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Svantovit

Svantovit (auch Svantevit, Sveti Vid, Swantewit, Svetovit, Svatovit,


Świętowit oder Святовит) ist eine slawische Gottheit. Er war der
Kriegsgott und die oberste Gottheit der Ranen auf Rügen und anderer
Elb- und Ostseeslawen, vergleichbar mit dem obersten Gott Perun
anderer slawischer Stämme. Slawische Gottheiten haben oft mehrere
Köpfe. Svantovit ist vierköpfig, jeder Kopf schaut in eine
Himmelsrichtung. Dabei war jeder Himmelsrichtung eine eigene Farbe
zugeordnet: Norden Weiß (daher: Weißrussland), Westen Rot, Süden
Schwarz (daher: Schwarzes Meer) und Osten Grün.

Er wurde auf Rügen von den slawischen Bewohnern insbesondere als


Orakelspender verehrt.

Inhaltsverzeichnis
1 Svantovit-Kultstätte auf Rügen Der vierköpfige Svantovit als
2 Belege des Svantovit-Kults künstlerische Nachbildung am Kap
3 Svantovit und der heilige Veit Arkona
4 Symbole Svantovits
5 Opferzeremonien und Kulthandlungen
6 Literatur
7 Einzelnachweise
8 Weblinks

Svantovit-Kultstätte auf Rügen


Auf Kap Arkona auf der Insel Rügen stand eine Holzstatue, die ihn mit vier
Gesichtern und einem mit Wein gefüllten Horn darstellte. Die Statue befand
sich in einem quadratischen, säulengetragenen Tempel innerhalb der
Jaromarsburg. Das Heiligtum galt als geistiges Zentrum der Slawen und
insbesondere der auf Rügen ansässigen Ranen. Es wurde 1168 vom dänischen
König Waldemar zerstört. Ein Steinrelief, das sich in der Kirche von
Altenkirchen auf Rügen befindet und von dem man annehmen könnte, dass es
Svantovit abbildet, zeigt ebenfalls eine männliche Figur mit einem großen
Trinkhorn. Wahrscheinlicher ist aber, dass es sich dabei um einen Priester der
Gottheit handelt.

1921 glaubte der deutsche Archäologe Carl Schuchhardt, mithilfe der genauen
Ortsbeschreibung des dänischen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus die
Svantovit-Kultstätte gefunden zu haben. Forschungen nach 1945 ergaben
jedoch, dass es sich bei seinem Fund vermutlich um eine dänische Svantowitstein in der
Missionskirche gehandelt hatte. Pfarrkirche Altenkirchen

Wegen fortschreitender Hochuferabbrüche finden seit einigen Jahren erneut


archäologische Notgrabungen auf Rügen statt, durch die überraschenderweise der Standort des Svantovit-
Tempels gefunden wurde. Es handelt sich hierbei um eine rechteckige Fläche, die völlig frei von Fundstücken
war, um die herum aber umso mehr Fundstücke zu finden waren, welche auf Opfergaben und (siegreich
zerstörte?) Waffenteile hindeuten. Dies deckt sich auch mit der detaillierten Beschreibung durch Saxo
Grammaticus, die besagt, dass der Priester innerhalb des Tempels nicht einmal atmen durfte, um ihn nicht zu
verunreinigen.

Belege des Svantovit-Kults


Für den Svantovit-Kult auf der Insel Rügen gibt es zahlreiche schriftliche und archäologische Nachweise. Die
Chronica Slavorum des Chronisten Helmold von Bosau (12. Jh.) beschreibt das Svantovit-Orakel, dem
zahlreiche Geschenke und Opfergaben aus der gesamten slawischen und der benachbarten nichtslawischen
Welt dargebracht wurden. Ein Beispiel sei ein vom Dänenkönig Sven erhaltener, wertvoller Pokal. Die
slawische Bevölkerung auf Rügen hielt länger als andere Slawenstämme der christlichen Missionierung stand.
Erst der Angriff der Dänen 1168 und die Zerstörung der Opferstätte beendete die Zeit der Slawenherrschaft an
der Ostsee.

