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FOKUS
Eine bargeldlose Schweiz
ist in weiter
Wichtiger HINWEISFerne
!
Innerhalb der Schutzzone (hellblauer Rahmen) darf
kein anderes Element platziert werden!
Ebenso darf der Abstand zu Format- resp. Papierrand
die Schutzzone nicht verletzen!
Hellblauen Rahmen der Schutzzone nie drucken!
Siehe auch Handbuch
„Corporate Design der Schweizerischen Bundesverwaltung“
Kapitel „Grundlagen“, 1.5 / Schutzzone
www. cdbund.admin.ch
Tiere mit drei Herzen,
ein Wunder der Meere.
Wozu der Oktopus das braucht?
Mehr auf: meere.wwf.ch
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Der mobile
Boden
Unterschiedliche Blickwinkel auf das Grundeigentum und Lösungsansätze
zu dessen Mobilisierung im Zeitalter der Innenentwicklung
Montag, 30. Oktober 2017, 17.30 Uhr, METROPOL, Freimünsterstrasse 12, 8001 Zürich
Es sprechen u.a.
Lukas Bühlmann, Direktor Schweizerische Vereinigung für Landesplanung VLP-ASPAN, Jurist und Raumplaner
Prof. Dr. Paul Cheshire, London School of Economics
Prof. Dr. Jean-David Gerber, Universität Bern
Alec von Graffenried, Stadtpräsident Bern
Dr. Maria Lezzi, Direktorin Bundesamt für Raumentwicklung
Fokus
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Bargeld abschaffen macht Bankkarten verdrängen Vom Naturaltausch zum
wenig Sinn Bargeld Buchgeld
Hans Gersbach ETH Zürich Tobias Trütsch Universität St. Gallen Ernst Baltensperger Universität Bern
Martin Hellwig Max-Planck-Institut
17 21 25
Bargeld bleibt gefragt Schattenwirtschaft: Kampf um mobiles Zahlen
Fritz Zurbrügg Ursachen statt Bargeld in der Schweiz
Schweizerische Nationalbank
bekämpfen Andreas Dietrich
Hochschule Luzern
Friedrich Schneider
Johannes Kepler Universität Linz
28 34 35
Droht der Schweiz Wie deklariert man Bitcoins AUFGEGRIFFEN
Themen
b 40
«Menschen
machen den
Unterschied»
37 45
DIE STUDIE BREXIT
66 25 Jahre Schweizer
GESUNDHEITSÖKONOMIE
Mitgliedschaft bei der
Kostenanreize bei der Weltbank
Medikamentenabgabe
52
Boris Kaiser B,S,S.
Christian Schmid Die Schweiz bei der Weltbank
CSS Institut für empirische Philipp Orga
49 Gesundheitsökonomie Staatssekretariat für Wirtschaft
KONJUNKTUR
54
Die Nationalbank investiert Die Weltbank in einer
in die Bildung 68 multipolaren Welt
Carlos Lenz, Manuel Wälti Ivan Pavletic Weltbank
Schweizerische Nationalbank ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT Jörg Frieden Schweizer Botschafter
Spots 61
«Wenn 189 Länder
zusammenarbeiten, dann ist das
Multilateralismus pur»
Schriftliches Interview mit
Herausgeber
Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung
und Forschung WBF,
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bern
Redaktion
Chefredaktion: Susanne Blank, Nicole Tesar
Redaktion: Käthi Gfeller, Matthias Hausherr, Christian Maillard,
Stefan Sonderegger
Redaktionsausschuss
Eric Scheidegger (Leitung), Antje Baertschi, Susanne Blank,
Eric Jakob, Evelyn Kobelt, Cesare Ravara, Markus Tanner,
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FOKUS
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6 Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017
FOKUS
ALAMY
BARGELD
Literatur nahelegt, droht eine staatlich be- en. Der Eingriff in die Freiheit normaler Bürger
triebene Verdrängung des Bargelds die Wohl- erscheint deshalb als unverhältnismässig.
fahrt zu mindern. In diesem Zusammenhang Dagegen hält der Beirat es für legitim, wenn
ist zu berücksichtigen, dass nicht jede techni- bei der Entscheidung über die Abschaffung
sche Entwicklung am Ende auch wirtschaftlich von grossen Scheinen wie beispielsweise der
sinnvoll ist. Vielmehr können industriepolitisch 500-Euro-Note berücksichtigt wird, dass solche
motivierte Eingriffe zur Förderung bestimmter Scheine besonders häufig für Transaktionen
Entwicklungen sehr teuer sein. zweifelhafter Legalität verwandt werden. Hier
geht es nicht um Grundsatzfragen, sondern um
Staatspolitische Bedeutung Ermessensentscheidungen. Allerdings können
die normalen Zahlungsprozesse erheblich be-
Im Geldwesen ist der Staat selbst als Markt- einträchtigt werden, wenn der Wert für die ma-
teilnehmer engagiert, da er für sich selbst, be- ximale Denomination von Noten allzu niedrig
ziehungsweise für die Zentralbank, ein Mono- angesetzt wird. Das widerspräche dem Versor-
pol für die Bargeldausgabe beansprucht. Dieses gungsauftrag der Zentralbank. Für die norma-
Monopol bringt einen Versorgungsauftrag mit le Nutzung macht es aber kaum einen Unter-
sich – wobei vor allem die Wünsche und Bedürf- schied, ob die maximale Denomination 500
nisse der Nutzer von Bargeld zu berücksichti- oder 200 Euro beträgt. Eine maximale Denomi-
gen sind. Die Produktionskosten sollten dabei nation von 10 oder 20 Euro wäre hingegen pro-
nur eine geringe Rolle spielen, denn bei fast al- blematisch.
len Münzen und Noten machen sie nur einen
Bruchteil des Nennwerts aus. Im Gegenteil: Der Gefährliche Null-Zins-Politik
Geldschöpfungsgewinn, eine Folge des Geld-
schöpfungsmonopols, ist sehr gross. Schliesslich beurteilt der Beirat die geldpoliti-
Einige der Vorzüge von Bargeld sind über sche Begründung für eine Abschaffung oder Er-
den unmittelbaren Nutzen für die Verbraucher schwerung der Verwendung von Bargeld eben-
hinaus von staatspolitischer Bedeutung. Insbe- falls als problematisch. Zwar ist richtig, dass
sondere die Anonymität des Bargelds dient dem die Existenz von Bargeld die Zentralbank daran
verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der in- hindert, Zinssätze deutlich unter null durchzu-
formationellen Selbstbestimmung der Bürger. setzen. Die von etlichen Makroökonomen ver-
Demgegenüber sollte auch die Erwägung zu- tretene Vorstellung, diese Grenze sei willkür-
rückstehen, dass illegale Aktivitäten häufig mit lich und es wäre gut, wenn die Zentralbank die
Bartransaktionen einhergehen. Versuche zur Zinsen deutlich unter null senken könnte, ist je-
Bekämpfung der Schattenwirtschaft und der doch falsch. Denn in diesen Diskussionen wird
Kriminalität durch eine drastische Erschwe- die Bedeutung des Zinssatzes für das Finanzsys-
rung der Verwendung oder gar Abschaffung des tem vernachlässigt.
Bargelds sind daher unverhältnismässig und im Aus Sicht des Finanzsystems sind Zinssät-
Übrigen nur bedingt wirksam. ze von null, oder gar negative Zinssätze, aus
In diesem Sinn wendet sich der Beirat gegen zwei Gründen fragwürdig. Zum einen ist bei
die vom deutschen Finanzministerium ins Ge- solchen Zinssätzen für viele Vermögensanla-
spräch gebrachte Einführung einer Obergren- gen der sogenannte Fundamentalwert nicht
ze für Bartransaktionen. Auch wenn Bartrans- mehr definiert. Dieser ist bereits bei sehr nied-
aktionen über fünf- oder sechsstellige Beträge rigen positiven Zinssätzen sehr hoch, mit gros-
tatsächlich vor allem im Zusammenhang mit ser Unsicherheit behaftet und anfällig gegen-
Schattenwirtschaft und Kriminalität stattfin- über kleinsten Zinsänderungen. Angesichts der
den, ist zu befürchten, dass eine Obergrenze vor aktuellen Zinssituation verliert damit ein mass-
allem normale Bürger und normale Aktivitäten gebliches Instrument der Portfolio-Analyse an
betrifft. Der Grund: Kriminelle Akteure können Aussagekraft, und die Allokation der Ersparnis-
sich der Überwachung leichter entziehen, in- se der Volkswirtschaft auf verschiedene mögli-
dem sie alternative Zahlungsmethoden aufbau- che Verwendungen ist mit grossen Fehlerrisiken
8 Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017
FOKUS
behaftet. Zum anderen können viele Finanzins- chen und juristischen Personen keinen Zugang
titutionen – beispielsweise Versicherungen – bei zu Zentralbankeinlagen haben, so wandelt
sehr niedrigen Zinssätzen keine Gewinne mehr sich die Schuld der Geschäftsbank gegenüber
erzielen oder ihre Verpflichtungen nicht mehr dem Kunden von der Verpflichtung zur Aus-
erfüllen. Hinzu kommen die mit einer Zins- lieferung von Bargeld in eine Verpflichtung zu
wende verbundenen Risiken für Institute, die einer wunschgemässen Überweisung auf ande-
«Fristentransformation» betreiben – also wenn re Konten bei Geschäftsbanken. Damit entfiele
Banken langfristige Kredite mit kurzfristigen aber die Möglichkeit, Mittel aus dem Geschäfts-
Einlagen finanzieren. bankensystem insgesamt abzuziehen. Bei Zwei-
Die Geldpolitik der EZB, mit welcher sie seit feln an der Bonität der eigenen Bank könnte
2014 die Kreditvergabe ankurbeln und damit die man die Mittel auf andere Banken übertragen,
Wirtschaftstätigkeit beleben will, trägt den ge- hätte dann allerdings keine Möglichkeit mehr,
nannten Risiken nicht angemessen Rechnung. sich gegenüber Solvenzproblemen des Banksys-
Denn die damit verbundene Belastung des Fi- tems zu schützen.
nanzsektors birgt das Risiko, dass die Sanierung Zwar wäre dadurch die Gefahr eines system-
dieses Sektors nicht vorankommt beziehungs- weiten Bank-Runs gebannt. Diese Gefahr würde
weise gewisse Probleme sich durch den Druck jedoch ersetzt durch drohende Solvenzproble-
auf die Gewinnmöglichkeiten der Banken noch me, die am Ende durch staatliche Einrichtun-
weiter verschärfen. Je länger eine solche Null- gen zum Schutz der Einleger zu beheben wä-
Zins-Politik andauert, desto grösser sind die Ge- ren. Denn: In solch einem bargeldlosen System
fahren für den Finanzsektor, da die Bestände an wäre die Position der Banken sowohl gegenüber
neuen Krediten mit niedrigen Zinssätzen und ihren Kunden als auch gegenüber dem Staat ge-
langer Zinsbindung ständig wachsen. stärkt, wodurch alsbald politischer Druck ent-
stünde, die Bankeinlagen insgesamt von Staa-
Datenschutzprobleme tes wegen zu garantieren. Letztlich müsste also
der Staat die Risiken der Kredite und anderer
Ein weiterer grundsätzlicher Punkt wird eben- Anlagen der Banken tragen.
falls oft vernachlässigt: Wenn Bargeld als eine Zusammenfassend ist festzuhalten: Die für
jedermann zugängliche Form des Zentralbank- eine staatlich betriebene Abschaffung des Bar-
geldes abgeschafft wird, so ist nicht mehr klar, gelds vorgebrachten Argumente überzeugen bei
was eigentlich der Inhalt von auf Geldbeträgen genauer Betrachtung nicht. Vielmehr bringt eine
lautenden Schuldverträgen ist. Worin besteht bargeldfreie Wirtschaft neue Risiken mit sich.
die Verpflichtung eines Schuldners, etwa einer
Geschäftsbank gegenüber einem Kunden, wenn
es den Gegenstand der Schuld als physisches
Objekt nicht mehr gibt?
Man könnte in diesem Zusammenhang
den Begriff der Geldschuld umdeuten, sodass
«Geld» sich auf Guthaben bei der Zentralbank
beziehen würde. Derzeit haben jedoch die meis-
ten natürlichen und juristischen Personen kei-
nen Zugang zu Zentralbankeinlagen. Dies
könnte man natürlich ändern. Allerdings wür- Hans Gersbach Martin Hellwig
de dies gravierende Datenschutzprobleme auf- Professor für Makroöko- Direktor am Max-Planck-
nomie, Innovation und Institut zur Erforschung
werfen, da sich der Zahlungsverkehr insgesamt Politik, ETH Zürich; Vorsit- von Gemeinschaftsgütern;
bei der Zentralbank konzentrierte und diese zender des Wissenschaft- Professor für Volkswirt-
lichen Beirats beim deut- schaft an der Universität
dadurch einen Einblick in sämtliche Transak-
schen Bundesministerium Bonn; federführend in der
tionen einer Person erhielte. für Wirtschaft und Energie Arbeitsgruppe zum
Belässt man es bei der Abschaffung von Bar- und Mitverfasser des Bargeld-Gutachten
Bargeld-Gutachtens
geld hingegen dabei, dass die meisten natürli-
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 9
BARGELD
Abstract Bis anhin gibt es keine gefestigten Statistiken über den effek- Die Bargeldumlaufquote reagiert weniger
tiven Bargeldgebrauch in der Schweiz, da Bargeldzahlungen anonym sind. empfindlich auf Geldmarktinterventionen der
Aussagen zur Bargeldentwicklung sind folglich mit Messproblemen ver- SNB als die Bargeldquote, da das BIP weniger
bunden. Erprobte Methoden basieren auf der Bargeld- und der Bargeld- stark schwankt als die direkt beeinflussbare
umlaufquote, auf den Konsumausgaben der privaten Haushalte oder auf Geldmenge M1. Je höher die beiden Quoten, des-
Konsumentenumfragen. Diese Ansätze zeigen, dass einerseits Bargeld als to bedeutsamer ist generell das Bargeld in einer
Zahlungsmittel kontinuierlich an Bedeutung verliert und die Digitalisie-
rung des Zahlungsverkehrs, insbesondere hervorgerufen durch Debit- und
Volkswirtschaft.
Kreditkarten, voranschreitet. Andererseits ist seit 2008 die Bedeutung von
Bargeld als Wertaufbewahrungsmittel erheblich gestiegen, vor allem be- Bargeldquote seit 1990 halbiert
dingt durch eine starke Nachfrage nach Tausendernoten.
Seit 1990 ist die Bedeutung des Bargelds stark
gesunken: Während die Bargeldquote damals
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 11
BARGELD
lungen.4
Die relativen Umsatzanteile der verschie-
denen Zahlungsmittel an den stationären Ver-
0 6
kaufspunkten zeigen, dass immer häufiger mit
der Karte bezahlt wird (siehe Abbildung 2). So
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BIS (2015), BFS (2017), SNB (2017A), HÖPPLI ET AL. (2011), BERECHNUNG: TRÜTSCH / DIE VOLKSWIRTSCHAFT
POS-Umsatzes ausmachten, heute keine rele-
vante Rolle mehr. Auch der Umsatz der von der
75
Schweizer Reisekasse (Reka) herausgegebenen
Reka-Checks entsprach lediglich einem POS-
Anteil von 0,4 Prozent.5
Im Jahr 2016 wurden gemäss dieser Messme- 50
thode 85 Milliarden Franken bar bezahlt. Dies
entspricht einem Umsatzanteil von knapp über
der Hälfte. Damit ist das Bargeld zwar nach wie
vor das wichtigste Zahlungsmittel – verglichen 25
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Literatur
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ments and Market Infrastruc-
tures.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 13
BARGELD
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 15
BARGELD
«echte» Geld, die Banknote war blosses Substi- ten Wert von über 70 Prozent gemessen an der
tut dafür. Ab 1870 stieg dann die Verwendung Geldmenge M1. Heute liegt er bei etwa 87 Prozent.
der Banknoten stark an und erreichte bis 1890
einen geschätzten Anteil von knapp 30 Prozent. Bargeldlose Zukunft?
Anschliessend ging ihre Bedeutung anteilsmäs-
sig allerdings wieder zurück – während jene des Die Meinung ist heute weit verbreitet, dass
Buchgelds sukzessive stieg. Mit der Gründung Banknote und Münze bald einmal ausgedient
der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wur- haben werden und unsere Zukunft bargeld-
de 1907 die Banknotenemission nationalisiert los sein wird. Ich bin davon nicht überzeugt.
und dem Wettbewerb im Banknotengeschäft Denn wir sollten nicht vergessen: Münze, Bank-
ein Ende gesetzt. note und Buchgeld sind zwar Substitute, aber
Die schleppende Entwicklung des Notenge- keine homogenen Produkte. Je nach Verwen-
schäfts in der Schweiz widerspiegelt die dama- dungszweck hat jede Geldform ihre Vor- und
ligen Verhältnisse in ganz Kontinentaleuropa. Nachteile. Effizienzvorteile bei Kleintransak-
Im Gegensatz dazu standen die Verhältnisse in tionen sowie ein stärkerer Schutz vor willkür-
Grossbritannien. Hier waren Banknoten und lichen Zugriffen des Staates, vor Bankenrisiken
ihr Gebrauch seit Längerem verbreitet. Schon und vor Verletzungen der finanziellen Privat-
gegen 1800 machten Münzen dort weniger als sphäre werden auch in Zukunft für eine Nach-
die Hälfte des gesamten Geldumlaufs aus, und frage nach Bargeld sorgen.
die Banknote wurde in der ersten Hälfte des Darüber, was effizient ist, sollten nicht Zu-
19. Jahrhunderts ihrerseits bereits von den kunftspropheten und Regulierer entscheiden,
Depositen- oder Sichtguthaben als Zahlungs- sondern die Nutzer des Geldes am Markt. Es
mittel bedrängt.3 stimmt zwar, dass das Buchgeld anteilsmässig
quantitativ heute mit grossem Abstand domi-
Der Aufstieg des Buchgeldes niert. Aber die Nachfrage nach Bargeld ist zu-
gleich entgegen früheren Prognosen keineswegs
Neben das Geld in der Form von Münzen und verschwunden und hat sogar wieder zugenom-
Banknoten haben die Banken im Laufe der Zeit men. Wahrscheinlich wird es der bargeldlosen
mehr und mehr das Buch- oder Giralgeld in Wirtschaft ähnlich ergehen wie dem «papierlosen
der Form der Sichteinlage gestellt: Sogenannte Büro». Auch dieses wurde vor Jahrzehnten ausge-
Sichtdepositenkontrakte erlauben jederzeit den rufen – und heute schwimmen wir im Papier. 3 Cameron (1967).
sofortigen Abzug der Einlage zum vollen Wert
und sind mit einem umfangreichen Angebot
von Leistungen im Zahlungsverkehr verbunden.
