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Allgemein-theoretischer Kurs der deutschen Sprache

Vorlesung 3. Wege der Bereicherung der deutschen Sprache

1. Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache. Wörterbücher der deutschen Sprache.


2. Wege der Wortschatzbereicherung
2.1. Wortbildung
2.2. Entlehnung
2.3. Bedeutungswandel
2.4. Bildung von phraseologischen Verbindungen

1. Wortschatz der deutschen Gegenwartssprache. Wörterbücher der deutschen Sprache.

Als Wortschatz (auch: Vokabular, Lexikon oder Lexik) bezeichnet man die Gesamtheit aller Wörter.


Damit kann gemeint sein:
1) die Gesamtheit aller Wörter einer Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt oder
2) die Gesamtheit aller Wörter einer Sprache, die ein einzelner Sprecher kennt oder verwendet.
Innerhalb der zweiten Bedeutung ist nochmals zu unterscheiden:
 rezeptiver Wortschatz (oder passiver Wortschatz) – die Wörter, die der Sprecher kennt oder erkennt. Der
rezeptive Wortschatz verhilft zum Verstehen gesprochener und geschriebener Texte.
 produktiver Wortschatz (oder aktiver Wortschatz) – die Wörter, die der Sprecher aktiv verwendet. Der
produktive Wortschatz ermöglicht dem Sprecher, sich verständlich auszudrücken.
Deutscher Wortschatz
Der Wortschatz der deutschen Standardsprache umfasst ca. 75.000 Wörter;
die Gesamtgröße des deutschen Wortschatzes wird je nach Quelle und Zählweise auf 300.000 bis 500.000
Wörter bzw. Lexeme geschätzt.
So gibt Duden Deutsches Universalwörterbuch an, der Wortschatz der Alltagssprache werde auf etwa
500.000, der zentrale Wortschatz auf rund 70.000 Wörter geschätzt.
Das Wörterbuch enthält jedoch nur geringen Anteil der vielen Fachwortschätze und ist auch unvollständig,
weil Ableitungen und Komposita nur teilweise aufgenommen werden und aktuelle Neubildungen
naturgemäß fehlen. Damit ist klar, dass der Wortschatz insgesamt noch wesentlich größer sein muss. Nimmt
man die fachsprachlichen Terminologien hinzu, ist mit mehreren Millionen Wörtern zu rechnen. Allein
die Fachsprache der Chemie enthält nach Winter (1986) rund 20 Millionen Benennungen. Vor diesem
Hintergrund erscheint Lewandowskis Bemerkung: „Der Gesamtwortbestand des Deutschen wird auf 5 bis
10 Millionen Wörter geschätzt.“ 
Der Direktor des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik und Leiter des „Digitalen Wörterbuchs der
Deutschen Sprache“ Wolfgang Klein schätzt den deutschen Wortschatz auf 5,3 Millionen Wörter.
Die Zahl der Wörter (Wortschatz) ist nicht mit der Zahl der Wortformen zu verwechseln. Durch Flexion
kann in flektierenden Sprachen aus den Grundformen vieler Wörter ein Mehrfaches an Wortformen
entstehen.
Der Wortschatz einer Sprache ist keine statische Größe; er ist vielmehr in ständiger Veränderung
begriffen. Einerseits gehen Bezeichnungen für Gegenstände verloren, die allmählich außer Gebrauch geraten
(Archaismen). Andererseits müssen immer wieder neue Gegenstände benannt werden, was mit Hilfe
der Wortbildung oder der Übernahme von Fremdwörtern bewältigt wird (Neologismen).

