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Imago Hominis, Band 13 • Heft 2, S. 123 –23


Anthropologie und Bioethik, Wien ISSN 1021-9803

Bestimmung und Berufung der Frau nach Edith STEIN


Katharina WESTERHORSTMANN

Zusammenfassung

Bestimmung und Berufung der Frau sind seit Beginn der Frauenbewegung in der Diskussion.
Mit den Jahren gerät jedoch bald die Frage nach dem Wesen der Frau – neben Frauenrechten und
Berufsmöglichkeiten – aus dem Blick. Edith STEIN, Philosophin und HUSSERL-Schülerin, schreibt in
den 1920er- und 30er-Jahren Aufsätze und Vorlesungen zum Frausein. Frausein heißt bei STEIN:
Mutter und Gefährtin sein – Nicht nur in biologisch-physischer, sondern zugleich in geistig-spi-
ritueller Hinsicht. Menschen zu helfen, zum Leben zu kommen, ihnen beizustehen entspringt
dieser spezifisch weiblichen Fähigkeit und ist somit zugleich Berufung und Aufgabe.

Schlüsselwörter: Frau, Edith STEIN, Berufung, Leib-Seele, Mutterschaft, Gefährtenschaft

Abstract

The question about being a woman is one of the main themes in the process of emancipation
of women. During the developments of getting new rights and possibilities for women in society
and work the essence of the woman has often been forgotten. In the Nineteen-twenties Edith
STEIN wrote essays and lectures on this question. Being a woman according to STEIN means:
Being a mother and a companion – not only in biological but also in a spiritual sense. Being
able to help people in coming to life and to live better emerges from this specific (natural)
female capability and so – at the same time – it is a vocation and task.

Keywords: woman, Edith STEIN, vocation, mind-body, motherhood, companionship

Anschrift der Autorin: Dr. Katharina WESTERHORSTMANN, Wissenschaftliche Mitarbeiterin


an der Theologischen Fakultät Paderborn
Kamp 6, D-33098 Paderborn
k.westerhorstmann@gmx.de
Schwerpunkt · Menschenwürde und Geschlecht IMAGO HOMINIS
„Am Frauenwesen aber fragte man am we- nicht, den Begriff einer Natur der Frau hier ein-
nigsten herum –: das musste mit und sich allen zubringen – und dem, was heute weitgehend
neuen Maßen einpassen. Das Wesen stand im mit „gender“ bezeichnet wird, also die soziale
Hintergrund, der Wille im Vordergrund, und Ausgestaltung des Geschlechts: Frausein in
sein Wirken nach außen hin erschien wichtiger Familie und Beruf, Gesellschaft und Kirche.
als das inwendige Sein, die Natur der Frauen- Das nun, und das kann an dieser Stelle bereits
seele, ihre Uranlage.“1 So beschreibt E. HASSE vorwegnehmend gesagt werden, was STEIN
1928 in ihrem Buch über die „mütterliche von den modernen Genderpositionen durch-
Frau“ die Diskussionslage in der sogenannten gängig unterscheidet, ist eben jene Ganzheit
Frauenfrage der Zwanziger Jahre – auch bereits der Perspektive, die ihrem Ansatz eine hohe
im Rückblick auf die Veränderungen um die Plausibilität verleiht: „sex“ und „gender“
Jahrhundertwende. Die Frauen hatten das ak- gehören zusammen; natürliche Gestalt und
tive und passive Wahlrecht mit der Weimarer gesellschaftliche Rolle sind nicht voneinan-
Verfassung 1919 nun endlich erlangt, und der getrennt, sondern vielmehr aufeinander
auch in beruflicher Hinsicht eröffneten sich bezogen zu denken. Das Wesen wirkt sich
den Frauen mit der Zeit immer weitergehende im Handeln aus; das Frausein durchdringt das
Möglichkeiten der Betätigung. Die Frauen- und Sein und Handeln der Frauen.
Mädchenbildung veränderte sich, so dass der
Prozess der Gleichstellung der Geschlechter
in diesem Bereich weiter in Bewegung blieb. Wesen und Berufung der Frau
In dieser Zeit tritt offenbar ein Mangel
zutage: Auf der einen Seite ergeben sich Wie kommt nun Edith STEIN als ausgebildete
neue Möglichkeiten weiblichen Handelns Philosophin dazu, sich dem Wesen der Frau zu
in der Gesellschaft im Berufsleben und auch widmen? Mit den politischen und gesellschaft-
in der Familie. Auf der anderen Seite jedoch lichen Entwicklungen um die Stellung und die
bleibt die Frau als solche, ihr Sein als Frau, Möglichkeiten der Frau im öffentlichen Leben
ein blinder Fleck, wohl um die gerade erst ging auch die Frage nach der Berufung der Frau
gewonnene Freiheit in Grundsatzdiskussionen als solcher und der einzelnen Frauen einher.
über das Wesen der Frau nicht wieder aufs Es genügte nicht, den veränderten Ansprüchen
Spiel zu setzen. Es herrschte die Angst vor, und Gegebenheiten lediglich Rechnung zu
wenn man sich in den praktischen Fragen an tragen und die erweiterten Optionen zu be-
einem Wesen der Frau orientierte, könnte da- fürworten; eine erneuerte weibliche Lebens-
bei vielleicht herauskommen, dass die Frau als situation verlangte zugleich ein Überdenken
vor allem zur Mutterschaft befähigt, nun doch der herkömmlichen Vorstellung über das Sein
lediglich im Haus, bei Familie und Kindern, der Frau als Ganzes. Angefragt von Verbänden
ihr Betätigungsfeld finden dürfe. und Berufsvereinigungen, versucht Edith STEIN
Dass diese furchtsame Zurückhaltung unbe- zu ihrer Zeit eine Antwort auf diese Fragen aus
gründet war, zeigen eindrucksvoll die Studien, philosophischer Perspektive zu geben.
die Edith STEIN, Philosophin und Schülerin des Dabei ist es E. STEIN darum zu tun, sich dem
Göttinger Phänomenologen Edmund HUSSERL, wesenhaften Sein der Frau phänomenologisch
in den Zwanziger- und Dreißiger-Jahren des zu nähern mit der „Prinzipienfrage aller
20. Jahrhunderts in der Frauen- und Frauen- Frauenfragen“3 im Hintergrund: Gibt es eine
berufsfrage vorgelegt hat.2 Am auffälligsten im „Spezies der Frau“, die unter den veränderten
Werk Edith STEINs über „die Frau“ ist wohl die historischen und gesellschaftlichen Wandlun-
eigentümliche Verbindung zwischen weibli- gen unverändert bestehen bleibt, oder ist das
chem Wesen – Edith STEIN scheut sich auch weibliche Sein lediglich den sozialen Typen

