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katha Upanishad

Katha Upanishad, eigentlich Kathopanishad (Sanskrit: कठोपनिषद् kaṭhopaniṣad f.) auch


Kathaka Upanishad, ist der Name einer berühmten Upanishad, welche die Belehrungen
des Totengottes Yama an Nachiketas, den Sohn des Weisen Vajasravasa, enthält, weshalb
sie auch mit "Der Tod als Lehrer" überschrieben ist. Sie ist eine der Haupt-Upanishaden,
die von Shankara und Madhva kommentiert wurde. Sie steht mit dem schwarzen
Yajurveda in Zusammenhang und wird als dritte der 108 Upanishaden im Muktika-Kanon
gezählt. Formal ist sie in zwei Kapitel (Adhyayas) mit jeweils drei Abschnitten (Vallis)
gegliedert. Sie ist die älteste Upanishad in Versform und weist eine anspruchsvolle
Sprache auf.

Totengott Yama

Inhaltsverzeichnis
1 Zur Aussprache
2 Über die Katha Upanishad
2.1 Die Opfergaben des Vaters
2.2 Begegnung mit dem Totengott Yama
2.3 Nachiketas werden drei Wünsche gewährt
2.4 Wie der Mensch Unsterblichkeit erlangen kann
2.5 Das Gute und das Vergnügliche
2.6 Erläuterungen zur Katha Upanishad
2.7 Die Reise beginnt - bisherige Werte in Frage stellen
2.8 Versuchungen auf dem spirituellen Weg
3 Kernaussagen der Katha Upanishad von Swami Sivananda
3.1 Das Angenehme vs. das Gute
3.2 Zeichen der Täuschung
3.3 Die Erhabenheit von Brahma Vidya
3.4 Upanishaden Sadhana
3.5 Pranava
3.6 Das Wesen des Höchsten Selbst
3.7 Wer erreicht Atma Jnana
3.8 Metaphysik des Menschen
3.9 Wichtigkeit von Selbstkontrolle
3.10 Die innere Ordnung
3.11 Der inwendige Pfad des Yogas
3.12 Philosophie der Sehnsucht
3.13 Jenseits von Furcht und Leid
3.14 Einheit von Brahman, Mensch und Welt
3.15 Ästhetik und das Selbst
3.16 Der innere Herrscher
3.17 Das allgegenwärtige Selbst
3.18 Der Baum des Samsaras
3.19 Erkenne das Selbst jetzt
3.20 Höchstes Bewusstsein
3.21 Schriften und Guru
3.22 Die zwei Augen eines Sadhaka
3.23 Entsagung: die Voraussetzungen
3.24 Wissen über die Nadis
4 Die Kathaka Upanishad des schwarzen Yajurveda Erläuterungen nach Paul
Deussen

Zur Aussprache

Nach den Lautregeln des Sandhi werden die beiden Worte Katha und Upanishad im
Sanskrit zu Kathopanishad verbunden, da ein auslautendes a mit einem anlautenden u stets
ein o ergibt. Ebenso wird Kathaka und Upanishad zu Kathakopanishad. Weitere Beispiele:
Prashnopanishad aus Prashna + Upanishad; Pashchimottanasana aus Pashchima + Uttana
+ Asana; Purushottama aus Purusha + Uttama; Vrikodara aus Vrika + Udara.

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die Katha Upanishad

Die Katha Upanishad ist die vielleicht bekannteste Geschichte aus den Upanishaden, die
Geschichte von Nachiketas und Yama, dem Gott des Todes. Es ist eine Geschichte, in der
es um die allerhöchsten Fragen geht.

Sie hat einen lustigen, fast eigenartigen Anfang. Nachiketas hatte einen Vater, der gern in
den Himmel kommen wollte. Vajashravas hatte schon ein gewisses Alter und wollte
sicherstellen, dass er nach dem Tod nicht in die Hölle käme, sondern in den Himmel. Nach
der damaligen Vorstellung war das Ziel des Lebens, in den Himmel zu kommen. Was
hierfür nötig war, tat man und praktizierte daher ein bestimmtes Ritual, das dies
ermöglichen sollte.

Die Opfergaben des Vaters

Teil dieses Opferrituals war es, die Hälfte seines Besitzes als barmherzige Gabe zu
spenden. Vajashravas teilte also seine Besitztümer in zwei Teile. Er schaute sich seine
Ländereien an, behielt die fruchtbaren Äcker und gab die Unfruchtbaren, wo die Böden
nichts mehr hergaben, weg. Er schaute sich seine Kühe an. Die Hälfte der Kühe, die keine
Milch mehr hatten, gab er weg, die Milch gebenden Kühe behielt er.

Als Nachiketas, sein Sohn, das sah, machte er sich Sorgen um seinen Vater. Er fürchtete,
diese Zeremonie könnten seinem Vater mehr schaden als nutzen. Daher sagte er zu ihm:
„Vater das sind keine Opfer, die dir Verdienst bringen werden. Welchen Verdienst kann es
geben, wenn du das Minderwertige als Opfergabe gibst?“

Der Vater antwortete: „Nachiketas, sei ruhig, das spielt keine Rolle. Du verstehst davon
nichts. In den Schriften heißt es, man solle die Hälfte seiner Besitztümer weggeben, genau
das tue ich.“

Der Vater fuhr fort, seinen Besitz zu teilen. Er teilte seine Kleider in zwei Hälften. Welche
er nicht mehr trug, gab er weg, welche er mochte, behielt er. Dann teilte er seine Möbel in
zwei Teile. Was nicht richtig funktionierte oder er nicht mochte, gab er weg, die anderen
behielt er.

Wieder kam Nachiketas zu seinem Vater und sagte: „Vater das sind keine Opfer, die dir
Verdienst bringen werden.“ Doch auch diesmal reagierte sein Vater abweisend.

Schließlich sagte Nachiketas zu seinem Vater: „Vater, da du alles in zwei Teile teilst und
das Schlechtere weggibst, gib auch mich weg. Da du zwei Söhne hast und mit mir immer
unzufrieden bist, bin ich der weniger Gute. Wem gibst du mich?“ Hierauf antwortet der
Vater erbost: „Erzähl keinen Unsinn, lass mich in Ruhe. Das (die Söhne) gehört nicht
dazu.“
Doch Nachiketas fuhr unbeirrt fort: „Wenn du die Opfervorschriften wörtlich nimmst, wie
du es ja machst, dann musst du auch mich weggeben. Wem gibst du mich?“

In Rage geraten, sagte daraufhin der Vater: „Ich gebe dich Yama, dem Tod.“ [Kommentar
Sukadev: Das hat er natürlich nicht so gemeint. Er war nur so genervt.]

Begegnung mit dem Totengott Yama

Yama - Der Totengott


Daraufhin ging Nachiketas weg und dachte: Jetzt bin ich dem Tod übergeben. Also legte
er sich hin und entschied sich zu sterben. Er hörte auf zu atmen. Sein Herzschlag stoppte.
Dann verließ er seinen physischen Leib.

In der feinstofflichen Welt ging er zum Palast von Yama, dem Totengott. Als er beim
Palast des Totengottes ankam, traf er Yama nicht an. Nachiketas Zeit war noch nicht reif,
deshalb wurde er nicht empfangen. [Kommentar von Sukadev: Ich habe euch ja gesagt,
dass die Geschichte etwas eigenartig beginnt.] Drei Tage und drei Nächte musste
Nachiketas auf die Rückkehr Yamas warten.

Bei seiner Rückkehr fragte Yama ihn: „Was machst du hier?“

Nachiketas antwortete: „Ich warte auf dich. Mein Vater hat mich zu dir geschickt.“

Yama fragte weiter: „Seit wann bist du hier, seit wann wartest du auf mich?“

Nachiketas: „Seit drei Tagen sitze ich hier.“

Yama daraufhin: „Drei Tage? Die ganze Zeit hast du hier gewartet? Bist nirgends sonst
hingegangen, wo es doch hier auf der Astralebene so viel Schönes zu erleben gibt?“

Nachiketas: „Nein, mein Vater hat gesagt, er gibt mich dir. Da bin ich zu deinem Palast
gegangen und dort geblieben.“

Yama: „Ich gewähre dir drei Wünsche, für jede Nacht, die du gewartet hast einen. Denn es
ist nicht an der Zeit für dich, gestorben zu sein. Was auch immer es ist, was du dir
wünschst, wenn es in meiner Macht liegt, werde ich es dir geben.“

Nachiketas werden drei Wünsche gewährt


Nachiketas dachte, wenn es jetzt nicht an der Zeit ist in diesem Totenreich zu sein, dann
wünsche ich mir, dass ich zum Vater zurückkehren kann und er mir nicht mehr böse ist.
Darum bat er Yama.

Yama antwortete: „Dein Wunsch wird erfüllt. Dein Vater hat seine Worte schon bedauert.
Wenn du wieder zu ihm zurückkehrst, wird er dich mit offenen Armen und offenem
Herzen empfangen.“
Nachiketas bedankte sich und sagte: „Mein zweiter Wunsch ist, dass du meinem Vater
verzeihst. Er hat ein unwirksames Ritual gemacht. Gibt es ein Ritual, mit dem er den
Himmel erreichen kann?“

Yama antwortete: „Ja, das gibt es. Lehre deinen Vater ein Ritual, welches Mantra
Rezitation, Pranayama und Meditation beinhaltet. Wegen deiner Hingabe wird dieses
Opfer zukünftig als Nachiketas Ritual bezeichnet werden. Wenn dein Vater das praktiziert,
erhebt er seine Schwingungsebene, erhebt er seinen Geist. Dann erreicht er den Himmel
auch schon zu Lebzeiten. Wenn er mit diesem Prana, mit diesem Energielevel, mit dieser
Weite von Herz und Geist anschließend stirbt, dann wird er in die höheren Welten
aufsteigen. Du hast noch einen dritten Wunsch.“

Nachiketas: „Mein dritter Wunsch ist: Sage mir, wie ich unsterblich sein kann.“

Yama: „Unsterblichkeit? Du bist doch noch jung. Was kümmert dich die Unsterblichkeit?
Ich gebe dir ein langes Leben.“

Nachiketas: „Und nach dem langen Leben?“

Yama: „Dann musst du sterben.“

Nachiketas: „Dann verzichte ich auf das lange Leben. Ich will unsterblich sein.“

Yama: „Ich gebe dir erstens ein langes Leben. Zweitens gebe ich dir so viele Frauen wie
du willst, oder die schönste Frau.“ [Kommentar Sukadev: Eigentlich ist dieser Teil der
Geschichte auch wieder komisch. Denn nach der Geschichte ist Nachiketas nur elf oder
zwölf Jahre alt. Dennoch, so steht es in der Geschichte.] Doch damit war Nachiketas nicht
in Versuchung zu führen, er lehnte ab.