Wörterbücher der deutschen Gegenwartssprache


Die Lexikographie ist eine linguistische Teilwissenschaft, die sich mit dem Sammeln, Einordnen und
Charakterisieren des Wortschatzes und Zusammenstellen von Wörterbüchern beschäftigt.
Deutsche Wörterbücher werden in mehrere Gruppen eingeteilt:
1. Wörterbücher, die die Herkunft des Wortes und seine Geschichte eingeben:
a) Etymologisches W.;
b) Historisches W.;
2. Wörterbücher, die die Wortbedeutung und den Wortgebrauch erschließen:
a) Glossar, Handwörterbuch;
b) Zweitsprachiges W.;
c) Stilwörterbuch;
d) Mundartliches W.;
e) Synonymenwörterbuch;
f) Fremdwörterbuch;
g) Phraseologisches W. und andere.
3. Wörterbücher, die den Lautbestand und die Rechtschreibung der Wörter angeben:
a) Aussprachewörterbuch;
b) Rechtschreibungswörterbuch.
4. Wörterbücher, die Begriffe erschließen:
a) Konversationslexikon;
b) Sachwörterbuch;
c) Bildwörterbuch.
Die bekanntesten Wörterbücher der deutschen Sprache:
1. Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden. 3., völlig neu bearbeitete und
erweiterte Auflage. Hrsg. vom Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion. Mannheim u.a. (Dudenverlag)
1999.
2. Brockhaus-Wahrig Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden. Hrsg. von Gerhard Wahrig, Hildegard
Krämer und Harald Zimmermann. Wiesbaden/Stuttgart (F.A. Brockhaus / Deutsche Verlags-Anstalt) 1980–
84.
3. Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Hrsg. von Ruth Klappenbach und Wolfgang Steinitz. 6
Bände. Berlin (Akademie-Verlag) 1964–77.
4. Duden Deutsches Universalwörterbuch. 4., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Hrsg. von der
Dudenredaktion. Mannheim u.a. (Dudenverlag) 2001.
5. Kluge Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24., durchgesehene und erweiterte Auflage.
Bearbeitet von Elmar Seebold. Berlin/New York (de Gruyter) 2002.
6. Wörterbuch Synonyme. Neu bearbeitet und hrsg. von Herbert Görner und Günter Kempcke. München
(dtv) 1999, 2 2000. Hugo Wehrle / Hans Eggers: PONS Deutscher Wortschatz. Ein Wegweiser zum
treffenden Ausdruck. 1. Auflage, 17. Nachdruck. Stuttgart/Dresden (Klett) 1993.
7. Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache. Hrsg. von dem Kollektiv Eva-Maria Krech, Eduard
Kurka, Helmut Stelzig, Eberhard Stock, Ursula Stötzer und Rudi Teske unter Mitwirkung von Kurt Jung-
Alsen. Leipzig (Bibliographisches Institut) 1982.
8. Siebs Deutsche Aussprache. Reine und gemäßigte Hochlautung mit Aussprachewörterbuch. 19.,
umgearbeitete Auflage. Hrsg. von Helmut de Boor, Hugo Moser und Christian Winkler. Berlin (de Gruyter)
1969. — Sonderausgabe: Wiesbaden (VMA) 2000.
9. Wahrig Die deutsche Rechtschreibung. Verfasst von Ursula Hermann. Neuausgabe. Völlig neu bearbeitet
und erweitert von Lutz Götze. Gütersloh u.a. (Bertelsmann) 2002.
10. Duden Das große Fremdwörterbuch. Herkunft und Bedeutung der Fremdwörter. 2., neu bearbeitete und
erweiterte Auflage. Hrsg. und bearbeitet vom Wissenschaftlichen Rat der Dudenredaktion. Mannheim u.a.
(Dudenverlag) 2000.

2. Wege der Bereicherung des deutschen Wortschatzes


Es gibt 4 Wege der Bereicherung des deutschen Wortschatzes: neue Wörter werden gebildet –
Wortbildung, oder aus anderen Sprachen entlehnt – Wortentlehnung; die Bedeutung bereits existierender
Wörter kann sich ändern – Bedeutungswandel; es entstehen auch neue Phraseologismen – Bildung von
phraseologischen Verbindungen.
2.1. Bereicherung des deutschen Wortschatzes durch Wortbildung
Der Hauptweg des Wortschatzes ist die Wortbildung, das heißt der Bildung neuer Wörter nach den
bestimmen, für diese Sprache charakteristischen Wortbildungsmodellen. Für die deutsche Sprache sind
folgende Arten der Wortbildung charakteristisch:
Ableitung,
Wortartwechsel (Konversion),
Zusammensetzung,
Abkürzung.