Das Buchgeld hat nur noch die Form eines Ein-
trags in einem Konto oder «Register», heute viel-
fach gar eines blossen elektronischen Zeichens.
In diesem Bereich ist die Schweiz, zusammen
mit praktisch allen anderen Ländern, bis heute
beim Wettbewerb zwischen den Banken geblieben Ernst Baltensperger
– aus guten Gründen, meine ich, denn die Dienst- Emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre,
leistungen des Zahlungsverkehrs, die ein zentra- Universität Bern
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 17
BARGELD
SNB
Komplexe Angele-
genheit: Produktion
teme zu erleichtern und zu sichern.3 Ein jeder- der Fünfzigernote. raussetzungen, dass das Publikum im Einzelfall
zeit reibungslos und fehlerfrei funktionierendes das bevorzugte Zahlungsmittel wählen kann.
System zur Abwicklung bargeldloser Zahlungen Welches Zahlungsmittel wählt das Publi-
spielt für eine effiziente Wirtschaft eine eben- kum? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Nach
so zentrale Rolle wie vertrauenswürdiges Bar- der Gründung der SNB im Jahr 1907 ist der Bar-
geld. Der Auftrag widerspiegelt sich beispiels- geldumlauf in Franken relativ zur Wirtschafts-
weise darin, dass die SNB als Systemmanagerin leistung bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs
des Zahlungssystems Swiss Interbank Clearing angestiegen (siehe Abbildung 1). Dahinter ver-
(SIC) fungiert, worüber ein Grossteil der bar- birgt sich zunächst die zunehmende Verdrän-
geldlosen Frankenzahlungen in der Schweiz ab- gung von Metallmünzen durch Banknoten in
gewickelt wird. Die SNB versorgt dieses System den Anfangsjahren der SNB. Später erklären vor
mit Liquidität, bestimmt die Funktionalitäten allem allgemeine kriegsbedingte Unsicherhei-
und Abwicklungsregeln und legt den Teilneh- ten, die Deflation Anfang der Zwanzigerjahre
merkreis fest.4 und die Weltwirtschaftskrise der Dreissigerjah-
re die steigende Notennachfrage.
Nachfrage des Publikums 3 N BG Art. 5 Absatz 2
Der Rückgang seit den Sechzigerjahren wi-
Ziffer c. derspiegelt hauptsächlich rasante technologi-
4 Der Betrieb des
Bar oder elektronisch bezahlen? Die SNB steht SIC-Systems erfolgt im sche Fortschritte im Bankensektor. Zu dieser
dieser Frage neutral gegenüber. Indem sie ihre Auftrag der SNB durch
die SIX Interbank
Zeit verbreiteten sich Magnetbänder als Daten-
gesetzlichen Aufträge erfüllt, schafft sie die Vo- Clearing AG. speicher. Diese ermöglichten eine einfachere,
schnellere und kompaktere Erfassung und Abb. 1: Verhältnis zwischen Notenumlauf und nominalem BIP in der
Übermittlung von Finanztransaktionen. Damit Schweiz (1907–2016)
konnten die Kosten von Bankkonten sowie der 30 In %
Abwicklung des Zahlungsverkehrs erheblich
reduziert werden. Es wurde für breite Bevölke- 25
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Bargeldnachfrage steigt nach 2008
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Seit Beginn der Neunzigerjahre hat sich die Bar-
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geldnachfrage auf einem stabilen Niveau einge-
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pendelt – dies trotz der zunehmenden Verbrei-
tung von elektronischen Kartenlesegeräten, die
es ermöglichen, alltägliche Einkäufe per Kredit-
oder Debitkarte abzuwickeln. Seit 2008 ist so- Abb. 2: Banknotenumlauf: Wachstumsraten im Jahresvergleich
gar ein deutlicher Anstieg der Bargeldnachfrage
14 In %
zu verzeichnen. Wie lassen sich diese Entwick-
lungen erklären? 12
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BARGELD
nicht alleine mit der Nutzung von Bargeld als Zudem sind sie vor fehlerhaften Verbuchungen
Wertaufbewahrungsmittel erklären. Bargeld gefeit.
wird auch heute noch oft und gerne zu Zah- Ein weiteres Plus ist der Datenschutz. Bar-
lungszwecken verwendet, beispielsweise zur geld bietet Gewähr, dass die Zahlungs- und Ver-
Begleichung von Rechnungen am Postschalter mögensinformationen vor unbefugter Einsicht
oder für die Bezahlung von alltäglichen Besor- und Missbrauch geschützt sind und die finan-
gungen im Detailhandel. Ein Indiz für Letzte- zielle Privatsphäre gewährleistet ist. Dies gilt
res ist, dass auch das Verhältnis zwischen dem im Normalfall zwar auch für bargeldlose An-
Umlauf der Zehner- und der Zwanzigernote – wendungen. In deren Sicherheit wird von den
den zwei kleinsten Nennwerten – und der Wirt- Anbietern viel investiert, und die existieren-
schaftsleistung seit den Neunzigerjahren in den Systeme sind grundsätzlich als sicher ein-
etwa konstant geblieben ist (siehe Abbildung 3). zustufen. Die Verfügbarkeit von Bargeld erlaubt
Die bis heute anhaltende Bedeutung von es aber jedem Einzelnen, stets selbst darüber zu
Bargeld im Zahlungsverkehr mag auf den ers- entscheiden, als wie sicher er diese erachtet und
ten Blick erstaunen. Sie kann jedoch plausibel welchem Akteur er welche Informationen über-
erklärt werden. So nutzen wir Bargeld im Alltag lassen möchte.
manchmal aus ganz persönlichen Gründen, bei- Neben bargeldlosen Zahlungsmitteln bleibt
spielsweise aus Gewohnheit oder Bequemlich- Bargeld somit für eine effiziente Wirtschaft wei-
keit, wegen fehlender Technik-Affinität oder für terhin bedeutsam. Bare und unbare Zahlungs-
eine effektivere «Budgetkontrolle». Die Nutzung mittel ergänzen sich und stiften im Zusam-
von Bargeld ist also auch auf individuelle Vorlie- menspiel einen bedeutenden Nutzen für das
ben zurückzuführen und hat eine psychologi- Publikum. Es gibt plausible Argumente dafür,
sche Komponente. warum Bargeld trotz tiefgreifenden technolo-
gischen Entwicklungen weiterhin rege nachge-
Zuverlässigkeit und Datenschutz fragt wird. Eine Nachfrage nach Bargeld wird
daher auch in absehbarer Zukunft bestehen
Wie wird sich die Nachfrage nach Bargeld in Zu- bleiben. Um die Nachfrage gemäss Gesetzesauf-
kunft entwickeln? Die Vorlieben der Menschen trag zu befriedigen, wird die SNB auch künftig
können sich ändern. Auch werden die Möglich- fälschungssichere und qualitativ hochstehende
keiten und die Akzeptanz bargeldloser Zah- Banknoten ausgeben.
lungsmittel über die Zeit weiter zunehmen. Eine
vollständige Verdrängung des Bargelds scheint
jedoch unwahrscheinlich, denn bares und nicht
bares Geld sind unvollkommene Substitute: Bar-
geld hat Eigenschaften, die bargeldlose Zah-
lungsmittel nicht gleichermassen aufweisen
können.
Die beiden Geldtypen unterscheiden sich zu-
nächst bei der Zuverlässigkeit: Bargeldzahlun- Fritz Zurbrügg
gen sind weniger stark von einer funktionie- Dr. rer. pol., Vizepräsident des Direktoriums,
Schweizerische Nationalbank, Bern
renden technischen Infrastruktur abhängig.
Schattenwirtschaft:
Ursachen statt Bargeld bekämpfen
Die Schattenwirtschaft lässt sich kaum mit der Abschaffung des Bargeldes beseitigen.
Dies zeigt eine aktuelle Studie. Vielmehr sollten die Ursachen – wie etwa überhöhte Steu-
ern und Regulierungen – bekämpft werden. Friedrich Schneider
25 In %
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SCHNEIDER (2017A) / DIE VOLKSWIRTSCHAFT
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rc
Du
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BARGELD
ALAMY
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 23
BARGELD
Literatur
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Paper 20/126.
Erste Opfer
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BARGELD
KEYSTONE
Gewichtiger
Marktteilnehmer:
Bezahldienst Paypal insbesondere beim Inter- Apple-Chef Tim Cook Zwar ist eine exakte Messung des Volumens
netshopping weiterhin eine grosse Rolle spielt. präsentiert den oder der Anzahl Transaktionen derzeit nicht
Welche Lösungen Bestand haben, wird sich Bezahldienst möglich. Basierend auf den wenigen verfügba-
Apple Pay.
erst zeigen. Klar scheint: Nur einfach zu hand- ren Zahlen, darf aber davon ausgegangen wer-
habende Systeme mit hoher Akzeptanz und den, dass in der Schweiz insgesamt nur 0,2 Pro-
Nutzungsbereitschaft von breiten Zielgruppen zent aller Transaktionen über das Smartphone
können sich auf Dauer durchsetzen. Grundsätz- bezahlt werden. Insofern sind auch die bisheri-
lich erreichen Lösungen mit vielen Projektpart- gen Erfolge von Twint oder Apple Pay an der La-
nern wie Twint oder mit einer internationalen denkasse mit Vorsicht zu geniessen, da die Re-
Reichweite wie Apple Pay eher die notwendi- levanz in absoluten Zahlen derzeit noch gering
gen Skalen- und Netzwerkeffekte, von welchen ist.
alle Nutzer profitieren. Allerdings müssen nebst Die Voraussetzungen für die Verbreitung
den Kunden auch die Händler von den neuen Be- von Mobile Payment sind in der Schweiz aber
zahllösungen überzeugt werden. durchaus gegeben, wo über drei von vier Mo-
biltelefonnutzern ein Smartphone besitzen.2
Transaktionen im Promillebereich Zudem sind die meisten Konsumenten gegen-
über Mobile Payment positiv eingestellt. Ge-
Bis anhin hat sich in der Schweiz noch kein Mo- mäss einer Untersuchung der Hochschule
bile-Payment-Anbieter durchsetzen können, Luzern aus dem Jahr 2014 kann sich eine Mehr-
und das Transaktionsvolumen ist noch gering. 2 Comparis (2016). heit der Befragten vorstellen, Mobile Payment
zu nutzen.3 In einer ähnlichen Befragung aus Über den zukünftigen Erfolg der mobilen
Deutschland gibt rund ein Drittel an, sich vor- Bezahlangebote entscheidet daher vor allem die
stellen zu können, das Smartphone bis in drei Entwicklung an der Ladenkasse. Zentral sind
Jahren als gelegentliche Zahlungsmethode zu dabei die erwähnten App-Zusatzfunktionen wie
verwenden. 4 Loyalitätsprogramme. Denn: Nur wenige Kon-
sumenten dürften alleine aufgrund der Funk-
Zusatzfunktionen entscheidend tion «mobiles Bezahlen» ihre Bezahlgewohnhei-
ten im Supermarkt umstellen. Der Aufbau eines
Welche Anbieter sich in der Schweiz durchset- entsprechenden Ökosystems mit Einbezug der
zen, ist schwierig abschätzbar. Langfristig über- Händler und der Mobilisierung der Kunden ist
leben wohl höchstens zwei bis drei Bezahllö- komplex und braucht Zeit. Gleichzeitig ist die
sungen. Insbesondere im stark wachsenden Grösse des Ökosystems möglicherweise ent-
3 Dietrich et al. (2014).
E-Commerce sehe ich ein grosses Potenzial für scheidend für den Erfolg des Systems. 4 Hälsig et al. (2015)
Mobile Payment, da dieses aus Kundensicht oft-
mals angenehmer und einfacher zu handhaben
ist als Bezahllösungen mit Einzahlungsscheinen
oder Kreditkarten. Auch im Bereich des ebenfalls
wachsenden P2P-Geldtransfers ist der Nutzen
für den Kunden vorhanden. Aus Sicht eines An-
bieters ist diese Funktion finanziell aber nicht at-
traktiv, da man mit dem kostenlos angebotenen
P2P-Payment kein Geld verdienen kann. Insofern Andreas Dietrich
ist diese Funktion mehr als eine Art Einstieg in Professor für Banking und Finance, Institut für
Finanzdienstleistungen Zug (IFZ), Hochschule Luzern
die Welt des Mobile Payment zu betrachten.
Literatur
Ankenbrand, T. (2015). Verdrängt Dietrich, A., Dos Santos, B., und Hälsig, F., Schwarz, N., und Selle, Jäger, F., und Trütsch, T. (2016).
Mobile Payment das Bargeld? IFZ Hasler, C. (2014). Mobile Pay- S. (2015). Untersuchung und Ent- Cards’15-Studie: Entwicklungs-
Retail Banking Blog, Hochschu- ment – sind Schweizerinnen und wicklung von integrativen Lö- perspektiven für den Schweizer
le Luzern. Schweizer bereit? IFZ Retail Ban- sungen im Mobile Commerce in Zahlungskartenmarkt. St. Gal-
Comparis (2016). Drei von vier king Studie 2014. Hochschule Deutschland. Research Pool 2014 len: Executive School of Ma-
Schweizern sind smart unter- Luzern – Wirtschaft. der Akademischen Partnerschaft. nagement, Technology and Law
wegs. (ES-HSG)
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 27
BARGELD
Kryptowährungen
basieren auf der Block-
chain-Technologie.
KEYSTONE
BARGELD
2800
2600
2400
2200
2000
1800
1600
1400
1200
1000
800
400
200
0
2012 2013 2014 2015 2016 2017
Innovation» mit weitreichenden Auswirkun- Sobald nun eine Organisation mit einer star-
gen hervorhob.1 Nur um ein paar Monate spä- ken Marke und einem etablierten Sicherheits-
ter nachzulegen: «Die Schaffung eines solchen image dem Handel und seinen Kunden einen
Systems könnte ein Protokoll hervorbringen, verlässlichen Blockchain-basierten Service zur
mit dem es im Internet möglich ist, den Be- Verfügung stellt, wird der Rest der Branche fol-
sitz von Werten und deren Transfer sicher und gen. Gerade Banken fürchten diesen sogenann-
transparent zu regeln, vergleichbar mit dem ten Napster-Moment – den Zeitpunkt, wo eine
von Sir Tim Berners-Lee am Forschungszent- etablierte Branche durch das Aufkommen einer
rum Cern publizierten Werk zu den Grundla- neuen Plattformtechnologie komplett aus den
gen des Internets.»2 Fugen gerät.
Mit den stumpfen Waffen der Vergangenheit
Banken drohen Turbulenzen ist einem solchen technologischen Umbruch
nicht beizukommen, weil das damit verbunde-
Bis zum Aufkommen der Blockchain war das ne Kundenerlebnis radikal einfacher und billi-
Internet vor allem eine grossartige Infrastruktur ger wird. Entsprechend haben die Musikplatt-
für den Zugriff auf Informationen. Im herkömm- form Napster und ihre Nachkommen iTunes,
lichen Web werden laufend Kopien der Daten er- Spotify und Netflix die Unterhaltungsbranche
zeugt, ohne dass klar ist, welche davon das Origi- innerhalb weniger Jahre umgepflügt. Ange-
nal ist. Die Blockchain ändert dies: Sie ermöglicht sichts dieses Wandels schienen die etablierten
es, den Besitz zu dokumentieren und den Trans- Medienunternehmen wie gelähmt. Sie waren
1 B ank of England, In- fer zu einem anderen Eigentümer sicher durch- unfähig, ihre eigene DNA und Kultur rasch und
novations in Payment
Technologies, and the
zuführen. Damit verlagern sich die Kernprozesse entschieden so anzupassen, um die neuen Tech-
Emergence of Digital vieler Anwendungen in die Infrastruktur. Bei- nologien als Katalysator des Wandels willkom-
Currencies, Quarterly
Bulletin 2014 Q3. spiele dafür sind der Transfer von Werten, das men zu heissen.
2 Bank of England, One
Bank Research Agenda,
Führen von Bankkonten oder Grundbüchern. Als Ähnliches droht heute der Finanzbranche.
Februar 2015. Konsequenz sinken die Kosten signifikant. Derzeit wird auf Basis der Blockchain-Techno-
Ein Bitcoin-Program-
mierer schrieb mit
einer Pizzabestellung
bei der US-Kette Papa
John's Geschichte.
DREAMSTIME
logie eine Vielzahl von Smartphone-Applika- Technische Mängel als Challenge
tionen entwickelt. Bald wird das Überweisen
von Geld oder Eigentum – ohne traditionelle Nebst der eigentlichen Geldüberweisung er-
Bank oder Intermediär – so einfach sein wie leichtert die Blockchain-Technologie dank
ein Swipe von links nach rechts auf dem Smart- ihrer Transparenz und Abwicklungseffizienz
phone. auch die «Verifikation» und «Authentifizie-
Bis dato hält sich die helvetische Wirtschaft rung» der Handelspartner. Die Technologie
noch vornehm damit zurück, solche Anwen- wäre deshalb geradezu prädestiniert für die
dungen auf den Markt zu bringen. Die Dämme Digitalisierung des Grundbuchs oder den Han-
sind aber bereits brüchig. Bereits über 70 000 del mit Kunst, Antiquitäten und Liebhaberob-
Onlinehändler wickeln weltweit durchschnitt- jekten wie alte Uhren oder Oldtimerfahrzeuge
lich fast 60 000 Blockchain-Transaktionen pro – vorausgesetzt, die Bitcoin-Gemeinde findet
Tag ab, und über 100 Pizzerien weltweit akzep- Lösungen für die drei gravierendsten tech-
tieren inzwischen Bitcoins.3 nischen Mängel. So ist erstens der Stromver-
Auch in der Schweiz breiten sich Bitcoins brauch noch viel zu hoch: Eine Bitcoin-Trans-
und Blockchain-basierte Lösungen aus. So kann aktion verbraucht die gleiche Menge Strom wie
sich jeder an einem SBB-Ticketautomaten Bit- zwei Schweizer Haushalte pro Tag. Zweitens
coins in sein digitales Portemonnaie laden und ist die Kapazität mit gerade mal drei Transak-
damit beispielsweise ein Bier im Sip’s Pub in Zü- tionen pro Sekunde zu gering. Und schliesslich
rich-Oerlikon kaufen oder eine Rechnung an dauert die Bestätigungszeit einer Überweisung
einem Onlineschalter des Kantons Zug beglei- bis zu zehn Minuten.
chen. Der Zentralschweizer Kanton ist beson- Noch spielt den Zögerern die leistungsfähi-
ders gut positioniert, da sich dort mehrere Start- ge und relativ günstige Payment-Infrastruktur
ups mit kryptografischer Expertise angesiedelt für Frankenüberweisungen in die Karten. Was
haben. Aus diesem «Crypto Valley» wollen sie im Binnenmarkt gut funktioniert, hat aber ge-
nun die Welt erobern. rade im grenzüberschreitenden Handel seine 3 Coinmap.org
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 31
BARGELD
ve Sessions
NEU! Executi Intelligence
– Artificial
rity
– Cyber Secu
ness
– Digital Busi
sformation
– Digital Tran
e
– E-Commerc
Sergio P. Ermotti Christoph Franz Stefan Krawczyk Doris Leuthard Patrick Naef Ulrich Spiesshofer
Group CEO, VR-Präsident, Associate General Bundespräsidentin, CIO & Divisional Senior President and CEO,
UBS Group Roche Holding Counsel, eBay Inc. Vorsteherin des UVEK VP IT, Emirates Group ABB Group worldwide
BARGELD
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 35
der Erwartung verbunden, dass sich die Adressaten daran halten. Diese
Zwitternatur erklärt auch dessen Vor- und Nachteile.
