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Kulturelle und mediale Formen

des Erzählens

Vorlesung
WS 2013/2014
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 postkoloniale Theorie
 Untersuchung historischer Kolonisierung + fortwährender Prozesse
der Dekolonisierung und Rekolonisierung
 Kolonialgeschichte, weiterwirkende koloniale Diskurse, ihr Einfluß
auf heutige Machtverhältnisse
 Kolonisierung
 Besetzung und ökonomische Ausbeutung von Territorien +
Konstruktions- und Formationsprozesse („Europa” und seine
„Anderen”);
 epistemische Gewalt
 unterschiedliche Theorieansätze
 Edward Said, Gayatri C. Spivak, Homi K. Bhabha
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 poststrukturalistische Herangehensweise
 Dekonstruktion essentialistischer und eurozentristischer Diskurse
 Hinterfragen scheinbar klarer Oppositionen
 Inklusion-Exklusion, Kolonisierer-Kolonisierter, Okzident und Orient,
sowie Erzählungen und Repräsentationen u.a. kultureller Differenz
 kulturelle Produktion = integraler Teil gesellschaftlicher Prozesse
von Differenzierung, Exklusion, Inklusion und Regeln
 marxistische Herangehensweise
 Interesse für die internationale Arbeitsteilung und die aktuellen
Prozesse des Neokolonialismus und der Rekolonisierung
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 postkoloniale Literaturtheorie: Kontextbewußtsein


 politische Implikationen, ideologische Präsuppositionen eines Textes
 Aufschluß über soziokulturell geprägte Denkkategorien
 literarische Inszenierung der vielschichtigen Wechselwirkungen, der
komplexen Dominierungs- und Unterdrückungstendenzen zwischen
(ehemaligem) Kolonisator und (ehemals) Kolonisiertem sowie ihrer
Folgen
 Prozeß der kritischen Auseinandersetzung mit dem kolonialen Erbe
 komplementäre Ziele
 Reinterpretation kolonialer Literatur aus revisionistischer und
ideologiekritischer Sicht
 Interpretation englischsprachiger Literaturen des damaligen British Empire
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 „Habsburg postkolonial”: Moritz Csáky, Johannes Feichtinger


u.a.
 Anwendung postkolonialer Begriffe und Methoden auf Mittel-Osteuropa/
Zentraleuropa, auf die Habsburger-Monarchie
 regional begrenzter, zentraleuropäischer Kontext in der Vergangenheit
 Pluralitäten, Heterogenitäten, Widersprüchlichkeiten
 ethnische Vielfalt, unterschiedliche staatliche Traditionen, Vielzahl von
Sprachen, 3 monotheistische Weltreligionen
 Relationalität von Zentrum und Peripherie
 nach innen gekehrte Kolonisierung
 Homogenisierungstendenzen, hegemoniale Bestrebungen, Assimilation vs.
Differenzen, hybride Verhältnisse, Mikrokolonialismen
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 postkoloniale Literaturtheorie
 literarische Inszenierung von interkulturellen Begegnungen
(Konfrontation des Eigenen mit dem Fremden, ihre Folgen)
 zentrale Konzepte
 Formation von individuellen und kulturellen Identitäten
 Wahrnehmungs- und Konstruktionsweisen von Alterität
 transkulturelle Hybridität
 Ethnizität, Multi- und Transkulturalität, Gender, Klasse, Nation,
Diaspora
 Korrelation der soziokulturellen Kategorien mit formalen
narratologischen Analysekategorien
 kulturhistorische Kontextualisierung der Repräsentationen des
‘Fremden’ und des ‘Eigenen’
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 narrative Inszenierung von postkolonialer Identität, Alterität und


Hybridität
 Erzählsituation, Erzählinstanz
 potentielles übergeordnetes Orientierungszentrum – auktorialer
Erzähler (‘omnipresence’, ‘omniscience’, Kohärenzstiftung,
Sympathielenkung)
 Stimme
 Susan Lansers Typologie: authorial voice, personal voice, communal
voice
 Fokalisierung
 (Rede- und) Wahrnehmungsmonopol – Überlegenheit
 multiperspektivisches Erzählen
 verschiedene Versionen/ Interpretationen von Wirklichkeit –
Problematisierung/ Entlarvung des (kolonialen) Deutungsmonopols
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 narrative Inszenierung von postkolonialer Identität, Alterität und


