Sie sind auf Seite 1von 193

brought to you by AkitasHexe

Torni Schneider, Conny Steudler,


Heinz Urech, Micky Wenngatz und
Jean-Michel Zwygart gewidmet

Einen herzlichen Dank an all jene, die zum Gelingen des


Bildmaterials beigetragen haben!

Ekard Lind, Salzburg im Juli 1998

Die Deutsche Bibliothek - AugustusVerlag


CIP-Einheitsaufnahme © 2000 Weltbild Ratgeber Verlage GmbH
Alle Rechte vorbehalten
Lind, Ekard: Layout: Uhl & Massopust, Aalen
Hunde spielend motivieren : Praktische
Anleitungen - Neue Spielideen / Ekard Lind Umschlaggestaltung: Marion Kraus,
[Fotos Mane-Therese Lind] - München : AugustusVerlag
Augustus-Verl., 2000 ISBN 3-8043-7289-9 Umschlagfotos: Marie-Therese Lind
Fotos: Marie-Therese Lind
Satz: Gesetzt aus der 9/11 Punkt
Es ist nicht gestattet, Abbildungen dieses Palatino Light
Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu Reproduktion: Uhl & Massopust Aalen
speichern oder in PCs/Computern zu ver- Druck und Bindung: Offizin Andersen
ändern oder einzeln oder zusammen mit Nexö, Leipzig
anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
denn mit schriftlicher Genehmigung des Printed in Germany
Verlages.
ISBN 3-8043-7289-9 .
5

Vorwort
Das vorliegende Buch ist in vieler keiten auf den Partner Hund zur
Beziehung höchst bemerkenswert. Verfügung stellt. Ekard Lind lehnt
Im Zwiespalt vieler Ausbildungs- realistischerweise Zwang nicht
lehren, von der „paramilitärischen", völlig ab, aber er lehrt, wie man
streng disziplinären, zwanghaften solche Zwangsmaßnahmen mini-
Methode alter Tradition, die dem mieren kann. Wer dieses flüssig
Zeitgeist heute so sehr widerspricht, geschriebene, faszinierende Buch
bis hin zu den zahlreichen liest, wird es kaum vor der letzten
modernen alternativen Doktrinen, Seite aus der Hand legen können.
die nur auf Motivation und Mit geradezu unglaublicher Vielfalt
Konditionierung aufzubauen und und Vielseitigkeit wird dargelegt, wie
damit auszukommen trachten, liegt man alle seine Ausdruckmittel,
hier, man möchte es kaum glauben Stimme, Sprache, Hände, den
- etwas ganz Neues vor: eine höchst ganzen Körper, die Art der
kreative, einfühlsame und Bewegung usw. in den Dienst der
ungeheuer erfindungsreiche zweckmäßigen, artgemäßen und
Ausbildungslehre, die auf wirksamsten Kommunikation mit
pädagogischen Grundsätzen ebenso dem Hund stellt, wobei alle Akti-
basiert wie auf einer vitäten oft in gegenseitiger har-
tiefschürfenden Kenntnis monischer Ergänzung und Verstär-
hundlichen Verhaltens und der kung eingesetzt werden - ja, sogar
Mentalität von Hunden. Die her- gänzlich neue Hilfsmittel für Spiel
vorragende Beobachtungsgabe des und Ausbildung werden vorgestellt.
Autors und sein musisch- Große Bedeutung kommt für den
pädagogisches Talent erarbeiteten Autor dem Spiel zu, das er uns in
eine feinfühlige, geradezu künstle- zahlreichen Varianten und
rische Methode des psychologischen Einsatzmöglichkeiten vorstellt. Man
Eingehens auf den Hund, seine lernt, die Signale zu lesen, die der
instinktmäßigen Antriebe, Hund ständig für uns aussendet und
Stimmungen und Willensäuße- die oft nicht erkannt oder
rungen, die in der Hand dessen, der mißverstanden werden. Lind räumt
sie sich aufmerksam aneignet, ein mit solchen Mißverständnissen auf,
ganzes Arsenal zielführender, die so nachteilige Folgen nach sich
artgemäßer Einwirkungsmöglich- ziehen können. Er
6
erklärt in klarer und knapper Kurse international in wenigen
Sprache wann und wie wir in der Jahren gefunden haben. Das auf-
Interaktion Mensch und Hund die regende ist dabei, daß diese Form
richtigen, zeitgerechten und genau des Umgangs mit dem Hund immer
dosierten Aktionen und Reaktionen noch eine weitere Verfeinerung und
zu setzen haben. Weiterentwicklung vor sich haben
dürfte. Sie wird auch weiterhin im
Ich möchte sagen, daß seit den praktischen Wettbewerb mit den
Arbeiten des Ehepaars Menzel vor herkömmlichen und anderen
siebzig Jahren dieses Buch zu den Methoden ihre harte Be-
revolutionärsten und zugleich er- währungsprobe bestehen müssen,
folgreichsten Arbeiten auf dem wobei vieles von dem Geschick
Gebiet der Hundeausbildung derer abhängen wird, die sie sich zu
gehört. Kurz gesagt, dieses Buch eigen machen, doch kann man jetzt
geleitet uns gewissermaßen auf eine schon sagen, daß die praktische
höhere, bisher unbekannte Ebene Kynologie an ihr nicht mehr vorbei
der Hundeausbildung und kommt, und das ist auch höchst
Erziehung und kann als die Hohe wünschenswert. Wir alle werden
Schule des Verständnisses mit dem noch viel von Ekard Lind hören,
Partner Hund, also als eine echte soviel kann man wohl jetzt schon
Weiterentwicklung bezeichnet sagen.
werden. Dies wird auch schlagend
durch das ungeheure Interesse be- Hellmuth Wachtel
zeugt, daß der Autor und seine Wien, 18. Juli 1998
7
Inhalt
Vorwort 5
Einleitung 9
Motivations- und Spiellehre 13
Was man wissen und können sollte 19
Kommunikation 36
Spiel-Grundsätze 64
Wo stehe ich? - Verschiedene Test-Spiele 79
Aufbau des „Geistigen Zügels" 89
Verwandeln und Beleben 95
Motivations-Techniken 101
Basis-Spiel-Übung 121
Das „Freie Spiel" 141
Paradeübung 175
„Spiel und Stop 181
Wie geht es weiter? 185
Bibliographie 188
Bezugsquellen 188
Register 189
8

Der motivierte
Hund bringt
ideale Voraus-
setzungen für
jede Form der
Beschäftigung
mit.
9

Einleitung
Alternative Erziehungs- und Aus- führer-Stellung" aus der Hand ge-
bildungsmethoden finden immer geben würde. Was Wunder, wenn
mehr Anhänger. „Spielerisches sich derart ums Spiel betrogene
Vorgehen ohne Zwang" klingt Hunde mit der Spiel-Beute davon
einfach und verlockend. „Spiel machen, wo immer sich Gelegenheit
kann nur nützen - nie schaden", bietet, und in Frauchen oder
argumentieren die Alternativ-Ver- Herrchen nichts anderes als einen
treter, deren neue Methoden wie lästigen Konkurrenten sehen? Oder
Pilze aus dem Boden schießen. wenn sie, mittels Leine an der
Wenn es dann doch nicht so klappt, Flucht gehindert, die ganze
wie erwartet, wenden sich die Prozedur buchstäblich zum Aus-
Jünger der weichen Welle ebenso spucken finden und das Bringholz
schnell wieder den alten, „sicheren" vor die Füße werfen.
Vorgangsweisen zu; Dort wird dann
Motivation und Spiel eingesetzt, Nein, das Spiel mit dem Hund ist
damit der Hund die starken Drogen nicht so einfach, wie es scheint.
der Zwangsausbildung aushält, wie Wenn ich beispielsweise einen
ein bekannter Vertreter dieser Hund spielerisch anschleiche, dann
Richtung jüngst öffentlich bekannte muß ich wissen, wen ich vor mir
- Spiel sozusagen als Prellbock habe und wie weit ich gehen darf,
gegen Schmerz, Frust und Angst. um nicht binnen Sekunden aus dem
Spiel bedrohlichen Ernst werden zu
So lange jedoch selbst Spiel-Bücher lassen. Und wenn ich mich
teils gravierende Unkenntnis wegschleiche, dann muß ich
widerspiegeln, darf man sich nicht wissen, daß der Hund, wenn er
wundern, wenn so viele ernst mich eingeholt hat, instinktiv in
gemeinte Neuanfänge in einer Beißstimmung gerät, was eben mit
Sackgasse enden. Da wird dem Nachjagen eng verbunden ist.
beispielsweise mit erhobenem Wenn ich weiß, daß er in dieser
Zeigefinger der Rat erteilt, „Zerr- Stimmung an mir hochspringen
spiele" müsse man immer so be- wird und mich in den Arm oder in
enden, daß der Mensch als Sieger die Hand beißen möchte, werde ich
hervorgehe, weil sonst die „Rudel- für dieses Spiel eine Spiel-Beute
bereithalten und dem Hund
10

nicht mit Gewalt die vielzitierte kommt, und nicht zuletzt, wie er
Beißhemmung abringen, sondern daraufhin absolut streßfrei die Beute
ganz einfach seine Beißlust in die abgibt. Fehler in jedem einzelnen
Spielbeute umlenken. Dort soll und dieser Punkte wirken sich unter
darf er seine Lust ausleben. Umständen verheerend aus. Und es
Gleichzeitig lernt er: Hose, Hemd gibt ja nicht nur Beute-Spiele. Es
und Hand sind tabu. Das Spiel mit gilt, für jeden Hund und jede
dem Hund ist, wie dieses einfache Situation das optimale Spiel zu
Beispiel schon zeigt, eine komplexe wählen: Soll es ein Bewegungs-,
Angelegenheit. Das Spiel mit dem Geschicklichkeits-, Futter-, Beute-,
Hund weist auf der einen Seite Such-, Neugier-, Berührungs- oder
frappierend viele Ähnlichkeiten ein anderes Sozial-Spiel sein?
zum Spiel des Menschen auf. Vorurteile gegen das eine oder
Andererseits zeigt es sich doch in andere? - Davon halte man sich frei!
vieler Hinsicht verschieden. Hier ein Alles, was auf dieser Welt
Beispiel: Viele Spiel-Details, die Handlungen auf Grund von
beim Hund in Korrelation zu mobilisierenden Antrieben aktiviert,
Jagdverhaltensweisen stehen, sind ist Motivation. Faszination und
beim Menschen so gut wie nicht Motivation gehören zu den stärksten
mehr vorhanden. Andere sind beim Triebfedern unseres Lebens.
Menschen fast bis zur Inexistenz
degeneriert. Dieser Aber weder das isolierte Wissen
Erfahrungsunterschied legt nahe: über Motivation noch die praktische
Der Mensch muß erst einmal Umsetzung allein führen zum
einiges über das arteigene Erfolg. Erst die Verbindung von
Verhalten des Hundes wissen. beidem verspricht Erfolg. Den Hund
Wenn er dieses Wissen in die Tat spielend zu motivieren kann daher
umsetzen möchte, so muß er sich zu Recht gleichermaßen als
erst einmal innerlich verwandeln, Wissenschaft und Kunst bezeichnet
um dem Hund im glaubwürdigen werden. Und obwohl man da und
Spiel gegenüberzutreten. Und im dort außergewöhnlich begabte
Spiel selbst muß er gelernt haben, Hundeführer trifft; der Meister fällt
wie man eine Spielbeute oder auch selbst im Spiel nicht vom Himmel.
Futter überzeugend belebt, - Auch nicht im Spiel mit dem Hund!
animiert -, wie man das Anbeißen
offeriert, wie man Beutestreiten Wer es jedoch auf sich nimmt, das
gestaltet, wann und wie man losläßt „Spiel spielerisch ernst zu nehmen", der
und schließlich, wie man es hat gute Aussichten, Grund-
fertigbringt, daß der Hund sofort
von sich aus wieder zurück-
11

lagen zu schaffen, die für jede Form losgelöst von herkömmlichen


der Beschäftigung mit dem Hund, Aufgaben wie etwa der „Leinen-
einschließlich Sport und führigkeit" oder dem klassischen
Gebrauchshunde-Ausbildung, die „Apportieren" erlernen; wobei der
denkbar besten Voraussetzungen Lernanteil des Hundeführers dem
bieten. Gleichzeitig wird man den des Hundes nicht nachsteht.
Hund auch im täglichen Leben in
einer Weise halten und führen, die Eines der Ziele des vorliegenden
nicht nur Akzeptanz, sondern Zu- Buches liegt daher im Vermitteln
stimmung und Bewunderung der des nötigen Wissens und im Auf-
Mitmenschen auslösen, und dies zeigen von variablen, alternativen
beim Jogger ebenso wie beim Tier- Vorgangsweisen. Am Ende des
schützer oder Politiker. Programmes, welches in zahlrei-
Monotones Auf-
chen Kursen mit Hunden jeden und Abmar-
Alters und aller Rassen immer schieren mag
Hundeausbildung weiter verbessert wurde, ist der
Hundeführer in der Lage, seinen
dem Hundefüh-
rer vermitteln,
am Scheideweg Hund hoch konzentriert und es sei etwas ge-
leistet worden.
engagiert minutenlang zu moti- In Wirklichkeit
Das Problem aber liegt darin, daß vieren, wobei sich der Hund weder aber hat der
sich diese Form spielerischen ablenken läßt, noch die Spielregeln Hund neben
Umgangs mit dem Hund nicht verletzt oder sich der Autorität des einigen (öfter
fragwürdigen)
einfach auf bestehende Ausbil- Hundeführers entzieht und damit
Leistungen
dungsstrukturen übertragen oder außer Kontrolle gerät. „Hunde nachhaltig wir-
einbinden läßt. Motivieren und spielend motivieren" ist als kende Demoti-
Spielen muß man zuerst einmal Begleitbuch für Ausbil- vationen erlebt.
12

dungskurse konzipiert und eignet Aus diesem Dilemma kann fol-


sich auch für das Selbststudium, vor gender Weg führen: Es müßte den
allem in Verbindung mit dem sogenannten „Grundkursen", in
gleichnamigen Video. denen immer noch (Stand 1998)
viel zu früh viel zu viel (und nicht
Die Zeiten, in denen 25 Hunde- selten das Falsche) verlangt wird, ein
führer in der Grundausbildung x- Vorbereitungs-Kurs vorangestellt
mal gemeinsam auf und ab werden. Zwischen den wichtigen
marschieren, durch zahllose Rucke Welpen-Sozialisierungsprogrammen
ihren Hund jeweils in Richtung und der anschließenden
bringen, werden bald schon der Grundausbildung (Begleithunde- bzw.
Vergangenheit angehören. Hun- Sporthunde-Ausbildungen) fehlt ein
desport-Insider wissen ja schon Glied: Der Motivations- und Spiel-
lange: Eine auf diese Weise erwor- Kurs in seiner vierfachen Funktion
bene Leinenführigkeit (später als Bindeglied und Vorbereitung
Freifolge) ist in ihren demotivie- (Junghunde) und als Neu- bzw.
renden Auswirkungen meist irre- Wiederbeginn (erwachsene Hunde).
parabel. Daher bilden sie ihren Da dieser Kurs vorwiegend auf
Hund individuell und ohne jede Einzelaktionen des Hundes aufbaut
Ablenkung aus, fernab vom Auf- (wegen der erforderlichen
und Abmarschieren in Gruppen. Ablenkungsfreiheit), können auch
Hunde, bei denen allerlei versäumt
Individuelle Beschäftigung und wurde, einen Wiederbeginn starten;
Schutz vor Ablenkungsreizen sind und es können ältere Hunde wie
Forderungen, die im traditionellen auch Problemhunde teilnehmen.
Kursablauf jahrzehntelang ver- Die Basis für diesen Vorbereitungs-
nachlässigt wurden. Punktuell Kurs liegt mit „Hunde spielend
eingeflochtene Spiele oder Futter- motivieren" nun endlich vor. Von
gaben können nicht annähernd Anfang an werden hier die
kompensieren, was man sich durch Grundlagen des spielerischen
Überforderung eingehandelt hat. Umgangs mit dem Hund auf später
Diese pädagogischen Flickpflaster folgende Lern-und Ziel-Spiele hin
gehen am Wesentlichen vorbei und ausgelegt, wobei die positive
verfehlen ihre Wirkung in einer Wechselwirkung zwischen Freiem
Stimmungslage des Hundes, die Spiel und lustvollen Lernspielen
durch Ablenkung, Unsicherheit und ebenso zum Tragen kommt wie die
vor allem durch mangelnde Balance sozialisierenden Kräfte einer stets
in der Motivation und Autorität präsenten Motivations-Balance und
gekennzeichnet ist. einer intakten Rangordnung.
13

Motivations- und
Spiellehre
Diese Hunde-
Der neue Weg führerin zeigt die
Motivations-
Balance in Voll-
Wir wollen zu Anfang das Wesent- endung: Obwohl
liche des vorausgegangenen Buches der Hund in
höchster
„Richtig Spielen mit Hunden" Aktionsbereit-
zusammenfassen und hervorheben, schaft steht, läßt
worin sich dieser neue Weg von er sich streßfrei
herkömmlichen unterscheidet. und problemlos
geistig zügeln
und...
Spiel ist zweifellos so alt wie das
Leben selbst und sicher keine
Erfindung unserer Tage. Also: „Nihil
novi sub sole?1" Gibt es wirklich
„Nichts Neues unter der Sonne"? -
Oder wollen wir Shakespeare recht
geben, der sagte: „Es gibt mehr
Dinge zwischen Himmel und Erde, ...durch einen
Kommuni-
als eure Schulweisheit euch kations-„Aus-
träumen läßt.2"? Auf das Spiel löser" zum
bezogen, hieße Shakespeares Zitat: galoppierenden
Spielen und Spielen sind zweierlei. Herbeikommen
auffordern.
Es liegen Welten zwischen dem
Spiel des Dilettanten und dem
reifen Spiel eines Virtuosen. Dies
gilt auch im

1
Übersetzung aus der Vulgata (Offizielle
lat Bibelübersetzung) Das Zitat stammt
aus dem alttestamentlichen Buch
2
„Prediger Salomos" (1,9)
Aus Shakespeares Trauerspiel „Hamlet"
14

Spiel mit dem Hund! Und je onspunkt etwa schon überschritten?


nachdem, ob man „zusätzlich" Haben sich äußere Leistungs-
spielt oder ob jemand ein pädago- parameter der Hunde-Ausbildung
gisch komplexes Lernspiel ver- und des Hunde-Sports im Laufe der
wirklicht, unterscheiden sich Spiele Zeit abgegriffen?
in vielfacher Weise. Und selbst
wenn wir einmal, - frei von Zerfallserscheinungen sind unver-
Wertvorstellungen und Unter- kennbar und bieten aufkeimenden
scheidungsmerkmalen - untersu- Methoden einen denkbar frucht-
chen, was ein einfaches Spiel be- baren Boden - Methoden in un-
wirkt, so kommen wir aus dem terschiedlicher Betonung von
Staunen nicht mehr heraus. Spiel Einzelaspekten und teils konträren
erfreut nicht nur, es durchdringt Vorgangsweisen. Einzelne
alle Sphären des Körpers, der Seele Methoden vermögen jedoch nicht
und des Geistes, - es belebt und das einzulösen, was not täte.
verändert. Wo sonst kommt Leben Methoden, auch wenn sie noch so
so voll und positiv zur Geltung wie genial sind, haben den Nachteil, daß
im Spiel? - Kein Leben ohne Spiel! sie die Erfordernisse individueller
Entscheidung viel zu wenig
Gespielt wurde schon immer - berücksichtigen. Daher wandte sich
auch mit dem Hund. Das ist richtig. die moderne Pädagogik von
Aber die entscheidende Frage zielt zweidimensionalem, linearem, so-
auf das Wie und nicht auf Ja oder zusagen seitenweisem Vorgehen der
Nein! alten Unterrichtskultur ab; sie
wandte sich ab von der Metho-
Zum „Wie des Spiels" hat der dengläubigkeit und ihrem Kult - zu
erfolgreiche Buchtitel „Richtig Gunsten offener curriculi, wie man
Spielen mit Hunden" (1996) Ent- die neuen Rahmen-Modelle nennt,
scheidendes beigetragen. Die welche das gleichzeitige und
Besinnung auf historisches Ge- individuelle Verwalten mehrerer
dankengut, die Wiederbelebung Ebenen bereitstellen und fördern. -
ethischer, sportlicher und indivi- Methoden kommen und gehen.
dueller Ideale - zusammengefaßt Was bleibt, sind die Anker, an denen
im Bild der „Drei Zinnen" - war der sie ursprünglich festgemacht waren.
Anstoß zu einer neuen Sichtweise, Wenn aber die alten Ankerplätze
die binnen Kürze eine über- versandet sind, hilft es wenig, an
raschende Bewegung auslöste. In diesen Orten wieder auszuwerfen.
einer eher sachlich-realistischen Es gilt, neue oder alte, aber in jedem
Zeit nimmt dies wunder. Oder hat Falle haltbare Ankergründe zu
der Formalismus den Kulminati- suchen und diese zu nützen.
15

In den Büchern und Videos des wickelt hat und auch einsetzt. Das
Autors findet der unvoreingenom- Wesentliche aber besteht zuerst in
men suchende Hundefreund einer Art Ausrichtung, auf der er
möglicherweise das, wonach er, seine Motivations- und Spiellehre
bewußt oder auch nur einer Intui- aufbaut.
tion folgend, gesucht hat. Er findet
nicht weniger und nicht mehr als Tiefsinnendes, kritisches Hinter-
die Verwirklichung der Mensch- fragen nach Zielen, Rechten,
Hund-Harmonie - mit den Mitteln Pflichten und Möglichkeiten er-
unserer Zeit. Was aber ist das schloß eine Sichtweise, dem Hund
Wesentliche dieser Lehre, was ver- anders als bisher zu begegnen.
birgt sich hinter der Lind-art? Verwirklicht wird diese neue, drei-
fache Ausrichtung (ethische, sport-
liche und individuelle Perspektive)
durch eine universale, ganzheitliche
Ein-Ordnung statt Vermittlung, basierend auf
Unter-Ordnung modernen pädagogischen Er-
kenntnissen. Erziehung und Aus-
bildung des Hundes gipfeln dem-
Soviel wissen wir schon, eine nach darin, die Ziele des Menschen
Methode ist es nicht, obwohl auch nicht wie bisher durch Unter- Aufforderung
der Autor mehrere Methoden ent- Ordnung des Tieres umzu- zum Spiel!
16

setzen, sondern durch Kenntnis der „Motivation oder Parieren(?)"


Eigenart des Hundes und seiner kompromißlos zu Ende gedacht und
Verhaltensweisen so zu vermitteln, ebenso konsequent in die Tat
daß der Hund die von ihm umgesetzt. Den bekannten Spiel-
erwarteten Aufgaben freiwillig, techniken hat er seine „Integrale
lustvoll und freudig erlernt und Motivation" gegenübergestellt. Da-
ausführt. An Stelle der alten Unter- mit meint er, mit einfachen Worten
Ordnung tritt Ein-Ordnung. Als Idee ausgedrückt: Motivation wird nicht
ist diese Vorstellung uralt. Schon nur als Belohnung für vor-
Xenophanes hat rund 400 Jahre vor ausgegangene Aufgabenerfüllung
Christus bereits das Ideal des gesehen (Sekundärmotivation),
„freudigen Hundes3" sondern Motivation soll Neugier
niedergeschrieben, und dieses wecken, Lust an der gemeinsamen
Leitbild wurde in jeder der nach- Bewältigung im Team vermitteln
folgenden Generationen wiederholt. und sich aus Freude am Tun selbst
Allerdings ist die konsequente (Primärmotivation) einstellen, um
Einlösung dessen, was sich aus nur einige der vielen Spektren
heutiger Sicht mit dem Anspruch Ganzheitlicher Motivation zu nennen.
des „Freudigen Hundes" verbindet, Man könnte sagen: Motivation aus
bis dato nur ansatzweise oder nur Faszination, im Zusammenspiel
zum Teil verwirklicht worden. Erst unterschiedlicher Momente.
die Verbindung des Wissens über Umfassende, integrale Motivation,
arteigenes Verhalten mit dem so wie sie das Leben vielfältig lehrt.
Wissen moderner Pädagogik Von dieser Warte aus gesehen
machte es möglich, den alten Traum gewinnt die Darstellung der
vom „Freudigen Hund" konsequent Motivations-Bereiche und der
und gültig zu realisieren. Hierzu hat unterschiedlichen MO's (Moti-
Ekard Linds Motivations- und vations-Objekte) ebenso wie eine
Spiellehre ganz entscheidend umfassende Nomenklatur an Be-
beigetragen. „Richtig Spielen" deutung.
bedeutet seither mehr, als nach
absolvierter Aufgabe den Ball zu Und noch etwas verdient Erwäh-
werfen oder Futter zu verabreichen. nung: Wer tiefer in die Hintergründe
dieser Spiellehre eindringt, erkennt
Der Autor, ehemals Pädagoge, Solist bald, daß es immer wieder Instinkt-
und Komponist, hat die Frage: Verhalten sind, auf die
zurückgegriffen wird, sei es in der
Kommunikation durch typische
3 Siehe Ekard Lind „Mensch-Hund- Gesten oder auch beim Erlernen
Harmonie", erschienen im Verlag G &
U (Ausschnitte aus Xenophanes' bestimmter Aufgaben. Hier zwei
Jagdbuch). Beispiele: An Stelle des
traditionellen, appellhaften „Her- tion steht leider die Mehrheit der Der Autor auf
anrufens" treten „Achtung- und Hundehalter - können durch einem seiner
Aufbruch-Geste" und aus dem diesen spielerischen Neubeginn zahlreichen
Fortbildungs-
alten „Warten-Müssen" (Unter- Defizite nur zum Teil ausgeglichen Kurse. Hier in
Ordnung) beispielsweise wird werden. Ramsei in der
„Lauern-Dürfen" (Motivierte Ein- Schweiz.
Ordnung).

Die Balance wird gehalten durch Die richtige


Austarieren des Motivation-Niveaus
mit dem „Geistigen Zügel". Hinter
Balance
dem „Geistigen Zügel" verbergen
sich Autorität und Dominanz, die An Tausenden von Hunden aller
jedoch lange Zeit auf natürlichen Rassen, in zahlreichen Kursen quer
Verhaltensweisen aufgebaut durch den gesamten
werden, etwa auf Ritualisierung der deutschsprachigen Raum, kristalli-
Tabu-Akzeptanz. Wichtig ist, daß sierte sich heraus: Es sind immer
diese Balance von Anfang an und wieder die gleichen Fehler, die zum
nicht erst beim bereits hoch Scheitern so vieler Mensch-Hund-
motivierten Hund einsetzt. Vom Beziehungen fuhren. Entweder zeigt
ersten Spiel an muß die Balance als sich der Hund unter- oder
oberstes Regulativ wirksam werden. übermotiviert, oder er dominiert,
Wo dies nicht der Fall ist - und in oder er hat Angst vor dem
dieser Situa- Hundeführer, oder er ist insgesamt
18

schlecht sozialisiert. In allen Fällen Es ist wenig erfolgversprechend,


ist die Balance aus dem Gleichge- sportliche Leistungen anzustreben,
wicht geraten. Spiel, - „Richtiges" so lange der Hund noch keine
Spielen könnte helfen. Doch die ausreichende Grundmotivation zeigt
ordnenden und fördernden Kräfte oder nur unzulänglich im Geistigen
des Spiels können nur dann rege- Zügel steht.
nerierend und korrigierend wirksam
werden, wenn das Spiel selbst im Wer motivational vorgehen möchte,
Gleichgewicht der Kräfte steht. muß Abschied nehmen von
Durch Spiel kann zwar Fehlver- „Zuckerbrot und Peitsche" und
halten korrigiert werden, aber eben anderen, veralteten Ausbil-
nur durch „Richtiges Spiel". dungsvorstellungen. Er wird am
Spiegeln sich im Spiel dieselben Verständnis ganzheitlicher Päda-
Fehler wie in der Erziehung und gogik ebenso wenig vorbeikommen
Ausbildung wider, so wird diese wie am Ausbalancieren der
Form des Spiels das Ungleichge- mitspielenden Kräfte.
wicht nur noch verstärken.
Diese Balance ist in Ekard Linds
So wie bei einem PKW Antriebs- Motivations- und Spiel-Lehre zum
kräfte, Gesamt-Gewicht, Bremse, ersten Mal umfassend und gültig
Drehzahl und Kraftstoff aufeinander formuliert. Ausgefüllt wird diese
abgestimmt werden müssen, so Lehre durch einige neue Methoden
müssen auch die Kräfte des Spiels des Autors, wie zum Beispiel die
ausbalanciert werden. Kein Mensch Methode der Syntonen Kommu-
würde mit einem Sportwagen nikation, der Integralen Motivation,
fahren, in den eine Fahrradbremse des Geistigen Zügels, der Passiven
eingebaut wurde (Hochmotivierter Einwirkung, des Signal-Timings, der
Hund mit mangelhaftem „Geistigen Sättigungs-Distanz oder der Impul-
Zügel"); und niemand würde einen siven Berührung*.
Lastwagen mit Super-Benzin auf-
tanken (Genetisch bedingte Reak- Wer es ernst meint mit der Vision
tionsträgheit, die der Hundeführer vom „Freudigen Hund", wer also
mit Power-Futter und Extremem Motivation und Spiel in die Praxis
Beutespiel verändern möchte). Wer umsetzen möchte, dem ist mit
auf Motivation setzt, muß sich vorliegendem Werk ein ebenso
darüber im klaren sein, daß das, was vielversprechender wie sicherer
er vom Hund will, mehr motivieren Weg angeboten.
muß als alle Ablenkungen und die
Lust, Herrchen oder Frauchen zu
dominieren! 4 Siehe „Mensch Hund-Harmonie - Spiel
&: Sport mit meinem Hund"
voraussichtl 1999 bei G & U
19

Was man wissen und


können sollte
sich Kinder ebenso wie höhere
Kein Leben Tiere diese Quelle der Beglückung
ohne Spiel immer wieder verschaffen, indem
sie das Spiel suchen, indem sie den
Großteil ihrer Zeit spielerisch
Eine der entscheidenden Ursachen verbringen. Hinzu kommt, daß das Kein Alter ist zu
für die Höherentwicklung der Spiel sozusagen jederzeit und alt fürs Spiel.
Säugetiere war unter anderem die
Ausrichtung des Verhaltens auf
Anpassung, wobei über die In-
stinkthandlungen hinaus das Lernen
eine immer bedeutendere Rolle
spielte. Hierbei kristallisierten sich
Neugier und Spannungssuche als die
wichtigsten Triebfedern für
anpassungsorientiertes Lernen
heraus. Um das Risiko des
„Ernstfalles" auszuschließen, „er-
fand" die Natur das „Spiel". Im
Spiel konnten Verhaltensweisen
risikofrei ausprobiert und eingeübt
werden. So wurde das Spiel für den
Menschen und auch für
höherentwickelte Tiere zum Exer-
zierfeld der Lebensvorbereitung.

Darüberhinaus aber entwickelte


sich das Spiel zum lustbringenden
Ereignis um seiner selbst willen.
Nicht nur der Erfahrungsgewinn,
sondern das spielerische Tun in sich
beglückt. Was Wunder, wenn
20

allerorts zur Verfügung steht - im zusuchen. Auch Verhaltensweisen,


Gegensatz etwa zum Freßvergnü- die sonst nur in sexuellem Kontakt
gen, welches das Vorhandensein auftreten, wie das Aufreiten und
von Futter voraussetzt. Beckenstöße, sind im spielerischen
Geschehen in dieser Zeit häufig zu
Während das Spiel der erwachsenen beobachten wie auch Elemente aus
Tiere eines Wolfs-Rudels immer dem Jagdverhalten. Erst ab dem
wieder zur Aggressionsbe- vierten Lebensmonat kommt es
schwichtigung eingesetzt wird, zumindest bei den Wölfen zu einer
spielen Welpen weitgehend ohne weitgehenden Trennung
erkennbaren Ernstbezug. Die spielerischer und sonstiger Antriebe.
Endhandlungen, wie etwa das Tot- Dann erscheint das Spiel in seiner
beißen, fehlen. Bekannt ist auch der reinen Form, bei der zwar
schnelle Wechsel der Antriebe und Verhaltenselemente aus anderen
Stimmungen und die Vermischung Funktionskreisen wie der Jagd, des
derselben. Im Spiel lernen die Kampfes oder der Verteidigung in-
Welpen nicht nur die Einübung tegriert sind, Aggressionen, Jagd
motorischer Perfektionierung und und Sexualität aber nicht mehr als
sozialer Verhaltensweisen. Sie selbständig motivierte Antriebe
lernen und üben das Lernen selbst damit vermischt werden. Es wird
und bereiten auf diese ihre weiterhin im Spiel zum Spaß'
erstaunlichen Anpassungs- gekämpft, aber der wirkliche Kampf
Fähigkeiten vor. findet nicht mehr im Spiel statt. Erst
bei älteren Tieren treten erneut
Eric Zimen schreibt: „Mitten in aggressive Tendenzen im Spiel auf."
einer völlig friedlichen und dann
auch stets lautlosen Spielerei packt Im Spiel messen die Jungtiere ihre
plötzlich ein Welpe das Nackenfell Kräfte. Gleichzeitig versuchen sie,
seines Partners, knurrt und schüttelt ihren Rang-Status zu verbessern.
es wie wild, als wolle er gerade Der Hund bleibt zeitlebens auf
ausprobieren, wie man eine dieser Stufe der Vermischung
wehrhafte Beute schnellstmöglich unterschiedlicher Antriebe stehen.
umbringt. Eine wütende und Er bleibt sozusagen ein Spiel-
lautstarke Keilerei ist die Folge, die Welpe. Man nennt dies in der
ebenso unvermittelt wie gerade Ethologie Fetalisation. Die Fähigkeit
begonnen in einem ausgelassenen zur Fetalisation war eine der
Spiel endet. Oder die Welpen wichtigsten Voraussetzungen für
überfallen gemeinsam ein die Domestikation des Hundes.
Wurfgeschwister und nehmen dieses Heute kommt es uns so selbstver-
richtig in die ,Mangel', um sich ständlich vor. Im Grunde genom-
gleich darauf ein neues Opfer aus-
Der individuelle Weg 21

men aber halten wir den Hund in gen (um wenigstens noch ein
einer lebenslangen Verjugendli- Bißchen Körperkontakt zu haben).
chung. Daß er damit schadlos leben Wenn der Mensch will, daß der
kann, steht außer Frage. Aber wir Hund artfremde Verhaltensweisen
dürfen nie vergessen, daß wir dem oder -details vollbringt, dann muß
Hund auf Grund dieser psychischen er Wege und Mittel finden, dem
Manipulation das Spiel schuldig Hund die Aufgabe lustvoll zu ge-
sind. Denn wenn zu den entbehrten stalten. Kein anderes Medium bietet
Natur-Befriedigungen eines Lebens hierzu bessere Bedingungen wie
in Freiheit auch noch der Entzug der das Spiel und die Motivation.
Ersatzmöglichkeiten hinzukommt,
dann leidet der Hund aus tiefster
Seele. Viele der
Verhaltensstörungen bei Hunden Der individuelle
sind auf permanente seelische
Grausamkeit zurückzuführen, und -
Weg
auf Vermenschlichung. Der Hund
wird nie verstehen, daß ein So universell sich das Spiel auf der
Vorsitzen ohne Berührung weniger einen Seite zeigt, so individuell
wertvoll sein soll als Herrchen mit gestaltet es sich auf der anderen.
der Pfote auf den Fuß zu stei- Und jedes, auch noch so allge-

Jeder spielt
anders...
22

meine Spiel erfährt durch den- alterter Gesellschaftsformen davon


jenigen, der es betreibt, seine ein- gelöst?
malige, unwiederbringliche und
individuelle Ausformung. Tiere und Viele Erwachsene müssen das Spiel
Kinder haben kein Problem damit, buchstäblich wieder erlernen. Im
ihre ureigene Weise des Spielens zu Verband mit spielgeübten
finden und zu verwirklichen. Der Menschen, vor allem aber mit
Erwachsene hat sich in der Regel Kindern und Tieren, fallt das Wie-
vom Spiel und seiner natürlichen derentdecken langst verschollen
Atmosphäre entfernt. Entwöhnt geglaubter Talente leichter.
vom Spiel, tut er sich mitunter
schwer, vorhandene Hemmungen, Worauf es bei der Wiedergeburt des
Unsicherheiten und Ängste Spiels ankommt, ist das Los-
abzuwerfen. Er ist der Lassen-Können. Los-Lassen von
Selbstverständlichkeit kindlicher der Welt der Erwachsenen, von der
Verwandlungskunst ebenso wie Welt des reinen Intellektes und der
dem magischen Bann des Spiels Maschinen. Loslassen aber auch
... worauf es entwachsen. Oder sollten wir von allzu festgesetzten
ankommt ist,
zunächst einmal besser sagen, er hat sich im Sog Zielvorstellungen, von Berechnung
loszulassen. des Zeitgeistes und über- und Erwartungseinlösung um jeden
Preis. Spielen heißt nicht nur, sich
der Faszination anheim geben,
sondern auch: sich ausliefern dem
Spiel-Risiko. Es heißt, sich freiwillig
Regeln unterzuordnen und es
bedeutet vor allem, sämtliche Kräfte
einzusetzen, ohne kalkulierbare
Sicherheit, den geleisteten Einsatz
zurückzuerhalten. Spiel schließt in
seinen extremen Exponaten Siegen
und Verlieren mit ein; und beides
liegt oft sehr eng beieinander. So
stellt also nicht der Sieg den
eigentlichen Wert des Spiels dar,
sonder das Spiel selbst ist es wert,
sich dafür einzusetzen. Denn: was
wäre der schönste Sieg ohne das Spiel?

Sich aber für das Spiel einzusetzen,


bedeutet für jeden Mitspieler,
Der individuelle Weg 23

sein persönlich Bestes einzubringen. Nach dem Los-


Im Spiel geht der Ausführende mit lassen kommt
der Umwelt eine äußerst die Verwandlung
ins Spiel. Hier die
spannungsgeladene, her- „ängstliche
ausfordernde Verbindung ein, einen Beute", die sich
aktiven, individuellen Dialog. Wer auf leisen Sohlen
sich auf Fähigkeiten verläßt, die er aus dem Staub
nicht wirklich besitzt, wird sich im macht.
Spiel ebenso wie im Leben
verfehlen. Sich bereichert, belehrt
und beglückt wiederfinden kann
sich nur, wer seine ganz per-
sönlichen Kräfte aktiviert. Das Spiel
lehrt ebenso wie das Leben, uns mit
unserer individuellen Eigenart
auszusöhnen. Es fordert uns auf,
einzuwilligen in das persönlich
einmalige Sein, ohne Selbstzweifel all den Ballast von Äußerlichkeiten
und Unzufriedenheit; einfach nur und werden wir wieder zu Kindern
der zu sein, der wir kraft Geburt - im Spiel!
und Werdegang geworden sind, im
Einverständnis mit unserem Selbst. In die Praxis umgesetzt, bedeutet
dies: herauszufinden, welche Spiele
Mit einfachen Worten: Bevor wir einem selbst am besten liegen, und
uns im Spiel verwandeln, müssen wo man seine Eigentümlichkeiten
wir erst einmal alle fremden Ver- besonders gut einbringen kann.
kleidungen ablegen. Nackt sind wir
am schnellsten neu angezogen. Auf der anderen Seite gilt es, für
Danach mag dem einen oder den Hund mitzudenken: Auf welche
anderen, in hohen Zeiten des Spiele spricht mein Hund gut an?
Spiels, das Kunststück gelingen, Das schließt nicht aus, nach einiger
über sich hinauszuwachsen und Zeit auch auf andere, ja sogar gegen
auch im Leben zu dem zu werden, individuelle Spiele einzugehen.
worin er sich im Spiel verwandelt Aber für den Anfang ist man gut
hat. Am Anfang jedoch steht das beraten, einen möglichst streßfreien
Los-Lassen - die Rolle des Doktors, Einstieg zu wählen. Streßfrei für
Professors oder des erfolgreichen beide Teile, für Mensch und Hund!
Geschäftsmannes abzuwerfen und Denn jegliche Form von Streß ist
ganz einfach „ein Teil des Spiels zu zunächst einmal spielfeindlich, wie
werden". Vergessen wir wir gleich hören werden.
24

Das Entspannte
Feld
Spiel ist an eine ganz bestimmte
Stimmungslage gebunden. Wähnt
sich das Individuum in Gefahr,
kommt erst gar keine Spiellust auf,
oder - tritt Gefahr während des
Spiels auf, dann wird das Spiel zu
Gunsten der eigenen Sicherheit von
einer Sekunde auf die andere
abgebrochen. Auch Streß, Furcht
oder andere unangenehme Zustande
beeinträchtigen das Spiel. Ja sogar
die Umgebung, etwa die Gestaltung
des Ortes, wo gespielt wird, wirkt
sich nachweislich auf die Psyche
des spielenden Kindes aus. In der
Kinderpädagogik bemüht man sich
daher ganz gezielt, spielenden und und Dinge, die vom Spiel ablenken
lernenden Kindern bis ins Detail könnten, schon im Vorfeld aus dem
eine umgreifend angenehme Weg zu räumen. Wer mit jungen
Atmosphäre zu bieten. Während Hunden oder gar Welpen auf dem
sich der erwachsene Mensch kraft Hundeplatz im Beisein der
seines Willens über allerlei erwachsenen Hunde und deren
Widrigkeiten hinwegzusetzen Hundeführer Lernspiele durchführt,
versteht, ist das Kind, und noch darf sich nicht wundern, wenn der
mehr das Tier, diesen Warn- und Hund etwas ganz anderes lernt (so
Steuermechanismen weitgehend ganz nebenbei), nämlich im Spiel
ausgeliefert. Soll das Spiel, etwa als abzuschweifen. Wiederholt sich
Lernspiel, Fruchte tragen, dann dieses Szenario, so ist zu erwarten,
kommt man nicht daran vorbei, das daß allein schon der
gesamte materielle und immaterielle
Umfeld als „Entspanntes, einladendes
und ermutigendes Feld" zu gestalten. 1
Der Welpe, aber auch noch der Junghund
braucht zusätzlich ausreichend
Möglichkeiten der Sozialisation mit
In der Hunde-Erziehung und - Hunden und anderen Menschen Wir
Ausbildung heißt das, Ereignisse sprechen hier von jener Spiel form, die
der Zweier-Beziehung Mensch-Hund
dient und als Basis eines Großteils der
folgen den Aufgaben anzusehen ist.
Das Entspannte Feld 25

Futterspiel und
Bewegungs-
Motivation.

