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Hohelied, Das – Bibel-Lexikon

Dieses Buch wird auch „das Lied der Lieder" genannt, und es handelt sich um ein einziges Gedicht,
nicht um eine Sammlung von Gedichten. Der erste Vers sagt, dass dieses Gedicht von Salomo stammt.
Das Buch steht für sich alleine und wurde auf vielfache Weise interpretiert. Eine berühmte Theorie
von deutschen und von vielen englischen Theologen besagt, dass es sich im wahrsten Sinne des Wortes
um eine Liebesgeschichte handelt. Demzufolge begehrte Salomo eine bescheidene Magd eines
Schafhirten, mit dem sie verlobt war und dem sie schließlich aber treu blieb. Dass solch ein Gedicht
ohne weitergehende Belehrung als diese einen Platz in der Heiligen Schrift finden sollte, ist für
Christen, die an die Inspiration der Bibel glauben, unmöglich. Andere meinen, es stellt die „reine Liebe
und die mystische Vereinigung und Heirat von Christus und seiner Versammlung" dar, was der Hinter-
grund der Kapitelüberschriften in der englischen Authorized Version ist. Abschnitte aus dem N.T., die
auf die Vereinigung von Christus und seiner Versammlung Bezug nehmen, werden herangezogen, um
diese Interpretation zu unterstützen.

Ein sehr großer Schaden des richtigen Verständnisses des A.T. ist dadurch angerichtet worden, dass an-
genommen wird, dass sich alle Stellen, an denen von Segnung gesprochen, auf die Versammlung
beziehen. Gott hat andere neben der Versammlung gesegnet und wird sie segnen, besonders sein ehe-
maliges Volk Israel. Er benutzt auch zärtliche Ausdrücke für Israel. Er spricht zu ihm: „Und ich will
dich mir verloben in Ewigkeit, und ich will dich mir verloben in Gerechtigkeit und in Gericht und in
Güte und in Barmherzigkeit." Dieser Ausspruch ist verbunden mit einem Tag, an dem es den HERRN
ishi(das bedeutet: Ehemann) nennen, und ihn nicht mehr Baali(das bedeutet: Herr) nennen wird (Hos
2,18.21). Dies ist zweifellos der Schlüssel zum Hohelied. Das ist die Vereinigung, von der gesprochen
wird und mit der die Worte der Zuneigung in Einklang sind, die zwischen Christus als dem HERRN und
dem Überrest Israels, dass in die Segnung eingeführt wird, gewechselt werden. Das Lied ist
prophetisch, aber es bezieht sich nicht auf Christus und seine Versammlung, obwohl, wenn die richtige
Auslegung betrachtet wird, die Christen einige der Ausdrücke für sich selbst auf denselben Herrn
anwenden, der auch als der Bräutigam seiner Versammlung offenbart werden wird. Trotzdem gibt es
einen wichtigen Unterschied: Im Hohelied ist das Ergebnis mehr die Vorfreude, während es bei dem
Christen eine gegenwärtige Verwirklichung der Verbindung gibt. Es geht mit anderen Worten mehr
um Sehnsucht als um Zufriedenheit.

Aus den oben gemachten Ausführungen geht hervor, dass die Braut nicht nur eine einfache Person ist,
sondern symbolisch für das irdische Jerusalem und den Überrest steht, dessen Namen in Verbindung
mit Gottes Grundlage bekannt sind und der alle Treuen Israels umfasst, auf die als „die Töchter
Jerusalems" geblickt wird, welche die ganze Nation widerspiegeln. Dies stimmt mit der Sprache in vie-
len Teilen überein, z.B: „ Zieh mich: Wir werden dir nachlaufen. Der König hat mich in seine Gemächer
geführt: Wir wollen frohlocken und uns an dir freuen, wollen deine Liebe preisen mehr als Wein! Sie
lieben dich in Aufrichtigkeit" (Hld 1,4). Des Weiteren ist es hilfreich zu beachten, wer der Sprechende
in den unterschiedlichen Teilen des Liedes ist. Was die Unterscheidung zwischen Bräutigam und Braut
angeht, so geschieht diese im Hebräischen durch das grammatische Geschlecht. Es scheint
offenkundig, dass eine Begleitung, normalerweise Jungfrauen genannt, auch an dem Lied beteiligt ist.
Das Herz Jerusalems ist nun zu dem Einen gewandt, den sie einst verworfen haben (vgl. Mt 23,37).