Die Ableitung geschieht in der deutschen Sprache durch:


a) Anhängen von Affixen (Präfigierung; Suffigierung);
b) innere Flexion (Umlaut, Ablaut, Brechung).
Präfixale Ableitungen sind Wortbildungskonstruktionen aus Präfix und Stamm. Die Anzahl der
Präfixe in der deutschen Gegenwartssprache ist gering, sie spielen aber im Wortbildungssystem eine
bedeutende Rolle.
Besonders charakteristisch ist diese Wortbildungsart für das Verb, z.B: stehen – aufstehen,
verstehen, entstehen, gestehen, bestehen; gehen – ausgehen, mitgehen, vergehen, weggehen, nachgehen usw.
Bei den Verben unterscheidet man zwischen drei Präfigierungsarten:
1. Die untrennbaren Präfixe: be-, ge-, er-, ver-, zer-, ent-, emp-, miss-, un-.
2. Die trennbaren Präfixe: ab-, an-, auf-, aus-, ein-, her-, heraus-, herein-, herauf-, hin-, hinauf-,
hinaus-, hinein-, los-, mit-, nach-, statt-, vor-, weg-, zu-, zurück.
3. Die Präfixe, die trennbar und untrennbar sein können:
Präfixe trennbar nicht trennbar
Der Junge liest die ganze Geschichte durch. Der Polizist durchsucht die Autos.
durch-
Wir setzen morgen mit der Fähre über. Ich übersetze nur englische Texte.
über-
Der alte Mann umgibt sich nur mit seinen
um- Gute Nachricht geht schnell um.
Verwandten.
Im Sommer geht die Sonne erst gegen 22:00 Uhr
unter- Der Arzt untersucht den Kranken.
unter.
Du hast den Ball weggeschossen. Hol ihn sofort
wieder- Die Schüler wiederholen die Sätze des Lehrers.
wieder.
wider- Unser Beispiel spiegelt das Problem sehr gut wider. Der Angeklagte widerruft seine Aussage.
Suffigierung nennt man das Anhängen von Suffixen an Wortstämme. Viele Suffixe legen die
Wortart (bei Substantiven auch das Genus) fest. Es gibt folgende Suffixe:
a) Nominalsuffixe: -heit, -keit, -tät,  -ung, -ik, -ie, -ei, -tion, -anz, -enz, -schaft, -ant, -ent, -ist, -ling, -
chen, -lein, -tum.
b) Adjektivsuffixe: -bar, -ig, -lich, -sam (erlebbar, fleißig, lieblich, schweigsam)
c) Verbsuffixe: -el-, -ier- (lächeln, studieren).

Das Wesen der inneren Flexion besteht darin, dass das Grundmorphem außer der lexikalen
Bedeutung des Wortes noch irgendwelche grammatischen Bedeutungen zum Ausdruck bringt.
Der Umlaut erscheint
- bei der Pluralbildung der Substantive: Gast – Gäste, Garten – Gärten
- bei der Komparativ und Superlativbildung der Adjektive: warm – wärmer – am wärmsten.
- zur Bildung der 2. und 3. Person Sg. Präsens Indikativ: du fährst – er fährt.
- zur Bildung des Präteritums Konjunktiv der starken und unregelmäßigen Verben: gäbe, täte usw.
Die Brechung, eine ältere Form der Assimilation, wird oft auch die Tonerhöhung, Vokalhebung
genannt, weil hier der Übergang von den Vokalen der mittleren Zungenhebung [e:], [e] zu den Vokalen der
hohen Zungenhebung [i:], [i] stattfindet. Die Brechung dient
- zur Bildung der 2. und 3. Person Sg. Präsens Indikativ der starken Verben mit dem Stammvokal e:
du sprichst, er spricht; du, er liest;
- zur Bildung des Imperativs der 2. Person Sg. von der gleichen Gruppe der starken Verben: sprich,
lies, nimm!
Der Ablaut ist der regelmäßige Wechsel im Stammvokal bei der Flexion der starken Verben, z.B.
trinken, trank, getrunken.
 
