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3 Die Finanzwirtschaft

Gegenstand der Finanzwirtschaft sind alle Vorgänge, die in der finanziellen Sphäre des Un-
ternehmens ablaufen. Ihre Aufgabe ist die Steuerung der Zu- und Abflüsse an finanziellen
Mitteln, d.h. der im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit erfolgenden Ein- und
Auszahlungen, und die Durchführung der dazu erforderlichen Finanzierungsmaßnahmen. In
Abschnitt 3.1 werden als Grundlage zunächst die Ziele der Finanzwirtschaft und ihre Bezie-
hungen herausgearbeitet. Abschnitt 3.2 befasst sich mit der Anlage finanzieller Mittel in
Investitionsprojekten, Abschnitt 3.3 mit der Beschaffung finanzieller Mittel durch verschie-
dene Finanzierungsmöglichkeiten. In Abschnitt 3.4 werden die Maßnahmen des kurz- und
langfristigen Finanzmanagements dargestellt.

3.1 Ziele der Finanzwirtschaft


Ausgehend vom Unternehmensziel der Gewinnmaximierung lassen sich für den finanzwirt-
schaftlichen Bereich die in den folgenden Abschnitten behandelten Unterziele Rentabilität,
Liquidität, Sicherheit und Unabhängigkeit ableiten. Anschließend werden die zwischen die-
sen Zielen bestehenden Beziehungen herausgearbeitet.

3.1.1 Rentabilität
Die Rentabilität bzw. Rendite einer Investitions- oder Finanzierungsmaßnahme ist ein Maß
für ihren finanzwirtschaftlichen Erfolg. Die Rentabilität wird allgemein berechnet, indem
man eine Ergebnisgröße ins Verhältnis zum zugehörigen Kapitaleinsatz setzt. Die sich erge-
bende relative Größe lässt sich als Verzinsung des Kapitals interpretieren und wird in der
Regel als Prozentsatz angegeben. Rentabilitätswerte dienen vielfach als Entscheidungskrite-
rium bei der Auswahl von Investitionsprojekten oder als Kennzahlen zur Beurteilung des
Erfolgs von Unternehmen und Unternehmensbereichen. Häufig verwendete Rentabilitäts-
kennziffern sind:
 Die Eigenkapitalrentabilität rEK ergibt sich, indem man den Gewinn eines Unterneh-
mens auf sein Eigenkapital bezieht:
Gewinn
rEK   100 [%]
Eigenkapital

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 Bei der Berechnung der Gesamtkapitalrentabilität rGK werden im Zähler neben dem
Gewinn die gezahlten Kreditzinsen berücksichtigt, da diese die Entlohnung des Fremd-
kapitals darstellen. Im Nenner wird das Gesamtkapital angegeben, das sich aus dem Ei-
genkapital und dem Fremdkapital zusammensetzt.
Gewinn  Zinsen
rGK   100 [%]
Gesamtkapital

 Die Rentabilität des Betriebskapitals rBK erhält man, indem man das Betriebsergebnis
auf das betriebsnotwendige Kapital bezieht (zur Berechnung des Betriebsergebnisses vgl.
Abschnitt 4.3.6).
Betriebsergebnis
rBK   100 [%]
betriebsnotwendiges Kapital

 Für eine einzelne Investition oder ein Projekt lässt sich die auch als Return on Investment
(ROI) bezeichnete Rentabilität berechnen, indem man die der Investition zurechenbaren
Erträge auf den erforderlichen Kapitaleinsatz bezieht.
zurechenbare Erträge
ROI   100 [%]
Kapitaleinsatz

Die Berechnung der Rentabilität kann entweder für eine einzelne Periode, z.B. ein Quartal
oder ein Geschäftsjahr, oder für einen längeren Zeitraum, z.B. für die Nutzungsdauer einer
Anlage oder die Laufzeit eines Projekts, erfolgen. Meist werden Rentabilitätswerte im Nach-
hinein bestimmt, sie können jedoch auch auf Basis prognostizierter Größen zukunftsbezogen
berechnet werden.
Problematisch bei der Ausrichtung von Entscheidungen an der Zielsetzung der Rentabili-
tätsmaximierung ist die Gefahr, dass zu stark auf kurzfristige Erfolge abgestellt wird und
Maßnahmen, die den langfristigen Bestand des Unternehmens sichern, vernachlässigt werden
(vgl. auch die Zieldiskussion in Abschnitt 1.1.3). Dementsprechend setzen sich bei der Aus-
wahl von Investitionsprojekten tendenziell solche durch, die schnell hohe Renditen bringen,
obwohl gerade Projekte mit einer längeren Anlaufphase, während der die Rentabilität gering
ist, insgesamt sehr vorteilhaft sein können.
Dieses Problem lässt sich an dem folgenden Beispiel verdeutlichen: Eine Anlage mit einem
Kaufpreis von 400.000 € und einer Nutzungsdauer von 5 Jahren erwirtschaftet zunächst
geringe und erst in den letzten Jahren hohe Erträge. Die in den einzelnen Jahren anfallenden
laufenden Erträge und die zugehörige Rentabilität sind in Tab. 3.1 angegeben, wobei als
Kapitaleinsatz vereinfachend die Hälfte der Anschaffungskosten, die dem durchschnittlich
gebundenen Kapital entspricht, zugrunde gelegt wird.

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3.1 Ziele der Finanzwirtschaft 131
Tab. 3.1 Beispiel zur Rentabilität

Jahr Ertrag Rentabilität


1 20.000 € 10%
2 24.000 € 12%
3 30.000 € 15%
4 50.000 € 25%
5 60.000 € 30%

Verlangt das Unternehmen eine jährliche Mindestrendite von 15%, so wird diese erst im
dritten Jahr erreicht und später deutlich überschritten, in den ersten beiden Jahren jedoch
unterschritten. Es besteht daher bei Orientierung an der kurzfristigen Rentabilitätsmaximie-
rung die Gefahr, dass diese Investition nicht durchgeführt wird, obwohl sie über ihre Laufzeit
eine durchschnittliche Rendite von 18,4% erwirtschaftet.

3.1.2 Liquidität
Als Liquidität bezeichnet man die Fähigkeit eines Unternehmens, jederzeit seinen fälligen
Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Solche Zahlungsverpflichtungen fallen zu
bestimmten Terminen z.B. für die Bezahlung von Lieferantenrechnungen, Lohn- und Ge-
haltszahlungen, Kreditzinsen, Steuerzahlungen usw. an. Ein liquides Unternehmen befindet
sich im finanzwirtschaftlichen Gleichgewicht und kann seinen Tätigkeiten in gewohnter
Weise nachgehen. Ein illiquides Unternehmen hingegen muss Insolvenz anmelden, wenn es
ihm nicht gelingt, durch die Aufnahme weiterer Kredite oder die Verlängerung von Zah-
lungszielen zusätzliche Liquiditätsreserven zu mobilisieren. Die Aufrechterhaltung des fi-
nanzwirtschaftlichen Gleichgewichts ist somit eine existenzielle Rahmenbedingung der un-
ternehmerischen Tätigkeit. Darüber hinaus wird die Liquidität bei der Unternehmensbewer-
tung als wichtige Kennzahl herangezogen.
Daher ist die regelmäßige Überwachung der Liquidität eine wichtige Aufgabe der Finanz-
wirtschaft. Zu diesem Zweck werden Liquiditätskennzahlen gebildet, die eine Aussage darü-
ber erlauben, inwieweit die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens, die in abseh-
barer Zeit zu Auszahlungen führen werden, durch kurzfristig liquidierbare Vermögensgegen-
stände abgedeckt sind. Man unterscheidet folgende Liquiditätsgrade:
 Die Liquidität 1. Grades wird auch als Barliquidität bezeichnet. Sie wird als Quotient aus
dem Zahlungsmittelbestand, d.h. den liquiden Mitteln, und den kurzfristigen Verbind-
lichkeiten, die innerhalb eines Jahres fällig werden, berechnet.
Zahlungsmittel
Liquidität 1. Grades 
kurzfristige Verbindlichkeiten

 Bei der Liquidität 2. Grades werden im Zähler zusätzlich die kurzfristigen Forderungen
berücksichtigt, d.h. die innerhalb eines Jahres erwarteten Einzahlungen. Diese Kennzahl
weist daher einen höheren Wert auf als die Liquidität 1. Grades.

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Zahlungsmittel  kurzfristige Forderungen


Liquidität 2. Grades 
kurzfristige Verbindlichkeiten

 Zur Berechnung der Liquidität 3. Grades werden auch die Vorräte an Material sowie
fertigen und unfertigen Produkten, die durch Verkauf kurzfristig liquide gemacht werden
können, zur Abdeckung der kurzfristigen Verbindlichkeiten herangezogen.
Zahlungsmittel  kurzfristige Forderungen  Vorräte
Liquidität 3. Grades 
kurzfristige Verbindlichkeiten

Offensichtlich sind die Werte dieser Liquiditätskennzahlen umso höher, je größer der Be-
stand an den im Zähler erfassten liquiden bzw. liquidierbaren Vermögenswerten ist. Als
Erfahrungsregel wird gefordert, dass zumindest die Liquidität 3. Grades einen Wert größer
als 1 aufweisen sollte. Dennoch ist die Aufrechterhaltung der Liquidität kein Maximierungs-,
sondern ein Deckungsproblem. Versucht man, die Liquidität eines Unternehmens durch die
Erhöhung des in der Regel nicht oder nur gering verzinsten Zahlungsmittelbestands zu ver-
bessern, so entzieht man diese Mittel einer höher verzinslichen Anlage mit längerer Laufzeit
oder einer rentablen innerbetrieblichen Verwendung z.B. in Form von Investitionen. Das
Liquiditätsziel befindet sich somit im Konflikt zum Rentabilitätsziel und die Liquiditätssteu-
erung sollte dafür sorgen, dass weder zu viel noch zu wenig Liquidität gehalten wird.
Ein weiteres Problem bei der Beurteilung der Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens mithil-
fe von Liquiditätskennzahlen ist, dass diese einerseits lediglich eine Momentaufnahme dar-
stellen und dass andererseits ausschließlich die zum betrachteten Zeitpunkt vorhandenen
Bestände an Zahlungsmitteln, Forderungen, Vorräten und Verbindlichkeiten berücksichtigt
werden, nicht jedoch die laufenden Ein- und Auszahlungen, z.B. aus zukünftig erwarteten
Umsatzerlösen, für Lohnzahlungen, Zinsen, Steuern usw.

3.1.3 Sicherheit
Ein weiteres finanzwirtschaftliches Ziel ist die Absicherung der Erträge aus den Investiti-
onsmaßnahmen und damit letztlich die Sicherstellung der Unternehmensexistenz. Da zukünf-
tige Entwicklungen und damit auch die erwarteten Erträge unsicher sind, weisen finanzwirt-
schaftliche Maßnahmen regelmäßig ein gewisses Risiko auf. So hängen z.B. die tatsächli-
chen Rückflüsse aus einer neuen Anlage davon ab, ob diese beim laufenden Betrieb die ge-
plante Produktivität erreicht, wie die damit hergestellten Produkte am Markt abgesetzt wer-
den können und welche Preise sich im Wettbewerb durchsetzen lassen, aber auch von globa-
len Rahmenbedingungen wie der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung oder der Entwicklung
von Wechselkursen.
Tendenziell gilt, dass eine Maßnahme, die einen höheren Ertrag bringt, auch ein höheres
Risiko aufweist. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 3.1 grafisch dargestellt. Ausgehend von
einer sicheren Verzinsung i , wie sie z.B. bei Staatsanleihen gegeben ist, lässt sich die Ren-
dite nur dadurch steigern, dass ein zunächst geringer, dann immer steilerer Anstieg des Risi-
kos in Kauf genommen wird. Die Maximierung der Sicherheit durch eine Minimierung der

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3.1 Ziele der Finanzwirtschaft 133

Risiken bedeutet daher gleichzeitig den Verzicht auf eine höhere Rendite, das Ziel der Si-
cherheit steht somit im Konflikt zum Rentabilitätsstreben.

Rendite

Risiko

Abb. 3.1 Abhängigkeit von Rendite und Risiko

Die Auswahl der Kombination von Rendite und Risiko hängt von der Risikopräferenz des
Unternehmens bzw. seiner Entscheidungsträger ab:
 Ein risikoscheuer Investor muss abwägen, welches Ausmaß an Risiko er bei einer be-
stimmten Rendite zu tragen bereit ist. Er wird Projekte mit einem zu hohem Risiko ab-
lehnen.
 Ein risikoneutraler Investor wird die Projekte realisieren, die ihm die gewünschte Rendite
bringen, das Risiko ist für ihn nicht entscheidungsrelevant.
 Ein risikofreudiger Investor sieht bei einer riskanten Investition in erster Linie nicht die
Gefahr eines Verlusts, sondern die Chance eines hohen Ertrags. Er wird daher riskante
Projekte tendenziell bevorzugen.
Unternehmerische Risiken resultieren jedoch nicht nur aus Investitionsentscheidungen, son-
dern auch aus Finanzierungsmaßnahmen. Je höher der Verschuldungsgrad eines Unterneh-
mens ist, d.h. der Anteil des Fremdkapitals am Gesamtkapital, desto größer ist die Gefahr,
dass die festen Zinsansprüche der Kreditgeber aus den unsicheren Einzahlungen, die aus der
unternehmerischen Tätigkeit resultieren, nicht befriedigt werden können, d.h. dass das Un-
ternehmen illiquide wird. Umgekehrt lässt sich durch eine hohe Liquidität die Sicherheit der
Unternehmensexistenz erhöhen. Somit unterstützen sich das Liquiditätsziel und das Ziel
einer hohen Sicherheit gegenseitig.

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3.1.4 Unabhängigkeit
Unter der Unabhängigkeit eines Unternehmens versteht man die Aufrechterhaltung seiner
Dispositionsfreiheit und Flexibilität. Die Unabhängigkeit wird eingeschränkt, wenn einzel-
nen Anspruchsgruppen (vgl. Abschnitt 1.3.2) Mitspracherechte bei bestimmten Entscheidun-
gen eingeräumt werden müssen. Dies ist unter anderem aufgrund von Finanzierungsmaß-
nahmen der Fall, wenn sie einen gewissen Umfang übersteigen:
 Die Beschaffung zusätzlichen Eigenkapitals bedeutet meist die Aufnahme weiterer Ei-
gentümer in das Unternehmen, die ihren Einfluss auf die Unternehmenspolitik und auf
unternehmerische Entscheidungen geltend machen werden. Erhält ein Unternehmen Sub-
ventionen von der öffentlichen Hand, so unterliegt es einer gewissen Kontrolle bezüglich
der Mittelverwendung.
 Auch die Aufnahme von Krediten kann die Unabhängigkeit beeinträchtigen, da das Un-
ternehmen zum einen über die Vermögensgegenstände, die als Kreditsicherheit gestellt
werden, nicht mehr beliebig verfügen kann. Zum anderen verlangen große Kreditgeber
häufig Mitspracherechte, die ihnen von den Anteilseignern z.B. in Form von Sitzen im
Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft eingeräumt werden können.
Die Betonung der Unabhängigkeit eines Unternehmens kann daher dazu führen, dass es auf
zusätzliche Kapitalaufnahme und damit auf weitere rentable Geschäfte verzichtet. Dieses
Problem tritt vor allem bei mittelständischen Unternehmen auf, für die das Ziel der Unab-
hängigkeit tendenziell einen sehr hohen Stellenwert hat.

3.1.5 Zielbeziehungen
In den vorhergehenden Abschnitten wurde bereits auf einige Beziehungen zwischen den
finanzwirtschaftlichen Zielen eingegangen. Diese werden nun nochmals systematisch unter-
sucht. Abb. 3.2 veranschaulicht die bestehenden Zielbeziehungen. Teilweise liegen
konfliktäre Zielbeziehungen vor, d.h. eine Verbesserung bei einem Ziel ist nur auf Kosten
des Zielerreichungsgrads bei einem anderen Ziel möglich. Andere Ziele stehen in einem
harmonischen Verhältnis zueinander, d.h. eine Verbesserung bei einem Ziel beeinflusst das
andere Ziel positiv.
Zielkonflikte bestehen zwischen dem Rentabilitätsziel und sämtlichen anderen Zielen. Der
Konflikt zum Liquiditätsziel besteht darin, dass eine Steigerung der Rentabilität durch die
Durchführung zusätzlicher Investitionen die verfügbaren Mittel und damit die Liquidität
verringert und umgekehrt eine Erhöhung der Liquidität die möglichen Investitionen be-
schränkt und damit die Rentabilität beeinträchtigt. Der Zielkonflikt zwischen der Rentabilität
und dem Sicherheitsstreben ergibt sich daraus, dass sich eine höhere Rendite nur erzielen
lässt, wenn ein höheres Risiko eingegangen wird. Das Streben nach Unabhängigkeit findet
seine Grenzen dort, wo zur Finanzierung zusätzlicher Investitionen Kapital aufgenommen
werden muss.

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3.2 Investition 135

Liquidität

Rentabilität Sicherheit

Unabhängigkeit

Konfliktärer Einfluss

Harmonischer Einfluss

Abb. 3.2 Beziehungen der finanzwirtschaftlichen Ziele

Weiter lassen sich harmonische Beziehungen zwischen den folgenden Zielen feststellen:
Eine hohe Liquidität hat zumindest kurzfristig einen positiven Einfluss auf die Unabhängig-
keit des Unternehmens, da keine zusätzliche Mittelaufnahme erfolgen muss. Geringe Zah-
lungsverpflichtungen an Kreditgeber beeinflussen umgekehrt die Liquidität positiv. Ein ho-
hes Maß an Unabhängigkeit wirkt sich positiv auf die Sicherheit aus, da die Unternehmens-
politik keine speziellen Interessen unterschiedlicher Kapitalgeber berücksichtigen muss.
Umgekehrt fördert die Sicherheit der Ertragslage die Unabhängigkeit des Unternehmens, da
auf Kapitalzufuhr von außen verzichtet werden kann. Schließlich besteht auch zwischen der
Sicherheit und der Liquidität Zielharmonie, denn eine hohe Liquidität trägt zur Sicherheit des
Unternehmens bei, da das Risiko der Zahlungsunfähigkeit gering ist. Sichere Erträge wirken
sich positiv auf die Liquiditätslage aus, da keine plötzlichen Ertragsausfälle aus riskanten
Projekten zu befürchten sind.

3.2 Investition
Als Investition bezeichnet man die Anlage von finanziellen Mitteln in einem Vermögensge-
genstand mit der Absicht, spätere Einnahmen aus dessen Gebrauch oder Verkauf zu erzielen.
Eine Investition lässt sich somit als Zahlungsstrom abbilden, der mit einer Auszahlung be-
ginnt und spätere Einzahlungen erwarten lässt. Da Vermögensgegenstände auf der Aktivseite
der Bilanz ausgewiesen werden, bezeichnet man Investitionen auch als Kapitalverwendung
bzw. als die Sachform des Kapitals.

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136 3 Die Finanzwirtschaft

Im Folgenden werden zunächst die verschiedenen Investitionsarten erläutert (Abschnitt


3.2.1) und anschließend die statischen (Abschnitt 3.2.2) und die dynamischen Verfahren
(Abschnitt 3.2.3) der Investitionsrechnung vorgestellt. Abschnitt 3.2.4 befasst sich mit der
Ausgestaltung von Investitionsprogrammen und Abschnitt 3.2.5 mit der Bestimmung der
optimalen Nutzungsdauer von Sachinvestitionen.

