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MÖGLICHE HANDLUNGSFELDER FÜR VIRTUELLE SOZIALE ARBEIT

Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischern Grades
„Magister (FH) für sozialwisssenschaftliche Berufe“

Verfasser:
Hendrik Fellinger

Vorgelegt am
FH-Diplomstudiengang Soziale Arbeit
Fachhochschule Salzburg
Gutachter: DSA Mag. Thomas Schuster

Salzburg, im Mai 2007


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG ............................................................................................. 4

2. PROJEKTBESCHREIBUNG UND FRAGESTELLUNG............................ 5

2.1. Persönliche Positionierung.................................................................................................. 5

2.2. Intention des Projektes ......................................................................................................... 7

2.3. Methodisches Vorgehen....................................................................................................... 8

2.4. Auswahl der Kategorien/Fragestellung ........................................................................... 10


2.4.1. Der Sozialraum .............................................................................................................. 11
2.4.2. Virtuelle Soziale Arbeit .................................................................................................. 12
2.4.3. Soziale/gesundheitliche Auswirkungen ....................................................................... 12
2.4.4. Medienkompetenz ......................................................................................................... 13

3. DEFINITIONEN UND THEORIEN............................................................ 14

3.1. Soziale Arbeit ....................................................................................................................... 14


3.1.1. Begriffserklärung ........................................................................................................... 15
3.1.2. Methoden und Formen der Sozialen Arbeit................................................................. 20
3.1.3. Die Soziokulturelle Animation....................................................................................... 23
3.1.3.1. Geschichte und Begriffe ............................................................................................ 23
3.1.3.2. Methoden und Formen der soziokulturellen Animation ........................................... 27
3.1.4. Der sozialräumliche Ansatz in der offenen Jugendarbeit ........................................... 30
3.1.4.1. Definition und Umschreibung .................................................................................... 30
3.1.4.2. Das Zonenmodell nach Baacke ................................................................................ 31
3.1.4.3. Das Inselmodell nach Helga Zeiher .......................................................................... 33
3.1.4.4. Rolle und Methoden ................................................................................................... 34
3.1.5. Medienkompetenz ......................................................................................................... 38

3.2. Der Sozialraum ..................................................................................................................... 42


3.2.1. Sozialraumtheorien ....................................................................................................... 42
3.2.2. Der „virtuelle“ Sozialraum ............................................................................................. 44
3.2.2.1. Transfer zwischen Räumen ....................................................................................... 45
3.2.2.2. Exkurs: Virtuelle Gewalt und Realität ....................................................................... 48

3.3. Das World Wide Web........................................................................................................... 52


3.3.1. Das Internet: Ein Definitionsversuch............................................................................ 52
3.3.2. Die Geschichte des Internets ....................................................................................... 53
3.3.3. WEB 2.0 und neue Entwicklungen............................................................................... 56
3.3.3.1. Die technische Komponente...................................................................................... 57
3.3.3.2. Die soziale Komponente ............................................................................................ 58
3.3.4. Spiele und 3D-Kommunikationsplattformen ................................................................ 59
3.3.4.1. Counterstrike und andere Egoshooter...................................................................... 60
3.3.4.2. SecondLife .................................................................................................................. 63
3.3.4.2.1. SecondLife – eine Beschreibung ........................................................................... 63
3.3.4.2.2. SecondLife – der „Avatar“ und das soziale System.............................................. 65
3.4. Die Zielgruppe: „the digital divide“ .................................................................................. 70

3.5. Soziale und gesundheitliche Folgen ................................................................................ 73

4. ERHEBUNG DES ISTSTANDES............................................................. 76

4.1. Statistische Daten................................................................................................................ 76

4.2. Bestehende soziale Internetprojekte................................................................................ 81


4.2.1. Netbridge.at ................................................................................................................... 81
4.2.2. Cyberjuz.at..................................................................................................................... 82

4.3. Die Interviewrecherche ....................................................................................................... 84


4.3.1. Interview mit Franz Kratzer........................................................................................... 85
4.3.2. Interview mit Aleks Krotoski.......................................................................................... 86

5. RESÜMEE ............................................................................................... 88

5.1. Der Wandel des „virtuellen Raums“................................................................................. 88

5.2. Die SozialarbeiterIn im virtuellen Raum .......................................................................... 90

5.3. Methoden der Sozialen Arbeit im virtuellen Raum ........................................................ 92

6. NACHWORT – EINE PROJEKTVISION ................................................. 93

7. LITERATURVERZEICHNIS..................................................................... 97

8. ABBILDUNGSVERZEICHNIS ............................................................... 105

9. ANHANG ............................................................................................... 107

9.1. Interview mit Franz Kratzer ............................................................................................. 107

9.2. Interview mit Aleks Krotoski.......................................................................................... 110


Sozialraum: Internet - Kapitel 1 - Einleitung

1. Einleitung

Das World Wide Web – ein äußerst junges Medium. Und Soziale Arbeit: Eine
eher junge Disziplin (im Vergleich zu anderen wie Medizin). Doch beide
scheinen in der heutigen gesellschaftlichen Entwicklung eine immer
bedeutendere Rolle einzunehmen. Das World Wide Web übernimmt immer
mehr kommunikative Vernetzungsaufgaben zwischen Individuen und Gruppen,
was natürlich auch die Soziale Arbeit nicht „kalt“ lassen kann, das diese ja
Kommunikation und Vernetzung als einen ihrer zentralen Aufgabenbereiche
sieht. Vor allem entstehen aus Entwicklungen des World Wide Web auch neue
Formen der Kommunikation, die zu beachten sind. Im Internet werden
bestehende gesellschaftliche Grenzen aufgerissen und neue geschaffen.
Geografische Grenzen scheinen immer unbedeutender zu werden, während
andere Kategorisierungen erschaffen werden.
So wird auch immer mehr in den Medien die Frage gestellt, ob der Internettrend
sich nicht zu einer der ultimativen Suchtgefahren der westlichen Gesellschaft
entwickelt. Solche Entwicklungen können die professionelle Soziale Arbeit nicht
unberührt lassen, da es ja auch um sehr viele soziale Herausforderungen geht,
die es zu bewältigen gibt. Und wenn man von der starken
Lebensweltorientierung der gegenwärtigen praktizierten sozialarbeiterischen
Handlungsformen ausgeht, kann das unsere Disziplin keinesfalls ignorieren.
„Lebensweltorientierung nimmt den Alltag der Adressaten, daher den Ort, wo
Probleme entstehen, wo Leben gelebt wird, wo die Adressaten selbst mehr
oder minder angemessene Strategien der Lebensbewältigung praktizieren, als
originären Ort sozialpädagogischen Handelns in den Blick.“ (Galuske, M. ,
2002, s.141). So muss meiner Meinung nach neben dem moralischen Diskurs
die Soziale Arbeit virtuelle Sozialräume als Lebenswelten ihrer Adressantinnen
annehmen und gegebenenfalls auch bearbeiten. Doch welche virtuellen
Sozialräume gibt es? Und wie könnte virtuelle Soziale Arbeit aussehen? Viele
Fragen, die mich beschäftigten, und mich letztendlich zum Auseinandersetzen
mit dieser Thematik motivierten.

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

2. Projektbeschreibung und Fragestellung

In diesem Kapitel werden die Intention des Projekts sowie dessen methodischer
Aufbau beschrieben. Außerdem werden Kategorien und Fragestellung zur Arbeit
erläutert.

2.1. Persönliche Positionierung

Um die Perspektive, aus der die Arbeit entstanden ist, festzulegen, erläutere
ich in diesem Kapitel meine Positionierung. Meiner Meinung nach werden vor
allem folgende Positionen tragend, die beim Bearbeiten auf die Thematik
Einfluss haben.
Einerseits schreibe ich aus der Perspektive der Sozialen Arbeit. Damit meine
ich, dass die Sichtweise von professionellen sozialarbeiterischen
Handlungstheorien geprägt ist. Einen großen Einfluss nehmen darin sicher die
Theorien der „aktivierenden Sozialen Arbeit“, die maßgeblichen Stellenwert in
meiner Ausbildung hatte. (Vgl. Popp, R., 2002) Hinzu kommen spezifische
Theorien aus bio-psychosozialen sowie sozioökonomischen Kontexten der
Sozialen Arbeit, die meine Haltung, und damit wohl auch meine Positionierung
mit beeinflussen.
Meiner Meinung nach haben neben der Professionsposition auch meine
beruflichen Erfahrungen einen Einfluss auf die Perspektive. Diese sind bei mir
in der offenen Jugendarbeit verwurzelt. Momentan bin ich für den Verein
„Spektrum“ tätig, der nach seinem Konzept die „Soziokulturelle Animation“ als
Grundlage anführt. Dies ist sicher auch ein Grund, warum ich
handlungstheoretisch einen Fokus auf die „Soziokulturelle Animation“ gelegt
habe. Im Zuge dieser Tätigkeit habe ich auch im Berufskontext einige
medienbezogene Projekte durchgeführt. Ein Beispiel ist das
generationenübergreifende Projekt „Aktion Dialog“, bei dem Kinder und

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

Jugendliche mit älteren Menschen ab einem Alter von 55 Jahren gemeinsam


das Internet erkunden.
Neben der theoretischen sowie praktischen Perspektive spielt die private
Einstellung ebenfalls eine Rolle. Dazu muss ich bemerken, dass ich einen
beträchtlichen Teil meiner Freizeit in virtuellen Räumen verbringe. Ich habe
langjährige Computerspieleerfahrung und beschäftige mich privat auch mit dem
Erstellen und Administrieren von Blogs. Außerdem bin ich User einiger Social
Networkingplattformen wie www.myspace.com oder www.studivz.net . Durch
meine Recherchen bekam ich auch einen intensiveren Zugang zur Plattform
SecondLife und arbeite momentan in Kooperation mit der Kulturinitiative
Kunstbox an dem Blog http://kunstboxer.blogspot.com/ , der sich mit einer
Bestandsaufnahme der Kunstszene in SecondLife befasst.
Man kann also sagen, dass ich von meiner persönlichen Einstellung ein
intensiver Nutzer des Mediums Internet bin, und die Entwicklung des Internets
eine Faszination auf mich auswirkt. Selbstreflexiv gesehen verbringe ich sicher
auch oft zu viel Zeit vor dem Bildschirm, und bin oft äußerst
„technologiebegeistert“, was in der Perspektive berücksichtigt werden muss. So
versuche ich, Entwicklungen des Internet auch kritisch zu sehen, kann aber
keineswegs objektiv beurteilen, ob die Begeisterung nicht manchmal „Blinde
Flecken“ erzeugt.

Fazit:
Meine Position, aus der ich diese Arbeit schreibe, ist einerseits die des
Sozialarbeiters, der im Beruf stark von Methoden und Handlungsfeldern der
Soziokulturellen Animation geprägt ist, andererseits bin ich privat ein intensiver
Nutzer des Mediums Internet

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

2.2. Intention des Projektes

Die fortschreitende Entwicklung des Internets war schon seit vielen Jahren im
Fokus meines Interesses. Im Zuge meiner beruflichen Tätigkeiten konnte ich
dann Erfahrungen mit der Thematik Medien und offene Jugendarbeit sammeln.
Bei der Mitarbeit in einigen Medienprojekten konnte ich oft Jugendliche sowie
SozialarbeiterInnen im Umgang mit Medien beobachten. Viele Fragen stellten
sich für mich in den Raum, die ich durch die im Zuge meiner Ausbildung
erlernten Theorien nicht beantworten konnte. Die Vermittlung von
Medienkompetenz hatte in der Sozialarbeiterischen Ausbildung nur wenig
Bedeutung. Deutlich wurde das wohl auch durch den Umzug des
Fachhochschullehrganges der Sozialen Arbeit auf den modernen Campus
Urstein, der durch den vermehrten Einsatz von Technologie (z.b. E-
Learningplattform, Netzlaufwerk, etc.) an der FH Salzburg für Studierende so
wie Lehrende ein enorme Herausforderung darzustellen schien.
Zusätzlich nahm die Zahl von Menschen, die große Teile ihrer Freizeit im
Internet verbringen, stetig zu. Die Computerspieleindustrie wurde nach und
nach zur bedeutendsten Medienindustriesparte, und gerade die Ausweitung der
Spiele auf das Internet erzeugte große Gruppen von UserInnen, die durch das
Netz spielerisch miteinander interagierten. Auch die Informationsmedien wie
Zeitungen, Fernsehen nahmen die Thematik immer mehr auf.
Alle diese Faktoren führten dazu, dass ich anfing, mich damit zu beschäftigen,
welchen Stellenwert die Soziale Arbeit in der fortschreitenden
Mediengesellschaft einnehmen wird und wie sie auf Entwicklungen reagieren
kann.

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

2.3. Methodisches Vorgehen

Um das methodische Vorgehen zu bestimmen, werden die Themenkomplexe


ergründet, die für die Arbeit von Bedeutung sein könnten. Dafür benutzte ich
grafische Hilfestellungen, um die Fragestellungen bzw. Kategorien zu
strukturieren. Vorerst war mir nur klar, dass ich die Rolle der Sozialen Arbeit im
„Sozialraum Internet“ beleuchten will. Um das Thema zu spezifizieren, erstellte
ich im Findungsprozess folgende Grafik:

Abbildung 1: Projektbeschreibung - Erstellt am 13.11.2006

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

Durch die anfängliche Literaturrecherche konnte ich einige für die Arbeit
bedeutenden Themenkomplexe herausarbeiten. Nach diesen Punkten
strukturierte ich gleichsam die theoretischen Kapitel sowie den
Interviewleitfaden. Die Kategorien „Medienkompetenz“ sowie
„Soziale/Gesundheitliche Folgen“ ergaben sich erst aus weiterführenden
Recherchearbeiten. Um einen Überblick über den momentanen
Forschungsstand meiner Kategorien zu erhalten, liegt ein großer Fokus der
Arbeit in der Literatur- und Internetrecherche. Gerade Internetrecherche hat in
den Kapiteln, die sich mit Entwicklungen des Internets und den virtuellen
Räumen beschäftigt, einen hohen Stellenwert. Als Beispiel nenne ich die
Recherche über die Applikation „SecondLife“, über die es wenig bis gar keine
Buchliteratur gibt, da das Projekt erst seit 2002 besteht.
Als Ergänzung für Informationen, dich ich nicht aus der Literatur gewinnen
konnte, und um die Blickwinkel von Personen, die sich professionell im
virtuellen Raum bewegen, einzubeziehen, beschloss ich zusätzlich die
Durchführung von ExpertInneninterviews.
Die ExpertInnen sollten möglichst in Projekten bzw. Institutionen tätig sein, die
sich mit den Aspekten, die für meine Kategorien bedeutsam sind,
auseinandersetzen. Als Verfahren wählte ich das Problemzentrierte Interview
nach Mayring (Mayring, P.; 1996 ,s.50ff), da dieses Verfahren ansetzt,
nachdem die Problemstellung bereits von objektiver Seite analysiert wurde, was
in der Literaturrecherche bereits passiert ist. Weiters ist das Prinzip der
Offenheit des problemzentrierten Interviews von Vorteil, da die ExpertInnen so
selbst Zusammenhänge im Interview entwickeln können.
Modifiziert habe ich das Verfahren dadurch, dass ich die Interviews per Email
durchgeführt habe, also schriftlich. Dies diente dazu, das Internet als
Kommunikationsmedium zu nutzen. Dadurch fallen natürlich „Ad-hoc-Fragen“
zuerst einmal weg, da der ursprüngliche Interviewleitfaden von der ExpertIn
ohne das Beisein der Interviewführenden beantwortet wird. Spezifische Fragen
wurden jedoch noch nachträglich per Email nachgereicht.

Bei der Auswertung des Interviews entschied ich mich aufgrund Strukturierung
in Kategorien für eine modifizierte Form der „Qualitativen Inhaltsanalyse“ nach

9
Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

Mayring (vgl. Mayring, P.; 1996, s.91ff). Dabei wird das Material zergliedert und
schrittweise bearbeitet.

2.4. Auswahl der Kategorien/Fragestellung

In diesem Kapitel werden die verschiedenen ausgewählten Kategorien


kurz beschrieben und die Auswahl erläutert. Außerdem werden die
Leitfadenfragen zu den jeweiligen Kategorien angeführt.

Wie setze ich mich nun in dieser Arbeit mit der Thematik auseinander? Ich
versuche, den Bereich der virtuellen Sozialräume auf einen möglichen Bedarf
für die Soziale Arbeit zu untersuchen.
Vorerst formuliere ich dazu folgende Fragestellung: Wie kann die
SozialarbeiterIn im virtuellen Sozialraum wirken?
Hinzu kommt, dass natürlich die Soziale Arbeit ein großes Spektrum an
verschiedenen methodischen Vorgehensweisen bietet und auch Methoden
anderer Disziplinen für sich adaptiert. Dadurch ist natürlich eine
Voruntersuchung einiger sozialarbeiterischer Handlungsformen nötig und vor
allem auch der Beziehung zwischen virtuellen und realen Raum zu überprüfen.

Welche sozialarbeiterischen bzw. pädagogischen Methoden bedarf es, um im


virtuellen Sozialraum zu wirken?

Besteht ein Handlungsbedarf für SozialarbeiterInnen im virtuellen Sozialraum?

Welche „Orte“ im Internet könnten sich für sozialarbeiterische Interventionen


eignen?

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

Um die Fragen exakter zu spezifizieren, teilte ich sie in Kategorien ein. So


entstanden vier Themenkomplexe, die im folgenden Kapitel beschrieben
werden.

2.4.1. Der Sozialraum

Diese Kategorie schien mir wichtig, da der Sozialraum einen


Überschneidungspunkt der Sozialen Arbeit mit dem Internet bildet. Die
Beziehung zwischen virtuellem und realem Raum ist außerdem ein zentraler
Bestandteil meiner Fragestellung. Im theoretischen Teil zu dieser Kategorie
werden verschiedene Arten von Sozialräumen beschrieben, sowie der Begriff
des virtuellen Raums erläutert. Dabei wird auch die Beziehung der verschieden
Sozialräume zur Gewalt bearbeitet, was aus dem momentanen öffentlichen
Diskurs zu dem Zusammenhang zwischen Gewalt und Computerspielen zu
erklären ist. Folgende Leitfadenfragen wurden daraus entwickelt:
- Wie ist die Beziehung zwischen virtuellem und realem Raum?
- Wie ist die Beziehung zwischen der eigenen Persönlichkeit und dem
„Avatar“? (die virtuelle Identität)
- Welcher Zusammenhang besteht zwischen Gewaltspielen und realer
Gewalt?
- Wie verhalten sich Gruppendynamiken im virtuellen Raum im Gegensatz
zum realen Raum?

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

2.4.2. Virtuelle Soziale Arbeit

Die Soziale Arbeit und die Wirkung auf das Internet sollen in dieser Kategorie
vertreten sein. Theoretisch werden dabei verschiedene Handlungsformen und
Methoden beschrieben. Die Kategorie ist als ein zentraler Bestandteil der
Auseinandersetzung aus sozialarbeiterischer Sicht betrachten. Dabei liegt der
Fokus auf der soziokulturellen Animation bzw. der sozialraumorientierten
Jugendarbeit.
- Virtuelle soziale Arbeit - kann Soziale Arbeit im Internet etwas bewirken?
- Würden Angebote, wie zum Beispiel ein Stadtteilzentrum angenommen
werden?
- Welchen Stellenwert nehmen SozialarbeiterInnen im Sozialraum ein, wer
deckt den Bedarf jetzt ab?
- Wie verhält es sich mit dem doppelten Mandat der Sozialen Arbeit im
Internet, wer übernimmt zum Beispiel in SecondLife die Rolle des Staates?

2.4.3. Soziale/gesundheitliche Auswirkungen

Diese Kategorie beschränkte sich zuerst auf den Themenkomplex soziale


Auswirkungen. Bei näherer Recherche sowie bei Diskussionen mit KollegInnen
stellte sich auch der Gesundheitsaspekt als bedeutend heraus. Hier werden
mögliche negative bzw. positive Aspekte der Nutzung des Internets hinsichtlich
der Auswirkungen auf die UserInnen beleuchtet.
- Führt übermäßige Internetnutzung zu sozialer Isolation?
- Wie hoch wird das Suchtpotential eingeschätzt?
- Kann der virtuelle Raum als Projektionsfläche therapeutische Wirkung
haben?
- Welche psychischen Folgen kann die übermäßige Internetnutzung haben?

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Sozialraum: Internet - Kapitel 2 - Projektbeschreibung und Fragestellung

2.4.4. Medienkompetenz

Die Medienkompetenz als Kategorie entwickelte sich zuletzt aus der


Recherche, da sie immer wieder als wichtiger Aspekt pädagogischer
Handlungsformen im Bereich Medien beschrieben wird. Im theoretischen
Kapitel findet sich eine Definition aus medienpädagogischer Sicht.

Wie „medienkompetent“ ist die moderne professionelle Soziale Arbeit?

Wie medienkompetent sind Jugendliche?

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3. Definitionen und Theorien

In den folgenden Unterkapiteln werden die Definitionen und Theorien der


verschiedenen Themenkreise aus dem Bereich der „Sozialen Arbeit“ sowie dem
„virtuellen Sozialraum“ erläutert. Das Internet und dessen derzeitige
Entwicklungen werden ebenfalls thematisch behandelt. Dabei sollen die
Kategoriefragen aus theoretischer Sicht beleuchtet werden.

3.1. Soziale Arbeit

Hier wird kurz eine Umschreibung des Begriffes „Soziale Arbeit“ skizziert sowie
dessen wichtigste Merkmale umschrieben.

Zuerst muss einmal der Begriff „Soziale Arbeit“ als solcher definiert werden. Ich
werde versuchen, in dieser Arbeit nicht auf den in der Sozialen Arbeit
allgegenwärtigen Begriffsdiskurs einzugehen, sondern einfach das Verständnis
von Sozialer Arbeit, wie es für diese Arbeit von mir gewählt wurde, zu erläutern.
Natürlich können dabei kritische Betrachtungen der Definition nicht außer Acht
gelassen werden.