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zuzurechnen, die in Anpassung an die gege- bereitern … für bessere Bedingungen und Mög-
benen Umstände modifiziert werden können.4 lichkeiten der Frau im öffentlichen Leben“.10
Muss also hinter der weiblichen Lebensweise, Der ganze Mensch steht dabei jeweils im
die lange Zeit nun nicht immer eine freie Vordergrund ihres Interesses, wenn sie über
Wahl zur Voraussetzung hatte, eine natürli- die Berufung der Frau, aber auch des Mannes
che Grundlage vermutet werden, oder kann spricht, da ihre Vorträge und Ausführungen
eine solche sogar mit der Hilfe der gläubigen zum Frausein in eine besonders von der
Vernunft erkannt werden? Phänomenologie und der Scholastik geprägte
Edith STEIN erwägt zunächst, die geschlecht- Philosophie der Person eingebettet sind.11 Leib
liche Differenzierung als Ausdruck des jeweils und Seele geben dabei nach ihrer Auffassung
prägenden Teils eines zweipoligen Seinsrhyth- Auskunft nicht nur über ein Sein, sondern auch
mus zu verstehen, verwirft diesen Entwurf über eine Richtung des menschlichen Lebens,
jedoch. Angemessener erscheint ihr der Begriff über Berufung und Auftrag. Das schließt auch
der „substanzialen Form“.5 Die Seele ist jene den Aspekt eines naturhaft begründeten (spezi-
innere Form des Leibes und seine wirkmächti- fischen) Sollens mit ein, das sich sowohl auf das
ge Struktur, die von innen her das wesenhafte Menschsein als solches bezieht als auch auf die
Sein des Menschen bestimmt und zur Verwirk- geschlechtliche Dimension des Daseins.
lichung der darin angelegten Möglichkeiten Ausgehend von den „Phainomena“, das
drängt. Um letztlich zu einer befriedigenden ist in diesem Fall zuerst der Leib in all seinen
Klärung der Frage zu gelangen, bedürfe es Äußerungen, versucht S TEIN , „vorsichtige
jedoch einer grundlegenden Erörterung und Folgerungen auf ein weibliches ‚Innen’ zu
Vergewisserung „über das Verhältnis von Ge- ziehen“12. Sie bezieht dabei zugleich ihre
nus, Species, Typus, Individuum, d. h. über die Kenntnisse der Psychologie sowie die eigene
Grundprobleme der formalen Ontologie“.6 Lebens- und Alltagserfahrung mit ein. Das
prägende Beispiel ihrer Mutter spielte nach
ihrer eigenen Aussage in Bezug zur Auffas-
Die Eigenart der Frau sung über die Mutterschaft z. B. immer eine
prägende Rolle.13 Edith STEIN sucht – gemäß
Viel wird zur Zeit Edith STEINs von nam- der seinsmäßigen Grundlage – die Eigenart
haften Schriftstellerinnen und Gelehrten zur der Frauen als eine gemeinsame in ihren wich-
Frage der Frauenbildung und der Rolle der tigsten Zügen darzustellen. Dabei ist ihr Blick
Frau geschrieben.7 Bei der Sichtung der Lite- vor allem auf die seelische Struktur sowie auf
ratur erkennt sie jedoch eine Spannbreite von die sich daraus ableitenden „typischen“ (hier
wissenschaftlich redlichen Untersuchungen in der herkömmlichen, nicht in der im Sinne
bis hin zu „dilettantischen Versuchen“8, die es Steins zu verstehenden Bedeutung) Verhal-
an gesicherter Methode und Vorgehensweise tensweisen gerichtet. Nicht um eine Theorie
fehlen lassen. Für ihren eigenen Ansatz, sich weiblichen Seins an sich ist es STEIN zu tun,
der Berufung der Frau und ihrer Eigenart von vielmehr versucht sie, durch ein philoso-
der Phänomenologie her zu nähern, kann phisch verantwortetes Frauenbild konkret eine
sich Edith Stein dennoch auf keinerlei wis- Antwort auf die Frauenidentitätsfrage ihrer
senschaftliche Vorarbeiten stützen.9 Zeit zu geben. Vor allem die Not der jungen
Edith STEIN entwickelt durch phänomenolo- Frauengeneration, die zum Teil gerade nicht
gische Wahrnehmungsfähigkeit, psychologi- mehr in fest normierte Lebenszusammenhän-
sche Menschenkenntnis und religiöse Einsicht ge eingegliedert ist, sondern durch die zwar
eine ganzheitliche Sicht der Frau und „gehörte erst anfänglich gewonnene Freiheit doch zu
damit zu den geisteswissenschaftlichen Weg- einer eigenen Lebensgestaltung herausgefor-

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dert und manchmal entsprechend überfordert Grundlegung der Eigenart der Person ist die
erscheint, wird für sie zum Anlass intensiver gesamte Untersuchung Edith STEINs zum We-
philosophischer Forschungen. sen der Frau und ihrer Eigenart zu sehen.
Die Person selbst übt auf ihre Eigenart einen
gestaltenden Einfluss aus, z. B. indem sie Wertur-
Der Begriff der „Eigenart“ bei Edith STEIN teilen zustimmt oder sie ablehnt und so Entschei-
dungen über Präferenzen fällt. Vor allem aber
Philosophisch betrachtet bezeichnet die das Tun ist es, wodurch der Mensch sein Sein
Eigenart die Mitte zwischen einer Species, mitbestimmt, Potentiale verwirklicht oder auch
z. B. Mensch, und dem Individuum, d. h. verkümmern lässt. Nicht alle personalen „Dispo-
diesem oder jenem konkreten Menschen.14 sitionen“ müssen ausgebildet werden, damit die
Die menschliche Eigenart ist eine Art Grund- Eigenart eine individuelle ist. Nach Edith STEIN ist
ausstattung, das „Gestaltganze“15, das meh- der Standpunkt, den das Individuum gegenüber
rere Individuen gemeinsam haben. Dieses dem Ganzen der „Wertewelt“ einnimmt und die
ist nicht bei jeder Person in derselben Weise Entscheidung darüber, „welchen Werten sie in
ausgeprägt, sondern kann durchaus in unter- ihrem Verhalten den Vorzug gibt, … charakteris-
schiedlichem Maß verwirklicht sein, je nach tisch für ihre persönliche Eigenart“.21
Anlage, Bildung und geistiger Entfaltung.16
Denn beim Menschen ist „das meiste von
dem, was zum Menschsein gehört, zunächst Die anthropologische Grundlage
potenziell“17 und entfaltet sich nur langsam, je
nach Beschaffenheit der Umgebung. Vor allem Die menschliche Identität wird von Edith
bedarf es anderer Personen, die den Potenzen STEIN auf den drei Ebenen der personalen Exis-
in ihm zur Entfaltung verhelfen, aber auch der tenz beschrieben: der menschlichen, an der je-
Einzelne selbst kann das in ihn Hineingelegte der Mensch teilhat, der individuellen, in der er
entdecken und zur Ausbildung bringen. eine ihm eigene Ausprägung des Menschseins
Der Mensch entfaltet sich jedoch immer widerspiegelt, und der geschlechtsspezifischen,
bereits als Mensch, so dass seine Anlagen und die sich in Mann- oder Frausein differenziert.
Potenzen sich aktualisierend entfalten.18 Edith Die Person hat Anteil an der allgemeinen
STEIN erläutert, dass es zum „Geschöpf als Menschennatur und ist dadurch als Mensch
solchem“ dazugehöre, durch den Willen des berufen, die Welt kreativ zu gestalten und
Schöpfers bereits ein eigenes Sein zu haben, ihr leiblich-seelisches Dasein bestmöglich zu
eine Substanz zu sein, d. h. „etwas, das es in entfalten. Als Mensch ist jemand Teil einer
sich selbst ist … Es ist ein in sich selbst Hin- Menschengemeinschaft bereits dadurch, dass
eingesetztes und Begründetes, dem eigenes er ein von einer Frau Geborener ist, d. h. von
Sein und eigene Art zukommt (das eben besagt Menschen abstammt. In seiner Individualität
der Name ‚Substanz’) und [dem ebenfalls zu- unterscheidet er sich von allen menschlichen
kommt,] dass es seine Eigenart in einem ihm Wesen, d. h. er ist jeweils anders und einzig-
eigentümlichen Wirken betätigt. Speziell als artig. Zu diesen beiden Bestimmungen kommt
Wirkendes wird es ‚Natur’ genannt.“19 Um die geschlechtsspezifische hernach als dritte Fa-
sein individuelles Sein zu entwickeln, hat der cette des Menschseins hinzu. Der Mensch tritt
Mensch eine innere „Triebkraft“, das ist die faktisch als Mann oder Frau auf und zwar als
substantiale Form, die darauf angelegt ist, bei diese einmalige Person in ihrer Besonderung.
Vorliegen geeigneter Rahmenbedingungen, Mannsein und Frausein befähigt den Menschen
den in ihn gelegten Keim zur vollendeten Ge- zur Zeugung bzw. zum Gebären von Nach-
stalt zu bringen.20 Von dieser philosophischen kommenschaft in personaler Gemeinschaft.