3.2.1 Investitionsarten
Investitionen lassen sich nach der Art des erworbenen Vermögensgegenstands wie folgt
klassifizieren:
 Investitionen in das Anlagevermögen: Das Anlagevermögen besteht aus den Vermögens-
gegenständen, die länger als ein Jahr im Unternehmen verbleiben. Anlageinvestitionen
erfolgen entweder in Sachanlagen, d.h. Gebäuden, Maschinen, Einrichtungen usw., die
im güterwirtschaftlichen Umsatzprozess eingesetzt werden, oder in Finanzanlagen, d.h.
als Beteiligung an anderen Unternehmen oder als Anlage von verfügbaren Mitteln am
Kapitalmarkt.
 Investitionen in das Umlaufvermögen: Zum Umlaufvermögen zählen Güter, die im betrieb-
lichen Umsatzprozess kurzfristig verbraucht werden, d.h. Vorräte an Material, Zwischen-
produkten und Waren, aber auch liquide Mittel und die Forderungen gegenüber Kunden.
 Investitionen in das immaterielle Vermögen: Das immaterielle Vermögen umfasst Positi-
onen wie Patente, Lizenzen, Goodwill bzw. Firmenwert, Unternehmensimage, Innovati-
onsfähigkeit oder Mitarbeiterqualifikation. Investitionen in diese Bereiche dienen nicht
direkt der Durchführung des betrieblichen Umsatzprozesses, sondern dem Aufbau von
langfristigen Erfolgspotenzialen.
Im Folgenden steht die Betrachtung von Sachinvestitionen in das Anlagevermögen im Vor-
dergrund, z.B. die Entscheidung über die Anschaffung einer neuen Maschine. Sachinvestiti-
onen können grundsätzlich aus unterschiedlichen Anlässen durchgeführt werden, die sich
jedoch in der Realität häufig nicht voneinander trennen lassen:
 Ersatzinvestitionen dienen der Ablösung einer zuvor genutzten Anlage nach Ablauf ihrer
wirtschaftlichen oder technischen Nutzungsdauer. Als Ersatz wird in der Regel nicht die
gleiche Anlage, sondern ihr technischer Nachfolger angeschafft.
 Durch Erweiterungsinvestitionen wird die Kapazität des Unternehmens erhöht, indem
zusätzliche Anlagen angeschafft werden. Diese erlauben entweder die Ausweitung der
Produktionsmenge in bereits bestehenden Produktfeldern oder die Aufnahme von zusätz-
lichen Produkten in das Produktionsprogramm.
 Rationalisierungsinvestitionen tragen zu einer Erhöhung der Produktivität und damit zu
einer wirtschaftlicheren Leistungserstellung bei. Unter Rationalisierung versteht man all-
gemein den Ersatz des Produktionsfaktors Arbeit durch Kapital, d.h. eine Erhöhung des
Automatisierungsgrads der Fertigung.

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3.2 Investition 137

Abb. 3.3 gibt einen Überblick über die genannten Investitionsarten.

Investitionen

Immaterielles
Anlagevermögen Umlaufvermögen
Vermögen

Vorräte Patente, Lizenzen

Sach- Finanz- Zwischenprodukte Goodwill, Image


anlagen anlagen Waren F&E-Potenzial

Forderungen Mitarbeiterqualifikation
Ersatz- Beteiligungen
investitionen Firmenwert
Kapitalmarkt-
Erweiterungs- anlagen
investitionen

Rationalisierungs-
investitionen

Abb. 3.3 Investitionsarten

Die Aufgabe der Investitionsrechnung besteht darin, die Vorteilhaftigkeit von Investitions-
maßnahmen zu beurteilen. Im Einzelnen werden Entscheidungen hinsichtlich der folgenden
Probleme getroffen:
 Bestimmung der Vorteilhaftigkeit einer einzelnen Investition
 Auswahl zwischen konkurrierenden Investitionsalternativen
 Ermittlung des optimalen Investitionsvolumens
 Bestimmung des optimalen Investitionsprogramms
 Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer einer Anlage
Für diese Entscheidungsprobleme sind eine Reihe von Investitionsrechnungsverfahren ent-
wickelt worden, die sich hinsichtlich der benötigten Daten, des Rechenaufwands und der
Erfassung des Zeitablaufs unterscheiden.
 Die statischen Verfahren der Investitionsrechnung (vgl. Abschnitt 3.2.2) sind einfache
Hilfsverfahren der Praxis, mit denen sich Entscheidungen ohne großen Rechenaufwand
treffen lassen. Ihr wesentliches Kennzeichen ist, dass sie in ihrem Kalkül die unterschied-
lichen Zeitpunkte, zu denen Zahlungen anfallen, nicht hinreichend berücksichtigen. Da-
her stellen ihre Ergebnisse in der Regel lediglich Näherungslösungen dar.

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138 3 Die Finanzwirtschaft

 Die dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung (vgl. Abschnitt 3.2.3) hingegen


erheben den Anspruch, eine theoretisch exakte Lösung der Investitionsprobleme zu lie-
fern, indem sie die zeitliche Verteilung der Zahlungen mithilfe der Diskontierung explizit
berücksichtigen.

3.2.2 Statische Verfahren der Investitionsrechnung


Die statischen Verfahren der Investitionsrechnung sind in der Praxis sehr beliebte Nähe-
rungsverfahren, die Investitionsentscheidungen mit einfachen Berechnungen ermitteln. Die
Bezeichnung „statische Verfahren“ rührt daher, dass sie Geldbeträge gleich stark gewichten,
auch wenn sie in verschiedenen Perioden anfallen. Strukturelle Unterschiede beim Anfall
von Ein- und Auszahlungen werden beim Vergleich von Investitionsprojekten vernachläs-
sigt. Im Folgenden werden die am häufigsten verwendeten statischen Investitionsrechnungs-
verfahren vorgestellt und anschließend anhand eines Beispiels miteinander verglichen.

1. Kostenvergleichsrechnung
Die Kostenvergleichsrechnung konzentriert sich ausschließlich auf die Kosten, die die Inves-
titionsalternativen verursachen, sie vernachlässigt die Erlöse. Die Entscheidung fällt für die
Alternative, die die geringsten Kosten verursacht, d.h. es wird implizit unterstellt, dass die
verglichenen Alternativen eine vergleichbare Leistung erzeugen. Grundsätzlich werden in
den Vergleich sämtliche Kosten einbezogen, die die Alternativen während ihrer Nutzungs-
dauer verursachen, d.h. Abschreibungen, Zinsen, anteilige Personal- und Raumkosten, Kos-
ten für den Einsatz von Material, Energie und Betriebsstoffen bei der Nutzung, Wartungs-
und Reparaturkosten usw. Soweit diese Kosten im Entscheidungszeitpunkt nicht exakt be-
kannt sind, werden Erfahrungs- oder Durchschnittswerte herangezogen. Als für den Ver-
gleich relevante Kostengröße werden entweder die Gesamtkosten, die Kosten je Periode oder
die Kosten je Leistungseinheit zugrunde gelegt.
Die Kostenvergleichsrechnung ist eine einfache Methode, die schnell und auf Basis von in
der Regel vorhandenen Daten ein Ergebnis liefert. Sie ist allerdings keine exakte Wirtschaft-
lichkeitsrechnung, da sie zahlreiche für die Beurteilung einer Investition relevante Sachver-
halte vernachlässigt. Neben der Erlösentwicklung werden auch die Nutzungsdauern der In-
vestitionsalternativen nicht berücksichtigt. Auch zeitliche Unterschiede im Kostenanfall
werden durch die Durchschnittsbetrachtung nicht beachtet. Das Verfahren führt zu akzeptab-
len Ergebnissen, wenn es sich lediglich um kleine Beträge handelt oder wenn sich einem
Investitionsobjekt nur schwer Erlöse zurechnen lassen, z.B. bei der Anschaffung von Büro-
maschinen oder Pkw. Die Beschränkung auf die Kostenseite ist in erster Linie bei Ersatzin-
vestitionen gerechtfertigt, wenn man davon ausgeht, dass die Erlöse durch den Austausch
einer Anlage nicht beeinflusst werden.

2. Gewinnvergleichsrechnung
Bei der Gewinnvergleichsrechnung werden neben den Kosten auch die Erlöse der Investiti-
onsalternativen berücksichtigt, denn der Gewinn ist als Differenz von Erlösen und Kosten

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3.2 Investition 139

definiert. Bei diesem Verfahren wird diejenige Investitionsalternative ausgewählt, die den
höchsten Gewinn, der als Gesamtgewinn oder als durchschnittlicher Periodengewinn berech-
net wird, erwirtschaftet. Die Gewinnvergleichsrechnung wird vor allem bei Neu- oder Erwei-
terungsinvestitionen eingesetzt, da diese starke Auswirkungen auf die Erlössituation haben.
Voraussetzung für den Einsatz der Gewinnvergleichsrechnung ist, dass sich die erzielten
Erlöse den Anlagen hinreichend genau zurechnen lassen. Über die bereits bei der Kostenver-
gleichsrechnung genannten Kritikpunkte hinaus (Vernachlässigung der Nutzungsdauern und
der zeitlichen Verteilung der Zahlungen) ist problematisch, dass die hier verwendete absolute
Gewinngröße wenig aussagekräftig ist, wenn die Investitionsalternativen einen unterschiedli-
chen Kapitaleinsatz erfordern.

3. Renditenvergleichsrechnung
Die Renditenvergleichsrechnung nimmt einen Vergleich der als Verzinsung des eingesetzten
Kapitals interpretierten Rentabilität der Investitionsalternativen (vgl. Abschnitt 3.1.1) vor. Es
wird die Alternative ausgewählt, die die höchste Gesamtrentabilität oder durchschnittliche
Periodenrentabilität aufweist. Das Verfahren kann nicht nur zur Auswahl zwischen Investiti-
onsalternativen herangezogen werden, die dem gleichen Zweck dienen, sondern auch zur
Entscheidung über eine einzelne Investition oder zum Vergleich von Investitionen in unter-
schiedlichen Geschäftsfeldern, indem die ermittelte Rentabilität eines Projekts mit der vom
Unternehmen vorgegebenen Mindestverzinsung verglichen wird. Die auch als Return on
Investment (ROI) bezeichnete Rendite ist ein in der Praxis häufig verwendetes Erfolgsmaß.
Auch die Renditenvergleichsrechnung geht – wie die beiden zuvor behandelten Verfahren –
von einer Reihe vereinfachender Annahmen aus. Ihr Einsatz ist gerechtfertigt, wenn die
Gewinne bei den verglichenen Investitionsalternativen annähernd gleichmäßig anfallen. Das
Verfahren stößt jedoch auf Probleme, wenn aufgrund einer unterschiedlichen zeitlichen Ver-
teilung von Erlösen und Kosten die Kapitalbindung bei den Investitionsalternativen stark
voneinander abweicht oder wenn sich die Nutzungsdauern oder die Restwerte erheblich
unterscheiden.

4. Statische Amortisationsrechnung
Entscheidungsgröße bei der Amortisationsrechnung ist der Zeitpunkt, zu dem sich eine In-
vestition amortisiert hat, d.h. zu dem die kumulierten Rückflüsse aus einer Investition die
kumulierten Auszahlungen erstmals übersteigen. Dieser Zeitpunkt wird auch als Pay-off-
Periode bezeichnet. Er definiert die Zeitspanne, innerhalb derer das eingesetzte Kapital aus
dem Umsatzprozess erwirtschaftet wird. Die Entscheidung fällt für die Investitionsalternati-
ve, die die früheste Pay-off-Periode aufweist. Diese in der Praxis häufig eingesetzte Ent-
scheidungsregel trägt dazu bei, die mit einer Investition verbundene Unsicherheit zu reduzie-
ren, indem auf einen möglichst frühzeitigen Kapitalrückfluss geachtet wird. Die statische
Amortisationsrechnung berücksichtigt zwar die zeitliche Verteilung der Zahlungen insofern,
als eine Investitionsalternative mit früher anfallenden Gewinnen bevorzugt wird, kann jedoch
bei Investitionsalternativen mit unterschiedlicher Verteilung der Gewinne innerhalb der Pay-
off-Periode keine Auswahl treffen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass die Entwicklung nach

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der Pay-off-Periode vernachlässigt wird, so dass Projekte, bei denen die Erlöse erst nach
einer Anlaufphase anfallen, z.B. Innovationen, systematisch benachteiligt werden.
Die mit den statischen Verfahren der Investitionsrechnung verbundenen Probleme werden
durch das in Tab. 3.2 angegebene Beispiel verdeutlicht. Es soll eine Auswahl zwischen drei
Anlagen erfolgen. Um anhand eines einheitlichen Beispiels alle vier vorgestellten Methoden
diskutieren zu können, werden anstelle von Erlösen und Kosten die diesen zugrunde liegen-
den Einzahlungen und Auszahlungen verwendet. Vor der ersten Periode fallen lediglich die
Anschaffungsauszahlungen und noch keine Einzahlungen an, da die Anlagen zunächst instal-
liert werden müssen (Periode Null). Die Nutzungsdauer beträgt bei sämtlichen Anlagen vier
Perioden. Wie man sieht, unterscheiden sich die drei Anlagen deutlich hinsichtlich der zeitli-
chen Struktur der Zahlungen: Während Anlage A im Zeitablauf zunehmende Ein- und Aus-
zahlungen aufweist, bleiben bei Anlage B die Ein- und Auszahlungen konstant, bei Anlage C
fallen die Einzahlungen und steigen die Auszahlungen.

Tab. 3.2 Beispiel zur statischen Investitionsrechnung

Anlage A B C
Periode Einzahlung Auszahlung Einzahlung Auszahlung Einzahlung Auszahlung
0 0€ 2.000 € 0€ 2.500 € 0€ 1.500 €
1 1.100 € 500 € 1.000 € 250 € 1.200 € 400 €
2 1.200 € 600 € 1.000 € 250 € 1.100 € 450 €
3 1.350 € 700 € 1.000 € 250 € 900 € 550 €
4 1.500 € 800 € 1.000 € 250 € 800 € 650 €
Summe 5.150 € 4.600 € 4.000 € 3.500 € 4.000 € 3.550 €

Über die gesamte Nutzungsdauer der Anlagen entsprechen die Kosten der Summe der Aus-
zahlungen. Daher erweist sich bei der Kostenvergleichsrechnung Anlage B mit Gesamtkos-
ten von 3.500 € als die vorteilhafteste, während Anlage A Kosten von 4.600 € und Anlage C
von 3.550 € aufweist. Auch der Gewinn lässt sich über die gesamte Nutzungsdauer als
Summe der Einzahlungen abzüglich der Summe der Auszahlungen ermitteln. Er beträgt bei
Anlage A 550 €, bei Anlage B 500 € und bei Anlage C 450 €, so dass nach diesem Kriterium
Anlage A auszuwählen wäre. Bezieht man jedoch bei der Renditenvergleichsrechnung den
Gewinn auf den ursprünglichen Kapitaleinsatz, d.h. auf die Anschaffungsauszahlung in Peri-
ode 0, so dominiert Anlage C mit einer Rendite von 30% über Anlage A mit 27,5% und
Anlage B mit 20%. Die kürzeste Amortisationsdauer weist Anlage C auf, bei der das inves-
tierte Kapital bereits in der dritten Periode zurückfließt, während sich Anlage A und Anlage
B erst in der vierten Periode amortisieren.
Bereits in diesem einfachen Beispiel kommt das grundsätzliche Problem der statischen In-
vestitionsrechnung deutlich zum Ausdruck. Offensichtlich hängt die Entscheidung stark
davon ab, welches Investitionsrechenverfahren eingesetzt wird. Dies liegt daran, dass jedes
Verfahren auf andere Zielgrößen abstellt, bei denen die drei Investitionsprojekte sehr unter-
schiedliche Werte aufweisen, während die jeweils anderen Informationen vernachlässigt
werden.

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3.2 Investition 141

Insgesamt liegen die Vorteile der statischen Verfahren in ihrer großen Anschaulichkeit, dem
geringen Informationsbedarf und der Tatsache, dass lediglich einfache, leicht nachvollzieh-
bare Berechnungen durchzuführen sind. Daher stoßen sie auf hohe Akzeptanz in der betrieb-
lichen Praxis. Die Nachteile bestehen neben der oben genannten impliziten Orientierung an
unterschiedlichen Zielen vor allem in der weitgehenden Vernachlässigung der zeitlichen
Struktur der Zahlungen. Daher liefern sie nur unter den restriktiven Bedingungen, die bei den
einzelnen Verfahren genannt worden sind, akzeptable Ergebnisse.

3.2.3 Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung


Grundlage der dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung ist die Zeitpräferenz eines
Investors. Die Zeitpräferenz basiert auf der Tatsache, dass ein rational handelnder Anleger
bei sonst gleichen Bedingungen eine frühere Einzahlung gegenüber einer später anfallenden
Einzahlung bevorzugt. Die Ursachen der Zeitpräferenz liegen auf mehreren Ebenen: Zum
einen leistet der Anleger Verzicht auf anderweitige Verwendungen seines investierten Kapi-
tals, z.B. in Form von Konsum, und bevorzugt daher einen möglichst frühzeitigen Rückfluss.
Weiter besteht die Möglichkeit, einen früher anfallenden Rückzahlungsbetrag zwischenzeit-
lich anlegen und somit zusätzliche Zinserträge erhalten. Auch der Tatsache, dass eine später
anfallende Zahlung aufgrund von Inflation einen geringeren realen Wert aufweist, wird
durch die Zeitpräferenz Rechnung getragen. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die
Unsicherheit einer Investition tendenziell erhöht, je später die Rückflüsse erfolgen.
Daher werden bei den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung Zahlungen, die zu
unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen, durch Auf- bzw. Abzinsung (Diskontierung) mit
einem Kalkulationszinssatz i vergleichbar gemacht. Bei der Aufzinsung wird der Wert einer
heutigen Zahlung zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt, bei der Abzinsung umgekehrt der
Wert einer späteren Zahlung zum jetzigen Zeitpunkt. Dies wird durch das folgende Beispiel
verdeutlicht:
Aufzinsung:
Legt man 100 € zu einem Kalkulationszinssatz von i = 10% an, so werden daraus:
nach 1 Jahr 110,00 €
nach 2 Jahren 121,00 €
nach 3 Jahren 133,10 €
nach 5 Jahren 161,05 €
nach 10 Jahren 259,37 €
Der Wert einer Zahlung z zu einem Zeitpunkt t bestimmt sich allgemein bei einem Zinssatz
in Höhe von i als:

zt  z  1  i t

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142 3 Die Finanzwirtschaft

Abzinsung:
Erwartet man einen Betrag von 100 € zum Zeitpunkt t, so beträgt bei einem Kalkulations-
zinssatz von i = 10% der heutige Wert (Barwert) dieser Zahlung:
bei Zahlung in 1 Jahr 90,91 €
bei Zahlung in 2 Jahren 82,64 €
bei Zahlung in 3 Jahren 75,13 €
bei Zahlung in 5 Jahren 62,09 €
bei Zahlung in 10 Jahren 38,55 €
Der Barwert einer zum Zeitpunkt t erfolgenden Zahlung z beträgt bei einem Zinssatz in Höhe
von i:
z
z 0  z  1  i  t 
1  i t
Die Diskontierung wirkt sich umso stärker aus, je später die Zahlung anfällt und je höher der
verwendete Kalkulationszinssatz ist. In Abb. 3.4 sind die abgezinsten Werte einer Zahlung
von 100 € für Zinssätze von 5% bzw. 10% jeweils über 25 Jahre dargestellt.

Wert

100
90
80
70
60
i = 5%
50
40
30 i = 10%
20
10
0 Zeit
1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25

Abb. 3.4 Wirkung der Abzinsung

Um eine Auf- oder Abzinsung vornehmen zu können, muss somit ein Kalkulationszinssatz
vorgegeben werden. Dieser lässt sich nicht allgemein festlegen, sondern ist für jeden Investor
individuell zu bestimmen. Einen Anhaltspunkt für die Höhe des Kalkulationszinssatzes bietet
der Vergleich mit der besten Investitionsalternative, die aufgrund der Entscheidung für das

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3.2 Investition 143

betrachtete Investitionsobjekt nicht realisiert werden konnte. Der entgangene Zinssatz dieser
Vergleichsinvestition entspricht den Opportunitätskosten der Investition. In Tab. 3.3 sind
einige häufig herangezogene Vergleichsinvestitionen und die zugehörigen Zinssätze zusam-
mengestellt.