Anblick des Hundeplatzes bei eine Lichtung oder auf den (nicht
diesem Hund eine diffuse, von belebten!) Hundeplatz übertragen.
Konzentrationssprüngen geprägte Man wird sehen, daß der Hund
Stimmungslage erzeugt. Man sollte mitunter ein Spiel oder eine Übung,
daher Ablenkungen weitgehend die er im gewohnten Milieu bereits
ausschalten und vor allem beim sicher beherrscht, in anderer
Junghund und Welpen zuerst Umgebung nahezu neu erlernen
einmal im unmittelbaren muß.
Familienumfeld spielen1, also dort,
wo er zu Hause ist, in seiner ge- Noch wichtiger als das Ausschalten
wohnten Umgebung. Und auch von Ablenkungen ist jedoch die
dort sind zu erwartende Ablen- Spielgestaltung selbst. Der
kungen möglichst auszuschalten. Hundeführer muß alles daran set-
Mit wachsender Spiellust und zu- zen, eine angenehme, freundliche,
nehmender Spielkultur können und vertrauenswürdige und einladende
sollen Ablenkungen in kleinen Stimmung im Spiel aufzubauen -
Schritten hinzukommen. Was er und zu erhalten. Immer wieder ist
beispielsweise zu Hause in der man vor die Herausforderung
Küche gelernt hat, wird auf den gestellt, auf die „inneren Zähne" zu
Garten und später auf eine Wiese, beißen und das Auf-
26

wallen von Ungeduld oder Wut Später, wenn das Entspannte Milieu
energisch zu unterdrücken. Bis zu mehr und mehr zur Gewohnheit
jenem Punkt, wo der Hund noch wurde, wenn sich das Spiel als
alles planmäßig ausgeführt hat, durch und durch angenehmes
blieb der Hundeführer freundlich. Ereignis gefestigt hat, können
Aber beim ersten Fehltritt des durchaus (dosierte!) Streßfaktoren
kleinen Vierbeiners ist es aus mit hinzukommen, welche dann sogar
dem Entspannten Feld. Adrenalin tut noch eine Steigerung des Lustge-
seine Wirkung. Der Hundeführer fühls einbringen. Der „Nervenkit-
ärgert sich über den Tolpatsch, der zel" ist ja eine altbekannte Facette
so schwer begreift oder in dem er des Spiels, man denke nur an die
sogar Widersetzung mutmaßt. Laute vielen Risiko-Sportarten, die sich zu
Worte und Handgreiflichkeiten tun allen Zeiten großer Beliebtheit
ein übriges, um den letzten Rest der erfreuten. In der alten Minoischen
zerbrechlich zarten Stimmung Kultur war es der Stiersprung, heute
aufzulösen. Vorbei ist es mit dem springt man an einem Gummiseil
Spiel. Der Hundeführer bemerkt hängend von Brücken. Ein wenig
dies jedoch nicht, denn er ist der von diesen extremen Formen ist
Meinung, so lange er mit dem Ball auch in einfachen Spielen
oder dem Futter herumfuchtelt, vorhanden. Aber wie gesagt,
würde doch gespielt und der Hund Zeitpunkt und Dosierung sind zu
solle gefälligst zufrieden sein. In beachten.
diesem Moment vergißt er, daß
Spiel nur im Entspannten Feld (bzw.
Milieu) stattfindet und daß es endet,
wenn die Entspannung sich in Streß Spiel-Möglich-
oder Angst verwandelt oder -wenn
die individuelle Frustrationsgrenze
keiten und Moti-
des Hundes überschritten wurde. vations-Bereiche
Wer mit seinem Hund spielend
vorgehen möchte, der muß wissen, Spiele sind so vielfältig wie das
daß es auch für den Spielleiter Leben selbst und entziehen sich
Spielregeln zu beachten gilt, die der letztlich der Systematisierung.
Verhaltens-Regulative. Eine der Trotzdem ist es vorteilhaft, wenn l
fundamentalen, übergeordneten wir einige hunde-typische Spiel-
Spielregeln ist die Forderung, ein weisen hervorheben und verge-
Entspanntes Milieu vorzubereiten, genwärtigen. Je besser wir das
einzuleiten und zu erhalten. arteigene Spiel des Hundes ver-
stehen, desto leichter fällt uns, auf
den Hund im Spiel einzugehen
Spiel-Möglichkeiten 27

und Aktivitäten zu entwickeln, an Versteck angreifen, das Verteidigen


denen sich Mensch und Hund eines Ortes, wobei hierzu mit Vor-
gleichermaßen erfreuen und in liebe höhlenartige Orte genutzt
denen sie sich verwirklichen werden, oder auch Gegenstände,
können. die danach aussehen: Busche,
Rohre, Holzstapel, Planen und
Daher lohnt es sich allemal, Gele- Ähnliches; oder auch das Vertei-
genheiten zu nützen, spielende digen einer Anhöhe oder einer
Hunde jeden Alters genau zu be- Mulde. Weitere Spiele sind Ver-
obachten. Hundetypische Spiele stecken und Suchen, Balgen,
sind Nachjagen und Einholen, Spielbeißen, Anschleichen, ge-
dabei dem anderen den Weg ab- meinsames Laufen, Richtungs-
schneiden, die Richtung wechseln, wechsel, Wechsel der Laufarten,
anhalten und erstarren, den anderen wobei zahlreiche individuelle Be-
lange fixieren, dann entweder wegungs- und Geschicklichkeits-
Koordinationen erfunden und Solitärspiel:
spielerisch fliehen oder angreifen,
Dieser Welpe
Haken schlagen, sich verstecken, entwickelt werden. Hinzu kommen spielt stunden-
auf der anderen Seite wieder vor- die vielen Berührungs-Spiele, die lang mit seiner
lugen oder erneut nachjagen, den Hunde untereinander pflegen. Aber Klapperbüchse
anderen aufdecken und in seinem auch allein zu spielen macht alleine.
28

Spaß. Oft sieht man einen jungen möchte, der kommt nicht daran
Hund sich daran ergötzen, seine vorbei, sich immer wieder am
Gliedmaßen und deren Bewe- natürlichen Spiel der Hunde zu
gungsvielfalt zu entdecken. Er orientieren. Er wird bald erkennen,
springt dann etwa aus dem Stand daß die oberflächliche Beobachtung
in die Luft, dreht sich um die eigene des Spiels hierfür nicht ausreicht.
Achse oder wirft sich völlig Um die vielen emotionalen und
unvermittelt auf den Boden. Aber kommunikativen Vorgänge immer
auch stundenlanges Kauen oder umfassender und besser zu
Zerkleinern, wobei auch die Vor- verstehen, muß man schon sehr
derpfoten eine wichtige Rolle genau hinsehen. Das heißt, man
spielen, gehören zum beliebten muß sich beim Beobachten in den
Repertoire der Solitärspiele (Ein- Hund hineinfühlen und
zelspiele). hineindenken. Während des
Beobachtens arbeiten die kleinen
Tiere halten, ganz ähnlich wie grauen Zellen auf Hochtouren.
Kinder, bestimmte Spiele eine Weil aber im Spiel, anders als im
Zeitlang sozusagen „in Mode". sogenannten Ernstfall, die unter-
Haben sich diese Spiele abgenutzt schiedlichen Funktionskreise an-
oder tritt Neues in den Interessen- einandergereiht und kombiniert
kreis, dann werden sie von heute auftreten, fällt einerseits das
auf morgen abgesetzt. Andere Verständnis oft nicht leicht, ande-
Spiele nehmen ihren Platz ein, um rerseits fühlt sich mancher Hun-
nach einiger Zeit von wieder an- deführer unsicher bei der Ent-
deren abgelöst zu werden. scheidung für ein Spiel, das für ihn
und seinen Hund geeignet ist.

Viele meinen ja, sie müßten sich


Vorbild natürliches entscheiden; etwa zwischen Futter
Spiel und Beute. Hinter dieser immer
noch verbreiteten Meinung ver-
bergen sich gleich mehrere fol-
So selbstverständlich sich diese genschwere Irrtümer. Zum einen
Spielweisen dem Beobachter zeigen, darf man die Funktionskreise nicht
so kompliziert sind sie aus derart scharf voneinander trennen.
verhaltensbiologischer und auch In der Natur spielen zahlreiche
pädagogischer Sicht. Wer das ge- Verhaltensweisen unterschiedlicher
meinsame Spiel mit dem Hund Funktionskreise ineinander und
ernst nimmt, wer also im Sinne des ergänzen sich zum Teil. Zum
Hundes sinnvoll spielen oder gar anderen sind die vielen aus dem
lernspielerisch vorgehen Funktionskreis des Spiel-
Die Motivation neu entdeckt 29

Jagens stammenden Aktionen


allein mit dem Begriff Beute nur
unvollständig charakterisiert. An-
schleichen oder Nachjagen kann
beispielsweise einen Hund in
einer bestimmten Situation viel
mehr motivieren als der Ball oder
die Beißwurst. Oder es kann das
Nachjagen interessanter sein als
die Beute, die der Gejagte davon-
trägt.

Zum dritten verspielt man mit der


Entscheidung für nur einen der
beiden Bereiche zahlreiche
methodische Möglichkeiten. Und
viertens ist das Motivations- Re-
pertoire selbst dann, wenn man
sich für „Futter und Beute" ent-
scheidet, noch bei weitem nicht
ausgeschöpft.

Die Motivation neu


entdeckt Motivationen, die im Sozialverhal-
Gemeinsames
Versteck- oder
ten verankert sind. Diese beiden Fangen-Spielen
Psychologisch gesehen ist jeder gehört zum
Motivations-Bereiche wurden in der
Schönsten, was
Antrieb, der Stärke und Richtung traditionellen Ausbildung bisher in man Hunden
einer Verhaltenstendenz beeinflußt, fataler Weise vernachlässigt. Erst bieten kann.
als Motivation zu bezeichnen. seit sich neue, auf Motivation Allerdings ist
Analysiert man jedoch die aufbauende Sportarten mehr und auch hier die
unterschiedlichen Verhaltensweisen, intakte Rang-
mehr verbreiten, beginnt man zu ordnung Vor-
die beim Hund auf motivationale erkennen, welches Reservoir von aussetzung.
Triebfedern zurückzuführen sind, so Möglichkeiten die Lust an der Be- Nicht in jeder
drängt sich, lange bevor die wegung, an Aufgaben der Ge- Situation darf
Spielbeute oder das Futter ins schicklichkeit und an sozialen Er- man dem Hund
nachlaufen!
Blickfeld rücken, vor allem die Be- lebnissen bereitstellen. Durch einen
wegung auf, und natürlich die Tunnel zu laufen, macht an sich
nahezu ununterbrochen präsenten Spaß, ohne großes Zutun des
Hundeführers. Und wenn Flocky
von Frauchen spielerisch ange-
30

schlichen wird, und das ganze um die anderen Möglichkeiten


Szenario alsbald in ein aufregendes bemühen, den Hund zu motivieren:
Fangen- Spiel umgemünzt wird, durch Betonung der Bewegung,
dann gibt es wenig, was Flocky Lautäußerung, Berührung, der
lieber hätte. Auch der Ball oder Körpersprache, des Geruchs (etwa
Futterstücke können damit kaum in Verbindung mit Futter), der
konkurrieren. Zuneigung, des Futters, der Spiel-
und Jagdbeute und anderer.
Beobachtet man Wölfe, Wildhunde
oder auch ein Rudel Haushunde, so Wenn wir aber im Folgenden von
erkennt man schnell, wie sehr sie den Motivations-Betonungen spre-
sich untereinander mittels chen, so sind wir uns darüber im
Bewegungen verständigen und klaren, daß diese vereinfachte Ein-
gleichzeitig motivieren. Manche teilung lediglich ein Modell darstellt,
Bewegungsakte haben geradezu das der groben Übersicht dient. In
magische Wirkungen. Wir kommen Wirklichkeit gibt es sehr viel mehr
darauf noch zurück. Der unterschiedliche Motivations-
Motivations-Bereich der Bewegung Bereiche (und Unterbereiche) und
(und Geschicklichkeit) verdient man muß sich diese in
also eine ganz besondere Beach- verschiedenen Ebenen gleichzeitig
tung. Er steht den Jagd-Spielen aktiv und miteinander vernetzt
(Hierzu gehört auch das viel zitierte vorstellen. Wenn wir etwa von der
Beute-Spiel) in der Bedeutung Bewegungs-Motivation sprechen,
sicher nicht nach. Aber auch jene so meinen wir damit lediglich, daß
Aktionen, die betont sozialer Natur dieser Bereich im Augenblick her-
sind, wirken als starke Triebfedern. vorgehoben, also betont wirksam
Hier sind zum Beispiel die Taktilen ist. Die zusätzliche oder unter-
(Berührungs-) oder Olfaktorischen schwellige Präsenz anderer Trieb-
(auf Geruch aufbauenden) federn (in unterschiedlicher
Motivationen zu nennen. Soziale Potenzierung) wird damit nicht
Verbundenheit manifestiert sich ja geleugnet.
nicht nur in der Rangordnung,
sondern in zahllosen Gesten und Die meisten auf Motivation
Aktionen der Zuneigung. Wer zurückzuführenden Verhaltens-
mehrere Hunde hält, wird dies weisen beinhalten ja zusätzlich
bestätigen. Es ist daher ebenso soziale Komponenten. Eine Tren-
angebracht wie förderlich, wenn nung ist streng genommen un-
wir Motivation nicht nur in den zulässig. Das Hervorheben der Be-
Erscheinungsformen Futter und tonung dient lediglich der besseren
Spielbeute sehen, sondern uns Vorstellung und unterstützt in
auch mancher Hinsicht
Wer kann was spielen? 31

pädagogisches Denken und Han- Die in der normalen „Unterord-


deln. Motivations-Betonungen allein nung" konditionierten Verhaltens-
von den klassischen Reizen weisen stehen nicht automatisch
(optisch, akustisch, taktil, thermisch auch in anderen Stimmungslagen,
und olfaktorisch) aus abzuleiten, ist vor allem nicht im Einflußbereich
aus praktischer Sicht nicht deutlich höherer Antriebsstärken
zufriedenstellend. Die Bezugnahme und den sich daraus ergebendem
auf den Funktionskreis einerseits höherem Aktionsniveau, zur Ver-
und auf die wichtigsten fügung.
Spielformen andererseits bietet für
das didaktisch-methodische Denken
bessere Ansätze und Hilfen.
Wer kann was Das Wissen
über rassebe-
Kommen wir noch kurz auf die
Unterschiede der Motivations- Be-
spielen? dingte Unter-
schiede ist
reiche zu sprechen. Daß Futter an- •wichtig für Er-
ziehung und
ders motiviert als Bewegung, und Qualitative und Niveau-Unter- Ausbildung.
die Spielbeute wieder anders als schiede der Motivation sind rasse-, Hier ein
Sozialmotivationen, bedarf keiner individual-, alters-, ge- Leonberger.
Beschreibung. Die qualitativen
Unterschiede liegen auf der Hand.

Darüberhinaus sind jedoch auch die


Unterschiede der Antriebsstärke zu
nennen. Jagd-, Beute und Kampf-
Spiele beispielsweise lösen bei
vielen Hunderassen in der Regel
nicht nur qualitativ andere, sondern
auch emotional und motorisch
gesehen intensivere Aktionen aus
als etwa Motivationen der
gegenseitigen Fellpflege. Im hohen
Aktionsniveau scheint der Hund
Kommandos, die er unter normalen
Bedingungen zuverlässig umsetzt,
überhaupt nicht mehr zu hören.
Daher kommt es vor allem im
Schutzdienst immer wieder vor,
daß Hundeführer Schwierigkeiten
haben, ihren Hund unter Kontrolle
zu bringen.
32

schlechts- und last not least, an- und Totschütteln bevorzugt. Lauf-
passungsbedingt. hunde, etwa die Barsois entwickeln
früher als andere Rassen
Man darf die rassebedingten Prä- Bewegungsabläufe. Windhunde
ferenzen für bestimmte Funkti- zeichnen sich durch auffallend
onskreise und deren relevanten starke Laufmotivation aus. Hüte-
Motivations-Bereiche nicht unter- hunde sind prädestiniert für lange
schätzen. Retriever und Labradors Trabstrecken. Golden Retriever
zeigen beispielsweise früher als gelten zu Recht als Wasserratten,
viele andere Rassen intensive und was aber nicht heißen soll, daß
häufige Riech-Aktivitäten (olfak- nicht auch andere Rassen ebenso
torische Verhaltensweisen). Das verrückt auf Badefreuden sind. Bei
Spiel der Labradore weist auffallend den American Staffordshire Ter-
Rottweiler-
häufiges Apportieren auf, während riers oder bei einigen Zuchtlinien
Schäfer- der Terrier schon im Welpenalter der Bull Terriers und Pit Bull Ter-
Mischling das schnelle Zupacken riers kann man beobachten, daß
Spiele häufig in Kampfhandlungen
übergehen.

Inwieweit einige der Zuchtziele des


19. Jahrhunderts heute noch
akzeptabel und sinnvoll sind, ist
allerdings eine andere Frage.

Auch die Reifungsprozesse einzel-


ner Rassen laufen in erheblichen
Unterschieden ab. Man spricht bei
„unterschiedlicher Reifung des
Verhaltens" (Zimen 1978) von
Retardierung (Verlangsamung) und
Akzeleration (Beschleunigung).

Hundehalter wissen oft viel zu


wenig über die rassebedingten
Präferenzen ihrer Hunde. Sie haben
sich beispielsweise einen Terrier,
Husky oder Windhund zugelegt, nur
weil er ihnen äußerlich gefällt. Über
die erblich vorgegebenen
Eigenschaften haben sie sich nicht
informiert. Erhält dieser
Erbanlagen nützen 33

Hund aber aus Unwissenheit nicht Vorlieben des Hundes gezielt nützt.
die rassetypischen Anregungen und Auf Kursen treffe ich immer wieder
Verhaltensangebote, dann kann dies Hundehalter, die ihren Vierbeiner
zu „Verhaltensstörungen und damit am liebsten umfunktionieren
zu Leiden" führen (Feddersen- würden. Ihr Hund spricht gut auf
Petersen 1997). Für alle Futter an, sie wollen aber
Hunderassen gilt, man muß ihren unbedingt, daß der Hund das
rassebedingten Ansprüchen in Beute-Spiel annimmt. Wenn der
Aufzucht und Haltung gerecht Hund hierfür weder von der Rasse
werden. Heinz Weidt betont zu her noch von seinen individuellen
Recht, wie wichtig in diesem Anlagen her die entsprechenden
Zusammenhang die „Passung2" ist. Voraussetzungen mitbringt, sollte
Der Hund sollte zum Hundeführer man von derartigen Wunschzielen
und in die Familie „passen". Man Abstand nehmen! Und wenn man
verletzt nicht nur die Gesetze des Hundesport betreiben möchte, so
Tierschutzes, wenn man einen muß auch diese Entscheidung un-
Lauf-Hund den ganzen Tag im bedingt unter Berücksichtigung der
Haus einsperrt und nur abends, nach Eignung beider Partner getroffen
der Arbeit, kurz Gassi führt. Eine werden!
derartige Haltung mag für den
Hundebesitzer zufriedenstellend Andererseits soll aber auch betont
sein, für den Hund ist sie es sicher werden, daß das Image mancher
nicht; ganz abgesehen von den Rassen nicht immer und in allen
Gefahren, die sich aus derartiger Punkten den tatsächlichen Gege-
Haltung für die Umwelt ergeben benheiten entspricht. Als ich 1997
können. einer Einladung des „Deutschen
Vereins für Berner Sennenhunde"
nach Bochum folgte, stellte sich
nach zwei Tagen heraus, daß die
Erbanlagen meisten Hundeführer ihren Hund
nützen auf Grund des allgemein verbrei-
teten Rasse-Images nicht richtig
eingeschätzt hatten. Sie meinten,
Auch für die Erziehung und Aus- der Berner Sennenhund sei ein
bildung ist es von Vorteil, wenn „gemütlicher, eher bewegungsarmer
man die genetisch verankerten und wenig, wenn überhaupt
beutespiel- orientierter Hund". Bei
entsprechendem Spielangebot
2
Siehe Heinz Weidt und Dina Berlowitz zeigten jedoch ausnahmslos alle
„Spielend vom Welpen zum Hund, Hunde viel Spaß an allen Phasen
Naturbuch Verlag 1996 und „Das Wesen
des Hundes", im gleichen Verlag 1998. des Beute-Spiels. Zwar
34

liche individuelle Verhaltensstruk-


turen anzusehen.

Daß man sich im Spiel auf die


physiologischen Gegebenheiten
der Rasse einstellen muß, um die
Gesundheit des Hundes nicht zu
überfordern, liegt auf der Hand.
Bei schweren Hunden beispiels-
weise sind besonders die Gelenke
gefährdet. Sprünge, schnelle Stops
und Drehungen müssen daher im
Spiel reduziert, wenn nicht gar
vermieden werden. Bei nordischen
Rassen läuft man Gefahr, im
Sommer den Kreislauf zu
überfordern.

Auf die Unterschiede des Tempera-


ments wurde bereits in dem im
gleichen Verlag erschienenen Buch
Golden waren die Bewegungen nicht so „Richtig Spielen mit Hunden"
Retriever wie bei einem Dobermann oder ausführlich eingegangen (S. 42 ff).
Schäferhund rasant, aber
geschickt und flink waren sie
allemal, und motiviert!
Fassen wir
Auch die Individualität des Hundes
wird nicht selten falsch beurteilt. zusammen
Viele Hunde sind nicht so oder so,
weil ihnen die Individual-Gene Eine tierpädagogisch fundierte
dieses Naturell aufgezwungen Ausbildung wird sich nicht auf ein
haben, sondern weil sich der Hund oder zwei Motivations-Bereiche be-
seinem Hundeführer und der schränken, sondern alle zur Ver-
Umgebung mit den Jahren fügung stehenden Möglichkeiten
angepaßt hat. In anderer Umge- nützen. Die Entscheidung, für
bung hätte sich der Hund welchen Hund in welchem Aus-
womöglich völlig konträr ent- bildungsstand welche Motivation
wickelt. In vielen Fallen ist die (oder welche Folge oder Kombi-
außergewöhnliche Anpassungs- nation von Motivationen) am ge-
fähigkeit des Hundes als die
eigentliche Ursache für vermeint-
Motivations - Gegenstände 35

eignetsten ist, muß für jeden Hund


in jeder Situation individuell
Motivations-
entschieden werden. Rasse, Gegenstände
Temperament, Alter, Reifung, Ent-
wicklungsstand, Geschlecht und (MO's)
Anpassung sind zu berücksichtigen.
Von Zeit zu Zeit sollte das Nicht nur der Motivations- Be-
didaktisch3-methodische Konzept reich, auch die MO's (Motivations-
überprüft und gegebenenfalls neu Objekte) untereinander
erstellt werden. unterscheiden sich ganz erheblich
in ihrer Wirkung. Wer wüßte nicht
Hunde entwickeln sich sehr schnell. von den Futtervorlieben (oder -
Mit bereits 7 Wochen sind beim Abneigungen) seines Hundes oder
Schäferhund 90% aller Ver- vom „Lieblingsspielzeug" zu
haltensformen vorhanden! Ent- berichten. Oder denken wir an die
wicklungs- und Reifeprozesse nahezu unübersehbaren
müssen in der Ausbildung berück- Spielbeuten, die heute im Handel
sichtigt werden und letztlich auch in angeboten werden. So erfreulich
der Motivations-Gestaltung ihren das bunte Angebot auf der einen
Niederschlag finden. Allein schon Seite ist, so bedenklich stimmt die
durch die Entscheidung für einen leider oft völlig unreflektierte
bestimmten Motivations-Bereich Verwendung derselben. In „Richtig
kann der eine oder andere Hund, Spielen mit Hunden" (S. 114)
vor allem im Welpen- und Jung- wurden die Wirkungsweisen der
hund-Alter, über- oder unterfordert „Vier Klassischen Spielbeuten"
werden. Die richtige Wahl des (Ball, Geräuschspielbeute,
Motivations-Bereiches trägt schon Schleuderspielbeute und Bringholz)
viel dazu bei, den Hund in jeder erstmals fundiert dargestellt. Aus
Situation weder zu über- noch zu der abgedruckten Tabelle läßt sich
unterzufordern. Und damit drängt ablesen, ob ein MO mehr das
sich förmlich schon die nächste Nachjagen, das Tragen, Haken-
Frage auf: Welches MO schlagen oder anderes offeriert. Es
(Motivations-Objekt) bzw. welche wäre wünschenswert, Ausbilder und
MO's eignen sich innerhalb des Hundeführer würden die
gewählten Bereiches für den je- Gegenüberstellung der
weiligen Hund am besten? Motivations-Schwerpunkte mit den
anliegenden Übungszielen in
Verbindung bringen und in ihre
3
Unter Didaktik verstehen wir die methodischen Konzepte einfließen
Vorgehensweise im Zentrum der lassen.
verwandten Mittel, unter Methodik die
Betonung auf die Gestaltung der
einzelnen Lernschritte
36

Kommunikation
Die Ausdrucks- viel geschrieben1. An Stelle einer
weiteren Abhandlung über canide
formen des Kommunikation beschränken wir
uns hier auf einige wesentliche,
Hundes praxisbezogene Aspekte. (Wer mehr
über diesen Bereich erfahren
Unten und Spiel fordert und fördert Fähigkei- möchte, möge in der einschlägigen
rechts: Körper- ten des Denkens, Fühlens und Literatur nachsehen oder auch im
sprache in ihren
Handelns. Gerade das macht ja den Buch „Mensch-Hund-Harmonie",
Ausformungen
der Haltung, Spaß an der Sache aus. Soll das wo der Autor die
Bewegung sowie Spiel mit dem Hund jedoch ein
der Gestik und echtes Partner-Spiel werden, so
Mimik ist eine müssen wir mit dem Hund in 1
der wichtigsten Dont Feddersen-Petersen „Hundepsychologie",
Verstän- Verbindung treten, mit ihm kom- Kosmos 1989, Desmond Morris „Dog-watching",
W Heyne Verlag 1986, Anders Hallgren
digungsebenen munizieren. Über die Ausdrucks- „Lehrbuch der Hundesprache", Oertel und
unter Hunden. formen der Hunde wurde schon Sporer 1986
Die Ausdrucksformen des Hundes 37

Syntone Kommunikation näher be-


schreibt.)

Zunächst einmal ist hervorzuheben,


daß sich der Mensch bevorzugt
mittels Worten mitteilt. Die Sprache
ist schlechthin die
Kommunikationsebene des Men-
schen. Anders der Hund. Hunde
verständigen sich auf vielfache Art
und Weise. Wenn sie sich bei-
spielsweise begrüßen, läuft ein
ganzes Feuerwerk unterschiedlicher
Kommunikationen auf unter-
schiedlichen Ebenen ab. Alle Sinne
sind in Alarmbereitschaft: Riechen,
Sehen, Spüren und Hören. Eine
herausragende Rolle spielt hierbei
die Körpersprache, die von Hunden
tatsächlich wie eine Art Rede
vollzogen wird. Man spricht
bezeichnenderweise von
Nonverbaler Kommunikation (wort-
loses In-Verbindung-Treten). In
entscheidenden Situationen, wie
etwa beim Angriff oder der Flucht,
verhalten sich Wolf und Wildhund
völlig lautlos. Die geringste Laut-
äußerung wurde die Handlung
verraten. Trotzdem spielen auch
Lautäußerungen in der Verständi-
gung der Hunde, ebenso wie Be-
rührungssignale (Taktile Kommu-
nikation) und die Geruchliche in Folge der Domestikation aber
Kommunikation (Olfaktorische) auch qualitative Veränderungen
eine wichtige Rolle. Die Aussage- und Höherentwicklungen be-
Vielfalt ebenso wie die Ausprägung stimmter Ausdrucksformen her-
der einzelnen Signale ist zwar beim auskristallisiert.
Hund im Vergleich zu seinem
Vorfahr, dem Wolf, verkümmert. Interessant ist, daß die Spiel-Ge-
Andererseits haben sich sten bei näherer Betrachtung ein-
deutige Unterscheidungs-Merk-
38

male zum Ernstverhalten aufwei- Spielhandlung im entspannten


sen. Eine Mutterhündin beispiels- Feld auftritt, lenkt den Vorgang
weise, die ihr sechzehn Wochen schon im Vorhinein in eine be-
altes Junges spielerisch anspringt, stimmte Richtung.
wirft beim Ansprung die Vorder-
pfoten im letzten Augenblick In Verbindung treten, haben wir
deutlich zur Seite. Eine Geste der gesagt, setzt den Informationsfluß
Freundlichkeit, des Spiels. Im voraus. Unter Menschen ist das
Ernstfall wurde sie Krallen und einfach. Wir sprechen uns an und
Pfoten gezielt auf die Mitte des damit ist die Verbindung herge-
Beute-Objektes richten. Bis zum stellt. Der Hund aber kann nicht
Ansprung ist das Spiel-Anschlei- 14.000 Jahre Evolution abstreifen.
chen kaum von der Ernst-Hand- Er agiert noch in zahlreichen Ver-
lung zu unterscheiden. Die Tatsache haltensweisen nahezu wie ein
allerdings, daß die Wolf. In Verbindung treten heißt
39

für ihn gleichzeitig, sich und das Sport. Dort sind es die Hörzeichen,
Rudel nicht zu verraten. Daher auf die der Hund bestimmte
werden auch heute noch bei vielen Verhaltensroutinen zeigen soll.
Rassen und Individuen in be- Aber es wird uns nicht gelingen,
stimmten Situationen optische eine tragfähige Kommunikation
Signale bevorzugt. ohne Körpersprache aufzubauen.
Der Großteil hündischer Kommu-
Eines der wichtigsten visuellen nikation läuft in Distanz ab: lautlos,
Signaltypen sind Achtung-Signale, auf visueller und olfaktorischer
die der Hund meist durch ver- (geruchlicher) Ebene. Die
schiedenartige Formen des Erstar- Möglichkeiten, sich geruchlich
rews äußert. Manche Signale gehen mitzuteilen oder gar geruchlich
jedoch über reines Ach-tung- synton zu kommunizieren, sind uns
Mitteilen hinaus. Denken wir nur nicht gegeben. Wenn wir aber zur
an das hohe Aufrichten des olfaktorischen auch noch die
gesamten Körpers bei gleich- optische Ebene ausschließen, dann
zeitigem Hochhalten und Pendeln bleibt nicht mehr viel übrig, um die
der Nase. Klar, worum es hier geht: Kluft der Andersartigkeit zwischen
Witterung wurde aufgenommen. Mensch und Hund kommunikativ
Am Einpendeln der Nüstern in zu überbrücken.
Richtung der geruchlichen Quelle
lesen die anderen Tiere die Daher müssen wir unbedingt lernen,
Richtung ab. die vielen Nonverbalen Signale des
Hundes zu decodieren. Und auf
Der Mensch kennt die unmittelbare dieser Basis gilt es dann, Formen zu
Lebensbedrohung nicht mehr. Wir finden, ohne Worte, nur mittels
würden eine Gefahr mündlich Körpersprache mit dem Hund in
übermitteln, allenfalls flüsternd. Verbindung zu treten. Es gibt
Nur in extremer Situation, etwa bei hierfür kein besseres Exerzierfeld als
großer Distanz, würde uns das Spiel.
einfallen, an Stelle von Worten eine
Geste zu benutzen. Mit anderen Worten: Eine der
ersten Aufgaben wird sein, wie ein
Von der gewohnten Priorität der Pantomime denken zu lernen, -in
Laut-Vermittlung müssen wir im der Welt der „stummen Sprache",
Umgang mit dem Hund wegkom- und die zweite: Aufmerksamkeit
men. Laute und Geräusche sind und Interesse des Hundes auf sich
zwar enorm wichtig, ganz beson- zu lenken durch Haltung,
ders im Spiel und in der Belohnung, Bewegung, Gestik und Mimik.
selbstverständlich auch im
40

Ein „Sst!" oder „Paß auf!" kann immerhin noch die Möglichkeit,
wohl dann und wann einmal hilf- uns so zu bewegen, daß die natür-
reich sein, wenn der Hund bei- lichen Signale der Haltung und
spielsweise abschweift und den Bewegung als Stimulanz ausreichen.
Blickkontakt verloren hat. Folgt auf Demgegenüber läßt das Verbot
das akustische Signal jedoch keine zusätzlicher Worte nicht den
weitere Botschaft oder Handlung im geringsten Spielraum, den Hund
Bereich der Bewegung oder Mimik, außerhalb der Prüfungs-Hörzei-
wird der Hund das Hör-Signal schon chen auf der akustischen Ebene zu
bald überhaupt nicht mehr motivieren.
beachten.
Als Auslöse- Alles in allem spricht viel dafür, die
Signal kann Hinzu kommt, daß in den klassi- Kommunikation mit dem Hund auf
zum Beispiel schen Hunde-Sportarten jedes zu- allen uns zugänglichen und
das explosive
Werfen eines sätzliche Wort als unerlaubte Hilfe möglichen Ebenen, vornehmlich
Schleuderballes gilt. Auch optische Signale gelten aber auf der nonverbalen Ebene
dienen. zwar als Hilfe, aber hier haben wir auszubauen und zu pflegen. Je nach
Zielsetzung und praktischen
Möglichkeiten soll auch das Ein-
bringen akustischer und taktiler
(Berührungs-) Signale miteinbe-
zogen werden. Im Sinne der Inte-
gralen Motivation! Vor allem zu
Beginn der Erziehung und Ausbil-
dung, wo Hilfen aller Art und in
üppiger Form nicht nur erlaubt,
sondern höchst hilfreich sind.
Wenden wir uns jedoch zunächst
einigen Formen der optischen
Kommunikation zu:

Auslöse-Signal
Im Ablauf eines Anschleich-Spiels
etwa steht der Flucht- bzw. Angriff-
Auslöser eher am Ende des
Ablaufes. Aber weil gerade in die-
sem Punkt immer wieder gravie-
rende Fehler gemacht werden,
41

setzen wir ihn im Trockenübungs- stoßen immer wieder auf die


Programm an den Anfang. Schlüsselstellung der Beobach-
tung und der Balance.
Eigentlich wissen wir es ja:
Schleudert man einen Gegenstand • Auslösende Wirkungen sind:
weg, so löst dies bei den meisten ruckartige, schnelle, beschleuni-
Hunden einen Reflex aus. Sie jagen gende oder richtungsändernde
der Ersatzbeute nach. Um jedoch im (hin und her, auf- und ab, kreis-
Spiel nicht fortwährend ungewollte förmige oder asymmetrische)
und unreflektierte Auslöse-Signale Bewegungen. Weich ausgeführte
zu präsentieren, sollten wir ein Wendepunkte der Bewegung
wenig mehr darüber wissen: zeigen weniger auslösende Wir-
kung als abrupte; langsame Be-
• Signal-Wirkungen hängen nicht wegungen zeigen weniger Wir-
nur von der Art und Weise und kung als schnelle.
von der Intensität der Signal-
Gestaltung ab. Je nachdem, was • Die Wirkung eines Auslösers
vorher war und was während der kann durch die Form sich an-
Kommunikation abläuft, kann die schließender Aktionen verstärkt
Wirkung dadurch ganz erheblich oder abgeschwächt werden.
verändert werden. Ist der Hund
beispielsweise noch nicht in • Bewegungs-Auslöser können
Spiellaune oder ist er abgelenkt, durch das Hinzutreten weiterer
so kann es vor allem beim jungen Signale, etwa durch Geräusche,
oder spielvernachlässigten Hund verstärkt oder abgeschwächt
vorkommen, daß selbst stärkste werden.
Reize keine Wirkung zeigen.
Umgekehrt kann ein in hoher In der Praxis kommt es darauf an,
Erwartungshaltung befindlicher sich so zu bewegen, daß einerseits
Hund bereits durch die kleinste ungewollte Auslöser vermieden und
ruckartige Bewegung des MO's andererseits beabsichtigte Auslöser
zum Aufspringen stimuliert eindeutig gegeben werden. Zu
werden. Wir müssen also lernen, schnelles Gehen etwa beim An-
die Signal-Gestaltung auch im Hin- oder Wegschleichen wirkt auf einen
blick auf die augenblickliche normal veranlagten Hund wie ein
Empfänglichkeit und das im Auslöser. Er verhält sich also ganz
Augenblick vorgefundene Moti- und gar arteigen, wenn er auf ein
vations-Niveau unseres Hundes derartiges Signal aus dem
zu formen. Man sieht, wir geplanten Liegen aufspringt. Und
wer seine Bewegungen mit
Geräuschen berei-
42

chert, muß auch damit behutsam


vorgehen. Geräusche müssen ein
Spiegelbild des Vorganges als
Ganzem darstellen. Auch sie dürfen
nicht Auslöse-Charakter annehmen,
wenn sie eigentlich nur zur
Steigerung der Stimulation geplant
waren. Eine große Hilfe in der
Signal-Gestaltung ist die Ver-
wandlung. Je besser man sich in
das, was man darstellen möchte,
verwandeln kann, desto echter und
damit erfolgreicher gestaltet sich in
der Regel auch die Signal-
Gestaltung.

Vorbereitung: Bereitstellen eines


Spielbeschreibung beliebigen MO's, etwa einer Beiß-
Als Auslöse-
Signal wirkt wurst. (Nach einigen Wochen sollte
hier der Sprung Beschreibung eines Auslöser-Sig- man auch andere MO's ms Spiel
zur Seite. nals am Beispiel einer Spiel-Jagd: bringen: Futterstücke, Beiß-Leder,
Ball, Schleuder-Ball u.a.)

1. Der Hundeführer halt die Beute


ruhig, bewegt sie betont vor-
sichtig und langsam hin und her
(im Rahmen von ein bis zwei
Zentimetern, nicht mehr!).
2. Nach vorausgegangenem inne-
rem Spannungsaufbau macht der
Hundeführer einen Satz zur
Seite oder nach hinten und
schleudert die Beute in Lauf-
richtung. Je explosiver die Be-
wegung ausgeführt wird, desto
besser.

Aufgabe für den Leser: Experi-


mentieren Sie mit verschiedenen
Techniken des Auslösens, und
kontrollieren Sie sich ständig auf
43

Klar, was hier


pantomimisch
ausgesagt wird:
Der Herr rasiert
sich.

unbeabsichtige Wirkungen. (In der isolierten Teile in eher betonter


Gruppe lassen sich tolle Spiele Ausprägung wiedergeben werden.
durchführen.) So wie etwa ein Karikaturist durch
die maßvolle Überzeichnung
(Übertreibung) den Blick des Be-
trachters auf Besonderheiten lenkt
Auffordernungs- und ihm ein Schmunzeln abge-
Gesten winnt, so wird auch im Spiel durch
Betonung bestimmter Aus-
drucksformen eine Steigerung in der
Signal-Wirkung erzeugt. Die
Spielaufforderung
Stilisierte Geste zeichnet sich also
Wir alle kennen die Aufforde- durch zweierlei aus: An Stelle einer
rungsgeste, mit welcher Hunde Abbildung eins zu eins beschränkt
einander zum Spiel auffordern: sie sich auf hervorstechende,
vorne tief, hinten hoch, „lachender", wesentliche Merkmale und
freundlich einladender Mas- zweitens: sie betont diese -durch
kenausdruck, Lefzenwinkel weit Überzeichnung. In unserem Falle
nach hinten gezogen. Das können heißt also die Aufgabe, das
wir natürlich nicht in gleicher Wesentliche der Spielaufforderung
Weise nachahmen. Aber wir können zu erkennen und in einer für den
markante Teile aus dieser Ver- Menschen geeigneten Form betont
haltensweise herauskristallisieren wiederzugeben. Vorbild in dieser
und wenigstens annähernd wie- Technik sind Karikatur und
dergegeben. Wichtig ist, daß die Pantomime.
44

Spielaufforderung l, zunächst Stellung einige Sekunden ver-


ohne Hund harren, dann
5. Auslöser: explosive Bewegung als
Beschreibung in Stichworten: Stimulation für gemeinsames
1. Beine in Grätsch-Stellung, Knie Spiel. Etwa Spiel-Fluchten, Spiel-
leicht beugen Nachjagen, Sprünge, Auf-
2. Oberkörper ein wenig vorbeu- forderung zum gemeinsamen
gen (Drohung vermeiden!) Laufen, gegebenenfalls Wieder-
3. Blick auf Hund heften, Hörsignal holung der Spielaufforderung,
(beispielsweise Wuffen oder auch Modifizierung derselben oder
einen anderen, Aufmerksamkeit Spielaufforderung 2.
erzeugenden Laut von sich
geben) Bemerkung zum „Fixieren": keine
4. Kopf, Oberkörper und Arme Angst vor dem Fixieren im Spiel!
ruckartig nach unten werfen (so Spiel findet im Entspannten Feld statt
weit es die eigene Gelenkigkeit und hier tritt Fixieren in spieleigener
erlaubt), Blick jedoch nach vorn, Färbung auf. Hunde fixieren sich im
weiterhin auf den Hund heften. Spiel gelegentlich bis zu einer
Blick und Mundpartie schmun- halben Minute, und zwar
zelnd und einladend. In dieser ununterbrochen. Würde ein Hund
auf das Spiel-Fixieren hin Angst
Keine Angst vor oder Unsicherheit demonstrieren,
Spiel-Fixieren.
müßte man allerdings das Fixieren
abbrechen und erst einmal ein
Entspanntes Feld aufbauen.
Außerdem ist bei Mensch-Hund-
Erst-Begegnungen natürlich Vorsicht
geboten und zuerst einmal eine
Vertrauensbasis herzustellen, bevor
man den Hund fixiert.

Spielaufforderung 2, zunächst
ohne Hund
1. Wie oben, an Stelle der „Vorn
Tief-, Hinten Hoch-Stellung"
jedoch lediglich einen leichten
Sprung aus dem Stand in den
Stand, ohne (oder mit nur ge-
ringer) Vorwärtsbewegung. Blick
während des Sprungs auf Hund
45

Nachahmung
einer „hündi-
schen" Spiel-
Aufforderung.

heften (im Idealfall freundlicher Lauf-Aufforderung, zunächst


Blick - Spielgesicht). ohne Hund

Hunde, vor allem, wenn sie noch


Spielaufforderung 3, zunächst jung sind, werfen ihren Körper
ohne Hund dann und wann völlig unvermittelt
in eine neue Richtung und
1. Bein-, Oberkörper- und Kopf- beginnen daraufhin wie wild zu
haltung wie oben. galoppieren. Dieses Verhalten
2. Unbewegt stehen bleiben und wirkt auf andere Rudelmitglieder
mit einem Bein (einmal oder ungemein ansteckend. In der
mehrmals) auf den Boden Regel wird auf diese Weise ein
stampfen. Auch hier wieder in wildes Lauf- oder Fangen-Spiel
aufforderndem, freundlichen eingeleitet.
Charakter. Man kann nicht im-
mer vorhersehen, ob das Auf-
den-Boden-Stampfen bereits als Spielbeschreibung:
Auslöser auf den Spielpartner
wirkt oder ob lediglich eine 1. Hundeführer geht eher ab-
Verstärkung vermittelt wird. sichtslos hin und her.
3. Weiterführung wie oben. 2. Auf einmal startet er, etwa in
46

Aufbruch-
Aufforderung.