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Für die Untersuchung der Spezifität des dend charakterisiert. Die Erörterung der Frage,
menschlichen Seins beginnt STEIN damit, die ob die substantiale Form des Menschen nach
körperlich-stoffliche Dimension des Menschen Stein eine einzige ist oder sich in mehrere
genauer zu untersuchen, wobei sie hervorhebt, Formen spezifiziert, beantwortet Edith STEIN
dass es sich dabei um abstrakte Erkenntnis han- eindeutig: Die „substanziale Form“ ist die,
delt, da zum „Vollphänomen des Menschen „die allem Wirken des Dinges zugrunde liegt,
… Leben, Seele [und] Geist“ gehören.22 Die weil sie es ist, die sein Sein überhaupt möglich
stoffliche Gestalt des Menschen, die Materie, macht, die es als das bestimmt, was es ist,
lässt seine Individualität erkennen. Ebenso ist die es zu diesem Einen, von jedem anderen
sein materielles Sein als substantielle Einheit unterschiedenen Seienden macht. Weil sie es
nicht teilbar. Die Oberflächengestalt weist ist, die seine Einheit bestimmt, kann kein Ding
auf ein inneres Leben hin und ist selbst (dann mehr als eine substanziale Form haben.“26
nicht mehr als bloßer Körper, sondern als Leib) Dass sie dennoch von der Möglichkeit anderer,
Ausdruck desselben. Als Beispiele führt Stein akzidenteller Formen ausgeht, ist vermutlich
die Unterschiedlichkeit des Gesichtsausdrucks dem Einfluss des Denkens von Johannes Duns
sowie die verschiedenen Weisen der Bewe- Scotus auf die Phänomenologie als Ganze und
gung an, die Rückschlüsse auf eine bestimmte ihre Personphilosophie zuzuschreiben.27
innere Verfassung erlauben. Letztendlich lässt Die Seele „wohnt“ nicht wie ein Kern im
der Mensch, wie er uns in der Alltagssituati- Leib, sie ist kein statisches Etwas, sondern
on begegnet, eine allgemeine Seinsstruktur – nach klassisch-scholastischer Auffassung
erkennen, die der individuellen Person als – eben die „forma corporis“, die innere Form
solcher eigen ist. Der Mensch ist Geist, und des Menschen. Sie ist dasjenige also, was den
sein Äußeres ist „Sprache des Geistes oder sein Menschen eigentlich zu einem Menschen
volles Sein, das zum Sein spricht“.23 macht. Und sie ist darin das Strukturprinzip
des Leibes, das den ganzen Menschen in eine
bestimmte Richtung zur Entfaltung drängt.
Der Leib als Ausdrucksgestalt der Seele Alles, was der Mensch erkennt, alles, was ihm
widerfährt, begegnet ihm nicht nur äußerlich,
Für die Frage nach dem Frau- bzw. Mann- sondern hinterlässt einen Eindruck in seiner
sein spielt der leibseelische Zusammenhang Seele. Zugleich ist der Leib sichtbare Gestalt
des menschlichen Daseins eine entscheidende und Ausdruck der Seele. So spiegelt häufig das
Rolle. Immer wieder schreibt Edith STEIN von Gesicht innere Seelenzustände wider. – Der
„der Frau“ und ist sich doch dessen bewusst, Leib ist somit die Ausdrucksgestalt der Seele
dass die „Eigenart“ wie die Scholastik lehr- und die Weise, wie die Seele bzw. der Mensch
te, ein proprium ist, das aus der Natur der in diese Welt hineinwirkt und mit der äußeren
menschlichen Seele folgt, die sie mit Thomas Wirklichkeit in Kontakt kommt.
VON AQUIN als forma corporis24, als innere Form In dieser doppelten Bewegung gelangt das,
des Leibes, definiert. Der Mensch ist demnach was von Außen begegnet, in das Innere und
eine untrennbare Einheit von Leib und Seele. das, was sich innerlich bildet, verschafft sich
Sie grenzt sich dadurch bewusst vom See- durch den Leib wiederum einen Ausdruck
lenbegriff der zeitgenössischen Psychologie nach außen. STEIN beschreibt die Seele als
ab.25 Die Seele weist eine eigene spezifische „unser Inneres im eigentlichen Sinn; das, was
Qualität auf. Als Seinsmitte des Menschen ist erfüllt ist von Leid und Freude, was sich em-
sie die „Macht der Selbstgestaltung“, die den pört über eine Ungerechtigkeit und begeistert
menschlichen Körper als Ganzen im Unter- für eine edle Tat; was sich einer andern Seele
schied zum bloß materiellen Sein unterschei- liebend und vertrauend öffnet oder ihr den

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Zugang wehrt; das, was Schönheit und Güte, zeige, da an der menschlichen Natur der deut-
Treue und Heiligkeit (alles, was man ‚Werte’ liche Makel der Erbsünde hafte, der das jeweils
nennt) nicht nur intellektuell erfasst und hoch- Ursprüngliche verdecke. Wenn hingegen die
schätzt, sondern in sich aufnimmt und davon „gefallene Natur“ in die Erlösungsordnung
‚lebt’, dadurch reich und tief wird.“28 hinübergeführt werde, erscheine erneut das
weibliche Sein als heilend und helfend.34
Mit dem Mann gemeinsam hat die Frau von
Frausein: Ganzsein und Offenheit Natur aus die dreifache Begabung: Erkennen,
sich freuen an Erkanntem (d. h. zu genießen)
Als besonders der Eigenart der Frau zuge- sowie schöpferisches Gestalten. Von diesen
hörig beschreibt STEIN die weibliche Sehnsucht Einstellungen zur Welt liegt ihr die zweite
nach Ganzheit des Menschen, nach der Ent- am meisten, die sie durch eine spezifische,
faltung des (wahren) Menschentums bei sich nicht zuerst rationale Erkenntnis der Dinge
und bei anderen. Die weibliche Eigenart in in höherem Maß zu „ehrfürchtiger Freude an
ihrer „Einstellung … auf das Ganze“29 befähigt den Geschöpfen“35 befähigt. Das führt zu einer
die Frau zu intensiver Anteilnahme am Dasein intuitiven Tiefensicht in das Innere der Dinge
eines anderen, an seinem Leben und seiner Ar- bzw. zu einer Erfassung des Eigentlichen. Die
beit, und bietet so eine wichtige Grundlage für Frau reflektiert normalerweise die ihr begeg-
eine Ehe.30 Für die Frau im Berufsleben bedeu- nenden Dinge zuerst im Gemüt, das Edith STEIN
tet diese ganzheitliche Perspektive häufig, dass „als Zentrum der Frauenseele“ 36beschreibt.
ein zu beobachtender „Gegensatz“ zwischen Die Frau weist in bevorzugter Weise eine
Berufsbildung und Menschenbildung ihr (im religiöse Sensibilität auf, die ihr den Zugang
Unterschied zum Mann) innerlich widerstrebt, zur Transzendenz erleichtert und sie für die
da sie beide Aspekte als dem einen personalen Rolle der Erzieherin im Bereich von Religion
Entwicklungs- und Bildungsprozess zugehörig als besonders geeignet erscheinen lässt.37 In
versteht.31 Dem entspricht auch die natürliche der Gesellschaft soll sie sich darum in beson-
Erkenntnisweise, die bei der Frau weniger derer Weise einer „Frauenkultur“ verpflichtet
auf das Allgemeine, „begrifflich-zerglie- wissen, die den metaphysischen Grund des
dernde“ als auf das Individuum, das konkret Lebens aufscheinen lässt, eine Auffassung, wie
Anzuschauende und zu Erfühlende, geht.32 sie in der Literatur häufiger zu finden ist. Die
Ihr Interesse gilt dem Persönlichen und Kon- Dichterin Gertrud von LE FORT z. B. schreibt,
kreten, die Abstraktion liegt eher außerhalb das „Eigentlich Weibliche“ sei „Hingebung“,
ihrer natürlichen Interessiertheit. Sie lässt sich wie es vorbildhaft und vollkommen in der
jedoch dann dafür begeistern, wenn die Sache Mutter des Herrn zu betrachten sei.38 In diesem
der Person dient und sich ein konkreter Bezug Sinne antwortete einmal Wilhelm BUSCH auf
zum Menschen aufweisen lässt. die Frage von Luise FASTENRATH: „Definieren
Die Frau ist dazu imstande, ihre eigenen Sie die Frau? Hauptlockvogel für diese Welt,
Belange denen der anderen (geliebten) Person günstigenfalls auch für die andere“.39
unterzuordnen, und kann darin sogar ihre Der Frau ist in ihrer offenkundigen mit-
Erfüllung finden. Dem Mann gegenüber zeigt menschlichen Befähigung zur Pro-Existenz als
sich das z. B. in einer großen Anteilnahme Dasein für den jeweils anderen40 das mensch-
an seiner „Sache“, seiner Aufgabe.33 In dieser liche Miteinander als Ganzes in vorrangiger
Fähigkeit der Frau, sich in andere nachver- Weise anvertraut. Dabei unterscheidet sie
stehend einzufühlen, sieht Edith STEIN einen zwischen der Befähigung und der Anforde-
hohen vitalen Wert, der sich beim konkreten rung, die der naturhaft mitgegebenen Gabe
Individuum jedoch nur selten rein entfaltet entspringt. Frauen können diese Aufgabe erfül-