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.1. Begriffserklärung

„Soziale Arbeit = (Sozialarbeit / Sozialpädagogik)


Der Begriff Soziale Arbeit dient in Anlehnung an den englischen Fachterminus
„Social Work“ als Überbegriff von den zwei zum Teil eigenständig entwickelten
Theorie- und Praxiskontexten „Sozialarbeit“ einerseits und „Sozialpädagogik“
andererseits. In dieser Arbeit beschränke ich mich jedoch auf die Beschreibung
der Sozialarbeit, obwohl der sozialpädagogische Einfluss natürlich nicht
wegzudenken ist.
Die Organisation „International Federation of Social Workers“ beschlossen bei
der IFSW Generalversammlung in Montréal laut der Homepage des
österreichischen Berufsverbandes der SozialarbeiterInnen die Definition
folgendermaßen:
„Soziale Arbeit als Beruf fördert den sozialen Wandel und die Lösung von
Problemen in zwischenmenschlichen Beziehungen, und sie befähigt die
Menschen, in freier Entscheidung ihr Leben besser zu gestalten. Gestützt auf
wissenschaftliche Erkenntnisse über menschliches Verhalten und soziale
Systeme greift soziale Arbeit dort ein, wo Menschen mit ihrer Umwelt in
Interaktion treten. Grundlagen der Sozialen Arbeit sind die Prinzipien der
Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit.“
(http://www.sozialarbeit.at/def.htm, aufgerufen am 12.4.07)

Diese sehr allgemeine Definition beschreibt die professionelle Soziale Arbeit als
wissenschaftsgeleitete Disziplin, deren Handlungsfelder dort zu finden sind, wo
Menschen miteinander interagieren.
In einigen weiteren Punkten wird beschrieben, dass Soziale Arbeit auf
humanitären und demokratischen Idealen basiert, und diese Werte resultieren
aus dem Respekt vor der Gleichheit und Würde aller Menschen. Außerdem
werden die Förderung und Entwicklung der Stärken, sowie die Integration von
verletzten, ausgestoßenen und unterdrückten Menschen als zentraler Punkt

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

angesehen. Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit sowie die „Codes of Ethics“


werden als Motivation für sozialarbeiterisches Handeln angeführt. (Vgl. ebd.)

„Professionelle Soziale Arbeit benennt die Grenzen, Ungleichheit und


Ungerechtigkeit, die in der Gesellschaft existieren. Sie antwortet auf Krisen und
Gefahren ebenso, wie auf alltäglich auftretende persönliche und soziale
Probleme. Professionelle Soziale Arbeit verfügt über eine Vielfalt von Methoden
und Techniken sowie Handlungsmöglichkeiten, die sich sowohl auf den
einzelnen Menschen wie auf die Umwelt konzentrieren. Die Intervention von
professioneller Sozialer Arbeit reicht von rein personenbezogenen
psychosozialen Prozessen, bis zur Beteiligung an sozialer Gesetzgebung,
Planung und Entwicklung. Dies bezieht Beratung, klinische Sozialarbeit,
Gruppenarbeit, sozial-pädagogische Arbeit, Familienberatung und –Therapie
mit ein. Ferner sollen Menschen unterstützt werden, Soziale Dienste in
Anspruch zu nehmen. Auch Verwaltungstätigkeiten, so wie soziale Aktionen
bedeuten Einmischung, um soziale Gesetzgebung und wirtschaftliche
Entwicklung eng miteinander zu verknüpfen. Der Schwerpunkt von
professioneller Sozialer Arbeit wird von Land zu Land, von Zeit zu Zeit variieren,
dies hängt mit den kulturellen, historischen und sozialwirtschaftlichen
Bedingungen zusammen.“
(http://www.ifsw.org/en/p38000208.html, aufgerufen am 12.4.07 übersetzt:
http://www.sozialarbeit.at/def.htm, aufgerufen am 11.4.07)

Besonders herauszuheben ist der Methodenbezug, der mit der Definition der
Sozialen Arbeit einhergeht. Neben den bio-psychosozialen Handlungsfeldern
wird auch die sozioökonomische Komponente in der Sozialen Arbeit genannt.
Als eine Haltung, welche besonders auf die Förderung der Stärken der
Zielgruppen und Individuen sowie die Aktivierung zur Beteiligung an
gesellschaftlichen Prozessen abzielt, wird immer wieder „Empowerment“
genannt.
„Empowerment meint den Prozess, innerhalb dessen Menschen sich ermutigt
fühlen, ihre eigenen Angelegenheiten in die Hand zu nehmen, ihre eigenen
Kräfte und Kompetenzen zu entdecken und ernst zu nehmen und den Wert

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

selbsterarbeiteter Lösungen schätzen zu lernen. Empowerment bezieht sich auf


einen Prozess, in dem die Kooperation von gleichen oder ähnlichen Problemen
betroffenen Personen durch ihre Zusammenarbeit zu synergetischen Effekten
führt. Aus der Sicht professioneller und institutioneller Hilfen bedeutet die
Empowermentperspektive die aktive Förderung solcher solidarischer Formen
der Selbstorganisation.“(Keupp 1996, s. 164 zitiert in Galuske, 2002, s. 264)

In den vergangenen Jahrzehnten hat die wissenschaftliche Sozialpädagogik


einen großen Teil der innovativen wissenschaftlichen Veröffentlichungen im
deutschsprachigen Raum ausgemacht und damit zur Entwicklung des
gesamten Fachgebietes „Soziale Arbeit“ in Theorie und Praxis beigetragen,
obwohl auch andere wissenschaftliche Disziplinen wie zum Beispiel die
Psychologie oder Soziologie entscheidenden Einfluss auf die
sozialarbeiterische Methodenentwicklung hatten.
Popp definiert die Soziale Arbeit von der strukturellen Seite (siehe Abbildung):
„Soziale Arbeit ist ein relativ kleines Teilgebiet des gesamten
Interventionskomplexes der sozialen Dienstleistungen. Soziale Dienstleistungen
sind wiederum ein Subsystem der sog. sozialstaatlichen Leistungen“
(Popp, R.; 2002; s.19 ). Daraus folgt, dass die Soziale Arbeit in den Komplex
sozialstaatlicher Leistungen integriert ist.

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Abbildung 2: Popp, Reinhold; Aktivierende Soziale Arbeit, Band 1 der Schriftenreihe


Human & Life Sciences“ des Fachhochschulstudiengangs für Soziale Arbeit - Salzburg;
2002, AK-Salzburg; Salzburg s.19

Laut der Generalversammlung des Österreichischen Berufsverbands der


SozialarbeiterInnen wurde für dessen Berufsbild der unter anderem folgende
Definition für Soziale Arbeit beschlossen:
„Gelingt es einzelnen Personen, Gruppen oder auch im Gemeinwesen nicht
mehr die Alltagsbewältigung aus eigener Kraft, sowie mit eigenen Mitteln zu
vollziehen, so setzt die Soziale Arbeit in Form einer professionellen Hilfe ein.
Dabei sollen die Probleme ganzheitlich erfasst, die Würde des Menschen
geachtet und soziale Gerechtigkeit angestrebt werden. International
beschlossene ethische Werte müssen miteinbezogen, sowie soziales Unrecht,
das durch individuelle und gesellschaftliche Ursachen entsteht, bereinigt
werden.
Für die Ausführung Sozialer Arbeit wird eine entsprechende Ausbildung
vorausgesetzt, die auf eigener Wissensbasis und eigenen Methoden aufgebaut
und als eigenständige wissenschaftliche Disziplin dokumentiert ist, sowie die
professionelle Praxis reflektiert.“

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

(vgl. http://www.sozialarbeit.at/berbi.html, aufgerufen am 9.03.2006)

Aus einem weniger wissenschaftsgeleiteten Blickwinkel definiert Rudolf Bauer


die Soziale Arbeit:
Soziale Arbeit ist „ die Gesamtheit der Tätigkeiten in denjenigen
gesellschaftlichen Bereichen, die das Sozialwesen im weitesten Sinne
ausmachen : die gesamte Wohlfahrtspflege, die Jugendhilfe, Sozialisation und
Resozialisation sowie die helfenden, beratenden, vernetzenden, erzieherischen
und pflegerischen Anteile im Gemeinwesen-, Gesundheits-, Behinderten-, und
Pflegebereich.“ (Bauer, R.; 1997,S.23)
Diese Definition berücksichtigt jedoch lediglich Handlungsfelder und erfasst
nicht den professionellen Anspruch der Sozialen Arbeit.
Empowerment versteht sich nicht als Methode, sondern präsentiert nach
Galuske eher eine professionelle Haltung.

Fazit:
- Soziale Arbeit ist ein Teilgebiet des Interventionskomplexes sozialer
Dienstleistungen (vgl. Popp, R.; 2002; s19 ff).
- Soziale Arbeit verfügt über eigenständige Methoden und Techniken.
- Soziale Arbeit ist theoriegeleite professionelle Hilfe für Menschen oder
Gruppen, die ihre Alltagsbewältigung nicht mehr aus eigener Kraft vollziehen
können.
(Vgl. http://www.sozialarbeit.at/berbi.html, aufgerufen am 9.03.2006)
- Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit sowie die „Codes of Ethics“ sind als
Motivation für sozialarbeiterisches Handeln aufgeführt. (Vgl. ebd.)

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.2. Methoden und Formen der Sozialen Arbeit

In diesem Kapitel werden einige Methoden und Formen der Sozialen Arbeit
sowie dessen Funktion beleuchtet.

Galuske sieht eine sozialarbeiterische Methode als „Planmäßig durchgeführte


Gestaltung von zielorientierten Hilfeleistungen, die kontrollierbar und
nachvollziehbar sind“. Dazu werden strategische Techniken verwendet, die
vom Experten als geeignet angesehen werden. Es wird überprüft und reflektiert,
inwiefern diese Prozesse den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, den
allgemeinen Erfordernissen wie Arbeitsfeld, Interventionsziele, den Institutionen
sowie den beteiligten Personen entsprechen. (Vgl. Galuske, 2002, s. 25 - 29)

Anhand eines groben Rasters entnommen aus Popp, (2002; s. 69) werden
folgende Methoden eingeteilt in:

- Klientenbezogene Methoden

Einen Teilbegriff der klientenbezogenen Methoden stellen die gruppen- und


sozialraumbezogenen Methoden dar. Dazu zählt Sozioanalyse/Soziotherapie,
soziale Mediation und soziales Konfliktmanagement sowie die soziokulturelle
Animation. Zur Sozialen Gruppenarbeit sagt Vinter:
„Gruppenarbeit ist ein Verfahren, mit dem Individuen innerhalb und durch kleine
Primärgruppen geholfen werden soll, sich in wünschenswerter Richtung zu
verändern. Dieses Verfahren erkennt die Kraft sozialer Kräfte an, die innerhalb
kleiner Gruppen entstehen und versucht, diese Kräfte im Interesse der
Veränderung von Klienten in Dienst zu nehmen. Die Bildung, Entwicklung und
die Prozesse innerhalb der Gruppe werden vom Gruppenpädagogen bewusst

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

und behutsam in Richtung der von ihm definierten Ziele seiner Hilfeleistung
beeinflusst“ (Vinter 1970, S. 194 f. zitiert in Galuske, 2002, S. 89).

Einen weiteren Teilbereich bildet der Komplex der einzelfallbezogenen


Methoden. Dazu gehört zum Beispiel die Sozialdiagnose und Begutachtung,
die soziale Beratung mit lebensweltlichem Bezug, die psychosoziale Begleitung
sowie Case Management.
Als Besonderheit dieser Methode soll erwähnt werden, dass nicht nur
SozialarbeiterInnen, sondern mehrere Fachkräfte aus unterschiedlich
spezialisierten Berufsgruppen gemeinsam zur Beratung, Begleitung oder
Betreuung beitragen. Die zuständige Case ManagerIn überwacht und
koordiniert die vorgesehenen Unterstützungsmaßnahmen. In der Regel wird ein
sechs Phasen-Plan erstellt, nachdem sich das Case Management vollzieht:

Die Aufgabenstellung wird erfasst, daraus werden die Hilfeleistungen abgeleitet.


Eine genaue Planung der Dienstleistungen wird erstellt und Unterstützung auf
das gesetzte Ziel wird koordiniert und vermittelt. Am Ende steht die Kontrolle
und Auswertung der Dienstleistungen.
Case Management will KlientInnen soziale Dienstleistungen ermöglichen, die
zur Lösung ihrer Probleme benötigt werden. SozialarbeiterInnen vermitteln als
CasemanagerInnen wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche oder sonstige
Hilfen an Menschen, die auf diese Leistungen angewiesen sind.
In den USA wurde nach 1970 das Casemanagement als Methode entwickelt,
um die entstandene Zersplitterung sozialer Dienstleistungsangebote
aufzuheben. (Vgl. http://www.sign-lang.uni-hamburg.de, aufgerufen am 2.2.07).

Weiters beschreibt Popp die

- Strukturbezogenen Methoden

Dazu gehören Methoden wie die Sozialplanung sowie die regionale


Sozialentwicklung. Ein Teilbereich ist außerdem der Bereich des
Sozialmanagements einschließlich dem sozialen Projektmanagement sowie

21
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Qualitätsmanagement. Auch die Öffentlichkeitsarbeit gilt als strukturbezogene


Methode.
Nicht zu vernachlässigen sind die

- Professionsbezogenen Methoden

Hierbei handelt es sich um die berufsbezogene Selbstreflexion (psychosozial


orientierte Selbstreflexion mit besonderer Beachtung unbewusster Anteile der
Helfermotivation und der professionellen Handlungsmuster) sowie
Selbstevaluation, Supervision und Intervision.
(Vgl. Popp, R.; 2002; s. 69,)

Fazit:
Das Methodenspektrum in der Sozialen Arbeit umfasst laut Popp folgende
Methoden:
Klientenbezogene Methoden:
Sozioanalyse, Soziotherapie, soziale Mediation, soziales Konfliktmanagement,
soziokulturelle Animation, Sozialdiagnose und Begutachtung, soziale Beratung,
psychosoziale Begleitung, Case Management

Strukturbezogene Methoden:
Sozialplanung, regionale Sozialentwicklung, Sozialmanagement,
Öffentlichkeitsarbeit, Sozialadministration und -dokumentation

Professionsbezogenen Methoden:
Selbstreflexion, Selbstevaluation, Supervision, Intervision

Dieses Ausmaß an Methoden können natürlich nicht alle im Zuge dieser Arbeit
beschrieben werden. So lege ich den Fokus auf die „Soziokulturelle Animation“
die als klientenbezogene Methode bzw. Haltung gilt. Diese wird in den
folgenden Kapiteln näher erläutert.

22
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.3. Die Soziokulturelle Animation

Dieses Kapitel gibt einen historischen Überblick über die Entwicklung der
„Soziokulturellen Animation“ in den verschiedenen deutschsprachigen Ländern,
sowie Einblicke in die verschiedenen heute praktizierten Formen dieser
Methode.

3.1.3.1. Geschichte und Begriffe

Der Begriff „Animation“ für kulturelle Aktivitäten bildete sich in den 50er Jahren
des 20. Jahrhunderts in Frankreich. Zu dieser Zeit wurden vermehrt Bildungs-
und Kulturaktivitäten der Bevölkerung unterstützt. (Vgl. Moser, Müller,
Wettstein, Willener, 1999 s. 41ff.). Von Frankreich aus verteilte sich das
Konzept durch den kolonialen Einfluss auf die ganze Welt und nahm kulturell
bedingt unterschiedliche Ausformungen an. Einen besonderen Stellenwert
bekam die Entwicklung der Soziokulturellen Animation vor allem auch in der
Schweiz sowie in den Niederlanden.

Im deutschsprachigen Raum nahm Opaschowski das Konzept auf und verstand


„Animation“ als Kategorie der Freizeitwissenschaft und der Freizeitpädagogik.
Dabei ist für ihn Animation primär, jedoch nicht nur, im Freizeitbereich
angesiedelt. Die Teilnahme am Angebot der Animation ist grundsätzlich
freiwillig. (Vgl. Moser, Müller, Wettstein, Willener, 1999 s.16 )
Er umschreibt die freizeit-kulturelle Animation folgendermaßen:
„Freizeit –kulturelle Animation bezeichnet:

23
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- das Ziel der Ermutigung, Anregung und Befähigung, beim Einzelnen


oder der Gruppe, Begeisterung dafür zu wecken, eigene Fähigkeiten und
Möglichkeiten, die latent vorhanden sind, zu entdecken und zur
Entfaltung zu bringen;
- die Methode der Motivierung, Initiierung und Förderung von
Lernprozessen und/oder Aktivitäten und/oder sozialen Aktionen Einzelner
oder Gruppen;
- den Prozess personen-, gruppen- oder gemeinwesenorientierter
Belebung, Beratung und Begleitung;
- die Wirkung der Kontaktierung, Aktivierung und Koordination von
Angeboten, Aktivitäten und Aktionen (Opaschowski 1979, s. 55)
Dabei liegt Opaschowski den Schwerpunkt auf die Zielsetzung der freizeit-
kulturellen Animation.
Einen unterschiedlichen Definitionsversuch lieferte der Franzose Pierre
Besnard 1986:
„Die soziokulturelle Animation lässt sich als ein Ensemble von Praktiken,
Aktivitäten und Beziehungen charakterisieren:

- Die Praktiken und Aktivitäten betreffen die von den Individuen in ihrem
sozialen Leben, besonders in ihrer Freizeit, gezeigten Interessen. Diese
Interessen lassen sich wie folgt einteilen (nach J.Dumazedier):
künstlerische, intellektuelle, soziale, alltagspraktische und physische.
- Diese Praktiken reagieren auf das Bedürfnis nach Einführung, Ausbildung
und Handlung, das durch bestehende Institutionen nicht gedeckt wird. Sie
befriedigen Funktionen der Erholung, Zerstreuung und Entwicklung.
- Diese Praktiken sind freiwillig (im Unterschied zu gewissen kulturellen
Verpflichtungen in der Schule), ob es sich um die Ausführung einer
Tätigkeit oder um die Teilnahme an einer Vereinigung handelt.
- Diese Praktiken und Aktivitäten sind im Prinzip offen für alle
Kategorisierungen von Individuen, welches auch immer ihr Alter,
Geschlecht, ihre Abstammung, ihr Beruf usw. ist.
- Diese Praktiken und Aktivitäten setzen im Prinzip kein vorgängig zu
erreichendes Niveau voraus.

24
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Diese Praktiken sind im Prinzip nicht auf das Erreichen einer Qualifikation
oder eines Diploms ausgerichtet.
- Diese Praktiken werden im Prinzip in Gruppen ausgeübt, innerhalb einer
der verschiedenen soziokulturellen Institutionen.
- Sie werden allgemein unter der Mithilfe eines professionellen oder
ehrenamtlichen Animators ausgeübt, der im Prinzip eine entsprechende
spezielle Ausbildung bekommen hat und vorwiegend Methoden der
aktivierenden Pädagogik einsetzt.“ (Besnard, 1986, s. 59 ff aus Moser,
Müller, Wettstein, Willener, 1999, s. 15 )

Vielen in der soziokulturellen Animation war diese Definition jedoch zu diffus,


auch prägten die französischen Pädagogen einen anderen Zugang, als es im
deutschsprachigen Raum der Fall war. Überhaupt wird in Frankreich immer
wieder betont, dass Animation nicht einzuordnen sei (vgl. Gillet, 1995).

Einen Schmelztiegel der Auseinandersetzung mit der soziokulturellen Animation


bildete in weiterer Entwicklung die Schweiz. Hier liefen die Strömungen
verschiedener Theorien zusammen.
Der erste gemeinsame Versuch einer Begriffsdefinition passierte 1989 in der
„gemeinsamen Plattform der schweizerischen Schulen für soziokulturelle
Animation“, welche versuchte, die unterschiedlichen Diskussionsstränge zu
vereinen. Sie präsentierten folgendes Ergebnis:

- Animation ist somit eine soziale Aktion, welche behauptet, auf die
Entwicklung der Gesellschaft und die Aktivitäten, die Einstellung und die
Kommunikation von Individuen Einfluss zu nehmen.
- Mittels Animation werden verschiedene Gruppen von Menschen
angesprochen (Initiativgruppen, Quartierbewohner usw.). Ihre eigentliche
Wirkung entfaltet die Animation erst durch die Aktivität der
angesprochenen Gruppen.
- Animation ermutigt solche Gruppen, gemeinsame Projekte zu realisieren
und damit an den sie betreffenden Entscheidungen teilzunehmen.

25
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Ausgehend von sozialen Defiziten ermutigt Animation die Betroffenen,


selbst zu handeln und zu entscheiden.
- Animation beruht somit auf sozialpädagogischen Ansätzen, die
aktivierend wirken.

Abschließend wurde festgehalten:

”Soziokulturelle Animation ist eine soziale Aktion, welche sich in verschiedenen


Aktivitäten ausdrückt, abhängig von den sozialen, kulturellen und politischen
Bedingungen und Möglichkeiten der betroffenen Bevölkerung. Diese Aktion zielt
darauf ab, die betroffenen Gruppen zu strukturieren und zu aktivieren, um die
von diesen Gruppen beabsichtigten sozialen Veränderungen zu erreichen. Die
Teilnahme beruht auf Freiwilligkeit, und die Aktion findet auf der Basis
demokratischer Strukturen statt. Die Mittel der Aktion sind Methoden der
aktivierenden Pädagogik, welche die Mitbeteiligung stimulieren.”
(Moser, Müller, Wettstein, Willener, 1999 s. 20)

So scheinen Aktivierung sowie Freiwilligkeit zentrale Vorraussetzungen für die


soziokulturelle Animation zu sein. Außerdem ist sie eine klar gruppenbezogene
Form der Sozialen Arbeit.

26
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.3.2. Methoden und Formen der soziokulturellen Animation

In diesem Kapitel werden Methoden, Arten und Formen der soziokulturellen


Animation erläutert.

Opaschowski unterteilt die unterschiedlichen Arten der Animation


folgendermaßen:

„Die sozialökologische Animation (z. B. anregungsreiche Bedingungen der


physischen Umwelt, wie Wohnung und Wohnumfeld, Stadt, Landschaft oder
die soziale Umwelt wie Freundeskreis, Nachbarschaft, Gemeinwesen,
Organisationen, Vereine, Kirchen.)

Materielle Animation (z. B. Einrichtungen, Ausstattungsgeräte, Materialien,


Sport- und Spielgeräte mit hohem Aufforderungscharakter.)

Die mediale Animation (z. B. Einsatz attraktiver Medien und technischer


Mittel wie Plakate, Flugblätter, TV, Video, neue Medien, werbewirksame
Öffentlichkeitsarbeit).