Verbindung mit einem Sprung, eckige Kopfbewegung ange-


und läuft in eine neue Richtung. zeigt. Varianten: Verstärkung
durch Blickbewegung oder
(und) durch Laute.
Aufbruch-Aufforderung (Auf-
bruch-Geste), zunächst ohne
Hund
Während Lauf-Aufforderungen Achtung-Gesten,
häufig gleichzeitig Spiel-Auffor-
derungscharakter beinhalten und
zunächst ohne
zum Laufen oder Spielen an sich
stimulieren, werden Aufbruch-
Hund
Gesten oft (nicht immer) in die
einzuschlagende Richtung vermit- Im Repertoire der Nonverbalen
telt. Kommunikation sind Achtung-
Gesten mindestens ebenso viel-
1. Wie bei Lauf-Aufforderung l versprechend wie Spielaufforde-
2. Die neue Richtung wird durch rungen. Tiere in der Wildnis
ein Schwingen mit dem Kopf signalisieren sich durch Achtung-
eingeleitet. Variante: Aufforderung Gesten beispielsweise: „Aufgepaßt!
und neue Richtung werden nur Seht her! Ich hab etwas
durch eine geringe, Wichtiges wahrgenommen." Die
47

eigentliche Ursache des Interesses m Spannung1" - Oder „Schau her,


kann, muß aber daraus noch nicht ich schleich Dich jetzt an "
hervorgehen Oft zeigt sich dies erst
im weiteren Verlauf Neben Wir haben im Spiel unserer Hunde
Bedrohungs- und Jagd-Motivation immer wieder beobachtet, daß
gibt es unzählige Ereignisse, die das Spiel-Anschleichen m der Regel so
Interesse der Tiere auf sich ziehen gestaltet wird, daß der andere das
Anschleichen wahrnimmt Spiel-
Je hoher das Ereignis eingestuft Anschleichen von hinten kommt
wird, desto bedeutungsvoller wird bei ausgewachsenen Hunden selten
ein ganz besonderer Punkt vor Der Vorgang wird meist - mehr
Schnelligkeit Handelt es sich bei- oder minder auffällig -
spielsweise um eine Bedrohung, so angekündigt Das Anschleichen
ist Schnelligkeit eine ausschlag- erfolgt frontal von vorn oder auch
gebende Komponente des Überle- seitlich Unter dieser Voraussetzung
bens Daher muß jede potentielle ist gesichert, daß der „Überraschte"
Gefahr so früh wie möglich erkannt m Spielstimmung gerat, und das
werden Auch m der Jagd ist Spiel im weiteren Verlauf auch
Schnelligkeit ausschlaggebend wirklich als Spiel mitmachen kann
Kommt man um einen Augenblick Auf eine echte Überraschung
zu spät, so ist die Beute weg Gehen wurde der Angegriffene eher mit
die Kräfte zur Neige, kann ein einer instinktiv gesteuerten Verteidi-
einziger mißglückter Angriff den gungsaktion antworten Diese
Tod bedeuten Die Chance des konnte dem in spielerischer Absicht
Jägers liegt vor allem in der Über- Angreifenden ernsthaft gefährlich
raschung und m der Schnelligkeit werden
So wird verständlich, daß wild
lebende Tiere eher einmal zu viel Achtung-Signale im Spiel erfüllen
von Achtung-Signalen Gebrauch also mehrere Aufgaben Kommu-
machen „Blinder Alarm", wurden nikative Kontaktaufnahme, Stim-
wir sagen Aber besser viermal mungsübertragung auf alle Be-
Blinder Alarm als einmal eine teiligten und Ankündigung des
Gefahr oder eine Jagd-Chance „geplanten" Spiels Ob etwa ein
übersehen1 Achtung-Signale, wie Fangen-Spiel, ein Scheinangriff
konnte es anders sein, findet sich oder was immer zu erwarten ist
natürlich auch im Spiel wieder
Auch dort vermittelt der eine dem Hunden entgeht selten ein Achtung-
anderen „Hallo1 Hersehen - hier bei Signal Kommt die Botschaft aus
mir ist was los'" -Oder „Hallo, irgendwelchen Gründen jedoch
komm her, ich bin nicht an, wird das Signal
48

meist verstärkt oder auch in Ab- das mehr oder minder lang dauernde
wandlung oder durch Hinzufügen Halten der Erstarrung, gefolgt von
weiterer Sinnesebenen, wiederholt, geeigneten Anpassungsvarianten
etwa durch Wuffen, auf den Boden (noch näheres Heranschleichen,
stampfen und anderes. Mitunter Abducken, Wegtrippeln usw.).
reagieren Hunde jedoch auch Schließlich folgt das Anspringen
absichtlich nicht auf die Gesten des oder auch Flüchten.
anderen. Zum Beispiel dann, wenn
sie nicht spielen wollen oder wenn Hundeführer sieht man in allen drei
sie dem Signalgeber betont Momenten immer wieder den
ignorierend ihre höhere gleichen Fehler machen: Die ein-
Rangordnung demonstrieren. Nach zelne Aktion wird ausgeführt, ohne
einiger Zeit kann es dann daß vorher das geistige Erlebnis
vorkommen, daß sie nach vollzo- vorausging. Dadurch wird die
gener Dominanz-Demonstration simulierte Darstellung nicht nur
doch mitspielen, mitunter um so unglaubwürdig, sondern sehr oft
intensiver. Manchmal muß sich das fehlerhaft. Das Anhalten sieht dann
rangtiefere Individuum zuerst bei manchen drohend, bei anderen
einmal unterwerfen, bis sich der gezwungen, unsicher oder kraftlos
Höhere zum Spiel herabläßt. Oder aus, und an Stelle des Erstarrens
es kommt vor, daß der Ranghöhere bewegt man sich dann doch
die Aufforderung nicht annimmt irgendwie in wackelnder Weise... In
und nach einer Weile dann selbst allen Fällen hätte man sich die
inszeniert. simulierte Handlung vorher
vorstellen sollen! Spiel steht und
fällt mit der Verwandlung, sprich
Imagination! Das muß ernst
Der entscheidende genommen werden. Wenn wir also
Moment im Folgenden beschreiben, der
Hundeführer solle nach dem
lockeren Hin- und Hergehen auf
Da Hunde ausgesprochene Bewe- einmal stillstehen, dann ist damit
gungsseher sind, können sie gemeint, er muß so tun, als hätte er
kleinste Veränderungen der Haltung etwa am Boden eine Maus
und Bewegung wahrnehmen. ausgemacht oder unter einem
Veränderung bedeutet aber auch: Busch eine Katze oder einen Vogel
Eine Bewegung wurde ab- entdeckt. Das muß ich mir richtig
gebrochen! Genau das ist das zu- vorstellen, es vor meinem geistigen
erst auftretende, entscheidende Auge Wirklichkeit werden lassen.
Moment der Achtung-Geste. Als Ich muß es, mit einfachen
zweites folgt das Erstarren, dann
49

Worten: spielen, ich muß es leben! und Beobachtung haben schon vielen
Nur unter dieser Voraussetzung geholfen, ihr Spielen natürlicher,
wird die Achtung-Geste dem Hund differenzierter und effizienter werden zu
glaubwürdig vorkommen. lassen.

Ich hefte also den Blick auf den Hier die Kurzbeschreibung der
Punkt (wo sich die Maus in meiner Haltung des Hundeführers nach
Vorstellung befindet), gleichzeitig dem Orten der Beute: Der Hundefüh-
habe ich mich innerlich in einen Beine in Ausfalls-Stellung (T- rer „verwan-
delt" sich hier
Hund verwandelt, das heißt, für Stellung), in den Knien ein wenig in einen Hund,
mich als Hund ist dies ein beugen, sprungbereite Körperhal- der eine Maus
außerordentlich motivierendes Er- tung, leichte Spannung im gesam- am Boden
eignis. In dieser Imagination rufe ich ten Körper (jedoch keine Verspan- geortet hat
meine emotionalen Kräfte wach: nung Oberkörper leicht gebückt (optische
Ordnung)
Eine Maus! - Jagdlust kommt auf!
Auf diese Weise werden sich (im
Idealfall) ganz von selbst die damit
verbundenen Signal-Details
einstellen. Viele Menschen sind
jedoch bereits erheblich haltungs-
und bewegungs-degeneriert, was
sich im Spiel natürlich auswirkt. In
diesem Fall kann die Beschreibung
einiger Signal-Details zur Verbesse-
rung beitragen. Die Vergegenwär-
tigung darf allerdings nicht auf
geistiger Ebene stehen bleiben. Es
kommt darauf an, das Wissen in die
Tat umzusetzen, wobei sich
Trockentraining (Üben ohne
Hund) ganz besonders empfiehlt.

Die zweite Möglichkeit, Aus-


drucks-Defizite auszugleichen, liegt
in der Beobachtung. Neben dem
Trockentraining sollte man jede
Gelegenheit nützen, Hunde im
Spiel zu beobachten. Auch Katzen
auf Mäusejagd sind lohnende
„Vorbilder". Beschreibung
50

und vorgebeugt, Arme und Hände Vorbereitung: Hundeführer legt


in aktionsbereiter Haltung (nicht eine Spielbeute ins Gras (oder
schlaff herunterhängen lassen), hinter eine Mauer, auf einen
Augen etwas weiter als normal Baumstumpf o.a.) und entfernt sich
geöffnet, höchst konzentrierter, einige Meter.
fixierender Blick, Gesichtsausdruck
erstarrt, Atmung gleichmäßig ein- 1. Hundeführer geht locker hin und
und ausströmend oder auch Atem her (Imagination)
anhalten. 2. Plötzliches Orten der Beute
(geistig-emotionale Vorstel-
lung!)
Spielbeschreibung l, Orten
3. Bewegung stoppen, anhalten,
(sehend oder hörend) und An-
erstarren, fixieren...
springen der Beute (zunächst
4. Aktion: Beute anspringen*.
ohne Hund)
5. Mit der Beute spielen
(Aus pädagogischen und praktischen
Gründen stellen wir hier gleich von *Kurzbeschreibung des An-
Anfang an nicht nur die Achtung- springens:
Geste isoliert, sondern als (Die gesamte Übung ohne Hund!)
zusammenhängende Jagd-Spiel- Hier kommt es auf die Schnellkraft
Einheit vor) der Bewegung an. Die
Sprungbewegung darf sich nicht
umständlich oder stockend in
Hier hat der Gang setzen, sondern sie muß wie
verwandelte
Hundeführer eine gelöste, vorher gespannte Feder
Witterung auf- erfolgen, sozusagen explosiv. Damit
genommen der Sprung explosiv gelingt, ohne
(olfaktorische sich vorher durch Aufbauen der
Ortung).
Muskelspannung zu verraten, muß
die Spannung schon vorher
aufgebaut sein, wie bei einem
Bogen, den man so lange gespannt
hält, bis man sich des Ziels sicher
ist.

Spielbeschreibung 2, Orten
(riechend) und Anspringen der
Beute (zunächst ohne Hund)
Vorbereitung wie bei Spielbe-
schreibung l
51
1 wie bei Spielbeschreibung l chen oder Frauchen nicht, dann
2 Körper aufrichten, Kopf und folgen Abwandlungen wie durch
Nase in die Hohe strecken und die Lefzen blasen (prusten) oder
Bewegungen der Witterungs- auch wuffen, bellen, aufrichten,
aufnahme nachahmen (olfakto- hochspringen oder zu Herrchen
nsche Ortung) laufen und dann wieder in Richtung
3 Dann das Sehen der Beute dar- Tür, verbunden mit Zeige-Gesten
stellen (optische Ortung) Der Mensch wurde seine Absicht
4 Anschließend wie unter 1) er- verbal mitteilen, ohne Gestik und
starren und anspringen Mimik und ohne seine Position zu
verändern Er wurde einfach sagen
„Bitte mach mir die Tür auf " Es
wurde ihm kaum einfallen, diese
Zeige-Gesten, Absicht mittels einer Zeige-Geste
zunächst ohne kundzutun Und wenn, dann wurde
er mit den Händen und Fingern in
Hund die Richtung zeigen, aber nicht mit
dem Kopf Denken wir immer daran,
wenn uns der Hund optische
Der Mensch hat schon früh erkannt, Signale mitteilt Er spricht mit uns'
daß er sich die Zeige-Gesten des Lassen wir seine Fragen und Wun-
Hundes zunutze machen kann Der sche nicht unbeantwortet' Ant-
Jagdhund zeigt durch Vorsteher- worten wir, und wir sind mitten m
Haltung die Richtung an, wo sich das der Syntonen Kommunikation1
Wild aufhält Darüberhinaus
vermittelt der Hund noch zahlreiche
Spielbeschreibung:
andere Zeige-Gesten
Vorbereitung Futterschussel auf
Wenn Hunde etwa zur Tür hinaus einen Tisch oder hinter eine Tür
oder hinein mochten, dann teilen stellen (Das Verwenden der
sie uns dies (auf einem mittleren Schussel soll lediglich die Vorstel-
Aktionsniveau) nicht zuerst durch lung erleichtern Sie kann also leer
Bellen, sondern durch Zeige-Gesten sein)
mit Sie teilen uns Absicht und
Zielrichtung mit der Schnauze l Zeige-Gesten mittels Kopf- und
durch wiederholtes Hm- und Augenbewegungen (Augen in
Wegdrehen mit Verstärkt wird einem Bogen in die Zielrichtung
dieses Signal durch gleichlaufende rollen Soweit möglich, die Roll-
Bewegungen der Augenbrauen „Ich bewegung mit den Brauen mit-
will da hinein' Komm her und mach machen „Verstärker-Wirkung")
mir auf " Reagiert Herr-
52

Naturell kann man beobachten, daß


Droh-Gesten Hunde eine kurzzeitige (ge-
ringfügige!) Unlust- oder auch
Droh-Gesten sind wichtig, auch Schmerzvermittlung viel leichter
wenn man den Eindruck hat, daß kompensieren als psychischen
man darüber ebenso ungern spricht Druck, Zorn, Liebesentzug oder
wie über tätliche Maßregelungen. andere Formen seelischer Gewalt.
Beides gehört aber zu einer In der Erziehung wie auch im Sport
natürlichen Hunde-Erziehung! wird man nicht ganz ohne
Wenn man es ernst meint mit dem Maßregelungen auskommen, aber
Vorsatz, den Hund „so weit wie bei fehlerfreiem motivationalem
möglich gewaltfrei zu halten", Aufbau lassen sich Einwirkungen
gerade dann müssen die wenigen sowohl vom Umfang als auch von
physischen und psychischen der Intensität her auf ein Minimum
Einwirkungen überzeugend zum beschränken. Sie bleiben seltene
Tragen kommen. Und das Ausnahmen.
Stellvertretende Signal muß von
vornherein mit einbezogen werden.
Mir muß also bereits vor dem ersten
Einsatz einer Einwirkung klar sein, Akustische
wie ich wieder davon wegkomme,
wie ich sie fortan etwa durch ein
Kommunikation
Drohen ersetzen kann. Droh-Geste
bedeutet ja nicht in jedem Falle, daß Viel spricht dafür, daß der Hund
ich dem Hund etwas antun will! Es sein akustisches Kommunikations-
gibt unzählige Formen und Repertoire im Verlauf der Do-
Intensitäten des Drohens. Wir mestikation verändert und erweitert
haben diesem wichtigen Punkt ein hat. Die Aufgaben als Wach-, Hüte-
eigenes Programm, eine eigene Me- und Jagdhund konnten nur durch
thode gewidmet. Die Rede ist vom Betonung der akustischen Signale
„Geistigen Zügel", der noch erfüllt werden. Bellen war wichtig.
mehrfach besprochen wird. Einen Gut bellende Hunde wurden
Punkt wollen wir aber zur „ Straf- vermutlich in der Zucht bevorzugt.
Problematik" ansprechen. Manche Wenngleich bis dato keine
Gewalt-Gegner stufen schmerzhafte einheitliche Abgrenzung der
Einwirkungen von vornherein unterschiedlichen Lauttypen vor-
gravierender ein als psychische liegt, so steht doch die Lautäuße-
Gewalt. Das ist nicht nur mit rung des Hundes als Ausdruck be-
unterschiedlichem Maß gemessen. stimmter Motivation außer Frage.
Je nach Rasse und individuellem „Bellen kann Unbehagen wie
Wohlbefinden signalisieren" (Fed-
53

dersen-Petersen 1997). Feddersen-


Petersen unterscheidet 7
Lautklassen: Quärr-Laute, Muck-
Laute, Winsel-Laute, Beil-Laute,
Knurr-Laute, Mau-Laute, Schrei-
Laute.

Allein beim Bellen sind in weiterer


Differenzierung mindestens 8 Laut-
Typen zu unterscheiden: Ein-
samkeitslaut, Spielaufforderungs-
bellen, Spielbellen, Drohbellen,
Warnbellen, Angriffsbellen, Be-
grüßungsbeilen, Kontaktbellen u.a.

Im Sinne der Syntonen Kommuni-


kation ist es wichtig, daß der
Mensch einerseits die Lautäuße-
rungen des Hundes immer besser
decodieren lernt, auf der anderen
Seite die eigenen auditiven Signale
deutlich, ehrlich und un-
mißverständlich gestaltet. Viele
Hundeführer senden massenhaft
irreführende Signale aus. Sie spre-
chen den Hund etwa an: „Komm,
laß das!" - In Wirklichkeit klopfen
sie ihrem vierbeinigen Freund wie
einem Kumpel gedanklich auf die
Schulter: „Komm, das geht doch Auch Hunde
nicht, hör auf damit, usw..." Dieses chen (wortlos versteht sich), was heulen zu-
„Komm" beinhaltet etwas ganz denn gemeint sei. Herrchen aber weilen. Hier
anderes als das „Komm" im Sinne nimmt die nonverbale Frage nicht „Quirin", der
wahr. Der Hund schließt daraus jeden Samstag
von Herbeirufen. Wie soll der Hund ins Heulen der
damit klarkommen? Wie soll er etwa Folgendes: „Das Ganze kann 12-Uhr-Sirene
derartiges Semantik-Kauderwelsch wohl nicht so wichtig sein. - Also einstimmt.
mit eindeutigen Verhaltensweisen mal abwarten, ob nicht noch eine
verknüpfen? In der Regel tut er in bessere, ernster gemeinte Infor-
solchen Fällen äußerlich gar nichts. mation kommt." Daraufhin macht
Er wartet ab. Gleichzeitig aber der Hundeführer den nächsten
„fragt" er Herr- Fehler. Er läßt die Situation unge-
klärt, läßt es durchgehen, daß das
54

erwartete Verhalten nicht gezeigt Überzeugend formen sich Ton und


wurde. Das wiederum bekräftigt Klang gewöhnlich nur, wenn man
den Hund bei Wiederholungen innerlich dahinter steht; Klangfär-
ähnlicher Situationen, keine bungen sind in der Regel Abbilder
Handlung folgen zu lassen. Der unseres Willens und unserer inneren
„circulus vitiosus" ist perfekt. An Befindlichkeit. Hierzu wäre noch
diesem einfachen Beispiel wird viel zu sagen. Wer mehr darüber
deutlich, wie wichtig die Kommu- wissen möchte, den verweisen wir
nikation für eine intakte Mensch auf den Titel des Autors Mensch-
Hund-Beziehung ist, und welch Hund-Harmonie, Die „Unter-
weitreichende Folgen Fehler be- Ordnung" der Zukunft.
wirken.
Hier nur so viel: In der Akustischen
Und es werden nicht nur Fehler der Kommunikation sollte man inhalt-
inhaltlichen Verwechslung liche und phonetische Ungereimt-
(Semantik-Divergenz) gemacht. Man heiten unbedingt vermeiden.
sagt, der Ton macht die Musik und
meint damit, daß eigentlich erst der Auch hier hilft uns wieder die
Klang dem Wort seine ganz Imagination. Wenn ich mich richtig
bestimmte Bedeutung verleiht. hineinlebe in das, was ich eigentlich
Obwohl das eigentlich jeder weiß, vermitteln will, und wenn mir daran
gibt es doch Tausende von gelegen ist, daß ich meine Botschaft
Hundeführern, die ihrem Hünd- so vermittle, daß sie mein Hund
chen, das wie wild jeden entge- auch aufnehmen und umsetzen
genkommenden Hund oder Jogger kann, dann werden viele Fehler von
ankläfft, zurufen: „Nein, Schatz. vornherein ausgeschaltet.
Flocki, das darf man nicht. Sei still Meditatives Handeln!
und schön brav. Jetzt reicht's aber."
Inzwischen ist man schon weit Im Spiel sind akustische Infor-
genug gegangen, so daß Flocki von mationen besonders wichtig. Sie
allein aufgehört hat. Vielleicht ist begleiten viele visuelle Signale,
dem Leser aufgefallen, daß die unterstützen oder bekräftigen sie,
Anreden ohne Rufzeichen dastehen. geben ihnen eine ganz besondere
Genau so wurden sie nämlich Färbung und: auditive Signale
ausgesprochen. Nicht ernst kommen auch in Form von Auslöse-
gemeint und ohne jede Signalen zum Einsatz. Sie können zu
Bekräftigung. Und das Tag für Tag, Stellvertretenden Signalen kultiviert
jahrein, jahraus... werden und andere
Informationsebenen ersetzen.
Ja, der Ton macht nicht nur die
Musik, er macht auch das Wort.
55

Auch beim Loben oder der Ver-


mittlung, daß ein Verhalten nicht
erwünscht ist, kommt es darauf an,
die richtigen, d.h. verständlichen
auditiven Signale zu finden und
diese überzeugend einzusetzen.

Taktile
Kommunikation
Auch hier müssen wir uns kurz
fassen. Wer mehr über die Wir-
kungsweisen der Berührung er-
fahren möchte, möge in der ein-
schlägigen Literatur nachlesen.

Wir haben Berührung vor allem im


Basis-Spiel eingebracht. In keiner
anderen Übung bieten sich derart
viele, dem Spiel der Welpen
nachgeahmte Berührungssituatio-
nen an. Hier noch ein weiterer
Beitrag zu diesem Thema.
wie er es unter Hunden in ähnlicher Knie-An-
Nehmen wir an, wir stehen neben Situation tun würde. (Diese Form drücken wurde
dem Hund und wollen ihm einer Taktilen Kommunikation setzt hündischer
Berührungs-
berührenderweise unsere Zunei- natürlich eine gewisse Körpergröße Kommunikation
gung zeigen. Einmal mehr ist uns des Hundes voraus.) abgeschaut.
die hündische Verhaltensweise
Vorbild. Wir drücken sanft unser
Knie in seine Flanken, gleichzeitig Augen-MO-Linie,
streicheln wir ihn an der gegen-
überliegenden Flanke, die wir auf ohne Hund
diese Weise gegen das Knie
drücken. Der Hund wird den Kopf
zurückdrehen und sein Gewicht Hat man gelernt, den Hund besser
gegen das Knie drücken, genau zu beobachten und die eigenen
Kommunikations-Signale bewuß-
56

haben wir bereits im Zusammen-


hang der Sekundar-Motivation2
kennengelernt. Leider kommen
viele Hundeführer über dieses
Niveau nie hinaus, und damit sind
die später auftretenden Probleme
vorprogrammiert. Der extrinsisch,
sekundärmotivierte Hund hat nichts
mehr, was ihn antreibt, wenn das
MO irgendwann einmal abgesetzt
wird. Wir zeigen den Unterschied
am besten an Hand einer
Gegenüberstellung.

In Grafik l spielt der Hundeführer


mit Futter oder Beute, ohne sich
selbst ins Spiel zu bringen. Seine
Kommunikation ist nur hauchdünn
und steht weit unter dem, was das
bewegte MO an Motivation
erzeugt. Daher verlauft die
Konzentrations-Linie des Hundes
direkt zum MO, dessen
Bewegungen er hochkonzentriert
verfolgt und das er keine Sekunde
aus den Augen läßt. Obwohl der
Hundeführer dieses MO bewegt,
steht er sozusagen außerhalb der
Motivation des Hundes.

In der zweiten Grafik (siehe Seite


58) bringt sich der Hundeführer
selbst ins Spiel, indem er mit dem
Hund kommuniziert. Dabei be-

Augen-MO-Linie ter und gezielter zu vermitteln, 2


Die m der Pädagogik üblichen Begriffe der „m
aus der Sicht dann fehlt jetzt noch eines. Wir trinischen", „extrmistischen", „primären" und
des Hundes... „sekundären" Motivation herauszuarbeiten,
müssen vermeiden, daß der Hund wurde den Rahmen sprengen
nur an der Beute Interesse zeigt
und wir ihm mehr oder minder
gleichgültig sind. Was hier ablauft,
57

gleitet er die Handhabung des


MO's mit entsprechenden Gesten
und mit der Stimme. Genauge-
nommen passiert dieser Vorgang m
umgekehrter Reihenfolge (oder
allenfalls gleichzeitig): Was an Be-
wegungen des MO zu erwarten ist,
kundigt der Hundeführer entweder
durch vorausgehende Signale an
(Oder er begleitet diese
Bewegungen gleichzeitig mit ent-
sprechenden Informationen.). Auf
diese Weise werden Herrchens
Signale immer wichtiger. Der Blick
des Hundes wird nicht nur auf das
MO fixiert bleiben, sondern seine
Augen werden hin- und
herspringen zwischen dem, was am Durch einen Kunstgriff kann dieser
Hundeführer abzulesen ist und Vorgang in eine zuverlässige,
zwischen dem MO. praktische Form gebracht werden:
Der Hundeführer hält das MO
... und hier aus
der Sicht des
Hundeführers.
58

Aber es bietet sich an, im Spiel


immer wieder darauf zurückzu-
kommen, vor allem in den vielen
Warte- und Lauerphasen.

Kommunikations-
Spiele (die ersten
Spiele mit dem
Hund)
Viele Hundeführer spielen einfach
nicht irgendwo, sondern genau auf
zu wenig hündisch und viel zu
der gedachten Linie der
stereotyp. Die Ursachen sind viel-
Augenpaare. Er schaut den Hund
fältig: mangelndes Wissen um die
an und bringt das MO in die
Zusammenhänge, unzulängliche
Augenlinie. Wenn der Hund jetzt
Techniken sowie irreführende und
das MO fixiert, kann er gar nicht
widersprüchliche Motorik. Daher
anders, als gleichzeitig die dahinter
ist es so wichtig, sich auf der einen
ablaufende Mimik des Hunde-
Seite das Wesentliche der
führers wahrnehmen. Mit der Zeit
Kommunikation mit dem Hund
wird dem Hund die Mimik seines
geistig anzueignen und
zweibeinigen Spielpartners immer
andererseits die grundlegenden
wichtiger. Er wird dessen Signale
Signal-Techniken gewissenhaft zu
immer intensiver decodieren und
üben, und zwar zunächst ohne
darauf antworten, bzw. seine
Hund!, also bevor der Hund ins
Aktionen darauf abstimmen. Dem
Spiel kommt. Bis man im Spiel den
Hundeführer ist es auf diese Weise
nötigen Überblick hat und die
gelungen, sich ins Spiel zu bringen.
einzelnen Bewegungen wie selbst-
Er wurde ein Teil der Spiel-Beute,
verständlich ablaufen, wird einige
die er nicht nur durch Imagination
Zeit vergehen. Das gilt auch für
verkörpert, sondern die er durch
jene, die schon 25 Jahre Hundesport
geschicktes Nützen der Augen-
betreiben.
MO-Linie auch sichtbar vermittelt.
Aus gutem Grund haben wir in
Die Technik der Augen-MO-Linie
läßt sich verständlicherweise nicht unseren Kursen die Anforderungen
ununterbrochen aufrechterhalten. zu Beginn der Motivations und
Spielausbildung mehr und
59

mehr heruntergesetzt und die Mensch und Hund, dieses ge-


Lernschritte immer noch kleiner meinsam geführte „In Verbindung
abgestuft. Es hat sich in der Tat Treten": Syntone Kommunikation3; -in
nicht bewährt, von Anfang an alle Abgrenzung zur Monotonen
Möglichkeiten des Spiels freizu- Kommunikation, worunter wir Bot-
stellen! schaften verstehen, die ausgesandt
werden, ohne erwidert zu werden,
Der Hundeführer muß erst einmal Botschaften, die keine Antwort
lernen, den Hund zumindest zeitigen. Letztlich vergebliche Bot-
annähernd zu verstehen und mit schaften.
ihm zu kommunizieren. Hierzu
eignen sich am besten jene Spiele, Hunde senden unglaublich viele
in denen die Kommunikation und ebenso vielfältige Signale aus,
deutlich im Vordergrund steht, und und die meisten davon sind
man sich nicht zusätzlich mit der wortloser Natur. Aber wenn wir nur
Handhabung von Objekten selten und nur auf Bestimmtes
auseinandersetzen muß. Futter-und antworten, wird der Hund mit der
Beute-Spiele sind - mit dem Zeit immer seltener und weniger
Anspruch der Integralen Motivation - mit uns kommunizieren.
für den Anfang viel zu komplex. Umgekehrt wird ein Hund, mit dem
viel und oft synton kommuniziert
Die nun folgenden, „einfachen" Spiele wird, diesen für ihn wichtigen
sollten nicht unterschätzt 'werden! Was Bereich erweitern und verstärken.
man hier lernt, kommt einem später, bei
komplexeren Spielen sicher zugute. Der Aus der Vielfalt der Möglichkeiten,
Hundeführer lernt zunächst einmal, den mit dem Hund ohne Gegenstand,
Hund im Spiel genau zu l einfach nur mit dem eigenen Körper
beobachten und sich auf ihn ein- zu spielen, greifen wir hier lediglich
zustellen. Er lernt, Signale zu drei Beispiele heraus. Der Leser sei
empfangen. Das heißt, man wird die ermuntert, die Beispiele
Körpersprache des Hundes in immer abzuwandeln, zu erweitern, neue
feineren Nuancen erkennen und immer Spiele auszuprobieren und zu
besser deuten können. Man beginnt, entwickeln! Nicht nur als Mittel
den Hund zu lesen. Und man lernt auf zum Zweck, sondern weil es beiden
der anderen Seite, sich dem Hund Spaß macht - Mensch und Hund.
verständlich zu vermitteln. Der ,
Autor nennt dieses bewußt ge-|
führte „Zwiegespräch" von
3
Siehe E. Lind = Mensch-Hund-
Harmonie
60

Hundeführer im Spiel abgebrochen


Lauf-Spiel, mit hat, durch einen kurzen Spurt
Hund wieder neu motivieren. Den Hund
mittels Bewegungen zu motivieren,
muß uns in Fleisch und Blut
Laufspiele regen Wir erinnern uns: Eine der stärk- übergehen. Anfangs werden es
den Hund oft sten Motivationen ist die Bewe- grobe und auffällige Bewegungen
stärker an als gung. In der Regel läßt sich ein sein, später treten an ihre Stelle
Ball oder Futter. Hund, der die Konzentration zum immer feinere und kaum noch
sichtbare Bewegungen. Ja, sogar
geringfügige Haltungsver-
änderungen oder allein schon eine
bestimmte Position wird den Hund
in erwartungsvolle Alarm-
bereitschaft versetzen.

Spielbeschreibung 1: Spiel im
Freien, etwa im eigenen Garten
oder auf einer Wiese
Vorbereitung: Spiel auf griffigem
Untergrund: Wiese, Sand, Waldbo-
den o.a. - In möglichst ablen-
kungsfreier Umgebung!

1. Ist man mit dem Auto zum


Spielort gefahren, so muß der
Hund zuerst Gelegenheit für
Pfützchen und Häufchen be-
kommen! (Kommt er beim Aus-
laufen nicht sicher zurück, so ist
er an langer Leine, am besten an
einer automatischen Aufroll-
Leine zu führen.)
2. HF (Hundeführer) geht mit
seinem Hund in die Mitte des
vorgesehenen Spielplatzes und
leint den Hund ab. Gleichzeitig
streichelt er ihn, spricht ihn an
und sucht den Blickkontakt.
61

3. Innerliches Vorbereiten des be- hilft man ihm bei der Suche durch
absichtigten Spurts. Einatmen, Geräusche oder kurzes Sichtbar-
Spannung im gesamten Körper machen.
aufbauen, auch in der Mimik!
4. Explosiv losspurten, eine kurze
Strecke laufen, dann Haken
schlagen, immer wieder neue Versteckspiel mit
Richtungen einschlagen. Hund
wird mit an Sicherheit grenzen-
Abrufen, Hund wartet
der Wahrscheinlichkeit der Be- im Liegen oder Sitzen
wegungs-Motivation folgen.
Kann der Hund schon Liegen
Spielbeschreibung 2: wie bei (oder Sitzen) und warten, dann
Spielbeschreibung l, aber vor läßt man den Hund zuschauen,
Punkt 4 werden zusätzlich Spiel-, wie sich Frauchen oder Herrchen Versteckspiel.
Aufforderungs- oder Aufbruch-
Gesten gegeben.

Einfaches
Versteckspiel, mit
Hund
Einfache Versteck-Spiele kann man
mit dem Hund schon früh spielen.
Er braucht hierzu weder „Sitz"
noch „Platz" zu können. Man nützt
einfach einen kurzen Augenblick
des Unbeobachtetseins, um sich
irgendwo im Haus oder im Garten
zu verstecken. Am besten eignen
sich Verstecke, aus welchen man,
selbst unbemerkt, den Hund
beobachten kann.

Wenn der Hund nicht nach einiger


Zeit von selbst anfängt, Herrchen
oder Frauchen zu suchen,
62

von ihm entfernt, - wie man sich Leider bietet längst nicht jede
etwa aus dem Raum schleicht. Das Mensch-Hund-Beziehung die
endgültige Versteck sollte er jedoch nötigen Voraussetzungen für das
nicht von Anfang an sehen. Beim Fangen-Spiel: Vertrauen und intakte
Wegschleichen darf man den Hund Rangordnung. Wer hier Probleme
nicht aus den Augen lassen, um ein weiß oder auch nur vermutet, der
etwaiges Vorrücken aus der möge das Fangen-Spiel noch
Warteposition zu bemerken. Also zurückstellen und erst einmal mit
rückwärtsgehen! Und während des der Basis-Übung Erfahrungen
„Schleichens" nicht einen einzigen sammeln.
Schritt als Auslöser gestalten! In
dieser Phase soll der Hund nicht Anfangs sollte man im Fangen-
durch Futter oder Beute-Streiten Spiel von Beute-Objekten absehen.
belohnt werden. Das Erlebnis soll Die Aufgabe besteht ja eben darin,
im Auffinden des Hundeführers ohne zusätzliche instrumentelle
bestehen. Nach kurzer Wartezeit im Motivatoren auszukommen und die
Versteck wird der Hund abgerufen Spiel-Beziehung allein auf die
durch „Komm" oder „Hier" oder Kommunikation zu stellen. Auch
durch Rufen seines Namens. Hat ohne Futter oder Beute finden sich
der Hund Herrchen oder Frauchen im Fangen-Spiel nahezu alle
gefunden, folgt ein Bewegungs-, Kommunikations-Signale wieder,
Geschicklichkeits- oder Knuddel- die weiter oben besprochen
spiel. wurden.
Spielbeschreibung:
Fangen-Spiel um Im Spiel der Hunde untereinander
Hindernis, mit gibt oft ein Achtung-Signal oder eine
Spiel-Aufforderung den Anlaß
Hund (mitunter auch ein Anschleichen),
das beliebte Fangen-Spiel einzu-
leiten. Wenn zufällig Objekte da-
Ein zweifellos sehr schwieriges, stehen, um die man herumlaufen
aber ungemein interessantes und kann, liegt Fangen sozusagen in
ergiebiges Spiel für Hund und der Luft. Das Spiel läuft dann in
Mensch ist das Fangen-Spiel um erstaunlicher Ähnlichkeit zum
ein Hindernis herum, etwa um Fangen-Spiel unserer Kinder ab:
einen Hundehänger, ein Auto Hier wie dort finden wir Elemente
oder um ein Gartenhäuschen. aus dem Versteck-Spiel, dem Jagen
und Gejagtwerden und aus
63

reinen Laufspielen. Also: Einholen, Weise braucht man keine Gewalt


Fluchten, Wegabschneiden, ins Spiel zu bringen und die Do-
Verstecken, auf der anderen Seite minanz wird trotzdem nicht aus
wieder Vorlugen usw. Die Rollen der Hand gegeben. Bordet der
werden binnen Sekunden vertauscht Hund über, wird er aggressiv oder
und das Spiel beginnt von neuem. fängt er an, im Spiel zu dominie-
Beim Einholen jedoch haben wir ren, bricht man das Spiel kurzer
beobachtet, daß die meisten Hunde hand ab und läßt ihn links liegen.
in Beißstimmung geraten und zum Es kann aber auch angebracht
Spiel-Beißen übergehen. Wer also sein, sich bei aufkommendem Do-
mit seinem Hund Fangen spielt, minanz-Gebaren zuerst einmal
sollte immer etwas dabei haben, um durchzusetzen. Mitunter dauert
die wachgerufenen Triebe nicht an es lange, bis sich fehlentwickelte
der eigenen Hand, sondern an der und gestörte Mensch-Hund-Be
Beißwurst oder anderen Objekten ziehungen wieder normalisieren.
abreagieren zu lassen. Auf diese Das Spiel bietet hervorragende
Möglichkeiten hierzu. Fangenspiel.
64

Spiel-Grundsätze
Motivations- mögen, den Hund beispielsweise
auch nur zehn Sekunden an sich
Stabilität zu binden, allerlei anderen, nur
nicht den wirklichen Ursachen
zuzuschreiben: Der Hund sei nicht
Bei ausreichen-
Nirgendwo anders offenbart sich spielerisch veranlagt oder: im
der Motivations- die Mensch-Hund-Beziehung so Augenblick wurden ihn eben
Stabilität und - deutlich wie im Spiel. Hier zeigen andere Dinge mehr interessieren.
Balance können sich Verhaltensauffälligkeiten oft
auch mehrere schon bei Spielbeginn. Aber leider Wer aber Erziehung und Ausbil-
Hundeführer
gleichzeitig und werden diese vom Hundeführer dung auf Motivation und Spiel
nebeneinander nicht immer bemerkt. Oder man ist aufbauen mochte, muß sich an
spielen. bemüht, das eigene Unver- den gültigen Grundsätzen orien-
65

tieren. Hierzu gehört vor allem eine Die ideale Motivation zeichnet sich
stabile Motivation, die intakte durch zweierlei aus: Durch ein
Rangordnung sowie schlüssige, hohes Grund-Motivations-Niveau,
didaktisch-methodische Entscheidun- welches je nach Spielsituation durch
gen. Wer auf Motivation setzt, kann mehr oder minder hohe
nicht gleichzeitig auf sie verzichten. Motivations-Spitzen abgelöst wird,
Auch nicht teilweise! Die Spiel- und zweitens durch Permanenz.
Motivation ist gerade so viel wert, Motivation ist nur dann tragfähig,
wie sie auftretenden Ablenkungen wir sagen stabil, wenn sie beide
standhält. Sie muß in jedem Komponenten enthält. Ver-
Augenblick des Spiels höher stehen. gegenwärtigen wir uns dies an
Wer seinen Hund nicht zu Hand oben stehender Grafik:
faszinieren und zu binden vermag,
der gleicht einem Karten-Spieler, der Wo immer das Motivations-Niveau
in der Farbe Motivation lediglich oder die Motivations-Permanenz
eine Acht in der Hand hält. Das nicht ausreichen, sind Probleme zu
Spiel ist verloren, bevor es erwarten. Probleme, die sich dann
begonnen hat. Wer motivational oft nicht dort, wo sie auftreten,
vorgehen möchte, braucht lösen lassen, sondern die einzig und
Motivation in Fülle. Das ist jene allein durch eine generelle
Motivation, die sich durch nahezu Neuorientierung auf die Spiel-
nichts mehr ablenken läßt und die, Grundsätze zu beheben sind.
trotz aller natürlicher
Schwankungen des Niveaus, Nun mag man sich fragen: Ist dieser
während des gesamten Spiels Anspruch überhaupt realisierbar
niemals unterbrochen wird. oder bleibt er nur wenigen
66

Wunder-Talenten oder außerge- zwar von sich aus, absolut freiwillig,


wöhnlich fleißigen Hundeführern „Bei Fuß" gehend und ständig
vorbehalten? hochblickend, den gesamten Weg
nach Hause - zehn Minuten lang
Keine Angst! Grundsätzlich kann oder langer. Nichts kann den Hund
jeder die Motivations-Stabilität er- ablenken. Abwechselnd springen
reichen, einen normal veranlagten die Augen dorthin, wo er den Ball
Hund vorausgesetzt. Hierzu ein versteckt weiß oder zu Herrchens
Motivations-
Beispiel. Wer dann und wann mit Gesicht. Selbst durch abwehrende
Stabilität ist eine seinem Hund auf dem Spaziergang Gesten läßt er sich nicht davon
der wichtigsten spielt, hat möglicherweise das abbringen.
Grundlagen des gleiche erlebt, was so mancher
Spiels. Ein hoch begeisterte Spiel-Hundeführer be- Eine BGH- oder SchH-Prüfung
motivierter Hund
läßt sich durch richtet: Der Hund will nach dem dauert jedoch nur acht Minuten
nichts ablenken. Spiel nicht mehr von seiner Seite lang. Wenn der Hund unter be-
weichen. Er begleitet ihn, und stimmten Umständen 15 Minuten
67

lang hoch motiviert sein kann,


warum dann nicht auch in einer viel Rangordnung
kürzeren Prüfung, oder zumindest
über die Länge eines kurzen Spiels? Wir sagten vorhin, die Motivation
Grundsätzlich weiß man ja: Was darf während des Spiels keinen
einmal geleistet wurde, läßt sich Augenblick abbrechen. Dieser
wiederholen. Es kommt nur darauf, Augenblick wird in seinen Aus-
ähnliche Verhältnisse zu schaffen. wirkungen oft bei weitem unter-
Eines der Ziele ist es daher, die schätzt. Denn während dieses
Stabile Motivation jederzeit und an Augenblicks hat der Hund nicht
jedem Ort abrufen zu können, so nur die Konzentration auf das Spiel
daß der Hund 8,10 oder 15 verloren, sondern er ist in der Regel
Minuten hoch motiviert ist, sich binnen Sekunden von etwas
durch nichts ablenken läßt und anderem sinnlich eingenommen.
während der gesamten Zeit des Das heißt aber, wir begegnen ihm
gemeinsamen Spiels (ohne nach dem besagten Augenblick
Ausnahme!) ununterbrochen nicht in neutraler Verfassung,
(permanent) in unserem Bann bleibt. sondern auf etwas anderes
konzentriert. Es liegt auf der Hand,
Bei mangelhafter Motivations- daß wir in dieser Situation nur
stabilität ist das gesamte Unter- dann eine Chance haben, ihn
fangen auf Sand gebaut. Viele von wieder an uns und ans Spiel zu
uns kennen die erforderliche binden, wenn unsere Aktion mehr
Oktanzahl ihres PKW, Reifendruck Motivation freisetzt als das, worauf
vorn und hinten und auch die Höhe er sich im Augenblick konzentriert.
der monatlichen Steuer und Viele Hundeführer jedoch geben
Haftpflicht. Sie wissen, daß ihr bald auf oder sie wiederholen ein
Fahrzeug einen ganz bestimmten ums andere Mal das, was sie schon
Treibstoff benötigt, sonst geht der vor dem Abschweifen gemacht
Motor kaputt. Aber sie haben noch haben. Das kann natürlich keinen
nie ausprobiert, auf welchen Erfolg zeitigen, sonst hätte sich ja
Motivations-Bereich ihr Hund bei der Hund gar nicht erst abgewandt.
welcher Übung am besten Die Hilflosigkeit, in die sich der
anspricht, und sie halten es nicht Hundeführer begibt, bleibt dem
für besonders schlimm, wenn sich Hund sicher nicht verborgen. Viele
ihr Hund mitten im Spiel nach Hunde sehen hier nicht nur ihre
Belieben davonmacht, sich Chance, im Spiel zu dominieren, sie
abwendet oder an irgend etwas zu nehmen sie auch in vollem Umfang
schnuppern beginnt. wahr. Diese Hunde haben erfahren,
daß sie nur die
68

Nase auf den Boden zu halten sein um die Möglichkeiten, die sich
brauchen, zu pinkeln, den Vögeln aus den verschiedenen Moti-
nachzujagen, sich taub zu stellen, vations- Bereichen anbieten. Aber
regungslos dazustehen oder wie es muß auch mit aller Deutlichkeit
wild hin- und herzulaufen, und gesagt werden, daß man bei
schon ist Herrchen oder Frauchen Dominanz-Problemen nicht immer
absolut schachmatt und nicht ohne Zwang auskommt. Wir
annähernd in der Lage, Dominanz werden an späterer Stelle einige
durchzusetzen. Korrekturmaßnahmen beschreiben.

Dieser Hund Je öfter sich dieses Szenario wie- Im Rahmen der Spiel-Prinzipien ist
zeigt, wie man derholt, desto mehr wird sich das festzuhalten, daß das Spiel nicht
Herrchen Dominanz-Gebaren des Hundes außerhalb der sonst gültigen
„schachmatt"
festigen und desto schwieriger wird Sozialordnungen steht. Auch im
setzen kann.
Man braucht es, den circulus vitiosus zu Spiel darf der Hund nicht machen,
nur zu schnüf- durchbrechen. was er will. Auch im Spiel muß er
feln und so zu sich ein- und, wo erforderlich,
tun, als würde Die Verstärkung der bisher ein- unterordnen. Der Hundeführer
man nichts
anderes mehr gesetzten Maßnahmen ist meist
bestimmt nicht nur Anfang und
hören oder unbefriedigend. Bessere Erfolge Ende des Spiels. Er stellt auch die
sehen, und zeitigen neue, dem Hund bisher Regeln auf. Aber er wird bedacht
schon ist man unbekannte Vorgangsweisen. sein, alles so zu gestalten,
Spielführer.
Spätestens hier wird man dankbar
69
daß sich auch der Hund im ge-
meinsamen Spiel arteigen entfalten
kann. Hierfür müssen die
Spielregeln genügend Freiraum
bereitstellen.

