expression" and exhibit the accumulated ashes
of past meanings and thus its testimony to a destroyed "Sinngebung."
37 Wie sollte nun das Neue und also auch Reine entstehen?
38 Aus den entferntesten Bezirken des Geistes mögen
39 Worte und Gestalten kommen, Bilder und Gebärden,
40 traumhaft verschleiert und traumhaft entschleiert,
41 und wenn sie einander begegnen in ihrem rasenden
42 Lauf und der Funke des Wunderbaren geboren wird,
43 da Fremdes Fremdestem vermählt wird, blicke ich der
44 neuen Heiligkeit ins Auge. Sie sieht mich seltsam
45 an, denn obwohl ich sie heraufbeschworen habe,
46 lebt sie doch jenseits der Vorstellung meines wachen
47 Denkens, ihr Licht ist nicht das Licht des Tages,
48 und sie ist von Gestalten bewohnt, die ich nicht
49 wiedererkenne sondern erkenne in einer erstmaligen Schau.20
Celan's " n e w " and "pure" mode of creating is based precisely on such
poetic devices as the fusion of distant elements, so often employed in avant-
garde verbal experiments and in Celan's Roumanian texts which are indeb-
ted to Surrealism. The subject of lines 37 to 42 is not the speaker but words,
images, and shapes coming together; their encounter appears as a spontane-
ous, unconscious act; in the second part of the sentence (line 43), the
passive "wenn Fremdes Fremdestem vermählt wird" implies the activity of
a consciousness; thus the definitive union of these elements becomes the
product of the artist's work.
An exchange between the senses further enhances the fusion between
the distant ideas, consciousness, and the unconscious. One sense yields the
characteristics of the other, and Celan's poetic images work with the
principle of synesthesia cherished in Romanticism and French Surrealism;
"mein Gehör ist hinübergewandert in mein Getast, wo es sehen
lernt " 21
Through the use of avant-garde techniques, Celan aspires to create a
mode of writing that will induce "Erkennen in einer erstmaligen Schau" and
prevent a process of "wiedererkennen." According to this passage, the
prefix "wieder-" presupposes a comparison between a known currently
perceived image, "Erscheinungsbild," (including a person, object, word,
etc.) and a memory, "Erinnerungsbild." In contrast, the phrase "erkennen
12 "Das Kennen ist dem Erkennen in eben dem Sinn vorgeordnet, in dem laut Kant alle
Erkenntnis der Zeit nach mit der Erfahrung anfängt. Man müßte es donnern gehört haben,
d.h. das Phänomen des Donnerns kennen, ehe man erkennen könnte, daß es in ursäch-
lichem Zusammenhang mit dem Phänomen des Blitzes steht . . . als das Kennen mit dem
Anspruch der Unmittelbarkeit auftritt. Als auf Gleichheit, partieller Ubereinstimmung
beruhendes Auf-Einander-Bezogensein verschiedener Daten, Dinge, Ereignisse schließt
jedoch Wiederholung die gedankliche Vermittlung ein. Von Wiederholung kann nur
gesprochen werden, wo dasselbe in einem und noch einem (a und b) wiedererkannt wird.
Umgekehrt basiert alle Erkenntnis wesentlich auf der Feststellung von Wiederholung."
Handwörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe, (Munich: Kösel Verlag, 1973), I,
p.401.
23 Celan, "Harmonika," Plan 6 (1948), n.pag.
24 Celan, "Dornenkranz," unpublished poem, collection Alfred Kittner.
25 Celan, "Gegenlicht," Die Tat, 14, No. 70 (1949), n.pag.
172 Amy D. Colin
26 In After Babel. Aspects of Language and Translation (London: Oxford Press, 1975), George
Steiner writes: "All of Celan's own poetry is translated into German. In the process the
receptor-language becomes unhoused, broken, idiosyncratic almost to the point of non-
communication. It becomes a 'meta-language' cleansed of historical political dirt and thus,
alone, usable by a profoundly Jewish voice after the Holocaust" (p. 389). But, according to
the early Jene text, language bears within itself the traces of its misuse, and it cannot ever be
purified again. The poet intends to make readers aware of the "dirt" accumulated within
language.
27 Hugo Huppert recalls Celan's refutation of metaphors and comparisons: "Damals in Wien
. . . übte ich noch das Versteckspiel hinter Metaphern. Heute, nach zwanzig Jahren
Erfahrungen mit den Widerständen zwischen dem Innen und dem Außen, habe ich das
Wörtchen 'wie' aus meiner Werkstatt verbannt." Sinnen und Trachten. Anmerkungen zur
Poetologie (Halle/Saale: Mitteldeutscher Verlag, 1973), p. 30. Critics have noted that Celan
continued to use both comparisons and metaphors not only in his Jene text but also in later
poems. But according to the Jeni text, Celan uses comparisons only to ultimately subvert
them, thus uncovering tensions inherent in poetic language.
28 Leonard Olschner's Der feste Buchstab (Göttingen: Vanderhoeck & Ruprecht, 1985),
p. 34—46 assumes the existence of two entirely different languages called German, the
language of the Nazis and that of his mother. There is some truth in this observation, since
Kraus's or Goethe's German is not the same as that of the Nazis. But - according to Celan's
Jene text - our words bear the trace of all uses and misuses. Thus, for Celan, the word "tree"
recalls both the mode in which his mother used it and the image of the branch on which
"rebels have hanged." Rather than presupposing the existence of two different languages
called German, Celan exposes different layers of meaning within the same language.
29 Celan, Edgar Jene, lithograph, n.pag.
30 Celan, Edgar Jene, p. 11.
Paul Celan's Poetics of Destruction 173
The text opens with reflections on the relation between Jene's lithographs
and reality, unsettling the concept of a linear correspondence between
artistic expression and its model as well as the idea of a complete detache-
ment from outside referents. Instead of reflecting or naming "den Alp der
Wirklichkeit," Jene's lithographs vivify our nightmares and amplify our
screams.
After having placed the text within this conceptual frame, the speaker
urges the reader to look at "a mirror" that compels us all to show our true
colors; (the German expression "Farbe bekennen" means to confess a point
of view, perhaps even an ideology): "Seht hin: Dieser untere Spiegel zwingt
alles Farbe zu bekennen:"; the colon following this appeal marks a pause
and signals a further explanation; but instead, the subsequent image, "Das
Blutmeer geht übers Land" (lines 57, 58) transforms Jene's title, "Das rote
Meer geht übers Land," into a powerful allusion to violence and destruc-
tion. Celan's changing vision of the War first assumes the figure of a ghost
that passes through and destroys different regions (line 60), then the
features of a bird of prey with claws similar to the toes of a human being
(line 62), and finally the shape of a tent that covers the entire earth (lines
63). Through the openings of the blood tent, the speaker perceives strange
shapes out of "Blutdunst" (line 67).
174 Amy D. Colin
Gegenlicht
In a series of largely unknown prose texts entitled "Gegenlicht," Celan
develops his concept of an image as an entity evoking a tension between the
new compound word and its habitual components. These prose texts were
published in the Zürich newspaper Die Tat in 1949, one year after the
appearance of Egar Jene und der Traume vom Traume
The neologism "Gegenlicht" first occurs in Celan's introduction to
Jene's lithographs (line 76). In shedding a "Gegenlicht" upon the oaths,
"death" reveals their falseness and uselessness, and thus precisely the
opposite of what oaths are intended to mean. In such a context, the term
"Gegenlicht" (belonging to the same family of words as "beleuchten,
erleuchten, einleuchten") calls to mind the notion of counterinterpreta-
tion,34 which becomes the basic structural principle of the series of texts
with the same title. "Alles fließt: auch dieser Gedanke, und bringt er nicht
alles wieder zum Stehen?"35 The text departs from Heraclitus' fragmentary
verse often repeated in philosophy and literature and lays open a moment of
contradiction inherent in the topos itself. For Celan, the constant transfor-
mation ("everything flows") is also affected by the flow of all things. But by
capturing the "stream of history" within a topos, the line represents a halt
within the constant movement. It preserves the "flow of all things" within a
metaphor. Since the text poses a question without providing a definitive
answer, it leaves the ending open - and compels us to reflect upon the
potential meaning of the topos.
Based on similar principles another text from "Gegenlicht" challenges
our thinking and reading methods:
1 E r legte T u g e n d e n u n d L a s t e r , Schuld u n d U n s c h u l d ,
2 gute u n d schlechte E i g e n s c h a f t e n auf die W a a g e ,
3 denn er w o l l t e G e w i ß h e i t , ehe er G e r i c h t über
4 sich hielt. A b e r die Teller der W a a g e auf solche
5 A r t b e s c h w e r t , behielten die gleiche H ö h e .
6 D a er aber B e s c h e i d haben wollte, u m jeden
7 Preis, Schloß er die A u g e n u n d ging unzählige
8 M a l e im K r e i s u m die W a a g e h e r u m , bis er
9 in der einen, bald in der entgegengesetzten
10 R i c h t u n g , s o lange bis er nicht m e h r wußte,
36Ibid.
" Ibid.
178 A m y D . Colin
There are decisive differences among Celan's Roumanian poems, his intro-
duction to Edgar Jene's lithographs (1948), and the text "Gegenlicht." In
his Roumanian poems, Celan uses surrealist images as a means of evoking
the reader's expectations and then destroying them. In the introduction to
Edgar Jene, he presents a theory of neologism and its components. Follow-
ing Dylan Thomas' idea of poetic images as bearing the seed of their own
destruction, 38 these texts entitled "Gegenlicht" expose discrepancies inher-
ent in the nature of language. For Celan, the moment of destruction of
meaning and "Sinn" comes to generate a new idea more powerful than the
first. In order to reveal these particularities of language, he does not invent a
meta-language but exploits the potential meanings of poetic language.
In the "Meridian-Rede" Celan illustrates further implications of his
poetic ideas. By interpreting passages from Georg Büchner's Danton he
reveals that Lucile's phrase "Long live the King!" uttered at the time of the
French Revolution in the midst of the ongoing murders actually expresses
her decision to die.39 For Celan, Lucile's phrase constitutes "eine Atem-
wende" that he associates with a turn in the sense of a movement, a turn of
meaning, and a turn from life to death. The title of one of Celan's late
volumes of poetry that has often been interpreted as marking a new
beginning in his poetic development is Atemwende (1967). The poems of
this volume further investigate those discrepancies, exposed by the early
work, that are inherent in poetic language. They also advance his concept of
poetry as a crypt that preserves the ashes of a burned down "Sinngebung"
and the testimony of a poet whose life and works were darkened by the
experience of War. Like Freud and Wittgenstein, Celan attempts to
• u).over the history buried in language and make the reader aware of hi.s
"bewitchment by means of words." 40
58
Christoph Schwerin, "Bitterer Brunnen des H e r z e n s - Erinnerungen an Paul Celan,"
Monat, 2 (1981), pp. 73-81. In this article, Schwerin writes: "Er (Celan) verwies auf Dylan
Thomas, der erklärt hatte, jedes Bild trage den Keim seiner eigenen Zerstörung in sich"
(p.74).
" Celan, Gesammelte Werke, III, p. 186.
40
Ludwig Wittgenstein, Philosophical Investigations, Trans. G . Ε. M. A n s c o m b e ( N e w York:
Macmillan Publishing Co., 1958), p. 181.
Amy D. Colin
Plate I 179
180 Plate II A m y D. Colin
•c/3
ü
Iii
Lasset uns schwören im Schlafe
BERNHARD BÖSCHENSTEIN
I.
„Hölderlins Untergang hat mitten in dem Zwang seines Hergangs die volle
Freiheit des antiken Tragödientodes, d. h. er ist der Wirklichkeit näher als
viele Wirklichkeit." 1
Dieser Satz, in Wilhelm Michels Biographie Das Leben Friedrich Höl-
derlins von 1940 angezeichnet, faßt einige der von Celan herausgehobenen
Stellen von und über Hölderlin zusammen. Gewiß gab es, insbesondere am
Ende seines Lebens, eine Annäherung an Hölderlin über dessen Hombur-
ger Jahre 1804-1806, jenen Moment, wo höchste Geisteskraft und sich
häufende Zeichen von Krankheit zusammentreffen. Jedoch sollte der
engere biographische Gesichtspunkt durchaus zurücktreten gegenüber der
Wahrheit eines überpersönlichen Vorgangs, dem dieselbe Notwendigkeit
zugesprochen wurde wie dem Gang der antiken Tragödie. Celan hat sich
gleichermaßen für die „Anmerkungen zum Oedipus" wie für den Schluß
der 2. Fassung des Todes des Empedokles interessiert, wo durch die Gesin-
nung Sophokles' oder Hölderlins jener „objektive Heroismus" 2 (eine For-
mel Michels, von Celan angestrichen) erscheint, der den Dichter zum
Gefäß der seine Person übersteigenden „Urzwiste"3 (wieder eine herausge-
hobene Prägung Michels) macht. Der Tod als Freitod ist dann nichts im
engeren Sinne Persönliches mehr, sondern ein Vorgang, der der „Todes-
fürchtigen" und ihrer „Sorge" spottet und den in den Ätna Stürzenden von
seinen Mitbürgern endgültig trennt, wie am Ende der 2. Fassung des
Empedokles in den von Celan hervorgehobenen Stellen deutlich wird.4
Empedokles als der von den Göttern Gebrauchte, der am „Abend der
1 Wilhelm Michel: Das Leben Friedrich Hölderlins, Bremen 1940. Alle Zitate Michels richten
sich nach dieser Ausgabe. Celan benutzte den unveränderten Nachdruck Frankfurt a. M.
1967.
2 Michel, a . a . O . , S.487.
3 Michel, a. a. O., S. 486.
4 Hölderlin: Der Tod des Empedokles. Anstreichungen Celans in der Hölderlin-Ausgabe der
Tempel-Klassiker, Band 2, S.271 = Kleine Stuttgarter Ausgabe ( K S t A ) IV, 123. Ich wähle
diese Ausgabe, weil Celan in ihr die meisten seiner Hölderlin-Anstreichungen angebracht
hat.
184 Bernhard Böschenstein
5 Friedensfeier, Κ St Α III, 430, V. 111. Celan hat diese Formel aus ,Friedensfeier' im Text der
3. Fassung von .Versöhnender, der du nimmergeglaubt..wahrgenommen. Dort lautet die
entsprechende Prägung: „Denn siehe es ist der Abend der Zeit": Κ St A II, 142, V. 43. Er hat
sie auch bei Michel, a. a. O., S. 492, unterstrichen.
6 „Der Rhein". Κ St A II, 152, V. 114 und 113.
7 Ebd. Κ St A II, 150, V.46. Vgl. dazu: Paul Celan: „Tübingen, Jänner". Gesammelte Werke
(GW) in 5 Bänden, hrsg. von Beda Allemann und Stefan Reichert, unter Mitwirkung von
Rolf Bücher, Frankfurt a.M. 1983: I, 226.
8 Michel, a . a . O . , S.493. Κ St A I, 250, V . 3 f .
5 GW III, 202.
10 GW I, 226.
11 Walter Benjamin: „Zwei Gedichte von Friedrich Hölderlin". In: Schriften, hrsg. von Th. W.
Celan als L e s e r Hölderlins und J e a n Pauls 185
„Beide Welten" kann sich auf den untern und den obern Himmel beziehen,
die nicht mehr unterscheidbar sind. In der früheren Fassung der Ode, in
„Dichtermut", gibt es den „Sonnengott" und die Flut, die ihn, den unterge-
henden, aufnimmt.13 In der späteren Fassung, „Blödigkeit", vermittelt der
Gesang den Ort der Einkehr der Menschen und der Himmlischen, die „mit
Kunst", von den „Händen" des Handwerkers, des Dichters natürlich,
gebracht werden, nämlich den Tod.14 Dessen Bedeutung als Mitte aller im
Gedicht erkannten Beziehungen hat Celan durch Unterstreichung sich
besonders eingeprägt. Von ihm aus gibt es für Benjamin in Hölderlins
Spätphase nicht mehr den für sich genommenen mythologischen Gott, der
dem Dichter den Tod vermittelt. Nunmehr ist eine vom Todesmut, dem
Mut zur Hingabe an die Gefahr, die der Welt droht, bestimmte und
zusammengehaltene, somit aus einer Mitte lebende Gestalt des Gedichts
erreicht, die die Spannung zwischen zwei Welten überführt in eine „höchste
unendliche Gestalt und Gestaltlosigkeit".15 Darin ist jene Gleichzeitigkeit
„beider Welten" aus Celans van Gogh-Gedicht faßbar. Die Fragezeichen
Celans meinen einen Zusammenfall, ähnlich dem, der Lenz im „Meridian"
den Himmel als Abgrund unter sich erfahren läßt.
Dieser vertikale Zusammenfall findet auch in der Horizontale eine die
Pole zusammennehmende Erfahrung. Celan hat in Michels Deutung der
Elegie „Der Wanderer" die Formel „doppelte Auswanderung in Wüste und
Eis"16 angestrichen und damit eine Brücke zu seinen Sand- und Eis-
Gedichten geschlagen, die gleichfalls mit dem Thema der Auswanderung zu
tun haben als eines für ihn unabwendbaren Schicksals. Dem Wanderer
Hölderlins wird eine Verbindung mit dem Himmel zuteil, die Tod bringt:
„Und aus einsamer Luft regnete Feuer herab."17 Celan hat auch diesen Vers
bei Michel unterstrichen und sogar hinten wiederholt, zu dem sich die von
Hölderlin aus Goethes „Grenzen der Menschheit" zitierte Formel „seg-
nende Blitze" im 1. Böhlendorff-Brief gesellt.18 Celan verleiht in einem von
der Vorstellung des Zaddik und der Schechina geprägten Gedicht dem Blitz
eine in und mit der Zerstörung schöpferische Funktion: „ein Blitz / näht
uns die Schädel zurecht". 19 Zu den „segnenden Blitzen" paßt die Schluß-
wendung aus Lichtzwang: „das Wetter im All / hält Ernte."20
Die Blitze sind für den späten Hölderlin durchaus nicht mehr der Gott
selber, sondern er sagt von ihnen im Verhältnis zu Gott: „Jemehr ist eins /
Unsichtbar, schicket es sich in Fremdes."21 Celan hat diesen Vers unterstri-
chen, ebenfalls den damit verwandten, von Michel in größerem Zusammen-
hang zitierten: „Gott an hat ein Gewand"22, den er sogar hinten wiederholt.
„Das Motiv der Götterbergung" 23 , eine Formulierung Michels, die Celan
gleichfalls anzeichnet, steht für ihn so wenig wie für Hölderlin im Gegen-
satz zum Feuerregen oder zum Blitz. Beide Male „schicket . . . sich" das
Unsichtbare in Fremdes, ist ein ,estrangement', entsprechend der „Aus-
wanderung in Wüste und Eis", gestaltet.
Als äußerster Gegensatz dazu lesen sich die Striche und Ausrufungszei-
chen neben der Formel des Brautfests in der Rheinhymne (13. Strophe):
„...Sind, was sie waren, sie sind / Zu H a u s e . . . " , nämlich die „Lieben-
den", „wo die Blume sich freuet / Unschädlicher Glut..." 2 4 Sie allein
vermögen wohl, für Hölderlin wie für Celan, das Zuhausesein zu verkör-
pern, dessen Status für Celan gewiß dem der „Friedensfeier" angenähert
werden kann, nimmt man die Anstreichungen in den Briefen an die
Verwandten über den erhofften Endfrieden ernst wie auch die intensive
Beschäftigung mit dieser Hymne und ihren Vorstufen. Hölderlins Utopie
eines andern Zustands, des „Gemeingeistes"25, der „furchtlosen Güte"26 und
der „einfachen" „Gesinnungen", hat auch für Celan Realität besessen, wie
für Hölderlin auch politische Realität. Unter den Versen „Sind, was sie
waren, sie sind / Zu Hause" finde ich das Datum 17.4.59 und „vgl.
Engführung" eingezeichnet. Ich vermute darin einen Hinweis auf die
Zeilen: „Geh, deine Stunde / hat keine Schwestern, du bist - / bist
zuhause." 27
Gewiß ist dieses „zuhause" im Kontext der „Engführung" das Grab,
der Tod, nun aber, aus dem Hölderlinschen Brautfest heraus gedacht, ein
Tod der Liebenden, wie im zentralen Jerusalem-Gedicht aus Zeitgeböft:
„wir schlafen hinüber", „du betest, du bettest / uns frei." 28
Das Datum des 17.4.59 ist für mich ein unverlierbares: es bezeichnet
den ersten Besuch bei Celan, Gespräche über den während dieses Besuchs
eintreffenden neuen Band Sprachgitter, sicher auch über Hölderlin, beson-
ders über die Rheinhymne. Er hat sie am gleichen Tag gelesen, bis hin zu
den letzten Versen, deren empedokleische Auflösung ihn sicher bestätigt
hat, nach einer dem antiken Empedokles entstammenden Aufzeichnung zu
schließen. Er streicht doppelt an:
Bei Nacht, wenn alles gemischt
Ist ordnungslos und wiederkehrt
Uralte Verwirrung. 2 '
27 G W I, 197.
28 G W III, 105.
29 „Der Rhein". Κ St A II, 156, V. 2 1 9 ff.
50 G W I, 202.
188 Bernhard Böschenstein
Es handelt, wie die Gedichte davor und danach, auch von Erfahrungen in
und mit Jerusalem. Die „Königszäsur" ist auch die Wende von einem
Zustand, dem westlichen, wo die „Lostrommel" herrscht, zu einem
andern, östlichen, wo Gott „als einer der kleinen / Gerechten", als Zaddik,
das Nichts vertritt. Zwischen diesen beiden Welten geht die Grenze, die
Zäsur, die für Hölderlin zwischen seiner modern-religiösen und der pinda-
rischen archaisch-religiösen Dichtung verlief. Dies bedeuten vielleicht die
„zwei Gläser" für den einen wie für den andern Dichter. Im Schicksalsweg
des Alteren fand Paul Celan bis zuletzt Anhaltspunkte für seinen eigenen
Weg. Darum die späte Lesung, zu Hölderlins Geburtstag, einen Monat vor
dem eigenen Tod.
II.
Warum habe ich mir vorgenommen, Ihnen Paul Celan als Leser Jean Pauls
darzustellen?
Öfters erwähnte Paul Celan im Gespräch mit mir, daß der einzige
Dichter, dessen Gesamtwerk er im Juli 1948 nach Paris mitgebracht habe,
Jean Paul sei. Dessen Bedeutung für ihn ist allein schon durch das Jean
Paul-Wort „Sprachgitter" vielen Interpreten deutlich geworden. 32 Kleinere
Abhandlungen von Adelheid Rexheuser 33 und von mir selbst34 haben ein-
zelne Aspekte dieser Beziehung herausgearbeitet.
Nun hat mir Frau Celan die Erlaubnis erteilt, die Bibliothek des
Dichters durchzusehen. Ich habe diese Gelegenheit wahrgenommen, um
die von Paul Celan im Mai 1948 in Wien erworbene 60teilige Gesamtaus-
gabe, die, ohne Jahr, bei Gustav Hempel in Berlin zwischen 1868 und 1879
erschien 35 , auf Anstreichungen hin zu prüfen. Dankbar dafür, daß mir diese
31 GW III, 108.
32 Jean Paul verwendet das Wort „Sprachgitter" fast nur metaphorisch, wobei er sich oft weit
von der ursprünglichen Bedeutung des klösterlichen Sprechgitters zwischen Besucher und
Nonne entfernt. In Eduard Berends Kartei finden sich 21 Belege.
33 Den Blick von der Sache wenden gegen das Zeichen hin. In: Jahrbuch der Jean-Paul-
Gesellschaft 1967, S. 55-72. Jetzt in: Über Paul Celan. Hrsg. von D. Meinecke, Frankfurt
a.M. 1970, S. 174-193.
34 Zwei Jean Paul-Belege stehen zu Celans Gedicht in einer gewissen Beziehung. Vgl. dazu
Verf.: Umrisse zu drei Kapiteln einer Wirkungsgeschichte Jean Pauls: Büchner - George -
Celan. In: Leuchttürme. Von Hölderlin zu Celan, Wirkung und Vergleich, Frankfurt a.M.
1977, 2 1982, S. 171-177.
35 Jean Paul's Werke. 60 Theile, Berlin (Hempel) o.J. Die Unterteilung der 13 Bände in 60
Teile weist je nach der Auflage geringfügige Unterschiede auf.
Celan als Leser Hölderlins und Jean Pauls 189
Möglichkeit eingeräumt wurde, möchte ich jetzt eine knappe Auswahl aus
den mit Bleistift-Randstrichen oder -Unterstreichungen hervorgehobenen
Stellen im Hinblick auf ihre von mir vermutete Bedeutung für den Leser
Celan interpretieren. Es gilt dabei, der Gefahr einer a priori angenommenen
Nähe zwischen den Jean Paul-Stellen und Celans Dichtung durch eine
vorsichtige und selbstkritische Haltung zu begegnen: Celan kannte Jean
Paul bereits in Czernowitz. 36 Er hat ihn vielleicht auch später in andern
Ausgaben gelesen. Er hat aus sehr verschiedenen Gründen Striche am Rand
oder unter den Zeilen angebracht.
Beginnen wir mit einem knappen Inventar:
Der Einteilung der Hempel-Ausgabe folgend, finde ich Spuren des
Lesers Celan in folgenden Werken Jean Pauls: in Ottokars Brief im
25. Sektor der Unsichtbaren Loge; in der „Geschichte meiner Vorrede zur
zweiten Auflage des Quintus Fixlein"; in allen sechs Teilen von Jean Pauls
Biographischen Belustigungen unter der Gehirnschale einer Riesin, nicht im
„Satirischen Appendix"; in den ersten beiden Bändchen des Siebenkäs; in
den ersten zwei Bänden des Titan, dazu in dem ihm beigegebenen Werk
„Des Luftschiffers Giannozzo Seebuch"; in den ersten elf Summulae von
Dr. Katzenbergers Badereise, innerhalb des ersten Bändchens; in allen
sieben Stationen des Kampaner Tals, dazu in den „Erklärungen" der
Holzplatten des ersten und zweiten Gebots; in einigen Teilen der Herbst-
Blumine, nämlich in „Meine Miszellen" (erstes Bändchen), dann in den
Teilen Χ , X I und X I I des zweiten Bändchens; schließlich in den ersten zwei
Abteilungen der Vorschule der Ästhetik
Bei der Auswertung der angestrichenen Wörter und Abschnitte will ich
vom typisch Jean Paulischen Spezialwort zum Jean Paulschen Wortspiel,
von da zu den wenigen von Celan übernommenen Jean Paul-Wörtern, dann
zu den damit verbundenen Themen, denen Celan bei Jean Paul begegnen
konnte, übergehen. Ein zweiter Teil ist nicht mehr auf Wortentsprechun-
gen angewiesen. Er behandelt vornehmlich Todes- und Unterweltsvisio-
nen, wovon die meisten aus dem Titan stammen, die Celan sich am Ende
eines Bändchens im Zusammenhang notiert hatte. Zum Schluß will ich eine
für den „Meridian" vorgesehene, auf Jüdisches bezügliche, von Celan
39
Hempel (He) 5, 10; Hanser (Ha) IV, 270, 19.
39
He 11, 67; H a l l , 82, 33.
40
H e 46, 212; Ha 2 III, 314, 33. Die normalisierte Schreibung „Köter" unterschlägt freilich die
von Jean Paul intendierte wortspielhafte Beziehung zur Stadt Kothen.
41
H e 5, 30; Ha IV, 294, 10 f.
42
H e 5, 30; Ha IV, 294, 21.
43
H e 5, 63; H a IV, 331, 1.
Celan als Leser Hölderlins und Jean Pauls 191
51 G W 1,260.
52 H e 39, 53; H a IV, 615, 22-26.
53 H e 1, 183; H a I, 220, 20.
54 G W II, 26.
55 H e 11, 67; H a II, 82, 21 f. Hempel bringt die modernere Form: eine Periode, Hanser die
von Jean Paul benutzte ältere F o r m : einen Perioden.
56 H e 12, 154; H a II, 180, 8 f.
57 H e 12, 154, Anmerkung; H a II, 180, 36 ( = Anmerkung).
58 G W I, 188.
59 G W II, 50.
Celan als Leser Hölderlins und Jean Pauls 193
60 GW I, 270.
61 He 39, 61; Ha IV, 626, 4-6.
62 He 15, 88; Ha III, 109, 27f.
63 Die bisherige Erklärung im Zusammenhang mit dem Wunsch der Mailänder, Albano als
Marmorskulptur „mit altern versteinerten Göttern . . . in der Villa Albani" aufgestellt zu
sehen, in der berühmten Antikensammlung von Winckelmanns Gönner und Freund, dem
Kardinal Albani, wird damit keineswegs hinfällig (III, 13, 19-22).
64 He 11, 116; Ha II, 138, 30f. und 139, 1 f.
65 GW III, 189.
194 Bernhard Böschenstein
feld", „ein bleicher Kopf . . . ohne Körper", „ein Kreis von Trauerbirken",
ein „unterirdischer Fluß", dazu eine Szenerie wie diese: „ein Turm voll
blinder Tore und blinder Fenster stand in der Mitte, und die einsame Uhr
darin sprach mit sich selber und wollte mit der hin- und hergeführten
eisernen Rute die immer wieder zusammenrinnende Welle der Zeit ausein-
anderteilen".74 Und Roquairols Worte: „„Ich bin ein Sterbender, und das
ist mein Gesicht," (indem er die gelbe Totenmaske emporhielt) „aber ich
habe meinen Albano, und ich sterbe an ihm.""
Dies Thema der Blindheit und der Todesuhr wie auch der Liebe auf
dem Grunde der Todesweihe bringt gegenüber den beiden vorangegange-
nen Partien eine Steigerung und enthält von Celan mehrfach verarbeitete
Motive.
Als letzte am Schluß vermerkte 77ta«-Stelle steht die Anmerkung über
den Tod Jakob Böhmes. Ausgehend von Lianes Wort: „ . . . ich höre jetzt in
mir Musik", fügt Jean Paul eine Anmerkung über das „Selbst-Ertönen"
hinzu und beschließt diese mit dem Beispiel: „.. .in Jakob Böhme schlug
das Leben wie eine Konzertuhr seine Stunde von Harmonien umrungen
aus." 75
Angestrichen wurde im Titan aber auch jene umständliche Anweisung
im Testament von Albanos toter Mutter, die ihm den „Ort des Sarges"
angibt. „Im Sarge liegt eine schwarze Marmorstufe, in Gestalt einer schwar-
zen Bibel; und wenn er sie zerschlagen hat, trifft er einen Kern darin, aus
dem der Christbaum seines ganzen Lebens wachsen soll."76 Mit dem
Medaillon der - vermeintlichen - Mutter ist das der - vermeintlichen -
Schwester verbunden, wobei das Alter beider je vertauscht ist und durch ein
besonderes Taschenperspektiv wieder ins Rechte zurückgeführt wird. Daß
die tote Mutter den Kern von Albanos Leben verwahrt und daß sie ihm
zusammen mit seiner Schwester, ihrer Tochter, als Bild erscheint, ist für das
Handlungsgerüst des Romans und für die Richtung, die Albanos Zukunft
nehmen soll, in ihrem steten Rückbezug auf eine nie mehr einholbare
Vergangenheit, entscheidend. Diese Grundlegung des Kommenden durch
den Tod der Albano am nächsten Stehenden ist für die Grundierung dieses
charontischen Romans insgesamt entscheidend und für den Leser Celan ein
springender Punkt. Auch die in Celans Frühwerk dominante Mutter-
Schwester-Verbindung, ja -Verwechslung mochte ihm als eine Bestätigung
erschienen sein.
77 He 39, 51 (Anmerkung); Ha IV, 613 (Anmerkung), 37 und 614, 33-37. Hempel bringt die
falsche Form „des ästhetischen Menschen" statt „des ätherischen Menschen".
78 He 2, 23 f.; Ha IV, 26, 18-20 und 26 f., 2 9 - 7 . E. Berend verweist im Kommentar zu seiner
Kritischen Ausgabe auf ein Fragment des jungen Friedrich Schlegel über Goethe, als
Vorabdruck in Reichardts Zeitschrift Deutschland erschienen (2.Stück, S.260). N.Miller
deutet in seinem Kommentar zur Hanser-Ausgabe auf Schillers 22. „Brief über die ästheti-
198 Bernhard Böschenstein
Abschnitts ist der Passus „alle Fülle auskernen und ausspelzen" noch
besonders unterstrichen.
Von hier aus läßt sich Celans Verwendung der Sprache eines bis in die
abgelegensten Details nachweisbaren Sonderbereiches der Natur, des
Handwerks, der Technik als Zeichen dezidierten Kampfs gegen klassizisti-
sche Stofflosigkeit und Formglätte sowie gegen narzißtischen ästhetischen
Selbstbezug verstehen, die der Vollkommenheitsästhetik als tödliche Makel
anhaften. Und hier ist Jean Pauls Vorläuferschaft für Celan so wichtig wie
diejenige Büchners, der den gleichen Kampf gegen Schiller führt und dabei
gleichfalls von Jean Paul, auch von eben dieser „Vorrede", inspiriert
wurde. 79 Bei den entscheidenden Passagen gegen die Kunst in der Defi-
nition von Dichtung, um die der „Meridian" kreist, stehen diese Seiten Jean
Pauls Pate. Sie stehen in unmittelbarem Bezug zu den 500 von Celan
angestrichenen Spezialwörtern Jean Pauls, die Kern und Spelze zugleich
enthalten. Sie stellen für die Celan-Leser eine Anweisung dar, die natürli-
chen, handwerklichen, technischen Vorgänge, deren Aufzeichnung das
gewählte Wort festhält, mit Akribie zu erforschen, um den Sprung in die
Ebene einer neuen, bisher noch nie gewagten Anwendung auf solche
Vorgänge, die von diesen Bereichen am weitesten entfernt sind, Daten
psychischen und geistigen Eingedenkens, zu ermöglichen.
sehe Erziehung des Menschen" hin, der 1795 im 6. Stück der Hören erschien, S. 71 ff. (vgl.
Ha IV, 1145.)
79 Vgl. dazu meinen unter Anm. 34 angegebenen Aufsatz, besonders S. 150-159.
JAMES Κ . LYON
1 „Rilke und Celan", in Rilke heute. Beziehungen und Wirkungen, Hrsg. Ingeborg H. Sol-
brig und Joachim W. Storck. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1975, S. 49-70.
2 Israel Chalfen, Paul Celan. Eine Biographie seiner Jugend. Frankfurt/Main: Insel, 1979.
S. 77, 99.
3 Allemann, S. 150; Siegbert Prawer, „Paul Celan", in Über Paul Celan, Hrsg. Dietlind
Meinecke. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1973, S. 156.
4 Siehe Notiz in Rilkes Duineser Elegien, Bd. 3, Hrsg. Ulrich Fülleborn und Manfred Engel.
Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1982, S.271. Das Gedicht befindet sich auf S. 151 im Band 3
von der Ausgabe Paul Celan. Gesammelte Werke in fünf Bänden, Hrsg. Beda Allemann und
Stefan Reichert unter Mitwirkung von Rolf Bücher, Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1983.
Weitere Zitate aus dieser Sammlung stehen unter der Abkürzung GW, wobei die Zahlen
jeweils auf den Band und die Seitennummer hinweisen, wie z.B. GW 3/151.
200 James Κ. Lyon
Wenn man mit George Steiner übereinstimmt und Celan, Rilke und
Brecht als die drei „größten Meister der deutschen Lyrik im 20. Jahrhun-
dert" ansieht,5 so steht man vor einer hoffnungslosen Aufgabe. Vergleiche
zwischen großen Dichtern sind nicht nur unhaltbar — letzten Endes sind sie
auch nicht möglich, weil es gerade ihre Einmaligkeit ist, die sie zu großen
Lyrikern macht. Und doch gibt es Bezugs- und Berührungspunkte, unter-
schwellige wie auch vordergründige Verbindungen, ja sogar (sagen wir es
ruhig) auffallende Ähnlichkeiten zwischen Rilke und Celan, um nicht von
einer leisen geistigen Verwandtschaft zu sprechen.
Außer der besonderen Beziehung, die sie als begabte und sensible
Kinder zur Mutter hatten (beide sind ohne Geschwister aufgewachsen),
teilten sie das Schicksal, am Rande des deutschen Sprachraums aufgewach-
sen zu sein, und zwar jeder in einem Gebiet, wo eine deutschsprechende
Minderheit bestrebt war, ihre Muttersprache nicht nur aufrechtzuerhalten,
sondern auch literarisch aufzuwerten. Beide zeigten am Anfang noch eine
gewisse Abhängigkeit von der Romantik und Nachromantik, obwohl auch
beide sich zur zeitgenössischen französischen Dichtung hingezogen fühl-
ten. Und es scheint, als ob es das freiwillige Exil war, das diese permanen-
ten Heimatlosen zu europäischen bzw. kosmopolitischen Dichtern geformt
hatte. Celan soll betont haben, daß die Lektüre von Rilkes Malte für seine
Entscheidung, nach Paris überzusiedeln, von großer Bedeutung wäre.6 Ihr
gespanntes, ja geradezu unversöhnliches Verhältnis zu Deutschland und der
deutschen Dichtung bzw. zu vielen deutschen Dichtern ihrer Zeit bedarf
keiner Erörterung, weil das inzwischen wohl bekannt ist. Weder Rilke
noch Celan kann man im engsten Sinne des Wortes als „deutschen" oder
„österreichischen" Dichter bezeichnen, denn sie haben sich bewußt zu
europäischen Dichtern gemacht, deren Dichtersprache fast nur zufällig
Deutsch war. Schon die Anzahl und Vielfalt ihrer Ubersetzungen aus
verschiedenen europäischen Sprachen ins Deutsche zeugen von der starken
Affinität, die sie zu fremdsprachigen Dichtern und zu anderen Sprachen
spürten. Bei Mandelstamm hat Celan gelesen, daß ein Lyriker nur das sagt,
was andere Dichter ebenfalls schon in anderen Sprachen sagen oder gesagt
hätten. Rilkes und Celans Ubersetzungen aus verschiedenen Sprachen
scheinen nicht nur ein Bekenntnis zu diesem Satz zu sein, sondern auch den
Versuch darzustellen, Sprachgrenzen zu überschreiten und dadurch eine
5 George Steiner, „The Loud Silences of Paul Celan", Jewish Quarterly 2 8 : 4 (1980-81),
S. 49.
6 Marlies Janz, Vom Engagement absoluter Poesie. Zur Lyrik und Ästhetik Paul Celans.
Frankfurt/Main: Syndikat, 1976, S.213.