Eric Scheidegger
Dr. rer. pol., Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik,
Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern
eric.scheidegger@seco.admin.ch
Abstract Die Frankenstärke trifft die Schweizer Hotellerie sehr unterschiedlich. In Deutlicher Rückgang in den
stark auf den Tourismus ausgerichteten Gemeinden führt eine Aufwertung des Fran- Gemeinden
kens zu deutlich weniger Hotelübernachtungen von ausländischen Gästen. In den
Städten ist der Effekt des starken Frankens auf die Anzahl Logiernächte dagegen ge- Die Studie beruht auf sehr detaillierten
ring. Die Gründe dafür dürften im hohen Anteil von Geschäftsreisenden und in der Daten zur Anzahl der Hotelübernachtun-
kürzeren Aufenthaltsdauer der Gäste liegen. Der Wechselkurs hat insbesondere gen in Schweizer Gemeinden. Die Daten
einen stark negativen Effekt auf die Anzahl Hotelübernachtungen von Gästen aus sind dabei zusätzlich nach dem Herkunfts-
Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Dagegen reagieren die Logiernächte land der Gäste aufgegliedert. Aus Vertrau-
von Besuchern aus Italien und insbesondere Frankreich nur schwach auf Wechsel- lichkeitsgründen verwendete die Studie
kursschwankungen. nur Daten von Gemeinden, in welchen
während des Untersuchungszeitraumes
von Januar 2005 bis Dezember 2014 durch-
gehend mindestens 3 Hotels geöffnet wa-
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 37
DIE STUDIE
KEYSTONE
Schöne Aussicht, aber ausbleibende Touristen:
Die Frankenstärke macht Beatenberg im Berner
Oberland zu schaffen. Rückgang der Logiernächte um 14 Pro- wald. Für diese Gäste lohnt es sich daher
zent zur Folge hat. In Städten ist der Ein- eher, das Preisniveau verschiedener Des-
fluss bescheidener. Eine Aufwertung des tinationen zu vergleichen.
zeitlichen Verzögerung zum stetig teu- Frankens um 10 Prozent führt hier ledig- Gemeinden, die auf den Sommertou-
rer werdenden Franken stark abgenom- lich zu einem Rückgang der Logiernächte rismus spezialisiert sind, wie Ascona oder
men. Dieser Rückgang endete erst mit der um rund 2 Prozent. Beatenberg, trifft der starke Franken im
Einführung des Mindestkurses durch die Durchschnitt wesentlich stärker als Win-
Schweizerische Nationalbank im Septem- Geschäftsreisende in Städten tersportorte. Eine Aufwertung des Fran-
ber 2011. Ganz anders verlief die Entwick- kens um 10 Prozent führt dort gar zu
lung in den Städten. Dort haben sich die
reagieren kaum einem Rückgang der Logiernächte um
Ausländerlogiernächte relativ unabhän- Einer der wichtigsten Gründe für den mehr als 20 Prozent. Eine Erklärung für
gig vom Wechselkurs entwickelt. unterschiedlichen Einfluss des Wechsel- diese sehr hohe Elastizität bietet mögli-
Die Resultate der empirischen Stu- kurses auf Gemeinden und Städte dürften cherweise die grosse Anzahl preisgünsti-
die bestätigen dies weitgehend. Um den die unterschiedlichen Aufenthaltsgrün- ger Sommertourismus-Destinationen im
reinen Effekt des Wechselkurses auf die de der Gäste sein. So haben mehrheitlich nahe gelegenen Ausland.
Hotelübernachtungen zu schätzen, wur- in Städten logierende Geschäftsreisen-
den statistisch zahlreiche weitere Ein- de eine tiefere Preissensibilität, da sie die Europäer reagieren am
flussfaktoren isoliert, welche die Über- Kosten für den Aufenthalt meistens nicht
nachtungszahlen ebenfalls beeinflussen selber bezahlen müssen. Dass, umgekehrt,
sensitivsten auf Wechselkurs-
können. Dazu zählen beispielsweise Preis- Gäste in touristischen Gemeinden stärker änderungen
anpassungen durch die Hotelbetriebe, Er- auf Wechselkursschwankungen reagieren, Der stärker werdende Franken hat zu-
öffnungen und Schliessungen von Ho- dürfte an ihrer vergleichbar langen Aufent- dem je nach Herkunftsland der Gäste
tels sowie die Einkommensentwicklung haltsdauer liegen. In den Städten verbringt einen anderen Effekt. Vergleicht man
in den Herkunftsländern der Gäste. Die ein ausländischer Gast nur 1,9 Nächte wie den Euro-Franken-Wechselkurs mit
Studie kommt zum Schluss, dass in vor- etwa in Bern oder 1,8 Nächte wie in Zürich. der saisonbereinigten Entwicklung der
wiegend auf den Tourismus ausgerich- In den touristischen Gemeinden wie Zer- Logiernächte von Gästen aus Deutsch-
teten Gemeinden eine Aufwertung des matt sind es hingegen durchschnittlich 3,8 land, Frankreich und Italien, fällt die ra-
Schweizer Frankens um 10 Prozent einen Nächte oder 3,6 Nächte wie in Grindel- sche und starke Reaktion der Übernach-
Abb. 1: Wechselkurs und Ausländerlogiernächte nach Städten und touristischen relle Entwicklung in den Jahren nach dem
Gemeinden in der Schweiz (2005–2014) Ausbruch der Finanzkrise in Deutschland
sehr viel besser ausfiel als in Frankreich
und Italien.
1,3 Indexpunkte (Januar 2006=1)
Ein ähnlich starker Rückgang wie aus
Deutschland zeigt sich auch bei den
1,2 Übernachtungen von Besuchern aus den
Niederlanden und Belgien. Insgesamt
nahmen die Übernachtungen aus euro-
1,1 päischen Ländern, aus denen im Ver-
hältnis zur Bevölkerung überproportio-
nal viele Gäste die Schweiz besuchen,
1,0
am stärksten ab. Dies deutet auch auf
die unterschiedliche sozioökonomische
Komposition der Gäste hin: Die Logier-
0,9
STETTLER (2017) / DIE VOLKSWIRTSCHAFT
0,8
0,7
tungen von Gästen aus Deutschland auf Franzosen mit 1,2 Millionen Übernach-
(siehe Abbildung 2). Deutschland war 2016 tungen reagierten dagegen viel schwä-
mit 3,7 Millionen Logiernächten nach cher und erst mit beträchtlicher Zeit- Literatur
wie vor das mit Abstand wichtigste Her- verzögerung auf den teurer werdenden Stettler, C. (2017). How Do Overnight Stays React to
Exchange Rate Changes? In: Schweizerische Zeit-
kunftsland. Die Italiener mit 0,9 Millio- Franken. Umso bemerkenswerter ist dies, schrift für Volkswirtschaft und Statistik, 153(2),
nen Logiernächten und insbesondere die wenn man bedenkt, dass die konjunktu- S. 123–165.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 39
FORSCHUNG
Herr Guzzella, wer kauft Souvenirs wie Wie lautet der Auftrag des Bundesrates Einschränken ist zu hart – aber es macht mei-
Tassen, Krawatten oder Nuggis im ETH- an die ETH? nen Job sicher nicht einfacher.
Store? Der Bundesrat will, dass wir für dieses Land
Die Studierenden, deren Eltern, Gross- etwas Nützliches tun, indem wir Spitzenfor- Im vergangenen Jahr waren von 40 neuen
eltern und Touristen – alle möglichen Leu- schung und -lehre sowie Wissens- und Tech- Professoren nur 8 Schweizer. Können Sie
te. Wenn ich ins Ausland reise, kaufe ich nologietransfer machen. Das Wichtigste für das Verhältnis aufrechterhalten unter
auch dort ein und bringe den Kollegen mich ist, der Schweiz zu helfen, weiterhin so den aktuellen und geplanten Rahmenbe
kleine Gastgeschenke. Das tönt jetzt viel- erfolgreich zu sein. dingungen?
leicht etwas seltsam für eine Hochschule, Wir freuen uns immer, wenn sich Schweize-
aber das Ziel ist, die Marke ETH bekannter Die ETH ist stark gewachsen. Mit knapp rinnen und Schweizer in den Berufungspro-
zu machen und damit das Zusammenge- 20 000 Studierenden ist die Zahl in den zessen durchsetzen, und wir berufen diese
hörigkeitsgefühl unter Studierenden und letzten zehn Jahren um 50 Prozent ge- dann mit hervorragenden Resultaten. Aber
Mitarbeitenden zu stärken. stiegen. Leidet nicht die Qualität des wir brauchen auch den Zugang zum globalen
Unterrichtes darunter? Talentpool. Ich hoffe sehr, dass wir weiterhin
Die ETH Zürich ist die beste Universität Wenn sich die neusten Sparpläne unserer Eig-
Kontinentaleuropas und die beste nicht ner bewahrheiten, bekommen wir nächstes
englischsprachige Universität der Welt. Jahr weniger Mittel. Insbesondere das Betreu- Zur Person
Freut Sie das? ungsverhältnis wird schlechter werden, und Lino Guzzella ist 1957 in Zürich geboren und auf-
Ich halte nicht viel von solchen Reihenfolgen. das macht uns natürlich Sorgen. Damit wir gewachsen. Er studierte und doktorierte an der
Eine Universität ist kein Sportanlass. uns richtig verstehen: Mehr Geld im System ETH als Maschineningenieur. Anschliessend
bedeutet nicht automatisch, dass alles besser arbeitete er in der Forschung bei den beiden In-
dustrieunternehmen Sulzer und Hilti. Seit 1993
Und doch gehört die ETH zu den Top- wird. Aber wenn Sie dem System Geld entzie- ist er wieder an der ETH, erst als Assistenzpro-
Hochschulen weltweit. Welchen Einfluss hen, dann wird es schlechter. Deshalb plädie- fessor am Departement für Maschinenbau und
haben Sie als Präsident? re ich für langfristigere Budgetperioden. Wir Verfahrenstechnik und seit 1999 als ordentlicher
Professor für Thermotronik. In seiner Forschung
Ich definiere im Gespräch mit der Schullei- brauchen Planungssicherheit, damit wir uns
beschäftigte er sich unter anderem mit der Re-
tung und den Departementen die groben auch nachhaltig entwickeln können. duktion des Verbrauchs und der Schadstoffemis-
Ziele der Strategie. Wir wollen zwei Be- sionen von Antriebssystemen. Zwischen 2012
reiche noch stärker bearbeiten: den gan- Die ETH soll gemäss den bundesrätlichen und 2014 war er Rektor der ETH. In dieser Zeit
war er gleichzeitig immer noch in der Forschung
zen Bereich der Daten- und Computer- Zielen ihre Spitzenposition wahren. Dafür und der Lehre an der ETH aktiv. Seit seiner Ernen-
wissenschaften, der Informatik und der holen Sie auch die besten Professoren nung 2015 konzentriert er sich auf sein Amt als
künstlichen Intelligenz. Zum anderen den und Forscher nach Zürich. Schränken Präsident der ETH.
Gesundheitsbereich mit den Lifesciences, Sie die Rahmenbedingungen des Bundes
der Medizin und der Verbindung zur Mo- dabei ein?
lekularbiologie und dem Ingenieurwesen. Um erfolgreich zu sein, brauchen wir Auto- Finanzierung durch Drittmittel wird
Meine zweite wesentliche Aufgabe ist es, nomie, Offenheit und genügend Mittel: Wir immer wichtiger
neue Professorinnen und Professoren zu müssen autonom entscheiden können, auf Insgesamt beliefen sich die Einnahmen der ETH
berufen und dem ETH-Rat zur Wahl vorzu- welchen Gebieten wir forschen wollen, weil im Jahr 2016 auf 1,7 Milliarden Franken. Diese
setzten sich zusammen aus einem Globalbudget
schlagen. Das ist entscheidend, denn Men- wir die Experten auf diesem Gebiet sind. Wir des Bundes in der Höhe von 1247 Millionen Fran-
schen machen den Unterschied. Sie kön- brauchen Offenheit, das heisst, wir brauchen ken und Drittmitteleinnahmen von insgesamt 453
nen noch so gute Strukturen und viele den Zugang zum globalen – nicht nur zum Millionen Franken. Zu den Drittmitteln zählen Do-
nationen von Unternehmen und Privatpersonen
Mittel haben – am Schluss sind es die Men- europäischen – Talentpool. Und wir brauchen
(62 Millionen), projektorientierte Forschungsbei-
schen, die über den Erfolg entscheiden. genügend finanzielle Mittel, um im globalen träge (315 Millionen) und eigenerwirtschaftete
Schliesslich ist es auch eine Aufgabe des Wettbewerb bestehen zu können. Erträge der ETH (76 Millionen) wie beispielsweise
Präsidenten, mit der Politik und den Me- Schulgelder und Erträge aus diversen Dienstleis-
tungen. Die Drittmittel werden immer wichtiger
dien im Gespräch zu bleiben. Besonders für Schränken Sie die Kontingente für Dritt- für die ETH. Während sie im Jahr 2000 noch rund
eine öffentliche Hochschule ist die Kom- staaten und der Inländervorrang light 15 Prozent an der Gesamtfinanzierung ausmach-
munikationsaufgabe sehr wichtig. also ein? ten, sind es heute bereits 27 Prozent.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 41
FORSCHUNG
mit gleich langen Spiessen wie unsere gapur, als Kleinstaat ohne Ressourcen in einer men worden. Herzlichen Dank an die Poli-
Konkurrenten die besten Köpfe weltweit an- vergleichbaren Situation wie die Schweiz, hat tik und an Bundesrat Schneider-Ammann,
werben können. das Budget im Bereich Forschung und Inno- der sich hier speziell eingesetzt hat. Horizon
vation um 25 Prozent gesteigert. Das ist das 2020 hat zwei grosse Bereiche: Die Projekt-
Ein umfassender Bericht des Staats- Schwierigste: Wir waren sehr gut und sind es förderung ist besonders für die Wirtschaft
sekretariats für Bildung, Forschung und immer noch, aber die anderen holen auf. wichtig. Die Personenförderung ist extrem
Innovation zu Forschung und Innovation wichtig für die ETH, denn der European Re-
gibt der Schweiz im Ländervergleich Was müssen wir also tun? search Council (ERC) spricht Stipendien und
zwar sehr gute Noten. Im Direktvergleich Wir sind in einer Konkurrenzsituation. Um an Forschungspreise aus. Und diese ERC-Awards
mit Regionen wie dem deutschen Baden- der Spitze zu bleiben, müssen wir Gas geben. sind entscheidend für uns. In der letzten Run-
Württemberg oder dem amerikanischen Ausser der Pharmaindustrie generiert kein de haben acht Forschende von uns einen
Neuengland schmilzt der Vorsprung anderer Bereich mehr grosses Wachstum in Preis gewonnen.
jedoch. Welche Schlüsse ziehen Sie Bezug auf Umsatz und Beschäftigung. Des-
daraus? halb setze ich mich persönlich ein für die Di- Und warum ist es so wichtig, dabei zu
Wir dürfen das, was wir in der Vergangen- gitalisierungsoffensive. Wir Schweizer müs- sein?
heit gut gemacht haben, nicht vergessen: sen versuchen, noch mehr in diesem Bereich Professorinnen und Wissenschaftler sind
das absolute Streben nach Qualität und nach zu investieren. über fachliche Motive angetrieben. Sie sind
höchsten Leistungen, nach Verlässlichkeit nicht primär Menschen, die über Geld mo-
und schweizerischer Präzision. Das darf nicht Die Schweiz ist seit Anfang Jahr wieder tiviert werden. Ein Wissenschaftler will auf-
untergehen, wenn wir diesen Vorsprung hal- voll bei Horizon 2020 assoziiert. Ist alles grund seiner fachlichen Spitzenleistungen in
ten wollen. Doch dieses Erfolgsrezept ist wieder im Lot? seiner Community anerkannt sein. Diese An-
heute allen klar: Investiere in Bildung, For- Zum Glück sind wir wieder im EU-For- erkennung erzielt er in erster Linie durch Prei-
schung, Wissenstransfer und Innovation. Sin- schungsprogramm Horizon 2020 aufgenom- se. Diese ERC-Awards haben ein bisschen die
Rolle eines Mini-Nobelpreises. Wenn die ETH wir haben beide profitiert. Auch die Hoch- Nestlé erkauft sich als Grossfirma ETH-
nicht mehr mitmachen könnte im ERC-Wett- schulen profitieren vom Wissen in der Wirt- Forschung und kann dann die Produkte
bewerb und bei Horizon 2020, dann würden schaft, etwa was die Praxisrelevanz der Prob- kommerziell verkaufen. Ist das nicht ver-
die Leute nicht mehr zu uns kommen. leme angeht. Natürlich gibt es auch mögliche werflich?
