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Heinrich Kunstmann
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«Verlag Otto Sagner» ist ein Imprint der Kubon & Sagner GmbH. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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0006107e
S l a v i s t i c h e B e it r ä g e
BEGRÜNDET VON
ALOIS SCHMAUS
HERAUSGEGEBEN VON
HEINRICH KUNSTMANN
REDAKTION
PETER REHDER
Band 217
HEINRICH KUNSTMANN
In h a ltsv e rz e ic h n is
Vorwort .................................................................................................................................. 7
4 Zur Geschichte von Imbros und seinem Namen vgl. Oberhummer 1898;
Fredrich 1908; Pauly RE 17. Hbbd. 1914, 1105 ff.: Fredrich;
Heinrich Philippson,
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h o c h d eu tsc h en zu einem schw ach stim m h aften S p ira n te n e rw eich t zu w e r -
den; g ra p h is c h e r A usdruck d ie se r L enisierung i s t eben die S chreibung mit
v - ( u - ) . die sich a lle rd in g s schon im 9. Jh d . d u rc h z u se tz e n b e g in n t, auch
wenn d a n eb e n die S chreibung mit t - w e ite rh in b e s te h e n b le ib t (v. Kienie
105 f.; Braune, Eggers 128). Ab Ende des 9. J h d s . nimmt v - zu; im 10.
und 11. Jhd. w echseln f - und v - ziemlich regellos, wobei / - üb erw iegt
(dies., eb da.). Der ä l t e s t e Beleg des Inseln am ens 1st Fembre, e r stam m t
von Adam von Bremen, f ä l l t also in d as Ende des 11, Jh d s. Das jedoch
h e iß t, daß v - h ie r d u rc h a u s schon von Л ־w iedergegeben w erden kann,
au ch wenn d as A ltsä c h s is c h e (A ltn ie d e rd e u tsc h e ) in diesem P u n k t v i e l -
l e ic h t n ic h t mit dem A lth o ch d e u tsch e n g le ic h z u se tz e n ist. Daß germ an, f
b e r e its im A ltn ie d e rd e u tsc h e n a n la u te n d zu v w erden k o n n te, rä u m t auch
L aur (1964, 162) ein. Legt man dem A ltn ie d e rd e u tsc h e n , wie allgem ein a n -
genommen, ein e D auer von etw a 800 bis 1150 zugrun de, k a n n es e ig e n tlich
n ic h t ü b e rra sc h e n , zu 1076, also zur Zeit d e r E n ts te h u n g von Adams K lr-
c h en g e sch ic h te , e in e S chreibung mit f ־s t a t t v - vorzu find en. Das g ilt e r s t
r e c h t fü r die ״Z w e itälteste " Schreibung mit Л־, Helmolds Fimbre (exc. V in -
dob. = Anfang 16. Jhd.).
Gegen den m öglicherweise b e re c h tig te n Einw and, das A ltn ie d e r d e u t -
s e h e dürfe n ic h t m it a lth o c h d e u ts c h e n M aßstäben gem essen werden, kann
ein w ichtiges Argum ent in s Feld g e fü h rt werden, nämlich Adam von B re -
men. Dieser A utor, d e r Fembre und Imbra prom iscue g e b ra u c h t (und a u ß e r -
dem Fembre, Imbra u nd Ymbria für drei v e rs c h ie d e n e Inseln h ä lt) , w ar w e -
d e r N ie d erd eu tsch e r noch A ltsach se, sondern stam m te e n tw e d e r a u s der
Gegend von Würzburg o d e r Bamberg (W attenbach, Holtzmann 1978, 566 ff.).
F ü r ihn, d e r e r s t um 1 0 6 6 -7 nach Bremen gekommen ist, e rw e ist sich somit
d a s A ltfrä n k isc h e a ls ״z u stän d ig ". Das A ltfrä n k isc h e a b e r i s t ln d e r h ie r
in te r e s s ie re n d e n Frage dem A lth ochd eutschen sehr ähn lich : Während es
a n la u te n d ln ä l t e r e r Zeit s t e t s f - s c h re ib t, wird nach und n ach, wohl u n -
te r latein isc h em E influß, d a fü r v- (w-) Immer h ä u fig e r (F ranck 1971,
98 f.).
Das Argument, d e r Inselnam e Fehm arn sei wegen Adams Fembre, w e -
gen d e r Schreibung mit / ־in v o ra lts ä c h s is c h e oder sogar in v o rd e u ts c h e
Zeit zu s e tz e n , 1st a u s den e rw ä h n te n Gründen n ic h t s tic h h a ltig . Vielmehr
r e i h t sich Fehm arns Name in die gewiß s t a t t l i c h e Reihe d erjenig en F älle
ein , in denen a n la u te n d e s sla v . v - im D eutschen durch / - e r s e t z t wird:
F issa u (b. E utin) < • V ySov (Laur 1967, 95), F a rve Heinrich
< ״V(e)rba
Kunstmann -(Schmitz 95),
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F Itsch k a u < 9V yśećko vo (T rau tm an n I, 168). via free access
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Der verh ältn ism äß ig kleine o sth o lste in isc h e U kleisee, d e r im U klei-Bach
zw ischen Massow und Naugaard in Pommern e in e N am ensparallele h a t, lie g t
nördlich von Eutin und östíic h des e rh e b lic h g rö ß eren Kellersees. Die Beë
lege für diesen Seenamen sind n ic h t s e h r z a h lre ic h und s e tz e n ziemlich
s p ä t ein:
1429 sta g n o ru m ...P yw eriin k e t V kele ac Y le n se e ; 1429 V kele;
1440 V ke le yn e ; 1856 U kJei-See1.
Die Deutung dieses Namens sc h e in t n ic h t die g e rin g s te n Schw ierigkeiten zu
b e re ite n , da sich alle Etymologen d a rin einig sin d 2, daß das Hydronym a u f
den u rsla v is c h e n Pischnamen *ukléja z u rü c k g eh t, d e r so u n g e fä h r in allen
s la v is c h e n Sprachen v e rtr e te n ist: ru ss. u kleja . ukJeJka, ukr. uklija, bulg.
okléj. skr. ùklija. t . úkleje, uklej. slov ak, ukleja, poln. uklej. osorb. w u k -
lija , wukiica, nsorb. hukieja. h u k le j (Vasmer REW III. 179). Der Name dieses
k a rp fe n a rtig e n Fisches mit d e r b o ta n isc h e n Bezeichnung C yprinus alburnu s
i s t durch sla v is c h e Verm ittlung a b er a u c h ins D eutsche e n tle h n t worden,
und zw ar als u k (e )ie i, u kiei und ü ckeiei in s Mnd., Nnd und O s tn ie d e rd e u t-
sehe (Schmitz 416; Kluge 801); im D eutschen i s t zw ischen к und J m itu n te r
d e r S ekundärvokal e e n ts ta n d e n . Als ö k le h a b en d a s Wort von den Slaven
außerdem die Ungarn übernommen3. Die K arriere d ie s e s s la v is c h e n F is c h n a —
m ens is t somit e rstau n lic h .
E rstau n lich i s t freilich auch, daß f a s t a lle etym ologischen W örterbü-
e h er der sla v isch e n Sprachen zur H erkunft d ieses Fischnam ens schweigen.
Brückner (593) ebenso wie Skok (III. 540) oder Vasmer (III. 179) teilen
zw ar die F ak ten mit, sagen a b er n ic h ts, was den Ursprung des Wortes e r -
h e lle n könnte. Einzig Machek (668) m acht d e u tlich , daß sowohl das s l a v i -
seh e als auch das verw andte lita u isc h e Wort a u k š l i u n k la r sind. Trotz der
*unsicheren Vergleiche" (Vasmer I.e.) bei L oew enthai (WuS 8, 176; 11* 60)
s t e l l t sich somit h e ra u s, daß die Etymologie d ie se s s la v is c h e n Fischnam ens
im Grunde offen ist.
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4. A b o d r i t i . O b o d riti. P ra e d e n e c e n ti
K u rz g e s c h ic h te d e r A bodri te n -E ty m o lo g ie
Was b e d e u te t d er A bo d riten -N a m e?
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p r iv a tiv u m von ântârpLç lie ß e sich v ie lle ic h t als halblan g b e u rte ile n , da.
v i e Schwyzer sa g t, ״ein Vokal als T räg er des W ortakzentes e t v a s lä n g e r
i s t a ls ln n ic h th a u p ta k z e n tig e r Silbe" (S. 392). Langes â a b er e rg ib t ln d e r
Regel im Slavischen a. Die u n t e r A kzent a n d e r s a rtig e Q u a n titä t k ö nnte
d a h e r beim Wandel von a n la u te n d e m a > о v ie lle ic h t e in e re ta rd ie re n d e
Rolle g e sp ielt haben. N atü rlich sind h ierb e i a b er auch s p ä te re L au tp ro z e sš
se zu berücksichtigen.
Venn Urbańczyk h i n t e r der A n la u ts a lte m a tio n a ~ / 0 ־Schwankungen
v e rm u te t, die sich mit u n te rs c h ie d lic h e n phonologischen System en e rk lä re n ,
so mag das im Prinzip ric h tig sein, n u r sind h ie r m ehrere phonologische
System e In B etrach t zu zieh en, sowohl das g riechische als auch das s l a v i -
s e h e und d eu tsch e, w ahrsch einlich ü b e rd ie s d ia le k ta le .
b. Konsonantismus: Die Inkonsequenzen in d e r Schreibweise d e r
Vokale und K onsonanten drücken s ic h tb a r die U n sich erheit d e r la te in is c h e n
C h ro n isten . A n n a liste n und scribae geg en über dem völlig u n v e rs tä n d lic h e n
Wort A b o d riti/O b o d riti aus, dessen u rsp rü n g lich e Bedeutung im 9. Jhd. und
s p ä t e r wohl s e lb s t den S laven n ich t mehr b e k a n n t war. So gesehen kann
es n ic h t ü b errasch en , wenn d ieses Wort in ein und derselben Quelle u n -
te rs c h ie d lic h wiedergegeben wird.
Bei der Beurteilung d e r k o n so n a n tisch e n V eränderungen g ib t es i n s -
g e sa m t keine großen H indernisse. Als problemlos erw eisen sich die p ro m is-
cue g e b ra u ch te n Formen A b o /t / r i ti und A b o /d lr iti. wenn man bed en kt, d a ß
g e m e in a lth o c h d eu tsc h es t im gram m atischen Wechsel mit d s t e h t (Braune.
Eggers § 102. S. 100), so d a ß die stä n d ig e n A lte rn a tio n e n auch a ls d e u t -
se h e ״U nsicherheiten" g e lte n können. Unkom pliziert is t fe rn e r d e r Wandel
von - p - > also von átTtáTptàeç zu А/Ъ/o d rÍtL Auch h ier lä ß t sich z u -
n ä c h s t allgemein an die Im S p ä ta lth o c h d e u ts c h e n gegebene Tendenz z u r
K on so n an ten sch w äch u n g (L enierung) d e n k en , so wie auch im s p ä te r e n
O d e rd eu tsc h en die u n verscho bene F o rtis p der Lehnw örter im allgem einen
d u rc h die Lenis b wiedergegeben wird (ebda. § 133, S. 123 f.). Im Fall von
ÂTiárpiâeç > А/Ъ/o d r iti 1st jedoch d a ra n zu e rin n e rn , daß gerade fremdes p
und h ie r besonders g riec h isch e s Pi im S la v is c h e n n ich t s e lte n a ls b
e rs c h e in t: éníaxorcoç > b isk u p b , ,Eßnöptou > Jam bor (ON), núpyoç > Burgas
(ON), MOáiiTcoXiç > Jamboi. Auch d e r Kasch и b en -Ua.me g ehört v ie lle ic h t
h i e r h e r (S. 79 ff.). Wie u n sic h e r und sch w ankend d e r Gebrauch von p bzw.
b w ar, machen im übrigen die noch Im 10. und 11. Jhd. a n z u tre ffe n d e n
Formen A p odritae u.a. bei Widuklnd und T h ie tm a r d eHeinrich
u tlichKunstmann
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Zusam m enfassend l ä ß t sich sag en , d a ß d ie la u tlic h e n V eränderu ng en
von ànárpiõeç > A b o d riti te ils a u f s la v is c h e n . t e i l s a u f d e u ts c h e n V o rg ä n -
gen b e ru h e n . S c h v e rv ie g e n d e Einwände oder g a r u n ü b e rw in d lich e H inder־
ז
n is s e p h o n e tis c h e r A rt g ib t es g e g en ü b e r d i e s e r Etymologie n ic h t, im Ge־
g e n te il, es ü b e rra s c h t im Grunde, wie v o rzü g lich sich d e r g riec h isch e P ro -
to ty p tr o tz m ehrfacher T ran sfo rm atio n en - g riec h . > sla v . > d e u ts c h + L a -
tin is ie r u n g d e r Endung - k o n s e rv ie rt h a t. Im Blick a u f den a b o d ritis c h e n
S ie d e lp la tz Wismar « "Iojiapoç) und die in n e rh a lb d e r A b o d rite n -D y n a s tie
o ffe n b a r lange T rad itio n g riech isch er E igennam en (S. 46 f.), a b e r auch a u f
die in N o rd - und M itte ld eu tsc h la n d j a n ic h t s e lte n e n s la v is c h e n E th n o -
und T oponym e g r i e c h is c h e r P r o v e n ie n z ( T h a fn e z i, P rissa n i, Fehm arn,
Z irzip a n en . S te ttin usf.) k ann m it S ic h e rh e it d a v o n au sg eg a n g en werden,
d a ß d e r Name d e r A bodriten im Umkreis des b y z a n tin is c h e n Reiches a u f g e -
kommen 1st10. Es i s t kein Name, der, wie s o n s t üblich, die H e rk u n ft von
S laven a u s d rü c k t, so n d e rn ein Lehnwort, d a s a n die A bw anderung e in e r
wohl k le in e re n s la v is c h e n Gruppe d en k en lä ß t, d ie sich a ls 'h e im a tlo s' b e -
z eich n e te .
10 Diese zwingende Folgerung wurde von T. Witkowski (1983) ins ״Reich der
P h a n t a s ie ” verw iesen, weil ihm eine E rk lä ru n g des A b o d riten -N a m en s
au s dem G riechischen ״fü r ...s ie d lu n g s h is to ris c h e S chlüsse völlig abwegig
und u ngeeig net" sc h ie n (so ders. ln: H errm ann, J., 1985, 496 f.). Dabei
wird von Ihm die R ich tig k eit d e r obigen p h o n e tis c h - e ty m o lo g is c h e n
Oberlegungen n ic h t n u r n ich t b e s t r it t e n , s o n d e rn im G egenteil v o lle n d s
b e s tä tig t. Seine Warnung an a lle H istoriker, Archäologen und V e rtr e te r
a n d e re r n ic h t philolog isch er D isziplinen, d ie s e E rk lä ru n g a u s dem G rie -
chischen e r n s t zu nehmen und d a ra u s v ie l l e i c h t sie d lu n g s g e s c h ic h tlic h e
Schlüsse zu ziehen (1983, 279 f.), i s t in s o fe rn Heinrich ״re a kKunstmann
tio n ä r"-,9783954792238
a ls d a d u rc h
d e r p ro g ressu s in s tu d iis b e h in d e rt wird.
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w Vgl. Słownik prasłow iański II. 191 f. Danach i s t d as Kollektlvum àçdb <
čedo ,Kind' + Suffix e n ts ta n d e n . - Zu m öglichen In h a lte n und B e d e u tu n -
gen d ie se s Begriffes vgl. noch: a k sl. čpdb = d ru ży n a . Leute; s e r b . -
k sl. (14. J h d .) ćedb f. = K inder, G e sin d e ; m azed , (d ia l.) ć e t, 6>רt - F a m i-
l i e ; a r u s s . ć a d b ł/ć ę d b f. = K in d e r, L eute, Volk, G e fäh rten , K riegsschar;
u k ra in . čadb = Kinder. Nach Slow, p rasï. 192 s in d die russ. W örter
h ö c h stw ah rsch e in lich a k sl. E n tle h n u n g e n . Dazu außerdem Vasmer, EWB
III, 298: a ru s s . äadb f. Kinder, Menschen, Volk. B erneker 1924, 154: abg.
čpdb f. (Supr. 134, 1) Gefolge. - Ē tim ologičeskij s lo v a r ׳sia v ja n sk ic h j a -
zykov. 4. Moskva 1977, 104: aksl. ćędb = аѵЭршлоі, hom ines,
Heinrich Kunstmann čeljadb,
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Uudi; (a lt)se rb o k r. čed f. = Kollekt, fü r Downloaded rod, rofrom
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Celjadb.
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G ru p p e n “ im Sinne von ״V orausabteilungen" vorzusch lag en . Es f r a g t sich
a lle rd in g s , ob diese j a dem m ilitärischen Begriff d e r A v antg arde n a h e k o m -
m ende Auslegung mit dem oben erw ähnten I n h a lt der R eichsannalen in
E in k lan g zu bringen ist. Wenn Witkowski w eiter m eint, die P ra e d e n e c e n ti
s e ie n kein Beweis für die Süd-N ord-W anderung d e r A bodriten, d a n n l ä ß t
e r sowohl die O stera b trezi des Geographus B avarus als auch die T a ts a c h e
a u ß e r a c h t, daß die A nnales regni Francorum a u sd rü ck lich die E x is te n z
von A bodriten an der Donau nachw eisen und dam it m itte lb a r die E n t s t e -
h u n g des Ethnonym s Abodriti im Bereich des b y z an tin isc h e n Imperiums b e -
s t ä ti g e n .
