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THOMASJ.BATA LIBRARY
TRENT UNIVERSITY
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in 2019 with funding from
Kahle/Austin Foundation
https://archive.org/details/robertmusillebenOOOOcori
KARL CORINO ROWOHLT
ROBERT
MUSIL
LEBEN UND WERK IN BILDERN UND TEXTEN
\
Seite 9: um 1935
Seite 19: 1887 (in Steyr)
Seite51: 1892 (alsMilitär-Unterrealschüler)
Seite 67: ca. 1901
Seite 101: um 1906
Seite 127: um 1910
Seite 183: um 1910
Seite 219: 1917 (als Oberleutnant)
Seite 261: Paßphoto auf dem Mitgliedsausweis
des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller
in Österreich
Seite 319: 1931
Seite 393: um 1935
Seite 443: Anfang der vierziger Jahre
VORWORT 9
MONSIEUR LE VIVISECTEUR 67
1898-1903
VEREINIGUNGEN 127
1907-1911
IM GLASHAUS 183
1912-1914
SYMPTOMEN-THEATER 261
1919-1924
NACHWORT 485
DANKSAGUNG 491
ANMERKUNGEN 492
REGISTER 496
BILDNACHWEISE 499
FÜR ELISABETII
VORWORI
ROBERT MUSIL -
GENAUIGKEIT
UND
SEELE
Helden Reiting und Beineberg erinnert, die «heu¬
VORWORT
Jvobcrt Musil war ein Mann mit vielen Eigen¬ tigen Diktatoren in nucleo . Schließlich, auf der
schaften: Männern gegenüber (vor allem über¬ philosophischen Ebene, der Versuch, der Verwir¬
schätzten Kollegen) schneidend scharf; Frauen rungen durch ein quasi Nietzsehesches Rezept Herr
gegenüber von geradezu altvaterischer Verbind¬ zu werden. das Gehirn so zu organisieren, daß W is-
lichkeit: er war hilfsbedürftig und undankbar; er senschaft und Nicht-Wissenschaft streng geschie¬
war wohl der gelehrteste Autor seiner Epoche und den werden: «Ich wreiß: die Dinge sind die Dinge
nannte sich vielseitig ungebildet. Er trainierte sei¬ und w erden es w ohl immer bleiben: und ich w erde
nen Körper bis zum Schluß mit militärischer Diszi¬ sie wohl immer bald so. bald so ansehen. Bald
plin und war von seinem 4o. Lebensjahr an ein mit den Augen des Verstandes, bald mit den
schwerkranker Mann. Er war Schriftsteller und anderen...»
schrieb nicht gern, wenngleich leidenschaftlich. Er
T
war nicht redselig und konnte plötzlich überspru¬
deln. Er war ein Moralist, und er hatte das Leben ar der Törleß noch relativ mühelos entstan¬
seiner Gefährtin Hermine Dietz auf dem Gewissen. den, als Freizeitbeschäftigung eines gelangweilten
Er plädierte für die böse-experimentelle Gesinnung Technikers, so hat die Arbeit an seinem zweiten
und lebte wie ein kleiner Beamter. Er war von der Buch, dem Novellenband Vereinigungen. Musil see¬
Untauglichkeit des Kapitalismus und des Bürger¬ lisch beinahe ruiniert. Frisch promoviert mit einer
tums überzeugt, ohne sich je vorbehaltlos für ihre Arbeit über die erkenntnistheoretischen Grundla¬
politischen Gegner zu entscheiden. Er hielt es für gen der Physik bei Ernst Mach, nahm er eine Einla¬
wachtiger, ein Buch zu schreiben, als ein Reich zu dung Franz Bleis an, für die Zeitschrift Hyperion
regieren, und war nicht in der Lage, sein Haupt¬ eine Erzählung zu schreiben. Aus der Gelenkpro¬
werk zu vollenden. Er klagte über seine verpfuschte be» wnirde ein rund zweieinhalbjähriges, Tag und
Kunst und war überzeugt von seinem Nachruhm. Nacht währendes Exercitium, Beispiel jener bis
Musil hat fünf Prosabücher veröffentlicht und zwei «auf die Knochen abmagernden Inbrunst für ein
Stücke: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß, Ver¬ intellektuell-emotionales Ziel», das Schreiben für
einigungen, Die Schwärmer, Vinzenz, Drei Frauen, Musil fortan immer blieb. Zum erstenmal versuchte
Der Mann ohne Eigenschaften und Nachlaß zu er sich nun an Stoffen, die nicht seiner eigenen
Lebzeiten, viele davon in Abständen, die ihn beim Erfahrung entstammten (sondern dem Leben sei¬
Publikum immer wieder neu in Vergessenheit gera¬ ner späteren Frau Martha), und er ließ sich auf eine
ten ließen. Sein Erstling, der Törleß, war, von Auseinandersetzung mit der Psychoanalyse ein, die