Kapitel 1
Vers 2: Braut und Jungfrauen. Sie schätzen die Liebe des Bräutigams mehr als Wein. Die Braut
anerkennt, dass sie schwarz ist, aber sie ist anmutig: Der Strahl des Kummers hat sie verbrannt wie die
Sonne (vgl. Jes 3,24). Sie hat den Weinberg der Nationen bewacht, nicht ihren eigenen.

Vers 8: Bräutigam. Er ist entzückt von ihr und achtet sie als die schönste unter den Frauen.

Vers 12: Braut. Der Bräutigam ist „der König". Ihre Narde verbreitet einen Duft (vgl. Joh 12,1-8).

Vers 15: Bräutigam. Er anerkennt ihre Schönheit (vgl. Hes 16,14).

Vers 16: Braut. Sie bewundert ihren Herrn, und schätzt ihre Beziehung: Sie sagt „unser Haus".

Kapitel 2

Vers 1: Braut. Sie ist eine Narzisse von Saron, eine Lilie der Täler.

Vers 2: Bräutigam. Seine Freundin ist wie eine Lilie inmitten der Dornen.

Vers 3: Braut. Sie nennt ihn „mein Geliebter" und beschwört die Töchter Jerusalems, ihre Liebe nicht
zu stören, bis es ihr gefällt. „Siehe, da kommt er": Sie besitzt ihn noch nicht.

Vers 10: Bräutigam. Er lädt sie ein, an den herrlichen Früchten teilzuhaben. Die Füchse, welche die
zarte Frucht verderben, müssen gefangen werden. Die Freude muss vollkommen sein.

Vers 16: Braut. Sie ist sich der Beziehung bewusst. Er gehört ihr, und sie gehört ihm.

Kapitel 3

Braut. Sie ist allein und in der Dunkelheit; sie sucht ihren Geliebten, findet ihn aber nicht. Sie fragt die
Wächter, und sobald sie an ihnen vorbeigeht, findet sie ihn. König Salomo wird beschrieben, sein Bett,
sein Wagen, usw.: Er ist es, der Frieden bringen wird.

Kapitel 4

Vers 1: Bräutigam. Er erklärt, was sie in seinen Augen ist. Sie ist in dem Garten seines Wohlgefallens.
Er ruft den Nord- und den Südwind, damit sie den Wohlgeruch verbreiten. (Einige glauben, dass in Ho-
helied 4,6 die Braut spricht).

Vers 16: Braut. Sie antwortet: „Mein Geliebter komme in seinen Garten und esse die ihm köstliche
Frucht."

Kapitel 5

Vers 1: Bräutigam. Er ist in den Garten gekommen und schmeckt seine Wonne. Er ruft seine Freunde,
dass sie seine Freuden teilen (vgl. Joh 3,29).

Vers 2: Braut. Sie hat geschlafen, und er ist draußen.

Vers 2: Bräutigam. Er bittet eingelassen zu werden. Seine Locken sind nass von dem Tau der Nacht.

Vers 3: Braut. Sie ist faul und entschuldigt sich. Als sie die Tür öffnet, merkt sie, dass er gegangen ist.
Sie geht in die Stadt und sucht ihn. Sie ist ergriffen und beschämt. Sie beschwört die Töchter
Jerusalems, dass sie, wenn sie ihn finden würden, ihm sagen sollen, dass sie „krank ist vor Liebe". Sie
fragen sie, was an ihrem Geliebten besser ist als an anderen. Sie erklärt, dass er „ausgezeichnet ist vor
Zehntausenden; ja, alles an ihm ist lieblich."

Kapitel 6

Vers 1: Die Braut wird gefragt, wohin ihr Geliebter gegangen ist: Sie wollen ihn mit ihr suchen.
Vers 2: Braut. Sie sagt, dass er in seinen Garten gegangen ist. Sie bezeugt ihr Vertrauen, dass sie ihrem
Geliebten gehört und ihr Geliebter ihr gehört.

Vers 4: Bräutigam. Er beschreibt sie als wunderbar und unbefleckt. Sie übertrifft alle; sie ist die einzige
Tochter ihrer Mutter.

Wenn Israel in die Segnung eingeführt wird, wird es, wie die Jungfrauen in Hohelied 6,10 sagen,
„furchtbar wie Kriegsscharen" sein.

Vers 11: Bräutigam. Er geht und schaut nach seinen Früchten, und bevor er es realisiert, wird er auf
den Prachtwagen „meines willigen Volkes" (hebr. Amminadib) gesetzt (vgl. Ps 110,3).

