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Harmonik (von altgriechisch ἁρμονία harmonía „Ebenmaß“, „Harmonie“) ist ein umfassender Begriff aus
der Musiktheorie und -praxis. Sie beschäftigt sich mit der Ordnung des Zusammenklangs mehrerer Töne[1]
und kann als vertikale (zeitgleiche) Komponente der Musik angesehen werden, im Unterschied zu den
horizontalen (zeitseriellen) Komponenten Rhythmus und Melodie.
Unter Harmonielehre wird dagegen die systematische Erfassung der Akkordgestalten und des tonalen
Klangraumes verstanden, verbunden mit methodischen Anleitungen (etwa im Tonsatz) zur möglichst
fehlerfreien Handhabung der Klangverbindungen im Sinne der traditionellen Vorgaben der Musik innerhalb
der dur-moll-tonalen Epoche (ca. 1600 bis in die Gegenwart). Gemäß dem Musikwissenschaftler
Ziegenrücker[2] ist Gegenstand der Harmonielehre „neben dem Aufbau der Akkorde insbesondere die
Verbindung der Klänge zu musikalisch logischen Folgen“.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Anmerkungen
Geschichte
In der Antike deckt sich die Harmonik ganz mit der Theorie der Tonsysteme (siehe Philolaos und
Aristoxenos). Seit der Entwicklung der mehrstimmigen Musik engte sich die Bedeutung der Harmonik mehr
und mehr auf den gleichzeitigen Zusammenklang verschiedener Stimmen ein. In dieser heute
vorherrschenden engeren Bedeutung umfasst Harmonik alle stilistischen Formen des Zusammenklangs von
Musik, beginnend bei der frühen Mehrstimmigkeit des europäischen Mittelalters bis hin zu Klangstrukturen
der Avantgarde. Wie die Mehrstimmigkeit ist die Harmonik daher eine primär abendländisch-europäische
Entwicklung.
Der Begriff „Harmonielehre“ stützt sich auf Jean-Philippe Rameaus (1683–1764) Traité de l’Harmonie
(1722), ein Traktat, welches noch während der Zeit des Generalbasses die Erkenntnisse der
Fundamentalbass-Theorie zu einer mehr analytisch ausgerichteten Theorie nutzt. Die von Jacob Gottfried
Weber (1779–1839) entwickelte und später von Simon Sechter (1788–1867) und Arnold Schönberg (1874–
1951) ausgebaute Stufentheorie wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch die von Hugo Riemann
(1849–1919) begründete Funktionstheorie ergänzt. Beide Systeme haben sich bis in die heutige Zeit mit
Modifikationen und Erweiterungen erhalten. Schönbergs im Jahr 1911 erschienenes Werk Harmonielehre
war auch theoretisches Fundament für die atonale Zwölftonmusik. Heinrich Schenker (1868–1935)
verbindet in seiner Harmonielehre die Kontrapunktlehre mit der Akkordlehre: die Stimmführung wird
nunmehr als die Horizontalisierung der (vertikalen) Harmonik verstanden (bezeichnet auch als Ursatz in der
von ihm begründeten Reduktionsanalyse).
Mit Harmonielehre wird allerdings nur ein Teilaspekt der Musikgeschichte – nämlich die Harmonik – unter
satztechnischen und analytischen Gesichtspunkten erfasst. Harmonielehre bedeutet vor allem, aus einer
pädagogischen Absicht heraus eine Handwerkslehre zu vermitteln, die zu gewissen Abstraktionen und
Vereinfachungen führen muss, da eine stilistische Entwicklung von über 300 Jahren zu berücksichtigen ist.
Dennoch kommt der Harmonielehre noch heute eine zentrale Bedeutung zu, da sie Einblick in stilistische –
und damit interpretatorische – Grundfragen der Musik zwischen 1600 und 1900 gibt. Darüber hinaus sind
Grundkenntnisse von Harmonielehre auch für das Verständnis der sog. Populärmusik oder des Jazz
unabdingbar.