Personalanimation (z. B. persönliches Ansprechen der PassantInnen,


ZuschauerInnen, InteressentInnen und möglicher TeilnehmerInnen).“
(Opaschowski 1996, s. 208)

Wie im vorigen Kapitel erwähnt, spielte die Schweizer Entwicklung eine


bedeutende Rolle im Diskurs.
Als Grundlage für die Animationsausbildung in der Schweiz wurden folgende
Punkte als Funktionen der soziokulturellen Animation angeführt:

27
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Integrationsfunktion: Kommunikation zwischen verschiedenen


Individuen, Gruppen und Kulturen wird ermöglicht und stimuliert.
- Partizipationsfunktion: Alte Formen der gesellschaftlichen und
kulturellen Beteiligung werden aktiviert und neue Beteiligungsformen
werden mit ihren Adressaten kreiert und durchgesetzt.
- Vernetzungsfunktion: Aufbau sozialer und kultureller Netzwerke wird
unterstützt und begleitet.
- Funktion des Zeitmanagements: Gestaltungsmöglichkeiten freier Zeit
für gesellschaftliches und kulturelles Engagement werden gefördert und
unterstützt, um zur Erhöhung der Kompetenz im Umgang mit Freizeit
beizutragen.
- Edukative Funktion: Primär im außer- und nachschulischen Bereich,
Bildungs- und Lerngelegenheiten werden erschlossen und angeboten.
- Enkulturative Funktion: Selbstwahrnehmung, Selbstdarstellung und
kultureller Austausch wird gefördert und somit wird das Hineinwachsen
von Individuen und Gruppen in die Kultur der sie umgebenden
Gesellschaft erleichtert.
- Ressourcenerschließende, soziokulturelle Ausgleichsfunktion: Die
Vernetzung vorhandener Ressourcen wird erschlossen, so dass diese
zum Tragen kommen und Ausgleichsfunktionen wahrgenommen werden
können.
- Funktion der Kritik und der Solidarität: Hilfe leisten, Kritik an
gesellschaftlichen Missständen zu artikulieren, und somit die Grundlagen
zur Aktivierung von Solidarität schaffen.
- Präventionsfunktion: Gesellschaftliche Problemlagen frühzeitig
wahrnehmen und informierend, unterstützend und ausgleichend zu deren
Bearbeitung Beiträge leisten, und so zur Verhinderung ihrer
Chronifizierung beitragen.
(Vgl. Moser, Müller, Wettstein, Willener ;1999, s. 21-22)

Der frühere Dachverband KOSSA (Schweizerische Koordination der Höheren


Fachschulen für soziokulturelle Animation) definierte außerdem die drei

28
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

zentralen Rollen des Animators und teilte sie in Concepteur, Mediateur und
Organisateur. Diese Rollen werden folgendermaßen beschrieben:
- Der Concepteur hat die Aufgabe, Studien des Milieus durchzuführen, die
für seine Arbeit notwendig sind. Er sollte darauf achten, wie die
Bedürfnisse der Bevölkerung zu erfassen sind und wie echte Mängel in
einem Konflikt herauszufinden sind. Außerdem ist es die Aufgabe des
Concepteurs, ein zielorientiertes Aktionsprojekt zu entwerfen.
- Der Mediateur hat die Aufgabe, Kreativität und Kommunikation allen
Gruppen und Individuen zu fördern und das Projekt allen betroffenen
Gruppen zugänglich zu machen. Auch Verhandlungsprozesse zu fördern
gehört zu seinem Aufgabenbereich.
- Der Organisateur muss Aktionen verschiedener Zeitdauer planen und die
nötigen finanziellen Ressourcen finden. Weiters hat er die Aufgabe,
qualifizierte MitarbeiterInnen zu finden und zu koordinieren. Auch die
Öffentlichkeitsarbeit gehört zu den Aufgaben des Organisateur sowie das
zur Verfügung stellen von Personal, Material und Ausrüstung für Projekte.
Er hat außerdem die Verantwortung gegenüber den Partnern.
(Vgl. Moser, Müller, Wettstein, Willener ;1999 s. 23 - 24)

Fazit:
- Soziokulturelle Animation zielt auf die Aktivierung und Strukturierung der
Bevölkerung ab, damit diese die von ihnen gewünschten Ziele erreichen
können
- Soziokulturelle Animation is großteils, aber nicht nur im Freizeitbereich
angesiedelt
- Die Teilnahme an Praktiken der soziokulturellen Animation ist freiwillig
- Herauszuheben ist die mediale Animation, die sich mit dem Einsatz und
der Vermittlung von neuen Medien beschäftigt

29
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.4. Der sozialräumliche Ansatz in der offenen Jugendarbeit

3.1.4.1. Definition und Umschreibung

Schon länger gibt es Ansätze sozialräumlicher Jugendarbeit, die sich mit


Aktionen und Projekten vom Jugendzentrum aus in den Stadtteil bewegen. Die
sozialräumliche Jugendarbeit sieht als wesentliche Grundelemente die
Stadtteilorientierung sowie die Mobilität.
„Die Wohninsel ist das ökologische Zentrum, von dem aus die anderen Inseln
aufgesucht werden, wie z. B. der Kindergarten, die Schule, das Zimmer eines
Freundes, die Diskothek in einem anderen Stadtteil. Die Entfernungen
zwischen den Inseln werden mit dem Auto oder anderen Verkehrsmitteln
zurückgelegt.“ (Deinet 1999, s. 33)

Die sozialräumliche Jugendarbeit bemüht sich um den Erhalt und den Ausbau
sozialer Lebensräume und versteht sich als Lobby für Jugendliche und ihre
Interessen im Stadtteil. So soll das "kreative Potential" von Jugendlichen
gefördert werden und Möglichkeiten aufgezeigt werden, gestalterisch auf ihre
Lebenswelt Einfluss zu nehmen. Damit definiert der sozialräumliche Ansatz
Jugendarbeit nicht über persönliche Defizite, sondern setzt auf die positive
Gestaltung der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen, was sie mit dem
Prinzip der Soziokulturellen Animation gemein hat. Dies bedeutet eine
Erschließung des Handlungsraumes außerhalb der bestehenden "stationären"
Jugendeinrichtungen. Der Stadtteil wird zu einem Teil des offenen Bereiches.
Dazu gehört die Kontaktaufnahme zu Cliquen und Gruppen im Stadtteil, die
Angebote der Jugendeinrichtungen aus unterschiedlichen Gründen nicht
wahrnehmen. Diese Cliquen mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und
Geschlecht, unterschiedlicher kultureller Herkunft und verschiedener
Altersstufen sind die Zielgruppen der sozialraumorientierten Jugendarbeit.

Ein zentraler Begriff im sozialraumorientierten Diskurs ist die „sozialräumliche


Aneignung“. Diese geht davon aus, dass sich Kinder und Jugendliche Schritt

30
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

für Schritt je nach Entwicklung den sie umgebenden Raum aneignen.


„Das Aneignungskonzept erschließt auch eine Verbindung zum aktuellen
Bildungsdiskurs: Aneignung ist das Muster für die Bildung des Subjekts im
sozialen Raum. Der gesellschaftliche Raum ist Aneignungs- und
Bildungsraum.“
(Deinet/Reutlinger; 2004, s. 9)
So geht Deinet von der These aus, dass sich konkrete Verhältnisse unserer
Gesellschaft, so wie sie Kinder und Jugendliche erleben, vor allem räumlich
vermitteln (vgl. Deinet, Ulrich; 2005, s.2). Um die Aneignungsprozesse von
Jugendlichen besser zu verstehen, ist eine Strukturierung von Räumen nötig.
Dabei nennt Deinet in seinem Buch „Sozialräumliche Jugendarbeit -
Grundlagen, Methoden, Praxiskonzepte“ zwei mögliche Aneignungsmodelle
des Sozialraumes, die in den folgenden Kapiteln beschrieben werden.

3.1.4.2. Das Zonenmodell nach Baacke

Abbildung 3: Das Zonenmodell aus: Baacke, Dieter: Die 6-12 Jährigen -


Einführung in Probleme des Kindesalters. 1984, Weinheim

31
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Die auf der Abbildung dargestellten einzelnen Zonen beschreibt Baacke wie
folgt:

- Das ökologische Zentrum ist die Familie, das ,Zuhause‘: Der Ort, an dem
sich das Kind/die Kinder und die wichtigsten und unmittelbarsten
Bezugspersonen vorwiegend tagsüber und nachts aufhalten.
- Der ökologische Nahraum ist die ,Nachbarschaft‘, der Stadtteil, das Viertel,
die ,Wohngegend‘, das ,Dorf‘, Orte, an denen das Kind die ersten
Außenbeziehungen aufnimmt, Kontakte zu funktionsspezifischen
behavioral Settings gestaltet (in Läden einkaufen geht, in die Kirche zum
Gottesdienst geht).
- Die ökologischen Ausschnitte sind die Orte, an denen der Umgang durch
funktionsspezifische Aufgaben geregelt wird; das Kind muss hier lernen,
bestimmten Rollenansprüchen gerecht zu werden und bestimmte
Umgebungen nach ihren definierten Zwecken zu benutzen. Der
wichtigste Ort dieser Art ist die Schule; dazu gehören aber auch der nahe
gelegene Betrieb, die Schwimmhalle, die Bank, die Läden,...
- Die Zone der ökologischen Peripherie ist die der gelegentlichen Kontakte,
zusätzlicher, ungeplanter Begegnungen, jenseits der Routinisierung, die
die anderen drei Zonen ermöglichen, ja sogar fordern. Zu solchen
nichtalltäglichen Sphären kann der Urlaub gehören, der an der See, in den
Bergen, kurz: an einem sonst unvertrauten Ort mit anderen Regularien
verbracht wird” (Baacke, 1984, s. 84ff.).

32
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.4.3. Das Inselmodell nach Helga Zeiher

So stellte sich jedoch das Zonenmodel als nur sehr bedingt praktikabel
heraus:
„Die Vorstellung einer Struktur des kindlichen Lebensraumes als
Zonenmodell von konzentrischen Kreisen, die nach und nach erobert
werden, konnte so nicht aufrechterhalten werden. Wohl bestätigten auch
heutige Untersuchungen die Bedeutung des “ökologischen Nahraums”, so
wie er von Baake beschrieben wird.“ (Deinet ,Ulrich; 2005, s.5).
So entwickelte Helga Zeiher das Inselmodell, welches das Prinzip des
ökologischen Nahraums im Zentrum beibehält, jedoch die anderen Räume
inselartig umringt (siehe Abbildung).

Abbildung 4: Das Inselmodell aus Deinet ,Ulrich; 2005, s.5

Dieses Modell konnte die Unabhängigkeit vieler Orte zueinander, sowie den oft
eher unbedeutenden Weg zwischen den Räumen besser erfassen.

33
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.4.4. Rolle und Methoden

Diese Aufteilung in Zonen wirkt sich auf das Handlungsfeld der SozialarbeiterIn
bedeutend aus.
So gestalten sich die Aufgabenbereiche von PädagogInnen, die im
sozialräumlichen Ansatz tätig sind zu denen der PädagogIn in der Einrichtung
unterschiedlich. Als Beispiel nenne ich eine Publikation des
Stadtjugendausschusses Karlsruhe am 18.03.99, der die zwei Handlungsfelder
folgendermaßen gegenübergestellt hat:

Die Rolle der PädagogInnen in Die Rolle der PädagogInnen im


der Einrichtung sozialräumlichem Ansatz

- Die PädagogInnen haben - Sie stellen den Kontakt zu Gruppen und


Gastgeberfunktion. Cliquen im Stadtteil her. Dabei sind sie bei
den Jugendlichen Gast.
- Sie sorgen dafür, das Regeln
und Absprachen eingehalten - Sie verstehen sich als
werden. Kooperationspartner und Teil des
Netzwerkes im Stadtteil.
- Sie tragen, in Abstimmung
mit den BesucherInnen, die - Sie orientieren ihre Angebote an den
Verantwortung für Bedarfsentwicklungen im Stadtteil.
Entwicklung, Planung und
Organisation des Programms. - Sie überlassen den Jugendlichen die
Gestaltung ihrer Freizeit und versuchen
- Sie setzen die lediglich mit ihnen gemeinsam
pädagogischen Maßstäbe. Gelegenheiten und Möglichkeiten zu
eröffnen.

34
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Sie motivieren Jugendliche


für die Angebote der - Sie beobachten Entwicklungen und
Einrichtung und animieren sie Veränderungen im Stadtteil und nehmen
zur aktiven Freizeitgestaltung. diese in die Überlegungen für die
Sie legen die Jugendarbeit mit auf.
Rahmenbedingungen,
Öffnungszeiten und Strukturen - Sie akzeptieren die Interessenslage der
fest. Jugendlichen und fördern deren
Selbstentwicklung und Eigenverantwortung.
- Sie sind
AnsprechpartnerInnen für
Fragen und Probleme von
Jugendlichen und beraten und
helfen diesen.

(Vgl. http://osiris.stadtjugendausschuss-
karlsruhe.de/download.php3?out=userdata/l_3/p_5/library/data&fileName=leitli
nien_sozial_raeumliche_ansaetze.pdf, aufgerufen am 12.4.07)

Es folgt ein Überblick über die im Buch „Der sozialräumliche Blick der
Jugendarbeit“ von Ulrich Deinet und Richard Krisch beschriebenen Methoden
der Entwicklung von sozialräumlicher Jugendarbeit.

- Stadtteilbegehung mit Kindern und Jugendlichen


Diese Methode stammt von einer Idee von Norbert Ortmann. Dabei wird mit
einer eher kleinen Gruppe Jugendlichen der bewohnte Stadtteil auf einer von
den Jugendlichen vorgegebenen Route begangen. Außerdem wird mittels
medialer Hilfe ihre Interpretation von sozialräumlichen Qualitäten
dokumentiert. Dabei werden die Gruppen in Alter und Geschlecht unterteilt,
um dessen verschiedene Sozialräume wahrzunehmen.

35
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Nadelmethode
Nadeln werden von den StadtteilbewohnerInnen auf eine große
Stadtteilkarte gesteckt, um bestimmte Orte wie Wohngegenden, Treff- und
Streifräume, „Angsträume“ im Stadtteil zu bezeichnen. Die Farben der
Nadeln werden wieder je nach Geschlecht bzw. Alter aufgeteilt. Dadurch
kann man die Nutzung von Sozialräumen der verschiedenen Gruppen
erkennen.

- Cliquenraster
Über Befragungen und Beobachtungen von Cliquen werden spezifische
Lebensformen und -stile von Jugendkulturen erkundet. Durch die
Beschreibung von Cliquen in Form eines Cliquenrasters soll ein
differenzierter Blick auf verschiedene Jugendcliquen und -szenen eines
bestimmten Stadtteils oder einer Region ermöglicht werden. Dies kann zu
einem vielschichtigen Bild der Gruppen Jugendlichen und ihrer Bedürfnisse,
Problemstellungen und Sichtweisen beitragen.

- Institutionenbefragung
Mit der Institutionsbefragung werden die sozialen Institutionen einer Region
hinsichtlich ihrer Einschätzung bezüglich der sozialräumlichen Stärken und
Schwächen des Stadtteils befragt.
Die Gespräche und Befragungen werden mithilfe eines Leitfadens geführt.

- Strukturierte Stadtteilbegehung
In diesem zeitaufwendigen Verfahren wird der Stadtteil mittels
vorstrukturierten Routen mehrmals begangen und in der ersten Phase
beobachtet, während in der zweiten Phase auch befragt wird.
Dadurch soll die sozialräumliche Qualität verschiedener Stadteilsegmente
verdeutlicht werden.

36
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Autofotografie
In der Autofotografie dokumentieren Jugendliche mit Fotoapparaten ihren
Sozialraum und interpretieren anschließend die Abbildungen. Dadurch
entstehen subjektive, wenn man später mehrere Bildreihen vergleicht, auch
komplexere Abbildungen des Sozialraumes.

- Subjektive Landkarten
Hier zeichnen/malen die Jugendlichen auf einem großen Blatt ausgehend
von einem Fixpunkt - wie beispielsweise der Wohnung oder dem
Jugendzentrum, ihre soziale Umgebung und gestalten sie je nach „Qualität“
des Sozialraumes. Die subjektiv bedeutenderen Lebensräume werden
dadurch sichtbar.

- Fremdbilderkundung
Hier werden Erwachsene sowie Jugendliche des Stadtteils über ihre
Meinung bezüglich Angebote, MitarbeiterInnen uns BesucherInnen der sich
im Stadtteil befindenden Jugendeinrichtung befragt. Dies passiert mit eher
allgemein formulierten Fragestellungen in der Nähe der Sozialeinrichtung an
belebten öffentlichen Orten.

Fazit:
- Kinder und Jugendliche eignen sich ihren Sozialraum von der
ökologischen Nahezone aus an und erweitern nach und nach auf
verschiedenen Inseln ihren Raum.
- Sie beobachten Entwicklungen und Veränderungen im Stadtteil
- Methoden zu Entwicklung der sozialräumlichen Jugendarbeit sind:
Stadtteilbegehung, Nadelmethode, Cliquenraster, Autofotografie,
Subjektive Landkarten,...

37
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.1.5. Medienkompetenz

In diesem Kapitel wird der viel verwendete Begriff der „Medienkompetenz“


umschrieben. Außerdem wird auf den Nutzen von „Medienkompetenz“ für
UserInnen sowie auch für SozialarbeiterInnen eingegangen.

„Oft sind es die Jüngeren, die sich den neuen Wahrnehmungsweisen mit
Neugier und nicht mit Abwehr stellen; sie sind es auch, die zumindest in den
Bereichen Medien, Konsum, Freizeit, Mode überdurchschnittlich gut Bescheid
wissen und auch für die ältere Generation Orientierungssignale setzen ... Vieles
lernen die Älteren heute von den Jüngeren. Von den Freizeitstilen bis zu den
Medien: Es sind die jungen Menschen, die Bescheid wissen“ (Baacke 1997, s.
23).

So ist es gerade auch im Internet generell von großer Bedeutung, „Bescheid zu


wissen“, um sich auch kompetent darin fortbewegen zu können. Mit solchen
Prozessen beschäftigt sich das Handlungsfeld der Medienkompetenz.
Dieser Begriff bezieht sich im Wesentlichen auf den gesellschaftlichen
Strukturwandel von der Industriegesellschaft hin zur Informationsgesellschaft
(vgl. Wilke 1996, s. 14). So ist Information wirtschaftlich gesehen zu einem der
wichtigsten Faktoren neben Produktion, Arbeit, Kapital und Boden geworden.
Daraus resultiert, das der Umgang mit Informationsmedien zu einer zentralen
Kompetenz in vielen Berufszweigen geworden ist. Hinzu kommt, dass durch die
Entwicklung auch neue Berufszweige entstanden sind. Wer aber im Umgang
mit Informationsverarbeitenden Medien keine Kompetenzen vorweisen kann,
wird massive Probleme haben, sich am modernen wirtschaftlichen bzw.
gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Dies erzeugt eine Aufteilung von
„inforich“ und „infopoor“, was sich auf die Definition von Qualifikation in der
Arbeitswelt auswirkt. Bühl spricht zum Beispiel nicht von der

38
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Informationsgesellschaft, sondern von der „virtuellen Gesellschaft“ (vgl. Bühl,


1997, s. 44). Das führt zu den Handlungskompetenzen, die nötig sind, um sich
im virtuellen Sozialraum „erfolgreich“ zu bewegen.

Ein zentraler Begriff im Diskurs über Handeln in virtuellen sozialen Räumen für
jede UserIn sowie auch für die SozialarbeiterIn ist die „Medienkompetenz“. Von
vielen benutzt und entsprechend komplex und vielfältig theoretisch diskutiert
und behandelt, bleibt es oft bei interessen- und zweckgebundenen
Erörterungen verschiedener Gruppen. In der Medienpädagogik wird
Medienkompetenz als Zielkoordinate definiert, basierend auf dem Begriff der
kommunikativen Kompetenz. (Vgl. Poseck, O,; 2001, s. 84 ff)
Kommunikative Kompetenz beschreibt allgemein jede Art der menschlichen
Kommunikation. Grundsätzlich ist sie unabhängig von Medien zu betrachten,
und jeder Mensch besitzt kommunikative Kompetenz von Geburt an. Durch
beispielsweise alltägliche Interaktion, in Bildungseinrichtungen oder anderswo,
sowie durch die Primärsozialisation in der Familie, wird sie jedoch geübt,
verfeinert und weiterentwickelt.
„Medienkompetenz ist demnach als eine Teilmenge der kommunikativen
Kompetenz zu verstehen. Sie wendet sich insbesondere dem elektronisch-
technischen Umgang mit Medien zu, die heute in komplexer Vielfalt zur
Verfügung stehen und deren Nutzung ebenfalls gelernt, geübt und gefördert
werden muss.“ (Poseck, O.;2001, s.84) .
Medienkompetenz hat also als Grundlage die kommunikative Kompetenz, der
elektronische Umgang mit Medien muss jedoch sehr wohl erlernt werden, Das
gilt gleichsam für die UserIn sowie im Speziellen auch für die virtuelle
SozialarbeiterIn. Diese kann sich nur effektiv durchs Internet bewegen, wenn
sie über medienspezifische Fähigkeiten verfügt. Beispielsweise wird eine
virtuelle Gruppe, die auf einem „blog“ diskutiert, schwer für die SozialarbeiterIn
zu erreichen sein, wenn sie nicht „bloggen“ kann. Baacke teilt die Aspekte der
Medienkompetenz in folgende Punkte (siehe Abbildung):

39
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Abbildung 5: vgl. Baacke, D. ; „Medienkompetenz als Netzwerk“,1996, s 119 ff

Die Medienkunde ist die Grundvoraussetzung, die den Zugang und Umgang zu
und mit den neuen Medien erlaubt. Sie vermittelt Wissen und Fähigkeiten, mit
dem Werkzeug, das für den Zugang und den Umgang mit den neuen Medien
notwendig ist. Außerdem zählt die Kenntnis über technische Voraussetzungen
(Hardware), die für den Zugang notwendig sind und die Fähigkeit mit diesen
umzugehen und diese durch einen sicheren, kompetenten Umgang, z.B. durch
Computerprogramme (Software), nutzbar zu machen.
Die Mediennutzung ist in zwei Bereiche unterteilt. Zum einen in den Bereich
der rezeptiven Mediennutzung, die den Umgang und das Anwenden, also die
„Programm- Nutzungskompetenz“ meint und zum anderen die „interaktive
Mediennutzung im Sinne von anbieten (auch antworten können, Telebanking,
Tele-Shopping, Tele-Diskussionen in Online-Foren)“. Diese Form der
Mediennutzung sieht das Internet nicht als passives Medium zum Abrufen von
Informationen, sondern als „aktives Kommunikationsinstrument“. Der WWW-
Dienst und die Kommunikationsmöglichkeit via E-Mail sollen als untrennbare
Einheit gesehen werden.

40
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Die Medienkritik meint einen sehr kritischen Umgang mit im Internet


gefunden Dokumenten, gleichzeitig aber auch mit selbst erstellten
Seiten, die zur Veröffentlichung bestimmt sind.
Die Mediengestaltung schließt zum einen den innovativen Aspekt
der eigenen Gestaltung, Verarbeitung und Weiterentwicklung von
Medien ein, zum andern meint dies einen „kreativen, ästhetischen
Aspekt“. (Vgl. Baacke, D., 1996, s. 50)

Fazit:
- Medienkompetenz ist Teil der kommunikativen Kompetenz
- Medienkompetenz mus erlernt, geübt und gefördert werden
- Methoden der Medienkompetenz sind Medienkunde, Mediennutzung,
Medienkritik sowie die Mediengestaltung

41
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.2. Der Sozialraum

Folgende Kapitel beinhalten einen Definitionsversuch von Raum sowie im


weiteren Sinn ein spezifischeres Eingehen auf „Sozialraum“. Außerdem wird
der virtuelle Sozialraum sowie dessen Beziehung zum „realen Sozialraum“
beleuchtet.