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len, da sie ein feines Gefühl für das Gute und wird, so Edith STEIN, ihre Kinder einnehmend
Schöne haben. Sie sind durch die Begabung bewachen, sie dadurch in unguter Weise an
in die Verantwortung und Pflicht genommen41 sich binden und die positiv freie Entfaltung der
und müssen sich z. B. um die Wahrung der Kinder erheblich beschneiden. Anstatt also den
„Sitte und Sittlichkeit“ mühen, weil sie selbst Kindern und auch ihrem Mann in Liebe beizu-
dessen bedürfen, da sie sich als Frauen sonst stehen, um ihre jeweilige Entfaltung zu fördern,
in der Folge möglicherweise „roher Gewalt bringt sie sich dadurch auch selbst um ihr
ausgeliefert“ sähen.42 natürliches Glück.45 Wenn die Frau das Kind,
Edith STEIN erörtert in ihren Schriften zum den Gatten oder andere Menschen zu intensiv
Frausein an manchen Stellen auch die Schat- an sich bindet, so zeigt sich darin die tragische
tenseiten weiblichen Seins. Ihr geht es dabei Verkehrung ihrer Berufung. E. STEIN empfiehlt
jedoch nicht um eine Abwertung der Frauen der Frau daher das intensive religiöse Leben,
durch die Darstellung wesenhafter Schwächen damit sie die weibliche Art, die rein entfaltet
und Fehler. Vielmehr ist es Edith STEIN um eine nur bei der „Immaculata“ zu finden sei, wieder
realistische Sicht der Menschen im Allgemei- entdecken und aufstrahlen lassen kann.46
nen und der Frau im Besonderen zu tun, die Nach STEIN „könnte die Natur der Frau“
von den geschlechtsspezifischen Merkmalen durchaus „Abwandlungen zulassen, ohne
nicht absehen darf. Durch die scholastische dass das Wesen der Frau dadurch aufgeho-
Denkweise geprägt, bemüht sich STEIN um ben würde“.47 Die Vielfältigkeit tatsächlichen
einen Realismus, durch den sie den Aspekten Frauenlebens ihrer Zeit bleibt gleichzeitig in
von Natur, gefallener Natur und Übernatur ihrem Blickfeld. Der phänomenologischen
gerecht zu werden sucht. So erscheint ihr Methode folgend wendet sie sich zuerst dem
die in realen Personen begegnende Eigenart Leib zu als dem Ausdruck der menschlichen
nicht als Reinform weiblichen Seins, sondern Seele und ihrer Wirklichkeit. Die Seele gibt als
gewissermaßen als „Rohmaterial“, aus dem es innere Form dem Leib seine spezifische Ge-
das eigentlich Weibliche in seinem schönsten stalt. Von ihr hat er seine spezifische Form. Die
und wertvollsten Sinn, das Weibliche als Ide- Person entwickelt sich innerhalb dieser Form,
altypus, erst herauszuarbeiten gilt.43 ihrer Erbanlagen sowie unter dem Einfluss der
Weil es der Frau als Gattin und Gefährtin in Umwelt eigentümlich und einzigartig je nach
besonderer Weise möglich ist, ihre eigenen, Erziehung, Fähigkeiten und Milieu.48 Edith
persönlichen Interessen zurückzustellen, um STEIN betont an vielen Stellen, dass die Eigen-
die Angelegenheiten ihres Mannes ganz mit- art der Frau in ihrer Reinform empirisch nicht
zutragen, mitzuerleben und sogar daraus zu abschließend zu beschreiben sei, da jede Frau
leben, liegt hierin auch eine spezifische Ge- sie durch ihre Schwächen, Mängel und indivi-
fährdung. Sie zeigt sich in einem Übermaß des duellen Eigenarten modifiziere und verdunkle.
Interesses am Leben und den Entscheidungen Die Ausprägung der Individualität veranlasst
des anderen. Die Kehrseite der Fähigkeit wie- sie deshalb mehrfach zu der Erwägung, ob
derum, dem Menschen wie allen Dingen in- es überhaupt angemessen sei, die Frage nach
nerlich zu begegnen und sich in Beziehung zu dem Wesen der Frau zu stellen, und zugleich,
allem zu setzen, liegt in der Form einer „Gier“, ob es die Frau überhaupt gebe.
die sich in der Besitznahme von Dingen oder In den Abhandlungen STEINs zu dieser Frage
auch Menschen sowie im Verfall in ein geist- sowie zur Frage der Wesensbestimmung im
und tatenloses Triebleben zeigen kann. Wenn Allgemeinen fällt auf, dass sie die Begriffe
eine Frau ein ausschweifendes Leben führt, „innere Form“, „Wesen“, aber auch „Spezies“
wird sie vermutlich ihre mütterlichen Pflichten und „Typus“ zuweilen univok gebraucht.49
nicht gleichzeitig übernehmen können.44 Sie Dies bedeutet, dass für STEIN das gemeinsa-

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me Menschentum das Entscheidende zur Hinweise auf den natürlichen Frauenberuf
Beschreibung menschlicher Wesen darstellt. entnimmt Edith STEIN weiterhin der Genesis-
Die geschlechtsspezifische Einordnung ist ihr Urerzählung (Gen 1-3). Dabei gebraucht sie
untergeordnet. Edith STEIN betont darum in das Wort Gottes als „Leitfaden, um das An-
einer Diskussion um die frauliche Bestimmung schauungsmaterial des Lebens zu deuten“.52
pointiert: „Menschsein ist das Grundlegende, Die Frau ist neben der allgemein menschli-
Frausein das Sekundäre.“50 Dennoch sieht sie, chen Berufung, die sie mit dem Mann gemein-
unabhängig von den individuellen Besonder- sam hat, und ihrem individuellen Sein, ihrer
heiten, eine gemeinsame Natur der Frauen, die leiblich-geistigen Konstitution nach bestimmt
sich in der Fähigkeit zur Mutterschaft leiblich zur „Gefährtin des Mannes“ und zur „Men-
manifestiert, als „weibliche Naturanlage“, die schenmutter“.53
„formend wirkt“.51 Das gesamte leibliche und
zudem das geistige Dasein der Frau sieht sie Die Frau als Leben Schenkende: Mutterschaft
als von dieser Tatsache prägend bestimmt.
Vom phänomenologischen Ansatz her
argumentierend, sucht Edith STEIN die Mut-
Der natürliche Frauenberuf terschaft als die natürliche und hervorra-
gende Berufung der Frau zu erweisen. Der
Edith STEIN geht davon aus, dass der spezifi- Begriff der Mütterlichkeit hat bei Edith STEIN
schen Eigenart der Frau – in leiblicher und geis- „nichts Sentimentales, Vereinnahmendes“ an
tiger Hinsicht – eine Befähigung und damit auch sich, er verbindet eher Standfestigkeit und
Berufung zu bestimmten Aufgaben zukommt. Herzenswärme.54 Kaum jemand wird diese
Allein von der Berufung der Frau zu sprechen, Befähigung der weiblichen Natur in Abrede
stößt bei der heutigen Vielfalt der Berufsmög- stellen, da die leib-seelische Verfasstheit der
lichkeiten, die erst in diesem Jahrhundert von Frau auf die Weitergabe des Lebens und die
den Frauenbewegungen erkämpft wurden, auf Versorgung und Ernährung der Nachkommen-
empfindliche Ohren und damit auf Kritik. Die schaft ausgerichtet ist. Physisch gesehen, ist
Philosophin stellt sich in ihren Ausführungen auch die mütterliche Bindung, z. B. an das
über die Frau der Frage, ob es überhaupt einen Ungeborene, wesentlich enger als die des Va-
natürlichen Beruf der Frau gibt oder nicht. ters.55 Die Frau ist nach Edith STEIN in anderer
Trotz der Gemeinsamkeit der Menschen- Weise ein in sich geschlossenes Ganzes. Das
natur geht sie mit dem Hinweis auf die neue Leben bedarf dieses Schutzes und der
augenscheinliche physische Verschiedenheit Einheit, die ihm im weiblichen Leib, „bedingt
der Geschlechter und den bereits erwähnten [durch] eine gewisse Beschließung in sich
Thomas-Grundsatz „anima forma corporis“ selbst“, gesichert ist.56 „Der geheimnisvolle
von unterschiedlichen Seelentypen aus. Und Prozeß der Bildung eines neuen Geschöpfes
wie schon für Thomas VON AQUIN ist auch für im mütterlichen Organismus ist eine so inti-
Edith STEIN die Natur nicht allein maßgebend me Einheit von Seelischem und Leiblichem,
für die Entfaltung des menschlichen Indivi- dass diese Einheit zum Gepräge der gesamten
duums in allen seinen Möglichkeiten. Neben weiblichen Natur gehört.“57
der biologisch-natürlichen Disposition sind Im mütterlichen „Beruf“ der Frau liegt nach
Erziehung und Bildung notwendig, um das Edith STEIN ihre besondere Bindung an den Leib
potenziell im Menschen Vorhandene zu we- begründet. Diese ist wesentlich ausgeprägter
cken und auszubilden. Durch die Einwirkung als beim Mann, bei dem der Leib oft mehr den
der Gnade kann letztlich sogar die natürliche Charakter eines Werkzeugs hat, das ihm hilft,
Gegebenheit verändert werden. zu schaffen und zu gestalten. Die Frau „lebt“