Interessenkonflikte. Aber die muss man ein- Nestlé erhält durch seine Schenkung Zugang
Die Zusammenarbeit zwischen Wirt- fach offen ansprechen und lösen. Und wenn zu unseren Forschenden und ist Teil eines In-
schaft und Wissenschaft ist Ihnen sie nicht lösbar sind, verzichtet man auf eine dustrienetzwerks, an dem auch Firmen wie
wichtig. Es gibt verschiedene Ansätze, Kooperation. Bühler, Migros und Coop sowie Fenaco be-
das zu sehen. Grundsätzlich: Ist es nicht teiligt sind. Die Zusammenarbeit kann mit-
eine Frage der Unabhängigkeit, dass die Mit dem World Food System Center helfen, eine der grossen Herausforderungen
Zusammenarbeit nicht zu eng sein sollte? haben Sie ein Kompetenzzentrum für unserer Zeit zu bewältigen. Wenn die Firma
Diese Frage wird mir oft gestellt, aber ich ver- Welternährung gegründet. Auch Gross- dadurch bessere Produkte entwickeln kann
stehe sie einfach nicht. Ich habe fast 20 Jah- konzerne wie Nestlé und Syngenta sind und Arbeitsplätze schafft, hilft das der gan-
re als Professor gearbeitet und intensiv mit Sponsoren. zen Schweiz. Ich kann Ihre Empörung beim
der Wirtschaft kooperiert. Es ist nur einmal Wir sprechen in diesem Zusammenhang nicht besten Willen nicht teilen.
vorgekommen, dass eine Firma versucht hat, von Sponsoring, sondern von Donationen.
Einfluss darauf zu nehmen, was wir machen. Nestlé hat mit der Schenkung die Forschung Um bei Nestlé zu bleiben: Das Unter-
Ich habe den Vertrag sofort gekündigt, das gefördert, Syngenta hat die Einrichtung einer nehmen erhält von der ETH eine
Geld zurückgegeben und nie wieder mit die- neuen Professur für nachhaltige Agrarökosys- Forschungsdienstleistung, die teilweise
ser Firma zusammengearbeitet. Alle anderen teme unterstützt. Es gibt klare Rahmenbedin- vom Bund mitfinanziert wird. Wenn
hundert Kontakte, die wir hatten, waren ab- gungen für Donationen, von denen wir nicht Nestlé das selber finanzieren müsste,
solut problemlos. Wir haben ein gemeinsa- abweichen. Wir legen all diese Verträge offen. würde sie das möglicherweise nicht
mes Interesse gehabt auf einem Gebiet, und Es gibt nichts zu verheimlichen. machen.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 43
FORSCHUNG
Wir arbeiten mit Nestlé und vielen weiteren duktion von Treibhausgasen, neue Metho- ganisiert man sich, wie geht man mit Konflik-
Firmen zusammen und sind froh darüber. den zur Diagnose und Therapie von schwe- ten im Team um? Wie beschafft man Geld?
Dies entspricht unserem gesetzlichen Auf- ren Krankheiten und neue Technologien und Es ist daher kein Zufall, dass jede zweite Wo-
trag: Die Hochschulen sind angehalten, mit Spin-off-Firmen im Bereich der Digitalisie- che an der ETH eine Spin-off-Firma gegrün-
der Wirtschaft und der Industrie zusammen- rung. det wird und viele davon äusserst erfolg-
zuarbeiten. Es wird immer wieder gefordert, reich sind.
wir müssten mehr Drittmittel erwirtschaf- Sie haben im PAC-Car-Projekt beispiels-
ten, weil die Bundesmittel zurückgehen, und weise den Weltrekord im Fahren mit Die ETH hat sogenannte Exosuits ent-
wir müssten initiativer werden. einem wasserstoffbetriebenen Auto er- wickelt, die Behinderten beim Gehen
rungen. Aber der Wagen war nicht all- helfen. Das mediale Interesse beim
Wie ist es beim brasilianischen Öl- tagstauglich. Was ist eine Innovation Cybathlon im letzten Jahr war riesig. Wie
konzern Petrobras? Der unterstützt wert, welche die Marktreife nicht er- geht es weiter in diesem Bereich?
auch Forschung. Inwiefern ist die ETH reicht hat? Wir haben beschlossen, im Jahr 2020 den
mit diesem Konzern verbunden? Das Ziel des Studentenprojektes war es nächsten Cybathlon-Anlass zu organisieren.
Das war nicht in meiner Amtszeit, und des- nicht, ein Produkt zu entwickeln, das auf Zudem wollen wir mit der Rehabilitation-
halb kenne ich keine Details dazu. Aber ich den Markt kommt. Das Ziel war es, Leute Engineering-Initiative den wichtigen Be-
möchte mit Ihnen gerne über Google spre- reich der Assistenzsysteme für behinderte
chen. Google ist sicher nicht nur wegen der Menschen an der ETH verstärken.
ETH in Zürich. Aber ich kann Ihnen garan- «Wir freuen uns
tieren: Wenn die ETH nicht hier wäre, wäre Gibt es jetzt Firmen, die diese Produkte
Google auch nicht hier. Es ist gut für unser immer, wenn sich auch verkaufen?
Land, dass Google in Zürich 2000 hochwer- Schweizerinnen und Ja, Dutzende. Spin-offs der EPFL und der
tige Arbeitsplätze geschaffen hat und im Schweizer in den Be- ETH, aber auch kleine und grosse Firmen
Hightech-Bereich das grösste Forschungsla- im In- und Ausland steigen hier ein. Selbst-
bor ausserhalb der USA betreibt. Es ist gut rufungsprozessen verständlich gibt es einen Markt dafür. Wir
für unser Land, dass Google Pläne hat, die durchsetzen. Aber wir wollen Ideen und Visionen kreieren und En-
Anzahl Arbeitsplätze auszubauen. Und es brauchen auch den thusiasmus schaffen, damit nachher ge-
ist gut für unser Land, dass wenn Google in sellschaftlicher Nutzen entsteht. Denn will
Zürich ist, auch Microsoft, Facebook, Apple Zugang zum globalen man, dass möglichst viele Menschen mit Be-
und andere IT-Firmen anfangen, sich für die- Talentpool.» hinderung davon profitieren können, muss
se Stadt zu interessieren. so ein Exosuit billiger werden. Das kann nur
über Massenfertigung und optimierte Pro-
Wie ist diese Zusammenarbeit ent- auszubilden. An diesem Projekt haben wäh- zesse geschehen.
standen? rend vier bis fünf Jahren über 100 Studieren-
Einer der führenden Mitarbeiter von Google, de mitgearbeitet. Und von diesen Studieren- Ist die EPFL eine Partnerin oder eine
Urs Hölzle, hat bei uns studiert. Ihm ist es den sind einige heute in der Wirtschaft tä- Konkurrentin der ETH?
zu verdanken, dass Google ein erstes Büro tig und setzen Konzepte und Ideen, die sie Wir arbeiten in vielen Gebieten sehr gut mit
in Zürich eröffnete, weil er ja als ETH-Ab- im Studium gelernt haben, in Massenpro- der EPFL zusammen, beispielsweise betrei-
solvent wusste, dass hier gut ausgebildete dukte um. Ein weiterer Zweck war es, für ben wir seit Kurzem gemeinsam das Swiss
Informatiker zu finden sind. Danach spielte die ETH Visibilität zu schaffen: Es ist nicht so Data Science Center. Aber es gibt auch Wett-
das an der ETH erarbeitete Grundlagenwis- schlecht, wenn man einen Weltrekord auf- bewerb, und das ist gut so. Es ist ein Glück
sen im Bereich Kartografie eine Rolle, weil stellt, denn dann ist man ja per Definition der für die Schweiz, dass sie über zwei hervor-
daraus eine Firma entstand, die dann von Beste der Welt. ragende technische Hochschulen verfügt.
Google aufgekauft wurde. Beide sind enorm wichtig, damit wir als Land
Und doch muss man den Studenten bei- aus den sich bietenden Chancen des digita-
Liefert die ETH Antworten auf dringliche bringen, wie sie ein Start-up gründen len Wandels das Beste machen können.
gesellschaftliche Fragen? können?
O ja, das tut sie. Um nur drei Beispiele zu nen- In diesem komplexen Projekt über mehrere Interview: Nicole Tesar
nen: Beiträge zur Klimaforschung und zur Re- Jahre lernten die Studierenden vieles. Wie or- Chefredaktorin «Die Volkswirtschaft»
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 45
BREXIT
KEYSTONE
Wie sieht die britische Handelspolitik in Zukunft
aus? Premierministerin Theresa May hat noch
keine klare Antwort geliefert. Das Volumen mit China betrug 7 Prozent, den Marktzugang zu Staaten wie beispiels-
mit Kanada 2 Prozent und mit Indien 1 Pro- weise den USA, China, Indien oder Austra-
zent. Mit den Nachbarn Irland und Frank- lien zu verbessern. Die zukünftige Ausrich-
sche Produzenten für ihre Exporte in die reich betrug das Volumen 4 respektive tung der britischen Wirtschaftspolitik ist
EU keine speziellen Produktelinien herstel- 6 Prozent. Das vergleichsweise grosse Vo- allerdings noch unklar. Die Unterhauswah-
len und zusätzlichen Zertifizierungen be- lumen der Schweiz ist allerdings zu relati- len von Anfang Juni haben keine Klarheit
antragen. vieren, denn die Schweiz und das UK sind geschaffen. Im Gegenteil: Premierministe-
Als EU-Mitglied profitiert das UK nicht wichtige Goldhandelsplätze. Entsprechend rin Theresa May hat die absolute Mehrheit
nur vom Zugang zu einem der grössten ist der Goldhandel zwischen diesen bei- der Sitze verloren, und sie ist auf die Unter-
Märkte der Welt, sondern auch von den den Partnern gross. Sein Anteil am Gesamt- stützung einer nordirischen Kleinpartei an-
vertraglich geregelten Handelsbeziehungen güterhandel betrug im Jahr 2016 beinahe gewiesen.
der EU mit Drittstaaten. Zu Letzteren ge- 60 Prozent. Wird vom Goldhandel abgese- Zwar hat May wiederholt betont: «Brexit
hören die Zollunion mit der Türkei, der ge- hen, so waren Chemie- und Pharmaproduk- means Brexit.» Was darunter genau zu ver-
meinsame Wirtschaftsraum mit den EWR/ te (47%), Präzisionsinstrumente, Uhren und stehen ist – ausser der Bestätigung des Aus-
Efta-Staaten, die zahlreichen Freihandels- Bijouterie (22%) sowie Maschinen, Appara- trittswillens –, bleibt jedoch weitgehend
abkommen – und nicht zuletzt die bilate- te, Elektronik und Fahrzeuge (19%) die zent- unbeantwortet (siehe Kasten 1). Einzig be-
ralen Beziehungen zur Schweiz. Insgesamt ralen Handelsgüter. treffend Personenfreizügigkeit und Recht-
fallen zwei Drittel des britischen Handels- sprechung des Gerichtshofs der EU hat die
volumens auf die EU-Länder sowie auf Staa- Britische Position noch vage britische Regierung eine Leitlinie festgelegt:
ten mit präferenziellem Marktzugang (siehe Beides soll nicht mehr gelten – weshalb ein
Abbildung 2). Addiert man den Güterhandel Für die bestehenden Handelsbeziehungen Austritt aus dem Binnenmarkt notwendig
mit Staaten, die derzeit mit der EU in Ver- müssen nun Nachfolgeregelungen gefun- wird. Stattdessen soll dereinst ein umfas-
handlung über ein Freihandelsabkommen den werden. Dies gilt nicht nur für die Han- sendes Freihandelsabkommen die Handels-
stehen, sind sogar über vier Fünftel des bri- delsbeziehungen zwischen dem UK und der beziehungen mit der EU regeln.
tischen Handelsvolumens betroffen. EU, sondern auch für die Beziehungen zu al- Für gewisse Bereiche – namentlich ge-
Mit einem Handelsvolumen im Jahr 2016 len Freihandelspartnern der EU. Um Einbus- nannt wurden die Automobil- und die Fi-
von 5 Prozent ist die Schweiz ein wichtiger sen beim Zugang zum Binnenmarkt der EU nanzindustrie – wird die Fortführung der
Handelspartner der Briten. Zum Vergleich: wettzumachen, sind die Briten gezwungen, Harmonisierung von Produktevorschriften
HM REVENUE UND CUSTOMS (HMRC), OVERSEAS TRADE STATISTICS (OTS) OF THE UK; BERECHNUNGEN WEGMÜLLER / DIE VOLKSWIRTSCHAFT
China 7% der einzelnen Handelspartner ab. So dürf-
Niederlande 7%
ten die USA – trotz der viel zitierten «special
Weitere Staaten in relationship» – ein grösseres Interesse an
FHA-Verhandlungen 3%
einem umfassenden Freihandelsabkommen
Indien 1% mit der EU als an einem entsprechenden
Frankreich 6% Vertrag mit dem UK haben.
Japan 2%
na
5%
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Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 47
BREXIT
Kasten 2: Gegenseitige Anerkennung ten Produktevorschriften, sondern bei- spielsweise im Finanzbereich oder alterna-
entscheidend: Beispiel Biozertifikate spielsweise auch für Kontrollen und Forma- tive Ansätze gegebenenfalls aufgenommen
litäten im Verkehr mit Industriegütern oder werden können.
Die Schweiz und die EU anerkennen aufgrund des
tierischen Produkten, die mit der Schaffung Wahrscheinlich wird die zur Verfügung
Agrarabkommens ihre Biozertifikate gegenseitig.
Als die EU und die USA im Sommer 2012 eben- des gemeinsamen Zollsicherheitsraums be- stehende Zeit zur Aushandlung einer kom-
falls ihre Biozertifikate anerkannten, schuf dies ziehungsweise des gemeinsamen Veteri- pletten Abkopplung des UK von der EU nicht
Probleme für Schweizer Bioexporteure, die Roh- närraums zwischen der Schweiz und der EU ausreichen. Deshalb werden bereits heu-
stoffe aus der EU für Endprodukte mit Zielmarkt
USA verwendet haben. Der Grund: Der Bioroh-
vereinfacht werden konnten. te Übergangsregelungen im gegenseitigen
stoff – beispielsweise Haferflocken aus der EU für Die bilateralen Abkommen zwischen der Verhältnis angedacht. In diesem Fall würde
ein Schweizer Müsli – benötigte für den späteren Schweiz und der EU gehen aber über den der Status quo für eine bestimmte Zeit auf-
Export des Endprodukts in die USA ein Zertifikat Güterhandel hinaus. Sie regeln beispiels- rechterhalten, was die Ausgangslage für die
des U. S. National Organic Program (NOP).
Mit dem Äquivalenzabkommen zwischen der
weise die Rechte von 34 000 im UK wohn- Schweiz im kurzfristigen Vertragsverhältnis
EU und den USA liessen sich jedoch immer weni- haften Schweizer Staatsangehörigen oder vereinfachen könnte. Gleichzeitig würden
ger EU-Produzenten NOP-zertifizieren, da die- sind die Grundlage für die rund 150 täg- damit aber die Möglichkeiten beschränkt,
ses Zertifikat für ihre Exporte in die USA nicht lichen Flugbewegungen zwischen der zum jetzigen Zeitpunkt langfristige Nach-
mehr nötig war. Entsprechend schränkte sich die
Auswahl an Lieferanten von zertifizierten Bio- Schweiz und dem UK. Im Auftrag des Bun- folgeregelungen auszuarbeiten.
rohstoffen für Schweizer Produzenten ein. Er- desrates haben deshalb die zuständigen Die Schweiz will nicht nur Rechts
leichterung brachte schliesslich ein Äquivalenz- Experten Kontakt mit ihren britischen An- sicherheit im Hinblick auf den dereinsti-
abkommen zwischen der Schweiz und den USA sprechpartnern aufgenommen und ers- gen Brexit schaffen, sondern darüber hin-
im Sommer 2015. Das Beispiel zeigt: Für einen
reibungslosen Handel von Produkten und insbe- te exploratorische Gespräche geführt. Da- aus die Grundlagen für bestmögliche und
sondere von Zwischenprodukten zwischen meh- bei sind sich die Schweiz und das UK einig, mindestens mit der EU gleichwertige lang-
reren Partnern ist nicht nur die Gleichwertigkeit dass die gegenseitigen Rechte und Pflich- fristige Regelungen legen. So ist nicht aus-
der Produktevorschriften eine Voraussetzung,
ten über den Zeitpunkt des Brexit hinaus zuschliessen, dass für die künftigen Bezie-
sondern auch die gegenseitige Anerkennung die-
ser Gleichwertigkeit durch alle Partner. sicherzustellen und Rechtslücken im bila- hungen zum UK je nach Zeithorizont unter-
teralen Verhältnis zu vermeiden sind. Diese schiedliche Lösungen vereinbart werden.
Strategie wird in der Schweiz mit «Mind the Ziel bleibt kurz- wie langfristig, den heuti-
in den bilateralen Abkommen zwischen Gap» umschrieben. gen Marktzugang für Schweizer Unterneh-
der Schweiz und der EU abgedeckten Pro- Im Handelsbereich konnte ein vertiefter men zum fünftwichtigsten Exportmarkt
dukte zukünftig nicht von allen Partnern Dialog etabliert werden. Dieser ermöglicht mindestens so umfassend wie heute zu hal-
anerkannt, würde dies zu Problemen für in einem ersten Schritt eine Diskussion zu ten.
Schweizer Produzenten führen, die britische Themen, die unabhängig von zukünftigen
Zwischenprodukte verarbeiten. Sie müssten Regelungen zwischen dem UK und der EU
auf andere Zulieferer aus der EU ausweichen angegangen werden können, sowie einen
oder die Zwischenprodukte zusätzlich zerti- stetigen Informationsfluss über den aktuel-
fizieren lassen (siehe Kasten 2). len Verlauf der Verhandlungen mit der EU.
Darauf aufbauend, können in einem zwei-
«Mind the Gap»-Strategie ten Schritt gemeinsame Lösungen für alle
übrigen handelspolitischen Bereiche, die
Um zeitgerecht bilaterale Lösungen mit dem auf Rechtsharmonisierung mit der EU ba-
UK zu finden, ist es für die Schweiz deshalb sieren, ausgearbeitet werden. Diese Vorge-
wichtig, stets über die wirtschaftspoliti- hensweise soll es erlauben, möglichst um-
sche Positionierung der Briten und den Ver- fassende Lösungen für die bestehenden Claudio Wegmüller
lauf der Verhandlungen mit der EU im Bilde Beziehungen zu finden und gleichzeitig Fle- EU-Koordinator, Direktionsbereich, Staats-
sekretariat für Wirtschaft (Seco), Bern
zu sein. Dies gilt nicht nur für die erwähn- xibilität zu wahren, damit neue Themen bei-
Abstract Mit dem vor zehn Jahren lancierten Bildungsprogramm Iconomix will die Lernende – beschreiten einen dieser Wege.