Der Wortartwechsel (Konversion) ist der Übergang des Wortes aus einer Wortart in eine andere.
Die häufigsten Erscheinungsformen des Wortartwechsels sind folgende:
1) Substantivierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Substantivs) – eine sehr produktive
Form; praktisch kann jedes Wort substantiviert werden, z.B.:
Verb im Infinitiv → Substantiv: lachen – das Lachen;
Verbstamm → Substantiv: springen – der Sprung, schreiten – der Schritt, fließen – der Fluss;
Adjektiv → Substantiv: wesentlich – das Wesentliche, neu – das Neue krank - der Kranke, die Kranke, ein
Kranker, eine Kranke;
Pronomen → Substantiv: sein – das Seine, mein – die Meinen, ich – das Ich;
Numeralien → Substantiv: eins – die Eins usw.;
Adverbien → Substantiv: gegenüber – mein Gegenüber, jenseits – das Jenseits;
Interjektionen → Substantiv: hurra – das Hurra, plumps – der Plumps usw.
2) Verbalisierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Verbs) ist auch sehr produktiv, z.B.:
acker-n, bild-hauer-n, tischler-n; besser-n, milder-n, reif-en, faul-en, grün-en, geig-en, trommel-n;
3) Adjektivierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Adjektivs) ist weniger produktiv, z. B.:
Substantiv → Adjektiv: ernst, feind, freund, angst, schade, schuld, not;
Verb → Adjektiv: rege, starr, wach, wirr;
Adverb → Adjektiv: zufrieden, behände, selten, vorhanden, Bildungen mit dem Suffix -weise: probeweise;
4) Adverbialisierung (Übergang eines Wortes in die Wortart des Adverbs), z. B.: morgens, abends,
freitags;
5) die Präpositionen, die sich aus anderen Wortarten entwickelt haben:
a) aus Substantiven (kraft, laut, trotz, statt, mittels, zwecks);
b) aus Partizipien (während, entsprechend, abgesehen, ausgenommen).

Die Zusammensetzung oder ein zusammengesetztes Wort ist eine Konstruktion aus zwei oder
mehreren Stämmen.
Man unterscheidet:
a) determinative Komposita, bei denen das Grundwort durch ein anderes Wort näher bestimmt wird, z.B.:
die Großstadt, das Schreibwarengeschäft, der Blumentopf;
b) kopulative Komposita, bei denen die Komponenten logisch gleich geordnet sind, z.B.: die Strumpfhose,
taubstumm, achtundvierzig;
c) Zusammenrückungen sind syntaktische Wortverbindungen, die im Satz häufig nebeneinanderstehen. Sie
werden ohne Veränderungen zu einer Einheit gefasst, z.B.: Stelldichein, Vergissmeinnicht,
Rührmichnichtan, zugrunde, infolge, kennen lernen, sitzen bleiben.
Die Zusammensetzungen kann man bei verschiedenen Wortarten finden. Seht verbreitet sind
zusammengesetzte Substantive (z.B.: das Jahrhundert, der Schreibtisch, das Spielzeug, das
Lebensmittelgeschäft, die Straßenkreuzung) und zusammengesetzte Adjektive (z.B.: weiß-grün, schwarz-
rot-gold, nasskalt, ernstheiter, süßsauer, bittersüß, zahlfähig, trinkfest, schreibkundig, lesekundig, deutsch-
amerikanische Verhandlungen, deutsch-türkisches Wörterbuch)
Die Zusammensetzung spielt beim Verb eine weit geringere Rolle als beim Nomen, z.B.: kennen lernen,
spazieren gehen, stehen bleiben, teilnehmen, vorbeikommen, stattfinden.
Die Zahlwörter können determinative und kopulative Zusammensetzungen sein (zweihundert,
zweiunddreißig).
Zusammengesetzte Adverbien sind meistens Zusammenrückungen verschiedener Art, z.B.: zuerst,
zufrieden, überhaupt, keineswegs, jederzeit, bergauf, bergab usw.