Auch Saxo Grammaticus berichtet Ende des 12. Jahrhunderts von dem Svantovit-Kult. Er beschreibt genau die
Kultstätte auf Kap Arkona: Ein Holztempel mit einem einzigen Eingang und einem roten Dach beherbergte das
hölzerne, überlebensgroße Standbild von Svantovit. Von den vier Köpfen blickten zwei nach vorne und zwei
nach hinten. Das Trinkhorn in der rechten Hand war aus Metall und wurde von einem einzelnen Priester einmal
im Jahr mit Wein gefüllt, dessen Zustand der Weissagung über die kommende Ernte diente.

Svantovit und der heilige Veit


Der rechtliche Anspruch, den das Kloster Corvey vom 12. bis ins 17. Jahrhundert auf die Insel Rügen erhob,
wird in der Forschung auf den Svantovit-Kult bzw. auf eine Missdeutung dieses Kults als Verehrung des
heiligen Veit (lat. sanctus Vitus), des zweiten Patrons des Klosters Corvey, zurückgeführt. Wesentlichste
rechtliche Grundlage für die Forderung Corveys war die seit dem 12. Jahrhundert zu belegende Erzählung, dass
sich in den 1120er Jahren bei einem Slawenzug des Herzogs von Sachsen und nachmaligen Kaisers Lothar III.
besiegte Slawen als ehemalige Tributpflichtige der "civitas" Corvey und ihres Herrn, eines gewissen "sanctus
Vitus", zu erkennen gaben, woraus dann abgeleitet wurde, dass Mönche aus Corvey schon in älterer Zeit Rügen
missioniert und hierdurch rechtliche Ansprüche des Klosters begründet hätten.[1]

Symbole Svantovits
Von der Vielköpfigkeit, die besonders bei slawischen Gottheiten vermehrt auftritt (im Gegensatz zu keltischen
und römischen Göttern), wird angenommen, sie sei ein Symbol der vielfachen Macht des jeweiligen Gottes.

Weitere Kultgegenstände, die um das Götterbild angeordnet waren sowie ein Schimmel, der nur vom Priester
geritten werden durfte, wurden für andere Weissagungen eingesetzt, das Pferd z. B. für Orakel zu Kriegserfolg
oder -misserfolg. Dreihundert Reiter waren jederzeit zum Schutz des Gottes und zur Mehrung seines Schatzes
im Dienst.

Opferzeremonien und Kulthandlungen


Nach den Opferzeremonien, bei denen der Priester mit angehaltenem Atem Wein und Honigkuchen darbrachte,
gab es regelmäßig umfangreiche Opfergelage, die mit reichlichem Alkoholgenuss einhergingen.

Literatur
Zdeněk Váňa (Text), Pavel Vácha (Photos): Die Welt der alten Slawen. Artia, Praha 1983.
Alfried Wieczorek, Hans-Martin Hinz (Hrsg.): Europas Mitte um 1000. Theiss, Stuttgart 2000, ISBN 3-
8062-1544-8.
Einzelnachweise
1. Bengt Büttner: Die Pfarreien der Insel Rügen. Von der Christianisierung bis zur Reformation (=
Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe 5: Forschungen zur pommerschen
Geschichte. Bd. 42). Böhlau, Köln u. a. 2007, ISBN 978-3-412-00706-5, S. 28 ff. (Zugleich: Göttingen,
Universität, Dissertation, 2004: Pfarrei und Klerus auf Rügen im Mittelalter.).

Weblinks
Commons: Svantovit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

http://www.wizlaw.de/html/1__gardvogteien.html Texte von Saxo, Bilder und Plan der Kultstätte


Svantovit im Archäologischen Museum in Krakau (polnisch)
Svetovit aus Wolin - Polen

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Diese Seite wurde zuletzt am 31. März 2017 um 22:31 Uhr bearbeitet.
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