Alfred Kerr enthusiastisch begrüßt, ein Achtungs¬ ebenso subtil wüe heroisch war. Unzweifelhaft hatte
erfolg bei der Kritik. Das Buch, auf Ereignisse wäh¬ er sich von den Breuer—Freudschen Studien über
rend Musils Kadettenzeit in Mährisch-Weißkirchen Hysterie anregen lassen, w'ehrte sich aber gleichzei¬
zurückgehend und 1902/03 während seiner Assi¬ tig dagegen, sich der Konzeption des Unbewußten
stententätigkeit an der Stuttgarter Materialprü¬ zu unterwerfen. Zwar sprach er, theoretisch, er¬
fungsanstalt begonnen, wurde von den Zeitgenos¬ zählte er von den Jugendtraumata seiner Figuren,
sen in seiner Vielschichtigkeit nicht verstanden. schilderte ihre Wirkungen, zugleich aber lehnte er
Erst heute wird die psychologische, soziologische, sich gegen jene Kausalität auf und wollte nur
philosophische Dimension des Textes allmählich «Motive» gelten lassen, die, aus einem Reich der
klar. Der Törleß bildet auf der psychologischen Freiheit stammend, von «Bedeutung zu Bedeutung
Ebene den Zustand akuter Identitätsverwirrung führen». Gegen das Unbewußte setzte er das trans¬
ab, der nach den Erkenntnissen der heutigen Psy¬ zendentale Ich Kants, Schopenhauers, Weiningers,
choanalyse (Erikson) gewöhnlich zu einem Zeit¬ versuchte eine Synthese von Psychoanalyse und
punkt manifest wird, wo sich der junge Mensch idealistischer Philosophie, die mitunter abenteuer¬
einer Kombination von Erlebnissen ausgesetzt fin¬ liche Züge trägt, die jedoch die außerordentlichen
det, die gleichzeitig körperliche Intimität, energi¬ Schwierigkeiten bei der Entstehung des Textes er¬
schen Wettstreit und psychosoziale Selbstdefinition klärt. Das Publikum las, recht verständnislos, die
erfordern. Musil, schon als Kind in der Latenzzeit Geschichte einer Frau, die einen Ehebruch als Ver¬
seiner Geschlechtsrolle sehr unsicher und von einer einigung mit ihrem betrogenen Mann erlebt, und
großen Sehnsucht nach dem Wechsel des Ge¬ die eines alternden Mädchens, das sich einem
schlechts beseelt, liefert die Pathographie einer der¬ dringlich w erbenden Jugendfreund verweigert, sich
artigen Identitätsstörung mit geradezu klinischer einem W ildfremden-Ungeliebten hingibt. Der Le¬
Präzision — rein aus der Erinnerung und der Selbst¬ ser begriff nicht, daß da ein titanenhafter Kampf
erforschung. Nicht minder präzise sind die grup¬ stattfand um die Versöhnung von Freiheit und Not¬
pendynamischen Mechanismen im Kräftefeld eines wendigkeit. um einen Spielraum der Literatur, der
Kadettenjahrgangs erfaßt, die Machtkämpfe und fortschreitend von der massenwirksamsten Psy¬
Bündnisse zwischen den Klassendiktatoren, die chologie des 20. Jahrhunderts, von der Psychoana¬
Rolle des Mitläufers und intellektuellen Handlan¬ lyse, besetzt wurde. Auch: daß sich da einer aus
gers. die Rituale der Unterwerfung: nicht umsonst ureigensten Gründen gegen die Determinierung
fühlte sich der Autor während des Zweiten Welt¬ wehrte durch «etwas Dunkles ... unter allen Ge¬
kriegs durch Hitler, Stalin und Mussolini an seine danken», das sich «mit den Gedanken nicht aus-
10
messen» läßt, «das sich nicht m Worten ausdruck¬ Schwärmer nun. nach dem 100. Geburtstag des
te» und das doch sein Leben war. Autors, endgültig für das Theater-Repertoire ge¬
Sein Drama Die Schwärmer, an dem er mit den wonnen sind, bleibt abzuwarten. Fest steht jeden¬
Unterbrechungen, die der Erste Weltkrieg mit sich falls: wir leben noch immer im Zeitalter des Schau¬
brachte, rund zehn Jahre arbeitete, begriff Musil als spielers. Musil nahm für zehn Aufführungen im
«verbesserte W iederholung» der Vereinigungen Apri I 1929 eine Summe von 66,25 Mark ein: die
und ihres Bauprinzips der «motivierten Schritte», Akteure, die heute sein Stück tragieren, arbeiten
das lautet: «Lasse nichts geschehen (oder: tue für Abendgagen von 1000 DM.