Rilke und Celan 201
7 Daß Rilke seine letzte Elegie der Marina Zwetajewa gewidmet hat, und daß Celan die
Formulierung „alle Dichter sind Juden" von ihr als Epigraph zum Gedicht „Und mit dem
Buch aus Tarussa" ( G W 1/287) genommen hat, ist nur einer von vielen Hinweisen auf eine
geistige Verwandtschaft, die beide zur russischen Literatur hingezogen hat.
8 Nach dem Abschluß dieses Aufsatzes ist eine Studie erschienen, die Celans Verhältnis zur
bildenden Kunst eingehend untersucht: O t t o Pöggeler, „,Schwarzmut'. Bildende Kunst in
der Lyrik Paul Celans", in Die Frage nach der Kunst. Freiburg/München: Karl Alber
Verlage, 1984, S. 2 8 1 - 3 7 5 .
9 Janz, S. 131.
202 James Κ. Lyon
,0 Siehe James K . L y o n , „Paul Celans Language of Stone: The Geology of the Poetic
Landscape", Colloquia Germanica 3 / 4 (1974), S. 2 9 8 - 3 1 7 . Laut Aussagen von Jörg Ortner,
Paris, 1972, soll Celan unter anderem folgende einschlägige Sachbücher besessen haben:
Fritz Machecek, Gletscherkunde; Gerhard Schott, Physische Meereskunde; und Günther
Stegmüller, Physische Geographie und Astronomische Geographie.
11 Oskar Seidlin, „The Shroud of Silence", Germanic Review 28, N r . 10 (1953), S.260.
12 Beda Allemann, Gespräch in Bonn, 30. Aug. 1982.
13 Peter H o r s t Neumann, Zur Lyrik Paul Celans. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1968,
S. 18.
14 Ebenda.
15 Janz, S. 27.
Rilke und Celan 203
16 Johann Firges, Die Gestaltungsschichten in der Lyrik Paul Celans ausgehend vom Wortma-
terial. Dissertation, Universität Köln, 1959, S. 109; Klaus Voswinckel, Paul Celan: Verwei-
gerte Poetisierung der Welt. Versuch einer Deutung. Heidelberg: Lothar Stiehm, 1974, S. 48;
Janz, S. 58.
17 Paul Celan. Boston: Twayne, S. 59 ff.
18 Beda Allemann, „Die Niemandsrose", S. 15-151.
" Werner Söllner, „Helles Ruhn und dunkles Schwärmen. Zum Frühwerk Paul Celans",
Neue Literatur (Bukarest), Nr. 11 (1975), S. 89.
204 James Κ. Lyon
20 Söllner, S. 94, behauptet: „Die Bezüge zu Rilkes Dinggedichten müßten einer eingehenden
Analyse unterzogen werden." Er gibt mehrere Beispiele von Ähnlichkeiten im Inhalt sowie
in den Bildern.
21 Seidlin, S.260.
Rilke und Celan 205
wie viele seiner Gedichte auch gegen Dichter bzw. dichterische Werke
gerichtet sind. Gerade in der Auseinandersetzung mit diesen Dichtern
bringt er eine Art Dialog mit ihnen bzw. mit der lyrischen Tradition
zustande, weil ein „Gegenwort" ein zuerst gesprochenes Wort voraussetzt.
Ein solches Gegenwort hat er nach Götz Wienolds Auslegung im Gedicht
„Tenebrae" (GW 1/163) gegen Hölderlins „Nah ist / Und schwer zu fassen
der Gott" gerichtet.22 Nach Hans Mayers Aussage soll „Der Meridian" als
Gegenwort zu Gottfried Benns Konzept von monologischer Kunst verfaßt
worden sein,23 und das Gedicht „Flimmerbaum" (GW 1/233) ist nach
Glenn ein Widerruf von Benns Auffassung des lyrischen Schaffens.24 „Ein
Blatt" (GW 2/385) ist bekanntlich ein Gegengedicht zu Bertolt Brechts „An
die Nachgeborenen,"25 und ein Zitat in „Huhediblu" (GW 1/275) sieht Janz
als Gegenwort zu Hans Magnus Enzensbergers zeitgenössischem Gedicht
„call it love".26 Die Liste ließe sich erweitern, vor allem aus dem Band Die
Niemandsrose, den Janz vom Inhalt her also, eine Art „Anti-Bibel" sieht.27
Bernhard Böschenstein hat konstatiert, daß viele Gedichte aus den
letzten Bänden ein „Programm" darstellen zur „Konstitution noch nicht
vorhandener Sprach- und Dingvorstellungen, die stets im Gegensinn zu
ihren bisherigen Bedeutungszuordnungen eingesetzt werden".28 Das Kom-
positum „Niemandsrose" scheint ein exemplarischer Fall eines solchen
Gegenwortes zu sein. Die Forschung hat dieses Wort fast einstimmig
akzeptiert als Anspielung auf oder Ableitung von Rilkes Grabschrift
(„Rose, du reiner Widerspruch, Lust / Niemandes Schlaf zu sein unter
soviel / Lidern"). Darin sehe ich aber nicht nur eine Anknüpfung an ein
zentrales Bild Rilkes, sondern zugleich ein „Gegenwort" zu und eine
Auseinandersetzung mit vielem, was er mit Rilkes Sprachvorstellungen und
-gebrauch verband. In fast der gesamten Lyrik Rilkes (bis auf seine aller-
letzten Gedichte) besteht mehr oder weniger ein Bezug zwischen dem Wort
und dem vom Wort bezeichneten Ding. Die Rosen in seinen Gedichten, im
Gegensatz zu einer „Niemandsrose", existieren tatsächlich noch, und wenn
nicht konkret in einem Garten, dann doch in vielen Gedichten als Symbol-
die Rose als kabbalistische Metapher für das Volk Israels," oder, in Celans
eigenen Worten, vielleicht „die Toten, die knospen und blühen".34 Dieses
Gegenwort aber, indem es Rilkes Rose entmetapherisiert, verwendet Celan
in einer ihm eigenen „Privatmythologie". Schon der Begriff „Privatmytho-
logie" besagt aber, daß das Wort nicht mehr an die literarische Tradition
oder die konventionellen Werte dieser Metapher anknüpft. Statt dessen
geht es um ein gegen Rilke gerichtetes Gegenwort. In seiner „Meridian"-
Rede sagte Celan selbst, daß das Gedicht der Ort wäre, wo „alle Tropen
und Metaphern ad absurdum geführt werden sollen".35 Genau das scheint
er mit Rilkes Rosenmetapher durch ein einziges Pronomen getan zu haben
- sie ad absurdum geführt zu haben. Den Bruch mit der traditionellen
Vorstellung von „Rose" hat er auch in seiner Spätlyrik konsequent durch-
geführt, indem er dieses ehemalige Lieblingswort nach dem Band Die
Niemandsrose nur noch dreimal verwendet, zweimal davon in total ver-
fremdeter Bedeutung: „Kluftrose" (GW 2/28); und „Rosenaufgang" (GW
2/157).
Celans radikalster Widerruf eines Rilke-Gedichts, oder präziser einer
Haltung Rilkes, kommt im Gedicht „Mit uns" (III, 151) vor. In diesem
1968 (zwei Jahre vor seinem Tode) entstandenen Gedicht nimmt er direkten
Bezug auf Rilkes 5. Duineser Elegie, die bekanntlich von Picassos Gemälde
von den Saltimbanques inspiriert worden ist:
M i t uns, d e n
Umhergeworfenen, dennoch
Fahrenden:
d e r eine
unversehrte,
nicht usurpierbare,
aufständische
Gram.
33 Joachim Schulze, Celan und die Mystiker. Motivtypologische und quellenkundliche Kom-
mentare. B o n n : Bouvier Verlag Herbert Grundmann, 1976, S . 2 7 .
34 Klaus Weissenberger macht diese Verbindung in seinem Werk Zwischen Stein und Stern.
Mystische Formgebung in der Dichtung von Else Lasker-Schüler, Nelly Sachs und Paul
Celan. Bern und München: Francke, 1976.
35 Gesammelte Werke 4 / 1 9 9 .
208 James Κ. Lyon
DIE N A C H Z U S T O T T E R N D E WELT,
bei der ich zu Gast
gewesen sein werde, ein Name,
herabgeschwitzt von der Mauer,
an der eine Wunde hochleckt.
(GW 2/349)
Hier scheint kein Ich mehr zu sprechen, sondern es ist, als ob die Sprache
sich fast verselbständigt hätte und das Wort selbst als Katalysator zu
weiteren Assoziationen agierte.
Manche dieser späteren Gedichte sind auch Sprachreflexionen gewor-
den, worin die Sprache sich fast vom sprechenden Dichter befreit zu haben
scheint. Hierin nähern sie sich der romantischen Sprachauffassung von der
unendlichen Reflexivität der Sprache selbst, die sich immer wieder poten-
zieren und wie in einer endlosen Reihe von Selbstspiegelungen vervielfa-
chen läßt. Celans Nonsensverse, wo dieses Phänomen besonders auffällt,
heben den Unterschied zwischen ihm und Rilke besonders deutlich hervor.
Vom letzteren kann man sich kaum vorstellen, daß er bewußt lyrische
Nonsensverse geschrieben hätte, wie Celan es etwa in „Großes Geburts-
tagsblaublau mit Reimzeug und Assonanz" (GW 3/134) oder „Abzähl-
Rilke und Celan 211
reime" (GW 3/133) getan hat.43 Aber in anderen Gedichten, die scheinbar
auch Nonsense enthalten, wie etwa „Huhediblu" (GW 2/175) oder „Eine
Gauner- und Ganovenweise gesungen zu Paris empres Pontoise von Paul
Celan aus Czernowitz bei Sadagora" (GW 1/229) sieht man, wie viel Tiefes
Celan auf der Oberfläche solcher sprachspielerischen Gedichte verstecken
kann. Doch gleich muß man widersprechen, denn es ist, als ob es nicht
Celan selbst wäre, der mit der Sprache spielt, sondern die Sprache, die diese
Spiele mit sich selber treibt. Mit dem Verschwinden der dichterischen
Stimme in vielen späten Gedichten und dem Trieb zur Heiterkeit, ja zur
Verfremdung durch witzige Assoziationen und Neologismen, käme man in
Versuchung, den problematischen Begriff der „romantischen Ironie" zu
bemühen, wenn man nur wüßte, was genau damit gemeint ist. Wenn man
aber Ich-Ferne, Heiterkeit, sprachlichen Spieltrieb, Verselbständigung der
Sprache und sprachliche Selbstbezogenheit als Elemente dieses Phänomens
akzeptiert, dann erkennt man, daß Celan in der Praxis der romantischen
Sprachtheorie viel näher steht als Rilke. Menninghaus behauptet sogar,
„man könnte geradezu Celans gesamtes ,Sprechen' als ein im genauen Sinn
romantisches bezeichnen". 44 Nach ihm bewegt sich die romantische Spra-
chreflexion in demselben Medium wie die Celans.
Man darf aber deshalb nicht behaupten, Celans Verwandtschaft mit den
Ideen der Romantik sei in jeder Hinsicht enger als bei Rilke. Was ihren
Glauben an die Kunst betrifft, scheint das Gegenteil der Fall zu sein.
Fülleborn stellt fest, daß Rilke noch an das metaphysische Vermögen der
Kunst glaubte, und daß sich sein Werk damit in einer von Nietzsche
ausgehenden Tradition befindet, in der auch der Transzendentalismus der
Romantik nachwirkte. 45 Als Beweis dafür erwähnt er den monologischen
Charakter von Rilkes Lyrik, der „keinen Raum mehr für einen dialogischen
Daseins- oder Dichtungsentwurf" läßt. Er räumt zwar ein, daß Rilke
während der Jahre seiner größten Krise, also 1912—14, um ein dialogisches
Dasein gerungen habe, aber der Versuch wäre in sich widersprüchlich.
Celan dagegen, der den Glauben an das metaphysische Vermögen der
Kunst zum größten Teil verloren hatte, glaubte stark an den dialogischen
Charakter des Gedichts. Als Beweis nennt Fülleborn das „zeitliche
Moment" seiner Lyrik, nämlich Geschehen, Tun, und sprachliches Han-
43 Siehe Amy Colin, „Nonsensgedichte und hermetische Poesie. Ein Vergleich am Beispiel der
Gedichte Paul Celans", Literatur und Kritik Nr. 142 (März, 1980), S. 90-97.
44 Winfried Menninghaus, Paul Celan. Magie der Form. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1980,
S. 253.
45 Fülleborn, S. 67.
212 James Κ. Lyon
Ebenda.
47 Celan, Gesammelte Werke 3/186.
48 „Die Sonette an Orpheus", I.Teil, Nr. VII.
Rilke und Celan 213
zugleich seine persönliche Tragik und der Ursprung mancher der schön-
sten, wenn auch schmerzlichsten Gedichte in der deutschen Lyrik.
Wenn die allzustarke Betonung solcher Unterschiede den Eindruck
entstehen läßt, daß Celan sich von Rilke, der am Anfang seiner dichteri-
schen Laufbahn ein wichtiges Leitbild war, abgewandt oder gar losgesagt
hätte, dann muß das Gegenteil betont werden. Rilke blieb ihm bis an sein
Lebensende wichtig. Daß er sich (unter anderem) Rilkes 5. Elegie, seine
Rosenmetapher und seinen Sprachgebrauch als Anlässe zum Gegenwort
nahm, um seine eigene Sprache an den äußersten Rand zu treiben, bedeutet
weder Ablehnung noch Gegnerschaft, wie er sie ζ. B. gegen Gottfried
Benns Lyrik empfand, sondern eine produktive Auseinandersetzung mit
einem lyrischen Wegweiser, dessen Sprache er schätze und zugleich erwei-
tern wollte. Celan wußte, daß Rilke in der deutschen Sprache Pionierarbeit
geleistet hatte, denn vor Celan hat wohl kein Lyriker im 20. Jahrhundert die
äußersten Grenzen dieser Sprache so radikal erforscht und erweitert wie
Rilke. Daß Celan ihn zu einem wichtigen Ausgangspunkt nahm und diese
Art Sprachgebrauch weiter radikalisierte, ist vielleicht das höchste Lob, das
ein Dichter einem anderen zollen kann.
JOHN Ε. JACKSON
The last verse seems to ask for the accomplishment of the hope invoked by
the image of the blossoming roses in the previous lines. Just as hope may
reemerge after desperation, so roses may grow again in September after
their spring blossom. As for a great number of poems from Sagesse, the
underlying pattern of this text is the Christian pattern of life, death and
resurrection.
Celan's revival of Verlaine's poem runs along a very different line. By
inverting the temporal and logical relation of the roses and of September, his
text subordinates the blossoming of the month to the blossoming of the
flowers, thus creating a paradoxical effect.
Paul Celan's Poetics of Quotation 215
its paradoxical reversal of the importance of the two towns through which
he locates his birth: to situate Paris near its suburb Pontoise implies an
inversion of a logical hierarchy. Villon, in other words, provides Celan
with a model of paradoxical order which he immediately adopts for himself
when he adds that he, Paul Celan, is from Czernowitz, Bukovina's capital,
near Sadagora, a small town of the neighbourhood and, incidentally, his
mother's birthplace. One may presume that the main reason for picking up
this poetic device is its paradoxical character.
Now the reason for this trend towards paradox is given by the first line
of the poem itself. After having identified with the time of Villon in the title
("empres," by the way, is the archaic form for "pres de"), the poem
deliberately breaks back towards its own time when it states that "Damals,
als es noch Galgen gab, / da, nicht wahr, gab es / ein Oben." This some-
what provocative statement requires some explanation. Villon's quatrain
has its origin in the death sentence which has fallen upon the poet who is
to be hung for an alleged murder. The quatrain itself is often regarded as the
parodic prelude to the famous and very serious "Epitaphe Villon," a
fictional prayer adressed in the name of the hanged criminals to the living,
that they may intercede for them. Hence the beginning of Celan's poem.
Villon's fellow victims have indeed felt in their bones the meaning of an
"Oben". But at the same time, this gruesome and sarcastic feeling does not
call into question the major fact that this same "Oben" remains a metaphor-
ical designation for the Christian transcendence which the Epitaph invo-
ques. What the modern poem is underlining is the historical correlation
between a kind of death and the possibility of redemption, a possibility
which seems to remain no longer: the obvious deduction the reader is
invited to make is that there is nowadays no more "Oben" and therefore no
more transcendant instance to which a Jew from Czernowitz near Sada-
gora, modern correspondent to Frangois Villon from Paris near Pontoise,
may appeal. Turning back to our first example, we now understand perhaps
somewhat better the meaning of the reversal of Verlaine's quoted line. In
fact, what the use of the quotation has revealed through its specific gesture
is a basic structure of Celan's poetry, at least at the time of Die Niemands-
rose. The use of paradox, as we have seen, signalizes a double feature. It
points out the inadequacy of Verlaine's symbolist logic on the one hand
and, on the other, it discloses the form of thought, and of expression,
which seems appropriate to the modern situation. That this be a deliberate
and conscious move in Celan's poetics may be gathered from the explicit art
poetique in which at the end of Von Schwelle zu Schwelle the author
adresses himself:
Paul Celan's Poetics of Quotation 217
Sprich-
D o c h scheide das N e i n nicht v o m J a .
es w a n d e r t überallhin, w i e die S p r a c h e ,
wirf sie w e g , wirf sie w e g ,
dann hast d u sie wieder, . . .
In all these cases, the paradox is stated as such. The reader's mind-is directly
provoked to question the non-contradictory logic which he is used to by a
logic in which opposites coincide. "Krumm" and "gerade," "wegwerfen"
and "wieder haben," "Gebet" and "Lästerung" are thus equated to suggest
218 John E.Jackson
an order in which No, the sign for negation, has not been separated from
the affirmative Yes.
In other poems, this logic can take the form of a mere inversion, as was
the case in the allusive quotations with which we began. Here the paradox
is, if one may express oneself this way, enacted more than explicited. The
best example of this type is maybe the first poem of the volume:
ES W A R E R D E I N I H N E N , und
sie gruben.
The poem suggests that the act of digging has shifted in the course of the
poem from its original macabre and self-destructive meaning to a metaphor
for the act of love. But although the negative has turned to positive, the
original meaning remains as a memory. The fact that this is the opening
poem of Die Niemandsrose may indicate that this kind of dialectic structure
is, at least in part, representative of the whole volume's aim.
I see a hint to this aspect of the poem in what is doubtless the most
eloquent and most famous reversal of the book, Celan's use of "niemand"
in the poem which gives its title to the volume. It is not my intention to
comment after so many others the theological problem at stake in this
"psalm." What I am concerned about here is the mere fact that the reversal
of "niemand" (a nobody) to "Niemand" (with a capital " N " invoking
perhaps God's name) is enacted before our eyes alongside the use of one
and the same word, that is, the paradox, which is syntactical in "Eine
Gauner- und G a n o v e n w e i s e . . . " or in "Es ist alles a n d e r s . . . " , has become
Paul Celan's Poetics of Quotation 219
In this prose piece division isn't internal, but external. It works through
duplication: there are practically no identities in this sentence which are not
double, the sun, and not the sun only, has declined, the Jew is Jew and son
of a Jew, he goes and walks out of his house, and with him goes his name,
which in its turn is unpronounceable, even the expression "über Stock und
Stein" is divided as is the speaker, the "I," "ich bin's, ich und der andre."
The remarkable fact about this beginning is that it starts off as a sort of
traditional tale, but immediately breaks the conventional simplicity of the
language of tales by duplicating each of its elements. We are thus simultane-
222 John E.Jackson
1
Gesammelte Werke in 5 Bd. Frankfurt 1983. 114. - Celans Traumthematik behandelt am
eingehendsten L . A . Pretzer in dem - irreführend so benannten - Buch: Geschichts- und
sozialkntische Dimensionen in Paul Celans Werk. (Bonn 1980.) Obgleich dieser Darstellung
gravierende methodische Mängel anhaften, vor allem die direkte Applikation der surrealisti-
schen Bildkonzeptionen auf Celans Dichtung, hat sie doch das Verdienst, das Werk sehr
genau auf die Traumthematik hin durchgearbeitet zu haben.
2 117.
3 149.
224 Renate Böschenstein-Schäfer
das wir spielten als Träume auf den Schiffen der Lust" - 4 ; nie geht aber die
Sprache über das andeutende Nennen und das bildhafte Umschreiben des
Geträumten hinaus. So ist oft auch nicht auszumachen, wo vom individuel-
len Traum des Ich und wo vom kollektiven Wunschtraum die Rede ist. Die
allegorischen Gestalten, die der Traum im Frühwerk annimmt, zeigen, daß
dem Wort ganz verschiedene Kategorien von Träumen subsumiert werden.
Die für den Traum so unpassend scheinende Kennzeichnung „Monsieur le
Songe" als „hager Männlein" 5 erklärt sich aus dem für Celan, wie sich noch
zeigen wird, fundamentalen Prinzip der Metonymie, die den schlafbringen-
den Sandmann mit seiner Gabe identifiziert. Der Traum erscheint hier als
fremdes Prinzip von außen, welches das Ich überwältigt. Wenn dagegen
der Traum die „Gestalt eines Ebers" 6 annimmt, der die Wälder durch-
stampft, exteriorisiert sich offenbar die leidenschaftliche Aggression des
individuellen Unbewußten - ohne daß dessen Züge individualisiert würden.
Attribut des Ebers ist vielmehr die von ihm aufgespießte „bittere N u ß " : die
Chiffre des Rätsels. Schon auf dieser Stufe läßt sich Celans Dichtung eher
beschreiben als eine bildliche „Traumlehre" denn als traumhafte Bilder-
oder Assoziationskette. Freilich scheint sich der junge Celan in einem Text
zu identifizieren mit den romantisch-surrealistischen Hoffnungen auf die
Entdeckung einer wahreren Welt im Unterreich des Traums: in seiner
Einführung zu den Lithographien von Edgar Jene. 7 Aber auch hier gibt er,
durch die Rolle des Kommentators geschützt, wenig preis von seinem
eigenen „heimlichen Leben". Und selbst der Kommentar verschiebt das
Geträumte ins Verschwiegene, wenn er zu einem B o o t sagt: „Wir besteigen
es schlafend: so sehen wir, was zu träumen bleibt." Der Titel „Der Traum
vom Traume" gewinnt so eine ironisch-resignierte Note. 8 Fast scheint es,
4 134.
5 128. Ch. Pereis hat in seinem ausgezeichneten Aufsatz: „Zeitlose und Kolchis" ( G R M 29,
1979, S. 4 7 - 7 4 ) diese Allegorie als Pendant einer - deutsch in den französischen Text
eingelegten - Formulierung in Apollinaires „Rhenanes" nachgewiesen („Herr Traum").
Celans Umbildung bezeichnet das Hinüberwandern der deutschen Traumdichtungs-Tradi-
tion nach Frankreich.
6 198.
7 III 1 5 5 - 1 6 1 .
8 Mit M. Janz, die in ihrem Buch: Vom Engagement absoluter Poesie: Zur Lyrik und Ästhetik
Paul Celans (Frankfurt 1976) differenzierte Beobachtungen zum Stellenwert des Traums im
Frühwerk vorlegt, sehe ich den wichtigsten Beitrag der surrealistischen Kontakte Celans in
seiner frühen Bekanntschaft mit dem Werk Freuds. (Unbeachtet bleiben können in unserem
Zusammenhang die Divergenzen zwischen Freud und den Surrealisten; vgl. dazu J. Staro-
binski: „Surrealismus und Parapsychologie". Schweizer Monatshefte Jg. 45, 1966,
S. 1 1 5 5 - 1 1 6 4 . ) Wann er seine - später sehr gründlich betriebene - Freudlektüre begonnen
hat, steht meines Wissens nicht fest. I. Chalfen, dessen Zuverlässigkeit aber oft bezweifelt
wird, setzt seine Bekanntschaft mit den „allgemeinen Zügen von Freuds Lehre" für 1944 an
Traum und Sprache in der Dichtung Paul Celans 225
als solle die Dominanz des Wortes „Traum" in Celans Frühwerk die
Funktion haben, die Freud der Uberbetonung bestimmter Details für den
Traum zuschrieb: wie diese vom latenten Traumgedanken ablenken, so hier
das Nennen des Traums vom Schweigen über ihn. 9
Woher, wozu diese radikale Verweigerung? Ein Grund ist ohne Zweifel
der auf dem Traum als auf einem Grab lagernde „Inzest-Stein" 1 0 . Es gibt
aber noch einen anderen Grund, der spezifisch ist für die historische
Situation, in der Celans Dichtung ihren Ausgang genommen hat und in
dem das Individuelle sich daher zum Allgemeinen der Generationserfah-
rung transzendiert. N o c h während des zweiten Weltkriegs schreibt der
junge Celan das Gedicht „Notturno"."
(P. C . Frankfurt 1979, S. 137). Mit den Prinzipien der Traumdeutung war Celan zweifellos
schon durch Bretons damals sehr bekannte Schrift „Les Vases communicants" (1933)
vertraut.
' S.Freud: Die Traumdeutung. Studienausgabe Bd. 11. Frankfurt 1972.
10 II 214.
11 Das Gedicht ist abgedruckt in der - nicht leicht zugänglichen - Dissertation von G. Gu{u:
Die rumänische Koordinate der Lyrik Paul Celans. (Leipzig 1977.) Eine Kopie von Gujus
Textcorpus verdanke ich der Freundlichkeit von Evelyn Hünnecke.
12 Daran ändert nichts, daß populus und pöpulus sprachgeschichtlich nicht verwandt sind.
226 Renate Böschenstein-Schäfer
niemals aussetzen darf: „Schlaf nicht. Sei auf der Hut." So ist auch eine
vertrauensvolle Anheimgabe an das Unbewußte ausgeschlossen. Man ver-
steht auch die große Distanz zwischen den von der Außenwelt angebotenen
Zeichen und dem sprechenden Bewußtsein. Zwar heißt es, die Teiche seien
das Blut des Ich, aber gerade die formale Identifikation zwischen Subjekt
und Natur macht deutlich, daß hier keine innere herrschen darf, sondern
nur Projektion. Daß die Preisgabe des Traums Gefahr bedeutet, betont mit
dem gleichen Bild noch ein späteres Gedicht, das in bezug auf die wissen-
schaftliche Erforschung des Seelenlebens von „leergeleuchteten Teichen"13
spricht. Die beiden im Jugendgedicht hervortretenden Faktoren aber -
Präsenz des Bewußtseins und Distanz zwischen diesem und seinen Bildern
- sind die Hauptkennzeichen allegorischen Sprechens. Mittels dieser
Sprachform öffnet sich strukturell der Traum, der sich inhaltlich verwei-
gert. Dieser Ubergang vom Inhalt in die Struktur ist für Celans Schreiben
zentral: „Im Chiasmus ist das Kreuz näher als im Thema ,Kreuz'" heißt es
in einer poetologischen Notiz.14 Auf diesen Ubergang ist noch zurückzu-
kommen.
Die Angst vor dem Eindringen einer feindlichen Gewalt ins Intimste
der Seele ist eine zeittypische Erfahrung. Das Verhalten des Unbewußten
unter dem Naziregime belegen in überaus aufschlußreicher Weise die
Träume, die in den ersten Jahren dieses Regimes Ch. Beradt gesammelt
hat.15 Die beigefügten Kommentare der - nach Alter und Beruf ganz
unterschiedlichen — Träumer lassen die größere Hellsicht des Traums in
bezug auf die Wirklichkeit erkennen: der Traum zeigt, was das Tagesbe-
wußtsein verharmlosen möchte: das Ausmaß des Terrors und die eigene
Bereitschaft zur Assimilation. Eine große Rolle nun spielt in diesen Träu-
men das Schwinden des privaten Schutzraums. Ein Zimmer verliert plötz-
lich seine Wände. Diese Angst vor der absoluten Entblößung gipfelt in der
Angst vor dem Traum als potentiellem Verräter. Aus Vorsicht träumt ein
junger Mann nur noch von geometrischen Figuren. Von der gleichen unter
den KZ-Häftlingen verbreiteten Angst spricht Jean Cayrol in seinem - von
Celan übersetzten - Kommentar zum Film „Nacht und Nebel" von Alain
Resnais.16 Von hier aus ist ohne weiteres verständlich, besonders wenn man
13 II 181.
14 Für die Erlaubnis, einen Teil von Celans Notizen durchzusehen, danke ich Gisele und Eric
Celan.
15 Das Dritte Reich des Traums. (Frankfurt 1981.)
16 IV 81 f.
Traum und Sprache in der Dichtung Paul Celans 227
bedenkt, daß Celan zwei Terrorsysteme erfahren hat' 7 , daß die Formeln der
Abwehr gegenüber einem Eindringen ins Unbewußte immer wieder in
seinem Werk auftauchen: „Komm, wälz mit mir den Türstein / Vors
unbezwungene Zelt". 18
Die Bedeutung dieser Verweigerung für Celans Schreiben ist nicht zu
überschätzen. Wir stehen hier vielleicht vor dem singulären Fall eines
Dichters, der, aufs genaueste vertraut mit der Bedeutung unbewußter
Impulse für den poetischen Akt, auf diese verzichten mußte. Das wog in
seinem Fall um so schwerer, als er ja eben in einem Unbewußten das, dem
sein Schreiben verpflichtet war, das Gedächtnis der Toten, auf eine Weise
verankert wußte, die an intensiver Gegenwart alles willentliche Erinnern
weit hinter sich läßt. In dieser grausamen Aporie aber zeigte gerade das zu
stetem Wachen verurteilte Bewußtsein dank seiner frühen Bekanntschaft
mit der Natur des Unbewußten zwei Auswege. Davon ist der erste die
Konzentration auf das Erwachen, der zweite die Übernahme von Struktu-
ren der Traumsprache in die poetische. Anstelle der Traumbilder themati-
siert der Dichter die Versuche, durch Festhalten des Traums den Kontakt
mit dem Unbewußten herzustellen. „Schacht", „Schlucht", „Steigrohr"
sind Varianten der Vertikale, die besonders in den Bänden Atemwende,
Fadensonnen, Lichtzwang den Weg der Traumelemente ins Bewußtsein
bezeichnet. Auch dieses Erwachen hat eine historische Dimension. Im
„Passagenwerk" hat W. Benjamin aus der Analogie zwischen dem Traum
des einzelnen und dem kollektiven Generationstraum eine „neue dialekti-
sche Methode der Historik" entwickelt: „Erinnerung und Erwachen sind
aufs engste verwandt. Erwachen ist nämlich die dialektische, kopernikani-
sche Wendung des Eingedenkens." 19 „Die Verwertung der Traumelemente
beim Aufwachen ist der Kanon der Dialektik." 20 Freilich besteht bei diesen
historischen Traumbildern keinerlei Berührungsverbot. Aber auch Celan
erlaubt die schützende Präsenz des Bewußtseins, mit der Schilderung des
dialektischen Akts der Traumerinnerung etwas von dem im Traum Erfahre-
nen zu verbalisieren. Repräsentativ für die Darstellung dieses Akts sind
17 Als Kenner der russischen Literatur war Celan vertraut mit der als „Sprache Aesops" seit der
Zensur der Zarenzeit praktizierten Anspielungstechnik. So scheint etwa der Vers: „Wer wie
du und alle Nelken Blut als Münze braucht und Tod als Wein" (149) eine Kritik am
sowjetischen Terrorsystem durch die Anspielung auf die rote Nelke, das Symbol der
leninistischen Revolution, anzudeuten.
18 III 146.
1. D E I N V O M W A C H E N stößiger Traum.
Mit der zwölfmal schrauben-
förmig in sein
Horn gekerbten
Wortspur.
sie setzt
Wundgelesenes über.
21 II 24 f.
Traum und Sprache in der Dichtung Paul Celans 229
22 Odyssee 19, 5 6 2 - 5 6 9 .
23 1270.
24 I.Mose 19,15.
25 Vgl. dazu J. Lacan: „Variantes de la cure-type; L'instance de la lettre dans l'inconscient;
Subversion du sujet et dialectique du desir". In: Ε erits (Paris 1966, besonders S.361,
230 Renate Böschenstein-Schäfer
2 ' R. Warning hat sehr differenziert gezeigt, wie in einem Gedicht von Eluard die Oberflä-
chenbilder sich in der Tiefenschicht nicht traumanalog verzweigen, sondern zu einem Motiv
konvergieren. („Der Traum der Surrealisten". In: Fragment und Totalität. Hg. v. L. Dällen-
bach u. Ch. Hart Nibbrig. Frankfurt 1984. S. 320-336.)
Traum und Sprache in der Dichtung Paul Celans 231
30 II283.
31 II 413.
32 I.e. S . 5 0 7 - 5 0 9 .
33 II 38.
34 Die Zahl 20 könnte auf die 21 Mitglieder der Narodnaja-Wolna-Bewegung weisen, die 1884
ins Neue Gefängnis verbracht wurden und fast alle starben.
35 I.e. S . 4 4 7 f f .
36 „Allegorische Züge in der Dichtung Paul Celans". Etudes Germaniques 25, 1970,
S. 2 5 1 - 2 6 5 .
232 Renate Böschenstein-Schäfer
irre geworden zu sein, glaube ich, daß sie sich durch die Aufdeckung der
Wurzeln des allegorischen Verfahrens in der Traumsprache noch vertiefen
läßt. Wenn Freud beobachtet, daß die Traumarbeit bei der Gestaltung von
„sehr abstrakten und einer direkten Darstellung unfähigen Gedanken" zu
einem Material greift, das zu diesen in „oft allegorisch zu nennender
Beziehung" steht37, so knüpft er bereits an die Erfahrungen anderer Träu-
mer an: schon Kellers Grünen Heinrich ängstigen die ihn in der Nacht
heimsuchenden „buchgerechten Allegorien". Ein schönes Beispiel für die
poesienahe Allegorik des Traums ist das von Freud berichtete Traumbild
einer erotisch verunsicherten jungen Frau, die sich wie einen Verkündi-
gungsengel mit einem blühenden Zweig erblickt, der aber nicht Lilien,
sondern rote Kamelienblüten trägt. 38 Will man den Begriff des Allegori-
schen als essentiell auch für die Darstellungsformen moderner Schriftsteller
in Anspruch nehmen, 39 so muß man folgende nicht überall anerkannte
Charakteristika der Allegorie beachten: 1. Die Relation zwischen Bild und
Begriff ist in der Allegorie keineswegs festgelegt. Das zeigen gerade die
klassischen Beispiele allegorischer Bildlichkeit. 40 Ganz irreführend wäre es,
diese Relation nach dem Muster von „signifiant" und „signifie" zu verste-
hen: Bilder und Begriffe formen vielmehr zwei Ketten von „signifiants", die
auf ein unsicheres, verschwimmendes „signifie" hinweisen. 2. Die Basis der
Allegorie ist, der Quintilianschen Definition als translatio continuata zum
Trotz, letztlich nicht die Metapher, sondern die Metonymie. Diese
Erkenntnis ist insbesondere für Celan wichtig, in dessen Rede der metony-
37 I.e. S.502.
38 I.e. S.316f.
39 Zu diesem neuen Forschungsansatz vgl. den Aufsatz von H.R. Jauss: „Baudelaires Rück-
griff auf die Allegorie". In: Formen und Funktionen der Allegorie. Hg. v. W. Haug
(Stuttgart 1978, S.686-699) und den Diskussionsbericht I.e. (S.719-737). Wichtig für die
Klärung des Allegoriebegriffs sind die im gleichen Band enthaltenen Grundsatzreflexionen
von G. Kurz und E.Hellgardt sowie die zugehörige Diskussion. Einen entscheidenden
Vorstoß in der Erforschung moderner Allegorie bedeuten die Arbeiten von P. de Man:
Allegories of Reading (New Haven/London 1979) und „The Rhetoric of Temporality" in
Blindness and Insight. (Oxford 2nd. ed., S. 187-228).
40 So bleibt in Horazens immer wieder angeführtem carmen vom Staatsschiff (114) die
Beziehung zwischen Schiff und res publica in vielen Punkten undurchsichtig, so sehr, daß
man die allegorische Intention überhaupt hat leugnen oder gar das Gedicht als Ausdruck
animistischer Tradition hat lesen können. Auch wo der theologische Bezugsrahmen festge-
legt war wie im Mittelalter, bestehen große Spannungen zwischen der kommunikations-
freundlichen Bildsprache eines Alanus ab Insulis und der kühnen, ohne Kommentar oft
unverständlichen Bildgebung einer Hildegard von Bingen, zwischen deren mystischer
Sprache und der Celans J.Schulze ( C e l a n und die Mystiker. Bonn 1976) eine Verwandt-
schaft sieht. Vgl. dazu Ch. Meier: „Zwei Modelle von Allegorie im 12. Jh.". In: Formen und
Funktionen der Allegorie, S. 70-89.
Traum und Sprache in der Dichtung Paul Celans 233
So hat schon der junge Celan das Prinzip seiner poetischen Welt gekenn-
zeichnet.
Das Verständnis der auf dieser Basis beruhenden Sprache Celans wird
durch zwei Umstände erschwert: erstens - wie jeder Leser weiß - durch das
Individuelle der Assoziationen, welche jenen des Träumers entsprechen
und nur annäherungsweise durch die Kenntnis der Bildnetze und Korre-
spondenzen erschlossen werden können; zweitens durch eine spezifische
Form der Allegorie, die ich die „durchkreuzte" nennen möchte. Sie ähnelt
der Struktur vieler Träume darin, daß ein Grundbild (im Traum oft Reise
41 I 71. Aus der Diskussion über die Relation Metapher/Metonymie seien als grundlegend
genannt: R.Jakobson: Fundamentals of Language Part II. La Haye 1956; „Randbemerkun-
gen zur Prosa des Dichters Pasternak." In: Poetik. (Frankfurt 1979); J. Lacan: die in
Anm. 25 genannten Aufsätze und: Seminaire. Livre III. Les Psychoses. 1955/56. X V I I und
X V I I I ; G. Genette: La rhitorique restreinte. In: Figures III, Paris 1972; P. de Man:
Allegories of Reading, Kap. I. (Die wichtigsten dieser Arbeiten finden sich in deutscher
Fassung im Sammelband: Theorie der Metapher. Hg. v. A. Haverkamp. Darmstadt 1983).