Wieder a n d ers b e u r te ilt der am erikanische H istoriker Imre Boba (1984)
die P ra e d e n e c e n ti Für ih n sind diese kein e th n is c h e r oder p o litisc h e r
Name, h i n te r welchem sich die O sterab trezi des Geographus B avarus v e r -
m uten lasse n , vielm ehr v e r s t e h t e r d a ru n te r einen Spottnam en (nicknam e),
d e r sich a u f die vorangehenden M arvani bezieht, w eshalb die Stelle zu 822
l a u t Boba so zu lesen sei: In quo c o n ven tu omnium orientalium Sclavorum .
id e s t A bodritorum , Soraborum, Wilzorum, Beheim orum, Marvanorum p r a e d e -
n ecen to ru m ... (Boba 35). F ü r Boba b ed eutet die Bildung p ra e d en e ce n ti s o -
v iel wie p ra ed o n es S cia vi *räuberische Slaven' (ebda.), wobei e r von e in e r
la te in is c h e n Bildung • p ra e d o -n ec o u.ä. au sgehen möchte. Dagegen s p r i c h t
in e r s t e r Linie das Adverb vulgo, das ja, wie schon gesagt, ein n i c h t -
la te in is c h e s , also wohl s la v is c h e s Wort a n n o n ciert. Auch is t einzuw enden,
daß ״die H erleitung (des Wortes Praedenecenti) von einem la te in is c h e n
p ra e d (a ) oder p raed(ari) n ach den latein isc h en W ortbildungsgesetzen u n -
möglich is t..." 17. Bobas Deutung ü berg eh t außerdem das Element -e n e e ,
au ch wäre ein P ra esen sp artizip - e n te s und n ic h t - e n t i zu e rw arten . Das
Wissen, daß sich weder von der a-K onjugation (praedo) noch vom Deponens
(p ra e d o r) e ine Form P raeden ecenti bilden lä ß t, d a r f man den L a te in k e n n t־
n is s e n e in e s V erfassers d e r Reichsannalen schon zumuten. Wenig w a h r -
sc h e in iic h 1st auch Prof. Bobas Vermutung, der Geographus B avarus b e n u t å
ze d ie Begriffe N o rta b trezi und O sterabtrezi n u r z u r U nterscheidung zw eier
b e n a c h b a r te r A bodriten-Stäm m e an der O stsee, so daß es lediglich einen
einzigen Stamm von Abodriten gegeben habe. Das jedoch wird von den
17 So Frau Dr. T h eresia Payr, die Leiterin des M itte lla te in isc h e n W örterbu-
c h e s an der Bayerischen Akademie der W issenschaften (Schreiben vom
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9.7.1987). Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 04:12:55AM
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Quellen n ic h t b e s t ä t ig t , a u c h s c h lie ß t die Reihenfolge im G eographus B a -
v a r u s e ine G leichsetzung von N o rt- und O s te r a b tr e z i aus.
41
lB Vgl. Herrmann, J., 1971, 256, der das Ereignis in das J a h r 595 s e t z t
u n d von ״sü d w estlich e r O stsee k ü ste" sp ric h t. Auch H. Ja n k u h n (Anm. 1.
S. 98) e ntn im m t d e r b y z an tin isc h e n Quelle, daß um 590 ״also die O s t -
se e sla w e n b e re its am O stse e u fe r a n sä s sig gewesen (zu) sein scheinen".
F ü r die D atieru n g des E reignisses w ichtig ist, d aß die O ffensive der b y -
z a n tin is c h e n T ruppen u n t e r Kaiser Maurikios gegenHeinrich die Kunstmann
Awaren- 9783954792238
wohl 592
beg an n, vgl. Z akythinos 1979, 53. Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 04:12:55AM
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r e c h n e t s la v is c h e S t r e i t k r ä f t e a ls P a r t n e r zu gew innen s u c h t, die s o z u s a -
gen d iam etra l e n tg e g e n g e s e tz t an d e r O stsee zu Hause w aren und bei d e r
S c h w e rfällig k e it e in e s H eereszuges (Troß!) ein en noch lä n g e r a ls 15 Monate
w ä h ren d e n Anm arsch g e h a b t h ä t t e n . Lassen sic h h i n t e r diesem Vorgang
n ic h t v ie lle ic h t Zusamm enhänge zw ischen O stse e - und D o n a u -A b o d rite n
verm uten ? Aus dem B erich t des T h eo p h y lak to s s e i noch n a c h g e tra g e n , d a ß
die von d en B y z an tin e rn gefangengenom m enen d r e i S lav en e rz ä h lte n , d e r
A w arenkhan h ä t t e ih re n S tam m esh äu p tlin g en re ic h e G eschenke gem acht, die
diese zwar angenommen, d a s Bündnis a b e r eben m it dem Hnweis a u f die
w eite Reise a u sg e s c h la g e n h ä tte n . Die g e fa n g e n e n S laven se ien zum Khan
in Marsch g e s e tz t worden, um ih re H äuptlinge zu re c h tfe r tig e n , doch d e r
Khan h a b e d as G e s a n d te n re c h t m iß a c h te t und d e n G esan d ten den Rückweg
a b g e s c h n itte n . Das a lle s w e ist doch s e h r d e u tlic h d a r a u f h in, daß zw ischen
dem A w arenkh an und den s la v is c h e n G e n tila r is to k r a te n am ״ä u ß e r s t e n
Ende d e s w e s tlic h e n Ozeans" mehr a ls n u r e in e E inladung d ie s e r z u r B e-
te ilig u n g a n einem Feldzug b e sta n d e n h a t.
Ein i n t e r e s s a n t e s D etail, d as aberm als fü r K o n ta k te zw ischen S la v e n
an d e r O stsee und A w aren in T h ra k ie n sp ric h t, s i n d die von J. H e r m a n n
(1972) in die D e b a tte g e b ra c h te n Funde b y z a n tin is c h e r Goldsolidi In sb e -
so n d e re b e i Blesenbrow im Kreis Angermünde. Ob d iese ü b e r 200 G oldm ün-
zen a u s d e r 2. H älfte des 6. J a h r h u n d e r t s (K aiser J u s ti n i a n ) mit d en von
T h e o p h y la k to s Slm okattes e rw ä h n te n ״re ic h e n G e sc h en k e n ” d es A w a re n -
кЬ ал а a n die S la v en ״am ä u ß e r s t e n Ende des w e stlic h e n Ozeans" e tw as zu
t u n haben, d ü r f te sich a lle rd in g s n ic h t g an z l e i c h t e n ts c h e id e n lassen .
U nter w ieder a n d e r e n G e sic h tsp u n k te n von Belang sin d sc h lie ß lic h
a u c h die le id e r s e h r k o n z isen R eisenotizen des a n s o n s te n u n b e k a n n te n B y -
z a n tln e r s L a sk a ris Kananos, d e r zu Beginn des 15. Jh d s. d a s Land d e r
ЕЭЯавошнос bei Lübeck, genaugenom m en a ls o das G e b iet der O stse e -
A bo driten b e s u c h te 1*. L a s k a ris Kananos, d e r von Schweden ü b e r Riga, Reval
u nd Danzig nach Lübeck kam, b e ric h te t, daß Lübeck (Лоѵпех) die H a u p t-
43
20 Vgl. dazu K. Sathas: Documents in é d its re la tifs a l'h isto ire de la Grece
a u Moyen Age. Paris 1 8 80-9 0. I, XXII f.; Vasmer 1941, 18 f.; Weithmann
1978, 160. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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5. M e c k l e n b u r g u n d W ism a r
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уоотп, d e sse n Name schon von m ehreren F o rsch ern , d a r u n t e r von Kopitar,
für die sla v is c h e O bersetzung von altg rie c h isch e m MeyotAonoAię g e h a lte n
w urde, was zwar naheliegt» ab er n ic h t g u t möglich is t. da ВеХіуоатп v i e l -
m ehr V eligostb bzw. V eiigošte e n ts p ric h t. Zwar s c h r e ib t die Chronik v o n
Morea m ehrere Male k o n se q u en t B&Xiyoovo, doch w äre, im Blick a u f die B e -
S o n d e rh eiten d ie se r Chronik und ih re O berlieferung (Schmitt, J., 1902,
XV ff.; T u sc u l.-L ex . 161), noch eingeh en d zu prü fen , ob f ü r V eiig o ste
n ic h t v ie lle ic h t • Veligordb zu konjizieren ist.
Es i s t au s b esag ten Gründen mehr a ls w ah rscheinlich, d aß die a l t s l a -
v isc h e Burgenbezeichnung * Veligordb a u f griech isch MeyaXónoXiç z u rü c k g eh t.
A n d e re rs e its s p ric h t auch manches d a fü r, daß s la v is c h e s " Veligordb zum
Vorbild für a sä. M ikilinburg usf. v u rd e , daß der Name Mecklenburg a lso
e in e zw eifache L ehnü bersetzun g d a r s t e l lt . Adams Version M agnopolis w äre
d a n n e ine gewiß un bew ußte ״R evitalisierun g" d es g r ie c h is c h - la te in is c h e n
Proto ty ps.
Als N ebenbucht der M ecklenburger Bucht lie g t zwischen K lützer O rt
und d e r Insel Poel die Wismarsche Bucht. An ihrem Südrand b e fin d e t sic h
die S ta d t Wismar. e in e r d e r bedeutenden O stse e h ä fe n (zur G eschichte vgl.
SlowStarSlow VI, 658: Leciejewicz). Die O berlieferung ih res Namens s e t z t im
Grunde s p ä t ein: 1229 W yssemaria; 1230 W issem arla; 1253 Wismaria; dazu:
1167: A q u a , quae Wissemara d ic itu r, 1211 p o r tu s , qui d ic itu r Wissemer.
Während diese Notierungen die h e u tig e S ta d t Wismar b e tre ffe n , meinen die
folgenden das a lt e sla v is c h e Dorf: 1260/72 A n tiq u a W issmaria; 1266 т о -
len d in u m situ m apud A n tiquam Wysmaríam; 1279 ecclesia A n tiq u a e W ism a-
п а е (T rautm ann *1950, 166). T rautm ann (I, 51) h a t dieses Toponym zum
a lte n sla v . PN ■VySem ef g e s te llt, zu welchem der apoln. PN W yszemir u .a.
g e h ö rt (Svoboda 93). Dieser A nsicht schloß sich a u c h E. R z e te ls k a - F e le s z -
ко an (SlowStarSlow VI, 657), die M. Rudnickis an sich bem erkensw erte
H erleitung des Namens von keltischem V is-m a ru s n ic h t te ilte . Eine ״R ekon-
str u k tio n " a ls Wyszomierz (mit possess. -jb )t u n t e r der Wismars Name in
SlowStarSlow VI. 657. a u fs c h e in t, is t jedoch gewiß v e rfe h lt.
An den obigen Belegen fä llt auf, daß d e r Name des a lte n s la v is c h e n
Dorfes regelmäßig Wissmaria la u te t, also kein - e - zwischen s und m e n t -
h ä lt. Das kann bedeuten , daß in den Formen W iss/e/m er das - e - s e k u n d ä r
ist. E p e n th e tisc h e s e kan n h ier a u f d e u ts c h e n E influß zurückgehen, es
k a n n allerd in g s auch sla v is c h e volksetym ologische A npassung an den b e -
sa g te n PN Vyàemir sein. Zu b e a c h te n i s t w eiter, daß als u rsp rü n g lic h e s
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3 Er begeg net mehrmals auch als PN, so e tw a fü r den Sohn des A res
( ״ApTjç) und der T h rasse (Ѳраоаа) sowie den Sohn des A stako s (,AaTaxóç)
und den des Eumolpos (ЕйдоЯлоО (Pape, B e n se le r Heinrich
I, 573). Kunstmann - 9783954792238
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в. M e c k l e n b u r g s Z i r z i p a n e n u n d d e r N am e d e r P e e n e
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3 T rau tm a n n I, 17; Shevelov 1964. 168; S tie b e r in: Ję zy k polsk i 54, 1975,
375. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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85), schon b ald n i c h t m e h r v e r s t a n d , l ie g t a u f d e r Hand. M öglicherweise
sp ie g e lt ein T eil d e r Belege wie P a n is. P e a n is o d e r Pana d e n sog. l e c h i t i -
se h e n Umlaut v on ë > a w ider: u r s l a v . p é n a > p oln. p ia n a (U rbańczyk in:
I
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7. R e t h r a . R e d a r i e r . A r k o n a
58
59
• Zum ač. sig m at. A o rist v e c e ( v e c é ti) vgl. S lova a dëjiny. P ra h a 1980,
22. A n s o n s te n V. Machek 1968, 687, d e r beim Verbum v é t it i von • v ë tb
a u s g e h t u n d an 9v o i k - t o - (zu lit. v e i k t i ) *verhandeln' den k t, was s a c h -
lie h a b e rm a ls m it d ts c h . din g en 's p re c h e n , h a n d e ln bei G ericht' und Ding
*Versammlung' k o rr e s p o n d ie r t. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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T h ie tm a rs R ie d eg o st
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D er Nam e d e r R ed a rier
11 Vgl. in K u n stm an n 1988 den A b s c h n itt ״B eob ach tun gen a u f dem Gebiet
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d e r s l a v is c h e n M ythologie״. Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 04:12:55AM
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A r k o n a a u f Rügen
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8. S t e t t i n u n d K ü e t r i n
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3 G ute in f o rm ie re n d e O b e rs ic h te n ü b e r die G e s c h ic h te d e r S t e t t i n -
D eutungen b ie te n F. Grucza (SlowStarSlow V, 518 f.) und W. Mańczak:
Etymologia nazwy Szczecin. In: S lavia O c cid e n ta lis 32, 1975, 32 ff. Vgl.
außerdem A. Belchnerow ska, H. Bugalska, E. J a k u s -D ą b ro w s k a , В. Więcek:
Nazwy m ia st Pomorza Środkowego. In: Н ота, E.. 1976. 81 ff.; au ch Rymut
1980, 236. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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nyme sin d im Griechischen häufig, vgi. die Namen des a rk a d isc h e n Gebirges
Ex 1a $ íç , e in e s Platzes in S p a rta Sxiáç und d e r S t a d t Exttbw) a u f d e r H a lb -
in s e i Pallene. Die von ExcáSoç au sg eh e n d e u r s la v . Bildung ■S č e t- іп ъ h a t
n u r die e rs te Silbe, also das Grundwort übernommen, n ach b e k a n n te r s i a -
v is c h e r P raxis dagegen d a s griech. Suffix -oç a b g e sto ß e n und durch d a s
e ig e n e sla v is c h e Formans - і л ь e rs e tz t.
S k ia th o s i s t die w e stlic h ste der sog. Nördlichen Spórádén v o r d e r K ü -
s t e von Magnesia* die ein n u r 4 km b r e ite r Kanal vom F e stla n d t r e n n t . Die
gleichnam ige a n tik e S ta d t d e r Insel lie g t an einem g u te n Hafen im S ü d -
o s te n und wird wegen ih r e r g ü n stig en Lage Öfter a ls F l o tte n s tü tz p u n k t g e -
n a n n t. Die Insel gehörte dem 1. und 2. a tt i s c h e n Seebund an, war S t ü t z -
p u n k t A th e n s gegen Philipp und wurde 338 v.Chr. m akedonisch. Im b y z a n -
tin is c h e n Reich gehörte S k ia th o s z u r Eparchie T h e s sa lie n des Themas M a-
ke d o n ie n , kirchlich jedoch zur Metropolis von L a riss a 4. Welcher A rt die B e -
Ziehungen d e r Slaven zu S k ia th o s waren, w issen wir n ic h t im ein zelnen,
doch s p r ic h t v ieles dafür, daß Slaven au s T h e s sa lie n und Makedonien, d ie
h ä u fig die ägaischen und s e lb s t w eiter e n tf e r n te Inseln a ls P ira te n ü b e r -
fielen , auch diese Insel v o r Magnesia heim su chten. Der B ericht d e r M iracu -
la s. Demetrii (II/I) ü b e r d e ra rtig e sla v is c h e P ira te rie -U n te rn e h m e n lä ß t
d e n Schluß zu, daß um 615 auch S k ia th o s von Slaven ü b e rfa lle n wurde,
wobei möglicherweise die Bevölkerung d e r Insel zugru nde ging9, da a u f ih r,
a ls in den 80er Ja h re n d es 7. Jhd s. d e r b y z a n tin isc h e Admiral S lsinnios
h ie r zw isch enlan dete, s e i t vielen J a h r e n kein Leben mehr war (Waldmüller
1976, 343). Man is t an ä h n lich e Vorgänge a u f Imbros, e in e r a n d eren Insel
d e s ä g äisc h en Meeres, e r in n e r t (Vgl. Fehmarn).
Ä hn lichkeiten zw ischen dem ä g äisc h en S k ia th o s und dem pommerschen
S t e t t i n ergeben sich a u s d e r Lage b eider am Meer und den ä u ß e r s t g ü n s t i -
gen Bedingungen fü r H afenaniagen. Dafür, daß d as Toponym S t e ttin von
S lav en a u s dem Griechischen übernommen worden 1st. sp re ch e n w e n ig sten s
zwei w eitere Argumente. Insbesondere is t dabei die d urch die V ita O ttos
von Bamberg fü r S te ttin bezeugte V erehrung d e s Götzen T rig la v in B e -
t r a c h t zu ziehen (Kahl 1964, R egister), da d ie s e r Name ganz gewiß keine
4 Zur G eschichte weiter: C. Fredrich: S kiatho s und Pepareth os. In: M ittei־
lungen des k aiserl. d e u tsc h . Archäologischen I n s titu ts . A then isch e A b -
tellu n g . A then 1906. 99 ff.; Pauly RE II. Reihe, 5. Hbbd., 1927, 520 f.:
Fredrich; Philippson. K irsten IV, 41 ff.; Kl. P au ly V, 228.