Tab. 3.3 Vergleichsinvestitionen

Vergleichsinvestition Zinssatz
Anlage in festverzinslichen Wertpapieren Umlaufrendite
Anlage in Gold erwartete Wertsteigerung
Rückzahlung eines Kredits Sollzinssatz des Kredits
Anderweitige Sachinvestition Rentabilität dieser Investition
Kassenhaltung Null

Eine in der Praxis viel genutzte Möglichkeit zur Bestimmung des als Kalkulationszinssatz
verwendeten Kapitalkostensatzes bietet die Weighted Average Cost of Capital (WACC)-
Methode. Der WACC entspricht den gewichteten Gesamtkapitalkosten eines Unternehmens,
er wird folgendermaßen berechnet:
Eigenkapital Fremdkapital
WACC   rEK   rFK  1  s 
Gesamtkapital Gesamtkapital
 
Eigenkapital- Fremdkapital-
quote quote

Die Renditeansprüche der Eigenkapitalgeber werden mit rEK angegeben und mit der Eigen-
kapitalquote als Quotient aus Eigenkapital und Gesamtkapital multipliziert. Entsprechend
wird der zu zahlende durchschnittliche Fremdkapitalzinssatz rFK mit der Fremdkapitalquote
multipliziert. Da Kreditzinsen als Aufwand den zu versteuernden Gewinn reduzieren, ist der
Fremdkapitalzinssatz nach Steuern relevant, der sich bei einem Steuersatz in Höhe von s
durch Multiplikation von rFK mit 1  s  ergibt.
Zur Abbildung des Zeitablaufs bei den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung
bestehen zwei grundsätzliche Möglichkeiten: Korrekt wäre eine kontinuierliche Modellie-
rung der Zeit, bei der jede Zahlung exakt zu dem Zeitpunkt, zu dem sie anfällt, erfasst und
mithilfe der Integralrechnung auf den Vergleichszeitpunkt auf- oder abgezinst wird. Da je-
doch viele Zahlungen regelmäßig zu festen Zeitpunkten, z.B. zum Monats- oder Jahresbe-
ginn, erfolgen, wird der Zeitablauf in der Regel diskret modelliert, d.h. alle innerhalb einer
Periode auftretenden Zahlungen werden dem Periodenanfang oder dem Periodenende zuge-
rechnet. Dies bietet den Vorteil, dass Summen anstelle von Integralen verwendet werden
können.
Ein Investitionsobjekt lässt sich durch seine Zahlungsreihe, d.h. die Folge der mit ihm ver-
bundenen Ein- und Auszahlungen, beschreiben. Bezeichnet man die in der Periode t anfal-
lenden Einzahlungen mit et und die Auszahlungen mit at , so ergibt sich der Einzahlungs-
überschuss der Periode t als:

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144 3 Die Finanzwirtschaft

zt  et  at

Die im Folgenden dargestellten dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung verwenden


neben dem Kalkulationszinssatz die mit einer Investition verbundenen Einzahlungsüber-
schüsse als zentrale Größe.

1. Kapitalwertmethode
Der Kapitalwert C0 einer Investition wird berechnet als Summe der mit dem Kalkulations-
zinssatz i auf den Zeitpunkt der Entscheidung abgezinsten Einzahlungsüberschüsse, die wäh-
rend der Laufzeit T aus der Investition erwartet werden.
T T
C0   et  at   1  i t   z t  1  i t
t 0 t 0

Da die Zahlungsreihe einer Investition mit einer Anschaffungsauszahlung a0 beginnt, der


erst in den späteren Perioden Einzahlungsüberschüsse folgen, ist auch die folgende Darstel-
lung des Kapitalwerts üblich:
T T
C0  a0   et  at   1  i t  a0   z t  1  i t
t 1 t 1

Bei der Berechnung des Kapitalwerts wird die aus der Investition resultierende Zahlungsrei-
he einer Vergleichsinvestition mit dem festen Zinssatz i gegenübergestellt. Ist der Kapital-
wert positiv, so liegt die Rendite der Investition über dem Kalkulationszinssatz und die In-
vestition ist vorteilhaft. Bei einem negativen Kapitalwert lässt sich aus der Vergleichsinvesti-
tion eine höhere Rendite erzielen, daher sollte die Investition nicht durchgeführt werden.
Beträgt der Kapitalwert Null, so weisen beide Alternativen eine gleich hohe Rendite auf. Für
eine eindeutige Entscheidung sind daher weitere Kriterien heranzuziehen, z.B. das mit der
Investition verbundene Risiko.
Soll mithilfe der Kapitalwertmethode eine Auswahl zwischen mehreren Anlagen getroffen
werden, so ist die Anlage mit dem höchsten Kapitalwert am vorteilhaftesten. Die Kapitalwer-
te für das Beispiel in Tab. 3.2 werden wie folgt berechnet, als Kalkulationszinssatz sind
dabei 10% zugrunde gelegt:

C0A  2.000  600  1,11  600  1,12  650  1,13  700  1,14
 2.000  545,45  495,87  488,35  478,11  7,78 €

C0B  2.500  750  1,11  750  1,12  750  1,13  750  1,14
 2.500  681,82  619,83  563,49  512,26  122,60 €

C0C  1.500  800  1,11  650  1,12  350  1,13  150  1,14
 1.500  727,27  537,19  262,96  102,45  129,87 €

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3.2 Investition 145

Die Kapitalwerte von Anlage A und Anlage C sind positiv, somit liegt die Rendite dieser
Investitionen über dem als Mindestverzinsung geforderten Zinssatz von 10%. Der negative
Kapitalwert von Anlage B bedeutet hingegen, dass diese weniger als 10% Rendite erwirt-
schaftet und daher auf keinen Fall realisiert werden sollte. Da Anlage C einen höheren Kapi-
talwert als Anlage A aufweist, sollte sich das Unternehmen für diese Investitionsalternative
entscheiden.
Die Kapitalwertmethode ist eine theoretisch korrekte Vorgehensweise zur Beurteilung von
Investitionen. Durch die Diskontierung werden die Zeitpunkte, zu denen die Zahlungen an-
fallen, exakt berücksichtigt. Nicht nur die laufenden Zahlungen während der Laufzeit der
Investition, sondern auch die Nutzungsdauer T und ein eventuell vorhandener Restwert, der
eine Einzahlung in der letzten Periode darstellt, gehen in die Rechnung ein. Mit dem Kalku-
lationszinssatz ist ein einheitlicher Maßstab vorhanden, anhand dessen sämtliche Investiti-
onsprojekte in einem Unternehmen beurteilt werden können.
Diesen offensichtlichen Vorteilen der Kapitalwertmethode stehen als Nachteile der relativ
hohe Informationsbedarf und der Rechenaufwand gegenüber, so dass sie in der Praxis teil-
weise noch heute abgelehnt wird. Während Großunternehmen bereits in großem Umfang
Investitionen mithilfe von dynamischen Verfahren beurteilen, greifen mittelständische Un-
ternehmen häufig bevorzugt auf die einfacheren statischen Investitionsrechnungsverfahren
zurück. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Kapitalwert als Ergebnisgröße wenig anschau-
lich ist.

2. Interner Zinsfuß
Der interne Zinsfuß einer Zahlungsreihe ist definiert als der Zinssatz i0 , bei dem der Kapi-
talwert der Zahlungsreihe den Wert Null annimmt. Er lässt sich analytisch als Nullstelle der
Kapitalwertfunktion bestimmen und als Rendite der Investitionsalternative interpretieren.
T !
C0 i    et  at   1  i  t  0
t 0

Eine Investition wird als vorteilhaft angesehen, wenn ihr interner Zinsfuß über einer vom
Unternehmen vorgegebenen Mindestrendite liegt. Ist eine Auswahl aus mehreren Investiti-
onsalternativen vorzunehmen, so wird derjenigen mit dem höchsten internen Zinsfuß der
Vorzug gegeben.
Für die Zahlungsreihen des Beispiels aus Tab. 3.2 ist ein Polynom vierten Grades zu lösen.
Mithilfe einer numerischen Näherung erhält man die folgenden internen Zinsfüße für die drei
zur Auswahl stehenden Anlagen:

i0A  10,17%

i0B  7,71%

i0C  15,13%

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146 3 Die Finanzwirtschaft

Da Anlage C den höchsten internen Zinsfuß aufweist, sollte in diese investiert werden. Wei-
ter zeigen die Ergebnisse, dass der interne Zinsfuß von Anlage B, deren Kapitalwert negativ
war, tatsächlich nicht die bei der Kapitalwertrechnung zugrunde gelegte Mindestverzinsung
von 10% erreicht, und dass der interne Zinsfuß von Anlage A, deren Kapitalwert kaum über
Null lag, nahe an 10% liegt.
Die Methode des internen Zinsfußes ist wesentlich anschaulicher als die Kapitalwertmetho-
de, da sie mit der Rendite einer Investition eine Größe liefert, die für jeden Entscheidungs-
träger verständlich ist und einen einfachen Vergleich mit anderen Investitionsalternativen
ermöglicht. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Vergleichszinssatz nicht von vornherein vorge-
geben werden muss, sondern erst bei Vorliegen des internen Zinsfußes zu entscheiden ist, ob
diese Rendite als ausreichend angesehen wird. Die Praxis gibt daher – wenn sie dynamische
Investitionsrechenverfahren anwendet – häufig der Methode des internen Zinsfußes den
Vorzug gegenüber der Kapitalwertmethode.
Allerdings stößt die Methode des internen Zinsfußes auf einige Kritikpunkte: Ein eher for-
maler Einwand ist, dass die Auflösung derartiger Polynome auf numerische Probleme stößt.
Diese lassen sich zwar durch den Einsatz von Näherungsverfahren vermeiden, jedoch sind
die erhaltenen Nullstellen oft nicht eindeutig. Lediglich bei einer so genannten Normalinves-
tition, bei der die Auszahlungen am Anfang der Zahlungsreihe liegen und später nur Einzah-
lungsüberschüsse auftreten, ist eine eindeutige Lösung garantiert. Gravierender ist der fol-
gende theoretische Einwand: Bei der Bestimmung des internen Zinsfußes wird implizit un-
terstellt, dass die in den einzelnen Perioden freigesetzten Beträge jeweils bis zum Ende der
Nutzungsdauer des Investitionsobjekts zum internen Zinsfuß angelegt werden können (Wie-
deranlageprämisse). Dies ist jedoch nicht realistisch, wenn der Vergleichszinssatz die beste
dem Unternehmen im Entscheidungszeitpunkt verfügbare Investitionsmöglichkeit wider-
spiegelt, so dass die sich tatsächlich ergebende Rendite unterhalb des internen Zinsfußes
liegt.
Aus der Wiederanlageprämisse lässt sich ein weiteres Problem ableiten: Die Entscheidung
anhand des internen Zinsfußes kann im Widerspruch zum Ergebnis der Kapitalwertmethode
stehen. In Abb. 3.5 sind die Kapitalwertkurven, die die Höhe des Kapitalwerts in Abhängig-
keit vom Kalkulationszinssatz angeben, für die drei Investitionsprojekte dargestellt. Wie man
sieht, liegt die Kurve von Anlage A für geringe Zinssätze oberhalb der Kurve von Anlage C,
d.h. Anlage A wird in diesem Bereich als vorteilhaft angesehen, da sie den höheren Kapital-
wert aufweist. Bei einem Zinssatz von ungefähr 4% schneiden sich die Kurven und für höhe-
re Zinssätze ist Anlage C vorteilhaft. Der interne Zinsfuß der drei Investitionsalternativen
lässt sich in diesem Diagramm als Schnittpunkt mit der Abszisse ablesen.

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3.2 Investition 147
600

400

200

0
0,02 0,04 0,06 0,08 0,1 0,12 0,14 0,16 0,18 0,2 Anlage C
-200

Anlage A
-400

-600 Anlage B

-800

Abb. 3.5 Kapitalwertkurven

Die Methode des internen Zinsfußes ist somit sowohl theoretisch als auch im praktischen
Einsatz als unbefriedigend anzusehen.

3. Annuitätenmethode
Unter einer Annuität versteht man eine jährlich anfallende, gleich hohe Zahlung. Die Annui-
tät A zur Zahlungsreihe einer Investition erhält man, indem man den Kapitalwert so umformt,
dass sich eine konstante, äquidistante Zahlungsreihe ergibt. Dafür wird der Kapitalwert mit
dem Wiedergewinnungsfaktor w multipliziert, der sich über die mit der Zahlungsreihe ver-
bundene endliche geometrische Reihe ermitteln lässt:

A  C0  w  C0 
1  i T  i
1  i T  1
Umgekehrt lässt sich der Kapitalwert einer Annuität berechnen, indem man diese mit dem
Kehrwert des Wiedergewinnungsfaktors, dem Rentenbarwertfaktor, multipliziert:

C0  A
1
 A
1  i T  1
w 1  i T  i
Da die Annuität einer Investition aus ihrem Kapitalwert abgeleitet wird, lautet das Entschei-
dungskriterium: Bei einer positiven Annuität ist die Investition vorteilhaft, bei einer negati-
ven Annuität wird sie nicht durchgeführt. Für die zuvor angegebenen Beispiele lauten die
Annuitäten:

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148 3 Die Finanzwirtschaft

1,14  0,1
A A  7,78   2,45 €
1,14  1

1,14  0,1
A B  122,60   38,68 €
1,14  1

1,14  0,1
AC  129,87   40,97 €
1,14  1

Der Kapitalwert von Anlage C in Höhe von 129,87 € entspricht somit einer jährlichen Zah-
lung von 40,97 € während der vierjährigen Nutzungszeit der Investition. Der große Vorteil
der Annuitätenmethode besteht darin, dass eine jährliche Zahlung anschaulicher ist als der
Kapitalwert. Im Übrigen lässt sich die bereits bei der Kapitalwertmethode genannte Beurtei-
lung übertragen.

4. Dynamische Amortisationsrechnung
Die Vorgehensweise der dynamischen Amortisationsrechnung ähnelt der in Abschnitt 3.2.2
vorgestellten statischen Variante. Es wird der Zeitpunkt bestimmt, zu dem die Anschaffungs-
auszahlung einer Investition in Form von – nunmehr diskontierten – Einzahlungsüberschüs-
sen in das Unternehmen zurückgeflossen ist. Dieser entspricht der Periode t , in der ihr Ka-
pitalwert erstmals nicht-negativ wird:
t 1 t
 et  at   1  i  t  0 und  et  at   1  i  t  0
t 0 t 0

Im Vergleich zur statischen Variante liegt der dynamische Amortisationszeitpunkt bei glei-
cher Zahlungsreihe tendenziell weiter hinten, da durch die Diskontierung die späteren Ein-
zahlungsüberschüsse weniger stark gewichtet werden. In unserem Beispiel amortisiert sich
Anlage A erst in der vierten Periode, Anlage B gar nicht, denn der Kapitalwert bleibt bis zum
Ende der Nutzungsdauer negativ, und Anlage C in der dritten Periode. Damit sind in diesem
Fall die Ergebnisse weitgehend identisch mit denen der statischen Amortisationsrechnung.
Für Anlage C gilt:
2 3
 et  at   1,1t  235,54 € und  et  at   1,1t  27,42 €
t 0 t 0

Das beschriebene Vorgehen zur Bestimmung der Amortisationsdauer führt allerdings nur
dann zu einem korrekten Ergebnis, wenn es sich um eine Normalinvestition handelt, d.h.
wenn auf Auszahlungsüberschüsse in den ersten Perioden ab einem bestimmten Zeitpunkt
ausschließlich Einzahlungsüberschüsse folgen. Wie bei der statischen Variante gilt auch hier,
dass Projekte, deren Einzahlungen erst nach einer Anlaufphase anfallen, tendenziell schlech-
ter abschneiden als solche, die bereits zu Beginn ihrer Nutzung hohe Einzahlungsüberschüs-
se aufweisen.

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3.2 Investition 149

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die dynamischen Verfahren der Investitions-
rechnung korrekte Lösungen liefern, da sie die zeitliche Verteilung der Zahlungen angemes-
sen berücksichtigen und auch in der Lage sind, sonstige Einflussgrößen auf die Rentabilität
eines Investitionsprojekts, wie die Nutzungsdauer oder den Resterlös einer Anlage, zu erfas-
sen. Problematisch ist allerdings, dass sie von sicheren Erwartungen hinsichtlich der Höhe
und der Zeitpunkte der Zahlungen ausgehen. Die häufig geäußerten Kritikpunkte, dass ihr
Informationsbedarf und der erforderliche Rechenaufwand zu hoch seien, sollten bei der heu-
tigen DV-Ausstattung der Unternehmen nicht mehr ins Gewicht fallen.

3.2.4 Investitionsprogramme
Die in den vorhergehenden Abschnitten behandelten Verfahren der Investitionsrechnung sind
lediglich in der Lage, die Vorteilhaftigkeit eines einzelnen Investitionsprojekts zu beurteilen
oder eine Auswahl zwischen konkurrierenden Investitionsalternativen zu treffen. Darüber
hinaus muss ein Unternehmen sein Investitionsprogramm bestimmen, d.h. eine Aufteilung
der üblicherweise begrenzten, ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel auf unter-
schiedliche Investitionsprojekte vornehmen. Dabei ist zu entscheiden, welche der in einem
Zeitpunkt durchführbaren Projekte, die bei isolierter Betrachtung jeweils vorteilhaft sind, in
welchem Umfang realisiert werden sollen.
Diese Entscheidung hängt von den Finanzierungsmöglichkeiten ab, die dem Unternehmen im
Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehen. Normalerweise verfügt ein Unternehmen über
mehrere Kapitalquellen, die ihm finanzielle Mittel zu unterschiedlichen Zinssätzen zur Ver-
fügung stellen (vgl. die Möglichkeiten der Kreditfinanzierung in Abschnitt 3.3.1). So wird
unter anderem ein langfristiger Betriebsmittelkredit mit einem relativ geringen Zinssatz in
Anspruch genommen, für die Kreditlinie auf dem Girokonto ist bereits ein höherer Zinssatz
zu zahlen, und für die Überschreitung dieses Kreditrahmens wird zusätzlich eine Überzie-
hungsprovision berechnet.
Einem Unternehmen stehen sechs unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten A bis F mit
Zinssätzen zwischen 8% und 36% und unterschiedlichem Mittelvolumen zur Verfügung.
Zum Entscheidungszeitpunkt liegen neun unterschiedliche Investitionsprojekte mit unter-
schiedlichem Mittelbedarf vor, deren Renditen zwischen 4% und 32% liegen. Ordnet man
die verfügbaren Finanzierungsmöglichkeiten nach steigendem Zinssatz an und trägt sie ent-
sprechend ihrem Umfang in ein Diagramm ein, so erhält man die in Abb. 3.6 dargestellte
Kapitalangebotskurve. Entsprechend werden die realisierbaren Investitionsprojekte nach
fallenden Renditen angeordnet und mit ihrem Kapitalbedarf eingetragen, dies ergibt die Ka-
pitalnachfragekurve. Das optimale Investitionsprogramm ergibt sich als Schnittpunkt von
Kapitalangebots- und Kapitalnachfragekurve. Gleichzeitig kann man das optimale Investiti-
onsvolumen und den kritischen Zinssatz, den die Investitionsprojekte mindestens aufweisen
müssen, um durchgeführt zu werden, ablesen.
Bei dem Beispiel in Abb. 3.6 werden die Investitionsprojekte 1 bis 5 realisiert und dafür die
Kredite A und B vollständig sowie der Kredit C teilweise in Anspruch genommen. Bei den
Investitionsprojekten 6 bis 9 reicht ihre Rendite nicht aus, um die Kapitalkosten, die für die

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150 3 Die Finanzwirtschaft

noch nicht ausgeschöpften Krediten C bis F entstehen, zu erwirtschaften. Daher werden sie
in dieser Situation nicht durchgeführt. Das optimale Investitionsprogramm weist demnach
ein Volumen von 200.000 € auf. Der kritische Zinssatz, bis zu dem die Investitionsprojekte
durchgeführt werden, beträgt 18%.