Dominanz im Spiel hat noch eine


andere Ebene - die Ebene der Ver-
wandlung. Im Spiel der Hunde
untereinander kommt es immer
wieder vor, daß sich das höherran-
gige Tier in die Rolle des Gejagten
verwandelt oder auch in die Rolle
des Schwächeren. Wer im Video
„Richtig Spielen mit Hunden" die
Szene analysiert, in der Vater
„Quirin" mit seiner einjährigen
Tochter „Banja" um eine als Höhle
dienende Plane spielt, wird sehen,
daß sich der ältere und dominante
Rüde absichtlich in die schwächere
Position begab und die Tochter
absichtlich gewinnen ließ. Als
„Banja" das Spiel einige Tage später
in gewohnter Weise wiederholen
wollte, war Paps jedoch in anderer
Stimmung. Er hat nur kurz die
Lefzen gekräuselt und Banja scharf
angesehen; schon ließ sie die
Spielbeute fallen und trabte
untertänig davon. In der sozialen Ist die Rang-
Praxis gestaltet sich Dominanz viel nie jenes Vertrauensverhältnis auf- ordnung intakt,
komplexer und abwechslungsreicher, bauen können, das eine ausgewo- so kann der
als man vermuten möchte. Das sei gene Mensch-Hund-Beziehung Hundeführer
auszeichnet. Auf den Punkt ge- auch dann und
an all jene gerichtet, die meinen, wann den
Konsequenz sei der Weisheit letzter bracht, könnte man sagen: Ist die Unterlegenen
Schluß. Wenn der Hundeführer im Rangordnung zweifelsfrei gefestigt, spielen - ohne
Spiel auf konsequente Alpha- so ist nichts dagegen einzuwenden, Autoritätsver-
wenn sich auch der Mensch dann lust!
Position beharrt, vergibt er einen
Teil der Möglichkeiten. Zusätzlich und wann im Spiel in die
wird er schwächere Position verwandelt.
Also keine Angst, sich
70

vom Hund auch mal jagen zu Hier einige übergeordnete Spiel-


lassen oder beim Knuddel-Spiel am regeln:
Boden unter dem Hund zu liegen! • Weder der Hundeführer noch der
Wo allerdings Dominanz-Defizite Hund dürfen das Milieu des
bestehen, oder wenn Hunde Entspannten Feldes stören oder
aggressiv werden, sollte man von zerstören.
den beschriebenen Spielformen • Solange gemeinsam gespielt
absehen. Im ersten Fall müßte man wird, darf sich der Hund weder
alles daran setzen, auch im Spiel verselbständigen noch allein
wieder eindeutig die Oberhand zu weiterspielen. Aber auch der
gewinnen, und im zweiten Fall Hundeführer sollte sich an die
müßte man Situationen vermeiden, Regel des Gemeinsamen Spie-
die Anlaß zu Aggressionen geben. lens halten (Und nur in Aus-
nahmefällen davon abweichen).
Also nicht den Hund mitten im
Spiel stehen, sitzen oder liegen
Spielregeln, lassen und mit irgendwelchen
Tabus und Leuten reden! Auch nicht mit
dem Ausbilder. Zeit für Gespräche
Freiräume ist nachher!
• Der Hundeführer hat die Ver-
antwortung für beide Spielpartner.
Der Hundeführer bestimmt in der Er sollte daher in Abständen
Regel nicht nur Anfang und Ende prüfen: Kann sich der Hund im
des Spiels, sondern auch was ge- Spiel entfalten und kann er das
spielt wird. Bei intakter Dominanz Spiel lustvoll erleben?
allerdings können, wie gesagt, auch
in diesem Punkt Ausnahmen Die spezifischen Regeln hängen
gemacht werden. Solange der Hund vom einzelnen Spiel ab. Sie sind
den Freiraum, auch selbst einmal derart vielfältig, daß wir sie hier
die Initiative zu ergreifen und nicht aufführen können. An Stelle
Herrchen auf ein Spiel einzuladen, dessen weisen wir darauf hin, daß
nicht für Dominanz-Vorteile sich der Hundeführer darüber im
ausnützt, spricht nichts dagegen. klaren sein sollte, was er eigentlich
mit dem Spiel bezweckt. Soll das
Die Spielregeln werden vom Spiel um des Spiels willen inszeniert
Hundeführer nicht nur aufgestellt, werden oder will man mit Hilfe des
auch deren Einhaltung wird von Spiels Erziehungs- oder
ihm überwacht und durchgesetzt. Ausbildungsziele verfolgen? Handelt
es sich also um Freie Spiele oder um
Ziel- bzw. um Lern-
71

Spiele? Sollen ursprünglich Freie Die Fähigkeit des Hundes, Tabus mit
Spiele in Lernspiele umgewandelt Signalen zu verbinden und Tabus
werden oder abwechselnd in einer einzuhalten, ist eine der Ursachen,
Spielsequenz aneinandergereiht weshalb sich kein anderes Tier
werden? derart gut domestizieren ließ. Aber
aus heutiger Sicht geht es nicht nur
Beim Aufstellen der Regeln sollte darum, Tabus abzuverlangen,
der Hundeführer Strategien ent- sondern diesen Vorgang für den
wickeln, wie er dem Hund das Hund möglichst artgerecht und
Einhalten der Regeln möglichst angenehm zu gestalten. Die
leicht, im besten Fall sogar meisten wünschen sich heute den
schmackhaft machen kann. Hier hat Hund als Team-Partner und nicht
sich der Grundsatz bewährt: Wo als parierenden Sklaven. Und das ist Spiel und Üben
immer möglich, Regeln und Tabus gut so. Aber mit einem Partner muß fordert die
zuerst einmal durch positive man natürlich entsprechend gesammelte
Konzentration.
Motivation verständlich machen umgehen. Wir werden in diesem Plaudern mit
und erst auf höheren Lernstufen auf Buch vorstellen, wie man den dem Nachbarn
der „Einhaltung der Regeln in jeder Geistigen Zügel weitestgehend streß- sollte man nach
Situation" bestehen. und zwangsfrei, ja sogar dem Training.
72

lustvoll aufbaut und auf höheren des MO's, des Motivations- Be-
Ausbildungsstufen dann abrundet. reiches oder einfach durch Steige-
Folgende Tabus muß der Hund im rung der Motivation.
Spiel akzeptieren:
Hier noch ein Wort zum letzten
• Keine aggressiven Verhaltens- Punkt. Beißen ist nicht gleich
weisen Beißen. Hunde, die im Rudel leben,
• Unterlassen von (ernsthaftem) bekunden ihre Zuneigung unter
Dominanz-Rivalisieren anderem auch dadurch, daß sie
• Beißen Kopf oder Schnauze, mitunter auch
die Vorderläufe des anderen zart in
Beginnt der Hund, das Entspannte den Fang nehmen. Das macht auf
Feld zu verlassen und aggressiv zu den Uneingeweihten zwar einen
werden, so sollte man diesen furchterregenden Eindruck, aber es
Stimmungswechsel unter keinen ist völlig harmlos. Oft sind derartige
Umständen durchgehen lassen Schmuse-Spiele durch singendes
oder fördern. Entweder man setzt Maunzen begleitet und das
sich durch, wie auch immer, oder beeindruckende Sozial-Spiel dauert
man bricht jeweils bei den ersten oft minutenlang.
Anzeichen das Spiel sofort ab und
bringt den Hund mittels einiger Problematisch wird es im allge-
Kommandos in die Unter-Ordnung. meinen, wenn die Stimmung
In manchen Fällen hat es sich wechselt, was ich in der soeben
bewährt, den Hund nach beschriebenen Form nie beobachtet
Spielabbruch unverzüglich ins habe. Stimmungswechsel kündigen
Auto zu bringen. Ob ein erneuter sich in der Regel rechtzeitig durch
Spielbeginn sinnvoll ist, hängt entsprechende Signale an.
weitgehend davon ab, ob sich der
Hund inzwischen beruhigt hat und
sich wieder in das Entspannte Feld
zurückfuhren läßt. Das Absichern der
Auch bei Dominanz-Gebaren ist
Beiß-Hemmung
Vorsicht geboten, und hier gilt der
gleiche Rat: Unter keinen Da der Mensch nicht mit einem
Umständen aufschaukeln lassen! schützenden Fell bekleidet ist, tun
Rechtzeitig die Rangordnung wie- ihm natürlich bereits Bisse weh, die
derherstellen! Das kann im einen unter Hunden als „zarte Be-
oder anderen Falle auch mittels
geschickter Ablenkung erreicht
werden. Etwa durch den Wechsel
73

rührung" erlebt werden. Daß man geht und wie er sich bei Fremden,
Frauchens und Herrchens Hand nur Bekannten und vor allem bei Kin-
in Schmusestimmung und dort nur dern verhält.
besonders vorsichtig in den Fang
nehmen darf, das muß der Hund Eines darf man aber in dieser Dis-
früh lernen. Wer hier zu nachsichtig kussion nie außer acht lassen. Er-
ist, handelt fahrlässig. Denn aus leiden Hunde starken Schmerz
dem putzigen Welpen wird in (auch wenn dieser unabsichtlich
kurzer Zeit ein ausgewachsener zugefügt wurde) wird Aggression
Hund. Und wenn dieser in der als Instinkthandlung ausgelöst.
entscheidenden Phase ungehindert Diese Situation ist um so gefährli-
beißen durfte, dann fehlt ihm für cher, je überraschender sie den
den Rest seines Hundelebens das Hund trifft. Der Hund beißt dann
wohl wichtigste Tabu: die ganz zu, auch wenn er sonst 364 Tage im
besondere Beißhemmung dem Jahr der Harmloseste ist. Und er ist
Menschen gegenüber. Und von dann nicht ein „aggressiver oder
diesem Manko ist nicht nur der böser Hund", er folgt in diesem Fall
Hund, sondern alle, die ihm lediglich einem Instinkt. Aus dieser
begegnen, betroffen. Ein Hund Sicht sollte man die Forderung nach
ohne Beißhemmung ist eine Art absolutem Beiß-Tabu ernsthaft in
Zeitbombe. Daher fordern einige Erwägung ziehen. Wie man zur
Ausbilder, daß der Hund auch nicht Beißhemmung erzieherisch beiträgt,
im Welpenalter in die Hand oder wurde vielfach beschrieben:
den Arm beißen darf, auch nicht im Vergessen wir aber die Zeitung oder
Spiel. Als Begründung wird Leine als Strafmittel! Heute sind
angegeben, daß in einer kritischen sich Kynologen weitgehend darin
Situation beim absoluten Beiß-Tabu einig, daß abdressierende Reize
immer noch eine wirksame Barriere tunlichst am Vorbild der Natur
vorhanden sei. Wie man sich auch auszurichten sind. Das heißt in
in dieser Frage entscheiden mag: unserem Fall: Schnauzen- oder
Sicher sollte sich jeder Nackengriff und auf den Boden
Hundebesitzer ungeschminkt drehen oder kippen1. Streng
Rechenschaft geben, ob sein Hund anblicken in Verbindung mit einem
leicht in Aggression gerät, wie weit bestimmenden „Nein!". Auch
die Beiß-Hemmung abgesichert ist, Ausschimpfen wird gut verstanden.
ob der Hund, wenn er einmal ver- Manche Autoren empfehlen das
sehentlich im Spiel die Hand er- Ausschimpfen, andere wieder
wischt, sofort den Druck nachläßt lehnen es ab. Man
und sie freiläßt, ob er Auseinan-
dersetzungen eher aus dem Weg 1
Gleichzeitig wirft man dem Hund die
Beine zur Seite, so daß er die Balance
verliert
74

An Stelle der tätlichen Einwirkung


reicht in der Folge das sogenannte
Stellvertretende Signal. Allerdings
wird von Zeit zu Zeit eine Auffri-
schung erforderlich sein.

Angesichts der vielen Regeln und


Tabus könnte leicht der Eindruck
entstehen, der modern erzogene
Hund hätte zu wenig Freiheit, und
wenn man ihn fragen könnte,
würde er viel lieber ein unge-
zwungenes Leben auf einem Bau-
ernhof führen. Nun, richtig ist
sicher, daß Regeln und Tabus das
Individuum nicht zu sehr einengen
dürfen. Das gilt ja auch für
Menschen. Daher ist es besonders
wichtig, sich auch über die Frei-
räume im Spiel Gedanken zu
machen.

Auch zu diesem Punkt trägt die


Motivations- und Spiel-Lehre
Wertvolles bei. Hier nur ein Beispiel:
Die Spielregeln wie auch das
Handling werden nicht mehr allein
Schnauzengriff, sieht, in der Frage der Maßregelung mit dem Kopf gesteuert, sondern es
herrscht leider keine Einigkeit. sollen absichtlich Schwachstellen in
Manche gehen in ihren die Motorik des Hundeführers
Empfehlungen noch einen Schritt eingebaut werden. So erhält der
weiter: Man soll den Hund an- Hund die Belohnung nicht als
knurren, die Lippen heben wie zu „Spiel-Gnadenbrot", sondern in
einer drohenden Geste. Gleichviel, echter Chance und auf Grund
für welches Drohsignal man sich hervorragender Tüchtigkeit. Auch
entscheidet, wichtig ist, daß die der Zufall wird aus dieser Sicht
Einwirkung immer in Verbindung sinnvollerweise in den Dienst
mit Signalen gegeben wird. Hier hat glaubwürdiger Chancen gestellt.
uns die Natur, pädagogisch gesehen, Doch darüber an späterer Stelle
ein äußerst effizientes und mehr. Hier wollen wir lediglich
vollkommenes Vorbild gegeben: betonen, daß das Niveau des
75

Spiels sehr stark von den gebotenen ter Didaktik die Lehre vom Lehren und
Freiräumen abhängt. Wo die Lernen verstehen, wobei der
Rangordnung stimmt, dort kann Schwerpunkt auf die Steuerung von
man dem Hund natürlich mehr Lernprozessen liegt, unter
Freiheit lassen. Bei intakter Berücksichtigung der pädagogischen
Mensch-Hund-Beziehung kann Absichten und Ziele (Ausrichtung2),
man durchaus auch auf „Spiel- der verwandten Mittel und
Ideen" des Hundes eingehen, sofern eingesetzten Methoden.
er mit solchen aufwartet.
Kurz gesagt fußt vorliegende
Aber selbst dann, wenn Dominanz- Motivations- und Spiellehre auf einem
Korrekturen wiederholt erforderlich Didaktischen Curriculum, welches
werden, ist darauf zu achten, daß durch modifizierbare, ersetzbare und
das Spiel dadurch nicht dauerhaft weitere, noch zu entwickelnde
und immer wieder in Streß und Methoden ausgefüllt wird. So
Frust ausartet. Das Spiel vermag gesehen sind Methoden variable Teile
viele, aber nicht alle Probleme zu der Didaktik, die mit dem Ziel
lösen. Und wenn in der Erziehung eingesetzt werden, sowohl die
fortwährend elementare Fehler Vorgangsweisen des Lehrens als
gemacht werden, dann schlägt sich auch die Wahl der Unterrichtsmittel
das natürlich auch im Spiel nieder. ständig weiter zu optimieren.
Erziehung und Spiel bilden eine Vereinfacht könnte man sagen, die
untrennbare Einheit. Man könnte Didaktik ist die „Wissenschaft des
etwas provokant sagen: „Das Spiel Lehrens" und die Methodik ist die
ist so viel wert wie die angediehene „Kunst der Vorgangsweise".
Erziehung." Ohne gleichlautende
Maßnahmen im Erziehungsbereich Diese kurzgefaßte Vergegenwärti-
werden Korrektur-Bemühungen gung der Didaktik und Methodik
durch das Spiel nicht richtig greifen. macht deutlich, daß der Ausbilder.
einen Großteil der zur Verfügung
stehenden Möglichkeiten und deren
Wirkungen kennen sollte.
Didaktik und Selbstverständlich sollte er auch die
Methodik praktische Umsetzung beherrschen.
Oft werden die beiden Begriffe 2
Ausrichtung nach Ekard Lind (Bild der
wenig differenziert verwendet. Im „Drei Zinnen"). Siehe „Mensch-
Hund-Harmonie", Kapitel ethische,
vorliegenden Buch wollen wir un- sportliche und individuelle Ideale.
76

Mensch-Hund-
Harmonie
als Ergebnis
moderner Tier-
Pädagogik.

An Stelle pädagogischer Weiter- abgelost werden, der tritt alterna-


bildung müssen wir uns hier auf tiven Vorgangsweisen offen ent-
allgemeine Ratschläge beschränken. gegen, experimentiert damit und
Wer mehr pädagogisches Know- nimmt sie gegebenenfalls auf.
How anstrebt, sei auf die Ausschließende Entscheidungen,
Rechte Seite:
Hunde, die meh-
einschlägige Fachliteratur verwiesen etwa derart, daß man entweder für
rere MO's in den - oder auf die Titel „Richtig Spielen oder gegen Futter-Methoden ist,
Fang nehmen, mit Hunden" und „Mensch-Hund- sind Ausdruck einer primitiven
sind besonders Harmonie", wo sehr viel Fachwissen Denkungsweise, deren beschränkter
gefährdet, einmal wiedergegeben ist. Erfolg vorprogrammiert ist. Man
ein MO
unabsichtlich kann gar nicht genug unter-
herunterzu- Was man Hunde-Ausbildern all- schiedliche Methoden kennen und
schlucken. gemein raten müßte, ist Aufge- können! Ein moderner, erfolgreicher
Vorsicht! Er- schlossenheit. Wer einmal ver- Pädagoge, und zu dieser Gruppe
stickungsgefahr!
MO's in aus-
standen hat, daß Methoden zahlen auch die vielen Hunde-
reichender Größe kommen und gehen und immer Erzieher und -ausbilder, wird die
verwenden! wieder durch neue, verbesserte Vielfalt der Möglichkeiten nicht nur
tolerieren, sondern er
77

wird sie suchen und vorurteilslos stellt haben. Und wenn sich in
damit umgehen lernen. dieses Erfolgserlebnis noch Mo-
mente einer gesteigerten, gegen-
Anschließend wird er die neu ge- seitigen Zuneigung einfinden,
wonnen didaktischen Perspektiven dann wird man ohne Zweifel von
ebenso wie die methodischen beglückenden Stunden der
Varianten und einzelne praktische Mensch-Hund-Harmonie sprechen.
Details auf die entsprechende
Situation übertragen. Dabei wird er
staunend erleben, daß Erfolg und
Mißerfolg oft von Kleinigkeiten
abhangen. Mit dieser Erfahrung wird
er sich bemühen, sein Repertoire
immer mehr zu erweitern und das
Angeeignete methodisch flexibel
einzusetzen. Hierzu gehört auch die
Organisation des Umfeldes, das
Ausdenken bestimmter Hilfen, die
Entscheidung für diesen oder jenen
Motivations-Bereich (oder für
Mixturen) und die Wahl der
Hilfsmittel und MO's.

Das klingt aufwendiger und kom-


plizierter, als es in der Tat ist. Allein
schon das Umdenken in Richtung
der aufgeführten Grundsätze wird
Veränderungen einleiten und zur
Optimierung beitragen. Und, wohl
bemerkt, nicht nur der Aus-
bildungs- Erfolg macht Spaß! Ge-
rade in der Pädagogik liegt der
Löwenanteil der Erfüllung im Weg
und nicht im Ziel. Gibt es eine
größere Freude für den Hunde-
sportler oder -ausbilder als jene, in
einer inspirierten Trainingsstunde
zu erleben, wie der Hund das, was
man sich ausgedacht hat, freudig
aufnimmt und lustvoll ausführt?
Genau so, wie wir es uns vorge-
78

Sicherheit und immer wieder vorkommt: Gegen-


stände können im Eifer des Spiels
Gesundheit gehen verschluckt werden. Daher ist die
Größe des MO's dem Hund anzu-
vor passen; es sollte so groß sein, daß
ein Verschlucken ausgeschlossen ist.
Leben ist lebensgefährlich, selbst in
der Hunde-Ausbildung. Mehr für Wenn mehrere Hundeführer
den Hund als den Ausbilder, gleichzeitig mit ihren Hunden
versteht sich. Aber auch hier sind es trainieren, muß stets einer den an-
wieder einmal Unwissenheit und deren im Auge behalten. Bevor man
Ignoranz, welche die eigentlichen das MO wirft, sollte man wissen, ob
Ursachen der Gefährdung die Bahn in Wurfrichtung frei ist.
ausmachen. Da die Gefahren im
vorausgegangenen Buch „Richtig Wissen, Voraussicht, Vorsicht und
Spielen mit Hunden" bereits be- Rücksicht sind die Regulative der
schrieben wurden, sei hier lediglich Sicherheit! Hier spielt der Erfah-
der allgemeine Hinweis gegeben, rungsschatz eine erhebliche Rolle.
potentielle Gefahren ernst zu Man kann immer wieder beob-
nehmen, sie möglicherweise vor- achten, daß die erfahrensten Hun-
auszusehen und entsprechende deführer besonders vorsichtig
Vorkehrungen zu treffen. Wenn handeln. Sie sehen potentielle Ge-
man mit einem Hund übt, der so- fahren früher voraus und sie haben
eben erst gefressen hat, dann ris- gelernt, sich zu überwinden und
kiert man eine Magendrehung, und entsprechend zu handeln.
wenn man den Hund auf Beton Ausnahmen bestätigen allerdings
Sprünge machen läßt, darf man auch hier die Regel.
sich nicht wundern, wenn er sich
eine Zerrung holt. Was leider
79

Wo stehe ich? -
Verschiedene
Test-Spiele
Spielfeld bzw. oder Vereinsmitglieder hinzu, oder
übt man in einer kleinen Gruppe
Vorführplatz (indem man sich gegenseitig
beobachtet und hilft), dann ist es
vorteilhaft, die Spiel-Fläche
Wer allein übt, mag auf das Aus- sichtbar zu begrenzen. Dies läßt Die Abgrenzung
der Spielfläche
stecken eines Spielfeldes, bzw. ei- sich mit einfachen Mitteln reali- ist nicht nur bei
ner Vorführfläche verzichten. sieren: entweder mit Pflöcken und Veranstaltungen
Kommen allerdings Zuschauer Absperrband oder nur mit vorteilhaft.
80

Pflöcken oder auch mit Markie- Korridor (Vasenform). Die Maße


rungs- Hütchen. sind den Gegebenheiten anzupas-
sen. Der Korridor bildet symbolisch
Als Form bevorzugen wir in unse- jene Strecke, die der Hundeführer
ren Kursen ein Rechteck oder vom Abholen des Hundes auf dem
Quadrat, erweitert durch einen Weg zum Sportplatz, bzw.
81

vom Eintreten auf den Platz bis stand verwahrt (z B m der Box oder
zum Richter zurücklegt Es ist klar, im Auto) Später sollten dann auch
daß dieser Weg von entscheidender Ablenkungen eingeplant werden
Bedeutung für das Gelingen des (maßvoll) Für die Bildung eines
folgenden Spiels (oder einer soliden Appetenz- Niveaus muß
Prüfung) ist Daher bauen wir den man allerdings schon mit einem
Gang durch den Korridor in jedes halben Jahr rechnen Solange die
Spiel, in jede Übungseinheit ein geringste Ablenkung mehr
motiviert als das vom Hundeführer
vermittelte Spiel, ist das Fundament
einfach nicht tragfähig genug'
Vorbemerkung
Wer mit einem jungen, unverbil-
Die folgenden Test-Spiele kann der deten Hund beginnt, kommt in der
Hundeführer allem mit seinem Regel schneller voran als jemand,
Hund oder auch in der Gruppe, im der im Spiel gegen allerlei Unarten
Kurs oder im Verein durchführen und festgefahrene Domi-
Wir beschreiben die Tests so, wie nanzverhalten kämpft Hunde-
wir sie in Kursen abhalten (zur führer, die ihrem Hund die erfor- An Stelle von
derliche Führigkeit bis dato nicht Absperrband
Nachahmung für Spiel-und
können auch
Trainings-Gruppen empfohlen) vermitteln konnten, haben leider Pflöcke oder
auch im Spiel denkbar schlechte Hütchen ver-
Übt man allein, so eignet sich der Karten in der Hand Setzt sich der wendet werden.
eigene Garten oder auch eine Hund zu Hause nach Belieben
Wiese In der Gruppe steht in der durch, wird sich dieses
Regel der Hundeplatz zur Verfu- Szenario auch im Spiel
gung Wie auch immer, die Vor- wiederholen
führung wird in Einzel-Aktionen
abgehalten, wobei Zuschauen Manche Hunde
genauso wichtig ist wie der eigene verselbständigen sich im
Auftritt Anfangs sollte man Ab- Spiel, oft schon nach wenigen
lenkungen bereits im Vorfeld aus- Sekunden Dieser Vorgang
schalten Wichtig ist, daß sich alle wird von einigen
daran halten, auf der Spielflache, im Hundeführern immer wieder
Korridor und auch im Bereich davor falsch interpretiert Sie
außer dem vorgeführten Hund meinen, ihr Hund „könne
wirklich keinen anderen Hund zu nicht spielen", er habe „zu
halten Wahrend der einzelnen wenig Spieltalent" Sie
Vorführungen werden die Hunde meinen, es sei der mangeln-
der anderen Kursteilnehmer m den Spiel-Motivation
angemessenem Ab- zuzuschreiben, daß er
beispielsweise am Boden
schnuppert oder
82

davonlauft In Wirklichkeit belohnen ab und beginnt den Hund einzu-


sich viele Hunde selbst, indem sie stimmen Mit der Zeit sollte es dem
das Spiel erfolgreich an sich ziehen Hundeführer gelingen, die Ein-
und dominieren Herrchen oder stimmung innerhalb kurzer Zeit
Frauchen hilflos und im abzuschließen (zirka 10 Sekunden)
untergeordneten Rang zu erleben, Wie er die Einstimmung
bedeutet dann viel mehr Lust und durchfuhrt, ist freigestellt Wie er
Motivation als das angebotene den Hund anschließend auf dem
Leckerchen oder der Ball Spielfeld an sich bindet, wird von
mal zu mal neu vorgegeben Die
Wer vornehmlich allein übt, unter- Aufgabe besteht also darin, den
liegt derartigen Fehleinschätzungen Hund in zweifacher Weise zu
leichter und öfter als jene motivieren auf den Hundeführer
Hundeführer, die sich gegenseitig und auf das Spiel Das kann durch
beobachten und korrigieren Üben Laufen, Berühren, Schmusen, Fut-
in der Gruppe ist daher dringend ter-, Jagd-, Fangen- oder Beute-
anzuraten1 Spiele eingelost werden Nach der
Einstimmung „tritt das Team ein",
An den folgenden Test-Spielen wird das heißt, Hundeführer und Hund
klar, inwieweit Voraussetzungen für begeben sich gemeinsam (als
ein erfolgversprechendes Spiel Team') durch den Korridor auf das
gegeben sind Gleichzeitig bilden Feld Auf dem Spielfeld soll der
diese Spiele Gelegenheit, das Hund weiterhin im Bann des
Versäumte oder Fehlgeleitete Hundeführers und des Spiels stehen
nachzuholen und zu korrigieren Jedes Wegsehen, jede einzelne
Abwendung des Hundes ist zu
vermeiden Man wird erstaunt sein,
wie schwierig es sein kann, den
Motivations-Test: Hund auch nur eine halbe Minute
30 Sekunden an sich zu binden

Aufmerksamkeit Der Hundeführer bestimmt selbst,


wann er das Spiel beendet Wich-
tiger, als die Dauer des Spiels aus-
zudehnen ist es, rechtzeitig auf-
Spielbeschreibung:
zuhören (also bevor der Hund sich
Der Hundeführer läßt seinen Hund ablenken läßt, abschweift oder zu
wie gewohnt kurz auslauten und dominieren beginnt)
kommt dann mit dem angeleinten
Hund vor den Eingang des Zeigt der Test, daß sich der Hund
Korridors Dort leint er den Hund verselbständigt, so sollte der
83

Hundeführer bei Wiederholungen stoppt wird vom Zeitpunkt des Während der
des Test-Spiels eine Aufrolleine Überquerens der Startlinie (am Zeitgeber alle
fünf Sekunden
verwenden und den Hund am Anfang des Korridors) bis zum die verstrichene
Weglaufen hindern, beispielsweise zweiten Überqueren am Ende der Zeit angibt, ach-
durch ein strenges „Nein" Übung. Ein „Zeitgeber" stoppt tet der Richter
(gegebenenfalls zusätzlich mittels oder zahlt die Sekunden (leise auf das Einhalten
wohldosiertem Ruck) und an- „einundzwanzig, zweiundzwan- der Regeln, zählt
die Zahl der
schließender Motivation zum zig..."), wobei er alle 5 Sekunden Abwendungen
Weiterspielen. die Zeit laut angibt. Ein „Richter" und die ent-
paßt auf, daß die Spielregeln ein- sprechenden
„30 Sekunden Aufmerksamkeit" - gehalten werden. Am Ende jeder Zeiten. Am Ende
gibt er die
Spielregeln mit Varianten: Vorführung gibt er die Punkte be- Punktzahl be-
Kurzbeschreibung: Das Spiel kannt, verbunden mit einigen kannt.
dauert maximal 30 Sekunden. Ge- Kommentaren.
84

Spielregeln: 5. Wendet sich der Hund ab, folgt


für jede kurze Abwendung l
1. Der Hundeführer darf lediglich Punkt Abzug. Bei längeren Ab-
Körpersprache, Bewegung und wendungen gibt die Zeit der
Stimme einsetzen. (Diese Regel Ablenkung den Maßstab des
läßt sich abwandeln. Wegen der Punkteabzuges. Pro Sekunde
lehrreichen Herausforderung, den Ablenkung wird ein Punkt ab-
Hund allein durch Körpersprache gezogen. Praktischer Vorschlag:
und Stimme (ohne Kommandos Der Richter zählt die Ablen-
und Namens-Zurufe!) zu kungszeiten und addiert diese
motivieren, sei diese Spielform während des Tests. (Beispiel:
jedoch besonders empfohlen. Mit Dauert die erste Ablenkung 2
fortschreitender Sicherheit kann Sekunden, so zählt der Richter
dann abwechselnd einmal der bei der zweiten Ablenkung bei 3
Motivations-Bereich, ein weiter.)
andermal die Wahl des MO's
freigestellt oder vorgegeben
Varianten für fortgeschrittene
werden.
Teams:
2. Werden Futter- oder Beute-MO's
einbezogen, so darf der Hund • Der Motivations-Bereich oder
das MO jedoch erst am Ende des (und) das MO werden vorgege-
Spiels nach Überqueren der ben. Hier kann man dann von
Ziellinie erhalten. Erhält er es Trainingsstunde zu Trainings-
vorher, wird in diesem Moment stunde abwechseln. Auf diese
gestoppt und abgebrochen. Der Weise lernt man alle Motivati-
Hundeführer läuft dann ons- Bereiche ebenso wie unter-
unverzüglich aus dem Spielfeld schiedliche MO's zu nützen und
und durch den Korridor. damit umzugehen, was der Ab-
3. Verläßt der Hund die ausge- wechslung im Spiel förderlich ist.
steckte Fläche, so werden 20 - Oder: Der Trainer ordnet
Punkte abgezogen. jedem Kursteilnehmer individu-
4. Ruft der Hundeführer den Hund elle Aufgaben zu.
während des Spiels beim Namen • Wichtiger als die Dauer ist
oder mittels irgendeinem natürlich die Qualität der Auf-
anderen Unterordnungs- merksamkeit. Daher sollen, wenn
Kommando wie „Hier" oder das Spiel in der oben be-
„Komm", sind jeweils 10 Punkte schriebenen Grobform einmal
abzuziehen. bekannt ist, weitere maximal 30
(Motivationsgeräusche sind Punkte für die Qualität der
erlaubt.) Aufmerksamkeit des Hundes
gegeben werden.
85

• Das Test-Spiel kann mit einer haben, kann man vorübergehend


zusätzlichen Aufgabenstellung erlauben, das Spiel mit Hilfe der
bereichert werden, die mit Leine (z.B. mit Aufrolleine)
weiteren (maximal) 30 Punkten durchzuführen. In einer
bewertet wird. Etwa: die Ver- Untergruppe von „Leinen-Spie-
wandlungskunst des Hunde- lern" können diese Vorführungen
führers; Geschicklichkeit im gesondert bewertet und
Umgang mit dem MO; Über- anschließend besprochen und
zeugungskraft im Spiel; Freund- gegebenenfalls korrigiert werden.
lichkeit gegenüber dem Hund; (Mit der Zeit ist dann darauf
Qualität der Einstimmung, des hinzuarbeiten, daß der Einzelne mit
Eintretens durch den Korridor möglichst wenigen, aber effektiven
oder das Beenden und Hinaus- Leinen-Einwirkungen auskommt.)
1
laufen des Teams; Engagement Der Spielablauf des Motivations-
des Hundeführers; Vitalität des Tests kann auch dazu dienen, die
Teams, Appetenz-Niveau usw. Rangordnung eines Teams zu
• Hundeführern, die Probleme mit prüfen. Hierzu soll die
der Führigkeit ihres Hundes
„Kommt mein
Hund zurück,
oder sucht er
das Weite?"
86

Wer wünscht
sich nicht einen
Hund, der in
jeder Situation
freudig zurück-
kommt.
87
Dauer des Spiels auf 40 bis 60 Tests nicht zufriedenstellend ab-
Sekunden ausgedehnt werden. solvieren. Das sollte einerseits nicht
Während der gesamten Zeit soll beunruhigen, andererseits jedoch
sichtbar werden, daß der Hund im deutlich machen, daß im einen oder
Spiel nicht dominiert, sondern sich anderen Bereich Nachholbedarf
freudig und führig im Team besteht. Und wer bereits im
einordnet und die Spielregeln Aufmerksamkeits-Test kleinlaut
befolgt. Hier Punkte zu vergeben, feststellen muß, daß er seinen Hund
ist problematisch. An Stelle von keine zehn Sekunden zu
Punkten vergeben wir hier die Noten motivieren vermag, der steht nach
sehr gut, gut, befriedigend, der Ablenkung gleich vor dem
ausreichend und mangelhaft . nächsten Problem. Kommt sein
Wichtiger aber als die Benotung ist Hund auf Hör- oder Sichtzeichen
die Analyse des individuellen zurück? Wie oft muß er ihn rufen,
Rang-Ordnungs-Tests und die sich bis er kommt? Reagiert der Hund
daran anschließenden, gemeinsam überhaupt auf die Versuche des
in der Gruppe (unter Hilfestellung Zurückrufens oder ignoriert der
des Ausbilders) zu erarbeitende Hund den gesamten Vorgang so
Strategie zur Korrektur. • Will man lange es ihm gefällt? Wie lange
noch einen Schritt weiter gehen, so dauert es, bis der Hund sich an-
kann man mit Hilfe der oben schickt, zurückzukommen?
beschriebenen Spielanordnung
auch ein Sozialisierungs-Spiel Vielen Hundeführern ist nicht in
verbinden. Dieses könnte zum voller Tragweite bewußt, wie weit
Beispiel darin bestehen, daß der sie auch in diesem Punkt von ihrem
Hund das inzwischen bekannte Auf Hund dominiert werden. Man hört
merksamkeits- Spiel auch mit einer dann immer wieder dieselben
anderen, (bekannten) Person spielt. Ausreden, die zurecht gelegt
wurden, um das Dilemma zu
beschönigen. All diesen Hunde-
führern sei in aller Klarheit gesagt:
Kommt mein Hund Sie werden auch im Spiel auf der
zurück? - Test Stelle treten, wenn es ihnen nicht
gelingt, den Hund zuverlässig
zurückzurufen1.
Wer mit seinem Hund von Anfang
an wenig oder mangelhaft gespielt 1
Siehe Video in Vorbereitung:
hat, wird die vorangegangenen „Hilfe, mein Hund kommt nicht
zurück!"
89

Aufbau des „Geistigen


Zügels"
Begriffs- mit gewaltsamer Autorität vorstellen
können. Auch heute noch gibt es
bestimmung Vereine, die eine betont harte
Ausbildung bevorzugen und das
Spiel auf ihren Plätzen dezidiert
Parallel zum Aufbau des Geistigen verbieten. Einige sogenannte Spit-
Zügels soll die später beschriebene zen-Hundesportler verkünden
Basis-Übung in das Spiel- und öffentlich, sie nützten Motivation
Übungsprogramm aufgenommen nur, damit der Hund den Zwang
werden. übersteht.

Im Sport wie auch im Aufgaben- Echte und anhaltende Freudigkeit


bereich des Gebrauchshundes, ja konnte und kann unter diesen
selbst beim Haus- und Hofhund Voraussetzungen natürlich nicht
kommen tagtäglich Situationen aufkommen. Und solange es Richter
vor, in denen sich der Hund anders gibt, die außerhalb formaler
verhalten muß als er möchte. Er Ausführung nicht in der Lage sind,
darf Handlungsabläufe nicht zu qualitative Leistungen in Punkte
Ende führen, muß anhalten, wo er umzumünzen, wird weiterhin eine
weitergehen mochte, liegen, wenn Sportkultur hochgehalten, die auf
er am liebsten aufspringen würde Schein-Freudigkeit baut - auf
usw. Hinzu kommen die vielen Kosten des unverstandenen und
Verbote, die es einzuhalten gilt. Die entwürdigten Hundes.
traditionelle Ausbildung ging bei
der Vermittlung derartiger Alternative Ausbilder gehen einen
Vorgänge nicht zimperlich vor. Der anderen Weg. Auch sie wissen, daß
Hund mußte parieren. Die Autorität eine unersetzliche
gewünschten Verhaltensweisen Voraussetzung jeder sozialen Bin- Die entgegenge-
wurden mehr oder minder er- dung darstellt. Aber sie bauen auf streckte Hand
mit gespreizten
zwungen. Man hat sich die „absolute die Autorität der Erhaltung an Fingern ist das
Zuverlässigkeit", die erstrebenswert Stelle jener willkürlichen, zwin- Symbol für den
galt, nur in Verbindung geistigen Zügel.
90

genden, verunsichernden und


letztlich zerstörenden Autorität. Warten lernen
Auch die Autorität der Erhaltung
wird sich dann und wann zwingend Wir haben lange nach einem Sym-
und schmerzhaft präsentieren. bol und einem Begriff gesucht, der
auf der einen Seite das Naturvorbild
Aber so wie der Fang der Mutter- widerspiegelt, andererseits aber
hündin lange Zeit liebkosend und auch die dem Menschen mögliche
freundlich dem Welpen begegnet, Vermittlungsform umschreibt. Im
so sollte auch der Hundeführer die „Geistigen Zügel" ist beides
Signale der Autorität zuerst enthalten: die auf innerer
vertrauensbildend vermitteln. Das Überlegenheit fußende Autorität -
schließt nicht aus, daß sich ein betont geistiger Zustand - und
freundliche, einfühlsame Autorität der Vorgang des „Zügelns". Mit
im Bedarfs- und Ausnahmefall auch dem Zügeln sprechen wir die vielen
einmal zwingend, unerbittlich oder Vorgänge an, denen eines
schmerzhaft manifestiert. gemeinsam ist: Der Hund muß
lernen, Lust-Erwartungen zurück-
Auf die Funktion des stellvertre- zustellen, gestaute Energien um-
tenden Signal haben wir an anderer zuleiten in andere Motivationen1. Er
Stelle bereits hingewiesen. Ab und muß „warten lernen", sich „zügeln
zu wird es unumgänglich nötig lassen", wie der Mensch sagen
sein, der angekündigten würde.
Maßregelung, etwa bei einem
Zähneblecken, auch die Tat folgen Der „Geistige Zügel" bedeutet da-
zu lassen. Unterm Strich jedoch her Zustand, Vorgang und gleichzeitig
werden durch Warn- und Droh- das äußere Signal, an welches er
Rituale zahlreiche, unnötige geknüpft ist. Im Ausdruck des
Tätlichkeiten entbehrlich. Das Geistigen Zügels zeigen sich Arm,
schont Kräfte auf beiden Seiten und Hand und Finger völlig anders als
es werden Verletzungs- und sonst. Arm, Hand und Finger
Eskalations- Risiken vermieden. werden dem Auge des Hundes
Demgegenüber machen sich die frontal entgegengestreckt. Sie
immer noch praktizierten Leinen- signalisieren, verstärkt durch die
Rucke mancher Ausbilder, denen gespreizten Finger, „Spannung" und
nie eine fundierte Lernvermittlung Überlegenheit. Der
vorausging, primitiv aus - von der
minderwertigen Effizienz ganz zu
schweigen. 1
Im fortgeschrittenen Stadium werden
wir auch vom Hund erwarten, daß er m
Ausnahme -Situationen lernt, Lust-
Erwartungen zu unterdrucken.
91

entgegengehaltene „Geistige Zü- dem Aufbau des Geistigen Zügels ein


gel" fordert Unter-Ordnung oder Mit zunehmender Akzeptanz und
in manchen Situationen Tabu- Vervollkommnung werden wir das
Akzeptanz Oder er dient als Warn- gleiche Verhalten dann auf andere
oder auch als Droh-Signal Setzt Bereiche übertragen (transformieren),
sich der Hund darüber hinweg, so um es beim ausgebildeten Hund m
wird aus dem „Geistigen Zügel" jeder Situation verfügbar zu haben
eine Tätliche Handlung, etwa ein (generalisiert)
Schnauzen- oder Nackengriff oder
ein Klaps auf die Nase2, verbunden
mit akustischen Signalen

Von entscheidender Bedeutung


Übungs-Aufbau
allerdings ist die positive Erst- des Geistigen
Vermittlung des Geistigen Zügels
Anfangs verzichten wir bewußt auf Zügels
Autoritätsanspruche oder gar auf
Tätlichkeit Vielmehr vermitteln wir
den Zügel zuerst einmal m der Vorbereitung Trockenübung ohne
Bedeutung einer Achtung- Geste Hund!
Und weil der Geistige Zügel gut
gefestigt werden sollte, suchten wir Am besten übt man zunächst ein-
nach einem täglich wie- mal ohne Hund Der Hundeführer
derkehrenden Vorgang Was wurde tut so, als wurde er dem wartenden
sich hierzu besser anbieten als das Hund sein Fressen hinstellen
tägliche Fressen7 Angenommen, der Hundeführer ist
Rechtshänder, so wird er den Napf
Der Hund wird sein Futter in der m der Rechten Hand halten Auf
gewohnten Lustvorstellung er- halber Hohe bringt er die linke
warten In dieser für den Hunde- Hand mit gespannten und
führer bekannten und überschau- gespreizten Fingern vor die Fut-
baren Situation setzen wir mit terschussel und erstarrt gleichzeitig
einen Augenblick m seiner
gesamten Körperhaltung Dies wird
2
Keine Form tätlicher Einwirkung ist den Hund für einen Augenblick
problemfrei! Wir haben den Klaps auf verbluffen Er wird den
die Nase oft mit Erfolg eingesetzt wenn Hundeführer entweder überrascht,
Hunde im Spiel das
Fremdbeißen (z B die Hand des aufmerksam geworden,
Hundeführers) bereits konditioniert
hatten und auf möglicherweise auch ein wenig
homöopathische Methoden nicht erschreckt oder verunsichert an-
mehr an sprachen In welcher Situation
welche Einwirkung als die sehen Gleichzeitig wird er einen
Vielversprechendste und geeignetste zu Moment lang in unveränderter
empfehlen ist kann letztlich nur vor Ort
entschieden werden
92

Sekunde lang! Das ist besonders


wichtig. Auch wenn der Hund den
Anschein gibt, er würde problemlos
viel länger verharren können, so
sollte man die Übung in der ersten
Zeit (etwa eine Woche) nicht
überziehen.