3.2.1. Sozialraumtheorien

Dieses Kapitel behandelt im Überblick den Begriff „Raum“ von der antiken
Bedeutung bis zu unserem heutigen Verständnis von Sozialraum.

Zuerst muss man sich einmal fragen: Was ist Raum eigentlich? Im
Umgangssprachlichen wird Raum als eine örtliche Umgrenzung definiert.
Griechische Denker, Vorreiter der westlichen Wissenschaften, versuchten
bereits, den Begriff Raum zu definieren. Sie beschrieben ihn als Behälter, von
Natur aus eigentlich ohne Inhalt. Die Umschließung des Raumes richtet sich
nach Größe der zu umschließenden Sache. Im deutschen Sprachgebrauch wird
Raum vor allem als Zwischenraum, Spielraum oder Freiraum gesehen und
seine Qualität daran gemessen. Er hängt zwar ebenfalls von der Begrenzung
nach außen ab wird aber an der zur Verfügung stehenden Raumweite
gemessen. (Vgl. Bollnow O. F., 2000, s.32 )
Beide Definitionen entstammen einer mathematischen Denkweise und weniger
einer sozialen. Piaget hat sich mit der Entwicklung des räumlichen
Vorstellungsvermögens bei Kindern beschäftigt. Er hat zum Beispiel gemessen,
ob ein Kind einen Gegenstand in einen Raum korrekt reproduzieren kann, wenn
sich die räumliche Perspektive ändert. Leider bleibt laut Martina Löw in Piagets
Arbeiten unbeachtet, welchen Einfluss die Herkunft und Persönlichkeit des

42
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Kindes auf das Raumverständnis bzw. die Raumwahrnehmung hat. (Vgl. Löw,
Martina; 2001, s. 73 ff )

Einen Fokus auf pädagogischen Raum legt der Pädagoge Michael Diéz Aguilar
Laut Aguilar finden sich in den 90er Jahren zunehmend Veröffentlichungen zum
„pädagogischen Raum“. Sie eröffnen unterschiedliche Perspektiven auf die
Raumproblematik im Kontext pädagogischen Denkens und Handelns. Er
beschreibt weiters drei Beispiele zur Skizzierung der Vorstellungen zum
pädagogischen Raum:

Für Michael Göhlich sind pädagogische Räume „inszenierte Räume“, deren


Einrichtung und Ausstattung Lernen und Bildung initiieren und fördern soll.
(Göhlich, M. 1999, zitiert nach Aguilar, M. 2003, s.3)

Renate Girmes bezeichnet den pädagogischen Raum als „Zwischenraum“, „in


dem sich- Bilden Raum gegeben ist“.
(Girmes, R., 1999, in Liebau, 1999, zitiert nach Aguilar, M. 2003, s.3)

Jörg Zirfas sieht pädagogische Räume als „organisierte Bildungsräume“. Es


sind von den Menschen geschaffene und bearbeitete Erlebnisräume, deren
Organisation durch die Art und Weise der sich in ihnen vollziehenden Prozesse
bestimmt wird, so auch die pädagogischen.
„Lern-, Erziehungs- und Bildungsräume sind nicht homogen, sondern
widersprüchlich. Sie sollen überschaubar und berechenbar, doch zugleich auch
anregend und phantasievoll und für Neues offen sein. Bildungsräume sind
Übergangsräume, denen bestimmte Intentionen und Funktionen zugrunde
liegen. Sie sollen zwischen Homogenität und Heterogenität, zwischen Form und
Stoff, zwischen Ich und Welt vermitteln....“
( Zirfas, J.; 1999 in Liebau, 1999, zitiert nach Aguilar, M. 2003 s.3)
Diese Vorstellungen beinhalten drei wesentliche Aspekte zur Gestalt und
Gestaltung des pädagogischen Raums. Der erste Aspekt bezieht sich auf die
soziokulturellen Einflüsse.

43
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

„Sozialräume kann man also nicht einfach ‚einrichten‘, wie sich das manche
Verwaltungen denken. Deshalb plädiere ich auch dafür, den Begriff ‚Sozialraum‘
nicht als Substantiv, sondern als Adjektiv zu verwenden: Es geht um
sozialräumliche Dimensionen und Prozesse.“
(Böhnisch, 2002, s. 70)

3.2.2. Der „virtuelle“ Sozialraum

Hier wird versucht, den „virtuellen Sozialraum“ sowie dessen Beziehung zum
„realen“ Raum zu beleuchten.

„Eine virtuelle Gemeinschaft ist eine Gruppe von Menschen, die miteinander
kommunizieren, die sich zu einem gewissen Grad untereinander kennen, in
gewissem Maß Wissen und Informationen teilen und sich bis zu einer gewissen
Grenze als menschliche Wesen umeinander kümmern, sich treffen und in erster
Linie über Computernetzwerke miteinander kommunizieren."

(Döring, 1997, s. 318)

Die fortschreitende Mobilität sowie die dadurch entstehende Möglichkeit,


annähernd gleichzeitig in verschiedenen Sozialräumen zu sein, hat den Begriff
„Sozialraum“ verändert. Unter anderem auch die globale Mobilität von
Menschen, Waren und Dienstleistung hat zur Aufweichung der statischen
Bedeutung geführt. Doch was ist eigentlich der virtuelle Raum im Vergleich zum
realen Raum? Stellt er aufgrund der nicht vorhandenen körperlichen Präsenz
einen Gegensatz zum realen Raum dar oder lassen sich virtuelle
Erfahrungsräume als ein Teil von ihm charakterisieren? So ist der virtuelle
Sozialraum zwar ein nicht materiell bestehender, trotzdem machen die
UserInnen ihn zu einem Teil ihrer Lebenswelt. Somit kann er durchaus von
realer Bedeutung sein.

44
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

„In der Mediengesellschaft zählen neben den medialen auch virtuelle


Erfahrungsräume zur Lebenswelt.“
( Theunert, Helga / Eggert, Susanne; 2003, s.10)
Der UserIn ist es also möglich, sowohl in der realen, als auch in der virtuellen
und anderen Welten Lebenserfahrungen zu sammeln. Doch kann auch ein
Transfer zwischen den Sozialräumen und somit das Einbringen nicht realer
Erfahrungen in das reale Leben erfolgen? Damit beschäftigt sich das
Transfermodell nach Fritz.

3.2.2.1. Transfer zwischen Räumen

Das von Fritz veröffentlichte Transfermodell zwischen virtuellem und realem


Raum beschreibt den zwischenweltlichen Transfer bei Computerspielen und
basiert im Wesentlichen auf zwei Begriffe: „Transfer“ und „Transformation“.
„Werden bestimmte Vorgänge beim Lernen oder Denken, die in einer ersten
Aufgabe erworben sind, auf andere übertragen, spricht man von T[ransfer].“
(Dorsch 1994, zitiert nach Locher 1997, s. 41)
Der Transfer beschreibt die Bewegung von etwas, von einem situativen Kontext
zum anderen, während es bei der Transformation um dessen mögliche
Veränderung zur besseren Anpassung geht. Beim Computerspiel handelt es
sich, laut Fritz, hierbei vor allem um „problemlösende Transfers, die in der
Regel bewusst ablaufen“ (Fritz, Jürgen; 2003, s.1), beispielsweise um ein
ungelöstes Spielproblem, das in der Realität weitergedacht wird. Der Ablauf
eines Transferprozesses ist immer gleich. Menschen bilden durch Erfahrungen
Schemata zur Erlebnisverarbeitung, sowie zur Situations- und
Handlungseinschätzung aus, die durch ihr abstraktes Grundmuster immer
wieder in neue Umgebungen bzw. konkrete Handlungsmuster transferierbar
sind. Fritz beschreibt den Transfer von Schemata in eine andere Welt als
„intermondialen Transfer“, während der Transfer in derselben Welt, als
intramondialer Transfer bezeichnet wird. (Vgl. Fritz, Jürgen; 2003, s. 3)

45
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Abbildung 6: Kognitive Drehbühne für Transferprozesse; entnommen aus http://wulv.uni-


greifswald.de/2005_hh_computerspiele/userdata/Poster%20fertig%20Gruppe4.ppt,
aufgerufen am 2.4.07

Die Intensität des Transformationsprozesses ist laut Fritz abhängig von der
Bewusstseinsebene: Je größer das Bewusstsein der UserIn über eine
Transfereignung des Erlebten, desto geringer die benötigte
Transformationsleistung.
„Um transferieren zu können, muss transformiert werden – und zwar in
Schemata, die von den konkreten Einzelfällen und ihren Besonderheiten
abstrahieren und dafür Strukturen bereitstellen, die Ähnlichkeitserlebnisse
zulassen.“ (Fritz, Jürgen; 2003, s.3). Das könnte bedeuten, dass man umso
mehr Schemata auf beide Welten umlegen kann, umso ähnlicher sich die
Welten sind.

46
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Aus Interviews mit ComputerspielerInnen ist bekannt, dass emotionale


Befindlichkeiten und Stimmungen aus der Alltagswelt mit in die virtuelle Welt
genommen werden, daher finden Transferprozesse auch auf der psychischen
Ebene statt und sorgen dort für Veränderungen. (vgl. Witting, Esser 2003 in
Fritz, Fehr, 2003, s. 25)

Witting & Esser (2003) haben dieses Transfermodell in einer Studie empirisch
angewendet. In einer qualitativen Erhebung mit 20 Personen wurde an Hand
eines Computerspiels versucht, dass Auftreten der verschiedenen
Transferprozesse zu veranschaulichen. Es wurde der Frage nachgegangen,
inwieweit das Computerspiel Einfluss auf das soziale Verhalten in der Realität
hat, ob es also zu Transferprozessen zwischen virtueller und realer Welt
kommt. Witting & Esser kommen zu dem Ergebnis, dass ein Transfer von Spiel
zu Realität verstärkt begünstigt wird, wenn
- die Rahmenkompetenz nicht hinreichend ausgebildet wurde oder brüchig
geworden ist
- Ähnlichkeiten zwischen Elementen der virtuellen und der realen Welt
vorhanden sind
- eine Identifikation mit der Spielfigur stattfindet
- und lange und intensiv gespielt wird
(Vgl. Witting & Esser ,2003, s.47). Daraus geht hervor, dass Medienkompetenz
ein zentraler Faktor beim Transfer zwischen den Welten ist, wenn man diese
als einen Teilbegriff der „Rahmenkompetenz“ versteht (siehe Kapitel
Medienkompetenz)

Fazit:
- Der Transfer eines Schemas von einer virtuellen Welt in die reale wird
von Fritz als intermondialer Transfer beschrieben.
- Ein Transfer von der virtuellen in die reale Welt wird unter anderem durch
eine nicht ausreichend ausgegbildete Rahmenkompetenz verstärkt –
Eine Frage der Medienkompetenz.

47
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.2.2.2. Exkurs: Virtuelle Gewalt und Realität

"Um die Gewalt in der Gesellschaft zurückzudrängen, ist das Verbot solcher
Killerspiele notwendig... Killerspiele sollten in der Größenordnung von
Kinderpornographie eingeordnet werden, damit es spürbare Strafen gibt!"
Zitat Günther Beckstein, seit 1993 bayerischer Innenminister und seit 2001
stellvertretender bayerischer Ministerpräsident.
(Vgl. http://derstandard.at/?url=/?id=2673902%26_seite=5%26sap=2,
aufgerufen am 4.4.2007)
Die Diskussion über Computerspiele mit gewalttätigen Inhalt wird momentan
intensiv in Medien, Politik und Gesellschaft geführt, gerade im Zusammenhang
mit jugendlichen Amokläufern, von denen bekannt wurde, dass sie dazu
neigten, Spiele wie Egoshooter (siehe Kapitel Counterstrike und andere
Egoshooter) zu benutzen. Der mediale Diskurs wird jedoch oft äußerst
polarisierend geführt. Von der einen Seite wird das Spielen von Egoshooter als
Grund, Auslöser, ja oft sogar als Training für Amokläufe angesehen. Auf der
anderen Seite steht eine große Community von SpielerInnen, die sich
diskriminiert fühlen und das Spielen von Gewaltspielen als virtuellen Sport (E-
sport) definieren.
Ein beispielhafter Diskurs wird momentan in Deutschland geführt.
Ausschlaggebend für das neuerliche Entfachen der Diskussion war der
Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD, in dem im Kapitel zum Thema
„Aufwachsen ohne Gewalt“ festgehalten wurde:
„Folgende Eckpunkte sollen vorrangig erörtert werden:

- Wirksamkeit des Konstrukts „Regulierte Selbstkontrolle“


- Altersgrenzen für die Freigabe von Filmen und
Spielen/Alterskennzeichnung von Computerspielen
- Verlässliche Kontroll- und Sicherheitsstandards für
Videoverleihautomaten

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Verbot von „Killerspielen“


(Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD, 11.11.2005
http://www.cducsu.de/upload/koalitionsvertrag/, aufgerufen am 13.4.07 s.
124)
Die Bezeichnung „Killerspiele“ für Egoshooter und ähnliche Spiele hielten viele
SpielerInnen für nicht zutreffend. So erstellten einige in der Gamingszene
bekannte Personen, unter ihnen auch einige Pädagogen, die Seite
http://www.killerspiel-spieler.org/ . Auf dieser kritisieren sie die Formulierung des
im Koalitionsvertrag festgehaltenen Begriffs „Killerspiele“.
„Menschen, die Spiele wie Counterstrike spielen, sind genauso wenig
gewaltbereit, wie Krimileser mordlustig sind.“ Weiters richten sie sich mit einem
Appell an Politik und Gesellschaft:

- Verzicht auf das Wort "Killerspiele"


- differenzierte Betrachtung real existierender Gewalt und ihrer Ursachen
- keine Diskriminierung von Spielern
- ...
(http://www.killerspiel-spieler.org/, aufgerufen am 12.4.07)

Doch was meint eigentlich die Wissenschaft dazu? Auch diese scheint
gespalten zu sein und liefert Daten für beide Lager.
Eine Studie der australischen Swinburne University of Technology befasste sich,
wie ähnliche Studien vor ihr, mit der Auswirkung eines Gewaltspieles auf die
Psyche von Kindern. So wurden insgesamt 120 Kinder aus zehn australischen
Schulen ausgewählt, um ihre Verhaltensmuster vor und nach dem Spielen des
Egoshooters zu erfassen. Mit einer Genauigkeit von 73 Prozent habe man
voraussagen können, wie die Reaktionen der TestprobandInnen aussehen
würden. So setzte man den acht bis zehn Jahre alten Kindern den Egoshooter
Quake 2 vor und testete deren Verhalten nach dem Spiel anhand der zuvor
bestimmten Verhaltensmuster. Ermittelt wurde auf diese Weise der Wutzustand
der Kinder, wobei festgestellt wurde, dass sich dieser bei 77 Probanden nicht
änderte. 22 der getesteten SpielerInnen wiesen nach dem Spielen einen doppelt
so hohen Wutzustand auf, wobei diese zu einem Großteil ein instabiles

49
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Temperament besäßen, so die Wissenschaftler. Acht Kinder konnten ihre Wut


durch das Spielen des Egoshooters verringern. Im Resümee bemerkte
Professor Grant Devilly, der die Studie durchführte:
“The results showed that while some people show slight increases or decreases
in anger ratings, the majority showed no changes in anger ratings,”
(http://www.swinburne.edu.au/corporate/marketing/mediacentre/core/releases_a
rticle.php?releaseid=884, aufgerufen am 12.4.07)
So zeigt die Studie, dass zwar ein Grossteil nicht mit vermehrter Aggression auf
das Spielen von Gewaltspielen reagiert, einige konnten dadurch sogar
Aggressionen abbauen. Jedoch scheint es für einen kleinen Teil der UserInnen
zu einer Zunahme von Aggressionen zu führen.
(vgl.
http://www.computerbase.de/news/allgemein/studien/2007/april/killerspiele_neu
e_studie_panorama/?stars=3, aufgerufen am 10.4.07)

Prof. Jürgen Fritz, Leiter des Forschungsschwerpunkt „Wirkung virtueller


Welten“ an der Fachhochschule Köln, meint dazu:
„Die Befürchtungen, dass es Zusammenhänge zwischen dem Handeln in der
realen Welt und problematischen Medieninhalten geben könnte, hat eine
Medienwirkungsforschung entstehen lassen, die diesen möglichen
Zusammenhängen in Tausenden von Forschungsprojekten nachgegangen ist.
Aufwand und Ertrag stehen dabei in einem deutlichen Missverhältnis. Eindeutige
Zusammenhänge sind nicht belegbar. Die Wirkungen, die von den Medien
ausgehen können, hängen entscheidend vom Wechselspiel zwischen den
subjektiven Besonderheiten und Erwartungen der Rezipienten einerseits und
den Medienangeboten andererseits ab. Die Forderung der Öffentlichkeit, klare
Aussagen über die schädigenden Wirkungen von Medienangeboten zu machen,
scheitert in aller Regel an der Komplexität des Gegenstandes.“
(Der Stand zur Wirkung von Computer- und Videospielen,
ftp://ftp.germany.ea.com/downloads/pr/Stand_Wirkungsforschung.doc,
aufgerufen am 4.4.07)

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Verschiedene empirische Studien haben sich bereits mit der Wirkung von
Gewalt und Aggressivität in Computerspielen befasst. Diese lassen sich in vier
theoretische Richtungen einteilen.
- Die Stimulationstheorie besagt, dass durch Gewaltspiele eine signifikant
höhere Gewaltbereitschaft nachgewiesen werden kann.
- Habitualisierungstheorie: Gewaltdarstellungen führen zu Gewöhnung,
was eine verharmlosende Wirkung zu Folge hat
- Die Inhibitionstheorie sagt, dass Gewalt Angst erzeugt, was wiederum
eine Hemmung des Medienkonsums zur Folge hat.
- Katharsistheorie: Das Ausleben von Gewaltphantasien bewirkt den
Abbau von Aggressionen und somit zumindest kurzfristige Entspannung
(Vgl. Fritz, Jürgen, 1995, s.13)

Fazit:
- Fazit: Hinsichtlich der Frage der Auswirkung von Computerspielen mit
gewalttätigem Inhalt ist zu sagen, dass ein kleiner Teil der UserInnen
sehr wohl mit einer Steigerung des Aggressionsverhaltens zu reagieren
scheinen. Die Frage ist, wie damit umgegangen wird. So scheitert die
Forderung der Öffentlichkeit an die Wissenschaft, eine nahezu
moralische Verurteilung des Einflusses gewalttätiger Medieninhalte zu
bele, an der Komplexität des Gegenstandes.gen

51
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.3. Das World Wide Web

Die folgenden Kapitel dienen zur näheren Definition und Erklärung des Internets
und dessen relevante Entwicklungen im „Social Networking“. Es dient dazu,
einen Überblick über wichtige technische Standards zu definieren. Hierbei liegt
der Fokus nicht auf der Technik an sich, sondern auf der sozialen Bedeutung
der Internetentwicklungen. Ein besonderer Schwerpunkt in diesem Kapitel liegt
auf der Nutzung des Spieles „Counterstrike“ sowie des virtuellen
dreidimensionalen Sozial- und Wirtschaftsraumes „SecondLife“.

3.3.1. Das Internet: Ein Definitionsversuch

In diesem Kapitel wird versucht, eine Definition des Internets mit Fokus auf
soziale Aspekte zu finden.

Das Internet hat demnach als Grundlage ein hohes Maß an technischen
Ressourcen. Die technische Komponente ist jedoch nur ein Teilaspekt des
Internets.
„Der Mensch und der durch ihn gebildete Sozialraum nehmen eine zentrale
Rolle bei der Beschreibung des Internets ein.“ (Poseck, Oliver; 2001 s.5)
Das RfC (Requests for Comments), eine Grundlagenplattform zur
Erarbeitung von Internetstandards, die es seit der Zeit des ARPANET (siehe
Kapitel 3.3.1) gibt, hat folgende eher allgemein gefasste Definition formuliert:

Internet is
- a network of networks based on the TCP/IP protocols,
- a community of people who use and develop those networks,

52
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- a collection of resources that can be reached from those networks.


(Network Working Group, Request for Comments: 1462 , 1993,
http://tools.ietf.org/html/rfc1462, aufgerufen am 12.03.2007)

In einem stärkeren sozialen Kontext steht folgende Definition:


„Das Internet ist ein globales Netzwerk unterschiedlicher Computernetze, das
technisch hierarchisch aufgebaut Daten mittels TCP/IP-Protokollierung, als
selbststeuernde Pakete transportiert, um den Nutzern Programm-, Datei- und
Informationsaustausch und gegenseitige Kommunikation mittels verschiedener
Dienste zu ermöglichen. Dieses Netzwerk ist ein von seinen Nutzern
selbstverwaltetes System ohne zentrale Instanzen mit formell legitimierter
Sanktionsgewalt; das Miteinander vollzieht sich nach einem informellen
dynamischen Regelwerk, das Teil einer gewachsenen Kultur ist. Die Nutzer
sind darin in Subkulturen enkulturiert und grenzen sich über Kulturgüter nach
außen ab.“ (Fasching; Podehl; 1997, s. 159)

Laut dieser Definition kann das Internet also auch als Sozial- und Kulturraum
gesehen werden. Die sozialräumliche Komponente wird auch bei Metaphern
wie „Cyberspace“ oder „Globales Dorf“ deutlich.

3.3.2. Die Geschichte des Internets

Hier wird eine kurze historische Übersicht über die Entwicklung des Internets
und dessen Verbreitung gezeichnet.