9 Vgl. V izantiski Izvori z a Istoriju Naroda J u g o s l a v i e . Beograd I, 1965,
215, Anm. 64.
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a u to c h th o n e sla v is c h e Bildung, sondern e in e L e h n ü b e rse tz u n g von Tpeîç xs-
paAat d a r s t e l l t und durch S laven in den Norden v e r p f l a n z t worden is t. Das
a n d e re Argum ent, das e in e Zuwanderung von S la v e n a u s dem g riech isch en
S p ra ch k re is nach Pommern w ahrscheinlich m acht. 1st' die fü r S t e t t i n n a c h -
gew iesene b u rg s tä d tis c h e Volksversammlung des v eč e (Zernack 233 ff.),
d a s. wie an a n d e re r S te lle d arg eleg t wird (K unstm ann l 1988), e in e n g r i e -
c h isch e n v e rf a ss u n g sg e sc h ic h tlic h e n H intergru nd h a t .
Problem atisch i s t der Name d e r rund 95 km südlich von S t e t t i n g e le -
gen en S t a d t K üstrin, h e u te poln. K ostrzyn. Der f r ü h m itte la lte r lic h e S ie d e l-
p la tz lag an w ichtiger s tr a te g is c h e r S te lle an d e r Mündung d e r Warthe in
die Oder. Die frühesten* wenngleich reichlich spät e in s e tz e n d e n Belege
d ie s e s Toponyms sind zu 1234 terra C u sterin und zu 1249 K osterin. Unklar
is t, ob dam it auch die ONn K ü strin c h en . Kr. Templin. am K ü s tr in -S e e
(1320 prope villam C osteryn ja c e t stagnum C osteryn) und ein w üst g e f a lle -
nes • K o ste rin e k , 'K o s tr in e k (1345 in S la v ic a iis v illa K u strin k in ) la u tlic h
Zusammenhängen*. W ahrscheinlich g e h ö rt zum fra g lic h e n ON-Typ a b e r poln.
K ostrzyA ln d e r Wojewodschaft Poznań (vordem G nesen). d a s s e i t dem 12.
Jh d . b e k a n n te d e u ts c h e K o strsc h in : 1191 in C o strin e n si p r o v in c ia ; 1257
C o strin 7. Die H erkunft von K ü strin , K o strzy n u n d v e rw a n d te r Bildungen
wird im allgem einen mit dem s la v is c h e n P fla n ze n n am en ״k o sté rb (Bern״
e k e r I. 583 f.) oder • k o ste r a (T rautm ann II, 49 f.) ,T re s p e r ’. v e re in z e lt
a u c h mit dem PN K ostrza (Rymut 1980, 115 f.) in V erbindung g e b ra ch t.
• ko sterb , ״k o s tb r ך mk o s t r - t poln. k o stra , k o s tr z y c a dial. *Hanf u .a., os.
(ns.) k o strja w a , ko stra w a, kosćerw a, k o sterw ja 'Trespe* i s t l a u t B erneker
e in e A bleitun g von k o stb mit den gem einsam en G ru n d b e d eu tu n g en 'spitz,
spitzig; stru p p ig , z o tte lig '. Im Blick a u f den Namen K ü strin können alle
d ie se B edeutungen n ic h t ab so n d erlich befriedigen.
Den u rsp rü n g lic h e n Kern K üstrins b ild e te e in e h e u te u n a u ffin d b a re
Burg a u f e in e r Insel. Aufgabe d ie se r Burg war es, ein en m ilitä risc h und
w irts c h a ftlic h w ichtigen K n otenp unk t von W asserwegen und L a n d s tra ß e n
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9. C o l b e r g . K o l b e r g . K o ł o b r z e g
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2 Nach T rau tm a n n II, 115; SiowStarSiow II, 445: Zagórski; Rymut 1980, 112.
3 A bgesehen wird h ie r von D eutungen wie sie z.B. W. Griebenow: Der Name
Kolberg. In: Unser Pommernland 9, 1924, 239 f., gab. der fü r ein a l t -
germ. k o l (zu Quelle) p läd ierte ; u n g lau b w ü rd ig i s t au ch S taszew ski
148 f., d e r u n te r Berufung a u f M. Rudnicki (wo?) b e h a u p te t. Kołobrzeg
sei so v iel wie brzeg z kołem, drągiem , was a u f ein von pommerschen
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S laven b e trie b e n e s S ig n a l- und W arnsystem hinw
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10. D e r N am e d e r K a s c h u b e n
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kunft der Polen®. Wenn, wie vermutet, der namengebende (Teil)Stamm der
Polen, die O polini des Geographus B avarus, a u s dem Umfeld d e r in d e r A n -
tik e berü hm ten H a fe n s ta d t 'AicoAAwvia d e r E p iru s N ova h e r r ü h r t , d a n n k a n n
ו
es e ig e n tlic h n ic h t ü b e rra sc h e n , die Wurzel d es K a s c h u b e n -N a m e n s n u r 100
km sü d lic h von Apollonia in d e r Epirus V e tu s fr e ig e le g t zu h a b e n .
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11. D r e v a n i . D erevLjane. D e r v a n u s .
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n ehm en4. Einen g uten D ienst bei der L okalisierung kann d e r illy risc h e ON
A n d e rv a le iste n , da e r gew isserm aßen ein Oppositum zu Derva d a r s t e l lt -
vgl. dazu idg. 'a n a - ,in Richtung auf, e n tla n g ' (Schramm 1981, 316) - u nd
so v iel wie ,g egenüber Derva* (Krähe 1925, 79) b e d e u te t. A n d e rv a , A nderb a,
a u c h A n darba , schon zur Römerzeit u n t e r diesen Namen b e k a n n t, i s t I d e n -
tis c h m it dem h e u tig en NiJcšič in Montenegro. A nderba , also im süd lich en
Teil von Dalmatien gelegen, war K astell an der s tr a te g is c h w ichtigen S t r a -
ße von Narona nach Scodra (Pauly RE 2. Hbbd. 1894, Sp. 2122 f.: T o m a-
schek).
Dafür, daß die o s ts la v is c h e n D erevijane vom Balkan zugew andert w a -
ren, sp rechen a u ß e r der N am ensgieichheit mit den illy risch en D ervani a b e r
a u c h a n d e re F a k to ren . Die D erevijane g ren z ten , wie b e k an n t. Im Westen a n
die B użane. einen e rstm a ls vom Geographus B avarus, dann wieder von d e r
PVL e rw äh n ten sla v isc h e n Stamm, dessen Name sich n ic h t u nb ed in g t von
dem Hydronym Bug h e r le ite t, sondern eb en falls a u f illyrische Elemente z u -
rü c k g e fü h rt werden k ann (Kunstmann 11985, 239 f.). Auch der w o lh y n isc h -
polnische ON Bełz (< illy r. *Buls u.a., ebda. 240 f.), d e r ru ss is c h e bzw.
polnische ON D okśicy, D okszyce (ebda. 245 ff.) und der ru ss . ON Могугь
(ebda. 242) p läd ieren fü r b a lk a n sp ra ch lic h e Grundlagen. Schließlich v e r -
w eist d e r Name d e r Region Wolhynien s e lb s t, der ja die D erevijane z u g e -
wiesen werden, mit großer W ahrscheinlichkeit a u f d a s s ü d i l ly r i s c h - n e u e p i -
ro tis c h e Toponym АѵіЛшѵа bzw. Vaiona (ebda. 257 ff.). Alles das zusammen
l ä ß t die Vermutung e in e r Zuwanderung d e r o s ts la v is c h e n D erevljane vom
Balkan gewiß n ic h t u n b e g rü n d e t e rsch e in en .
Die hier v e rtr e te n e T hese, nach welcher die p o lab e slav isc h en D revani
und die o stsla v is c h e n D erevljane ihre Namen n ic h t u rsla v . • dervo, sondern
illyrischem ed e r v - v e rd a n k en , wird durch eine d e r ä lte s te n Benennungen
e in e s s la v is c h e n G e n tila risto k ra te n , durch F re d eg a rs zu 631/32 g e n a n n te n
D erva n u s d ux g e n te Surbiorum 5 w eiter g e s tü tz t. D ervanus, im allgem einen
als PN b e u rte ilt, wird von Schlim pert (1978, 213) zu den K u rz- und Z u n a -
men g e s te llt. Die T a tsa c h e jedoch, daß d e r ״Name" a b so lu t sin g u lä r 1st und
4 Wilkes 1969, 170, der die Derbani m it den D euri id e n tifiz ie rt, m eint,
ih re Sitze se ien im oberen Tal der Vrba zu su c h e n , südlich d e r bei Jajce
beginnenden Schlucht (Region Bugojno und Gornij Vakuf); l a u t Wilkes
e n t s p r i c h t d ie se L o k alisieru n g A ppians E rw ähn ung d e r D erbani a ls
Nachbarn der Delmatae.
* A uf einem D ruckv erseh en b e ru h t bei Schlim pert 1978, 213, die Angabe
931/32; außerdem wird h ie r dreimal D eruanus g eschrieben, während die
F re d e g a r-E d itio n von Krusch ein d eu tig D ervanus hHeinrich
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v e d e r v o r noch n a c h F r e d e g a r jem a ls w ie d er b e g e g n e t (ebda. 38 u nd b e -
so n d e rs 214), s p r i c h t ü b e rz e u g e n d d a fü r, d a ß D e rv a n u s eb en k ein P e rso ״
nennam e, so n d e rn v ie lm e h r e in e H e r k u n fts b e z e ic h n u n g is t, die n u r zu ih r e r
E n ts te h u n g s z e it u n d a u f i h r e n T rä g e r bezogen von B edeutung war, m it dem
V e rlu s t des W issens a b e r v o n i h r e r H e rk u n ft u n te r g in g . F re d eg a rs D erva n u s
d u x d r ü c k t n ic h t, wie u r s p r ü n g lic h v e r m u te t (K u n stm a n n 1980), die B e d eu -
tu n g von • dervbA b d u x ,s e n i o r d u x ' a u s, s o n d e rn b e z e ic h n e t mit Hilfe des
la te in is c h e n Z u g e h ö r ig k e its s u f fix e s - â n u s - R om ānus, u rb a n u s - die Her*
k u n f t e in e s s l a v is c h e n G e n t il a r i s t o k r a te n eb en a u s D erva/D erba. B e k a n n t -
lieh d ie n te d ie s e s S uffix z u r B ezeichnung von E th n ik a o der B ürgern und
Bewohnern von O rten: A J b -â n u s , T u s c u l- ā n u s . T r o i- ã n u s usf. E n ts c h e id e n d
a b e r ist, daß F r e d e g a rs D e rv a n u s a ls s l a v i s c h e r E igennam e k e in e n r e c h te n
Sinn erg ib t, d a j a doch d i e s e r S ta m m e sfü rst kaum ,H ölzerner' oder ,Baum׳-
F ü r s t g e h eiß en h a b e n d ü r f t e . A u sg esp ro ch e n s in n v o l l i s t es d ageg en. D er-
v a n u s a ls B ezeichn ung für die H e rk u n ft d ie s e s S o r b e n - F ü r s te n aus der
Gegend von D erva zu v e r s t e h e n , w as im ü b rig e n v o rz ü g lic h mit d e r B eob-
a c h tu n g ü b e re in stim m t, nach w elch er T eile der m itte ld e u ts c h e n S o rb en /
S erben a u s D alm atien gekommen sin d (vgl. 187f.).
Die O berlegungen über die o s ts l a v is c h e n D e re v lja n e und die H er-
k u n fts b e z e ic h n u n g D e rv a n u s legen le tz tlic h den S c h lu ß n a h e , d aß a u c h d a s
p o la b e s la v is c h e E th non ym D re v a n i u rsp r ü n g lic h k e in F o re s tis - N a m e war,
so n d e rn die H e rk u n ft d i e s e r S la v e n au s D erva in D alm atien a u s d rü c k te .
91
12. O t t o s d e s G r o ß e n m a r c a L lp â n i.
92
III. 62: Urbańczyk). Das Etymon lipa s c h e in t zudem durch den Namen der
D in g s tä tte ״z u r Linden" im G ro ß -B ie d e rste d te r Holz, Kreis Salzwedel, b e -
s t ä t i g t zu w erden1. A llerdings liegt die M a ls tä tte a u ß e rh a lb des für die
m arca L ip âni a n z u s e tz e n d e n G ebietes (Steinberg 1962, 277), au ch d ü r f te
e in e so allgem eine B ezeichnung des O rtes oder vielm ehr des Baumes, an
dem das Recht vollzogen wird, kein ganz s ic h e re r A n h a lts p u n k t fü r die
Bestimmung des fra g lic h e n sla v isc h e n S ie d elg eb ie te s sein.
Es wäre nämlich d e n k b a r, daß die marca Lipâni ihren Namen gar
n ic h t dem s la v is c h e n Baumnamen lipa v e rd a n k t, sondern a u f Ulpiana. At-
1£ זtoy < OuXrcLcxva, den Namen e in e r b erüh m ten a lt e n S ta d t im D a rd an e rla n d
z u rü c k g e h t. A n tikes Ulpiana wurde im S erb isch en zu L ip ija n , d as h e iß t
s t a t t d e r reg e lg e re c h te n Umwandlung von u i - in 1 bzw. 1ь t r a t v o l k s e t y -
mologische A nlehnung an sla v . lipa ein (Mayer I, 349; Popovič 1960, 109).
Ulpiana w ar ln röm ischer Zeit eine d e r w ic h tig ste n Burgen im Inneren d e r
B a lk a n h alb in se l und eine d e r größeren S tä d te an d e r S tra ß e T h e s sa lo n ik i ־
Sirmium bzw. von R a tia ria ü ber N aissus nach L issus (w eiter Pauly RE 2.
Reihe, 17. Hbbd., 1961, 564 ff.: B. Saria). Während d e r V ö lk e rw a n d e ru n g s-
z e i t wurde Ulpiana v e r n ic h te t, doch von K aiser lu s tln ia n I. w ieder e r r i c h -
t e t und m it dem neuen Namen lu s tin ia n a S ecunda b edacht. Die a lte B e -
Zeichnung Ulpiana erw ies sich a llerd in g s a ls b e stä n d ig e r, denn u n t e r dem
a l t - n e u e n Namen Lipijan e n ts ta n d s p ä t e r in d e r Nähe des römischen c a -
ste llu m an d e r S itn ica, a lso a u f dem h e u tig e n K osovo Poije eine se rb is c h e
Burg, die d a n k ih re r Lage an der Grenze zw ischen Serbien und Byzanz
große m ilitä risc h e und w irts c h a ftlic h e B edeutung e rla n g te 2.
Es l ä ß t sich freilich v o r e r s t n ic h t bew eisen, d aß d e r Name d e r marca
L ip â n i a u f an tik em Ulpiana bzw. d e sse n s l a v is c h e r A daption Lipijan b e ru h t,
doch i s t d iese V erm utung auch n ic h t r e s tlo s u n b e g rü n d e t, da die Namen
j e n e r se c h s Dörfer in O tto s d. Gr. Urkunde a lle s a m t ־mit Ausnahm e v i e l -
le ic h t von Liubem e - n ic h t g erade s la v is c h aussehen. Man h a t b e r e its
v e rs c h ie d e n e V ersuche unternom m en, d iese Namen zu etym ologisieren; d e r
1 So schon F. Kühns 1865, II. 55, Anm.114; S chultze, J., 1957, 92 f.;
SlowStarSlow III, 62: Labuda.
2 Jire će k 1911, I, 239; UroSevič. A., 1 9 5 3 -4 ; SlowStarSlow III, 62: Kowa-
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l e t z t e und se riö se s te stam m t von Ruth Steinberg bzw. d eren lin g u is tis c h e r
B e ra te rin Lore Baumert. Auch wenn h ie r n ic h t v e r s u c h t werden soll, die
H e rk u n ft der sechs O rtsnam en n ä h e r zu bestimmen, so seien doch g e g e n -
Ober den bisherigen In te rp re ta tio n e n einige abw eichende eigene O b e rle g u n -
gen z u r D eb atte g e ste llt.
Der ON Tuici etw a, den S teinberg zu sla v . tu le c *kleiner Köcher'
s t e l l t , k a n n sich ebensogut, wenn n ic h t sogar b e sse r, a u f illyrisch t a u l-
b eziehen und dem Namen d e r berühm ten T a u la n tii mit ihrem König TavAocç
n a h e s te h e n (Krähe 1925, 38 f.). Die 2. Silbe von Tulci i s t ohne Frage a ls
p lu ra l. Suffix - b e i zu v e rs te h e n , so d a ß sich die Form ״Тиіьсі e rs c h lie ß e n
l ä ß t , was soviel wie ,L eute aus dem (ehem aligen) T aulantier-R eich* b e s a -
gen kö n n te. Im gegebenen Zusammenhang kann a b e r außerdem d e r für D a l-
m atien o ft belegte römische Name k e ltis c h e r Provenienz T u liu s in B e tra c h t
gezogen werden (Alföldy 1969, 314; Holder II, 1982. 1984: T u ilu s). ־
K âzina, ein w e ite rer ON d e r marca Lipâni, kann unmöglich zu p o lab e slav .
ka ró *gerodete Stelle* g e s e tz t werden (Steinberg). Weit mehr käme d e r f ü r
Salona belegte PN Casinia (Alföldy 73) in Frage, d e r gewiß a u f röm ische
Fam ilien zurückg eh t, die im 1. Jhd. n. Chr. a u s Casinum nach Salona z u g e -
w a n d ert sind (Wilkes 1969. 232, Anm. 1). Noch b e s s e r ließe sich Kâzina a b e r
mit dem griech. PN KaCívaç *der Glänzende, A usgezeichnete' in V erbindung
bringen. - Der Dorfname K linizua, den S teinb erg zu sla v . k lin e c 'k le in e r
Keil' s t e l l t , h ä n g t möglicherweise mit griech. xXetvóç ,berühm t, g e p rie se n '
zusammen, vgl. dazu auch den PN КЯвіі/íaç. - F raglich is t fern er, ob d e r
ON K ribci mit slav. кгіѵъ ,krumm' zu tu n h a t. V ielleicht i s t h ie r e h er a n
das m itte la lte rlic h e Z u p an a t Krbava Östlich der Lika zu denken, das se in e n
Namen angeblich dem u n te rird is c h e n Fluß K rbava v e rd a n k t (Dickenmann
*1966, I, 197) und a u f 9k fv a v b *blutig' beru h en soll. Bei K o n sta n tin o s
Porphyr, h e iß t das 2 u p a n a t Kpißaaa (SiowStarSiow II. 514: F. Sławski и.