nichts), was nicht seelisch von Wert ist.» Die Fabel,
an der es sich bewahren sollte, war denkbar simpel:
ein Mann, Anselm, sucht mit Regine, einer verhei¬
rateten Frau, im Haus seines Freundes Thomas
E her als die Schwärmer gehört die Posse / inzenz
und die Freundin bedeutender Männer aus dem
Zuflucht und geht dann mit dessen Frau. Maria, Jahre 1923 zum Bestand der Stücke, die man für
durch. Eigentlich der Plot für ein Boulevard-Stück, spielbar hält. Selbst kleinere Stadttheater wagen
dessen Elemente (etwa im Auftritt des Detektivs sich da mit Erfolg heran. Musil schrieb dieses
Stader) auch vereinzelt aufblitzen. Musil tat freilich Stück, eine Schlüsselkomödie im doppelten Wort¬
alles, um ein, wie Kerr sagte, «Seelenstück» daraus sinn — Wiener Theaterbesucher erkannten in der
zu machen. Während der Arbeit an seinem Drama weiblichen Hauptfigur Alpha unschwer Ea von Al-
ging er bewußt nicht ins Theater, um sich nicht von lesch, im «Gelehrten» Egon Friedell, im «Musiker»
den herkömmlichen Scheinkausalitäten beeinflus¬ Eugen d'Albert, im «jungen Mann» Hermann
sen zu lassen, um sich der Wirkung der überliefer¬ Broch usw. —, um seinen Schwärmern den Weg auf
ten Kochrezept-Dramaturgie zu entziehen, ln einer die Bülme zu bahnen. Er wollte den Regisseuren
Zeit, in der laut Max Reinhardt das Heil nur vom beweisen, er sei ein mit allen Wassern gewaschener,
Schauspieler kommen konnte, behauptete Musil mit allen Salben gesalbter Theatermensch. In der
den Primat des Textes und wagte es, einen 1 laupt- Tat belegt der Vinzenz, sein Autor hat sich als Thea¬
darsteller, Anselm, im ganzen dritten Akt, dem terkritiker der Prager Presse Einblick in die Mecha¬
Schlußakt, nicht mehr auftreten zu lassen. (Die nik des Theaters verschafft, er macht Gebrauch von
Rolle hatte daher für jeden möglichen Darsteller seinen Effekten, ohne doch unter sein Niveau zu
einen unheilbaren Defekt.) Er kümmerte sich nicht gehen, er macht es philosophischen Zwecken
um die Gesetze der Aristotelischen Poetik, um Ex¬ dienstbar: am Kreis der Männer um die schöne
position, Krise, Katharsis, sondern machte ein Alpha zeigt Musil die Parzellierung des Lebens, die
Theater der gleitenden Libergänge, eigentlich ein Entfremdung der Teile untereinander und den
episches Theater (wenn auch nicht im Brechtschen übertriebenen Anspruch des einzelnen, für das
Sinne) mit sehr vielen essayistischen Elementen. Ganze zu stehen. Ironischerweise ist Alpha, die Kri¬
Kein Wunder, wenn die führenden Regisseure der tikerin dieses heillosen Zustands, selbst ganz leer
zwanziger Jahre von einem Lesedrama sprachen und kraftlos. Ihre geistige Garderobe ist bunt zu¬
und trotz intensiver Bemühungen des Autors, des sammengewürfelt. mit bizarren Pailletten benäht,
Verlags und einiger befreundeter Kritiker acht Jah¬ die sie von Zeit zu Zeit abtrennt und sieghaft
re lang keine Uraufführung zustande kam. Um das ausspielt, wenn sie ihr jeu macht mit den rivalisie¬