1. Phase
Ausführung wie im Trocken-
training
2. Phase
Reagiert der Hund auf den
Geistigen Zügel (und die be-
gleitenden Signale) in der
gewünschten Warte- und Er-
wartungs- Haltung, so kann die
Zeit in kleinen Schritten aus-
gedehnt werden und (oder) die
Futterschüssel immer tiefer in
Richtung Boden gebracht
werden. Will sich der Hund über
den Geistigen Zügel hinwegsetzen,
so darf die Zügelhand auf keinen
Fall Schwäche demonstrieren,
indem die Hand zurück- oder
Der Geistige ausweicht. In diesem Fall müßte
Zügel wird an-
Warte-Haltung verharren. In die- man die Zügel-Hand noch weiter
fangs in Form sem Augenblick wird der Geistige entgegenstrecken, wobei man vor
einer Achtung- Zügel entspannt und das Fressen allem die innere Autorität mit
Geste vermittelt. mit einem Hörzeichen, beispiels-
Wichtig ist, daß aller Entschiedenheit zum
weise „Nimm" freigegeben. Je Ausdruck bringt, möglicherweise
der Vorgang
ausschließlich nach Veranlagung des Hundes verstärkt durch ein eindeutiges
emotional positiv muß die Körpersprache entweder „Nein" und wenn nötig, durch
besetzt wird. strenger oder behutsamer gestaltet eine der weiter oben
werden. beschriebenen tätlichen
Maßregelungen. Bei manchen
Die größte Gefahr liegt darin, daß Hunde-Charakteren hat sich
man den Hund anfangs zu lange bewährt, die Freßschüssel
warten läßt. Der Vorgang des wegzuräumen und den Vorgang
„Geistigen Zügelns" dauert die nach einiger Zeit zu wie-
ersten Male weniger als eine
93

derholen. Widersetzungen Hund. Während des Zurückgehens


kommen in dieser Übung jedoch wird der Hund ununterbrochen
äußerst selten vor. Daher wird fixiert und der Geistige Zügel bleibt
man in der Regel eher damit in der Augen-MO-Linie. 6. Phase
beschäftigt sein, die Übung Die Grund-Haltungen „Sitz",
spannungsvoll und interessant zu „Platz" und „Steh" hat der Hund
gestalten. inzwischen innerhalb des von
Anfang an parallel geübten
Sollte der Hund während des Basis-Spiels gelernt. Je nachdem,
Zurücknehmens des Geistigen Zügels ob der Hundeführer auch sport-
vorzeitig die Freigabe ableiten, liche Ziele verfolgt, kann er ab
strecken wir die Hand sofort wieder Phase 4 oder 5 den Hund vor
in Spannung und gespreizten dem Füttern in eine der Grund-
Fingern entgegen. Der Hund soll haltungen bringen. Der Hund Nach einem
kurzen Augen-
lernen, den akustischen Auslöser blick erhält der
abzuwarten und erst auf das Hör- Hund das Futter.
zeichen „Nimm" agieren. Das
Zurückziehen der Zügel-Hand darf
weder zu schnell noch betont
langsam erfolgen. Der soeben be-
schriebene Vorgang dauert nicht
länger als etwa zwei Sekunden und
wird wiederum zirka ein bis zwei
Wochen beibehalten - mit geringen
Abwandlungen (Ort oder Zeitpunkt
wechseln; an die Stelle der
Futterschüssel kann auch mal einen
Leckerbissen o.a. treten.)

3. Phase
Jetzt wird die Futterschüssel auf
den Boden gestellt. Die Freigabe
erfolgt jedoch erst kurz danach.
4. Phase
Mit zunehmender Akzeptanz
wird die Wartedauer auf vier bis
acht Sekunden ausgedehnt.
5. Phase
Der Hundeführer entfernt sich
ein bis mehrere Schritte vom
94

Mit zunehmender
Gewöhnung
kann sich der
Hundeführer
immer weiter
vom Hund ent-
fernen, ohne
daß dieser auf-
steht. Aus der
Sicht des Hundes
...

...und aus
der Sicht des
Hundeführers.
soll den Geistigen Zügel ja nicht mit Mit der Zeit wird der Hund den
einer bevorzugten Position, etwa Geistigen Zügel problemlos und
dem Sitzen verbinden, sondern als sicher akzeptieren. Im Idealfall
„Warten in jeder beliebigen verharrt er in der vorher angewie-
Haltung" aufnehmen. Es gilt senen Haltung in gespannter, lust-
weiterhin: Nicht die zwanghafte voller Erwartung, den Blick ab-
Unter-Ordnung ist angestrebt, wechselnd auf die Futterschüssel
sondern das Warten aus innerer, und das Gesicht des Hundeführers
positiver Erwartungs-Haltung. gerichtet.
7. Phase
Ausdehnung des Schwierig- Um zu vermeiden, daß der Hund
keitsgrades auf verschiedenen nur auf den akustischen Auslöser
Ebenen (anfangs jedoch nur je- wartet und den Blick wie versteinert
weils eine Ebene und diese über auf den Napf heftet (und dabei den
mehrere Tage hinweg!): Ablen- Hundeführer nicht mehr ansieht),
kungen einbringen, Dauer aus- kann man das Hörzeichen
dehnen, Ort wechseln (auch abwechselnd auch leise oder gar
außerhalb des Hauses), täglicher stumm sprechen oder einen
Haltungswechsel in un- anderen visuellen Auslöser
regelmäßiger Reihenfolge, aus (Kopfnicken) geben. Auf die
dem Zimmer gehen (Hilfsper- Technik der Augen-MO- Linie
son beobachtet Hund), usw. haben wir schon hingewiesen.
95

Verwandeln und
Beleben
Was ist keine Erfolgsgarantie. Vor den Er-
folg haben die Götter nicht nur den
Motivation? Schweiß, sondern auch Denken und
Wissen gesetzt. Die Probleme
liegen zwar weniger darin, daß Spiel unter Hun-
Immer mehr Menschen wünschen spielerische Vorgangsweise zu den ist immer
sich, mit ihrem Hund spielerisch schwierig, zu kompliziert oder zu gleichzeitig
langwierig wäre, sondern darin, daß Sozial-Ereignis.
umzugehen, sei es in der Erziehung
Der Spielpartner
oder im Sport. Aber der Wunsch, ja das entsprechende Know-How ist enorm wichtig
selbst der Entschluß für diesen Weg einfach noch zu wenig bekannt ist. - nicht nur die
beinhaltet noch Ohne Grundkenntnisse Spielbeute.
96

und -fertigkeiten jedoch ist Spiel- genüber sehen Hunde im Spiel mit
Methodik zum Scheitern verurteilt dem Menschen oft vorrangig die
Wer meint, er wurde den Hund Spiel-Beute, etwa die angebotene
richtig motivieren, indem er nach Beißwurst oder ein Futterstuck -
absolvierter Übung den Ball wirft Woher kommt dieser Unterschied
oder Futter gibt, der hat nichts im Spiel mit Artgenossen und mit
verstanden von der Faszination einer dem Menschen7
Integralen Motivation, wie sie uns
das Leben lehrt Er hat nicht mehr Es kommt daher, daß der Mensch
als die Schale des Apfels verkostet einfach zu wenig hündisch zu
spielen versteht Das Unvermögen
Imagination hat viele Ursachen und Facetten In
+ Kommunikation vielen Fallen fehlt es am
+ Animation Gleichgewicht Entweder man läßt
= Motivation dem Hund zu viel oder zu wenig
Freiraum im Spiel Viele Hunde-
führer gehen durchaus tatkräftig
Streng genommen werden Er- und engagiert ans Werk Aber von
folgschancen nicht erst im Tun ab- ihren Zielen, Erziehung zu vermit-
gesteckt, sondern dann, was sich teln oder im Sport Punkte zu ma-
der einzelne unter Motivation vor- chen, versteht der Hund nichts
stellt Wenn wir uns einen Hund Diese Motivationen kann er weder
wünschen, der mit gespitzten begreifen noch teilen Daß bei-
Ohren, entspannten Lefzen und spielsweise ein gerades Vorsitzen
feurigen Augen zu uns aufschaut, wertvoller sein soll als ein wenig
dann müssen wir Abstand nehmen schief vorzusitzen, das ist ihm ab-
von Methoden, die überwiegend solut fremd Aus seiner Sicht ist es
den Ball, das Futter oder sonst sogar besonders schlau und tüchtig,
etwas interessant machen, uns schief vorzusitzen Dann nämlich,
selbst aber außerhalb des Spiels wenn der Hundeführer die m
halten Es muß uns im Spiel mit Aussicht gestellte Belohnung immer
dem Hund gelingen, eine ähnliche in der gleichen Hand halt Indem
Stellung einzunehmen wie sie der Hund schief vorsitzt, bringt er
Hunden im Spiel untereinander sich auf diese Weise m eine bessere
zukommt Position Dafür bekommt er dann
nicht selten einen Ruck, einen Tritt
Wenn Hunde miteinander spielen, oder andere, un-glimpfliche
dann steht der Spielpartner nahezu Korrekturen
ausnahmslos im Zentrum des
Motivationsgeschehens Demge- Nein, diese Scheuklappen-Päda-
gogik führt uns nicht weiter Wir
97
müssen umdenken, wenn wir ins einem raten, die geistigen Kräfte zu
Spiel kommen wollen und wenn aktivieren durch die Welt der
uns daran gelegen ist, daß der Hund Realität sozusagen hindurchzusehen
die ihm gestellten Aufgaben in eine Welt der Phantasie Man
wirklich freudig ausfuhrt Wir nennt dies Imagination -
müssen Wege finden, unser Spiel Vorstellungskraft Man stellt sich
mit dem Hund, so wie im Spiel der beispielsweise vor, wie man mit
Hunde untereinander, zu einem dem Hund Fangen spielt, ihn an-
sozialen Erlebnis werden zu lassen schleicht, zur Salzsäule erstarrt oder
Damit werten wir nicht nur das ihn mit einer Geste der Auf-
Spiel, sondern auch unsere eigene munterung zum Mitlaufen auffordert
Rolle im Spiel auf In der Imagination fallen einem die
vielen „Bilder" und „Szenen" ein,
die man beim Beobachten von
Hunden gesammelt hat und die im
Imagination Unterbewußtsein unvergeßlich
vorliegen Man verwandelt sich in
Kurz gesagt, kommt es auf dreierlei diese Bilder und Szenen, tritt mit
an auf die Verwandlung, auf die dem Hund kommunikativ in
Kommunikation und auf das Beleben Verbindung, und schon ist man
Bevor wir im Spiel irgend etwas mittendrin
machen, bevor wir sozusagen in
Erscheinung treten, müssen wir uns Mittendrin, sofern es sich um
zuerst selbst verwandeln Wie so oft Berührungs- oder Bewegungs-Spiele
im Leben, so hat auch dieser handelt Kommt noch ein dritter
Vorgang seinen Ursprung im Geist Faktor, etwa das Futter oder die
Mit anderen Worten Man muß Spielbeute hinzu, so müssen wir
zuerst zu dem werden, was man außer der Verwandlung und Kom-
dem anderen vorspielen will Das ist munikation noch eine weitere Lek-
leichter gesagt als getan Der tion lernen die Belebung, auch
Erwachsene ist voll von Animation genannt
Hemmungen, Zweifeln und Ängsten
- lauter Panzerkostüme, die eine Vor allem im Beute- und Futter-
Verwandlung umständlich und Spiel wird es wichtig, daß wir die
schwierig werden lassen Hat man leblosen Gegenstande beleben.
dann endlich den nutzlosen Eisen- Gerade in diesem Punkt sind wir
Ballast abgestreift, kommt das dem Spielpartner Hund wenigstens
nächste Problem In Wen oder m auf motorischer Ebene weit voraus
Was soll man sich eigentlich Kraft unserer überlegenen
verwandeln7 Und wie macht man Feinmotorik und unserer differen-
das7 - Ein Schauspieler wurde zierten Lautgestaltung können wir
98

Es kommt bei der


Animation
weniger auf den
Gegenstand an,
sondern auf den,
der dahin-
tersteht...

beispielsweise ein Stück Holz zu Geistige und emotionale Schwer-


einer faszinierenden Scheinbeute arbeit! Dem einen fällt's leichter,
beleben, - animieren. dem anderen schwerer. Aber
letztlich fällt die Hohe Schule der
Wir bewegen es, wir geben ihm Animation keinem im Schlafe zu,
Laute, wir lassen es anhalten und auch wenn man noch so begabt
bestimmte Positionen einnehmen ist. Zu vielfältig sind die Mög-
usw. usw. Die Ideen hierzu kommen lichkeiten, zu spezifisch und
einerseits aus dem Repertoire der umfangreich die einzelnen Bewe-
Erinnerungen, wie sich etwa eine gungsabläufe, als daß man das
Beute in der Natur verhält; gesamte Repertoire aus dem
andererseits mischen sich phanta- Ärmel schütteln könnte. Das
sievolle Eigenkreationen unter, die nötige Wissen in Verbindung mit
kaum etwas mit der Realität zu tun plausiblen Anleitungen für die
haben, die sich aber im Spiel als Praxis zu vermitteln, ist eines der
höchst wirkungsvoll entpuppen. Ziele des vorliegenden Buches.
Kreativität ist gefragt!
99

...ein Büschel
Gras oder ein
Blatt genügt, um
daraus eine
attraktive Spiel-
beute werden
zu lassen.
100
101

Motivations-
Techniken
Berührungs-, Freundliche Berührungs-, Schmuse-
und Zuneigungs-Spiele können
Zuneigungs-, nicht nur zur Harmonisierung
gestörter Mensch-Hund-Bezie-
Entdeckungs- und hungen beitragen, sie lassen sich
auch erfolgreich in besonderen
Balgen-Spiele Situationen zur Wiedergewinnung
des psychischen Gleichgewichts
Wir beginnen mit jenen Spielen, die eines Hundes einsetzen. Und sie
keines „Trockentrainings" bedürfen: bieten da und dort Gelegenheit,
Rangordnungsproblemen zu
Ähnlich wie beim Menschen spie- begegnen, eine labile Beißhemmung
len auch beim Hund Berührungen zu stabilisieren oder gefährliche
eine wichtige Rolle. Aber Hunde Aggressionen abzuschwächen.
berühren sich vielfach anders als
Menschen. Die sensiblen Zonen Im Spiel sollte man bei Berührungen
stehen nicht in derselben Abstufung auf folgende Signale achten:
ihrer Bedeutung und auch die • Zwinkert der Hund mit den
Taktilen Techniken gestalten sich Augen, wenn ich die Hand in
anders als unter Menschen. Wer seine Nähe bringe? Oder duckt er
sich mehr für diese interessanten den Kopf ab? Man sollte mit der
und erzieherisch ergiebigen Annäherung der Hand so lange
Zusammenhänge interessiert, der experimentieren, bis man
möge in der Literatur nachlesen. feststellt, daß sie der Hund pro-
Wir können hier nicht mehr als den blemlos annehmen kann.
Hinweis geben, Hunde • Fragendes Beobachten üben!
untereinander und vor allem den Machen die vermittelten
eigenen Hund genau zu beobach- Berührungen den Hund eher
ten. Jeder Hund verhält sich in be- unsicher oder tragen sie zum Berührungs-
zug auf (vermittelnde und erfah- Austausch von Freundlichkeiten Spiel.
rene) Berührungen individuell. bei? Experimentieren Sie mit
102

unterschiedlichen Berührungen. beißt dann aus innerem Zwang.


• Bei Balgen-Spielen am Boden Weil aber Instinkhandlungen
sollte man immer ein Beiß- gegenüber erworbenen Verhal-
Objekt parat haben, denn über tensweisen in der Regel prioritär
kurz oder lang kommt bei den ablaufen, kommt es immer wieder
meisten Hunden der Fang ins zu jenen berühmt-berüchtigten
Spiel. In die Hand aber soll der Situationen, in denen Hunde, die
Hund nicht beißen. Hier emp- normalerweise als freundlich
fiehlt sich das Ableiten der gelten, sich plötzlich von einer
Beißlust auf eine Beißwurst, Leder ganz anderen Seite zeigen - und
oder auf etwas anderes. zubeißen. Bei Balgen-Spielen
• Vorsicht bei fremden Hunden! sollte man daher die
Das Selbstbewußtsein mancher Stimmungslage des Hundes stets
Hunde schlägt mitunter blitz- beobachten und bei
schnell in Unsicherheit oder zunehmender Aggression das
Angst um. Angst aber kann beim Spiel entweder abbrechen oder
Hund, ganz ähnlich wie auch durch andere Maßnahmen
Schmerz, zum Auslöser aktiver für Beruhigung sorgen. Balgen-
Verteidigung werden. Der Hund Spiele betonen die Be-
Zuneigungs-
Spiele sind
ebenso wichtig
wie Futter und
Action.
103

rührung, den hautnahen, spürbaren • Dasselbe gilt für Sozialisie- Vorbild:


Kontakt. Welpen sollen daher rungs- Spiele: Ermöglichen Sie Balgen-Spiele
bereits im Zwinger täglich so oft Begegnungen mit anderen der Welpen
untereinander.
wie möglich Berührungskontakt mit Hunden, anderen Rassen,
Menschen haben. • Entdeckungs- Menschen verschiedenen
Spiele sind vor allem im Welpen- Geschlechts und Alters!
Alter wichtig. In dieser Zeit braucht
der Hund den Menschen mehr
denn je. Nur der Mensch kann ihm
die vielen Eindrücke verschaffen, Bewegungs-
die für ein Hundeleben zu Beginn
des 21. Jahrhunderts unentbehrlich
Training
sind. Eine Baustelle, einen
Rummelplatz oder auch eine Um sich des eigenen Bewegungs-
Waldlichtung oder See gemeinsam Repertoirs (und der persönlichen
mit Herrchen oder Frauchen zu Grenzen!) bewußt zu werden, be-
entdecken, das sind Prägungs- nötigt man anfangs die ungeteilte
Spiele, die das spätere Leben Aufmerksamkeit auf die eigene
bestimmen. Motorik. Daher ist es vorteilhaft,
die eine oder andere Übung zu-
104

Bewegungs-
Training ohne
Hund.

nächst ohne Hund zu üben, oder, Übungs-Beschreibung


was ebenfalls sehr zu empfehlen
ist, mental durchzuspielen. Mit dem 1. Phase
Hund ist man viel zu abgelenkt, um Ohne Hund: Man läuft durch
sich auf sich selbst zu den Korridor auf den Platz und
konzentrieren. spielt verschiedene Bewegungs-
formen durch:
„Trockentraining" kann man allein,
in kleinen Gruppen oder auch im - Geradeaus-Laufen
Kurs üben, wobei das Beobachten - Figuren laufen (Kreise, Ellipsen
der anderen Kursteilnehmer die und asymmetrische Formen.
eigene Ausführung oft erheblich Radien verändern.
bereichert und daher genauso - In Zick-Zack-Form gehen und
wichtig ist. (Das sei an jene laufen
Kursteilnehmer gerichtet, die - Tempo verändern, vom langsa-
meinen, die Kursleistung bestehe in men Gehen bis zum schnellen
möglichst häufigem, gemeinsamen Laufen
Auf- und Abgehen.) - Plötzliches Anhalten, Erstarren
105

und neu Starten, einmal in glei- 1. Übung: „L-Stellung", der


cher Richtung wie vorher, dann richtige Stand im Spiel (Anleitung
in andere Richtung in Stichworten)
- Rückwärts gehen und laufen Aufrecht stehen, leichte Ausfalls-
- Sprünge einbauen (einmal betont stellung wie beim Judo (Beine etwa
hoch, dann weit) eine Schrittweite gespreizt,
- Arm- und Hand-Bewegungen Standbein steht quer zur Blick-
einbauen richtung, Spielbein in Blickrichtung,
in den Knien leicht federnd.
Gewichtsverteilung: zirka 60% auf
das Standbein, 40% auf das Spiel-
Beute-Spiel- bein. - Arme frei, leicht angewinkelt.
Training Gewicht abwechselnd einmal nach
vorn, ein andermal nach hinten
verlagern. Dasselbe in betont tiefer
Während der Hundeführer bei Be- Stellung, mit stark gebeugten Knien.
wegungs- und Taktilen Motivati-
ons-Techniken auf seine natürliche 2. Übung: „MO spüren"
Motorik zurückgreifen kann, In der Grundstellung MO
kommt bei Beute- und Futter- (Beißwurst, Schleuderball, Ball,
Spielen noch das Handling der
Objekte hinzu. Und zwar nicht nur
in Form von reiner Handhabung, Den besten
Stand bietet die
sondern als Psycho-somatische sogenannte L-
Aktion. Der Gegenstand soll ja, wie Stellung, wobei
wir wissen, nicht nur bewegt, der Schwerpunkt
sondern „beseelt bewegt" werden. des Körpers auf
der gedachten
Die Aktion soll für den Hund Linie der beiden
„möglichst echt" aussehen. Eckpunkte des
Buchstabens
Je geschickter man mit dem MO liegt; also inner-
umgehen gelernt hat und je auto- halb des L
matischer die Techniken ablaufen,
umso mehr kann man sich auf den
Hund konzentrieren und um so
erfolgversprechender wird das Spiel.

Hier einige Anleitungen, die man


allein oder auch in der Gruppe und
im Kurs umsetzen kann.
106

Leder u.a.) in die Hand nehmen, 5. Übung: „Hände und Beine"


Augen schließen und tasten: Form, Augen geöffnet, MO von einer
Gewicht, Konsistenz, Reibung, Hand in die andere geben, gleich-
Elastizität, Temperatur spuren. zeitig locker und elastisch gehen
und anschließend wieder stehen-
3. Übung: „Beide Hände" bleiben. Körpergefühl entwickeln
Wie Übung 2, Augen schließen, für gleichzeitiges Bewegen der
spüren, dann von einer Hand in Arme, Hände und Beine.
die andere geben.
6. Übung: „Werfen und
4. Übung: „In den Knien Auffangen"
federn" MO in Grundstellung von einer
Wie Übung 2, jedoch das Abgeben Hand in die andere werfen und
des MO's von einer Hand in die auffangen. Einmal seitlich, ein an-
andere mit wippendem, elastischem dermal hochwerfen. Mit der glei-
Federn in den Kniegelenken chen Hand oder mit der anderen
begleiten. Hand auffangen. Keine Angst vor
dem Hinunterfallen. Das gehört
Werfen und
Auffangen will
gelernt sein.
107

Es gibt zahlreiche
Möglichkeiten,
ein MO am
Körper zu ver-
stecken: hinterm
Kopf, unter der
Jacke, in einer
Tasche, hinter
dem Rücken
oder hinter der
Wade, unter der
Achsel usw.

...und nach
einigen Augen-
blicken lugt die
Beute vor, um
zu sehen, ob
„die Luft rein
ist".
zum Spiel. Echter kann man dem 8. Übung: „MO auf den Boden
Hund seine Chance nicht vermitteln. werfen und auffangen"
Erfahrene Spieler nützen dies: Sie Soweit es das MO zuläßt, auf den
werfen das MO so, daß die Boden werfen und wieder
Wahrscheinlichkeit, es aufzufangen, auffangen.
50% zu 50% steht. Fällt das MO,
soll der Hund seine Chance nützen. 9. Übung: „Tief spielen; MO am
Das Spiel gewinnt an Boden"
Glaubwürdigkeit, Abwechslung und Beine breit stellen und das MO am
Rasanz. Die Motivation steigt. Boden von links nach rechts kullern
und jeweils mit der anderen Hand
7. Übung: „MO um Körperteile aufnehmen und neu bewegen.
führen" Beine nicht strecken, sondern tief in
MO kreisend um Hüften, Ober- die Knie gehen. Körpergefühl
schenkel oder Waden führen. Bei entwickeln: Gewicht richtig
Verwendung eines Schleuderballs verteilen, um die Haltung
die Leine entweder kurz fassen oder ökonomisch zu gestalten.
noch besser, nicht an der Leine,
sondern den Ball-Körper fassen und 10. Übung: „Beute flieht"
führen. MO ruckartig wegziehen.
108

11. Übung: „Beute hüpft" 18. Übung: „Provozieren und


MO in Bögen oder Kreisen am Imponieren"
Boden bewegen. Man stelle sich vor, der Hund be-
finde sich in einiger Entfernung
12. Übung: „Haken schlagen" vom Hundeführer: Wir werfen das
MO in regelmäßigen oder unre- MO in die Luft, fangen es wieder
gelmäßigen Zick-Zack-Bewegun- auf, gehen imponierend und stolz
gen führen. auf und ab oder lassen das MO
provokant herausfordernd auf den
13. Übung: „Beute versteckt sich Boden fallen, heben es wieder auf
und lugt wieder vor" (als wollte man zum Ausdruck
MO abwechselnd hinter den bringen: „Hier, schau mal, was ich
Waden, Oberschenkel, Rücken, hab', hol es dir doch, wenn du
Kopf, unter der Achsel, unter der kannst"). Oder wir laufen mit dem
Jacke verstecken und wieder vor- MO provokant knapp am Hund
lugen lassen. vorbei (alles mental gespielt) und
geben auf allerlei Art und Weise
14. Übung: „Geräusche kommen mit unserer „Beute" an. Genieren
hinzu" Sie sich nicht! Hunde sind im
Das gesamte Bewegunsrepertoire gegenseitigen Spiel wahre Meister
wiederholen (ab Übung 7) und mit provokanter, theatralischer
phantasievollen, den Bewegungen Angeberei (MO simultan
angepaßten Geräuschen bereichern. „Totschütteln", dekorativ vor sich
hertragen, daran riechen, Wurfleine
15. Übung: „Tief spielend weg- in die Zähne nehmen, von einer
bewegen" Hand in die andere werfen,
Mit kleinen Trippelschritten, tief Angeberei auch in Form von Lauten
spielend, sich wegbewegen. (Auf usw.)
diese Weise kann das Spiel örtlich
und zeitlich ausgedehnt werden.) Es hat sich gezeigt, daß auch er-
fahrene Spieler immer wieder in
16. Ortsveränderung: Abständen das eigene Repertoire
In tiefer Spielposition sich durch überprüfen sollten, um stereotype
Trippelschritte vom Hund entfer- Bewegungsabläufe zu vermeiden
nen. und das Spiel abwechslungsreich zu
bewahren.
17. Übung: „Sprint einlegen"
Mitten im tiefen Spielen aufrichten In Vereinen und Gruppen läßt sich
und einige Schritte weglaufen. Ge- das soeben beschriebene MO-
gebenenfalls auch Haken schlagen. Handling-Training in Form eines
„5 Minuten-Warming-up" zu Be-
109

Tiefes Spielen
stimuliert den
Hund ganz be-
sonders. Daher
sollte das MO
immer wieder
um die Waden
geführt werden.
110

ginn der Trainingseinheit ein- Schleuder-Ball


bringen. Man ist anschließend be-
weglicher und die erweiterten Der Schleuder-Ball wurde im Text
Techniken wirken aus dem Kurz- weiter oben beschrieben. Es wäre
und Mittelzeit-Gedächtnis in das vorteilhaft, das Schleuder-MO
nachfolgende Üben mit dem Hund. ebenso wie den Ball auch auf den
Ganz abgesehen davon, daß ein Boden oder auf senkrechte Flächen
abwechslungsreiches MO- zu werfen.
Handling Körper und Geist fit
halten. Es spricht also viel dafür, das
Ball
Trockentraining des MO-Handlings
zum festen Bestandteil einer Der Ball, eines der ältesten MO's,
Trainingseinheit werden zu lassen. ist zu unrecht aus der Mode ge-
Beispielsweise zu Beginn der kommen. Immer dann, wenn es
Trainingseinheit, bevor der Hund vorteilhaft ist, dem Hund im Spiel
mit auf den Platz kommt. relativ große Strecken (z.B. wenig
Auslaufmöglichkeiten) oder hohe
Im folgenden Kapitel („Basis -Spiel- Laufgeschwindigkeiten abzuver-
Übung") werden wir noch weitere langen, ist der Ball auch heute noch
Trockentrainings-Spiele ein attraktives MO. Er sollte aus
kennenlernen, die ebenfalls in das lebensmittelechtem Moosgummi
„5 Minuten-Warming-up" aufzu- (nicht zu weich) sein. Damit ihn der
nehmen sind. Hund nicht schlucken kann,
empfiehlt sich ein ausreichend
dimensionierter Durchmesser.
Umgang mit Anders als bei Wurf- und
Schleuder-MO's hat man beim
verschiedenen Ball, sollte ihn der Hund wirklich
einmal versehentlich verschlucken,
MO's kaum noch eine Chance, ihn
anzupacken und aus dem Rachen
zu holen.
Je besser man mit verschiedenen
MO's umgehen kann, desto lieber Bälle werden in der Regel in die
wird man sie auch einsetzen. Auf Weite geworfen. Die Möglichkeit,
Jahre gesehen ist Abwechslung ein Bälle auf den Boden oder an senk-
wichtiger Punkt! Das Handling recht stehende Flächen zu schleu-
auch einmal ohne Hund zu dern, um damit unvorhergesehenes
trainieren, bringt sicher Vorteile für Hüpfen oder Zurückspringen
die Praxis. auszulösen, wird leider viel zu
wenig genützt!
111

Beiß-Wurst Ringe im Vergleich zum Ball oder


Schleuder-MO wieder andere
Obwohl die Beiß-Wurst prädesti- Motivationen Rollende Ringe, die
niert ist für das Anbeißen am irgendwann einmal umfallen und
Hundeführer, kann man sie zur dann im Tellerspiel enden, sind vor
Abwechslung auch in die Luft oder allem bei jungen Hunden heiß
auf den Boden schleudern -wenn begehrt Auch das diskusartige
auch nicht so weit wie einen Ball Werfen macht Spaß Und damit
oder ein Schleuder-MO Wenn sie waren wir bei einem anderen, be-
dann am Boden gelandet ist, bleibt gehrten MO, der
sie zwar liegen wie ein nasser Sack,
trotzdem macht es vielen Hunden
Frisbee-Scheibe
Spaß, sich die weggeschleuderte
Beißwurst aus dem Lauf zu holen Diese darf nicht aus Hartplastik
sein1 Verletzungsgefahr beim Auf-
prall (Zahne)' Diese neuen, se-
Beiß-Leder
gelnden Objekte stimulieren den
Zu empfehlen sind Leder, m die Hund auf ganz besondere Weise,
eine Gegenzug-Leine eingenaht denn die Flugbahn kann einiger-
wurde Das Beißleder bietet viele maßen vorhergesehen und das MO
Möglichkeiten Entweder man mit einem Sprung aus der Luft
dreht es zusammen, als wollte man heruntergeholt werden Mög-
ein Handtuch auswringen, oder lichweise wird hier ein alter Hun-
man schleudert es mit einer Hand detraum wahr auch Vogel erfolg-
hin und her, man kann es auch in reich jagen zu können
die Luft werfen und anschließend
ms Beute-Streiten übergehen Es gibt natürlich noch zahlreiche
andere MO's, die hier aus Platz-
mangel nicht aufgenommen werden
Ringe
können
Ringe können bei großen oder sehr
temperamentvollen Hunden eine
erhebliche Verletzungsgefahr für
den Hundeführer darstellen Beim Futter-Spiel-
Zupacken stoßen manche Hunde
gleichzeitig vor und treffen dann
Training
auf die Hand, was mitunter
erhebliche Verletzungen verursacht Auch im Futterspiel verfolgen wir
Abgesehen davon bieten die gleichen Ziele Integrale Moti-
vation unter besonderer Berück-
sichtigung der (intrinsischen)
112

Auch Futter Primärmotivation. Reines Füttern könnte sich im Rahmen der Spiel-
kann man bele- nach vollbrachter Leistung be- regeln entfalten und durch Tüch-
ben und zur schränkt sich in der Regel auf (ex- tigkeit und Engagement seine
Beute werden
lassen.
trinsische) Sekundärmotivation, was Chancen nützen und etwas bewir-
der Ausführung auf Dauer nicht ken.
nur wenig dient, sondern sich bis-
weilen sogar als hinderlich erweist. Auch bei Futter-Spielen kommt es
Denn die gewünschte Ver- darauf an, daß sich der Hundeführer
haltensweise rückt auf diese Weise in den Mittelpunkt bringt und das
mehr und mehr in den Hintergrund, Spiel lust- und reizvoll gestaltet. Der
der Hund hat nur noch das Futter Hund wird nicht „gefüttert",
im Kopf und der Hundeführer steht sondern das Futter wird erst einmal
nicht selten völlig außerhalb des belebt. Dieser Vorgang läßt zum
Geschehens. einen den Hundeführer interessant
erscheinen, und zum anderen wird
Dabei wären Futter-Spiele geradezu das Futter durch die Belebung zur
prädestiniert für lustvolle Integrale reizvollen Beute. Die
Motivationen. Der Hund Lustvorstellung des Hundes wird
113

über die Freßlust hinaus auf die genz der Tiere erst nach und nach
ergiebigen Appetenzen der Jagd- zu verstehen beginnen Aus dem
und Beute-Spiele ausgedehnt Wir Blickwinkel der Emotionalen Intel-
konnten auf Kursen immer wieder ligenz müssen wir die Leistungs-
beobachtet, daß diese Form der fähigkeit wie auch den Hand-
Futter-Spiele deutlich mehr Aktivität lungsfreiraum der Tiere völlig neu
auslost und mit dem Motivations- überdenken1
Niveau, das beim gewohnten
Futtern erreicht wurde, nicht zu Wer im weitesten Sinne pädago-
vergleichen ist gisch mit Tieren umgeht, wird
immer wieder m Erstaunen versetzt,
Futter zu animieren, hat leider zu welch unglaublichen geistigen
wenig Tradition Zu sehr sind immer Leistungen Tiere fähig sind Wenn
noch die Vorstellungen vom „Hund wir dem Hund naher kommen
als Automaten" verankert Man wollen als bisher, so müssen wir die
wirft eine Münze hinein und alte Vorstellung von Actio und
bekommt ein bestimmtes Verhalten Reactio aufgeben zugunsten einer
m der Schublade heraus Dieses lebensnahen Sichtweise Wir sollten
primitive, unrichtige Verständnis begreifen, daß auch das Leben des
gegenüber Lernvorgängen ist Hundes von dem Bestreben
Ursache für unzählige gestörte getragen wird, wo immer möglich,
Mensch-Hund-Beziehungen und das eigene Leben möglichst lustvoll
auch für das Scheitern zahlreicher zu gestalten, und daß er m diesem
Sportkarrieren Unvoreingenom- Kontext zu zahlreichen, intelligent-
menes Aufnehmen zeitgemäßer aktiven Handlungen fähig ist Wir
Erkenntnisse konnte aus diesem müssen anerkennen, daß Hunde
Dilemma befreien sich nicht nur „verhalten",
innerhalb jener Spektren, die wir
Die Anschauung, der Hund „rea- inzwischen verstehen gelernt
giere auf Reize" trifft nur auf be- haben, sondern daß Hunde im
stimmte Verhaltensweisen zu, und Rahmen ihrer Möglichkeiten
selbst dort oft nur in begrenztem „handeln" Daß dieses Handeln
Umfang Der Hund ist kein Auto- mehr auf Emotionen als auf dem
mat, der „auf Reize reagiert" Je Intellekt basiert, darf nicht langer
mehr unsere Erkenntnisse auf negativ bewertet werden Emotional
verschiedenen Wissenschafts- organisierte Handlungen sind
Gebieten wachsen, etwa der Ge- langst nicht immer vorhersehbar
hirnforschung, der Verhaltens- und sie tragen bei näherer Be-
biologie oder der Lernpsychologie, trachtung zweifelsfrei individuelle
desto klarer gewinnt die Vorstellung Zuge
Gestalt, daß wir die Intelli-
114

Im Umgang mit Hunden tritt der diese Weise dominieren und zu-
Irrtum von Actio und Reactio im sätzlich zum Geruchs- Genuß
Futter-Spiel ganz besonders auf. Herrchens Hilflosigkeit auskosten.
Daher ist es ein besonderes An- Beides zusammen entpuppt sich
liegen dieses Buches, Futter-Spiele nicht selten als attraktiver als der
in vielfältigster Art und Weise zu angebotene Leckerbissen aus
praktizieren und zu kultivieren. Herrchens Hand.

Hier kommen uns die vorhin be-


schriebenen Techniken des Beute-
Spiels zugute. Sich Verwandeln und Futter-Spiel-
ein MO zu Animieren haben wir
inzwischen gelernt. Im Futter-Spiel
Techniken
allerdings kommt ein weiteres
Motivations-Moment hinzu: der Die im Beute-Spiel beschriebenen
Geruch. Daß Hunde hervorragend Übungen sollen mit dem Futter-
riechen können, ist allgemein MO zunächst ohne Hund geprobt
bekannt. Ein Autor hat einmal sehr werden, ebenso die hier im An-
treffend gesagt: „Was dem schluß aufgeführten Freigabe-
Menschen das Fernsehen ist, das Techniken. Anders als das Beute-
bedeutet dem Hund das Riechen". MO gestatten Futter-MO's in der
Hunde können feinste Regel das Beutestreiten, wenn
Geruchsnuancen unterscheiden, überhaupt, dann nur in sehr ein-
auf weite Distanz wahrnehmen, geschränktem Umfang; denn mit
sich über lange Zeit hin merken dem Zubeißen ist das Futterstück in
und auch wiedererkennen. der Regel im Magen und damit aus
dem Spiel. Zur Fortführung des
Der Geruch des Futters wirkt jedoch Spiels werden weitere Futterstücke
nicht nur motivierend, er lenkt benötigt. Es liegt auf der Hand, daß
unter Umständen auch das Freigeben des MO's im Futter-
(gleichzeitig!) vom Hundeführer ab, Spiel daher im passenden
vor allem dann, wenn sich dieser Augenblick und in der richtigen
der konkurrierenden Geruchs- Technik erfolgen muß. Nämlich
Motivation nicht bewußt wird oder dann, wenn sich der Hund
das Futter ungeschickt bewegt. besonders tüchtig zeigt. Die
Fallen Futterstücke beispielsweise meisten Hundeführer machen den
auf den Boden, so hören manche Fehler, daß sie das Futter-MO ir-
Hunde sofort auf zu spielen und gendwann anbieten, oft gerade im
schnuppern nur noch mit tiefer falschen Augenblick, wenn der
Nase. Wir haben viele Hunde Hund beispielsweise abwartend
beobachtet, die auf dasteht und keinerlei Aktionen
115

Was spielt sich


wirklich ab
hinter der Fas-
sade des „nicht
vernunftbegab-
ten" Hundes?
Welche Rolle
spielen Emotio-
nen innerhalb
intelligenter
Handlungen?
Die Beantwor-
tung dieser Fra-
gen wird uns
möglicherweise
schon in naher
Zukunft neue
Einsichten in die
Fähigkeiten des
Hundes er-
möglichen.
116

zeigt. Andere führen das MO aus- Im Futter-Spiel läuft man immer


schließlich in der Hand, oft immer wieder Gefahr, dem Konkurrenz-
in der gleichen. Das MO befindet Effekt des Futters zum Opfer zu
sich dann meistens weit außerhalb fallen. Dagegen hilft wie gesagt die
der Augen-MO-Linie. Die Folge Animation des Futter-MO's (an
davon ist, daß der Hund nur noch Stelle reinen Fütterns!) und das
die Hand verfolgt. mimische Kommunizieren. Beides
zusammen bewahrt vor Motivati-
Ein weiteres Problem ist: In der ons- Schwund, Regellosigkeit und
Regel verwendet man kleine Fut- Spiel-Chaos.
terstücke. Einerseits, um den Hund
nicht zu überfüttern, andererseits, Noch ein weiteres Problem verdient
weil große Futterstücke den Nachteil Beachtung: Leider fallen im Spiel
haben, daß sich der Hund längere immer wieder Futterstücke auf den
Zeit mit dem Fressen beschäftigt, Boden. Das Spiel wird un-
und das Spiel dadurch terbrochen und erhält eine neue
vorübergehend unterbrochen wird. Richtung, die den Hundeführer
Kleine Futterstücke bringen ande- erneut außerhalb des Geschehens
rerseits die Gefahr mit sich, daß der stellt (auch wenn der Hund dabei
Hund, oft unbeabsichtigt, beim nicht dominiert).
Zuschnappen in die Hand beißt.
Dem kann man vorbeugen, indem Um die beschriebenen Probleme zu
man das Futter-MO nicht mehr umgehen, hat der Autor die
direkt aus der Hand, sondern kurz „Lippen-Schleuder" entwickelt,
vor dem Freigeben durch Werfen eine neue Sporthilfe, die hier erst-
anbietet. Vor der Freigabe sollte sich mals veröffentlicht wird. Es ist sehr
der Hundeführer bemühen, sich ins zu empfehlen, erst einmal ohne
Spiel zu bringen, indem er das MO Hund zu üben.
immer wieder in die Augen-MO-
Linie bringt. Sooft der Hund den
Blickkontakt erwidert, wird die
Gelegenheit zur Mimischen Lippen-Schleuder
Kommunikation wahrgenommen, das
Spiel intensiviert und vor allem das Das Zuspucken von Futter-MO ist
Anbeißen- Lassen (Freigeben) kurz nicht neu. Da es aber nicht jeder-
zuvor angekündigt (durch variable manns Sache ist, Hunde-Leckerli
Signale). Auf diese Weise wird der oder Fleisch zwischen die Zähne zu
Hund immer häufiger den nehmen, hat die Lippen-Schleuder
Blickkontakt suchen und der sicher ihre Berechtigung. Außerdem
Spielpartner Mensch gewinnt an bietet sie den Vorteil, daß das
Bedeutung. Futterstück sehr
117

Hier die vom


Autor entwickelte
Lippen-
Schleuder.
Einklemmen
und...

...im richtigen
Augenblick zu-
spucken.
gezielt gespuckt werden kann, mittelbar vorher angekündigt)
denn in dem Augenblick, wo sich wird, bleibt dem Hundeführer
die Zähne offnen, springt die überlassen.
Gummilippe in ihre alte Lage
zurück und gibt das Futterstück frei. Hier nun die stichwortartige Be-
schreibung der einzelnen Freigabe-
Das Futterstück wird einfach in die Techniken:
Gummilippe geklemmt und
zwischen den Zähnen gehalten. 1. Übung: „Freigabe durch
Der Hundeführer macht sich in- Werfen aus der Hand" (in
teressant, indem er Blickkontakt Augen-MO-Linie)
und mimische Kommunikation MO animieren, Blickkontakt suchen,
aufbaut. Im geeigneten Augenblick ankündigen, werfen. Verschiedene
spuckt er das Futter-MO dem Hund Wurftechniken: Aus Zeigefinger
entgegen. Ob das Freigeben durch und Daumen. Oder aus der flachen
ein akustisches Signal „Sst" oder Hand (Hochwerfen aus der
einfach durch einen Luftstoß Handfläche oder durch
begleitet (oder un- Aufschlagen der anderen Hand von
unten)
118

Werfen aus der


Hand.

2. Übung: „Freigabe durch Zu- Wird das Futter-MO zwischen den


spucken" (nach Belieben in Ver- Lippen gehalten und anschließend
bindung mit akustischer zugespuckt, so ist die Augen-MO-
Ankündigung, beispielsweise Linie von vornherein gewährleistet
durch „Sst") Die Position des MO's
Zuspucken aus
dem Mund.
119

macht es dem Hundeführer leicht,


die Aufmerksamkeit auf seine Mimik
(in Verbindung mit Atmungs-
varianten und Geräuschen!) zu
lenken, und der Hund wird diesen
Kommunikationen mehr und mehr
Beachtung schenken.