Auf diese Diskussion kann hier natürlich nicht im einzelnen eingegangen werden. Bemerkt
sei nur, daß oft eine Schwierigkeit dadurch entsteht, daß immer noch versucht wird, das
Prinzip der Berührung in der außerpsychischen Realität festzumachen.
234 Renate Böschenstein-Schäfer
IM S C H L A N G E N W A G E N , an
der weißen Zypresse vorbei,
durch die Flut
fuhren sie dich.
42 II 112.
43 II 27.
44 Inschrift auf einem Goldplättchen aus Petelia aus dem 3./4.Jh. v. Chr. ( I B 17 Diels-Kranz).
Celan besaß die von W. Capelle besorgte deutsche Ausgabe der Vorsokratiker, welche die
orphischen Fragmente enthält (Stuttgart 1950).
45 Zu diesem Motiv vgl. E. Barmeyer: Die Musen. München 1968, S. 111 f. und 163.
Traum und Sprache in der Dichtung Paul Celans 235
Celans Gedicht die Musen - gewiß auch über die Meduse - in Schlangen.
Ihrer Verführung zu einer ästhetisierenden Poesie des Vergessens wider-
steht das Ich, gefeit durch eine Mnemosyne, die mit ihren Töchtern
gebrochen hat. Den Bruch vollzieht strukturell der Bruch der Allegorie.
Wollte man nun zusammenfassend das Verhältnis von Sprache und
Traum in Celans Dichtung so bestimmen, daß die Sprache aus dem
Umgang mit dem Unbewußten wichtige Verfahren bezogen hat, die ihr
trotz ihrer Verschwiegenheit über die Inhalte des Unbewußten doch dessen
Tiefendimension integrieren, so wäre das allzu harmonistisch. In der
zweiten Phase intensiver Präsenz des Traums zeigt sich im Zuge einer
qualvollen Auseinandersetzung mit der Tiefenpsychologie und auch mit
naturwissenschaftlicher Forschung über Schlaf, Traum, Gehirn eine
Abwehrbewegung gegenüber der Gesetzlichkeit des Unbewußten, ohne
daß diese geleugnet würde. Ein Gedicht aus Atemwende stellt der aus dem
Unbewußten geschöpften Wahrheit ein anderes Prinzip entgegen:46
DIE W A H R H E I T , angeseilt an
die entäußerten Traumrelikte,
kommt als ein Kind
über den Grat.
Die Krücke im Tal,
von Erdklumpen umschwirrt,
von Geröll, von
Augensamen,
blättert im hoch
oben erblühenden Nein - in der
Krone.
46 II 138.
Diese Deutung legt nahe der Blick auf „Die Winzer" (1140).
236 Renate Böschenstein-Schäfer
Aber dieser Königsweg ist zugleich eine Straße in Jerusalem, die Vagina der
Geliebten, der Weg des Menschen, der ein Stück Messias ist.
48 III 106.
RAINER N Ä G E L E
Unter dem Titel „Frankfurt, September" evoziert das zweite Gedicht von
Fadensonnen den Namen Freuds:
Blinde, licht-
bärtige Stellwand.
Ein Maikäfertraum
leuchtet sie aus.
Dahinter, klagegerastert,
tut sich Freuds Stirn auf,
die draußen
hartgeschwiegene Träne
schießt an mit dem Satz:
„Zum letzten-
mal P s y c h o -
logie."
Die Simili-
Dohle
frühstückt.
D e r Kehlkopfverschlußlaut
singt. (II, 114). 1
Syntax verändert die Form des Namens; Grammatik regiert über den
Namen und markiert ihn gleichzeitig als Stelle eines Subjekts, das über
etwas verfügt. Das grammatische Subjekt des Satzes - Stirn - gehört Freud.
Reflexiv öffnet sie sich: tut sich auf. So scheint sie aus sich selbst jenes
Begehren Dantons bei Büchner zu erfüllen:
J U L I E . D u kennst mich, D a n t o n .
D A N T O N . J a , was man so kennen heißt. D u hast dunkle Augen und lockiges
H a a r und einen feinen Teint und sagst immer zu mir: lieb G e o r g . A b e r , er
1 Alle Celan-Zitate nach Gesammelte Werke in fünf Bänden. Frankfurt a. M.: Suhrkamp,
1983.
238 Rainer Nägele
deutet ihr auf Stirn und Augen, da, da, was liegt hinter dem? W i r müßten uns
die Schädeldecken aufbrechen und die Gedanken einander aus den Hirnfasern
zerren. 2
Eine Sprache, die die Wände und Decken falschen Sprechens wegbeizt, um
den Weg zum Ort der Wahrheit zu öffnen, erscheint mit der Verführungs-
kraft eines Gemeinplatzes zwischen Freud und Celan. Freilich verbindet sie
auch die radikale Verschiebung und Infragestellung aller Gemeinplätze.
Es ist nicht leicht, Freuds Ort in Celans Gedicht festzustellen. U m
diesen Ort zu finden, wäre eine Topologie notwendig. Die meisten Meta-
phern, die sich anbieten, weisen in die Richtung eines vertrauten räumli-
chen Paradigmas von innen/außen, das auch einem metaphysischen Schema
entspricht, nach dem die Wahrheit ,hinter' oder ,unter' einer täuschenden
Oberfläche liegt, die es zu durchdringen gilt. Das Schema wirkt in weiten
Bereichen der Literaturkritik nicht weniger als in einer Psychoanalyse, die
sich als ,Tiefenpsychologie' versteht.
Celans Gedicht deutet auf eine solche Topologie. Es gibt eine Stellwand
- wie sie etwa bei der Frankfurter Buchmesse zum Ausstellen von Büchern
und Autorenbildnissen verwendet werden - , hinter der Freuds Stirn sich
auftut. Es gibt auch ein „draußen", von w o die „hartgeschwiegene Träne"
herkommt. Diese Träne freilich, wie hart sie auch sein mag, tritt oder dringt
nicht ,ein', sondern „schießt an", offenbar zu einer harten Konfrontation
mit Freud, dem sie ihrerseits die Stirn bietet, provokativ: „Zum letzten- /
mal Psycho- / logie."
Das Zitat weist auf ein anderes Draußen, eine andere Signatur, einen
andern Eigennamen hin: auf Kafka, von dem dieser Satz stammt.3 Während
die ersten beiden Teile des Gedichtes vom Namen Freuds markiert sind,
lassen die nächsten drei Teile drei Epiphanien Kafkas in Erscheinung treten:
in der Form eines Zitats, in der Form ,seines' Namens (,Kavka' bedeutet im
Tschechischen Dohle, den Vogel, den Kafkas Vater als Geschäftsemblem,
als eine Art Warenzeichen benutzte), und schließlich in der Form einer
Krankheit, der Kehlkopftuberkulose, die als „Kehlkopfverschlußlaut" sin-
gend den Autor der singenden oder piepsenden Josephine zum Schweigen
bringt.
Die Konfiguration von Freud und Kafka scheint die Form einer Kon-
frontation anzunehmen. Kafkas Satz, der hartgeschwiegenen Träne zuge-
schrieben, scheint jenes Feld zu verwerfen, das Freuds Stirne eröffnet hat.
Das gilt freilich nur unter der Voraussetzung, daß Psychologie und Freuds
Psychoanalyse demselben Bereich angehören. Freud jedoch hat sich mehr-
fach, zum Teil emphatisch, von der Psychologie distanziert, sogar die
Diskussion mit jenen, die auf dem Gebiet der Psychologie arbeiten, für
unmöglich erklärt.4
Andererseits gibt es auch Kafkas wohlbekannten Tagebucheintrag vom
23. September 1912 als Kommentar auf das in der vorangehenden Nacht
geschriebene Urteil: „Gedanken an Freud natürlich."5
Gedanken an Freud, die .natürlich* kommen, sind nicht unbedingt
Gedanken von Freud. Man könnte sogar sagen, daß sie Freudsche Gedan-
ken ausschließen, weil Freuds Gedanken in dem Maße un-natürlich sind,
als sie sich gegen jene zweite Natur richten, die gewisse kulturbedingte
Gedanken als natürlich erscheinen läßt. Wenn Gedanken an Freud natür-
lich' kommen, sind sie in den allgemeinen Diskurs eingetreten und nehmen
so an den Sekundärprozessen teil, die der analytische Prozeß zur Auflösung
bringt.
Die Begegnung zwischen Freud und Kafka findet nicht statt, wo
Gedanken an Freud ,natürlich' sind, sondern in einem endgültigen
Abschied von der Psychologie.
3 Franz Kafka, Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande und andere Prosa aus dem Nachlaß.
Frankfurt a . M . : Fischer, 1953, S.51.
4 „Eisbär und Walfisch, hat man gesagt, können nicht miteinander Krieg führen, weil sie, ein
jeder auf sein Element beschränkt, nicht zueinander kommen. Ebenso unmöglich wird es
mir, mit Arbeitern auf dem Gebiet der Psychologie oder Neurotik zu diskutieren".
S.Freud, Aus der Geschichte einer infantilen Neurose, in: Freud, Studienausgabe, Bd. 8,
Frankfurt a . M . : S.Fischer, 1969, S. 166.
5 F.Kafka, Tagebücher. Frankfurt a . M . : S.Fischer, 1967, S.210.
240 Rainer Nägele
Celans Gedicht zeigt mehrfach an, daß es die Szene einer Begegnung
darstellt. Nicht nur tut Freuds Stirn sich auf, auch der syntaktische
Ubergang ist offen. Das gewaltsame „schießt an" impliziert gleichzeitig
auch ein Sich-Anschließen wie in einem Kristallisationsprozeß.
Freuds klagegerasterte Stirn teilt die Sphäre der Trauer mit der hartge-
schwiegenen Träne. Freud und Kafka treffen sich im Prozeß der Trauerar-
beit. Aber treffen sie sich? Celans Text zwingt uns, die Szene der Begeg-
nung anders zu formulieren. In einem gewissen Sinne ist es eine Abwesen-
heit, die Kafka und Freud verbindet, ihr Schweigen. Sie sind ersetzt. Sie
sprechen und handeln nicht; ein anderes spricht und handelt an ihrer Stelle.
Selbst Kafkas eigener Satz ist nicht ihm, sondern der hartgeschwiegenen
Träne zugeschrieben: sie spricht in seinem Namen und an seiner Stelle.
Freud und Kafka sind ins Land der Fabel getreten. Und wie es oft in
Fabeln geschieht, sprechen und handeln Tiere anstelle von Menschen. Ein
Maikäfer und eine Dohle treffen sich auf der Szene. Aber es handelt sich
offenbar auch nicht um eine einfache Fabel, denn auch die Tiere sind leicht
verschoben in Komposita: ein Maikäfertraum und eine Simili- / Dohle.
Freud erzählt den Maikäfertraum als Beispiel für Verdichtungsarbeit. 6
Es ist nicht Freuds Traum, sondern der Traum einer Patientin. Freuds
Hauptinteresse gilt in diesem Falle nicht so sehr dem latenten Traumgedan-
ken (der Verknüpfung von Sexualität und Grausamkeit), als dem Modus
der Umarbeitung, der Verdichtung. Und vielleicht hat das den Dichter
Celan angezogen.
Verdichtung und Dichtung sind freilich nicht identisch, doch dürfte sie
mehr als eine bloß phonetische Ähnlichkeit verbinden. Wenn auch die
etymologische Ableitung von Dichten aus Verdichten sich nicht halten läßt,
hat ihre Verknüpfung doch einen Grund im Akt der Poesis. Wir können
aber, besonders nach Freud, nicht das Präfix ver- übersehen. Es gehört zu
den merkwürdigsten deutschen Vorsilben mit nicht leicht definierbarer
Funktion. 7 Es ist eine Vorsilbe, die verschiebt; fast könnte man versucht
sein, in ihr den Inbegriff aller Verschiebungen zu sehen, von denen die
Psychoanalyse spricht: versprechen, verhören, vergessen, verlieren, vernei-
nen. . . : alle Fehlleistungen - und mehr. Auf den ersten Blick scheint das
6 S.Freud, Die Traumdeutung. In: Freud, Studienausgabe, Bd.2, Frankfurt a.M.: S.Fischer,
1972, S. 291 ff. - Ich bin Peter Henninger sehr dankbar, der diese Stelle mir wieder ins
Gedächtnis gerufen hat.
7 Nach der Dudengrammatik scheint das Präfix ver- selbst Produkt einer Verdichtung zu
sein: „In ver- sind (schon im Althochdeutschen) mehrere Partikeln zusammengefallen, die
.vorbei', ,weg', ,heraus* bedeuten". Der Große Duden. Bd. 4, Mannheim: Bibliographi-
sches Institut, 1966, §4585.
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 241
Das ver- bezeichnet nicht nur eine Verschiebung von einer (falschen)
Oberfläche zu einer (wahren) Tiefe, sondern markiert eine Umformung des
topologischen Systems. Der von der Vorsilbe ver- und vom Gedicht
eröffnete neue Raum läßt sich an diesem Punkt nur durch die beiden
Termini „Saum" und „gewendet" in ersten Umrissen abstecken. Wir ken-
nen die stark besetzte Gewichtigkeit eines Begriffs wie „Wende" in Celans
Poetik sowohl in der begrifflichen Formulierung der „Meridian-Rede" wie
auch in der Dichtung selbst. Es ist damit eine Funktion bezeichnet, die nur
im Nachvollzug aller ihrer Windungen sich skizzieren läßt.
Die Konvergenz und Differenz von Dichten und Verdichten stellt eine
Szene dar, die Freud ebenso faszinierte wie irritierte. Er berief sich auf die
Dichter als Berichterstatter und Zeugen eines Wissens, das er in wissen-
242 Rainer Nägele
8 Eine besonders interessante und weitreichende Diskussion dieses Verhältnisses findet sich in
Peter Henningers Buch Der Buchstabe und der Geist. Unbewußte Determinierung im
Schreiben Robert Musils. Frankfurt a . M . / B e r n : Lang, 1980, S. 161-192.
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 243
sagen? Die Antwort scheint offensichtlich: vom Autor des Urteils, der
Verwandlung, von jenem, der in sein Notizbuch „Zum letztenmal Psycho-
logie" schrieb, und von dem auch ein Text „Uber die Gleichnisse" existiert.
Offensichtlich ist diese Antwort freilich nur deshalb, weil die erwähnten
Texte und andere mehr ,Kafka' in eine Art Warenzeichen verwandelt
haben. Bevor aber der Autor dieser Texte diese Wirkung hervorgebracht
hatte, waren Dohle und Kafka Warenzeichen und Name eines andern
Mannes: Franz Kafkas Vater Hermann Kafka. Er benutzte die Dohle auf
dem Zweig als Emblem seines Galanteriewarengeschäfts.
So wie der Maikäfer auf dem Freudschen Schauplatz im täuschenden
Bereich des Traums erscheint, wo Identitäten sich wandeln und fluktuieren,
so erscheint die Dohle als täuschende Simili-Dohle, von jener Art wie wohl
manche der Dinge, die in Hermann Kafkas Galanteriewarengeschäft zu
finden waren.9 Die Dohle ist also unecht. Aber welche? Der Vater oder der
Sohn? Beide beanspruchten den Namen wie auch das Zeichen der Dohle.10
Was freilich das Zeichen betrifft, könnte man möglicherweise sagen, daß
der Anspruch an sich falsch war, wenn man Binders Argument folgt, daß
der Name Kafka wahrscheinlich nicht vom tschechischen ,kavka' her-
kommt, sondern von einer askenasischen oder niederdeutschen Form des
Namens Jakob (Kobs, Köpke).11 Auf diesen Namen aber hörte auch Freuds
Vater.
Die Dohle, die den Ursprung eines Namens aufzudecken schien, wäre
dann möglicherweise selbst Verdeckung eines andern Ursprungs. Das
freilich wäre wiederum nur eine Spur, die zu keinem greifbaren Ursprung
führt. Wir können nur darüber spekulieren, was Celan beim Schreiben des
Gedichts über diese Beziehungen wußte, wie jede Literaturkritik, die den
literarischen Text auf die erschlossenen Motivationen und Intentionen des
Autors zurückführt, letzten Endes nur Simili-Dohlen produzieren kann.
Die Tatsache, daß diese besondere Dohle frühstückt, versetzt sie ans Ende
einer Nacht, von der wir nichts wissen.
Wo der Ursprung ein Rätsel bleibt, muß die Frage nach echt und falsch
auf eine andere Ebene verschoben werden. Die Simili-Dohle könnte dann
ein Simile im Sinne jener Gleichnisse werden, die Kafkas Erzählungen sind,
während Kafkas Schreiben ihnen gleichzeitig in einer schwindelerregenden
Folge von Wendungen, die keine Seite am privilegierten Ort der Wahrheit
und des Sinns belassen, nachspürt.
Aber etwas geht hervor, etwas singt. Wenn Freud und Kafka für immer
von der Psychologie und ihrem Glauben an lokalisierbare Ursprünge und
Motivationen Abschied nehmen, so nimmt das Singen Abschied von Freud
und Kafka. Singen ist abgründig im flüchtigen Klicken des Kehlkopfver-
schlußlauts gegründet, wo der physische Tod Franz Kafkas ebenso mar-
kiert ist wie die unüberbrückbare Zäsur, die Atemwende, die das Stammeln
des Kinds in die sprachliche Artikulation verwandelt 12 , und Sprechakte in
den Gesang poetischer Sprache. Im Singen dürfte jener Bereich sich auftun,
den Winfried Menninghaus als „Intention auf den Namen" charakterisiert
hat.13
Unsere Lektüre der Konfiguration von Kafka und Freud unter dem
Namen Celans hat implizit und explizit bereits auch an andere Namen
appelliert: Büchner und Hölderlin zum Beispiel.14 Der letztere ist in Celans
Text nur angedeutet, in einem Verweis, der Freuds Namen noch tiefer in
Celans Poetik einschreibt. Das Wort „lichtbärtig" kommt meines Wissens
sonst nur einmal in modifizierter Form in Celans Dichtung vor, und zwar
in einem Gedicht, das ganz von Hölderlin geprägt ist: „Tübingen, Jänner"
(I, 226), das vom „Lichtbart der / Patriarchen" spricht. Eine bemerkens-
werte Reihe von Parallelen verknüpfen dieses Gedicht mit „Frankfurt,
September": beide Titel sind analog aus einem Städtenamen und einem
Monat gebildet, beide beginnen mit Blindheit und enden in einer Äußerung
der Dichter, die deren persönliches Ende bezeichnet, und beide sind um ein
Zitat des Dichters gebaut.
Hölderlins „Ein Rätsel ist Reinentsprungenes" schießt an und schließt
sich an Kafkas „Zum letztenmal Psychologie" an, kommentiert ihn und
gründet ihn in einer Art von Entgründung. Der Satz hebt jenen Grund auf,
den die Psychologie für selbstverständlich nimmt. Die beiden Zitate weisen
in dieselbe Richtung: dahin, wo Freuds Traumdeutung auf eine Stelle stößt,
den „Nabel" des Traums, für den kein Grund sich mehr findet: „Jeder
12
Vgl. Roman Jakobson, Kindersprache und Aphasie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1969;
ferner dazu mein Aufsatz „Die Arbeit des Textes: Notizen zur experimentellen Literatur",
in: Deutsche Literatur in der Bundesrepublik seit 1965. Hrsg. v. P.M. Lützeler und
E.Schwarz. Königstein: Athenäum, 1980, S.30-45.
u
Winfried Menninghaus, Paul Celan. Magie der Form. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1980.
14
Solche Konfigurationen, wo Merkmale verschiedener Figuren in eine verschmelzen, oder
umgekehrt, wo eine Figur in mehrere aufgeteilt ist, sind typisch für das, was Freud
,Verdichtungsarbeit' nennt.
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 245
II
Die Bewegung, obwohl scheinbar nach innen, bleibt doch außen, den
Wänden entlang, von Wand zu Wand.
Was zunächst sich auftut nach dem Durchbruch durch die Wände und
Einwände, ist wiederum eine Oberfläche: der Meeresspiegel. So muß auch
diese Fläche durchbrochen werden, ehe eine Innenwelt zugänglich wird:
„Ich hatte eine Weile zu warten, bis er zersprang und ich den großen
Kristall der Innenwelt betreten durfte." Es ist jeweils ein Gewaltakt, der
den Weg zum Innern bahnt: schlug, zersprang. Der erste geht vom Ich aus,
nous rappeler que la parole, meme ä l'extreme de son usure, garde sa valeur de tessere».
J.L., «Fonction et champ de la parole et du langage en psychoanalyse», in: Ecrits. Paris:
Editions du Seuil, 1966, S.251.
" Jean Paul, einer von Celans Lieblingsautoren, gehört zu den wenigen, die über Wortspiel
ernsthaft nachgedacht und dessen Ambivalenz verfolgt haben. Vgl. das Kapitel „Wortspiel",
§52 der Vorschule der Ästhetik, in: Werke, Bd. 5, München: Hanser, 1967, S. 191-196.
20 Das topologische Modell, das diesem Phänomen am nächsten käme, wäre das Moebius-
Band, das auch Lacan als Paradigma dient, etwa in «La science et la verite», in: Ecrits, I.e.,
S. 855-877.
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 247
die zweite Öffnung geschieht aus sich selbst, das Ich kann nur warten. Die
Innenwelt, der Ort, durch den und in dem Subjektivität für uns sich
repräsentiert, ist dem Ich als Subjekt nicht direkt zugänglich. Aber immer-
hin ist eine Innenwelt wieder da und die vertraute Topologie damit wieder
hergestellt. Doch handelt es sich bereits hier weniger um einen Ortswechsel
(von der Oberfläche zur Tiefe, von außen nach innen) als um eine Verände-
rung der Perspektive, um einen Wechsel der Augen. Jede Straße „bot mir
ein anderes Augenpaar. Das Haupthindernis in dieser Welt sind die „alten
eigenwilligen Augen", die noch den gewohnten Wahrnehmungsweisen
folgen. So wird ein neues Augenpaar vor allem gefordert; die Forderung
selbst kommt aus einer Umkehrung vertrauter Topologie: „Mein Mund
aber, der höher lag als meine Augen und kühner war, weil er oft aus dem
Schlaf gesprochen, war mir vorausgeeilt und rief mir seinen Spott z u . . . "
Diese Umkehrung der Lage von Auge und Mund erinnert an den Wunsch
von Büchners Lenz, auf dem Kopf zu gehen, seinerseits wieder Moment
von Celans Poetik und eine der Gestalten der poetischen Atemwende. 21
Die neue Topologie geht aus dem vertrauten Raumgefüge hervor. Nie
kann die Repräsentation dieser andern Topologie, die auch eine Topologie
des Andern ist, auf die räumlichen Metaphern von Tiefe und Oberfläche,
innen/außen verzichten, so wie die ,Intention auf den Namen' sich nur in
und durch das binäre Sprachsystem und sein differentielles Spiel konstituie-
ren kann. So bleibt das Vokabular von Tiefe, Innerlichkeit usw. bis in
Celans Spätwerk Teil seines poetischen Universums. Aber es ist nun
eingeschrieben in eine Konstellation und in eine Bewegung, die den ver-
trauten dreidimensionalen Raum gewissermaßen in einer Weise flachlegen,
die den hieratischen Flächen byzantinischer Gemälde gleicht.
Diese andere Perspektive und Topologie, die den Grund der vertrauten
Welt erschüttern, konstituieren eine Sprachwelt des Namens, wo „ich die
Dinge bei ihrem richtigen Namen nannte".22 Der Text kann diese andere
Sprache nicht beschreiben - das hieße ja, daß er diese Sprache wäre -
21 „Wer auf dem Kopf geht, meine Damen und Herren, - wer auf dem Kopf geht, der hat den
Himmel als Abgrund unter sich" (III, 195). Ein Analog zu dieser Umkehrung ist auch die
Perspektive der Götter bei Pindar, wenn sie die Erde als Himmel unter sich sehen und die
Insel Delos als Stern an diesem abgründigen Himmel. (Pindar, Fragm. Nr. 17, Tusculum;
Nr. 33, Snell).
22 Hier ergibt sich auch eine direkte Beziehung von Celans frühestem überlieferten poetologi-
schen Text zu einer von Kafkas frühesten Erzählungen Beschreibung eines Kampfes, w o der
Dicke zum Beter über die Seekrankheit spricht: „Deren Wesen ist so, daß ihr den
wahrhaftigen Namen der Dinge vergessen habt und über sie jetzt in einer Eile zufällige
Namen schüttet". F.Kafka, Beschreibung eines Kampfes. Die zwei Fassungen. S.Fischer,
1969, S. 88.
248 Rainer Nägele
sondern nur auf sie verweisen. Und wie die Annäherung an die Innenwelt
am Anfang des Essays ist auch dies eine vermittelte Annäherung, diesmal
durch einen andern Text: Kleists Aufsatz über das Marionettentheater.
Zuerst hören wir die Interpretation eines Freundes, der die Rückkehr
zur ursprünglichen Grazie „Auf dem Wege [ . . . ] einer vernunftmäßigen
Läuterung unseres unbewußten Seelenlebens" sieht (III, 156). Das Vokabu-
lar des Freundes weist in die Richtung einer Ich-psychologischen Interpre-
tation der Psychoanalyse, weitergeführt in der Habermas'schen Kommuni-
kationstheorie. 23 Die Differenz zu Freud tritt subtil in einer leicht modifi-
zierten Freudschen Metapher zutage: der Freund spricht vom „Königswas-
ser des Verstandes", das die Worte, Dinge und Geschehnisse „reinwa-
schen" wird, um sie so ihrer ursprünglichen Bedeutung zurückzugeben.
Die Differenz zwischen dem Freund und Freud ist klein, aber signifikant:
Freud nennt die Traumdeutung die Via regia, den Königsweg zur Kenntnis
des Unbewußten. 2 4 Freuds Wanderung auf dem königlichen Weg der
Traumdeutung fordert das unablässige Verweilen auf den gewundenen
Pfaden des Traumdiskurses, ganz gleich, wie verrückt und unvernünftig sie
erscheinen mögen: ein Maikäfertraum kann die Stellwand ausleuchten. Der
Freund dagegen will das Königswasser der Vernunft, um die Wände und
deren Graffiti abzuwaschen, statt sie auszuleuchten. Und wenns mit
Waschen nicht geht, dann wird abgerissen: „Die Mauer, die Heute von
Morgen trennt, sei niederzureissen".
Gegen dieses Niederreißen interveniert der Erzähler mit einem seiner
Einwände: „Hier kündigte sich der erste meiner Einwände an und war
eigentlich nichts anderes als die E r k e n n t n i s . . . " . So kehren nun die Ein-
wände, die der Schreibende am Anfang durchbrechen wollte, zurück in der
Form der Erkenntnis selbst: die Wand als Einwand und kritisches Moment
der Erkenntnis. Diese Erkenntnis hat ihre eigene Form als Inhalt: daß
Geschehenes, die Oberfläche des Wirklichen, nicht zufällige Verdeckung
oder bloßes Attribut der eigentlichen Wahrheit ist, sondern wesentliches
Element der Wahrheit selbst: „ein dieses Eigentliche in seinem Wesen
Veränderndes, ein starker Wegbereiter unausgesetzter Verwandlung". Die
Wände der Wirklichkeit, die Verzerrungen der Oberfläche, der Sündenfall
23 Vgl. dazu ausführlicher meinen Aufsatz über „Freud, Habermas und die Dialektik der
Aufklärung", in: Der Wunderblock, 9 (1982), S. 3 5 - 6 0 .
24 Die Traumdeutung (Anm. 6), S. 577. Freuds Königsweg scheint auch in einem späten
Gedicht noch ein Echo zu finden als „Der Königsweg hinter der Scheintür" (III, 106), wo
biblische Landschaft, die Scheinwelt des Traums und die pharaonischen Gräber Ägyptens
mit ihrer Scheintür miteinander verschmelzen.
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 249
der Sprache arbiträrer Zeichen sind die felix culpa einer Sprache, die als das,
was sie ist, der Königsweg zur Erkenntnis ist.
Die Rhetorik der Tiefe insistiert aber und spricht „hartnäckig" durch
den Mund des Freundes: „Er könne, behauptete er, auch im Strom der
menschlichen Entwicklung die Konstanten des Seelenlebens unterscheiden,
die Grenzen des Unbewußten erkennen, und alles sei getan, wenn die
Vernunft in die Tiefe stiege und das Wasser des dunklen Brunnens an die
Oberfläche fördere" (III, 157). In diesem Insistieren gibt die Rhetorik der
Tiefe ihre Schlüsselwörter preis: Grenze und Grund („Auch dieser Brunnen
habe seinen Grund"). Die Stimme des Freundes ist die Stimme des „Identi-
tätskrämers" (III, 155). Indem er feste Grenzen und einen erreichbaren
Grund voraussetzt, erhebt er den Anspruch der Identität für das, was aus
der Tiefe an die Oberfläche gebracht wird: „wenn die Vernunft in die Tiefe
stiege und das Wasser des dunklen Brunnens an die Oberfläche förderte".
Die Metapher des dunklen und tiefen Brunnens ist voll symbolistischer
Resonanzen. Hofmannsthal evoziert ihn als Grund eines verlorenen Wis-
sens in dem Gedicht „Weltgeheimnis" (1984):
Der tiefe Brunnen weiß es wohl,
Einst waren alle tief und stumm,
U n d alle wußten drum. 25
Das Wissen des tiefen Brunnens ist eng mit der Stummheit verknüpft: alle
wissen in dem Maße drum, als das Gewußte stumm ist. In Sprache geäußert
ist es nicht mehr gewußt:
Wie Zauberworte nachgelallt
U n d nicht begriffen in den Grund,
So geht es jetzt von Mund zu Mund.
Doch liegt es nicht außerhalb der Sprache, sondern in ihr: „In unsern
Worten liegt es drin", aber es ist nicht „es" als Sprache, sondern der
stumme, abgründige Grund der Sprache. Die Nichtidentität der zur Ober-
fläche gebrachten Tiefe ist noch direkter in einer Stelle von Maeterlincks
„Le tresor des humbles" (1898) ausgesprochen, die Musil als Motto für
seinen ersten Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törless (1906)
benutzte: „Sobald wir etwas aussprechen, entwerten wir es seltsam. Wir
glauben, in die Tiefe der Abgründe hinabgetaucht zu sein, und wenn wir
wieder an die Oberfläche kommen, gleicht der Wassertropfen an unseren
bleichen Fingerspitzen nicht mehr dem Meere, dem er entstammt. Wir
Im Grunde: im oder auf dem Grund hat sich die Identität des Wortes
schon verschoben. Es ist aber kein Grund, der sich aufdecken ließe - das ist
die Täuschung der leeren, falschen Aufrichtigkeit - ; faßbar sind nur die
Wirkungen einer Verschiebung in der Sprache: die „Asche ausgebrannter
Sinngebung". In der Anerkennung dieser Asche trifft sich der universale
Grund der Sprache, ihr konstitutives Schweigen, mit der Singularität
historischer Erfahrung. Die Asche in einem Text von 1948 schließt die
Asche aus den deutschen Konzentrationslagern mit ein. Keine Semiologie
oder Fundamentalontologie kann den Einbruch dieser besonderen Asche in
die Sinngebung jeder Äußerung nach Auschwitz unterschlagen. (In diesem
Sinne - erweitert und eingeschränkt - bleibt Adornos Diktum wahr: jeder
Text nach Auschwitz, der den Einbruch der Asche in die Sinngebung nicht
wahrnehmen will, ist Barbarei.
„...und nicht nur diese!" Dies ist nicht die einzige Intervention, die
unser Sprechen anzuerkennen und der sie nachzuspüren hat, will es mehr
sein als une parole vide.
III
Die Differenz zwischen parole pleine und parole vide in der Terminologie
Lacans28 findet ihre Entsprechung in Celans Werk in der Unterscheidung
von sprechen und reden.1''
Der Text, der am intensivsten diesem Unterschied nachspürt, steht
unter dem Titel eines Gesprächs: „Gespräch im Gebirg" (III, 1169-1173),
ungefähr zehn Jahre nach dem Jene-Text entstanden. In einem fast wörtli-
chen Echo evoziert der erste Satz jene Stelle im Jene-Text, die der ausge-
brannten Asche gedenkt - „und nicht nur diese(r)". Das „nicht nur diese"
ist eine bestimmte Negation, die ein Schweigen markiert, das anders sich
nicht sagen läßt. So beginnt das „Gespräch im Gebirg": „Eines Abends, die
Sonne, und nicht nur sie, war untergegangen..." Etwas ist untergegangen
- man könnte sagen, da es die Sonne ist, sie sei ausgebrannt - , aber nicht
nur sie. Das ist der Ausgangspunkt dafür, daß ein Gespräch stattfinden
kann.
Was für ein Gespräch ist dies? Ein Dialog zwischen zwei Juden, die sich
im Gebirge treffen; aber das ist ungenau. Es geht in diesem Text gerade
darum, daß ein Gespräch nicht zwischen zweien stattfindet, nicht zwischen
einem Ich und Du. Das Ich-Du-Modell des Gesprächs als dialogische Rede
expatriierten
Bedeutung - :
dieses
B r o t kauen, mit
Schreibzähnen. (II, 358)
Die expatriierte Bedeutung des andern, dessen, der gegenüber sitzt als
Objekt des Subjekts, kommt im Sprechen mit dem Andern in die Rede: das
Andere als Sackgasse, das die Kontinuität des dialogischen Verkehrs bricht.
Die Form, die dieses Sprechen annimmt, ist die stumme Szene des Schrei-
bens, das seine eigenen Zähne hat, um die Simili-Dohle zum Frühstück zu
treffen. Wer schreibt, redet zu niemandem wie der Stein, er kaut nur die
Wörter, bis die expatriierte Bedeutung hervortritt. So fühlte auch Kafka
den Wunsch zu schreiben in Zähnen und Lippen: „das, mit allen Zähnen, in
allen Lippen, ersehnte Schreiben". 3 0
Die Szene des Schreibens ist die Szene des Sprechens. In den Zähnen,
im Mund also, lokalisiert gehört es jener Umkehrung an, die im Jene-Text
den Mund über die Augen setzt. Das entspricht Celans ausführlichstem
poetologischem Text „Der Meridian": „Die Aufmerksamkeit, die das
Gedicht allem ihm Begegnenden zu widmen versucht, sein schärferer Sinn
für das Detail, für Umriß, für Struktur, für Farbe, aber auch für die
.Zuckungen' und die .Andeutungen', das alles ist, glaube ich, keine Errun-
genschaft des mit den täglich perfekteren Apparaten wetteifernden (oder
miteifernden) Auges, es ist vielmehr eine aller unserer Daten eingedenk
bleibende Konzentration" (III, 198). Auch hier ist etwas ,über' dem Auge,
dem privilegierten Organ der Aufklärung 31 , etwas, das sowohl mit dem
Schreiben wie dem Mund in Beziehung steht: das Gedicht und seine
Konzentration. Konzentration ist mit Verdichtung verwandt, wenn auch
nicht dasselbe. D e r Schauplatz der Verdichtung, der Maikäfertraum, der
die Stellwand als seine(n) Einwand ausleuchtet, beleuchtet auch den Schau-
platz der Schrift, wo die Simili-Dohle frühstückt, wo der Kehlkopfver-
schlußlaut alles Reden zum Schweigen bringt, so daß ein Gespräch, viel-
leicht sogar Gesang sich ereignet.
IV
Daß der Name Freuds in Celans Gedicht auftritt, ist keine Lizenz, seine
Dichtung in die Sprache der Psychoanalyse zu übersetzen. Eine solche
30 Brief an Kurt Wolff vom 11.Oktober, 1916. F.Kafka, Briefe 1902-1924. Frankfurt a.M.:
S.Fischer, 1966, S. 150.
31 Vgl. dazu Norbert Haas, Spätaufklärung. Kronberg: Scriptor, 1975.
254 Rainer Nägele
Übersetzung wäre nicht nur eine „Verkenntnis" (II, 375) seiner Dichtung,
sondern auch Freuds. „Verkenntnis" impliziert freilich auch der Logik des
ver- zufolge eine veritas, eine Wahrheit und Kenntnis in der Verkenntnis.
Diese Wahrheit läßt sich freilich nicht im geläufigen Sinn des Ubersetzens
fassen. Ubersetzen impliziert im allgemeinen eine Hierarchie von Original
und Imitation, von eigentlicher Wahrheit und metaphorischer Umschrei-
bung. Die Ubersetzung in eine Fremdsprache setzt sich gewöhnlich das
Ziel, den Originaltext so getreu wie möglich wiederzugeben: das Original
ist der Meistertext. In der interpretativen Ubersetzung eines literarischen
Textes in einen kritisch-wissenschaftlichen Diskurs, sei es Philosophie,
Soziologie, Psychologie, Theologie oder Semiologie, scheint die Hierarchie
umgekehrt: die interpretative Übersetzung nimmt meist stillschweigend an,
daß sie direkt und eigentlich sagt, was der literarische Text metaphorisch
und symbolisch verhüllt. Sie gibt sich selbst den Status des Originals.
Freilich kann sie das nicht sagen; aber man soll sich nicht täuschen lassen
von der Rhetorik philologischer Bescheidenheit und Demut. Je stärker die
Rhetorik der Bewunderung für die Großartigkeit des Kunstwerkes, desto
brutaler ist meistens die Praxis einer hierarchischen Übersetzung, die den
literarischen Text nur als metaphorischen oder allegorischen Schleier
nimmt, den es wegzunehmen gilt, um die nackte Wahrheit direkt zu sagen.
Die Ambivalenz der interpretativen Übersetzung in bezug auf das
Verhältnis von Original- und Sekundärtext verweist auf ein grundsätzliches
Problem solcher Hierarchien. Walter Benjamins Aufsatz über die Aufgabe
des Übersetzers setzt die Akzente anders: das Original ist nicht eine
gegebene positive Sprache; jede konkrete Sprache ist schon Übersetzung,
metaphorischer Raum einer Verschiebung und Annäherung ans Original,
das selbst als solches in keiner Sprache da ist.