Abkürzung ist in der deutschen Gegenwartssprache eine produktive Wortbildungsart in allen


Kommunikationsbereichen: im offiziellen und wissenschaftlichen Verkehr, in den Massenmedien, im
Alltagsverkehr. Sie besteht in der Verkürzung eines Wortes oder einer Wortgruppe auf die zum Verständnis
unbedingt notwendigen Teile. Man unterscheidet folgende Modelle von Kurzwörtern:
1) Initialwörter: die NATO, die BRD, die CDU, DAAD, PLZ – Postleitzahl; VIP – sehr wichtige
Persönlichkeit; UNO – United Nations Organisation;
2) Silbenwörter: Azubi – Auszubildende, Kripo – Kriminalpolizei, Stabi – Staatsbibliothek, Fewa –
Feinwaschmittel;
3) Kurzwörter: Foto (Fotographie), Uni, Abi, Ober (Oberkellner);
4) Bildung aus Buchstaben und Teilen von Wörtern: U-Bahn, S-Bahn, der D-Zug (Durchgangszug).

2.2. Bereicherung des deutschen Wortschatzes durch Entlehnung aus fremden Sprachen
Aus dem zweiten Weg der Bereicherung des Wortschatzes gilt die Wortentlehnung aus anderen
Sprachen. Die Analyse der modernen deutschen Sprache zeigt, dass ihr Wortbestand seiner Herkunft nach
ungleichartig ist. Neben dem einheimischen Wortgut lassen sich im Deutschen fremde lexikalische
Elemente aussondern. Diese Erscheinung ist gesetzmäßig und lässt sich historisch erklären. Alle Völker
stehen in wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Beziehungen zueinander, was zu einer ständigen
gegenseitigen Beeinflussung der Sprachen führt. Was Deutschland anbetrifft, so stand es schon
germanischer Frühzeit in engen Beziehungen zu anderen Völkern, was in der Entwicklung des deutschen
Wortschatzes seine deutliche Widerspiegelung fand. Im Laufe ihrer kulturellen Entwicklung ist die deutsche
Sprache dem Eindringen von Fremdwörtern stark ausgesetzt gewesen.
 aus dem Lateinischen (z. B. Kaiser, Pfund, Pferd, Kerze, Tisch, Mönch, Opfer, Definition, Logik,
Advokat, Fakultät, Autor, Medizin, Astronom)
 aus dem Griechischen (Kirche, Papst, Ketzer, Pfarrer, Teufel, Engel, Christ, Samstag, Bischof,
Apostel, Arzt, Balsam, Fieber, Pflaster)
 aus dem Italienischen (Bank, bankrott, Konto, Valuta, allegro, Oper, Sopran)
 aus dem Französischen (Alarm, Proviant, Cousine, Terrasse, Frisur, Marmelade, Ballett, Brokat,
Gobelin, Diskussion, systematisch, Hypothese, Grazie, ideal, Ballade, Hymne, Aristokrat, Nation,
Revolution)
 aus dem Englischen (Originalität, Humor, Agitator, Kongress, lynchen, Streik, Lokomotive, Express,
Baby, Gentleman, Pudding, Whiskey, Sherry, Jazz, Song, Teenager, Test, Paper, Output, Thriller),
bis heute ungebrochen
 geringe Entlehnungen aus dem Spanischen und Portugiesischen, z. B. Adjutant, Armada, Kannibale,
Tabak, Tomate
 aus dem Arabischen, z. B. Admiral, Alchimie, Algebra, Droge, Kalif, Safari, Sofa, Talisman, Ziffer
 aus dem Slawischen bzw. Russischen und anderen Sprachen, z. B. Bolschewik, Droschke, Pogrom,
Vampir