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nach Edith STEIN in den einzelnen Teilen ihres der sorgenden, wärmenden Liebe, des zarten
Leibes und ist deshalb von dem, was ihm wi- Verständnisses, der stillen selbstverständlichen
derfährt, stärker „innerlich betroffen“58 als der Opferbereitschaft, um das keimende Leben
Mann. An allem, was sie tut, ist sie mit ihrer zum Aufblühen zu bringen“62.
„ganzen Person … beteiligt“59. Die weibliche Da nicht nur der Leib des Kindes der Obhut
Seelenhaltung, das „echt mütterliche Verlan- und Fürsorge bedarf, sondern die positive
gen“60, geht ganz auf das Bewahren, Pflegen, Entwicklung der Seele in gleichem Maß
Hüten – also auf das Leben schlechthin. Un- von der Bildung durch liebenden Umgang
belebte Gegenstände sind für die Frau zumeist abhängt, soll sich die Frau in gesundem,
nur in ihrer Funktion als Hilfsmittel für die angemessenem Altruismus durch das eigene
Person von Interesse. Ihre Erkenntnisweise ist Kind und die Menschen, die ihr nahe stehen,
stärker durch das Anschauen und das Einfüh- in Dienst nehmen lassen. Der entsprechende
len geprägt, das ihr ermöglicht, tiefer zu sehen, Wesenszug, der eng an die mütterliche Ver-
um dadurch zu erkennen, was notwendig ist, fassung der Frau gebunden ist, tritt im Wirken
um in anderen Menschen, vor allem (naturge- der Frau als Wunsch, Liebe zu geben und zu
mäß) in ihren Kindern, das (ethisch) Gute zu empfangen, immer wieder hervor.63 So zeigt
wecken und den individuellen Fähigkeiten zur sich ihre Mutterschaft als bestimmender We-
Entfaltung zu verhelfen. senszug überall dort, wo sie einem Menschen
Die geistigen Kräfte, Verstand, Wille und hilft, sich körperlich, geistig oder seelisch zu
Gemüt, sind bei den Individuen in „Maß entwickeln.64 Die Mutter sollte dem Kind die
und Verhältnis“ unterschiedlich ausgeprägt. notwendige Zuwendung durch „Wärme und
Da der Frau ein besonderes Bestreben zu Nahrung“ nicht versagen, die eine wichtige
ganzheitlichem Sein eigen ist, zeigt sich bei Voraussetzung für die gesunde kindliche Ent-
ihr ein „stärkerer Sinn für [die] harmonische wicklung darstellt.65 Der inneren Seelenhal-
Entfaltung der Kräfte“61. Sie erträgt es bei sich tung der Frau erscheinen deshalb bestimmte
ebenso wenig wie bei anderen, wenn sich Wesenszüge als besonders entsprechend: weit
ein Teil der Persönlichkeit auf Kosten des zu sein, nicht zu sehr mit sich beschäftigt,
anderen entwickelt, z. B. der Leib auf Kosten aufgeschlossen und klar in dem, was sie ist
des Geistes oder der Verstand auf Kosten des und tut, damit die Kinder, zugleich aber auch
Gemüts. Deshalb obliegt der Mutter, so Edith der Mann und jede Person, die ihr begegnet,
STEIN weiter, neben der leiblichen Versorgung in ihr eine Stütze und „die beste Beraterin
in besonderer Weise auch die religiöse Erzie- finden“ können.66
hung bzw. die Aufgabe, die Sensibilität für
Fragen der Transzendenz in ihren Kindern
oder anderen ihr Anvertrauten zu wecken. Geistliche Mutterschaft als spirituelle
Zur mütterlichen Aufgabe gehört die groß- Lebenshilfe
mütige Bereitschaft, eigene Interessen und
Wünsche zumindest zeitweilig zurückzustel- Wenn Edith STEIN in einer Diskussion zum
len und sich ganz im Dienst des Anderen zu Vortrag „Grundlagen der Frauenbildung“67
sehen, der der Zuwendung und liebenden Hil- davon spricht, dass „die Krankheit der Zeit …
festellung zur Entwicklung der Anlagen und darauf zurückzuführen [ist], dass nicht mehr
Fähigkeiten bedarf. Bei der Frau lässt sich eine Mütterlichkeit da ist“68, meint sie nicht zuerst
dafür unerlässliche, signifikant größere Fähig- die biologisch-leibliche Mutterschaft, auf die
keit, Leiden und Mühen ausdauernd zu ertra- die zu jener Zeit gerade aufstrebende NSDAP
gen, beobachten als beim Mann. Gerade im die Frau beschränken wollte.69 Edith STEIN wehrt
Verhältnis der Mutter zum Kind „bedarf es hier sich ausdrücklich gegen die anti-emanzipati-