Zins

40% Kapitalangebot
1 F
30% 2 E
3
4 D
5
20%
6
C 7
B 8 Kapitalnachfrage
10%
A 9
Betrag [T €]
50 100 150 200 250 300 350 400

Abb. 3.6 Kapitalangebot und Kapitalnachfrage

3.2.5 Nutzungsdauer
Eine weitere Entscheidung im Investitionsbereich ist die Bestimmung der optimalen Nut-
zungsdauer bzw. des optimalen Ersatzzeitpunkts einer Anlage. Bei den zuvor behandelten
Verfahren der Investitionsrechnung wurde davon ausgegangen, dass die Nutzungsdauer im
Voraus bekannt ist. Vielfach wird für derartige Berechnungen die Abschreibungsdauer oder
die erwartete technische Nutzungsdauer zugrundegelegt. Die tatsächliche Nutzungsdauer
wird wesentlich durch wirtschaftliche Erwägungen bestimmt. Auch wenn sich die technische
Nutzungsdauer einer Anlage durch Reparaturen fast beliebig verlängern lässt, ist es ab einem
bestimmten Zeitpunkt kostengünstiger, die Anlage stillzulegen und durch einen – meist tech-
nisch verbesserten – Nachfolger zu ersetzen. Auch andere Einflüsse, z.B. eine Veränderung
der Kundenanforderungen oder zusätzliche Umweltschutzvorschriften, können zur Stillle-
gung einer Anlage vor Ablauf ihrer technischen Nutzungsdauer führen. Im Folgenden wird
zur Vereinfachung davon ausgegangen, dass die Ersatzinvestition in eine identische Anlage
erfolgt.
Die optimale Nutzungsdauer hängt weiter davon ab, was nach der Stilllegung der Anlage
geschieht: Je weiter ihr (auch mehrmaliger) Ersatz in die Zukunft hinein geplant wird, desto
kürzer ist die Nutzungsdauer der betrachteten Anlage. Die Bestimmung der optimalen Nut-
zungsdauer wird zunächst für den Fall einer einmaligen Investition dargestellt, dann für den
einmaligen, wiederholten und unendlichen Ersatz. Zur Veranschaulichung wird das in Tab.

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3.2 Investition 151

3.4 angegebene Beispiel mit einer geschätzten technischen Nutzungsdauer von 10 Jahren
herangezogen. Die der Anlage zugerechneten Einzahlungen sind die laufenden Erlöse aus
dem Verkauf der hergestellten Produkte, die laufenden Auszahlungen fallen vor allem für
Wartung und Reparaturen an und steigen tendenziell mit dem Alter der Anlage an. Als Kal-
kulationszinssatz werden 10% zugrunde gelegt. Da die Anlage linear abgeschrieben wird,
sinkt ihr Restwert jährlich um 10.000 €.

Tab. 3.4 Beispiel zur optimalen Nutzungsdauer

Periode Einzahlung Auszahlung Restwert


0 0€ 100.000 € 100.000 €
1 50.000 € 8.000 € 90.000 €
2 48.000 € 8.000 € 80.000 €
3 46.000 € 9.000 € 70.000 €
4 44.000 € 9.000 € 60.000 €
5 41.000 € 10.000 € 50.000 €
6 38.000 € 11.000 € 40.000 €
7 35.000 € 12.000 € 30.000 €
8 31.000 € 13.000 € 20.000 €
9 26.000 € 15.000 € 10.000 €
10 20.000 € 17.000 € 0€

1. Ohne Ersatz
Wenn kein Ersatz der Anlage geplant wird, ist es sinnvoll, die vorhandene Anlage zu nutzen,
solange sie positive Einzahlungsüberschüsse erwirtschaftet. Normalerweise sinken die Ein-
zahlungsüberschüsse im Zeitablauf, da die Betriebs- und Wartungskosten tendenziell anstei-
gen, während die Erlöse aufgrund einer abnehmenden Leistungsfähigkeit der Anlage und
eventuell sinkender Nachfrage nach den auf ihr erzeugten Produkten zurückgehen. Weiter ist
zu berücksichtigen, dass sich beim Verkauf der alten Anlage ein Resterlös R erzielen lässt,
der umso geringer ausfällt, je älter die Anlage ist. Daher müssen die Erlöse einer Periode
nicht nur die laufenden Kosten abdecken, sondern auch die Verringerung des Restwerts und
die darauf entfallenden Zinsen berücksichtigen. Der Kapitalwert einer Anlage in Abhängig-
keit von ihrer Nutzungsdauer T beträgt:
T
C0 T    et  at   1  i  t  RT   1  i T (*)
t 0

Die optimale Nutzungsdauer T 0 ist die Periode, in der der Kapitalwert erstmals nicht mehr
zunimmt:

 
C0 T 0  1  C0 T 0   und   
C0 T 0  C0 T 0  1 

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152 3 Die Finanzwirtschaft

Bei dem in Tab. 3.4 angegebenen Beispiel beträgt die wirtschaftlich optimale Nutzungsdauer
acht Jahre, da der nach Formel (*) berechnete Kapitalwert von der achten zur neunten Perio-
de erstmals fällt:
C0 1  20.000 €
C0 2  37.355 €
C0 3  51.630 €
C0 4   63.925 €
C0 5  73.238 €
C0 6   80.012 €
C0 7   84.631 €
C0 8  86.963 €
C0 9  86.539 €

Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man die Periode sucht, in der der Einzahlungs-
überschuss zum letzten Mal ausreicht, um die Verringerung des Restwerts und die Verzin-
sung des Restwerts der Vorperiode abzudecken:
e
T0
a
T0
T
 R 0
1
R
T0
 i  RT 0
1
und
e
T 0 1
a
T 0 1
T
 R 0 R
T 0 1
 i  RT 0

Für das achte Jahr gilt:


31.000  13.000  18.000  10.000  0,1  30.000  13.000

Im neunten Jahr hingegen gilt:


26.000  15.000  11.000  10.000  0,1  20.000  12.000

2. Einmaliger Ersatz
Wenn die Anlage durch einen identischen Nachfolger ersetzt werden soll, lässt sich ihre
optimale Nutzungsdauer nicht mehr isoliert bestimmen. Je früher der Ersatz vorgenommen
wird, desto eher steigen die Einzahlungsüberschüsse wieder an, da die laufenden Kosten der
neuen Anlage geringer sind als die der alten. Andererseits wird durch den vorzeitigen Ersatz
der alten Anlage die Gesamtnutzungsdauer beider Anlagen verkürzt. Da für die zweite Anla-
ge kein Ersatz geplant ist, beträgt ihre optimale Nutzungsdauer im Beispiel – wie zuvor be-
stimmt – acht Jahre und ihr Kapitalwert 86.963 €. Die optimale Nutzungsdauer der ersten
Anlage lässt sich nun analog zur vorherigen Argumentation dadurch bestimmen, dass die
Periode T10 gesucht wird, in der der Einzahlungsüberschuss der Anlage erstmals nicht mehr
ausreicht, um die Verringerung des Restwerts der ersten Anlage, die Verzinsung des Rest-

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3.2 Investition 153

werts der ersten Anlage und die Verzinsung des Kapitalwerts der zweiten Anlage abzude-
cken. Um die Berechnungen konsistent zu halten, wird die als letztes angeschaffte Anlage
mit dem Index 1 bezeichnet und die zuvor eingesetzte Anlage mit dem Index 2.

e
T20
a
T20  T2 1 T2  T2 1
 
  R 0  R 0   i  R 0  i  C1 T10

und

e
T20 1
a
T20 1

 T2

T2 1  T2
 
  R 0  R 0   i  R 0  i  C1 T10

Für das oben eingeführte Beispiel ist diese Bedingung im siebten Jahr erstmals erfüllt. Im
siebten Jahr gilt:
35.000  12.000  23.000  10.000  0,1  40.000  0,1  86.963  22.696

Für das achte Jahr hingegen gilt:


31.000  13.000  18.000  10.000  0,1  30.000  0,1  86.963  21.696

Der optimale Ersatzzeitpunkt für die erste Anlage liegt somit bereits am Ende des siebten
Jahres.
Der gesamte Kapitalwert dieser aus zwei Gliedern bestehenden Investitionskette ergibt sich
als Summe aus dem Kapitalwert der zuerst genutzten Anlage und dem abgezinsten Kapital-
wert der später angeschafften Anlage. Er beträgt:

C0 T2 , T1   C 2 T2   1  i T2  C1 T1 

 84.631  1,17  86.963  129.257 €

3. Wiederholter Ersatz
Diese Ergebnisse lassen sich auf den Fall einer wiederholten identischen Ersatzinvestition
verallgemeinern. Ausgehend vom Ersatzpunkt der letzten Anlage werden sukzessiv die je-
weiligen Ersatzzeitpunkte ihrer Vorgänger bestimmt. Dabei setzt sich die oben festgestellte
Tendenz fort, dass der Ersatzzeitpunkt einer Anlage umso früher liegt, je mehr Nachfolger
sie aufweist. Für die optimale Nutzungsdauer Tn0 des n-ten Glieds einer endlichen Investiti-
onskette muss folgende Bedingung erfüllt sein:

e
Tn0
a
Tn0  Tn 1 Tn  Tn 1
 
  R 0  R 0   i  R 0  i  C n 1 Tn01

und

e
Tn01
a
Tn01  Tn Tn 1  Tn
 
  R 0  R 0   i  R 0  i  C n 1 Tn01

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154 3 Die Finanzwirtschaft

Betrachtet man für das oben eingeführte Beispiel eine dreigliedrige Investitionskette, so
beträgt die optimale Nutzungsdauer der ersten Anlage nunmehr nur noch fünf Jahre. Im
fünften Jahr gilt:
41.000  10.000  31.000  10.000  0,1  60.000  0,1  129.257  28.926
Für das sechste Jahr hingegen ergibt sich:
38.000  11.000  27.000  10.000  0,1  50.000  0,1  129.257  27.926
Der Kapitalwert einer endlichen Investitionskette lässt sich rekursiv aus den Kapitalwerten
der einzelnen Anlagen berechnen:

C0 Tn , Tn 1   C n Tn   1  i Tn  C n 1 Tn 1 , Tn  2 

Der Kapitalwert einer dreigliedrigen Investitionskette zu dem oben eingeführten Beispiel


beträgt demnach:
C0 T3 , T2   C3 T3   1  i T3  C 2 T2 , T1 

 73.238  1,15  129.257  153.496 €

4. Unendlicher Ersatz
Mit jeder Verlängerung der Investitionskette nimmt der Kapitalwert zu und die optimale
Nutzungsdauer der ersten Anlage tendenziell ab. Für den theoretischen Grenzfall einer un-
endlichen Investitionskette, bei der die Anlage immer wieder durch einen identischen Nach-
folger ersetzt wird, konvergiert der Kapitalwert gegen den folgenden Grenzwert, wobei T 0
die optimale Nutzungsdauer der zuerst genutzten Anlage angibt:
0

  1  Ti 0
T
 0
C  C0 T
1  i   1
Im vorliegenden Beispiel verkürzt sich die Nutzungsdauer der zuerst eingesetzten Anlage bei
einer viergliedrigen Investitionskette auf vier Jahre, bei einer siebengliedrigen Investitions-
kette sinkt sie auf drei Jahre, bei einer achtgliedrigen Investitionskette beträgt sie nur noch
zwei Jahre, und ab einer 16-gliedrigen Investitionskette beträgt sie ein Jahr. Der Kapitalwert
konvergiert gegen den folgenden Grenzwert:

C   C1 
1  0,11  20.000  1,1  220.000 €
1  0,11  1 0,1

Da in der Realität eine Anlage in der Regel nicht durch einen identischen, sondern durch
einen technisch verbesserten Nachfolger ersetzt wird und auch andere Werte, die bei den
vorgehenden Betrachtungen als konstant angenommen wurden, sich im Zeitablauf ändern,
lassen sich diese Ergebnisse nicht direkt anwenden, sondern zeigen lediglich die Struktur des
Ersatzproblems und seine wesentlichen Einflussgrößen auf.

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3.3 Finanzierung 155

3.3 Finanzierung
Aufgabe der Finanzierung ist die Beschaffung und termingerechte Bereitstellung der für den
betrieblichen Umsatzprozess sowie für die Durchführung von Investitionen benötigten Fi-
nanzmittel. Es bestehen folgende Zusammenhänge zwischen der Finanzierung und der Inves-
tition (vgl. nochmals die Definition am Anfang von Abschnitt 3.2): Während eine Investiti-
onsmaßnahme mit einer Auszahlung beginnt, der später Einzahlungen folgen, lässt sich eine
Finanzierungsmaßnahme als Zahlungsstrom abbilden, der mit einer Einzahlung beginnt und
nachfolgende Auszahlungen aufweist. Die Investition entspricht der Kapitalverwendung
bzw. der Sachform des Kapitals und steht auf der Aktivseite der Bilanz. Die Finanzierungs-
quellen eines Unternehmens hingegen werden auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen.
Daher bezeichnet man die Finanzierung auch als Kapitalherkunft bzw. als die Geldform des
Kapitals. Abb. 3.7 zeigt den Zusammenhang von Investition und Finanzierung anhand ihrer
Abbildung in der Bilanz auf (zur Bilanzdarstellung vgl. Abschnitt 4.2).

Bilanz
Aktiva Passiva

Anlagevermögen Eigenkapital

Umlaufvermögen Fremdkapital

Investition Finanzierung

Abb. 3.7 Zusammenhang von Investition und Finanzierung

Da eine Bilanz formal immer ausgeglichen sein muss, entspricht die Summe der Aktiva der
Summe der Passiva, d.h. Investitionen in das Anlage- oder Umlaufvermögen sind genau in
dem Umfang möglich, in dem das Unternehmen über finanzielle Mittel in Form von Eigen-
oder Fremdkapital verfügen kann. Tendenziell gilt der Grundsatz, dass das Anlagevermögen
durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital finanziert werden soll (Goldene Bilanzre-
gel). Daher ist bei der Finanzierung grundsätzlich auf die Fristenkongruenz zu achten, d.h.
dass langfristige Investitionen durch langfristige Kredite finanziert werden, damit das Unter-
nehmen bei Fälligkeit eines kurzfristigen Kredits nicht in Liquiditätsschwierigkeiten gerät
und Teile des betriebsnotwendigen Vermögen, wie z.B. eine Maschine, verkaufen muss.
Zur Deckung seines Mittelbedarfs stehen einem Unternehmen unterschiedliche Finanzie-
rungsformen zur Verfügung, aus denen es eine adäquate Auswahl treffen muss. Finanzie-
rungsmaßnahmen lassen sich zum einen nach der Fristigkeit der Kapitalbereitstellung klassi-
fizieren:

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156 3 Die Finanzwirtschaft

 Zur kurzfristigen Finanzierung zählen alle Mittel, die dem Unternehmen für weniger als
ein Jahr zur Verfügung gestellt werden.
 Mittelfristige Finanzierungsmaßnahmen weisen eine Laufzeit zwischen einem Jahr und
vier Jahren auf.
 Als langfristig werden Kapitaldispositionen bezeichnet, die über einen Zeitraum von
mehr als vier Jahren erfolgen.
Weiter erfolgt Unterscheidung hinsichtlich der Quellen, aus denen das Kapital stammt:
 Bei der Außenfinanzierung werden dem Unternehmen finanzielle Mittel von Dritten
zugeführt.
 Bei der Innenfinanzierung hingegen werden im Unternehmen selbst erwirtschaftete Ein-
zahlungsüberschüsse einbehalten und für Finanzierungszwecke genutzt.
Schließlich lassen sich die bereitgestellten Mittel nach der Rechtsstellung des Kapitalgebers
unterscheiden:
 Fremdkapital sind finanzielle Mittel, die dem Unternehmen von Außenstehenden befristet
zur Verfügung gestellt werden. Die Kreditgeber erhalten Zinsen als Entgelt für die Kapi-
talüberlassung und haben einen Anspruch auf Rückzahlung ihres Kapitals zu den verein-
barten Terminen.
 Als Eigenkapital bezeichnet man finanzielle Mittel, die dem Unternehmen von seinen
Eigentümern unbefristet zur Verfügung gestellt werden. Diese erhalten kein fest verein-
bartes Entgelt, sondern eine vom jeweiligen Erfolg abhängige Beteiligung am Gewinn
des Unternehmens. Weiter tragen die Eigenkapitalgeber das volle Risiko der unternehme-
rischen Betätigung.
Diese Finanzierungsformen können wie folgt miteinander kombiniert werden: Wird dem
Unternehmen Kapital von außen durch Fremdkapitalgeber zugeführt, so spricht man von
einer Kreditfinanzierung. Erfolgt die Kapitalzuführung hingegen durch Eigenkapitalgeber,
liegt eine Beteiligungsfinanzierung vor. Die Innenfinanzierung mit Kapital, das externen
Gläubigern zusteht, wird in Form der Finanzierung aus Rückstellungen oder aus Abschrei-
bungen durchgeführt. Für eine Innenfinanzierung aus einbehaltenen Gewinnen, die nicht an
die Eigentümer des Unternehmens ausgeschüttet werden, wird der Begriff der Selbstfinanzie-
rung verwendet. Abb. 3.8 zeigt den Zusammenhang zwischen den genannten Finanzierungs-
formen auf.
In den nachfolgenden Abschnitten werden die wichtigsten der den einzelnen Finanzierungs-
formen zugeordneten Finanzierungsinstrumente näher dargestellt. Zunächst werden in Ab-
schnitt 3.3.1 die unterschiedlichen Formen der Kreditfinanzierung behandelt. Abschnitt 3.3.2
befasst sich mit der Beteiligungsfinanzierung, deren Ausgestaltung stark von der Rechtsform
des Unternehmens abhängig ist. Abschnitt 3.3.3 geht auf die Selbstfinanzierung als Innenfi-
nanzierung mit Eigenkapital und Abschnitt 3.3.4 auf die Innenfinanzierung aus fremden
Mitteln ein.