2.3. Bereicherung des deutschen Wortschatzes durch Bedeutungswandel


Der Weg der Bereicherung des deutschen Wortbestandes der Bedeutungswandel bedeutet die
Veränderung der Bedeutung schon existierender Wörter. Eben darin liegt die Hauptbesonderheit der
Semantik im Vergleich zur Wortbildung und Entlehnung, die die Sprache vor allem durch neue lexikalische
Einheiten bereichern.
Der Bedeutungswandel tritt gesetzmäßig in Zusammenhang mit dem Sachwandel ein. Die
Gegenstände und Erscheinungen der Wirklichkeit befinden sich in einem Zustand dauernder Veränderung.
Das Formativ bleibt, obwohl sich der Gegenstand (und damit auch teilweise die Bedeutung) verändert.
Der Bedeutungswandel umfasst folgende Erscheinungsformen:
1) die gleiche Lautgestalt nimmt im Laufe der Zeit eine ganz andere Bedeutung an;
2) die semantische Struktur des Wortes wird um eine neue Bedeutung (lexikalisch-semantische Variante,
Semem) bereichert, d.h. zu den schon vorhandenen Bedeutungen kommt eine neue Bedeutung hinzu;
3) die Lautgestalt verbindet sich mit einem weiteren oder engeren Begriff.
Zunächst muss man die Bezeichnungsübertragung von der Bedeutungserweiterung und
Bedeutungsverengung abgrenzen.
Bei der Bezeichnungsübertragung geht es um die Übertragung der Bezeichnung von einem
Gegenstand auf einen anderen bzw. von einer Erscheinung auf eine andere. Im Ergebnis dieser
Namensübertragung entsteht eine übertragene Bedeutung des Wortes. Je nach den Assoziationen
unterscheidet man die Arten der Bezeichnungsübertragung: Metapher und Metonymie.
Die Metapher ist die Übertragung der Namensbezeichnung auf Grund einer äußeren oder inneren
Ähnlichkeit.
Arten der Metapher unterscheidet man nach der Ähnlichkeit der Form (Schlange, Birne, Netz, Kreis), der
Lage (Fuß (des Berges), Hals (der Flasche)), der Farbe (Scharlach (Krankheit), Blonde (ein helles Bier)),
eines inneren Merkmales (Esel, Fuchs).
Als Sonderformen der Metapher betrachtet man die Synästhesie und die Personifizierung.
Bei der Synästhesie handelt es sich um die Bezeichnungsübertragungen aus einem Sinnesbereich in
einen anderen, z. B. schreiende, helle, weiche Farben, eine helle Stimme, bitteres Gefühl.
Unter Personifizierung als Sonderfall der Metapher versteht man die Übertragung der Eigenschaften
eines Lebewesens auf Gegenstände oder Erscheinungen. In der deutschen Sprache gibt es zahlreiche
Beispiele dafür (die Uhr geht, der Film läuft, der Abend kommt, die Sonne lächelt, die Welt schläft).
Die Metonymie beruht auf objektiv gegebenen oder gemeinten Zusammenhängen. Es geht um
Übertragung der Namensbezeichnung von einer Erscheinung auf eine andere, von einem Gegenstand auf
einen anderen aufgrund eines Zusammenhangs räumlicher, zeitlicher oder ursächlicher Art zwischen den
durch dasselbe Wort bezeichneten Dingen oder Erscheinungen.
Als besonders häufige Arten der metonymischen Übertragung seien genannt:
1) Bezeichnung des Raums – Bezeichnung der Personen: Das ganze Auditorium/ Raum/ Stadt;
2) Name des Schöpfers – Bezeichnung des Produktes: Diesel, Kalaschnikow, Ford;
3) Name des Autors – Bezeichnung des Werkes: er liest Goethe gern;
4) Bezeichnung vom Behälter zur Bezeichnung des Inhalts: er trinkt noch ein Glas, ich esse noch einen
Teller.