3. Übung: „Zuspucken aus der


Lippen-Schleuder"
Nicht jeder möchte Hunde-Leckerli
zwischen die Lippen nehmen. Bei
Hunden, die Apfel- oder
Karottenstücke mögen, tut man sich
natürlich leichter. Aber die meisten
Hunde bevorzugen Leckerli mit
tierischem Eiweiß. Hier bietet die
vom Autor entwickelte Lippen-
Schleuder eine Alternative. Die
Schleuder wird um den Hals
gehängt und erlaubt die Aufnahme Futtertechnik
jeder Art von Fut-ter-MO, ohne daß Freigabe-Technik bewahrt: Das aus der „Schüs-
die Lippen damit in Berührung Futter wird zwischen Daumen und sel-Hand".
kommen. Zeigefinger gehalten, so daß es der
Hund wie aus einer Schüssel
4. Übung: „Freigabe aus aufnehmen kann, ohne die Hand
der Schüssel-Hand" des Hundeführers zu verletzen.
Nicht in allen Fällen ist die Steige-
rung der Futter-Motivation wün- Wenn der Hundeführer die be-
schenswert. Bei manchen Hunden, schriebenen Freigabe-Techniken im
in bestimmten Entwicklungs- oder Trockentraining beherrscht, kann er
Ausbildungsphasen oder bei dazu übergehen, mit dem Hund zu
bestimmten Übungen kann es üben. Hier darf man die
vorteilhaft sein, das Motivations- Erwartungen anfangs nicht zu hoch
Niveau ganz gezielt zu reduzieren. stecken. Auch der Hund muß die
Auch in Situationen, wo der Hund Techniken des erfolgreichen
in einer bestimmten Haltung ver- Schnappens nach zugeworfenen
harren soll, sind mitunter Futter- Futter-MO-Stücken erst lernen.
techniken aus der Hand angezeigt. Und jede der beschriebenen
Steht, sitzt oder geht der Hund Techniken hat ihre ganz eigenen
seitlich, so hat sich folgende Tücken im Zusammenspiel.
121

Basis-Spiel-Übung
Als erstes schaffen wir ein Ent-
Zuerst Spiel! - spanntes Feld, indem wir die Basis-
Vertrauen schaf- Übung zu Hause in vertrauter Um-
gebung spielen - möglichst ohne
fen, Berührungs- Ablenkung.

ängste abbauen Ein weiteres, nicht nur äußeres


Merkmal besteht darin, daß man
Nichts braucht ein junger Hund so mit dem Hund absichtlich nicht in
sehr wie Geborgenheit. Daher sind stehender Position, sondern am
in der Natur Geborgenheit und Boden sitzend spielt. Sitzend tritt
Vertrauensbildung durch zahllose, man dem Hund in annähernd
vorprogrammierte Prozesse gleicher Höhe gegenüber. Der Hund
verankert. muß nicht mehr den Kopf
verrenken, wenn er Frauchens oder
Auch der Mensch, der sich den Herrchens Blick treffen will.
Hund als Begleiter gewählt hat, Außerdem sind Beine, Arme, ja der
spielt in diesem Räderwerk eine ganze Körper des Menschen nicht
wichtige Rolle. Ohne seinen akti- mehr in distanzierend senkrechter
ven Beitrag zur Entfaltung und Position, Masten und Bäumen
Sozialisierung kann sich ein Hund gleich, sondern die Beine liegen
nicht normal entwickeln. Aber entweder am Boden oder sie sind in
auch hier steht uns wieder Winkeln um die 45 Grad gebeugt.
dasselbe Problem im Wege wie bei Das lädt ein, darüber zu hüpfen
der Kommunikation. Man tritt dem oder darunter durch zu schlüpfen.
Hund immer wieder zu sehr als Endlich kann der kleine Hund mit In der Basis-
Frauchen oder Herrchen ganz Spiel-Übung
Mensch gegenüber und man geht begegnen wir
auf die vielen einladenden Signale ähnlich spielen, wie er es im
dem Hund im
zu wenig ein, weil man sie oft Welpenrudel gewohnt war. Lehnt Sitzen. Auf
weder bemerkt noch verstanden sich der Hundeführer mit dem diese Weise
hat. Um hier eine Brücke zu Rücken an eine Wand, so entsteht entstehen ganz
noch eine weitere Höhle. Es macht ähnliche Spiel-
schlagen, haben wir mit unseren möglichkeiten
Welpen ein Spiel entwickelt, das dem Hund riesig Spaß, all die wie bei den
wir Basis-Übung nennen. Möglichkeiten, die sich aus der Welpen unter-
sitzenden Haltung einander.
122

des Menschen für ihn ergeben, zu


nutzen
„Klein ist
symphatisch"
Man kann beobachten, wie Hunde
auf diese Weise in kurzer Zeit Noch ein weiterer Faktor kommt im
Berührungsängste abbauen und Sitzen hinzu Der Hund weiß
richtiggehend zu balgen beginnen natürlich, daß Frauchen oder
Sie klettern und springen über die Herrchen aus der sitzenden Haltung
Beine, rutschen an den Waden viel zu lange brauchte, um
entlang, fallen mit dem Vorder- oder aufzustehen Sitzend will und kann
Hinterteil zwischen die Beine, ihm der Mensch nicht nachlaufen
warten vor dem aufgestellten Bein Das gibt dem Hund Sicherheit,
wie eine Katze vor dem Mauseloch - flößt Vertrauen ein Man konnte
lauter Bewegungsweisen, die mit sagen Die sitzende Haltung stellt in
einem stehenden Menschen nicht sich eine einladende
realisierbar waren Freundschaftsgeste dar Sich klein
zu machen, ist daher für den Hund
Viele Hundeführer sind sich der in hohem Maße vertrauenswürdig,
Berührungsängste ihrer Hunde und zwar nicht nur für Welpen Es
überhaupt nicht bewußt Daß diese ist überraschend, wie gerne die
Ängste aber vorhanden sind, haben Basis-Übung auch von
wir auf Kursen immer wieder an erwachsenen und älteren Hunden
zahlreichen Beispielen feststellen angenommen wird
können Zunächst trauen sich diese
Hunde nicht, etwa unter den Knien Aber nicht nur der Hund profitiert
durchzukrabbeln oder über die von dieser äußeren Anordnung Im
Waden zu gleiten Manche halten Sitzen hat der Hundeführer den
sich sogar in respektvollem Abstand Hund immer im Blickfeld Er muß
Genau die gleichen Hunde zeigen sich nicht bücken, um ihm
dann m der Unterordnung da und näherzukommen Arme und Beine
dort den unschönen Abstand beim stehen für allerlei Abwechslung zur
Vorsitzen oder beim Verfugung Der Hund muß einen
Näherkommen Sie weichen bei relativ langen Weg um den
Kehrtwendungen seitlich aus oder sitzenden Hundeführer bewältigen,
halten beim seitlichen Absitzen eine um zum Futter oder zur Spielbeute
respektvolle Distanz zum zu gelangen Zudem ist dieser Weg
Hundeführer ein Das sind mit allerlei Hindernissen gespickt,
Berührungs- und Näherungsängste, wie etwa den aufgestellten Beinen
welche Ursache auch immer sie Im Stehen hatte der Hund einen
haben viel kürzeren Weg
123

um die Beine des Menschen Das Sekunden bitterer Ernst wird Je


Handlung der Spielbeute oder des klarer die Rangordnung festgelegt
Futters, kurz die Animation, ge- ist, desto weniger Konflikte sind
staltet sich im Stehen um vieles auch im Spiel zu erwarten Dasselbe
schwieriger als im Sitzen Die Basis- gilt für die Mensch-Hund-
Übung bietet also für beide Beziehung Gerade das Spiel aber
Spielpartner ideale physiologisch- birgt allerlei Gefahren für Domi-
psychische und physikalische Vor- nanz-Einbußen des Hundeführers
aussetzungen Und sie bietet um- Man glaubt es oft nicht, aber
fangreiche Möglichkeiten zum gerade im Spiel dominieren zahl-
Experimentieren reiche Hunde ihre zweibeinigen
Rudelführer, und zwar so, daß
Herrchen oder Frauchen die Füh-
rerrolle buchstäblich aus der Hand
Dominanz, genommen wird Fatal ist, daß es oft
Freiräume und unerkannt bleibt, wenn der Hund
den Hundehalter in Schlepptau
Tabus nimmt

Hier einige Ratschlage, einige


Hunde verbringen enorm viel Zeit „elementare Spielregeln", die vom
damit, die eigene soziale Stellung ersten Spiel an einzuhalten sind
innerhalb ihrer Familie zu festigen - Der Hundeführer bestimmt
oder zu verbessern am Lagerplatz, Anfang und Ende des Spiels
beim Fressen, beim Saufen oder auf und
dem Familienspaziergang Werden - er setzt die Spielregeln fest
mehrere Hunde gehalten, so werden - MO's (Motivations Objekte), die
die Dominanz -Wettkampfe mit man zur motivationalen Erziehung
erstaunlicher Virtuosität auf beiden oder Ausbildung einsetzt, dürfen
Ebenen ausgetragen, innerhalb der dem Hund nach dem Spiel nicht
Mensch-Hund-Beziehungen und im überlassen werden Dieses
Rahmen der Hunde-Beziehungen „Spielzeug" ist für die
untereinander gemeinsame Spielzeit reserviert -
und nur hierfür (Für Solitar-
Auch im Spiel spiegelt sich die Spiele kann man dem Hund
„permanente soziale Auseinan- Kauknochen oder anderes an-
dersetzung" wider Diese Kom- bieten, auf keinen Fall aber das
ponente ist im Spiel oft dafür Lieblings MO')
verantwortlich, wenn aus dem - Der Hund darf nicht „Fremd-
freundlichen Treiben binnen Beißen'"
124

Ab und zu
beißen - vor
allem junge
Hunde - dane-
ben, sprich in
die Hand. Hier
muß man be-
stimmt, aber
vorsichtig ge-
gensteuern.
Eine intakte
Beißhemmung
gehört zum
Wichtigsten im
Spiel.

Der Hund erhält viele Gelegen- die Hemdärmel Auch nicht „nur
heiten, in die Beißwurst oder in das so"' Es mag putzig aussehen und
Futter zu beißen, nicht aber in die harmlos wirken, wenn Welpen
Hand, das Hosenbein oder in beißen Aber aus dem Hundchen
125

wird ein Hund, und wenn er als halten dem Hund die Spielbeute
Baby keine Beißhemmung gelernt oder das Futter so lange vor, bis er
hat, dann geht der Hundeführer ein die Lust am Spiel verliert, oder sie
erhebliches, unverantwortliches zwingen ihn immer wieder in die
Risiko ein Daß der junge Hund ab Unter-Ordnung, oft im unge-
und zu mal im Spiel knurrt, ist teils eignetsten Augenblick, etwa dann,
rasse-, teils individualbedingt Es wenn der Hund eine außer-
kommt schon mal vor, daß der gewöhnliche Anstrengung unter-
Hund unabsichtlich m die Hand nommen hat, um die Beute zu
beißt Solange das Ausnahmen fassen
bleiben und der Hund sofort durch
Losen des Drucks die intakte Man muß vielmehr lernen, mit viel
Beißhemmung zeigt, ist das o k Einfühlungsvermögen und dem
ständigem Beobachten zu spielen
Man muß aber den Stimmungs- Wer Spiel nur in den Koordinaten
verlauf kritisch mitverfolgen Artet von Leistungserwartung und
das Spiel aus, schlagt es m Punkten betreibt, wird den Hund
Aggression um, beginnt es dem höchstwahrscheinlich verfehlen und
Hundeführer zu entgleiten, oder nie wirklich zur Integralen
scheint der Hund nur noch um Motivation vordringen Er wird nie
Dominanz zu eifern, so beendet ein „Meister des Spiels" werden
man das Spiel (Aber nicht gerade
dann, wenn sich der Hund einen - Spielform und Spielregeln sind so
„Rang-Plus-Punkt" ergattert hat) aufzubauen, daß dem Hund
genügend Freiraume geboten
Auf der einen Seite sollte das Spiel werden
nicht aus der Hand gegeben werden - Freiraume sollten möglichst viele,
(Dominanz-Verlust), andererseits abwechslungsreiche Integrale
müssen wir dem Hund aber Motivationen beinhalten1
ausreichend Freiraume bieten Diese - Engagement und Tüchtigkeit des
Freiraume sind wesentlicher Hundes müssen Erfolg bringen
Bestandteil der Integralen - Mehr Tüchtigkeit muß mit mehr
Motivation, was immer wir auch Erfolg belohnt werden
spielen Freiraume müssen sein, - Loslassen der Beute oder Freige-
damit der Hund seine Tüchtigkeit ben des Futters sollen möglichst
verwirklichen kann Oft kann man „echt" aussehen
beobachten, wie Hundeführer ohne - Der Hundeführer bemühe sich,
jedes Gefühl für das, was im Hund immer wieder Schwachen zu
vorgeht, spielen Sie ent- zeigen und dies möglichst
glaubwürdig
126

Der Welpe
wartet auf
einen günstigen
Augenblick...

Basis-Spiel-Übung Wiese, einer Lichtung, auf dem


Hundesportplatz (beispielsweise
- (Praktische bevor der allgemeine Sportbetrieb
beginnt).
Anleitung)
Vorbereitung: Wichtig ist eine
Ort: Die Basis-Übung sollte zu- senkrechte (oder nahezu senk-
nächst ohne Ablenkung in ver- rechte) Fläche, an die man sich
trauter Umgebung gespielt wer- anlehnen kann, etwa eine Wand,
den: entweder in der Küche, im ein Schrank, eine steil gestellte
Wohnzimmer, in der Garage, im Hunde-Sport-Schrägwand und
Zwinger, im Auslauf, im eigenen anderes. Je nach Witterung, Bo-
Garten (wegen möglicher Ablen- denverhältnissen und Bekleidung
kungen mit Vorbehalt!), auf einer ist das Auslegen einer Unterlage
Wenn man sich
doch schneller
drehen könnte...
127

Über den
Oberschenkel
rutschen hilft
Kontaktängste
abbauen.
empfehlenswert. Am besten eignet das spätere Abgeben). Man beginnt
sich eine 10 bis 12 mm dicke mit dem anderen MO.
Marotech-Matte (siehe Bezugs-
quellennachweis). Dünne Unter- 1. Herrchen oder Frauchen stimmt
lagen bilden Unebenheiten, stören den Hund ein und lauft anschlie-
die Bewegungsfreiheit und ßend zum vorbereiteten Platz.
verlocken den Hund zum Rein- Während des Laufens sucht er die
beißen. Die Wahl des Motivations- Konzentration des Hundes mög-
Bereiches und des MO's ist indivi- lichst ununterbrochen auf sich zu
duell zu bestimmen. Am besten lenken.
nimmt man von Anfang an zwei
MO's mit: Das Lieblings-MO Am Spielfeld angekommen, setzt er
(möglicherweise auch Futter) bleibt sich auf den Boden, lehnt sich mit
versteckt in der Tasche (für dem Rucken an die Wand und
Die aufgestell-
ten Beine sieht
der Hund als
Höhlen.
128

Sprung über
die Beine.
fangt an, mit dem Hund freundlich wieder unter den Beinen durch,
und engagiert zu spielen. Wahrend stimulieren ihn, über die Waden
des Spiels wird der Hund ständig zu springen, hinter dem Rucken
beobachtet. Tüchtigkeit muß durchzulaufen und wieder vor-
belohnt werden: durch Freigeben zukommen usw. Bei größeren
des Futters, Anbeißen lassen der Hunden kann es nötig werden,
Beute und durch glaubwürdiges, wahrend des Spiels das Knie
verbales Lob. Das Spiel wird immer etwas hochzuheben, damit der
wieder daraufhin ausgerichtet, daß Hund darunter durchkommt. In
der Hund Kontaktscheu abbaut. vielen Fallen wird man beobach-
Um dies zu erreichen, locken wir ten, daß der Hund bei der einen
ihn immer oder anderen Aufgabe zunächst
Und immer
wieder Körper-
Berührung.
129

Hinter dem
Rücken durch.
einmal diverse Ängste überwinden terspielen auf. Andere wiederum
muß. Oft sind mehrere Anläufe zur bringen das MO zunächst einmal in
Bewältigung der Aufgabe Sicherheit verkriechen sich unter
erforderlich. eine Bank, auf ihren Lagerplatz
oder in eine Ecke. Dort werfen sie
Wird ein MO verwendet und hat sich auf Hundeart nieder, halten das
der Hund angebissen, so überläßt MO zwischen den Pfoten und
man ihm nach kurzem Beutestreiten beginnen zu nagen. Jetzt dürfen wir
den Gegenstand. Manche Hunde nicht den Fehler machen, auf-/
laufen erst gar nicht weg. Sie zustehen und dem Hund die Beute
fordern den Hundeführer durch wegnehmen zu wollen. Wir
allerlei Aktionen zum Wei- „zaubern" vielmehr eine Situa-
Am Ende zeigt
der Welpe
keinerlei Be-
rührungsängste
mehr.
130

tion, die für den Hund viel mehr Charakter hat unbedingt Vorrang.
verspricht als allein Kauen. Je besser Erst nach und nach kommen die
uns das gelingt, desto früher und Übungsinhalte hinzu. Daher auch
motivierter wird er freiwillig die Bezeichnung „Basis-Spiel-
zurückkommen und mit uns wei- Übung".
terspielen wollen.
Am Ende des Basis-Spiels steht
Lassen wir ihn sich beschäftigen mit man auf und läuft in gleicher Weise
seiner Beute! Inzwischen holen wir wie zu Spielbeginn wieder hinaus.
vielsagend und theatralisch das viel
interessantere Lieblings-MO aus der 2. Nach einigen Übungseinheiten
Tasche und fangen an, ohne ihn zu sollten - nach und nach - immer
spielen. Es wird nicht lange dauern, mehr und auch neue Motivations-
und der junge Hund will sich ins Bereiche und MO's eingeführt
Spiel bringen. Es kann sein, daß er werden.
seine alte Beute mitbringt und sie
vorübergehend nicht ausläßt. Auf geheimnisvolle Art und Weise
Lassen Sie ihn! Auf keinen Fall holt man von mal zu mal neue oder
abnehmen! Spielen Sie so lange mit andere MO's heraus.
dem Konkurrenz-MO weiter, bis er
das alte fallen läßt. Man widerstehe
der Versuchung, in diesem Augen-
blick danach zu greifen. Lassen Sie „Sitzen", „Liegen"
es einfach liegen und warten Sie
einen geeigneten Augenblick ab,
und „Stehen" aus
um es unauffällig aufzuheben und
in die Tasche zu schieben. Unver-
der Basis-Spiel-
bildete Hunde haben in der Regel Übung
mit dem MO-Tausch kein Problem.
Freiwilliges Zurückbringen und Die Basis-Spiel-Übung eignet sich
Abgeben kann jedoch schwierig ganz hervorragend für das nahtlose
werden, wenn man dem Hund so- Einbinden der ersten Grund-
zusagen beigebracht hat, daß er Übungen. Wichtig ist jedoch, daß
seine Beute durch allerlei Aktionen man nicht zu früh damit beginnt,
verteidigen muß. Wir werden auf Aufgaben einzubauen. Zuerst muß
den Beute-Tausch in Kapitel 12 sich der Hund im Spiel wohl und
(Freies Spiel) noch näher eingehen. frei fühlen. „Wohl" im Sinne des
Entspannten Feldes und des Ver-
Das Basis-Spiel soll anfangs eher trauens, und „frei" von Streß, Arg-
kurz dauern. Der spielerische wohn oder Angst.
131
Haltung wünschen (siehe Video).
„Sitzen“ Kurz vorher achten wir auf eine
ausgewogene Motivations-Balance,
Mitten im Spiel zeigen wir dem indem wir Körpersprache, Mimik
Hund mit einer Geste, die von und Animation des MO's
unserem gesamten Körper vermit- individuell auf den Hund
telt wird, daß wir seine sitzende abstimmen. Wenn der Hund etwa
Spielstimmung,
Körpersprache
und Führung
des Futter-MO's
bringen den
Hund freiwillig
und motiviert
ins „Sitzen".
Hintenrunter-
drücken ist
überholt! Frei-
willigkeit bedarf
keiner
zwanghaften
Unterstützung,
auch keiner
geringfügigen!
132

im Basis-Spiel vor Aktivität über- ten müssen ausartet. Prompt steht


schäumt, wird es schwierig werden, er auf, weil er aus seiner Sicht durch
ihn in eine der unbewegten sein Absitzen nicht zum Erfolg kam.
Positionen Sitz, Platz oder Steh zu Und nicht vergessen: Nicht nur das
bringen. Diesen Hund wird man Futter motiviert! Aus der Sicht der
tunlichst erst einmal austoben las- integralen Motivation ist die
sen oder ihn beruhigen. Im anderen lobende (im Idealfall die
Fall, wenn sich der Hund eher „bewundernde Belohnung") ebenso
phlegmatisch zeigt, muß man das wichtig. Der Vorgang muß in seiner
Motivations-Niveau heben - mit Gesamtheit eine angenehme,
allen zur Verfügung stehenden freundliche, spielerische, interessante
Mitteln: durch Körpersprache, und motivierende Atmosphäre
Stimme, Mimik, Imagination und widerspiegeln.
Animation.

Das „Sitzen" leiten wir ein, indem


wir etwa ein Futterstück (in der Lob ist mehr als
geschlossenen Faust) über und
hinter den Kopf des Hundes führen.
Anerkennung
Um das MO nicht aus den Augen
zu verlieren, wird er sich hinsetzen. Ein Wort zu Lob, Anerkennung, Be-
Ebenso wichtig wie die Führung wunderung und Zuneigung: Lob ist
des MO's ist jedoch unsere nicht nur Balsam für die Seele. Es
Körpersprache, wobei wir nicht nur fördert nicht nur das
die MO-Führungshand, sondern Selbstwertgefühl. Lob ist eine
den gesamten Körper einsetzen „äußerst intensive Form der Kom-
(siehe Video). In dem Augenblick, munikation". Auch mit Lob bringt
wo sich der Hund setzt, wird die sich der Mensch in den Mittelpunkt
Faust geöffnet und der Hund des Geschehens. Leider können die
bekommt das Futterstück. Bei sehr wenigsten Hundeführer aus vollem
vitalen Hunden muß man sogar Herzen loben. Wie oft hört man das
schon den Ansatz des Setzens immer und immer wieder in
belohnen. Nach wenigen gleichem Tonfall vorgebrachte: „So
Wiederholungen belohnt man ist's brav"! Der Hund hört schon
jedesmal ein wenig später. gar nicht mehr hin.

In dieser Phase wird oft der Fehler Man müßte sich wirklich erst einmal
gemacht, daß man den Hund, bis darüber klar werden, was man
die Belohnung folgt, viel zu lange überhaupt vermitteln will. Es ist ein
sitzen läßt. Was dann zum War- Unterschied, ob ich betont Lob,
133

In der Zunei-
gungs- Aktion
verwendet der
Hundeführer
andere Worte
als fürs Loben!
134

Anerkennung, Bewunderung oder „brav", wenn man ihm seine Zu-


Zuneigung äußere. Ein weiterer neigung zeigen will oder wenn es
Unterschied liegt darin, inwieweit darum geht, ihn zu einer ge-
die Inhalte miteinander kombiniert wünschten Verhaltensweise zu be-
werden sollen. Wird alles in den wegen. Die ursprünglich geplante,
„Einheitstopf Brav" geworfen, so abgegrenzte Bedeutung „brav" wird
verwässern die spezifischen auf diese Weise verfälscht, bzw.
Aussagen, die Botschaft wird un- verzerrt, selbst wenn man sich um
glaubwürdig, sie verliert ihre moti- einen veränderten Tonfall bemüht.
vierenden Kräfte und wird mehr Weil aber auch im Tonfall oft viel zu
und mehr ignoriert. Stereotypes wenig unterschieden wird, darf man
Lob verfehlt letztlich die gewünschte sich nicht wundern, wenn das
Wirkung. Gummiwort „brav" am Hund mit
den Jahren abgleitet wie das Wasser
Was viel zu kurz kommt, ist das an der Hühnerfeder. Man sollte sich
bewundernde Lob. Also nicht nur: wirklich bemühen, in Zuneigungs-
„So ist's brav!" Oder: „So war's Akten andere Worte zu verwenden
richtig", sondern: „Du bist ein su- als fürs Loben2. Eine
per Hund, ein tüchtiger Kerl!" Liebeserklärung ist einfach etwas
Wobei auch der Tonfall und die anderes als das Lob für eine gute
Mimik als Verstärker eingesetzt Leistung. Oder sagen wir zu unse-
werden. - Dieses soeben beschrie- rem Liebsten: „Ich hab Dich brav?"
bene Lob war auf eine außerge- Bewundern wir die Schönheit eines
wöhnliche Leistung gemünzt. Es Menschen so: „Augen hat sie wie
wäre falsch, würde man jedes Lob Smaragde, - eine wirklich brave
derart überschwänglich gestalten. Erscheinung." Versuchen Sie
Die Pädagogen sagen: „Lob muß einmal, einen dieser Sätze
angemessen ausfallen!" Untersu- überzeugend zu artikulieren. Nun?
chungen zeigten, daß über-
schwänglich- unangemessenes Lob Unterschätzen wir den Hund nicht!
zu Leistungsminderung führen Auch er kann sehr gut Zuneigung
kann! Also - an Stelle stereotypen und Lob unterscheiden. Es liegt an
Lobens: Mit Verstand und Herz uns, ihm dies
loben!

Nebenbei bemerkt wird das Wort 2


Dann und wann wird es sicher
„brav" von sehr vielen Hundefüh- vorkommen, daß beide Inhalte gemischt
ausgedruckt werden sollen In diesem
rern diffus vermittelt. Der Hund Falle wurde sich anbieten, für beide
wird einerseits als „brav" gelobt, Inhalte entsprechende Signale zu
vermitteln.
wenn er etwas richtig gemacht hat,
und man lobt ihn ebenso
135

zu erschweren oder zu erleichtern


Einige allgemeine
Nochmals das Lob muß der Lei-
stung angemessen werden' Eine
Worte zum
hervorragende Leistung verdient ein Hörzeichen
hervorragendes Lob Hervorragendes
Lob sollte aber immer auch
Bewunderung enthalten Auch das Aussprechen der Hör-
zeichen verdient Beachtung Im
Wurde man mit Lob, Anerkennung, Idealfall fuhrt der Hund die ent-
Bewunderung und Zuneigung wahr- sprechende Übung nicht nur aus,
haftiger und bewußter umgehen, sondern er fuhrt sie in der Art und
indem man Wortbedeutung und Weise aus, wie das Hörzeichen
Zusammenhang sinnvoll mitein- (oder auch ein Sichtzeichen) ge-
ander verbindet, so konnte man die geben wurde Mit anderen Worten
Vorteile des Wiedererken- Auf ein explosiv ausgesprochenes
nungswertes methodisch nutzen (besser ausgestoßenes') „Platz"
und sich auch darauf verlassen mußte sich der Hund blitzartig auf
den Boden werfen Auf ein
Beim Schmusen oder den vielen langgezogenes „Plaaatz" oder
kleinen Liebeserklärungen und - „Lieegen" sollte er sich ent-
bekräftigungen, die man dem Hund sprechend langsam hinlegen
tagtäglich vermittelt, konnte man
ihn beispielsweise als „feiner oder Wenn man aber anstrebt, daß der
lieber Hund (bzw Name des Hund auf Hörzeichen sensibel an-
Hundes)" ansprechen, im Unter- spricht, dann darf man nicht den
schied zum Lob „braver", „tüchti- Fehler machen, den Hund zu früh
ger", „super" oder was auch immer zu überfordern In unserem Falle
Meine Tochter Mane-Therese lobt müßte man, wenn sich der Hund
ihren Hund „sunke vaste'", das ist die ersten Male hinsetzt, das Hör-
indianisch und heißt auf deutsch zeichen der Ausführung des Hun-
„Braver Hund" Ihre Hündin Banja des angleichen Der lernende Hund
versteht zwar kein indianisch, aber wird sich erst einmal langsam
sie nimmt emotional auf, was hinsetzen Das schadet nicht Mit
Therese mit „sunke vaste", in einem zunehmender Sicherheit (bei
bestimmten Zusammenhang, jungen Hunden vor allem in Ver-
gemeint hat Auch hier begegnet bindung mit psycho-somatischen
uns wieder eine Erscheinungs-Form Reifungs-Prozessen) wird die
der Emotionalen Intelligenz Ausführung schneller und schneller
Dies gilt es abzuwarten und in der
Ausformung des Hörzeichens
136

mitzumachen. Nach und nach eine Höhle bilden, mit einer Öff-
kann man dann den Spieß umdre- nung, die es dem Hund schwierig
hen und das Ausführungs-Tempo macht, durchzuschlüpfen. Der
über das Hörzeichen beeinflussen. Hund wird sich „vor der Höhle auf
(Die akustische Formung des die Lauer legen".
Hörzeichens ist nicht die einzige,
aber eine wichtige Komponente der Dabei wird er sich instinktiv hin-
Beeinflussung). legen. Hat er sich hingelegt, heben
wir das Knie etwas an, daß er durch
Wir werden also (das voraussichtlich die Öffnung kommt und sich das
langsame) Hinsetzen des Hundes in Futter holen kann. Hat der Hund
dem Augenblick, wo er es ausführt, die Aufgabe bewältigt, wird er wie
mit einem entsprechend oben beschrieben herzlich gelobt
langgezogenen „Siiitz", „Siiitzen" und bewundert.
oder „Siiitt3" begleiten.
In der Regel hat der Hund bereits
Zusätzlich läßt sich die Verknüpfung nach wenigen Wiederholungen
zum Hörzeichen vertiefen, indem „gelernt", was wir mit „Liegen"
man das Hörzeichen „Sitt" immer meinen. Keine Angst übrigens vor
dann ausspricht, wenn sich der vielen Hörzeichen! Der Hund tut
Hund von sich aus hinsetzt. sich leichter, unterschiedliche
Übungssformen zuverlässig aus-
zuführen, wenn sie mit verschie-
denen Hörzeichen verbunden
„Platz", bzw. werden. „Liegen" bedeutet dann
„Liegen" beispielsweise in der Wohnung: Der
Hund soll sich hinlegen und mal
vorerst dort bleiben. Wenn er nach
Mitten im Basis-Spiel stellen wir einiger Zeit aufsteht, ist das o.k.
folgende Situation her: Man wartet Dieses Liegen ist etwas anderes als
ab, bis sich der Hund von der Seite das „Platz" im Sport, wo wir ein
her einem unserer beiden schnelles, aktionsgeladenes Auf-
aufgestellten Beine nähert. In die- den-Boden-Werfen abrufen, und wo
sem Augenblick fuhren wir das MO wir erwarten, daß er bis zum
(Futter oder Spielbeute) unter das Abrufen liegen bleibt.
Knie, welches wir so stellen, daß
Waden und Oberschenkel Sollte die Höhlen-Methode nicht
klappen, was (in seltenen Fällen)
3
vorkommt, so müßte man auf das
Die Endung „tt" im Hörzeichen „Sitt" bekannte Abliegen durch Versuch
soll der Verwechslungsgefahr von
„Sitz" und „Platz" (gleich endendes und Irrtum zurückgreifen: Der
„tz") entgegenwirken
137

Hundeführer nimmt Futter, schließt auch Sichtzeichen an die Stelle der Wenn man es
die Hand zur Faust und bewegt die Hörzeichen treten, oder beide geschickt an-
fängt, legt sich
Faust vor dem sitzenden oder Ebenen gemeinsam bzw. im der Hund „vor
stehenden Hund senkrecht nach Wechsel genützt werden.) der Höhle auf
unten auf den Boden (anfangs nicht die Lauer".
zu schnell bewegen!). Der Hund Eine einfache,
aber effektive
wird allerlei versuchen, um das
Futter zu bekommen. Unter
,Stehen" Methode zur
Vermittlung
anderem wird er sich sicher einmal des „Liegens"
hinlegen. In diesem Augenblick Es hat sich bewährt, mit der Übung (bzw. „Platz").
öffnet sich die Faust und der Hund „Stehen" (bzw. „Steh") nicht zu
wird gelobt. Durch Wiederholung warten, bis der Hund vor der SchH
desselben Vorgangs wird der Hund III Prüfung steht. Das hier zum
sehr schnell lernen: „Liegen Tragen kommende Phänomen hat
bedeutet Erfolg". Auch hier wird der Autor im Buch „Mensch-Hund-
das Hörzeichen „Liegen" von Harmonie" ausführlich beschrieben.
Anfang an eingebaut. (Alternativ Der Autor hat in diesem
können natürlich Zusammenhang die
138

„Stehen" durch
geschickte
Nützung des
Achtung-Signals
und der un-
mittelbar nach-
folgenden Be-
lohnung. Die
Übung kann im
Stehen und Sit-
zen umgesetzt
werden.

Methode der Sättigungs-Distanz Die Reihenfolge übrigens bestimmt


entwickelt. Kurz gesagt geht es der Hund. Wir beginnen mit jener
darum, Übungen nicht bis zur Übung, für die sich der Hund
Festigung zu trainieren, sondern auffallend geeignet zeigt.
bereits im Stadium der „Erlern-
Stufe4" abzubrechen und Übungen, Das „Stehen" läßt sich bei größeren
die ähnlich (verwechselbar) sind, Hunden aus der Basis-Spiel-Übung
vor der Lernsättigung nicht immer erfolgreich vermitteln.
anzuschließen. Auf diese Weise Das gilt übrigens auch bei manchen
werden Bevorzugungen und ge- Hunden für das „Sitzen". In diesen
wöhnungsbedingte Ausführungs- Fällen verläßt man die sitzende
wahrscheinlichkeiten vermieden. Position der Basis-Übung und steht
auf.
Daher vermitteln wir von Anfang
an in Abständen von einigen Wo- Auch zur Vermittlung des „Stehens"
chen alle drei Grundpositionen nützen wir das natürliche
„Sitzen", „Liegen" und „Stehen". Verhalten des Hundes. Man bringt
sich wahrend des Spiels geschickt
4
Siehe „Richtig Spielen mit Hunden", auf die rechte Seite des Hundes,
Seite 183 „Lernstufen" Naturbuch greift mit der linken Hand (noch
Verlag 1996
139

besser ist die Gerte als verlängerter


Arm1) in die Nahe der Flanke, um Falls Probleme
ihn dort zu berühren (nicht mehr1') auftreten
für den Fall, daß er sich setzen
mochte Im Weitergehen baut man
Spannung auf und bleibt plötzlich Probleme können auftreten, wenn
wie erstarrt stehen Der Hund wird der Hund schon gewohnheitsmäßig
in der Regel auf dieses Achtung- im Spiel dominiert, indem er etwa
Signal ebenfalls stehenbleiben davonlauft oder sich durch die
geringste Ablenkung fesseln läßt
Steht der Hund, folgt wie gewohnt Die Ursachen hierfür sind vielfältig
Lob und Spiel Die Übung ist ge- und nicht immer rekonstruierbar
leistet, wenn der Hund weniger als Mit manchen Hunden wurde in der
eine Sekunde lang steht1 Hat man Jugend nie gespielt, oder ein
den Hund zu lange stehen lassen, dominanter Hund im Rudel hat den
und geht dieser infolgedessen weiter Betreffenden regelrecht am Spielen
vor (was anfangs immer wieder mal gehindert Andere verknüpfen Spiel
vorkommt), kann man ihn durch mit einem traumatischen Ereignis
den Geistigen Zügel davon abhalten und werden unsicher oder aggressiv
Wichtig ist, daß der Hundeführer
wie eine Salzsäule stehenbleibt und Wir können im Rahmen vorlie-
nach (extrem kurzer Zeit) des gender Thematik weder die Ursa-
Stehen-bleibens einen üppigen chen für Verhaltensstörungen noch
Auslöser gibt Auf diese Weise wird deren Behebung abhandeln Dafür
der Hund nicht zum Stehenbleiben ist der zur Verfugung stehende
gezwungen, sondern der Vorgang Raum einfach zu begrenzt Aber es
als „Lauern und Erstarren" um- muß deutlich gesagt werden, daß
gemünzt Stehenbleiben wird gestörte Verhaltensweisen werden
emotional positiv besetzt Im sich im Spiel widerspiegeln werden
Idealfall sieht er dem Hundeführer und der Hundehalter das
wahrend des Lauerns m die Augen Fehlverhalten des Hundes richtig
Der Hund wird das „Stehen" in interpretieren und die richtigen
freudiger Erwartungshaltung erzieherischen Schritte einleiten
ausführen und nach dem Auslöser muß, um den Hund zu
wie eine Rakete nach dem MO resozialisieren oder die Mensch-
jagen, womit wir einmal mehr die Hund-Beziehung wieder ms Lot zu
Verbindung primärer und sekundärer bringen
Motivationsanteile eingebracht haben
Liegt Dominier Gebaren vor (was
wie gesagt viel häufiger, als ange-
140
nommen, vorkommt) bringt die Um jedoch eventuellen Mißver-
Steigerung der Motivation leider ständnissen vorzubeugen: Wir geben
nicht immer den gewünschten keine Rucke, um den Hund zum
Erfolg. Oft spricht der Hund nur für Spiel zu zwingen, sondern er erhält
Sekunden darauf an, um an- die Maßregelung (beispielsweise
schließend sofort in das alte Ver- einen Ruck), um das Dominieren zu
halten zurückzuschwingen. beenden. Hat der Hund die
Dominier-Aktion eingestellt, folgt
Sind die Störungen schwach aus- sofort wieder die Motivation und
gebildet, so kann man sich etwa bei Fortsetzung des Spiels. Äußerlich
beginnenden Rangordnungs- mögen beide Vorgangsweisen gleich
problemen helfen, indem man den scheinen. Bei näherem Hinsehen
Hund anleint. Hierzu eignet sich jedoch erkennt man sofort den
entweder die Verwendung einer Unterschied: Ein erzwungenes
automatischen Aufrolleine oder Spiel ist kein Spiel mehr - im
auch eine am Boden frei schleifende echten Sinne des Wortes!
5-Meter Leine, die man im
Bedarfsfall aufhebt oder darauf Auf der anderen Seite der Extreme
steigt, um den Hund am Weglaufen steht der betont ängstliche Hund,
zu hindern. der in jeder unbekannten Situation
sofort Gefahr sieht und mit
Das Anleinen bringt den Vorteil, daß Meideverhalten antwortet. Auch
der Hund immer im Einflußbereich diese Hunde sind oft sehr schwer
des Hundeführers bleibt, auch wenn fürs Spiel zu bewegen und es
sich der Hund verselbständigen will. dauert oft Jahre, bis die ärgsten
Wenn man sich jedoch zur Steine aus dem Weg geräumt sind.
Verwendung der Leine entschließt, Hier kann man nur raten, dem
dann muß man sie vorübergehend Hund möglichst viel Gelegenheit
(ein bis drei Monate) mit absoluter zu geben, Selbstsicherheit aufzu-
Konsequenz einsetzen. Wird sie nur bauen: durch überschaubare Auf-
fallweise verwendet, lernt der Hund gaben mit tiefem (angemessen
sehr schnell den Unterschied zu tiefem!) Anspruchsniveau (Schwie-
nützen und sich, wann immer die rigkeitsgrad) und mittels kleinen,
Leine nicht benutzt wird, dem wenn nicht gar kleinsten Lern-
Einfluß des Hundeführers zu schritten!
entziehen.
141

Das „Freie Spiel"


Die Kultivierung gen, sondern stehen im Rahmen
sozialer Struktur-Regulative. Mit
des Spiels anderen Worten: Während man mit
Ziel-, Zweck- und Lernspielen
bestimmte Absichten verfolgt, wird
Freies Spiel bedeutet nicht unkon- das Freie Spiel größtenteils um
trolliertes Spiel! „frei" heißt hier seiner selbst willen betrieben. Weil
soviel wie „Frei von Aufgaben" wie aber die Mensch-Hund-Beziehung
„Sitz", „Platz" und so weiter! Das ohne Regeln nicht auskommt, Gekonntes,
Freie Spiel spiegelt im Idealfall von braucht auch das Freie Spiel Regeln. Freies Spiel
bietet dem Be-
Anfang an eine intakte Balance Die Kultivierung des Spiels trachter ein Bild
wider. Das heißt, Antriebe dürfen beinhaltet neben Spaß und der Lebensfülle
sich nicht verselbständi- Entfaltung die zunehmende und Harmonie.
142

Nutzung der Freiräume ebenso wie ste Voraussetzung für das, was wir
das immer bessere Einhalten der mit Appetenzbildung bezeichnen. Der
Regeln. Auch die Aus- Hund bekommt immer mehr
führungsformen werden immer „Appetit aufs Spiel" im allgemeinen
„Eintreten des komplexer und die Motorik be- und auf bestimmte Motivations-
Teams" auf das herrschter, sicherer und schneller. Objekte (MO's). Das gemeinsame
Spielfeld. In Das Spiel wird abwechslungsreicher Spiel mit dem Hundeführer wird
dieser Phase und das Zusammenspiel ihm mit der Zeit zum
muß der Hund
bereits voll auf
homogener. unentbehrlichen, psycho-
den Hundeführer physischen Bedürfnis. Man könnte
konzentriert Die Kultivierung des Spiels ist neben sagen, das Herz des Kultivierten
sein. der Motivation die wichtig- Spiels ist die Motivation und das
Freie Spiel die Atmung, der
Sauerstoff, welcher dem Herzen
immer wieder neue Kräfte zuströ-
men läßt. Das Kultivierte Freie Spiel
wird daher nicht nur anfangs be-
trieben. Im Verlauf der Ausbildung
wird man immer wieder darauf
zurückgreifen. Die im Freien Spiel
erworbene Stimmungslage, aber
auch die Grund-Motivation und die
Motivations-Balance wird für den
gesamten weiteren Ausbil-
dungsverlauf den Rahmen ab-
stecken. Kurz, die Qualität des
Freien Spiels ist Maßstab für den
Erfolg anschließender Lernspiele
und sportlicher Leistungen. Daher
muß das Freie Spiel auf ein möglichst
hohes Niveau gebracht werden.

Wenn jemand meisterhaft mit


seinem Hund spielt, dann bietet
sich dem Zuschauer ein Bild, wie es
sich schöner kaum zeigen kann.
Alle positiven Kräfte des Lebens
kommen hier zur Geltung: Vitalität,
Individualität und Temperament;
Freude und Har-
143

monie. All diese Kräfte erfahren Rest seines Lebens für unmusika-
durch die Begegnung der beiden lisch hält, verursacht etwa durch
unterschiedlichen Spezies eine einen unwissender Lehrer, der die
deutliche Steigerung. Die Heraus- „Brummer" (eine ganz natürliche
forderung der Andersartigkeit erhält Entwicklungs-Erscheinung) seiner
im Spiel nicht nur Form. In der Schulklasse beim gemeinsamen
spielerischen Begegnung erfahren Singen ausschloß und als „unmu-
sich beide Individuen neu. Der sikalisch" disqualifizierte, abkan-
Hund kann den Menschen zelte.
bereichern und auch der Mensch
bereichert den Hund. Nirgendwo Mit dem Spiel verhält es sich
anders tritt dies so unmittelbar, so ähnlich. Auch im Spiel treten mit-
natürlich und überzeugend hervor unter tiefwurzelnde seelische
wie im Spiel. Das Freie Spiel ist der Störungen hervor. Doch Störungen
Schlüssel, welcher den Eingang können durch Spielen wieder
öffnet für eine ganze Reihe weiterer, behoben werden, und auch Spielen
noch komplexerer Spiele und läßt sich lernen oder auch wieder
Aufgaben. erlernen.