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Schwerpunkt · Menschenwürde und Geschlecht IMAGO HOMINIS
ven Entwicklungen und die Verkürzung weib- ihre mütterliche Berufung für alle, die ihrer
lichen Seins auf die rein körperlich-materielle bedürfen, zu verwirklichen.77
Dimension.70 In der Mutterschaft offenbare Besonders deutlich wird diese Seite der
sich hingegen die leib-seelische Wirklichkeit Mutterschaft z. B. überall dort, wo die Frau als
des Menschen, der allein von der Nahrung für geistliche Begleiterin und Ratgeberin gesucht
seinen Körper nicht zu leben weiß, denn „ech- wird.78 Es bestehe – so E. STEIN weiter – ein aus-
te Mutterschaft ist zugleich ein natürlicher und geprägtes „Bedürfnis nach mütterlicher Teilnah-
übernatürlicher Beruf“71, wobei, wie Gertrud me und Hilfe, und so können wir auch in dem
von LE FORT schreibt, die Natur das „Präludium einen Wort Mütterlichkeit das zusammenfas-
des Übernatürlichen“72 bildet. Die Frau trägt sen, was wir als Eigenwert der Frau entwickelt
in sich vielmehr ein mütterliches Potenzial haben. Nur muß es eine Mütterlichkeit sein, die
als Berufung und Auftrag, das sie entweder in nicht bei dem engen Kreis der Blutsverwandten
seinen zahlreichen Facetten dem eigenen Kind oder der persönlichen Freunde stehen bleibt,
oder den Menschen, die ihr anvertraut sind sondern nach dem Vorbild der ‚Mutter der
bzw. begegnen, zuwenden kann. Barmherzigkeit’ für alle da ist, die mühselig
Die geistliche Mutterschaft bietet z. B. auch und beladen sind; sie muß ihre Wurzel haben
derjenigen Frau, die nicht Gattin und Mutter ist, in der weltweiten göttlichen Liebe.“79 Aus dem
die Möglichkeit, ihrer mütterlichen Berufung Grund soll „die niemals fehlende Mütterlichkeit
entsprechend, geistlich Leben zu schenken. Für jeder echten Frau“80 nicht ausschließlich an die
die ledige Frau kann es bedeuten, nicht mehr, familiären Beziehungen gebunden sein, son-
wie lange Zeit geschehen, den Beruf als Ersatz dern in allem Sein und Tun aufscheinen.81 Diese
für die nicht erfüllte Mutterschaft anzusehen, mütterliche als eine geistliche Haltung erfordert
sondern ihrer Berufung als geistliche Mutter eine innere Durchbildung des Charakters, der
nachzukommen. Edith STEIN hält zugleich die Frau in ehrfürchtiger Zurückhaltung die
fest, dass „eine ganze Reihe von Berufen, vor Individualität ihres Gegenübers respektieren
allem alle erzieherischen und pflegerischen, und fördern lässt.82
der unverheirateten Frau in gewisser Weise die In der mütterlichen Berufung liegt auch
Möglichkeit zur Erfüllung ihrer Bestimmung die Befähigung zu geistlicher Begleitung be-
als Frau bieten. ‚In gewisser Weise’ – man darf gründet, die dann ihre höchste Fruchtbarkeit
es nämlich mit dem Übergang von der vollen erreicht, wenn die Frau bestrebt ist, Gottes
leiblich-seelischen Ehe und Mutterschaft zur Werkzeug zu sein und seine Stimme im Innern
vergeistigten nicht zu leicht nehmen“,73 da der des Einzelnen hörbar zu machen.83 Die geist-
Mensch Leib und Seele in untrennbarer Einheit liche Mutterschaft weist demnach darauf hin,
ist.74 Zugleich erfüllt nicht jede leibliche Mutter dass Leben-schenken mehr ist als Schwanger-
von sich aus die von ihr gleichzeitig geforderte schaft und Geburt, dass es Begleitung, Mitsein
geistige Mutterschaft. und im Tiefsten das Dasein für den anderen
Umso dramatischer zeigt sich die Lage der bedeutet. Damit kommen wir abschließend
Frau in der Frage der Abtreibung. Hier, wo zu der anderen, von Edith STEIN genannten
die Frau, deren Wesen es ist, Mutter zu sein ursprünglichen und natürlichen Berufung der
und Leben zu schenken, ihr eigenes Kind Frau: die Gefährtenschaft.
preisgibt und der Tötung überlässt oder sogar
selbst tötet, tastet sie darin letztlich ihre eigene Gefährtin des Mannes
Identität an.75 Aus der Verweigerung, leiblich
Mutter zu werden, entsteht zugleich die Un- In der zweiten, älteren Fassung der Schöp-
fähigkeit, geistige Mutterschaft zu leben.76 Der fungserzählung im Buch Genesis wird dem
Frau ist indessen aufgetragen, an jedem Ort Leser ein Hinweis auf eine weitere wesen-

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IMAGO HOMINIS K. WESTERHORSTMANN, Bestimmung und Berufung der Frau

hafte Dimension des Frauseins gegeben, die und Beruf einsetzen, wodurch sie unmittelbar
zur Mutterschaft in unmittelbarer Verbindung entscheidend an der Gestaltung der Gesell-
steht. In Gen 2 wird die Frau dem Mann schaft beteiligt sind.
zugeführt, und er jubelt über sie, weil er
sie als ihm ähnlich und ebenbürtig erkennt:
„Das endlich ist Bein von meinem Bein und Schlussgedanken
Fleisch von meinem Fleisch“ (Gen 2, 23).
Edith STEIN übersetzt den hebräischen Begriff Unserer Zeit erscheinen die Ausführungen
(ezer) in Gen 2, 18 mit „eine Hilfe, wie ihm STEINs womöglich sehr weitgehend, wenn sie
gegenüber“.84 Die Frau ist demnach für ihn sich eingehend zum Wesen und zur inneren
„Spiegelbild …, in dem der Mann seine eigene Seinsstruktur der Frau äußert. Dennoch lässt
Natur erblicken könnte“85. sich seit einigen Jahren ein vermehrtes Inter-
Mann und Frau haben in dieser biblisch for- esse an populärwissenschaftlichen Schriften
mulierten Weltschöpfung einen gemeinsamen zum Frau- und Mannsein aus dem US-ameri-
Auftrag, den sie als Menschen auch nur part- kanischen Raum beobachten, der signifikant
nerschaftlich erfüllen können: Ebenbild Gottes ist für die Unsicherheiten in der Frage der
zu sein, Nachkommenschaft hervorzubringen eigenen Identität, in der Rolle von Mann und
und zu erziehen sowie über die Erde bewah- Frau. Da ist es hilfreich, dass der jetzige Papst
rend zu herrschen.86 Darin ist nicht gesagt, BENEDIKT XVI. noch als Präfekt der Glaubens-
beide hätten das Gleiche zu tun; sie haben kongregation in seinem Schreiben zur „Zusam-
diesen göttlichen Auftrag je nach der Eigenart menarbeit von Mann und Frau in der Kirche
ihrer geschlechtsspezifischen Berufung zu er- und in der Welt“90 den „Genius der Frau“ be-
füllen. Edith STEIN versteht die Angewiesenheit schreibt als eine Kraft im Wesen der Frau, die
und Komplementarität der Geschlechter als ihr die besondere Fähigkeit zur Hingabe, zum
eine ontologische. Erst gemeinsam verkörpern „Dasein-Für“ andere, zum liebenden Beistand
Mann und Frau die Gesamtheit dessen, was für alle, die ihrer bedürfen, verleiht.91
Menschheit genannt werden kann.87
Bleibt eine Frau ungewollt ledig oder in der Referenzen:
Ehe kinderlos, so bieten die geistige Braut-
1 HASSE E., Der Ruf nach der mütterlichen Frau. Ein Buch der
oder Mutterschaft im Glauben die Möglich- weiblichen Selbsterforschung, Franke Verlag, Habelschwerdt
keit, den Mangel durch eine neue Sichtweise (19282), S. 8
zu kompensieren und fruchtbar zu machen. 2 Diese Arbeiten zur „Frau“ finden sich in einem Sammelband
innerhalb der Edith-Stein-Gesamtausgabe, die seit dem Jahr
Denn die ureigenste Aufgabe der Frauen lässt 2000 erscheint: STEIN E., Die Frau. Fragestellungen und Refle-
sich an jedem Ort verwirklichen: Sie sollen xionen, Edith-Stein-Gesamtausgabe (ESGA), Bd. 13, Herder
überall, wo sie durch private, berufliche Verlag, Freiburg/Breisgau (2000)
3 STEIN E., Probleme der neueren Mädchenbildung (1932),
oder andere Gründe hingestellt sind, ihren ESGA 13, S. 127-208, 152
weiblichen Geist einbringen, der den Men- 4 „Es wird untersucht werden müssen, ob in diesen Typen …
schen und seine Belange sieht. Dabei geht es ein einheitlicher und unwandelbarer Kern enthalten ist, den
man als Spezies ‚Frau’ ansprechen könnte.“ Ebd., S. 141
vorrangig um den Menschen, „der unser am 5 Vgl. ebd., S. 162 f.
meisten bedarf, gleichgültig, ob er verwandt 6 Ebd., S. 152.
ist oder nicht, ob wir ihn ‚mögen’ oder nicht, 7 Vgl. dazu DÜREN S., Die Frau im Spannungsfeld von Eman-
zipation und Glaube. Eine Untersuchung zu theologisch-
ob er der Hilfe ‚moralisch würdig’ ist oder anthropologischen Aussagen über das Wesen der Frau in der
nicht“88 , auf „dass der Mensch nicht allein deutschsprachigen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahr-
sei“89. Zugleich – und das ist die andere Seite hunderts unter besonderer Berücksichtigung von Edith STEIN,
Sigrid UNDSET, Gertrud von LE FORT und Ilse von Stach, Susanne
– sollen die Frauen sich selbst entfalten, ihre RODERER, Regensburg (1998), S. 105.
Fähigkeiten ausbilden und diese in Familie 8 STEIN, Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 142.

