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Beispiel Erdgas: Warum man kein Wort glauben

darf, wenn der Spiegel über Studien berichtet

Wieder einmal schreibt der Spiegel über eine Studie und wieder einmal zeigt ein kurzer
Blick in die Studie, was man davon halten kann. Diesmal geht es um eine Studie zu den
Folgen der Nutzung von Erdgas.

Erdgas gilt als der umweltfreundlichste fossile Brennstoff, denn die Verbrennung von Erdgas
erzeugt weit weniger schädliche Abgase, als die Verbrennung von Kohle oder Öl. In Zeiten
der Klima-Debatte – unabhängig davon, wie man zu der Debatte steht – ist das ein starkes
Argument für Erdgas als „Brückentechnologie“. Das Problem bei Erdgas ist jedoch, es kommt
aus Russland. Und das ist natürlich böse.

Die Grünen haben beim Thema Erdgas bemerkenswerte Kunststücke abgeliefert, denn sie
sind für die Öffentlichkeit ganz klar gegen Fracking und auch gegen Erdgas, weil sie für
erneuerbare Energien sind. Jedoch sind die Grünen längst zu einer prinzipienlosen Partei der
Transatlantiker verkommen, denn trotz ihrer öffentlichen Äußerungen gegen Erdgas und
Fracking, haben sie für die Subventionierung von Flüssiggas-Terminals gestimmt, über die
Fracking-Gas aus den USA nach Deutschland kommen soll. Die Grünen haben also für die
Subventionierung von Fracking in den USA zur Förderung fossiler Brennstoffe
gestimmt. Gut, dass die Mainstream-Medien der Öffentlichkeit diesen Widerspruch nicht
verraten haben. Das hätte die Anhänger der Grünen ja verunsichern können.

Derzeit wird Nord-Stream 2 gebaut, das Europa mit Gas aus Russland versorgen könnte. Das
russische Gas kommt recht umweltschonend aus dem Boden und muss nicht mit Fracking
gefördert werden. Daher ist das russische Gas nicht nur umweltschonend, sondern auch noch
recht billig. Das aber ist den USA ein Dorn um Auge, weil die ihr durch Fracking
gewonnenes und damit auch noch teureres Gas nach Europa verkaufen wollen. Die Grünen
sind den USA dabei willige Helfer, wie deren kompromissloses Engagement gegen Nord-
Stream 2 und ihre heimliche Unterstützung für Flüssiggas-Terminals für US-Fracking-Gas
zeigt.

Wenn man diese Hintergründe kennt, dann kann man auch den heutigen Artikel im Spiegel
einordnen. Der Spiegel titelt „Hohe Methan-Emissionen – Forscher halten Erdgas für
klimaschädlicher als offiziell angegeben“ und schon in der Einleitung kann man lesen:

„Erdgas gilt als wichtige Brückentechnologie für die Energiewende. Doch laut einer Studie,
die dem SPIEGEL vorliegt, sind die offiziellen Angaben über klimaschädliche
Methanemissionen oft zu niedrig.“

Das klingt furchtbar wichtig und fundiert. Eine Studie hat das herausgefunden! Nun wissen
wir aus vielen Beispielen, dass der Spiegel sich gerne auf Studien stützt, die das Papier nicht
wert sind, auf dem sie gedruckt werden. Erst vor einer Woche hat der Spiegel das wieder
phänomenal unter Beweis gestellt. Aber das Wort „Studie“ klingt seriös.

Ich schaue mir daher die Studien immer an, über die der Spiegel berichtet. Und diese
„Studie“, die heute Thema ist, ist ein besonders eindrückliches Beispiel für die Bedeutung des
englischen Begriffes „Bullshit“. Dazu gleich mehr, zuerst schauen wir uns noch die Aussagen
im Spiegel an:

„Erdgas sei zwar CO2-ärmer als beispielsweise Kohle, verursache aber hohe
Methanemissionen, heißt es in einer Studie der Energy Watch Group (EWG), einem
Thinktank des Umweltpolitikers Hans-Josef Fell (Grüne), die in der kommenden Woche
veröffentlicht werden soll und die dem SPIEGEL vorliegt. Fürs Klima sei dies enorm
schädlich.“

Wie immer ist es interessant, wer eine Studie erstellt hat und von wem er bezahlt wird. Meist
bringen Studien nämlich auf wunderbarerweise genau das vom Auftraggeber gewünschte
Ergebnis. Die Energy Watch Group hat als Kern aller ihrer Studien immer ein Ergebnis:
Fossile Brennstoffe gehen viel schneller zur Neige, als prognostiziert, daher müssen wir viel
schneller auf alternative Energien setzen. Finanziert wird die Energy Watch Group – oh
Wunder – von der Ludwig Bölkow Systemtechnik GmbH, einer Firma, die ihr Geld mit
erneuerbaren Energien verdient. Das ist ja ehrenwert, nur bedeutet diese Verbindung, dass
sich die GmbH von der Watch Group die Studien schreiben lässt, die sie braucht, um
Geschäfte zu machen.