Für das Wiedererlernen verschol-


lener Spiel-Kunst bringt der Leser
Spielen kann inzwischen Einiges an Wissen und
man lernen Können mit (vorausgesetzt, er hat
auch die „Trockenübungen" nicht
nur lesenderweise vollzogen). Allein
Oft hört man sagen, Spiel könne schon die Vergegenwärtigung der
man nicht lernen: „Einer hat es oder einzelnen Phasen eines Jagd- und
er hat es nicht". Diese Ansicht ist Beute-Spiels kann einem helfen,
genauso unsinnig wie die besser, d.h. hündischer zu spielen.
Annahme, es gäbe „unmusikalische" Stellen wir uns einmal kurz vor,
Menschen. So wie sich jeder wie etwa ein Spiel mit der
Mensch mehr oder minder gut be- Beißwurst abläuft:
wegen oder sprechen kann, so ist
auch jeder mehr oder minder mu- Damit das Spiel überhaupt in Gang
sikalisch. Beim Singen die Tonhöhe kommt, muß man zuerst die
nicht zu treffen oder auch Aufmerksamkeit des Hundes auf
rhythmische Probleme haben meist sich lenken. Dann gilt es,
psychische Ursachen. Oft sind irgendeinen Gegenstand zu be-
einschneidende Kindheitserlebnisse leben, zur „Spielbeute" werden zu
dafür verantwortlich, daß sich der lassen. Wir nannten diese bei-
eine oder andere für den
144

den Vorgänge Imagination und 1. Imagination: (Hundeführer bringt


Animation. Im Spiel selbst kommt sich innerlich in Spielstimmung
es dann darauf an, die Beute richtig und verwandelt sich).
zu führen (Handling), den Hund im 2. Einstimmung: Die Aufmerksam-
richtigen Augenblick anbeißen zu keit und das Interesse des Hundes
lassen, anschließend möglichst auf sich lenken. Möglichkeiten:
hündisch Beute zu streiten und im Bewegungs-Motivation, Neugier,
richtigen Augenblick loszulassen. Taktile, Futter- oder Beute-
Schließlich sollte der Hund von sich Motivation (sowie andere
aus freudig und erwartungsvoll Motivations-Bereiche). Motiva-
zurückkommen und sich das MO tions-Balance: Durch Form und
problemlos abnehmen lassen, damit Intensität der Einstimmung hat
das Spiel weitergeführt werden der Hundeführer die Möglichkeit,
kann. Das ist leichter gesagt als Über-, bzw. Untermotivation,
getan, vor allem unter dem oder auch Rangordnungs-
Anspruch, während des gesamten Defizite auszugleichen!
Ablaufs keinen der vielen sich 3. Wichtig ist, daß die Einstimmung
überlagernden Balance-Akte aus der immer mehr ritualen Charakter
Kontrolle zu verlieren. annimmt. Mit der Zeit wird der
Hund bereits bei den ersten
Es hat sich bewährt, die einzelnen „ritualen Signalen des Spielbe-
Phasen herauszugreifen und gezielt ginns" in entsprechende Stim-
zu üben. mung geraten.
4. Eintreten (Auf den Platz kommen):
Dieser Punkt eignet sich vor
allem für Gruppen, die sich beim
Freies Spiel Üben gegenseitig zusehen und
Stufe l beistehen, oder auch auf Kursen.
Wie bereits beschrieben, tritt das
Team durch den Korridor auf die
Spielbeschreibung der Jagd- und Beute- Mitte des markierten Spiel-Feldes.
Spiel-Technik (in Stichworten) Bei Hunden, die sich nicht leicht
Vorbereitungen: Ablenkungsfreier motivieren lassen, hat sich
Ort; griffiger Boden; Hundeführer bewährt, in laufender Weise
und Hund gesund, ausgeruht und hereinzukommen.
in guter Stimmung; ausreichender 5. MO-Handling: Jetzt soll all das,
Zeitabstand zur letzten Mahlzeit; was man vorher im Trocken-
angenehme Temperatur; Hund training geübt hat, gemeinsam
vorher Pfützchen und Häufchen mit dem Hund ausgeführt wer-
machen lassen; usw.
145

den - und zwar auf intelligente


Art und Weise! Einiges haben wir
bereits in Kapitel 10
(Trockentraining) behandelt. In
der folgenden Punktliste greifen
wir einige Punkte heraus, die im
gemeinsamen Spiel mit dem
Hund erfahrungsgemäß überse-
hen, bzw. immer wieder falsch
gemacht werden. Im Anschluß
daran beschreiben wir die ein-
zelnen Phasen des Intelligenten
MO-Handlings (am Beispiel des
Jagd- und Beute-Spiels).

• Tief spielen! Nicht mit gestreckten


Beinen dastehen, sondern in
relativ weiter Grätsch-Stellung
und deutlich gebeugten Knien.
• MO entsprechend seinen Ein-
satzpräferenzen nützen: Bälle,
Schleuder-Ball und Schleuder-Mo
auch wirklich schleudern (nicht
nur in die Weite! Immer wieder
auf den Boden!); -Beißwurst
eignet sich besser für den
„gehaltenen Anbiß" usw.
• MO immer wieder um die Beine
und um den Oberkörper kreisend
führen.
• MO zwar immer wieder weg- Immer wieder
ziehen (Fliehende Beute!), aber tig, das MO nicht zum Anbiß daran denken:
gleichzeitig knapp vor der Nase anbieten, wenn die Motivation Tief spielen!
führen. Der Hund soll nicht die des Hundes abnimmt, wenn er
Erfahrung machen, daß er das sich lustlos zeigt oder in Augen-
MO nur gnadenhalber bekommt. blicken geringer Aktivität. Nicht
Seine Tüchtigkeit muß unbedingt jede Aktion des Hundes
belohnt werden. Also: Echte vorprogrammieren! Auch dem
Chancen zum Anbiß geben. Das Zufall, vor allem aber dem
heißt aber gleichzei- Einfallsreichtum und Engagement
des Hundes Raum geben!
146

• Bei zackigem, ruckartigem so daß der Hund ihm nachjagen


Handling sind Schleuder- MO's und selbständig anbeißen kann. •
eher kurz zu halten oder sogar Oder wir lassen den Hund in das
direkt am Hauptteil (nicht an der MO beißen, während wir es führen.
Schleuder-Leine).
• Vorsicht: Verletzungsgefahren! Das Werfen oder Wegschleudern
des MO's setzt man häufig in Ver-
bindung mit einer vorausgegange-
nen Auslöser-Geste ein. Der lauernd
Intelligentes MO- wartende Hund wird durch eine
Handling ruckartige Bewegung zum
Aufspringen und Nachjagen sti-
Anbiß muliert. Darüberhinaus läßt sich
das Werfen aber auch mitten im
Die Einsicht, daß dem Hund im Freien Spiel oder als Überra-
gemeinsamen Spiel möglichst viel schungseffekt einsetzen: während,
Entfaltungsmöglichkeiten geboten vor oder nach einer Übung. Da das
werden sollen, und deren praktische Werfen des MO's in der Regel
Umsetzung klaffen meist weit kaum Probleme aufwirft,
auseinander. Und in der Tat, es ist beschränken wir uns auf die Be-
wirklich nicht leicht, den gleich schreibung der hautnahen MO-
starken, gleich schweren Partner zu Führung direkt vor der Nase des
spielen und zu mimen. Der Mensch Hundes.
wiegt nun einmal doppelt oder
dreifach so viel wie ein Hund und Beim richtigen Anbiß liegt das
auch kräftemäßig ist er ihm Problem weniger in unserer Kraft-
deutlich überlegen. Was Wunder, und Gewichts-Überlegenheit,
wenn man immer wieder sondern der Tatsache, daß wir
zurückfällt in die gewohnten Be- sozusagen die Regie in einem Spiel
wegungsabläufe des Menschen, in führen, in dem wir zwar den
den weitgehend unterbewußt ge- Gejagten vortäuschen, in Wirk-
steuerten Einsatz unserer Muskel- lichkeit aber sämtliche Regulative in
kraft? der Hand haben, um den Verlauf
und den Ausgang des Spiels zu
Und doch läßt es sich lernen, das steuern. Wird man sich dieser
„hündische Spielen". Grundsätzlich totalen Überlegenheit einmal richtig
haben wir zwei Möglichkeiten, den bewußt, so wird klar, wie be-
Hund anbeißen zu lassen: • scheiden sich demgegenüber die
Entweder wir werfen das MO, realen Chancen des Hundes aus-
machen.
147

Da der Hund trotzdem mit uns immer einfach ist, liegt auf der
spielt, der Beute nachjagt, zupackt Hand Vor allem in der Phase der
und - mehr oder minder - beu- MO-Führung, also m der Stimu-
testreitet, sind wir versucht zu lation, neigt man dazu - meist
meinen, es sei ja alles in Ordnung In unbeabsichtigt und unbemerkt -,
Wirklichkeit aber rufen wir immer die fliehende Beute weit überlegen
und immer wieder In- zu präsentieren, mit dem Erfolg, daß
stinkthandlungen ab weit- oder die Spielmotivation des Hundes
weitestgehend automatisiert ab- nachläßt und er andere, aus „seiner
laufende Handlungsabläufe wie Sicht" erfolgreichere und
etwa das Nachjagen eines schnell ökonomischere Strategien ent-
bewegten Objektes - Instinkt- wickelt (Was wiederum ein Beweis
handlungen, die der Hund wohl dafür ist, daß hoher entwickelte
ausfuhrt, die aber weit von dem Tiere auf Reize nicht nur reagieren,
entfernt sind, was ein Spiel in voller sondern in das Geschehen mittels
Ausprägung zu bieten vermochte kreativer Verhaltensweisen
eingreifen, agieren') Und es sind
Beobachtet man spielende Hunde, gerade die tüchtigsten, die
so fallt bei näherem Hinsehen auf, schlausten, welche alsbald das
daß neben Instinkthandlungen Laufen reduzieren oder gar
zahlreiche situative Anpassungs- einstellen, sich hinsetzen und
vorgange inszeniert werden Die warten, bis das „Gnadenbrot des
kreativen Momente machen sogar Spiels" gegeben wird und Herrchen
die eigentliche Würze aus sich herabwürdigt, „das MO zum
Anbiß freizugeben"
Genau das wollen wir nachahmen
Auf die eigene Verwandlung Wie lassen sich diese immer wieder
(Imagination) und auf die Belebung zu beobachtenden Fehler in der
(Animation) des MO's wie auch auf Spiel-Balance vermeiden7 -
die naturnahe und abwechs-
lungsreiche Führung des MO's
Die reale Chance
(Stimulation) haben wir mehrfach
hingewiesen Im Verlauf des Spiels Auf den Punkt gebracht, konnte
kommt es dann darauf an, nicht nur man sagen Man darf das MO-
naturnah und stimulierend zu Handling nicht unter die Ent-
spielen, sondern gleichzeitig scheidung stellen „Jetzt darf er
Freiraume und Chancen zu bieten nicht - jetzt darf er", sondern man
Beides überzeugend auszubalan- sollte die Konzentration vorrangig
cieren, ist eine der Facetten des darauf lenken, die Vorenthaltung des
Kultivierten Spiels Daß dies nicht Anbisses nah an die Grenze der
Ermoghchung zu setzen
148

Dieser Hund hat


sich vergeblich
bemüht, mit
einem tollen
Sprung der
Beute habhaft
zu werden.

Auf diese Weise wird uns der Hund also in erreichbarer Nähe zu führen
zwar immer wieder überraschen, - und dies weder gleichförmig noch
uns zuvorkommen und sich den gleichmäßig, sondern im Auf und
Anbiß in Augenblicken holen, wo Ab von Schwächen und Stärken
wir es nicht vermutet hätten. Aber und auch im Wechsel von Anhalten
das macht nichts. Im Gegenteil! Je und Bewegen. Phasen des
verdutzter wir in dieser Situation Versteckens folgen Phasen der
dreinschauen, um so glaubwürdiger Flucht, des gespielten Stol-perns,
und erfolgreicher war es für den Hakenschiagens, Phasen, in denen
Hund. Mit Worten aus der Praxis: über ein Hindernis gesprungen,
Wir dürfen das MO nicht derart unter einen schützenden Wall
schnell und unerreichbar gekrochen, in der Höhle Zuflucht
wegziehen, daß der Hund so gut gesucht wird usw. - so wie in der
wie keine Chance für den Anbiß Natur. Diese Art intelligenter MO-
bekommt, sondern wir müssen uns Führung läßt sich lernen, und zwar
bemühen, die Spielbeute knapp vor in erstaunlichem Umfang!
der Nase,
149

Aber das hautnahe Führen des Schlauch wurde in jahrelanger


MO's wirft ein Problem auf. Wer Entwicklung mit dem Ziel der
die Hand so dicht am Fang vor- körpernahen MO-Führung opti-
beiführt und dieses Spiel mit einem miert. Es wurde eine Materialzu-
vital-schnellen Hund ausfuhrt, der sammensetzung verwendet, die
riskiert dann und wann den den strengen EG-Richtlinien für
sogenannten „Fehlbiß", den Biß Kleinkinder-Beißringe entspricht.
in die Hand. Nicht alle MO's Das heißt, es dürfen weder Farbe
eignen sich daher für diese Form noch Weichmacher oder ähnliche
des Spiels! Bälle, ja auch Schleu- gesundheitsgefährdende Stoffe
der-Balle, sind weniger geeignet durch Speichel oder Kauaktivita-
als die gute, alte Beißwurst oder ten aus dem Material gelöst wer-
der vom Autor speziell für diese den. Verschlucktes Material darf im
Form der MO-Führung entwickelte Verdauungstrakt keine Verletzung,
Beiß-Schlauch. Der Beiß- Ätzung oder Vergiftung her-
Es wird immer
wieder vorkom-
men, daß man
den Hund leer
ausgehen läßt. In
solchen Fällen
sollte man eine
ähnliche Situation
herbeiführen, um
den Hund in der
Wiederholung für
seine Tüchtigkeit
zu belohnen.
Wird dies
versäumt, muß
man damit rech-
nen, daß er sich
immer weniger
bemüht. Dieser
Hundeführer hat
es richtig
gemacht. In der
Wiederholung
kam der Hund
zum Erfolg.
150

vorrufen. Normale Gartenschläuche, an Stelle des „Sich Bewährt


auch die „Teuren aus Gummi" (!), Habens" betont. Die Belohnung
erfüllen diese Auflagen auf Grund wird ja vom Hundeführer erteilt.
ihres völlig anderen Der Hund aber soll sich die Beute
Verwendungszweckes nicht durch eigene Tüchtigkeit erstreiten.
annähernd. Wenn der Hund täglich Er soll im Idealfall erleben, daß er
mit Gartenschläuchen spielt, wird sich durch besondere Bemühung
ein erhebliches Gesundheitsrisiko selbst belohnen kann. So wichtig
eingegangen! die Belohnung des Hundeführers in
anderen Situationen ist, etwa nach
Für die Praxis ist zu merken: Wenn dem Loslassen, - im Augenblick des
wir beispielsweise tief am Boden Zupackens sollte sich der Hund
spielen und einen Schleuder-Ball weniger „belohnt" als „in seiner
knapp vor der Nase wegziehen, so Tüchtigkeit bewährt und bestätigt"
müssen wir darauf achten, den fühlen. Er soll erfahren, daß er sich
„Fluchtversuch der Beute" nicht zu am Geschehen aktiv beteiligen
schnell auszuführen. Wenn der kann. Mit anderen Worten: er muß
Hund das hoch geführte MO an- etwas bewirken können. Genau
springt, dann dürfen wir es ihm diese Erfahrung wird ihn
nicht immer und immer wieder anstacheln, sich zu engagieren und,
einen halben Meter vor der Nase wie es im Spiel eigentlich sein
wegziehen! Ein Sprung sollte dem sollte, das Letzte zu geben.
Hund Erfolg bringen! Wir sprechen
beim Anbiß ganz bewußt nicht von Diese Einsicht lehrt uns: Wie im
„Belohnung". Spiel unter Hunden sollte der Hund
Nicht nur PVC-
Garten-
schläuche, auch
sogenannte
„Gummi"-Gar-
tenschläuche
enthalten
Weichmacher
sowie andere
gesundheits-
schädigende
Chemikalien und
beinhalten ein
erhebliches
Gesundheits-
risiko für den
Hund. Sie sind
daher abzu-
lehnen!

auch im Spiel mit dem Menschen


Das Wort „Belohnung" viele und variable Möglichkeiten
könnte dahingehend erhalten, den Erfolg selbst
mißverstanden herbeizuführen. Diese Form von
werden, daß man Erfolg wird sein Selbstwertgefühl
das „Gewähren" heben und das Engagement
verstärken. Die Aufgabe des Men-
schen besteht darin, zu bestimmen,
worin der Erfolg bestehen soll oder
darf - und in der groben
151

Gestaltung des Ablaufs. Wurden die gekünstelt oder unnatürlich aus-


arteigenen Freiräume im sehen, aber mit der Zeit legt sich Für die hautnahe
Spielaufbau sinnvoll eingebracht, so das (bei den meisten). MO-Führung
nützt dies beiden Spielpartnern.
Was aber sind die „arteigenen
Freiräume" des Hundeführers?

Liegen Freude und Erfüllung des


Hundeführers darin, als Sieger
eignet sich dieser
hervorzugehen, oder ehr darin, dem Beiß-Schlauch,
Hund im Spiel näherzukommen,
gemeinsam Spaß zu haben und im
Anbiß: Fassen wir vom Autor ent-
wickelt. Das
fortgeschrittenen Stadium
mitzuerleben, wie der Hund durch
zusammen Material besteht
aus einer spezi-
ellen Mischung,
spielerische Führung Aufgaben • Variable und stimulierende MO- welche der
auszuführen lernt? Wir meinen: Führung. Empfehlung XXI
Dem Hund im Spiel zu Freude und des Bundesinsti-
• Zahlreiche, variable Chancen tutes für ge-
Erfüllung zu verhelfen, strömt auf zum Anbiß einbringen. sundheitlichen
eigenartige Weise zurück und • Der Hund muß durch Tüchtigkeit Verbraucher-
beglückt wiederum den zum Erfolg kommen! schutz und
Hundeführer. Der Kreis ist Mangelhafter Einsatz darf (in der Veterinärmedizin
geschlossen. entspricht.
Regel) keinen Erfolg bringen.
• Vorenthaltung und Gelegenheit
Hierzu ein Beispiel aus der Praxis: ausbalancieren.
Es kommt immer wieder vor, daß • Den Anbiß im richtigen Augen-
man den Hund bei einem tüchtigen blick ermöglichen!
Sprung ins Leere springen ließ. Zu
spät hat man die Tüchtigkeit
erkannt oder man war motorisch Anbiß bei Futterspielen:
einfach zu ungeschickt bzw. zu
langsam. Hier müßte man bei Futter-Spiele können mit unter-
nächster Gelegenheit einen neuen schiedlichen Zielen eingesetzt
Sprung inszenieren. Diesmal würde werden. Manche verwenden Futter,
man aber das MO so führen, daß weil ihr Hund darauf besser
der Hund die verdiente „Gelegen- anspricht als auf Beute. Andere
heit zum Erfolg" erhält. Dieses wollen mittels Futter ein tieferes
intelligente Offerieren des An- Motivations-Niveau erreichen, weil
bisses mag beim einen oder An- ihr Hund im Beute-Spiel ständig
deren die ersten Male plump, hochspringt und nicht mehr zu
führen ist.
152

Richtiges An-
beißen lassen.
Hier wird der
Hund für seine
Tüchtigkeit be-
lohnt.

Rechte Seite
oben: Auch beim
Beutestreiten
wird der Partner
in jeder Lage
ständig
beobachtet und
nie aus dem
Auge gelassen.

Unten: Beim
Kontern kommt
es darauf an,
jeden Ruck des
Hundes mit do-
siertem Nachge-
ben zu beant-
worten.
153

Wieder andere wollen mit Futter


nicht weniger, sondern mehr
Aktivität erreichen. Bei hohen
Motivations-Erwartungen gelten
ganz ähnliche Ratschläge wie soeben
in der Punktliste beschrieben. Hoch
motivierende Futter-Spiel-Praxis
läßt sich sehr gut mit den bereits
vorgestellten Techniken der Hand-
und Lippen-Schleuder ausführen.

Vor allem die Hand-Schleuder erlaubt


einen weitgehend ähnlichen
Umgang wie mit der Spiel-Beute.
Bei der Auswahl der Futterstücke ist
jedoch darauf zu achten, daß sie der
Hund problemlos und innerhalb
einer Sekunde schlucken kann und
sich nicht mit Kauen und
Zerkleinern aufhalten muß. Dies
würde ihn vom Hundeführer
ablenken und den Fluß des ge-
meinsamen Spiels empfindlich
stören. Auch das Hinunterfallen von
Futterstücken stört den Spielfluß.
Nur ein einziges in die Wiese
gefallenes Futterstück kann bewir-
ken, daß der Hund nur noch am
Boden schnüffelt und jegliches In-
teresse am Spiel oder am Hunde -
führer verliert. Aber das dürfte nicht
weiter wundern. Die Vorfahren des
Hundes haben über Zehntausende
von Jahren ihre Nahrung am Boden
und nicht in der Luft gefunden. Die anbietet, so wird uns der Hund
darauf ausgelegten beim ersten Stück, das auf den
Verhaltensweisen sind tief in den Boden fällt, zeigen, um wie vieles
Erbanlagen festgeschrieben. Selbst stärker die instinktive Bodenori-
wenn man monatelang das Futter entierung gegenüber andersge-
ausnahmslos in Hüfthöhe richteter Bemühungen des Men-
schen ist. (Dies gilt zumindest für
den Anfang.)
154

werden. Auch diese Hunde zeigten


Wenn beim Anbiß vielfach ein ganz normales
(Beute- und Futter-) Beuteverhalten, Lust an der Be-
wegung und an Futterspielen.
Probleme auftreten Wenn man natürlich mit der
Stoppuhr in der Hand vergleicht,
Es gibt Hunde, die auf Beute -Spiele wird man eklatante Unterschiede
ausgesprochen lustarm, in manchen feststellen. Aber diese Art der
Fällen auch lustlos antworten, und Leistungsorientierung streben wir
es gibt Hunde, die Probleme beim mit „Hunde spielend motivieren" ja
Anbiß zeigen. nicht an. Uns geht es darum,
gemeinsam mit dem Hund einen
Die Ursachen für beide Situationen Teil unserer Freizeit, ja unseres
sind vielfältig: rasse- und Lebens zu verbringen. Und dies zu
Individualgenetische Vorausset- unserer und unseres Hundes
zungen, Störungen oder auch Freude! An dem gemessen, ist Spiel
Versäumnisse in der Prägungs- wahrscheinlich allen Hunderassen
phase; traumatische Erfahrungen zugänglich.
mit anderen Hunden oder Men-
schen, unglückliche Verknüpfungen Viel gravierender wirken sich
u. a. individuelle Erbanlagen aus. Es gibt
sie leider wirklich, die Hunde, die
Zunächst muß herausgefunden vor ihrer eigenen Rute Angst haben
werden, was man dem Hund zu- und sich überall und jederzeit in
muten kann, wofür er sich mehr Gefahr wähnen; in jedem
und wofür er sich weniger oder Gegenüber einen potentiellen
überhaupt nicht eignet. Motivati- Feind sehen, der ihnen ans Leder
ons-Bereiche nach Rassen einzu- will. Und es gibt leider auch jene
teilen, ist jedoch gewagt. Manche armen Kreaturen, die vom Men-
Hunderassen sind in Wirklichkeit schen zu dem gemacht wurden,
ganz anders, als ihr Image. Der was sie nun sind und was sie ohne
Autor hatte mehrfach Gelegenheit, Hilfe des Menschen nicht mehr
Kurse für Rassevereine abzuhalten, abzustreifen vermögen,
wobei es sich um Rassen handelte, Therapiefälle: physisch und mehr
die als tolpatschig gelten, als noch psychisch kranke Tiere, die
ungeeignet fürs Apportieren oder allerlei anormale und unberechen-
für Beute-Spiele. Es hat sich jedoch bare Verhaltensweisen an den Tag
gezeigt, daß die Einschränkungen legen. Es ist im Rahmen vor-
oft überschätzt liegender Thematik nicht Raum
genug, um auf Rehabilitations-
Programme einzugehen. Wir
155
müssen uns auf den kargen
Hinweis beschränken, in derartigen Beutestreiten
Fallen sich nicht zu scheuen,
erfahrene Ausbilder oder - in Beim Beutestreiten werden immer
besonders schweren Fallen - den wieder die gleichen, bereits be-
Tier-Therapeuten zu konsultieren. schriebenen Fehler gemacht. Auch
Vieles läßt sich im Spiel verändern, hier bleiben die Fehler nicht selten
aber nicht alles. Erst wenn die unerkannt. Doch bringen wir uns
erforderlichen Maßnahmen auch erst einmal in Erinnerung, wie Viele Hunde
auf den anderen Ebenen der Hunde miteinander beutestreiten. kontern nicht
Mensch-Hund-Beziehung einge- Jeder zieht an einem Ende des mehr. Häufigste
bracht werden, nämlich in der MO's und versucht durch allerlei Ursache hierfür
ist das über-
Haltung und Erziehung, zeitigt Techniken und Tricks, sich in Vorteil mächtige Spielen
auch das Spiel therapeutischen zu bringen: ruckartiges Gewicht des Hunde-
Erfolg. einsetzen (nach hinten führers.
156

rucken); den Kopf mit einer aus- Form eines Sieges niederschlägt, so
holenden Bewegung einsetzen wird doch der Gegner bei jedem
(Peitscheneffekt); die Position Gewichtseinsatz, bei jedem Rucken
verändern; nachfassen und Griff oder Kopf-Peitschenschlag
verbessern; nachfassen und ordentlich durchgeschüttelt. Er muß
gleichzeitig dem anderen die beispielsweise einige Schritte
Anbißfläche verkleinern; mit nachgehen: je nach Einsatz,
Lautäußerungen den anderen ein- Überraschung oder Geschicklichkeit
schüchtern und anderes. bewirkt die Aktion mehr oder
minder. Der Zusammenhang ist
Während des gesamten Beute- denkbar einfach. Welpen im Rudel
streitens werden die Augen des sind annähernd gleich schwer und
anderen permanent fixiert. Beob- auch die Hebelkräfte unterscheiden
achtet man dieses Spiel genauer sich nur wenig. Spielt der Mensch
Um sich beim
Beutestreiten und analysiert man mittels Video- mit dem Hund, liegen von
nicht übermäch- Zeitlupen-Aufnahmen die Effizi- vornherein unterschiedliche
tig zu zeigen, enz einzelner Aktionen, so erkennt Gewichtsverhältnisse und
hält der Hunde- man, daß nahezu jede der Hebelwirkungen vor. Das hat zur
führer die
Spielbeute nur beschriebenen Aktionen zumindest Folge, daß sich bei sämtlichen
mit dem Zeige- ein wenig bewirkt. Auch wenn sich Aktionen des Hundes zunächst
finger. dies nicht gleich in einmal gar nichts tut. Der Mensch
157
ist derart übermächtig, daß ein sen. Auf einmal haben dieselben
Rucken oder Peitschen keine Wir- Hunde gekontert, als hätten sie nie
kung zeigt. Erst wenn der Mensch etwas anderes gemacht. Im Spiel
von sich aus anfängt, gezielt nach- mit Herrchen kam nicht ein
zugeben, spürt der Hund, daß er einziges Rucken oder Kontern auf.
einen Mitspieler gegenüber hat und Das brachte mich auf die Idee, das
keine Mauer. Kontern zu revitalisieren. In zahlrei-
chen Versuchen haben sich zwei
Viele Hundeführer jedoch spielen Übungen herauskristallisiert, die
unbewußt die Mauer bis zu dem inzwischen in vielen Fällen nach
Augenblick, in dem sie sich fürs ein- bis zwei Wiederholungen das
Loslassen entschieden haben. Was Kontern wieder aktivieren halfen.
der Hund in diesem Spiel erlebt, ist Das beweist, es läge dem Hund viel
klar: Gegen den Menschen hat er näher, im Beutestreiten zu kontern
im Grunde genommen keine als dazustehen und abzuwarten.
Chance. Er lebt vom Spiel-Gna- Bevor wir jedoch die beiden Spiele
denbrot seines Herrn. Von einem zur Revitalisierung des Konterns
Spielpartner kann unter diesen vorstellen, wollen wir vorher einige
Umständen nicht die Rede sein. Punkte zum erfolgreichen
Weshalb also sollte der Hund sich Beutestreiten auflisten:
im Beutestreiten überhaupt noch
anstrengen? Erfolglos geblieben, • Tief spielen
hört er früher oder später damit auf • Augenkontakt aufrechterhalten1
und beschränkt seine Aktivität auf • Arme leicht gebeugt halten, damit
das Zubeißen und abwarten, denn man nachgeben kann. (Mit
das Zubeißen und Halten ist das gestreckten Armen ist dies nicht
einzige, womit er Erfolg hatte. Die mehr möglich.)
vielen Spielformen des Beute- • Auf jeden Gewichtseinsatz des
Streitens ergeben im Spiel mit der Hundes und auf jedes Rucken
Mauer keinen Sinn. So wurde Tau- mit entsprechendem (wohldo-
senden von Hunden, mit denen viel sierten!) Nachgeben reagieren.
gespielt wurde, das Beutestreiten • MO-Techniken einsetzen:
regelrecht abgewöhnt. Verblüfft Rucken, Rütteln (gleichzeitig an
stehen die Hundeführer dann da, beiden Enden haltend oder nur
wenn man ihnen den Sachverhalt einseitig), Peitschenschlag-Effekt,
durch einen Test beweist. In vielen MO im Fang leicht drehen.
Kursen haben wir Hunde, denen
man das Beutestreiten, das Kontern 1
Bei sehr ängstlichen Hunden ist es
abgewöhnt hatte, vor aller Augen mitunter von Vorteil, Augenkontakt
mit anderen Hunden um ein Tuch zu vermeiden und zur Seite zu sehen.
streiten las-
158

Hündisch Beutestreiten: Gewicht ernst ist. Ununterbrochenes Knurren


einsetzen, sich im Kreis drehen, und Zähnefletschen ist oft ein
nachgreifen u.a. Während des Zeichen für mangelhafte Soziali-
Beutestreitens Anstrengung und sierung im Welpen- und (oder)
Schwächen mimen! So tun, als Junghundalter oder (und) für eine
sei man gleich schwer und gleich gestörte Mensch-Hund-Bezie-
stark wie der Spielpartner. Dies hung. Es muß betont werden, daß
muß sich im Gesichtsausdruck, derartige Verhaltensauffälligkeiten
im Blick und in den Körperbewe- unbedingt bereits im Ansatz
gungen widerspiegeln. abzublocken sind. Bestehen sie
allerdings schon jahrelang, ist die
Rehabilitation oft schwierig.
„Rezepte" helfen meist wenig. Hier
Wenn beim ist der Rat des Experten und eine
Beutestreiten Pro- gründliche, individuelle Vor-
gangsweise gefragt. Bei einen Hund
bleme auftreten reicht es, das Spiel sofort zu
beenden und das MO wegzuneh-
men; ein anderer würde auf diese
Manche Hunde neigen beim Weise noch mehr in Rage kommen.
Beutestreiten zur Aggression. Ur- Bei manchen Hunden hat sich das
sache hierfür ist häufig Unsicher- Ablenken auf einen anderen
heit. Außerartliche Aggression als Motivations-Bereich bewährt. In
Folge von Dominanzansprüchen manchen Fällen wird es erforderlich
kommt eher selten vor. Schlägt das sein, Beutestreiten vorübergehend
Spiel in Aggression um, so ist dies einzuschränken oder ganz
bereits im Ansatz mit ent- wegzulassen. Oft hat sich der
sprechenden Maßnahmen abzu- Abbruch der gewohnten Spielweise
blocken. Den Unterschied zwischen und der Wechsel zu Futter-,
Spiel-Knurren und beginnender Bewegungs- oder Berührungs-
Aggression zu erkennen, ist nicht Spielen bewährt, dies mindestens
immer leicht. Vor allem für den so lange, bis die Mensch-Hund-
unerfahrenen Hundehalter. Beziehung durch entsprechende
Erfahrene Hundehalter prüfen erzieherische Maßnahmen (wieder)
ständig (ganz nebenbei), ob sich ihr im Lot ist.
Hund noch im Entspannten Feld des
Spiels bewegt oder ob der Hund In anderen Fällen ist es angezeigt,
unsicher und mißtrauisch wird oder sich gegen das Dominanzgebaren
ob es ihm mit seinen Droh- des Hundes in geeigneter Art und
Signalen bitter Weise mit aller Entschiedenheit
durchzusetzen.
159

Revitalisieren des Ort aus. Das benötigte Fährten-


geschirr soll auf die Größe des
Im Idealfall zieht
der Hund beim
Beutestreiten den
Konterns (Passive Hundes eingestellt werden. An die
Öse wird eine zwei bis drei Meter
Hundeführer fast
ununterbrochen
Methode) lange Leine gehängt. Vor Spielbe- nach hinten. Der
Hundeführer hier
ginn ist der Hund gewissenhaft
Nehmen wir an, der Hund kontert zeigt sich
einzustimmen.
einfallsreich. Auf
nicht mehr, weil er fortwährend die einen starken
Erfahrung gemacht hat, daß er Einstimmung (in Stichworten): Den Ruck des Hundes
damit nichts bewirken kann. Um Hund zuvor auslaufen lassen. In spielt er, wie er
ihm dieses Erlebnis wieder neu zu Gegenwart der Hilfsperson ins Stolpern
kommt und fast
vermitteln, setzen wir eine Hilfs- Fährtengeschirr anlegen. Hunde- das
person ein. Voraussetzung ist: Der führer spielt mit dem Hund. Hilfs- Gleichgewicht
Hund muß zu dieser Person Ver- person tritt dem Hund näher, verliert.
trauen haben. nimmt Kontakt auf (Hand entge-
genstrecken, abwarten, riechen
Vorbereitung: Man sucht sich einen lassen, freundlich ansprechen, usw.)
möglichst ablenkungsfreien Möglicherweise spielt auch
160

die Hilfsperson kurz mit dem Hund. das weiter oben beschriebene
- Hilfsperson führt den Hund einige „Rucken") nach hinten zu ziehen.
Runden an Fährtengeschirr und Gleichzeitig gibt Person B vorne
Leine. Zeigt sich der Hund in allem nach und zeigt sich durch Mimik
unbefangen, kann man mit der und Bewegung unterlegen. Auf
Übung beginnen. Ob es diese Weise wird der Hund mit
vorteilhafter ist, den Hundeführer nach hinten gezogen und erlebt,
beutestreiten und die Hilfsperson daß das Nach-hin-ten-Ziehen
hinten ziehen zu lassen oder die Unterlegenheit des
umgekehrt, ist von Hund zu Hund Spielpartners bewirkt. Dies
verschieden. veranlaßt ihn, selbst in gleicher
Weise aktiv zu werden, ruckweise
Hundeführer und Hilfsperson Gewicht einzusetzen, zu kontern.
sollten das Spiel vorher einmal Beim ersten aktiven Kontern des
ohne Hund ausprobiert haben, um Hundes zeigt sich Person B
das Zusammenspiel des schub- besiegt und läßt los.
weisen Ziehens und Nachgebens zu
üben.
Revitalisieren des
1. Eine der beiden Personen (A)
steht hinter dem Hund und hält
Konterns (Aktive
ihn an loser Leine, (am Fährten- Methode)
geschirr befestigt).
2. Die andere Person (B) stimuliert
den Hund vorn mittels MO (z.B. Zur Aktiven Revitalisierung-
Beißwurst oder Tuch) bis der Methode wird keine Hilfsperson
Hund anbeißt. benötigt. Da man dem Hund das
3. Gleich nach dem Anbiß beginnt Kontern abgewöhnt hat, wird der
Person A zunächst behutsam auf Hund nun veranlaßt, aus anderer
Zug zu gehen. Nicht zu stark Ursache zu kontern. Der Hunde-
ziehen! (Manche Hunde lassen führer bringt ihn aus seiner Kör-
beim ersten Einsatz der Leine perbalance. Dem sucht sich der
sofort los. In diesem Fall eignet Hund natürlich zu entziehen,
sich die passive Methode nicht.) indem er - kontert. Gleichzeitig
Durch Aufmunterung und Lob erlebt er in dieser Handlung die
(Person A) lassen sich manche (gespielte) Schwäche des Hunde-
Hunde helfen. führers: „Aha! Kontern bringt ja
4. Hält der Hund den Griff, so be- noch mehr als nur die Balance!"
ginnt nun Person A schubweise, Viele Hunde haben auf diese
aber sehr gefühlvoll (Vorbild ist Weise in wenigen Minuten beim
161

Beutestreiten wieder zum aktiven tun!). Der Hund wird sich dieser
Kontern zurückgefunden. Verunsicherung sofort entziehen,
indem er nach hinten oder
Vorbereitung: keine, außer für seitlich rückwärts auszuweichen
ablenkungsfreien Ort sorgen. sucht. In diesem Augenblick
Einstimmung: wie gewohnt. zeigen wir uns schwach, geben
nach und bei einem besonders
1. Hund mittels MO im Freien Spiel starken Konter-Akt lassen wir
stimulieren. dann die Beute los. Das Ganze
2. Anbeißen lassen und auf Zug soll, wie bereits gewohnt, auch
gehen. mimisch und bewegungsmäßig
3. Wahrend des Zugs mit der freien überzeugend gespielt werden.
Hand an den Oberschenkeln
eines Hinterlaufs zur Seite Vorsicht! Für Hunde, die zu
schubsen und aus dem Gleich- Aggression neigen, ist dieses Spiel Aktives Revitali-
sieren zum
gewicht bringen. (Dabei braucht nicht geeignet. Kontern (Nach E.
man dem Hund nicht weh zu Lind)
162

Loslassen
Inzwischen haben wir so viel gele-
sen über „hündisches Spielen",
daß manche Punkte im Folgenden
nur noch weniger lnformationen
bedürfen. Auch beim Loslassen
der Beute gilt:

• Bei besonders raffinierten oder


Begrenzungs-
knoten Phase l engagierten Aktionen des Hundes
loslassen!
• Auf dem Höhepunkt der Aktion
loslassen. Weder vorher noch
nachher!
• Das Loslassen mit entsprechender
Mimik und Bewegung begleiten!

An dieser Stelle soll noch ein Spiel


vorgestellt werden, das sich gut für
Gruppen und Kurse eignet:

Spielvorschlag: Beutestreiten und


Loslassen (ohne Hund). stisch zu unterstützen. Wer Spaß
Begrenzungs- daran hat, kann das gesamte
knoten Phase 2 Vorbereitung: Taustücke mit einem
Repertoire des Beutestreitens und
Durchmesser von 10 oder 12 mm Loslassens durchspielen.
und einer Länge von zirka 50 cm
werden an beiden Enden mit einem
Begrenzungsknoten versehen:
Zurückbringen
Jeweils zwei Hundeführer stehen
sich gegenüber. Einer spielt den Viele Hundeführer haben in dieser
Hund, der andere den Hundeführer. Phase des Spiels Probleme. Ihr
Es kommt nun darauf an, bereits Hund tut alles andere lieber, als das
das kleinste Rucken mit Nachgeben MO zurückzubringen. Und wenn er
zu beantworten und die Aktionen es auf wiederholte Kommandos
mimisch und aku- dann doch tut, kann keine Rede
Begrenzungs- mehr sein vom „Freudigen Hund".
knoten Phase 3
163
irgendwie gespielt oder geübt und „Tauziehen" als
dabei eine Menge Fehler gemacht. Trockenübung
Oder, was ebenso oft vorkommt, „Beutestreiten
und Loslassen"
die Mensch-Hund-Beziehung ist
nicht intakt. Beides spiegelt sich
natürlich auch im Spiel wider. Weil
aber Umlernen bekanntlich
schwieriger ist als Neulernen,
stehen Massen von Hundeführern
vor dem Problem: „Mein Hund
bringt nicht zurück." Und sie fragen
sich: „Wie korrigiere ich die
verfahrene Situation?" -

Nun, der beste Rat wäre, nach einer


Pause von ein bis zwei Monaten
nochmals neu zu beginnen, ganz
von vorn: mit Lesen,
Trockentraining und mit dem
Basis-Spiel (zu Hause im Raum). Im
Freien Spiel gilt genau dasselbe:

Soll der Hund freudig und zuver-


lässig zurückbringen, so dürfen wir Vorbild der
Natur: Hunde
nach dem Loslassen unter im Beute-
Dies verwundert um so mehr, als streiten.
sich das freudige Zurückbringen
bei richtiger Spielweise eigentlich
ganz von allein einstellen müßte.
Freudiges Zurückbringen ist eine
Folge des Spiels, wie wir es be-
schrieben haben. Im Idealfall hat
der Hund das Zurückbringen
bereits als Welpe im Basis-Spiel
gelernt.