Freuds Traumdeutungen sind Übersetzungen in diesem andern Sinne:
Übersetzung von etwas, das schon Übersetzung ist, weil „es" nie spricht,
wo es spricht. Die Übersetzung des manifesten Traums in die latenten
Traumgedanken ist immer noch Übersetzung in eine Sprache, die von den
Sekundärprozessen geformt ist, nicht in die Sprache des Primärprozesses.
Poetische Sprache ist an sich dem Original weder näher noch ferner als
irgendeine andere Art des Sprechens. Wie es vom Geiste heißt, daß er weht,
wo er will, so spricht es, wo es will - und kann; wir haben keine Verfügung
darüber.
Hölderlin, dessen Poetik und Poesie in Celans Werk weiterwirkt,
verstand die Aufgabe des Dichters in erster Linie als die eines Übersetzers
und Interpreten:
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 255
BEI W E I N U N D V E R L O R E N H E I T , bei
beider Neige:
ich ritt durch den Schnee, hörst du,
ich ritt Gott in die Ferne - die Nähe, er sang,
es war
unser letzter Ritt über
die Menschen-Hürden.
Sie duckten sich, wenn
sie uns über sich hörten, sie
schrieben, sie
logen unser Gewieher
um in eine
ihrer bebilderten Sprachen. (I, 213)
. . . A U C H KEINERLEI
Friede.
Graunächte, vorbewußt-kühl.
Reizmengen, otterhaft,
auf Bewußtseinsschotter
unterwegs zu
Erinnerungsbläschen.
Wiederholungszwangs-
Camai'eu. (II, 201)
O F F E N E G L O T T I S , Luftstrom,
der
Vokal, wirksam,
mit dem einen
Formanten,
Mitlautstöße, gefiltert
von weithin
Ersichtlichem,
Reizschutz: Bewußtsein,
unbesetzbar
ich und auch du,
überwahr-
heitet
das äugen-, das
gedächtnisgierige rollende
Waren-
zeichen,
So wenig wie sein Name gibt uns Freuds Vokabular das Recht, das Gedicht
in eine psychoanalytische Theorie zu übersetzen. Und dennoch können wir
über die Signale, die damit gesetzt sind, nicht einfach hinweglesen. Wir
müssen das Gedicht beim Wort nehmen, was die Wahrnehmung ein-
schließt, daß seine Wörter nicht ganz die seinen sind. Das Gedicht gibt sich
als Ubersetzung, freilich nicht als eine Ubersetzung von Freuds Text,
sondern als eine Ubersetzung wie Freuds Text.
Während das Vokabular der zwei Gedichte wörtlich Freuds Wörter
zitiert, ist die Syntax radikal verschieden. Celans zwei Gedichte enthalten
kein einziges prädikatives Verb. Im Gegensatz zu Freuds Schreibweise gibt
es hier keine Prädikation, nur Konstellation. Die Reduktion der Syntax auf
ein reihendes Nebeneinander rückt zunächst die poetischen Texte näher an
die Traumsprache heran, der gewisse grammatische Zeichen fehlen.32 Aber
wenn sich auch die beiden Gedichte syntaktisch dem Traum annähern,
verleiht ihnen dies keineswegs den Status einer originären Sprache; sie sind
immer noch Ubersetzung.
Es ist auffallend, daß diese beiden Celan-Texte, die am offensichtlich-
sten Freudsches Vokabular inszenieren, überhaupt nicht vom Unbewußten
sprechen. Sie bleiben manifest durchgehend in dem, was Freud das System
W-Bw (Wahrnehmung-Bewußtsein) genannt hat.
„...auch keinerlei/Friede". Drei Punkte markieren, was die meisten
Anfänge verstecken: dem Text ist immer schon etwas vorangegangen, das
stumm bleibt. Artikulation und Bewußtsein tauchen auf in einem fragmen-
tarischen Satz und verweisen so auf die Kontinuität eines Diskurses, dessen
anderer Teil latent bleibt. Die Rede des Bewußtseins ist fragmentarisch, ihr
Gesetz aber ist Kohärenz. Das interpretative Begehren will dieses Gesetz
einlösen, die Kohärenz herstellen, indem es die Punkte ausfüllt. Der
Dichter, vom selben Begehren getrieben, hilft vielleicht durch das Arrange-
ment der Gedichte: das vorangehende Gedicht spricht von Krieg und Tod:
DIE B R A B B E L N D E N
Waffen-
pässe.
daß sie früh sterben. Freud greift das in Jenseits des Lustprinzips auf:
Bewußtsein, eine anorganische, ausgebrannte Oberfläche, schützt gegen die
allzu große Liebe der Götter und die Energien der Welt, die uns sonst
augenblicklich töten würden, so wie Semele von Zeus eingeäschert wurde,
als sie ihren Liebhaber und Gott in der Fülle seiner Macht erfahren wollte.
Die Zerstreuung der Fülle in das Nacheinander schwächerer Teile („ein
Halbschmerz, ein zweiter") organisiert auch den Text, besonders in der
Form der Wiederholung, die den Text jenseits der Semantik beherrscht.
Worte und Wortteile kehren über den Text verstreut wieder: Graunächte -
Grau-in-Grau; vorbewußt - Bewußtsein; unterwegs - halbwegs — Beweg-
tes; halbwegs - Halblust; oder auch in der Form des Reims: otterhaft -
Bewußtseinsschotter. Im Reim von ,otter' - ,schotter' wirkt zudem die
semantische Opposition von organischer und anorganischer Welt mit. Der
Wiederholungszwang und seine Tendenz zur tödlichen Gleichheit kommt
in einem fragilen Camäieu zur Schwebe.
Das Grau-in-Grau der Substanz stellt die Szene des Bewußtseins als
Differenz im Gleichen in einer einlinigen Mittelachse dar. Eine analoge
einlinige Achse markiert die Szene des Bewußtseins im Gedicht „Offene
Glottis...": „Reizschutz: Bewußtsein", und damit auch das deutlichste
Freud-Echo im Gedicht.36 Es schreibt diesmal die Freudschen Begriffe in
die Sphäre der Sprache ein und differenziert sie wiederum nach zwei Seiten
hin: die physiologische Seite der Sprachformation (im ersten Teil), und die
soziale Seite der Sprachwirkungen (im zweiten Teil).
Es beginnt mit einer Öffnung. Wiederum scheint Dantons Wunsch
durch ein Loch im Kopf sich zu erfüllen. Wir können uns auch daran
erinnern, daß Freud im ersten wichtigen Traum der Traumdeutung, bei
Irmas Injektion, der Patientin in den Hals schaut.37 Freud spricht da von
den kleinen Geheimnissen, die „keinem von beiden zur Lust" bei solchen
Gelegenheiten enthüllt werden.
Celans „Offene Glottis" öffnet sich, wie es scheint, dem Geheimnis der
Sprachbildung an ihrer physiologischen Basis, wo der Gegensatz von Vokal
und Konsonant sich formt. Was so durch die Öffnung in der Tiefe der
Glottis erscheint, ist nicht ein Inneres, sondern die Äußerlichkeit der
Sprache. Aber schon die Sprachphilosophen des 18. und frühen ^ . J a h r -
hunderts betonten, was später Saussure und Jakobson als Grundlage der
Linguistik festlegten: daß nämlich die Artikulation der phonematischen
36 Das Freud-Echo ist am deutlichsten, was nicht ausschließt, daß es auch durch Reminiszen-
zen an Benjamins Aufsatz Uber einige Motive bei Baudelaire gefiltert ist, wie Menninghaus
vermutet (Anm. 13, S. 96 ff.).
37 Auch für diesen Hinweis bin ich Peter Henninger zu Dank verpflichtet.
260 Rainer Nägele
Mitlautstöße, gefiltert
von weithin
Ersichtlichem, . . .
Während Humboldt die Artikulation auf der Gewalt des Geistes begrün-
det, der sich in der Form seines Wirkens kundtut, verbindet Celan sowohl
Vokal wie Konsonant mit einer ihnen eigenen Wirk-Eigenschaft: „Vokal,
wirksam", „Mitlautstöße, gefiltert". Er postuliert damit nicht mehr wie
Humboldt einen Geist, aber wie Humboldt findet er die Kraft der Artikula-
38
Wilhelm v. Humboldt, Werke in fünf Bänden. Hrsg. v. Andreas Flitner und Klaus Giel.
Bd. 3, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1979, S. 368-756.
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 261
39
Ausführlicher dazu R. Nägele, „Das Imaginäre und das Symbolische. Von der Anakreontik
zum Schleiersymbol", in: Goethezeit. Studien zur Erkenntnis und Rezeption Goethes und
seiner Zeitgenossen. Bern/München: Francke Verlag, 1981, S. 45-63.
262 Rainer Nägele
mystischen Tradition mit sich, und erscheint doch, wenn man darüber
spricht, als purer Un-Sinn. Sie hat das doppelte Gesicht der Marionette und
des Gottes wie in Kleists Marionettentheater.
Der zweite Teil des Gedichtes führt in die soziale Sphäre der Warenzei-
chen. Insofern aber ich und du unbesetzbar sind, gibt es auch keine soziale
Sphäre. Sie und ihr emblematisches Zeichen, die Ware, sind „überwahr-/
heitet". Anstelle der Kopula tritt eine Parallelkonstruktion:
überwahr- / heitet
Waren- / zeichen
Der Parallelismus in der Brechung der Komposita wird durch die internen
Parallelen der Paare verstärkt: die Homophonie von wahr und Ware.n, die
Konsonanz von heitet und zeichen. Die Homophonie zwischen wahr und
Ware zeigt an, was auf der semantischen Ebene ausgesprochen ist: daß die
Ware, seit Marx paradigmatischer O r t der Täuschung und Illusion, nicht in
einem einfachen Gegensatzverhältnis zur Wahrheit steht, sondern daß eins
im andern eingefaltet ist. Das stumme h markiert die Differenz in der
Gleichheit. 40 Wenn die Wahrheit das Warenzeichen überwahrheitet, geht
sie nichtsdestoweniger aus der Ware und ihren Tauschschicksalen hervor.
Dinge treten in den Tauschverkehr ein und werden zu Zeichen. Sollen
sie aber von der Wahrheit erfaßt werden, so geschieht dies durch ein leeres
Zeichen: „heitet"; konsonant mit „zeichen", und selbst ein Zeichen, ist es
das formende Element, das das Warenzeichen durch die Eigenschaft „über-
wahr" verwandelt. Das Suffix -heit, abgeleitet von einem althochdeutschen
Wort in der Bedeutung von ,Art', ,Weise', hat seine unabhängige Bedeu-
tung verloren. Es bezeichnet nicht etwas, sondern markiert die Verwand-
lung einer ,konkreten' Eigenschaft in eine ,abstrakte'. Die Uberführung des
Warenzeichens in Wahrheit, die Bewegung vom Zeichen zum Namen hin,
wird von einem Zeichen angezeigt, das selbst nicht benennt.
Was so aufgehoben wird, bleibt doch bewahrt. Während der Appell des
Warenzeichens ans Auge und Gedächtnis von der Wahrheit überwältigt
wird, bleiben doch die physischen Orte des Sehens und des Gedächtnisses
erhalten im „Schläfenlappen" (eine Hirnpartie in der Nähe der Schläfe) und
im „Sehstamm" (das optische Zentrum des Gehirns). Die Stirn scheint sich
endlich geöffnet zu haben, um die Gehirnfasern freizulegen. Doch wir
finden keine Innerlichkeit hinter der Oberfläche. Die buchstäbliche Ver-
wirklichung der räumlichen Metapher gibt nichts als reine Oberfläche
40
Die Bedeutung des stummen h beschäftigte das Sprachdenken außerordentlich im 18. Jahr-
hundert, vor allem Georg Hamann.
Paul Celan: Konfigurationen Freuds 265
wieder. Der metaphorische Raum der Innerlichkeit öffnet sich nur entlang
den Faltungen der Oberfläche in der Äußerlichkeit der Zeichen, die immer
woandershin weisen.
EVAN WATKINS
The theory of lyric I want to talk about is not really a theory at all in the
sense of a methodologically rigorous, self-reflexive inquiry into precise
generic definition. It does not come conjoined with the name of a particular
author; it is not " X ' s theory of lyric," although you may well recognize a
number of X's who have contributed to it. But it is a theory nevertheless, if
"theory" is also understood as what organizes the circulation of values,
attitudes and expectations in a loose ensemble of linked ideas, what is
projected as governing a certain range of consequences. Amy Colin men-
tioned that Paul Celan is not very well known in the United States, and the
reason in part is a theory which makes the poetry of Paul Celan, and I think
a number of other poets, strike American readers as odd, as foreign not
only in language, but "foreign to experience." I have said you would
recognize a number of those who have contributed to this theory, but in
keeping with how it functions I can best introduce something of its terms
by recourse to another place entirely.
Several years ago when he was in fifth grade, my son and his classmates
received a set of instructions from the teacher in the midst of a unit on
poetry, where the assignment involved writing their own poems for class
the next day. "Write about something you know," he was told, "something
that happened which was important to you." "It doesn't have to rhyme,
and it doesn't have to be about a great big thing. It might be something
nobody else even saw, but you felt very deeply about it." "Put it in your
own words, and use feeling words, words that tell what you really felt
about it, no matter what anyone else said." My son didn't find those
instructions in the least mystifying; they were not foreign to his experience.
He knew exactly what to do, and four of the lines of his poem did in fact
rhyme because it felt right he said. He didn't find the instructions mystify-
ing, because in giving them his teacher had understood what escapes a great
many more sophisticated theorists, that "lyric" is a form of popular culture
here. Lyrics may not have a huge audience like television shows or films or
rock music; they aren't popular because of who gets to consume them. Any
given lyric, whether my son's or one by Robert Bly or Marge Piercy, by
Lyric Poetry as Social Language 267
Change, however, will not seem very difficult as long as one restricts theory
to mean thinking which is methodologically rigorous, self-reflexive, and so
forth. For this "theory" of lyric appears contradictory at every turn; it uses
assumptions about the self, about language, about the implacable division
of "public" and "private," "political" and "personal," so intellectually
discredited I imagine most of us could rehearse in our sleep what's wrong
with them. Such rehearsal has been going on for some time, yet nevertheless
the theory has not disappeared. And that uncomfortable fact makes the
temptation almost overwhelming to see it as one part of some vast and
forbidding power which, despite our best efforts, holds the mass of the
population under its spell, perhaps even holds us as well in the blindness of
our best insights. I want to suggest instead that the weapons of critique
brought to bear against the assumptions that sustain this theory of lyric,
while admirably suited to ferret out and dismantle its superstructure of
sophisticated justification, are perhaps not quite the right ones to effect real
change in its consequences. Besides asking — is this coherent? does it deserve
to be considered a theory at all? how does it depend upon these ideological
affiliations? how can we demystify its illusory spell? - it might be necessary
to pose another set of questions also. When does it stop working? Is there a
point when the results, the consequences, seem less than satisfactory to
those who participate? And if so, what can we undertake at that point?
For my son, there was a point indeed when something went wrong with
that theory of the lyric. It didn't come when he got his instructions in class
or during the work of writing. And even had I been cleverer, I don't think
my discussion of the assignment with him would have changed his mind.
The point came in class, about five minutes after he finished reading his
poem to the teacher and the other students. Nice things were said about his
poem; they moved right along to the next student's poem; nice things were
said about it; and then the next student's poem, and some more nice things.
My son came home a little disappointed in that process, and guilty enough
about the disappointment that he was reluctant to talk about it. The source
of the disappointment, I gathered finally, was that the nice things said about
his poem were brief, didn't really connect very well to his own sense of the
poem, and in fact were remarkably like the nice things said about every-
body else's poems. The guilt was two-fold: a vague sense of failure, that
perhaps his poem wasn't really as good as he thought; and a sense that in
fairness after all everybody must have the same chance to read and to hear
nice things about what they read.
When are the consequences less than satisfactory to those who partici-
pate? When the loose ensemble of values, attitudes and expectations
Lyric Poetry as Social Language 269
A similar fate overtook Dylan Thomas, a fellow poet haunted and enrap-
tured by the "dark river flowing inside him, to which he could lower the
The gorgeous rhetoric and shape and sound of words swamp the pathos of
recrimination or loss of friend or father. The intoxicated bardic voice calls
attention to itself rather than the objects or ideas worthy of the sentiments;
it attains the emotive beauty of language. We are all too conscious of the
poet's sentiments but do not enter into the experience of the subject - Anne
Jones's or Thomas' father, and certainly not into the life and death cycle of
an oat.
The memorial portrait in George Barker's " T o My Mother" is like a
strong charcoal sketch of a person he admires with fondness and without
false sentiments. She is recollected with all her individualistic traits and after
the first line the poem departs from trite expectations:
2 This is Dylan Thomas' description of the memory flow - a beautiful river of words which are
given structure by the poet. Donal Hall has recorded his personal encounters with Thomas
in Remembering Poets. New York: Harper & Row, 1978, pp. 8-37.
274 Siegfried Mandel
languages. Among the many literary works to which Celan was drawn by
affinity and which help to clarify his poetic and existential mood is
Shakespeare's King Lear. Celan's tone is reflected in the Duke of Albany's
words which ring down the curtain on the tragedy: "The weight of this sad
time we must obey, / Speak what we feel, not what we ought to say"; and,
Lear's last words which verge on madness and absurdity: "And my poor
fool is hang'd! No, no, no life! / Why should a dog, a horse, a rat have life,
/ And thou [Cordelia] no breath at all?" In Shakespeare's language the
incommunicability of grief and thought has been made communicable. It
seems to me that Celan in his own ways has hit upon similar solutions to
communicate the incommunicable with powerful, reiterative words and
allusive fragments which gain meaning as one follows them through his
twelve volumes of poetry. "We live under dark skies," wrote Celan in 1955,
"and - there are few humans. Therefore there are so few poems. The hopes
which I still have are not great; I attempt to retain what has remained."
Specifically, "Reachable, near and not lost amid the losses, remained one
thing: language." Retention, clarification, and objectification of feeling
through poetry engaged Celan for two decades, with a radicalization - and
frequent antilyricism - of his work, pushing symbolist poetry to the limits
of its potential.
Celan's admiration for such Shakespearean portrayals as the Lear-
Cordelia death scene was engraved in his own renditions. The mother's
letter, in Celan's poem "Black Snowflakes" is a miniature masterpiece of
controlled pathos, with the mother's plea for a small cloth to protect her
resident dignity and to shield her from cold and terror. The impact upon
the reader can be shattering. Juxtaposed are her minimal request, the bleak
indifference of nature's setting, and the callous tramplings of a wastrel
horde.
Expressions of outrage through poetry take many forms. Throughout
history, atrocities have lodged like thorns in the mind and have wrung
strong emotions from poets. We find them in Milton's sonnet " O n the Late
Massacre in Piedmont," an event that occurred in 1665:
The preserving functions in the sphere of the mind were also noted by
Freud: "in mental life nothing which once has been formed can perish - that
everything is somehow preserved. . . . " And one can readily see that this is
the dilemma of the survivors. As for the victims, Freud acutely observed
that whether one talks of "a galley-slave in antiquity, of a peasant during
the Thirty Years' War, of a victim of the Holy Inquisition, of a Jew
awaiting a pogrom," "there is a gradual stupefying process, the cessation of
expectations [on the part of the victims]"5 and a narcotizing effect upon
their receptivity to impressions. Indeed, the victims of persecution, con-
flicts, and extermination appear like narcotized apparitions in Celan's
poetry.
4 That evolution is discussed further in this author's Group 47: The Reflected Intellect.
Carbondale: Southern Illinois University Press, 1973, pp. 100-110.
5 The quotes are from Sigmund Freud's Das Unbehagen in der Kultur, 1930. Civilization and
its Discontents. Ed. and transl. James Strachey. New York: Norton, 1961, pp. 16, 36.
278 Siegfried Mandel
The groups of poems in Celan's Mohn und Gedächtnis are bold poetic
explorations of reality and psychological states of mind, territories which
the poet continually traverses in order to find or to create points of
convergence that will mend the torn psychic ligaments of his life. Here are
towering poems of "forgetting" and "remembrance." Each has clusters of
associations which ultimately entwine with one another.
"Mohn" can be the poppy from which opium is extracted and that
obliterates pain, moments of past traumas, and opens the way to escape-
fantasies that lead one away from lacerating memories. It is a narcotic that
induces "forgetting" and, at the same time incurs the user's guilt of
forgetfulness - "Schimmelgrün ist das Haus des Vergessens," "Moldy-
green is the house of forgetting." Yet, green mold may also have a yeast-like
effect upon memory. The sacklike head of the poppy plant contains seeds
popular as ingredients ("Mohnkuchen," cakes with poppy seeds) or as
toppings on bakery goods, and especially for Celan as a memorial symbol
of the black seeds on the "chaleh" or the traditional Sabbath bread of the
bygone parental home.
The word "Gedächtnis" has the weightiness of a monument when
referring to commemoration or remembrance of the dead, but it also
contains the root idea that memory is an act of thinking (gedacht, in the past
tense; gedenken or denken, in the present). The act itself becomes a tribute
and a tribulation which mirrors the agony of transforming elusive mind-
pictures into the static images of poems. Even when the transformation is
successful in rendering the past fresh in peoples' minds, the fact remains
that "denken" or thinking is also an act of willed and wilfull imagination,
and hence something imaginary and not restorative of the loss.
The memory poems selected from other poets in my comparisons so far
give some evidence in the tone of the lines that the poet has gained a
measure of relief in unburdening himself; sometimes, there even seems to
be an aesthetic pleasure in the poetic achievement that soars far above the
events or subjects ostensibly memorialized. Celan's poems do not bring
him tranquillity of mind; instead, most poems disallow forgetfulness and
disremembrance. Celan is "mit-erleidend" - a co-sufferer.
Celan's poem "Corona" yields one of his most striking analogies when
he compares the narcotic poppy of forgetting (Mohn) and memory
(Gedächtnis) with lovers,
It is time, he feels that memory flourish though it does not heal; on the
contrary, bitterness and lament remain and become increasingly pointed in
language and reference. At the end of "Mohn und Gedächtnis" is the
climactic demand that he be counted among the bitter almonds (a black pun
upon the name of the murdered Russian-Jewish poet Osip MandePshtam -
Mandel: almond) one bites into. He wants his poetry to carry a bitter taste.
And, quite intentionally, he continued to carry his lamenting words from
threshold (the title of his subsequent volume of poetry) or from door to
door of the world's neighbors.
And so, Celan cannot acquiesce to an amelioration of memory as does
John Donne in his poem "A Valediction Forbidding Mourning." Donne
ministers to our woes, with the soothing words, "So let us melt, and make
no noise, / No tear-floods, nor sigh-tempests. . . . " For Celan, the past
which has swallowed up our loved ones is ever with us, while the metaphy-
sical beyond cannot substitute for consolation. Nor can Celan accept the
formulaic memorializations and dandyish metaphors in hundreds of poems
since Donne as typified by George Santayana's "With You a Part of Me
Hath Passed Away,"
For in the peopled forest of my mind
A tree made leafless by this wintry wind. . . .
But yet I treasure in my memory
Your gift of charity, your mellow ease. . . .
Nor could Celan poetize in the vein of abstracted grief and metaphysical
hope so carefully wrought in Randall JarrelPs commemorations in "A Poem
for Someone Killed in Spain":
Though oars are breaking the breathless gaze
Of the summer's river, the head in the reeds
Has its own success; but time is brimming
From the locks in blood, and the finished heart
And, Robert Lowell wants the crimes of the Germans during the occupa-
280 Siegfried Mandel
Lowell's ironic play with the idea of the German push for lebensraum and
the French dead encapsules a moral suasion and a practical argument. Celan
would regard such moral appeals to the victimizers as a poetry of futility. In
Celan's "Schibboleth" and in other poems, tribute is given to resisters from
ancient to modern times - at Masada, in Spain, in Vienna - with utmost
simplicity and the least possible artifice:
. . . Set your flag at halfmast
memory.
At halfmast
for today and ever.
i Surviving and Other Essays. N e w York: Knopf, 1979, pp. 98-104, for a discussion of several
Celan poems.
III. Jewish Themes
Jüdische Thematik
EMIL L . FACKENHEIM
Preamble
"Holocaust" is the term currently most widely employed for the persecu-
tion of the Jewish people by Nazi Germany (1933-45), first in Germany
* The present essay was originally commissioned by Contemporary Jewish Religious Thought,
Arthur A. Cohen and Paul Mendes-Flohr, eds., scheduled for publication by Scribners in
1986. The preamble and the epilogue were added for the present purpose.
286 Emil L. Fackenheim
to belong, with other catastrophes, into the species "genocide." Within the
species "intended, planned, and largely executed extermination," it is
without precedent and, thus far at least, without sequel. It is - here the term
really must be employed - unique.
Equally unique are the means without which this project could not have
been planned or carried out. These include: (i) a scholastically precise
definition of the victims; (ii) juridical procedures, enlisting the finest minds
of the legal profession, aimed at the total elimination of the victims' rights;
(iii) a technical apparatus including murder trains and gas chambers; (iv)
most importantly, a veritable army not only of actual murderers but also of
witting and unwitting accomplices - clerks, lawyers, journalists, bank
managers, army officers, railway conductors, entrepreneurs, and an endless
list of others.
All these were required for the "how" of the "Final Solution". Its
"why" required an army of historians, philosophers and theologians. The
historians rewrote history. The philosophers refuted the idea that mankind
is human before it is "Aryan" or "non-Aryan." And the theologians were
divided into Christians who made Jesus into an "Aryan," and neo-pagans
who rejected Christianity itself as "non-Aryan." (Their differences were
slight compared to their shared commitments). Such were the shock troops
of this army. Equally necessary, however, was its remainder: historians,
philosophers and theologians who knew differently but betrayed their
calling by holding their peace.
What was the "why" of the Holocaust? Even the shock troops never
quite faced it, though having no reason or excuse for not doing so. As early
as in 1936 Julius Streicher was on record, to the effect that "who fights the
Jew fights the devil," and that "who masters the devil conquers heaven."
And this basest, most pornographic Nazi expressedly only most succinctly
the philosophy of the most authoritative one, to the effect that "if the Jew
will be victorious" in his cosmic struggle with mankind, his "crown" will be
the "funeral wreath of humanity, and this planet will, as it did millions of
years ago, move through the ether devoid of human beings" (Hitler in Mein
Kampf).
Planet Auschwitz was as good as Streicher's word. When the Third
Reich was at the height of its power, the conquest of heaven seemed to lie in
the apotheosis of the master race; even then, however, the "mastery" of the
Jewish "devil" was a necessary condition of it. And when the Third Reich
came crashing down and the apocalypse was at hand, "Planet Auschwitz"
continued to operate till the end, and Hitler's last will and testament made
the fight against the Jewish people mandatory for future generations. The
288 Emil L. Fackenheim
become, after it was all over, ordinary and respectable again - without
showing signs of suffering sleepless nights.
The evil is banal by dint, not of course of the nature of the crimes but of
the people that committed them: these, it is said, were made to do by the
system what they did. This, however, is only half a philosophical thought,
for who made the system - conceived, planned, created, perpetuated,
escalated it - if not such as Himmler and Eichmann, Stangl and Hoess, to
say nothing of the unknown-soldier-become-S. S. murderer? Already in
difficulties with "radical" or "demonic" evil, philosophical thought is
driven by the "banal" evil of the Holocaust from the operators to the
system, and from the system back to the operators. In this circular
movement, to be sure, "banal" evil, except for ceasing to be banal, does not
become intelligible. Yet the thought-movement is not without result, far
from it the Holocaust emerges as a world or, rather, as the anti-world par
excellence. The human condition does not dwel in a vacuum. It always-
already-is within a world, i. e., within a structured whole that (i) exists at all
because it is geared to life and that (ii) is structured because it is governed by
laws of life. (Innocent so long as they obey the law, the inhabitants of a
world have a right to life, and forfeit it, if at all, only by an act of will - the
breach of the law). The Holocaust anti-world, while structured, to be sure,
was governed by a law of death. For the victims - mostly Jews - existence
itself was a capital crime - an unheard of proposition! —, and the sole raison
d'etre of the others was to mete out their punishment. In this world, the
degradation, torture and eventual murder of some human beings at the
hands of others was not a by-product of, or means to, some higher, more
ultimate purpose. They were its whole essence.
Modern philosophers, we have said previously, were able to conceive of
a "human condition" because not all things were considered humanly
possible. Even so, some of their number - possibly with modern history in
mind — have not hesitated to ascribe to Man a "perfectibility" that is
"infinite." Auschwitz exacts a new concession from future philosophy:
whether or not Man is infinitely perfectible he is in any case infinitely
depravable. The Holocaust is not only a world-historical event. It is also a
"watershed" (Franklin Littell), or "caesura" (Arthur Cohen) or "rupture"
(Emil Fackenheim) in Man's history on earth.
and "climbing the wall" have become not only rights but also ineluctable
duties. After the Holocaust, Jews owe antisemites (as well as, of course,
their own children) the duty of not encouraging their murderous instincts
by their own powerlessness. And after the absolute homelessness of the
twelve Nazi years that were equal to a thousand, they owe the whole world
(as well as, of course, their own children) the duty to say "no" to Jewish
wandering, to return home, to rebuild a Jewish state.
These aspects of the Judaism-in-the-making are moral and political.
Their inner source is spiritual and religious. In the Warsaw Ghetto Rabbi
Yitzhak Nissenbaum, a famous and respected orthodox rabbim, made the
statement - much quoted at the time by Jews of all persuasions in their
desperate efforts to defend, preserve, hallow Jewish life against an enemy
sworn to destroy it all - that this was not a time for kiddush hashem
(martyrdom) but rather for kiddush ha-chayyim (the sanctification of life).
It is a time for kiddush ha-chayyim still. The Jewish people has passed
through the Nazi anti-world of death: thereafter, by any standard religious
or secular, Jewish life ranks higher than Jewish death, even if it is for the
sake of the divine name. This people has experienced exile in a form more
horrendous than ever dreamt of by the apocalyptic imagination: thereafter,
to have ended exile bespeaks a fidelity and a will-to-live that, taken
together, give a new dimension to piety. The product of this fidelity - the
Jewish state - is fragile still, and embattled wherever the world is hostile or
does not understand. Yet Jews both religious and secular know in their
hearts that Israel - the renewed people, the reborn language, the replanted
land, the rebuilt city, the state itself - is a new and unique celebration of
life. There are many reasons why Israel has become the center of the Jewish
people in our time; not least is that it is indispensable to a future Judaism. If
a Jewish state had no arisen in the wake of the Holocaust, it would be a
religious necessity - although, one fears, a political near-impossibility - to
create it now.
O n the p e a k s of all m o u n t a i n s -
Tranquility.
O n all treetops
Y o u feel
B a r e l y a breath.
T h e birds in the f o r e s t are silent.
Hush, soon for you too —
Tranquility.
(The translation is mine.)
The following discussion of Jewish poets who wrote about the Holocaust in
Jewish languages will, I hope, provide a useful background for understand-
ing Paul Celan as a German-Jewish poet writing about the Holocaust in
German. The first part of my essay will deal with two outstanding
representatives of the only school, properly so called, of Holocaust poets,
those who wrote in Yiddish. Although the light they shed on Celan is
largely one of contrast rather than similarity, they too were poets in exile.
Celan in Bucharest or Paris was troubled because the natural audience for a
poet writing in the German language was not necessarily the fittest audience
for a Jew whose parents, whose world had been destroyed by Germans.
The Yiddish poets living in America after 1945 had lost both their subject
and their audience. "A little while ago there were twelve million people . . .
who lived inside this tongue, and now what is left? A language that never
had a territory except Jewish mouths, and half the Jewish mouths on earth
already stopped up with German worms." Thus laments a character in
Cynthia Ozick's "Envy; or, Yiddish in America" (1969) the by now classic
story about this group of writers for whom continuation of Yiddish, the
language of the majority of the victims of the Holocaust, came to be the
most meaningful form of Jewish survival.
The second part of my essay will deal with two Israeli poets writing in
Hebrew, and will stress difference rather than likeness. One reason why
Hebrew poetry about the Holocaust is less susceptible to generalization
than Yiddish poetry is a linguistic one. Yiddish and Hebrew have
exchanged their traditional roles within Jewish life. Yiddish, now the
language of martyrdom, has acquired an almost sacred status for the coterie
who continue to write in it; and Hebrew, traditionally the sacred tongue,
has taken over from Yiddish as the language of the folk and the street. The
two Hebrew poets discussed are very different from each other. Abba
Kovner represents a distinctly Zionist response to the Holocaust, Dan Pagis
a more idiosyncratic and metahistorical one. Pagis, moreover, a native of
Bukovina, affords an opportunity not only for comparison with Celan but
for speculation on what might have been the effect on Celan's work (and
Patterns of Holocaust Poetry 297
In the mind of the believing Jew, the tragic paradox of the Holocaust must
be that it was not the denial but the fulfillment of the divine promise, as set
forth in every elucidation of the Covenant in the Bible. To the sceptic, the
destruction of European Jewry makes a mockery of the sentences in the
Jewish daily prayer-book: "With abundant love hast Thou loved us, Ο
Lord." "With everlasting love hast Thou loved the house of Israel." To the
sceptic, including the Jewish sceptic, who surveys Jewish life from the
outside, the contradiction between God's professions of love for His
Chosen People and the way in which these people are tortured and killed,
must be complete. But the believing Jew has accepted a structure of
relations between the Chosen People and God in which love and chastise-
ment are inseparable from each other. He has traditionally acknowledged
that the Covenant contained a curse as well as a blessing. The Jews have
been chosen to receive the Law, but if they lust instead after idols and so
violate the Covenant, they will be cursed and exiled and destroyed. But the
destruction will never be total, for that would constitute God's violation of
His own Covenant. Despite the endless transgressions of the people of
Israel, "when they are in the land of their enemies, I will not reject them,
neither will I abhor them, to destroy them utterly, and to break My
covenant with them " The Jews' destiny, moreover, is in their own
298 Edward Alexander
control and not in that of the nations of the earth. The God of Israel is the
god of all mankind, but the nations of the world are instruments of the
Lord in his dramatic struggle with his refractory people. In his lawsuit
against His people, God calls heaven and earth to witness against His
beloved adversary that "I have set before thee life and death, the blessing
and the curse "
The whole structure of Jewish religious life was predicated on accept-
ance of responsibility for the exile and its endless humiliations and oppres-
sions. These had been brought upon the Jews not by Assyrians or Babylo-
nians or Romans or Crusaders or Cossacks but, ultimately, by their own
transgressions. Regularly, in his festival prayers, the Jew acknowledged his
responsibility for his condition of exile and debasement: "Because of our
sins, we were exiled from our land and removed far away from our
country." This very act, moreover, of blaming their fate on their own sins
tended to reenforce the Jews' belief in their chosenness because it enabled
them to survive when other peoples, who had also suffered expulsion from
their homelands and oppression in the lands of strangers, were disappear-
ing. These peoples came to the outwardly sensible and reasonable conclu-
sion that their miserable fate proved the inefficacy of their national god,
whom they abandoned in order to worship the gods of their new neighbors;
thus were they assimilated, thus did they disappear. The Jews, persistently
interpreting their misery as divine punishment for their sins, clung to their
God and to the promise of the covenant, and so survived, albeit in ever
diminishing numbers. "Except the L O R D of hosts / Had left unto us a very
small remnant, / We should have been as Sodom, / We should have been
like unto Gomorrah" (Isaiah, 1:9).
The structure of the covenantal relation between God and the Jewish
people was so pervasive in Jewish life and in the Jewish imagination that it
could withstand and accommodate a considerable amount of resistance and
rebellion from within. What is the book of Job but an instance of such
rebellion and accommodation? It takes the traditional form of the lawsuit
between the two partners to the Covenant, with enumeration of curses,
invocation of witnesses, professions of innocence and allegations of guilt.
Job desires "to reason with God" (13:3), to justify himself. Yet even at the
height of his rebellion, when he insists "I will argue my ways before Him,"
he submits to the inherited structure of faith: "Though He slay me, yet will
I trust in Him." Death itself, however seemingly undeserved and unjust,
becomes an aspect of endurance if it is acknowledged as a chastisement from
God. This covenantal structure took such hold of Jewish life that it can still
today provide a framework for modern Jewish poets and novelists of a
Patterns of Holocaust Poetry 299
secular cast of mind whose instinctive reaction to the Holocaust is, not to
reject God, but to accuse and curse Him.
Just how irresistible was the inherited myth of the covenant between
God and his Chosen People may be seen in Yiddish Holocaust poetry, one
of the most coherent and substantial bodies of writing on the subject. From
its inception, in the nineteenth century, Yiddish poetry had been secular in
idea and outlook. Although most writers of Yiddish literature considered
themselves Jews, they were devoted to a secularization of Jewish culture.
Moreover, many who came to prominence in the second and third decades
of this century sought to reject the traditional subject of Yiddish literature,
the fate of the Jewish people. For why could not Yiddish writers, like
French or German or English, range freely through the world for their
subjects instead of being limited to the concerns of the collective body from
which they had sprung? Thus, Jacob Glatstein wrote in 1920 of himself and
his fellow poets in the Inzikh group: "We are Yiddish poets by virtue of the
fact that we are Jews and write in Yiddish. Whatever a Yiddish poet may
write about is ipso facto Yiddish. One does not need specifically Jewish
themes But the Holocaust proved that the Jewish poet could no more
than the Jews themselves become "normal." After the Holocaust, as Irving
Howe has written, "Yiddish poetry . . . returns . . . to its original concern
with the collective destiny of the Jewish people... In the desolation of
memory, Yiddish poets find themselves turning back to the old Jewish
God, . . . a God inseparable from Jewish fate, a God with whom one pleads
and quarrels."2
In the poetry of Jacob Glatstein,3 the Yiddish tradition of intimate
quarrel and mutual reproach between the Jew and God is continued, but
subjected to strains and storms which threaten to shatter the old
framework. In the wake of the Holocaust, the poles of the ancient antithesis
between suffering and faith, the terms of the paradox whereby the unending
misery of the Jews is precisely a sign of the unending covenant with God,
move so far apart that their link is almost ruptured. Glatstein cannot fathom
the Holocaust without viewing it as part of the ongoing quarrel between
God and His Chosen People. The Jews cannot be themselves without God,
for "without our God / we have a funny look." Neither can God exist
1 Quoted by Irving H o w e in "Journey of a Poet," Commentary 53 (January 1972): 76.
2 A Treasury of Yiddish Poetry, ed. Irving Howe and Eliezer Greenberg (New Y o r k : Holt,
Rinehart & Winston, 1969), pp. 5 2 - 5 3 .