Siehe auch
Funktionstheorie
Enharmonische Verwechslung
Quintenzirkel
Kadenz (Harmonielehre)
Kontrapunkt
Naturtonreihe
Harmonielehre (Adams)
Harmonisches Pendel
Harmonische Teilung
Tonalität (Musik)
Tonalitätsdiamant
Literatur
Überblick:
historisch:
klassisch-romantisch:
Wilhelm Maler: Beitrag zur Durmolltonalen Harmonielehre. Band 1 (1. Auflage 1931). 11.
Auflage. Leuckart, 1980, ISBN 3-920587-00-6
Friedrich Wilhelm Francke: Theorie und Praxis des harmonischen Tonsatzes. (1. Auflage
1898) Nachdruck der 4. Auflage 1929: Georg-Olms-Verlag, Hildesheim 1987, ISBN 3-487-
07973-9
Wolfgang Budday: Harmonielehre Wiener Klassik. Theorie – Satztechnik – Werkanalyse.
Verlag Berthold & Schwerdtner, Stuttgart 2002, ISBN 3-00-008998-5
Funktionstheorie:
Arnold Schönberg: Harmonielehre. Universal Edition Wien 1911, 2. Auflage 1922, ISBN 3-
7024-0029-X
Vincent Persichetti: Twentieth-Century Harmony. New York/London 1961, ISBN 0-393-09539-8
Paul Hindemith: Unterweisung im Tonsatz. Mainz 1940, ISBN 3-7957-1600-4
Hanno Hussong: Untersuchungen zu praktischen Harmonielehren seit 1945. Dissertation.
Verlag dissertation.de – Verlag im Internet GmbH, Berlin 2005
Benedikt Stegemann: Theorie der Tonalität. Wilhelmshaven 2013, ISBN 978-3-7959-0962-8
Popularmusik, Jazz-Rock-Pop:
Richard Graf, Barrie Nettles: Die Akkord-Skalen-Theorie und Jazz-Harmonik. Advance Music,
ISBN 3-89221-055-1
Peter Kellert, Markus Fritsch: Harmonielehre und Songwriting. ISBN 3-928825-23-2
Andreas Kissenbeck: Jazz Theorie. 2 Bände. ISBN 978-3-7618-1968-5
Frank Sikora: Neue Jazz-Harmonielehre. ISBN 3-7957-5124-1
Frank Haunschild: Die neue Harmonielehre. Band I. ISBN 3-927190-00-4
Weblinks
Jean-Philippe Rameau: Traité de l’harmonie réduite à ses principes naturels. (https://web.archi
ve.org/web/20100821220558/http://imslp.info/files/imglnks/usimg/2/2f/IMSLP23226-PMLP5304
8-Rameau_Harmony.pdf) (Memento vom 21. August 2010 im Internet Archive; PDF; 5,61 MB)
englische Übersetzung
Pyotr Ilyich Tchaikovsky: Guide to the Practical Study of Harmony. (https://web.archive.org/we
b/20111114134906/http://imslp.info/files/imglnks/usimg/c/c6/IMSLP27753-PMLP61198-Tchaik
ovsky_HarmonyTextbook_Eng.pdf) (Memento vom 14. November 2011 im Internet Archive;
PDF; 6,36 MB) (englisch;)
Christian Köhn: Einführung in die funktionale Harmonielehre (http://www.matthies-koehn.de/ha
rmonielehre/)
Michael Schymik: Video-Workshop: 3-teilige Einführung in die Harmonielehre (http://www.misc
hymusic.de/harmonielehre-1.html)
Anmerkungen
1. Vgl. Wieland Ziegenrücker: Allgemeine Musiklehre mit Fragen und Aufgaben zur
Selbstkontrolle. Deutscher Verlag für Musik, Leipzig 1977; Taschenbuchausgabe: Wilhelm
Goldmann Verlag, und Musikverlag B. Schott’s Söhne, Mainz 1979, ISBN 3-442-33003-3, S.
104 („Der Begriff Harmonie umfaßt jedes räumliche Miteinander von Tönen, die Ordnung der
Zusammenklänge.“)
2. Wieland Ziegenrücker: Allgemeine Musiklehre mit Fragen und Aufgaben zur Selbstkontrolle.
1979, S. 104.
Diese Seite wurde zuletzt am 13. März 2020 um 00:57 Uhr bearbeitet.
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