Das Internet existiert in seiner heute genutzten Erscheinungsform, dem „World


Wide Web, seit 1989. Grundformen des Internets wurden jedoch schon in den
sechziger Jahren gelegt. (vgl. Fasching, Thomas, 1997, s.16). Die Intention
des amerikanischen Verteidigungsapparates war es damals, einen
Informationsaustausch zwischen Computern in einem Netzwerk zu

53
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

ermöglichen, auch wenn Teile des Systems ausgefallen waren. Aus diesem
Netzwerk, das am Anfang nur aus vier Computern bestand, entstand 1969 das
ARPANET (Advanced Research Projects Agency Net). Es funktionierte nach
dem Prinzip, dass jeder mit dem Netzwerk verbundene Computer gleichzeitig
Daten zur Weitergabe anbietet (ein so genannter Server), sowie von anderen
Geräten Daten erhält (der Client). An diesem Prinzip hat sich bis zur modernen
Form des Internets nichts geändert. Anhand der effektiven Möglichkeit zur
Übermittlung von Nachrichten (E-Mails) wurde das Arpanet auch vom zivilen
Sektor übernommen und wurde mit weiteren Netzwerken verbunden. Eines der
größten zivilen Netzwerke war das National Science Foundation Network
(NFSNET), finanziert von der amerikanischen Regierung. Es diente zur
Kommunikation und zum Datenaustausch zwischen WissenschafterInnen sowie
zur Bereitstellung von Rechenkapazität. (vgl. Walter, Sebastian, 2000, s. 19)
1983 wurde dem Militär das Netz zu unsicher und das MILNET wurde
gegründet. Das Internet war hauptsächlich zu einer wissenschaftlichen
Plattform geworden, aber auch die Wirtschaft entwickelte dafür immer mehr
Interesse. Eine echte benutzerfreundliche Bedienung wurde jedoch erst 1989
durch die Entwicklung des Internetdienstes „WorldWideWeb“ möglich (vgl.
Fasching, Thomas, 1997, s.16). Es basiert auf dem so genannten
Hypertextkonzept und ermöglicht durch Knotenpunkte (so genannte Links) eine
nicht lineare Verknüpfung von Dokumenten. Dadurch wird ein Austausch von
unterschiedlichen digitalen Informationen und Darstellungsformen ermöglicht.
Für die Darstellung und Fortbewegung im wird ein „Webbbrowser“ benötigt.
(vgl. Poseck, Oliver (Hrsg.): 2001, s.7) . Das World Wide Web ist einer der
bedeutenden technischen Standards im Internet (siehe Abbildung).

54
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Abbildung 7: Die wichtigsten Dienste des Internet (Poseck, Oliver (Hrsg.): Sozial@rbeit Online -
Angebote in sozialen Arbeitsfeldern planen und umsetzen; 2001, Luchterhand Verlag; Neuwied,
s.7)

Das Internet breitete sich schneller aus als andere Medien davor. Die Zeit von
der Einführung bis zum 50 Millionsten Teilnehmer dauerte beim Radio noch 38
Jahre, beim Fernsehen 13 Jahre, und beim Internet nur noch 4 Jahre (vgl.
Poseck, Oliver, 2001, s.5). Die neuesten Entwicklungen im Internet, mit starkem
Bezug auf virtuelle soziale Räume, werden in den nächsten Kapiteln behandelt.

55
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.3.3. WEB 2.0 und neue Entwicklungen

Hier wird der Begriff „Web 2.0“ sowie die damit zusammenhängenden
Applikationen erklärt.
Das Internet ist also ein hoch dynamischer Sozialraum mit technischer Basis.
Standards verändern sich häufig und neue Plattformen entstehen permanent.
Die letzten Entwicklungen des WorldWideWeb zeigen einen klaren Trend zur
Interaktivität. Natürlich war das WorldWideWeb seit jeher konzeptionell auf
Interaktivität ausgerichtet, doch teilten sich die Welt der InternetuserInnen stark
in RezipientIn und KommunikatorIn (kommunikationswissenschaftliche Begriffe,
die UserInnen in „Sender“ und „Empfänger einteilen). Dabei handelt es sich um
eine logische Entwicklung der kommerziellen Nutzung, die am Anfang des
Internets schneller voranschritt als die der PrivatuserInnen. Ein kleiner Teil
bietet Content, bzw. Dienstleistungen oder Waren an, die PrivatuserIn
beschränkt sich lediglich auf das „Ansehen“, bzw. auf das Bestellen von Waren.
Dies scheint sich in den neueren Entwicklungen zu verändern. Nachdem die
erste große „Internetblase“ im Herbst 2001 wirtschaftlich geplatzt war und ein
Grossteil der reinen Webfirmen verschwand, entwickelte sich ein neuer Trend,
der mittlerweile unter dem Schlagwort „Web 2.0“ bekannt ist. Die Bezeichnung
setzt sich aus „Web“ als Bezeichnung für das gesamte Internet, und „2.0“
zusammen. Diese wurde aus dem Softwarebereich entlehnt. Dabei steht „2“ für
die Releasenummer und „0“ für die Versionsnummer (vgl. Alby, T. 2007, s.7).

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.3.3.1. Die technische Komponente

Der Begriff Web 2.0 wurde erstmals von Dale Dougherty (O'Reilly-Verlag) und
Craig Cline (MediaLive) im Rahmen der Planung einer Konferenz für den
Oktober 2004 verwendet (vgl. O !Reilly, T. 2005). Dazu wurde während der
Konferenz im Brainstormingverfahren eine „Mindmap“ erstellt, welche die
„Ideen“ des Begriffes umschreiben:

Abbildung 8: web 2.0 mememap


http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web-20.html,
aufgerufen am 3.4.07

So werden in der Grafik technische wie soziale Aspekte formuliert, welche die
aktuellen Formen des Internets beeinflussen. Trotzdem ist die Perspektive der
Erläuterungen eine sehr wirtschaftliche.

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Als „Erfinder“ des Begriffs gilt Tim O !Reilly heute noch bei Internet-Experten als
kompetent, „Web 2.0“- Anwendungen zu definieren. Der Begriff „Web 2.0“
existiert also seit der 2. Jahreshälfte 2004, auch wenn Vorboten wie das
„Weblog“ und „Wiki“ schon fast 10 Jahre vorher eingesetzt wurden, was an
dieser Zeittafel deutlich wird:

Abbildung 9: Zeittafel http://www.scill.de/content/2006/09/21/web-20-buzz-zeitstrahl/,


aufgerufen am 12.3.07

Daraus ist zu schließen, das Web 2.0 technisch gesehen nicht eindeutig als
„Wendepunkt“ des Internets angesehen werden kann. Viele der genannten
Entwicklungen passierten eher fließend und haben oft ihre Ursprünge weitaus
früher.

3.3.3.2. Die soziale Komponente

Die neuen technischen Entwicklungen scheinen vor allem auf eines abzuzielen:
Auf die Verstärkung der sozialen Komponente im Internet. So gestalten immer
mehr UserInnen das Internet mit. Dieser flexible Wechsel, der in den
Anfangszeiten des WWW vor allem durch die technisch aufwändige Homepage-

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Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Gestaltung eher schwierig war, wird durch die einfachere Publikation von
Inhalten zu Zeiten des „Web 2.0“ zum Standard.
In alten Formen des Webs agiert der Großteil der UserInnen fast ausschließlich
in der RezipientInnenrolle. So wie bei „konventionellen“ Massenmedien gibt es
direktes Feedback wie E-Mails (statt LeserInnenbriefe und Anrufen) und
indirektes Feedback. Beim „Web 2.0“ wird aus der reinen RezipientIn selbst eine
KommunikatorIn. Es kommt verstärkt zu „wechselseitiger Kommunikation“ , die
Kommunikationspartner/innen tauschen ihre kommunikativen Rollen. (vgl.
Burkart 2002: s.29, s.66 ff.) . So nimmt die ursprüngliche Idee des Internets, in
dem sich jede UserIn gleichzeitig als „Server“ und „Client“ bewegt, allmählich
Formen an.

3.3.4. Spiele und 3D-Kommunikationsplattformen

In den folgenden Kapiteln werden Arten der Spiele- und


Kommunikationsplattformen erläutert, die als soziale Plattformen im Internet
dienen.
Im Internet vernetzt sich die Gesellschaft gerade auf unterschiedlichste Weise.
Die Interaktion zwischen UserInnen teilt sich oft in Communities nach
Interessengruppen oder anderen Gemeinsamkeiten.
Jenny Preece definiert Onlinecommunities folgendermaßen:
- People, who interact socially as they strive to satisfy their own needs or
perform special roles;
- A shared purpose, such as an interest, need, information exchange, or
service that provides a reason for the community;
- Policies, in the form of tacit assumptions, rituals, protocols, rules and laws
that guide people’s interactions
- Computer systems that support and mediate social interaction and
facilitate a sense of Togetherness
(Preece, J 2000: o.s.)

59
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Hinzu kommt eine Fülle an Spielen, die teilweise komplexe soziale


Interaktionen zulassen. In den folgenden Kapiteln möchte ich zwei sehr
unterschiedliche Konzepte erläutern, um das weite Spektrum des Angebotes für
die UserInnen aufzuzeigen.

3.3.4.1. Counterstrike und andere Egoshooter

„Der Gegensatz zu Spiel ist nicht Ernst, sondern Wirklichkeit.“


(Freud, Sigmund 1908, s. 171)

Im folgenden Kapitel wird der Trend der „Gewaltspiele“ beleuchtet, die einen
großen Anteil an der sozialen Interaktion, gerade bei jüngeren UserInnen, im
Internet einnehmen. Dabei verweise ich auf das Kapitel 3.2.2.2, in dem die
Thematik aus sozialräumlicher Sicht aufgegriffen wird. Dazu wird das
wahrscheinlich beliebteste Spiel, Counterstrike, historisch wie sozial näher
beleuchtet.

Am 20. April 1999 ermordeten zwei Schüler an der Columbine Highschool in


Littelton zwölf MitschülerInnen und einen Lehrer. Beide waren laut
Medienberichten begeisterte „Doom“ und „Quake“ - Spieler gewesen. Das sind
zwei Computerspiele, die dem Genre „Egoshooter“ zuzuordnen sind und das
mediale Interesse am Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und realer
Gewalt entfachte.
„Derartige Computerspiele mit Gewaltinhalten wurden daraufhin als mögliche
Auslöser für die Tat der zwei Schüler angesehen.“ (vgl. Frindte, Obwexer; 2003,
s. 3) . Eine weitere ähnliche Bluttat in Erfurt in Deutschland 2002 erweckte die
Diskussion im europäischen Raum erneut. Doch was sind Egoshooter wirklich
und was ist die Intention der spielenden Peergroup?
Der erste wirkliche „Egoshooter“ wurde 1993 von ID Software entwickelt und
heißt „Doom“, ein Spiel, in dem der Spieler als Soldat einen Planeten von

60
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Monster befreit. Das wirklich Neue daran war jedoch die Perspektive (siehe
Abbildung).
„Eine auf Individualisierung und subjektives Erleben ausgerichtete Kultur wie
die unsere bekommt mit dem Blick des Egoshooter durch Kimme
und Korn der Kamera den subjektiven Blick des persönlichen Kamera-Auges
auf das zu jagende bewegte Objekt, wobei fiktive Bilder von Mensch zu
Jagdobjekten werden.“ (Bachmair,2006, ).

Abbildung 10: Doom, Spielen aus der Egoperspektive Quelle:


http://psychosaurus.com/doom/images/space1.jpg, aufgerufen am: 22.2.2007

In den folgenden Jahren entwickelten sich zahlreiche Spiele, die das Konzept
adaptierten und das Genre „Shooter“ begründeten. Vor allem auch die
Möglichkeit der Mehrspielermodi, also dass nicht eine UserIn gegen den
Computer spielt, sondern dass mehrere UserInnen mit- sowie gegeneinander
über Netzwerk oder Internet spielen, wurde immer beliebter. Mit zunehmender
Leistung der Rechner sowie der Netzwerke, und die Kostenentwicklung bei
Computerhardware führte dazu, dass immer mehr SpielerInnen miteinander

61
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

spielen konnten. Was zusätzlich zur Verselbstständigung dieses Spielegenres


führten, waren die den Spielen beigelegten Software-Development-Kits (kurz:
SDK). Mithilfe dieser Entwicklungsprogramme konnten die UserInnen eigene
Spielelevels erschaffen. Bald war es als UserIn möglich, aktiv die Spielphysik
sowie das Aussehen des Spieles zu verändern. UserInnen erzeugten so ihre
eigenen Spielmodifikationen, so genannte Mods (vgl. Wiemken, Jens;
http://snp.bpb.de/referate/wiemk_cs.htm, aufgerufen am 13.2., 07).
Das interessante an Mods ist, dass viele nicht von Spielefirmen, sondern von
UserInnen und Spielercommunitys selbst entwickelt werden. So vermischen
sich, wie in vielen Bereichen des Internets, die Grenzen zwischen UserIn und
ProduzentIn.

Als Mod eines Spiels veröffentlichte Minh Le, ein Student aus British Columbia,
Kanada, 1999 auch das Spiel „Counterstrike“, das nicht auf finanziellen Erfolg
ausgelegt war. Zur Motivation, warum er Counterstrike entwickelte, sagte er "Ich
bin bei Spielen wählerisch und wollte einfach eines schaffen, das ich selbst
gerne spielen würde." (Tamm, 2001, s.8). So kann man nicht alleine der
Computerspieleindustrie die Schuld an der Entwicklung von Shooter geben, die
Community entwickelt aktiv daran mit.
Der Erfolg des Spieles, das eigentlich nur einen Modifikation des ebenfalls
äußerst erfolgreichen Shooters „Half-Life“ war, übertraf alle Erwartungen.
Nach wie vor gelten Shooter als das Spielegenre, womit sehr viel Umsatz
gemacht werden kann. Auch die mediale Diskussion im Bezug auf die Gewalt
ist nach wie vor allgegenwärtig. Jens Wiemken bemerkt dazu abschließend in
seiner Arbeit über Counterstrike:
„Dass Jungen Lust haben und dazu fähig sind, sich eine Welt zu Eigen zu
machen und nach ihren Vorstellungen einzurichten, beweist die Welt von
Counterstrike, der Clans und LANs. Pädagogik und auch Politik sind gefragt
und gefordert, ihnen reale Räume anzubieten und sie in reale Räume hinein zu
erziehen.“
(Wiemken, Jens; http://snp.bpb.de/referate/wiemk_cs.htm, aufgerufen am 13.2.,
07).

62
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.3.4.2. SecondLife

Hierbei wird der dreidimensionale Sozial- und Wirtschaftsraum „SecondLife“


umschrieben.

3.3.4.2.1. SecondLife – eine Beschreibung

Einer der größten dreidimensionalen Welten, die bisher geschaffen wurden, ist
wohl „SecondLife“. Hierbei handelt es sich nicht einfach um ein klassisches
Onlinegame. in dem ein spielerisches „Ziel“ verfolgt wird. Die kalifornische
Firma LindenLabs, die SecondLife ab 1999 entwickelte und 2002 erstmals
präsentierte, definiert SL (die Kurzform von SecondLife):
„Second Life is a 3-D virtual world entirely built and owned by its residents.“
(http://secondlife.com/whatis/, aufgerufen am 2.4.07).
Residents sind die UserInnen, welche die virtuelle Welt bewohnen. Steuerung
sowie Kommunikation funktioniert ähnlich wie bei bekannten 3d Spielen und
Kommunikationsplattformen (Chat, Instant Messaging). Die Firma LindenLabs
stellt virtuelles unbebautes Land zur Verfügung, das die UserInnen dann
mittels Applikationen beliebig bebauen und verändern können.

„Second Life is a continuous and persistent world that attempts to model the
surface of an Earth-like world in a reasonably life-like way. The sun rises and
sets, objects fall under the effect of gravity, trees and grass blow in the wind
and clouds form and drift.“
(http://papers.ssrn.com/sol3/Delivery.cfm/SSRN_ID556375_code374671.pdf?a
bstractid=555883&mirid=1, aufgerufen am 11.4.07)

63
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Es wurde also lediglich die physikalische Umgebung von LindenLabs


geschaffen, der virtuelle „Stadt“-raum ist also nicht vorgegeben, sondern wächst
nach und nach durch die Besiedelung von BewohnerInnen. Es können auch
jegliche Arten von Gegenständen „erschaffen“ oder nachgebaut werden. So
besteht in SL ein geografisch fassbarer Raum (siehe Abbildung).

Abbildung 11: SecondLife Map vom Oktober 2003 http://www.slmaps.com/oldmaps.htm,


aufgerufen am 12.2.07

Das gesamte Land ist in Quadrate aufgeteilt. Ein Quadrat wird als Region
bezeichnet und entspricht etwa 65536 m2 Land. Diese Abbildung stammt
jedoch vom Jahre 2003. Mittlerweile ist die Anzahl der Regionen auf über 9000
gewachsen (vgl. http://stats.slbuzz.com/, aufgerufen am 23.3.07). Der Baugrund
in SecondLife muss erworben werden, wodurch LindenLabs Geld verdient. So
zahlt man nach einem erstmaligen Kauf für 512 Quadratmeter monatlich 5 US

64
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Dollar, zusätzlich mindestens 10 Dollar pro Monat für einen Premiumaccount


(vgl. http://secondlife.com/whatis/landpricing.php , aufgerufen am 12.04.2007).
Hinzu kommt, dass LindenLabs eine eigene Währung eingeführt hat, den
Lindendollar. Dieser hat einen Umrechnungskurs zum US-Dollar und wird von
LindenLabs selbst festgelegt, außerdem wird eine Wechselgebühr eingehoben,
die ebenfalls Geld bringt. Am 14. April 2007 wurde zum Beispiel ein US-Dollar
durchschnittlich für zirka 270 Lindendollar gehandelt (vgl.
http://secondlife.com/whatis/economy-market.php aufgerufen am 14.04.07). So
kann man theoretisch echtes Geld verdienen und ausgeben. Das macht
SecondLife zu einem „realen – virtuellen“ Wirtschaftsraum. So gab LindenLabs
zum Beispiel am 14. April auf ihrer offiziellen SL-Homepage
http://secondlife.com/ an, dass in de vorherigen 24 Stunden 1,8 Millionen US-
Dollar ausgegeben worden sind.

3.3.4.2.2. SecondLife – der „Avatar“ und das soziale System

Ein zentraler Bestandteil von SecondLife ist der Avatar. Als Avatar bezeichnet
man in SL wie in vielen anderen Applikationen den interaktiven Stellvertreter
eines Menschen in einer virtuellen Realität.
(Vgl. http://www.case.edu/help/webglossary.html, aufgerufen am 11.4.07).
Er dient zur Bewegung und Kommunikation. Außerdem hat das Aussehen des
Avatars, das man jederzeit beliebig modifizieren und verändern kann, einen
großen Stellenwert. Das Modifizieren erledigt die UserIn selbst mit Hilfe eines
Editors (siehe Abbildung).

65
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Abbildung 12: create an avatar - http://secondlife.com/whatis/avatar.php, aufgerufen am


4.3.07

„Das spezifisch Neue ist, dass die Anwendung den beschriebenen


Austauschprozessen durch die 3D-Animationen und das inbegriffene
Raumgefühl eine neue Tiefe verleiht. Interaktionen werden durch die
Animationen besser sicht-, fühl- und erlebbar."
(http://quelle23.de/second-life-das-metaversum.html, aufgerufen am 11.4.07)
Das wirkt sich auf den Transfer zwischen virtueller und realer Welt massiv aus.

Im Gegensatz zum Chat, in dem so genannte Emoticons zum zusätzlichen


Ausdruck von Emotionen verwendet werden, kann man den Avatar auf Befehl
auf jegliche Art animieren und interagieren lassen.
„Die Nutzer werden durch einen Körper statt einen Login-Namen dargestellt,
simulierte Mimik ersetzt die Emoticons. Doch ergeben sich in der simulierten
Welt reale Kontakte, oder verschwinden die Spieler hinter der Beliebigkeit von
Rollen, Namen und Posen?“
(http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/390/88302/3/, aufgerufen am 9.4.07)

66
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Da es kein echtes politisches System in SL gibt, wird das gesellschaftliche


Leben lediglich von den „Community Standards“ geregelt, die von der Firma
„LindenLabs“ selbst verfasst wurden. Anders als bei langen Gesetzestexten
echter Länder umfassen die Community Standards jedoch nur 6 Punkte, die je
nach Schwere des Vergehens zur sofortigen Suspendierung oder sogar
„Abschiebung“ führen können, sowie einige Zusätze. Diese wurden
zusammengefasst und aus dem Englischen übersetzt. Folgende Vergehen
führen zu Maßnahmen:

- Intoleranz: Wer Gruppen oder Individuen aufgrund ihrer Rasse, Ethnizität,


Geschlecht, Religion oder sexueller Orientierung diskriminiert oder an
den Rand drängt
- Belästigung: Kommunizieren auf bedrohliche Art, z.b. ungewollte sexuelle
Angebote, etc
- Angriff bzw. Tätlichkeit: Andere Residents in den angeführten „Safe
Areas“ in irgend einer Weise (virtuell) körperlich angreifen
- Unanständigkeit: Es wird vorgeschrieben, dass pornografisches und
ähnliches Material auch als solcher erkenntlich gemacht werden soll. So
müssen Regionen, Namen von Gruppen oder Individuen, die einen
solchen Inhalt haben, als solche mit M (mature) gekennzeichnet werden.
- Ruhestörung: „Jeder Resident hat das Recht, sein „SecondLife“ zu leben.
Er darf nicht durch Gegenstände, Werbung oder Ähnliches an der
Fortbewegung in SecondLife gehindert werden.
(Vgl. http://secondlife.com/corporate/cs.php, aufgerufen am 2.3.07)

Exekutiert werden die Gesetze vom „Second Life Abuse Team“, die von den
UserInnen über einen „Abuse Report“ informiert werden können.
(Vgl http://secure-web10.secondlife.com/knowledgebase/article.php?id=085,
aufgerufen am 21.4.07)

Die holländische Non-Profit Organisation EPN, die sich mit der Erforschung von
sozialen Auswirkungen durch Informations- und Telekommunikations-
Technologien beschäftigt, befragte in einer Studie 300 UserInnen von

67
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

SecondLife über ihr Nutzungsverhalten. Unter anderem wurde gefragt, ob die


UserInnen in SecondLife schon einmal belästigt wurden. 52 Prozent
beantworteten die Frage mit „Ja“. 35 Prozent der Befragten wünschen sich
außerdem eine verstärkte Gesetzesexektutive.
(Vgl. De Nood; Attema, 2006, s. 36 ff)
Weiters stellt die Studie einen starken Zusammenhang zwischen Wohlbefinden
und Erfolg in SecondLife und Wohlbefinden und Erfolg im realen Leben dar.
Wer im echten Leben erfolgreich ist und auf ein großes soziales Netzwerk
zugreifen kann, ist laut dieser Studie auch in SecondLife bevorzugt:
„ There is a strong correlation between well-being and success in Second Life
and well-being and success in real life. The number of friends one has in the
real world correlates strongly with the number of friends one has in Second Life.
In this sense, the hypothesis that “the rich get richer” is supported in Second
Life.“ (De Nood; Attema, 2006, s. 5)
Jedoch scheint es auch einen Anteil an UserInnen zu geben, die aus sozialen
oder anderen Gründen mehr Vorteile für sich in SecondLife als im realen Leben
finden:
„There is, however, a small group which feels less comfortable in the real world
but has discovered fantastic social possibilities in Second Life. This is true for
some retirees, unemployed, housewives who are bound to the house by certain
circumstances, those who are ill or physically challenged. „ (ebd.)
Doch was ist die eigentliche Motivation zur Teilnahme an SecondLife? Laut der
Befragung werden als wichtigste Punkte „Spaß“ und „ Erfahrungen sammeln,
die im echten Leben unmöglich sind“ angeführt (siehe Abbildung)

68
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

Abbildung 13: Entnommen aus De Nood; Attema, 2006, s. 6

Auch das Kennen lernen von neuen FreundInnen ist ein zentraler Bestandteil
zur Motivation.
Zur Zielgruppe ist zu Sagen, dass in SecondLife am stärksten die 24-40
Jährigen vertreten sind und die meisten UserInnen höheren Bildungsschichten
angehören. (Vgl. De Nood; Attema, 2006, s. 20 ff).
So stellt sich ganz generell die Frage, ob virtuelle Welten lediglich für gebildete,
reiche Schichten zugänglich sind, und inwiefern andere Bevölkerungsgruppen
davon ausgeschlossen sind? Diese Thematik wird im folgenden Kapitel im
Sinne von „Digital Divide“ behandelt.