Hybridität
 Figurendarstellung
 Kontrast- und Korrespondenzrelationen (stabile Identitäts- und
Alteritätszuschreibungen vs. hybride Lebensformen)
 Figurenkonzeption
 dynamische/ statische/ mehrdimensionale Typisierungen (Figur als
Träger ethnischer/ nationaler Stereotype)
 Figurenkonstellation
 dynamische Strukturveränderungen innerhalb des Personals;
Konfliktpotentiale zwischen Kolonisatoren und Kolonisierten
 Figurencharakterisierung
 explizite/ implizite Selbst- und Fremdcharakterisierung; wertende
Erzählerkommentare (Rezeptions- und Sympathielenkung)
 offene vs. geschlossene Perspektivenstruktur
 zentrale Figurenperspektive (z.B. Defoe: Robinson Crusoe)
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 narrative Inszenierung von postkolonialer Identität, Alterität und


Hybridität
 Raumdarstellung, Grenzgängertum
 Semantisierungen
 Struktur, Selektion, Relationierung erzählter Räume, räumliche
Oppositionen, Bezüge
 Relevanz von Grenzüberschreitungen (‘Grenze’ = kulturelles
Konstrukt)
 rigide Grenzen: binäre Identitäts-, Alteritätskonstruktionen
 durchlässige Grenzen: Hybridisierungsmöglichkeiten
 Raumwahrnehmung, subjektive Raumerfahrung
 (sprachliche) Aneignung des Raumes durch Benennung
 ‘mapping’: literarische Kartographien und ihre Semantisierung
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 narrative Inszenierung von postkolonialer Identität, Alterität und


Hybridität
 Zeitstruktur: narrative Inszenierung persönlicher und kultureller
Erinnerung
 Anordnung, Organisation von Handlungselementen
 Vermittlung von (individuellen/ kulturellen) historischen/ diachronen
Entwicklungen
 Formen der Chronologie/ Anachronie
 Wiederaneignung der eigenen Geschichte, Revision kolonialistischer
Geschichtsdarstellungen – ‘Gegengeschichten’
 Spannungsverhältnis verschiedener Zeitebenen
 Kulturspezifizität des Zeitverständnisses
 chronologisch meßbare Zeit; zyklische Zeitvorstellungen; subjektives
Zeiterleben
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 narrative Inszenierung von postkolonialer Identität, Alterität und


Hybridität
 Intertextualität
 Bezugnahmen auf kolonialistische Prätexte – veränderte
Vorstellungen von Identität und Alterität
 postkoloniale Umdeutungen des Prätextes (Figur, Stimme,
Erzählinstanz u.a.)
 produktive Abweichungen zur literarischen / historischen Vorlage
 Jean Rhys: Wide Sargasso Sea (1996) – Prätext: Charlotte Brontë: Jane
Eyre (1847)
 erste Ehefrau Rochesters als Erzählstimme
 Neuschreibung: Gegengeschichte zur Vorlage, kritische Modifizierung
 J.M. Coetzee: Mr. Crusoe, Mrs. Barton & Mr. Foe (orig. Titel: „Foe”,
1986) – Prätext: Defoe: Robinson Crusoe
Kontext- und themenbezogene narratologische Ansätze –
postkoloniale Erzähltheorie

 narrative Inszenierung von postkolonialer Identität, Alterität und


Hybridität
 Notwendigkeit von Textanalysen/ Re-Lektüren
 Heinrich von Kleist: Die Verlobung in St.Domingo
 Kolonialismus- und Genderdiskurs
 Wechsel der Perspektiven, unzuverlässiges Erzählen: Verunsicherung der
Autorposition
 Toni: das verführerische Exotische; Aufopferung für den ‘Fremden’ – Gustav:
weißer ‘Herrscher’, ‘Fremder’, Unverständnis gegenüber Toni, Tötung und
Selbsttötung = Bestrafung und Selbstbestrafung
 allgemeines Mißverstehen, Sprach- und Kommunikationslosigkeit
 E.T.A.Hoffmann: Haimatochare („die schöne Insulanerin”)
 Theodor Fontane: Effi Briest (Instettens Haus; der Chinese)
 im Monarchiediskurs
 Hofmannsthal: Reitergeschichte
 Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törless

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