Risiko zu verringern, bestand Musil auf einer Star¬ renden Verehrern. Nur einen gibt es. der sie durch¬
besetzung. Und obwohl das Stück eine Länge hatte schaut, der ihre changierenden Kolibri-Worte auf¬
wie Faust I und II zusammen, lehnte er Kürzungen spießt und der selber «harmonisch gesprenkelt» ist,
ab. Sie hätten seiner Meinung nach ein wichtiges nicht bereit, sich auf eine Farbe festzulegen wie
Merkmal des Dramas zerstört, seine Chromatik: Bärli, der Großkaufmann, wie der «Politiker», der
der Weg der kleinsten Schritte wäre durch Sprünge «Reformer» usw. Was alle getrennt sind, könnte er
unterbrochen worden. So ging die Premiere der in einer Person sein. Aber er nimmt diese Aufgabe
Schwärmer unter der Regie von Paul Gordon und nicht an. Er gibt sich mit phantastischen Plänen ab.
Jo Lherman im Berliner Theater an der Komman¬ mit einem unfehlbaren System, alle Spielbanken
dantenstraße 1929 —ohne Starbesetzung, mit Kür¬ der Welt zu sprengen, und endet mit dem Resümee:
zungen der Regisseure — unter Musils Protest über «Es gibt nur zw ei Möglichkeiten für einen ehrgeizi¬
die Bühne. Der Erfolg war entsprechend: nach ei¬ gen Mann: ein großes Werk zu schaffen oder Be¬
nem guten Dutzend Aufführungen verschwanden dienter zu w erden. Für das erste bin ich zu ehrlich:
die Schwärmer in der Versenkung. Erst fünfzig für das zweite reicht es gerade noch.» So w ird Vin¬
Jahre später erlebten sie in Ervin Axers Wiener zenz schließlich Diener und nicht der wahre Refor¬
Aufführung (der Inszenierungen in Berlin und Ba¬ mer oder gar der «Erlöser», wie einer von Musils
sel folgten) eine Renaissance. Das Publikum, viel¬ Helden aus jener Zeit hieß.
leicht auch ein wenig vom Weltruhm des Epikers Der Vinzenz hat, wie im Nachhinein sichtbar wird,
Musil eingeschüchtert, ist heute beeindruckt vom eine wichtige propädeutische Funktion im Hinblick
intellektuellen Brio der Musilschen Figuren und auf den Mann ohne Eigenschaften, eine wichtigere
eher bereit als die Zuschauer dazumal, den Gedan¬ etwa als der Erzählungsband Drei Frauen, der
kenreichtum als Reichtum des Gefühls zu erleben, manches etwas kurz abtat, was ursprünglich zum
die Dialektik als Substitut der Handlung. Ob die Komplex des großen Romans gehörte: zum Beispiel
die Geschichte der «Tonka« aiias Hennine Dietz,
die von ca. 1900 his 190? Musils Lebensgefährtin
war und an den Folgen einer syphilitischen
Schwangerschaft, resp. seiner seelischen Grausam¬ ^ f I l'/itsI I
keit, starb. Bei der Arbeit an seiner Posse und an
hlosscn sich die folgenden Auf/cidmunjl
den folgenden Entwürfen zum Roman entdeckte
J- -[ /A* anf Ule äälteste,
ticd« J noch heute recht regsam« g
Musil die Wirkung von Ironie und Satire. Herrschte
* ( / , ] ^on der "Überzeugung aus daß petm -GefwhT i
im Frühwerk das lyrische Pathos, so erweiterten it G ' / sehen dem Zustand foW-Vot t{ Fühle rgTseit1
sich nun die Ausdrucksmöglichkeiten. Der große 11 * ff inti/iSn-j ^ Ursadicn und seinen Wirkungei.