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3.3 Finanzierung 157

Kapitalherkunft
Außenfinanzierung Innenfinanzierung
Rechtsstellung

Finanzierung aus
Fremdfinanzierung Kreditfinanzierung
fremden Mitteln

Beteiligungs-
Eigenfinanzierung Selbstfinanzierung
finanzierung

Abb. 3.8 Finanzierungsformen

3.3.1 Kreditfinanzierung

3.3.1.1 Formen der Kreditfinanzierung


Bei der Kreditfinanzierung wird dem Unternehmen Fremdkapital von außen zugeführt. Die
Grundform der Kreditfinanzierung ist das Darlehen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)
definiert ein Darlehen als ein Schuldverhältnis, bei dem ein Gläubiger einem Schuldner einen
Geldbetrag für eine bestimmte Dauer überlässt und dafür einen Anspruch auf Zahlung der
vereinbarten Zinsen sowie auf Rückzahlung des Darlehensbetrags bei Fälligkeit des Darle-
hens erhält. Entsprechend den Bedürfnissen der Wirtschaftspraxis sind vielfältige Kreditfor-
men entwickelt worden, die sich insbesondere in Bezug auf die folgenden Kriterien unter-
scheiden:
 Laufzeit
– kurzfristige Kredite
– mittelfristige Kredite
– langfristige Kredite
– unbefristete Kredite
 Kreditgeber
– Banken
– Kapitalsammelstellen
– Kapitalmarkt
– Anteilseigner
– Lieferanten
– Kunden

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158 3 Die Finanzwirtschaft

– öffentliche Institutionen
– andere Unternehmen
 Tilgung
– Tilgung in einer Summe am Ende der Laufzeit
– regelmäßige Tilgung während der Laufzeit
– variable Tilgung

 Verzinsung
– fester Zinssatz
– variabler Zinssatz
– unverzinsliche Kredite

Die Höhe des Zinssatzes eines Kredits hängt vor allem von dem damit verbundenen Risiko
ab, das sich auf folgende Faktoren zurückführen lässt:
 Laufzeit: Grundsätzlich gilt, dass für einen langfristigen Kredit ein höherer Zinssatz zu
zahlen ist als für einen kurzfristigen. Dies liegt zum einen daran, dass der Kreditgeber
länger auf seine liquiden Mittel verzichtet und das Risiko, dass er sein Geld nicht zurück-
erhält, mit der Laufzeit ansteigt (vgl. nochmals die Zielkonflikte zwischen den finanz-
wirtschaftlichen Zielen in Abschnitt 3.1.5). Zum anderen liegt das Zinsniveau auf dem
Kapitalmarkt, auf dem sich das Kreditinstitut langfristig refinanzieren kann, in der Regel
höher als auf dem Geldmarkt, auf dem kurzfristige Finanztitel gehandelt werden.
 Absicherung: Zur Absicherung eines Kredits können vom Schuldner Sicherheiten gestellt
werden, aus denen sich der Kreditgeber bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit befriedigen
kann. Als Kreditsicherheiten kommen Bürgschaften und Garantien, die Abtretung von
Forderungen, die Verpfändung von Wertpapieren, die Sicherungsübereignung von Ma-
schinen, der Eigentumsvorbehalt auf Warenlieferungen sowie Grundpfandrechte in Be-
tracht. Je wertstabiler und je leichter verwertbar eine Sicherheit ist, desto günstiger ist der
Kreditzinssatz. Die geringsten Zinssätze werden üblicherweise für Hypothekenkredite
verlangt, die höchsten Zinsen fallen für ungesicherte Kredite an.
 Bonität des Schuldners: Die Bonität ist ein Maß für die Kreditwürdigkeit eines Unter-
nehmens, von der die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kredits abhängt. Je geringer die
Kreditgeber die Chance einschätzen, dass sie ihr Kapital zuzüglich der Zinsen wie ver-
einbart erhalten werden, desto höher ist der Zinssatz, den das Unternehmen für einen
Kredit zahlen muss. Nach den Regelungen der Basler Eigenkapitalvorschriften (Basel II-
Richtlinie) müssen Kreditinstitute einen bestimmten Prozentsatz jedes vergebenen Kre-
dits mit Eigenkapital unterlegen. Da dieser Prozentsatz mit abnehmender Bonität eines
Kunden steigt, geben die Banken ihre höheren Eigenkapitalkosten über den Kreditzins-
satz an die Kunden weiter. Zur Ermittlung der Bonität eines Unternehmens wird ein Ra-
ting durchgeführt. Während bei einem internen Rating die Bank selbst eine Risikoeinstu-
fung vornimmt, wird für ein externes Rating die Bewertung durch eine Rating-Agentur
(z.B. Standard & Poors oder Moody’s) herangezogen. Als Ergebnis des Ratings wird das

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3.3 Finanzierung 159

Unternehmen in eine Bonitätsklasse eingestuft, wobei AAA (triple A) für die höchste
Bonität steht, während eine Einstufung in Klasse C oder D auf ein hohes Ausfallrisiko für
den Kreditgeber hindeutet und damit ein Alarmsignal ist. Neben die Einschätzung des
Kreditrisikos tritt eine Beurteilung der operationellen Risiken aus der laufenden Ge-
schäftstätigkeit des Unternehmens.
In der Regel wird ein Unternehmen seinen Kreditbedarf nicht aus einer einzigen Finanzie-
rungsquelle decken können, sondern eine seinen Bedürfnissen entsprechende Mischung aus
den verschiedenen Kreditarten einsetzen. Dabei ist nicht nur darauf zu achten, dass die Kos-
ten eines Kredits möglichst gering sind, sondern auch auf eine zum Kreditbedarf passende
Laufzeit und ein zur Finanzierung der laufenden Geschäfte und der anstehenden Investitio-
nen ausreichendes Kreditvolumen. Im Folgenden wird zunächst auf langfristige Kredite,
anschließend auf kurzfristige Formen der Kreditfinanzierung und schließlich auf einige Son-
derformen der Kreditfinanzierung eingegangen. Abb. 3.9 gibt einen Überblick über die hier
behandelten Instrumente der Kreditfinanzierung.

Kreditfinanzierung

Langfristige Kurzfristige
Sonderformen
Kredite Kredite

Bankdarlehen Kontokorrent- Leasing


kredit Factoring
Schuldschein-
darlehen Lieferanten- Genussscheine
kredit
Schuldver-
schreibungen Anzahlungen
Gesellschafter-
Wechselkredit
darlehen
Öffentliche
Kredite

Abb. 3.9 Kreditfinanzierung

3.3.1.2 Langfristige Kredite


Langfristige Kredite stehen dem Unternehmen für mehrere Jahre zur Verfügung und sind
daher geeignet, dauerhaften Kapitalbedarf, z.B. für Investitionen in Fertigungsanlagen, zu
befriedigen.

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160 3 Die Finanzwirtschaft

1. Bankdarlehen
Eine typische Form der langfristigen Kreditfinanzierung, die vor allen von mittelständischen
Unternehmen in Anspruch genommen wird, ist der Betriebsmittelkredit bei der Hausbank.
Ein solches Darlehen wird in der Regel als festverzinslicher Kredit mit einer Laufzeit von bis
zu 10 Jahren vereinbart. Während der Kreditlaufzeit leistet das Unternehmen regelmäßige
Zins- und meist auch Tilgungszahlungen. Bei Fälligkeit kann das Darlehen verlängert wer-
den, wobei eine Anpassung des Zinssatzes an die aktuelle Marktlage erfolgt. Zur Absiche-
rung ihrer Forderung lässt sich die Bank als Kreditsicherheit häufig eine Grundschuld auf das
Betriebsgrundstück eintragen. In Bezug auf die Tilgungsvereinbarungen unterscheidet man
folgende Darlehensvarianten:
 Bei einem Abzahlungsdarlehen erfolgt eine regelmäßige Tilgung des Kredits in gleich
hohen Raten. Da sich durch jede Rückzahlung die Kreditsumme reduziert, nimmt im
Laufe der Zeit die Zinsbelastung ab, so dass die Zahlungsbeträge im Zeitablauf immer
niedriger werden.
 Bei einem Annuitätendarlehen wird ein fester regelmäßiger Zahlungsbetrag vereinbart,
der sich aus den Zinsen auf die Restschuld und einem Tilgungsanteil zusammensetzt
(zum Begriff der Annuität vgl. Abschnitt 3.2.3). Die aufgrund der teilweisen Tilgung des
Kreditbetrags fallende Zinsbelastung führt hier nicht wie beim Abzahlungsdarlehen zu
einer Reduktion der Rate, sondern zu einer entsprechend erhöhten Tilgung. Dadurch wird
ein Annuitätendarlehen bei sonst gleichen Konditionen schneller getilgt als ein Abzah-
lungsdarlehen.
 Bei einem endfälligen Darlehen werden während der gesamten Laufzeit lediglich die
vereinbarten Zinsen gezahlt, die Rückzahlung erfolgt zum Fälligkeitstermin in einer
Summe.

Tab. 3.5 Zahlungspläne für Darlehen

Jahr Endfälliges Darlehen Abzahlungsdarlehen Annuitätendarlehen


Schuld Zinsen Tilgung Rate Schuld Zinsen Tilgung Rate Schuld Zinsen Tilgung Rate
1 20.000 1.600 0 1.600 20.000 1.600 400 2.000 20.000 1.600 400 2.000
2 20.000 1.600 0 1.600 19.600 1.568 400 1.968 19.600 1.568 432 2.000
3 20.000 1.600 0 1.600 19.200 1.536 400 1.936 19.168 1.533 467 2.000
4 20.000 1.600 0 1.600 18.800 1.504 400 1.904 18.701 1.496 504 2.000
5 20.000 1.600 0 1.600 18.400 1.472 400 1.872 18.197 1.456 544 2.000
6 20.000 1.600 0 1.600 18.000 1.440 400 1.840 17.653 1.412 588 2.000
7 20.000 1.600 0 1.600 17.600 1.408 400 1.808 17.065 1.365 635 2.000
8 20.000 1.600 0 1.600 17.200 1.376 400 1.776 16.430 1.314 686 2.000
9 20.000 1.600 0 1.600 16.800 1.344 400 1.744 15.744 1.260 740 2.000
10 20.000 1.600 20.000 21.600 16.400 1.312 400 1.712 15.004 1.200 800 2.000

In Tab. 3.5 sind die Raten, der Verlauf von Zins- und Tilgungszahlungen sowie die Entwick-
lung der Restschuld für die drei genannten Darlehensformen bei einem Kreditbetrag von

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3.3 Finanzierung 161

20.000 €, einer Laufzeit von 10 Jahren, einem Zinssatz von 8% und – soweit relevant – einer
(anfänglichen) Tilgung von 2% angegeben. Zur Vereinfachung der Darstellung wird in die-
ser Darstellung von jährlichen Zahlungen ausgegangen; in der Praxis sind monatliche oder
quartalsweise Zahlungen üblich. Man sieht deutlich, wie sich der Tilgungsanteil beim
Annuitätendarlehen durch die ersparten Zinsen erhöht, nach Ablauf der 10 Jahre hat er be-
reits die doppelte Höhe erreicht. Würde man das Abzahlungs- und das Annuitätendarlehen
weiterhin gleichmäßig bedienen, so wäre das Abzahlungsdarlehen aufgrund der konstanten
Tilgung erst nach 50 Jahren getilgt, das Annuitätendarlehen aber bereits nach ca. 30 Jahren.
Häufig sind mit einem Darlehen neben den Zinsen noch weitere Kosten verbunden, z.B.
Schätzkosten, Bearbeitungsgebühren, Kontoführungsgebühren usw. Werden die Raten nicht
rechtzeitig gezahlt, so kommen Verzugszinsen hinzu.
Eine weitere Ausgestaltungsmöglichkeit von Krediten ist die Vereinbarung eines Disagios,
durch das sich die laufende Zinsbelastung und damit die zu zahlende Rate verringern lässt.
Durch das Disagio reduziert sich die ausgezahlte Kreditsumme; Tilgung und Zinszahlung
erfolgen jedoch auf den ursprünglichen Kreditbetrag. Um die tatsächlichen Kosten eines
solchen Kredits beurteilen zu können, muss man unter Berücksichtigung aller dieser Ein-
flussfaktoren aus der Zahlungsreihe des Kredits mit finanzmathematischen Methoden (vgl.
Abschnitt 3.2.3) seine Effektivverzinsung ermitteln. Näherungsweise lässt sich die Effektiv-
verzinsung wie folgt berechnen:
DB
inom 
ieff  T
100  D
Dabei bezeichnen ieff den Effektivzinssatz des Kredits, inom seinen Nominalzinssatz, T die
Laufzeit, D das Disagio und B die von der Bank erhobene Bearbeitungsgebühr, die ebenfalls
auf die Kreditlaufzeit verteilt werden muss. Der Effektivzins eines Kredits mit 8% Nominal-
zins, einer Laufzeit von 10 Jahren, 10% Disagio und einer Bearbeitungsgebühr von 2% be-
trägt somit näherungsweise:
10  2
8
ieff  10  10,22%
100  10

2. Schuldscheindarlehen
Das Schuldscheindarlehen ist eine Sonderform des langfristigen Darlehens, die vor allem
von Großunternehmen in Anspruch genommen wird. Darlehensgeber sind keine Kreditinsti-
tute, sondern Kapitalsammelstellen, insbesondere Versicherungsunternehmen, Pensionskas-
sen usw., die die bei ihnen eingehenden und nicht sofort benötigten Beträge langfristig anle-
gen wollen. Da diese Institutionen gewährleisten müssen, dass sie bei Bedarf ihre Zahlungs-
verpflichtungen erfüllen können, dürfen sie keine riskanten Geschäfte eingehen und müssen
besonders hohe Anforderungen an die Bonität, d.h. die Kreditwürdigkeit, ihrer Kreditnehmer

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162 3 Die Finanzwirtschaft

stellen. Schuldscheindarlehen werden in erster Linie an Industrieunternehmen vergeben, die


zu den „ersten Adressen“ zählen, aber auch an die öffentliche Hand.
Die Bezeichnung dieses Kredits ist darauf zurückzuführen, dass zusätzlich zum Kreditvertrag
ein Schuldschein ausgestellt wird. Der Schuldschein ist eine Beweisurkunde, mit der der
Darlehensgeber seine Ansprüche auf Zinsen und Tilgung geltend machen kann. Die Kredit-
summe beträgt in der Regel mindestens 100.000 €, kann aber auch weit darüber liegen. Die
Laufzeit von Schuldscheindarlehen kann 15 bis 20 Jahre betragen. Gegenüber den nachfol-
gend angesprochenen Schuldverschreibungen bieten Schuldscheindarlehen für den Kreditge-
ber den Vorteil, dass sie keinen Kursschwankungen unterliegen; für den Kreditnehmer brin-
gen sie in der Regel geringere Kosten, geringere formale Anforderungen und eine einfachere
Abwicklung mit sich.

3. Schuldverschreibungen
Wenn ein Unternehmen sehr große Beträge, die die Finanzierungsmöglichkeiten eines ein-
zelnen Kreditgebers übersteigen, über eine lange Laufzeit benötigt, so kann es diese in Form
von Schuldverschreibungen bzw. Industrieobligationen (Corporate Bonds) am Kapitalmarkt
aufnehmen. Eine Schuldverschreibung ist ein Wertpapier, in dem der Schuldner dem Inhaber
die Zahlung von Zinsen und die Rückzahlung des Kreditbetrags zu einem bestimmten Ter-
min verspricht und das an der Börse gehandelt werden kann. Der Kreditbetrag wird in viele
kleine Teilbeträge aufgespalten (Teilschuldverschreibungen), so dass sich der einzelne Gläu-
biger von seinen Papieren jederzeit durch Verkauf an der Börse trennen kann, ohne dass der
Bestand des Kredits dadurch beeinträchtigt wird.
Der Kurs, zu dem eine Schuldverschreibung gehandelt wird, hängt von der allgemeinen
Entwicklung am Kapitalmarkt ab. Steigt das Zinsniveau, so fallen die Kurse von festverzins-
lichen Wertpapieren umso stärker, je niedriger ihr Nominalzins und je länger ihre Restlauf-
zeit ist. Umgekehrt steigen die Kurse bei fallendem Zinsniveau an. Die Effektivverzinsung
einer Schuldverschreibung lässt sich näherungsweise mit der bereits bei dem Bankdarlehen
angegebenen Formel berechnen, wobei anstelle eines Disagios ein Agio auftritt, wenn der
Kurs über 100% liegt. So beträgt die Effektivverzinsung einer Schuldverschreibung mit einer
Restlaufzeit von 2,5 Jahren und einem Nominalzins von 4,75%, die zu einem Kurs von 102%
erworben wird, unter Berücksichtigung von 0,5% Bankprovision näherungsweise:
2  0,5
4,75 
2,5
ieff   4,069%
102
Die Laufzeit von Schuldverschreibungen liegt üblicherweise bei 10 bis 20 Jahren. Der No-
minalzinssatz, den das Unternehmen regelmäßig zahlt, orientiert sich an dem zum Emissi-
onszeitpunkt herrschenden Zinsniveau. Er hängt weiter von der Bonität des emittierenden
Unternehmens ab: Je unsicherer die mittel- bis langfristige Zahlungsfähigkeit des Unterneh-
mens vom Markt bzw. von auf derartige Beurteilungen spezialisierten Rating-Agenturen
eingeschätzt wird, desto höhere Zinsen muss das Unternehmen seinen Gläubigern anbieten.
Als sehr sicher eingeschätzte Unternehmen können sich zu ähnlichen Konditionen wie der

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3.3 Finanzierung 163

Staat finanzieren. Die Zinszahlungen erfolgen meist jährlich, aber auch halbjährliche oder
quartalsweise Zinstermine treten auf.
Eine Sonderform der Schuldverschreibung sind Zero-Bonds, bei denen keine regelmäßigen
Zinszahlungen erfolgen, sondern der Emissionsbetrag dem über die Laufzeit abgezinsten
Nominalbetrag entspricht. Die Tilgung einer Schuldverschreibung erfolgt entweder in einer
Summe am Ende der Laufzeit oder in gleichmäßigen Raten während der Laufzeit, wobei die
Papiere, die zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils zurückgezahlt werden sollen, durch
Auslosung ermittelt werden müssen. Die Tilgungsmodalitäten müssen bei der Ausgabe der
Schuldverschreibung bekannt gegeben werden. Falls das Zinsniveau unter den Ausgabezins
sinkt, ist es für das Unternehmen vorteilhaft, seine Schuldverschreibungen selbst über die
Börse zurückzukaufen.
Aufgrund der strengen Formvorschriften bei der Börseneinführung ist die Emission einer
Schuldverschreibung für das Unternehmen mit erheblichen Kosten verbunden und bedarf
einer umfangreichen Vorbereitung, bei der in der Regel die Hausbank eine führende Rolle
übernimmt. Industrieobligationen dürfen nur von börsennotierten Großunternehmen emittiert
werden. Das Volumen einer Schuldverschreibung liegt üblicherweise bei mehreren hundert
Millionen Euro. Soll die Kapitalaufnahme nicht auf den nationalen Kapitalmarkt beschränkt
bleiben, so kann die Schuldverschreibung auch an anderen Börsen eingeführt werden. Weiter
besteht die Möglichkeit, die Emission in einer fremden Währung durchzuführen, wobei je-
doch zusätzlich das Wechselkursrisiko zu beachten ist. In den letzten Jahren sind am nationa-
len und internationalen Kapitalmarkt einige Sonderformen von Schuldverschreibungen als
Finanzinnovationen entwickelt worden. Dazu zählen z.B.:
 Wandel- und Optionsanleihen, bei denen der Schuldner zusätzlich zu oder anstatt der
Gläubigerposition die Möglichkeit hat, Aktien des emittierenden Unternehmens zu bezie-
hen und damit auch eine Eigentümerposition einzunehmen
 Zinsvariable Anleihen (floating rate notes), deren Zinssatz regelmäßig an einen Refe-
renzzins angepasst wird
 Doppelwährungsanleihen (dual currency notes), bei denen Emission, Zinszahlungen und
Rückzahlung in verschiedenen Währungen erfolgen
 Euronote facilities und euro-commercial papers, die am Euromarkt gehandelt werden
 Asset backed securities, bei denen ein Anteil an einem Forderungspool verbrieft wird und
somit eine Diversifikation des Risikos der zugrunde liegenden Papiere bzw. Forderungen
erfolgt

4. Gesellschafterdarlehen
Ein Gesellschafterdarlehen liegt vor, wenn ein Eigentümer einer Personengesellschaft oder
ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft dem Unternehmen zusätzliche Mittel für begrenz-
te Zeit verzinslich oder unverzinslich zur Verfügung stellt. Im Gegensatz zum Bankdarlehen
fällt hierbei keine Bearbeitungsgebühr an und der Zinssatz ist häufig geringer. Verglichen

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164 3 Die Finanzwirtschaft

mit der Zuführung zusätzlichen Eigenkapitals (vgl. Abschnitt 3.3.2) bietet ein Gesellschaf-
terdarlehen für den Kapitalgeber den Vorteil, dass sich zum einen die Beteiligungsverhältnis-
se zwischen den Gesellschaftern nicht verschieben und zum anderen mit diesem Betrag keine
Haftung, sondern vielmehr eine Gläubigerposition übernommen wird.
Letzteres wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass Gesellschafterdarlehen, die zu einem
Zeitpunkt gewährt werden, zu dem ein ordentlicher Kaufmann seinem Unternehmen Eigen-
kapital zugeführt hätte, im Insolvenzfall auch wie Eigenkapital behandelt werden. Bei Kapi-
talgesellschaften weisen Gesellschafterdarlehen gegenüber der Zuführung von Eigenkapital
zusätzlich steuerliche Vorteile auf, da die Zinsen auf das Darlehen als Aufwendungen den
Jahresüberschuss des Unternehmens mindern.