Schweizerische Nationalbank (SNB) das Verständnis für wirtschaftliche Zusammen- Insgesamt unterrichten auf Sekundarstufe II
hänge in der Bevölkerung stärken. Das Programm ist auf die Sekundarstufe II ausge- rund 4000 Lehrpersonen Wirtschafts- und
richtet – das heisst auf die berufliche Grundbildung und auf die Mittelschulen –, da auf Gesellschaftsfächer.
dieser Stufe bereits Wirtschaft unterrichtet wird. Interessierte Lehrpersonen kön-
nen die Lehr- und Lernressourcen kostenlos von der Iconomix-Website herunterladen Website im Zentrum
und bestellen. Das fachlich fundierte und didaktisch professionell aufbereitete Unter-
richtsmaterial wird regelmässig überarbeitet und aktualisiert. Das Angebot von Icono- Kernprodukt von Iconomix ist die Web-
mix ergänzt die bestehenden Lehrmittel. site Iconomix.ch mit Unterrichtsmaterial auf
Deutsch, Französisch, Italienisch und Eng-
lisch – aufgegliedert in Unterrichtsmodule.
Berufsfachschulen. Rund 95 Prozent aller Ju- die Zeit sicher, zum anderen bezieht er die
gendlichen in der Schweiz – rund 330 000 Zielgruppe in die Weiterentwicklung ein.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 49
KONJUNKTUR
ICONOMIX
Das Iconomix-Modul «Allmendegüter» ver-
mittelt die Problematik von frei zugänglichen
Ressourcen auf spielerische Art. lionen Franken. Das Team konzentriert sich Wer über die Jahre in ein Programm inves-
auf den Betrieb der Website, die Programm- tiert, will auch wissen, ob es etwas bringt. Die
leitung, die Kundenbetreuung und die Qua- Erfolgsmessung ist daher zentral. Entspre-
Über 90 Lernmodule litätssicherung. Für alle anderen Leistungen chend misst Iconomix die Verbreitung, Nut-
Die Sekundarstufe II setzt sich aus verschie- wird mit qualifizierten externen Fachperso- zung und Wirkung der Angebote und erhebt
denen Schul- und Fächertypen zusammen, nen wie Autoren, Lehrpersonen, Gestaltern eine Reihe von Leistungskennzahlen (siehe
welche sich in Bezug auf Methodik, Anfor- (Print, Web), Informatikern und Lektoren zu- Kasten). Ein Teil davon wird auf der Website
derungsniveau und Stundenaufteilung stark sammengearbeitet. Im Lauf der Zeit ist so ein und im Angebotskatalog, der jeweils im Juni
unterscheiden. Hinzu kommen die drei Lan- eingespieltes, effizient arbeitendes Netzwerk erscheint, publiziert.
desteile mit ihren spezifischen Ansprüchen entstanden.
und Eigenheiten, nicht zuletzt natürlich in Iconomix pflegt den Kontakt zu Unterneh-
sprachlicher Hinsicht. Diese Kontraste ver- men, Verlagen und Bildungsinstitutionen, da-
langen nach einem vielfältigen Angebot. Da- runter Universitäten, Fachhochschulen, Be-
her deckt Iconomix ein breites Spektrum an rufsschulen und Gymnasien. Diese Zusam-
Themen, methodisch-didaktischen Ansätzen menarbeit trägt viel zur breiten Akzeptanz
und Leistungsniveaus ab. und zur Verankerung von Iconomix in der
Auf der einen Seite des Spektrums fin- schweizerischen Bildungslandschaft bei.
den sich Module, für die es nur wenig Vor-
wissen braucht. So werden beispielsweise im Zielgruppe erreicht Carlos Lenz
Modul «Leasing» anhand eines Fallbeispiels Dr. rer. pol., Leiter Volkswirtschaft,
Schweizerische Nationalbank (SNB), Zürich
und eines Aufgabensets die Grundlagen die- Von Beginn an war klar, dass Iconomix nur
ser Finanzierungsmethode vermittelt. Auf erfolgreich sein kann, wenn das Angebot im
der anderen Seite behandeln Angebote wie Unterricht auch ankommt. Ende 2016 nutz-
etwa das Modul zur Geldpolitik ein Thema ten rund 1500 Lehrpersonen der Sekundar-
auf einem eher abstrakten, wissenschaftsna- stufe II die Iconomix-Website aktiv.1 Bezogen
hen Niveau. Insgesamt stehen über 90 Unter- auf die Zielgruppe von rund 4000 Lehrper-
richtsmodule in vier Sprachen zur Auswahl. sonen, die auf Sekundarstufe II Wirtschafts-
und Gesellschaftsfächer unterrichten, ist dies
Professionelle Betreuung ein Anteil von knapp 40 Prozent. Verbreitung
und Nutzung sind in allen drei Landesteilen Manuel Wälti
Das Angebot von Iconomix wird durch ein ähnlich gut. Dr. rer. oec., stv. Leiter Forschungskoordi-
kleines Team von Mitarbeitenden der SNB in nation und Ökonomische Bildung, Leiter
Zürich und Lausanne betreut. Das operative Iconomix.ch, Schweizerische Nationalbank
1 Aktive User sind solche, die ihren Account 2016 min- (SNB), Zürich
Jahresbudget (Sachaufwand) beträgt 0,7 Mil- destens einmal genutzt haben.
ALAMY
25 Jahre Schweizer
Mitgliedschaft bei der Weltbank
Im Jahr 1992 hat das Schweizer Stimmvolk dem Beitritt zu den beiden
Bretton-Woods-Institutionen Weltbank und Internationaler Währungs-
fonds (IWF) zugestimmt. Das vorliegende Dossier fokussiert sich auf die
Weltbank. 1944 gegründet, um den Wiederaufbau nach dem Zweiten
Weltkrieg voranzutreiben, hat sie sich im Laufe der Zeit neu aus-
gerichtet. Heute ist ihr Hauptziel, die weltweite Armut und Ungleichheit
zu verringern. Zudem widmet sie sich Fragen mit globaler Relevanz wie
Klimawandel, Wasserversorgung und Gesundheit. Um die UNO-Nach-
haltigkeitsziele zu erreichen und in einer multipolaren Welt weiterhin eine
führende Rolle zu spielen, braucht es neue Lösungsansätze. Wie die
Weltbank den Entwicklungsländern zusätzliche Mittel sowie die be-
nötigten Beratungsdienstleistungen zur Verfügung stellen kann und
welche Reformen sie angehen sollte, lesen Sie in diesem Dossier.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 51
WELTBANKMITGLIED SCHWEIZ
Mrd.
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$ 11, .
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Unterstützt Vergibt zinslose Fördert Privat- Bietet Investoren Stellt inter-
Länder mittleren Kredite sowie investitionen Garantien gegen nationale
Einkommens mit Zuschüsse an die in den Ent- die nicht Vergleichs- und
Krediten und ärmsten Länder wicklungsländern kommerziellen Schiedsein-
Beratungs- über die Vergabe Risiken in richtungen zur
leistungen von Darlehen, Entwicklungs- Beilegung von
Eigenkapital- ländern Investitions-
beteiligungen und streitigkeiten zur
Beratungsdienst- Verfügung
leistungen
Ihr Auftrag war es, nach dem Zweiten Weltkrieg den Wie-
deraufbau Europas voranzutreiben und stabile Währungen
zu schaffen. Im Laufe der Zeit weitete sich das Tätigkeits-
feld der Weltbank auf Entwicklungs- und Schwellenländer
aus. Heute besteht sie aus fünf Unterorganisationen, die
zusammen die Weltbankgruppe bilden (siehe Abbildung 1).
3
$ 11, .
Mrd
Subsahara
3
$ 6, .
Mrd
,3
$ 13 .
Mrd Naher Osten
und Nordafrika
trägt so als eine der weltweit grössten Geldgeberinnen Jim Yong Kim und 25 Exekutivdirektoren, zuständig. Die
für Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit zur Er- grössten Aktionäre stellen jeweils einen eigenen Direk-
reichung der internationalen Entwicklungsziele bei (sie- tor – derzeit sind das die USA, Japan, China, Deutschland,
he Abbildung 2). Grossbritannien und Frankreich. Die anderen Direktoren
vertreten die restlichen Mitglieder, die sich zu Stimm-
Die Weltbankgruppe ist eine der wichtigsten Akteure der rechtsgruppen zusammenschliessen.
internationalen Entwicklungspolitik. Seit ihrer Gründung
hat sie sich von einer Finanzierungsinstitution zuneh- Die Schweiz ist seit 1992 Aktionärin der Weltbankgrup-
mend zu einer Wissensorganisation entwickelt. Ihre Re- pe. Mit rund 700 Millionen Franken Beitrag an die IDA ,
levanz beruht heute nicht mehr allein auf der finanziel- dem Fonds für die ärmsten Länder, ist die Schweiz neunt-
len Unterstützung, sondern auch auf der Vermittlung und grösste Geldgeberin und damit eine gewichtige Partne-
dem Aufbau von Know-how in den Entwicklungsländern. rin der Weltbankgruppe. Sie unterstützt zudem durch
Kofinanzierungen ausgewählte Entwicklungsprojek-
Oberstes Aufsichts- und Gestaltungsorgan der Welt- te der Organisation. Die bedeutende Rolle der Schweiz
bankgruppe ist der Gouverneursrat, der zweimal jährlich innerhalb der WBG widerspiegelt sich auch in der Lei-
tagt und über die strategische Ausrichtung der Organi- tung einer der 25 Stimmrechtsgruppen, zu der nebst der
sation entscheidet. Darin wird die Schweiz vom Vorste- Schweiz die acht Länder Aserbaidschan, Kasachstan, Kir-
her des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, gisische Republik, Polen, Serbien, Tadschikistan, Turk-
Bildung und Forschung, Johann N. Schneider-Ammann, menistan und Usbekistan gehören. Der Einsitz in den Ver-
vertreten. Für das Tagesgeschäft, zu welchem etwa Kre- waltungsgremien erlaubt es der Schweiz, aktiv den Kurs
ditvergaben, Finanzfragen und Projekte gehören, ist das der Weltbankgruppe mitzubestimmen, und gibt ihr hohe
Exekutivdirektorium, bestehend aus dem Präsidenten Visibilität.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 53
WELTBANKMITGLIED SCHWEIZ
I nvestitions-Garantie-Agentur (MIGA) und ihrer Reformempfehlungen massgeblich er- oftmals politisch delikate Güterabwägung.
dem Internationalen Zentrum zur Beilegung höht. Ein Beispiel ist der «Doing Business»- Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass sich bi-
von Investitionsstreitigkeiten (ICSID).1 Darin Bericht, der jährlich international vergleich- laterale und multilaterale Entwicklungsak-
setzt sich die Weltbank zum Ziel, in ihren Mit- bare Indikatoren zur Regulierungsdichte auf teure auf ihre Kernkompetenzen konzent-
gliedsländern die extreme Armut bis 2030 Länderebene vorlegt. Er hat viele Regierungen rieren und eine effiziente Aufgabenteilung
auf 3 Prozent zu reduzieren und den Wohl- dazu veranlasst, ihre regulatorischen Rahmen- untereinander sicherstellen. Entsprechend
stand der armen Bevölkerung auf nachhaltige bedingungen zu überdenken und, wo nötig, sollte die Weltbank neue Prioritäten mit Be-
Weise zu fördern. Dieses Mandat wurde kürz- zu optimieren. Bezüglich Kosteneffizienz, dacht auswählen, auch wenn dies manchmal
lich überprüft und mit den Zielen der Agenda Leistungsfähigkeit und politischen Einflusses den Wünschen und Interessen einzelner Mit-
2030 für Nachhaltige Entwicklung und dem gehört die Weltbank gemäss unabhängigen glieder entgegenläuft.
Pariser Klimaschutzabkommen in Einklang Evaluationen zu den wirksamsten Ent-
gebracht. wicklungsorganisationen weltweit. All diese Förderung des Privatsektors
Faktoren tragen dazu bei, dass sie heute als zu- Die Weltbank unterstützt ihre Partnerländer
Der Nutzen der Weltbank für ihre verlässiger Partner geschätzt wird, was sich dabei, durch die gezielte Förderung des Pri-
wiederum in der jüngst gestiegenen Nach- vatsektors neue Wachstums- und Entwick-
Mitglieder frage nach ihren Dienstleistungen wider- lungsimpulse zu setzen. In den vergange-
Auch heute noch werden bisweilen Zweifel an spiegelt. nen 25 Jahren haben die IFC und die MIGA –
der Wirksamkeit und Effizienz der Weltbank die zwei auf die Förderung des Privatsektors
laut. Relativ unbestritten ist dagegen die Tat- Die zukünftige Relevanz der spezialisierten Unterorganisationen der Welt-
sache, dass die Weltbank als globale Wissens- bank – ihre Aktivitäten in Entwicklungslän-
und Austauschplattform für nahezu alle ent-
Weltbank dern stark ausgebaut. Das zeigt der kürzlich
wicklungsrelevanten Fragen ihresgleichen Ob die Weltbank auch in Zukunft relevant lancierte Kaskadenansatz2. Er hat zum Ziel,
sucht. Für die internationale Gemeinschaft bleibt, wird von ihrer Fähigkeit abhängen, Weltbank-Projekte zunehmend aus kommer-
ist sie eine äusserst wertvolle Wissensquelle intelligente Lösungen zur Bewältigung der ziellen Quellen zu finanzieren und die be-
und ein wahrhaftig globales öffentliches Gut. komplexen Entwicklungsprobleme zu finden, grenzten konzessionellen Mittel der Weltbank
Akteure der bilateralen Entwicklungszusam- mit denen ihre Partnerländer konfrontiert dort einzusetzen, wo sie am dringendsten be-
menarbeit in der Schweiz, wie das Staatsse- werden. Dabei steht sie folgenden sechs Her- nötigt werden und die höchste Wirkung er-
kretariat für Wirtschaft (Seco) und die Direk- ausforderungen gegenüber. zielen. Zusammen mit dem Privatsektorfens-
tion für Entwicklung und Zusammenarbeit ter der IDA – des Fonds für die ärmsten Länder
(Deza), können die Hebelwirkung ihrer Aktivi- Klare Prioritätensetzung der Welt – zielt der Kaskadenansatz darauf ab,
täten massgeblich erhöhen, indem sie ihre re- Die Weltbank braucht klare Ziele und Prioritä- die Komplementarität der Aktivitäten der IFC
lativ begrenzten Finanzmittel an multilaterale ten. Das ist leichter gesagt als getan. Die Viel- und der MIGA im Privatsektor mit denjenigen
Initiativen der Weltbank knüpfen, die ähnliche falt an entwicklungsrelevanten Herausforde- der IBRD und der IDA im öffentlichen Sektor
Ziele wie die Schweizer Entwicklungspolitik rungen, ihre dynamische Veränderung über zu erhöhen. Gemeinsam wollen sie die Schaf-
verfolgen. Dazu gehören zum Beispiel die Stär- die Zeit sowie unterschiedliche Ansichten fung eines unternehmerfreundlichen Um-
kung der öffentlichen Finanzen, die Entwick- zu ihrer Lösung erschweren eine klare Prio- felds fördern, neue Märkte erschliessen und
lung des Privatsektors, die Konfliktpräven- ritätensetzung. Selektivität ist allerdings un- zusätzliche Mittel aus dem Privatsektor mo-
tion und die Bekämpfung des Klimawandels. abdingbar, um eine Verwässerung der knap- bilisieren – auch in den ärmsten Ländern so-
Da die Bank ihre Kredite oft an die Umsetzung pen Ressourcen der Weltbank zu vermeiden wie in fragilen Staaten. Als eine der grössten
von politischen und institutionellen Reformen und die Qualität und Wirksamkeit ihrer Akti- Geldgeberinnen für IFC-Beratungsdienstleis-
knüpft, können bilaterale Geber am zugehöri- vitäten zu gewährleisten. Gleichzeitig darf sie tungen für Unternehmen in Entwicklungslän-
gen politischen Dialog teilnehmen und wichti- sich den neu auftretenden Bedürfnissen ihrer
2 Mehr Informationen zum Kaskadenansatz finden Sie
ge Erkenntnisse für ihre Arbeit gewinnen. Mitglieder nicht verschliessen. Diese Grat- im Artikel von Christian Brändli, Tim Kaeser und Lukas
Bisher wusste die Weltbank ihr relativ be- wanderung erfordert eine regelmässige und Schneller auf Seite 68.
scheidenes Kapital sehr erfolgreich einzu-
setzen. Seit ihrer Gründung konnte sie mit einer
Kapitalausstattung von 18 Milliarden Dollar – Pandemic Emergency Facility
und unter Beibehaltung ihres AAA-Ratings – Im Jahr 2014 hat der Ausbruch des Ebolafiebers in deckung wird eine neue Gattung von Schuld-
rund 900 Milliarden Dollar an interner und ex- Westafrika deutlich gemacht, dass die Welt- scheinen, sogenannte Pandemie-Anleihen, im
gemeinschaft nur unzureichend auf ein solches Umfang von 320 Millionen Dollar herausgegeben.
terner Entwicklungsfinanzierung generieren.
Ereignis vorbereitet ist. Die Weltbank hat deshalb Die Pandemie-Anleihen funktionieren nach dem
Die Rolle der Weltbank beschränkt sich aber zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation gleichen Prinzip wie Katastrophen-Anleihen:
nicht ausschliesslich auf die finanzielle Unter- (WHO), der Swiss Re und der Munich Re die Tritt eine vordefinierte Katastrophe ein, müssen
stützung ihrer Partnerländer. Dank ihrer Pandemic Emergency Financing Facility (PEF) die Zeichner der Schuldscheine mit einem Verlust
entwickelt. Die Fazilität stellt sicher, dass Be- ihrer Investition rechnen. Dieses Risiko wird mit
globalen Präsenz trägt sie wesentlich zum hörden und Hilfsorganisationen in den ärmsten einer Rendite abgegolten.
