Das Wesen der inneren Flexion besteht darin, dass das Grundmorphem außer der lexikalen
Bedeutung des Wortes noch irgendwelche grammatischen Bedeutungen zum Ausdruck bringt.
Der Umlaut erscheint
- bei der Pluralbildung der Substantive: Gast – Gäste, Garten – Gärten
- bei der Komparativ und Superlativbildung der Adjektive: warm – wärmer – am wärmsten.
- zur Bildung der 2. und 3. Person Sg. Präsens Indikativ: du fährst – er fährt.
- zur Bildung des Präteritums Konjunktiv der starken und unregelmäßigen Verben: gäbe, täte usw.
Die Brechung, eine ältere Form der Assimilation, wird oft auch die Tonerhöhung, Vokalhebung
genannt, weil hier der Übergang von den Vokalen der mittleren Zungenhebung [e:], [e] zu den Vokalen der
hohen Zungenhebung [i:], [i] stattfindet. Die Brechung dient
- zur Bildung der 2. und 3. Person Sg. Präsens Indikativ der starken Verben mit dem Stammvokal e:
du sprichst, er spricht; du, er liest;
- zur Bildung des Imperativs der 2. Person Sg. von der gleichen Gruppe der starken Verben: sprich,
lies, nimm!
Der Ablaut ist der regelmäßige Wechsel im Stammvokal bei der Flexion der starken Verben, z.B.
trinken, trank, getrunken.
Der Wortartwechsel (Konversion) ist der Übergang des Wortes aus einer Wortart in eine andere.
Die häufigsten Erscheinungsformen des Wortartwechsels sind folgende:
1) Substantivierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Substantivs) – eine sehr produktive
Form; praktisch kann jedes Wort substantiviert werden, z.B.:
Verb im Infinitiv → Substantiv: lachen – das Lachen;
Verbstamm → Substantiv: springen – der Sprung, schreiten – der Schritt, fließen – der Fluss;
Adjektiv → Substantiv: wesentlich – das Wesentliche, neu – das Neue krank - der Kranke, die Kranke, ein
Kranker, eine Kranke;
Pronomen → Substantiv: sein – das Seine, mein – die Meinen, ich – das Ich;
Numeralien → Substantiv: eins – die Eins usw.;
Adverbien → Substantiv: gegenüber – mein Gegenüber, jenseits – das Jenseits;
Interjektionen → Substantiv: hurra – das Hurra, plumps – der Plumps usw.
2) Verbalisierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Verbs) ist auch sehr produktiv, z.B.:
acker-n, bild-hauer-n, tischler-n; besser-n, milder-n, reif-en, faul-en, grün-en, geig-en, trommel-n;
3) Adjektivierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Adjektivs) ist weniger produktiv, z. B.:
Substantiv → Adjektiv: ernst, feind, freund, angst, schade, schuld, not;
Verb → Adjektiv: rege, starr, wach, wirr;
Adverb → Adjektiv: zufrieden, behände, selten, vorhanden, Bildungen mit dem Suffix -weise: probeweise;
4) Adverbialisierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Adverbs), z. B.: morgens, abends,
freitags;
5) die Präpositionen, die sich aus anderen Wortarten entwickelt haben:
a) aus Substantiven (kraft, laut, trotz, statt, mittels, zwecks);
b) aus Partizipien (während, entsprechend, abgesehen, ausgenommen).
Die Zusammensetzung oder ein zusammengesetztes Wort ist eine Konstruktion aus zwei oder
mehreren Stämmen.
Man unterscheidet:
a) determinative Komposita, bei denen das Grundwort durch ein anderes Wort näher bestimmt wird, z.B.:
die Großstadt, das Schreibwarengeschäft, der Blumentopf;
b) kopulative Komposita, bei denen die Komponenten logisch gleich geordnet sind, z.B.: die Strumpfhose,
taubstumm, achtundvierzig;
c) Zusammenrückungen sind syntaktische Wortverbindungen, die im Satz häufig nebeneinanderstehen. Sie
werden ohne Veränderungen zu einer Einheit gefasst, z.B.: Stelldichein, Vergissmeinnicht,
Rührmichnichtan, zugrunde, infolge, kennen lernen, sitzen bleiben.
Die Zusammensetzungen kann man bei verschiedenen Wortarten finden. Seht verbreitet sind
zusammengesetzte Substantive (z.B.: das Jahrhundert, der Schreibtisch, das Spielzeug, das
Lebensmittelgeschäft, die Straßenkreuzung) und zusammengesetzte Adjektive (z.B.: weiß-grün, schwarz-
rot-gold, nasskalt, ernstheiter, süßsauer, bittersüß, zahlfähig, trinkfest, schreibkundig, lesekundig, deutsch-
amerikanische Verhandlungen, deutsch-türkisches Wörterbuch)
Die Zusammensetzung spielt beim Verb eine weit geringere Rolle als beim Nomen, z.B.: kennen lernen,
spazieren gehen, stehen bleiben, teilnehmen, vorbeikommen, stattfinden.