5. Öffentliche Kredite
Darlehen der öffentlichen Hand dienen der Verfolgung wirtschaftspolitischer Zwecke, z.B.
der Förderung von Existenzgründern, von Investitionen in zusätzliche Arbeitsplätze oder in
Umweltschutzeinrichtungen. Diese Mittel werden über spezielle Kreditinstitute, wie die
Industrie-Kreditbank AG, die Lastenausgleichsbank oder die Kreditanstalt für Wiederaufbau,
nach bestimmten Kriterien und in der Regel unter Mithilfe der Hausbank vergeben. Die Dar-
lehen weisen oft sehr günstige Zinssätze auf. Weitere Vorteile für den Kreditnehmer sind
häufig die Gewährung von tilgungsfreien Jahren zu Beginn der Laufzeit, wenn sich die mit
dem Darlehen getätigte Investition noch in der Anlaufphase befindet, und der Verzicht auf
die Stellung von Sicherheiten.

3.3.1.3 Kurzfristige Kredite


Die kurzfristige Fremdfinanzierung dient in erster Linie der Abwicklung der laufenden Ge-
schäfte eines Unternehmens, d.h. der Finanzierung des Umlaufvermögens. Die Rückzahlung
dieser Kredite erfolgt aus den im betrieblichen Umsatzprozess anfallenden Erlösen. Folgende
Formen von kurzfristigen Krediten sind von besonderer Bedeutung für die Unternehmensfi-
nanzierung:

1. Kontokorrentkredit
Der Kontokorrentkredit ist die Kreditlinie, die die Hausbank einem Unternehmen auf seinem
laufenden Konto einräumt. Das laufende Konto, das auch als Kontokorrentkonto oder Giro-
konto bezeichnet wird, dient gleichzeitig der Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsver-
kehrs. Dieser Kredit ist dadurch gekennzeichnet, dass die Höhe, in der er in Anspruch ge-
nommen wird, beinahe täglich schwankt. Eine Verfügung über den eingeräumten Kreditbe-
trag ist durch die verschiedenen Instrumente des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, z.B. durch
Barabhebungen, durch Überweisungen, durch Belastung von Schecks, Wechseln oder Last-
schriften, durch Abbuchung von Daueraufträgen usw. möglich. Eine explizite Tilgung des
Kontokorrentkredits ist nicht vorgesehen, die Kredithöhe wird vielmehr durch Zahlungsein-
gänge aus dem laufenden Zahlungsverkehr, z.B. durch Einzahlungen der Tageskasse oder
von Kunden, durch Einreichung von Schecks und Lastschriften, durch Eingang von Über-

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3.3 Finanzierung 165

weisungsgutschriften usw., reduziert. Es ist auch möglich, dass das Konto zwischenzeitlich
ein Guthaben aufweist. Bei außergewöhnlich hohem Finanzbedarf lassen die Kreditinstitute
in der Regel eine kurzzeitige Überziehung des vereinbarten Kreditrahmens zu.
Die Kosten eines Kontokorrentkredits bestehen in erster Linie aus den Sollzinsen, die tages-
genau auf den jeweils in Anspruch genommenen Kreditbetrag zu zahlen sind. Der Zinssatz
hängt unter anderem von der Bonität des Unternehmens ab und wird später regelmäßig in
Abhängigkeit von der Entwicklung des Zinsniveaus auf dem Geldmarkt angepasst. Bei einer
Überschreitung des Kreditlimits wird auf den zusätzlich in Anspruch genommenen Betrag
zusätzlich eine Überziehungsprovision erhoben. Neben den Zinsen fallen Kontoführungsge-
bühren an, die entweder pauschal oder in Abhängigkeit von der Art und der Anzahl der ab-
gewickelten Geschäftsvorfälle berechnet werden. In regelmäßigen Zeitabständen, häufig
quartalsweise oder monatlich, wird ein Kontoabschluss erstellt, bei dem die in der vorange-
gangenen Periode angefallenen Zinsen und Gebühren in Rechnung gestellt werden.
Für das Unternehmen bietet der Kontokorrentkredit den großen Vorteil, dass er sowohl in
Bezug auf die zeitliche als auch auf die betragsmäßige Inanspruchnahme sehr flexibel ge-
handhabt werden kann. Dadurch spielt er eine wesentliche Rolle bei der Sicherstellung der
Zahlungsfähigkeit, denn eine nicht ausgeschöpfte Kreditlinie stellt eine Liquiditätsreserve
dar. Auch wenn der Zinssatz relativ hoch ist, sind die letztlich anfallenden Kosten dadurch,
dass Zinsen lediglich auf den tatsächlich in Anspruch genommenen Kreditbetrag berechnet
werden, oft recht gering. Stellt sich heraus, dass das Konto regelmäßig einen Sollbestand in
einer gewissen Höhe aufweist, so bietet es sich an, diesen Betrag in ein langfristiges Darle-
hen mit entsprechend niedrigerem Zinssatz umzuwandeln.

2. Lieferantenkredit
Ein Lieferantenkredit entsteht dadurch, dass ein Lieferant dem Unternehmen eine bestimmte
Frist für die Bezahlung einer Rechnung einräumt. Durch diesen Zahlungsaufschub kann das
Unternehmen auf die Inanspruchnahme anderer Kredite, z.B. des Kontokorrentkredits, ver-
zichten und die entsprechenden Zinsen einsparen. In vielen Branchen ist die Einräumung von
solchen Zahlungszielen als absatzpolitisches Instrument (vgl. Abschnitt 2.3.3) üblich, um die
Geschäftsbeziehungen zu fördern. Die Länge des Zahlungsziels hängt von der relativen
Machtposition des Lieferanten und des Kunden ab, häufig liegt es zwischen 30 und 60 Ta-
gen; im Auslandsgeschäft kann es bis zu 180 Tage betragen. Zur Sicherung der Forderung
des Lieferanten liegt auf der gelieferten Ware ein Eigentumsvorbehalt, d.h. sie geht erst mit
der Zahlung des Rechnungsbetrags in das Eigentum des Käufers über.
Auf den ersten Blick fallen durch den Lieferantenkredit keine Kosten für das Unternehmen
an. Um seine Kunden zur zügigen Begleichung der Rechnungen zu veranlassen, bietet der
Lieferant jedoch häufig gleichzeitig mit der Einräumung des Zahlungsziels an, dass bei früh-
zeitiger Zahlung der Rechnungsbetrag um einen Nachlass (Skonto) von 2 bis 3% gekürzt
werden darf. Da die Inanspruchnahme des Lieferantenkredits somit den Verzicht auf das
Skonto bedeutet, entspricht dieser Betrag implizit den Kosten des Kredits. Wie das folgende
Beispiel verdeutlicht, ist der auf den ersten Blick kostenlose Lieferantenkredit tatsächlich

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166 3 Die Finanzwirtschaft

eine sehr teure Finanzierungsquelle, die nur dann in Anspruch genommen werden sollte,
wenn alle anderen Kredite mit geringeren Zinssätzen bereits ausgeschöpft sind.
Eine bei Warenlieferungen häufig anzutreffende Zahlungskondition lautet wie folgt: Das
Unternehmen hat die Wahl, den Rechnungsbetrag innerhalb eines Zahlungsziels von 30
Tagen in der angegebenen Höhe zu bezahlen oder bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen 2%
Skonto abzuziehen. Vergleicht man die Auswirkungen einer Zahlung am letzten Tag inner-
halb der Skontofrist und am letzten Tag des Zahlungsziels miteinander, so kostet der Liefe-
rantenkredit 2% für 20 Tage. Rechnet man dies in einen Jahreszins um, so entspricht dies
einem Zinssatz des Lieferantenkredits in Höhe von 36% p.a. Der Lieferantenkredit ist umso
teurer, je höher der Skontoabzug und je kürzer das Zahlungsziel ist, das der Lieferant ein-
räumt.

3. Anzahlungen
Bei der Finanzierung aus Kundenanzahlungen erhält das Unternehmen von seinen Kunden
bereits vor der Lieferung der Waren einen Teil des vereinbarten Kaufpreises. Die Anzahlung
dient einerseits dazu, dass der Lieferant den Einkauf der für die Herstellung der Waren benö-
tigten Materialien finanzieren kann, andererseits der Absicherung des Lieferanten gegen
einen Rücktritt des Kunden vom Geschäft. Kundenanzahlungen sind vor allem in Branchen
mit langen Liefer- bzw. Produktionszeiten sowie bei Spezialanfertigungen üblich, z.B. in der
Bauwirtschaft, im Maschinenbau oder in der Möbelindustrie. Eine häufige Vereinbarung im
Maschinenbau lautet, dass ein Drittel des Kaufpreises als Anzahlung bei Vertragsabschluss
zu leisten ist, ein Drittel bei der Lieferung gezahlt wird und für das letzte Drittel dem Kunden
ein Zahlungsziel eingeräumt wird. In Abhängigkeit von der Marktposition der Beteiligten
kann die Zahlung von Zinsen für den angezahlten Betrag vereinbart werden. Muss der Liefe-
rant zur Absicherung der Forderung des Kunden diesem eine Bankgarantie stellen, so zählen
auch deren Kosten zu den Kreditkosten.

4. Wechselkredit
Ein Wechsel ist ein Wertpapier, in dem der Aussteller den als Bezogenen bezeichneten
Schuldner anweist, an einem bestimmten Termin eine bestimmte Summe an eine von ihm
benannte Person, den Wechselnehmer, zu zahlen. Grundlage für die Ausstellung eines
Wechsels ist meist ein Handelsgeschäft, bei dem der Verkäufer dem Unternehmen den
Rechnungsbetrag für eine gewisse Zeitspanne stundet und die Absicherung seiner Forderung
in Form des Wechsels verlangt. Eine häufige Wechsellaufzeit sind 90 Tage. Der Wechsel
unterliegt strengen Formvorschriften bezüglich seiner Ausgestaltung und Abwicklung. Nach
der Ausstellung wird er dem Bezogenen vorgelegt, der durch seine Unterschrift die Zah-
lungsanweisung akzeptiert. Wird der Wechsel bei Fälligkeit nicht eingelöst, so kann der
Wechselinhaber seine Rechte mithilfe des Wechselprotests, eines schnellen, exakt geregelten
Verfahrens, gerichtlich durchsetzen und einen Titel zur Zwangsvollstreckung in das Vermö-
gen des Bezogenen bewirken.
Die einzelnen Vorgänge bei der Abwicklung eines Wechselgeschäfts sind in Abb. 3.10 dar-
gestellt. Zunächst findet eine Warenlieferung vom Aussteller an den Bezogenen statt. Anstel-

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3.3 Finanzierung 167

le einer sofortigen Bezahlung der Rechnung akzeptiert der Bezogene einen Wechsel über den
Rechnungsbetrag. Diesen Wechsel kann der Aussteller entweder bis zur Fälligkeit behalten –
dann ist er selbst der Wechselnehmer – oder an einen Dritten weitergeben, z.B. an seinen
Lieferanten zur Bezahlung einer offenen Rechnung oder an seine Bank, um seinen Kontokor-
rentkredit zurückzuführen. Die Weitergabe eines Wechsels erfolgt durch ein Indossament,
d.h. die vom Wechselnehmer unterschriebene Angabe des neuen Inhabers. Bei Fälligkeit des
Wechsels legt der letzte Inhaber ihn dem Bezogenen vor, der daraufhin den Wechselbetrag
bezahlt.

Warenlieferung

Aussteller Bezogener
Akzeptierter Wechsel

Vorlage bei
Fälligkeit
Weitergabe Wechsel-
Zahlung
nehmer

Abb. 3.10 Wechselkredit

Mithilfe des Wechsels wird der Wechselbetrag dem Bezogenen für die Wechsellaufzeit kre-
ditiert. Eine Verzinsung des Wechselbetrags ist im Wechsel selbst nicht vorgesehen, kann
aber zwischen den Beteiligten zusätzlich vereinbart werden. Reicht der Wechselinhaber den
Wechsel bei seiner Bank ein, um sich zu refinanzieren, so schreibt die Bank ihm den Wech-
selbetrag unter Abzug eines Diskonts gut, d.h. sie zieht anteilige Zinsen für die Zeit von der
Einreichung bis zur Fälligkeit des Wechsels ab. Da der Wechsel aufgrund seiner Formstren-
ge eine hohe Sicherheit bietet, ist der Zinssatz für einen solchen Diskontkredit recht niedrig.
Die Bank hat ihrerseits die Möglichkeit, sich durch Weitergabe des Wechsels an die Zentral-
bank zu refinanzieren. Der Wechsel spielt im Wirtschaftsleben zur Absicherung von kurz-
fristigen Forderungen nach wie vor eine große Rolle, vor allem im Auslandsgeschäft kom-
men Wechselkredite vielfach zum Einsatz.

3.3.1.4 Sonderformen der Finanzierung


Neben den zuvor betrachteten Kreditarten kommen bei der Finanzierung von Unternehmen
die folgenden Sonderformen zum Einsatz, die ebenfalls der Fremdfinanzierung zugerechnet
werden:

1. Leasing
Als Leasing bezeichnet man den Sachverhalt, dass ein Unternehmen oder auch eine Privat-
person (Leasingnehmer) einen Anlagegegenstand (Leasingobjekt) nicht kauft, sondern vom

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168 3 Die Finanzwirtschaft

Hersteller oder von einer speziellen Leasing-Gesellschaft (Leasinggeber) mietet oder pachtet.
Da der Leasingnehmer das Leasingobjekt wie eine eigene Anlage nutzt, ist er der wirtschaft-
liche Eigentümer, während der Leasinggeber der rechtliche Eigentümer bleibt. Der Mietver-
trag enthält unter anderem Regelungen über die Rechte und Pflichten beider Vertragspartei-
en, über die Vertragslaufzeit, über das zu zahlende Nutzungsentgelt und über die am Ende
der Laufzeit bestehenden Optionen. Als Leasingobjekte kommen Anlagegegenstände ver-
schiedenster Art – vom Computer über Kraftfahrzeuge und Maschinen bis hin zu Grundstü-
cken und Gebäuden – in Betracht. Die Leasingraten werden so kalkuliert, dass sie neben der
Wertminderung des Leasingobjekts während der Vertragslaufzeit und der Verzinsung der
Anschaffungskosten auch die beim Leasinggeber anfallenden Verwaltungskosten und seinen
Gewinnzuschlag enthalten.
Leasingverträge können sehr unterschiedlich ausgestaltet werden:
 Beim Finance Leasing wird eine feste Grundmietzeit vereinbart, innerhalb derer der Lea-
singvertrag weder vom Leasingnehmer noch vom Leasinggeber gekündigt werden kann.
Der Leasingnehmer trägt während der Vertragslaufzeit die Kosten für Wartung und In-
standhaltung des Leasingobjekts. Die Grundmietzeit ist in der Regel kürzer als die erwar-
tete Nutzungsdauer des Leasingobjekts. Im Anschluss daran kann der Leasingnehmer das
Leasingobjekt kaufen oder einen neuen Vertrag über den technischen Nachfolger der An-
lage abschließen.
 Beim Operate Leasing hingegen ist der Leasingvertrag von beiden Seiten kurzfristig
kündbar. Der Leasinggeber übernimmt die Kosten für die Wartung und Instandhaltung
des Leasingobjekts sowie das Risiko des vorzeitigen Ausfalls. Weiter trägt er das Investi-
tionsrisiko, das darin besteht, dass sich das Leasingobjekt aufgrund vorher nicht absehba-
rer Entwicklungen als technisch oder wirtschaftlich veraltet erweist.
 Eine spezielle Variante des Leasing ist das Sale-and-lease-back-Verfahren. Dabei ver-
kauft der Leasingnehmer einen Gegenstand seines Anlagevermögens, meist eine Immobi-
lie, an den Leasinggeber und mietet ihn über einen Leasingvertrag langfristig an, so dass
er ihn weiterhin nutzen kann.
Die Bedeutung des Leasing liegt auf mehreren Ebenen:
 Wenn ein Unternehmen einen Anlagegegenstand kauft, wird es diesen in der Regel über
einen zusätzlichen Kredit finanzieren und muss ihn in seiner Bilanz ausweisen. Da es
beim Leasing nicht zum rechtlichen Eigentümer des Leasingobjekts wird, werden seine
Liquidität bzw. die Kreditlinien nicht belastet. Daher wird das Leasing auch als Kredit-
substitut bezeichnet, es kann anstelle der langfristigen Kreditfinanzierung eingesetzt wer-
den. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Leasingobjekt nach Vertragsende an den
Leasinggeber zurückfällt, während ein gekaufter und mit Kredit finanzierter Gegenstand
weitergenutzt werden kann.
 Während der Nutzungsdauer eines gekauften Anlagegegenstands fallen Abschreibungen
an, durch die die Anschaffungskosten den einzelnen Nutzungsperioden zugerechnet wer-
den, sowie Zinsen für den Kredit usw. Beim Leasing hingegen sind sämtliche Kosten

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3.3 Finanzierung 169

durch die Leasingraten abgegolten. Dadurch lassen sich die für eine Anlage anfallenden
Kosten besser im Voraus kalkulieren. In steuerlicher Hinsicht ist vorteilhaft, dass die
Leasingraten in voller Höhe als Aufwand verbucht werden können, während die bei einer
gekauften Anlage anfallenden Abschreibungen auf einen längeren Zeitraum verteilt wer-
den müssen. Die steuerlichen Vorteile des Leasing kommen jedoch nur zum Tragen,
wenn der Leasingvertrag bestimmte, im Leasing-Erlass des Bundesfinanzhofs genannte
Voraussetzungen erfüllt.
 Weiter kann das Leasing gegenüber dem Kauf Kostenvorteile aufweisen, wenn der Lea-
singgeber das Leasingobjekt – z.B. aufgrund von Mengenrabatten beim Automobillea-
sing – zu einem geringeren Preis einkauft, über günstigere Finanzierungsmöglichkeiten
verfügt oder an einem Standort mit niedrigeren Steuersätzen ansässig ist und wenn er die-
se Vorteile teilweise an den Leasingnehmer weitergibt.
 Nachteilig ist beim Leasing, dass der Leasingnehmer während der Laufzeit des Leasing-
vertrags an das Leasingobjekt gebunden ist und damit gegenüber einem gekauften Ge-
genstand, den er jederzeit wieder verkaufen könnte, an wirtschaftlicher Flexibilität ein-
büßt.

2. Factoring
Unter Factoring versteht man den Verkauf von Forderungen, die ein Unternehmen aufgrund
von Lieferungen oder Leistungen gegenüber seinen Kunden hat, an ein spezielles Finanzie-
rungsinstitut, den Factor. Dafür ist eine Abtretung (Zession) der Forderungen durch das Un-
ternehmen an den Factor erforderlich. Im Rahmen des Factoring übernimmt der Factor meh-
rere Funktionen:
 Finanzierungsfunktion: Der Factor stellt dem Unternehmen den später fälligen Forde-
rungsbetrag sofort zur Verfügung, er behält allerdings Zinsen für die Zeit ein, die er den
Betrag bevorschusst. Das Factoring stellt somit eine Variante der kurzfristigen Kreditfi-
nanzierung dar.
 Dienstleistungsfunktion: Der Factor übernimmt die Verwaltung und das Inkasso der
angekauften Forderungen sowie die Überwachung des Forderungseingangs und das
Mahnwesen. Dies kann so weit gehen, dass er die vollständige Debitorenbuchhaltung für
das Unternehmen durchführt. Hierfür stellt er eine vom Geschäftsvolumen abhängige
Servicegebühr in Rechnung.
 Delkrederefunktion: Indem der Factor die Forderungen ankauft, übernimmt er auch das
Risiko des Forderungsausfalls, d.h. dass ein Schuldner seine Rechnung nicht bezahlt.
Diese Leistung wird durch eine zusätzliche Risikoprämie abgegolten.
Man unterscheidet zwei Varianten des Factoring: Beim offenen Factoring wird die Abtretung
der Forderungen gegenüber den Kunden angezeigt und diese dürfen ihre Zahlungen nur noch
direkt an den Factor leisten. Dies kann auf der einen Seite dazu führen, dass das Unterneh-
men den Kontakt zu seinen Kunden verliert, zum anderen wird es häufig als Indiz für eine
angespannte Finanzlage interpretiert. Beim stillen Factoring hingegen werden die Kunden

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170 3 Die Finanzwirtschaft

nicht informiert, die Zahlungen erfolgen nach wie vor an das Unternehmen, das die Beträge
an den Factor weiterleitet.
Das Factoring bezieht sich nicht auf den Verkauf einzelner Forderungen, sondern ist eine
längerfristig in Anspruch genommene Dienstleistung, bei der sämtliche Forderungen des
Unternehmens oder alle Forderungen mit bestimmten Merkmalen, z.B. an eine Kundengrup-
pe oder aus einem Geschäftsbereich, auf den Factor übergehen. Dadurch erreicht der Factor
eine gewisse Risikostreuung und kann verhindern, dass das Unternehmen ihm nur die beson-
ders ausfallgefährdeten Forderungen abtritt.