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Schwerpunkt · Menschenwürde und Geschlecht IMAGO HOMINIS
9 Vgl. HERBSTRITH W., Das wahre Gesicht Edith Steins, Kaffke 28 STEIN E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 104
Verlag, Aschaffenburg (1987), S. 94. 29 STEIN E., Das Ethos der Frauenberufe (1930), ESGA 13, S. 16-
10 DÜREN S., s. Ref. 7, S. 18. 29, 19
11 Vgl. STEIN E., Der Eigenwert der Frau in seiner Bedeutung für 30 Vgl. ebd.
das Leben des Volkes (1928), ESGA 13, S. 1-15, 6. 31 STEIN E:, Die Bestimmung der Frau (1931), ESGA 13, S. 46-55,
12 GERL-FALKOVITZ H.-B., Unerbittliches Licht. Edith Stein – Phi- 48
losophie, Mystik, Leben, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 32 Vgl. STEIN E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 18.
(1991), S. 65 33 Vgl. ebd., S. 19.
13 „Die Mutter ist die erste Bildnerin. Auf mich hat das Leben, 34 „Erst durch die Erlösung [gewinnt] die Natur der Frau ihre
das Beispiel meiner Mutter, obwohl sie kein Bildungsideal Reinheit und Heilkraft“. STEIN E., Natur und Übernatur in
gehabt hat, stark bildend gewirkt.“ STEIN E., Protokolle (zu Goethes Faust (1932), ESGA 16, S. 167.
Vortrag und Diskussion) und Briefwechsel über „Grundlagen Vgl. dazu GERL-FALKOVITZ H.-B., Frieden durch Frauen? Gedan-
der Frauenbildung“ (1930), ESGA 13, S. 232-252, 243. ken zu einem schwierigen Feld, in: SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN
14 STEIN gebraucht den Terminus „Eigenart“ offenbar in einer BISCHOFSKONFERENZ (Hrsg.), „Die Frau: Erzieherin zum Frieden“.
gewissen Analogie zur scholastischen Prädikabilienlehre. Welttag des Friedens 1995, 1. Januar 1995, Deutsche Bischofs-
15 STEIN E., Der Aufbau der menschlichen Person. Vorlesung zu konferenz, Bonn (1994), S. 16 (Arbeitshilfen 123).
philosophischen Anthropologie, ESGA 14, Herder Verlag, 35 STEIN E., Beruf des Mannes und der Frau nach Natur- und
Freiburg/Breisgau (2004), S. 140. Gnadenordnung (1931), ESGA 13, S. 56-78, 69.
16 Edith STEIN beschreibt als „die eigentümliche Seinsweise des 36 STEIN E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 92
Menschen: daß die Species nicht vom Beginn seines Seins 37 Vgl. dazu beispielsw. S TEIN E., Ethos (1930), ESGA 13,
an fertig ausgewirkt ist, sondern das Individuum in einem S. 25 f.
zeitlichen Prozeß fortschreitend zur Entfaltung kommen läßt; Vgl. STEIN E., Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 195.
daß dieser Prozeß nicht eindeutig festgelegt ist, sondern von 38 Vgl. LE FORT G., Die ewige Frau. Die Frau in der Zeit. Die
verschiedenen variablen Faktoren abhängt, u. a. von der zeitlose Frau, Kösel Verlag, München (1938), bes. S. 11-29.
Freiheit des Menschen, die ihm gestattet, an seiner eigenen 39 BUSCH W., Was beliebt ist auch erlaubt, Gütersloh (1998),
Bildung und der anderer zu arbeiten.“ STEIN E., Mädchenbil- S. 1032. Die „Gegenwart [einer Frau] läßt … niemals gleich-
dung (1932), ESGA 13, S. 163 gültig; sie bringt entweder Verwirrung oder Klarheit. Es genügt,
Vgl. dazu S TEIN E., Aufbau der menschlichen Person, daß sie da ist, damit die Männer sich anders verhalten, je nach-
ESGA 14, S. 141 f. dem, ob sie in ihnen das Beste weckt oder das Schlimmste.“
17 STEIN E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 142. CROISSANT J., Die priesterliche Frau oder das Priestertum des
18 STEIN insistiert hier auf die notwendige Unterscheidung hinsicht- Herzens, Parvis-Verlag, Hauteville (1993), S. 185.
lich eines Wandels, einer Veränderung, zwischen substantiellem 40 Vgl. dazu meine ausführlichen Ausführungen in: WESTERHORST-
und akzidentellem Werden. In diesem Fall handelt es sich um MANN K., Selbstverwirklichung und Pro-Existenz. Frausein in
eine akzidentelle Werdung, da das Menschsein der Verände- Arbeit und Beruf bei Edith Stein, Schöningh Verlag, Paderborn
rung vorausgeht, selbst jedoch nicht zur Disposition steht. (2004), bes. S. 359 ff.
19 STEIN E., Was ist der Mensch? Theologische Anthropologie 41 Vgl. STEIN E., Natur und Übernatur in Goethes Faust (1932),
(1933), ESGA 15, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau (2005), ESGA 16, S. 157-168, 167.
S. 28. Hervorhebung von mir. 42 Vgl. STEIN E., Aufsatzthemen (unveröffentlicht), Edith-Stein-
20 Vgl. STEIN E., Christliches Frauenleben (1932), ESGA 13, Archiv Köln (ESAK), Signatur: B I 39a 15.
S. 79-114, 88. 43 Vgl. STEIN E., Eigenwert (1928), ESGA 13, S. 5.
21 STEIN E., Untersuchung über den Staat, in: JPPF 7, Halle a. S. 44 Vgl. STEIN E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13,
(1925), S. 1-123, 19. Hervorhebung v. mir. S. 70.
22 STEIN E., Aufbau der menschlichen Person, ESGA 14, S. 33 45 Vgl. ebd.
23 Ebd., S. 46 46 Vgl. STEIN E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 20
24 Vgl. S. th. I q 85 a 1. STEIN E., NATUR UND ÜBERNATUR IN GOETHES FAUST (1932),
25 „In Absetzung vom Seelenbegriff der Psychologie differenziert ESGA 16, S. 167
sie zwischen … Psyche … und Seele, die eine umfassende, 47 Ebd. 160.
personale und damit freie und geistige Qualität auszeichnet, 48 Vgl. STEIN E., Aufsatzthemen, ESAK, Sign.: B I 39a 45.
die eine quantifizierende Psychologie nicht zu erforschen 49 Vgl. dazu BINGGELI S., La femme chez Edith Stein. Une appro-
vermag.“ WULF M., Rekonstruktion und Neudatierung einiger che philosophique, théologique et littéraire, ERAD Verlag, Lyon
früher Werke Edith Steins, in: BECKMANN B., GERL-FALKOVITZ H.-B. 2000, S. 365.
(Hrsg.): Edith Stein. Themen, Bezüge, Dokumente, Königshau- 50 STEIN E., Diskussion (1930), ESGA 13, S. 246
sen & Neumann Verlag, Würzburg (2003), S. 249-267, 261. 51 Ebd. Vgl. S TEIN E., Mädchenbildung (1932), ESGA 13,
26 STEIN E., Was ist der Mensch? (1933), ESGA 15, S. 6 f. S. 160.
Vgl. auch: Ebd., S. 10. 52 STEIN E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13,
27 Vgl. TOMMASI F. V., „… verschiedene Sprachen redeten …“. Ein S. 66.
Dialog zwischen Phänomenologie und mittelalterlicher Scholas- 53 STEIN E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 18.
tik im Werk Edith Steins, in: BECKMANN/GERL-FALKOVITZ, Themen, 54 Vgl. HERBSTRITH W., Gesicht, 1987, S. 97.
Bezüge, Dokumente, 2003, S. 107-133, 118 ff., bes. S. 119. 55 Vgl. STEIN E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 49 f.
Vgl. dazu S TEIN E., Aufbau der menschlichen Person, 56 STEIN E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 86
ESGA 14, S. 93-103. 57 Ebd.