3 Except where other names are given, all the translations are by Ruth Whitman, The Selected
Poems of Jacob Glatstein (New Y o r k : October House, 1972). All other translations of
Yiddish verse come from A Treasury of Yiddish Poetry, ed. Irving H o w e and Eliezer
Greenberg (New Y o r k : Holt, Rinehart & Winston, 1969).
300 Edward Alexander
Any impulse towards locating the source of the unspeakable horror in God
must mercilessly be squelched. If the God of history has indeed been
involved in the Holocaust, then the Jews must sue for divorce from Him.
Glatstein's Holocaust poetry is not informed by a consistent theology.
Rather he seeks imaginatively to assimilate the Holocaust by perceiving it
through the inherited myths of Jewish religion. He looks upon this religion
to some extent as an outsider, one who has become alienated from its
language and beliefs, and who revisits it nostalgically.
It's as hard to return to
old-fashioned words
as to sad synagogues,
those thresholds of faith.
You know exactly where they are.
Troubled, you can still hear their undertones.
Sometimes you come close and look longingly
at them through the windowpanes.
The world of his youth provides not so much truth as warmth, familiarity,
and shelter: "I love you, dead world of my youth, / I command you, rise
up, let your joy revive, / come close, letter by letter, warm, pulsing,
meaning nothing." The religious myths which once provided the shelter of
a protective covering have now been hollowed out, by intellect and by
history. Yet still they seem to the poet the only framework within which he
can begin to make sense of what has happened. Having been disillusioned
by western culture, by its "Jesus-Marxes" and "weak-kneed democracy,"
the poet returns in imagination to his very beginnings in the ghetto and
implores help from those whose lives are still bound by the all-embracing
Patterns of Holocaust Poetry 301
myths of religion: " Y o u who still take your ease in the shadow of biblical
trees / Ο sing me the cool solace / of all you remember, all that you know."
Glatstein conceived of his Holocaust poetry as a safeguarding and even
a resurrection of the dead. In a poem called "Nightsong" he imagines the
post-Holocaust imaginative life of the Yiddish poet as a nightly stroll
among the graves, among the "valleys and hills and hidden twisted paths"
that have become the landscape of his mind. Here he gathers to himself the
whole vanished Jewish world, in a heroic attempt to "grasp and take in /
those destroyed millions." If they are to be redeemed, it can henceforward
- such is the implication of the poem - only be through literature. The
appropriate language of the literature is Yiddish, but its structure can be
provided only by the myths of religion, that is to say, by the world-view
which Yiddish literature, at its inception, was intended to erode and
supplant. Glatstein's work is pervaded by anger, but most of all by anger
against himself for failing to perceive, until both Jewry and Yiddish were
virtually destroyed, that neither Yiddish literature nor Jewish life could
survive without in some way incorporating the religious heritage. Amidst
the wreckage of European Jewry, the lesson was now brutally clear:
Yiddish, once the language of militant secularists, had suddenly become a
"dead" language whose only future was as the sacred tongue of martyrdom:
"Poet, take the faintest Yiddish speech, / fill it with faith, make it holy
again."
A short poem entitled " M y Father Isaac" 4 illustrates Glatstein's habit of
lending significance — albeit ironic significance - to his experience of the
Holocaust by casting it within the framework of biblical story. The poem
gains its power at once from the sense of timeless and inescapable repetition
of a pattern, and from a striking departure from it. The Isaac to be sacrificed
here by the Nazis is, unlike the biblical Isaac, a father (the poet's father)
rather than a son, an old man rather than a young one. H e is thoroughly
accustomed to the procedure, as if he were the descendant of untold Isaacs
who have been chosen by G o d and know that, unlike the Isaac of the Bible,
they will not be rescued by a good angel from the sharpened blade. "Isaac,
old, was not deceived / as when he'd been that lad from Genesis; / he knew
that there would be no lamb." Always he speaks in "a tired voice," as if
wearied of the process of being chosen and being sacrificed, and knowing
better than to expect rescue from a G o d who has done nothing to rescue his
Isaacs since the original binding told in Genesis. Indeed, the poem implies
that the Genesis story is an archetype of Jewish experience except for its
ending, which is not to be believed. But this ancient Isaac, having long ago
learned not to expect mercy and rescue from this God, submissively goes to
the altar: "and as he smelled the searing fumes, / he spoke his mind thus: /
'God will not interrupt this slaughter!' / He called out in a tired voice: /
'Here I am - prepared to be your ram."'
Several of Glatstein's Holocaust poems take the form of a dialogue
between the poet who presents the accusations of his people, and the Jewish
God who tries to justify His action or inaction during the great destruction.
In "My Brother Refugee," Glatstein appears at first to be sacrificing God's
power in order to rescue the belief in His goodness. In the first part of the
poem, God is presented as just another powerless, persecuted Jew, in fact a
"brother refugee." The poet discovers new fellowship with so miserable a
character, and wonders how he could in olden times have expended so
much energy in profaning the words and blaspheming the person of so
helpless and pitiful a creature. But is this "human" and lovable God really
the God of the Jews, of Abraham, Isaac, and Jacob? Glatstein's mixture of
scepticism and belief, of aggression and reconciliation, is conveyed in the
declaration that "The God of my unbelief is magnificent."
This God, when His turn comes to speak, is in no mood to make great
claims for Himself. In fact, He acknowledges that the Jews (whose faithful-
ness to Him has, after all, been greater than His to them) have now become,
by virtue of their unprecedented "wallowing in dust," "godlier than I am,"
and predicts that the nations "willyet bow / to their anguish." But here the
poet's irony and bitterness overcome his new-found affection. Who
needed, who requested such exaltation? "But God, my brother, / why have
you exalted my people like this, / constellating their misfortune / across the
whole sky?" God comes up with an extraordinary, and perhaps desperate
answer which says, in effect, that since the Christian version of the Messiah
- "a childish fable with foolish words" - left the world just as it had always
been, He decided to crucify the whole Jewish people, thus "constellating
their misfortune across the whole sky." No sooner does Glatstein allow
himself to imagine a God with the power to act in history, than he imagines
a God implicated in monstrosity, who confirms the election of His people
through eternity by decimating them, and dreams that His people "will
bloom / crucified forever on a shining tree." The poem ends, therefore,
with Glatstein's retreat into the image of a very small, childlike, helpless
God, entirely dependent on the few remaining Jews willing to dream Him
into existence.
In another poem, Glatstein states boldly yet with inescapable logic that
"Without Jews there is no Jewish God. / If we leave this world / The light
Patterns of Holocaust Poetry 303
will go out in your tent." If G o d ' s ultimate purposes for the universe
required the creation and election of the Jewish people, how can G o d
condone the extinction of that people? The removal of any member of the
family of nations is a crime against humanity, against human diversity and
the nature of mankind. The removal of this particular member, however,
must constitute G o d ' s self-destruction. Without Jews,
W h o will d r e a m y o u ?
W h o will r e m e m b e r y o u ?
Who deny y o u ?
W h o yearn f o r y o u ?
W h o , on a lonely b r i d g e ,
Will leave y o u - in o r d e r t o return?
(Translated b y N a t h a n H a l p e r )
These lines are not only an expression of the peculiarly intimate relation
between the Jews and their G o d , or a sceptic's suggestion that G o d ' s
existence is merely subjective, the creation of human minds, but a recogni-
tion that G o d had made the Jews the special instrument for the achievement
of His purposes and their life His chief interest. The death of the Jews
means the death of G o d : "The Jewish hour is guttering. / Jewish G o d ! /
You are almost gone."
More than any other Jewish myth, however, the Covenant between
G o d and the Jewish people is for Glatstein the locus for his paradoxical
mixture of faith and denial, submission and outrage. "Dead Men Don't
Praise G o d , " one of Glatstein's most ambitious poems, is based entirely on
the idea that the Jews as a people have been called into existence to serve
God's purpose in the world, and that they were created by His special act of
covenant. It depends especially on the doctrine, that Jews of all generations
were potentially present at Sinai, and were as much recipients of the Torah
as those physically there. But it treats the Holocaust too as an event of more
than human significance, whose full implications for Jewish existence can
be fathomed only if it is understood in precisely the way we have tradition-
ally understood the Covenant, of which it is at once a validation and a
denial:
If the gift of life at Sinai was a collective one to every generation of Jews,
then the plague of death at Lublin-Maidanek (and all the other death
factories for which it stands) must also implicate every Jew; if all stood at
Sinai, then all fell in the slaughter at Lublin: "The souls of those who had
lived out their lives, of those who had died young, / of those who were
tortured, tested in every fire, / of those who were not yet born, / and of all
the dead Jews from great grandfather Abraham down " That Moses,
Aaron, King David, and the multitudes already dead, should come to die
again at Lublin perversely confirms the logic of the Covenant. What they
were given at Sinai was not physical but spiritual life; if they are indeed
being required to return the Covenant, then their souls must be killed as
well as their bodies. What better place for such a second death than Lublin?
That the Jewish of all generations should congregate for death in the
Holocaust in the same way that they had congregated for life in the
Covenant shows the continuity between Sinai and Lublin and the unity of
the Jewish people. In both cases a kind of arbitrariness visited upon all
individual Jews, whether they liked it or not, and whether they "deserved"
it or not, the collective fate of the Chosen People. But this continuity of
chosenness is threatened by the discontinuity between the old and the new
covenants. The pain and suffering which devolve upon the Chosen People
may themselves be a sign of their invisible destiny, but the Holocaust, far
from bringing a voice of redemption, seems to drown out the redeeming
voice of Sinai. "Above the gas chambers / and the holy dead souls, / a
forsaken abandoned Mount Sinai veiled itself in smoke." The Sinai Coven-
ant makes its presence felt above Lublin, but the smoke of the death
factories blackens and conceals Sinai itself. The new Covenant obliterates
the original one, for if all Jews are present to be killed at Lublin, then the
new Covenant is none other than a Covenant for death; if all Jews have
been done to death at Lublin, then it logically follows that the Torah has
been returned: "Dead men don't praise God, / The Torah was given to the
living."
Whereas Glatstein's anguish moved him, again and again, to resort to
traditional structures of religious meaning only to fill those structures with
a body of experience which seemed at once to make sense only within them,
and to defy all sense whatever, Aaron Zeitlin stood virtually alone among
Yiddish poets in viewing the Holocaust of the Jewish people not only
within the confines of, but as a terrifying testimony to, the truths of
orthodox Jewish religion.5 He was among the few who claimed to hear a
redeeming voice from Auschwitz, and who refused to back away from the
recognition that God, if He is indeed the traditional Jewish God who acts
within history, must be the God of the Holocaust as well as the God of
Sinai. He may also be the hidden God of Isaiah, but he cannot be the
reduced, powerless God sometimes imagined by Glatstein.
Zeitlin was saved by an accident of fate from perishing in the
Holocaust. He had written a play about German militarism called In
Keynems Land (In No Man's Land) which opened in Warsaw in 1938. In
the spring of 1939 he was invited by Maurice Schwartz to New York for the
Yiddish Art Theatre's premiere of his play. While he was in New York, the
war broke out and prevented his return to his family, all of whom were
murdered by the Nazis. The Holocaust came to occupy the center of his
emotional, poetic, and religious life. Unlike Glatstein, he wrote from the
compulsion of religious conscience, rather than from the impulse to
memorialize and resurrect the dead through art. In fact, the Holocaust
seemed to him to have rendered the whole literary enterprise frivolous:
"Were Jeremiah to sit by the ashes of Israel today, he would not cry out a
lamentation, nor would he drown the desolate places with his tears. The
Almightly Himself would be powerless to open up his well of tears. H e
would maintain a deep silence. For even an outcry is now a lie, even tears
are mere literature, even prayers are false. " 6 It was a religious, not a literary
impulse which moved Zeitlin to the composition of his two-volume justifi-
cation of the ways of God to men: "I Believe."
Belief pervades the poem, since for Zeitlin the beginning of inquiry is
not, "If there be a God, how could the Holocaust have been permitted to
happen?" but "Since there is a God, what does the Holocaust mean?" The
aggression directed towards God in other Yiddish poems on this subject is
here directed primarily towards competing religions which claim to derive
from Judaism. "Should I believe in Spinoza's geometric god?" he asks. This
is a god "without horror or miracle," to be sure, but also without relation
to men in general or Jews in particular. There is an intentional ambiguity in
Zeitlin's reference to this monistic and naturalistic god as "a distant relative /
who won't acknowledge me as his relation." The "me" refers not only to
humanity at large but to Zeitlin's Jewish identity; and Spinoza's god is a
kind of snobbish relative because he was conceived by a Dutch Jew yet
explicitly rejected the election of the Jews acknowledged by Christianity
itself. Rather than believe in this utterly detached and indifferent god of
nature Zeitlin would "willingly believe in Satan and damnation."
6 Ibid., p. 53.
306 E d w a r d Alexander
collective than that of other Yiddish Holocaust poets. He typically uses " I "
rather than "we." Yet in the most deeply-felt passages expressing the
irrevocability of the covenantal relationship between the Divine Father and
the favored but chastised child, Zeitlin is forced to link himself with all the
others who are no more, and without whose tacit consent he could not with
any decency accept justification or consolation for their suffering.
Can I then choose not to believe
in that living G o d whose purposes
when H e destroys, seeming to forsake me,
I cannot conceive;
choose not to believe in H i m
Who having turned my body to fine ash
begins once more to wake me?
The pressure of emotion obliges Zeitlin, without ever forsaking the singular
pronoun, to join himself with the body of the Jewish people whom God has
burned in order to re-awaken. That "aspiration" to the Holy One through
the crematory flue which provoked bitter irony in Glatstein becomes a
declaration of faith - albeit tragic and paradoxical faith - in Zeitlin.
Although he uses the Yiddish word, Khurbn, for Zeitlin the idea behind the
English word Holocaust retains its full, original meaning, derived through
the Greek holokauston from the Hebrew olah, "an offering made by fire
unto the Lord." 7
Although Zeitlin does not hesitate to involve God totally in the
Holocaust and to profess faith that the burning and the awakening are part
of a single process, he gives no indication of where the signs of new life are
to be found in this world. That so much suffering is even more difficult to
conceive without God than with Him, that "even my pain confirms Him,"
that without God our cries are like dead letters reaching nowhere: all this is
convincingly expressed. But that there is in truth a divine rationale for what
the poet has himself labelled the devil's destructiveness remains an article of
faith, a willed belief sustained by no evidence: "I believe God gives / His
inconceivable hells / because somewhere else / His eye surmises / Incon-
ceivable paradises / for his slaughtered fugitives." That "somewhere" has,
to the mind of anyone but an orthodox believer, a fatal vagueness; for
Zeitlin, however, it is the next world, whose standards are simply incom-
mensurable with our own and which can therefore hardly be conveyed
through human language.
7 Lucy Dawidowicz, The War Against the Jews: 1933-1945 (New York: Holt, Rinehart &
Winston, 1975), p.xv.
308 Edward Alexander
1. Abba Kovner
During the first half of his life Abba Kovner gained honor and fame as a
resistance fighter in Vilna and the surrounding forests and then as a leader in
the Brichah (rescue) movement that brought the pitiful remnant of Euro-
pean Jewry to the homeland in Palestine. In this period, he sought to bring
the Jewish people to the land of Israel. But in his work as a creative writer
he has initiated a vast backward movement of recovery that is intended to
carry the imagination of his contemporaries in Israel back to the Jewish
people, back to a buried life they thought they had forgotten or, perhaps,
never even known.
Kovner's poetry is based on the impulse to join people with land,
matter with spirit, the living with the dead, past with present, life with
literature. At any particular moment in this poems we may be simultane-
ously at the foot of Sinai and at the edge of the shooting pits of Ponary,
circling the walls of Jericho and the walls of a European convent or ghetto,
defending Vilna (the "Jerusalem of Lithuania") and the Jerusalem of
modern Israel, receiving the Covenant and giving it back. He is a writer
whose imagination, like his life, may rise from the material to the spiritual,
but may also return, for renewal, from the spiritual to the physical.
The desire to overcome geographical and chronological discontinuity
by joining Israel with Diaspora, present with past, is apparent in Kovner's
account of the genesis of My Little Sister, published in 1967, that is, almost
a quarter of a century after the events of the Holocaust that form its center.
He was, he has said, walking late at night through the streets of a section of
Tel Aviv when he heard the shrieks of a woman coming from a high
window. Although his own attention was riveted on the terrible screams,
neither the other passersby in the street nor the people behind the neighbor-
ing windows seemed to pay any attention. Kovner was at once carried back
to the Holocaust years when the collective death rattle of the Jews of
Europe failed to disturb the placidity or even attract the attention of the
outside world.
A cloister's wall is high.
A wall of silence
still higher.
(Section 8)8
This gave the first impulse toward recovery of the past. The second came
from Kovner's discovery of the truth behind the appearances. In actuality,
he had been hearing the cries of a woman in labor coming from a maternity
hospital; those who knew the neighborhood paid no attention because they
were familiar with such cries and knew their cause. Stirred by recollections
of the past, of the sense of isolation and abandonment, by the particular
memories of the agonies of mothers and children during the Holocaust and
by the paradoxical relation between torture and birth, Kovner set himself to
"an enduring attempt to turn ashes into an eternal light." 9
The incident in Tel Aviv is specifically reflected in My Little Sister in
several ways. The Dominican convent in which the little sister receives
(temporary) shelter is shown to be out of touch with the true human
actuality and the horrors raging through Europe among the Jews by virtue
of the fact that here " N o woman has crouched to give birth / on the floor."
(11) The convent's mother is the Mother Superior, its ideal of motherhood
the virginal mother of the infant Jesus, over whose image the nuns lovingly
fuss. The contrasted ideas of motherhood give rise to the poem's contrasts
between the sanctified Christian image of the crucified Jesus and "my
crucified memory / outside the fence!" (10), a memory of images them-
selves crying for sanctification: "ashes that speak" (5) and "heaps of small
shoes" (35).
The mother's agony is in My Little Sister illustrated in ways that, if
considered logically, are mutually inconsistent; yet this inconsistency gives
us a clue to the organizing idea of the poem. In the opening section of Part
Four, the poet looks back "from the promised land" upon the carnage in
Europe and searches among heaps of small shoes for his sister-bride. He
then imagines all the little sisters who were killed, before their parents could
say goodbye to them or explain to them that they had not really resented
the extra burden of weight on the road to death. He wishes that he could
have
even in one w o r d
whispered
that y o u were no borden to us.
O n the w a y . Mother walked heavy.
' Quoted in Shirley Kaufman's introduction (p. xvii) to A Canopy in the Desert, by Abba
Kovner, trans, from the Hebrew by Shirley Kaufman with Ruth Adler and Nurit Orchan
(Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, 1973). All quotations from Kovner's poetry
come from this volume.
Patterns of Holocaust Poetry 311
I.
All your brothers.
And the desperate convoy.
(35)
In Part Five of the poem, however, the mother's agony is not that she was
separated from her child on the way to execution in the mass graves but that
her infant never survived the maternity hospital that was the starting point
of Kovner's imaginative journey:
In the following section, the suffering mother is said to have mourned eight
years (1940—48, when the State of Israel was established) "a daughter / who
never came into the world."
This factual inconsistency in the narrative indicates that we are dealing
not with a single sister-bride or a single mother but with a generalized
account of the Holocaust. A hint of Kovner's intention is given in the
poem's title. In grammatical strictness, the Hebrew title should be Ahoti
Haktana rather than, as it is, Ahoti Ktana; the grammatical anomaly
indicates that it is not a single little sister we are recalling but all the little
sisters, born and unborn, who were swallowed up by the Holocaust. Long
before Kovner heard the shrieks from the Tel Aviv maternity ward his
imagination was captured by a little girl who had died yet lived. She was
one of the 47,000 Jews taken from Vilna to the shooting pits of Ponary.
Incredibly, she managed to crawl out from among the thousands of dead
and dying bodies to tell her story. Like a myriad of such survivor-witnesses
whom we now know from the history and literature of the Holocaust, she
was believed by no one — except for Abba Kovner, who proceeded to
organize the armed resistance. "The central fact in Kovner's life," according
to Shirley Kaufman, "is his confrontation with the half-dead, half-crazed
girl from the mass grave at Ponar. Her face haunts every line he writes." 10
10 Ibid., p. XV.
312 Edward Alexander
The little sister of the narrative finds refuge in the convent but also
"betrayal / - no island. / Only a folded sail in a storm" (15). Unlike the
group that took her to the convent and was itself later shot by the
Einsatzgruppen, the little sister was "not privileged to be condemned to
death" and "did not enter a covenant of blood" (just as later she is said to be
"not privileged to see / the light of the day!" [46]) But Section 39'seems to
say that she was turned over to the Germans by the nuns and eventually
turned into ashes. Her "shorn head" (40) is both that of a nun and a death-
camp inmate.
The little sister's varied and contradictory fate is most fully explored in
Section 28, which describes the preparations for her wedding. The brother-
narrator here stresses her identity as the "sister-bride" of Song of Songs. If,
as traditional religious interpretation holds, the sister-bride is no mere
figure of romantic love poetry but a symbol of the people Israel, then the
little sister's wedding would be a reaffirmation of the covenantal relation-
ship between God and His Chosen People. Kovner describes many of the
customary appurtenances of the wedding ceremony, including the braided
challah, the dish of honey, and the golden chicken soup. But an anomalous
element intervenes. "The whole world drinks / kosher chicken soup":
Chicken soup, however, is not supposed to be drunk until after the
ceremony, and then only by the bride and groom. Yet the canopy, the
covering that symbolizes the consummation of the marriage, is not present
at all, and therefore the "whole world" would seem to be celebrating an
event that has not taken place.
The mystery of the world's presence at the prematurely celebrated
Jewish wedding is resolved in the following lines:
embodies, the future, as well; after the giving back in Lublin, there is to be a
retrieval in Sinai. Although "the marriage contract will be written in stone"
for multitudes of little sisters, the canopy missing from this wedding of
death will again be raised, and raised in the very place from which the
seemingly dissolved Covenant came, the desert of Sinai.
The marriage contracts are written in stone, the whole vanished Jewish
world has become "a choir of stones" (40), a huge cemetery. After such
material and spiritual ravages, is it possible to rebuild,
to w i p e f r o m the lips
the taste.
T o bring b a c k
a w o r l d of innocence,
as if to its s o c k e t a b o n e
f r o m the f o o t of the d e a d .
(32)
The contrast between the wholeness, unity, and coherence of the Domini-
can convent and the "Jerusalem of Lithuania," Vilna, "a city thrust on its
back / like a horse in blood, jerking its hooves / unable to rise" (17), is at
first dispiriting to the poet. H e stands amidst the ruins of his world and
asks,
With w h a t -
with w h a t , little sister,
shall w e w e a v e and d r a w the d r e a m
now?
(34)
The question faced by Kovner was not very different from the one put to
Martin Buber in 1933 by a Christian polemicist who asked whether
fulfillment of Jesus' prophecy that Jerusalem would be destroyed and never
again come under Jewish rule did not prove that the Covenant between
G o d and the Jews had been abrogated. Buber replied as follows:
I live not far f r o m the city of W o r m s , to w h i c h I a m b o u n d b y the tradition of
m y f o r e f a t h e r s ; and, f r o m t i m e to time, I g o there. W h e n I g o , I first g o t o the
cathedral. It is a visible h a r m o n y of m e m b e r s , a totality in w h i c h n o p a r t
deviates f r o m perfection. I w a l k a b o u t the cathedral with c o n s u m m a t e j o y ,
g a z i n g at it. T h e n I g o over to the J e w i s h c e m e t e r y c o n s i s t i n g of c r o o k e d ,
c r a c k e d , s h a p e l e s s , r a n d o m stones. I station m y s e l f there, g a z e u p w a r d f r o m the
j u m b l e of a c e m e t e r y to that g l o r i o u s h a r m o n y , and s e e m to b e l o o k i n g u p f r o m
Israel to the C h u r c h . B e l o w , there is n o jot of f o r m ; there are o n l y the s t o n e s ,
and the d u s t lying beneath the stones. T h e d u s t is there, no matter h o w thinly
scattered. T h e r e lies the c o r p o r e a l i t y of m a n , w h i c h has turned t o this. T h e r e it
is. T h e r e it is f o r me. T h e r e it is f o r m e , n o t as c o r p o r e a l i t y within the s p a c e o f
314 Edward Alexander
this planet, but as corporeality within my own memory, far into the depths of
history, as far back as Sinai.
I have stood there, have been united with the dust, and through it with the
Patriarchs. That is a memory of the transaction with God which is given to all
Jews. F r o m this the perfection of the Christian house of God cannot separate
me, nothing can separate me from the sacred history of Israel.
I have stood there and have experienced everything myself; with all this
death has confronted me, all the dust, all the ruin, all the wordless misery is
mine; but the covenant has not been withdrawn from me. I lie on the ground,
fallen like these stones. But it has not been withdrawn from me.
The cathedral is as it is. The cemetery is as it is. But nothing has been
withdrawn from us."
Kovner's answer, albeit in far more secular terms, is also that the Covenant
has not been withdrawn from the People Israel; but the covenantal relation-
ship must be held in abeyance until the remnant of the Jewish people
returns, spiritually as well as physically, from the Diaspora to the original
source and site of the Covenant. When Kovner himself returned to the
liberated - and destroyed - Vilna, he found amidst the ruins only the
eastern wall of the old synagogue, and on it an ancient inscription: "Lift up
the miracle-banner for the ingathering of our exiles."
2. Dan Pagis
Dan Pagis, the youngest of the poets under discussion here, is related by
similarity and contrast to Kovner, to Glatstein, and (perhaps most strik-
ingly) to Nelly Sachs. But first it should be noted, if only parenthetically,
that the facts of his personal life link him also to Paul Celan. Like Celan,
Pagis was born and brought up in a Germanized Jewish home in Bukovina.
Whereas Celan received some instruction in Hebrew as a boy, and had the
benefit of an orthodox tradition against which to rebel, Pagis, as Robert
Alter has remarked, "probably never would have known Hebrew, never
have had any serious connection with Israel or the Jewish cultural herit-
age," 12 had he not been thrown into a Nazi concentration camp and then
been expelled from the life of Europe into the haven of Palestine. B y virtue
of having acquired a land and a language, the first by force of accident, the
second by a conscious act of will, Pagis stands today at the center of
Hebrew literary culture, both as a practicing poet and as the foremost living
authority on the poetics of medieval and Renaissance Hebrew literature.
" Quoted in Frank Talmage, "Christianity and the Jewish People," Commentary 59 (Febru-
ary 1975): 59.
12 Introduction to Dan Pagis, Points of Departure, trans, from the Hebrew by Stephen
Mitchell (Philadelphia: Jewish Publication Society, 1981), p.i.
Patterns of Holocaust Poetry 315
here in this c a r l o a d
i a m eve
w i t h abel m y s o n
if y o u see m y o t h e r s o n
cain s o n o f m a n
tell h i m t h a t i
No distinctive personal voice, this, but one of the many imaginary voices
and personalities not his own, that Pagis temporarily adopts in his effort
imaginatively to grasp the Holocaust. Here Pagis is Eve, confounded by the
permanent division between victim and murderer in her own progeny, and
unable even to convey her desperation. In another poem, called "Autobio-
13 Letter quoted in John Felstiner, "Translating Paul Celan's 'Jerusalem' Poems," Religion and
Literature 16 (Winter 1984): 41.
316 Edward Alexander
He, in his attempt to reassure, like Eve in her attempt to warn and dissuade,
is stopped by the enormity of history, which cuts off syntax and paralyzes
expression:
If the poetic imaginations of writers like Abba Kovner and Nelly Sachs try
to fathom the Holocaust by viewing it under the aspect of a paradoxical
history that makes tragedy indispensable to redemption, Pagis's imagina-
tion toys, often mordantly, with the reversibility of history. In a poem
called "Draft of a Reparations Agreement," he starts with a series of acrid
analogies to the idea of physical restitution that was at least implicit in the
German-Israeli reparations agreement, which in effect penalized the post-
Patterns of Holocaust Poetry 317
war German regime because the Nazi regime had not quite completed its
murderous work: had the Nazis killed more, Germany would have paid
less to survivors. Suppose, says the poet, we could have restitution: "the
scream back into the throat. / The gold teeth back to the gums. / . . . The
smoke back to the tin chimney . . . and already you will be covered with
skin and sinews and you will live, look, you will have your lives back, sit in
the living room, read the evening paper." It's never too late, thinks the
speaker. As for that little matter of the yellow star, all the way back at the
beginning of the process, however, "it will be torn from your chest /
immediately / and will emigrate / to the sky." That is to say, something
more than worldly historical reversibility would be required for a full
reparations agreement. This unpleasant business began in "the sky": the
blessing and the curse of chosenness, as the Yiddish poets saw, were
inseparable, and the heavens themselves were involved at the inception of
the history of terror.
Pagis may start with history, but usually his imagination forces him to
meta-history, and when this happens he is working in the realm of Nelly
Sachs, who imagined the sufferings of the Jewish people to have been
"constellated" in the heavens themselves. Her sense of a radically dis-
oriented universe, torn loose from ordinary modes of time and space, and
viewed from a perspective that is not earthly but inter-galactic, is often
echoed in Pagis's verse. So too is her sense of transformation, metamor-
phosis, and even reciprocity between the realms of death and life. In a
lengthy poem called "Footprints," we find Pagis again impersonating — but
impersonating a creature who is at once a Holocaust victim, a cloud, a
wreath of smoke; an earthly figure mired in mud and a heavenly one whose
appearance in their realm confounds the angels. The circumstantial reality
of the Holocaust permeates the poem, in references to refugees, "unloading
of cattle-cars," the speaker's body mistakenly forgotten in a sealed car,
passports showing double citizenship called into question at the border,
shoes piled up in "a great gaping heap," "bayonets rising / to fulfill their
role" in a victim, pits for bodies, and "convoys of smoke." The footprints
of the title, like the global wounds Nelly Sachs envisioned, have perma-
nently scarred "this ball of the earth." Therefore the poetic imagination can
only express its sense of the enormity of the crime by trying to pass from
historical fact to super-historical truth. Ordinary distinctions between this
world and the next, between body and soul, between man and nature,
between man and God, are suspended. The speaker, dead yet alive, has
been continued, albeit against his will, in a restless cloud. Old problems of
dual citizenship continue to plague him now that he is a new kind of
318 Edward Alexander
refugee, one who wonders: "Can I pass from my body and onwards - " Will
bribes to the officials be any more useful than they were in the terrestrial
world in effecting escapes across borders? If he is now an element, maybe
he can steal across the border just the way the rain does. If he is still alive in
some form, then he must be diligent and immerse himself "in the laws of
heavenly grammar," learn "the declensions and ascensions of silence." By
dint of this diligence, he does attain to heaven, but when the angels behold a
body - the body, now, not just of a single self but of a whole collectivity -
"Frozen and burst, clotted, / scarred, / charred, choked," they expel him
and he is forced to descend rung by rung on an endless ladder until he falls
back into the world, the same wretched "ball of the earth, / scarred,
covered with footprints." Here the contrast with Nelly Sachs is at least as
striking as the similarities have been: Pagis delves into transformation,
metamorphosis, reversibility, obliteration of all distinctions, even between
life and death, this world and the next: but he does not admit resurrection
and restoration, whether particular or general, national or celestial.
One of the few poems in which he appears to come close to such a
consolatory note is "Testimony." The poem begins with the speaker
pondering the relation between himself and the Nazi murderers, but then
moves on to the still more paradoxical similarity between himself and the
creator. How odd that he should be related by his humanity to murderers.
How much odder that he should be related by the particular manner in
which he was murdered to his creator:
I was a shade.
A different creator made me.
I have introduced Pagis's work not only because of its intrinsic merits
but because it suggests the extent to which the dominant patterns of
Holocaust poetry, patterns forged by writers with ambitious historical and
even prophetic aspirations, now impose themselves even on younger wri-
ters who view history as a nightmare and prophesy as a risky business best
left to fools and professors.
ALAN U D O F F
Implicit in the critical strategies that would situate (Celan's) poetry against
the horizon of (a) history (which includes the Holocaust), is the premise
that - in advance of a mediating poetic - history itself may (continue to) be
employed (nach Auschwitz) as an unqualified category of understanding.
That qualifications are necessary, that, to cite a nodal instance, the historein
of historicizing thought and narrative, substantivized as die Vernünftigkeit
des Wirklichen, is questionable anew from the specific vantage of the
1 Michael Hamburger, The Truth of Poetry (Manchester: Carcanet New Press, 1982),
pp. 2 9 4 - 5 .
2 Claude Bremond, " A Critique of the Motif," in French Literary Theory Today, ed.
T . T o d o r o v (Cambridge: Cambridge University Press, 1982).
O n Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 321
. . . given the 'mere factual truth' that one man is capable of ordering another to
bury two Jews alive for no apparent reason, or, to use a more familiar example,
given the 'mere factual truth' that the same individual is capable of loving
Mozart and murdering children without recognizing any contradiction in his
personality or being affected by it - given these instances of actual human
behavior, how is one to respond? H o w is one to interpret? H o w is one to
understand a reality that includes such phenomena? History provides the details
- then abruptly stops. Literature seeks ways of exploring the implications and
making them imaginatively available; or, as Gilman concludes, 'If anything,
literature, like all art, is the account of what history has failed to produce on its
own, so that men have to step in to make good the deficiency.'
One who has stepped in is Paul C e l a n . . .
There are resonances in this passage, the altered yet still audible traces, of an
Aristotelian hierarchy. The reach of poetic discourse, concerning itself with
that which may happen, with the possible - ta dunata (Poetics, 1450 b)
extends beyond the obliquity of the historical angle of vision, investing the
content of the latter with the force of universality and necessity. In poetry,
then, lies the power of interpretive plenitude, the totalizing divine-like
dream of immutable meaning - the meaning which history itself is incapable
of conferring. It is this very relationship, however, of history to poetry,
and the basis for the latter's privileged position, that the Death Camps
assail: 5
3 " C a n the historical conditions producing the actuality of the Rational (and hence the
rationality of the Actual) pass away? The religious incursion into the world of God in Christ
may or may not leave room for subsequent eruptions of demonic evil in the world which
produce genocidal industries with by-products including human bones turned into fer-
tilizer. Hegel's actuality of the Rational leaves room only for world-historically insignificant
evils to be disposed of as relapses into tribalism or barbarism. . . . This modest essay has
inquired only into the meaning of Hegel's philosophy. Any inquiry into its truth must
confront its claims with the gas chambers of Auschwitz." Emil Fackenheim, " O n the
Actuality of the Rational and the Rationality of the Actual," Review of Metaphysics,
Vol. X X I I I , N o . 4 (June, 1970), p. 698.
4 Lawrence Langer, The Holocaust and the Literary Imagination (New Haven: Yale Univer-
sity Press, 1977), pp. 8 - 9 .
5 Theodor Adorno, Negative Dialectics, trans. Ε. B. Ashton (New Y o r k : Seabury Press,
1973), p. 361.
322 Alan Udoff
We cannot say any more that the immutable is truth, and that the mobile,
transitory is appearance. The mutual indifference of temporality and eternal
ideas is no longer tenable. . . . After Auschwitz, our feelings resist any claim of
the positivity of existence as sanctimonious, as wronging the victims; they balk
at squeezing any kind of sense, however bleached, out of the victims' fate. And
these feelings do have an objective side after events that make a mockery of the
construction of immanence as endowed with a meaning radiated by an affirm-
atively posited transcendence.
The literature of the camps is extensive. But nothing in it equals the fullness of
Dante's observations. Having no personal experience of the Arschloch der Welt
- that hideously exact and allegoric German term for Auschwitz and Treblinka
- I can make only approximate sense of many of Dante's notations. But
whoever can grasp, in canto 33 of the Inferno, the full meaning of 'The very
weeping there forbids to weep,'
Lo pianto stesso li pianger no lascis,
e'l duol che truova in sugli occhi
rintoppo,
di volge in entro a fat crescer
l'ambascia
will, I believe, have grasped the ontological form of the camp world. The
concentration and death camps of the twentieth century, wherever they exist
under whatever regime, are Hell made immanent. They are the transference of
Hell from below the earth to its surface. They are the deliberate enactment of a
long, precise imagining. Because it imagined more fully than any other text,
because it argued the centrality of Hell in the Western order, the Commedia
remains our literal guidebook - to the flames, to the ice fields, to the meat
hooks. In the camps the millenary pornography of fear and vengeance culti-
vated in the Western mind by Christian doctrines of damnation was realized.
6 George Steiner, In Bluebeard's Castle (New Haven: Yale University Press, 1971), pp. 54-5.
7 Jean Amery, At the Mind's Limits, trans. S. Rosenfeld and S. Rosenfeld (Bloomington:
Indiana University Press, 1980), p. 35.
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 323
Sie, die Sprache, blieb unverloren, ja, trotz allem. Aber sie mußte nun hin-
durchgehen durch ihre eigenen Antwortlosigkeiten, hindurchgehen durch
furchtbares Verstummen, hindurchgehen durch die tausend Finsternisse tod-
bringender Rede. Sie ging hindurch und gab keine W o r t e her für das, was
geschah; aber sie ging durch dieses Geschehen. Ging hindurch und durfte
wieder zutage treten, angereichert' von all dem.
Die deutsche Lyrik geht, glaube ich, andere Wege als die französische. Düster-
stes im Gedächtnis, Fragwürdigstes um sich her, kann sie, bei aller Vergegen-
wärtigung der Tradition, in der sie steht, nicht mehr die Sprache sprechen, die
manches geneigte Ohr immer noch von ihr zu erwarten scheint. Ihre Sprache ist
nüchterner, faktischer geworden, sie mißtraut dem ,Schönen', sie versucht,
wahr zu sein. Es ist also, wenn ich, das Polychrome des scheinbar Aktuellen im
Auge behaltend, im Bereich des Visuellen nach einem Wort suchen darf, eine
,grauere' Sprache, eine Sprache, die unter anderem auch ihre ,Musikalität' an
einem Ort angesiedelt wissen will, wo sie nichts mehr mit jenem ,Wohlklang'
gemein hat, der noch mit und neben dem Furchtbarsten mehr oder minder
unbekümmert einhertönte.