69
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

3.4. Die Zielgruppe: „the digital divide“

Grundsätzlich ist es schwer, die Zielgruppe für virtuelle Räume zu definieren.


So wollte ich zuerst die zu erforschende Zielgruppe an Kriterien wie z.b. der
Altersgruppe festhalten. Dies funktioniert nur bedingt, wenn man sich in
virtuellen sozialen Räumen bewegt, da hinter dem „Avatar“ Menschen jeden
Geschlechts und Alter stecken können. Auch viele Computerspiele haben
weniger eine altersspezifische Eingrenzung, wie z.B. An Counterstrike deutlich
wird:
"In gut einem Jahr ist die Community auf über 1 Million begeisterte Fans
angewachsen, vom 14-jährigen Schüler bis zum 40-jährigen Familienvater."
(Tamm, 2001, s. 8).
So findet man in vielen virtuellen Sozialräumen Menschen verschiedenen
Geschlechts, Ethnizität, Alter, etc. Derartige Grenzen scheinen im Internet nur
mehr bedingt eine Rolle zu spielen. Doch wie grenzen sich UserInnen nun von
anderen ab?
Diese Problematik wird von „Digital Divide“ umschrieben.
Der Begriff „Digital Divide“ wurde Mitte der 1990er Jahre in den USA geprägt.
Man versteht darunter, dass trotz einer allgemeinen Zunahme der
Zugangsmöglichkeiten zum Internet bzw. der Internetnutzung das Wachstum
eher in privilegierten als in weniger privilegierten soziodemographischen
Bevölkerungsgruppen stattfindet und diese Kluft sich im Zeitablauf vergrößert
statt verringert.
(vgl. National Telecommunications and Information Administration, 1998, zitiert
nach http://www.hans-bredow-
institut.de/publikationen/muk/M&K_01.06_05Riehm.Krings.pdf, aufgerufen am
17.4.07, s. 75)

Der Schweizer Soziologe Robert van der Pol beschreibt „digital divide“ ganz
allgemein folgendermaßen:

70
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

„Digital Divide kann ganz allgemein definiert werden als der Graben zwischen
denjenigen Bevölkerungsgruppen, Gesellschaftsschichten und Nationen, die
Zugang zu den Informationen des World Wide Web haben und die diesen
Zugang auch effektiv zu nutzen und zu gebrauchen wissen, und denjenigen
Bevölkerungsgruppen, Gesellschaftsschichten und Nationen, die aufgrund
sozioökonomischer, kultureller, physischer oder psychischer Faktoren keinen
oder einen erschwerten Zugang zur Online-Welt haben.“
(Van de Pol, R, 2004, http://socio.ch/intcom/t_vandepol.htm, aufgerufen am
4.2.07)
So kann man „Digital Divide“ auf verschiedenen Ebenen verstehen. Einerseits
gibt es UserInnenunterschiede zwischen Ländern, Staaten und Kontinenten. So
stellt das Entwicklungsmagazin „Eine Welt“ fest, dass Zwei Drittel der
weltweiten InternetuserInnen in Nordamerika und Westeuropa leben, ein Viertel
lebt in Australien und Ost-/Südostasien. Deutlicher wird der Unterschied in
Prozentzahlen: In Nordamerika nutzen 59,1% der Bevölkerung das Internet,
während in Afrika lediglich 0,6% Zugang zum Internet haben (vgl. Eine Welt,
2003, s.28). Aber auch zwischen europäischen Ländern gibt es Unterschiede.
So sind die skandinavischen Länder weitaus besser mit Internet versorgt, als
zum Beispiel Italien oder Griechenland. So scheint die Verbreitung des
Internets Hand in Hand mit der wirtschaftlichen Entwicklung der jeweiligen
Gesellschaft zu gehen. So meint Norris dazu:
„...the evidence strongly suggests that economic development is the main factor
driving access to digital technologies, so that the Internet reflects and reinforces
traditional inequalities between rich and poor societies...“
(Norris 2001, s.13 zitiert nach Van de Pol, R, 2004,
http://socio.ch/intcom/t_vandepol.htm, aufgerufen am 4.2.07).

Für die Soziale Arbeit wird wahrscheinlich jedoch eher der „digital divide“
innerhalb eines Systems, wie z.b. einem Land, oder gar einem Stadtteil, von
Bedeutung sein. So verteilen sich auch in Österreich die UserInnen nach
Bildung und finanzieller Lage (siehe das Kapitel Statistiken). Ich unterscheide
demnach nach der Finanz-, bzw. Bildungsthematik:

71
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Digital Divide als finanzielle Aufteilung: Breitbandanbindungen sind in


Österreich im Vergleich zum Rest von Europa eher teuer. So verfügen in
Österreich auch nur 20 Prozent der ÖsterreicherInnen mit Internet über
Breitbandanschluss, was unter dem Eu-Schnitt liegt. (Vgl.
http://www.wcm.at/story.php?id=10494, aufgerufen am 12.10.06). Der
Journalist Florian Rötzer sieht den „Digital Divide“ als Unterschied
zwischen InternetuserInnen mit langsamem und InternetuserInnen mit
schnellem Breitband-Zugang (vgl. Gehrke 2004; s.32). Dies ist vor allem
bei der Nutzung von „Web 2.0“ Applikationen von Bedeutung. So ist es
aufgrund der zu transferierenden Datenmenge nahezu unmöglich, mit
einem Modem-Zugang Video-Portale wie „Youtube“ zu nutzen. Auch
„SecondLife“ lässt sich lediglich mit einer Breitbandverbindung und einem
dementsprechend modernen Computer nutzen.

- Digital Divide als Kompetenztrennung: Die Nutzung des Internets


setzt eine Fülle an technischen, sowie kommunikativen Kompetenzen
voraus. So gibt es zwar UserInnen, die das Internet bereits zum Schicken
und Empfangen von Emails nutzen, dass bedeutet aber nicht, dass sie
bereits Mitglieder der Online-Community sind. Hier sind erweiterte
Fähigkeiten nötig, um auch selbst Inhalte im Internet zu erzeugen.
Als ein Beispiel, das meiner Meinung nach viel mit „Diskriminierung
aufgrund des Wissens“ zu tun hat, ist die Bezeichnung des „NOOBS“. Die
Herleitung des Wortes ist nicht ganz klar, es scheint dem englischen
Wort NEW (neu) zu entstammen, ein verwandtes Wort ist Newbie. (vgl.
http://www.urbandictionary.com/define.php?term=noob, aufgerufen am
15.4.07). Am ehesten kann es wahrscheinlich als „Neuling“ übersetzt
werden. Anwendung findet es, wenn in Online-Communities wie
Spielgemeinschaften oder Foren eine neue UserIn hinzukommt, die mit
den Regeln oder technischen Gegebenheiten des Spieles oder der
Kommunikationsplattform nicht vertraut ist. Manche UserInnen machen
sich deswegen über die „Neulinge“ lustig und beschimpfen sie geradezu
als „NOOB“. Auf der offenen Plattform www.urbandictionary.com , auf der
in Lexikonform versucht wird, „Onlinebegriffe“ zu definieren und zu

72
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

systematisieren, definiert eine UserIn „Noob“ sogar als das „gamer-


equivalent for nigga“ . Hier scheint eine Diskriminierung aufgrund
fehlenden Wissens zu entstehen.

3.5. Soziale und gesundheitliche Folgen

Dieses Kapitel dient zur Untersuchung von negativen Folgen von exzessiver
Nutzung vom Internet. Dafür werden soziale wie gesundheitliche Folgen
beleuchtet.
„Die Generation @ driftet durch das Dasein, lebt temporär und
kommt kaum zur Ruhe. ... Sie verliert das Gefühl für die Balance zwischen
schnell und langsam, Anspannung und Entspannung. Sie verlernt, in mittlerem
Tempo zu leben ... In der Mitte, also bei einem Mittelmass an Zeit-
druck, ist das Wohlbefinden am grössten. Die genervte Generation @, die
viel zuviel gleichzeitig macht und sich übermässig oft im Stress befindet,
wird zunehmend mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen haben“
(Opaschowski 1999, s. 145).

Der Suchtbegriff wird oft in Zusammenhang mit dem Internet verwendet. Dabei
wird als Hauptkriterium die übermäßige Nutzung genannt.
Eine Gruppe von WissenschaftlerInnen am Forschungslabor (PSILab) des
Lehrstuhls Pädagogische Psychologie und Gesundheitspsychologie an der
Humboldt-Universität Berlin, die sich mit der Thematik „Internetsucht“
auseinandersetzten, beschreiben folgende Merkmale:

- Einengung des Verhaltensraums: fast das gesamte Tageszeitbudget wird


mit internetbezogenen Aktivitäten verbracht
- Kontrollverlust: Versuche, die Internetnutzung einzuschränken, gelingen
nicht; Vorsätze zur werden trotz festen Willens nicht realisiert.

73
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Toleranzentwicklung, bzw. Steigerung der Dosis : Nutzungszeit der


Internetaktivitäten steigt ,bis annähernd das gesamte Tageszeitbudget im
Internet verbracht wird
- Psychische Entzugserscheinungen: wird auch als "craving" (Verlangen)
bezeichnet. Durch die intensive Nutzung wird die Sehnsucht bei
Nichtbenutzung schwieriger. Hierzu zählen beispielsweise Nervosität,
innere Unruhe, Reizbarkeit und Unzufriedenheit.
- negative Konsequenzen insbesondere in den sozialen Bereichen
"Arbeit/Leistung" sowie soziale Beziehungen (z.B. Ärger im Beruf,
Ausbildung, Privatleben).

(Vgl. http://www.internetsucht.de/faq/faq01.html, aufgerufen am 5.4.07)

So gilt Internetsucht auch als Synonym für exzessiven Gebrauch des Mediums,
wobei das Verhalten wissenschaftlichen Suchtkriterien genügen muss. Prim. Dr.
Hans Zimmerl, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, findet ähnliche
Symptome und gliedert sie folgendermaßen:
- Fokussierung: der Fokus des Denkens und der Handlungsintention
richtet sich auf das „Onlinesein“ zu sein. Wenn man nicht am Internet ist,
treten quälende Fantasien darüber auf, was man versäumen könnte. Eine
Einengung des Verhaltensraumes ist die Folge.
- Kontrollverlust: der online verbrachte Zeitrahmen kann nicht kontrolliert
werden. Hier findet sich auch das Phänomen der "Toleranzsteigerung",
das heißt, dass der User sein Online-Verhalten zur Befriedigung
quantitativ und qualitativ ständig intensivieren muss.
- Negative Konsequenzen: durch exzessives Online-Verhalten treten
körperliche Schäden auf (Mangelernährung, Vernachlässigung des
Schlafbedürfnisses, Schäden am Bewegungsapparat, Schäden am
Sehapparat, bis hin zu vital bedrohlichen Erschöpfungszuständen) auf,
aber auch psychosoziale Folgeschäden (soziale Selbstisolierung durch
Vernachlässigung aller Sozialkontakte, Arbeitsplatzverlust, schulisches
Versagen bzw. mögliche Verschlechterung vorangegangener psychischer
Erkrankungen).

74
Sozialraum: Internet - Kapitel 3 - Definitionen und Theorien

- Entzugssymptome: wie bei anderen Abhängigkeitserkrankungen kann


man bei Internetsüchtigen dann, wenn sie unfreiwillig offline sind,
psychovegetative Entzugssymptome wie Reizbarkeit, Affektlabilität,
Unruhe, Unkonzentriertheit feststellen.
- Unfähigkeit zur Verhaltensänderung: Trotz der Offensichtlichkeit der
negativen Folgen des Verhaltens ist der Internetsüchtige nicht aus
eigener Kraft fähig, sein Verhalten zu korrigieren. Suchttypische
"Abwehrmechanismen" - von der Verleugnung/Bagatellisierung über die
Projektion bis hin zur Rationalisierung, also dem Erfinden gefinkelter
Rechtfertigungsstrategien - sind ebenfalls festzustellen.
(vgl. http://gin.uibk.ac.at/thema/internetsucht/internetsucht.html, aufgerufen am
3.3.2007)

Die Behandlung wird sich laut Doktor Zimmerl jeweils am Einzelfall orientieren
müssen, da nicht die Abstinenz, sondern der kontrollierte Gebrauch das
therapeutische Ziel sein muss.
So meint er außerdem, das vor Zehn Jahren zwei Drittel der Süchtigen im
Kommunikationsbereich, und ein Drittel im Spielbereich anzutreffen waren, Dies
habe sich in den letzten zehn Jahren jedoch verschoben. Zwar dominieren
diese Bereiche nach wie vor, aber zunehmenden Anteil gewinnen das
Glücksspiel, Erotik, Angebote wie ebay oder diverse Partnerbörsen, bis hin zur
Blogszene (virtuelle Tagebücher). Durch die sich anbahnende Verschränkung
mit der Mobiltelefonie (mobile internet) ist laut Dr. Zimmerl mit einer Ausweitung
des Phänomens zu rechnen. (vgl. ebd.)

75
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

4. Erhebung des Iststandes

In der Ist-Stand-Erhebung soll ein Einblick über bereits bestehende Projekte im


Bezug Soziale Arbeit und Internet sowie ein Einblick in statistische Daten über
das Nutzungsverhalten von UserInnen gegeben werden. Hinzu kommt eine
Übersicht über die wichtigsten Ergebnisse aus den geführten Interviews.

4.1. Statistische Daten

Hier werden statistische Zusammenhänge über den Gebrauch von Internet


untersucht, sowie auch spezifisch österreichische Studien zum
Mediengebrauch beleuchtet.
Um die Relevanz der Thematik des Internets als Sozialraum aufzuzeigen, wird
in diesem Kapitel einen Überblick über das Internetverhalten der UserInnen von
statistischer Seite gegeben. Als Quelle für österreichische Daten dienen
einerseits statistisches Material von Austrian Internetmonitor sowie die
Ergebnisse der Europäischen Erhebungen über den Einsatz von Informations-
und Kommunikationstechnologien in Unternehmen und in Haushalten 2006.
Die Verbreitung des Internets ist eine der rasantesten Entwicklungen im
Bereich der Telekommunikation. In nur 10 Jahren breitete sich das Internet
annähernd explosionsartig aus. So gibt es im 4. Geschäftsquartal 2006 bereits
4,05 Millionen ÖsterreicherInnen ab 14 Jahren, die zu Hause über Internet
verfügen. Das bedeutet erstmalig eine Internetverbreitung in Österreich,
gemessen an Haushalten, von über 60 Prozent.
Eine andere interessante Entwicklung ist jedoch, dass sich die
GesamtnutzerInnenanzahl, also alle UserInnen, auch jene, die nicht zu Hause,
sonder woanders über Internet verfügen, gleich geblieben ist. Sie liegt bei 4,2
Millionen UserInnen, das entspricht 62 Prozent der Bevölkerung. Beachtlich ist

76
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

auch, dass sich der Anteil der IntensivnutzerInnen erhöht. So gehen bereits 41
Prozent der Österreicher/innen (fast) täglich ins Internet, vor einem Jahr waren
es noch 37 %. Vor allem bei 14 bis 29 jährigen nimmt die Nutzung ständig zu.
Wenig verbreitet ist das Internet vor allem noch bei der älteren Bevölkerung. 66
Prozent der 60 bis 69-Jährigen bzw. 90 Prozent der über 70-Jährigen sind noch
"offline".
(Daten entnommen aus Austrian Internet Monitor (AIM) - 4. Quartal 2006;
http://medienforschung.orf.at/index2.htm?internet/internet_aim.htm, aufgerufen
am 11.4.07)
Langzeitlich gesehen steigen die NutzerInnenzahlen jedoch sehr wohl immer
mehr und gerade der Internetgebrauch ist laut Statistik Austria von 2002 bis
2006 von 36,6 Prozent auf 61.1 Prozent gestiegen (siehe Abbildung).

Abbildung 14: Statistik Austria; IKT-Einsatz - Ergebnisse der Europäischen Erhebungen


über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen
und in Haushalten; 2006 , Wien, s. 20

77
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

Im Altersvergleich sind wohl die 16 bis 24 Jährigen die HauptuserInnen. Sie


machen bereits 87% aller UserInnen aus. Es gibt auch einen erheblichen
Unterschied der Nutzung bei Männern und Frauen.
Wenn man die Anzahl der Männer und die Anzahl der Frauen auf die
Gesamtzahl aller Männer und Frauen im Alter von 16 bis 74 Jahren bezieht,
dann ergibt sich, dass 67% aller Männer und 56% aller Frauen das Internet
nutzen. Dieser Unterschied hat sich in den letzten Jahren nicht verringert. Bei
näherer Betrachtung der Altersklassen gibt es keinen wesentlichen
geschlechtsspezifischen Unterschied in der Altersklasse der 16- bis 24-
Jährigen. Mit zunehmenden Alter wird jedoch dieser Unterschied immer größer,
in der Altersklasse der 55- bis 74-Jährigen gibt es 35% männliche
Internetnutzer, aber nur 19% weibliche InternetnutzerInnen.
Die führende Gruppe unter den Internetnutzern, die der SchülerInnen und
StudentInnen, liegt bei 99 Prozent. 75 Prozent der Erwerbstätigen nutzen das
Internet, während Pensionisten und RentnerInnen lediglich zu 20 Prozent das
WorldWideWeb nutzen.
Natürlich spielt das Ausbildungsniveau ebenfalls eine bedeutende Rolle.
Bei Untersuchung des Ausbildungsgrades lässt sich erkennen, dass, je höher
das Ausbildungsniveau ist, desto mehr InternetnutzerInnen gibt es. 85 Prozent
der Personen mit hohem Ausbildungsniveau (Berufsbildende höhere Schule -
Kolleg, Meister- oder Werkmeisterprüfung, Universitätslehrgang ohne
vorherigem akademischem Erstabschluss, hochschulverwandte Lehranstalt
,Fachhochschule, Universität, Hochschule Bakkalaureat, Magisterium,
Diplomingenieur, Doktorat als Erstabschluss, Fachhochschul-, Hochschul-,
Universitätsstudium, Lehrgänge nach akademischem Erstabschluss und
Doktoratsstudium im Anschluss an einen akademischen Grad ) haben in den
letzten drei Monaten vor dem Befragungszeitpunkt das Internet genutzt. Der
Anteil der Personen mit Lehrabschlussprüfung oder ähnlicher Ausbildung (z.b.
ein- bis zweijähriger bzw. dreijährige berufsbildende mittlerer Schule,
Krankenpflegeschule, allgemein bildende höhere Schule, berufsbildende höhere
Schule, Normalform und BHS für Berufstätige), die das Internet nutzen, liegt bei
64%. Deutlich geringer ist der Anteil der InternetnutzerInnen mit keinem

78
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

Hauptschulabschluss, Hauptschulabschluss oder Abschluss der Unterstufe der


allgemein bildenden höheren Schule, er beträgt 38 Prozent.
(Vgl. Statistik Austria; IKT-Einsatz 2006 , s. 21.ff).
Viele Applikationen im modernen virtuellen Sozialraum Internet benötigen eine
relativ schnelle Anbindung ans Internet. So wird zum Beispiel eine
Breitbandanbindung, also DSL oder Kabel, für die Nutzung von SecondLife
(siehe Kapitel SecondLife, Digital Divide) benötigt
(vgl. http://secondlife.com/corporate/sysreqs.php, aufgerufen am 12.4.07).

Abbildung 15: Statistik Austria; IKT-Einsatz - Ergebnisse der Europäischen Erhebungen


über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen
und in Haushalten; 2006 , Wien, s. 23

Die Geschwindigkeit der Internetleitungen steigt stetig an und hat sich seit 2001
fast verdreifacht (siehe Abbildung).
Zur Nutzung der verschiedenen Dienste des Internets ist zu sagen, dass
statistisch nach wie vor das Senden und Empfangen von Emails die am meisten
verbreitete Tätigkeit ist. 79 Prozent der österreichischen InternetuserInnen hat

79
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

laut AIM-Studie im letzten Monat vor der Befragung von dieser Kommunikations-
Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Neben E-Mails wird das WorldWideWeb auch vor allem dafür genutzt, um sich
über das aktuelle Tagesgeschehen am Laufenden zu halten: 61 Prozent greifen
regelmäßig auf aktuelle Nachrichten und Informationen bzw. 42 Prozent auf die
aktuelle Ausgabe einer Zeitung/Zeitschrift zu.
Informationsbeschaffung ist ebenfalls wichtig: Bereits über 50 Prozent der
InternetnutzerInnen wickeln die Suche nach Adressen oder Telefonnummern
sowie nach AnbieterInnen von Produkten und Dienstleistungen via Internet ab.
Neben der Informationsbeschaffung wird das Internet aber auch als
Freizeitmedium genutzt: 30 Prozent der InternetnutzerInnen laden Musik,
Videos oder Bilder herunter, 26 Prozent sehen sich im Internet multimediale
Inhalte wie Filme und Musikvideos an.
17 % beschäftigen sich regelmäßig mit Online-Spielen und bewegen sich in
Onlinesozialräumen. Das macht in Österreich über eine halbe Millionen
OnlinespielerInnen.
(Daten entnommen aus Austrian Internet Monitor (AIM) - 4. QUARTAL 2006;
http://medienforschung.orf.at/index2.htm?internet/internet_aim.htm, aufgerufen
am 11.4.07)

80
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

4.2. Bestehende soziale Internetprojekte

In diesem Kapitel werden die bereits bestehenden Internetprojekte mit sozialen


Bezug „Netbridge“ sowie das „Cyberjuz“ der Jugendzentren Oberösterreichs
untersucht.

Bei der Flut von Daten, Personen, und sozialen Netzwerken, die im Internet
vertreten sind, gibt es bereits viele Projekte, die sich mit pädagogischen oder
sozialen Aspekten beschäftigen. Es geht mir in diesem Kapitel nicht darum, die
Webauftritte von sozialen Institutionen im Internet zu beleuchten. Diese sind
großteils bereits Standard. Ein Webauftritt ist aber nicht automatisch ein
internetbezogenes Projekt, meistens dient er eher als „erweiterte Visitenkarte“
und verweist auf Tätigkeiten in der realen Welt. Einige Projekte, die Angebote
im Netz bereitstellen, werden hierbei skizziert.