V. F rančič). Nicht a u sgesch lo ssen werden kann w eiter, daß der Dorfname
K ribci, d e r zweifellos wieder das Formans - ьсі e n h ä lt, außerdem B e ta z is -
mus v> b a u fw eist und irgendwie mit dem etym ologisch eb en falls noch
du nklen Stammesnamen der ru ssisch e n K rivičl zu t u n hat.
Wenn es gelingen so llte , einige d e r frag lich en sechs O rtsnam en e t y -
moiogisch mit b a lk a n sp ra ch lic h e n Toponymen in Verbindung zu brin g en ,
würde die W ahrscheinlichkeit, daß d e r Name L ipâni n ic h t a u f lip a, so n d e rn
dem a n tik e n S tadtnam en ülpiana b e ru h t, k o n k rete K onturen bekommen.
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13. B e l e s e m ln d e r A ltm a rk
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14. M u r i z z i u n d M o r i z a n i
1 B rüske 1983. 192 f. Zur G esch ichte der M urizzi a u sfü h rlic h Labuda ln
SiowStarSiow III, 301 ff.; auß erdem Dralle 1981. Reg.. sowie Herrmann, J..
1985, Reg.
2 D ieser A u ffa ssu n g s t e h t Kahl 1964, 106 f., sk e p tis c h gegenüber. Zur L o -
k a lis ie r u n g w e ite r H eßler 34 ff.
נNach T ra u tm a n n 1950, 108, und Udolph 1979, 216. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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d e n e n G rün den. F e s t z u h a l t e n is t, d a ß die o t to n i s c h e U rkunde f ü r H avelberg
m it M u rizzi - g e n a u wie b e i Z em zizi, L ie z iz i u n d N ie iitiz i - e in e n s l a v i -
s e h e n Nom. P lu ra lis ■M orici < *Могьсі (Nom. Sg. • М огьсь) w iedergibt, was
!
b e s a g t, d a ß M u rizzi n i c h t g u t von יM orica, s o n d e r n v ie lm e h r von *Mora,
*Mura o d e r eMuora g e b il d e t worden is t. Der Stam m esnam e M urizzi, w äre er
von *Morica a b g e l e i t e t , h ä t t e s o n s t *М огісьсі o d e r ä h n lic h e s ergeben.
A n d e rs v e r h ä l t e s s i c h m it dem n o r d d e u ts c h e n FIN M üritz, der, wie
a llg em e in angenom m en, f r a g lo s a u f *Morica z u rü c k g e h t, doch i s t dabei auch
zu b e d e n k e n , d a ß * - ic a e in D e m in u tiv su ffix is t, d a s m eist k le in e r e N e b en -
f lö s s e b e z e ic h n e t, vgl. K upica u n d Kupa, Sa vic a u n d S a va o der D rinica und
D rin a (D ickenm ann 1966, I, 30). G enau so v e rh ä lt es sich im Fall der
M ura, d ts c h . Mur, (454 km), einem li. N e b e n flu ß d e r m ittle re n Drau, und
der s lo v e n is c h e n M urica, d ts c h . Mürz. (98 km)4. Vor diesem H intergrund
wird es n u n w a h r s c h e in lic h , d a ß die n o r d d e u ts c h e n M urizzi S la v e n gewesen
zu s e i n s c h e in e n , die a u s dem G ebiet d e r p a n n o n is c h e n Mura kamen und
sich fo lg e ric h tig ״M orici, *M uorici n a n n te n , w ä h re n d sie die h e u tig e M üritz,
nach w elch er a u c h d e r M ü ritzse e s e in e n Namen h a t , a ls ,k le in e Mur' =
״M orica b e z e ic h n e te n .
Die v e r h ä ltn is m ä ß ig f r ü h e in s e t z e n d e n Belege fü r die M orizani zeigen,
d a ß d ie s e r Name von d e r M itte d es 9. b is an d a s Ende d es 12. Jh d s . u r -
k u n d lic h g u t v e r t r e t e n i s t . Die V ie lfa lt d e r S c h re ib w e ise n l ä ß t a b e r auch
e rk e n n e n , w elche S c h w ie rig k e ite n e r s e in e n S c h re ib e rn v e r u r s a c h t hat:
M itte 9. Jh d . M orizani (Geogr. Bav.); 937 M o rtsa n i (DO I, 14); 948
M oraciani (DO I, 105); 965 M oresceni (DO I, 298); 975 M rozini (DO
II. 115); 992 M orazena (DO III. 106); 995 M orozini (DO III, 171);
995 M orazani (DO III, 180); zu 1007 M orezini (T h ietm ar); 1011
M rozani (DH II. 237); 1114 M orschene (Reg. Magd. I, 910); 1161,
1188 M oraciani (DH Anh. I, 460, 656)9.
U n g e k lä rt b lieb b is la n g d ie F rage, ob zu d en M orizani au ch die Bewohner
e in ig e r b e n a c h b a r t e r D ö rfer g e h ö rte n , d e re n Namen e in e g ew isse Ä h n lic h -
k e it m it dem fra g lic h e n E thnonym s u g g e r ie r e n . Gem eint sin d die Orte
105
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d ie s e A n s ic h te n von e in e r e in sc h lä g ig e n A rb e it E lc h le rs (1956) a u s, in
w e lc h e r M ezum roka a ls S u m p fg e b ie t oder a b e r a ls Z w ischen ־bzw. G renz-
la n d e rk lä rt wird, da das 2. Glied, also m roka, ^auch au s ahd. marca
״G re n ze ' e n t s t a n d e n s e in k ö n n e 7. M ezumroka e n t s p r i c h t n u n jedoch a u f f a l -
le n d g e n a u dem Namen j e n e s k r o a t i s c h - s l a v o n i s c h e n Z w ischenstrom landes,
d a s k r o a t . - k a j k . M edlm orje, Stok. Medumurje h e i ß t u n d d a s Land zwischen
Mur und D rau b e z e ic h n e t (Skok 1 9 7 1 -4 , II, 399). In la te in is c h e n Denkm ä-
l e r n wird d ie s e s Land In s u la M uro-D ravana, im U n g arisch en (D râ v a -)M u ra -
k ö z (mit p o s tp o s . köz = in te r ) und im D eu tsch en M urinsel g e n a n n t. Die
E th n ik a - B ild u n g e n von d iesem k ro a tis c h e n G ebietsnam en sind kajk. M edi-
m orec (m.), M edim orka (f.) u nd Stok. M edumurac (m.), M edumurka (f.). Daß
dem e lb is c h e n L a n d s c h a fts n a m e n M ezumroka die fem ininen Formen M edimor-
ka oder M edum urka z u g ru n d e lie g e n , ist v ie lle ic h t n ic h t ganz so w a h r -
s c h e in lic h wie die A nnahm e, d a ß d as zw eite Glied die Deminutivform M ur־
ka. Morka von FIN Mura, a lso d e r Mur is t. D e m in u tiv isch e s Murka ,k lein e
Mur' i s t a n a lo g g e b ild e t w ie z.B. d râ v k a zu D rava (Skok II, 486)e. M ezum -
ro k a a n d e r Eibe k a n n dem n ach ein noch an die a l t e p an n o n isch e Zwi-
sc h e n s ta tio n d e r S la v e n e r i n n e r n d e r Name se in , der, frei ü b e rs e tz t und
d ts c h . S p ra c h g e b ra u c h fo lg en d , so v ie l wie 'k le in e Murinsel* zu b e d eu ten
sc h ein t.
Wie d ie h i s t o r is c h e n Vorgänge des 6. Jh d s . n. Chr. zeigen, war die
P a n n o n ia se cu n d a , a lso d a s G ebiet zw ischen d e n F lö s s e n Drau und Save,
im Blick a u f die W anderung u n d land nehm end e E xp an sio n der Slaven von
e m in e n te r B e d eu tu n g . Schon im H erbst 567 h a b e n archäologischem Befund
z u fo lg e d e r g ro ß e A w a re n - K h a n Bajan und s e in Heer h ie r g e h a u s t (Bòna
1971, 289). Da die w ä h re n d d es 6. und 7. J h d s . in den M u r-D ra u -D o n a u -
Raum e in g e s i c k e r te n S la v e n die H ilfsvölker d e r Awaren å az av aro k s e -
g é d n é p e i (Bòna 1984, 1,1, 318) ־gew esen zu s e in s c h e in e n , kann wohl d a -
v o n a u s g e g a n g e n w erden, d a ß S laven u n t e r dem Druck d e r Awaren gegen
E nde des 6. J h d s . d ie s e s G ebiet w ieder v e r l a s s e n h a b e n . Wie b e k a n n t e r -
r e i c h te n noch v o r 580 d ie e rsten vom B alkan v o rs to ß e n d e n S laven das
M urtal und d a s ö s tlic h e K ä rn te n ; au ch von ih n e n k ö n n e n sich Teile nach
Norden a b g e s e t z t h a b e n . F ü r e in e frü h e s la v is c h e B esiedlung d e r Region an
7 M ezum roka wird v o n E ic h le r u n d Witkowski (J. H errm ann 1974, 10) als
Jü n g e re s l a v is c h e L a n d s c h a fts b e z e ic h n u n g v e r s ta n d e n .
8 M urka i s t a u ß e rd e m d ie B ezeichnung fü r ein k leHeinrich in e reKunstmann a u f der Mur
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16. D o x a n i . D a s s i a . D o s s e
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Schw ierigkeiten s tö ß t.
ג E rst re c h t wird dam it V asm ers Deutung u n a n n eh m b ar, d e r 1933, ohne
d e ta il l ie r t a u f die P rob lem atik einzugehen, den Namen der Dosse
Heinrich Kunstmann zu ahd.
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16. L i e z i z i u n d L e s a n e
Die S itze des w e letìsch e n Kleinstammes der L ie zizi werden von Heßler
(1957, 38 f.) a n d e r u n te r e n Havel und im Elbwinkel v e rm u tet. Vor Heßler
u n te r s c h ie d B ö ttger (1876, 85, 98) a u f Grund d e r S c h re ib v a ria n te n L ie zizi
und L ig zic e zwei v e rs c h ie d e n e Stämme, die e r w e ite r südlich in d e r Nähe
d e r L a u s itz e r s u c h te . Die Urkunde DO I, 76 von 946 m acht jedoch w a h r -
sc h e in lic h , daß in d e r a u f die Zem zizi folgenden pro vin cia L ie zizi H a v e l-
b e rg e r G ru n d b e sitz gelegen h a t. Die Schw ierigkeiten beginnen n ic h t e r s t
mit d e r L o k alisieru n g d ie s e s s la v is c h e n K leinverbandes, son dern schon m it
d e r T ra d le ru n g se in e s Namens, d e r in se in en ä lt e s te n N otierungen s e h r
u n te r s c h ie d lic h e Bildungen au fw eist:
937 in M ortsani e t L ig zice e t Heueidon (DO I, 14: 937 IX 21);
L ig zic ze (DO I. 16: 937 X I I ); 946 (p ro v in c ia ) L ie zizi (DO I, 76:
946 V 9); zu 1008/9 L iz z iz i (nach SlowStarSlow III, 45: G. Labuda);
außerdem : L isic i, L ic zici1.
Dieses b e sc h e id e n e M aterial e n th ä lt eine Reihe von R ätseln, voran die
Frage, ob L ie zizi und L igzice ü b e rh a u p t ein und d enselben Stamm meinen.
Von den g e o g ra p h isc h en A ngaben d e r Belege h e r g eseh en , s p r ic h t n a tü r lic h
v ie le s d a fü r , d a ß d ies so is t. A n d e re rs e its ü b e rr a s c h t doch die S c h reib w e i-
se m it - g - in L ig zice und L ig zicze. H andelt es sich dabei um ein en re in
o r th o g r a p h is c h e n Prozeß, bei welchem v ie lle ic h t g fü r J(i) s te h t? Bis z u r
K lärung d ie s e s Problems i s t es g e ra te n , sich an die weniger kom plizierten
Formen L ie z iz i o der L iz zizi zu h a lte n .
A ußer A. Brückner, d e r in den L ie zizi Nachkommen e in e s Us *Fuchs'
s i e h t (B rückner 1879, 2, Anm. 5), h a t man sich o ffen b a r fü r die Etymologie
d ie s e s Namens n ic h t s e h r i n t e r e s s i e r t , was v ie lle ic h t mit der n ic h t b e s o n -
d ers h e rv o r s te c h e n d e n Rolle d ieses sla v isc h e n V erbandes in d e r G eschichte
zu e r k lä r e n ist.
Die Belege, sow eit sie ü b e rh a u p t in B e tra c h t zu ziehen sind, legen
den S chlu ß n a h e, daß d e r fra g lic h e Stammesname a u s der Wurzel * L is- und
dem s la v is c h e n Suffix - i c i < ш- ь с і b e s te h t. Da a s ä . / ö fte r auch einem
ahd. e g e g e n ü b e rs te h t, k a n n h i n te r L ie z - eb en falls 9L e s - v e rm u te t werden,
116
so d a ß s ic h f ü r L ie z iz i n e b e n ■U s ic i e b e n so g u t •L e sic i le s e n lä ß t. Von
e n ts c h e id e n d e r B e d eu tu n g i s t w ieder einm al die Frage, w elchen s la v is c h e n
Laut h ie r s(z) v e rtritt. Mit g ro ß e r W a h rsc h ein lic h k e it d a r f angenommen
w e rd en , d a ß d a s E th n o n y m ■L išic i oder eben • L e śic i g e l a u t e t h a t, und zwar
d e s h a lb , weil sowohl s h ä u fig E r s a tz f ü r S is t, a ls au ch die Kombination s i
(5ь, s j) im S la v is c h e n zu Š f ü h r t . Doch dam it l ä ß t sich a u c h b e re its e r r a -
t e n , was u n t e r *L išici o d e r ״L e šic i zu v e r s te h e n is t, näm lich ,L e u t e von
Lissus'. Es g e h t so m it um je n e a n tik e S t a d t sü d lic h von Scodra, die
h e u t e se rb . IJē š, a ib a n . L e sh , L e zh ë und ita l. A le s s io h e iß t. Im Blick a u f
die h i e r z u r D e b a tte g e s t e l l t e D u b le tte 9U š i c i / / 9L e šic i i s t zu sagen, daß
d a s S ch w anken zw isch en i und e in den m itte ld e u ts c h e n Formen auch a u f
die a n t i k e D u b le tte L i s s - / / L e s s - z u rü c k g eh e n k a n n . Die p ro to ty p isc h e V a -
rian te L is s -//L e s s - sp ie g elt e in e n r e g e lg e re c h te n ro m an isch en Übergang
w id e r (M ayer 1 9 5 7 -9 , I, 212; Schramm 1981, 284 f.), w as b e sa g t, daß L is s -
die a n t i k e u n d ä lt e r e . L e s s ־hingegen die jü n g e re , rom anische, v ie lle ic h t
v u l g ä r l a t e i n i s c h e V a r ia n te d a r s t e l l t . D em entsprechend l a u t e n die a d j e k t ī v i -
sie rte n Formen L issiu m u n d L essiu m (Popovié I96 0, 110). Möglicherweise
e r k l ä r e n sic h a u s L e ssiu m die s la v is c h e n Formen LëSb u.a. sowie a l b a n i -
sches L e sh usf. (Weigand 1927, 240; Schramm 1981, 2 8 5 )2. Der D u b lette
U s s iu m //L e s s iu m lie g t d e r näm lich e rom anische L a u tw a n d e l wie in S irm i-
u m //S e rm iu m (vgl. S. 137 f.) zu g ru n d e .
An d e r P e e n e -M ü n d u n g g e g e n ü b e r d e r In sel Usedom lo k a lis ie rt man
d a s e b e n f a lls k le in e w estp om m ersche E thnikon d e r ״L ēša rte: 1136 Lesane;
1216 L essa n ; 1177 L e s s a z (= Lok. Pl.); 1194 L issa n i; 1230 L assan (h. L a s -
sa A n )3. Man d e u t e t 9L ē ša n e 'W aldleute' a u s s la v is c h 9lë s b + Suffix -ja -
п іп ъ , was m.E. a b e r d u r c h a u s n ic h t so s ic h e r is t, d a man sich bei dem A l-
l e r w e lts w o rt 9lë s b ,Wald' e in w e se n tlic h h ä u fig e re s Vorkommen dieses F o r e -
s t i s n a m e n s e rw a r te t. Ü b erdies k ö n n te d e r Beleg L is sa n i (1194) mit i als
W urzelvokal m it dem o b e n a n g e sp ro c h e n e n Schw ank en zw ischen ״L išici und
״L e š ic i zu tu n h a b en . Der Name d e r w estpom m erschen ״L ēša n e ließe sich
o h n e S c h w ie rig k e ite n a u f d en a n tik e n S ta d tn a m e n L e s s u s o d e r L essium z u
117
120
m öglicherw eise z u tr if f t.