Wirkungen deutlich getre
Roman, der die unterschiedlichsten Titel trug — -M- "* ^ werden denn sie veriteht unter Gefühl c
«Der Spion», «Der Erlöser», «Die Zwillingsschwe¬ & 9**'"Gattung innerer Erlebnisse, die sich von den ande
ster» —, ehe er seinen definitiven Titel fand, verei¬ fn n Gattungen — und zwar sind dies nach ihr das Er
° * *> <-z ^ finden, Denken und Wollen — bis in den Grt
nigte alle Stile in sich, weil er eben auch ein Ge¬ t U»«"fi
unterscheide. Diese Auffassung ist volkstümlich i
samtbild der Zeit entwerfen sollte.
seit alterj überliefert, undJhn Hofitnim«»
. — *■ *
daß wir in jedem Augenblick des GefL
.j /um! -5? i r
c . •allem wodurch es-um bewegt, immer«
kJ eiten hat ein Autor einen ingeniöseren Plot er¬ nt. \i h*LrC« w Ih'v r unterscheiden können, daß wir fühlen
funden als Musil mit seiner «Parallelaktion». Er •4 u Jj-li ; 6 Zustand eines Gefühls beKjfcn
geht davon aus, ins Jahr 1918 wären das siebzig¬ Die zweite AuffasninAgeln dagegen von der
Ari HCicCai i-kr-j U/h* ■<<>., * obachtrnigg aus, daß das Imhlen Imh aufs innigste mit c
jährige Regierungsjubiläum des Habsburger
Handeln und dem Ausdmck verbunden ist^unc
Monarchen Franz Joseph und das fünfunddreißig-
jährige des deutschen Kaisers Wilhelm II. gefallen, J folgt sowohl?3aräu57 daß siejdazu neigt, dä< Gef.
als einen Vorgang zu betrachten, als auch, daß
Anlaß für große Feierlichkeiten, die natürlich ent¬ i< ihren Blick nicht auf das Fühlen allein richtet, s
i ‘i* fl f *>< elf
sprechend vorbereitet werden müssen. Im Wien des
1 C/
c
dern es mitsamt seinen Äußerungen und seinen
Jahres 1913 konstituiert sich ein Komitee, das ent¬ Sprüngen als ein Ganzes ansieht, plc1 Mauuuit
sprechende Ideen sammeln und koordinieren soll. I tnhh tßesec-zweiten Atrff.issung lies lehr raun allerdi igs
Sekretär dieses Komitees wird Ulrich, Musils Held, nächst t Infi in rlnr Spynihr rlrr irrrin-^-l—
'ca t tin~C Z« /* ’ Flrnrl n«llr man irirtfrin Gefühljals etwas|vor,
geschult «am besten Wissen seiner Zeit, an Mathe¬
IÄiSWf e*t l nach außen und innen wirkt, undauch von bei
matik, Physik, Technik». In seiner Funktion trifft
\>Jyt cot&ü (Ui* ■ Seiten Rückwirkung empfängt, so offen
er mit den Repräsentanten der österreichischen Ge¬ lj£ i t, t<Zz C cU-cUl. kfc > i, nicht bloß e i n Gefühl vor firn, sondern eine ur
sellschaft zusammen, allen voran mit Diotima alias stimmte Anzahl wechselnder Gefühle. Die Spr.
