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24.01.

2019

Rollenbiografie
Zur Person Faust aus „Faust der Tragödie erster Teil“
von Johann Wolfgang von Goethe

Ich liege hier, so kurz vor dem Licht. Noch habe ich etwas Zeit. Jedoch merke ich,
dass es bald vorüber ist. Darum möchte ich euch als meine allerletzte Tat meine
Geschichte erzählen, sodass ihr sie weiter in die Welt tragen mögt.

Mein Name ist Faust. Doktor Faust um genau zu sein. Ich wurde im Jahre 1448 als
Sohn eines recht wohlhabenden Ehepaars geboren. Ich hatte eine große Schwester,
doch sie verstarb an einer schweren Krankheit, als ich noch recht klein war. Als ich
meinen Lebensweg hinein ins Gelehrtentum antrat verstarben auch meine Eltern.
Dass es auch für sie keine Heilungsmöglichkeiten gab, hat mich sehr geprägt und
meinen späteren Berufswunsch festgelegt.

Ich habe vor einiger Zeit Philosophie, Medizin und Jura studiert. Ja sogar an die mir
unschmackhafte Theologie habe ich mich gemacht! Doch das war alles vergebens.
Ich verbrachte meine Tage über zehn Jahre lang als Lehrmeister. Zu dieser Zeit hatte
ich die 50 Jahre Lebensalter schon etwas überschritten. Von tausend Dingen und
Personen konnte ich berichten, aber was brachte es denn? Nichts! Das gab mir
keinerlei Zufriedenheit.

Ein kleines Studierzimmer besaß ich, in der sich meine wenigen Habseligkeiten samt
Regalen voller Bücher und ein Tisch voller Laborausrüstung befand. Mein Lebensstil
war ein sehr einfacher. Wie ein Adliger konnte ich mich natürlich nicht kleiden, eher
bescheiden war bei mir auch Speis und Trank. Meine Tätigkeiten als Gelehrter
reichten um zu überleben, aber Ersparnisse oder gar Schätze hortete ich nicht.
Ich lebte zusammen mit meinem Gehilfen Wagner. Er war interessiert an der
griechischen Literatur der Antike und unterstützte mich gelegentlich bei meinen
wissenschaftlichen Arbeiten, brachte neue Utensilien oder sortierte jene Bücher, die
ich in meinem Eifer auf allen erdenklichen Oberflächen aufgeschlagen verteilte.
Sonst hatte ich mit kaum jemandem etwas zu schaffen. Ich mochte das Alleinsein.
Würden die anderen doch aufgrund meines meist eher mürrischen oder
teilnahmslosen Blickes nur denken, dass man mit mir keinen guten Umgang pflegen
könnte. Auch nach Ruhm gierte es mich nicht. Das war mir alles nicht wichtig.
All die Wissenschaft, all ihre Disziplinen, keine von ihnen vermochte es mir zu
zeigen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Ja, den Makrokosmos und den
Mikrokosmos wollte ich begreifen! Dies ganze Wissen sammeln und dann kundtun,
damit die Leute nicht vor des Pfarrers Kanzel schnarchen, sondern raus gehen und
sich, so wie ich, an dem Wirken der physischen Welt erfreuen. Ich träume davon, dass
alle Menschen sich ihres Verstandes bedienen, sich Interessen suchen, dem sonst so
schnöden Alltag entfliehen können und geistige Genugtuung erfahren. Trotzdem
bereitet mir die Kirche Sorgen. Zieht sie doch die Leute lieber zu Wundern aus dem
alten Buche statt hinaus zu denen der Natur.

Also wagte ich mich an die Magie. Der Erdgeist hielt mich im Kopfe für zu nieder,
als dass ich seines Wissens würdig wäre. Ob mein Weg mich gen Himmel oder Hölle
führte, war mir gleich. Deshalb lies ich mich auf einen Pakt mit Mephisto, einem
Diener des Teufels, ein. Mein Wetteinsatz war meine Seele selbst, die sollte er
bekommen, doch nur, wenn er mir jeglichen Wunsch, jeden Wissensdurst und zwar
bis zum allerletzten, erfüllen könne. Nur wenn ich endgültig gesagt hätte „Ach, mir
reicht´s. Nun weiß ich alles über unser Universum und was in ihm geschieht. Deine
Pflicht sei dir beendet!“. Mit Wissen konnte er aber wahrlich gar nicht dienen. Den
irdischen Gelüsten, der Geselligkeit und den Gelagen, brachte er mich zur Probe
nahe, doch die waren mir allesamt einerlei.