134 Band 13 • Heft 2


IMAGO HOMINIS K. WESTERHORSTMANN, Bestimmung und Berufung der Frau

58 Ebd. litin, in: Edith-Steins-Werke (ESW), Bd. XII, S. 139-150.


59 STEIN E., Eigenwert (1928), ESGA 13, S. 4 79 STEIN E., Eigenwert (1928), ESGA 13, S. 11. „Sie [die Frauen]
60 STEIN E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 19 sollen alle die vergessenen und bedrohten Kinder in ihren
61 STEIN E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, Herzen tragen“. CROISSANT, Priesterliche Frau (1993), S. 148
S. 68 80 LE FORT G., Ewige Frau (1938), S. 126.
62 STEIN E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 50 81 „Die Frau hat er [Gott] berufen, in all ihren Beziehungen zur
63 Vgl. STEIN E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 85. Schöpfung Mutter zu sein, und Mutter sein bedeutet, sein Leben
„Das innerste Formprinzip der weiblichen Seele ist die Liebe, einzusetzen.“ CROISSANT J., Priesterliche Frau (1993), S. 131.
wie sie aus dem göttlichen Herzen quillt. Die weibliche Seele 82 Eine solche Haltung ist auch dem Mann möglich. In der
gewinnt dieses Formprinzip durch den engsten Anschluß an Verwandlung durch die Gnade erheben sich Mann und Frau
das göttliche Herz in einem eucharistischen und liturgischen jeweils über die Begrenztheiten der natürlichen geschlechtli-
Leben.“ STEIN E., Ethos (1930), ESGA 13, S. 29. chen Eigenart. „Je höher man aufsteigt zur Verähnlichung mit
64 Vgl. STEIN E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 50. Christus, desto mehr werden Mann und Frau gleich … Damit
65 Vgl. ebd. ist die Beherrschung durch das Geschlecht vom Geistigen her
66 STEIN E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13, aufgehoben.“ STEIN E., Diskussion, ESGA 13, S. 246.
S. 72 Vgl. auch: STEIN E., Beruf des Mannes und der Frau (1931),
67 STEIN E., Diskussion, ESGA 13, S. 238-248 ESGA 13, S. 78.
68 Ebd., S. 245 83 Vgl. STEIN, Diskussion, ESGA 13, S. 242, ebd., S. 35.
69 Vgl. STEIN E., Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 136f. 84 Ebd., S. 58. In der hebräischen Bibel wird der hier gebrauchte
70 Vgl. STEIN E., Notzeit und Bildung (1932), ESGA 16, S. 130- Ausdruck an mehreren Stellen als göttliches Attribut in Bezug
139, 134f. zu Jahwe gebraucht, z. B.: „Ich hebe meine Augen auf zu den
71 STEIN E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 53. Bergen: Woher kommt mir Hilfe [ezer]?“ Ps 121, 1
Die übernatürliche Berufung ist von der natürlichen nicht zu Vgl. SCHLÜNGEL-STRAUMANN H., Genesis 1-11, in: SCHOTTROFF L.
trennen. „Man darf diese Scheidung der Berufe nicht so auf- u. a. (Hrsg.), Kompendium Feministische Bibelauslegung,
fassen, als sei im einen Fall allein das natürliche, im anderen Verlag, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1998, S. 1-11, 4.
nur das übernatürliche Ziel ins Auge gefaßt. Auch die Frau, 85 STEIN E., Frauenleben (1932), ESGA 13, S. 83. „Durch ihre
die als Gattin und Mutter ihre natürliche Bestimmung erfüllt, Sicht von ihm und durch das Gespräch gewährt sie ihm Zu-
hat Aufgaben für das Gottesreich … [diese liegen] nur in gang zu seiner eigenen Persönlichkeit als Mann, macht ihn
erster Linie im Kreis der Familie. Andererseits bedarf es auch offen für seine Berufung und unterstützt ihn in seinem Tun. Das
im völlig gottgeweihten Leben der Entfaltung der natürlichen ist allerdings nur möglich, wenn die Frau ihrerseits anerkennt,
Kräfte“. STEIN E., FRAUENLEBEN (1932), ESGA 13, S. 91 daß sie vom Mann verschieden und ihm doch ebenbürtig
72 LE FORT G., Ewige Frau (1938), S. 28 ist, sein ‚Gegenüber’, aber nicht in geborgter Männlichkeit,
73 STEIN E., Bestimmung (1931), ESGA 13, S. 50. sondern in ihrer eigenen, unersetzlichen Weiblichkeit.“
74 Vgl. ebd. CROISSANT J., Die priesterliche Frau, 1993, S. 7.
75 Vgl. SIMON M., Danach. Die psychischen Folgen der Abtrei- 86 Vgl. STEIN E., Beruf des Mannes und der Frau (1931), ESGA 13,
bung, in: HOFFACKER P. (Hrsg.), Auf Leben und Tod. Abtreibung S. 58.
in der Diskussion, Lübbe Verlag, Bergisch-Gladbach (19915), 87 „Daß Adam der ergänzenden Gefährtin bedurfte, und daß
S. 94-111, 98 beide bestimmt waren, ein Geschlecht von Menschen hervor-
DIEDERICHS P., Zur seelischen Verarbeitung des Schwanger- zubringen, scheint mir darauf hinzuweisen, daß er allein nicht
schaftsabbruchs, in: ESER A., HIRSCH H. A. (Hrsg.), Sterilisation die Fülle der Menschheit in sich verkörperte, sondern daß sie
und Schwangerschaftsabbruch. Eine Orientierungshilfe zu erst durch das ganze Geschlecht verwirklicht werden sollte.“
medizinischen, psychologischen und rechtlichen Fragen, STEIN E., Endliches und ewiges Sein. Versuch eines Aufstiegs
Nomos Verlag, Stuttgart (1980), S. 100-105, 101 f zum Sinn des Seins, ESW II, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau
Vgl. ebenfalls den Erfahrungsbericht: STANFORD S., Schatten auf (1986), S. 480
der Seele. Die psychischen Folgen der Abtreibung, in: Familie 88 STEIN E., Das Weihnachtsgeheimnis. Mit einer Einführung von
ist Zukunft. XIV. Internationaler Kongreß für die Familie, Bonn, Hanna-Barbara GERL, Herder Verlag, Freiburg/Breisgau (1988),
April 1989. Vorträge, Diskussionen, Arbeitskreise, Bonn (1989), S. 54.
S. 93-99. 89 STEIN E., Die Bestimmung der Frau (1931), ESGA 13, S. 50
GERL-FALKOVITZ erachtet aufgrund der aggressiven Auslebung 90 KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE: Schreiben an die Bischöfe
der Machtposition in der Tötung des Ungeborenen den „Zu- der Katholischen Kirche über die Zusammenarbeit von Mann
sammenhang von Abtreibung und Friedenszerstörung [als] und Frau in der Kirche und in der Welt, in: SEKRETARIAT DER DEUT-
höchst nachdenkenswert und einleuchtend“. GERL-FALKOVITZ SCHEN BISCHOFSKONFERENZ, Verlautbarungen des Apostolischen
H.-B., Frieden durch Frauen?, (1994), S. 11 f. Stuhls 166, Deutsche Bischofskonferenz, Bonn (2004)
76 „Ihre Weigerung, leiblich zu gebären, macht sie geistlich 91 Vgl. dazu WESTERHORSTMANN K., Die Kirche in der Defensive?
unfruchtbar für die Menschheit“. CROISSANT J., Priesterliche Anmerkungen zum Dokument der Kongregation für die
Frau (1993), S. 126 Glaubenslehre über die Zusammenarbeit von Mann und Frau
77 Vgl. STEIN, Mädchenbildung (1932), ESGA 13, S. 181. in der Kirche und in der Welt (2004), in: ThGl 95 (4/2005),
78 Vgl. u. a. z. B. STEIN E., Eine deutsche Frau und große Karme- S. 463-480, 475 f.

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