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Politik / Coronavirus

Wenn Corona einen beim Arbeiten


erwischt
Knapp 19.000 Infektionen mit dem neuartigen Virus wurden als
Berufskrankheit angezeigt, nur wenige wurden bisher als solche
anerkannt
Von Simon Poelchau 14.10.2020, 12:31 Uhr / Lesedauer: 4 Min.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Während der ersten Welle wurden Pflegekräfte, Verkäufer*innen und


Busfahrer*innen beklatscht. Sie waren die Menschen, die während des Lockdowns
»den Laden am Laufen« hielten, wie es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
ausdrückte. Neben ihrer im Vergleich zu ihrer gesellschaftlichen Bedeutung nur
mäßigen Bezahlung ist diesen Berufsgruppen gemein, dass die Beschäftigten
nicht ins Homeoffice können, viel Kontakt mit Menschen und ein höheres Risiko
haben, sich mit Corona zu infizieren. Allein in medizinischen Einrichtungen wie
Krankenhäusern und Arztpraxen infizierten sich laut dem Lagebericht des Robert-
Koch-Institutes vom Montag bisher knapp 17.000 Beschäftigte mit dem
neuartigen Virus. Das sind rund fünf Prozent aller Beschäftigten.

Für viele Angestellte ist Corona also eine Berufskrankheit. Folglich stieg die Zahl
der als Berufskrankheiten gemeldeten Infektionen aufgrund der Pandemie massiv
an. Im gesamten Jahr 2019 wurden 1910 Infektionskrankheiten als
Berufskrankheit angezeigt und davon 787 anerkannt. Dieses Jahr waren es bis
Mitte September im Zusammenhang mit Covid-19 bereits 18 951 Fälle, wie aus
einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion
im Bundestag hervorgeht.

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Jedoch wurden bei Weitem nicht alle Fälle auch von den Trägern der gesetzlichen
Unfallversicherung, den Berufsgenossenschaften, als Berufskrankheit anerkannt.
Nur 8171 Betroffene bekamen bisher einen positiven Bescheid und damit Anrecht
auf Entschädigung oder gar Rente. Dies entspricht einer Anerkennungsquote von
bisher 43 Prozent. Wie viele Anträge abgelehnt wurden, kann das
Bundesarbeitsministerium nicht beziffern. Es geht aber in seiner Antwort davon
aus, »dass sich viele Fälle aktuell noch im Entscheidungsverfahren befinden«.
Hinzu kommt: Eine Infektion mit dem Coronavirus reicht nicht aus. Die
Betroffenen müssen Symptome wie Husten und Fieber entwickelt haben.

»Alle, die nachweislich im Zusammenhang mit ihrer Arbeit an Covid-19


erkranken, müssen von der Unfallversicherung entsprechend entschädigt
werden«, fordert deshalb Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und
Arbeit der Linksfraktion im Bundestag. »Dieses Mindestmaß an Respekt schulden
wir denjenigen, die in der Coronakrise täglich ihre Gesundheit riskieren, damit
der Laden weiter läuft.«

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Infektionskrankheiten können laut dem Sozialgesetzbuch als Berufskrankheiten


anerkannt werden, »wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der
Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere
Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war«.
Dies trifft also vor allem auf Pflegekräfte zu.
Für Beschäftigte in anderen Bereichen wird es schwieriger. Sie können vor allem
noch darauf hoffen, bei einer Corona-Infektion eine Entschädigung als
Arbeitsunfall zu bekommen. Dabei müssen sie beweisen, dass die Krankheit auf
einen Kontakt mit einer nachweislich mit dem Virus infizierten Person
zurückzuführen sei. »Dies setzt einen intensiven beruflichen Kontakt mit der
Indexperson voraus. Hierbei kommt es vor allem auf die Dauer und die Intensität
des Kontaktes an«, so das Bundesarbeitsministerium.

»Covid-19 als Arbeitsunfall scheint eine reine Luftnummer zu sein«, sagt Linke-
Politikerin Krellmann. Die Zahl der anerkannten Berufskrankheiten sei, angesichts
von über 300.000 Erkrankten, ein Witz. »Auch die Betroffenen in der
Fleischindustrie, im Handel und in anderen Risikobranchen müssen entschädigt
werden«, so Krellmann weiter. So zählt das Robert-Koch-Institut allein in
Bereichen wie der Fleischindustrie oder Gaststättenküchen bisher 6696 Corona-
Infizierte.

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mit Konjunkturprogramm an

Krellmann empfiehlt Betroffenen deshalb, sicherheitshalber einen Antrag zu


stellen. Zudem fordert sie den Bund zum Handeln auf: Damit die Angestellten
leichter zu ihrem Recht kommen, »brauchen wir flächendeckend unabhängige
Beratungsstellen für Betroffene von Berufskrankheiten, wie es sie in Hamburg,
Bremen und Berlin bereits gibt«.

Denn nicht nur an Corona erkrankte Angestellte haben es schwer, sich ihre
Krankheit als Berufskrankheit anerkennen zu lassen. Insgesamt wird nur rund ein
Viertel der angezeigten Fälle auch als Berufskrankheit anerkannt. Im Schnitt
dauert dies auch vier bis fünf Monate. Zudem liegt das gesamte Verfahren von der
Beweiserhebung über die Prüfung bis zur Entscheidung in den Händen der
Berufsgenossenschaften, die von den Arbeitgebern finanziert werden. Und diese
haben, so eine häufige Kritik von Experten, wenig Interesse an der Anerkennung
eines Falls, weil sie dann auch für die Entschädigung aufkommen müssen.

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