3. Genussscheine
Genussscheine sind von Aktiengesellschaften ausgegebene Wertpapiere, durch die ähnlich
wie bei einer Schuldverschreibung dem Unternehmen finanzielle Mittel für eine bestimmte
Laufzeit zur Verfügung gestellt werden. Als Entgelt für die Kapitalüberlassung werden je-
doch keine fest vereinbarten Zinsen gezahlt, sondern den Inhabern der Genussscheine wird –
wie den Aktionären – ein Recht auf einen Anteil am Gewinn des Unternehmens eingeräumt.
Im Gegensatz zu Aktien bringen Genussscheine jedoch keine Mitwirkungsrechte in der Ak-
tiengesellschaft mit sich. Sie sind daher zwischen den Instrumenten der Kreditfinanzierung
und der im folgenden Abschnitt behandelten Beteiligungsfinanzierung angesiedelt. Die Höhe
der Ausschüttung orientiert sich in der Regel an der den Aktionären gezahlten Dividende.
Erwirtschaftet das Unternehmen keinen Gewinn, so erhalten auch die Genussscheininhaber
keine Ausschüttung, sie sind also direkt an den Chancen und Risiken der Unternehmenstä-
tigkeit beteiligt.
Weitere Finanzierungsinstrumente, die eine Stellung zwischen Eigen- und Fremdkapital
einnehmen, sind z.B. Wandelschuldverschreibungen, Optionsanleihen und Gewinnschuld-
verschreibungen.

3.3.2 Beteiligungsfinanzierung
Bei der Beteiligungsfinanzierung wird dem Unternehmen Eigenkapital von außen zugeführt.
Ein wesentliches Kennzeichen von Eigenkapital ist, dass es dem Unternehmen unbefristet
zur Verfügung gestellt wird. Die Beteiligungsfinanzierung ist mit Vorgängen verbunden, bei
denen das Eigenkapital in seiner Höhe oder seiner Zusammensetzung verändert wird. Der
Kapitalbedarf sowie die Möglichkeiten und die Abwicklung der Beteiligungsfinanzierung
sind in hohem Ausmaß abhängig von der Rechtsform, in der das Unternehmen geführt wird
(vgl. Abschnitt 1.4). Die verschiedenen Anlässe der Beteiligungsfinanzierung sind in Abb.
3.11 zusammengestellt.

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3.3 Finanzierung 171

Beteiligungsfinanzierung

Kapital- Umwand-
Gründung Sanierung Fusion Liquidation
erhöhung lung

Abb. 3.11 Anlässe der Beteiligungsfinanzierung

1. Gründung
Bei der Gründung eines Unternehmens leisten die Eigentümer Einlagen in Form von Geld
oder Sachmitteln, die in das Eigentum des Unternehmens übergehen. Das Eigenkapital ist
eine Rechengröße, die sich ergibt, indem man vom Wert der auf der Aktivseite der Bilanz
aufgeführten Vermögensgegenstände die als Fremdkapital aufgenommenen Verbindlichkei-
ten abzieht (vgl. nochmals Abb. 3.7).
Bei einem Einzelunternehmen besteht aus rechtlicher Sicht keine Trennung zwischen dem
Privat- und dem Betriebsvermögen, da der Inhaber mit seinem Gesamtvermögen für die
Verbindlichkeiten des Unternehmens haftet. Bei der Unternehmensgründung ordnet er einen
Teil seines Vermögens dem Unternehmen als Betriebsvermögen zu. Das Eigenkapital als
Differenz aus dem Wert der Vermögensgegenstände abzüglich der Schulden des Unterneh-
mens ändert sich im Grunde mit jedem Geschäftsvorfall.
Bei der Gründung einer Personengesellschaft gehen die von den einzelnen Gesellschaftern
geleisteten Geld- und Sacheinlagen in das Vermögen der Gesellschaft über. Da die Kapital-
anteile in der Regel Grundlage für die Gewinnverteilung sind, werden sie im Gesellschafts-
vertrag festgehalten. Das Eigenkapital erhöht sich durch Gewinne der Gesellschaft und wird
durch Verluste oder Entnahmen reduziert.
Während bei den Personengesellschaften die Höhe des Eigenkapitals in Abhängigkeit vom
Unternehmenserfolg stark schwanken kann, weisen Kapitalgesellschaften ein festes Nennka-
pital auf, das grundsätzlich bei der Unternehmensgründung eingezahlt werden muss. Das
Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft besteht nicht nur aus dem bei der Gründung eingezahl-
ten Nennkapital, sondern umfasst darüber hinaus die vom Unternehmen erwirtschafteten
Rücklagen. Wird das Nennkapital bei der Gründung nicht vollständig eingezahlt, so haften
die Anteilseigner für die ausstehenden Einlagen persönlich.
Die Gründung einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft kann als Bargründung oder als
Sachgründung erfolgen. Bei der Sachgründung einer Aktiengesellschaft ist durch eine Grün-
dungsprüfung sicherzustellen, dass der Wert der eingebrachten Vermögensgegenstände min-
destens dem Grundkapital entspricht. Soll eine Aktiengesellschaft an der Börse notiert wer-

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172 3 Die Finanzwirtschaft

den, ist eine entsprechende Zulassung zu beantragen. Da eine börsennotierte Aktiengesell-


schaft Zugriff auf den Kapitalmarkt hat, können ihr bei der Gründung weitaus größere Beträ-
ge zufließen als den Personengesellschaften oder einer GmbH.

2. Kapitalerhöhung
Bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlagen wird das Eigenkapital des Unternehmens durch
von außen zugeführte Mittel erhöht. Durch den Mittelzufluss verbessert sich die Liquidität
des Unternehmens, langfristig dient eine Kapitalerhöhung dem Wachstum des Unterneh-
mens, indem Investitionen zur Ausweitung der Geschäftstätigkeit finanziert werden.
Bei Personengesellschaften kann eine Kapitalerhöhung entweder erfolgen, indem die Gesell-
schafter dem Unternehmen weitere Teile ihres Privatvermögens zuführen, oder durch die
Aufnahme zusätzlicher Gesellschafter. Sollen diese nicht an der Geschäftsführung mitwir-
ken, so sind sie als Kommanditisten oder als stille Gesellschafter aufzunehmen. Wenn neue
Gesellschafter aufgenommen werden oder sich nicht alle Gesellschafter im gleichen Umfang
an der Kapitalerhöhung beteiligen, so kommt es zu einer Verschiebung der Beteiligungsver-
hältnisse.
Zur Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH ist eine notariell beurkundete Satzungsände-
rung erforderlich, die von der Gesellschafterversammlung mit einer ¾-Mehrheit beschlossen
werden muss. Dabei werden neue Stammeinlagen geschaffen, die von den alten oder neuen
Gesellschaftern durch eine notariell beglaubigte Erklärung übernommen werden. Da die
neuen Stammeinlagen anteilig an den zuvor im Unternehmen erwirtschafteten Rücklagen
beteiligt sind, werden sie in der Regel mit einem Agio ausgegeben, durch das sich das Ei-
genkapital der Gesellschaft zusätzlich erhöht.
Auch einer Aktiengesellschaft kann zusätzliches Eigenkapital durch eine Kapitalerhöhung
gegen Einlagen zugeführt werden. Diese muss wie bei der GmbH mit einer ¾-Mehrheit auf
der Hauptversammlung beschlossen werden. Der Beschluss wird in das Handelsregister
eingetragen, die neuen Aktien werden von den neuen Anteilseignern gezeichnet und einge-
zahlt. Erst dann darf die Ausgabe der Aktien erfolgen. Um die Mehrheitsverhältnisse auf-
rechtzuerhalten, wird den alten Aktionären ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien einge-
räumt. Da dieses Vorgehen recht umständlich und langwierig ist, wird in der Regel von der
im Aktiengesetz vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, dass die Hauptversammlung
dem Vorstand ein genehmigtes Kapital in Höhe von maximal 50% des Grundkapitals bewil-
ligt, in dessen Rahmen er innerhalb von fünf Jahren Kapitalerhöhungen zu ihm günstig er-
scheinenden Zeitpunkten durchführen kann. Bei der Abwicklung einer Kapitalerhöhung über
die Börse werden in der Regel Kreditinstitute eingeschaltet.
Weitere Formen bzw. Anlässe einer Kapitalerhöhung sind die Kapitalerhöhung aus Gesell-
schaftsmitteln, bei der ein Teil der frei verfügbaren Gewinnrücklage in gezeichnetes Grund-
kapital umgewandelt und den Aktionären als Gratisaktien zugeteilt wird, und die Ausgabe
von Belegschaftsaktien, durch die die Mitarbeiter am Kapital des Unternehmens beteiligt
werden.

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3.3 Finanzierung 173

3. Sanierung
Durch eine Sanierung soll ein z.B. durch wiederholte Verluste in finanzielle Schwierigkeiten
geratenes Unternehmen vor der Insolvenz bewahrt und wieder wirtschaftlich handlungsfähig
gemacht werden. Die Sanierung erfolgt bei Aktiengesellschaften durch eine Herabsetzung
des Grundkapitals, wodurch die entstandenen Verluste buchmäßig ausgeglichen werden.
Diese Kapitalherabsetzung muss wie bei der Kapitalerhöhung mit einer ¾-Mehrheit von der
Hauptversammlung beschlossen werden. Um die Summe der Nennwerte der Aktien an das
reduzierte Grundkapital anzupassen, ist gleichzeitig der Nennwert der Aktien entsprechend
herabzusetzen oder die Anzahl der Aktien zu verringern. Anschließend können dem Unter-
nehmen durch eine Kapitalerhöhung wieder zusätzliche Mittel zur Verbesserung seiner Kapi-
talstruktur und seiner Liquiditätslage zugeführt werden. Voraussetzung für den Erfolg einer
solchen Sanierung ist, dass die den Verlusten zugrundeliegenden Probleme des Unterneh-
mens durch eine Umstrukturierung der Geschäftsprozesse beseitigt werden. Ein Beispiel für
die Sanierung eines Großunternehmens ist die 1982 bei der AEG durchgeführte Sanierungs-
maßnahme.

4. Umwandlung
Unter einer Umwandlung versteht man den Wechsel der Rechtsform eines Unternehmens.
Häufig wird die Umwandlung im Zusammenhang mit der Beschaffung zusätzlichen Eigen-
kapitals durchgeführt. So stellt z.B. die Aufnahme eines weiteren Gesellschafters in ein Ein-
zelunternehmen eine Umwandlung in eine Personengesellschaft dar. Die Gründung neuer
Aktiengesellschaften erfolgt in der Regel nicht als Bargründung, sondern als Sachgründung
in Form der Umwandlung einer zuvor bereits bestehenden Personengesellschaft oder GmbH,
wenn die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit den Wechsel der Rechtsform als vorteilhaft
erscheinen lässt. Durch einen solchen Wechsel der Rechtsform lässt sich nicht nur die Ei-
genkapitalbasis verbreitern, sondern es verbessern sich auch die Möglichkeiten zur Aufnah-
me von weiterem Fremdkapital.
Umwandlungen können in verschiedenen Formen erfolgen: Bei der Umgründung wird das
ursprüngliche Unternehmen liquidiert und seine einzelnen Vermögensteile werden auf das
neu gegründete Unternehmen übertragen. Bei der formwechselnden Umwandlung ändert das
Unternehmen seine Rechtsform, die Rechtspersönlichkeit bleibt jedoch erhalten. Bei der
übertragenden Umwandlung wird das Vermögen des ursprünglichen Unternehmens im Wege
der Gesamtrechtsnachfolge auf ein neu gegründetes oder ein bereits bestehendes Unterneh-
men übertragen.

5. Fusion
Eine Fusion ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Unternehmen zu einer neuen
wirtschaftlichen und rechtlichen Einheit. Im Gegensatz zur Bildung eines Konzerns (vgl.
Abschnitt 1.4.5), bei der die Einzelunternehmen rechtlich selbstständig bleiben, führt die
Fusion zur Verschmelzung der beteiligten Unternehmen. Auslöser einer Fusion sind ähnliche
Überlegungen wie bei der Konzernbildung, d.h. die Sicherung von Beschaffungs- oder Ab-
satzmärkten, die Nutzung von Synergieeffekten, die Erweiterung der Kapitalbasis oder die

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174 3 Die Finanzwirtschaft

Rationalisierung von Geschäftsabläufen. Im Gegensatz zur Akquisition, bei der ein Unter-
nehmen von einem anderen übernommen wird, handelt es sich bei der Fusion in der Regel
um einen freiwilligen Zusammenschluss gleichberechtigter Partner (merger of equals). Ein
Beispiel für eine Fusion in der Stahlindustrie ist der Zusammenschluss von Thyssen und
Krupp zur ThyssenKrupp AG im Jahr 1999.

6. Liquidation
Unter der Liquidation versteht man – im Gegensatz zur Insolvenz – die freiwillige und au-
ßergerichtliche Beendung der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens. Anlass für eine Liqui-
dation können der Tod des Inhabers, die Erreichung des Zwecks des Unternehmens oder ein
entsprechender Gesellschafterbeschluss, der z.B. bei anhaltend schlechter wirtschaftlicher
Lage des Unternehmens gefasst wird, sein. Aus Gründen des Gläubigerschutzes bestehen für
die Liquidation von Kapitalgesellschaften strenge gesetzliche Vorschriften. So muss der
Beschluss zur Liquidation mit einer ¾-Mehrheit auf der Gesellschafterversammlung bzw.
der Hauptversammlung gefasst werden. Der Ablauf einer Liquidation ist der Folgende: Zu-
nächst wird die Auflösung des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen, anschlie-
ßend erfolgt die Abwicklung seiner Vermögens- und Kapitalpositionen. Dabei werden die
Vermögensgegenstände verkauft und aus dem Erlös zuerst die Ansprüche der Gläubiger
befriedigt. Soweit danach noch finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, werden diese an die
Eigentümer des Unternehmens in dem gesetzlich vorgeschriebenen oder einem bei der Grün-
dung vorgesehenen Verhältnis aufgeteilt. Schließlich wird das Unternehmen aus dem Han-
delsregister gelöscht.

3.3.3 Innenfinanzierung
Grundsätzlich ist die Innenfinanzierung dadurch gekennzeichnet, dass finanzielle Mittel dem
Unternehmen nicht von externen Kapitalgebern zugeführt, sondern aus dem betrieblichen
Umsatzprozess erwirtschaftet und für eine bestimmte Zeit oder auch unbefristet im Unter-
nehmen zurückbehalten werden. Als Quelle der Innenfinanzierung dient der Cashflow eines
Geschäftsjahrs. Diese Kennzahl ist ein Maß für die Ertragskraft des Unternehmens und wird
berechnet, indem man den in der Bilanz ausgewiesenen Gewinn, der durch bilanzpolitische
Maßnahmen beeinflusst sein kann, um außerordentliche und nicht zahlungswirksame Ge-
schäftsvorfälle bereinigt (vgl. auch Abschnitt 4.2.3). In einer einfachen Praktikerformel wird
der Cashflow indirekt berechnet, indem die Abschreibungen, die Zuführung zu den Rückstel-
lungen und die außerordentlichen Aufwendungen zum Bilanzgewinn addiert und die außer-
ordentlichen Erträge subtrahiert werden:
Bilanzgewinn
+ Abschreibungen
+ Zuführung zu Rückstellungen
+ Außerordentliche Aufwendungen
– Außerordentliche Erträge
= Cashflow

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3.3 Finanzierung 175

In Abhängigkeit von dem Personenkreis, dem die zur Innenfinanzierung verwendeten Mittel
zuzurechnen sind, unterscheidet man die in Abb. 3.12 angegebenen Formen der Selbstfinan-
zierung und der Innenfinanzierung aus fremden Mitteln.

Innenfinanzierung

Finanzierung
Selbstfinanzierung
aus fremden Mitteln

Offene Stille Finanzierung aus Finanzierung durch


Selbstfinanzierung Selbstfinanzierung Abschreibungen Steueraufschub

Finanzierung aus
Rückstellungen

Abb. 3.12 Innenfinanzierung

3.3.3.1 Selbstfinanzierung
Die Selbstfinanzierung ist eine Form der Innenfinanzierung, bei der ein Teil des Gewinns
nicht an die Eigentümer ausgeschüttet wird, sondern im Unternehmen verbleibt. Sie kann in
zwei Ausprägungen erfolgen, als offene oder als stille Selbstfinanzierung:

1. Offene Selbstfinanzierung
Bei der offenen Selbstfinanzierung wird der versteuerte Gewinn nur teilweise an die Eigen-
tümer ausgeschüttet, die im Unternehmen verbleibenden Beträge führen zu einer entspre-
chenden Erhöhung des Eigenkapitals. Bei einer Personengesellschaft wirkt sich diese Kapi-
talerhöhung als Zufluss zu den Kapitalkonten der Gesellschafter aus, bei Kapitalgesellschaf-
ten wird der einbehaltene Gewinn in die Gewinnrücklage eingestellt. Dies kann bei einer
Aktiengesellschaft im Umfang von bis zu 50% des Jahresüberschusses durch den Vorstand
veranlasst werden, bei darüber hinausgehenden Beträgen ist die Zustimmung der Hauptver-
sammlung erforderlich.
Das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft setzt sich aus dem
festen Nennkapital und den in ihrer Höhe variablen Rücklagen zusammen. Man unterschei-

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176 3 Die Finanzwirtschaft

det die Kapitalrücklage, in die das von den Gesellschaftern bei der Ausgabe von Anteilen
gezahlte Agio eingestellt wird, und die Gewinnrücklage, die durch die offene Selbstfinanzie-
rung gebildet wird. Aktiengesellschaften müssen eine gesetzliche Rücklage in Höhe von
10% des Grundkapitals bilden, um in einzelnen Geschäftsjahren auftretende Verluste abde-
cken zu können. Soweit dieser Betrag nicht bereits durch Kapitalrücklagen erreicht ist, müs-
sen jährlich 5% des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklagen eingestellt werden. Die über
die gesetzliche Rücklage hinaus vorhandenen Rücklagen werden als freie Rücklagen be-
zeichnet und können für beliebige Zwecke verwendet werden. Abb. 3.13 zeigt die Zusam-
mensetzung des Eigenkapitals von Kapitalgesellschaften im Überblick.

Eigenkapital

Nennkapital Rücklagen

Kapital- Gewinn-
rücklage rücklage

Gesetzliche Freie
Rücklage Rücklage

Abb. 3.13 Bestandteile des Eigenkapitals bei Kapitalgesellschaften

Eine mögliche Verwendung der freien Rücklagen ist die Kapitalerhöhung aus Gesell-
schaftsmitteln (vgl. Abschnitt 3.3.2). Dabei werden Teile der freien Rücklage in Grundkapi-
tal umgewandelt, indem den Aktionären entsprechend ihrem Anteil am Grundkapital zusätz-
liche Aktien (Gratisaktien) zugeteilt werden. Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
wird z.B. durchgeführt, um den Kurs der Aktie zu senken und diese damit für Kleinanleger
attraktiver zu machen.