Wir haben es also wieder einmal nicht mit einer neutralen und objektiven Studie von
Wissenschaftlern zu tun, sondern mit einer „Studie“, die im Auftrag einer Interessengruppe
geschrieben wurde. Das sollte man den Lesern mitteilen, der Spiegel verschweigt es aber. Das
Ergebnis der Studie, über das der Spiegel schreibt, ist daher auch nicht überraschend:
„Konzerne und Regierungen sollten lieber konsequent auf erneuerbare Energien setzen,
schlussfolgern die Studienautoren. Vor allem Batterien und Kraftstoffe auf der Grundlage
erneuerbarer Energien sollten entsprechend gefördert werden. Dazu sollten die
Gebäudesanierung, der Einsatz von ökostrombetriebenen Wärmepumpen sowie die
Umstellung von fossilen Brennstoffen auf Biomassepellets oder erneuerbares Gas
vorangebracht werden.“

Die GmbH hat dank dieser Studie kostenlose Werbung für ihre Branche bekommen, zumal
sicher noch andere Medien auch darüber berichten werden.

Nun zu der Studie selbst.

Auf der Seite der Energy Watch Group ist sie zu finden. Allerdings nennt sie sich dort nicht
einmal Studie, sondern „Kurzanalyse“. Und der Name ist Programm, denn sie ist vor allem
eines: Kurz. Sehr kurz.

Die Kurzanalyse umfasst ein Decklbatt, eineinhalb Seiten Text, eine Grafik, eine
Tabellenrechnung und vier Quellenverweise. Insgesamt füllt das weniger als fünf Seiten,
inklusive Deckblatt. Für die Kernaussage über Methan gibt es nur eine Quelle, wie man in der
Studie lesen kann:

„Die hier vorgestellten Daten beruhen auf neuesten Forschungen (Howarth, 2019; Worden et
al., 2017), die belegen, dass die Methanemissionen der Nutzung von fossilen Energieträgern
etwa 20% höher sind, als den jetzt aktualisierten Originaldaten zugrunde liegt (Olivier J.G.J.
et al., 2017).“

Von einer wissenschaftlichen Studie kann also keine Rede sein. Der Spiegel schreibt zwar,
dass sie erst nächste Woche veröffentlicht werden soll und es ist natürlich möglich, dass
dieser „Kurzanalyse“ noch eine ausführlichere Studie folgt, aber die Aufmachung der
Kurzanalyse und ihre wenigen Quellen lassen da nicht viel erwarten.

Übrigens wird der Kampf gegen russisches Gas derzeit an viele Fronten geführt. Am
Donnerstag wurde ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes bekannt, das sehr fragwürdig ist.
Es gibt in Deutschland die sogenannte Opal-Pipeline, die das Gas aus Nord-Stream 1 durch
Deutschland zu den Abnehmern sowohl in Deutschland, als auch den südlichen
Nachbarländern bringt. Die Pipeline wurde extra dafür gebaut. Gegen diese Pipeline hat Polen
geklagt, weil dort zu hundert Prozent Gazprom-Gas durchläuft, was ein Verstoß gegen Anti-
Monopol-Richtlinien wäre.

Nun darf dort wohl nur noch 50 Prozent Gazprom-Gas durchgeleitet werden, wo jedoch die
anderen 50 Prozent herkommen sollen, weiß niemand, denn es ist ja gar kein anderer Anbieter
dort angeschlossen. Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes könnte also sowohl
die Industrie, als auch private Haushalte, die auf Gas zum Heizen angewiesen sind, in gewisse
Schwierigkeiten bringen. Und auch für Nord-Stream 2 könnte Entscheidung Folgen haben.

Wir sehen also, der Kampf gegen russisches Gas wird derzeit an allen Fronten geführt, dabei
ist die einzige Alternative dazu US-Fracking-Gas, das auch noch mindestens 30 Prozent teurer
ist. Dass die Amerikaner ihr Gas verkaufen wollen und daher mit allen Mitteln gegen
russisches Gas ankämpfen, kann man verstehen. Aber dass sich Europäer, also zum Beispiel
die Grünen in Deutschland oder die polnische Regierung mit aller Macht für schmutziges und
teures Fracking-Gas einsetzen, werde ich nie verstehen.

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