Dieser Sprache geht es, bei aller unabdingbaren Vielstelligkeit des Ausdrucks,
um Präzision. Sie verklärt nicht, ,poetisiert' nicht, sie nennt und setzt, sie
versucht, den Bereich des Gegebenen und des Möglichen auszumessen. Freilich
ist hier niemals die Sprache selbst, die Sprache schlechthin am Werk, sondern
immer nur ein unter dem besonderen Neigungswinkel seiner Existenz spre-
chendes Ich, dem es um Kontur und Orientierung geht. Wirklichkeit ist nicht,
Wirklichkeit will gesucht und gewonnen sein.
Virtually every line in this text, which re-problematizes the question of the
lyric against the allusive horizon of the Holocaust, warrants exposition. In
accord with the needs of the present discussion, however, attention must be
restricted to the manifesto which Celan sets forth in the concluding
paragraph. Proclamations of this kind, to be sure, belong to their o w n
traditions, and share often common representative aims. Celan's text, thus,
recalls a similar version of allegiance, at a time of then unprecedented
extremity :21
This paper wishes to stand rigidly opposed, from start to finish, to every form
that the Poetry of a former condition of life, no longer existing, has foisted
upon us. It seeks to oppose to this inapposite poetry, the interest arena of a
different humanity (that is Romance), the Poetry which is the as yet unexpres-
sed spirit of the present time, and of new conditions and possibilities of life.
20
"Antwort auf eine Umfrage der Librairie Flinker, Paris," in Gesammelte Werke, pp. 167-8.
21 Blast. War Number- 191S, ed. W . L e w i s (Santa Barbara: Black Sparrow Press, 1981), p . 5 .
326 Alan Udoff
and "the realm of what is given and what is possible" after Auschwitz. The
crucial task of nennen und setzen, the task in which Celan perceives
poetry's calling, lies at the crossroads of this difference. In reflecting on the
nature of the latter, the fundamental questions may be formulated most
instructively with reference to Rilke and Hegel.
The Ninth Elegy proclaims, rather - after "changes which were never
thought possible"22 - could still proclaim, the primordial sagen of poetic
praise as the essence of poetic song. The possibility of this sagen or, more
precisely, its time — its "Säglichen Zeit" - is structurally linked in Rilke to
the theme of residence, or dwelling (e.g., Haus, In. 31; Schwelle, In. 38;
Heimat, In. 42). How in the present context may this metaphor be under-
stood, this metaphor which roots poetry in the earth of its origins ("irdisch
gewesen zu sein, scheint nicht widerrufbar" - In. 16) even as earth itself,
arising in us ("in uns erstehn" - In. 16) achieves transformation ("Verwand-
lung" - In. 70) through it. In what sense may home be related to the
founding act of naming or saying, upon which the fate of the lyric as well
vitally seems to depend?
The metaphor of home conveys the epical dimension of totality. These
conjuncts, however, are reciprocally in-forming. The epic itself, arising
from a spirit whose mark of strength is the sufficiency enabling it "to
produce its own world and feel itself at home in it" ("in ihr sich heimisch zu
fühlen"),23 raises to a level of articulateness the foundations of the being of
home. No opposition, moreover, obtains between the sufficiency of epic
production and the objectivity which is its essential characteristic; for "the
truly epic poet, despite the independence of his creation, remains entirely at
home in his world" and creates, thereby, the space of dwelling within
which the reader may reside, as well.24
The shift to "the form of the inner life" as "the fundamental model" of
its poetic, does not exclude the lyric from the dominance of this metaphoric
strain, although the totality conveyed by the latter here has its referent in
the "subjectively complete world" which the poet bears "within."25
This completeness, as Hegel is careful to observe,26
The lyric, then, notwithstanding the radicality of the poet's "right to limit
himself to expressing purely inner moods," 27 remains constituted by "medi-
tations comprising the universal element in existence and its situations." 28 It
is this constitution that elevates the "merely casual expression of an
individual's own immediate feelings and ideas, to the requiste level of
"universal validity,"29 to "the language of the poetic mind's artistic expres-
sion." 30 This poetic language, i. e., the logos of lyric expression, is situated
by Hegel between "the blind dominion of passion which lies in an uncon-
scious and dull unity between itself and the entirety of a heart that cannot
rise out of itself into ideas and self-expression," 31 and the logos which
"outsoars the imagination of heart and vision because it can bring its
content into free self-consciousness in a more decisively universal way and
in more necessary connectedness than is possible for any art at all . . . the
clarity and fixed precision of philosophical expositions." 32 These extremes
comprise the parameters of the interior dwelling place of the lyrical
consciousness and its word - the entry point of its final self-realization (in
"purifying passion from all accidental moods" the self-consciousness is at
once "liberated" and "satisfied," "at home with itself" ["bei sich selber
ist"]),33 and the border beyond which trespass results in self-fragmentation
(in "trying to rival the movement of philosophical thought," the lyric
becomes the outpouring of a soul, fighting and struggling with itself, which
in its ferment does violence to both art and thought because it oversteps one
sphere without being, or being able to be, at home in the other" [ " . . . ohne
in dem anderen zu Hause zu sein oder heimisch werden zu können"]). 34
27 LFA, p. 1122.
28 LFA, p. 1129.
29 LFA, p. 1111.
30 LFA, p. 1123 (cf. p.1126).
31 LFA, p. 1112.
32 LFA, p. 1128.
33 LFA, p. 1112; s.417.
34 LFA, p. 1128; s.437.
328 Alan Udoff
These texts reveal not only Hegel's recurring use of the metaphor of
home, they reveal moreover the distribution of its force within the design of
his exposition - i. e., its occurrence as closure. Nevertheless, notwithstand-
ing its measure of finality, the metaphor, even in its connotation of ground,
or root, serves the end of describing the condition of the self, i. e., the "free
and developed self-consciousness"35 which stands at the actual center of
Hegel's analysis. It is around this center that the forms of epic, folk, lyric,
and dramatic poetry, the modalities of passion and rationality, the spheres
of public and private, and the states of alienation and fulfillment, are made
to move in planetary succession. However, as the foreground position of
the self is gradually exposed, the limits of Hegel's analysis become evident;
for the question of the fate of the lyric, the question which has been seen to
require the self as the matrix of its interrogation, must be asked anew nach
Auschwitz, i. e., after the boundary lines of the concentrationary universe,
whose existence is predicated on the submissibility of the self to the ends of
destruction, have been set in place.
This destruction, it must be emphasized, did not follow simply as an
entailment of the conditions of physical genocide. The assault on "man's
individuality, on the uniqueness shaped in equal parts by nature will, and
destiny,"36 was not the indifferent by-product of Nazi mass murder but,
rather, the ultimate rationale for its systematic undertaking. The intent was
to corrupt from within, to dis-integrate the composition of the spirit, to
reveal - in the sense in which evil may be spoken of as a revelation - the
absolute destructibility of the self. It is necessary to consider, at least
provisionally, the character of this destruction in order to probe further the
mournful darkness that is determinatively at work in the memory of the
lyric tradition, and Celan's own (poetics of) memory.
The invasive force of Nazi evil is, perhaps, most deeply realized at that
point where the self is granted privileged access to itself in the experience of
shame — the experience without which "man would not be man."37 It is the
intrasubjectivity of this experience and the capacity for moral reflection
which it generates, that sustains - even after the elemental solidarity of
being-with-others has been lost - the last vestige of the self. Of the
numerous texts which may be drawn upon here for instruction, Primo
Levi's memoir, The Reawakening,38 contains one among the most penetrat-
55 LFA, p . 1127.
36 Arendt, Η . 454.
37 Erich Heller, In the Age of Prose (Cambridge: Cambridge University Press, 1984), p. 218.
38 Primo Levi, The Reawakening, trans. S.Woolf (Boston: Little, Brown and Company,
1965).
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 329
The first Russian patrol came in sight of the camp about midday on 27th
January 1945. . . .
When they reached the barbed wire, they stopped to look, exchanging a few
timid words, and throwing strangely embarrassed glances at the sprawling
bodies, at the battered huts, and at us few still alive.
T o us they seemed wonderfully concrete and real, perched on their enormous
horses, between the grey of the snow and the grey of the sky, immobile beneath
the gusts of damp wind which threatened a thaw.
It seemed to us, as it was, that the nothing full of death in which we had
wandered like spent stars for ten days had found its own solid centre, a nucleus
of condensation; four men, armed, but not against us: four messengers of peace,
with rough and boyish faces beneath their heavy fur hats.
They did not greet us, nor did they smile; they seemed oppressed not only by
compassion but by a confused restraint, which sealed their lips and bound their
eyes to the funereal scene. It was that shame we knew so well, the shame that
drowned us after the selections, and every time we had to watch, or submit to,
some outrage: the shame the Germans did not know, that the just man
experiences at another man's crime; the feeling of guilt that such a crime should
exist, that it should have been introduced irrevocably into the world of things
that exist, and that his will for good should have proved too weak or null, and
should not have availed in defence.
So for us even the hour of liberty rang out grave and muffled, and filled our
souls with joy and yet with a painful sense of pudency, so that we should have
liked to wash our consciences and our memories clean from the foulness that lay
upon them; and also with anguish, because we felt that this should never
happen, that n o w nothing could ever happen g o o d and pure enough to rub out
the past, and that the scars of the outrage w o u l d remain within us f o r ever, and
in the memories of those w h o saw it, and in the places where it occurred, and in
the stories that we should tell of it. Because, and this is the awful privilege of
our generation and of m y people, no one better than us has ever been able to
grasp the incurable nature of the offense, that spreads like a contagion. It is
foolish to think that human justice can eradicate it. It is an inexhaustible fount
of evil; it breaks the b o d y and the spirit of the s u b m e r g e d , it stifles them and
renders them abject; it returns as ignominy u p o n the oppressors, it perpetuates
itself as hatred a m o n g the survivors, and swarms around in a thousand w a y s ,
against the very will of all, as a thirst f o r revenge, as a moral capitulation, as
denial, as weariness, as renunciation.
The loss of space, i. e., the public space through which alone the worldli-
ness of human existence may manifest itself, was systematically accom-
plished in the Camps, where the totalization of person as victim became, at
last, possible. Nothing was intended to survive this loss, the retreat in
stages of de-generacy: the death of the "juridical person in man," then the
"moral person," and, finally, "the one thing that still prevents men from
being made into living corpses . . . the differentiation of the individual, his
unique identity." 43 The heart, metaphorically the last interior space of the
human spirit, thus, would be invaded. Here, no Kleistian mirror was to be
of avail,44 not even reflection upon it;45 for whatever vestige of the self might
escape destruction was to become too hateful to endure the scrutiny of its
own consciousness of the shame of being. It is back to this null point,
where the poem (Gedicht) has withdrawn into self-erasure (Genicht), that
the question of the poetic word must be traced. This question was given
epic formulation, in Holocaust literature, in Yitzchak Katznelson's unac-
countably neglected elegiac work: "The Song of the Murdered Jewish
People" (Dos Lid fun Oysgehargetn Yidishn FolkJ.46
,J Philip Friedman, Roads to Extinction (New York: Jewish Publication Society of America,
1980), p. 69.
43 Arendt, pp. 447-455.
44 Amphitryon, 11, 4:
Nimm mir
Das Aug, so hör ich ihn; das Ohr, ich fühl ihn;
Mir das Gefühl hinweg, ich atm' ihn noch;
Nimm Aug und Ohr, Gefühl mir und Geruch,
Mir alle Sinn und gönne mir das Herz:
So läßt du mir die Glocke, die ich brauche,
Aus einer Welt noch find ich ihn heraus.
45 Amery, p. 9.
46 Yitzchak Katznelson, The Song of the Murdered Jewish People, trans. Ν . H. Rosenbloom
(Beit Lohamei Haghetaot: Hakibbutz Hameuchad, 1980).
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 333
The poem, begun on October 3, 1943 and completed January 18, 1944,
is divided into fifteen cantos, each consisting of fifteen stanzas of four lines.
Prior to its composition, from May 22, 1943 to September 16, 1943,
Katznelson kept the diary which is the eponym of his internment in Vittel.47
The narrative is rich in detail that informs the reading of "The Song." The
agon at the heart of the Vittel Diary, both in terms of its centrality and
animating force, is the suffering of the Jewish people (often most penetrat-
ingly expressed in those passages which have Katznelson as their subject)
and the imperative to resist through witness - through the writing of the
Diary itself ("I shall hide these papers of mine, for if the German murderers
find them, they will kill me. Worse than that, they will destroy these
fragmentary notes which record only the merest fraction of the tortures
wrought upon us by this vile people": 27. 8.43). Numerous passages detail
the engagement of these forces, the effect of one on the other: e. g., " . . . this
pen of mine, wherewith I have written most of these notes, has become a
living part of me. This pen, too, is broken, like myself, like my soul, like
everything within me": 27.8.43. Still, entries of this kind, whatever their
psychological or existential signification, are not properly determinate to
name what is at stake, to identify the actual breaking point, or place of
rupture in the spirit, on which the question of the text as witness ultimately
stands. The passage in which Katznelson addresses this question traces it to
the farthest side of the horizon of insight which framed the limit of Levi's
testimony, i. e., the shame of being - a shame which stands removed from
Hegel's depiction in the exact and terrifying measure of the evil which was
its cause:
. . . we are all dying an unnatural death. Above all, all belief in life itself is dead
in every one of us. Gone is our self-respect; we have ceased to love one another
and the heart and soul are no longer in accord. W o r s t of all, our hatred of the
Germans, the reproach of the human species, has become blunted. These two
emotions are interdependent. O n c e we cease to love one another, we cease to
hate evil. I curse this abominable people; but I could just as well not do so! It is
just the same to me! This indifference - is it not death? 8th A v 5703.
Katznelson's "Song" marks the transition from the prose form of the diary
to poetry, from a speech about the shame of being to its manifestness in
speech. This transition is particularly relevant to the question of Holocaust
textuality and the taxonomy of its genres. Although the production of the
Diary moves uncertainly, fitfully, the writer "seized with mental nausea" as
47 Yitzchak Katznelson, Vittel Diary, trans. M. Cohen (Beit Lohamei Haghetaot: Hakibbutz
Hameuchad, 1980).
334 Alan Udoff
With the eighth stanza, the exchange between the poet and the unidentified
voice of summons concludes. In its place, the second set of stanzas (9-11)
records the poet's own voice of entreaty as he attempts to elicit the
testimony of his generation's martyred dead: "Scream from the dust and
fire and smoke —" (1:9); "Scream from the beast's entrails in the wood, from
the fish in the river / That devoured you" (1:10). In the juxtaposition of
these sets of stanzas, the traditions of epic song and prophetic witness,
which have been seamlessly woven together, are rejected - replaced by the
disarticulatory testimony of the victims' screams, i. e., a form of voice
which is at once, too, a form of silence. The rejection extends beyond the
traditional forms of declamation to what have been immemorially the
objects of their address: "Do not scream to heaven that is as deaf as the
dunghill earth. / Do not scream to the sun, nor talk to the lamp . . . " (1.11).
Through the preceding stanzas, Katznelson consciously has repudiated
a tradition whose landmarks may be traced back to the ruins of Troy and
forward to a castle in Muzot. No longer among the poets at home in the
world (whose people were allowed to be at home in the world), who find
realized in their founding praises that which is of the earth and that which
lies ineffably beyond, the concluding stanzas (12-15) reveal the limits of
Katznelson's estrangement and the radical conditions on which the re-
origination of song will be existentially premised.
Neither through the mediating word of the poet, nor the victims' own
disarticulatory sound, is the murdered Jewish people - which "lived, died
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 335
48 T. W. Adorno, Aesthetic Theory, trans. C.Lenhardt (London: Routledge & Kegan Paul,
1984), p. 400.
4
' Ibid., p. 444.
336 Alan Udoff
50 Martin Heidegger, " . . . Poetically Man Dwells . . . , " in Poetry, Language, and Thought,
trans. A.Hofstadter (New York: Harper Row, 1971), pp. 221-2. Hereafter: PMD.
51
PMD, p. 214-5.
52
PMD, p. 215.
53 Martin Heidegger, On the Way to Language, trans. P. D. Hertz (New York: Harper Row,
1982), p. 136.
54 Martin Heidegger, "The Origin of the Work of Art," in Poetry, Language, and Thought,
etc. pp. 75-6.
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 337
earth, the self-closing ground on which it rests together with everything that it
already is, though still hidden from itself. It is, however, its world, which
prevails in virtue of the relation of human being to the unconcealedness of
Being. F o r this reason, everything with which man is endowed must, in the
projection, be drawn up from the closed ground and expressly set upon this
ground. In this way the ground is first grounded as the bearing ground.
As this passage continues, the same dividing line re-inscribes itself in the
thinking through of art:
Art, as founding, is essentially historical. This means not only that art has a
history in the external sense that in the course of time it, too, appears along with
many other things, and in the process changes and passes away and offers
changing aspects for historiology. A r t is history in the essential sense that it
grounds history.
The precise sense in which Heidegger intends this grounding, its modern
epochal emergence in the history of poetics, and the meaning of the epoch
itself, are all linked in different degrees of coherence to Hölderlin and the
concept of poetic dwelling (dichterische Wohnung). The reasons are evi-
dent from the passage which follows:56
Hölderlin writes poetry about the essence of poetry - but not in the sense o f a
timelessly valid concept. This essence o f poetry belongs to a determined time.
57 Ibid.
58 "The Origin of the Work of Art," p. 75.
59 HEP, p. 289.
60 Ibid.
61 HEP, p. 271.
62 Martin Heidegger, An Introduction to Metaphysics, trans. R. Mannheim (New York:
Anchor Books, 1961), p. 39. Hereafter IM.
O n Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 339
principle, they may fulfill the hope that Celan himself brought before their
author.
The scene of dwelling is the earth. Structurally complementing the
notion of in-der-Welt Sein, dwelling is the situational space of Dasein's
gathering together of das Geviert, the fourfold of Earth and Sky, Divinities
and Mortals. In poetry, i. e., that which "first causes dwelling to be
dwelling," "the visibility of the fourfold is first brought into appearance."
Man's poetic dwelling is set within these parameters, which themselves are
set by that dwelling, which itself, remains always of the Earth:63
Poetry does not fly above and surmount the earth in order to escape it and
hover over it. Poetry is what first brings man into the earth, making him belong
to it, and thus brings him into dwelling.
63
PMD, p. 218.
64
IM, p. 31.
65
IM, p. 38.
340 Alan Udoff
The limits of recognition that are evident in this passage must be given the
full weight that accords with the (ad-)vantage of review. An Introduction to
Metaphysics was first published in 1935. Re-issued eighteen years after its
initial appearance, Heidegger revised it to the extent that "he remedied
insights, and rectified impressions." 66 The work, therefore, including the
historically interpretive passages - the radii that connect center and
periphery in the ontico-ontological circle - may be taken as an authoritative
statement of Heidegger's teaching (in the case of Heidegger, passages of the
kind in question cannot be considered properly as merely political). The
substance of these limits may be better grasped by recalling an observation
of Lionel Trilling in "Art and Fortune": " . . . t h e will of our society,"
Trilling writes, "is dying of its own excess."67 Only a generation earlier,
however, Eliot's "The Wasteland," laying bare to the bone the modern
ennui, had located the source of its moribundity in the atrophy of the will.
These fundamentally correct judgments, which have as their common
referent the place of the will in the metaphysical crisis of the West, are
separated by a generational distance no greater then the passage from youth
to middle age. The intervening events, then, were of a magnitude to warrant
reversals of a first oder. These reversals, it must be stressed, were not the
result of an academic change in the perception of the human condition but,
rather, a response of the understanding to the actuality of change in that
condition, to an experienced mutancy in the structure and nature of evil.
N o such recognition, however, no comparable Kehre, is found in Heideg-
ger's thinking.
If Heidegger is correct, then, to see in the process of the leveling-off of
value, the routinization of life, and the dominance of an indifferent mass,
the spiritual crisis of the will - his failure of re-vision is all the more acute -
i. e., his failure to perceive the implications of the endpoint of this crisis'
reversal in the excess of the will, in the "concentration and extermination
camps of totalitarian regimes . . . the laboratories in which the fundamental
belief of totalitarianism that everything is possible" was "verified." 68 In
effect, Heidegger fails to look deeply enough into that form which, "down
into his presentiments man is stricken when he contemplates" - i. e., "the
human face". 69 That deeper look would have revealed the difference be-
66
IM, p. XIII.
67 In Lionel Trilling, The Liberal Imagination (New York: Doubleday Anchor Books, 1953),
pp. 254-55. Hereafter: AF.
69 Arendt, p. 437.
" Max Picard, The Human Face, trans. G . Endore (New Y o r k : Farrar ande Rhinehart, 1930),
p. 4.
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 341
tween the lifeless, implacable stare which Marx decried in the alienated
worker, and its re-emergence under the helmeted Auslese, the elite guard of
the new order to which Jünger addressed his paeans. A wholly different
crisis within the phenomenon of the will and with revelatory consequences
for spirit's ownmost "knowing resolve toward the essence of being," 70 are
behind the superficial similarity of the vacant, metonymic eyes. At the
endpoint of this "onslaught of . . . the demonic," a different kind of
"quantity took on a quality of its own": 71
O u r metaphysical faculty is paralyzed because actual events have shattered the
basis on which speculative metaphysical thought could be reconciled with
experience. Once again, the dialectical motif of quantity recoiling into quality
scores an unspeakable triumph. The administrative murder of millions made of
death a thing one had never yet to fear in just this fashion. There is no chance
any more f o r death to come into the individuals' empirical life as somehow
conformable with the course of that life. The past, the poorest possession left to
the individual is expropriated. That in the concentration camps it was no longer
an individual who died, but a specimen - this is a fact bound to affect the dying
of those w h o escaped the administrative measure (emphasis added).
70
IM, p. 41.
71 Adorno, Negative Dialectics, p. 362.
342 Alan Udoff
imagination, the right to repeat the words and symbols through which one
delivers oneself to death. It is the right which, moving in advance of death,
underlies the sanction that death itself confers upon the storyteller. The
effect of the "expropriation" of this "poorest possession" is already evident,
then, in the silence, i. e., death, of the traditions that would prepare "those
who escaped the administrative measure" for their own dying. The haunt-
ing echoes of these traditions linger at the surface of Adorno's text, but can
strike no roots in it; for, a different kind of death - in Celan's words: mitten
ins / Metapherngestöber - has violated them. Thus - after "there is no
chance any more for death to come into an individual's empirical life as
somehow conformable with the course of that life," what meaning can
attach to Rilke's "Immer warst du Erde im Recht, und dein heiliger Einfall /
ist der vertrauliche T o d " (9: In. 75-6), or to the literalization of its central,
legal metaphor; after "it was no longer an individual who died, but a
specimen," who will be able to derive the comfort that Castorp did,
standing before the "bier in the dining room," convinced that "Grandfather
had finally and formally surmounted his interim aspect and assumed for all
time his true and adequate shape," - " . . .he had returned in death to his
true and adequate presentment."); 7 2 after "the administrative murder of
millions made of a death a thing . . . to affect the dying of those who escaped
the administrative measure," what answer may be given to the question
implicit in the lines: 73
In the dark halls of the museum that is now what remains of Auschwitz, I see a
heap of children's shoes, or something like that, something I have already seen
elsewhere, under a Christmas tree, for instance, dolls I believe. The abjection of
Nazi crime reaches its apex when death, which, in any case, kills me, interferes
with what, in my living universe, is supposed to save me from death: childhood,
science, among other things.
F o r Celan, the death that came as a "master from Germany" left its mark on
the earth of poetic dwelling. Tacit in the hope which was itself the mark of
his relation to Heidegger (cf. "Todtnauberg"), may be seen the recognition
of a thinking one's (Denkende) failure to take the measure of the mortally
dark times, to fully "measure the realm of what is given and what is
possible" ( " . . . d e n Bereich des Gegebenen und des Möglichen auszumes-
sen"). That fullness, which Heidegger had set as his goal,74 includes in the
language which he reserved exclusively for Hölderlin — that the poet be the
one "who points to the future, who waits for God." 7 5 The hope which
belongs to this waiting was acknowledged by Celan, as well:76
T h e talk w a s of y o u r G o d , I s p o k e
against H i m , I
let the heart that I had,
hope:
f o r H i s highest, H i s death rattled, H i s
angry word
74
IM, p. 41.
75 "Only a God Can Save Us N o w : An Interview with Martin Heidegger," in Graduate
Faculty Philosophy Journal, Vol.6, N o . 1, Winter, 1977. P. 23.
76 "Zürich, zum Storchen," in Paul Celan: Speech-Grille and Selected Poems, trans. J. Neug-
roschel (New York: E . P . Dutton and Co., 1972), p. 238.
77 Emil Fackenheim, God's Presence in History (New York: Harper Torchbooks, 1970), p. 20.
Hereafter: GPH.
78
GPH, p. 8.
344 Alan Udoff
75
Ibid.
80
GPH, p. 9.
81
GPH, p. 16.
82
GPH, p. 21.
83
GPH, p. 20.
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 345
Never shall I forget that night, the first night in camp, which has turned m y life
into one long night, seven times cursed and seven times sealed. N e v e r shall I
forget that smoke. Never shall I forget the little faces of the children, whose
bodies I saw turned into wreaths of smoke beneath the silent blue sky.
Pious Jews always dreamed of a time when 'wickedness' would 'vanish like
smoke.' N o w a wickedness never dreamed of snatched their symbol, turned it
into a weapon of terrifying literalness and used it to murder their little ones and
their prayers. H e n c e Elie Wiesel continues the above passage - there is none
greater or more relentless in his writings - with these words:
84 GPH, p. 70.
85 "Es ist kein Mensch, der das Böse liebe, weil es Böse ist; er liebt in ihm nur die Vorteile, und
Genüsse, die es ihm verheisset, und die es ihm in der gegenwärtigen Lage der Menschheit
mehrenteils wirklich gewährt." Johann Gottlieb Fichte, Die Bestimmung des Menschen
(Hamburg: Felix Meiner Verlag, 1962), p. 112.
86 Emil Fackenheim, The Jewish Return into History (New York: Schocken Books, 1978),
pp. 261-2. Hereafter: JRH.
346 Alan Udoff
87 Mircea Eliade, Patterns in Comparative Religion (New York: Meridian Books, 1965),
p. 440.
" Walter Benjamin, The Origins of German Tragic Drama, trans. J. Osborne (London: NLB,
1977), p. 165.
" "The essence of created things is to be intermediaries. They are intermediaries leading from
one to the other, and there is no end to this. They are intermediaries leading to God. We
have to experience them as such." Simone Weil, The Simone Weil Reader, ed. G.A.
Panichas (New York: David McKay, 1977), p. 364.
90 JRH, p. 265.
" JRH, p. 267.
52 JRH, p. 267.
" JRH, p. 269.
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 347
54 AF, p. 252.
95 AF, p. 255.
96 AF, p. 258.
97 AF, p. 263.
98 AF, p. 266.
99 AF, p. 265.
100 Ibid.
101 AF, p. 267.
348 Alan Udoff
among many genres, through which the story, the Word as witness, speaks.
With this shift, the nature of expectation is radicalized, transformed from
the faith of humanism into the theological virtue of hope. Fackenheim
investigates the consequences of this shift almost exclusively with reference
to the "singled out condition" of post-Holocaust Jewish existence - where
the expectation of the word, the praxis of its unfolding in the witness of
those who bear it, points redemptively forward. This witness is the Jewish
people's response to an "imposed commandment", an "imperative as truly
given" as the commandments revealed at Sinai.102 It is this "commanding
voice of Auschwitz" 103 which is the ground of the possibility for realizing an
"existence in which the madness is transfigured" and the world restored.
The Word, then, dwelling in fragmentariness, nevertheless knows a
form of plenitude that belongs uniquely to the founded reception of
witness. As interpreted by Fackenheim, that plenitude belongs neither to
the "epic side of truth," 104 the wisdom in which the story is embedded, nor
to the novel's "transcendental homelessness," which alone knows how to
carry the "incommensurable to extremes in the representation of life." 105 It
belongs, rather, to the responsiveness of the new midrashic Word, the
Word as "theo-political." With the emergence of the latter, the transform-
ation of poesis into praxis, a transformation which had proceeded silently -
i. e., by implication — in Fackenheim's argument, is now audibly pro-
nounced. That pronouncement organizes the space of dwelling, the space in
which the Word is both given and received. Within that space, however, a
position has already been assigned to the Word which, in its posit-ivity, in
its transformation into a committed or thetic literature, stands over against
the autonomy of the Word and outside of the silence with which Celan,
before all else, must come to terms.
Just as our hunger is not that feeling of missing a meal, so our way of being cold
has need of a new word. We say 'hunger', we say 'tiredness', 'fear', 'pain', we
say 'winter' and they are different things. They are free words, created and used
by free men who lived in comfort and suffering in their homes. If the Lagers had
lasted longer a new, harsh language would have been born; and only this
language could express what it means to toil the whole day in the wind, with the
temperature below freezing, wearing only a shirt, underpants, cloth jacket and
trousers, and in one's body nothing but weakness, hunger and knowledge of the
end drawing nearer.
So we searched for a path toward literature - first to Jewish writing. That was a
hard encounter, for we found out that we no longer had the ability to accept the
normal as a norm. We had consciously and unconsciously another norm, that of
apocalypse. Ordinary artistic expression, however subtle, appeared to us only
to brush the surfaces of life. Our secret could not be revealed there, and the
encounter left us bitter and helpless, feeling that what we had undergone would
be buried with us and never find expression. We were burdened by a heavy
exhaustion that defied understanding. Some of us turned to big business, to
pleasure, but not to themselves. Any attempt to understand things, to express
and give form to feelings, seemed not only hopeless but also ridiculously
pretentious. If we had been able to shut up in an inner silence, that would have
been right for us, but that was just a wish. We never actually stopped trying to
say something, even in the moments of greatest torpor. But all we succeeded to
emit was a stutter, or worse, familiar, traditional words and fabrications.
Afterwards we understood that nothing would be said unless new words and a
new melody were found.
106 Primo Levi, Survival in Auschwitz (New York: Collier Books, 1978), pp. 112-113.
107 Aharon Appelfeld, "Witness," The Jerusalem Quarterly, 16 (Summer, 1980), p. 94.
350 Alan Udoff
Celan's poetic speech, the "new melody" of his dark lyrical song, stands,
then, in a relation to the twofoldness of silence that surrounds it: the false
silence that passes for speech; and that silence which, passing through
speech, authenticates it. The first of these silences is always present in the
decay of the word. It is present the way in which death is present -
naturally, inevitably. The second silence must be brought into being by
speech, or, existing in its own right, be reclaimed by its resistance. This
silence is present in a different way — only because one has truly spoken,
entered into reality which "ist nicht," which must "gesucht und gewonnen
sein." Broch has recorded this movement - from silence, to silence to
speech - in a poem which is itself the parodistic fulfillment of the speech
through which silence passes: 108
108 In Ohne Hass und Fahne, No Hatred and no Flag, Sans Haine et sans Drapeau, ed. by
Wolfgang G . D e p p e , Christopher Middleton and Herbert Schönherr (Rowohlt: Hamburg,
1959), p. 69:
Diejenigen, die im kalten Schweiß der Hinrichtung
täglich, nächtlich erbleichen,
die höllenhaft Fiebernden
hätten heute ein Recht zu singen,
und wenn sie es täten,
sie täten es in fürchterlich neuer Sprache,
in der kein Wort dem andern
mehr ähnelt.
Aber sie schweigen; sie tragen
den Knebel des Schicksals
weiter in ihren Mündern zwischen den schmerzenden Kiefern,
denn was sie zu sagen hätten, wäre uns
stumm, ein schrilles Glucksen der Zerstörung;
darum hat uns, die wir es hören müßten,
das Schicksal die Ohren verstopft.
Wir starren sie an, sie starren uns an:
die Augen, die ihren, die unsern,
vermögen noch zu blicken
und sich vorzulügen,
daß sie die Menschengestalt sehen.
Wehe, wenn einer spricht.
On Poetic Dwelling: Situating Celan and the Holocaust 351
Broch's poem positions itself within the plenitude of speech and, from that
position - i. e., outside of silence - speaks about silence and song and the
language within which they might locate themselves. The last line of the
poem reverses this position. The exclamatory closure - " O horror / Wehe"
- pronounces a word which relies upon its place in the economy of the
poem for its legitimate use. The poem, then, in the manner of a Borgesean
irony, creates its own precursor - a vision of horror that saves the word
from commonplace associations and legitimates its use. The word "horror,"
thus, is the first word of the "terrible new language" the reader learns; the
poem, in effect, is its performative definition. The lesson proceeds, then, by
teaching silently as it were, the conventional inadequacy of this word,
exposing through a poetic Aufhebung its interior silence.
Key elements at work in Broch's performative strategy find their
deployment in Dante, as well, where the reader is brought to the threshold
of language in the whispered sigh.™ It is in Celan's poetry, however, that
these elements find their deepest expression. It remains for a different time,
though, to sound these depths, to search for their groundworks in the
region of poetic dwelling, as they work there, silently taking the measure,
in a dialogue (Gespräch), an often despairing dialogue (verzweifeltes Ge-
spräch), "permeated by a sense of shame . . . that art is unable either to
experience or to sublimate suffering," a dialogue which pursues, between
silence and sigh, from out of the Atemwende of poetry's origination, the
Other through the darknesses that fall with extremity, the Other in the
poem, the Other as reader of the poem, the Other . . . self.
3 Quoted in John Felstiner, "Translating Paul Celan's 'Jerusalem' Poems," Religion and
Literature, 16 (Winter, 1984), 45.
4 Israel Chalfen, Paul Celan (Frankfurt: Insel, 1979).
5 F o r an account of Celan's visits to Heidegger see Christoph Schwerin, "Bitterer Brunnen
des Herzens," Der Monat, 2 (1981), 7 3 - 8 1 .
354 Alfred Hoelzel
will not listen, shall I cry out to you of violence and you will not come to
the rescue?" Such lesser instances pale into insignificance, of course, in the
presence of the book of Job, which forever remains the locus classicus of
theodicy on trial.
These Biblical precedents establish a Jewish tradition for calling God to
account in a time of bester partim (deus absconditus), and later Jewish
history and literature abound in similar remonstrations with the Almighty.
Occasionally the protest can lead to outright apostasy, as in the classical
case of Elisha ben Avuya, a great Jewish sage of the second century C. E.,
who, according to one account, renounced his faith upon witnessing the
accidental death of someone scrupulously observing the Biblical command-
ment of shiluacb hakan.'3 But generally such protest ultimately observes the
boundaries of submission to Divine Will, as in the case - to cite a favorite
example from the Chassidic world — of Rabbi Levi Isaac of Berdichev
(c. 1740-1810), who, according to legend, once had the temerity to preface
the traditional kaddisb with a "lawsuit" against the Almighty for permitting
Jewish suffering.14 (It is important to note that the kaddisb, contrary to
popular misconception, does not offer a "prayer for the dead" but consti-
tutes the Jewish declaration of theodicy par excellence.)
But one account of protest against divine justice in Jewish tradition
almost uniquely sharpens the confrontation between the plaintiff and God,
one which even elicits a direct divine reaction - an example which now
brings us directly back to Celan. On Yom Kippur Jews recite during the
mussaf service a martyrology. This liturgical piece, actually a midrasb,15
recounts the cruel martyrdom of ten eminent Jewish sages during the period
of Roman tyranny in Palestine. The issue of theodicy comes to the fore in
this account at two junctures. When one of the sages, the High Priest,
consults a surrogate of Divine Will, as to whether he and his colleagues
should accept the death penalty decreed by the Roman tyrant, he receives
an affirmative answer: "Submit, beloved saints, for I have heard from
behind the curtain (i. e. behind the scenes) that this should be your fate." As
the narrative proceeds to relate in gruesome detail the torture and execution
of these sages one by one, it suddenly interrupts to exclaim the anguished
13 The victim had fallen to his death while climbing a tree to collect a bird's chicks, despite his
careful compliance with the Biblical injunction of Deuteronomy, XXII, 6, which requires
sending away the mother bird before taking its fledglings. The Bible promises a long life to
those who observe this law.
14 The full text of Rabbi Levi's "lawsuit," in Hebrew, may be found in Yochanan Twersky,
ed., Cbayei R. Levi Yitzchok MiBerdichev (Tel Aviv: Massada, 1960), pp. 129-30.
15 Cf. Allerhand, 519-20.
358 Alfred Hoelzel
protest - not of the victims, but of the very angels themselves, who cannot
bear the sight of such undeserved agony: "Is this the Torah and this its
reward?" At this point a bat kol, a voice from Heaven, imperiously calls
out: "If I hear one more sound, I shall turn the world into water, I shall
reduce heaven and earth into utter chaos. This is my decree. Accept i t . . . ."16
A bleak, forbidding, and final judgment that plainly leaves no appeal and no
recourse.
This stern and unrelenting judgment of Heaven, so frequently and
implicitly present between the lines of Celan's poetry, surfaces quite
explicitly in his poem "Benedicta." Introducing, if somewhat timidly, the
issue of theodicy, the poet's Yiddish epigraph "Zu ken men aroifgayn in
himel arajn / Un fregn baj got zu's darf asoj sajn?"17 receives in the body of
the poem the same peremptory and final response we find in the Yom
Kippur liturgy: "'s mus asoj sajn." I would doubt that Celan could write
these sentiments with the same premise of ultimate submission to God's
justice that underlies this midrash, but I have little doubt that he stoically
resigned himself to the ineffable realities themselves.
In one of Celan's earliest poems, written during the war, he speaks of
wrestling with Jacob's angels.18 Indeed, Celan wrestled long and heroically
- but unlike his great ancestor he could not prevail.
16 For the full account in a bilingual Hebrew-English edition, see High Holyday Prayer Book,
trans. P.Birnbaum (New York: Hebrew Publishing Co. 1979), p p . 8 3 8 - 4 4 .