* An ru s s is c h e n B eispielen vgl. V obiovica, Fluß u n w e it d. Vjatka, Kr. S lo -
bod sk, G. V jatka; V oblovka, O blovka, r. Nbfl. d. Ilovec, D esna-B ass., G.
Smolensk; Voblja. r. Nbfl. d. Oka, Kr. Zarajsk, G. Rjazan' (WdRG I, 329).
V ie lle ic h t g e h ö rt h ie r h e r a u c h d e r Typ Vobolb, Fluß im Kr. Ponevež, G.
K aun as, wo außerdem d e r ON ѴоЬоіьпікі (PI.) vorkommt. L aut L u d at
(1936). d e r sich a u f eine A u s k u n ft E. Dickenmanns b e ru ft, 1st d e r N a -
m en ty p Vobla, Vobiica a u c h a u f südslavisch em Gebiet a n z u tre ffe n , vgl.
d e n ON Obla Brda, Kr. S a ra je v o (L udat 1969, 21, Anm. Heinrich29).
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7 L a u t L okotsch 1975, 12, g e h t auch rum än. avJie ,Park* a u f osm an. a v ly
zurück.
8 Der Begriff sc h lu g sich au ßerdem in v e rs c h ie d e n e n Toponymen n ied e r:
АиЯл = a. O rt in A rk a d ie n , b. K astell a u f d e r S ü d s e ite d es Haimos;
v ie lle ic h t g e h ö rt h ie r h e r au ch АиЛасоѵ reixoç a ls O rt in T h ra k ie n am
Pontos (P au ly RE IV. Hbbd. 1896. 2401).
9 A u s fü h rlic h e r d a r ü b e r in K unstm ann 11988 K a p ite l 2: ״Die s o g e n a n n te n
Stämme d e r O s ts la v e n " . Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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18. A n h a i t i s c h e s Z e r b s t
H in ter den f r ü h e s te n Belegen des Toponyms Z erbst verb ergen sich zwei B e -
g riffe, d e r Name des aus einem Burgward herv orgeg an genen H a u p to rte s
( urb s) sowie die Bezeichnung des gleichnam igen Gaues (p ro v in cia , terra )
(H eßler 1957, 33 f.). Auch wenn sich kaum mehr m it S ich erh eit f e s t s t e l le n
la s s e n wird, wer von beiden der nam engebende T eil gewesen ist, wird man
v e rm u te n dürfen, daß der Name von einem Punkt, von einem e r s te n S i e -
d e lp la tz ausgegangen is t und sich a u f die L an d sch a ft ü b e rtra g e n h a t. Dies
e n ts p r ic h t im allgem einen den frühen Siedelvorgängen. Die ä lt e s te n u r-
k u n d lic h en Belege für den O r t s - und Gaunamen s e tz e n mit Otto d. Gr. ein,
g e n a u e r g esagt m it der Gründung des Bistums B randenburg 948:
948 d e r u i s t i (DO I. 105) = provincia; 973 K iru isti (DO II, 30);
1003 in te rrito rio Z e rb iste (DH II, 48); 1012/18 Z irw isti (zu 1007:
T h ietm ar VI, 33) = urbs; 1161 C iervisti (CDA I, 460) = provincia;
1188 Z ie rw isti (ebda. 656); 1264 S c erw ist (ebda. II. 289) = t e r r a 1.
Die Beschreibung der Diözese Brandenburg nach Gauen (DO I. 105: 948
X 1) m acht d eutlich , daß sich der Gau C ieru isti zwischen den T e rrito rie n
der sla v is c h e n M o r a c i a n i (vgl. S. 104) und Pioni (SiowStarSiow III, 150:
A. Wçdzki) befunden h a b en muß. Nach e in e r modernen Beschreibung ״e r -
s t r e c k t e sich d a s Siedlungsgebiet südlich von Moraciani an d e r Z e rb s te r
N uthe und an d e r Eibaue (N uthegebiet). Seine Grenzen waren im Norden
und O sten die Flämingwälder, im Süden die Elbe. Im Nordwesten g re n z te
das S iedlungsgebiet an das E h le -Ih le g e b ie t“ (Herrmann, J., 1968, 36). Das
z e n tr a le Gebiet d ieses Gaues muß demnach d e r Raum zwischen Elbe und
Nuthe gewesen sein. Damit k r is ta llis ie r t sich ein Gebiet h e ra u s, das s i e d -
lu n g sg e sc h ic h tlich von besonderem In te re s s e is t. Aus g e rm a n istisc h e r S ich t
(Lasch 1974, 20) h a n d e lt e s sich h ier um das O s ta n h a ltis c h e mit seinem
M ittelpu nkt Zerbst, das als Kolonialland g ilt im Vergleich mit dem W esta n -
h a itis c h e n , das g ro ß en te ils a lt e r d e u ts c h e r Boden war2. Von h is to ris c h e r
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4 Lasch 1974, 9 V Anm. 2, 149, 151; Paul, Moser. Schröble 1975, - 9783954792238
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s ic h t. A llein, d a ß e in e s l a v is c h e Siedlergruppe s ic h a u s g e re c h n e t nach d i e -
sem I n s e k t b e n a n n t h a b e n soll, w irk t e in g e n a rtig , um so mehr, als e in
a n a lo g e s th e r io p h o re s E thnonym fü r M itteleuro pa kaum nachzuw eisen se in
d ü rf te . F ra g lic h i s t f e r n e r , ob die Slaven im 7 . - 8 . Jhd. schon a u f e in e r
z iv ilis a to r is c h e n S tu fe s t a n d e n , die e in e N utzbarm achung von Schildläusen
w a h rsc h e in lic h e r s c h e in e n lä ß t . Auch d e r k u ltu rg e s c h ic h tlic h e H intergrund
s p r ic h t e h e r gegen die Z e rb s te r S c h ild la u s-T h e o rie .
Das N u tz p ro d u k t des In s e k ts Cochenille, a u ch N opalschildlaus oder
Schariachw urm g e n a n n t, i s t b e k a n n tlic h die S c h a rla ch fa rb e. Die u r s p r ü n g li-
che Heimat d ie s e r S c h ild lä u se w ar Mexico, von wo sie e r s t n ach d e r E n t -
deckung von Amerika n a c h E uropa kamen. Der m exikanischen Spezies v e r -
w andte G a ttu n g e n sin d d e r Coccus p o lonicus sowie die Porphyrophora p o io -
n ica ( l). die n a m e n tlic h in Polen. Rußland, Schweden, Ungarn und N ordost־
d e u ts c h la n d zu H ause w a ren , um J o h a n n is gesam m elt wurden9 und ein n ic h t
u n b e d e u te n d e s H a n d elso b je k t d a rs te llte n . Nach 1492 wurde d a s O steurop a-
Ische In s e k t von der e rh e b lic h a u sg ieb ig ere n m exikanischen Cochenille
v e rd r ä n g t (Ja k u b sk l; Kawecki 1935).
Zum Beweis d a fü r , d a ß sich d e r Name d e r bei den S laven v e rb r e ite te n
S ch ildlaus = *дъгѵь a u c h in d e r Toponymie n ied e rsc h lu g , f ü h r t S ch ultheis
(86) die p o ln isch e n ONn C zerw iszcze und C zerw iec sowie d a s čech. Toponym
C e rv e n è v e s an . Gegen C zerw iszcze i s t einzuw enden, daß d as Suffix - iszc ze
im P olnischen fe h lt, e in e A usnahm e bilden E n tle h n u n g e n a u s dem K le in -
ru s s is c h e n wie z.B. d w o rz y s zc ze ,M eierhof; d as e in sch läg ig e poln. Suffix 1st
vielm ehr - is k o : g ra d o w isko , ch m ielisko . grochow isko usf. Auch čech. C e r-
v e n é v e s i s t n ic h t u n b e d in g t b ew eisk räftig , da d e r Name, f ü r 1318, 1322 a ls
C zirw yn yw si b e le g t, a u s z C rv in y Vsi e n ts ta n d e n ist, was b e sag t, daß h ie r
ein PN C rva v o rlie g t, d e r wiederum ein e Sekundärform von č r v 'Wurm ״i s t
(Profous I, 339) und n i c h t s mit S ch ild läu sen zu t u n h a t. Wenn aber, wie
e n ts p re c h e n d e A rb e ite n ( J a k u b s k i, Kawecki) b e s tä tig e n , die w irtsc h a ftlic h e
Nutzung d e r S c h ild lä u se überw iegend ln Polen und wohl au ch in W eißruß-
lan d zu Hause war, d a n n ü b e r r a s c h t es doch einigerm aßen, daß die p o ln i-
seh en Belege f ü r d ie s e s I n s e k t und den a u s ihm gewonnenen F a rb sto ff so
ungew öhnlich s p ä t e in s e tz e n . näm lich e r s t im 15. Jdh.: A. zoolog. Bed.:
• Sïownik s ta r o p o ls k i I. 370 f.
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19. D e r a n h a i t i s c h e L a n d s c h a f t s n a m e S e r i m u n t i
In memoriam J o h a n n e s H o lth u se n
Als e r s t e r u n te r n a h m G u s ta v Reischel, g e s t ü t z t a u f K ö n ig su rk u n d e n v o r -
w iegend d e s 10. J h d s ., e in e a u s f ü h r lic h e B e sc h re ib u n g d e r g e o g ra p h isc h e n
A usm aße b e s a g t e r L a n d s c h a ft (R eischel 1932). A uch die a u f R eischel f o l -
g e n d e n , d ie s e n n i c h t w e s e n tlic h k o rrig ie re n d e n L o k a lis ie ru n g e n v on H eßler
(1957, 32 f.) u n d Helbig ( I 9 6 0 , 33 f.) stim m en im g ro ß en u n d g a n z e n d a rin
ü b e re in , d a ß d a s Z entrum d e r L a n d s c h a ft S e r im u n ti zw ischen dem U n te rla u f
d e r S a a le im Westen, dem U n te rla u f d e r Mulde im O sten u n d d e r Elbe im
Norden lag, ״v e rm u tlic h o h n e d ie se im O sten s ie d lu n g s m ä ß ig zu e rre ic h e n *
(Helbig 1960. 33). ״Der n ö r d lic h s te B ereich d ieses W ohngaues e r s c h e i n t
auch a ls Z itic i9 (Helbig), w äh ren d s ü d lic h an S e rim u n ti d ie L a n d s c h a ft
C oledici g r e n z t, a u f w eich e wiederum e in Z itic i g e n a n n t e r p a g u s folgt. Z w i-
s e h e n C oledici u n d Z itic i s c h e i n t die F u h n e e in e n a tü r l ic h e G renze g e b ild e t
zu haben. Die L a n d s c h a ft S e rim u n ti b e u r t e i l t man a ls a u s g e s p ro c h e n e s
A lts ie d e lla n d d e s s o r b is c h e n G ebietes, in dem . s i c h f a s t a u s s c h l ie ß li c h die
s o r b is c h e B esiedlung v o llz o g en h a t ” (Helbig). D as A lts ie d e lla n d S e rim u n ti
b e f in d e t s ic h so m it in dem von d e r S p r a c h w is s e n s c h a f t a ls *Westflügel' b e -
z e ic h n e te n T e il d e s s o r b is c h e n S le d e lg e b ie te s. Wegen s e i n e r a lte r tü m lic h e n
Nam engebung g ilt das G e b ie t zw ischen S a a le und Mulde (N iederle Ш.
113 ff.) a ls K e rn g e b ie t d e s a lts o r b is c h e n W estflüg els (E ic h le r 1968, 123;
der. 1976; a n d e rs ; S c h u s te r-S e w c 1973).
Der L a n d s c h a fts n a m e S e r im u n ti i s t v e r h ä l tn i s m ä ß ig g u t b e le g t, im w e s e n t -
lie h e n f ü r die Z eit d e r O tto n e n . Den f r ü h e s t e n Beleg e n t h ä l t a lle rd in g s die
b e rü h m te O r o s iu s - B e a r b e itu n g d u rc h König A lfred (um 890), ln d e r S e r i-
m u n ti a ls S erm en d e w ied erg eg eb en wird ( P r its a k 1981, 688). Die N o tieru n g
des L a n d s c h a fts n a m e n s in d en o tto n is c h e n K ö n ig su rk u n d e n s i e h t im D etail
fo lg en d e rm a ß en au s:
MGH DO I Nr. 6 4 :9 4 5 in pago S e ro m u n ti (Kop. d. 15. J h d s .) ; V a r la n ś
te n : S e rm u n ti A, S e r m u n t В);
Nr. 69; 945 in pago S e r im u n tiia n te (Orig.);
Nr. 1 3 4 :9 5 1 in pago S e r im u n t (n a c h g e z . Orig.);
Nr. 2 7 8 :9 6 5 in pago S ir im u n ti {Kop. d. 15. J h d s .; V a ria n te :
S irm u n t D).
MGH DO II Nr. 28: 973 c o n tra m archam Serim ode (Orig.);
Nr. 30: 973 S irm u n ti (Orig.); Heinrich Kunstmann - 9783954792238
Nr. 82:974 in pago Sirimunti
Downloaded (Orig.);
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9 Vgl. dazu f e r n e r H. K un stm ann : G niezno und Warta. In: Die Welt d e r
S la v en 32, 1987, 302 ff.; d e rs .: Die b a lk a n s p ra c h lic h e n G rundlagen e i n i -
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ger p o ln isc h e r Toponyme und Hydronyme.Downloaded
In: ebda. 33, 1988.
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V 7 . . * ^ 1י :■;•■-י... ^ . - *
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20. S c h e u d e r b e i D e s s a u
Südw estlich von Dessau, Kr. Halle, und östlich von Köthen lie g t der kleine
Ort S c h eu d e r, d e ssen Namen E ichler für ״vorslaw isch" h ä l t (Eichler 1968,
124). ״V orslaw isch” i s t nach E ichler ein Sammelbegriff fü r S prachschichten,
die dem S lavischen vorangegangen sind, also für Germanisch. Keltisch oder
ü b e rh a u p t f ü r A lteuropäisch sowie Indoeuropäisch (ebda. 118). Daß man im
Raum zwischen Saale und Mulde, der zum Kerngebiet d es altsorbischen
W estflügels z ä h lt, eine a lte rtü m lic h e Namengebung e rw arten kann, is t f r a g -
los ric h tig , doch h a t S cheuder w eder mit dem Germanischen noch dem Kel-
tis c h e n etw as zu tu n , auch l ä ß t es sich n ic h t g u t zum A lteuropäischen
rechn en , doch h ä n g t es, wenn au ch in einem anderen Sinne, mit dem In d o -
germ anischen zusammen. S c h eu d e r erw eist sich a ls ein beso nders a n s c h a u -
llches Beispiel d a fü r, wie der oftm als in die Irre fü h ren d e Begriff ״v o r s la -
wisch" den Blick fü r die D eutung sc h ein b a r u n lö sb a rer Toponyme v e rs te llt.
Mangels b e sse re r Inform ationen müssen die von E ichler (ebda.) raitge-
t e ilte n Belege fü r Scheuder a u sh e ife n : 1314 Scudere, 1320 Scudere. 1335
Skudere. Mehr a ls diese drei, noch dazu s p ä t e in se tz e n d e n Notierungen
s c h e in t es v o r e r s t n ic h t zu geben. Allerdings gibt es auch keine n e n n e n s -
w erten Lösungen, denn ״vorslaw isch" h e iß t Ja doch: alles u n k lar, Deutung
so g u t wie ausgeschlossen. A uszuschließen war eine D eutung in d e r Tat,
solange man n ic h t e rk a n n te , d a ß die Slaven N ord- und M itteldeu tsch land s
vom Balkan zugezogen waren. E rs t diese E rk en n tn is ö ffn ete die Augen für
die E rk läru n g v e rsch ie d en e r u n k la re r, eben ״vorslaw ischer" O r t s - , L an d -
s c h a f t s - und Stammesnamen.
S c h e u d e r e rk lä r t sich als die ü b errasch en d g u t e rh a lte n e V ertretung
von s la v . *S k b d r-, das a u s romanischem Scodra. Exóapa e n ts ta n d e n und als
alban . Sh koder, serb okro at. Skàdar, ita l. S cú ta ri b e k a n n t i s t 1- Weil die
Slaven in d e r e rs te n Silbe ein - ь - s u b s titu ie r te n , lä ß t sich verm uten, daß
sie, wie Schramm (1981, 362 f.) es a u sd rü c k t, eine reg io n alb arb arisch e
Form übernommen haben, die, ä h n lic h wie Doclea > DukJļJa oder *Tocla >
TukJača (ebda. 240), von rom anisch Scodra > slav. ■S ku 2d r - > ״S k b d r - und
1 Weigand 1927, 96: Mayer 1 9 6 7 -9 . I, 315 f., II. 107 f.: Popovié 1958,
Heinrich Kunstmann - 9783954792238
312 f.; Çabej 1961, 244; Skok 1971-4. III,Downloaded
253 f.;fromSolta 1980,
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21. N i s a n e u n d N iz iz i
1 Mit au sfü h rlic h en gesch ich tlich en Daten Eichler, W alther 1970. Zur a r -
chäolog. Seite Coblenz, W. 21977.
* Nach E ichler l 1962, 359 und 1966, 14.