4.2.1. Netbridge.at

Netbridge ist die Koordinierungsstelle für neue Informations- und


Kommunikationstechnologien in der außerschulischen Jugendarbeit in Wien.
Sie handelt im Auftrag des Landesjugendreferates des Stadt Wien. Netbridge
versteht sich als Netzknoten zur Vermittlung von Medienkompetenz in der
außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit.

Die Wiener Organisation beschäftigt sich mit den Schwerpunkten:


- Multimedia-Projekte: Koordinierung und professionelle Betreuung von
multimedialen Projekten und Beratung bei Konzepterstellungen etc

81
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

- Trend-Scouting: Beobachtung von Trends und konzeptionelle


Entwicklung von neuen Strategien im Bereich neuer Technologien etc
- Bildung und Kommunikation: Förderung der Medienkompetenz der
MitarbeiterInnen und MultiplikatorInnen in der außerschulischen
Jugendarbeit.
(http://www.netbridge.at/infos.html, aufgerufen am 12.3.07)

Dabei werden Projekte mit der Einbindung von Neuen Medien und dem Internet
unterstützt und Kenntnisse darüber vermittelt. Auch die Beobachtung von
Trends sehen sie als ihren Aufgabenbereich.
Sie produzieren außerdem eine Radiosendung, die sich mit neuen Medien
beschäftigt und auch im Internet abrufbar ist.

4.2.2. Cyberjuz.at

Das Cyberjuz ist ein virtuelles Jugendzentrum des Oberösterreichischen


Landesjugendreferats, das 2002 mit Mitsprachemöglichkeit von Jugendlichen
entstanden ist. (vgl. http://www.netbridge.at/specials/projektepool/pool.html,
aufgerufen am 2.3.07)
Bei diesem Projekt wurde das Konzept eines realen Jugendzentrums auf die
virtuelle Welt umgelegt. Es bietet ein umfassendes Portal, das speziell auf
Jugendlich zugeschnitten ist. So bietet das Cyberjuz verschiedenste Dienste
an:
- Chatrooms für die Kommunikation von Jugendlichen sowie diverse
Diskussionsforen.
- Infomaterial zu den verschiedensten Themen.
- Ein Nachrichtendienst, mit dem man vom Cyberjuz gratis SMS
verschicken kann
- Die Publikation des Jugendmagazins „Cybermag“, das von Jugendlichen
mitgestaltet wird.

82
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

(Vgl.
http://www.kulturkontakt.or.at/upload/medialibrary/Christian_Brauner_cyberju
z.pdf, aufgerufen am 12.4.07)

Herauszuheben ist die Steuerung der Homepage, die ein virtuelles


Jugendzentrum simuliert. So kann man sich einerseits zwar ganz normal
durch Links auf der Seite bewegen. Man kann sich aber auch wie in einem
Computerspiel mittels „Avatar“ von Raum zu Raum bewegen und so die
verschiedenen Bereiche des Cyberjuz erforschen.

Abbildung 16: Das Cyberjuz - screenshot von http://www.cyberjuz.at/index.php,


aufgerufen am 12.4.07

Für die Jugendlichen bietet diese Art der Bedienung einen zusätzlichen
Anreiz, auf spielerische Weise die Angebote und Informationen des Cyberjuz
zu durchforsten.

83
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

4.3. Die Interviewrecherche

In den folgenden Kapiteln werden die Gründe und die Parameter der
Interviewrecherche sowie der Zusammenhang zu den geschaffenen Kategorien
erläutert.
Um die Handlungsorientierung dieser Arbeit zu betonen, entschloss ich mich
Informationen einiger ExpertInnen einzuholen, die bereits in pädagogischen
oder sozialen Kontexten in virtuellen Räumen tätig sind. Dabei versuchte ich,
diese anhand des Theorieteils der Arbeit sowie der Recherche über bestehende
Projekte auszuwählen. Der Interviewleitfaden wurde anhand der
Kategorienbildung (siehe Kapitel 2.4.) erarbeitet. Die Leitfadenfragen wurden
anhand der Funktion der jeweiligen ExpertInnen modifiziert. Die Interviews
(siehe Anhang) wurden dann mit Hilfe einer modifizierten Form der „qualitativen
Inhaltsanalyse“ nach Mayring (vgl. Mayring, P.; 1996, s. 91 - 98) ausgewertet.
Dabei wurden die Interviews wieder nach den Kategorien zerlegt und die
daraus resultierenden Aussagen paraphrasiert und auf die Theorie rückgeleitet.
Zur Verdeutlichung des Verfahrens wird anhand folgender Tabelle ein Auszug
aus der Analyse des Interviews mit Franz Kratzer dargestellt:
Kategorie: Virtuelle Räume/Sozialräume
Paraphrase Generalisierung Theorie

„Auch virtuelle Virtuelle Räume „...Aneignung ist das


Räume haben ein verfügen über soziale Muster für die Bildung
soziales Regelwerk. Regelwerke des Subjekts im sozialen
Dieses gilt sich Die Aufgabe der Raum. Der
anzueignen“ UserInnen ist es, sich gesellschaftliche Raum
diese anzueignen ist Aneignungs- und
Bildungsraum.“
(Deinet;Reutlinger; 2004,
s. 9. )

84
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

In den folgenden Kapiteln werden die ExpertInnen vorgestellt und die


wichtigsten Ergebnisse erwähnt:

4.3.1. Interview mit Franz Kratzer

Franz Kratzer ist seit 1981 bei den Wiener Jugendzentren und war anfänglich in
der offenen Jugendarbeit und Leitung eines Jugendzentrums tätig. Ab 1995
übernahm er Aufgaben im Bereich „Neue Medien“. Seit 2000 ist er Projektleiter
von Netbridge, der Koordinierungsstelle für Informations- und
Kommunikationstechnologie in der außerschulischen Jugendarbeit (siehe
Kapitel Netbridge.at). Aufgrund der Erfahrungen in der pädagogischen
Vermittlung von Medienkompetenz wurde er von mir zu den Themenkomplexen
soziale Räume, Sozialer Arbeit mit Schwerpunkt auf Medienkompetenz befragt.

So konnte Herr Kratzer bestätigen, dass es auch in virtuellen sozialen Räumen


ein soziales Regelwerk gibt. Sich zwischen virtuellen und realen sozialen
Räumen hin- und herzubewegen ist der Leistung der Aneignung zuzuschreiben,
die auch passieren muss, wenn man sich zwischen realen Sozialräumen wie
Schule oder Familie bewegt. So sieht Herr Kratzer auch keine Gegensätze in
der Gruppendynamik zwischen virtuellen und realen Raum, lediglich die
unterschiedliche Art der Kommunikation wirkt sich aus.
Denn Stellenwert der Sozialen Arbeit im virtuellen Sozialraum sieht er als eher
marginal an, so gibt es zum Beispiel in „World of Warcraft“ (eine der grössten
Onlinewelten) keine SozialarbeiterInnen. Lediglich in der Onlineberatung gibt es
Aktivitäten seitens SozialarbeiterInnen. Außerdem sagt er, dass
Medienkompetenz für die Sozialen Arbeit kein Handlungsfeld darstellt. Ihm ist
auch nicht bekannt, ob Medienkompetenz in der Ausbildung ein Themenbereich
wäre. Er sieht Medienkompetenz in der Sozialen Arbeit eher als Zufallsprodukt,
das vom Engagement der jeweiligen MitarbeiterInnen abhängt. Die

85
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

Medienkompetenz von Jugendlichen ist laut Herrn Kratzer von der sozialen
Schichtung und den Zugangsmöglichkeiten zu Medien abhängig.
Zukünftig sieht er in den Kommunikationsmedien einen starken Trend zur
Mobilität, so werden die UserInnen mit einer Vielzahl von Alltagsgegenständen
in virtuellen Sozialräumen miteinander interagieren können.

4.3.2. Interview mit Aleks Krotoski

Aleks Krotoski ist Forscherin an der britischen Universität von Surrey im Bereich
Psychologie. Sie beschäftigt sich mit Kommunikationsmuster und
Gruppenprozessen in Onlinecommunities. Interessant war die
Kontaktaufnahme mit Frau Krotoski. Im Zuge von Recherchen in der 3D-
Onlinewelt „SecondLife“ stieß ich auf das „Social Simulation Research Lab“,
sozusagen ein virtuelles Sozialforschungsinstitut, das dreidimensional in
SecondLife eingebettet ist und mittels Avatar auch begehbar ist (siehe
Abbildung).

Abbildung 17: Das Social Simulation Researchlab in SecondLife screenshot, erstellt am


11.4.07

86
Sozialraum: Internet - Kapitel 4 - Erhebung des Iststandes

In dessen Bibliothek befinden sich über 150 aktuelle Publikationen, die sich mit
Internetforschung befassen. Außerdem gilt es als Treffpunkt für
InternetforscherInnen in SecondLife. Erfinderin und Betreiberin des „Social
Simulation Research Labs“ ist Aleks Krotoski. Aufgrund ihrer Erfahrung mit
SecondLife sowie mit gruppendynamischen Prozessen im Internet beschloss
ich, sie als Expertin für SecondLife und virtuelle Sozialräume heranzuziehen.
Das Interview wurde in englischer Sprache geführt.

Aleks Krotoski sieht zwischen realen und virtuellen Räumen im Bezug auf das
Verhältnis zueinander durchaus Unterschiede. So sagt sie, dass durch Faktoren
wie Anonymität, die entpersonalisiert, sowie die Möglichkeit die körperliche
Erscheinung „auszuschalten“, Beziehungen eine andere Qualität bekommen.

So scheinen mehr Beziehungen möglich, aber ein Großteil von ihnen sind
schwächer ausgeprägt. Dies kann positive wie negative Konsequenzen für die
UserIn haben. Sie sieht jedoch auch Gemeinsamkeiten in
Beziehungskonstrukten wie zum Beispiel die Beziehungsentwicklungen oder
wie Hierarchien und Normen gelebt werden. Die Beziehung zwischen UserIn
und dem eigenen „Avatar“ sieht sie als eine sehr persönliche. So behauptet sie,
dass die langjährige Verwendung desselben Avatars eine massive Auswirkung
darauf hat, wie sich jemand wünscht, von anderen gesehen zu werden. So
seien virtuelle Räume mit Avataren „Identitätslaboratorien“. Dazu zitiert sie
Postmes & Baym (2005), die entgegensetzten, dass das Spielen mit Identitäten
nur anfänglich beim Ausprobieren des Mediums eine Rolle spielte, sich später
aber Avatar und UserIn immer mehr angleichen würden.
Weiters bemerkt sie, dass es sehr wohl bereits Menschen gibt, die soziale
Arbeiten in SL durchführen, auch wenn diese mehr oder weniger qualifiziert
sind. Auch ein virtuelles Communitycenter, geführt von professionellen
SozialarbeiterInnen könnte ihrer Meinung nach durchaus Erfolg haben.

87
Sozialraum: Internet - Kapitel 5 - Resümee

5. Resümee

Im Resümee wird die Literaturrecherche mit der Iststanderhebung sowie den


Ergebnissen der Interviews in Zusammenhang gebracht. Dazu wird ein
Überblick der Ergebnisse der Diplomarbeit präsentiert.

5.1. Der Wandel des „virtuellen Raums“

In diesem Kapitel gehe ich auf die Dynamik des Sozialraums Internet und die
daraus resultierenden zukünftigen Entwicklungen ein. Dabei werden die
Ergebnisse der Recherchen bezüglich Sozialräume erläutert. Natürlich war es
mir im Zuge dieser Arbeit nicht möglich, alle Facetten und Ausformungen von
virtuellen Lebensräumen zu erfassen, da dies das Ausmaß dieser Arbeit
gesprengt hätte.

Nachdem anfänglich hauptsächlich Informationsbeschaffung, Konsum und


elektronische Post im Zentrum der UserInnen stand, zeichnet sich nun ein
Trend ab, dass der soziale Aspekt immer mehr an Bedeutung gewinnt. In
Verbindung mit immer neuen technologischen Entwicklungen und einem
permanenten Anstieg der UserInnen bekommt die menschliche Kommunikation
immer neue Facetten. Ein Schlagwort dafür ist das „Web 2.0“, welches für die
immer wichtiger werdende wechselseitige Kommunikation und Interaktion im
Web steht.
Über 62 Prozent der ÖsterreicherInnen haben bereits Zugang zum Internet,
was es keinesfalls mehr zu einem Medium für Privilegierte macht. Trotzdem
spielen Bildung, soziale Schichtung sowie Herkunft im Sinne von „Digital Divide“
sehr wohl eine Rolle. UserInnen, die über weniger Wissen und/oder über

88
Sozialraum: Internet - Kapitel 5 - Resümee

begrenzter technische Vorraussetzungen verfügen, sind in virtuellen Räumen


klar benachteiligt.
Die große Angst vieler Kritiker des Internets ist die Verdrängung des echten
Sozialraumes durch den virtuellen Raum. Meine Recherchen deuten jedoch
eher darauf hin, dass der virtuelle Raum ein Teilbereich des menschlichen
Sozialraumes ist und niemals alle Bedürfnisse menschlichen Soziallebens
abdecken könnte. „In der Mediengesellschaft zählen neben den medialen auch
virtuelle Erfahrungsräume zur Lebenswelt.“ ( Theunert, Helga; Eggert, Susanne;
2003, s.10). Hinzu kommt, dass sich laut Aleks Krotoski soziale Prozesse durch
Faktoren wie Anonymität, sowie die Loslösung der realen Körperlichkeit von der
von realen Prozessen unterscheiden.
Es scheint eher darauf hinauszulaufen, dass virtueller und realer Raum immer
mehr zusammenwachsen und sich durch den Einsatz von mobilen Geräten wie
Handys oder sich durch die Digitalisierung des Mediums Fernsehen immer
mehr Schnittpunkte der beiden Ebenen ergeben. SecondLife ist ein
Entwicklungsschritt in Richtung dreidimensionales Web. Dabei wird der
Sozialraum dreidimensional „materialisiert“ und erhält so eine neue Plastizität.
Mit einer UserInnenanzahl von mittlerweile über sechs Millionen sowie einer
geografischen Fläche von über 500 Millionen Quadratmeter scheinen die
dreidimensionalen virtuellen Räume wie SecondLife ebenfalls an Bedeutung zu
gewinnen. Dadurch erhält die StellvertreterIn der UserIn in Web, der Avatar,
eine größere Bedeutung.
Durch die laut Aleks Krotoski enge Beziehung zwischen Avatar und UserIn
kann man davon ausgehen, dass sich, wenn man sich am Transfermodell nach
Fritz orientiert, zukünftig ein Transfer von virtuellen Sozialräumen in reale
Sozialräume mancher UserInnen verstärken wird.
Um die grundlegenden Ergebnisse über die Faktoren, welche in Zukunft
Einfluss auf virtuelle soziale Räume haben werden, noch einmal zu
verdeutlichen, stelle ich diese noch einmal anhand einer Grafik dar:

89
Sozialraum: Internet - Kapitel 5 - Resümee

Abbildung 18: Ausblick auf bedeutende Faktoren in virtuellen digitalen Sozialräumen;


erstellt am 12.4.07

5.2. Die SozialarbeiterIn im virtuellen Raum

In diesem Kapitel werden die für die „virtuelle“ SozialarbeiterIn relevanten


Ergebnisse meiner Arbeit erläutert. Es werden auch Wissen- wie
Handlungskompetenzen beschrieben, die für „virtuelle Soziale Arbeit“
Vorraussetzung sein könnten. Dabei habe ich mich näher mit den
sozialarbeiterischen Richtungen soziokulturelle Animation sowie mit dem
sozialräumlichen Ansatz beschäftigt.

Das Internet wird bereits als „Werkzeug“ sozialarbeiterischen Handelns benutzt.


Der Computer wird im Sinne von „medialer Animation“ als attraktives Medium
vermehrt in der Jugendarbeit verwendet. Auch der Webauftritt sowie die
Korrespondenz mittels Email sind bereits Standard in sozialen Institutionen. Im

90
Sozialraum: Internet - Kapitel 5 - Resümee

Bereich Beratung gibt es bereits einige Angebote, die von professioneller


Sozialer Arbeit abgedeckt werden. Jedoch scheint der virtuelle Sozialraum als
Praxis- bzw. Handlungsfeld die Soziale Arbeit noch nicht erreicht zu haben.
Obwohl es gerade statistisch gesehen eine Abschwächung des Zuwachses der
österreichischen InternetuserInnenanzahl gibt, benutzen die vorhandenen
UserInnen das Internet immer intensiver. So wird das Verbringen in virtuellen
Sozialräumen zu einer immer beliebteren Freizeitbeschäftigung gerade bei
Jugendlichen. Die Definition laut der „International federation of social workers“
besagt, dass Soziale Arbeit gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse über
menschliches Verhalten und soziale Systeme dort eingreift, wo Menschen mit
ihrer Umwelt in Interaktion treten. (vgl. http://www.sozialarbeit.at/def.htm,
aufgerufen am 12.4.07). Diese sehr allgemeine Definition führt dazu, dass das
Internet sehr wohl als Praxisfeld für die Soziale Arbeit von Bedeutung sein
könnte. Dazu sagt Oliver Poseck: „Der Mensch und der durch sie gebildete
Sozialraum nehmen eine zentrale Rolle bei der Beschreibung des Internets
ein.“ (Poseck, O.; 2001 s.5). Auch in der ganz generellen Definition über das
Internet ist die Bedeutung der sozialen Gemeinschaft erwähnt. Als Beispiel, in
dem die Soziale Arbeit bereits das Internet als Praxisfeld entdeckt hat, sei das
Projekt „CyberJuz“ erwähnt (siehe Kapitel „cyberjuz.at). Der sozialräumliche
Ansatz in der offenen Jugendarbeit sieht als eine seiner Funktionen die
„Erschließung des Handlungsraumes außerhalb der bestehenden "stationären"
Jugendeinrichtungen“ (siehe Kapitel 3.1.4.). So werden auch virtuelle Räume
immer mehr zu „Handlungsräumen“, die es von der Sozialen Arbeit zu erfassen
gilt. In dreidimensionalen virtuellen Welten wie „SecondLife“ oder „World of
Warcraft“ scheint die professionelle Soziale Arbeit noch nicht angekommen zu
sein, obwohl gerade hier die soziale Interaktion eine bedeutende Rolle spielt.
So meint Aleks Krotoski dazu: „There are loads of people who use the virtual
medium to reach those who aren’t physically proximate but need some kind of
in-situ care. Some are qualified, others are not.” So entstehen in den virtuellen
Sozialräumen HelferInnensysteme abseits der professionellen Sozialen Arbeit.

91
Sozialraum: Internet - Kapitel 5 - Resümee

5.3. Methoden der Sozialen Arbeit im virtuellen Raum

In diesem Kapitel erkläre ich die zum virtuellen Sozialen Raum „kompatiblen“
sozialarbeiterischen Handlungsformen resultierend aus der Untersuchung der
verschiedenen Methoden der „Sozialen Arbeit“. Dabei wurden in meiner
Recherche die soziokulturelle Animation sowie der sozialräumliche Ansatz in
der offenen Jugendarbeit besonders berücksichtigt.

Als ein zentraler Begriff im Diskurs über Handeln in virtuellen sozialen Räumen
für jede UserIn sowie auch für die SozialarbeiterIn ergab sich aus meinen
Recherchen die „Medienkompetenz“. Medienkompetenz beschreibt einerseits
die Fähigkeit des Umganges mit elektronischtechnischen Medien (vgl. Poseck,
O; 2001, s.84), andererseits ist sie auch als Teilbereich der kommunikativen
Kompetenz zu verstehen. Diese aus der Medienpädagogik stammende
Kernkompetenz scheint jedoch in der Sozialen Arbeit weniger von Bedeutung
zu sein. So sagt Franz Kratzer im Interview dazu:
„Medienkompetenz ist in der Sozialen Arbeit kein Handlungsfeld. Auch ist mir
nicht bekannt, dass Medienkompetenz in der Ausbildung ein Themenbereich
wäre. Medienarbeit und Medienkompetenz ist eher ein Zufallsprodukt in der
sozialen Arbeit und hängt sehr stark davon ab ob engagierte und kompetente
MitarbeiterInnen vorhanden sind“. (siehe ExpertInneninterview mit Franz
Kratzer).
Aber es scheint für die Soziale Arbeit unabdingbar zu sein, sich mediale
Fähigkeiten anzueignen, um kompetent im virtuellen Sozialraum zu agieren.
Aus der Definition des IFSW (siehe Kapitel 3.1.1.) geht hervor, dass
professionelle soziale Arbeit theoriegeleitet vorgeht. Das unterstreicht die
Forderung, das Vermitteln und Erlernen von Medienkompetenz in die
sozialarbeiterische Ausbildung einfließen zu lassen.

92
Sozialraum: Internet - Kapitel 6 - Nachwort – eine Projektvision

6. Nachwort – eine Projektvision

Im Nachwort erläutere ich noch einige Erfahrungen, die ich während meiner
Recherchen in virtuellen Sozialräumen gesammelt habe. Dabei versuche ich,
einen Ausblick auf ein mögliches sozialarbeiterisches Projekt zu skizzieren,
ohne diese aber zu konkretisieren. Die Ausarbeitung eines konkreten
Projektkonzeptes würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und war
außerdem auch nicht Fragestellung dieser Arbeit.

Im Zuge meiner intensiven Recherchen in virtuellen Räumen verbrachte ich


einige Zeit in „SecondLife“. In dieser dreidimensional visualisierten Onlinewelt
bewegen sich bereits mehre Millionen Menschen. Als langjähriger Internetuser
war ich überrascht, welche Vielfalt an Interaktion und Möglichkeiten sich mir in
dieser seltsamen Welt bot. So entdeckte ich nach einiger Zeit auch ein virtuelles
Salzburg. Die Salzburger Firma „Second Promotion“ hat nämlich damit
begonnen, ein „SecondSalzburg“ zu bauen (siehe Abbildung).