Die Bedeutungserweiterung: der Bedeutungsumfang eines Lexems wird erweitert, weil einige der
ursprünglichen semantischen Merkmale – und somit auch Bedeutungseinschränkungen - wegfallen.
Beispiele:
Frau – mhd. frouwa „adelige Damen“ – moderne Bedeutung – „erwachsene weibliche Person“;
machen – „kneten“ (місити) – moderne Bedeutung „herstellen, fertigen, anfertigen, produzieren“.

Die Bedeutungsverengung (Spezialisierung) ist (nach Leonard Bloomfield, Andreas Blank und Joachim
Grzega) ein Bedeutungswandel, bei dem der Oberbegriff zum Unterbegriff wird. Der Bedeutungsumfang
wird kleiner dadurch, dass noch weitere, spezialisierende Merkmale zu dem ursprünglichen Inhalt
dazugekommen sind.
• ‘Hochzeit‘ - im Mittelhochdeutschen (Mhd.) bedeutete ‚Fest‘ – moderne Bedeutung „Festlichkeit
anlässlich der Eheschließung“;
1. ‘Schirm‘ – im Mhd. bedeutete ‚Schutz‘ – moderne Bedeutung „Gegenstand zum Schutz gegen zu
helles Licht oder direkte Sonne, oder Regen“
• das Verb ‚faran‘ (fahren) – im Althochdeutschen (Ahd.) für jede Art der Fortbewegung verwendet
werden konnte (gehen, fahren, schwimmen) – moderne Bedeutung „sich mit Fahrzeugen
fortbewegen“