3 Nach E ichler 11962, 359.
« Nach Ziegelhöfer, Hey 1911, 14; Schwarz 1960, 272.
9 Nach T rautm ann 1949, 104. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
* Nach Górnowicz 1976, 48. Downloaded from PubFactory at 01/10/2019 04:12:55AM
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• Vgl. w e ite r Pauly RE 16. Bd. 1935, 158 ff.: M. Fluß; J ir e č e k 1877, 87;
Schramm 1981,308.
* Zur Etymologie von N a issu s, Naiaaóç, N iš usf. vgl. Popovič 2I960, 110;
Heinrich Kunstmann - 9783954792238
Mayer 19 5 7 -9 , I. 237, II, 81; D etschew 1957,
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tischem S p ra c h g e b ie t z ä h l t (G örner 1963, 42, 44 ff.), i s t an znehm en. daß
es f r ü h e r einm al auch e in e n n ich t b e le g te n In sa ss e n n a m e n 9Nišbcb, PI.
■N išbci gegeben h a t.
N a iss u s, Naiaaóç, d a s s p ä t e r e N iš an d e r N iša v a , w a r wegen s e in e r
g ü n s tig e n v e rk e h rs g e o g r a p h is c h e n un d s t r a te g is c h e n Lage n eb en Serdica
(Sonja) die w ic h tig s te sp ä trö m isc h e und f r ü h b y z a n tin is c h e S ta d t d e r P ro -
v in z Dacia M editerranea. S eit D io k le tia n s Reform g e h ö rte es z u r n e u g e b il-
d e te n P ro v in z D ardania. N a issu s w ar G e b u r ts s t a d t K o n s ta n tin s d. Gr., auch
wurde d ie S ta d t, wohl wegen i h r e r v o r tr e f f lic h e n B e fe stig u n g sa n la g e n , v e r -
sc h ie d e n e Male von röm ischen K aisern a u fg e s u c h t. N a iss u s w ar w ich tig er
V e rk e h r s k n o te n p u n k t a n d e r Kreuzung von se c h s S tra ß e n , von denen die
a us Sirm ium (M itrovica) kommende, ü b e r Singidunum (Beograd) und Serdica
(Sofija) nach K o n sta n tin o p e l fü h re n d e ohne Frage die b e d e u te n d s te war
(Jireöek 1877, 87 ff.; SlowStarSlow III, 402 f.; T. W asilewski). 441 wurde
die S ta d t d u rch A t tila v e rw ü s te t, doch von I u s tin ia n I. zum T eil w ieder
a u fg e b a u t. Mit einem Heer von nie z u v o r g e s e h e n e r S tä r k e ü b e r s c h r i t te n
550 die S la v e n die Donau und g e la n g te n d u rch d a s T al d e r Morava bis
nach N a iss u s, w ag ten e s a b e r n ic h t, die S ta d t a n z u g re ife n , d a Germanus,
M agister m ilitum p e r T hraciam , d ie röm ischen S t r e i t k r ä f t e b e fe h lig te . E rst
m it Hilfe d e r A w aren g elan g e s d a n n den S laven , um 616 die S ta d t doch
noch zu e ro b e rn . Sie lie ß e n sic h im t i e f e r g elegenen Tal d e r Morava n ie d e r
und n a n n te n sic h s e i t h e r M oravane.
Mit dem Namen N isa n e u n d N izizi, die typologisch exakt L e sa n e =
*Lēšane u n d L ie z iz i = ״L iš b d (vgl. S. 115 ff.) e n ts p r e c h e n , s t e l l t sich den
ln N o rd - u n d M itte ld e u ts c h la n d n a m e n tlic h n a c h w e isb a re n S tä d te n Sirm ium ,
Scodra. L is s u s u n d S iris a ls w e ite re p ro m inente B alkanm etropo ie n u n auch
N aissus, Naiaaóç, N iš a n die S eite.
Der m itte le lb isc h e Bezirk Jerichow wird a ls das K erngebiet d e r sla v isc h e n
M orizane an g eseh en . Von se in en 93 S t a d t - und Landgemeinden sowie G u ts -
b e z irk e n haben rund 72 sla v is c h e Ortsnam en, zu denen noch s c h ā tz u n g s ģ
w eise 100 sla v is c h e Wüstungen kommen (T rautm ann I, 22). Die Herren des
r e c h ts e lb is c h e n Landes Jerichow , die Jerichow er, waren im 12. Jhd. das
b e d e u te n d s te Magdeburger M inisterialengeschlecht (Claude 1 9 7 2 -5 , II. 267);
man h a t in ih n en sogar s la v is c h e Edle seh en wollen, was in des n ic h t zu
b eleg en i s t (Schulze. H. K., 1963, 148 f.).
Die Wiedergabe d e r h isto ris c h e n Belege für Jerichow folgt Brückner
(1879, 35) und T rautm ann (I, 101); auch wenn diese Daten der P rä z is ie -
ru n g b ed ü rfen , lasse n sie doch einigerm aßen die lau tlic h e n Q u a litä te n e r -
k ennen:
1144 Jerichow ; 1144/59 Jerchow ; 1148 castrum e t v illa Jerich o ;
1173 de Jerichow e; 1183 ie ric h o ; 1224. 1293 ie ric h o w ; 1225
iericow; 1263 Jericho; 1295. 1370 ierich o ; 1317 iericohow e; 1424
ihericho.
Den Belegen ist eine e rs ta u n lic h e Konstanz sowohl des Vokalismus als
au ch d e s Konsonantism us zu entnehm en. Der Name Jerichow , möchte man
sagen, i s t vom 12. Jhd. bis a u f u n se re Tage ohne n e n n en sw erte A n d e ru n -
gen geblieben. F a s t problemlos s c h e in t auch die Etymologie d ieses Topo-
nyms zu sein: S p ä te s te n s s e i t T rau tm a n n (I, 101) g ilt Jerichow als A b le i-
tu n g von PNn wie Jaroch oder Jerich. Damit s t e h t man w ieder einmal vor
jenem so b e lieb te n onom astischen Kunstgriff, schwer oder n ic h t E rk lärb ares
a u f Personennam en zu beziehen, ohne daß es d a fü r h isto ris c h e oder s o n -
stig e Gründe gibt. Skepsis geg en ü b er vielen solchen D eutungen i s t b e g re if-
lieh, au ch im gegebenen Fall, in weichem n ic h t der g e rin g ste Hinweis a u f
einen Urahn Jaroch u.ä. v o rlieg t.
Der PN Jaroch a ls Kurzform von Ja ro sia v i s t mit se in en V arian ten bei
den W estslaven n ic h t s e lte n , w eshalb auch ein häufiges Vorkommen des
O rtsnam entyps Jerichow zu e rw a rte n wäre. Doch das Gegenteil i s t d e r Fall:
Bei den T schechen finden sich ü b e rh a u p t keine Beispiele (Profous) und bei
den Polen offensichtlich n u r wenige (Slow, staro p . nazw. osob.)1. Ein a n d e -
152
rer Einwand gegen eine H erleitung von Jerichow < Jaroch ergibt sich aus
dem - i - der 2. Silbe, da ja e in Wandel von о > i a u f Schwierigkeiten
stö ß t. Daß ־/ ־ in Jerichow u rsp rü n g lich war, ist w ahrscheinlich, dafür
sp rechen auch die wohl durch Vokalschwund i > ь > 0 e n ts ta n d e n e n Belege
wie Jarchow . Diese und w eitere Gründe lasse n den V erdacht aufkommen,
daß Jerichow ü b e rh a u p t n ic h ts m it dem Kurznamen Jaroch u.ä. zu tu n h a t.
M itte ld eu tsc h es Jerichow a s s o z iie rt a u f den e rs te n Blick n atü rlich den
Namen der biblischen O a s e n s ta d t Jericho, mit d e r die Slaven ab er gewiß
nie in Berührung gekommen sind . Das Toponym Jerichow kann a u f ganz
a n d ere Weise z u sta n d e gekommen sein, und zwar ü ber den antik en ON O ri-
сил?, 'Spixóv, 'Qpixóç, das h e iß t ü b e r den Namen der n e u epirotischen H afen-
s t a d t im südlichen Winkel des Golfs von Vaiona. O rikon, d a s durch Caesar
und den Bürgerkrieg weithin b e k a n n t wurde2, k an n die Basis für m itte l-
d e u tsc h e s Jerichow abgegeben haben, indem an die Stelle der la t. bzw.
griech. Suffixe - um. -oç, -ov d a s sla v is c h e O rtssu ffix -o n tr a t, während
der vo k a lisc h e A n lau t o - mit Hilfe e in e r ./-P ro th e se b e se itig t und о - nach
j in j e - v e rw an d e lt wurde. Auch d e r Wandel von - k - zu - c h - ist im S i a -
visch en keine S e lte n h eit, wenngleich h ier in e r s t e r Linie wohl die l a t e i n i -
sehe Schreibw eise с bzw. ch f ü r к in B e tra c h t kommt. Besonders b em er-
k e n sw e rt 1st nun allerdings, d a ß a u s Orikon im Laufe des frühen oder h o -
hen M itte la lte rs in der T a t Jericho wurde. Die möglicherweise durch d a s
biblische Jericho b e ein flu ß te N am ensänderung (Jireč ek 1916, 184) b e s t ä t i -
gen folgende Belege:
(nach) 1149 Urbs Iericho (B uschhausen, H., 1976, 134, Anm. 102);
1199 p ro vin cia Jericho e t Canino (Acta A lbaniae I. 36); le p 1x<!>
(A nna Komn. Alex. I, 14, 3; II, 3, l ) 3.
Wann genau die Umwandlung von Orikon in Jericho v o r sich ging, lä ß t sich
n ic h t mehr fe s ts te lle n , doch s t e h t a u ß e r Zweifel, d a ß d as Slavische d abei
den e n tsc h e id e n d e n Anstoß gegeben h a t, da es z u r Assoziation mit dem
biblischen Namen Ja e rs t durch die Beseitigung des vokalischen A n la u te s
und den dam it verb und enen Wechsel von о > e kommen konnte. Die V e rä n -
155
23. P u o n z o u u a u n d T u c h o r i n
156
als u rsla v . ' pgt b + Suffix - ova > aso. ־P çt'o va d u rc h a u s zustimmen k ö n -
nen. Im Grunde e rw a rte t man zwar nach ־£ ״d a s Suffix - e v a , doch kann im
vorliegenden Fall auch die im P olabeslavischen n ic h t erw eichte Form p ę t
,Weg' eine Rolle g esp ielt haben (vgl. 1174 p a n t = T rautm ann I, 26). Das
bei ONn häufige Suffix - ovo k ö n n te sich in s e in e r femininen Prägung u r ־
sp rüng lich a u f sorb, zemja (terra , p ro v in c ia ) oder ein an deres feminines
Ä q u iv a le n t bezogen haben.
Daß Puonzouua a u f die a l t e E ls te rfu rt a b h e b t, wie Eichler und Wal-
t h e r meinen, is t wenig w ahrscheinlich, da u r s la v . •p ç tb . soweit sich e r -
k ennen läß t, n ich t eigentlich die Bedeutung von F urt h a tt e , wofür doch
viel eher brod u.ä. zu e rw arten wäre. E indeu tig s c h e in t dagegen die Be-
d e u tu n g von 'Weg, S tra ß e' vorzuliegen, so d a ß sich Puonzouua sinngemäß
als ,S traßeng au' oder 'Land d e r S traßen, Wege* w iedergeben läß t. In d e r
T a t i s t es so, daß im Bereich von Weißer E ls te r und Zeitz mehrere b e d e u -
te n d e A ltstra ß e n zusam m entrafen, was d u rc h a u s sinnv oll zur Namengebung
Puonzouua = 'Gebiet der S tra ß e n ' fü h ren k o n n te . So e tw a liegt Zeitz an
d e r S telle der Weißen E lster, wo der wichtige a lte Handelsweg nach Böh-
men den Fluß d u rch q u e rte (StowStarStow VII, 278: Strzelczyk). Dazu gehörte
außerdem die in W estostrichtung von Burgwerben (Merseburg) nach Zeitz
v e rla u fe n d e H eerstraße (Patze, Schlesinger 1968, 287). Auch die ״R egens-
b u rg er Straße" i s t in diesem Zusammenhang zu n en n en , d a ein er ih re r A ste
von Auma über Gera nach Z eitz -P e g a u -Z w e n k a u f ü h r te (ebda. 288)3. Von
n ic h t weniger großer Bedeutung waren n eben der W e s t-O s t-T ra s s e die
N o rd-S üd-V erbindungen, von denen eine, nämlich die ״F ra n k e n s tra ß e " nach
E rfu rt und von h ier über Bamberg nach N ürnberg v e rlie f. Besondere Be-
a c h tu n g v e rd ie n t ein w eiterer N ord-Süd-Zw eig, und zw ar der, der von
Leipzig ü ber Zeitz und Gera nach Schleiz f ü h r te , wo e r sic h in zwei T r a s -
sen a u fs p a lte te : Während sich die eine von Schleiz ü b e r Gefell nach Hof
und von da ü b er B ayreuth n ach Nürnberg w a n d te, b e h ie lt die a n d ere von
Schleiz ab die bisherige Wegerichtung a u f Bamberg bei und p a s s ie rte die
S ta tio n e n Nordhalben, Kronach, L ichtenfels. S ta ffe ls te in ; bei B re ite n g ü ß -
bach m ün dete d ie s e r S tra ß e n z u g in die a lte ״F r a n k e n s tra ß e " E rfu rt-
N ürnberg ein (Bruns, Weczerka Kap. Illb, Nr. 33, VI Nr. 5; dazu K arten 20,
167
4 Vgl. dazu meinen dem nächst in der Welt d e r Slaven e rsch e in en d e n A r ti-
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kel ״Urslav. •p çtb ,Weg. S tra ß e ' und a n d ere sla v isch e Hodonyme".
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158
hervorging (Heßler 153; SlowStarSlow VI. 198: S trz e lc z y k )5. Zum Unterschied
von Puonzouua i s t das Toponym Tucharin sowohl a ls Name des Gebietes
und Burgwards als auch als O r t s - und G eschlechternam e s e it dem 10. Jhd.
bis a u f den h eutigen Tag g u t und häufig belegt:
G e b i e t (Burgward): 976 in pago Ducharin (DO II, 139); zu 981
(1012/18) T uchurini p a g u s (Thietmar); 1004 in te rito rio Tucherin
(DH II, 66 ); 1040 in pago...qui vo ca tu r Tuchorin (DH III, 60); 1042
burgwardus Thvchorin (DH III, 91);
O r t und G e s c h l e c h t : 1068 in su b u rb a n io T v c h eri (DH IV,
210); (zu 1079/1080) 1150 B e t(h )eric u s de (c a s te iio ) Tüchern
(Ann. Pegav.); (1135) 15. Jhd. in T h u c h rin i: (1140) 15. Jhd. villa
T ucherin; 1168-1174 Gozwinus de T ucherin; T ü ch ern , Tucheren,
Tuchirn; 1181 ff. E kkeh a rd u s de Thucherin, Tüchere, T ü ch ern ;
1184 ff. Hermannus de Tuchirin. Tüchern. T uchorne, Thucheren .
Tüchere; 1196 Otto, E chardus, Herim annus de T uchern(e), in T hu -
eherne; 1235 in Thücheren; um 1300 de T hucheren; 1317 in pago
oppidi Thvchirn; 1350 in Tüchern; 1378 Tüchern; 1466 d o r f T e u -
сЛегл; 1487 Tewchern (m arckt); 1494 zew D euchirni 1530 s te ttie in
Teuchern; 1538 Tewchern; 1548 Teichern; 1616 T euchern; 1651
von Teichern usw .4
Die Oberlieferung des Namens is t se h r e in h e itlic h , bis a u f die Schreibung
T u c h /n /r in i bei T hietm ar von Merseburg, wo das z w eite - u - se h r w a h r־
scheinlich a u f ein a us a e n ts ta n d e n e s о h in w e ist, d a s s e in e rs e its in и
um lau tete. Die Etymologie d ieses L andschaftsnam ens i s t u n k la r (Slow Star-
Slow VI, 197: P opow ska-T aborska), auch wenn s e i t langem und neu erd in gs
wieder von Eichler und W alther (1984, 307) eine A b le itu n g vom slav. A p-
p e lla tiv tu c h o f 'dumpfiger, m oorbrüchiger Wald' angenommen wird; a l l e r -
dings sc hränk en beide dahingehend ein, daß d as a so rb . A ppellativ ״wohl
n u r" im Namen des Taucherw aides (Kr. Bautzen) und e b e n im ON Teuchern
e rh a lte n geblieben sei. Nach Eichler und W alther lie g t dieses A ppellativ
v ie lle ic h t auch in C. ONn wie Touchoriny, T uchorice und dann wohl ebenso
im poln. ON-Typ Tuchorza vor.
Die a u sla u te n d e Silbe des Toponyms, -in . l ä ß t annehm en, daß h ier
ein Possessivadjektiv vorliegt, das mit Hilfe von s la v . - і л ь zu einem M as-
kulinum (kaum Femininum) a u f - a oder - i g e b ild e t w urde und den Besitz
e in e s aT u ch a r-ja oder • T u c h a r -i, (*) anzeigt. Als B esitz kommt dabei eh er
der Burgward als das Land ln B etracht. Die Wurzel T u c h - liegt zwar e r -
schlossenen slav isch en PNn wie 'T uchom ir. 'T u c h o m y sl o d e r ' Tuchorad z u -
gründe (Svoboda 1964, 89), doch i s t im v o rlieg en d en F all vielm ehr von
ד^־: יг
.W
»׳
ÍJrr^í'iÍf;" Ti
י
-. <־״. . 1* '. “ * «.׳׳
»»,
161
24. S a c h s e n s D a l e m i n c i u n d G l o m a č i
162
Außer der soeben z itie r te n Stelle bei T hietm ar gib t es fü r den D ale-
minci-Namen im w esentlichen folgende Belege:
zu 805 su p e r HwerenofeJda e t D em elchion, DemeJeion (Chron.