Yama: „Ich gebe dir alles Geld der Welt. Ich gebe dir Macht. Alle sollen dich verehren
und bewundern. Ich gebe dir einen Intellekt, mit dem du alle überragen wirst, mit dem du
bewundert werden wirst.“

Nachiketas: „Und irgendwann muss ich dann trotzdem sterben?“

Yama: „Ja.“

Nachiketas: „Du hast mir versprochen, dass du mir alles gibst, worum ich dich bitte,
sofern es dir möglich ist. Ist es dir möglich mir die Unsterblichkeit zu geben? Wenn ja,
dann bitte zeige mir, wie ich sie finden kann.“

Yama: „Ich werde dir deinen Wunsch erfüllen. Nachdem ich dich geprüft habe und du
allen Versuchungen widerstanden hast, du ein tiefes Vairagya (Wunschlosigkeit gegenüber
Dingen) in dir hast, kann ich dir den Weg zur Unsterblichkeit zeigen.

Wie der Mensch Unsterblichkeit erlangen kann


Yama unterweist Nachiketas
Höre meine Lehre: Der physische Körper kann nicht unsterblich sein. Was einen Anfang
hat, hat auch ein Ende. Alles, was beginnt, hört irgendwann auf. Alles, was dir gehört,
wird dir irgendwann genommen. Wenn du mich um Unsterblichkeit bittest, dann kann es
nicht um die Unsterblichkeit des physischen Körpers gehen.

Der Körper ist sterblich und wird sterben. Aber es gibt etwas, das jenseits des physischen
Körpers ist. Es gibt etwas, was jenseits des Denkens und Fühlens ist, etwas, was jenseits
von allem Prana ist, das höhere Selbst, und dieses gilt es zu verwirklichen.

Das Gute und das Vergnügliche


[Kommentar von Sukadev: Um es zu verwirklichen, gilt es den Shreya Marga zu folgen
und nicht dem Preya Marga. Shreya Marga ist der Weg des Guten. Preya Marga ist der
Weg des Vergnüglichen.] Das, was zuerst Nektar ist und nachher wie Gift, das ist
Vergnügen ohne Unterscheidungskraft.

Das, was erst wie Gift ist und nachher wie Nektar, das ist das, was einem zum Guten
führen kann. [Kommentar von Sukadev: Glücklicherweise gibt es auch viele
Mischformen, aber zwischen dem Vergnüglichen, Angenehmen und dem Guten gilt es zu
unterscheiden.

Wenn man den Weg des Guten geht, dann wird der Geist reif für höhere Erkenntnis. Wie
man zur höheren Erkenntnis kommt, das beschreibt Yama seinem Schüler Nachiketas im
Hauptteil der Katha Upanishad. Die findet ihr in dem Buch „Klassische Upanishaden“ im
Yoga Vidya Verlag.]

Erläuterungen zur Katha Upanishad

Ich möchte noch ein paar Erklärungen zu dieser Upanishad geben. In gewisser Weise
erklärt sie sich selbst und es gibt ein paar Dinge, die sie uns darüber hinaus zeigt.

Viele Menschen beginnen den spirituellen Weg aus einem gewissen Aberglauben heraus,
so wie in der Upanishad der Vater von Nachiketas, der versucht Gott zu bestechen.

Dann kann eine Phase des Infragestellens kommen, das wird durch Nachiketas
symbolisiert, der seinem Vater offen die Frage stellt, ob eine äußerlich gelebte Religiosität
wirklich für einen gut sein kann. Wenn man die äußerlich zur Schau getragene Religiosität
in Frage stellt, dann kann es geschehen, dass man von einigen Menschen (eine gewisse
Zeit) gemieden wird. Auch in der heutigen Zeit kann das geschehen.

Der heutige „‚Allgemein-Glaube“ hat ein neues Gesicht bekommen. Es ist vielleicht nicht
mehr der kirchlich geprägte Glaube, stattdessen glauben Menschen von heute an
Attraktivität und wirtschaftliche Werte. „Wenn wir nur gut genug lernen, wenn wir
ausreichend Geld verdienen, erfolgreich sind und den richtigen Partner finden, dann ist
alles in Ordnung, dann werde ich glücklich sein.“ Wie Nachiketas Vater, probieren auch
wir, ein bisschen zu tricksen: Abschreiben in der Schule, Tricks bei der Partnersuche
(Flirtschulen sind inzwischen en vogue), Geld verdienen ohne Wissen und Kompetenz.
Und wir erhoffen uns, so dauerhaft glücklich zu werden.

Die Reise beginnt - bisherige Werte in Frage stellen


In dem Moment, wenn man beginnt diese Spielchen in Frage zu stellen, rückt man weiter
davon ab und manchmal fühlt man sich gar wie auf einem anderen Stern. Hier beginnt oft
die Suche nach einem Lehrer.

In dieser Phase des spirituellen Weges kann es Entbehrungen geben, Nachiketas musste
drei Tage lang auf Essen und ein Nachtlager verzichten, auch er musste Entbehrungen auf
sich nehmen.

Viele Menschen, die ihren Weg gehen, haben eine Phase erlebt, in der sie sich verloren
gefühlt haben. Dann, wenn die Zeit reif ist, begegnet man Yama, dem Tod, dem größten
Lehrer. Es ist der Lehrer, der uns führt und durch den wir nach einiger Zeit auch in der
normalen Welt wieder zurechtkommen. Durch ihn lernen wir Methoden, die uns tiefes
Verständnis schenken.

Yoga ist so ein Weg, der eine Reihe von Methoden und Techniken beinhaltet, durch die
man lernt sich wohlzufühlen, mehr Energie zu haben, eine harmonische Ausstrahlung zu
haben und im Berufsleben erfolgreicher zu sein. Man lernt auch, wie man Beziehungen
besser gestalten kann.

Im klassischen, ganzheitlichen Yoga beginnt man diesen Weg mit Asana, Pranayama und
Entspannungstechniken. Nach einiger Zeit kommen weitere Techniken hinzu, so wie bei
Nachiketas zweitem Wunsch, das Feueropfer, welches Yama nach ihm benannte
(Nachiketas Feuer), weil Nachiketas, als hingebungsvoller Schüler, dieses intensiv
praktizierte.

Für uns ist das eine Phase intensiver spiritueller Praktiken. Hierdurch wird das Prana
(Lebensenergie) deutlich erhöht, feinere Schwingungen breiten sich aus, ein starkes
Glücksgefühl stellt sich ein. In diesem Zustand können wir Gott schon erfahren, erahnen
eine höhere Wirklichkeit.

Versuchungen auf dem spirituellen Weg

Die zentrale Frage: Wer bin ich?


Dann kommt der letzte Schritt. Doch bevor wir diesen gehen können, bieten sich uns eine
Reihe attraktiver Versuchungen und Ablenkungen, denen wir widerstehen müssen, um
zum höchsten Selbst zu kommen. Auf diesem Weg stellen wir Fragen wie:

Wer bin ich wirklich?


Wie erreiche ich die höchste Wirklichkeit?
Die Versuchungen können sogar im Yoga liegen. Wenn man über Asana, Pranayama und
Meditation mehr Energie entwickelt hat, kann man in Versuchung kommen, sich mehr mit
den Astralthemen zu beschäftigen. Dann kann es passieren, dass man auf der Ebene der
Chakras (Energiezentren) und Nadis (Energiekanäle), der Heilungen, Wunderheilungen,
Astralwelten und Astralreisen hängen bleibt.

Eine Versuchung kann auch darin liegen, dass man nach Bewunderung strebt. Durch die
Erhöhung des Prana entsteht eine stärkere Ausstrahlung auf andere Menschen, die sich
hierdurch angezogen fühlen. Da kann es geschehen, dass man nach dem Gefühl süchtig
wird, bewundert zu werden.

Vieles kann uns auf Abwege führen und Probleme bereiten, das gilt es zu beachten.
Gerade wenn man die ersten Schritte im Yoga gegangen ist, bietet einem das Leben eine
Vielzahl von Angeboten. In der Upanishad gehört dazu, dass Nachiketas zur Familie
zurückkehren kann. Es gehört dazu, dass er Ausstrahlung hat und höhere Ebenen erfährt.
Aber es gehört auch dazu, dass er auf der Ebene nicht steckenbleibt und bereit ist, den
angebotenen Versuchungen zu entsagen.

Wir müssen uns bewusst machen: Auch wenn wir zu Anfang des Weges lernen, alles
anzunehmen und wenn wir lernen friedlich mit uns selbst und mit anderen zu leben, gilt es
doch Viveka, die Unterscheidungskraft, zu leben.

Es gibt Dinge, die uns helfen spirituell zu wachsen, und andere helfen uns nicht. Daher gilt
es, die Selbstbefragung immer wieder durchzuführen.

Es gilt, weiter zu praktizieren und uns mit keiner Erfahrung, und sei sie noch so schön und
noch so wonnevoll, zu identifizieren, sondern stattdessen irgendwann zur Verwirklichung
zu kommen. Aham Brahma Asmi – ich bin Brahman. Ich bin das Unendliche. Ich bin
reines Bewusstsein.

Hari Om Tat Sat.

000
Kernaussagen der Katha Upanishad
von
Swami Sivananda

Om. Möge Das uns (Lehrer und Schüler) beschützen. Möge Das uns zur Glückseligkeit
(Mukti) führen. Mögen wir beide fähig sein, die wahre Bedeutung der Schriften zu
erfassen. Möge unser Lernen erfolgreich sein. Mögen wir nie in Streit geraten. Om
Frieden! Frieden!! Frieden!!!

1. Intuition (Aparokshanubhuti) ist die Quelle des Wissens über Atman.

2. Der Atman ist schwer zu erfassen. Er ist feinstofflich. Er kann nicht durch
Schlussfolgerungen erfasst werden.

3. Ein selbstverwirklichter Guru allein kann den Aspiranten auf dem spirituellen Weg
führen.

Das Angenehme vs. das Gute

4. Das eine ist gut, während das andere angenehm ist. Gesegnet ist der, der sich für das
Gute (Shreyas) allein entscheidet. Wer das Angenehme (Preyas) wählt, verliert
letztendlich.

5. Sreyas ist das Gute, das Höchste Selbst, das Wissen, das zu Moksha (Befreiung) führt.

6. Preyas ist das Angenehme, die Sinnesfreuden.

7. Die verkörperte Seele ist in ihrer Essenz identisch mit Brahman. Aufgrund von
Unwissenheit und Illusion sind wir an Handlung gebunden und versuchen, Befreiung zu
erlangen.

8. Wer den Pfad der Wahrhaftigkeit beschreitet und sich dem Guten verschreibt, erreicht
Glückseligkeit und Unsterblichkeit. Wer den Sinnesfreuden frönt, verfehlt das Ziel des
Lebens. Er versinkt in Sorge und Leid und ist gefangen im Rad von Geburt und Tod.

9. Shreya Marga ist der Pfad des Wissens. Preya Marga ist der Pfad des Nichtwissens.

10. Du musst die Sinnesfreuden überwinden, so du Glückseligkeit in Atman erlangen


willst.
11. Das Gute und das Angenehme haben den Menschen fest im Griff. Der Weise
untersucht und unterscheidet zwischen beiden, er wählt das Gute. Der Unwissende wählt
das Angenehme, seinem Körper zuliebe.

12. Der Pfad des Wissens und der Pfad des Angenehmen stehen dem Menschen offen, er
kann den Pfad wählen, der im zusagt.

13. So wie der Schwan Milch von Wasser trennt und nur die Milch trinkt, so trennt der
Weise Gut von Böse und folgt dem Guten allein.

14. Der Weise weiß, dass Shreyo Marga zu Unsterblichkeit, Freiheit und Glückseligkeit
führt, Preyo Marga dagegen zu vergänglichen sinnlichen Freuden und zu Bindung.
Deshalb bevorzugt er Sreyo Marga.

15. Den Unwissenden fehlt das Unterscheidungsvermögen zwischen dem Guten und dem
Angenehmen. Sie haben keine Vorstellung vom Ziel, vom Erreichen des Zieles und von
den Früchten. Sie wählen das Angenehme, um gierig ihren Körper zu mästen und geben
sich den Sinnesfreuden hin.

16. Die beiden Wege liegen weit auseinander und führen zu unterschiedlichen Resultaten.
Sie sind wie Licht und Dunkelheit.

17. Avidya ist der Weg des Angenehmen. Er führt zu Leid und Bindung.

18. Vidya ist der Weg des Guten. Er führt zu Freiheit und Befreiung.

Zeichen der Täuschung

19. Die Unwissenden leben in Dunkelheit, sehen sich jedoch als weise und gebildet. In
Illusion gehen sie verschlungene Wege, wie Blinde, die von Blinden geführt werden.

20. Die in Samsara leben, leben in Unwissenheit und Dunkelheit. Sie haben weder
Verstehen noch Unterscheidungskraft.

21. Sie sind an Tausende von Seilen der Erwartung gebunden. Sie sind in Tausende von
Schlingen in Form von Anhaftung an Kinder, Ehe, Wohlstand, Besitz und vieles mehr
verwickelt.

22. Unwissend sind sie, doch sehen sie sich als intelligent und belesen in den Shastras.

23. Sie werden Befreiung nicht erlangen. Sie sind immer wieder an das Rad von Geburt
und Tod gebunden.

24. Sie gehen im Leid von Samsara durch Geburt, Alter, Krankheit, Sorge, Leid und Tod
unter.
25. So wie der Blinde, der von einem Blinden auf steiniger Straße geführt wird, leidet, so
leiden die Unwissenden.

26. Der Weg in die Zukunft ist dem Unwissenden nicht klar. Er verfällt der Illusion des
Wohlstandes. Das ist die Welt, es gibt keine andere, so denkt er. So fällt er wieder und
wieder in das Netz von Geburt und Tod.

27. Wohlstand ist das Gift der Welt. Er schafft Stolz und Eitelkeit. Er schafft einen wirren
Geist und vernebelt den Verstand. Er verschleiert den Intellekt.

28. Die Notwendigkeit, Befreiung zu erlangen, ist dem Leichtsinnigen kein Bedürfnis. Er
ist in Gedanken an Kinder, Ehe und Wohlstand eingehüllt.

29. Die Sinnesfreuden sind das Ziel des weltlichen Menschen. Geld ist sein Ziel. Essen,
Trinken, Spaß sind seine höchste Philosophie.

30. Viele sind nicht in der Lage auf den Atman zu hören. Auch wenn sie von Atman
hören, können sie die Worte nicht erfassen, da ihr Geist nicht klar ist.

Die Erhabenheit von Brahma Vidya


31. Unübertrefflich ist es, sein Selbst ausdrücken zu können. Unübertrefflich ist es, sein
Selbst zu erfassen, gelehrt von einem fähigen Lehrer.

32. Brahma Vidya ist die vollkommene Wissenschaft. Sie ist die Wissenschaft der
Wissenschaften.

33. Welche ist diese höchste spirituelle Wissenschaft, die, so wir sie kennen, uns alle
anderen Wissenschaften kennen lässt. Es ist Para Vidya oder Brahma Vidya, das Erkennen
des unsterblichen Atmans.

34. Unübertrefflich muss der Lehrer sein, der Brahma Vidya lehrt. Unübertrefflich muss
auch der Schüler sein.

35. Brahma Jnanis und befähigte Aspiranten sind sehr, sehr rar in der Welt.

36. Wer mit den vier Absichten - Viveka (Unterscheidungskraft), Vairagya


(Leidenschaftslosigkeit), Shat Sampat (sechsfache Tugenden), Mumukshutva (Sehnsucht
nach Befreiung) - ausgestattet ist, der ist für den Weg des Jnana Yoga befähigt.

37. Von Tausenden, die von Atman hören, die Gott suchen, erkennt einer Atman.

38. Der Atman kann nicht leicht erkannt werden, wenn Er von einem Unerfahrenen, der
selbst Atman nicht erkannt hat, gelehrt wird.

39. Der Atman kann nicht durch Behauptung und Beweisführung erkannt werden, denn Er
ist transzendent, jenseits von Verstand und Intellekt.
40. Der Intellekt ist ein vergängliches Instrument, bedingt durch Zeit, Raum und Ursache.
Nur durch Behauptung kommen wir zu keiner endgültigen Entscheidung.

41. Ein Mensch mit niederem Intellekt wird von einem Menschen mit hohem Intellekt
besiegt.

42. Argumentieren ist nur ein Jonglieren mit Worten. Es ist intellektuelle Gymnastik und
sprachliche Kriegsführung.

43. Wer sein Leben nur mit Argumentieren verbringt, ist im dichten Dschungel von
Dunkelheit und Nichtwissen gefangen.

44. Höre auf zu argumentieren und werde still, wende dich nach Innen und meditiere.

45. Der Atman ist nur durch stille Meditation zu erfahren.

46. Brahma Jnana kann nicht durch Behauptung und Beweisführung erlangt werden. Man
muss das Brahman-Bewusstsein durch spirituelle Erfahrung erlangen.

47. Es ist leicht, Brahman zu verstehen und zu erkennen, wenn von einem verwirklichten
Lehrer gelehrt.

48. Das Ewige kann nicht durch Vergängliches erkannt werden.

49. Das Ewige ist unveränderlich, es kann nicht durch Veränderliches erkannt werden.

50. Selbst Hiranyagarbha ist nichts im Vergleich zu Para Brahman.

51. Der Atman ist feinstofflich und innewohnend. Er liegt in der Höhle des Herzens
verborgen. Deshalb ist er schwer zu erkennen.

52. Der Weise zieht seine Sinne von den Objekten im Außen zurück, erkennt den Atman
durch Meditation auf das Selbst und ist frei von Freude und Leid.

53. Der Atman ist jenseits von Freude und Leid. Er ist Glückseligkeit. Er ist
Satchidananda Svarupa.

54. Glück und Leid, Freude und Kummer sind nur Modifikationen des Geistes.

Upanishaden Sadhana

55. Der Weise meditieret auf den Atman, erkennt Ihn, den Unsichtbaren, den
Unergründlichen, den in der Höhle des Herzens Verborgenen, den in der Hölle Weilenden,
den in der Intelligenz Erscheinenden und ist frei von Freude und Leid.
56. Der Aspirant hört von seinem befähigten Lehrer alles über den Atman und erfasst Sein
wahres Wesen.

57. Dann trennt er durch Unterscheiden zwischen Wirklichem und Nichtwirklichem den
Atman von Körper und Geist, meditiert auf den Atman und erkennt Ihn durch seine
Intuition.

58. Diese Welt wird von Dharma getragen. Brahman ist das Zentrum des Dharma.

59. Warum führt ein Mensch ein rechtschaffenes Leben? Weil er nur durch das Erkennen
von Brahman wirklich genießen kann.

60. Das Prinzip (Svarupa) von Brahman ist Glückseligkeit.

61. Sinnesfreuden sind nur flüchtige Eindrücke, angeregt durch Reizung der Nerven. Es
sind nur Reaktionen.

62. Brahman ist Fülle, Einheit, Ewigkeit.

63. Brahman ist anders als Tugend und Laster, anders als Ursache und Wirkung, anders als
Vergangenheit und Zukunft.

64. Tugend und Laster, Vergangenheit und Zukunft sind nur mentale Schöpfungen.

65. Zeit ist nur ein Wert des Geistes, eine ebenso nur mentale Schöpfung.

66. In Ishvara besteht gleichzeitige Wahrnehmung. Alles ist nur. Alles ist nur jetzt.

67. Brahman ist Ewigkeit. Es ist jenseits von Zeit.

68. Das Ziel, das die Veden verkünden und für das der Aspirant in Brahmacharya lebt,
dieses Ziel ist OM.

69. Buße und Brahmacharya führen zum Erkennen von Brahman.

Pranava

Das Symbol Om

70. OM ist auch unter den Namen Pranava, Ekakshara und Omkara bekannt.

71. OM ist ein Symbol (Pratika) für Brahman. Es ist Klang (Shabda Brahman).

72. OM ist der Urklang, die erste Manifestation Brahmans.

73. OM ist das geeignetste Symbol für Brahman. Es besteht aus drei Buchstaben - A, U,
M.
74. Klang, Wort und Name sind untrennbar mit dem Gedanken verbunden.

75. OM ist wahrlich Brahman. OM ist wahrlich das Höchste. Jener, der OM kennt, erlangt
alles, was er wünscht.

76. OM ist Brahman selbst. OM und Brahman sind untrennbar miteinander verbunden.
Über OM sollte wie über Brahman selbst meditiert werden.

77. OM ist ein Symbol, sowohl für Saguna als auch für Nirguna Brahman.

78. Wer auf OM mit Saguna (gestalthaft) Bhava meditiert, der wird Saguna Brahman
erlangen.

79. Wer auf OM mit Nirguna (gestaltlos) Bhava meditiert, der wird Nirguna Brahman
erlangen.

80. Das manifestierte Brahman sollte erreicht werden. Das unmanifestierte Brahman sollte
erkannt werden.

81. OM ist die beste Hilfe. Es ist das beste Mittel, um das Manifeste (Saguna Brahman)
oder das Höchste (Nirguna Brahman) zu erkennen.

82. Wer auf Brahman meditiert, wird eins mit Brahman und ist es wert, wie Brahman
verehrt zu werden.

83. Der Kenner Brahmans wird Brahman.

84. OM ist die wertvollste Hilfe. Wer diese Hilfe kennt, wird in dieser Welt als Brahman
verehrt. Er wird wie Brahman verehrt.

Das Wesen des Höchsten Selbst


85. Der Atman ist ohne Geburt und ohne Tod. Er entstand nicht aus etwas. Er ist ewig. Er
stirbt nicht, wenn der Körper stirbt.

86. Brahman wurde nicht wie ein Topf aus Lehm gefertigt. Es ist frei von Bedingung. Es
ist frei von Modifikationen, wie sie Dingen eigen sind, die eine Form besitzen.

87. Brahman ist unvergänglich und unveränderlich.

88. Brahman ist frei von Veränderung und Entwicklung, Es ist unvergänglich und
unveränderlich. Es ist archaisch (Purana).

89. So wie die Luft im Topf nicht davon berührt wird, wenn der Topf zerbricht, so ist der
Atman nicht davon berührt, wenn der Körper stirbt.

90. Der Atman ist feinstofflich, kein Schwert kann Ihn töten.
91. Unwissende glauben, der Körper sei Atman und identifizieren die Seele mit dem
Körper.

92. Wenn der Mörder, den Körper für die Seele haltend, denkt: ‚Ich töte‘, und wenn der
Ermordete denkt: ‚Ich wurde getötet‘, dann kennen beide den Atman nicht. Beide sind
unwissend. Die Seele tötet nicht und kann nicht getötet werden.

93. Der Atman, feiner als fein, größer als groß, weilend im Herzen eines jeden Wesens.
Wer wunschlos ist, ruhig im Geist, die Sinne zurückgezogen hat, der behält die Würde des
Selbst und wird frei von Kummer und Leid.

94. Die Seele einer Ameise ist dieselbe wie die eines Elefanten. Nur ein Bewusstsein weilt
in allen Wesen.

95. Die Essenz aller Wesen ist der Atman.

96. Der Atman wird von der Welt überlagert, so wie das Seil von der Schlange überlagert
wird.

97. Für sich allein hat die Welt keine eigene Existenz, alles ist Atman.

98. Der Atman ist weit, Er ist überall, denn Er ist alldurchdringend und ewig.

99. Der Atman frohlockt und frohlockt nicht. Er genießt die Welt in ihren Begrenzungen.
Er ist der stille Zeuge in seinem reinsten Wesen und so frohlockt Er nicht.

100. Befähigte Aspiranten, ausgestattet mit einem feinen, scharfen und reinen Intellekt,
lernbegierig und mit den vier Absichten (siehe Vers 36) vertraut, können den Atman
erkennen.

101. Der Weise, der den Atman als körperlos, nur im vergänglichen Körper weilend,
erhaben und alldurchdringend erkannt hat, kennt kein Leid.

102. Der Atman weilt körperlos im Körper. Er ist unveränderlich inmitten des
Veränderlichen.

103. Die Weisen, die das Selbst erfahren und den Atman durch direkte intuitive
Wahrnehmung (Aparokshanubhuti) erkannt haben, kennen kein Leid.

Wer erreicht Atma Jnana


104. Der Atman kann durch das Studium der Veden, durch Intelligenz oder Hören nicht
erkannt werden. Der, den das Selbst erwählt, der kann das Selbst erkennen. Dem enthüllt
der Atman Sein wahres Wesen.

105. Den Atman kann nur der erkennen, der wunschlos ist und nach Wissen strebt. Dem
enthüllt der Atman Sein wahres Wesen.
106. Das Selbst dessen, der nach Wissen strebt, enthüllt Sich ihm.

107. Nur der Aspirant, der Atman sucht, erkennt Atman.

108. Der Atman wird nur von dem erkannt, den Gott erwählt, dem Gott Seine Gnade
gewährt, den Er liebt.

109. Wer nicht von Untugenden ablässt, wer seine Sinne nicht unter Kontrolle hat, wessen
Geist nicht einpünktig und geläutert ist, der kann Atman nicht erkennen.

Metaphysik des Menschen

110. Da sind zwei, Paramatman (die höchste Seele) und Jivatman (die verkörperte Seele).
Paramatman ist das Licht, Jivatman ist der Schatten.

111. Paramatman kennt weder Handlung noch daraus resultierende Früchte. Er ist stets der
stille Zeuge.

112. Das gegenüberliegende Ufer von Samsara ist Moksha (Befreiung).

113. Der Körper ist der Wagen, der Atman ist der Herr des Wagens, der Intellekt ist der
Wagenlenker, der Geist ist die Zügel, die Sinne sind die Pferde, die Objekte sind die
Straße. Der Atman, vereint mit Sinnen und Geist, ist der Genießer.

114. Der reine Atman ist tatenlos (Nishkriya). Er ist untätig (Akarta).

115. Der Atman erscheint als der Genießer, so Er Sich durch Avidya mit dem Geist, den
Sinnen und dem Körper verbindet.

116. Der Geist agiert und genießt durch Sinne und Körper.

117. Die Eigenschaften von Geist, Sinnen, Prana und Körper werden auf den Atman
übertragen und die Attribute des Atman werden auf Geist, Sinne, Prana und Körper
übertragen. Dies wird wechselseitige Übertragung (Anyonya Adhyasa) genannt.

118. Durch diese Übertragung scheint der empfindungslose Geist, intelligent zu sein und
der unreine und empfindungslose Körper wird für den reinen und empfindungsfähigen
Atman gehalten.

119. Der reine Atman nimmt die Erscheinung des Jivas an und aufgrund der durch Avidya
ausgelösten Übertragung verfällt Er in das Leid von Samsara - Geburt und Tod.

120. Die Essenz des Jivas ist Satchidananda Svarupa.


121. Wenn Avidya durch das Erkennen des Selbst überwunden ist, wird man eins mit
Brahman.

Wichtigkeit von Selbstkontrolle

122. Wer keine Unterscheidungskraft besitzt und seinen Geist nicht unter Kontrolle hat,
dessen Sinne sind derart unkontrollierbar wie wilde Pferde durch den Kutscher.

123. Wer nicht mit Unterscheidungskraft zwischen Wirklichem und Nichtwirklichem


ausgestattet ist, wer nicht fähig ist zu unterscheiden, was zu tun ist und was nicht zu tun
ist, wer seinen Geist nicht unter Kontrolle hat, der ist ein unfähiger Führer seines Körpers.

124. Wer Wissen besitzt, Geist und Sinne stetig unter Kontrolle hält, dessen Pferde sind
vom Kutscher gezähmt.

125. So wie ein guter Kutscher seine Pferde durch die Zügel kontrolliert, so kontrolliert
der gute Führer die Körper-Kutsche durch Verstehen, Unterscheidungskraft und Willen.

126. Die Sinne werden durch den beherrschten Geist kontrolliert.

127. Kontrolle der Sinne ist ein indirektes Mittel, um das Ziel, Moksha, zu erlangen.

128. Wer keine Unterscheidungskraft besitzt, wer seinen Geist nicht beherrscht, wer nicht
geläutert ist, der kann das Ziel nicht erreichen, er gerät immer wieder in den Kreislauf von
Geburt und Tod.

129. Wer versteht, wer seinen geläuterten Geist stets beherrscht, der erreicht das Ziel und
wird nicht mehr geboren.

130. Wer als Führer eine scharfsinnige Intelligenz und als Zügel einen gut kontrollierten
Geist besitzt, der erreicht am Ende seiner Reise das Reich Vishnus.

131. Der kluge Kutscher lenkt die Pferde durch die Zügel und bringt die Kutsche sicher
ans Ziel, das Ende der Reise. Ebenso erreicht der Jiva sein Ziel, das Reich Vishnus, auf der
Straße des Samsara, wenn er Geist und Sinne durch Unterscheidungskraft lenkt.

Die innere Ordnung

132. Hier wird der aufsteigende Grad der Feinstofflichkeit der Dinge beschrieben. Jenseits
der Sinne sind die Grundlagen der Dinge, jenseits dieser Grundlagen ist der Geist, jenseits
des Geistes ist der Intellekt, jenseits des Intellekts ist der kosmische Intellekt.
133. Jenseits des kosmischen Intellekts ist das Unmanifestierte (Avyakta). Jenseits des
Unmanifestierten ist der Purusha. Jenseits des Purusha ist nichts. Das ist das Ende, das ist
das höchste Ziel.

134. Die Überlegenheit richtet sich nach dem Grad der Feinstofflichkeit. Das
Feinstoffliche ist dem Grobstofflichen überlegen. Das Feinstofflichere ist dem
Feinstofflichen überlegen.

135. Der Atman ist das feinstofflichste Vastu (Substanz). Er ist allem überlegen.

136. Die Ursache ist feinstofflicher als die Wirkung.

137. Die fünf Grundlagen der Materie sind den Sinnen überlegen, denn die Sinne werden
durch die Grundlagen der Materie geformt.

138. Der Geist ist den Grundlagen überlegen, denn er ist feinstofflicher und wird durch die
feinstofflichen Tanmatras (Sukshma Bhutas) in ihrer feinsten Prägung geformt.

139. Die fünf Elemente sind die Auswirkungen der Tanmatras.

140. Der Geist ist der Seher (Drik), die Objekte sind das Gesehene (Drishya).

141. Der Geist ist inwendiger als die Sinne. Deshalb ist der Geist den Objekten überlegen.

142. Der Intellekt ist dem Geist überlegen, denn der Intellekt ist feinstofflicher, erhabener
und inwendiger als der Geist.

143. Der Geist gibt den Gedanken an den Intellekt. Der Intellekt untersucht, entscheidet
und kommt zu einer endgültigen Lösung.

144. Der Intellekt ist der Ministerpräsident des Atman. Er handelt wie ein Präsident des
Obersten Gerichtshofs. Er steht dem Atman ganz nahe.

145. Der Geist ist nur ein Instrument. Er arbeitet durch die Intelligenz, die sich in ihm
reflektiert.

146. Hiranyagarbha ist der Mahat Atman. Er ist die kosmische Intelligenz. Er ist das
universelle Leben. Er ist die Summe aller individuellen Seelen. Er ist der Erstgeborene des
Unmanifestierten (Avyakta).

147. Avyakta ist der Same aller Welten.

148. So wie der Baum potentiell im Samen enthalten ist, so ist die Welt potentiell in
Avyakta enthalten.

149. Die drei Gunas sind das Gleichgewicht in Avyakta.


150. Materie, Energie und Klang sind potentiell in Avyakta enthalten.

151. In Pralaya geht die Welt in Avyakta ein.

152. Avyakta geht in Parabrahman ein wie Schuss und Kette. Es ist das Gewebe aller
Potenzen von Ursache und Wirkung.

153. Der Purusha ist die Ursache aller Ursachen. Er ist Fülle. Deshalb wird er Purusha
genannt.

154. Der Atman ist das Ende, das höchste Ziel. Hier enden Feinheit und Erhabenheit.

155. Wer den Purusha erkennt, wird nicht mehr in Samsara geboren. Er erreicht Moksha.

156. Der Atman ist in allen Wesen verborgen, nur die Seher nehmen Ihn wahr, durch ihren
scharfen und feinen Intellekt.

157. Aufgrund von Avidya kann der Mensch, obwohl sein Wesen Brahman ist, die
Wahrheit ‚Ich bin Brahman‘ nicht ermessen. Selbst dann nicht, wenn man sie ihn lehrt.

158. Doch weiß er, dass er der Sohn von dem und dem ist. Selbst wenn man ihn dieses
nicht lehrt.

159. Mula Prakriti, Pradhana, Avyakta, Avyakriti und Maya sind gleichbedeutende
Begriffe.

Der inwendige Pfad des Yogas


160. Der unwissende weltliche Mensch hält seinen Körper für Atman und wandert in
Selbsttäuschung durch Samsara. Wie rätselhaft Avidya doch ist! Wie tief und
unergründlich Maya doch ist! Wie fantastisch und undurchschaubar Moha doch ist!

161. Der Atman strahlt nicht für die, die einen unreinen, engen und groben Intellekt haben,
doch Er wird von denen erkannt, die einen reinen, scharfen und feinen Intellekt haben.

162. Der Intellekt wird rein und scharf erhalten, indem man über Brahman hört, reflektiert
und meditiert.

163. Der Weise versenkt seine Sinne in den Geist, den Geist in den Intellekt, den Intellekt
in den kosmischen Intellekt und den kosmischen Intellekt in den friedvollen Atman.

164. Ziehe das Reden und andere Werkzeuge durch Versenkung (Pratyahara) und
Selbstkontrolle (Dama) zurück.

165. Lasse den Geist mit dem Intellekt und der kosmischen Intelligenz Hiranyagarbha
verschmelzen.
166. Lasse Hiranyagarbha mit dem friedvollen Atman (Shanta Atman), dem reinen,
unbedingten Parabrahman, dem Nährboden für alles, dem Unwandelbaren, dem Selbst,
dem Zeugen aller Modifikationen des Intellekts verschmelzen. Das ist der Prozess des
Verschmelzens des Geistes mit dem Unendlichen, Laya Chintana.

167. Praktiziere Innenschau und Selbstanalyse. Kontrolliere den niederen Geist durch den
höheren. Beende alle Aktivitäten der Sinne und richte das Bewusstsein auf den Geist.
Dann ziehe das Bewusstsein vom Geist zurück und richte es auf den Intellekt. Ziehe das
Bewusstsein vom Intellekt zurück und richte es auf die kosmische Intelligenz. Schließlich
ziehe das Bewusstsein von der kosmischen Intelligenz zurück und richte es auf das
absolute Bewusstsein, auf Brahman.

Göttliche Schildkröte, Gemälde des Jin-Dynastie Malers Zhang Gui, ca. 1156-1161
168. So wie die Schildkröte ihre Glieder einzieht, so ziehe die Sinne in den Geist zurück.

169. Der Intellekt wird Mahat Atman genannt, weil er Geist und Sinne durchdringt. Er ist
ihr inneres Prinzip.

170. Lasse den Intellekt mit Mahat Atman, Hiranyagarbha, verschmelzen. Lasse deinen
Intellekt klar und rein werden wie Hiranyagarbha.

171. Erhebe dich, erwache! Lerne von großen Lehrern, erkenne Atman. Der Weg führt auf
einer scharfen Klinge, schwierig ist er zu gehen, sagen die Weisen.

172. Sind Sinne, Geist, Intellekt und Mahat Atman mit Parabrahman verschmolzen, erfährt
man Glückseligkeit, ewigen Frieden und erlangt Moksha. Man erfährt das wahre Wissen
über das Selbst.

173. Das Wasser der Luftspiegelung vergeht, die Schlange im Seil löst sich auf und das
Blau des Himmels entweicht, sobald das wahre Wesen der Luftspiegelung, des Seiles und
des Himmels erkannt ist. Wenn Atman erkannt ist, verlieren sich ebenso Name, Form und
Handlung, da sie auf falschem Wissen beruhen und vom Wesen her Ursache, Wirkung und
Frucht sind.

174. Erhebe dich, Mensch, aus dem Morast des Samsara, wende dich spirituellem Wissen
über Atman zu. Höre auf, über weltliche Gebilde zu sinnieren.

175. Erwache aus dem Schlummer der Unwissenheit. Beende den Schlaf, den Samen allen
Leides.

176. Suche hervorragende Lehrer, Brahma Nishtha, Brahma Srotriya Gurus, die Atman
erkannt haben. Erkenne Atman, so wie sie es dich lehren. Fühle ‚Ich bin Das‘, Soham.

177. Er hat Das erkannt, das ohne Klang, ohne Berührung, ohne Gestalt, ohne Verfall,
ohne Geschmack, ohne Geruch, ohne Anfang, ohne Ende, jenseits des Intellekts ist, ewig
und unveränderbar. Er ist dem Rachen des Todes entkommen.
178. Der Atman ist transzendent, jenseits aller Vorstellungen. Er ist jenseits von Materie.
Er ist reiner Geist. Er ist reines Bewusstsein.

179. Der Atman ist jenseits von Geist und Sprache. Jenseits von Klang, Berührung,
Geschmack und Geruch.

180. Der Atman ist Glückseligkeit und Wissen.

181. Die Erde ist grob. Der Körper ist grob. Doch der Atman ist feiner als das Feine.

182. Klang, Berührung, Geschmack und Geruch existieren nicht in Atman. Deshalb kann
Er nicht erlöschen, Er kann nicht steigen und nicht sinken.

183. Etwas, das vergeht, ist flüchtig. Der Atman ist ewig.

184. Was einen Anfang hat, hat eine Wirkung und geht in die Ursache ein. Deshalb ist es
nicht ewig.

185. Der Atman hat keine Ursache, in die Er eingehen könnte. Er ist die Ursache von
allem und hat keine Wirkung. Da Er keine Wirkung hat, ist Er ewig.

186. Vergängliche Objekte, wie Bäume, Blumen, Körper haben einen Anfang und ein
Ende. Der Atman jedoch ist ohne Anfang und ohne Ende, da Er ewig ist.

187. Vernachlässige das nicht. Das ist deine erste Pflicht. Das ist deine höchste Pflicht.

188. Da der Atman feinstofflich ist, ist der Pfad des Wissens, der zu Ihm führt, schwierig
zu gehen.

189. Der Aspirant, der auf der Klinge wandelt, muss vorsichtig, wachsam, bestrebt und
intelligent sein.

190. Es versteht sich von selbst, dass ein Guru unverzichtbar ist.

191. Die Upanishaden sind Aufzeichnungen der intuitiven Erfahrungen großer Weiser und
Seher.

192. Der Atman ist verschieden vom Intellekt, denn Er ist der stille Zeuge, das absolute
Wissen und die Seele aller Wesen.

193. Nur das Unveränderliche kann als ewig bezeichnet werden.

194. Wer den Atman erkannt hat, ist dem Rachen des Todes entkommen. Er ist frei von
den Fesseln von Geburt und Tod. Er ist frei von den drei Blockaden (Granthi) - von
Unwissenheit, Wunsch und Handlung. Er erlangt Unsterblichkeit.
Philosophie der Sehnsucht

195. Das aus Sich Selbst Seiende (Brahman) schuf die nach außen gerichteten Sinne.
Deshalb sieht der Mensch das externe Universum und nicht das innewohnende Selbst
(Atman). Doch der Weise wendet Sinne und Augen von den äußeren Sinnesobjekten ab,
sehnt sich nach Unsterblichkeit und erkennt den Atman in sich.

196. Es ist nicht möglich, Licht und Dunkelheit zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu
haben. Es ist nicht möglich, Sinnesfreuden und gleichzeitig Glückseligkeit zu erfahren. Es
ist nicht möglich, in Sinnesfreuden zu schwelgen und zur gleichen Zeit das innere Selbst
zu erblicken. Es ist nicht möglich, den Mammon und Gott gleichzeitig anzubeten.

197. Der Unwissende läuft den externen Objekten der Begierde hinterher und gerät in den
Fallstrick des Todes. Doch der Weise, das Wesen der Unsterblichkeit kennend, trachtet
nicht nach den flüchtigen Objekten hier auf Erden.

198. Die zwei Hindernisse, die dem Erkennen des Selbst im Wege stehen, sind die
Tendenz der Sinne, externen Objekten zu verfallen und der Wunsch nach Freuden in
dieser und der nächsten Welt.

199. Die Sinne suchen aufgrund von Vikshepa Shakti (Rajas) im Außen.

200. Nicht nur die Augen, alle Sinnesorgane müssen von ihren jeweiligen Objekten
zurückgezogen werden.

201. Der Grund für das Wünschen ist Unwissenheit. Wünschen entsteht aus Avidya.

202. Wenn Rajas in den Sinnen durch Sattva erdrückt wird, gehen die Sinne in den Geist
ein. Sie wenden sich nicht mehr nach außen.

203. Der Mensch hat seine Göttlichkeit aufgrund von Unwissenheit vergessen. Sein Geist
folgt den Sinnesfreuden.

204. Unwissende, die weder Verstand noch Unterscheidungskraft besitzen, rennen


externen Objekten hinterher und verfangen sich so in den Maschen des Todes.

205. Der Atman steigt nicht und sinkt nicht. Er ist unveränderlich und unsterblich.

206. Die Weisen, die die Glückseligkeit des Atman genießen, kümmern sich nicht um
Sinnesfreuden.

207. Die Summe der Sinnesfreuden ist nur ein Tropfen im Vergleich zur Glückseligkeit
des Atman. Der Atman ist der Ozean der Glückseligkeit.

208. Der Wunsch nach Sinnesfreuden steht dem Wissen über das Selbst entgegen. Er steht
dem Erkennen des Selbst entgegen.
209. Würde jemand Zucker essen, wenn Mangos reichlich vorhanden sind?

210. Dem Selbst, durch das wir Form, Geschmack, Geruch, Klang und Berührung
erfahren, bleibt nichts verborgen. Wahrlich, Dieses ist Das (Brahman).
211. Der Atman ist absolutes Wissen. Er ist absolutes Bewusstsein.

212. Was in dieser Welt bleibt dem Atman verborgen? Alles ist dem Atman bekannt.

213. Geist und Intellekt sind unempfänglich. Sie borgen ihr Licht von Atman. So wie der
Mond Licht von der Sonne borgt.

214. Geist, Intellekt und Sinne erfüllen ihre Aufgaben durch das Licht des Atman.

215. Der Atman steht hinter allen Sinneswahrnehmungen, Geist und Intellekt.

216. So wie Eisenspäne sich zum Magnet hin bewegen. So bewegen sich Geist, Sinne und
Intellekt hin zu Atman.

Jenseits von Furcht und Leid


217. Das, wahrlich, ist der Atman, verschieden von Tugend und Untugend, Ursache und
Wirkung. Er ist Vishnu, darüber hinaus ist nichts.

218. Der Weise weiß, dass alles was er im Wachen und im Traum wahrnimmt, der
allgegenwärtige Atman ist. Er leidet nicht mehr.

219. Turiya (der vierte Zustand) übertrifft Wachen, Schlaf und Tiefschlaf.

220. Der Atman ist der stille Zeuge der drei Bewusstseinszustände. Er wird Turiya
genannt.

221. Durch Atman allein ist man sich des Träumens und Wachens bewusst.

222. Wer den ewigen Atman erkennt, wird absolut furchtlos.

223. Furcht kommt nur auf, wenn man am Körper anhaftet, wenn man sich mit dem
Körper identifiziert.

224. Wer sich mit seinem physischen Körper identifiziert, versucht, ihn zu schützen.

225. Wo immer Anhaftung herrscht, herrschen auch Furcht und Ärger.

226. Der Atman ist Eins ohne ein Zweites und ewig; so Er erkannt ist, was will man dann
vor wem schützen?

227. Der Weise sieht das Selbst überall.

228. Der Weise steht über dem Körperbewusstsein. Er ist vollkommen furchtlos.
229. Atman zu kennen heißt, Atman zu verwirklichen.

230. Atman zu kennen heißt, Atman zu sein.

Einheit von Brahman, Mensch und Welt

231. Brahman erscheint durch den Upadhi (begrenzende Beifügung), d.h.Avidya, als Jiva.

232. Brahman erscheint durch den Upadhi Maya als Hiranyagarbha.

233. Die Gesamtheit aller Jivas (Samashti) ist Hiranyagarbha.

234. Der Jiva ist der mikrokosmische Aspekt Brahmans.

235. Wenn der Upadhi weicht, werden Hiranyagarbha und Jiva eins mit Brahman.

236. Hiranyagarbha ist die erste Manifestation Brahmans durch Meditation.

237. Brahman, Hiranyagarbha genannt, entstand.

238. Hiranyagarbha ist kosmischer Prana oder kosmische Intelligenz.

239. Alle Götter weilen in Brahman wie die Speichen in der Nabe. Alle Götter hängen von
Brahman ab.

240. So wie die Welle nicht vom Ozean verschieden ist, so wie Goldschmuck nicht
verschieden ist von Gold, so ist diese manifestierte Welt nicht verschieden von Brahman.

241. Der Unterschied besteht nur im Namen. So wie ein Seil als Schlange erscheint, so
erscheint Brahman durch Avidya bzw. Maya als Welt der Namen, Formen und
Handlungen, (Nama, Rupa, Kriya).

242. Wer denkt: ‚Ich bin verschieden von Brahman‘, der wird wiedergeboren und stirbt.
Doch wer fühlt: ‚Ich bin wahrlich das alldurchdringende, unsterbliche Satchidananda
Brahman‘, der erlangt Unsterblichkeit.

243. Brahman ist die Verkörperung der ewigen Erkenntnis (Nitya Vijnanaghana
Svabhava).

244. Brahman ist frei von Eigenschaften des Samsara (Sarva Samsara Dharma Varjitam).

245. Die Höchste Seele ist mit der individuellen Seele und mit der gesamten Schöpfung
identisch.

246. Das Fehlen von Unterscheidungsfähigkeit ist der Grund für Wiedergeburt.
Ästhetik und das Selbst

247. Allein durch den Geist kann Brahman erkannt werden. Es gibt keinen Unterschied
zwischen Geist und Brahman. Wer einen solchen sieht, geht von Tod zu Tod.

248. Der Geist ist zweigestaltig: Suddha Manas - der reine Geist und Asuddha Manas - der
verunreinigte Geist, angefüllt mit Vasanas, Ego und Gier.

249. Brahman kann nur durch einen geläuterten Geist erkannt werden. Dazu lese man die
Schriften, lerne bei einem Lehrer, praktiziere die vier Absichten (siehe Vers 36) und
meditiere stetig auf das Selbst.

250. So man das Selbst erkannt hat, verschwindet die Unwissenheit.

251. Der Weise erkennt Brahman in allem, nichts anderes existiert. Die Welt ist die
Manifestation Brahmans allein, sie ist in ihrem Wesen nicht verschieden von Brahman.

252. Wer Verschiedenheit sieht, mit von Unwissenheit verdunkelten Augen, geht von Tod
zu Tod.

253. Daumengroß sitzt der Purusha in der Mitte des Körpers. Er ist der Herr der
Vergangenheit und der Zukunft, nachdem er Ihn erkannt hat, kennt der Weise keine Furcht
mehr. Dieses ist Das.

254. Der Purusha weilt im Herzen. Der Atman wird Purusha genannt, weil Er in der Stadt
(Puri) des Körpers weilt, und weil alles von Ihm durchdrungen ist, die ganze Welt ist
Seine Fülle.

255. Der Atman ist grenzenlos, die Größe eines Daumens ist nur ein Hilfsmittel zur
Meditation für Anfänger.

256. Zu Beginn meditiert der Aspirant auf den Atman als ein im Herzen strahlendes Licht
(Jyoti) in Größe eines Daumens.

257. Nachdem der furchtlose, unsterbliche Atman erkannt ist, ist die Furcht vergangen.

258. Brahman ist der perfekte Purusha. Es ist die Seele, die im Herzen eines jeden
Menschen weilt. Es ist der Herrscher über das Wissen. Es ist in Herz und Geist verborgen.
Wer so weiß, erlangt Unsterblichkeit.

259. Brahman ist eine Flamme ohne Rauch. Es ist der Herr über Vergangenheit und
Zukunft. Nur Es allein ist heute und wird morgen sein. Dieses ist wahrlich Das.
260. Brahman ist ewig, unsterblich (Kutastha) und unbewegt.

261. Brahman weilt heute in allen Lebewesen, und so wird es sicher auch morgen noch
sein.

262. Der Regen fällt auf den Berg, das Wasser rinnt hinunter ins Tal, verteilt sich und
verliert sich. Der Unwissende sieht Unterschiede im Leben; denkt, verschiedene Selbste
seien in verschiedenen Körpern; denkt, die Welt sei verschieden von Brahman und die
einzelnen Seelen seien verschieden von anderen Seelen und von der Höchsten Seele; sieht
Dinge als verschieden von der Seele; hat nicht das Substrat von allem erkannt; hat nicht
die Nichtzweiheit Brahmans und Seine ewige, unsterbliche, unwandelbare Einheit erfasst.
Dieser Unwissende ist im Kreislauf von Geburt und Tod gefangen.

263. Reines Wasser in reines Wasser gegossen wird eins mit dem reinen Wasser. Die
geläuterte individuelle Seele wird eins mit der Höchsten Seele, so sie das Höchste Selbst
durch Intuition erkannt hat, die Vorstellung von Unterschieden durch das Wissen über
Atman überwunden hat, die Einheit von Selbst und Atman erkannt hat.

264. Der Aspirant sollte unerschütterliches Vertrauen in die Lehren der Shrutis haben.
Ohne dieses Vertrauen gibt es kein Erkennen des Selbst.

Der innere Herrscher


265. Die Stadt Brahmans, dessen Wissen ewig ist, hat elf Tore. Brahman verehren lässt
Kummer vergehen und befreit von allen Bindungen, man wird frei. Dieses ist wahrlich
Das.

266. Zwei Augen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher, ein Mund, das sind sieben Tore. Der
Nabel und die zwei unteren Öffnungen sind zusammen zehn. Das elfte ist Brahmarandhra,
die Öffnung Brahmans, die Fontanelle.

267. So wie eine Stadt einem König gehört, er jedoch unabhängig von der Stadt ist, so
gehört der Körper einem König (Atman), der unabhängig vom Körper ist.

268. Wer auf Brahman meditiert und das Selbst erkannt hat, der ist frei von Kummer. Er
ist frei von allen Bindungen und frei vom Kreislauf von Geburt und Tod.

269. Der Weise ist frei von den Wünschen und Fesseln des Karma, die durch
Unwissenheit entstehen. Er wird vollkommen furchtlos. Er nimmt keinen weiteren Körper
an. Er geht in Brahman ein.

270. Brahman schickt Prana nach oben und Apana nach unten. Dieses im Inneren
weilende Verehrungswürdige verehren die Götter.

271. Fünf Prinzipien der Lebenskraft kennen wir - Prana, Apana, Vyana, Udana und
Samana. Es gibt weitere fünf untergeordnete Pranas (Upapranas). Der höchste Prana,
Mukhyaprana, nimmt die zehn Formen an, je nach Aufgabe eines jeden einzelnen Pranas
(Vritti Bheda).

272. Prana ist Odem. Apana hat die Funktion der Ausscheidung. Vyana lässt das Blut
zirkulieren. Udana lässt die Stimme wirken. Samana hat die Funktion der Verdauung.

273. Prana ist nicht Atem. Prana ist Lebensenergie. Atem ist nur eine der vielen
Manifestationen von Prana. Prana ist mit Atem verbunden.

274. Geist und Sinne verehren ihren Herrn, den Atman, indem sie die ihnen zugeteilten
Aufgaben erfüllen.

275. Sie stimmen ihren Herrn, den Atman, günstig, indem sie die verschiedenen
Wahrnehmungen - Form, Klang, Geruch, Geschmack und Berührung - Ihm darbringen, so
wie das Volk den König günstig stimmt, indem es ihm Gaben darbringt.

276. Sinne, Geist und Prana sind stets damit beschäftigt, dem Atman zu dienen und Ihn zu
erfreuen.

277. Der Atman allein leitet Geist, Sinne und Prana in den ihnen zugeteilten Aufgaben an.

278. Die fünf Sinnesorgane sammeln Empfindungen aus der Außenwelt und bringen sie
dem Atman dar. Das ist ihre Art der Verehrung.

279. Sobald der Atman den Körper verlässt, löst dieser sich auf. So wie ein Volk sich
auflöst, wenn der König aus dem Land gejagt wurde.

280. Der Sterbliche lebt weder durch Prana noch durch Apana, sondern durch Das, von
dem diese beiden abhängen.

281. Die wahre Grundlage des Lebens ist der Atman. Prana, Apana, Vyana, Udana und
Samana können nicht die Grundlage des Lebens sein. Sie arbeiten nur zusammen zum
Wohle des Atmans.

282. Der Körper löst sich auf, wenn Prana und Apana ihn verlassen und sich der Atman
zurückzieht.

283. Ein Haus besteht zum Wohle des Besitzers, der verschieden ist vom Haus und sein
Herr ist. Prana, Apana, Vyana, Udana, Samana, die Sinne und der Geist bestehen zum
Wohle des Atmans, der verschieden von ihnen ist und ihr Herr.

284. Prana und Apana hängen von Atman ab.

285. Sie vollziehen ihre Pflichten in Harmonie zum Wohle des Atman, ihres Herrn.

286. Die Stütze der Wesen, des Pranas, der Sinne und des Geistes ist der Atman. Er ist
völlig unabhängig.
287. Wie Getreide vergeht der Sterbliche und wie Getreide wird er wiedergeboren.

288. Manche Jivas gehen in einen Leib ein, um einen Körper zu erhalten, andere gehen in
anorganische Substanzen ein, je nach deren Karma und Bewusstsein.

289. Der Jiva nimmt den Körper an, den sein Karma bedingt und seinem Bewusstsein
entspricht.

290. Er kann Indra werden oder sogar Hiranyagarbha. Er kann in der kosmischen
Hierarchie alles werden. Er kann sein letztes Leben antreten und ein Jivanmukta, ein
befreiter Weiser, werden.

291. Er kann ein Muni, ein Tapasvin oder ein Yogi werden, so er sehr gute spirituelle
Samskaras mit sich bringt.

292. Er kann je nach seinem Karma auch ein Baum oder etwas Anorganisches werden.

293. Brahman ist der stille Zeuge der drei Bewusstseinszustände Wachen, Traum,
Tiefschlaf.

294. Der Purusha schläft nie. Selbst wenn Prana, die Sinne und der Geist schlafen, ist Er
der Zeuge (Sakshi) von allem.

295. Brahman ist ewig rein und unsterblich.

296. Brahman ist die Ursache der Welt. Alle Welten hängen nur von Ihm ab. Er ist die
Stütze aller Welten. In Ihm sind alle Welten enthalten.

297. Im Tiefschlaf ruhst du in Brahman. Du kommst in Kontakt mit Brahman, doch da ist
der Schleier der Unwissenheit. Deshalb bist du dir Brahmans nicht bewusst.

298. In Samadhi ist dieser Schleier verschwunden. Dein reines Bewusstsein ist eins mit
dem absoluten Bewusstsein.

299. Während der Geist und die Sinne im Tiefschlaf ruhen erfährst du die Glückseligkeit
in Brahman.

300. Deshalb sagst du, wenn du ins Wachbewusstsein zurückkommst: ‚Ich habe gut
geschlafen, ich weiß von nichts‘.

301. Dieses Erinnern an die Glückseligkeit beweist, dass Brahman ist, nichtdual,
glückselig.

Das allgegenwärtige Selbst


302. Wie das eine Feuer, sobald es in der Welt erstrahlt, verschiedene Formen annimmt, je
nachdem, was es verbrennt, so nimmt der ewige Atman aller Lebewesen, obwohl Eines,
verschiedene Gestalten an, je nachdem, in was er in der Außenwelt eingeht. Und dennoch
ist Er jenseits aller Gestalt.

303. Viele sprechen, um ihre Belesenheit zu zeigen oder über anderen zu stehen. Sie
sprechen nicht der Wahrheit wegen.

304. Ehrliche und ernstgemeinte Gespräche mit großen Seelen, um Zweifel zu beseitigen
und Klarheit zu erlangen, ist wünschenswert.

305. Ernsthafte Aspiranten mögen unter sich schwierige und abwegige Probleme erörtern.
Das ist sehr hilfreich für ihr Wachstum und ihr Verständnis.

306. Das Wissen über die Einheit mit dem Atman ist auch nach Erklärungen und
Wiederholungen nicht leicht zu verstehen. Deshalb erklären die Srutis die Wahrheit über
Atman durch verschiedene Darstellungen, Gleichnisse und Analogien.

307. Der Atman ist stets rein und verschieden von Gestalt. Es wird nicht im Geringsten
von Gestalt berührt, denn Er ist ohne Beifügungen und feinstofflich, reines Bewusstsein,
Seele, Geist.

308. Wie sollte es eine Verbindung zwischen Materie und Geist geben?

309. Der Atman nimmt durch die Upadhis verschiedene Gestalten an, Geist, Sinne, Prana,
Körper, Er ist jenseits von Name und Form.

310. Der Atman ist ein Mysterium.

311. Die Luft nimmt, nachdem sie die Welt betreten hat, verschiedene Formen an, je
nachdem in welches Behältnis sie eingeht. Der Atman nimmt ebenso verschiedene
Gestalten an, je nachdem in welchen Körper Er eingeht. Dennoch ist er jenseits von Name
und Form.

312. Die Sonne, das Auge des Universums, wird von den Defekten des physischen Auges
nicht berührt. Der Atman, das Wesen von allem, wird nicht durch das Leid der Welt, das
aus Wunsch und Karma entsteht, berührt.

313. Die Schlange überlagert das Seil, so das Licht schwach ist. Silber überlagert Perlmutt.
Die Welt und der Körper überlagern den Atman durch Avidya.

314. Das Seil bleibt von der Schlange unberührt, der Atman wird nicht berührt von
Überlagerung.

315. Handlung, Wirkung, Frucht (Kriya, Karta, Phala) überlagern fälschlicherweise den
Atman durch Unwissen. Es sind alles nur falsche Wahrnehmungen, wie die falsche
Wahrnehmung einer Schlange im Seil.
316. Der Atman handelt nicht (Akarta) und genießt nicht (Abhokta). Er ist unberührt
(Asanga, Nirlipta).

317. Brahman ist Eines. Es ist der Herrscher, der Atman aller Wesen. Es wird nicht
berührt vom Leid der Welt.

318. Brahman ist der Herr über alles. Alldurchdringend, unabhängig. Nichts ist Ihm
gleich.

319. Obwohl Eines, manifestiert Es sich in verschiedenen Namen und Formen.

320. Der Weise der Es schaut, erfährt ewige Glückseligkeit.

321. Der weltliche Mensch, bar jeder Unterscheidungskraft, erfreut sich an den Objekten
im Außen. Er wird nie die Glückseligkeit Atmans genießen. Der Atman wird durch seine
Unwissenheit verdeckt.

322. Für den Weisen ist das Selbst das Ewige inmitten des Transzendenten, das
Bewusstsein inmitten des Bewusstseins. Es, obwohl Eines, gewährt die Wünsche vieler,
weilend in ihnen. Ihnen sei ewiger Frieden. Niemand anderem.

323. Der Atman ist ewig und unveränderlich. Die Welt von Name und Form ist
vergänglich und veränderlich.

324. Körper, Geist, Sinne und Prana, sie alle sind mit der Bezeichnung ‚Welt‘ gemeint.

325. Die Welt ist ein flüchtiger Schatten.

326. Der Wandel setzt eine Grundlage voraus, die ewig und unveränderlich ist.

327. Wandel kann nur im Unwandelbaren erfolgen.

328. Die Leinwand im Kino verändert sich nicht, doch die Bilder wandeln sich ständig.
Brahman repräsentiert die Leinwand, die flüchtige Welt der Namen und Formen
repräsentiert die Bilder.

329. Heißes Wasser borgt seine Hitze vom Feuer, der Intellekt borgt seine Intelligenz von
Atman, der Grundlage von allem.

330. Wer den in seinem Herzen weilenden Atman erkennt, erfährt ewigen Frieden. Die
Unwissenden leiden in Samsara.

331. Der Weise, der Wunschlosigkeit erreicht hat, erkennt diese unbeschreibliche
Glückseligkeit von Dieses ist Das.
332. Weder Sonne, Mond, Sterne, Blitze noch Feuer strahlen. Wenn Es strahlt, strahlt alles
andere auch. Durch Sein Licht strahlen sie.

333. Der Atman strahlt aus Sich Selbst heraus.

334. Etwas aus Sich Selbst Strahlendes benötigt kein Licht für sein Erstrahlen
(Nirapeksha).

335. Wenn du sagst, der Atman erhält Sein Licht von einem Licht, dann muss dieses Licht
wiederum ein Licht haben, das es illuminiert. Dies führt zu Anavasthadosha, in die
Unendlichkeit. Deshalb muss der Atman aus Sich Selbst heraus strahlen.

Der Baum des Samsaras

336. Wir kennen den alten Ashvattha Baum, dessen Wurzeln oben und die Äste unten
sind. Das ist der Baum der Schöpfung. Das ist Brahman und nur Das wird unsterblich
genannt. Davon hängen die Welten ab und niemand sieht dahinter. Dieses ist wahrlich
Das.

337. Du kannst das Wesen Brahmans erkennen, die Quelle des Samsara Baumes (Maya
Vriksha), so du die Wirkung erfasst, den Samsara Baum.

338. Die Welt hat ihre Wurzeln in Brahman. Aus Brahman allein gedeiht das Universum.

339. Wie ein Baum mit der Axt gefällt werden kann, so kann der Samsara Baum ebenfalls
gefällt werden. Die Axt ist Verhaftungslosigkeit, Atma Jnana oder Kenntnis über das
Selbst.

340. Der Samsara Baum erhält seinen Lebenssaft von seiner Quelle, Parabrahman und
wächst durch den Samen der Unwissenheit.

341. Hiranyagarbha oder Karya Brahman]] ist sein Spross. Die feinstofflichen Körper aller
Lebewesen sind sein Rumpf.

342. Das Universum hat sich aus Brahman entfaltet. Brahman ist ein Donnerkeil. Wer so
weiß, erlangt Unsterblichkeit.

343. Prana ist Brahman. Brahman ist der Ursprung der Welt. Er ist der Herr der
Schöpfung. Der Mensch erlangt Unsterblichkeit durch Wissen über Brahman.

344. Die Aussage, die Welt sei aus dem Nichts entstanden ist absurd. Sie ist aus Brahman
entstanden. Sie schwingt in Brahman. Sie ruht in Brahman. Sie geht in Brahman ein.

345. Brahman ist das Substrat der veränderlichen Welt.

346. Brahman ist ohne Veränderung und ohne Bewegung.


347. Schwingung kann nur in Unbewegtem entstehen. Dieses Unbewegte ist Brahman.

348. So wie der Diener den Anordnungen des Herrn gehorcht, so gehorcht die Welt den
Schöpfungsgesetzen.

349. Den Schöpfungsgesetzen kann niemand entrinnen. Niemand kann sie übertreten.

350. Alles ist unter deren Kontrolle. Schöpfung, Erhaltung, Auflösung sind einem
unveränderlichen, göttlichen Gesetz unterworfen, dem niemand zuwider handeln kann.
Deshalb ist Brahman, handelnd als dieses Gesetz, ein Donnerkeil.

351. Jene, die Brahman erkennen, den Zeugen all unserer mentalen Erregungen (Vritti),
den Urgrund allen Seins, den Herrn der Schöpfungsgesetze, erlangen Unsterblichkeit.

352. Aus Furcht vor Brahman brennt das Feuer, scheint die Sonne und tun Indra, Vayu
und Yama ihre Pflicht.

353. Wäre Brahman nicht der Herrscher der Welt, mit dem Donnerkeil in den Händen,
würde die Welt nicht in Harmonie und Perfektion bestehen. Ein sinnvolles Wirken der
Weltenhüter (Loka Palas) wäre nicht möglich.

Erkenne das Selbst jetzt

354. Wer noch in diesem Leben hier auf Erden, vor dem Tod seines Körpers, Brahman
erkennt, wird von den Fesseln der Welt befreit. Dem dies nicht gelingt, kommt in einem
neuen Körper zurück in die Welt.

355. Deshalb sollten ernsthafte Anstrengungen unternommen werden, vor dem Verfall des
Körpers, Brahman zu erkennen.

356. So wie man im Spiegel klar sein Spiegelbild erkennt, so kann Brahman im eigenen
Intellekt klar erkannt werden.

357. In der Welt der Ahnen wird die Wahrnehmungundeutlich, sie sind in den Genuss
ihrer karmischen Früchte vertieft. Auch im Traum ist die Wahrnehmung getrübt.

358. Die Reflektion unseres Bildes im Wasser ist verschwommen, ebenso ist die
Wahrnehmung des Atman in der Welt der Gandharvas verschwommen.

359. In Brahmaloka kann der Atman deutlich wahrgenommen werden. Er hebt Sich ab wie
Licht vom Schatten.

360. Schwierig ist es, Brahmaloka zu erreichen. Besonderes Karma oder Verehrung sind
nötig, um es zu erreichen.

361. Deshalb sollte man den Atman im Intellekt erkennen, solange man noch in der Welt
weilt.
362. Der Weise hat erkannt, dass die Sinne von Atman verschieden sind, ihre Aktivitäten
berühren ihn nicht mehr.

363. Die fünf Sinne bestehen neben ihrer Quelle, um die ihnen zugeordneten Objekte
wahrzunehmen.

364. Der Atman ist rein, unbefleckt und aus Sich Selbst strahlend. Das Wesen der Sinne
unterscheidet sich vom Wesen Brahmans.

365. Die Sinne wirken während des Wachens. Sie gehen auf beim Erwachen und unter im
Tiefschlaf.

366. Der Atman geht weder auf noch unter.

367. Der Atman kennt weder Anfang noch Ende.

368. Sprunghaft sind Sinne und Geist und können klar von Atman unterschieden werden,
der klar, unveränderbar, alldurchdringend, unteilbar, ohne Anfang und ohne Ende ist.

369. Der Weise leidet nicht, er hat den Unterschied zwischen Atman und Sinnen erkannt,
ihr Auf und Ab, ihr Wachen und Schlafen.

370. Der Kenner des Atmans hat das Leid überwunden und ruht in Glückseligkeit.

Höchstes Bewusstsein

371. Höher als die Sinne ist der Geist. Höher als der Geist ist der Intellekt. Höher als der
Intellekt ist der kosmische Intellekt, höher als dieser ist Avyakta, das Unmanifestierte.

372. Jenseits von Avyakta ist der Purusha, der Alldurchdringende, jenseits eines
Sinnbildes. Wer Ihn erkennt, erlangt Befreiung und Unsterblichkeit.

373. Die Sinne sind von Atman verschieden, Er kann von den Sinnen im Außen nicht
erfasst werden, denn Er ist das Innerste aller Dinge.

374. Das Wissen über diese Abstufung ist notwendig, um Unsterblichkeit und
letztendliche Befreiung zu erlangen.

375. Zum Zeitpunkt von Pralaya geht die Welt in Avyakta ein. Jenseits von Avyakta ist
der alldurchdringende Purusha.

376. Das Symbol, das durch die Sinne erkannt und verstanden werden kann, wird Linga
genannt. Kein Linga zu haben ist Alinga.
377. Wer von Ihm durch den Lehrer, durch die Shastras und durch Intuition erfahren hat,
der erreicht Unsterblichkeit und letztendliche Befreiung. Er ist von den Knoten des
Herzens wie Wunsch, Unwissenheit und Handlung befreit.

378. Seine Gestalt kann nicht gesehen werden. Niemand sieht Ihn mit seinen physischen
Augen. Er enthüllt sich dem Aspiranten durch Kontrolle des Geistes und tiefe Meditation.
Die Brahman erkennen, erlangen Unsterblichkeit.

379. Der Atman kann nicht durch das physische Auge gesehen werden, denn Er ist
feinstofflich, jenseits der Wahrnehmung von Geist und Sinnen.

Schriften und Guru

380. Wer durch reinen Intellekt den im Herzen Weilenden erkennt, erlangt
Unsterblichkeit.

381. Wenn die fünf Sinnesorgane zusammen mit Geist und Intellekt ruhen, ist der höchste
Zustand erreicht.

382. Der Mensch erfährt das Wissen der Welt durch die fünf Wahrnehmungsorgane.

383. Die Sinne sammeln die Erfahrungen aus der Welt und präsentieren sie dem Atman
durch Geist und Intellekt.

384. Wenn die fünf Wahrnehmungsorgane vom Außen zurückgezogen werden und in den
Geist eingehen, wenn der Geist auf den Atman gerichtet ist, wenn der Intellekt zur Ruhe
gekommen ist, dann ist der höchste Bewusstseinszustand erreicht.

385. Wenn Sinne und Intellekt zur Ruhe gekommen sind, die Emotionen unter Kontrolle,
dann ist der höchste Bewusstseinszustand erreicht. Das wird Yoga genannt.

386. Yoga ist der erhabenste Weg, denn er führt zu Moksha.

387. Die Kontrolle der Sinne nennen sie Yoga. Sei vorsichtig, denn Yoga wird erlangt und
verloren.

388. Die Sinne sind zurückgezogen und der Geist ist durch stetige Konzentration und
Meditation auf Atman fixiert.

389. Der Yogi sei wachsam, denn Yoga kommt und geht.

390. Yoga kommt. Und geht, wenn der Geist nicht ruhig ist, wenn die Sinne nicht unter
Kontrolle sind, wenn Leidenschaftslosigkeit nachlässt, wenn Unlust bei der Meditation
aufkommt.

391. Vollkommene Wachsamkeit ist nötig, wenn man mit der Yoga Praxis beginnt.
Die zwei Augen eines Sadhaka

92. Der Atman kann durch Sprache nicht beschrieben, durch den Geist nicht erfasst und
durch das Auge nicht erkannt werden.

393. Weder Darlegungen noch metaphysisches Denken helfen dem Aspiranten, Brahman
zu erkennen.

394. Maharshi Vyasa und Shri Shankara lehrten durch Beweis und Logik. Ihre Doktrin
basiert hauptsächlich auf Shabda Pramana (Zeugnis der Veden), das so gut wie unfehlbar
ist.

395. Vertraue den Worten der Shrutis und den Sehern, die Atman durch Intuition erkannt
und versichert haben, dass Atman ist.

396. Shabda Pramana, die Shrutis, Apta Vakya, die Worte der Seher, sind von äußerster
Wichtigkeit.

397. So du Atman erkennen willst, habe Vertrauen in die Worte des Gurus, der das Selbst
erkannt hat, und folge seinen Anweisungen.

398. Der Atman muss von einem Guru erkannt worden sein, der weiß, dass Atman ist.

399. Wenn der Atman durch die Sinne nicht wahrgenommen werden kann, wie kann Er
dann wahrgenommen werden? Nur durch die Belehrungen eines Gurus, der weiß, dass Er
ist.

400. Ihr müsst wissen, dass Es ist und was Es ist. Wer so weiß, erkennt Sein wahres
Wesen.

401. Dem, der auf Brahman meditiert und sich mit den vier Absichten (siehe Vers 36)
ausstattet, dem enthüllt Sich Brahman.

Entsagung: die Voraussetzungen


402. Wenn Wunschlosigkeit erlangt ist, erlangt der Sterbliche Unsterblichkeit und erkennt
Brahman.

403. Die Voraussetzung für Unsterblichkeit ist Entsagung aller Wünsche und
Anhaftungen.

404. Die weltlichen Wünsche werden nur überwunden, wenn die Fesseln der Unwissenheit
zerschnitten sind.

405. Der Geist ist der Sitz des Wunsches. In Atman ist kein Wunsch, Er ist rein und
makellos.

406. Wünschen ist die Ursache für Leid und Bindung.


407. Wenn durch Erkenntnis des Selbst Wunschlosigkeit erlangt ist, erlangt der Sterbliche
Unsterblichkeit. Er wird Brahman noch während er in diesem Körper weilt. Er ist von den
Fesseln des Karma befreit.

408. Wenn alle Knoten des Herzen hier auf Erden gelöst werden, erlangt der Sterbliche
Unsterblichkeit.

409. Unwissen, Wunsch und Handlung sind die drei großen Knoten. Egoismus, Hass,
Lust, Eifersucht und Stolz entstanden aus Unwissenheit, sind kleine Knoten.

410. Weitere Knoten sind die Vorstellungen ‚Ich bin dieser Körper‘, ‚Das ist mein Besitz‘,
‚Ich bin ein Brahmane‘, ‚Ich bin ein Minister‘.

411. Sie werden durch die Erkenntnis der Einheit mit Brahman ‚Ich bin Brahman‘
vernichtet.

Das menschliche Energiesystem: Nadis, Chakren, Marmapunkte


Wissen über die Nadis

412. Einhundertundein Nervenkanäle (Nadis) sind bekannt. Einer von ihnen, Sushumna,
durchdringt die Krone des Kopfes. Eine energetische Aufwärtsbewegung entlang der
Sushumna zum Zeitpunkt des Todes lässt Unsterblichkeit erlangen. Die anderen
Nervenkanäle haben andere Wirkungen.

413. Der Jivanmukta, der das Selbst erkannt hat, geht nirgendwohin. Seine Pranas gehen
nirgendwohin. Brahman seiend erreicht er Brahman. Er erlangt Kaivalya Mukti]].

414. Wer Kaivalya Mukti nicht erlangt hat, wer das höchste Brahman nicht erkannt hat,
jedoch das niedere Brahman (Saguna Brahman) verehrt hat, geht durch den Sushumna
Nadi zur Sonne und dann durch weitere Bereiche nach Brahmaloka, wo er bis zum Ende
des Schöpfungszyklus‘ weilt. In Brahmaloka genießt er unvergleichliche Freuden. Wenn
der Zyklus endet, geht er mit Brahma in Brahman ein. Das ist Krama Mukti (allmähliche
Befreiung).

415. Die anderen Nadis haben andere Auswirkungen. Sie führen zum Zeitpunkt des Todes
auf verschiedene Wege. Wenn die Seele durch diese Nerven geht, wird sie wieder in
Samsara geboren. Sie nimmt einen ihrem Karma entsprechenden Körper an.

416. Der Sushumna Nadi wird auch Brahma Nadi genannt.

417. Der daumengroße Purusha, das innere Selbst, weilt im Herzen aller Wesen. Man
muss Ihn mit Stetigkeit aus dem Körper herausziehen, so wie man einen Halm aus der
Erde herauszieht. Man sollte Ihn als rein und unsterblich erkennen. 418. Du musst die
Essenz, das heißt den Atman, aus den fünf Koshas (Hüllen) herausziehen, geduldig und
mutig durch Vichara und Meditation. Du musst den Atman vom Körper trennen.
419. Als Nachiketas das ihn durch Yama Gelehrte verinnerlicht hatte, erreichte er
Brahman, wurde frei von allen Unreinheiten und vom Tod. So wird es allen ergehen, die
das Wesen Brahmans erkannt haben.

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