Die Zahlwörter können determinative und kopulative Zusammensetzungen sein (zweihundert,
zweiunddreißig).
Zusammengesetzte Adverbien sind meistens Zusammenrückungen verschiedener Art, z.B.: zuerst,
zufrieden, überhaupt, keineswegs, jederzeit, bergauf, bergab usw.
2.2. Bereicherung des deutschen Wortschatzes durch Entlehnung aus fremden Sprachen
Aus dem zweiten Weg der Bereicherung des Wortschatzes gilt die Wortentlehnung aus anderen
Sprachen. Die Analyse der modernen deutschen Sprache zeigt, dass ihr Wortbestand seiner Herkunft nach
ungleichartig ist. Neben dem einheimischen Wortgut lassen sich im Deutschen fremde lexikalische
Elemente aussondern. Diese Erscheinung ist gesetzmäßig und lässt sich historisch erklären. Alle Völker
stehen in wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen zueinander, was zu einer ständigen
gegenseitigen Beeinflussung der Sprachen führt. Was Deutschland anbetrifft, so stand es schon
germanischer Frühzeit in engen Beziehungen zu anderen Völkern, was in der Entwicklung des deutschen
Wortschatzes seine deutliche Widerspiegelung fand. Im Laufe ihrer kulturellen Entwicklung ist die deutsche
Sprache dem Eindringen von Fremdwörtern stark ausgesetzt gewesen.
aus dem Lateinischen (z. B. Kaiser, Pfund, Pferd, Kerze, Tisch, Mönch, Opfer, Definition, Logik,
Advokat, Fakultät, Autor, Medizin, Astronom)
aus dem Griechischen (Kirche, Papst, Ketzer, Pfarrer, Teufel, Engel, Christ, Samstag, Bischof,
Apostel, Arzt, Balsam, Fieber, Pflaster)
aus dem Italienischen (Bank, bankrott, Konto, Valuta, allegro, Oper, Sopran)
aus dem Französischen (Alarm, Proviant, Cousine, Terrasse, Frisur, Marmelade, Ballett, Brokat,
Gobelin, Diskussion, systematisch, Hypothese, Grazie, ideal, Ballade, Hymne, Aristokrat, Nation,
Revolution)
aus dem Englischen (Originalität, Humor, Agitator, Kongress, lynchen, Streik, Lokomotive, Express,
Baby, Gentleman, Pudding, Whiskey, Sherry, Jazz, Song, Teenager, Test, Paper, Output, Thriller),
bis heute ungebrochen
geringe Entlehnungen aus dem Spanischen und Portugiesischen, z. B. Adjutant, Armada, Kannibale,
Tabak, Tomate
aus dem Arabischen, z. B. Admiral, Alchimie, Algebra, Droge, Kalif, Safari, Sofa, Talisman, Ziffer
aus dem Slawischen bzw. Russischen und anderen Sprachen, z. B. Bolschewik, Droschke, Pogrom,
Vampir
Die Bedeutungserweiterung: der Bedeutungsumfang eines Lexems wird erweitert, weil einige der
ursprünglichen semantischen Merkmale – und somit auch Bedeutungseinschränkungen - wegfallen.
Beispiele:
Frau – mhd. frouwa „adelige Damen“ – moderne Bedeutung – „erwachsene weibliche Person“;
machen – „kneten“ (місити) – moderne Bedeutung „herstellen, fertigen, anfertigen, produzieren“.
Die Bedeutungsverengung (Spezialisierung) ist (nach Leonard Bloomfield, Andreas Blank und Joachim
Grzega) ein Bedeutungswandel, bei dem der Oberbegriff zum Unterbegriff wird. Der Bedeutungsumfang
wird kleiner dadurch, dass noch weitere, spezialisierende Merkmale zu dem ursprünglichen Inhalt
dazugekommen sind.
• ‘Hochzeit‘ - im Mittelhochdeutschen (Mhd.) bedeutete ‚Fest‘ – moderne Bedeutung „Festlichkeit
anlässlich der Eheschließung“;
1. ‘Schirm‘ – im Mhd. bedeutete ‚Schutz‘ – moderne Bedeutung „Gegenstand zum Schutz gegen zu
helles Licht oder direkte Sonne, oder Regen“
• das Verb ‚faran‘ (fahren) – im Althochdeutschen (Ahd.) für jede Art der Fortbewegung verwendet
werden konnte (gehen, fahren, schwimmen) – moderne Bedeutung „sich mit Fahrzeugen
fortbewegen“
2.4. Bereicherung des deutschen Wortschatzes durch Bildung von phraseologischen Verbindungen
Phraseologismen sind feste Wortverbindungen, die in der Sprache als lexikalische Einheiten auftreten.
Sie haben den Sinn nur im Ganzen, übertragene Bedeutung, z.B.:
jemandem den Kopf waschen – jemanden tadeln, kritisieren;
schmutziges Geld waschen – durch einen Betrug genommenes Geld.