Moiss.. MGH SS I, 307); Mitte 9. Jhd. Surbi ...Iu x ta illo s s u n t quos
u o ca n tur Talam inzi, qui h a b e n t d u i ta t e s X IIII (Geogr. Bav.); zu
856 D almatas (= acc. pi.) (Ann. Fuld. 47): zu 880 S c ia v i, qui vo-
c a n tu r D alm ata (ebda. 94); um 890 D alam entsan (Alfred d. Gr.;
Havlik 1965, 78; P ritsak 1981, 688 ); um 960 D alam antia, Dalģ
m a(n)tia, Daiamanci, dazu V a ria n ten : D aiam anti (s p ä te r: - c i).
Dalmati, Dalmatae, DaJanci, D alm ata (Widukind. Gest. Sax. 27, 29,
50 f., 56); zu 968 in pro vin cia quae d ic itu r T aiem ence (Orig. 4a);
zu 971 p rovincia Daiaminza (DO I, 406); zu 981 in pago Daiminze
seu Zlomekia vocato (DO II. 195; Kop. 12. Jhd.); z u 983 in pago
Daiaminza (DO II, 270); zu 1013 in pago D aiam inci (DH II, 269);
zu 1012 ( term inos) D alm antiae (Ann. Quedl.; MGH SS III, 81); zu
1046 in pago Dalmatia d icto (DH III, 156); zu 1064 in pago Dele-
m inze, Talmence (DH IV. 118, 131); zu 1065 in pago, q u i d icitu r
Talm ence (DH IV, 140); zu 1069 in pago Dalmice (DH IV, 227); zu
1074 in pago Thaiem enche (DH IV, 275; 12. Jhd.); zu 1090 in r e -
gione Thaiam inci (DH IV, 410); zu 1095 in regione T halem inci (DH
IV. 441); zu 1159 in pago Dalminza (Orig. 14); zu 1162 in p ro v in -
cia. que d ic itu r Daiminze (Orig. 68 ); zu 1168 in pago Daiaminza
(Chart. Bosav.; 14. Jhd.); zu 1170 in pago Daleminza (e b d a .).9
Mit d e r Problematik des Daleminci-Namens eng v e rb u n d e n sind auch T h ie t-
mars Glomaci = slav. Glomači, die von an deren Quellen b ald Zlom ekia (981;
Hs. d. 12. Jhds.) oder Zlomizi. bald Giomuzi, Glomuci e s t fo n s oder Glomici
g e n a n n t werden. Durch Veränderungen im A nlaut e n t s t a n d e n w e ite r - als
V orläufer des heutigen ON Lom matzsch - die Formen de Lom acz (vor 1190),
de Lomaz(c) (1206, 1226), Lom atsch (1308) u.ä. (E ic h le r 1975, 69)*. Die
en tsch eid en d e, die W issenschaft s e it langem b e sc h ä ftig e n d e Frage ist. ob
Daieminci und Glomači lau tlic h m iteinander zu tu n h a b e n oder, wie schon
T hietm ar meinte, zwei v ersch ied en e Namen fü r ein und d a s s e lb e Ethnikon
sind. Eichler, der eine solche ״K o n tin u itä t” z u n ä c h s t in Frage s te llte
(1962), kam s p ä te r jedoch zu dem Ergebnis (1975), daß zw ischen Daieminci
und Glomači se h r wohl ein Zusammenhang b e ste h t.
Für Eichler (*1962, 45; 1975, 71) i s t d e r Dalem inci-N am e allerdings
ein ״vorslaw isches S u b stra t", d as h e iß t, der Name e in e r a n s o n s te n u n b e -
163
165
168
169
25. Die s o r b i s c h e n Mi l z e n e r
170
171
172
a) T h a fn e zi
174
3 Vgl. dazu D iepensee nw. Königs W usterhau sen (Teltow). In: Histor. O r t s -
namenlexikon fü r B randenburg. T eil IV. Teltow. Bearb. v. L. Enders.
Weimar 1976, 50 ff.
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lich in die N ähe e in e s Stammes (?) d e r D uibinci und d a m it der b ekannten
D ulébi rü c k e n w o llte 4.
An a u to c h th o n e s s la v is c h e s S p ra ch m a te ria l k n ü p fte in e in e r n ich t p u -
b liz ie r te n Ä u ß e ru n g d e r b e k a n n te p olnische O nom astiker T. L ehr-S plaw iń-
ski a n 9, indem e r T h a fn e zi mit D ębnice g le ic h s e tz te , wogegen b e re its b e -
r e c h tig te E inw ände erh oben w urden (ebda.). Wie L eh r-S p ła w iń sk i v erm utete
der p o ln isc h e S p ra c h w is s e n s c h a f tle r J. Nalepa, daß / in T h a fn ezi ein b
v e r t r e t e , w as d ie s e n G eleh rten a u f die D obna/ Dobnica im Vogtland, einen
Zufluß d e r o b e re n Weißen E ls te r bei P lau en b ra c h te (N alepa 1957-8).
Wie d ie h i e r n u r a b r i ß a r ti g w iedergegebene G e sc h ic h te der T h a fn e z i-
Etymologie z e ig t, i s t es s e i t S a farik , s e i t nu nm ehr g en au 150 Ja h re n nich t
gelungen, d ie s e s Ethnonym zu e n t r ä t s e l n . Es w ar n i c h t immer lin g u is ti-
sches Unvermögen, so n d e rn m eist a u ch d e r T ru g sch lu ß 's la v is c h e r Stamm -
s la v is c h e r Name', der, zusammen m it d e r u n b e irrb a re n Oberzeugung von e i -
n e r s la v is c h e n O st-W e st-W a n d e ru n g , die F e h le in s c h ä tz u n g n ic h t allein des
T h a fn e z i-N a m e n s z u r Folge h a t t e .
Meine D eu tu n g des Namens T h a fn e zi i s t im Grunde k u rz und bündig:
Das G rundw ort T h a fn e - ist n ic h ts a n d e re s a ls die l a te in is c h - b a ir is c h e
V e rtre tu n g von griech. Дарѵт) 'D aph ne', des u rs p rü n g lic h e n Namens d e r b e -
rühm ten V o r s ta d t von A n tio c h e ia (Prokop V, 9, 29; S te p h . v. Byz. 22), der
s p ä t e r a u f ein K a stell in Moesia in fe rio r an d e r Donau ü b e rtra g e n wurde.
Zur l a u tlic h e n S e ite g ib t es n i c h t v ie l zu sa g en , a u ß e r daß a n la u te n d e s
t h - f ü r d - e in b e k a n n t e r Reflex d e r 2. germ anischen L a u tv e rsc h ie b u n g ist,
der bei einem bairischen G eographen des 9. Jh d s. n a tu rg e m ä ß zu e r -
w arten is t. E infach e r k l ä r t sic h außerdem d a s s la v is c h e Suffix - z i = å ci
(= -* c i), d a s man h ie r m echanisch an den frem den ON an g eh än g t hat.
T h a fn e zi i s t im ü brigen eine a u ff a lle n d g e n au e N achbildung d e r originalen
g riech isch en bzw. la te in is c h e n Einw ohnernam en ûapvÎTTjç oder Daphnenses.
Damit sin d die T h a fn e zi des GB a u ch sch on kein ״o n o m astisc h es Monstrum"
mehr. Daß d ie s e Etymologie ü b e r je d e n Zweifel e rh a b e n i s t , wird die n a c h -
folgende D eutung des Namens d e r P rissa n i b e s tä tig e n (vgl. S. 178 ff.).
Es v e r s t e h t sich von s e lb s t, d a ß n ic h t d e r Name d e r V orstad t von
A ntiocheia, so n d e rn d e r g le ic h la u te n d e des K a stells D aphne an der Donau
für die S laven nam engebend gew esen is t. Die g e n au e Lage dieses Kastells
4 P ilaf 1974, 214 ff. - S. 281 s a g t P ila f freilich : ״Der Name 'Thafenzi'
/ s i c ! / (Duibinci?) l ä ß t sich sc h w e r e n tr ä ts e ln " .
3 L aut Kiersnow ski 1 9 5 1 -2 , 97. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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b) Z e riu a n i
7 Zur Bedeutung von S é v e rja n e vgl. K unstm ann l 1988, K apitel ״Die s o g e -
n a n n te n Stämme d e r O s ts la v e n " . Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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с) P rissa n i
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Die kom plizierte Frage nach den S ied elg eb ieten d e r T h a fn e z i- , Z eriuani
und P rissani i s t am b e ste n ü ber L e tz te re anzugehen, weil sich fü r sie ein
v erh ältn ism äß ig sic h e r e r A n satz e rg ib t, und zwar mit Hilfe von Helmold
von Bosau, d e sse n B rizani wohl o h n e Frage id en tisch sind mit den P rissani
des GB. Für eine I d e n t i tä t s p r ic h t in e r s t e r Linie n a tü r lic h die G leichheit
der Namen, a b e r a u ch der Umstand, d a ß die th ra k is c h e n B risae j a südlich
der Donau b e h eim a tet waren, d e r GB a b e r n u r Namen nö rdlich davon a u f -
zä h lt (a d se p te n trio n a le m plagam D anubii). Das b e sag t, d a ß die P r issa n i-
B rizani, deren Namen n u r S lav en ü b e rtra g e n ko nnten, nörd lich der Donau
zu Hause gewesen se in müssen.
Helmold, d e r a ls einziger m itte l a l t e r l i c h e r C hro nist die P rissani e r -
wähnt, z itie r t sie in sg esam t dreim al: Brizanorum e t Stodoranorum populi,
h ii v id e lic e t qui H avelberg e t B randenburg h a b ita n t (72, 20); B rizani c e t e -
rique re b elles pacem p o s tu la v e r u n t (73, 25); omnem enim terram B riza n o -
rum, Stoderanorum m ultarum que g e n tiu m h a b ita n tiu m iuxta. Habelam e t A l -
biam m is it su b iugum (174,20). D araus e rg ib t sich ü b e rz e u g e n d , daß die
P rissa n i-B riza n i im Gebiet der Havel s a ß e n und ih re H a u p tb u rg v ie lle ic h t
Havelberg war11. Möglicherweise sin d auch im Bereich von Havel, Rhin und
Dosse a u f t r e te n d e ONn wie B r is e n la n k , B riesen la n g u . a . 12 Relikte der
B rizani oder B risanen1*. Man d a r f som it die B rizani wie d ie S to d e ran e n zu
14 Auch wenn man, wie R. Novÿ (1968, 146), die T h a fn e z i zu den O stse e -
s la v e n z ä h lt, la s s e n sich a u s diesem Bereich k e in e e inschläg igen Topo-
nyme beibringen. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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die d r e i Ethnonym e ü b e rlie f e rt, die sich von ih re r Form h e r a lle drei a u f
den Sorbennam en beziehen:
1. I u x ta illo s (i.e. Hehfeldi) e s t regio quae u o c a tu r Surbi. in qua
re g io n e p lu re s s u n t quae h a b e n t c iu ita te s L.
U n te r diesen im 1. Teil. Zeile 8 - 9 , des GB e rw ä h n te n Surbi
s in d , e n ts p re c h e n d ih r e r Nennung zwischen H eveler und D ale-
minci, ohne jed en Zweifel Sorben zu v e rs te h e n , was von der
ü b erw ieg en den M ehrheit der G elehrten e b e n fa lls so gesehen
wird.
2. Z e riu a n i quod ta n tu m est regnum ut ex eo c u n c ta e g e n te s
S clauorum e x o rta e s i n t e t originem s ic u t a ffirm a n t ducant.
Auch die im 2. Teil, Zeile 3. d e r V ölkertafel g e n a n n te n Z eriuani
e n ts p re c h e n , wie gezeigt (S. 177f.), mit großer W ahrscheinlich־
k e it dem S e r b e n - oder Sorbennamen.
3. Serauici.
Die ohne Angabe e in e r Burgenzahl im 2. Teil, Zeile 7, e rw ä h n te n
S e ra u ici h ie lt schon Karamzin für Serben, was jedoch Dobrovsky
m it dem Argument v erw arf, diese h ä tte n südlich d e r Donau geä
l e b t (Horák, Trávniöek 45 f.). An die Sorben d a c h te man freilich
n ic h t. U nv erkenn bar i s t in jedem Fall die Ä h n lich k e it zwischen
d e r Form S e r a u -ic i und den m itte lla t. S e r a b -ic i oder S o ra b -ici.
Alle d rei z u r D ebatte ste h e n d e n Namen ־Surbi, Z eriuani, S era u ici - sind
nach m ein er Meinung V a ria n te n e i n - und d esselb en S e r b e n - bzw. S o rb e n -
namens. Die u n te rs c h ie d lic h e n Schreibweisen gehen wohl a u f v erschiedene
O berlieferungen zurück: Dem V erfasser des GB wurden drei divergierende
Namen h in te r b r a c h t, die e r nach Gehör n o tie rte , w ah rsch ein lich ohne zu
ah n en , d a ß dreimal d as nämliche Ethnikon gem eint war. Die I d e n titä t der
drei Namen lä ß t sich am ״Grundwort" ablesen: •S u r b - t ״Z e r (i)v - , •S e r a v ; ־
am m e iste n differieren lediglich die Suffixe -j. ־an i und -ic i, die zum e i -
nen den sla v is c h e n (oder la tein isc h en ? ) Nominativ P lu ra lis - i, zum anderen
das s e h r w ah rsch ein lich la te in is c h e Z ugehörigkeitssufix -a n i sowie das zur
H erk unftsbezeichn ung (ß o sa n a c, Moravec) verw en dete s la v is c h e Suffix -ь с і
( - beb) re p r ä s e n tie re n .
Besonders a u fsch lu ß reic h i s t die sub 2 z itie r te Bemerkung über die
Z e riu a n i d eren ״Land so groß ist. daß alle sla v isch e n Stämme von ihnen
abstam m en und ihren Ursprung haben". Dieser Satz is t, wie schon gesagt
(S. 181 f.), einmalig und k an n sich a u f keinen a n deren Stamm a ls die Serben
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beziehen. D erartige ״su p e rlativ isc h e " Merkmale werden den Serben von
v e rs c h ie d e n e n m itte la lte rlic h e n S c h rifts te lle rn n a ch g e sag t. B ekan nt ist
b e isp ie lsw e ise der A usspruch d es b y z a n tin isc h e n H isto rik e rs Laonikos
Chalkondyles, der noch im 15. Jhd . in se in e r die Zeit von 1 298-1463 b e -
sch reib en d en *AKodsíÇetç Іаторіши von den Serben sag t, daß sie ״d e r ä lt e s te
und größ te Stamm des ganzen Erdenkreises" se ien (то âè yévoç roo ro tea-
Хаіотатои те xaí діуіатоѵ тшѵ хата тт)у 01x0ujjiv*)v е5ѵшѵ. Mignę PG 159,
4 1)7. Chalkondyles meint damit n a tü rlic h die Serben a u f dem Balkan; der
eb en falls die Größe des Serbenstammes ak ze n tu iere n d e Satz des GB bezieh t
sich hingegen a u f die m itteld eu tsch e n Sorben. Das aber lä ß t den Schluß
zu, daß d e r ruhmvolle Leumund der B alkanserben schon v o r 850 von S ia -
ven ü b e rtra g e n worden ist. Höchst a u fsch lu ß reich an der Laudatio des GB
i s t außerdem die Behauptung, .a ll e slavischen Stämme” stam m ten von den
Serben ab, worin sich m. E. eine deutliche Anspielung a u f die b alk an isch e
H erkunft d e r m itteldeu tschen Slaven a usd rückt.
L aut K onstantinos Porphyrogennetos (DAI 32, 7 - 1 2 ) war e in e r d e r
Söhne des serbischen Königs m it der Hälfte se in es Volkes zum b y z a n tin i-
sehen Kaiser Herakleios I. geflüchtet* der diesen Serben Land im Thema
T h essalonike zuwies. Daß sich mit diesem Vorgang der ON des s tra te g is c h
b e d eu ten d e n Platzes Srbica, auch SrbćiSte. Serbia und S e rfid že v e rb in d e t,
is t zwar u m stritte n , ab er d u rch a u s den kbar (2upanić 1927 -8; ders. 1928;
Skok 1938). Vielleicht haben ta ts ä c h lic h m ilitärisch e Q u a litä te n der Serben
den A usschlag bei ih re r Ansiedlung gegeben (Jen k in s 132). Wie K o n s ta n ti-
nos Porph. w eiter b e ric h te t, b a te n nun diese Serben Herakleios nach e i n i -
ger Zeit, wieder in ihre a lte n Gefilde zurückk ehren zu dürfen. Der K aiser
ließ sie gewähren, doch beim Oberqueren der Donau überlegten es sich die
Serben wieder a n d ers und b a te n e rn e u t um Asyl a u f byzantinischem Bo-
den. Durch den S tra te g e n von Belgrad ließ ih n en Herakleios Paganien, also
d as Land d e r Zachlumer, T ra v u n e r und K a n alite r zuweisen, mit a n d e re n
Worten das sp ä te re Serbien. Da dieses Land, wie die DAI b e ric h te t, soeben
von den Awaren geräum t wurde, nimmt man an , daß die zw eite und e n d -
g ültig e A nsiedlung der Serben um 626 s ta ttg e fu n d e n h a t. Damit a b e r w u r -
7 Der A utor sp ric h t an d ieser S telle zwar von T rib a ilem ( TribsJloi). m eint
dam it aber, byzantinischem Brauch folgend. Serben, vgl. Jlreöek 1911. I,
26 f.; Radojićić 1957, 278. - Die Serben wurden von den B yzan tin ern
a b e r auch Dalm ater g e n a n n t (Jireäek 1911, I, 114), so daß u n te r den
״sächsisch en" Daieminci (vgl. S. 161 ff.) ebensowohl S e rb e n -S o rb e n v e r -
s ta n d e n werden können. Heinrich Kunstmann - 9783954792238
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den d ie Serben ״dem K aiser von Rom unterw orfen": xat rļaocv тф øaaiAel
?ш даіш ѵ ітотаааодеѵоі (DAI 32, 2 6 -2 7 ).