2. Stille Selbstfinanzierung
Bei der stillen Selbstfinanzierung werden keine in der Bilanz ausgewiesenen und versteuer-
ten Gewinne zurückbehalten, sondern es handelt sich um nicht ausgewiesene Gewinne, die in
stillen Rücklagen verborgen sind. Stille Rücklagen entstehen dadurch, dass beim Jahresab-
schluss durch einen zu hohen Ausweis von Aufwendungen oder zu geringen Ausweis von

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3.3 Finanzierung 177

Erträgen Vermögensgegenstände (Aktiva) unterbewertet oder Verbindlichkeiten (Passiva)


überbewertet werden. Da dies zu einem geringeren Gewinnausweis führt, ist die Bildung
stiller Rücklagen durch gesetzliche Vorschriften stark beschränkt. Beispiele für dennoch
bestehende Bewertungsspielräume sind:
 Abschreibungen, die über dem tatsächlichen Wertverzehr einer Anlage liegen
 Wertansatz von Halb- und Fertigfabrikaten zu Teilkosten
 Bewertung von Vorräten nach dem Niederstwertprinzip
 Nichtaktivierung von geringwertigen Wirtschaftsgütern oder des derivativen Firmenwerts
 Zu vorsichtiger Ansatz von Rückstellungen
 Zu hoher Ansatz von anderen Verbindlichkeiten
Der Effekt der stillen Selbstfinanzierung besteht darin, dass sich das Finanzierungsvolumen
des Unternehmens in dem Umfang erhöht, in dem die entsprechenden Beträge im Unterneh-
men verbleiben. Da es sich bei den stillen Rücklagen um nicht ausgewiesene und damit un-
versteuerte Gewinne handelt, erhöht sich der Finanzierungsbetrag im Vergleich mit der offe-
nen Selbstfinanzierung darüber hinaus um die auf den Gewinn entfallende Steuerschuld. Die
Versteuerung findet allerdings zu einem späteren Zeitpunkt statt, wenn die stille Rücklage
aufgelöst wird, spätestens bei Liquidation des Unternehmens. Bis dahin wird der Steuerbe-
trag dem Unternehmen als zinsloser Kredit gestundet, so dass die stille Selbstfinanzierung
zusätzlich mit einem Zinsvorteil verbunden ist.

3.3.3.2 Innenfinanzierung aus fremden Mitteln


Erfolgt die Innenfinanzierung nicht aus einbehaltenen Gewinnen, sondern aus im Unterneh-
men erwirtschafteten Mitteln, die dem Fiskus oder anderen Personen zustehen, so liegt eine
Innenfinanzierung aus fremden Mitteln vor.

1. Finanzierung aus Abschreibungen


Die planmäßige Verteilung der Anschaffungsausgabe einer Anlage auf ihre Nutzungsdauer
wird als Abschreibung bezeichnet. Die Abschreibungen gehen als Kosten in die Preiskalku-
lation der Produkte ein und fließen über die Umsatzerlöse in das Unternehmen zurück. Geht
man vereinfachend davon aus, dass es keine Inflation gibt und dass die Anlage am Ende der
Nutzungsdauer durch einen identischen Nachfolger ersetzt werden soll (vgl. Abschnitt 3.2.5),
so kann die Ersatzbeschaffung im Prinzip aus den verdienten Abschreibungen vorgenommen
werden. Zwischenzeitlich kann das hierbei freigesetzte Kapital für andere Finanzierungs-
zwecke eingesetzt werden (Kapitalfreisetzungseffekt). Unter der Annahme beliebig teilbarer
Investitionsobjekte ergibt sich bei einer Nutzungsdauer von n Perioden ein Kapazitätserwei-
terungseffekt (KEE) in Höhe von:
n
KEE  2
n 1

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178 3 Die Finanzwirtschaft

Aufgrund der unrealistischen Annahmen lässt sich dieser als Lohmann-Ruchti-Effekt be-
zeichnete Finanzierungsspielraum zwar nicht direkt zur Ersatzbeschaffung einer Anlage
einsetzen, man kann jedoch davon ausgehen, dass dem Unternehmen ständig ein Bodensatz
von noch nicht reinvestierten Abschreibungsgegenwerten für Finanzierungszwecke zur Ver-
fügung steht.

2. Finanzierung aus Rückstellungen


Rückstellungen sind Verbindlichkeiten, die dem Grunde nach durch die Unternehmenstätig-
keit verursacht worden sind, bei denen jedoch der Gläubiger, die Höhe oder der Fälligkeits-
termin unbekannt sind. Beispiele sind Rückstellungen für Garantieleistungen, für erwartete
Nachzahlungen, Prozesskostenrückstellungen oder Pensionsrückstellungen für die betriebli-
che Altersversorgung der Mitarbeiter. Rückstellungen können während der Zeit, in der sie
noch nicht in Anspruch genommen werden, als Finanzierungsmittel eingesetzt werden. Der
Finanzierungseffekt ist umso größer, je größer die Rückstellungen sind und je länger sie im
Unternehmen verbleiben können.
Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die Pensionsrückstellungen, da
sie für viele Jahre zur Verfügung stehen und oft erhebliche Beträge zusammenkommen. Der
den Pensionsrückstellungen in einem Geschäftsjahr zuzuweisende Betrag wird nach versi-
cherungsmathematischen Methoden berechnet. Er gilt als Lohn- bzw. Gehaltsbestandteil und
zählt zum Periodenaufwand. Daher verringert er den Periodenerfolg und damit die Steuerlast,
ohne dass dem Unternehmen liquide Mittel entzogen werden. Die Rückstellungsgegenwerte
stehen dem Unternehmen wie langfristiges Fremdkapital bis zu ihrer Fälligkeit, d.h. bis zur
späteren Auszahlung der Pensionen, zur Verfügung. Die Zahlung einer Pension führt zum
sukzessiven Abbau der für diesen Mitarbeiter gebildeten Rückstellung und stellt für die be-
treffende Periode keinen Aufwand mehr dar. Andere, nur kurzfristig im Unternehmen ver-
bleibende Rückstellungen sind für die Finanzierung von entsprechend geringerer Bedeutung.
Auch hier kann von einem Bodensatz ausgegangen werden, der ständig für Finanzierungs-
zwecke zur Verfügung steht.

3. Finanzierung durch Steueraufschub


Immer dann, wenn es dem Unternehmen gelingt, die Fälligkeit von Steuerzahlungen zeitlich
nach hinten zu verlagern, stehen die entsprechenden Mittel als zinsloser Steuerkredit zwi-
schenzeitlich für Finanzierungszwecke zur Verfügung. Dieser Effekt tritt insbesondere dann
ein, wenn folgende Möglichkeiten ausgenutzt werden:
 Steuerliche Sonderabschreibungen
 Rückstellungen im Steuerrecht
 Sonderposten mit Rücklageanteil

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3.4 Finanzmanagement 179

3.4 Finanzmanagement
Die Aufgabe des Finanzmanagements besteht darin, die durch Finanzierungsmaßnahmen und
durch den betrieblichen Umsatzprozess ausgelösten Zahlungsströme so aufeinander abzu-
stimmen, dass nicht nur jederzeit die Liquidität des Unternehmens gesichert ist und keine
unnötig hohe Kassenhaltung erfolgt, sondern dem Unternehmen auch der für die geplanten
Investitionen erforderliche Finanzierungsspielraum zur Verfügung steht. Die Zielsetzung und
die Vorgehensweise des Finanzmanagements hängen davon ab, ob es sich um die Betrach-
tung eines kurzfristigen oder eines langfristigen Zeitraums handelt.
Kurzfristig dominiert die Liquiditätsorientierung, die eine tagesgenaue Disposition von Zah-
lungen erfordert; langfristig hingegen steht die Rentabilität im Vordergrund, deren Planung
auf einer mehrjährigen Vorschau hinsichtlich der erwarteten Zahlungsverpflichtungen und
Rückflüsse basiert. Voraussetzung für das Finanzmanagement ist die Kenntnis der jeweils
relevanten Ein- und Auszahlungen, die vielfach aus anderen Größen, z.B. Einnahmen und
Ausgaben oder Erlösen und Kosten (zur Abgrenzung dieser Begriffe vgl. Abschnitt 4.3.1),
abgeleitet werden müssen. Als Informationsquelle steht dem Finanzmanagement neben den
Planungen aus anderen betrieblichen Bereichen das Rechnungswesen zur Verfügung.
Zu den Einflussgrößen des Kapitalbedarfs zählen unter anderem die Betriebsgröße, die Aus-
lastungssituation des Unternehmens, die Kosten- und Preisentwicklung, die Entwicklung am
Absatzmarkt, das Zahlungsverhalten der Kunden usw. Idealerweise sollte das Finanzmana-
gement in eine unternehmerische Gesamtplanung einbezogen werden, die simultan sämtliche
güter- und finanzwirtschaftlichen Entscheidungen trifft. Da eine solche Simultanplanung
praktisch nicht möglich ist, erfolgt in der Praxis eine sukzessive Abstimmung der Teilpläne
für die verschiedenen Bereiche. Dabei gilt nach dem von Erich Gutenberg formulierten Aus-
gleichsgesetz der Planung, dass sich die Planung jeweils auf den Bereich konzentrieren soll-
te, der den Engpass darstellt, da sich dadurch der Gesamterfolg des Unternehmens am stärks-
ten steigern lässt. Sind die finanziellen Mittel zu einem Zeitpunkt knapp, zu dem Investitio-
nen in neue Technologien erforderlich sind, so kann das geplante Investitionsprogramm nicht
vollständig realisiert werden. Eine Ausweitung des Finanzierungsspielraums bedeutet in
dieser Situation einen unmittelbaren Beitrag zum zukünftigen Erfolgspotenzial des Unter-
nehmens.

3.4.1 Langfristiges Finanzmanagement


Das langfristige Finanzmanagement wird für einen Zeitraum von mehreren Jahren durchge-
führt, so dass in erster Linie Zahlungen, die aus Entscheidungen über Kapazitätsauf- und
-abbau oder Umstrukturierungen des Unternehmens resultieren, berücksichtigt werden. Der
Planungshorizont wird in Perioden eingeteilt, die jeweils ein Quartal, ein Halbjahr oder auch
ein Geschäftsjahr umfassen. Die Aufgabe des langfristigen Finanzmanagements ist die struk-
turelle Abstimmung von Kapitalbedarf und Kapitalbereitstellung.

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180 3 Die Finanzwirtschaft

 Der Kapitalbedarf wird in seiner Höhe und seinem zeitlichen Anfall aus dem geplanten
Produktions- und Investitionsprogramm und den damit zusammenhängenden Auszahlun-
gen abgeleitet. Generell gilt, dass sich der Kapitalbedarf des Anlagevermögens leichter
im Voraus bestimmen lässt als der des Umlaufvermögens. Daneben sind Auszahlungen
zu berücksichtigen, deren Verursachung außerhalb des Leistungsbereichs liegt, z.B. Zins-
und Tilgungszahlungen, Steuerzahlungen, Lohn- und Gehaltszahlungen sowie Ausschüt-
tungen an Anteilseigner.
 Kapitalzuflüsse resultieren zum großen Teil aus Einzahlungsüberschüssen aufgrund von
zuvor getätigten Investitionen, aber auch aus geplanten Finanzierungsmaßnahmen, z.B.
einer Kapitalerhöhung oder der Emission einer Anleihe, aus dem Verkauf von Anlagege-
genständen wie Grundstücken oder auch aus Beteiligungen anderer Unternehmen. Der
aus externen Quellen zu deckende Kapitalbedarf einer Periode reduziert sich somit durch
Rückflüsse vor allem aus Umsatzerlösen.
Das wichtigste Instrument des langfristigen Finanzmanagements ist die Kapitalflussrech-
nung, die eine mehrjährige Rahmenplanung der Investitions- und Finanzierungstätigkeit
vornimmt. Im Rahmen der Kapitalflussrechnung wird ein Abgleich von Mittelzufluss und
Mittelverwendung durchgeführt und es werden die in den einzelnen Perioden geplanten Be-
wegungen zwischen Geldvermögen und Anlagevermögen aufgezeigt. Die Daten in der Kapi-
talflussrechnung sind regelmäßig zu aktualisieren und die geplanten Maßnahmen an Ände-
rungen anzupassen.
Der prinzipielle Aufbau einer einperiodigen Kapitalflussrechnung ist in Tab. 3.6 anhand
eines einfachen Beispiels dargestellt.
Den geplanten Investitionen in Produktionsanlagen in Höhe von 250.000 € stehen geplante
Rückflüsse aus dem Verkauf alter Anlagen in Höhe von 20.000 € gegenüber, so dass für den
Anlagenbereich Mittel in Höhe von 230.000 € aufzubringen sind. Diese werden durch Über-
schüsse aus dem Umsatzbereich in Höhe von 100.000 €, durch langfristige Finanzierungs-
maßnahmen im Umfang von 110.000 € und durch kurzfristige Finanzierungsmaßnahmen im
Umfang von 20.000 € abgedeckt. Bei der langfristigen Finanzierung werden eine Kapitaler-
höhung von 50.000 € und die zusätzliche Aufnahme langfristiger Kredite von 150.000 €
geplant, dem stehen eine Gewinnausschüttung von 30.000 € und vertraglich vereinbarte
Kredittilgungen von 60.000 € gegenüber. Im Geldbereich wird damit gerechnet, dass die
kurzfristigen Forderungen um 15.000 € und die kurzfristigen Verbindlichkeiten um 25.000 €
zunehmen. Weiter wird eine Reduktion des Zahlungsmittelbestands um 10.000 € vorgesehen,
so dass in diesem Bereich 20.000 € zur Abdeckung des Finanzierungsbedarfs zur Verfügung
stehen. Der Saldo sämtlicher Kapitalbewegungen muss Null sein.

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3.4 Finanzmanagement 181
Tab. 3.6 Kapitalflussrechnung

Mittelverwendung Mittelherkunft Saldo


Umsatzbereich
Umsatzerlöse 300.000
Aufwendungen 180.000
Erhöhung der Vorräte 20.000
Summe 200.000 300.000 100.000
Anlagenbereich
Anlagenzugang 250.000
Anlagenabgang 20.000
Summe 250.000 20.000 –230.000
Langfristige Finanzierung
Eigenkapitalerhöhung 50.000
Gewinnausschüttung 30.000
Aufnahme langfristiger Kredite 150.000
Rückzahlung langfristiger Kredite 60.000
Summe 90.000 200.000 110.000
Geldbereich
Zu-/Abnahme der Zahlungsmittel 10.000
Zu-/Abnahme der Forderungen 15.000
Zu-/Abnahme der kurzfristigen 25.000
Verbindlichkeiten
Summe 15.000 35.000 20.000
Saldo 0

3.4.2 Kurzfristige Finanzplanung


Das übergeordnete langfristige Finanzmanagement setzt die Rahmenbedingungen für die
kurzfristige Finanzplanung, die mit einem kürzeren Planungshorizont und einem feineren
Periodenraster durchgeführt wird. Seine Aufgabe ist die möglichst zeitpunkt- und
betragsgenaue Gegenüberstellung der erwarteten Ein- und Auszahlungen, um daraus den
Zahlungsmittelbestand am Ende der Periode abschätzen und gegebenenfalls Maßnahmen zur
Liquiditätssicherung einleiten zu können. Die Grundstruktur der kurzfristigen Finanzplanung
ist die folgende Bilanzgleichung:
Anfangsbestand an Zahlungsmitteln
+ Einzahlungen in der Periode
– Auszahlungen in der Periode
= Endbestand an Zahlungsmitteln
Der Endbestand an Zahlungsmitteln sollte möglichst exakt der von der Unternehmensleitung
festgelegten Liquiditätsreserve entsprechen, die für unvorhergesehene Schwankungen bei
den Ein- und Auszahlungen vorgehalten wird. Eine geringere Kassenhaltung würde das Risi-

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182 3 Die Finanzwirtschaft

ko der Illiquidität stark erhöhen, ein höherer Zahlungsmittelbestand hingegen würde zu


Zinsverlusten und damit zu einer Beeinträchtigung der Rentabilität führen.
Üblich ist es, für die kurzfristige Finanzplanung einen Horizont von sechs Monaten bis ei-
nem Jahr anzusetzen und diesen in Perioden unterschiedlicher Länge einzuteilen. In Abhän-
gigkeit von der abnehmenden Qualität der zur Verfügung stehenden Datenprognosen wird
z.B. der erste Monat auf Basis von Wochen geplant, der Rest des ersten Quartals auf Mo-
natsbasis und der Rest des Jahres auf Quartalsbasis. Die kurzfristige Finanzplanung wird in
der Regel in Form einer rollierenden Planung durchgeführt. Dabei geht man so vor, dass von
einem für den gesamten Planungszeitraum ermittelten Plan lediglich die erste Periode unmit-
telbar umgesetzt wird, die restliche Planung stellt eine Eventualplanung dar. Nach Ablauf der
ersten Periode wird die Planung fortgeschrieben, indem der Planungshorizont um eine Perio-
de hinausgeschoben wird, die Daten aktualisiert werden und nunmehr die nächste Periode
verbindlich geplant wird. Abb. 3.14 zeigt das Prinzip einer rollierenden Planung für vier
Perioden.

Zeit
Feste Vorläufige
Planung Planung T

Abb. 3.14 Rollierende Planung

Das Ideal einer zeitpunktgenauen Planung ließe sich durch eine sehr kurzfristige Planung,
z.B. auf Tagesbasis, erreichen. Andererseits weisen umfassendere Perioden den Vorteil auf,
dass sich zufallsbedingte Schwankungen bei den prognostizierten Werten tendenziell aus-
gleichen. Während sich zahlreiche Auszahlungen terminlich exakt bestimmen lassen, z.B.
die Fälligkeit von Steuerzahlungen, Lohn- und Gehaltszahlungen, Zins- und Tilgungszahlun-
gen, bestehen bezüglich der Einzahlungen größere Unsicherheiten, da diese unter anderem
vom Zahlungsverhalten der Kunden abhängen, d.h. von dem Ausmaß, in dem diese die ihnen
eingeräumten Zahlungsziele ausnutzen oder sogar überschreiten. Wenn sich die anstehenden
Zahlungen vollständig, betragsgenau und zeitpunktgenau prognostizieren ließen, könnte
bereits durch den kurzfristigen Finanzplan die Sicherung der Unternehmensliquidität erreicht
werden.
Da dies in der Praxis nicht der Fall ist, wird die kurzfristige Finanzplanung durch eine lau-
fende Überwachung des Zahlungsmittelbestands ergänzt, die bei Planabweichungen die
erforderlichen Anpassungen vornimmt. Diese als Cash Management bezeichnete Aufgabe ist
vor allem in Großunternehmen und internationalen Konzernen von großer Bedeutung. Das

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3.4 Finanzmanagement 183

zentral durchgeführte Cash Management dient der bereichs- bzw. unternehmensübergreifen-


den Kassendisposition und der Optimierung des Liquiditätsausgleichs. Der Cash Manager
bzw. Treasurer benötigt umfassende Informationen über die in den einzelnen Bereichen
erwarteten Zahlungen, die Kontenstände und die allgemeine Marktlage. Im Rahmen des
Cash Managements sind folgende Einzelaufgaben von Bedeutung:
 Pooling: Durch den unternehmensinternen Ausgleich von Konten mit Soll- und Haben-
salden lassen sich die insgesamt anfallenden Zinskosten senken.
 Netting: Durch eine konzerninterne Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten
zwischen Konzernunternehmen lassen sich andernfalls anfallende Transaktionskosten des
Zahlungsverkehrs vermeiden.
 Hedging: Durch Abstimmung der Termine von Währungsforderungen und -verbindlich-
keiten im internationalen Konzern lassen sich Währungsrisiken reduzieren.
 Eine weitere Aufgabe des Cash Managements ist die zentral durchgeführte Abdeckung
des Mittelbedarfs bzw. die Anlage von Mittelüberschüssen zu möglichst günstigen Zins-
sätzen.
Ergänzt wird das Finanzmanagement durch die Finanzkontrolle, die einerseits den Planvoll-
zug überwacht, andererseits anhand von Soll/Ist-Abweichungen frühzeitig Planrevisionen
auslösen kann.

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