Klassifikation der Phraseologismen
1) Wortpaare (Zwillingsformen) – stehende Wortverbindungen von 2 Wörtern derselben Wortart (z.B.: fix
und fertig, hin und her):
a) Alliteration – die ersten Buchstaben sind gleich, z.B.: Hand und Haus, mit Mann und Maus, Kind
und Kegel;
b) Reime – Wortpaare, die durch Reim entstanden sind, z.B.: Weit und Breit;
c) Synonyme, z.B.: an Ort und Stelle, ohne Sinn und Verstand, Feuer und Flamme;
d) Antonyme, z.B.: auf Leben und Tod;
2) Idiome – Wortgruppen, die in ihrem Gebrauch erstarrt sind, z.B.: auf die Beine bringen, die Hand für j-n
in Feuer legen, die Nase ins etwas stecken, Sand in die Augen streuen;
a) motivierte Idiome – der Sinn ist aus den Bedeutungen der Komponenten zu verstehen,
z.B. ich bin nicht auf den Kopf/vom Himmel gefallen = ich bin nicht blöd;
b) unmotivierte Idiome – der Sinn ist nicht zu schließen, z.B.: auf etw. Gift nehmen – das sollst du
glauben, darauf kannst du dich verlassen;
3) geflügelte Worte – gebrauchte Worte und Wortverbindungen, haben einen internationalen Charakter, sind
für mehrere Länder aktuell:
a) Aphorismen – kurze, prägnant geformte, treffende Sichtpunkte, Sprichwörter der ausgebildeten
Menschen, z.B.:
Allein der Vortrag macht des Redners Glück;
Ich fühl' es wohl, noch bin ich weit zurück. (J.W. Goethe, Faust)
Das richtige Wort am richtigen Ort, das ist die wahre Definition von Stil. (Jonathan Swift , anglo-irischer Erzähler,
Moralkritiker und Theologe)
Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden. (Franz Kafka)
b) Losungen – meisten politisch, die Autoren sind meistens Politiker, z.B.: CDU-Wahlsprüche –
2017:
„Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“;
„Europa stärken heißt Deutschland stärken“;
„Für Sicherheit und Ordnung“;
„Für eine starke Wirtschaft und Sichere Arbeit“.
c) Sentenzen – Meinungen, Zitate, wörtliche Auszüge aus einem Text, z.B.:
„Es ist schwer, Worte zu finden, wenn man wirklich etwas zu sagen hat. Und selbst, wenn man die richtigen
Worte weiß, dann schämt man sich, sie auszusprechen“ (E.M. Remarque „Drei Kameraden“).
„Die Gewohnheit ist ein Seil. Wir weben jeden Tag einen Faden, und schließlich können wir es nicht mehr
zerreißen“ (Thomas Mann).
„Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist“ (Angela Merkel, am 2. Juli
2012 im Kanzleramt bei der Vorstellung des von ihr herausgegebenen Buches "Dialog über Deutschlands
Zukunft").
4) Sprichwörter – erstarrte, im Volksmunde umlaufende kurze Spruche, meistens in Form eines Satzes, oft
gereimt, beinhalten die Lebenserfahrungen, z.B.:
Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Aller Anfang ist schwer.
Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
Ende gut, alles gut.
Der Teufel ist so schwarz, wie man ihn malt.
Die Augen sind der Spiegel der Seele.
Wie die Saat, so die Ernte.
Unterbegriffe:
[1,
2] Allgemeinwortschatz, Aufbauwortschatz, Computerwortschatz, Erbwortschatz, Fachwortschatz, G
eruchswortschatz, Gesamtwortschatz, Geschmackswortschatz, Grundwortschatz, Kernwortschatz, Le
hnwortschatz, Sexualwortschatz
[2] aktiver Wortschatz, passiver Wortschatz, Sichtwortschatz
Beispiele:
[1] Der Duden fasst den Wortschatz der deutschen Sprache zusammen.
[1] „Der Wortschatz ist um eine Reihe neuer Ausdrücke erweitert worden, in erster Linie um diesen:
flipping.“[1]
[1] „Wir nennen sie Lehnwörter, aber sie sind gleichberechtigte Teile unseres Wortschatzes, denn
nur die Sprachgelehrten können sie von den Erbwörtern unterscheiden.“[2]
[1] „Der Wortschatz der deutschen Sprache ist in mehrfacher Weise gegliedert.“[3]
[2] „Ab 1;9 erfolgt eine sprunghafte Ausweitung des Wortschatzes, die bis ca. 3;6 andauert.“[4]
[2] „Die verschiedenen Gesichtspunkte, unter denen das Kind die es umgebende Welt kategorisiert,
treten sukzessiv auf und zeigen sich in der Differenzierung des Wortschatzes.“[5]
[2] „Muß der Benutzer seinen individuellen Wortschatz selbst neu eingeben?“[6]
[2] „Schon in dieser kurzen Zeit finden große Teile seines Wortschatzes zurück in sein
Bewusstsein.“[7]
[2] „Er war immer fröhlich, sein Wortschatz waren etwa dreihundert Wörter gemischt aus polnischen
Brocken, ein paar deutschen.“[8]
Charakteristische Wortkombinationen:
geringer Wortschatz, großer Wortschatz, spezieller Wortschatz