Abbildung 19: Second Salzburg, screenshot, erstellt am 22.4.07

93
Sozialraum: Internet - Kapitel 6 - Nachwort – eine Projektvision

Es beherbergt Teile der Altstadt sowie eine Schipiste. Bei der Begehung lernte
ich außerdem Peter Harlander, den Leiter von SecondPromotion kennen, der
momentan an dem Bau des virtuellen Salzburgs arbeitet. Wir lernten uns mit
Hilfe unserer Avatare kennen. Interessant war, dass Herrn Harlanders Avatar
eine Frau namens „Ice Strawberry“ darstellte, was anfänglich zu einiger
Konfusionen meinerseits führte. In mehren Chat-Gesprächen diskutierten wir
diverse Thematiken betreffend SecondLife. So erzählte er aus Erfahrung, dass
SecondLIfe momentan eher von Erwachsenen aus höheren sozialen Schichten
mit einer Affinität für Medien bewohnt sei. Jugendliche suchten eher
Onlinespielewelten auf, wo konkrete Spielziele vorgegeben sind. Ich meinte
darauf, dass das ganze Internet anfänglich eher von einer „Wissenselite“
benutzt wurde und erst nach und nach von anderen Bevölkerungsgruppen
entdeckt wurde. Meiner Meinung nach ist der große Boom von
dreidimensionalen virtuellen Welten erst im Kommen. So ist es gut möglich,
dass auch die Jugendlichen bald SecondLife für sich entdecken und vermehrt
bevölkern. In meiner Arbeit im offenen Jugendbereich konnte ich sehr wohl
schon Interesse für SecondLife unter den Jugendlichen beobachten. Doch
stecken dreidimensionale virtuelle Welten noch in den Kinderschuhen, und
Faktoren wie eine hohe technische Systemanforderung sowie eine noch nicht
ausgereifte Bedienbarkeit heben derzeit noch die Zugangsschwelle, gerade für
UserInnen mit geringeren finanziellen Ressourcen.
Zukünftig ist es jedoch wahrscheinlich, dass sich gerade durch die
Vielschichtigkeit der Anwendungsmöglichkeiten dreidimensionale virtuelle
Welten als BenutzerInnenoberflächen auch in der breiten Masse durchsetzen
werden. Spätestens dann sollte die professionelle Soziale Arbeit Methoden-
sowie Handlungstheorien bereit haben, die auf derartige Räume anwendbar
sind, um dann auch kompetent in diesen zu agieren.
Als Beispiel möchte ich eine theoretische Vision im Jahr 2015 skizzieren. In
dieser rein hypothetischen Vision haben sich Benutzerfreundlichkeit und
Handhabung von Computer und Handys weiter verbessert und die Preise für
moderne Internetanbindungen sind weiter zurückgegangen. Es ist mittlerweile
bereits für die meisten Menschen in Österreich erschwinglich, permanent per
Handy oder per Computer Online zu sein. SecondLife hat sich als virtuelle 3D-

94
Sozialraum: Internet - Kapitel 6 - Nachwort – eine Projektvision

Plattform durchgesetzt und wird mittlerweile von einer halben Milliarde


UserInnen „bewohnt“. Bereits über 2000 SalzburgerInnen jobben in SecondLife
und verdienen den Grossteil ihres Geldes mit virtuellen Geschäften. Dabei
steigen sie per Handy oder per Computer in die virtuelle Welt ein. „Second
Salzburg“ hat sich zum virtuellen sozialen Knotenpunkt aller SalzburgerInnen in
SecondLife entwickelt. Auch Jugendliche und Kinder treffen sich vermehrt in
SecondLife und verbringen dort Zeit miteinander oder verabreden sich für die
„wirkliche Welt“.
Da sich Jugendliche vermehrt in Gruppen, die sich auch im „FirstLife“ aus
Schule oder Stadtteil kennen, zusammentun, treffen sie sich oft in „Second
Salzburg“, da man da auch anderen Salzburger Jugendlichen begegnet. Die
Jugendlichen kommen im Prozess der sozialräumlichen Aneignung jedoch mit
den Erwachsenen UserInnen, die geschäftlich in Second Salzburg tätig sind, in
Konflikt. Daraus resultiert, dass einige jugendliche UserInnen verbannt werden
und Second Salzburg nicht mehr betreten dürfen.
Die Jugendlichen gehen darauf ins „FirstLife“ Jugendzentrum und beschweren
sich, dass sie aus dem virtuellen Salzburg ausgesperrt worden sind.
Der Trägerverein des offenen Jugendzentrums entwickelt darauf ein Projekt zur
Unterstützung der Salzburger Jugendlichen im virtuellen Raum. In der
Projektentwicklung entsteht das Konzept eines offenen virtuellen
Jugendzentrums, das einen Treffpunkt, sowie einen nichtkommerziellen
Freizeitraum für die Salzburger Jugendlichen in SecondLife bietet. Außerdem
wird das virtuelle Jugendzentrum als Knotenpunkt zwischen virtueller Welt und
den realen Salzburger Jugendzentren verwendet. So kann sich zum Beispiel
die SozialarbeiterIn des realen Jugendzentrums ins „SecondJuz“ einloggen und
die Jugendlichen auch bei Gelegenheit über die Aktivitäten im realen Juz
informieren und Sie zum Vorbeikommen aktivieren. Außerdem steht eine
medienkompetente SozialarbeiterIn als fixe Kraft zur Betreuung und Beratung
für die Jugendlichen im „ SecondJuz“ zur Verfügung.
Nach Verhandlungen mit der Trägerfirma von Second Salzburg sowie mit dem
Land über Finanzierung und Lokalität wird dem Trägerverein ein virtueller
Grund auf der Salzburg-Insel zur Verfügung gestellt.

95
Sozialraum: Internet - Kapitel 6 - Nachwort – eine Projektvision

Die Jugendlichen entwerfen dann in virtuellen sowie realen Meetings


gemeinsam mit der SozialarbeiterIn das Nutzungskonzept des „SecondJuz“, wo
festgehalten wird, welche Angebote bzw. Möglichkeiten die Jugendlichen
benötigen.
Danach wird das SecondJuz gemeinsam mit den Jugendlichen entworfen und
gebaut, um eine größtmögliche Identifizierung mit dem Projekt zu erreichen.
Natürlich ist mir klar, dass diese Zukunftsvision etwas futuristisch anmutet und
auch keinesfalls einen Anspruch auf Erfüllung stellt. So kann nicht mit
Sicherheit gesagt werden, dass sich „SecondLife“ als „die“ dreidimensionale
virtuelle Plattform durchsetzt. Einige ExpertInnen gehen eher von einer Fülle an
Plattformen aus, die den Bedarf zukünftig abdecken werden. Jedoch deuten
Statistiken und auch die wirtschaftlichen Entwicklungen auf einen Trend zur
„Virtualität“ hin, der sich die nächsten 10 Jahre weiterentwickeln wird. So
verlagern sich immer mehr Freizeitbeschäftigungen in die virtuelle Welt, sei es
in SecondLife oder in anderen Plattformen.
Auf diesen Trend muss die professionelle Soziale Arbeit Antworten parat
haben, um auf diese auch adäquat reagieren zu können.
Deswegen plädiere ich dafür, dass die professionelle Soziale Arbeit so bald als
möglich anfängt, sich intensiv in der Forschung sowie in der Praxis mit dem
Feld „Virtuelle digitale Sozialräume“ auseinanderzusetzen.

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Sozialraum: Internet - Kapitel 7 - Literaturverzeichnis

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http://www.netbridge.at/specials/projektepool/pool.html, aufgerufen am 2.3.07

102
Sozialraum: Internet - Kapitel 7 - Literaturverzeichnis

O Reilly, Tim; What Is Web 2.0? Design Patterns and Business Models for the
Next Generation of Software. 2005
http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web-
20.html, aufgerufen am 12.2.07

http://papers.ssrn.com/sol3/Delivery.cfm/SSRN_ID556375_code374671.pdf?ab
stractid=555883&mirid=1, aufgerufen am 12.4.07

http://quelle23.de/second-life-das-metaversum.html, aufgerufen am 11.4.07

http://secondlife.com/corporate/sysreqs.php, aufgerufen am 12.4.07).

http://secondlife.com/whatis/, aufgerufen am 2.4.2007

http://secondlife.com/whatis/landpricing.php, aufgerufen am 12.04.2007

http://secure-web10.secondlife.com/knowledgebase/article.php?id=085,
aufgerufen am 21.4.07

http://www.sign-lang.uni-hamburg.de, aufgerufen am 2.2.07

Homepage des österreichischen Berufsverbandes der SozialarbeiterInnen


http://www.sozialarbeit.at/berbi.html, aufgerufen am 9.03.2006)

http://www.sozialarbeit.at/def.htm, aufgerufen am 12.4.07

Van de Pol, Robert; Der digitale Graben als Faktor des soziokulturellen
Wandels? 2004, Zürich;
http://socio.ch/intcom/t_vandepol.htm, aufgerufen am 4.2.07

Statistik Austria; IKT-Einsatz - Ergebnisse der Europäischen Erhebungen über


den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in
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103
Sozialraum: Internet - Kapitel 7 - Literaturverzeichnis

http://www.stat.at/neuerscheinungen/download/2006/IKT2006_www.pdf,
aufgerufen am 2.4.07)

Wiemken, Jens; Von Doom zu Half-Life: Counterstrike - ein kurzer Überblick als
Einführung
http://snp.bpb.de/referate/wiemk_cs.htm, aufgerufen am 13. 02, 2007

http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/390/88302/3/, aufgerufen am 9.4.07

http://www.swinburne.edu.au/corporate/marketing/mediacentre/core/releases_a
rticle.php?releaseid=884, aufgerufen am 12.4.07

Network Working Group, Request for Comments: 1462, 1993,


http://tools.ietf.org/html/rfc1462, aufgerufen am 12.03.2007

http://www.urbandictionary.com/define.php?term=noob, aufgerufen am 15.4.07

104
Sozialraum: Internet - Kapitel 8 - Abbildungsverzeichnis

8. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Projektbeschreibung - Erstellt am 13.11.2006 .......................................... 8


Abbildung 2: Popp, Reinhold; Aktivierende Soziale Arbeit, Band 1 der Schriftenreihe
Human & Life Sciences“ des Fachhochschulstudiengangs für Soziale Arbeit - Salzburg;
2002, AK-Salzburg; Salzburg s.19 .............................................................................. 18
Abbildung 3: Das Zonenmodell aus: Baacke, Dieter: Die 6-12 Jährigen - Einführung in
Probleme des Kindesalters. 1984, Weinheim ............................................................. 31
Abbildung 4: Das Inselmodell aus Deinet ,Ulrich; 2005, s.5 ........................................ 33
Abbildung 5: vgl. Baacke, D. ; „Medienkompetenz als Netzwerk“,1996, s 119 ff ......... 40
Abbildung 6: Kognitive Drehbühne für Transferprozesse; entnommen aus
http://wulv.uni-
greifswald.de/2005_hh_computerspiele/userdata/Poster%20fertig%20Gruppe4.ppt,
aufgerufen am 2.4.07 ................................................................................................. 46
Abbildung 7: Die wichtigsten Dienste des Internet (Poseck, Oliver (Hrsg.): Sozial@rbeit
Online - Angebote in sozialen Arbeitsfeldern planen und umsetzen; 2001, Luchterhand
Verlag; Neuwied, s.7) ................................................................................................. 55
Abbildung 8: web 2.0 mememap
http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/09/30/what-is-web-20.html,..... 57
Abbildung 9: Zeittafel http://www.scill.de/content/2006/09/21/web-20-buzz-zeitstrahl/,
aufgerufen am 12.3.07................................................................................................ 58
Abbildung 10: Doom, Spielen aus der Egoperspektive Quelle:
http://psychosaurus.com/doom/images/space1.jpg, aufgerufen am: 22.2.2007 .......... 61
Abbildung 11: SecondLife Map vom Oktober 2003
http://www.slmaps.com/oldmaps.htm, aufgerufen am 12.2.07 .................................... 64
Abbildung 12: create an avatar - http://secondlife.com/whatis/avatar.php, aufgerufen
am 4.3.07 ................................................................................................................... 66
Abbildung 13: Entnommen aus De Nood; Attema, 2006, s. 6 ..................................... 69
Abbildung 14: Statistik Austria; IKT-Einsatz - Ergebnisse der Europäischen
Erhebungen über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in
Unternehmen und in Haushalten; 2006 , Wien, s. 20 .................................................. 77

105
Sozialraum: Internet - Kapitel 8 - Abbildungsverzeichnis

Abbildung 15: Statistik Austria; IKT-Einsatz - Ergebnisse der Europäischen


Erhebungen über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien in
Unternehmen und in Haushalten; 2006 , Wien, s. 23 .................................................. 79
Abbildung 16: Das Cyberjuz - screenshot von http://www.cyberjuz.at/index.php,
aufgerufen am 12.4.07................................................................................................ 83
Abbildung 17: Das Social Simulation Researchlab in SecondLife screenshot, erstellt
am 11.4.07 ................................................................................................................. 86
Abbildung 18: Ausblick auf bedeutende Faktoren in virtuellen digitalen Sozialräumen;
erstellt am 12.4.07 ...................................................................................................... 90
Abbildung 19: Second Salzburg, screenshot, erstellt am 22.4.07 ............................... 93

106
Sozialraum: Internet - Kapitel 9 - Anhang

9. Anhang

9.1. Interview mit Franz Kratzer


Fragebogen zum Thema Virtueller Sozialraum und Sozialarbeit
Das Interview wurde per Email zwischen 23.4.2007 und

Herr Franz Kratzer, sie sind Projektleiter von Netbridge, ein Projekt, das sich
um die Koordination für neue Informations- und Kommunikationstechnologien in
der außerschulischen Jugendarbeit in Wien kümmert. Ein Teil der Arbeit von
Netbridge passiert im virtuellen sozialen Raum. Dazu einige Fragen:

Raumtransfer zwischen Sozialräumen –

Jugendliche MediennutzerInnen scheinen sich oft ganz selbstverständlich


zwischen virtuellen und realen Sozialraum hin und herzubewegen. Wie
bewältigen sie diese Aufgabe?
Auch virtuelle Räume haben ein soziales Regelwerk. Dieses gilt sich
anzueignen. Genauso wie andere soziale Räume – wie Schule, Freundeskreis,
Eltern, Nachbarn etc. ist dieses „Regelwerk“ unterschiedlich. Das hin- und
herbewegen zwischen unterschiedlichen sozialen Räumen erfolgt also nicht nur
in realen und virtuelle sozialen Räumen. Es ist keine eigene Strategie nötig –
sondern es wird zurückgegriffen auf Bekanntes.
Wie gestalten sie die Beziehung zwischen der eigenen Persönlichkeit und dem
„Avatar? (die virtuelle Identität) z.B. In Spielen oder Kommunikationsplattformen
Ich vermute, dass da jeder seine persönliche Gestaltung vornimmt. Ich zum
Beispiel suche mir immer Avatare aus der griechischen, oder einer anderen
Mythologien aus. Wobei mir dabei hauptsächlich der für mich Interessante und
oft auch einmalige Name wichtig ist. Welche Eigenschaften und Funktionen
diese Figur hat ist mir dabei nicht wichtig.

107
Sozialraum: Internet - Kapitel 9 - Anhang

Wie verhalten sich Gruppendynamiken im virtuellen Raum im Gegensatz zum


realen Raum?
Unterschiedlichste gruppendynamische Prozesse finden in allen sozialen
Räumen statt. Wohl hat jede Kommunikationsform da ihre spezifischen
Möglichkeit. Prinzipiell sehe ich da aber keine besonderen Gegensätze. Aber
halt eigene Ausformungen.
Virtuelle soziale Arbeit -
Wie kann Soziale Arbeit in virtuellen Räumen stattfinden? Würden Angebote,
wie zum Beispiel ein virtuelles Stadtteilzentrum angenommen werden?
Ein Beispiel ist die Onlineberatung wo es bereits verschiedene funktionierende
Modelle gibt. Ob Angebote angenommen werden hängt von sehr vielen
Faktoren ab. Gut überlegte und gemachte Angebote werden sicher
angenommen.

Welchen Stellenwert nehmen SozialarbeiterInnen im virtuellen Sozialraum ein,


wer deckt den Bedarf jetzt ab?
Der Stellenwert ist marginal – in Spielewelten wie WOW oder anderen
Onlinerollenspielen sind keine SozialarbeiterInnen. In Beratungsbereich gibt es
einige wenige Angebote. In Wien gibt es zum Beispiel ein betreutes offenes Rat
und Hilfe Forum (http://wienxtra.at/forum/forum.asp?f=2)

Wie verhält es sich mit dem Einfluss der Wirtschaft auf die Jugendlichen in
virtuellen Sozialräumen?
Seriös kann ich diese Frage nicht beantworten. Einerseits wird dieser Einfluss
oft überschätzt, viele Chatcommunitys und Jugendcommunitys die von Firmen
übernommen wurden gibt es bereits nicht mehr. Andererseits werden Zurzeit
um Millionenbeträge Kommunikationsplattformen wie my space aufgekauft.

Welche wichtigen Faktoren werden die Zukunft der virtuellen sozialen Arbeit
beeinflussen?
Die Mobilität sowie die Durchdringung und Allgegenwärtigkeit von
Kommunikationstechnologien. Nicht nur der klassische Computer wird als die
Schnittstelle zwischen Mensch und digitalen Kommunikationsräumen von

108
Sozialraum: Internet - Kapitel 9 - Anhang

Bedeutung sein, sonder eine Vielzahl von Alltagsgegenständen mit denen es


möglich sein wird, überall und jederzeit mit digitalen Kommunikationsräumen zu
interagieren.

Soziale/gesundheitliche Folgen
Führt übermäßige Internetnutzung zu sozialer Isolation?
Ja – wobei zu definieren ist was übermäßige Internetnutzung ist. Jede
einseitige und Übermäßige Beschäftigung führt zur sozialen Isolation.
In vielen Chatcommunitys sind die f2f (face-to-face) Treffen ein wichtiger
Bestandteil einer funktionierenden Gemeinschaft.
Welche gesundheitlichen bzw. sozialen Folgen könnte die Entwicklung von
virtuellen Sozialen Räumen haben?
Auch keine anderen wie sonstige Räume – Sowohl Positiv wie auch Negativ.

Kann der virtuelle Raum als Projektionsfläche therapeutische Wirkung haben?


Ja
Welche psychologischen wie auch gesundheitlichen Folgen kann die
übermäßige Internetnutzung haben?
Ebensolche die auftreten können bei übermäßiger Nutzung des Buches oder
des Fernsehers

Medienkompetenz

Wie „medienkompetent“ ist die moderne professionelle Soziale Arbeit?


Unterdurchschnittlich. Medienkompetenz ist in der sozialen Arbeit kein
Handlungsfeld. Auch ist mir nicht bekannt, dass Medienkompetenz in der
Ausbildung ein Themenbereich wäre. Medienarbeit und Medienkompetenz ist
eher ein Zufallsprodukt in der sozialen Arbeit und hängt sehr stark davon ab ob
engagierte und kompetente MitarbeiterInnen vorhanden sind.

Wie medienkompetent sind die Jugendlichen?


Uneinheitlich.

109
Sozialraum: Internet - Kapitel 9 - Anhang

Hängt sehr stark von der sozialen Schichtung und Zugangsmöglichkeiten zur
Mediennutzung ab.

Vielen Dank für das schriftliche Interview

9.2. Interview mit Aleks Krotoski


Dieses Interview wurde in Englisch per Email zwischen
Form, topic: the virtual space Internet
Interviewee: Aleks Krotoski

You are currently researching Social aspects in the simulation SecondLife. You
also got a social simulation research lab in SecondLife, which i used a lot in my
researches.
I got just a few questions for you according to SL:

(please just write below the questions)

Social spaces

How would you describe the relation between real social space and virtual
social space?

There are several differences between online and offline – anonymity has
effects which deindividuate (for better or for worse), physical appearance is
mutable (again, for better or for worse!), relationships have a different quality
(there are more possible, but the majority of them are weaker, although those
which are close may be stronger), and there’s an absence of social cues. The
social scene in online communities is negotiated around overcoming these
differences to determine who can be trusted.

110
Sozialraum: Internet - Kapitel 9 - Anhang

But there are also many similarities, like how people become synonymous with
their pseudonyms (thus contradicting the anonymity argument), how friendships
are developed, and the social structures, like hierarchies and norms, which
emerge through interpersonal interaction.

What are the characteristics in the relation between the real personality and the
avatar, (for example the avatar)?

This is a very personal experience, although over time the avatar – or the
pseudonymous self – comes to represent the person online. The concept of
consequence in virtual worlds where one avatar/identity is used repeatedly over
time thus has a profound effect on how one wishes to be perceived by others.
Further, while there was a lot of research in the early 1990s which suggested
that these spaces were “identity laboratories”, Postmes & Baym (2005) argue
that people play around with their “self” when they first explore the new medium,
but the consistency demands of the social scene inspire a closer relationship
between the offline and online self than was previously envisaged.

How are games with violent game content connected to violence in reall life?
And what means violence in SL?

I don’t have any research that supports or contradicts the violence argument;
Dmitri Williams, a researcher at University of Southern California, has more
information on this!

What are ther differences between real and virtual social spaces reffering to
groupdynamics?

Again, it’s best if I point you to another article - McKenna & Bargh wrote a great
piece called “Virtual Group Dynamics” which covers this angle, but the main
points described above (anonymity, quality of relationships and absence of

111
Sozialraum: Internet - Kapitel 9 - Anhang

social cues) have an impact what needs people have with one another in group
situations online.

Virtual social work

Do you think it would be a reasonable measure to establish socialworkers in


SL?

There already are! There are loads of people who use the virtual medium to
reach those who aren’t physically proximate but need some kind of in-situ care.
Some are qualified, others are not. The virtual space is a wonderful place for
people to work through issues and to learn about different approaches because
it is inherently social.

Do you think, offers like a socialworkerguided communitycenter would be useful


for the SL residents?

Absoutely – as long as it’s staffed by professionals. Otherwise you’d have some


seriously problematic ethical dilemmas to contend with!

Are there allready people which are doing socialwork in SL ?

Yup, you can visit places like Supportforhealing (an island) where there are
support groups who meet regularly. Do a search in events and you’ll be
surprised what you’ll find!

Is it a problem in SecondLife, that there is no Sl goverenement and that the


political role is in the hands of LindenLabs?

112
Sozialraum: Internet - Kapitel 9 - Anhang

There’s definitely a government, a police force and other regulatory body: the
citizenry! Linden Lab take a very hands off approach to the running of the
community to their great credit. If they wanted, they could come in and wreak
havoc with the systems that have naturally emerged to regulate people who
don’t have the community at heart. Thankfully, the populace does just fine.

Social consequences

Is there a tendency, that excessive usage of SL can lead to social isolation in


real life ?
Again, I’m no expert on addiction, but certainly everything in moderation.
Excessive is also a relative term; is it excessive for someone running his or her
own business to work inside SL daily? On the other hand, if SL gets in the way
of offline life, that can be problematic too.

Do you think, Sl as a can have a therapeutic affect on the user ?

Again, it depends upon the individual, his or her needs and the ways which she
or he copes with the technology! Any social interaction is good interaction as far
as I’m concerned, and computer-mediated communication is an excellent
medium through which to meet people from around the world and to discuss
things in a safe and open environment.

Thanks for answers

You’re welcome! Good luck and see you in SL again soon.

113

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