Austausch von Erfahrungen und technischem Ländern der Welt bei einem Ausbruch einer Am 30. Juni 2017 wurde die erste Anleihe mit
Fachwissen unter den Partnerländern bei. Epidemie umgehend über die nötigen finanziellen dreijähriger Laufzeit erfolgreich emittiert. Damit
Diese Süd-Süd-Kooperation hat die Akzeptanz Mittel verfügen, um eine Ausbreitung zu ver- erhofft sich die Weltbank, einen neuen Markt
hindern. Die Schweiz hat sich an der Entwicklung schaffen zu können. Bei den Katastrophen-An-
1 Der Einfachheit halber wird in diesem Artikel die des Instruments finanziell beteiligt. leihen ist ihr dies schon einmal gelungen: So
Bezeichnung Weltbank anstatt Weltbankgruppe ver- Die PEF verfügt über ein Volumen von 500 konnte sie inzwischen Schuldscheine im Wert von
wendet. Millionen Dollar. Neben einer Versicherungs- 1,6 Milliarden Dollar platzieren.
dern unterstützt die Schweiz diese Bemühun- Weltbank stark, die alle Mitglieder unter- Mitgliedsländer in den Entscheidungsgre-
gen vollumfänglich. stützt, nicht nur die ärmsten. mien der Weltbank entsprechen nicht mehr
den tatsächlichen Kräfteverhältnissen in der
Bereitstellung globaler öffentlicher Güter Engagement in fragilen und konflikt- Weltwirtschaft. Das untergräbt die Glaub-
Globale Herausforderungen wie internatio- betroffenen Ländern würdigkeit und die Legitimität der Weltbank
nale Wirtschafts- und Finanzkrisen, Klima- Etwa zwei Milliarden Menschen leben heute als globale Institution. Zudem sind die über-
wandel, Migration, Fragilität, Konflikte und in fragilen und konfliktbetroffenen Ländern. vertretenen, vornehmlich westlichen Länder
humanitäre Katastrophen gefährden das glo- Schwache Institutionen, politische Spannun- nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Orga-
bale Wirtschaftswachstum und verschärfen gen und Gewalt stürzen nicht nur die Men- nisation mit ausreichend Kapital auszustatten,
die Krisenanfälligkeit aller Menschen, nicht schen in den betroffenen Ländern ins Elend, was ihre derzeitige Übervertretung zumindest
nur in Entwicklungsländern. Die Armen sind sondern beeinträchtigen gleichzeitig die glo- teilweise rechtfertigen würde. Die aufstreben-
dabei oft am stärksten betroffen. Aufgrund bale Sicherheit. Ohne ein aktives Engagement den Wirtschaftsmächte werden ihr finanzielles
ihrer Expertise und ihrer globalen Präsenz der Entwicklungsbanken sind die Vereinten Engagement aber nur dann erhöhen, wenn sie
ist die Weltbank in der Lage, die Natur und Nationen heute nicht in der Lage, ihr Mandat im Gegenzug mehr Mitspracherecht erhalten.
die Komplexität dieser globalen Phänomene zur Friedensförderung erfolgreich umzuset- Will die Weltbank ihre Legitimität auch in
schnell zu erfassen und geeignete Lösungs- zen. Auch die aktuellen Flüchtlingskrisen in Zukunft sichern, muss ihre Organisations-
ansätze anzubieten. Sie hat gezeigt, dass sich Afrika, dem Nahen Osten und Europa verlan- struktur die Entwicklung der Kräftever-
die rechtzeitige Bereitstellung von globa- gen nach einer nachhaltigen Entwicklungslö- hältnisse in der multipolaren Welt besser
len öffentlichen Gütern positiv auf die Armut sung. Mitunter auch dank der langjährigen fi- reflektieren. Insbesondere die USA und
und die Ungleichheit auswirken kann, wie die nanziellen Unterstützung der Schweiz ist die China werden ihre Finanzierungsbereit-
kürzlich ins Leben gerufene Pandemic Emer- Weltbank heute in der Lage, fragile Länder in schaft an ihre jeweiligen wirtschafts- und
gency Facility verdeutlicht (siehe Kasten). Die ihren Entwicklungsbemühungen zu unter- aussenpolitischen Ambitionen anpassen
Länderstrategien der Weltbank, welche je- stützen. Dank der 18. Wiederauffüllung der müssen. Erste Schritte wurden eingeleitet,
weils zusammen mit den Partnerländern aus- IDA, welche im Dezember 2016 mit einem Re- um die Gouvernanzstruktur der Weltbank
gearbeitet werden, messen diesen regionalen kordergebnis von 75 Milliarden Dollar abge- mit der wirtschaftlichen Bedeutung und
und globalen Entwicklungsherausforderun- schlossen wurde, wird die Weltbank dieses den finanziellen Beiträgen ihrer Mitglieder in
gen eine zunehmend hohe Bedeutung bei. Engagement weiter ausbauen können. Einklang zu bringen. Weitere Massnahmen
Ein alleiniger Fokus auf Entwicklungs- sind notwendig, um diesem Ziel näher zu
länder macht aufgrund der grenzüber- Sicherstellung der finanziellen Nach- kommen. Als aktives Mitglied des Exekutiv-
schreitenden Natur vieler Entwicklungs- haltigkeit direktoriums und neuntgrösste Geldgeberin
probleme heute kaum mehr Sinn. Ausserdem Die Weltbank muss über angemessene fi- der IDA wird sich die Schweiz auch in Zukunft
hat die Weltbank bewiesen, dass sie auch in nanzielle Ressourcen verfügen, will sie ihrer für eine Gouvernanzstruktur einsetzen,
entwickelten Ländern wie Polen, Griechen- Rolle als globale Entwicklungspartnerin ge- welche die Beiträge der Mitgliedsländer an
land oder Bahrain einen relevanten Bei- recht werden. Hierfür ist sie auf die finanziel- das Entwicklungsmandat der Weltbank an-
trag leisten kann. Ein starkes Engagement le Unterstützung ihrer Aktionäre angewiesen. gemessen berücksichtigt.
in Ländern mittleren Einkommens bleibt auf Dank einer grosszügigen Kapitaldeckung und
jeden Fall zentral, denn sie beherbergen den einem neuen Finanzierungsmodell, das ihr die
Grossteil der armen Weltbevölkerung. Ihre Emission von Schuldscheinen auf den inter-
Volkswirtschaften sind krisenanfälliger und nationalen Kapitalmärkten ermöglicht, steht
schöpfen ihr Wachstumspotenzial oft nicht die IDA heute finanziell auf einer soliden Basis.
optimal aus. Angesichts ihres hohen An- Das wird es ihr in den nächsten Jahren ermög-
teils an der Weltwirtschaft und der Welt- lichen, den ärmsten Ländern der Welt deutlich
bevölkerung spielen sie auch bei der Bereit- mehr finanzielle Mittel zur Verfügung zu stel-
stellung globaler öffentlicher Güter eine ent- len. Im Gegensatz dazu haben die IBRD und die Ivan Pavletic
scheidende Rolle. Globale Probleme wie der IFC ihre finanziellen Mittel weitgehend ausge- Dr. sc., Senior Advisor, Büro des Schweizer
Klimawandel können nicht ohne ihre aktive schöpft. Wollen sie ihre Bonität und ihre Ka- Exekutivdirektors bei der Weltbank,
Teilnahme gelöst werden. Das trifft auch auf pitaldeckung nicht gefährden, müssen sie ihr Washington D.C.
die Länder der mittleren Einkommenskate- Kapital über kurz oder lang aufstocken. Ohne
gorie in der Schweizer Stimmrechtsgruppe eine Kapitalaufstockung laufen sie Gefahr, in
bei der Weltbank zu. Länder wie Kasachstan Zukunft an Bedeutung zu verlieren. Andere In-
und Usbekistan befinden sich nach wie vor in stitutionen, wie zum Beispiel die kürzlich ge-
einem politischen und wirtschaftlichen Trans- schaffene Asiatische Infrastruktur-Investi-
formationsprozess und ziehen einen direkten tionsbank, könnten im Prinzip die entstehen-
Nutzen aus der finanziellen und technischen de Lücke schliessen. Es wird allerdings Zeit in
Unterstützung der Weltbank, insbesondere Anspruch nehmen, bis sie sich als glaubwürdi-
auch zur Bewältigung grenzüberschreitender ge und zuverlässige Entwicklungspartner vom Jörg Frieden
Probleme. Dieses Engagement kommt auch Schlage der Weltbank etablieren können. Dr. rer. pol., ehemaliger Schweizer
Kirgisistan und Tadschikistan – den ärmsten E xekutivdirektor bei der Weltbank (2011 bis
Ländern der Region – zugute. Aus diesen Anpassung der Gouvernanzstrukturen 2016) und heutiger Schweizer Botschafter
in Kathmandu
Gründen macht sich die Schweiz für eine Die Anteilsverhältnisse und Vertretung der
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 57
WELTBANKMITGLIED SCHWEIZ
Abstract Die Weltbank und andere grosse multilaterale Entwicklungsbanken sind Entwicklungsbanken sind äusserst effizient,
äusserst leistungsfähige Instrumente, um den Entwicklungsländern finanzielle und wenn es darum geht, private Anlagegelder in
technische Hilfe zur Wachstumssteigerung und zur Armutsbekämpfung bereitzu- Entwicklungsprojekte zu leiten, die für die An-
stellen. Sie stossen jedoch immer öfter an ihre Grenzen, wenn es um die Einhaltung der teilseigner sehr vorteilhaft sind. Ein Beispiel:
Kapitalunterlegungsvorschriften geht. Um die UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung In den letzten rund 70 Jahren haben die Mit-
zu erreichen und die für das Wirtschaftswachstum notwendigen Infrastruktur- gliedsländer insgesamt 15,8 Milliarden Dollar
investitionen zu tätigen, müssen die multilateralen Entwicklungsbanken ihre Finanz- in die IBRD investiert. Damit hat die IBRD
kraft erhöhen. Eine allgemeine Kapitalerhöhung, die dafür am zielführendsten wäre, mindestens 658 Milliarden Dollar an Darlehen
scheint wegen der Opposition der USA in der kurzen Frist nicht realistisch. Andere gewährt und mehrere Milliarden aus den
Massnahmen, wie die Entwicklungsbanken ihre Kreditvolumen erhöhen können, be- Gewinnen verteilt, um den ärmsten Ländern
nötigen die politische und finanzielle Unterstützung der Mitgliedsländer, zu denen zu helfen.
auch die Schweiz zählt.
Eigenkapitalanforderungen
reformieren
D ie Weltbank und die grossen regio
nalen multilateralen Entwicklungs-
banken sind noch immer sehr leistungsfähige
kleiner: Viele Unterorganisationen der Welt-
bank, wie etwa die Internationale Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) –
Auch über eine Lockerung der Eigenkapital-
anforderungen liesse sich die Finanzkraft der
Instrumente, um Ressourcen und Fach- ihre wichtigste Finanzierungseinrichtung –, multilateralen Entwicklungsbanken stärken.
wissen so zu kanalisieren, dass sich Fehlent- werden bei der Kapitalunterlegung in Kürze Dadurch dürften mit dem bereits vorhande-
wicklungen am Markt ausgleichen lassen.1 an ihre Grenzen stossen. Ebenso ergeht es nen Kapital mehr Darlehen gewährt werden,
Denn solche Fehlentwicklungen können zu den grossen regionalen multilateralen Ent- und so würden Hunderte Milliarden von Dol-
geringem Wirtschaftswachstum und sozialer wicklungsbanken: der Afrikanischen, der lar für zusätzliche Kredite freigesetzt. Die fi-
Ungleichheit führen und verursachen letzt- Asiatischen und der Interamerikanischen Ent- nanzielle Stabilität der Entwicklungsbanken
lich auch Instabilität und Migration. Die wicklungsbank sowie der Europäischen Bank wäre deshalb nicht gefährdet. Denn das Fi-
multilateralen Entwicklungsbanken sind für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). nanzmanagement der Entwicklungsban-
hierfür eine extrem kostengünstige Form, In diesem Artikel sollen sechs Möglichkeiten ken agiert sehr konservativ, trotz der ausge-
da sich ihr potentes Finanzierungsmodell evaluiert werden, die momentan zur Lösung zeichneten Performance ihres Kreditportfo-
vor allem auf die Anleihenmärkte abstützt. dieses Problems diskutiert werden. lios.
Die Unterstützung durch die Mitglieds- Als wichtigste Kennziffer zur Beurteilung
länder – in Form von Kapitalerhöhungen Allgemeine Kapitalerhöhung ihrer Kreditfähigkeit verwenden die multi-
oder politischen Reformen zur Stärkung der lateralen Entwicklungsbanken das soge
Kapitaladäquanz der Entwicklungsbanken –
vorantreiben nannte Einlagen-Kredit-Verhältnis. Es zeigt
ist eine effiziente Art, um auf der ganzen Welt Oberste Priorität ist es, die Anteilseigner den Anteil der Einlagen der Anteilseigner an
das Wirtschaftswachstum zu fördern und die der Entwicklungsbanken davon zu überzeu- den ausstehenden Krediten im Portfolio. Im
Lebensstandards zu verbessern. gen, zusätzliches Kapital zur Verfügung zu Vergleich zu privaten Finanzinstituten, bei
In den letzten Jahren haben die multi- stellen. Durch eine allgemeine Kapitalerhö- denen dieses Verhältnis zwischen 10 und 15
lateralen Entwicklungsbanken auf Drängen hung liessen sich die benötigten Ressourcen Prozent liegt, sind die multilateralen Ent-
ihrer Mitgliedsländer mehr Kredite ver- so direkt und zielführend wie möglich stei- wicklungsbanken sehr gut kapitalisiert (siehe
geben, um die UNO-Ziele für nachhaltige gern. Zudem würden die multilateralen Ent- Abbildung 1). Eine Senkung dieses Verhält-
Entwicklung zu erreichen, und nachhaltige wicklungsbanken dadurch auch von den In- nisses auf die bei der IBRD üblichen 20 Pro-
Infrastrukturinvestitionen getätigt, die es vestoren, von denen sie für die operationel- zent würde einen zusätzlichen Kreditrahmen
braucht, um mit dem Wirtschaftswachstum le Kapitalbeschaffung abhängig sind, besser von 200 Milliarden Dollar bedeuten. Ein
Schritt zu halten. wahrgenommen werden. Zumindest in der weiteres Absenken auf immer noch relativ
Wie bei allen Finanzinstitutionen ist das kurzen Frist stehen die Chancen für eine all- konservative 15 Prozent würde zusätzliche
Kreditvolumen auch bei den Entwicklungs- gemeine Kapitalerhöhung aber alles andere 380 Milliarden Dollar verfügbar machen.
banken vom Eigenkapital abhängig. Doch als gut. Denn insbesondere die USA werden Ein Grund für das konservative Einlagen-
dieser Handlungsspielraum wird immer sich wahrscheinlich dagegenstellen. Kredit-Verhältnis bei den multilateralen Ent-
Trotz der USA sollten andere Mitglieds- wicklungsbanken sind die übertrieben
1 Eine ausführlichere Version dieses Artikels ist auf länder sich aber um eine allgemeine Kapital- strengen Methoden zur Beurteilung der
Englisch verfügbar unter Odi.org. erhöhung bemühen. Denn die multilateralen Kreditfähigkeit, wie sie die Ratingagenturen –
insbesondere Standard and Poor’s – verwenden. Dabei bliebe die konzessionäre Struktur aber werden. Auch Einsparungen bei den Ver-
Um die Ängste vor einer Herabstufung zu zer- weiterhin für die Bedürfnisse der ärmsten waltungskosten wären denkbar (siehe Ab-
streuen, könnte zusätzlich auch die Bank Länder zuständig. bildung 3): etwa bei der Forschung, die keinen
für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) direkten entwicklungspolitischen Mehrwert
die Kapitaladäquanz der multilateralen Ent- Zweckgebundene Zuweisungen hat, oder beim administrativen Aufwand. So
wicklungsbanken beurteilen. Neben den Be- ist beispielsweise der Entwicklungsnutzen
urteilungen der Entwicklungsbank-Mit-
reduzieren des ständigen Verwaltungsrates bei der
arbeitenden und der Ratingagenturen würde Ohne Kapitalerhöhung können die multi- Weltbank und den regionalen Entwicklungs-
so eine weitere Referenz für die Anteilseigner lateralen Entwicklungsbanken ihre Eigen- banken äusserst fraglich, und trotzdem
hinzukommen. Zudem würde es die Rating- mittel nur dann stärken, wenn ein Teil ihrer werden jährlich Hunderte Millionen Dollar
agenturen unter Umständen dazu veranlassen, jährlichen Nettoeinnahmen in ihre Reserven dafür ausgegeben.
ihre Methoden zu überdenken. fliesst. Deshalb sollten sie weitere Reserven
aufbauen, indem sie pro Jahr weniger Netto- Bilanzoptimierung
Bilanzen zusammenführen einnahmen zweckgebunden einsetzen und
durch höhere Einkünfte und Budgetrestrik- Die Afrikanische und die Interamerikanische
Eine neuere Initiative zur Maximierung der Fi- tionen Mehreinnahmen generieren. Entwicklungsbank sowie die Weltbank ha-
nanzkraft von multilateralen Entwicklungs- Die zweckgebundenen Zuweisungen der ben kürzlich mit einer kreativen finanztech-
banken besteht darin, die konzessionären Entwicklungsbanken sind teilweise erheb- nischen Massnahme ihre Bilanzen optimiert,
und die nicht konzessionären Kreditfens- lich (siehe Abbildung 2). Insbesondere die An- um eine Abstrafung durch die Ratingagentur
ter zusammenzuführen. Konzessionäre Kre- teilseigner aus Ländern, die keine Kredite auf- Standard and Poor’s (S&P) für Portfoliokon-
ditfenster sind grosse Treuhandfonds für die nehmen, setzen grosse Summen der Netto- zentrationen zu umgehen. Im Dezember 2015
ärmsten Länder, die nicht über die Ausgabe einnahmen für bestimmte Zwecke ein, anstatt tauschten diese drei Entwicklungsbanken
von Anleihen, sondern über die Zahlungen sie aus ihrem eigenen Haushaltsbudget zu ihre Kreditengagements so untereinander
von reichen Ländern finanziert werden. Führt finanzieren. Wären diese Mittel stattdessen in aus, dass die Gesamtverpflichtungen zwar
man sie mit den wichtigsten Kreditfenstern die Reserven geflossen, wäre die Finanzkraft gleich blieben, die Länderkonzentrationen
der Entwicklungsbanken zusammen, profi- der Entwicklungsbanken deutlich höher. Die bei der AfDB und der IADB dadurch aber deut-
tieren sie auf den Anleihenmärkten von so- Anteilseigner sollten diese Programme des- lich reduziert wurden. Die bessere Beurtei-
genannten Leverage-Effekten. Im Januar 2017 halb besser aus ihrer eigenen Staatskasse be- lung durch S&P, hat bei beiden Banken meh-
wurde die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) zahlen und die Nettoeinnahmen zum Aufbau rere Milliarden für zusätzliche Kredite freige-
mit ihrem konzessionären Fonds fusioniert der Eigenkapitalreserven der Entwicklungs- setzt. Trotzdem: Weitere solche Zugewinne
und konnte ihr Eigenkapital so auf 53 Milliar- banken nutzen. sind aus rechtlichen wie auch aus finanziellen
den Dollar verdreifachen. Das ist eine massi- Zur Steigerung der Nettoeinnahmen Gründen eher beschränkt.
ve Eigenkapitalsteigerung ohne zusätzliche könnten beispielsweise die Kreditgebühren,
Kosten für die Anteilseigner. Auch die Inter- insbesondere für rasch auszahlbare Darlehen Die Entwicklungsbanken haben in den letzten
amerikanische Entwicklungsbank (IADB) wur- oder Kredite mit längeren Laufzeiten, erhöht Jahren viele Kredite für Infrastrukturprojekte
de mit ihrem konzessionären Kreditfenster vergeben. Strassenbau in Sri Lanka.
zusammengeführt. Da dieser Fonds jedoch
deutlich kleiner war, war auch die Wirkung
entsprechend klein.