Ermelinda Tuzzi, der Gattin eines Präsidialisten. Stwllrffür diese Unterarten eines Gefühls selten c '
In ihrem Haus, Schauplatz vieler Sitzungen, ver¬ t utitrUAy Mehrzahl zur Verfügung, sie kennt keine Ne
tritt man die Idee der altösterreichischen Weltbe¬ Zörner oder Trotze, für sie sind das die Abws
glückung, ein Zusammenleben der ganzen Welt r/. / , lungen eines Gefühls in verschiedenen Spielai
oder in verschiedenen Zuständen seiner Entö¬
nach dem Muster der Habsburger Monarchie unter
lung; aber ohne Frage ftßt 5l«h ebfflSÖ "BöV
ihrem «Friedenskaiser». Dann ist da Graf Leins¬
dorf, ein Vertreter des Adels, der einen Ausgleich V / / ' / /
■ nt
mit dem modernen Sozialismus sucht, General
Stumm von Bordwehr, Vertreter des Kriegsmini¬ A i cji i y> c etc.?. itfuhUytuLe. ö ^\*
steriums, von niemandem eingeladen und dennoch
Stt't £ olct-ü £.{c »,t nt'i+LmU**'M^
präsent, schließlich die schillerndste Figur, der
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‘Ä./VA
preußische Großindustrielle Arnheim, Exponent
der Idee der Macht aul Grund technischer Voll¬ Irtii. Cb ica <-/•')> i 9
kommenheit. zugleich ästhetisch gebildet, Vereh¬
rer von Intuition und Mystik, ein neuer uomo uni¬ umej,. r /(tu ’/tttf ii Ht\
versale, Objekt der Haßliebe für Ulrich. Denn auch
Arnheim strebt eine Synthese der getrennten Wel¬ isfi i/Jc rffr-itsSyift A1** v'.'Z’ >//v/ •'
Hf •/ • rft.j i » ’* p • -
ten. der zwei Kulturen an. Er ist in der Tat ein Mann
«größten Formats und oberster Welt», und gäbe es
nicht immer wieder die geschäftsbedingte Zweck¬
lüge, die finanzielle Ausbeutung der Intuition -
welche Angriffsflächen böte er Ulrich dann noch.
Die intelligenten Nazis waren von diesem Porträt
Walther Rathenaus, er ist das Modell Arnheims, so
entzückt, daß sie im Sommer 1938, nach dem An¬
schluß Österreichs, eventuell versuchten, Musil in
ihr Lager zu ziehen. Waren sie Arnheims wegen
1
bereit, über Musils satirische Ausfälle gegen die
Fahnenkorrekturen
Rassenidee hinwegzusehen und die Vollendung des zu einem Kapitel
Werks zu finanzieren? Der Versuch Eugen Claas- über Gefühls-Psychologie
sens. im Sommer 1938 mit Musil einen Verlagsver- aus dem Nachlaß
trag zu schließen und Hindernisse im Propaganda- ser These führte hier zu weit, aber es sollte gezeigt
ministerium aus dem Weg zu räumen, könnte werden, wie die Nicht-Vollendung des Romans mit
darauf hindeuten — es sei denn. Claassen handelte dem Komplex Zwillingsschwester zusammen¬
auf eigenes Risiko.) hängt.
Um den Salon Diotimas sind in konzentrischen In dem zitierten Gespräch mit Fontana skizzierte
Kreisen die anderen Figuren gruppiert: die Familie Musil den Gang der Romanhandlung bis in Details.
des jüdischen Bankdirektors Leo Fischei, in der der Bruder und Schwester, das Ich und das Nicht-Ich.
völkische Schwärmer Hans Sepp verkehrt; Walter fühlten den inneren Zwiespalt ihrer Gemeinsam¬
und Clarisse, Ulrichs Jugendfreunde; Moosbrug- keit, sie zerfielen mit der Welt, flöhen. Der Versuch,
ger, ein Sexualmörder, an dessen Beispiel Musil die das Erlebnis der ekstatischen Liebe zu fixieren,
bis heute nicht gelösten Fragen der Zurechnungs¬ schlage fehl, das Absolute sei nicht zu bewahren,
fähigkeit diskutiert; endlich Ulrichs Geliebte, die die Welt hole sie wieder ein. Aus Opposition gegen
altmodisch-gefräßige Leona, die nymphomane Bo- eine Ordnung, in der der Ungeistigste die größten
nadea und — ein Anschluß, der sich eigentlich ver¬ Chancen habe, werde sein Held Spion. Das Mittel
bietet — Agathe, seine Zwillingsschwester. «Die der Spionage sei die Zwillingsschw'ester, die er also
Zwillingsschwester ist biologisch etwas sehr Selte¬ fixr seine Zwecke prostituiert. Sie reisten durch Ga¬
nes, aber sie lebt in uns allen als geistige Utopie, als lizien, er sehe, wie sich ihr Leben und auch seines
manifestierte Idee unserer selbst. