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Die Zeitdilatation

Ein Referat von


Tobias Berg Schuljahr 2006/2007

Lehrer
Herr Brucker
1. Geschichtliche Hinführung zur Zeitdilatation

„Was […] geschieht, wenn ich auf einer Lichtwelle reite?“1


Diese Frage, die sich Albert Einstein2 als 16-jähriger Schüler häufiger stellte, ist sicherlich
eine Einladung zu sonderbaren Annahmen und Vermutungen. Daher fragte Einstein sich zu
Recht, ob es möglich ist, sein eigenes „Ich“ zu überholen und infolgedessen sich selbst
möglicherweise „im Rückspiegel“ zu sehen. Dass er mit dieser Frage auf ein Grundproblem
der Physik gestoßen ist, hatte er jedoch noch nicht vorhergesehen. Die Widersprüche in der
Mechanik und in den Gleichungen der Elektrodynamik ließen ihn daraufhin sehr über dieses
Thema nachdenken. Denn die Mechanik lehrt, dass man eine „davonlaufende[…] Welle […]
irgendwann erreichen [kann]“3, falls man schnell genug ist; jedoch den Gleichungen der
Elektrodynamik zufolge „bewegt sich eine Lichtwelle […] immer mit Lichtgeschwindigkeit
[…] [vom Verfolger] fort“4, egal wie schnell der Verfolger ist.
Nach jahrelangen Überlegungen war sich Einstein sicher, dass ein anderes Verständnis von
Raum und Zeit notwendig ist, um diese komplexe Frage zu beantworten. Er kam zu dem
Entschluss, dass Raum und Zeit relativ sind und infolgedessen abhängig vom Betrachter sind.
Deutlich wird Einsteins Überlegung an einem einfachen Beispiel:
Physiker A fährt mit einem ICE mit 250 Stundenkilometern einem Lichtstrahl hinterher. Nach
einer Stunde folgert A, dass der Lichtstrahl 250 Kilometer weiter vorangekommen ist.
Physiker B, der am Bahnhof geblieben ist, wird jedoch sicherlich andere Angaben darüber
machen, wo sich das Licht nach einer Stunde befindet. Beide Physiker machen also
unterschiedliche Angaben über die Lokalität des Lichtstrahls. Also ist „[w]ann und wo sich
etwas ereignet, […] abhängig davon, wer es betrachtet.“5

Nach sorgfältiger Analyse stellte Einstein auch fest, dass die Uhren von Physiker A und B
unterschiedlich gehen: Physiker A im Zug behauptet, dass die Uhr am Bahnhof langsamer
tickt, während Physiker B am Bahnhof sagt, dass die Uhr im Zug langsamer geht. Auch wenn
diese Behauptungen paradox erscheinen, werden diese deutlich, wenn man die Zeit, die A und
B wahrnehmen, mittels „Lichtuhren“ und Spiegel misst und vergleicht6.
Diese Erkenntnis führt zur sog. Zeitdilatation.
1
Ritt auf dem Lichtstrahl – Einsteins Weg zur Relativitätstheorie. In: Der Spiegel, 2005, Heft 3, S.134
2
Albert Einstein (1879 – 1955), deutscher Physiker und Mathematiker
3
Ritt auf dem Lichtstrahl – Einsteins Weg zur Relativitätstheorie, S.134
4
ebenda
5
ebenda
6
Das genaue Experiment wird auf Seite 3 mit der anschließenden Herleitung der „Zeitdilatationsformel“
durchgeführt.

1
2. Die Zeitdilatation

Die Zeitdilatation („Zeitdehnung“) ist ein Phänomen der speziellen Relativitätstheorie:


„Befindet sich ein Beobachter im Zustand der gleichförmigen Bewegung, geht nach der
speziellen Relativitätstheorie jede relativ zu ihm bewegte Uhr aus seiner Sicht langsamer.
Diesem Phänomen unterliegen nicht nur Uhren, sondern jeder beliebige Vorgang und damit
die Zeit im bewegten System selbst. Die Zeitdilatation ist umso stärker, je größer die
Relativgeschwindigkeit der Uhr ist. […] Die Zeitdilatation wird aus jedem Inertialsystem7
beobachtet.“8
Dabei ist zu beachten, dass sie bei Geschwindigkeiten, mit denen der Mensch täglich im
Alltag umgeht (z.B. Zugfahrten) so gering ist, dass sie kaum bemerkt wird. Erst bei
Geschwindigkeiten, die ähnlich der Lichtgeschwindigkeit sind, wird ihre Bedeutung relevant.
Diese Eigenschaft wird an der dazugehörigen Formel der Zeitdilatation deutlich.

3. Wie kann man die Zeitdilatation „veranschaulichen“?


3

I.A. kann man die Zeitdilatation


auch ohne „höhere“ Mathematik
verstehen: Eine Lichtuhr (Lichtuhr
A) befindet sich in einem Zug und
soll so funktionieren, dass jedes
Mal, wenn ein von oben
ausgesendeter Lichtstrahl von
einem unten befestigten Spiegel
oben wieder zurückkommt, der
Zeiger um eine Einheit vorrückt.9
Für den Mitreisenden im Zug
funktioniert diese Uhr „ganz
normal“ mit dem Rhythmus „tick-
tack“. Für einen Betrachter z.B. auf

7
Mit Inertialsystem wird ein Bezugssystem gemeint, welches sich gleichförmig bewegt und nicht beschleunigt
wird (frei nach http://de.wikipedia.org/wiki/Inertialsystem am 07.02.07).
8
http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitdilatation am 07.02.07
9
Zur Vereinfachung der Grafik wird in der Lichtuhr A der Weg des Lichtes von oben nach unten nicht
orthogonal, sondern etwas „versetzt“ angezeigt.

2
einem Bahnsteig bewegt sich die Zeituhr in Fahrtrichtung mit der entsprechenden
Geschwindigkeit v des Zuges. Während sich das Licht auf dem Weg zum Spiegel befindet,
fährt der Zug weiter, der Weg für das Licht wird also länger. Die Zeit für das Licht wird
dadurch auch größer, da die Strecke s1 zurückgelegt werden muss. Dasselbe gilt ebenfalls für
den Rückweg. Für den Beobachter am Bahnsteig würde die Uhr folglich im Rhythmus „tiiik –
taaak“ verlaufen, also langsamer als für den Reisenden im Zug.10

4. Mathematische Herleitung der Zeitdilatation

Die Formel der Zeitdilatation wird anhand der Grafik von S.3 hergeleitet.
Seien v die Geschwindigkeit des Zuges, c die Lichtgeschwindigkeit und t R die Zeit, die der
Beobachter am Bahnsteig „empfindet“.
Aus der Lichtuhr A ergibt sich die Beziehung l = c ⋅ t aufgrund des Weg-Zeit-Gesetzes.
l
Daraus ergibt sich also, dass t = die Zeit in der Uhr A ist.
c
In der Lichtuhr B folgen die zwei Beziehungen s1 = c ⋅ t R und s2 = v ⋅ t R . Durch den Satz des

Pythagoras ergibt sich ( s1 ) = l 2 + ( s2 ) . Ersetzt man l durch c ⋅ t ist ( s1 ) = ( c ⋅ t ) + ( s2 ) .


2 2 2 2 2

 v2 
Nach Umformen wird daraus t = t R ⋅ 1 − 2  . Zieht man nun die Wurzel erhält man die
2 2

 c 
Formel

v2
t = tR ⋅ 1 − ,
c2
was die Formel der Zeitdilatation ist.

Rechenbeispiel:
km km
Falls die Geschwindigkeit des Zuges v = 200 = 0, 05 ist und auf dem Bahnsteig eine
h s

Sekunde vergeht, so vergeht die Zeit für den Mitreisenden t = 1s ⋅ 1 − 2, 7 ⋅10−14 ≈ 1s . An


diesem Beispiel wird deutlich, dass die Zeitdilatation für „humane“ Geschwindigkeiten, mit
denen der Mensch im Alltag umgeht, nicht von großer Bedeutung ist. Die Zeitdilatation wird
erst bei größeren Geschwindigkeiten interessant, was die nächsten zwei Beispiele zeigen.

10
vgl. Dr. Erich Übelacker, Moderne Physik – Was ist Was Band 79. Nürnberg: Tessloff Verlag, S. 8

3
5. Das Myonenexperiment

Das nun vereinfacht beschriebene Myonenexperiment war eines der ersten Beweise für die
Richtigkeit der Einsteinschen speziellen Relativitätstheorie.
Durch Einwirkung kosmischer Strahlen entstehen in der Atmosphäre, ca. 20km über der Erde,
sog. Myonen. Diese Teilchen leben so kurz, dass ihre Hälfte schon nach 1,5 Mikrosekunden
verfallen ist. Eigentlich dürften Myonen, obschon sie näherungsweise mit
Lichtgeschwindigkeit auf die Erde „fallen“, gar nicht auf der Erde ankommen, sondern
müssten nach ungefähr 450m wieder zerfallen. Trotzdem erreichen viele von ihnen die Erde.
Wie das möglich ist erklärt die Relativitätstheorie: Da die Myonen fast Lichtgeschwindigkeit
erreichen, funktionieren ihre „Uhren“, im Vergleich zur Uhr der Erde, langsamer. Wenn für
sie 1,5 Mikrosekunden vergehen, läuft der Uhrzeiger auf der Erde schneller weiter (ca. 80
Mikrosekunden), sodass die Teilchen in der viel längeren Zeit die Erdoberfläche erreichen
können.11

6. Das „Zwillingsparadoxon“

Einer der größten Träume der Menschheit ist sicherlich mit einer „Zeitmaschine“ in die
Zukunft zu reisen. Theoretisch gesehen ist dieser Traum mithilfe der Zeitdilatation möglich.
Das sog. „Zwillingsparadoxon“, das jahrelang für Aufsehen gesorgt hat, zeigt, dass ein
Mensch theoretisch gesehen in die Zukunft reisen kann.
Folgendes Gedankenexperiment liegt dahinter: Falls ein Mensch mit einem schnellen
Raumschiff, das sich mit z.B. 99,94% der Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, reist, würden auf
der Erde 2000 Jahre vergehen, wobei er selbst nur um 68 Jahre altern würde. Sein Leben
erscheint somit also „verlängert“.12
Das Zwillingsparadoxon zeigt dieses unglaubliche Phänomen noch deutlicher auf:
Ein Raumfahrer verabschiedet sich von seinem 20-jährigen Zwillingsbruder, um einen weit
entfernten Stern zu erforschen. Nach 20 Jahren Bordzeit kehrt er wieder auf die Erde zurück.
Als der Raumfahrer seinen Zwillingsbruder wieder sieht, bemerkt er, dass sein Bruder auf der
Erde um 50 Jahre älter ist als er.13
Folgendes „Comic“14 verdeutlicht dieses unglaubliche Paradoxon:

11
vgl. Dr. Erich Übelacker, Moderne Physik – Was ist Was Band 79. Nürnberg: Tessloff Verlag, S. 9
12
Man kommt ungefähr auf das Ergebnis, wenn man die Werte auf die in S.3 hergeleitete Formel einsetzt.
13
vgl. Dr. Erich Übelacker, Moderne Physik – Was ist Was Band 79. Nürnberg: Tessloff Verlag, S. 12f
14
ebenda, S.13

4
Das Zwillingsparadoxon bleibt jedoch noch ein Gedankenexperiment und kann, meiner
Meinung nach, als „unrealistisch“ eingestuft werden, da es unmöglich ist ein Raumschiff über
viele Jahre lang mit einer so hohen Geschwindigkeit anzutreiben.

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