Am grössten wäre das finanzielle Potenzial
wohl bei einer Zusammenführung der Bilanzen
der Internationalen Entwicklungsorganisation
(IDA) der Weltbank mit derjenigen der IBRD.
Denn die IDA verfügt bereits alleine über ein
Eigenkapital von 154,7 Milliarden Dollar. Da
die IDA und die IBRD rechtlich getrennte Ein-
heiten sind, wäre eine solche Zusammen-
führung allerdings relativ kompliziert. Zu-
dem bedient die IDA vor allem in Afrika immer
noch viele grosse und einkommensschwache
Länder. In einer ähnlichen Lage befindet sich
auch der Afrikanische Entwicklungsfonds
(ADF) der Afrikanischen Entwicklungsbank
(AfDB). Angesichts des enormen finanziellen
Potenzials sollten die Weltbank und die AfDB
DESHAN TENNEKOON/ WELTBANK
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 59
WELTBANKMITGLIED SCHWEIZ
Abb. 1: Einlagen-Kredit-Verhältnis der Entwicklungsbanken (2005–2016) Eine weitere neue Idee der Entwicklungs-
banken sind Portfoliogarantien. 2016 bot
100 In %
Schweden der ADB erstmals eine solche
2
2,3 sen, beschlossen werden. Ausserdem sind der
1,7 1,6
Zeitrahmen der Rückzahlung und das genaue
0,5
Verfahren zur Auszahlung nicht klar definiert.
0
Darum messen Investoren und Ratingagen-
Afrikanische Ent- Internationale Inter- Asiatische Ent- Europäische Bank Internationale
wicklungsbank Bank für Wieder- amerikanische wicklungsbank für Wiederaufbau Finanz- turen dem abrufbaren Kapital keinen hohen
aufbau und Entwicklungsbank und Entwicklung Corporation Stellenwert bei.
Entwicklung
Die Anteilseigner sollten deshalb das Ver-
fahren zum Abruf dieses Kapitals präzise
definieren, um es stärker zu automatisieren
und transparenter zu machen. Das bietet den
Abb. 3: Verwaltungskosten der multilateralen Entwicklungsbanken pro 1 Million Investoren mehr Sicherheit. Trotz politischer
Dollar ausstehender Kredite (2005–2015) und finanzieller Hürden würde sich eine
15 000 in Dollar solche Reform lohnen: Denn das abruf-
JAHRESABSCHLÜSSE DER MULTILATERALEN ENTWICKLUNGSBANKEN 2005–
10 000
7 500
5 000
2 500
Christopher Humphrey
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Forscher und Gastdozent für Entwicklungs-
ökonomie an der Universität Zürich und
Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung Interamerikanische Entwicklungsbank
der ETH
Afrikanische Entwicklungsbank Asiatische Entwicklungsbank
Die Weltbankgruppe ist eine der grössten Wohlstand der ärmsten 40 Prozent zu stei- schnellsten gewachsen. Diese Länder wur-
Institutionen für die Entwicklungsfi nan gern. Dabei unterstützen wir Empfänger- den auch zunehmend in den weltweiten
z
ierung und die Wissensvermittlung in länder bei der Implementierung der Agenda Handel und in die globale Finanzwelt in-
ärmeren Ländern. Wie hat sich ihre Rolle in 2030, indem wir ihnen Finanzierungsinstru- tegriert. Die Entwicklung in diesen Län-
den letzten 25 Jahren verändert? mente zur Verfügung stellen und sie mit Ana- dern betrifft also die gesamte globale Wirt-
Die Weltbank wurde ursprünglich für den lysen und Beratung unterstützen. schaft.
Wiederaufbau der im Zweiten Weltkrieg zer- Der aktuelle Aufschwung der globalen
störten Staaten gegründet. Im Laufe der Jahr- Wie kann die Weltbankgruppe wirkungsvoll Wirtschaft ist schwach, und es gibt viele Ri-
zehnte hat sich unser Auftrag jedoch verän- globale Gemeinschaftsgüter in Bereichen siken: erhöhter Protektionismus, hohe Un-
dert. Heute arbeiten wir in fast allen Bereichen wie Klimawandel oder Fragilität bereit- sicherheit bezüglich der Wirtschaftspolitik,
der Armutsbekämpfung, um eine nachhalti- stellen, wenn gleichzeitig die Euphorie für Turbulenzen am Finanzmarkt und schwa-
ge und bessere Lebensqualität der Menschen den Multilateralismus in vielen westlichen ches Langzeitwachstum. Das alles beein-
zu sichern: Wir unterstützen inklusives Wirt- Ländern nachlässt? flusst unseren Auftrag, die Armut zu bekämp-
schaftswachstum, investieren in Menschen Wenn 189 Länder zusammenarbeiten, dann fen und einen gerecht verteilten Wohlstand
und stärken die Widerstandsfähigkeit gegen ist das Multilateralismus pur. Die Weltbank- zu fördern. Dies wirkt sich auch auf unsere
Bedrohungen wie Klimawandel, Pandemien, gruppe leistet heute weltweit die meisten Kli- Bemühungen aus, den Privatsektor für Inves-
Flucht und Zwangsvertreibung. mainvestitionen, und wir haben den ersten titionen in den Entwicklungsländern zu mo-
In diesen kritischen Themen haben wir Versicherungsschutz gegen Pandemien kre- bilisieren.
mit unseren 189 Mitgliedsländern und einer iert. Wir arbeiten mit betroffenen Ländern Unsere Mitglieder sind sowohl entwi-
grossen Vielfalt von Partnern eine führen- und Partnern zusammen, um Hungersnöte ckelte Staaten wie auch Entwicklungsländer,
de Rolle. Wir können Krisen bewältigen und zu beenden, und benutzen jedes uns zur Ver- und wir schätzen die starke Partnerschaft
gleichzeitig das Fundament für eine länger- fügung stehende Instrument, um auch in Zu- mit allen. Die Beteiligungsstruktur muss die
fristige, nachhaltige Entwicklung legen. kunft Hungersnöte zu vermeiden. globale Wirtschaft und die Bemühungen
Nirgends sieht man die Veränderung Zudem führen wir unsere Arbeit in der glo- der Länder in der Umsetzung des Auftrags
deutlicher als in der Vielfalt unserer Ange- balen Flüchtlingskrise weiter: Die Internatio- der Weltbankgruppe widerspiegeln. Für die
stellten: Bei der Weltbankgruppe arbeiten nale Entwicklungsorganisation (IDA) – der Überprüfung der Stimmrechts- und Betei-
Ökonominnen, Sozialwissenschaftler so- Fonds für die ärmsten Länder – stellt 2 Mil- ligungsstruktur ist der Gouverneursrat ver-
wie Experten und Expertinnen in Politikwis- liarden Dollar für Länder mit niedrigem Ein- antwortlich. Und die Gouverneure sind sich
senschaft und anderen Fachthemen aus 170 kommen, die Flüchtlinge aufnehmen, zur bewusst, wie wichtig es ist, dass die Füh-
Ländern. Mehr als ein Drittel der Angestell- Verfügung. Ausserdem erhalten zum ersten rungsstruktur der Institution die Rolle der
ten arbeitet in einem der weltweit 120 Län- Mal auch Länder mittleren Einkommens wie Schwellenländer berücksichtigt und ad-
derbüros. Jordanien und Libanon, die syrische Flüchtlin- äquat reflektiert.
ge aufnehmen, vergünstigte Mittel der Global
Die Weltgemeinschaft hat 2015 die Agenda Concessional Financial Facility.
2030 für Nachhaltige Entwicklung ver-
abschiedet. Wie trägt die Weltbankgruppe Viele Schwellenländer, die im vergangenen
zur Umsetzung dieser wichtigen Agenda Jahrzehnt die treibende Kraft der Weltwirt- Zur Person
bei? schaft waren, sind heute mit schleppendem Jim Yong Kim ist seit 2012 Präsident der
Mit dem Jahr 2030 hat sich die Weltgemein- Wachstum sowie nationalen, politischen Weltbankgruppe. Diesen Juli hat er eine
schaft erstmals eine Frist gesetzt, um die ex- und wirtschaftlichen Herausforderungen weitere fünfjährige Amtsperiode angetreten.
Der gebürtige Südkoreaner ist in den USA
treme Armut zu beenden. Die Bekämpfung konfrontiert. Wie schätzen Sie die künftige
aufgewachsen und promovierte dort in
der Armut ist das erste der 17 UNO-Ziele für Entwicklung dieser Länder ein, und welche Medizin. Vor seiner Weltbank-Tätigkeit war
nachhaltige Entwicklung. Auch für die Welt- Auswirkung wird das auf ihre Rolle in der Kim Präsident des Darthmouth College und
bankgruppe ist dies das oberste Ziel. multilateralen Arena und insbesondere Professor an der Medical School sowie an der
School of Public Health in Harvard. Zuvor
Die UNO-Nachhaltigkeitsziele stehen im innerhalb der Weltbankgruppe haben?
war er Berater für die Weltgesundheits-
Einklang mit unserem Doppelziel, die ext- In den vergangenen Jahrzehnten ist die organisation (WHO) und Direktor der WHO-
reme Armut bis 2030 zu beenden und den Wirtschaft in den Schwellenländern am Abteilung HIV/Aids.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 61
WELTBANKMITGLIED SCHWEIZ
WELTBANK
Weltbankpräsident Jim Yong Kim:
«Die Weltbankgruppe leistet heute weltweit die
meisten Klimainvestitionen.» Wenn multilaterale Entwicklungsbanken Wie würden Sie die Rolle der Schweiz be-
zusammenarbeiten und die heutigen Heraus- schreiben, und wie kann die Schweiz die
forderungen anpacken, können wir alle – aber Weltbankgruppe in den nächsten 25 Jahren
Stehen neue multilaterale Entwicklungs- insbesondere die Armen und die verwund- am besten unterstützen?
banken wie die Asiatische Infrastruktur-In- barsten Menschen – davon profitieren. Die Schweiz hat in den vergangenen 25 Jahren
vestitionsbank – die AIIB – oder die New die Weltbankgruppe und die Entwicklungs-
Development Bank, deren oberstes Ziel Die Weltbank hat seit Sommer 2016 mit agenda im Allgemeinen massgeblich geprägt.
nicht unbedingt die Reduktion von Armut dem sogenannten Environmental and Wir schätzen die konstruktive, kritische Stim-
ist, mit dem Auftrag der Weltbankgruppe in Social Framework neue Umwelt- und Sozial- me der Schweiz sehr. Aber auch ihr Engage-
Konflikt? standards. Wie können diese Standards der ment für Effizienz, Wirksamkeit und Quali-
Multilaterale Entwicklungsbanken spielen bei Bank helfen, ihre Tätigkeit den Bedürfnissen tät sowie ihre Unterstützung für eine starke
der Bekämpfung von Armut und der Unter- der Länder anzupassen und ihre Eigenver- Weltbankgruppe.
stützung nachhaltiger Entwicklung eine zen- antwortung zu fördern? Wir sind der Schweiz auch für ihre finan-
trale Rolle, insbesondere beim Schliessen von Das neue Environmental and Social Frame- ziellen Beiträge, insbesondere an die Interna-
Lücken in der Finanzierung von Infrastruktur- work, das 2018 in Kraft treten soll, ist eine tionale Entwicklungsorganisation (IDA), zu-
vorhaben in Entwicklungsländern. Rund 5 bis von mehreren neuen Weltbank-Initiativen zur tiefst dankbar. Dadurch konnten Millionen
10 Prozent der jährlichen Ausgaben für Infra- Verbesserung von Entwicklungsergebnissen. Menschen der Armut entgehen. Wir arbei-
struktur werden von Entwicklungsbanken fi- Diese neuen Standards erhöhen den Schutz ten in vielen wichtigen Bereichen eng zusam-
nanziert. vor potenziell nachteiligen Auswirkungen men: insbesondere in der Privatsektorförde-
Seit ihrer Gründung arbeiten wir eng mit bankenfinanzierter Projekte und fördern die rung, bei der Schaffung von Arbeitsplätzen
der AIIB zusammen und sind in ganz Asien nachhaltige Entwicklung. Mit den neuen und bei Themen wie Wasserversorgung, Um-
tätig, um den riesigen Infrastrukturbedarf Standards werden Transparenz, Nichtdiskri- welt, Klimawandel, Fragilität, Konflikten und
in den Ländern zu decken. Schon Anfang minierung, soziale Inklusion, öffentliche Par- Gewalt. Wir freuen uns darauf, diese enge Zu-
2014 arbeiteten wir mit dem Multilateralen tizipation und Rechenschaftslegung erhöht. sammenarbeit mit der Schweiz in den nächs-
Interimssekretariat der AIIB zusammen und Die Standards unterstützen die Empfänger- ten 25 Jahren fortzusetzen.
unterstützten es in Bereichen wie Gouver- länder, ihre eigenen Kompetenzen für Um-
nanz, Organisationsstruktur, Umwelt- und welt- und Sozialthemen zu erhöhen und diese
Sozialstandards sowie Beschaffungsabläufe. komplexen Fragen selbstständig anzugehen. Aufgezeichnet: Seco / Die Volkswirtschaft
WELTBANK
Das Development Committee von Weltbank und Internationalem Währungs-
fonds. Die Industrieländer haben weiterhin die Mehrheit der Stimmen.
haben bis heute nur das Gesetz und die Verpflichtung auf die
Kritik von links und rechts entwicklungspolitischen Ziele der Schweiz. Diese zu interpre-
tieren, bleibt aber der Regierung und ihren Vertretern in IWF
So gelang es, die linke Gegnerschaft auseinanderzudividieren. und Weltbank überlassen. Die Erhöhung des Entwicklungs-
Die grossen Hilfswerke im Dachverband Alliance Sud zeigten budgets auf 0,4 Prozent wurde seinerzeit zwar in den Finanz-
sich teilweise befriedigt. Im Vorlauf zur parlamentarischen Be- plan aufgenommen, aber in den Sparpaketen der Neunziger-
handlung der Vorlage gaben sie ihren Verzicht aufs Referen- jahre wieder herausgestrichen. 2016 erreichte die Schweiz eine
dum bekannt, sofern die Verpflichtung auf die eigenen entwick- Quote von 0,39 Prozent, wenn man die Kostenblöcke – etwa für
lungspolitischen Ziele aufrechterhalten, Transparenz mit einer Asylsuchende – abzieht, die keine Entwicklungshilfe sind, aber
eigenen beratenden Kommission hergestellt und das Entwick- als solche ausgegeben werden. Das heisst, erst der Entscheid
lungsbudget erhöht werde. Das Parlament verabschiedete die des Parlaments 2010, die Entwicklungshilfe auf 0,5 Prozent an-
Vorlage fast unverändert. Daraufhin lancierten die Deutsch- zuheben, liess das versprochene 0,4-Prozent-Ziel erreichen.
schweizer Sektion der Erklärung von Bern und die Aktion Fi- Aus Sicht der Entwicklungsorganisationen bleibt ein ein-
nanzplatz Schweiz das Referendum, sammelten über 50 000 ziger, aber wesentlicher Vorteil des Beitrittsentscheids: Wa-
Unterschriften und waren deshalb nicht auf die Unterstützung ren Forderungen an Weltbank und IWF bis dahin politisch be-
der Auns angewiesen. Diese hatte das Referendum ebenfalls er- deutungslos, da die Schweiz dort nichts zu sagen hatte, sind
griffen, aber wenig Effort hineingesteckt, weil sie sich auf den sie heute – wenn auch spärlich – Gegenstand innenpolitischer
Abstimmungskampf gegen den Europäischen Wirtschaftsraum Auseinandersetzungen und können gegebenenfalls ihre Poli-
(EWR) konzentrierte. tik beeinflussen.
Im Mai 1992 stimmten fast 56 Prozent der Stimmenden dem Andere der 1992 erhobenen Forderungen sind auch heute
Beitritt der Schweiz zu den Bretton-Woods-Institutionen zu. Alli- noch aktuell. Beispielsweise gibt es noch immer keinen inter-
ance Sud hatte eine Ja-Parole empfohlen, die SP und der Gewerk- nationalen Insolvenzmechanismus. Die Schweiz hat ein solches
schaftsbund erteilten Stimmfreigabe. Nein-Parolen kamen von Anliegen unterstützt, als die amerikanische IWF-Vizedirekto-
den Referendumsführern, den Grünen und dem rechten Rand rin Anne Kruger es vergeblich voranzubringen versuchte. Seit-
von SVP, Auto-Partei, Schweizer Demokraten und Gewerbever- her bleibt die Schweiz passiv. Die Auflagen an die Schuldnerlän-
band. Ein euphorisierter Bundesrat beschloss gleich am Montag der sind überarbeitet und verfeinert worden, und die Weltbank
nach der Abstimmung, der EU ein Beitrittsgesuch einzureichen. übte sogar etwas Selbstkritik an ihrer Strukturanpassungspoli-
Die Ernüchterung folgte im Dezember: Das Stimmvolk lehnte den tik. Schliesslich sind auch die Stimmrechte minimal zugunsten
Beitritt zum EWR mit einem hauchdünnen Volksmehr, aber zwei der Entwicklungsländer verschoben worden, ohne die Mehr-
Dritteln der Stände ab. heit der Industrieländer anzutasten. Viele Entwicklungslän-
der zogen daraus den Schluss, lieber auf eigene Entwicklungs-
Entwicklungsländer suchen neue Wege banken und Währungsmechanismen zu setzen. Heute gibt es,
nicht zuletzt gestützt auf die Finanzkraft Chinas, mehrere sol-
Die kleinen Konzessionen, welche die Opposition aus Entwick- cher Entwicklungsbanken. Kurz: Das Monopol des Bretton-
lungskreisen gewonnen hatte, verflüchtigten sich bald. Bestand Woods-Systems ist am Bröckeln.