Kapitel 7

In Vers 1 wird die Braut unter dem Namen Sulamith, „Friedliebende" (die weibliche Form von
Schalom, wovon auch der Name Salomo abstammt), aufgefordert zurückzukehren. In der Sulamith
wird gewissermaßen die Gesellschaft von zwei Armeen gesehen, was zweifellos auf die Vereinigung
von Juda und Israel anspielt.

Vers 2: Bräutigam. Er beschreibt seine Geliebte, was sie ihm bedeutet.

Vers 10: „Und dein Gaumen wie der beste Wein ..."

Braut (wirft ein): „... der meinem Geliebten sanft hinuntergleitet, der über die Lippen der Schlum-
mernden schleicht."

Vers 11: Braut. Die Erfahrung der Braut ist fortgeschritten: Sie antwortet: „Ich bin meines Geliebten,
und nach mir ist sein Verlangen." Sie lädt ihn ein, zu den lieblichen Früchten mitzukommen, was auf
gegenseitigen Genuss hinweist.

Kapitel 8

Vers 1: Dies ist eine Zusammenfassung des ganzen Buches. Die Braut spricht, als ob sie nur nach ihm
verlange.

Vers 5: Die Jungfrauen fragen, wer von der Wüste heraufkommt, auf seinen Geliebten gestützt.

Vers 5: Bräutigam. Er hat sie unter dem Apfelbaum (so wird der Bräutigam in Hohelied 2,3 genannt)
geweckt. Der Überrest wird unter Christus in dem neuen Bund wiederhergestellt werden.

Vers 6: Braut. Sie bittet als ein Siegelring an sein Herz und an seinen Arm gelegt zu werden. Seine
Liebe und seine Kraft wird ihr gehören.

Vers 8: Die Jungfrauen sprechen von ihrer „kleinen Schwester": Was soll für sie getan werden? Dies ist
zweifellos ein Bild von den zehn Stämmen, die nichts mit Christus zu tun hatten, als er auf der Erde
war. Mit ihnen wird anders verfahren werden als mit den zwei Stämmen, aber auch sie werden in das
Land gebracht werden und dort gesegnet werden.

Vers 9: Braut. Wenn die kleine Schwester eine Mauer ist, soll auf ihr gebaut werden, wenn sie eine Tür
ist, soll sie geschlossen werden. Sie ist reif geworden. Sie hat einen eigenen Weingarten, aber Salomo
muss einen Weinberg haben, von dem er Frucht empfängt, nicht wie das alte Israel, das keine Frucht
brachte.

Vers 13: Bräutigam. Er wünscht die Stimme von ihr zu hören, die durch den Garten geht.

Vers 14: Braut. Sie antwortet, und bittet ihren Geliebten, ohne Verzug zu kommen.
Schlussbemerkungen

Das ganze Lied kann ansonsten auch in sechs Teile geteilt werden, die mit Hohelied 1,1; 2,8; 3,6; 5,2; 7,1;
8,5 beginnen.

Es ist bemerkenswert, dass, wo immer der Bräutigam die Braut ihr gegenüber beschreibt, auch die
Braut den Bräutigam beschreibt, aber nicht ihm, sondern anderen gegenüber. Dies ist sicherlich gezie-
mend für sie. Er erzählt ihr deutlich ihre Vorzüge in seinen Augen und von der Vollkommenheit, die er
in ihr erblickt. Dies ruft ihr Vertrauen hervor und sie erklärt seine Kostbarkeiten in ihren Augen. Wie
oben gesagt ist die Auslegung dieses Buches, dass es die Vereinigung von Christus und dem jüdischen
Überrest in der Zukunft beschreibt. Aber es ist derselbe Christus, der die Versammlung liebt, und seine
Liebe ruft im Gegenzug tiefste Zuneigung hervor. Er ist besorgt um ihre Liebe und in Offenbarung
2,4.5 tadelt er die Versammlung in Ephesus, dass sie ihre erste Liebe verlassen haben.

Interessehalber mag hinzugefügt werden, dass in der alexandrinischen Ausgabe der Septuaginta ei-
nige der oben genannten Einteilungen gemacht wurden und der Redner angegeben wird. Im Kodex Si-
naiticus sind diese Andeutungen noch zahlreicher als in der alexandrinischen Ausgabe.

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Lied der Lieder

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