Der B ericht von K o n sta n tin o s Porph., mag er im Detail au ch legendär
sein, e n t h ä l t doch se h r w ichtige siedlu ngsgesch ichtliche Elem ente. Danach
s t e h t f e s t , daß es zwei se rb isc h e Siedelplätze a u f dem Balkan gegeben hat,
e in en v o rü b e rg e h e n d e n in T h essalien und den stä n d ig e n in Dalmatien. Be-
s o n d e rs w ichtig i s t d e r Hinweis a u f T h essalien , da sich n u n B erü h ru n g s-
p u n k te m it den vom GB z it i e r t e n P rissani abzeichnen, deren Name, wie g e -
zeigt (S. 178 ff.), a u f die th ra k is c h e n Brisae zurückgeht. Die Sitze d ieser
Brisae a b e r werden zw ischen den U nterläufen von Nestos und Strymon
v e rm u te t, w as in groben Zügen T h e ssa lie n mit einbezieht. So gesehen k ö n -
nen a ls o d ie P rissani d es GB u rsp rü n g lich Serben a us T h e ssa lie n gewesen
sein.
Die S ied lu n g sg esch ich te d e r Serben w irft w eiter die Frage auf. wo
diese d ie Donau ü b e rs c h ritte n h ab en . Dies muß ja w enigstens zweimal von
Norden n a c h Süden und einmal in um gekehrter Richtung g esch eh en sein. In
diesem Zusammenhang bringen sich aberm als d e r em inent wichtige D onau-
Obergang T ransm arisca-D aphne und mit ihm die T h a fn ezi des GB in E rin -
ne ru n g (S. 173ff.). N atürlich lä ß t sich n ic h t sagen, ob die Serben den an der
u n te re n Donau gelegenen Obergang ta ts ä c h lic h b e n u tz te n , n u r m acht die
W iederkehr des Namens a ls Ethnonym stu tz ig . Auch s p r ic h t die Lage von
Transm arisca -D a p h n e im w eiter östlich en D onau-Bereich d a fü r, daß die
Serben eb en h ie r e rstm a ls b y z a n tin isc h e s Territorium b etraten*. Jeden falls
l ä ß t e s die Reihenfolge d e r Namen T h a fn ezi. Zeriuani, P rissani w ah rsch ein ־
lieh e rs c h e in e n , daß in allen d rei Fällen S e r b e n gem eint sind, die mög-
llcherw eise bei T ransm arisca-D aphne die Donau ü b e rs c h ritte n , z u e rs t in
T h e s sa lie n a n g e sie d e lt und d a r a u f in Dalmatien s e ß h a ft wurden. Von ihnen
werden sic h zu v e rsc h ie d e n e n Z eiten der etw as kom plizierten serbischen
Landnahme größere und klein ere Gruppen ab g esp a lte n haben und nach
Norden w e ite rg ew a n d e rt sein.
Irgendw ann im Laufe des 7. oder 8 . Jhds. müssen ein zeln e S lp p sch a f-
ten o der K leinverbände auch den zw eiten und end gültigen S ied elp latz der
Serben in D aim atien v e rla s s e n h ab en , um sich in M itteld eutschlan d u n te r
י Vgl. zu Novakovič 1977 auch die s e h r p o s itiv e Rezension von Jan Leśny,
K w artalnik h isto ry c z n y 86 , 1979, 4 9 8 -5 0 3 , d e r die ״e r s t e Wiege" d e r
Serben se ltsam erw eise in ״O b ersach sen " (? Górna Saksonia) sehen m ö c h -
te.
10 Solmsen, F. 1904; Kaiima, J.; Mikkola 1928, 91; T rau tm a n n 1947, 54:
Vasmer REW II, 611 f.; Popovič 1960, 347, Anm. 1.
11 Für E ichler 1966, 21 f., i s t d ie s e Lösung ״am a n sp reHeinrich
c h e nKunstmann
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74). Die Bedeutung von aoôXoç is t im Fall von K on stantinos' S erb en b erich t
also n ic h t so se h r *Sklave', sondern Untertan, was im Einklang s t e h t
mit d e r b ek an n ten N ebenbedeutung von âoûXoç, die dort gegeben ist, wo
von U ntertanen eines Monarchen (oder Despoten) die Rede ist. Für die
G riechen waren zum Beispiel a lle Perser, s e lb s t die S a trap e n ih re r Könige
боиХоі (Stephanus III, 1654 f.; Passow 1/1, 719). Die N ebenbedeutung von
U ntertan, D iener is t aber auch für lat. s e r v u s gegeben (Klotz II, 1321);
h ie r k lin gt noch die sem antische Schicht des u rsp rü n g lich e n V erb alad je k -
t i v s s e rv u s 'dienend, d ien stb a r' an (H ofm ann-S zantyr 155)M.
Aus den M itteilungen K aiser K on stantinos' über die Aufnahme der
S erben in das by zan tin isch e Reich wird e rsic h tlic h , daß deren e r s te A n -
Siedlung in T hessalien , also a u f griechischsprachigem Gebiet erfolgte, ihre
en d g ü ltig en Siedelplätze aber nördlich der Jire ö e k -L in ie , d as h e iß t auf
dem Boden der L a tin itä t lagen. Daraus e rk lä r t sich die ״Übersetzung" der
g riech isch en 60ÛX01 in la te in isc h e servL Die Aufnahme d e r Serben in das
b y z a n tin isc h e Imperium a ls U n t e r t a n e n m acht aber auch die Etymologie
von *sbrbb aus s e r v - u s h isto risch plausibel. Gegen eine H erleitung von
*sbrbb a u s Formen wie russ. p n -se rb , ukrain. p r y * s e r b - y ty s ja u.a. s p r e -
chen v ersch iedene Faktoren, ln e r s te r Linie die Beobachtung, daß d iese
W örter n u r se h r ve re in ze lt Vorkommen, also u n p ro d u k tiv geblieben sind,
w esh alb es schw erfällt, darin die erforderliche Dynamik fü r die E n tfa ltu n g
b e d e u te n d e r sla v isc h e r Stammesnamen zu verm uten. Hinzu kommt, daß
• sb rb b niemals präfig iert e rsch e in t, sondern immer Simplex ist, w ährend
p a - s e r b u.a. s t e t s als Kompositum Vorkommen. Ein w e ite rer, g ra v ie re n d e r
E inw and gegen eine Verbindung von S e r b - und paserb i s t die T a tsa c h e ,
daß sic h bislang noch kein einziger a u to c h th o n e r sla v is c h e r Stammesname
n ach w eisen ließ. A usgerechnet d as u n p ro d u k tiv e a- s e r b (p a -s e r b ) soll zu
einem eigenen slavischen Ethnonym g efü h rt haben?
192
F rü h m itte ia lte r unzählige geog rap hische Begriffe durch S lav en vom Balkan
nach M itte l- und O steuropa ü b e rtra g e n .
Wie die bisherigen E rm ittlu ngen zeigen, stam m ten die m eisten s l a v i-
sehen Zuw anderer N ord- und M itte ld e u tsc h la n d s a u s den ehem aligen röm i-
sehen Provinzen DaJmatia, P raevaJitana und E p iru s n o v a 1, also aus dem
w estlichen, der a d ria tis c h e n K üste z u g e k e h rte n T eil des B alkans. Eindeutig
a u f den Namen der Provinz D alm atia v erw eisen in e r s t e r Linie jene in
S achsen s e ß h a f t gewordenen Dalem inci oder Glomači, was man bislang v e r -
k a n n t h a t. Auf d a lm atin isch e H erkun ft k a n n a b e r auch im Fall der Surbi
gesch lossen werden, und zwar d e sh alb , weil Teile D alm atiens u n te r Kaiser
Herakleios zum stä n d ig e n S ie d elp latz d e r Serben wurden (Konst. Porphyr.).
Die sü dlich an Dalmatia a n ra in e n d e Provinz P ra eva lita n a s c h e in t die Hei€
m at d e r D revani gewesen zu sein; b e sa g te Provinz is t außerdem mit den
Namen ih rer S tä d te Scodra (Scheuder) und L isso s (Liezizi; Lesane?) im Nor-
den v e rtr e te n . Als prom inenter O rt der E pirus nova sp ie g e lt sich mit e in i -
ger W ahrscheinlichkeit d e r Name der H a fe n s ta d t Oricum in dem m itte le lb i-
sehen Bezirksnamen Jerichow wider. Aus eben d ie s e r P rovinz kamen wohl
auch die sla v is c h e n Doxani in d as Gebiet d e r b ran d e n b u rg isch e n Dosse.
Auf die E pirus v e tu s v e rw e ist dagegen d e r Name d e r K aschuben. Damit
wird d e u tlic h , daß das ehem alige I l l y r i c u m u n t e r denjen igen B alkanpro-
v ln ze n . a us denen Slaven nach Norden a b w a n d e rte n , an e r s t e r Stelle s te h t.
Diese F e s ts te llu n g k o rre s p o n d ie rt mit d e r Beobachtung, d a ß a u s eben d i e -
sen illy risc h en Gebieten auch a n d e re s la v is c h e G ruppierungen ihre Namen
bezogen, u n te r welchen b e d e u te n d e s la v is c h e Stämme wie R ussen (Ragusa)
und Polen (Apollonia) heran w uchsen.
Schw ächer v e r t r e te n sind u n te r dem gegebenen G e sich tsp u n k t die
Provinzen Macedonia und Thracia. Aus e r s t e r e r stam m en verm utlich die
Wagrier; sic h e r a b e r die P rissani (B risa e), d eren S ie d elg eb ie t im Umfeld des
Strymon zu su chen i s t und das m it der e rs te n , a u f Geheiß von Herakleios
e rfo lg ten Ansiedelung d e r Serben a u f b y z an tin isc h e m Boden id en tisch sein
d ü rfte. Zwischen Strymon und Maroneia soll sich au ch je n e a lte , von
O dysseus z e r s tö rte K ik o n e n -S ta d t Ism aros befun den h a b e n , die g e w isse r-
maßen zur * P a ten sta d t" von Wismar wurde. Der Prov inz Thracia z u z u -
194
Mauern erstm als 550 Slaven sta n d en , war fü r diese, wie oben gesagt
(S. 63), eine wichtige Station a u f dem Weg n a ch K o n sta n tin o p e l (Schramm
1981, 190). Das Phänomen der sla v isc h e n Inselnam en, d as auch in anderen
Zusammenhängen u n te rs u c h t zu werden v e rd ie n t, sp ie g e lt o ffen sich tlich die
s la v is c h e ״S e e tü c h tig k e it” wider. Es i s t ganz gewiß auch kein Zufall, daß
d as sla v is c h e Wort für 'S c h iff, aksl. когаЬГь, russ. когаЫ ь, skr. kõrab,
poln. korab, Č. koráb usf., ein a lte s Lehnwort a u s dem G riechischen is t,
vgl. xapâßiov, xápaôoç, vulg. lat. carabus 'k lein e r Kahn'.
Nicht ohne In teresse sind im übrigen bestim m te k u ltis c h e oder ray th o -
logische Elemente, die ebenfalls Verbindungen m it dem Balkan sch affen .
A u ß e r den beiden K u ltstä tte n R ethra und Arkona, die e in d e u tig griechische
Namen haben, i s t sowohl an den h o lstein isc h en ü k le is e e zu denken, a ls
auch an den Ягоѵе-Наіп bei Putlos, dessen Götze ohne Frage dem Namen
des römischen Kaisers M. A urelius Probus v e r p f lic h te t ist. Griechischer
P rov enien z ist gewiß ebenso d e r Name jen e s Triglav, d e sse n Kult fü r S t e t -
tin und andere Orte bezeugt ist. Die Problematik d e r s la v is c h e n , von B a i-
k a n - K u lt e n b eeinfluß ten Mythologie wird in grö ß eren Zusamm enhängen
noch g eso ndert u n te rs u c h t (Kunstmann ‘ 1988).
Weitaus geringer als die H erkunftsbezeichnungen sin d je n e O b e rn ah -
men ins Slavische, die einfache L ehnw örter d a rs te lle n . Als solche sind
fraglos die kultisch en Toponyme Rethra und A rkona zu b e w e rte n , v ie lle ic h t
a u ch der aus хаатрои e n ts ta n d e n e ON K üstrin. Daß S achbezeichnungen
s e l b s t zu Flußnamen werden k onn ten, zeigt sich an aüXn *(Wohn-)Sitz',
w oraus offenbar der Name der Havel e n ts ta n d e n ist. Hybride Lehnw örter
sind sch ließ lich auch die Ethnonyme der A bodriten (< áícárpiíeç), R edarier
(< ^rjTopeç) und Milzener « m ilite s).
196
197
199
29. Vom B a l k a n z u r O s t s e e
200
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203
4. A b o d riti. O bo driti. P ra e d e n e c e n ti
Ü b e r a r b e ite te und e rw e ite r te F a ssu n g d e r E rs tp u b lik a tio n .Zwei B e itr ä -
ge z u r G e sc h ic h te der O s ts e e s la v e n . 1. Der Name d e r Abodriten". In:
Die Welt d e r S la v e n 26. 1981, 3 9 5 -4 1 9 .
7. R e th ra . R ed arier. Arkona
Ü b e r a r b e ite te und e rg ä n z te F a ssu n g d e r E rs tv e rö ffe n tlic h u n g ״Rethra.
d ie R ed arier und Arkona". In: Die Welt d e r Slaven 26.1981, 419-43 2.
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sz c z y t 69 Töpchin 67 A. 16
Swoboda, V. 36 Touchofiny 158f.
Szerem, Szerem 138 T rafnezi 174
T ab u la P eu tin g erian a 183 A. 3 T ragurium 142
Talam inzi, Talmenze 138 T ra ia n u s 64, 176
tálm ine 165 T ransm arisca 176, 187
T a n é v 173 T rautm ann, R. 28, 49, 55, 59, 70,
T an ev 'cl, ТапГсі 173 75, 105, 128f., 151, 157, 183 A. 1
T argossa, Targosza 83 T rav e 17
T atim ir 172 T ra v n ik 174
T a t r a 169 T ra v u n e r 186
T au c h ersc h in 159 T rebel 51
T aucherw ald 158 T rib a lle r, T riballoi 186 A. 7
t a u l - 93 T riglav 71f., 194
T a u la n tii 93 T ro iân u s 90
Taurom enion 22 T ru bačev, О. N. 204
T ay geto s 43 •T u c h a r-ja . *Tuchari 158f.
Templin 72 •T uchara. •Tuchora 159
T enedos 12, 16 A. 6 ״Tuchomir, ״Tuchomysl, ״Tuchorad
T ep lic e -S an o v 196 158
T esice 148 tu c h o f 158
T e te re v b 87 TuchoMce 158Г.
T e u c h a ria , T heucaria, T h e u c h a ria Tuchorin, T u charin 155, 1 5 7-15 9
159 Tuchorza 158
T eu c h ariu s, Theucario, T heuchario T uchufin 158
159 Tuklaća 141
T euchern 157Г. Tulci 93
T h afnezi 34. 173-1 77, 179, 180, tu le c 93
181 f., 187, 193 T u lius 93
T heben 30 Tundża 63
T h eiß 36, 205 T urek, R. 96
T h eo p h an es Homologetos 63, 123 T ürken 206
T h e o p h y la k to s S im o k a t(t)e s 41 f., T u sc u la n u s 90
63. 172 tuSiti, tuszyć 159 A. 7
T h essalien 16. 71, 132. 187, 190 T u ten b erg 180 A. 12
T h essalo n ik e 20, 92, 186 T u tra k a n 176
T h e u d e b e rt II. 204f. Tymieniecki. K. 174, 177
T h ietm ar v. Merseburg 29, 33, 57, T z e rv u lia n e r 189
60, 62f., 64, 99, 158, 161Г. 157 T zetzes, lo an n es 30, 31
Thomas v. Spalato 200
T h racia, T hrakien 19 A. 6, 41, 42,
47, 50, 77, 123 A. 8, 149, 192f., ückelei 21
193 Udolph, J. 204
T hrasuco, Thrasco 47 Uherské H radiãtê 48
T hu kyd ides 13, 19 u k(e)lei 21
T h ürin gen, T hüringer 197, 202, 204f. Uklei-Bach 21
Tlchomirov, J.A . 151 A .l Ukleisee 2 1 -2 3 , 194
T ifenze 174 •ukléja 21, 22
•tjudjo 83 ukleja. uklejka, úkleje, uklej, u k l i -
״Tocla 141 ja 21
Tofa 47 • - ( u ) la 120
T o ile n s e -S e e 58 Uta, UHa, Ulanka 124
T o llen ser 51 Ulica, UliČka 124 и. A. 11
Tomaschek, W. 88, 172 A. 7, 179 UllČl 123
Tonzos 63 U lpiana 92, 193
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