17 Celan, Werke, I, 249.
18 Though not included in the Allemann-Reichert edition, this poem, entitled Russischer
Frühling, appears in Heinrich Stiehler, "Die Zeit der Todesfuge: Zu den Anfängen Paul
Celans," Akzente, 19 (1972), 100, rptd. in Paul Celan, Oscar Walter Cisek und die
deutschsprachige Gegenwartsliteratur Rumäniens (Frankfurt: Peter Lang, 1979), p.24.
JOSEPH DAN
In the early 13 th century ay in, the Hebrew word for Nothingness, became
one of the most important and profound symbols of the Kabbalah. It
appears in the works of the early kabbalists in the Provence and in Spain,
especially in the treatises written by a Jewish mystical group in the small
town Gerona in Catalonia. Later, this concept was extensively used by
Rabbi Moses de Leon, the author of the Zohar, the greatest and most
influential text of the Kabbalah written in northern Spain in the end of the
13th century. The Zohar's understanding of symbols became central for
later Jewish mystics, including the teachers of Hasidism in the 18th and
19th centuries.
Most kabbalistic symbols were derived directly from the Bible. Every
biblical verse was interpreted by kabbalists in a mystical way, and key
words and terms found in them became standard kabbalistic symbols. The
history of the term ayin, however, is unique. This term was first based on a
philosophical cosmogonic concept, which the kabbalists adopted, inte-
grated into a biblical verse, and gave it a completely new and paradoxical
meaning.
When Jewish philosophers in the 10th-12th centuries endeavored to
harmonize the text of the scriptures, describing the creation of the world,
with the teachings of the Greek classical philosophers concerning the origin
of the world, one of the key terms they had to use was creation ex nihilo,
out of nothingness, as opposed to creation from primordial matter or the
Aristotelian concept of eternal, non-created world. The term they adopted
(in the Hebrew works of Rabbi Solomon Ibn Gabirol, Rabbi Abraham bar
Hijja, Rabbi Abraham Ibn Ezra and others), was creation yesh me-ayin,
"something out of nothing," thus giving the Hebrew biblical term ayin the
meaning of complete negation, absolute nothingness. Although they did
not mean to do it, they gave this Hebrew word the association of being the
first, most ancient and most fundamental stage in the process of creation.
"Ayin" thus became a term loaded with mysterious connotations, which
enabled the mystics to use it in a completely different manner.
360 Joseph Dan
subjects of mystical inquiry, and the problem of the eternity of the ayin and
its relationship to the ein-sof have often been discussed. Even the Zobar
itself contains more than one view on this subject.
The paradoxical nature of the term "nothingness" in the Kabbalah
opened a space for speculations and even had, a strong impact on the actual
religious life, as it became apparent centuries later. Kabbalists followed the
philosophers and spoke of a creation ex nihil, although they gave these
terms an entirely different meaning. This did not mean the creation of
something out of nothing, but the emergence of all existence from the
supreme source of existence which is the divine ayin. They spoke of the
emergence of all existence from its hidden root within the Godhead; for
them existence and non-existence became one and the same in that hidden
realm their source, where, as they sometimes said, all the contradictions are
united. For these kabbalists, the mystical secret of being and non-being
became united in the profound and powerful symbol of the ayin.
Mystical activity in the Kabbalah was used to uplift the human soul
from its material surroundings and unite it with the divine powers. The
ladder of emanation, leading from the first to the tenth sephirah, and then to
the material world, was used as a ladder of ascension. Speculation concern-
ing the emergence of the divine hypostases from the Godhead became also a
series of directions concerning the way that the mystic's soul has to take in
its attempt to ascend and unite itself with the divine realm. Thus, the ayin,
the first and highest divine emanation, became also the supreme goal of
mystical ascension.
The paradox, therefore, acquired a new strength when the unity with
nothingness became the supreme achievement of the mystical way towards
the mystical union. In most cases kabbalists did not believe, that such a
union is possible while a man is alive in the material world. With few
exceptions, most of them held that the highest stages of communion with
the divine powers may occur only after the body's death. Nevertheless, the
powerful symbol of a union with "nothingness" did not lose its literal
meaning - as it became apparent especially in the last development stages of
the mystical schools within Judaism - the Hasidic movement of the second
half of the 18th century.
Hasidic teachings are based completely on kabbalistic symbolism, but
very often the teachers of this modern movement found new meanings in
the old symbols and applied them to actual religious life. Hasidism, unlike
Kabbalism in general, was a popular movement which tried to influence the
Jewish public as a whole, and the number of its adherants reached hundreds
Paradox of Nothingness in the Kabbalah 363
2 Peter Paul Schwarz, Totengedächtnis und dialogische Polarität in der Lyrik Paul Celans
(Düsseldorf: Pädagogischer Verlag Schwann, 1966), p. 17.
3 Hermann Burger, Auf der Suche nach der verlorenen Sprache (Zürich: Artemis Verlag,
1974), p. 10.
4 Joachim Schulze, "Celan and the 'Stumbling Block' of Mysticism," Studies in Twentieth
Century Literature, V o l . 8 , N o . 1 (Fall, 1983), p . 7 1 .
5 Gerschom Scholem, Kabbalah (Jerusalem: Keter Publishing House, Ltd., 1974), p. 3.
6 Steven T. Katz, "Language, Epistemology, Mysticism," Mysticism and Philosophical Analy-
sis, ed. S . T . Katz (New Y o r k : Oxford University Press, 1978), p. 34.
7 Martin Buber, The Way of Response, ed. N . N . Glatzer (New Y o r k : Schocken Books,
1966), p. 36.
366 Shira Wolosky
mystics in whom negation and silence have a no less central importance, the
emphasis, valence, resonance, and indeed basic meaning of these terms
within Judaic and Christian structures remain distinct - with important
consequences for their meaning and function within Celan's poetry.
A paradigm against which Celan's stance towards the metaphysical
status of silence, and of language, may be measured is that of St. Augustine.
St. Augustine's Trinitarian definitions are not only exemplary but also
decisive in the formulation of the doctrine of the Logos, with its linguistic
implications. In this doctrine, the privileging of silence consistently
emerges. In the course of his discussion in On the Trinity Book XV on how
the human word is like and unlike the divine Logos, St. Augustine asserts a
hierarchy in which "the word that sounds outwardly is the sign of the word
that gives light inwardly."8 In so doing it can be likened to the incarnate
Logos. For just as the inward word takes on "that articulate sound by
which it may be manifested to men's senses," just so "the Word of God was
made flesh, by assuming that flesh in which itself also might be manifested
to men's senses." The analogy, however, is then qualified. The Logos is not
in fact like "the word of ours that sounds in the ears, either when it is
uttered in an articulate sound or when it is silently thought," that is, is not
like the formulated word, whether or not this word is spoken aloud.
Rather, the Logos is only like the word "which is neither utterable in sound
nor capable of being thought under the likeness of sound, such as must
needs be with the word of any tongue"; it is like the word "which precedes
all the signs by which it is signified."
St. Augustine is positing here a thought in the mind which precedes
linguistic formulation, a disembodied thought prior to all articulation. It is
this incorporeal thought, this pure signified, which is analagous to the
Logos, and which, like the Logos made flesh, can then be expressed in
signifiers. This process of articulation, however, is carefully distinguished
from the process of change. "And as our word becomes articulate sound,
yet is not changed into one; so the Word of God became flesh, but far be it
from us to say He was changed into flesh." Such protection from change
into external form, both as protection from change, from temporality as
such, and as a protection from the change and temporality to which external
forms are subject, is necessary to St. Augustine's whole conception of the
Logos as truth. As truth, the Logos must be entirely immutable; it can
never be subject to change, for it is exactly in immutability that its truth
' St. Augustine, On the Trinity, Basic Writings of St. Augustine, ed. Whitney J. Oates (New
Y o r k : Random House, 1948), Book X V , xi.
Mystical Language and Mystical Silence 367
inheres. Similarly, only the word as pure signified, without any embodi-
ment in signifiers, "begotten from the knowledge that continues in the
mind when that same knowledge is spoken inwardly according as it really
is" must be unchanging if it is to be true and like the Logos. F o r then it too
is protected from the temporality to which external forms are subject; then
it too is unbodied, pure spirit, whereas "when it is uttered by sound, or by
any bodily sign, it is not uttered according as it really is, but as it can be
seen or heard by the body" ( X V , xi).
Utterance therefore necessarily detracts from the word's ontological
and epistemological status: an assessment which, as Jacques Derrida has
shown, is traditional to Western ontology and has re-emerged in Saussu-
rean sign-theory. There, as in St. Augustine's formulation, a "signified" is
posited "which precedes all the signs by which it is signified" ( X V , xi). And
there, as in St. Augustine, the signified, inner word has priority while
articulation is seen, as Derrida asserts, as a "fall into exteriority."' And the
writings of Christian mystics throughout the ages amply support this.
Thus, Ignatius Martyr urges: " I t is better to be silent and be real, then to
talk and be unreal." 10 Thus, the Pseudo-Dionysius describes how speech
"ascends from the particular to the universal, and going up is withdrawn as
it rises, and after the whole ascent it becomes inwardly silence, entirely
united with the ineffable." 11 Thus, St. John of the Cross designates speaking
as an "attachment" which will prevent the soul from attaining to "liberty of
union." 12 And thus Thomas a Kempis enjoins that "the further [the soul]
withdraws from all tumult of the world the nearer she draws to her
Maker.'" 3
Silence emerges, then, as a transcendence of time and of external and
material form, as a union with the transcendent, from which language, as
embodiment rather than pure spirit, as temporal rather than immutable,
must be excluded. But this is not the status of silence or of language in
Judaic mysticism. Even when the Godhead is designated as ineffable and as
beyond form, the relation to the divine is in general not one of union, does
not entail the desire to withdraw from or transcend the world of time and of
' Jacques Derrida, Of Grammatology (The Johns Hopkins University Press, Baltimore,
1974), p. 13.
10 Joseph Anthony Mazzeo, "St. Augustine's Rhetoric of Silence," Journal of the History of
Ideas, 1962, 23, p. 192.
11 Dionysius the Aereopogite, On Mystical Theology, trans. Alan Watts (Sausolito, Ca.: The
Society for Comparative Philosophy, 1971), p. 26.
12 St. John of the Cross, The Ascent of Mount Carmel, Complete Works, ed. Peers (Westmin-
ster, Md.: The Newman Press, 1953) Vol. 1, p. 51.
13 Thomas a Kempis, The Imitation of Christ (London: Penguin Books, 1979), p. 52.
368 Shira Wolosky
matter, and does not seek as its goal or as its highest expression the
transcendance of language into silence. Gershom Scholem, when he raises
the question of the mystical attempt to "express the inexpressible in
words," underscores the fact that in the Kabbalah, unlike Christian mystic-
isms, a concern with the ineffable is offset by a "metaphysically positive
attitude towards language as God's own instrument." 14 The relation to the
divine remains, even within mysticism, essentially linguistic. For it is as
language that the divine reveals itself: as Torah, which is, according to a
mystical interpretation, comprised of divine names by which G o d manifests
himself; and indeed as the created world itself which, in one of the most
pervasive figures of the Kabbalah, is described as divine utterance, as
linguistic structure, as an unfolding and manifestation of the names of
God. 1 5
This metaphysically positive attitude towards language, and the struc-
ture implied by it, in which, as Scholem writes elsewhere, "language
constitutes the medium in which the spiritual life of man is accomplished," 16
ultimately frames the function and treatment of language and silence in
Celan's work:
DEIN
H I N Ü B E R S E I N heute N a c h t .
M i t W o r t e n holt ich dich wieder, da bist d u ,
alles ist w a h r u n d ein Warten
auf W a h r e s .
Dorthin
f ü h r t uns der Blick,
m i t dieser
Hälfte
haben wir U m g a n g .
14 Gershom Scholem, Major Trends in Jewish Mysticism (New York: Schocken Books, 1973),
p. 15.
15 Scholem, Major Trends, p.215.
16 Gershom Scholem, "The Name of G o d and the Linguistic Theory of the Kabbalah,"
Diogenes 79/80, 1972.
Mystical Language and Mystical Silence 369
17 Paul Celan, Poems, trans. Michael Hamburger (New York: Persea Books, 1980), p. 136,
with emendations in parenthesis.
18 Paul Celan, Poems, trans. M. Hamburger, p. 202.
370 Shira Wolosky
divinity, but rather to attack, accuse, and deny that divinity. G o d here, as
the plant before, is said to be "growing." In its positive sense, this can
invoke the ingathering of sparks, the restoration of the exiled Shekhinah.
But in its negative sense, it implies that G o d is a god of death, that death is
the medium through which he unfolds - and which can only indict that
unfolding. His growth is then a mowing down, and is not restoration, but a
further irremediable scattering.
This poem, then, opens in two directions, each of which underscores
the particular concerns and implications of Celan's Judaic mystical
framework and of the status of language within it. The concluding stanza,
in an antithetical utterance characteristic of Celan, on the one hand points
towards an affirmation of God. Although the divine is implicated by
history and by temporality, it remains, in one reading, a direction in which
the poem's speaker looks, in a return of the gaze of the watching " w h o " of
the second stanza. Across whatever distance and disruption, relation is
affirmed and sustained "mit dieser Hälfte - , " whether as the half of the
Godhead accessible in time, or whether as the mortal beings who are
oriented towards the "Dorthin" beyond them. In another reading, how-
ever, the "Dorthin" may only point to the dark fragmentation of a G o d
who presumes to announce himself in death. What is "read" of G o d , in the
Kabbalah and in the world of and as language, may then be indecipherable;
the gaze of those who look may be a blank reflection of the one who
watches; and the "half" may remain scattered, without pointing towards
restoration, a dividing of the Godhead from himself and from those situated
within a temporality that remains fragmented.
This double implication of "Dein Hinübersein" renders its text itself a
part, a second, scattered: a duplicitous utterance which may resist restora-
tion. Celan's own language, like the language in which he read of the
Godhead, and like the language which fetches back and attempts recupera-
tion, is implicated in the risk of process which may or may not remain
oriented. But the poem both as affirmation and denial ultimately points to
the distinctive feature of the Kabbalah and of the Judaic assumptions
expressed in it. For, contrary to Dietlind Meinecke's claim when she refers
this text to the breaking of the vessels, 21 both the Shekhinah and the
scattered sparks exactly assert not a withdrawal from but an entrance of
G o d into history, assert his taking part in the temporal process, even with
all the traumas and suffering history has offered. The poem, even as
duplicitous, thus grants to the Godhead an historical aspect. Unlike the
21 Dietlind Meinecke, Wort und Name bei Paul Celan (Berlin: Verlag Gehlen, 1970), p. 23.
372 Shira Wolosky
The H o l y One, blessed be He, summoned the ministering angels and said to
them, "If a human king had a son who died, what is it customary for him to
d o ? " They replied, " H e sits and weeps." H e said to them, "I will do likewise,"
22 Jaroslav Pelikan, The Christian Tradition (Chicago: The University of Chicago Press,
1971), Vol.1, p. 22.
23 St. Augustine, On The Trinity.
24 Pelikan, The Christian Tradition, Vol. 1, p. 230.
25 Moses Maimonides, The Guide for the Perplexed, trans. M. Friedländer (New York: Dover
Publications, Inc., 1956), I, 54.
Mystical Language and Mystical Silence 373
Nicholas of Lyra singled out exactly this midrash for rebuke as the "false
and purile tale" of G o d lamenting the destruction of his temple. 27 But he
only confirms the position of the Church, as summarized by Apollinaris:
"Anyone who introduces passion into the [divine] power is atheistic and
blasphemous." 2 8
Impassibility, immutability: in the language of semiotics this is the
world as signified. It is the world into which the linear, temporal succession
of language cannot intrude, and in terms of which the intrusion of language
is regarded as a loss of spirituality, inwardness, truth, and being. " F o r St.
Augustine," as Joseph Mazzeo writes, "all dialectic, true rhetoric, and
thought itself were but attempts to reascend to that silence from which the
world fell into the perpetual clamor of life as fallen men know it." 29 Silence
alone can truly reflect and participate in this atemporal, spiritual world. But
in the Judaic context, while silence or negation may designate the divine as
beyond speech, as without attributes and as denying all predication, not
silence, but language is the realm in which the divine is encountered. The
divine is never directly entered into in union; thus it never fully subsumes
language into silence as the mode of participation. Instead, the Godhead,
beyond ontological category, in his Names enters the world which is itself
described as linguistic, as constituted of the letters of his N a m e . And it is
this linguistic reality which comprises the arena of divine and human
interaction. The relation to the divine thus takes place within the world of
signifiers - of temporal, articulated linguistic forms. And this is the case in
Celan's poem "Dein Hinübersein." There, it is " w o r d s " which fetch back
the Being-beyond; there, the historical involvement of G o d is "read." The
priority of silence as participation in ineffable meaning is transformed into a
sense of meaning as articulated through time, in phenomena and as lan-
guage. It thus stands in relation to an absolute which remains absolutely
distinct from it, which may be designated as ineffable in itself, but which
expresses itself to men and creation as articulation.
Nevertheless, exactly this historical involvement of the divine, exactly
this insistence on encounter with the divine in the temporal orders of
phenomena and language such that, as Martin Buber writes, "the real
26 Lamentations Rabbah, Midrash Rabbah, trans. Dr. A.Cohen (London: Soncino Press,
1961), II, 17.
27 Jeremy Cohen, The Friars and the Jews (Ithaca: Cornell University Press, 1982), p. 178.
21 Pelikan, The Christian Tradition, Vol. 1, p. 53.
29 Mazzeo, "St. Augustine's Rhetoric of Silence," p. 192.
374 Shira Wolosky
communion of man with God not only has its place in the world, but also
its subject," 30 projects a further status of language and silence in Celan's
work. An ineffable Godhead establishes the sphere of, and orients, linguis-
tic activity. Yet the ineffable may also cease to frame language and instead
threaten to engulf it. For Celan, exactly because divine activity is situated in
and as linguistic, temporal order, disruptions of that order can disrupt
language and its relation to the divine. This too is suggested in the midrash
on Lamentations cited above, which continues: "What does a human king
do [when mourning]?" asks the Holy One. "He sits in silence." He said to
them, "I will do likewise," as it is stated, "He sitteth alone and keepeth
silence." What seems obvious in an historical context remains radical in a
mystical one. For this is not the fecundity of silence, not the silence of the
ineffable to which language can never be adequate; not the silence that
subsumes sequence into immutability. It is rather a disruption of sequence,
a silence which realizes the negative possibility of "Dein Hinübersein."
Celan's work enacts a tension between these silences, a tension which
finally identifies him more closely with current efforts towards a revision of
traditional Western ontology than it does with traditional Christian mystic-
ism: with Ludwig Wittgenstein, who begins his Philosophical Investigations
with a critique of Augustinian language models; with Heidegger, Levinas,
and Derrida, who contest the preeminence of immutable Being as signified,
and the devaluation of language and of writing which follows from it. In
Celan, this problematic is not encountered in philosophical, but rather in
poetic terms. Still, Celan's treatment of language poetically cannot be
separated from the metaphysical frameworks which he invokes, and in
which language has an integral and fundamental role. And, the challenge to
ontological categories, the strains within ontology with which so much
current philosophy is concerned, can be said to find poetic corrolary in the
gaps opened within Celan's own utterance - an utterance caught between
the nothing which is not, the silencing of language, and the nothing out of
which language comes forth.
30
Martin Buber, The Origin and Meaning of Hasidism (New York: Harper Torchbooks,
1960), p. 94.
IV. Translation as Interpretation
Gedichtübertragung als Deutungsversuch
ELMAR TOPHOVEN
Den Anfang eines Romans von Georges Simenon hat Paul Celan so
wiedergegeben, daß ein Vergleich mit dem Original es dem Feld-, Wald-
und Wiesen-Ubersetzer erlaubt, aus dem interlinearen Spannungsfeld die-
ses kurzen Satzes eine ganze Reihe von Lehren zu ziehen:
„L'oignon, treve de plaisanteries: nous voici bien reveillonnes et ä point de dire les
quatres verites premieres ä notre cousine. ( . . . ) "
„So - jetzt aber Spaß beiseite! W i r haben ausgiebig sylvestert, Zwiebel; wir sind jetzt
so weit, daß wir dem Kusinchen die Wahrheit ins Gesicht sagen können. ( . . . ) "
LAPS
L'ombre,
rompu,
Der Titel des Gedichts „LAPS" und das Perfektpartizip „rompu" wurden
handschriftlich umrandet. Aus einer Menge von niedergeschriebenen Uber-
setzungsmöglichkeiten, die zum Teil mit Fragezeichen versehen sind,
wurde durch Unterstreichung der deutsche Titel „Zeitraum" ausgewählt.
Paul Celan versäumte es nicht, auch die Bedeutungen von „Lapsus" zu
notieren, die wieder durchgestrichen wurden. Beim Suchen nach dem
treffenden Wort für „rompu" wurde „zerbrochen" wieder gestrichen, und
von den beiden Möglichkeiten „wundgeschlagen" und „zerschlagen" wurde
die letzte ausgewählt. Das zuerst durch „Wärme" übersetzte Wort „cha-
leur" wurde durch „Glut" ersetzt. Das wenig anschauliche Verb „avancer"
382 Elmar Tophoven
Der Schatten,
kürzer, die Glut, draußen, an Feuers statt, ( . . . )
sondern:
ZEITRAUM
D e r Schatten,
ich ausschreite,
zerschlagen,
Bei der Ubersetzung von „nous tenant lieu de feu" durch „an Feuers Statt"
war das Personalpronomen und damit die Beziehung verlorengegangen, die
durch den Einschub „für uns" wieder eingebracht wurde.
Gäbe es viele solcher Übertragungsspuren und könnte man, auf sie
gestützt, dank dem Studium von Vorstufen auch an der Entstehung der
Dichtungen Paul Celans teilnehmen, so würden die Untersuchungsergeb-
nisse vermutlich nicht nur, ganz allgemein, Ubersetzern aus dem Französi-
schen ins Deutsche, sondern auch den Übersetzern der dichterischen
Werke Paul Celans in andere Sprachen zugute kommen.
Eines der Themen des 1963 veröffentlichten Hörspiels „Words and
Music" von Samuel Beckett ist die Entstehung eines Liedes aus dem
Zusammenwirken von Worten und Musik. Der alte Croak fordert J o e alias
Words und B o b alias Music auf, Lieblingsthemen wie „Liebe", „Das
Gesicht" oder „Alter" heraufzubeschwören, wobei Bobs Musik Joes Worte
zu verbessern oder anzuregen versucht. Bei der Behandlung des Themas
„Age" wird „arrowroot" zu „toddy", „moonlight" zu „starlight" und „to
where" zu „towards where" („dahin" zu „dorthin, w o " ) verbessert. Das
letzte Wort der Schlußfassung dieses Gesangs lautet im Original „well-
head". Auf meine Bedenken, das vom Lexikon angebotene „Urquell" in
diesem Zusammenhang zu benutzen, riet Paul Celan mir, ein Element des
Kompositums ζ. B. „-quell" zu bewahren und eine andere Zusammenset-
zung zu versuchen, z . B . „Quellpunkt". Damit war das Problem gelöst.
Translating Celan Translating 383
Des Liedes Schluß, den „Words" oder „Worte" sachte zu singen versucht,
lautet im Englischen und im Deutschen so:
„Then down a little way „Dann hinab ein kleines Stück
Through the trash durch den Dreck
Towards where dorthin, w o
All dark no begging alles schwarz, kein Betteln,
N o giving no words kein Geben, kein Wort,
N o sense no need kein Sinn, keine Not,
Through the scum durch den Feim
D o w n a little way hinab, ein kleines Stück,
To whence one glimpse dahin, woher ein Schimmer
Of that wellhead." von jenem Quellpunkt."
O n Translating Celan
wholly strange to English ears — with only partial success, I think, wherever
caesuras and English monosyllables proved almost insuperable obstacles to
the thrust of Hölderlin's odes and elegies. As for Paul Celan, the prepon-
derance of images over discourse in his early verse - though stranger to
English and American readers than to French and German ones familiar
with Surrealist and Expressionist antecedents - was counterbalanced by a
relatively conventional syntax; and, however resisted in certain quarters,
that kind of "modernism" had at least filtered into the awareness of most
poetry readers. It was the later work, beginning with Sprachgitter and Die
Niemandsrose, that presented difficulties both of translatability and of
intelligibility comparable to the difficulties of Hölderlin's later work,
because Celan's practice, like Hölderlin's before him, had become wholly
unprecedented and unique. That applies to Celan's syntax, to the rhythmic
structure of his verse, and to a vocabulary that could be biblical or demotic,
drawn from special terminologies as various as those of mystical theology,
on the one hand, nuclear physics and crystallogy on the other. What is
more, very often the derivation of a word used by Celan gives no reliable
indication of its primary sense and function in its context. "Engführung,"
for instance, is a word derived from musicology; but its meaning for Celan,
in the poem of that name, has at least as much to do with the most literal
sense of the two root components of the German word as with the
composition of fugues. To translate the title as 'Stretto,' therefore, its
musicological counterpart in English usage, helps nobody at all - not even a
reader who happens to know what 'stretto' is in the writing of fugues or one
who recognizes the denotation of narrowness or straitness in the Italian
word. The same difficulty arises over words, in the same poem, drawn from
the terminology of nuclear physics: their special sense in that terminology is
in a state of tension with their literal and etymological sense; and in most
cases that tension cannot be reproduced in English because the English
technical terms are of Greek or Latin, rather than Anglo-Saxon, prove-
nance.
What drew me to Celan in the first place - and what draws other readers
to him who are as little versed as I am in some of his more specialized
concerns - is the urgency and authenticity of his vision. This urgency and
authenticity can be sensed by anyone who knows how to read poems,
without knowing what some of Celan's poems are about; much as the
urgency and authenticity of Hölderlin's vision can be sensed by readers
without the rudiments of a classical or theological education. Because so
many of Celan's allusions are to things I do not know - and some, I
suspect, are to things I cannot know, where Celan's allusions fuse his book
O n Translating Celan 387
* Paul Celan: 32 Poems (Norwich: Embers Handpress, 1985), limited edition with an etching
by Gisele Celan-Lestrange.
388 Michael Hamburger
texts. The new versions were of poems — from the collections between Von
Schwelle zu Schwelle to Atemwende - which, for one reason or another,
had defeated me in earlier readings or attempts. Since one of my regrets
about the selectivity of my procedure has to do with the coherence of
Celan's collections, the degree to which one poem leads to another, relates
to another, in a progression or regression amounting to sequence or cycle
form, I was glad to find myself translating a succession of poems from Part
IV of Atemwende. The continuity was broken, though, by the short poem
"Coagula":
Auch deine
Wunde, Rosa.
It was the last word that told me I did not know what the whole poem was
about, though I had translated it up to the last word; and my uncertainty
over 'Kolben' - which can be one of a number of things as different as a
rifle-butt from a piston or a plunger - sent me back to the beginning, to the
identity of the 'Rosa' addressed in the second line. To visualize that
'Kolben' and get it right, I needed to know whether the Rosa of the poem
was alive or dead at the time of writing, whether she was being addressed as
a victim or as a survivor of violence - or, in view of the sexual connotations
prevalent in other poems in the sequence, as a lover. That is the kind of
information a translator needs as a note on his text, so that the reading and
the writing processes are not separated by researches that are likely to break
the impulse - and researches he will shirk, as I did, if his own writing leaves
him too little time for correspondence or visite to libraries. For the time
being, then, "Coagula" leaves another gap in my versions.
I can mention this particular defeat because it is fresh in my mind; but
translating, to me, is not a matter of pondering and solving problems.
Inasmuch as it is writing, rather than reading, a translation either happens
or fails to happen; and, once it has happened, it is for others to judge
whether the difficulties have been overcome, evaded, or simply missed.
Other poems in Part IV of "Atemwende" proved forbidding or inaccessible
from the start, at the reading stage anterior to the reading process which is
part of the process of translating, so that no attempt at translation was in
O n Translating Celan 389
. . . stromaufwärts, strom-
abwärts geflösst
von winzig-lodernden, von
freien
Satzzeichen der
zu den unzähligen zu
nennenden, un-
aussprechlichen
Namen aus-
einandergeflohenen, ge-
borgenen
Schrift.
The syntax of that passage, like Hölderlin's syntax in his late hymns, is a
poetic and architectonic one, not beginning with the prefabricated con-
stituents of a statement, but building up a concept as it goes along, by a
progression less grammatical than imaginative. That structure had to be
broken up in my translation, simply because English usage does not permit
the suspension of the operative noun until the qualifying clauses have
390 Michael Hamburger
placed it where it belongs, at the end of the period and the poem. So my
version of the passage reads:
. . . floated upstream,
downstream
so that the final emphasis, unavoidably, falls not on the 'writ' but on the
'names.' In my introduction to the Penguin collection of my earlier
translations I cited another instance of a transposition I should dearly have
liked to avoid - in the poem " . . . rauscht der Brunnen" from Die Niemands-
rose, also indicating how the translation would have read with no conces-
sion made to English syntax. It is one thing to defy the kind of prejudices
that caused the literary editor of a prominent Anglo-American periodical to
dismiss Celan's poems as "rubbish," quite another to defy English usage in
a way that would have given that critic some grounds beyond prejudice and
smugness for his dismissal.
This brings me back to my opening remarks about different kinds of
translation. No poet I have translated has brought me up as Celan has
against the limits of the kind of translation I practice - mimetic translation
aimed at the totality of a text, its "track of feeling," way of breathing, just as
much any meaning that can be abstracted from those and paraphrased. My
preference for this kind of translation rests on the conviction that neither
literal renderings, metaphrase, into prose or indifferent verse, nor free
imitations, 'Nachdichtungen,' give a reader ignorant of the source language
such intimations of the original as translation is capable of giving. Yet there
are poems of Celan that tempt me to give up the struggle to find English
counterparts for a language and a structure so inimitable; and it could well
be that some of Celan's poems can never be satisfactorily translated in this
manner. One alternative, then, would be that adopted by the English poet
Geoffrey Hill, whose collection Tenebrae includes two variations on poems
from Die Niemandsrose poems that he calls "Two Chorale Preludes." Only
the first line of Celan's "Eis, Eden" is translated by Hill for a poem that is
On Translating Celan 391
close in form and movement to his source, but bears the title "Ave Regina
Coelorum." The rest is a free transposition of Celan's idiom and imagery
into the idiom and imagery of Geoffrey Hill. In his second 'chorale-
prelude,' "Te Lucis Ante Terminum," based on Celan's poem "Kermor-
van," Hill has more use for Celan's images, the botanical ones, but,
astonishingly, drops both the "Ich liebe, ich h o f f e , ich glaube" and the other
italicized motto, "Servir Dieu est regner" - astonishingly, because Geoffrey
Hill's whole work makes such ample use of Christian themes and exemplars
and his next book was to be threaded with quotations from Charles Peguy.
Perhaps Hill found those italicized phrases too sententious or too explicit
for his variations; of the first he retains only one component:
BE FAITHFUL grows upon the mind
as lichen glimmers on the wood.
And those are the concluding lines of his last stanza - an echo of Celan's
second.
Geoffrey Hill would not claim that his transposition are translations;
and for me it is too late to change my ways - though I have drawn on a few
words of Celan's as a theme for variations in my sequence Travelling, in a
passage that celebrates his death without naming him. My translations serve
a different end, confined to the limits I have mentioned. Most probably
they can, and will, be both improved upon and complemented in the light
of more knowledge of Celan's more cryptic references and allusions, which
intuition and empathy alone cannot retrace; and it matters very little
whether it is I or another translator who does the work.
If I seem to have exaggerated the difficulties of accurately reading
Celan's later poems, let alone re-writing them in another language, I will
refer you only to Peter Szondi's commentary on the poem "Eden" from
Schneepart, one of the more transparent poems in that collection, by the
way. What the poem would have told me without Szondi's commentary
and without the place and date of composition appended to its first
publication in Hommage für Peter Hüchel, but not to subsequent printings,
is that Eden is a Berlin poem; and its reference to the Landwehrkanal would
have reminded me of the killing of Rosa Luxemburg. What I could not have
placed at all, without Szondi's special knowledge of Celan's visit to Berlin
and of what he saw there, is the "Appelstaken / aus Schweden"; nor,
without the December date given for the poem's first printing, could I have
been sure about "der Tisch mit den Gaben." In itself, of course, it would
have suggested Christmas and more specifically, in Berlin, Christmas Eve;
but the immediate association would have been called in question by doubts
392 Michael Hamburger
about the images with which it is juxtaposed and bitterly contrasted. As for
the "Fleischerhaken," a recollection of their use in 1944 would have been
part of my associations, but again I could not have been sure that they were
part of Celan's in this context.
I think that the gist of this particular poem would have been apparent
enough for me to attempt a translation, but only if the strictest literalness
could have been maintained as a subterfuge from my uncertainty about
those images and data. Even with the help of Szondi's elucidations, and the
resolution of my uncertainties, the poem proved untranslatable, for a
reason to do not with the reading but the writing. This poem turns on the
axis of its triple rhyme, "Eden/Schweden/jeden." T w o of those rhyme
words were available in English, " E d e n " and "Sweden," but the third
proved as elusive as those two were obtrusively, unavoidably, at hand. That
was enough to forbid my version; for the poem had to revolve on that axis
and no other, if it was to grind to a halt, as it must, on the concluding
"Nichts/stockt." That the first line of the poem contains a phrase, "im
grossen Gelausche," so peculiar to Celan and so hard to render in English -
and that this word "Gelausche" chimes with the "rauschen" of the penulti-
mate line, completing the rotation - would not have deterred me, since it is
a translator's business and satisfaction to do the seemingly impossible,
stretching his linguistic resources as far as they will go; but not beyond the
limits I have set myself as a translator, limits of faithful service to a text, that
is, to its movement and structure as much as to its meaning. As a writer,
though, I cannot bring myself to accept that an inadequate translation is
better than none. F o r the same reason I have never committed myself in
advance to translating a given number of poems by any one poet, or to
translating complete books or sequences; and, because of the refusal to do
so, for many years I lost the right to publish my Celan versions in America.
The difficulties do not end there. If I had succeeded in translating
'Eden,' not for scholars who need no translation, but for readers of poetry
with no other means of access to the original, the great majority of those
readers would have needed explanatory notes to grasp the full significance
of the images elucidated by Szondi's comments. Quite a number of them
would not have got as far as associating the Landwehrkanal with Rosa
Luxemburg, even if they knew that the Spree and the Havel are rivers that
flow through Berlin. Others might have remembered the hanging of the
1944 conspirators against Hitler, without associating it with Berlin at all.
Very few, if any, would have known that the revolutionaries killed in 1919
spent the last hours before their death in a Hotel Eden, used as a military
headquarters at that time. Paul Celan chose not to give the readers of his
On Translating Celan 393
books so much as the clues provided by the place and date affixed to the
poem's first publication. T o have appended elaborate notes to translations
of such poems would not only have been tantamount to an admission of
untranslatability, but it would have broken faith with Paul Celan and his
texts; for Celan, who insisted, and rightly, that he was not a hermetic poet,
trusted his readers to place their trust in the words on the page, to be baffled
at first, necessarily and rewardingly baffled, then taking what steps they
chose to emerge from that bafflement. What makes Celan's later poems so
difficult is that they are not hermetic; that every word, image, rhythm,
hiatus or silence in them is not only meaningful but comprehensible, that
every darkness of his has its counterpart of light, everything in them that
seems locked has its key, if only we can find it. T o be faithful, though, a
Celan translation must be as difficult as the original. The translator must
observe Celan's early injunction to himself as a poet, in "Sprich auch D u " :
G i v e it shade enough,
give it as much
as y o u k n o w has been dealt out between
midnight and m i d d a y and midnight.)
If that were not so, translating Celan, too, would be easier than it is, for his
translators would be free either to falsely enlighten or to merely baffle and
abfuscate their readers, creating darknesses that could serve as rough
equivalents of his. As it is, my translations are attempts, however incom-
plete or provisional, to keep faith with his texts.
394 Todesfuge
Todesfuge
Er ruft stecht tiefer ins Erdreich ihr einen ihr andern singet und spielt
er greift nach dem Eisen im Gurt er schwingts seine Augen sind blau
stecht tiefer die Spaten ihr einen ihr andern spielt weiter zum Tanz auf
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus
Deutschland
Death Fugue
Death Fugue
H e calls out jab deeper into the earth you lot you others sing now and play
he grabs at the iron in his belt he waves it his eyes are blue
jab deeper you lot with your spades you others play on for the dance
Death Fugue
' Michael Hamburger, "Death Fugue," Paul Celan: Poems (Manchester: Carcanet N e w
Press, 1980), p. 51.
398 Death Fugue
4 Joachim Neugroschel, "Death Fugue," Paul Celan: Speech-Grille and Selected Poems (New
York: E. P. Dutton & Co., 1971), p. 29.
Ein Auge, offen 399
Schmerzende Augapfeltiefe.·
das Lid
steht nicht im Wege, die Wimper
zählt nicht, was eintritt.
An Eye, Open
An Eye, Open
H o u r s , maycolored, cool.
The no longer nameable, hot,
audible in the mouth.
Painful eyeball-depth:
the lid
is not in the way, the lashes
do not count what enters.
7
J. Neugroschel, "One Eye, Open," Paul Celan: Speech-Grille, p. 139.
Psalm
Psalm
Ein Nichts,
waren wir, sind wir, werden
wir bleiben, blühend:
die Nichts-, die
Niemandsrose.
Mit
dem Griffel seelenhell,
dem Staubfaden himmelswüst,
der Krone rot
vom Purpurwort, das wir sangen
über, ο über
dem Dorn. 8
8
P. Celan, "Psalm," Gesammelte Werke, I, p. 225.
402 Psaume
Psaume
Un rien
nous etions, nous sommes, nous
resterons, en fleur:
la rose de rien, de
personne.
Avec
le style clair d'äme,
l'etamine desert-des-cieux,
la couronne rouge
du mot de pourpre que nous chantions
au-dessus, au-dessus de
l'epine.'
' Martine Broda, "Psaume," La rose de personne (Paris: Le nouveau commerce, 1979), p. 40.
Psalm
Psalm
A nothing
we were, are, shall
remain, flowering;
the nothing-, the
no one's rose.
Psalm
N o one kneads us again of earth and clay,
no one incants our dust.
N o one.
Blessed art thou, No-one.
For thy sake we
will bloom.
Towards
thee.