Kostenanreize im Gesundheitswesen:
Das Beispiel der Medikamentenabgabe
Die Medikamentenabgabe durch Spezialisten verursacht jährliche Mehrkosten von bis zu
100 Franken pro Patient. Dies zeigt eine aktuelle Studie zu den Kostenanreizen der Selbstdis-
pensation in der Deutschschweiz. Boris Kaiser, Christian Schmid
Medikamentenabgabe durch Ärzte nach Kanton (Stand: 2010) finanziellen Anreize reagieren und eine
Mengenausweitung stattfindet, womit die
Selbstdispensation zu höheren Medika-
mentenkosten führt. Aus reiner Kostensicht
müsste die Selbstdispensation somit in al-
len Kantonen abgeschafft werden. Mit Blick
auf die Medikamentenkosten kann man an-
hand unserer Studie überschlagsmässig be-
Die Karte bezieht sich auf die Jahre 2008 bis 2010. Seit 2012 ist die Selbstdispensation in allen Zürcher
Gemeinden erlaubt; der Kanton Schaffhausen folgt 2018.
Weitere Studien zum Ärzteverhalten im auf die Gesamtkosten zu, da sie sich jeweils auf
Zusammenhang mit der Selbstdispensation bestimmte Medikamente beziehen.
in der Schweiz zeigen qualitativ übereinstim- Betrachtet man den Gesamtmarkt, so
mende Ergebnisse.4 Sie liefern zudem Hinwei- zeigt eine weitere Studie, dass die Selbstdis-
se darauf, weshalb die Medikamentenkosten pensation die Medikamentenkosten vor al-
aufgrund der Selbstdispensation höher sind. lem durch eine Mengenausweitung erhöht.7 Boris Kaiser
So zeigt sich beispielsweise, dass in Gebieten Der durchschnittliche Preis von dispensier- Dr. rer. oec., Ökonom, B,S,S. Volkswirt-
schaftliche Beratung, Basel
mit vielen dispensierenden Ärzten häufiger ten Medikamenten scheint hingegen – ver-
Antibiotika angewendet werden.5 glichen mit verschriebenen Medikamen-
Ferner gibt es einen positiven Zusammen- ten – sogar etwas tiefer. Somit dominiert der
hang zwischen der Selbstdispensation und der Mengeneffekt empirisch den Preiseffekt sehr
Verwendung von Generika, aber Ärzte schei- deutlich. Dies trifft sowohl auf Grundversor-
nen gleichzeitig ihre Marge auf dispensierten ger wie auch auf Spezialisten zu.
Medikamenten zu optimieren.6 Allerdings las-
sen diese Studien keine direkten Rückschlüsse Kosteneinsparungen möglich
4 Eine Ausnahme hiervon ist Trottmann et al. (2016). Aller- Zusammenfassend deutet die empirische Christian Schmid
dings lässt diese Studie keine Rückschlüsse auf das Ver- Evidenz klar darauf hin, dass Ärzte auf die Dr. rer. oec., wissenschaftlicher Mitarbeiter,
schreibungsverhalten der Ärzte zu. CSS Institut für empirische
5 Filippini et al. (2014). Gesundheitsökonomie, Luzern
6 Rischatsch et al. (2013) sowie Rischatsch (2014). 7 Burkhard et al. (2017).
Literatur
Burkhard, D., C. Schmid, K. Wüthrich Kaiser, B., C. Schmid (2016). Does Physician Rischatsch, M. (2014). Lead Me not into Trottmann, M., M. Früh, H. Telser, O.
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Dispensing Regulations, University Health Economics, 25: 71–90. European Journal of Health Economics, Care Expenditures and Utilization, BMC
of Bern, Department of Economics, Rischatsch, M., M. Trottmann, P. Zweifel 15: 697–708. Health Services Research, 16.
Discussion Paper dp1511. (2013). Generic Substitution, Financial Strupler, P. (2017). Kosten des Gesund-
Filippini, M., F. Heimsch, G. Masiero (2014). Interests, and Imperfect Agency, Inter- heitssystems steigen stärker als in den
Antibiotic Consumption and the Role of national Journal of Health Care Finance Nachbarländern, Die Volkswirtschaft,
Dispensing Physicians, Regional Science and Economics, 13: 115–38. 3/2017: 6–10.
and Urban Economics, 49: 242–51.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 67
ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
Zu den Impact Investments gehören etwa Abb. 1: Mittelzufluss in Entwicklungsländern nach Quelle (1990–2014)
«Mikrofinanzanlagen». Solche Gelder kom-
men lokalen Finanzdienstleistern zugute, 800 in Milliarden Dollar
welche beispielsweise Kredite für Saatgut
a Schätzung
Drittel des weltweiten Volumens an Mikrofi-
0
nanzinvestitionen. Die Nachfrage nach nach-
14 a
90
92
94
96
98
02
10
12
haltigen Anlagen sowie die Marktchancen
0
0
0
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19
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20
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19
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20
20
20
der Schweizer Anbieter sind gross. Um den
Ausländische Direktinvestitionen Geldüberweisungen von Migranten
Finanzplatz im Bereich nachhaltige Anlagen Private Verschuldung und Beteiligungsportfolio Öffentliche Entwicklungshilfe
stärker zu positionieren, wurde Swiss Sustai-
nable Finance (SSF) als Schirmorganisation
gegründet, welche die Finanzakteure im Be-
reich nachhaltige Finanzierung zusammen- Abb. 2: Kaskadenansatz der Weltbankgruppe
bringt. Das Seco hat den SSF mit einer An- Kann eine kommerzielle Finanzierung kosteneffizient für eine nachhaltige
schubfinanzierung unterstützt. Der SSF will 1 Kommerzielle Finanzierung:
Investition mobilisiert werden? Falls nicht…
die Berücksichtigung sozialer und umwelt-
bezogener Anliegen im Anlage- und Finan- Können vorgelagerte Reformen umgesetzt werden, um das
zierungsgeschäft fördern. Dabei werden vor- 2 Vorgelagerte Reformen und Behebung Marktversagen zu beheben? Falls nicht…
von Marktversagen:
handene Stärken des Finanzplatzes genutzt, • Länder- und Sektorpolitiken
und die Schweiz kann sich international als • Regulierung und Preisbildung
• Institutionen und lokale Kapazitäten
Erbringerin nachhaltiger Finanzdienstleistun- Können Risikomitigationsinstrumente
verbleibende Risiken kosteneffizient decken?
gen profilieren.
3 Öffentliche und konzessionelle Ressourcen für Falls nicht…
Risikomitigation:
«Blending»: Mittel gemischt • Garantien
• Risikopuffer («First-Loss»)
IFC / DIE VOLKSWIRTSCHAFT
4 Öffentliche und konzessionelle Finanzierung: Können Nachhaltigkeitsziele
lich-privaten Investitionen ist das sogenann- • Öffentliche Finanzierung (z. B. öffentlicher Haushalt, Staatsfonds, mit knappen öffentlichen
te Blending – das Mischen von öffentlichen nationale Entwicklungsbanken) Mitteln finanziert werden?
• Multilaterale Entwicklungsbanken (z. B. Weltbank), Entwicklungs-
und privaten Mitteln. Blending führt im Ideal- finanzierungsinstitutionen (z. B. Sifem, FMO)
fall dazu, dass private Geldgeber in Ländern
Investitionen tätigen, wo sie sonst nicht hin-
gehen würden. So verhilft es beispielsweise
einem KMU in Kirgistan zu Geldmitteln. Die Schwierigkeit liegt darin, mit den öffentli- sich diese nicht, ist die Wirkung begrenzt
Wie soll das Mischverhältnis von privaten chen Geldern nur so viel Risiko zu reduzieren, und, im schlechten Fall, sogar kontrapro-
zu öffentlichen Geldern konkret aussehen? wie nötig ist, um private Investoren an Bord duktiv. An der Schaffung von Vertrauen in
Soll es eine permanente oder eine zeitlich zu holen. Und das hängt stark vom Sektor, den Zielländern führt deshalb kein Weg vor-
begrenzte Mischung sein? Über diese Punk- vom Länderkontext und von den involvierten bei: Stabile politische und wirtschaftliche
te herrscht international noch kein Konsens. Akteuren ab. Rahmenbedingungen wie auch ein funktio-
Sie führen derzeit in der OECD-Arbeitsgrup- nierendes Staatswesen bleiben entschei-
pe Blending Finance for Sustainable Develop- Selektiv, subsidiär und zeitlich dende Faktoren. Hier bleibt das Seco stark
ment zu angeregten Diskussionen. Wäh- engagiert.
rend einige in erster Linie Gelder mobilisie-
begrenzt Für Geber eröffnen sich durch Blending
ren wollen, ist für andere die Schaffung eines Ob der ganzen Aufmerksamkeit sollte nicht aber durchaus Chancen, die Wirkung von be-
Marktes zentral, weshalb Letztere eine zeit- vergessen gehen: Blending kann gesamt- grenzten, öffentlichen Mitteln zu verstärken.
lich begrenzte Partnerschaft befürworten. heitliche Reformen nicht ersetzen. Auch bei Entscheidend ist aus unserer Sicht, dass Blen-
Doch oftmals ist es ein schmaler Grat zwi- Blending muss die Risikowahrnehmung auf ding selektiv, subsidiär zum Markt und zeit-
schen Marktverzerrung und Marktbildung. Fundamentaldaten beruhen. Verbessern lich begrenzt angewendet wird.
Die Volkswirtschaft 8–9 / 2017 69
ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT
Bevor man zum Blending-Ansatz greift, dern, um die Kapitalkosten für grüne Investi- laubt ein SIB die Suche nach innovativen Lö-
muss man sich zwingend fragen: Warum hat tionen zu reduzieren. sungen beim Leistungserbringer, einen Ri-
der Privatsektor nicht von sich aus investiert? sikotransfer an Dritte und eine Koppelung
Antworten darauf liefert der Kaskadenan- Beispiel 2: First-Loss-Kapital von Zahlungen an Resultate. Die Strukturie-
satz der Weltbankgruppe (siehe Abbildung 2). rung ist komplex und ist auf eine gute Daten-
Grundsätzlich gilt: Erst wenn Massnahmen Als effiziente Mobilisierungslösungen bei öf- basis angewiesen. Inwiefern sich dieses Inst-
wie regulatorische Reformen nicht greifen, fentlich-privaten Partnerschaften haben sich rument im grossen Stil anwenden lässt, wird
kann Blending zur Risikoverminderung in Be- Investitionsfonds erwiesen, welche auf First- sich noch weisen müssen.
tracht gezogen werden. Je nach Länderkon- Loss-Kapital aufbauen: Das öffentlich finan- Abschliessend lässt sich sagen: Um öf-
text gibt es zudem politische Präferenzen, ob zierte First-Loss-Kapital fungiert dabei als Ri- fentlich-private Partnerschaften zielgerich-
und allenfalls inwiefern öffentliche Dienst- sikopuffer und schützt private Investoren zu tet und glaubwürdig zu gestalten, sind der
leistungen in Zusammenarbeit mit Privaten einem Teil vor möglichen Verlusten. Auf die- Lernprozess, eine klare Rollenteilung und
erbracht werden sollen. sem Gebiet tätig ist beispielsweise der Loans eine disziplinierte Anwendung von bewähr-
Nachfolgend beleuchten wir drei Pro- for Growth Fund, welcher vom Seco unter- ten Prinzipien zentral. Dabei sollte nicht ver-
jektbeispiele des Seco, bei denen öffentliche stützt wird und vom Genfer Vermögensver- gessen werden: Die öffentliche Entwick-
Gelder zusammen mit privaten Geldern ein- walter Symbiotics verwaltet wird. Zusammen lungsfinanzierung bleibt wichtig. Dies gilt
gesetzt werden. Allen drei Beispielen ist ge- mit der UBS hat das Seco eine minimale First- insbesondere für die ärmsten Länder, wo die
meinsam, dass eine rein kommerzielle Finan- Loss-Einlage von je 2,5 Millionen Dollar ge- Hürden, privates Kapital anzuziehen, weiter-
zierung für Investoren zu wenig attraktiv ge- teilt und so 45 Millionen Dollar an privaten hin hoch sind.
wesen wäre (siehe erste Stufe in Abbildung Geldern mobilisiert.
2). Dank des Zusammenspiels öffentlicher Das First-Loss-Kapital wird dabei via loka-
Gelder mit privaten Investitionen konnte die le Banken – beispielsweise in Peru oder Geor-
Wirkung insgesamt verstärkt werden. gien – an wachstumsstarke KMU verliehen.
Die zugrunde liegende These beim Loans
Beispiel 1: Grüne Anleihen for Growth Fund ist, dass die effektiven Risi-
ken kleiner als die wahrgenommenen Risiken
Geldgeber knüpfen die Bereitstellung von sind. Ist dieser Beweis erbracht, soll sich der
günstigem Kapital an Bedingungen, um die Gebrauch von First-Loss-Mitteln sukzessive
Risiken zu mindern. So spielen beispielsweise verkleinern. Die Laufzeit des Fonds ist zeit-
bei sogenannten Green Bonds internationa- lich begrenzt, da der Demonstrationseffekt
le Standards eine zentrale Rolle. Dies aus drei im Vordergrund steht. Christian Brändli
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Ressort
Gründen: erstens um die Transparenz und die Privatsektorförderung, Staatssekretariat
Glaubwürdigkeit zu erhöhen und um «green- Beispiel 3: Social Impact Bonds für Wirtschaft (Seco), Bern
washing» zu verhindern. Zweitens reduzieren
sie die Transaktionskosten beim Handel der Partnerschaften zwischen öffentlichen und
grünen Anleihen. Und drittens, um das Vo- privaten Geldgebern können auch gebildet
lumen der Klimafinanzierung zu vergrössern. werden, um bestehende Mittel effizienter zu
Wichtig bei der Definition von Standards nutzen. Ein möglicher Weg dazu sind Social
ist die Organisation Climate Bonds Initiative Impact Bonds (SIBs). In Zusammenarbeit mit
(CBI). Gemeinsam mit wissenschaftlichen Ex- dem Multilateralen Investment Fonds (MIF)
perten und Personen aus der Praxis erarbei- der Interamerikanischen Entwicklungsbank
tet sie freiwillige Standards für grüne Anlei- und der kolumbianischen Regierung pilotiert
Tim Kaeser
hen. Eine öffentlich-private Partnerschaft si- das Seco die Strukturierung von SIBs für die Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Ressort
chert die Unabhängigkeit der CBI, fördert Arbeitsmarktintegration von armen Bevölke- Privatsektorförderung, Staatssekretariat
datenbasierte Standards und erlaubt es, die- rungsschichten.3 für Wirtschaft (Seco), Bern
se international anzuwenden. Die Schweiz Das Prinzip ist Folgendes: Eine Investoren-
unterstützt die CBI zusammen mit Finanzins- gruppe – in diesem Fall eine Gruppe von Stif-
titutionen wie der Credit Suisse. Die Schweiz tungen – finanziert ein Projekt vor. Werden
war die erste Regierung, die die CBI unter- die Ziele erreicht, erfolgt die Rückzahlung
stützt hat. durch die kolumbianische Regierung und das
Initiativen der Interamerikanischen Ent- Seco. Werden die Ziele unterschritten, wird
wicklungsbank (IDB) und der Internatio- die Zahlung reduziert. Werden sie überschrit-
nal Finance Corporation (IFC), welche eben- ten, können sie belohnt werden. Im Kern er-
falls vom Seco unterstützt werden, zielen in Lukas Schneller
eine ähnliche Richtung. Mittels technischer 3 Emily Gustafsson-Wright and Izzy Boggild-Jones (2017): Stellvertretender Ressortleiter, Ressort
Unterstützung wollen sie die Emission von Colombia Leads the Developing World in Signing the Privatsektorförderung, Staatssekretariat
First Social Impact Bond Contracts, Brookings, für Wirtschaft (Seco), Bern
grünen Anleihen in Entwicklungsländern för- 31. März 2017.
Wirtschaftskennzahlen
Auf einen Blick finden Sie hier die Kennzahlen Bruttoinlandprodukt, Erwerbslosenquote und Inflation von acht Ländern, der EU und
der OECD. Zahlenreihen zu diesen Wirtschaftszahlen sind auf Dievolkswirtschaft.ch aufgeschaltet.
Bruttoinlandprodukt: Bruttoinlandprodukt:
Reale Veränderung in % gegenüber dem Reale Veränderung in % gegenüber dem Vorquartal1
Vorjahr
2016 1/2017 4/2016 3/2016 2/2016
Schweiz 1,3 Schweiz 0,3 0,1 0,1 0,6
Deutschland 1,9 Deutschland 0,6 0,4 0,2 0,5
Frankreich 1,2 Frankreich 0,3 0,5 0,2 –0,1
Italien 0,9 Italien 0,2 0,2 0,3 0,1
Grossbritannien 1,8 Grossbritannien 0,2 0,7 0,5 0,6
EU 1,9 EU 0,5 0,6 0,4 0,4
USA 1,6 USA 0,3 0,5 0,9 0,4
Japan 1,0 Japan 0,5 0,3 0,2 0,4
China 6,7 China 1,3 1,7 1,8 1,9
OECD 1,7 OECD 0,4 0,7 0,5 0,4
Inflation: Inflation:
Veränderung in % gegenüber dem Veränderung in % gegenüber dem
Vorjahr Vorjahresmonat
2016 Mai 2017
Schweiz 0,0 Schweiz 0,5
Deutschland 0,5 Deutschland 1,5
Frankreich 0,2 Frankreich 0,8
Italien –0,1 Italien 1,4
Grossbritannien 0,7 Grossbritannien 2,9
EU 0,3 EU 1,6
SECO, BFS, OECD
1
2
4 3
1 1 1 2
3 3 2 6 n
1
ione zess
e
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Afrika und Mittlerer Osten
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5 6 3
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Europa
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NEU = seit 2017 neu im TopTen Ranking Die Ursachen von Betriebsunterbrüchen
11. Diebstahl, Betrug, Korruption und Cybervorfällen im Fokus
12. Menschliches Versagen
FOKUS