Allerdings lernte ich dann, nachdem mir Mephisto, mithilfe einer Hexe, den Leib
eines Junggesellen wieder brachte, das junge Fräulein Gretchen kennen. Sie war ein
frommes Ding von simplem, gottesfürchtigem Verstand, doch ich war ihr sehr
angetan. Zum ersten Mal in meinem Leben glaubte ich so etwas wie Liebe zu fühlen,
war ich doch sonst der Weiber eher scheu. Sie hätten sich in meiner bescheidenen
Behausung doch eher wie in einer Bibliothek gefühlt, als an einem Ort, der für traute
Zweisamkeit genügt.

Ich zog mich, umringt von Mephisto, in die Wildnis fern der Stadt zurück. Ich musste
mir die Gedanken ordnen und erwägen, was ich nun machen soll. Der Forscher in mir
war ganz froh, nur ich und die Natur, so kann ich sie endlich blicken. Doch da
wohnte ein Zweiter mir im Körper, der wollte nur zurück zum jungen Weib. Mephisto
drängte sich mir auf es doch zu tun, wodurch der Zweite vollends Oberhand gewann.
Wir machten uns auf zurück in die Stadt, damit ich Gretchen sah. Damit die Nacht
bei ihr auch eine schöne wurd gab ich, durch Gretchens Hände, der Mutter einen
Trank zum Schlaf. Doch aus dem Traum wollt sie morgens nicht erwachen,
an unsren, nein, das Kind trifft keine Schuld, nur an meinen Händen klebt ihr Tod.
Wie ich sonst erzürnte über die Verbrechen jener Gräueltäter, wenn ich denn davon
erfuhr, so erzürnte ich nun wegen meiner selbst.

Was hab ich nur getan?


Da liefen wir des einen Nachts, auf geradem Wege zu Gretchens Tür. Mir wurde es
im Herzen warm, endlich mein Gretchen wieder zu erblicken. Mephisto spielte dazu
noch die Zither, vom ablegen der Jungfernschaft hat er dabei geträllert, ganz wie
ich´s mit ihr im Sinne hatte. Doch angekommen an der Tür, bemerkten wir, da stand
schon wer! Ein junger Kerl war das gewesen, vom Körperbau mir ebenbürtig. Er
schimpfte sogleich über Mephistos Gesinge und ging ihn direkt mit der Klinge an.
Doch Mephisto lähmte ihm die Degenhand und rief ich soll es nun mit meinem
eigenen beenden. Dies war die zweite Untat meines Lebens und in mir drin wurds
schrecklich kalt und unbequem. Zum Mörder wurde ich, weil ich, ja ich der Meister,
meinem Schergen hörig war!

Was hab ich mir dabei gedacht, des Teufels Gehilfen an die Seite zu befehlen?
Riss mich der Umgang mit ihm doch erst vollends weg, von Experimenten,
Forschung und all den Büchern meiner liebsten Wissenschaften, direkt hinein ins
aller derbste Verbrecherleben!

Gretchen unterdessen, wurde ebenso von großer Schande geplagt. Unser Spross
wuchs ihr im Leib, doch es war kein Vater dessen, kein Ehemann ihrer weit und breit.
Zum Abschaum der Stadt hat man sie ernannt und sie ertrank unser Kinde im Fluss.
Ich machte mich mit Mephisto auf zu dem Kerker, in welchem sie auf ihre
Hinrichtung wartete. Sie war komplett von Sinnen, redete wirr daher und erkannte
mich nicht einmal. Ich war Schuld an diesem Werdegang, alleine ich habe sie in
dieses Verderben gezogen. Diese große Schuld trug ich mit mir rum, ich habe dieses
junge unbescholtene komplett zerstört. Die Gedanken daran, was ich schreckliches
vollbracht habe, wichen mir nie von der Seite.

Die Jahre gingen ins Land, bis ich mich schließlich von Mephisto trennten musste,
denn er hatte wahrlich nur niederträchtige Methoden im Sinn, auch wenn er mir mit
diesen helfen wollte.

Ich verhalf dem Kaiser durch meine Ratschläge zum Sieg und erhielt als Dank das
Wattland. Dem natürlichen Alterungsprozess verfallen und sogar erblindet, empfand
ich es als meine letzte Pflicht, den Bewohnern dieses Gebietes als Ingenieur in
Sachen Dammbau dabei zu helfen, dieses Land trockenzulegen und nutzbar zu
machen.

Nun habt ihr vieles über mich erfahren und ich spüre, wie mir die letzten Kräfte
schwinden. Seht meinen Lebens- nein eher meinen Leidensweg und all die Opfer
meinetwegen als große Warnung, auf dass ihr nie in die Versuchung geratet, wie ich
es tat. Ein Bündnis mit dem Teufel und seinen Lakaien kann nur im Chaos enden..

Herr, so weise deine Engel an, mich hinauf zu euch zu geleiten. Ich sei nun dein.

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