We were, we are, we shall remain
a Nothing,
blooming:
the Nothing-, the
No-one's-Rose.
With
the style soul-bright,
the filament heaven-void
the corolla red
from the purple word that we sang
over, oh over
the thorn."
11
J. Neugroschel, "Psalm," Paul Celan: Speech-Grille, p. 183.
Fadensonnen 405
Fadensonnen
Thread Suns
Thread-suns
L o POSSEDEVA LA Ν Ο Τ Τ Ε , e r a t o m a t o i n s e ,
l'abito da brefotrofio per bandiera,
15P. Celan, "Ihn Ritt die Nacht," Gesammelte Werke, II, p.234.
" Guiseppe Bevilacqua, "Lo Possedeva La Notte," Luce coatta e altrepoesiepostume (Milano:
Mondadori, 1984), p. 5, vom Autor revidierte Fassung.
N i g h t rode him 407
17
M . H a m b u r g e r , " N i g h t Rode h i m , " Paul Celan: Poems, p. 231.
408 Das angebrochene Jahr
D A S ANGEBROCHENE JAHR
mit dem modernden Kanten
Wahnbrot.
Trink
Aus meinem Mund. 18
L ' A N N O INCOMINCIATO,
con la sua micca muffita
di pane illusorio.
Bevi
dalla mia bocca."
L ' A N N E ENTAMEE
avec le quignon moisi
de pain chimerique.
Bois
de ma bouche. 20
T H E B R O A C H E D YEAR
with its mouldering crusts
of delusion bread.
Drink
from my mouth. 21
UNLESBARKEIT dieser
Welt. Alles doppelt.
ILLEGGIBILITÄ di q u e s t o
mondo. Tutto doppio.
ILLEGIBILITY
of this world. All things twice over.
You, clamped
into your deepest part,
climb out of yourself
for ever.24
si quelqu'un,
ayant brise les chants,
parlait ä present au baton,
ni de lui ni d'autrui
il n'y aurait
d'aveuglement. 26
KLEINE NACHT: w e n n du
mich hinnimmst, hinnimmst,
hinauf,
drei Leidzoll überm
Boden:
P E T I T E NUIT: q u a n d t u
m'emmenes, emmenes
en haut,
trois pouces de souffrance
sur le sol:
B E I W E I N U N D VERLORENHEIT, bei
beider Neige:
Radierung zu Paul Celans Gedicht „Bei Wein und Verlorenheit", Gesammelte Werke
Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1983), I, p.213.
Bei Wein und Verlorenheit 417
418 Abglanzbeladen
ABGLANZBELADEN, bei d e n
Himmelskäfern,
im Berg.
Den Tod,
den du mir schuldig bliebst, ich
trag ihn
aus.*
* Paul Celan, Schwarzmaut mit Radierungen von Gisele Celan-Lestrange (Paris: Brunidor,
1969), n. pag.
Abglanzbeladen 419
420 Wer schlug sich zu Dir?
Die Höhe
wirbelt sich
aus, heftiger noch
als ihr/1'
Paul Celan, Schwarzmaut mit Radierungen von Gisele Celan-Lestrange (Paris: Brunidor,
1969), n. pag.
Wer schlug sich zu Dir? 421
422 Tretminen
Scherbenversiegelt
die Umlaufbahnen dort draussen.
Paul Celan, Schwarzmaut mit Radierungen von Gisele Celan-Lestrange (Paris: Brunidor,
1969), n. pag.
Tretminen 423
Remembering Paul Celan
Erinnerungen an Paul Celan
E D I T H SILBERMANN
Denke ich heute an meine Kindheits- und Jugendjahre zurück, so sehe ich
im Geiste die Stätten meiner ersten Begegnungen und Gespräche mit Paul
wieder.
Wenn man vom Haupteingang des Czernowitzer Volksgartens die
Siebenbürgerstraße zur Kaserne des 8.Jägerregimentes überquerte, kam
man nach wenigen Schritten zum steilen Töpferberg, der in die Bräuhaus-
gasse mündete. Dort stand mein Elternhaus, und gegenüber, im etwas
baufälligen, ebenerdigen Haus, dessen eine Front zur Feldgasse hin sah und
das noch keine Wasserleitung, sondern einen Ziehbrunnen im H o f hatte,
wohnte der Herrenschneider Chomed. Mit seinem Sohn, Gustl, meinem
Spielkameraden aus früher Kindheit, war Paul als Schüler des 4. Staatsgym-
nasiums eng befreundet. Der Töpferberg war eine wundervolle Rodelbahn,
von der aus man, wenn man oben mit Schwung losfuhr und unten nicht
bremste, auf der breiteren, ebenen Bräuhausgasse ganz weit gelangen
konnte. Die verkehrsreiche Straßenkreuzung, an der morgens rumänische
und ruthenische Bäuerinnen ihre Milchprodukte und „Schwäbinnen" aus
der Vorstadt Rosch Gemüse und Obst feilboten, war des geschäftigen
Markttreibens wegen jedoch nicht ungefährlich. U m mich an den beiden
Jungen zu rächen, die mich in ihren sportlichen Leistungen zu übertrump-
fen trachteten, den Berg mutiger hinuntersausten und mich „folgsames
Kind", das die Warnungen der Erwachsenen vor den Gefahren des Ver-
kehrs nicht wie sie in den Wind schlug, zu hänseln pflegten, legte ich mir im
Herbst auf dem Dachboden einen Vorrat von aus dem Volksgarten heimge-
brachten Kastanien an und bombardierte an klaren Wintertagen durch die
Dachluke oder vom Balkon aus die vermeintlich Überlegenen mit diesen
Wurfgeschossen.
Dies meine erste Kontaktnahme mit Paul.
An Sonn- und Feiertagen pflegte man in Czernowitz Verwandte zu
besuchen, eine für uns Kinder recht langweilige Angelegenheit, gegen die
wir uns fast immer sträubten. Als ich mich an einem Nachmittag wieder mit
einer Ausrede vor einem solchen Pflichtbesuch zu drücken versuchte,
eröffnete man mir, wir wären diesmal zu Alexander Ehrlich, einem Kousin
428 Edith Silbermann
zweiten Grades meines Vaters, eingeladen, zu dem auch die Antschels mit
ihrem Sohn kämen. Pauls Großmutter war eine Ehrlich vom Hause, und so
stellten wir bei der Begrüßung erstaunt fest, daß wir, wenn auch entfernt,
miteinander verwandt waren.
Alexander war weitaus assimilierter als die Mehrzahl unserer Verwand-
ten. Er galt als Sonderling und wohnte in einer bereits ländlich wirkenden
Gegend der Stadt, in der Flurgasse, durch die uns späterhin oft unsere
Spaziergänge führen sollten; seine Schwester Hilde hatte einen Deutschen
geheiratet, lebte mit ihm in Paris und wurde für Paul und mich, die wir
beide vorhatten, in Frankreich zu studieren, schon damals eine Bezugs-
person.
Ihren Tod teilte er mir denn auch im ersten Brief, den er mir im August
1963 schrieb, als ich endlich aus Rumänien auswandern konnte und mich in
Wien aufhielt, mit: „.. .Jetzt kommt eine traurige Nachricht, Edith. Hilde
lebt nicht mehr, sie ist vor über einem Jahr gestorben, an K r e b s . . . "
Nach jener Begegnung im Hause Ehrlich, bei der uns klar geworden
war, wie viele gemeinsame Interessen uns verbanden, luden meine Eltern
ihn zu uns ein. Meine Briefmarkensammlung konnte es mit der seinen
durchaus aufnehmen, und wir tauschten oft die überzähligen Marken. Ich
hatte auf dem Dachboden zwischen Löschpapier und Ziegelsteinen Pflan-
zen gepreßt und ein so reichhaltiges Herbarium angelegt, daß es am Ende
des Schuljahres vom Schulmuseum als Ausstellungsobjekt zurückbehalten
wurde. Dieses Prachtexemplar von einem Herbarium erregte Pauls Bewun-
derung und wurde zum Anlaß genommen, auf Rundgängen im Botanischen
Garten und auf Streifzügen entlang des Bahngeleises, jenseits der „Rampe",
der Bahnschranke, die den Weg zum Flughafen versperrte, ehe ein Zug
vorbeifuhr, unsere botanischen Kenntnisse zu vertiefen.
Als ich nach Pauls Freitod in einem Gespräch mit Klaus Demus
hervorhob, daß Paul im Unterschied zu vielen anderen Dichtern über die
Blumen, deren Namen er in seinen Versen verwendete, auch Bescheid
wußte und sie nicht bloß als Metaphern benutzte, war ich sehr verwundert
zu hören, daß dieser ehemalige Freund aus Wien, dessen Frau Botanikerin
ist, meine Meinung hierüber keinesfalls teilte, ja, meine Behauptung sogar
entschieden zurückwies.
Außer mit dem Herbarium konnte ich Paul bei seinem ersten Besuch
auch mit unserer großformatigen Luxusausgabe der deutschen Klassiker
imponieren. Bongs Goldene Klassikerbibliothek schmückte natürlich den
Bücherschrank nahezu jeder Czernowitzer Bürgerfamilie, die etwas auf
sich hielt, aber mit solchen mit Goldschnitt und Stahlstichen versehenen
Bänden konnte nicht jedermann aufwarten. Mein Vater, Altphilologe und
Erinnerungen an Paul (Celan-Antschel) 429
sierte, waren Pauls Interessen viel breiter gefächert. Er hatte viel mehr
Selbstdisziplin und Ausdauer als sein ebenfalls dichterisch hochbegabter
Freund, war deshalb auch ein besserer Schüler als jener. Auch politisch war
Weißglas weniger engagiert. Pauls Interesse für Politik und soziale Fragen
war indes sehr früh wach. Wer es geweckt hat, kann ich schwer sagen.
Meine Kindheitsfreundin Ruth Kissmann war die Tochter eines führen-
den Sozialdemokraten. Sie wuchs in einem „rotgefärbten" Milieu auf, doch
waren wir Kinder, wie es auch heutzutage so oft vorkommt, viel radikaler,
das heißt in unseren Anschauungen stärker links orientiert als Ruths Eltern,
und schlossen uns mit dreizehn, vierzehn Jahren, natürlich ohne Wissen
und Einverständnis unserer Eltern der illegalen kommunistischen Jugend-
organisation an. Zu unserer Gruppe gehörte auch Paul, und wir schickten
uns an, eine illegale Schülerzeitschrift in rumänischer Sprache herauszuge-
ben, den „Roten Schüler" (Elevul Ro§u). Das Blatt, das in Format und
Farbe der „Fackel" von Karl Kraus und Ossietzkys „Weltbühne" glich, von
diesen vielfach auch inspiriert war, wurde auf einem Schapirographen,
einem Vervielfältigungsapparat, hergestellt, den Paul zeitweilig unter sei-
nem Bett versteckt hielt, bis sein Vater das Gerät entdeckte, Krach schlug
und darauf bestand, es aus dem Haus zu schaffen. Außer selbst geschriebe-
nen Artikeln, die jeder von uns beitragen mußte, brachten wir in dieser
Zeitschrift Übersetzungen marxistischer Texte aus dem Deutschen ins
Rumänische, die wir an Samstagnachmittagen studierten und kommentier-
ten. So begann also unsere literarische Tätigkeit. Sie nahm mit der Verhaf-
tung unseres Zellenführers, eines um etwa fünf, sechs Jahre älteren Jungen
aus Bessarabien, ein jähes Ende und war somit von kurzer Dauer. Ich kann
mir den Augenblick, da jemand uns die schreckliche Nachricht brachte, M .
sei festgenommen worden, noch ganz genau vergegenwärtigen: Wir blieben
wie versteinert sitzen, berieten, wie wir alles, was uns kompromittieren
könnte, vernichten sollten, versprachen einander, dicht zu halten, falls M.
„gesungen" haben und auch wir hereinfallen sollten, dann gingen wir in
äußerst bedrückter Stimmung auseinander. Die rumänische Polizei war für
die Mißhandlung kommunistischer Häftlinge berüchtigt; die Verhaftungen
fanden gewöhnlich vor Tag statt, deshalb fuhr ich wochenlang mit Herz-
klopfen aus dem Schlaf, wenn morgens die Milchfrau an der Tür schellte,
weil ich jedesmal überzeugt war, man käme mich holen. Zu unserem Glück
gelang es einem Anwalt, M. gegen ein Lösegeld freizubekommen. E r
flüchtete in die Sowjetunion, wo er, was ich allerdings erst lange nach dem
Krieg erfahren sollte, sofort verhaftet wurde.
In den Jahren 1937-38 kam unter dem Zweigespann Goga-Cuza eine
faschistische Regierung in Rumänien an die Macht. Der Druck gegen
434 Edith Silbermann
ebenso wie seine damalige intime Freundin Ruth Kraft und ich in dem von
den Rumänen rückeroberten und anfangs von deutschen SS-Truppen
besetzten Czernowitz blieb. Daß eine Gefahr auf uns zukommt, war uns
natürlich klar, wie groß ihr Ausmaß sein sollte, konnten wir zu jenem
Zeitpunkt allerdings nicht ermessen. Dabei hatte Paul äußerst feine Anten-
nen, mit denen er geradezu hellseherisch künftige Ereignisse registrierte.
Als Beispiel für diese Behauptung möchte ich die Stelle aus einem Brief
anführen, den er mir von unterwegs nach Frankreich schrieb und den ich
leider nicht mehr besitze, so daß ich nur aus dem Gedächtnis den ungefäh-
ren Wortlaut wiedergeben kann. Wir hatten gerade Manfred Hausmann für
uns entdeckt. Ich war in sein Zimmer in der Masarykgasse hinaufgekom-
men, um ihm zu seinem bevorstehenden Geburtstag, den er nicht mehr
zuhause verbringen sollte, und als Gegengeschenk für den Band Lampioon
küßt Mädchen und junge Birken, den ich von ihm erhalten hatte - wir sind
beide Novemberkinder - einen Gedichtband von Hausmann zu überrei-
chen.
Er saß auf seinem Bett, über dem eine Reproduktion von Van Goghs
„Pietä" nach Delacroix hing, ich ihm gegenüber vor der Bücheretagere auf
einem Stuhl. Es herrschte Abschiedsstimmung. Er war aufgeräumt und
erwartungsvoll, ich eher traurig und deprimiert. Wir sprachen über die
Birke, unseren liebsten Baum. Und daran anknüpfend, schrieb Paul mir
von unterwegs - es war der 9. November 1938, an dem er seine Reise antrat,
der Tag, welcher der berüchtigten „Reichskristallnacht" vorausging, was er
damals aber noch nicht wissen konnte, er schrieb also ungefähr die Sätze:
Ich fahre nun durch einen deutschen Birkenwald. Wie sehr ich mich nach
dem Anblick dieser Landschaft gesehnt habe, weißt Du, Edith; doch wenn
ich über den Wipfeln der Bäume die dichten Rauchschleier hängen sehe,
graut es mir, denn ich frage mich, ob dort wohl Synagogen brennen oder
gar Menschen...
Diese Eindrücke sollten sich viel später in dem Gedicht „La Contres-
carpe" aus dem Band Die Niemandsrose niederschlagen, in dem es heißt:
„ . . . Verjährtes
geht jung über Bord:
Uber Krakau
bist du gekommen, am Anhalter
Bahnhof
flöß deinen Blicken ein Rauch zu,
der war schon von m o r g e n . . . "
Im Sommer 1939 aus Tours heimgekehrt, schwärmte Paul für Aragon und
Eluard, Camus und Breton, Autoren, die uns bis dahin unbekannt gewesen
Erinnerungen an Paul (Celan-Antschel) 437
ternat, in dem russische Soldaten gehaust und bei ihrem Abzug alles, was
sie nicht mitnehmen konnten, vernichtet hatten, war es meiner Mutter
gelungen, einen kleinen Sack Perlgraupen zu ergattern, in den leider aus
einem umgeworfenen Kanister Petroleum eingedrungen war. Mit der aus
diesen Graupen zubereiteten Grütze, die wochenlang unsere Grundnah-
rung war, mußte nun auch unser Gast vorlieb nehmen. Zum Glück gab es
auch noch andere Vorräte im Haus, mit denen wir ihn ein wenig aufpäppeln
konnten. Meine Mutter brachte es sogar zustande, eine „Schmettentorte",
sein Lieblingsgebäck, für ihn zu backen, woran er sich noch nach Jahren
voller Dankbarkeit erinnern sollte. Als wir bereits längst im Westen lebten,
und er uns einmal nach Düsseldorf anrief, um uns seinen Besuch anzukün-
digen, sagte er im Scherz: „Ich komme nur, wenn deine Mama mir wieder
Schmettentorte macht." Diesmal fiel es uns natürlich leichter, ihm diesen
kulinarischen Genuß zu bieten.
Ebenfalls aus der Zeit der Verfolgung ist mir noch folgende Begebenheit
im Gedächtnis: Nach Einbruch der Dunkelheit durfte bekanntlich kein
Jude auf die Straße. Paul hatte, bei einer Freundin weilend, die Sperrstunde
überschritten und seinen gelben Stern daher auf dem Heimweg abgenom-
men. Er wurde von zwei Rowdies als Jude erkannt und zusammenge-
schlagen.
Die Unkenntnis der Umstände, unter denen die Juden der Bukowina
vor und während des Zweiten Weltkriegs lebten und unter denen ihre
Deportation erfolgte, hat der Phantasie so manches Literaturkritikers und
Philologen freien Lauf gestattet und ihn zu verstiegenen Spekulationen und
Trugschlüssen bei der Deutung von Celans Gedichten verleitet.
So geht, zum Beispiel, Wolfgang Binder in seiner in der „Neuen
Zürcher Zeitung" vom 29./30. I X . 1984 erschienenen Interpretation des
Gedichtes „Aschenglorie" aus dem Band Atemwende von der irrigen
Annahme aus, Celans Eltern wären verbrannt worden, er selber dem
Gastod durch Flucht entronnen. Celan war im Sommer 1942, als seine
Eltern deportiert wurden, nicht geflohen, sondern in weiser Voraussicht
des Kommenden einfach von zuhause weggegangen. Eine ehemalige Kom-
militonin von ihm, die ich vor kurzem in Frankfurt am Main traf, erinnerte
mich daran, daß er, als sich das Gerücht verbreitete, es würden wieder
Aushebungen erfolgen, zunächst bei ihr Zuflucht gesucht hatte, es sich
dann aber überlegte und zu mir ging, wo er sich offenkundig sicherer
fühlte. Sein Instinkt hatte ihn in der Tat gut beraten, denn die betreffende
Familie wurde aufgrund einer Anzeige in der folgenden Nacht deportiert,
wiewohl sie im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung war.
Transnistrien war ein Vernichtungslager, aber kein KZ wie Auschwitz,
Erinnerungen an Paul (Celan-Antschel) 439
und es gab dort keine Gaskammern. Pauls Eltern wurden nicht verbrannt;
sie kamen am Bug um: der Vater erlag dem Typhus, die Mutter wurde
durch Genickschuß ermordet. Vom T o d des Vaters erfuhr Paul bereits im
Herbst 1942 aus einem Brief seiner Mutter, den ein Kurier herüberge-
schmuggelt hatte, die Nachricht, daß seine Mutter umgebracht worden
war, übermittelte ihm ein aus Transnistrien geflüchteter Verwandter im
Winter 1943. Es war also nicht erst Weißglas, der ihm nach dessen
Rückkehr die Schreckensbotschaft b r a c h t e . . .
Paul ist aus dem Arbeitslager in der südlichen Moldau nicht von
Sowjettruppen befreit worden und in seine Heimatstadt nicht erst im
Frühjahr 1944, als die Russen wieder die Bukowina besetzten, zurückge-
kehrt, wie mehrfach fälschlich behauptet, sondern bereits im Februar jenes
Jahres, als das Arbeitslager beim Näherrücken der Front aufgelöst wurde.
Und seine ersten Gedichte hat er keineswegs erst um jene Zeit geschrieben,
wie Wolfgang Binder ferner vermutet. Das „Pontische Einstmals" und der
„Tatarenmond" sind meines Erachtens eher Hinweise auf die Verbannung
des römischen Dichters Ovid nach Tomis am Pontus Euxinus, dem heuti-
gen Konstanza am Schwarzen Meer, sowie auf ein Liebeserlebnis Celans im
Tatarenviertel von Mangalia, einem Badeort am Schwarzen Meer, als auf
die Holocausterfahrung des Dichters. Dafür spricht auch die Verszeile:
„grub ich mich in dich und in dich".
Auch Peter Jokostras so reich ausgeschmückte Darstellung von der
Vergasung der Eltern Celans, erschienen am 2 6 . 9 . 1 9 7 0 in der „Rheinischen
Post", entspricht nicht den Tatsachen. Ebenso erweckt Hans Dieter Schä-
fers Behauptung, Paul Celan hätte die Jugend im Getto verbracht („Die
Welt" vom 6. 8.1970), völlig falsche Vorstellungen. Das Getto war in
unserer Heimatstadt keine ständige Einrichtung, sondern wurde erst im
Herbst 1941 als Sammelstelle zum Zwecke der Deportation errichtet.
Dies alles habe ich nur erwähnt, um zu verhindern, daß im Zusammen-
hang mit Celans Biographie weiterhin unrichtige Behauptungen in Umlauf
gesetzt und Legenden gesponnen werden.
Ende April 1945 gelang es uns beiden, in kurzer Aufeinanderfolge
Czernowitz zu verlassen und uns nach Bukarest durchzuschlagen. D e r
9. Mai, an dem Glockengeläut den lang ersehnten Frieden verkündete, war
für uns von persönlichen Enttäuschungen überschattet. Paul sollte diese
jedoch sehr bald überwinden. Er lernte neue Menschen kennen, freundete
sich mit ihnen an, verkehrte im Kreise der rumänischen Surrealisten,
übersetzte Bücher aus dem Russischen, begann zuweilen in rumänischer
Sprache zu dichten, trug sich jedoch wie wir alle aus Czernowitz in der
Hauptstadt Gelandeten von Anfang an mit dem Gedanken, auf legalem
440 Edith Silbermann
oder illegalem Weg in den Westen, nach Wien, zu kommen. Gewiß hing er
diese Absicht nicht an die große Glocke, doch seine engsten Freunde
wußten, welche Pläne er schmiedete. Sie hofften, er würde sie zusammen
mit ihnen verwirklichen, hielten zu diesem Zweck Geld bereit, leiteten in
dieser Richtung Maßnahmen in die Wege; sein Freund Weißglas wartete
mit gepacktem Rucksack, um geholt zu werden, doch Paul hatte eine
Möglichkeit ausfindig gemacht, ohne ihn schwarz über die Grenze zu
gehen und nutzte sie; ohne Anhang war die Flucht leichter, Paul mußte
nicht wie manche von uns familiären Verpflichtungen Rechnung tragen. Als
wir von seinem Verschwinden erfuhren, fühlten wir uns im ersten Augen-
blick freilich wie hintergangen, waren aber dann doch froh, daß wenigstens
er das ersehnte Ziel erreicht hatte.
Mir sollte dies erst siebzehn Jahre später vergönnt sein. Ich hatte
inzwischen den Rechtsanwalt Dr. Silbermann geheiratet, den Paul noch aus
Czernowitz bestens kannte und überaus schätzte. Er und nicht mein Vater
hatte ihn auf Kafka und Hofmannsthals „Lord-Chandos-Brief" hingewie-
sen und ihn darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Brief sich auf Hof-
mannsthals persönliche Krise bezöge und keineswegs besagen wolle, daß
die Lyrik im allgemeinen an der Grenze des Schweigens angelangt und zum
Verstummen verdammt sei. Als Beispiel Gundolf anführend, legte Dr.
Silbermann Paul auch eine Namensänderung nahe. Gundelfinger wäre nie
berühmt geworden, hätte er den Finger aus seinem Namen nicht weggelas-
sen, gab Dr. Silbermann Paul zu bedenken. Als Paul wenige Jahre später in
Bukarest seine Ubersetzungen mit Ancel statt mit der bisherigen deutschen
Schreibweise AntscÄel zeichnete, und Alfred Margul-Sperbers Gattin Jes-
sika ihn zum Anagramm Celan anregte, nahm er diesen Vorschlag daher
dankend an.
Dr. Silbermanns Fürsprache verdankte Paul während des zweiten Rus-
senjahres (1944/45) den Posten als Feldscher im Irrenhaus, der ihn vor der
Einberufung zum Militär bewahrte; er stellte ihm die materiellen Mittel für
die Ausreise aus Czernowitz zur Verfügung und griff ihm auch in Bukarest
mehrmals hilfreich unter die Arme.
Es ist somit nicht verwunderlich, daß Paul sich uns gegenüber erkennt-
lich zu zeigen bemüht war und uns zu helfen versuchte, sobald wir von
Wien aus Fühlung mit ihm nahmen.
Einige Zitate aus Briefen, die ich zwischen August 1963, als ich
Rumänien verließ, und bis zu unserem Wiedersehen im Herbst 1964 von
ihm erhielt, mögen dies bezeugen; sie geben darüber hinaus Aufschluß über
Celans seelische Verfassung als in Paris lebender deutschsprachiger jüdi-
scher Dichter.
Erinnerungen an Paul (Celan-Antschel) 441
29.8.63: „ . . . W i e sehr ich mich freue, daß Du, daß Ihr beide nun
.draußen' seid, brauche ich Dir wohl kaum erst zu sagen... Dir zu raten,
ist schwer. Gut wäre es, glaube ich, wenn ihr eine Weile - eine längere
Weile - in Wien bliebet: hier muß es Euch, trotz so manchem, denn doch
ein wenig heimatlich anmuten, und auch die Sprache fällt ja, für Euch
beide, schwer genug ins Gewicht, auch beruflich." (Bereute er es vielleicht,
Wien voreilig verlassen und sich in einem ihm fremden Sprachmilieu
niedergelassen zu haben?) . . . „Von Deutschland will ich, obwohl es da viel
zu sagen gibt - es gibt da, unter anderem, auch einen Linksnationalismus
und Links-Antisemitismus - auch nicht abraten, schon allein deshalb, weil
ich Euch, da Ihr nun endlich einmal freiere Luft atmen könnt, nicht gerne
zu den Känguruhs gehen sehe" (Wir erwogen damals, nach Australien
auszuwandern.) . . . „Am schönsten wäre es natürlich, wenn Du nach Paris
kommen könntest, aber Paris ist, leider, ein sehr, sehr hartes Pflaster. Aber
ganz von der Hand weisen möchte ich auch diesen Gedanken nicht, und Du
darfst dessen sicher sein, daß ich, wenn Ihr Euch dazu entschließen solltet,
alles tun will, um Euch dabei behilflich zu sein... Und jetzt möchte ich
Dich, ehe ich Dir Deine anderen Fragen beantworte, vor allem fragen, ob
Du nicht für einen Monat als unser Gast nach Paris kommen möchtest...
Du kommst und bist in jeder Hinsicht unser Gast. Dann hast Du auch
Gelegenheit, Dich hier umzusehen. Entscheide Du über den Zeitpunkt und
gib uns bald Nachricht... Für Deine Ubersetzung der Prosa von Arghezi -
einiges, nämlich das in ,Sinn und Form' Erschienene, kenne ich bereits,
werde ich sicherlich etwas tun können..."
8.9.63: „ . . . D u fragst mich, warum ich nichts über mich schreibe —:
weil es mir nicht leicht fällt, Edith. Ich habe als Jude und deutscher
Schriftsteller keinen leichten Stand; hinzu kommt, daß ich nicht gesonnen
bin, Zugeständnisse an die herrschenden Literatursitten zu machen — was
alles andere noch um einiges schwerer macht. Aber davon erzähle ich, wenn
Du in Paris bist..."
25.10. 63: „... Ich brauche Euch nicht erst zu sagen, wieviel mir daran
liegt, daß Ihr Euer Leben so einrichten könnt, wie Ihr es wünscht. Sowohl
Dr. Fischer als auch Herr von Musulin wissen, welchen Dank ich Euch
schulde. In den nächsten Tagen schicke ich Euch mein neues Buch. Ich
hätte viel darum gegeben, Euch in den letzten drei Jahren, die mir die
bittersten Erfahrungen gebracht haben, hier zu haben. Besonders, Sie,
lieber Dr. Silbermann, hätten mir beistehen können. Gebt mir, bitte, bald
Nachricht..."
5.3.64: „ . . . S o , das wäre nun, vorläufig, das ,Lebenszeichen', das so
lange auf sich warten ließ, gegen meinen Willen. Düsseldorf ist nicht so
442 Edith Silbermann
weit wie Wien - hoffentlich habe ich bald Gelegenheit, mit Euch zu
sprechen." (Wir lebten inzwischen in Düsseldorf.) „In mir haben sich seit
1947, also dem Jahr, in dem ich Bukarest verlassen habe, viele Dinge
angesammelt - manchmal, insbesondere seit drei Jahren, habe ich Mühe,
damit fertig zu werden. Ich bin, mit anderen Worten, alles andere als ein
begeisterter Anhänger der westlichen Welt, und daß ich die Entwicklung
der Dinge in Deutschland mit - um es nur so zu nennen - Skepsis verfolge,
weißt Du ja bereits. Gerne hätte ich Dir Enthusiastischeres gesagt, aber
mein Enthusiasmus — der groß war - ist d a h i n . . . "
Der äußere Anlaß des Wiedersehens war die Verleihung eines Preises,
mit dem das Land Nordrhein-Westfalen ihn zusammen mit dem Komponi-
sten Kfenek und dem bildenden Künstler Arp für seine Verdienste um die
deutsche Kultur ehrte. Kurz bevor die Laudatio gehalten werden sollte,
sprang Paul, hochrot im Gesicht, auf, rannte aus dem Saal und erklärte, er
nehme den Preis nicht entgegen. Als Grund für sein befremdendes Verhal-
ten gab er an, er habe auf dem Podium einen Mann erblickt, der sich an der
von Ciaire Göll inszenierten Hetzkampagne gegen ihn beteiligt und abfällig
über ihn geäußert hatte. Mit großer Mühe gelang es meinem Mann zusam-
men mit Baron Janko von Musulin, dem damaligen Geschäftsführer des
Fischer-Verlages, Paul zu beschwichtigen und von seinem Vorhaben abzu-
bringen. Die Plagiataffaire Göll hatte ihn buchstäblich traumatisiert. Nach-
dem Gisele, mit der er gekommen war und die wir bei dieser Gelegenheit
kennenlernten, sich zurückgezogen und schlafengelegt hatte, blieb er fast
die ganze Nacht bei uns, um uns in alle Einzelheiten einzuweihen und uns
sein Leid zu klagen. Mein Mann schlug ihm vor, die Sache wieder aufzurol-
len, Ciaire Göll wegen Verleumdung vor Gericht zu zitieren, damit der
Spuk ein für alle Mal ein Ende nehme. Er bot sich an, ihn zu verteidigen,
doch Paul, der eine panische Angst vor der alten Hexe hatte, wiederholte
immer wieder: „Gegen die kommen Sie nicht auf. Sie wird sich Thorez als
Anwalt nehmen, nein, Sie kommen gegen sie nicht auf."
Die Veränderung in Pauls Äußerem hatte mir einen Schock versetzt; die
Zeit war an uns allen nicht spurlos vorübergegangen, aber ihm hatte sie
offenbar trotz seiner großen Erfolge doch besonders übel mitgespielt. Seine
Bewegungen waren schwerfällig geworden, das Gesicht wirkte aufgedun-
sen, die Stirn war gelichtet, die Zähne waren schadhaft, und was mir vor
allem auffiel, waren die Stoßseufzer, mit denen er alle paar Minuten seine
Sätze unterbrach, und der elegische Tonfall seiner Stimme. Er besuchte uns
dann noch mehrmals in den kommenden Jahren, und auch wir waren bei
ihm in Paris zu Gast. Wir wußten, daß er in psychotherapeutischer
Behandlung stand und äußerst gefährdet war, dennoch waren wir wie vom
Erinnerungen an Paul (Celan-Antschel) 443
Blitz getroffen, als im Fernsehen die Nachricht von seinem Freitod durch-
gegeben wurde. Er hatte zwei, drei Wochen vorher angerufen, um uns in
sonderbar mysteriösem oder vielleicht verlegenem Ton seine neue Anschrift
mitzuteilen; daß es ein Hilferuf gewesen war, ahnten wir natürlich nicht.
Als wir ihn bei der Tagesschau plötzlich auf dem Bildschirm erblickten, war
unser erster Gedanke, er hätte wieder einen Preis erhalten.
Selbstmordversuche hatte er ja auch schon früher unternommen; daß
der Sprung in die Seine ihm schließlich fatal werden sollte, wiewohl er recht
gut schwimmen konnte, war bestimmt kein unglücklicher Zufall. Von der
Totenmaske der „Unbekannten aus der Seine", auf die unter anderen auch
sein Mentor Alfred Margul-Sperber ein Gedicht verfaßt hatte, war Paul
bereits in früher Jugend zutiefst beeindruckt. Das Wasser scheint eine
besondere Anziehung auf ihn ausgeübt und der Tod durch Ertrinken ihn in
Gedanken immer wieder beschäftigt zu haben. Dies beweisen Gedichte von
ihm aus den verschiedensten Schaffensperioden wie z.B. „Schuttkahn"
(Sprachgitter 1959), „Muschelhaufen" und „Unter der Flut" (Lichtzwang
1970), vor allem aber die Verszeilen aus „Kentotaph" (Von Schwelle zu
Schwelle 1959), einer Grabschrift, die er bereits in den fünfziger Jahren für
sich selber erdacht hat.
Index of Names - Personenregister
Abraham bar Hijja 359 Beckett, Samuel 382
Abraham Ibn Esra (Abraham Ibn Ezra) 359 Beissner, Friedrich 205
Adler, Ruth 310 Benjamin, Walter 75, 81,161,184,185,231,
Adorno, Gretel 185 254, 259, 263, 326, 346, 348
Adorno, Theodor W. 185, 251-252, 289, Benn, Gottfried 9, 67, 72, 81, 82, 149, 205
294-295, 321, 323-324, 335, 341-342 Benveniste, Emile 43,44,45, 46, 52, 94, 95,
Asop 227 97, 230, 235
Akiba, Ben Joseph 293 Beradt, Charlotte 226
Albani (Klemens XI) 193 Berend, Eduard 197
Alexander, Edward 296 Bergson, Henri 378
Allemann, Beda 3, 11, 35,184,199, 202,203, Bettelheim, Bruno 281
209, 352, 358, 380 Bevilacqua, Giuseppe 406, 408, 409
Allerhand, Jacob 352 Bialik, Chajim Nachman 276
Allison, David 88 Bichsei, Peter 3, 12
Alter, Robert 314 Binder, Hartmut 243
Amery, Jean 322, 332 Binder, Wolfgang 438, 439
Amichai, Jehuda 308 Birnbaum, Philip 358
Andrian-Werburg, Leopold von 102 Blanchot, Maurice 41
Anton, Marc 66 Bloch, P. 103
Apollinaire, Guillaume 158, 224, 430, 431 Blok, Alexander 158
Appelfeld, Aharon 349 Blum, Etta 301
Aragon, Louis 436 Blumenberg, Hans 7
Arendt, Erich 120 Bly, Robert 266, 269
Arendt, Hannah 289, 323,326,328, 332, Boeckh, August 67
340, 348 Böhme, Jakob 196, 365
Arendt, Katja 120 Böschenstein, Bernhard 183, 205
Arghezi, Tudor 158, 431, 441 Böschenstein-Schäfer, Renate 223
Aristoteles 101, 321, 329 Bollack, Jean 113
Arp, Hans 442 Bonhoeffer, Dietrich 291
Ashton, E.B. 321 Bonnefoy, Yves 136
Asriel von Gerona (Azriel of Gerona) 360 Borgese, Giuseppe Antonio 351
Assisi, Franz von 152 Bosmajian, Hamida 323
Augustinus, Aurelius 366, 367, 372 Bouchet, Andre du 27, 29, 30, 33, 381
Bracher, Karl Dietrich 288
Bach, Johann Sebastian 81, 276 Brecht, Bertold 82, 200
Bakunin, Michael Aleksandrowitsch 434 Bremond, Claude 320
Balakian, Anna 158 Brentano, Clemens 76
Barbier, Carl Paul 136, 146 Breton, Andre 158, 159, 223, 225, 436
Barker, Georges 273 , 274 Broch, Hermann 350, 351
Barmeyer, Eike 234 Brock, Werner 337
Barth, Karl 291 Broda, Martine 16, 17, 19,22, 29, 34, 36, 37,
Bataille, Georges 161 38, 40, 113, 402, 410, 411
Baudelaire, Charles 72, 73, 74, 85, 233,259, Brook, Rupert 431
430 Buber, Martin 46,104, 313, 363-365, 373,
Bauer, Yehuda 286 374
Baumann, Gerhart 146, 432 Buck, Theo 205
Becher, R.Johannes 72 Bücher, Rolf 11, 99, 184, 199, 380
446 Index of Names — Personenregister
Preisänderungen vorbehalten
Walter de Gruyter
W
DE Berlin · New York
G
Reallexikon der
deutschen
Literaturgeschichte
Begründet von Paul Merker und Wolfgang Stammler
Zweite Auflage. Groß-Oktav. Halbleder
B A N D 1-3:
Herausgegeben von Werner Kohlschmidt und Wolfgang Mohr
Redaktion: Klaus Kanzog
B A N D 4:
Herausgegeben von Klaus Kanzog und Achim Masser
Redaktion: Dorothea Kanzog
Die zweite Auflage des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte (Band 1-3,
herausgegeben von Werner Kohlschmidt und Wolfgang Mohr, Band 4, herausgege-
ben von Klaus Kanzog und Achim Masser) ist im 30. Jahr seines Erscheinens
nunmehr abgeschlossen. Das Werk hat sich in Forschung und Lehre als ein
unentbehrliches Hilfsmittel erwiesen und repräsentiert heute bereits ein Stück
Wissenschaftsgeschichte. Es macht die Veränderungen in der Terminologie in den
letzten Jahren sichtbar und hilft dem Leser, in der Vergegenwärtigung von „Rea-
lien" immer auch die wissenschaftsgeschichtlichen Probleme mit einzubeziehen.
Preisänderungen vorbehalten
Walter de Gruyter
W
DE Berlin · New York
G