2.4. Bereicherung des deutschen Wortschatzes durch Bildung von phraseologischen Verbindungen
Phraseologismen sind feste Wortverbindungen, die in der Sprache als lexikalische Einheiten auftreten.
Sie haben den Sinn nur im Ganzen, übertragene Bedeutung, z.B.:
jemandem den Kopf waschen – jemanden tadeln, kritisieren;
schmutziges Geld waschen – durch einen Betrug genommenes Geld.
Klassifikation der Phraseologismen
1) Wortpaare (Zwillingsformen) – stehende Wortverbindungen von 2 Wörtern derselben Wortart (z.B.: fix
und fertig, hin und her):
a) Alliteration – die ersten Buchstaben sind gleich, z.B.: Hand und Haus, mit Mann und Maus, Kind
und Kegel;
b) Reime – Wortpaare, die durch Reim entstanden sind, z.B.: Weit und Breit;
c) Synonyme, z.B.: an Ort und Stelle, ohne Sinn und Verstand, Feuer und Flamme;
d) Antonyme, z.B.: auf Leben und Tod;
2) Idiome – Wortgruppen, die in ihrem Gebrauch erstarrt sind, z.B.: auf die Beine bringen, die Hand für j-n
in Feuer legen, die Nase ins etwas stecken, Sand in die Augen streuen;
a) motivierte Idiome – der Sinn ist aus den Bedeutungen der Komponenten zu verstehen,
z.B. ich bin nicht auf den Kopf/vom Himmel gefallen = ich bin nicht blöd;
b) unmotivierte Idiome – der Sinn ist nicht zu schließen, z.B.: auf etw. Gift nehmen – das sollst du
glauben, darauf kannst du dich verlassen;
3) geflügelte Worte – gebrauchte Worte und Wortverbindungen, haben einen internationalen Charakter, sind
für mehrere Länder aktuell:
a) Aphorismen – kurze, prägnant geformte, treffende Sichtpunkte, Sprichwörter der ausgebildeten
Menschen, z.B.:
Allein der Vortrag macht des Redners Glück;
Ich fühl' es wohl, noch bin ich weit zurück. (J.W. Goethe, Faust)
Das richtige Wort am richtigen Ort, das ist die wahre Definition von Stil. (Jonathan Swift , anglo-irischer Erzähler,
Moralkritiker und Theologe)
Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden. (Franz Kafka)
b) Losungen – meisten politisch, die Autoren sind meistens Politiker, z.B.: CDU-Wahlsprüche –
2017:
„Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“;
„Europa stärken heißt Deutschland stärken“;
„Für Sicherheit und Ordnung“;
„Für eine starke Wirtschaft und Sichere Arbeit“.
c) Sentenzen – Meinungen, Zitate, wörtliche Auszüge aus einem Text, z.B.:
„Es ist schwer, Worte zu finden, wenn man wirklich etwas zu sagen hat. Und selbst, wenn man die richtigen
Worte weiß, dann schämt man sich, sie auszusprechen“ (E.M. Remarque „Drei Kameraden“).
„Die Gewohnheit ist ein Seil. Wir weben jeden Tag einen Faden, und schließlich können wir es nicht mehr
zerreißen“ (Thomas Mann).
„Alles, was noch nicht gewesen ist, ist Zukunft, wenn es nicht gerade jetzt ist“ (Angela Merkel, am 2. Juli
2012 im Kanzleramt bei der Vorstellung des von ihr herausgegebenen Buches "Dialog über Deutschlands
Zukunft").
4) Sprichwörter – erstarrte, im Volksmunde umlaufende kurze Spruche, meistens in Form eines Satzes, oft
gereimt, beinhalten die Lebenserfahrungen, z.B.:
Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
Aller Anfang ist schwer.
Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.
Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
Ende gut, alles gut.
Der Teufel ist so schwarz, wie man ihn malt.
Die Augen sind der Spiegel der Seele.
Wie die Saat, so die Ernte.
Unterbegriffe:
[1,
2] Allgemeinwortschatz, Aufbauwortschatz, Computerwortschatz, Erbwortschatz, Fachwortschatz, G
eruchswortschatz, Gesamtwortschatz, Geschmackswortschatz, Grundwortschatz, Kernwortschatz, Le
hnwortschatz, Sexualwortschatz
[2] aktiver Wortschatz, passiver Wortschatz, Sichtwortschatz
Beispiele:
[1] Der Duden fasst den Wortschatz der deutschen Sprache zusammen.
[1] „Der Wortschatz ist um eine Reihe neuer Ausdrücke erweitert worden, in erster Linie um diesen:
flipping.“[1]
[1] „Wir nennen sie Lehnwörter, aber sie sind gleichberechtigte Teile unseres Wortschatzes, denn
nur die Sprachgelehrten können sie von den Erbwörtern unterscheiden.“[2]
[1] „Der Wortschatz der deutschen Sprache ist in mehrfacher Weise gegliedert.“[3]
[2] „Ab 1;9 erfolgt eine sprunghafte Ausweitung des Wortschatzes, die bis ca. 3;6 andauert.“[4]
[2] „Die verschiedenen Gesichtspunkte, unter denen das Kind die es umgebende Welt kategorisiert,
treten sukzessiv auf und zeigen sich in der Differenzierung des Wortschatzes.“[5]
[2] „Muß der Benutzer seinen individuellen Wortschatz selbst neu eingeben?“[6]
[2] „Schon in dieser kurzen Zeit finden große Teile seines Wortschatzes zurück in sein
Bewusstsein.“[7]
[2] „Er war immer fröhlich, sein Wortschatz waren etwa dreihundert Wörter gemischt aus polnischen
Brocken, ein paar deutschen.“[8]
Charakteristische Wortkombinationen:
geringer Wortschatz, großer Wortschatz, spezieller Wortschatz

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