Aber nicht jeder besitzt einen


jungen, unverdorbenen Hund, mit
dem er neu (und diesmal anders)
beginnen kann. Die meisten haben
mit ihrem Hund schon
164

keinen Umstanden zum Konkur- lassen, um die Natur zu über-


renten werden. Wir dürfen nicht listen.
den Eindruck erwecken, daß wir
dem Hund die Beute nach dem Im Grunde genommen ist es ganz
Auslassen wieder streitig machen einfach - man macht sich zweierlei
wollen. zunutze: Als erstes lassen wir den
Hund erleben, daß wir nicht seine
Im Welpenrudel hat der Welpe ge- Geschwister sind, die ihm die Beute
lernt: „Beute muß man wegtragen streitig machen, sondern eher die
und verstecken, sonst holen sich Mutter-Hündin, die über den
die Geschwister das wertvolle Dingen steht und es nicht nötig hat,
Stuck." Dieser Vorgang ist im wegen einer Spiel-Beute ihre
Hinblick auf Arterhaltung logisch Dominanz unter Beweis zu stellen.
und viel naheliegender, als die Großzügig spielt sie im
Beute zurückzubringen. Weil das Beutestreiten den Unterlegenen
Mensch-Hund-Spiel aber ohne und überläßt dem Welpen (wenn er
Zurückbringen nicht weiterläuft, sich tüchtig zeigt) die Beute. Genau
müssen wir uns etwas einfallen das machen auch wir: in-

Freudig bringt
der Hund das
MO zurück.
165

nerhalb der ersten Beute-Spiele Hund nicht so gern hat wie sein
überlassen wir dem Hund nach Lieblings-MO, und behält sich das
dem Auslassen die Beute2. Auf „Lieblings-MO" (Vorzugs-MO) für
keinem Fall dürfen wir ihm nach- das Zurückkommen zurück. Würde
laufen. Wir bleiben stehen und man umgekehrt vorgehen, würde
holen eine zweite Beute (Konkur- der Hund möglicherweise nicht
renz-MO) aus der Tasche. Mit zurückkommen, vor allem dann,
diesem beginnen wir dann zu wenn der MO-Rang stark
spielen. An Stelle der zweiten ausgeprägt ist.
Spiel-Beute kann man auch ein
Stück Futter nehmen. Hat man
herausgefunden, ob und was der
Hund bevorzugt, so kann man den Wenn der Hund
MO-Rang für das freudige
Zurückkommen (später auch für
das Spie an sich
das „Aus") einsetzen. Man beginnt
mit dem MO des zweiten Rangs,
zieht
also mit dem MO, das der
Ist der Hund so sehr mit seiner
2
Beute beschäftigt, daß ihn das
Mit zunehmender Sicherheit des Konkurrenz-MO wenig interessiert,
Hundes wird das Beutestreiten
intensiver bringt es meist wenig Erfolg,
166

wenn man wieder und wieder In diesem Fall ist es besser, man
versucht, ihn durch Animation der hört mit der Animation der Beute
Beute auf sich zu konzentrieren. In oder mit dem Anbieten von Fut-
dieser Situation kann nämlich terstücken auf und wechselt sofort
Folgendes passieren. Mehr durch den Motivations-Bereich (Übergang
Zufall nimmt der Hund wahr, daß zu einem Lauf- oder Versteck-
der Hundeführer hilflos dasteht Spiel). In vielen Fällen (leider nicht
und mit dem MO fuchtelt. Indem in allen) lassen sich auf diese Weise
der Hund diese Aktivitäten ignoriert Hunde wieder stimulieren und ins
und so tut, als sei alles andere Spiel bringen. Aber wenn man sich
wichtiger, entdeckt er die Mög- zum Weglaufen entschlossen hat,
lichkeit, das Spiel auf diese Weise an dann darf man in dieser Handlung
sich zu ziehen. Er erlebt einen ganz nicht wieder -neuerdings -
neuen Bereich des Dominierens, Schwäche zeigen, indem man sich
und wenn ihm diese Spielform immer wieder zum Hund umdreht
mehr Lust bereitet als das, was und den Namen oder das
Herrchen zu bieten hat, dann wird Hörzeichen „Komm" mehr
er das Dominieren im Spiel immer beschwörend und bettelnd
wieder suchen und es immer öfter vorbringt. Das würde der Hund
und länger praktizieren. Er wird es eindeutig als Schwäche in-
perfektionieren. Und das kann er terpretieren (womit er zweifellos
mittels seiner Emotionalen recht hätte!). Und er würde wei-
Intelligenz ausgezeichnet. Wann terhin dominieren.
immer er Lust dazu hat, braucht er
sich nur taub oder abgelenkt zu In dieser Situation muß man sein
zeigen, schon färben sich ganzes Selbstbewußtsein aktivieren
Frauchens oder Herrchens Wangen und sich dem Hund entziehen. Es
purpurrot oder der Atem wird mag oft bis zu 10 Minuten und
hilflos flackernd wie eine Kerze im länger dauern, aber der Hund wird
Wind. Den eigenen Namen in allen irgendwann einmal verunsichert
Tonlagen zu hören und so zu tun, und dann meist im Galopp
als sei der Hunde -führer gar nicht Herrchen oder Frauchen suchen. In
Dem Hund da, macht riesig Spaß. Das läßt sich der Regel reichen einige derartige
nachzulaufen,
demonstriert doch kein tüchtiger Hund Wiederholungen aus, um den Rang
Hilfslosigkeit entgehen! des Hundeführers erheblich
oder Schwäche aufzuwerten und den Hund wieder
und bewirkt oft Zeigt sich der Hund abgelenkt, so ins Spiel zu bringen.
genau das Ge- ist es daher besser, man bietet ihm
genteil: Der
Hund kommt gar nicht erst die Chance der Hat sich das Dominieren des
erst recht nicht soeben beschriebenen Entdeckung. Hundes infolge zahlreicher Wie-
zurück. derholungen schon gefestigt, so
167
168

Gewalt bringt stehen wir vor einem Korrektur- man die Leine zu früh weg oder
bei diesem Hund problem, das ohne Zwang oft nicht trennt man zwischen Spielplatz und
gar nichts. „Pit"
zu lösen ist. Es sei jedoch nochmals Wohnung, wird uns der Hund ein
würde sich eher
totschlagen betont, daß Einwirkungen, welcher weiteres Beispiel seiner Emotionalen
lassen, als sich Art auch immer (etwa mittels Leine), Intelligenz liefern: indem er nämlich
die Beute ge- nur in Verbindung mit dann, wenn die Leine dran ist (was
waltsam ent- erzieherischer Gesamtkorrektur er unter diesen Umständen bald
reißen lassen.
erfolgversprechend sind! Wenn wahrgenommen hat), das
man sich für die Leine entscheidet, gewünschte Verhalten zeigt und ein
(indem man etwa eine fünf oder andermal, wenn sie fehlt, genau das
acht Meter lange Leine am Boden Gegenteil tut.
schleifen läßt, um sie im
Bedarfsfalle aufzuheben oder Der kurzzeitige oder sporadische
draufzustehen), dann muß man Einsatz von Zwang steht nicht im
diesen methodischen Weg Widerspruch zum Geistigen Zügel,
vorübergehend absolut ausnahmslos sondern stellt in Korrekturfällen,
beschreiten! Nimmt die auf fehlerhafte Erziehung oder
169

Ausbildung zurückzuführen sind, beschränken wir uns hier auf Für das Konkur-
eine vorübergehende Ausnahme einige wenige Anmerkungen. renz-MO läßt
dar. Es ist anzustreben, physische „Pit" problemlos
aus.
und psychische Zwangsmaßnah- Hat der Hund gerade eine Beute
men so schnell wie möglich und erstritten, so ist er in (spielerischer)
so oft wie möglich durch Stellver- „Jagd-Stimmung". Dies ist der
tretende Signale zu ersetzen. ungünstigste Zeitpunkt, um ein
freiwilliges Abgeben zu fordern.
Ganz anders stehen die Chancen,
wenn man wartet, bis diese
Abgeben Stimmung abklingt. Bei vielen
Hunden tritt das innerhalb
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, weniger Sekunden ein, vorausge-
den Hund zum Abgeben zu be- setzt der Hundeführer unterläßt
wegen. In „Richtig Spielen mit Bewegungen, welche sofort die
Hunden" wurden sechs „Aus- Verteidigung des MO's auf den
Methoden" beschrieben. Daher Plan rufen würden. Wartet der
170

oder man stoppt die Bewegung


kurz vor dem Fang, was ebenfalls
Argwohn aufkommen läßt. Die
Kunst der richtigen Annäherung
liegt darin, innerlich fest darauf zu
vertrauen, daß sich der Hund die
tote Beute abnehmen läßt.

Das klappt zwar nicht bei allen


Hunden und nicht immer auf An-
hieb, aber wenn der Hund einmal
den Beutetausch als positive Er-
fahrung kennengelernt hat, ist das
Eis in der Regel gebrochen.
Mit anderen Worten: Bis der
Hund den Beutetausch das erste-
mal akzeptiert hat, muß sich der
Hundeführer oft allerlei einfallen
lassen, und seine Geduld wird
möglicherweise hart auf die Probe
gestellt. Hat es dann schließlich
doch einmal geklappt, wird das
Konkurrenz-MO ab diesem
Vor dem „Aus" Augenblick meist problemlos an-
Hundeführer ruhig ab, bis die
erst vergessen genommen.
lassen. Augen (und Kopfbewegungen) des
Hundes verraten, daß er die „tote
Die Erfolgschancen nehmen ganz
Beute" vergessen hat und sich auf
erheblich zu, wenn man sich beim
anderes konzentriert, so ist der
Abgeben den MO-Rang zunutze
Augenblick günstig, mit einer
macht. Wir haben darauf bereits in
gelassenen Handbewegung das
Kapitel 10 (Basis-Spiel-Übung)
MO zu ergreifen und den Hund
hingewiesen.
durch Beutetausch (Konkurrenz-
MO) zum Abgeben zu bewegen.
Wie man Mo's in verschiedener
Das ist jedoch leichter gesagt als Rangordnung nützt
getan. Irgendwie will man das
Man beginnt das Spiel mit dem
Näherbringen verschleiern, was der
Zweitrangigen MO. Das Erstrangige
Hund dann doch wahrnimmt,
MO hält man sich für den Beute-
vollkommen richtig interpretiert
tausch in petto (für den Hund un-
und das MO aufs neue verteidigt -
sichtbar versteckt!). Weil Hunde
171

Nach kurzer Zeit


wechselt die
Stimmung vom
Jagen zu etwas
anderem. Diesen
Stim-
mungswechsel
gilt es abzu-
warten, bevor
man das Aus
einleitet.
172

der stärker wirkenden Motivation in positiver Erwartungshaltung die


der Regel den Vorzug geben, wird Beute abgibt, so zeigt sich doch
beim Beute-Tausch das Zweitrangige gleichzeitig, durch kurz aufeinander
MO meist problemlos abgegeben. In folgende Beiß- und Zungen-
dem Augenblick, in dem der Hund bewegungen eindeutig, daß das
das Zweitrangige MO ausläßt, „motivational erlernte Abgeben" im
schleudert der Hundeführer das Widerspruch zum „instinktiven
Lieblings-MO weg oder bietet es in Verteidigen der Beute" steht. Und
Verbindung eines Auslösers zum erstaunlicherweise: das angepaßte,
Anbiß an. Während der Hund dem erlernte Verhalten ist stärker - in
MO 2 nachjagt, sollte MO l dieser Situation stärker als der
unauffällig aufgehoben und Instinkt. Welche Adaptions-
versteckt werden. Macht der Leistung! Der soeben erwähnte
Hundeführer den Fehler, seine Konflikt zeigt sich übrigens noch
Absicht zu verraten, MO l aufzu- nach Jahren. Unser Rüde „Quirin"
heben, wird ein tüchtiger Hund hat den „Konflikt-Zungenschlag
alles daran setzen, das soeben beim Aus" erst im Alter von sieben
ausgelassene MO wieder in seinen Jahren (weitgehend) abgelegt.
Besitz zu bekommen. Wenn dann
der Hund schneller war, hat er Es ist immer wieder überraschend
einmal mehr gewonnen - gewonnen und beglückend, wenn man
in einer Form, die den weiteren Mensch-Hund-Teams zuschaut und
Verlauf des Spiels problematisch miterlebt, wie der Hund, der soeben
gestaltet. Daher sollte man sich noch alles daransetzte, um die
bemühen, nach dem Auslassen des Beute zu erwischen, nach einem
MO 2 den Hund von dieser Stelle kurzen Moment der Ruhe die Beute
wegzulocken, entweder durch ausläßt - nur auf ein freundliches
Laufen oder durch Werfen des „Aus", möglicherweise leise und in
MO's in eine andere Richtung. Kopfstimme gesprochen. Ohne
jeden Druck läßt der Hund das MO
Welch grandiose Leistung der Hund in die offene Hand gleiten und
vollbringt, wenn er freiwillig wartet in voller Spannung auf den
ausläßt, mag folgende Beobachtung neuen Auslöser, der das Spiel fort-
vermitteln. In Tausenden von setzt.
Vorführungen habe ich bei sämt-
lichen Hunden, die freiwillig aus- Wie lähmend macht sich dagegen
lassen, folgenden Konflikt beob- ein Abgeben aus, das einfach nicht
achtet: Auch wenn die gesamte funktionieren will, immer wieder
Physiognomie des Hundes zeigt, von neuem eingeleitet werden
daß er gerne, ja freudig und in muß, und schließlich doch schei-
173
tert! Oder wie beklemmend etwa - Wettspiele
wirkt ein Abgeben, das sich immer - Kampfspiele
mehr aufschaukelt zum handfesten - Sozial-Spiele (innerartliche und
Rangstreit zwischen Mensch und außerartliche Gesellschaftsspiele)
Hund, in dem der Mensch nicht - Werbungs-Spiele
selten zur Karikatur wird! - Solitärspiele (allein Spielen)
- Erkundungs- und Entdeckungs-
Spiele
- Berührungs-Spiele
Spieltypen - Akustische Kommunikations-
Spiele
Spiele treten in unzähligen Formen - Bewegungs-Spiele
auf. Das Aufstellen einer cha- - Fangen-Spiele
rakterisierenden oder typologi- - Jagd- und Beute-Spiele
schen Ordnung ist problematisch, - Futter-Spiele
zumal sich zahlreiche Spiele aus - Geschicklichkeits-Spiele
verschiedenen Typen zusammen- - Such-Spiele
setzen und mit mehreren Funk- - Schmuse- und Knuddelspiele
tionskreisen korrelieren. Be- - Denk-Spiele (Problemlösungen:
rührungs-Spiele beispielsweise sind z.B. sich aus einem Labyrinth
Erscheinungsformen des Sozial- befreien)
Spiels - mit der Betonung auf - Rhythmus- und Tanz-Spiele
Taktiler Kommunikation. Das Fangen- (Sich bewegen zu Rhyhtmus
Spiel ist ebenfalls eine Er- und Musik)
scheinungsform des Sozial-Spiels. - Misch-Spiele (z.B. Bewegungs und
Gleichzeitig trägt es Züge eines Beute-Spiel. Oder: Akustische
Wettspiels. Einige Spieltypen Kommunikations- und
kommen inner- und außerartlich vor, Berührungsspiele)
wie etwa das Fangen-Spiel, welches
Hunde untereinander ebenso wie
mit Menschen spielen; andere wie
etwa das Werbungs-Spiel sind rein
innerartlicher Natur. Wir verzichten
hier auf den Versuch, Spieltypen
hierarchisch zu gliedern. (Eine
grobe Einteilung im Hinblick auf
Ausbildung und Sport wurde bereits
innerhalb der Motivations-
Betonungen vorgestellt.)
174
175

„Paradeübung"
Paradeübung als steht - gemeinsam mit „Spiel und
Stop" am Ende von „Richtig Spielen
Spiegel der Spiel- mit Hunden". Hundeführer und
Hund haben damit das Niveau des
Kunst Reifen Spiels erreicht.

Auf der Suche nach einer Übung,


Spielvorschlag: „Motivierendes
die alles, aber auch wirklich alles
Wegschleichen", zuerst ohne
widerspiegelt, was in der Motivati-
Hund
ons- und Spiellehre des Autors
wesentlich ist, fand der Autor eine Wenn der Übungsaufbau klar ist,
Vorführung, die als Test der er- sollte man die Paradeübung zuerst
reichten Team-Leistung gelten einmal ohne Hund trainieren. In
kann: eben eine Vorzeige-, eine Gruppen und im Kursablauf lassen
„Paradeübung". Die Paradeübung sich die vielen Möglichkeiten
Der Hund lauert
in gespannter
Konzentration
auf den Auslöser.
176

gemeinsam besprechen, vorzeigen - Schritt für Schritt - vom Hund


und korrigieren Dadurch wird der wegzuschleichen
Ablauf vertieft, das Repertoire er-
weitert und geübt Aber nicht nur Dieses Wegschleichen bereitet
die Einübung ist wichtig1 Auch vielen Hundeführern enorme
durch Zuschauen, wie es andere Probleme Einige können sich nicht
machen, lernt man viel verwandeln Andere geben bei
jedem Schritt einen Auslöser, auf
welchen der Hund prompt mit
Aufstehen antwortet Dafür wird er
Spiel-Beschrei- dann ausgeschimpft oder über
bung der mäßig bedroht Richtig wäre, den
Oberkörper schwebend-tragend zu
Paradeübung fuhren Seitliche oder vertikale
Bewegungssauschlage wurden in
(mit Hund) freier Wildbahn sofort bemerkt
Hunde können auf relativ weite
1 Der Hundeführer holt wie ge- Distanz kleinste Bewegungsverän-
wohnt seinen Hund, läßt ihn derungen wahrnehmen Hündisch
auslaufen, beginnt dann mit der zu schleichen heißt also, Geräusche
Einstimmung und nähert sich und sichtbare Bewegungen
dem Eintritt am Korridor vermeiden Frontales Näherkom-
2 Hier leint er den Hund ab (soweit men oder Entfernen kann nur sehr
er nicht schon in Freifolge schwer ausgemacht werden Aber
hereinkam), versorgt die Leine seitliche und vertikale Bewegungen
und holt sich die Aufmerksamkeit sind weithin sichtbar Also man
des Hundes schleicht sich in geduckter
3 Ist die Erwartungshaltung auf- Körperhaltung, den Hund
gebaut, so wird der Hund aus der unaufhörlich fixierend und mit fe-
Spannung heraus (je nach dernden Schritten - vom Hund
Ausbildungsstand) ins „Liegen" rückwärts weg
oder „Platz" gerufen
4 Anschließend dreht sich der Gleichzeitig wird der Geistige Zügel
Hundeführer vorsichtig schlei- in die Augen-Linie gebracht und
chend in Front des Hundes, ohne dem Hund entgegengehalten Das
ihn (auch nur einen Augenblick1) MO wird mit der anderen Hand auf
aus den Augen zu lassen der dem Hund abgewandten Seite
Steht der Hundeführer frontal zum gehalten Die Augen des Hundes,
Hund, beginnt er, sich mit die Zügel-Hand, das MO und die
vorsichtigen, „lautlosen" Schritten Augen des Hundeführers liegen
177

Wegschleichen,
Spannung hal-
ten und Geisti-
gen Zügel ein-
setzen: die
wichtigsten
Elemente der
Paradeübung.
Hier aus der
Perspektive des
Hundes.
178

Früher brachte
man dem Hund
„Abliegen" in
Form einer
zwanghaften
Übung bei. In
der modernen
Ausbildung
nützen wir das
vorhandene,
hündische
Verhaltens-
repertoire: Aus
»Warten
müssen" wird
„Lauern dür-
fen".

(annähernd) auf einer gedachten gebündelte Autorität entgegen. Die


Linie. Verrät der Hund durch seine feinen Stimmungs- und Moti-
Körpersprache, daß er aufstehen vations-Schwankungen Im Spiel
mochte, strecken wir den Geistigen bedürfen eines ständigen, subtilen
Zügel entgegen. Wenn nötig, bringen Ausgleichs.
wir zusätzlich das Körpergewicht
entgegen (Droh-Geste1). Mit der An den vielen Ausdrucksmomenten
Zeit wird der Hundeführer lernen, des Hundes lesen wir, ob die
das Körpergewicht als ein- antreibenden und zügelnden
drucksvolles Kommunikations- Kräfte im Gleichgewicht stehen
Signal einzusetzen. Einem ängst- oder ob wir ausgleichen müssen –
lichen Hund vermittelt man je- nachdem durch Betonung der
Selbstvertrauen, indem man das Motivation oder des Zügels. Zur
Gewicht von ihm wegbewegt, Steigerung der Motivation bieten
einem dominierenden Hund bringt sich in der Paradeübung zahlreiche
man das Gewicht und die Möglichkeiten an: durch
Intensivierung der inneren
Spannung, durch Steigerung der
l Droh-Gesten können unterschiedliche Verwandlung, durch noch kunst-
Lebensbereiche betreffen Sie treten
daher m verschiedener Form auf volleres Wegschleichen, durch
179

minuziöses Bewegen des MO's gungsmotivation folgen, indem


(ohne jedoch Auslöser zu geben'), man ein Lauf oder Fangen-Spiel
durch Einsatz der Stimme, durch anschließt Mit der Zeit wird man
Verstärkung der Gewichtsrichtung lernen, die Signale des
weg vom Hund, durch kurzes Wegschleichens und Auslesens
Abducken, durch einige (etwas immer deutlicher und eindeutiger
schnellere) Trippelschritte, durch zu gestalten Mißverständliche
Anhalten des Atems, durch Signale machen den Hund
kurzzeitige, seitliche Augenbewe- unsicher und zurückhaltend Das
gungen, durch Spannungsaufbau MO sollte man nur dann
der Lippen, durch Schließen der wegschleudern, wenn man sicher
Lippen usw sein kann, daß er damit freudig
zurückkommt Kommt der Hund
5 Wichtig ist, daß man die Parade- nicht sicher zurück, läßt man ihn
übung nur so lange ausdehnt, das MO besser am Hundeführer
wie der Hund problemlos warten anbeißen Kommt der Hund nicht
kann Wurde der Hund aufstehen zurück, sollte der Hundeführer
oder nach vorn robben, müßte alles daran setzen, das Versäumte
man zu ihm gehen und ihn auf aufzuholen
den alten Platz ablegen Besser ist 7 Nach dem Zurückkommen des
es natürlich, diese Situation gar Hundes folgt das Freie Spiel, so
nicht erst eintreten zu lassen wie wir es weiter oben beschrie-
6 Der Auslöser ist also zu geben, ben haben Beutestreiten, Loslassen,
bevor der Hund aufsteht1 Kurz Zurückkommen, Abgeben,
bevor er aufsteht, zeigt sich dies Spielwiederholung(en), Spielende
durch zahlreiche Signale Wer
den Hund genau beobachtet, In der Paradeübung finden wir alles
wird die Ankündigung nicht wieder, was uns bisher wichtig war
übersehen Lieber ruft man den Syntone Kommunikation, Integrale
Hund zu früh als zu spat ab Der Motivation, Aufmerksamkeit, Spiel-
Auslöser wird durch eine Appetenz und MO-Appetenz,
ruckartige Bewegung des ge- Erwartungshaltung, Empfänglichkeit
samten Körpers oder durch und last, not least Geistiger Zügel
Wegschleudern des MO's gege-
ben, - nach Belieben auch m
Verbindung mit einem Geräusch
An Stelle eines Beute-MO's kann
man natürlich auch Futter
verwenden Oder man lößt dem
Auslöser eine Bewe-
181

„Spiel und Stop"


Abschluß von ringste Problem damit hat, trotz
hoher Trieblage genau das Gegenteil
„Hunde spielend von dem zu tun, wofür er soeben
noch das Letzte gegeben hätte?! In
motivieren" dieser Aufgabe, die sicher nicht
leicht ist, erntet der Hundeführer
In der Paradeübung hat der Hund die reichen Früchte des Reifen Spiels
gelernt, „lauernd zu warten". Er und er steht bereits auf den ersten
weiß jetzt, daß er erst auf den Stufen sportlicher Vorführung.
Auslöser hin aufspringen darf. Den
Geistigen Zügel (in seiner Die Ausführung gestaltet sich ei-
Manifestation als entgegenge- gentlich einfach, vorausgesetzt, man
streckte Hand und mit gespreizten hat bis hierher keine größeren
Fingern) kennt er schon vom Fehler gemacht.
täglichen Freß-Ritual, wo er
ebenfalls in einer bestimmten
Haltung abwarten gelernt hat. Mit
diesen beiden Verhaltensroutinen Spielbeschreibung
bringt der Hund ausgezeichnete
Voraussetzungen mit, um den Mitten aus dem Freien Spiel hält
nächsten Schritt zu bewältigen. der Hundeführer plötzlich inne,
Jetzt wollen wir erreichen, daß der erstarrt, hält die Zügel-Hand vor
Hund mitten im Freien Spiel auf das MO und setzt die bereits be-
unser Signal bewegungslos in- schriebenen Signale ein, um den
nehält, dies jedoch in höchster Hund zu stoppen. Man darf nicht
Konzentration und Erwartungs- den Fehler machen, zurückzuwei-
haltung - und ohne jeden Druck chen, wenn der Hund die ersten
oder Streß! Male trotz gespreizter Zügelhand Mitten im Spiel,
Wer wünscht sich nicht einen hochspringt und sich das MO holen mitten in höch-
Hund, der sich in jeder Situation, will. Der Zügel darf nie Schwäche ster Erregung
selbst in höchster Aktion mitten im zeigen! Setzt sich der Hund darüber und Aktivität,
Beute-Spiel (oder anderen Spielen) läßt sich der
hinweg, so muß der
stoppen läßt?! Und wem lacht Hund bei konse-
quenter Motiva-
nicht das Herz, wenn er sieht, daß tions-Balance
der Hund nicht das ge- geistig zügeln.
182

Hundeführer seine ganze Autorität zu heben oder hinter den Rücken


aufbringen, um sich bei einer zu bringen. Ein tüchtiger Hund
Wiederholung durchzusetzen. Dies wird darin zunächst einmal eine
erreicht er beispielsweise durch gesteigerte Herausforderung sehen
Entgegenbringen des gesamten und hochspringen bzw. hinter den
Körpergewichtes, in Verbindung Rücken des Hundeführers laufen.
eines strengen „Nein". Und wenn Richtig ist es daher, das MO nicht
das nicht fruchtet, dann ist auch ein aus der Augen-Linie zu führen,
Stups oder Klaps auf die Nase1 sondern wie gewohnt so zu halten,
angebracht. Im gleichen Augenblick daß der Hund den Hundeführer
Mitten im Spiel
aber, wo der Hund darauf reagiert, ansehen muß. Wir erreichen das
werden alle wird das Spiel fortgesetzt und das Stoppen also nicht durch Entzug,
Bewegungs- MO nach einigen Sekunden im sondern durch den Einsatz des
Aktivitäten geeigneten Augenblick zum Anbiß Geistigen Zügels, der hier als Tabu-
gestoppt. Hun- angeboten. Signal eingesetzt wird.
deführer und
Hund stehen
Häufig wird im Stop der Fehler ge-
einander er- macht, das MO, um es außer
starrt gegen- Reichweite zu bringen, in die Luft l Wem - bei gleicher Wirkung - etwas
über. besseres einfallt, der möge davon
183

Der Hund darf aber - vor allem indem man etwa auf einen ande-
anfangs - nicht überfordert werden. ren Motivations-Bereich wechselt
In dem Augenblick, wo er und das Spiel zunächst einmal in
Akzeptanz zeigt, folgt sofort der der Basis-Übung beginnt.
Auslöser. Ob der Auslöser darin
besteht, das Spiel fortzusetzen oder Für „Spiel und Stop" gilt in punkto
das MO wegzuwerfen, muß Dauer dasselbe wie bisher: Es
individuell entschieden werden. reicht anfangs, wenn der Hund eine
halbe Sekunde innehält. Fordert
Da wir den Stop nicht mit einer man das Innehalten zu lange, so
bestimmten, bevorzugten Grund- wechseln Hunde oft die Haltung.
Haltung in Verbindung bringen Dem beugt man durch extrem
wollen, ist darauf zu achten, daß kurze Dauer vor. Mit zunehmender
man den Vorgang abwechselnd in Sicherheit bewältigt der Hund das
verschiedenen Positionen einsetzt. Innehalten dann länger und länger.
Der Hund soll den Stop nicht mit Ausgeprägt längere Zeiten fordert
„Sitz" oder „Platz" verknüpfen, man jedoch nur sporadisch,
sondern von Anfang an lernen, in sozusagen als Test.
jedweder Haltung zu stoppen. Das
kann im Sitzen, Liegen oder Stehen Das Freie Spiel wird in weiterer
sein. - „Spiel und Stop" heißt das Folge immer häufiger durch unre-
Ziel und nicht „Stoppen und gelmäßig lange Stops bereichert.
Absitzen" oder „Stoppen und Lie- Auch die Auslöser nach dem Stop
gen". Sollten hier Probleme auf- sollten so gestaltet werden, daß sie
treten, so ist mitunter ratsam, das zu unterschiedlichen Aktionen
Motivations-Niveau zu senken, anregen.
185

Wie geht es weiter?


Üben bleibt die entsprechende Weiterführung
vor. Daß „es nicht anders gehe", als
Spielen! den Hund mittels Gewalt zur
„Unterordnung" zu bringen, sitzt
einfach noch zu tief in den Köpfen
Die Paradeübung, zusammen mit mancher Menschen.
dem anschließenden Freien Spiel
und Spiel und Stop, bildet den Ab- Dabei wäre es auf dem Plateau des
schluß von „Richtig Spielen mit „Kultivierten Spiels" so leicht, die
Hunden", bzw. von „Hunde spie- Aufgaben des Gebrauchs-, oder des
lend motivieren". Obwohl diese Art Sport-Hundes zu vermitteln. Wer
der Ausbildung immer noch von richtig spielen gelernt hat, kann in
vielen, vornehmlich von Hun- jeder beliebigen Hundesportart in
desportlern, „de haut en bas"1 relativ kurzer Zeit erfolgreich sein.
belächelt wird, so kann man doch Es gibt kein besseres Fundament als
zuversichtlich sein, daß sich die „Motivation und Spiel". Auch in
Motivations- und Spiellehre des zwanzig Jahren nicht!
Autors (oft kurz „Lind-art" genannt)
weiterhin verbreiten und Spiel ist nichts Vorläufiges, im Sinne
durchsetzen wird. Jeder Ausbilder von „unfertig" oder „un-
und Trainer müßte sich doch vollkommen"! Das sei an all jene
eigentlich freuen, wenn Hunde- gerichtet, die in den Leistungen der
führer auf den Platz kommen, die Erwachsenen das Maß aller Dinge
ihren Hund permanent motivieren sehen! Pablo Picasso soll einmal
können; die ihren Hund jederzeit, gesagt haben: „Wenn ich nur malen
auch in hohem Antriebsniveau zu- könnte wie diese Kinder." Spiel -
verlässig führen, Hundeführer, die das Spiel des Kindes wie das Spiel
ernst machen mit dem Team-Ge- des Hundes - ist anderer Natur,
Üben bleibt
danken und dem Freudigen Hund. anderer Qualität, folgt anderen Spiel! Diese
Regulativen und erfüllt sich auch Rechtswendung
Leider finden die Anhänger dieser anders als die Handlungen in der wurde nicht nur
neuen Richtung zu Hause nicht „realen" Welt der Erwachsenen. technisch per-
fekt, sondern
Wie wenig real unsere auch qualitativ
1
„de haut en bas" = franz von oben Vorstellungen, unter die vollendet vor-
nach unten geführt.
186

Lupe genommen sind, darauf hat dunsgewalt" des homo sapiens


Teühard de Chardin und mit ihm sapiens in Wirklichkeit auf wacke-
viele andere, bedeutende Denker, ligen Beinen steht - hin- und
aufmerksam gemacht, indem sie hergerissen im Strom der Mode,
uns daran erinnern, daß der der näheren Umgebung und der
Himmel eigentlich nicht blau ist, eigenen Gewohnheiten oder
daß es genau genommen kein oben Unzulänglichkeiten. Und wer
und unten gibt, und daß die viel macht sich schon seine eigene
gerühmte „freie Entschei- Unfreiheit bewußt?
Bezeichnender-
weise nennt E.
Lind seine seit
1992 entwickel-
ten Hunde-
Sportarten
»Team-work".
Die beiden darin
untergebrachten
Disziplinen
„Teamsport"
und „team-
dance" werden
seit 1998
angeboten und
durchgeführt.
187

Nein, wir dürfen nicht länger her- flochten werden. Mit der Zeit wer-
absehen auf jene, die weniger Ver- den es immer mehr, bis sich eines
stand haben. Wir müssen dem Le- Tages das Verhältnis umgekehrt hat.
ben Achtung und Respekt Formal gesehen wird dann mehr
gegenüberbringen, auch dort, wo „gearbeitet" als gespielt. In
wir uns überlegen wähnen! Wirklichkeit aber „wurde die Arbeit
zum Spiel".
Wie es weiter gehen sollte, ist in
einem Satz gesagt: Üben bleibt Von allein stellt sich allerdings die
Spielen! Wem das zu abstrakt ist, der sinngleiche Fortsetzung des Spie-
möge sich ganz einfach darum lens und Übens nicht ein. Im Ge-
bemühen, die Stimmung des Ent- genteil! Was den Aufbau der Un-
spannten Feldes - so oft und wann terordnungs-Übungen im einzelnen
immer möglich - aufrechtzuerhalten. betrifft, so bleibt kein Stein auf dem
alten.

Wie man auf der Basis von „Hunde


Anfangs kleine Spielend motivieren" die „alte
und wenige Auf- Unter-Ordnung" aufbaut oder wie
man die beiden vom Autor
gaben einließen entwickelten neuen Sportarten
„Team-Sport" und „Ekard Lind's Dog
lassen Dance" lernt, das findet der
interessierte Leser in den folgenden
Übungen und Aufgaben fließen beiden Buch- und Videotiteln des
nach und nach in das Freie Spiel ein. Autors: Mensch-Hund-Harmonie -
Sie werden einfühlsam und und Dog-Dance - Sport und Tanz mit
spielerisch vermittelt, so daß sie dem Hund, beide Titel im Verlag
wiederum mit dem Spiel ver- Gräfe und Unzer erschienen2.
schmelzen und eine untrennbare,
freundliche Einheit bilden. Zuerst
sind es nur kurze und wenige Auf- 2 Bücher erhältlich über den Fachhandel.
Videos (und Bücher) bei Ratfels. Siehe
gaben, die ins Freie Spiel einge- Bezugsquellennachweis im Anhang.
188

Bibliographie
DORIT FEDDERSEN-PETERSEN:„Hunde- ERIC ZIMEN:„Der Wolf",
psychologie", Kosmos 1989. Goldmann 1993.
DESMOND MORRIS:„Dogwatching", W.
Heyne Verlag 1986. Bezugsquellen
ANDERS HALLGREN:„Lehrbuch der
Hundesprache", Oertel und Sporer Die von E. Lind entwickelten
1986. Hunde-Sport-Artikel sind erhältlich
DAS BESTE AUS READERS DIGEST:„Was Ihr bei „Agilo" - (Gerdi Fetzer),
Körper verrät", Readers Digest 1988. Roßhaupterstr. 108,
H. H. SAMBRAUS und A. STEIGER:„Das Buch 81369 München.Tel.: 089/7194448;
vom Tierschutz", F. Enke 1997. Fax: 089/7144395.
EKARD LIND:„Richtig Spielen mit In der Schweiz bei: Jean Michel Zwy-
Hunden", Naturbuch Verlag 1996. gart, Ruethihofstr. 3,
EKARD LIND:„Bewegungsausgleich für CH-8713 Uerikon.
Musiker", Österreichischer Tel.: 0041/1/7961496;
Bundesverlag 1983. Fax: 0041/1/7961497.
EKARD LIND:„Die Haltung des In Österreich: Werner Barth,
Gitarristen". Wissenschaftlicher Hafnerstr. 17 a,
Verlag Katzbichler 1984. 4673 Gaspoltshofen.
EKARD LIND:„Kompaß - Lehrerkom- Tel.: 0043/7735/6557;
mentare zur Kindergitarren-schule". Fax: 00 43/77 35 70 58.
Pima Ricordi 1996 Alle Artikel sind auch über den
IRENAUS EIBL-EIBESFELD:„Grundriß der
deutschsprachigen Fachhandel zu
vergleichenden Verhaltensfor- beziehen.
schung". Piper 1987.
GUDRUN FELTMANN:„Hund und Begleitend zum Buch ist ein Video
Mensch im Zwiegespräch", erschienen. Sie können dies direkt
Franckh-Kosmos Verlag 1993. beziehen bei:
STANLEY GOREN:„Die Intelligenz der Maria-Rose Lind
Hunde", Rowolth 1995. Ratsfeld Produktion
HEINZ WEIDT & DINA BERLOWITZ: Bayerham 37
„Das Wesen des Hundes", A-5201 Seekirchen
Naturbuch Verlag 1998. Tel. und Fax: (0043) 06212/6604
HELLMUTH WACHTEL:„Hundezucht 2000",
Gollwitzer 1997. Hunde-Anhänger
ERIC ZIMEN:„Der Hund", Bernd Würz
Goldmann 1992. Meezstraße 52,
D-76327 Pfinztal/Söllingen
Tel.: 07240/8398, Fax: 07240/4707
189

Register
Ablenkungen 12, 25, 81,126,139 Berührungsängste 121 f, 129
Ablenkungen, eingeplante 81, 94 Berührungs- Spiele 10, 27, 98,101,173
Achtung-Geste 17, 46, 48ff, 91 Beute-Motivation 144
Achtung-Signal 47, 62,139 Beute-Spiel, extremes 18
Aggressionen 20,101 f, 125,161 Beute-Spiele 10, 30ff, 105,113,143ff, 151,
Aggressionsbeschwichtigung 20 154,165,173,181
aggressive Tendenzen 20 Beute-Spiel Training 105
Akzeleration 32 Beute-Streiten 10, 62,111,114,129,152,
American Staffordshire Terner 32 155 ff, 179
Anbeißen Lassen 10,116,128f, 144f, 147, Beute-Tausch 130,170 ff
151 f, 161,172,179,182 Bewegungs-Motivation 30,144,179
Anbiß, Probleme beim 154 Bewegungs-Spiele 10, 98,173
Angst 42,102 Animation 96, 98f, BullTerrier 32
114,116,123,131 f,
144,147,166 Chardin, Teilhard de 186
Anschleichen, spielerisches 27, 29,47, 62
Anschleich Spiel 38 Denk-Spiele 173
Appetenz 81,179 Dobermann 34
Appetenzbildung 142 Dominanz 17, 82,123,125,140,164,
Apportieren 154 166
Aufbruch-Geste 17,46 Dominanz im Spiel 69
Aufforderungs-Geste 41 Dominanz-Defizite 70
Augen Motivationsobjekt Linie 93f,116, Dominanz-Gebaren 48, 63, 67f, 70, 72,
176 81,139
Ausdrucks-Defizite des Menschen 49 Dominanz Korrektur 75
Auseinandersetzung, permanente soziale Dominanz-Probleme 68
123 Dominanz-Rivalität 72
Auslöser, akustischer 93 f Dominanz Verlust 125
Auslöser, visueller 94 Droh Geste 52,178
Auslöser Geste 146 Droh-Ritual 90
Auslöser Signal 39f,54 Droh-Signal 91
Autorität llf,17,89f Druck, psychischer 52
Autorität, innere 92
Einordnung 16 f
Balgen-Spiele 101 ff Einstimmung 82, 85,144,176
Barsoi 32 Einwirkung, passive 18
Basis-Spiel 93,130,132,136 Einzelspiele 28,123,173
Basis-Übung 121 ff, 138,183 Enspanntes Milieu 26
Begleithundeausbildung 12 Entdeckungs-Spiele 101,103
Beißen 72,102,124 Entspanntes Feld 26, 42, 70, 72,121,
Beißhemmung 10, 72f, 124f 130,187
Beißlust 9f,63,102 Erstarien 48
Beißtabu 73
Belohnung 150 Fangen-Spiele 43, 47, 62f, 173,179
Berner Sennenhund 33 Fehlbiß 149 Fixieren 42,50,93
Berührung, impulsive 18
190
Freies Spiel 70,130,141ff, 146,179, Körpersprache 30, 84, 92,131 f
181,185,187 Körpersprache des Hundes 36f, 59,178
Freifolge 12 Kultiviertes Spiel 142,147,185
Fremdbeißen 91,123
„Freudiger Hund" 16,18,185 Labrador 32
Frustrationsgrenze, individuelle 26 Laufhunde 32f
Funktionskreise 28, 31,173 Lauf Spiele 43, 60, 63,166,179
Furcht 24 Leinenführigkeit 12
Futter-Motivation 144 Lernsättigung 138
Futter-Spiele 10,105, lllff, 151,154,173 Lern-Spiele 24, 70f, 141f
Futtervorlieben 35 Lieblingsspielzeug 35
„Lippen-Schleuder" 116f, 153
Gebrauchshund 89 Loben 55,128,132ff
Gebrauchshunde-Ausbildung 11 „L-Stellung" 105
Geruchs Motivation 114
Geschicklichkeits-Spiele 10,173 Maßregelungen 90, 92, 96,140
Geste, stilisierte 41 Meldeverhalten 140
Gewalt, psychische 52 Mensch Hund-Beziehung, gestörte 17,101
Golden Retriever 32, 34 Misch-Spiele 173
Grundausbildung 12 Motivation, extrinsische 112
Grund-Motivation 18,142 Motivation, ganzheitliche 16
Motivation, integrale 16,18, 38, 59, 96,
Heranrufen 17 1 1 1 f , 125,132
Hörzeichen 92,135ff,166 Motivation, integrative 179
Hundesport 11 f, 14, 79ff, 89, 95,126,185 Motivation, intrinsische 112f
Husky 32 Motivation, olfaktonsche 30
Hütehunde 32,52 Motivation, taktile 30,144
Motivations-Balance 12f, 17, 66,131,
Imagination 49, 96,132,144,147 142
Individualität des Hundes 34 Motivations-Bereich 29f, 34f, 67f, 72,
Innerartliches Spiel 173 77, 82,127,130,144,166,183
Instinktverhalten 16,19,102,147 Motivations Betonung 30f
Intelligenz, emotionale 113,135,166,168 Motivations-Gestaltung 35
Motivations-Niveau 39, 65,113,132,
Jagdhund 51f 151,183
Jagd-Spiele 30f, 113,143ff, 173 Motivations-Objekt 16, 35, 39f, 55ff,
Jagdverhalten 10,20 72, 76ff, 84f, 105ff, 127ff, 136,142ff
155
Kampfhandlungen 32 Motivationsobjekt-Führung, körpernähe
Kampf-Spiele 31,173 149,151
Kommunikation, akustische 52, 54 Motivationsobjekt Handling 110ff
Kommunikation, canide 36 Motivationsobjekt-Handling, intelligentes
Kommunikation, mimische 116f 146
Kommunikation, monotone 59 Motivationsobjekt-Techniken 146,157
Kommunikation, nonverbale 38, 46 Motivations-Permanenz 65
Kommunikation, olfaktonsche 37 Motivations Repertoire 29
Kommunikation, optische 38 Motivations-Schwund 116
Kommunikation, syntone 18, 37, 51, 53, Motivations Stabilität 64ff
59,179
Kommunikation, taktile 37, 55,173 Nachjagen, spielerisches 9, 29, 35, 42,
Kommunikations Spiele 58 146f
Kommunikations Spiele, akustische 173 Näherungsängste 122
Kontaktängste 127 Kontern 155,157,160f Neugier 19
Neugier Spiele 10
191
Ortung, olfaktonsche 50f Spiel Jagen 28
Ortung, optische 51 Spiel Motivation 65
Spiel-Motivation, mangelnde 81
Passung 33 Spielstimmung 131
Picasso, Pablo 185 Spielweisen, hundetypische 26 f
PitBullTerner 32 Sporthundeausbildung 12
Prägungsphase, Störungen in der 154 Stimmungsübertragung 47
Prägungs- Spiele 103 Stimulation 147
Primärmotivation 16,112,139 Streß 23f, 75
Problemhunde 12 Streßfaktoren 26
Such Spiele 10,173
Rangordnung 30, 48, 67ff, 85,123
Rangordnung, intakte 12, 29, 62, 65, 69, 75 Tabu Akzeptanz 17, 91
Rangordnung, Wiederherstellung der 72 Tabu Signal 182
Rangordnungs-Defizite 144 Terrier 32
Rangordnungsprobleme 101,140 Test-Spiele 79ff
Rassebedingte Unterschiede 31 f „Totschütteln" 108
Rassebedingte Verhaltensangebote 33
Reaktionsträgheit 18 Retardierung 32 Überforderung 12 Unsicherheit 12,42
Rhythmus-und Tanz-Spiele 173 Rudel 30, Unter Ordnug des Tieres 15 ff, 31, 91,
43, 72,139,156,164 Rudelführer 9 125,185

Sättigungs-Distanz 18,138 Verhaltensauffälligkeiten 64


Schäferhund 34 f Verhaltensweisen, artfremde 21
Scheinangriff 47 Verhaltensweisen, gestörte 21,139
Schmuse und Knuddelspiele 173 Verhaltensweisen, olfaktonsche 32
Sekundarmotivation 16, 56,112,139 Verhaltensweisen, unberechenbare 154
Sematik Divergenz 54 Vermenschlichung 21 Versteck Spiel 61 f,
Sexualverhalten 20 166 Vorsteher Haltung 51
Sichtzeichen 135,137
Signal, akustisches 38, 42, 52,117 Wachhund 52
Signal, optisches 38 Warn- Signal 91
Signal, stellvertretendes 52, 54, 74, 90,169 Warn Signal 90
Signal, taktiles 38 Warten-Müssen 17
Signal Details 49 Welpen-Sozialisierungsprogramm 12
Signal-Gestaltung 38, 40 Werbungs Spiele 173
Signal Technik 58 Wett Spiele 173
Signal Timing 18 Wildhund 30,37
Solitär Spiele 28,123,173 Windhunde 32
Soziale Verbundenheit 30 Wolf 30, 37
Sozialisierungs-Spiele 86,103 Wolfsrudel 20
Sozialmotivation 31
Sozialordnungen 68 Zeige-Geste 51
Sozial Spiele 10,173 Zerr-Spiele 9
Spannungssuche 19 Ziel-Spiele 70f,141
Spielaufforderung 41 ff, 62 Zimen, Eric 20
Spiel-Balance 147 „Zügel, Geistige" 17f, 71, 89ff, 139,168
Spiel Beißen 27, 63 Zuneigungs Spiele 101 f
Spiel Beute 31, 35, 50, 58, 69, 96, 98,123, Zwang 168
125,143 148,153,156,164f Zwangsausbildung 9
Spiel-Chaos 116 Zwangsmaßnahmen 169
Spielgestaltung 25 Zweck-Spiele 141

Das könnte Ihnen auch gefallen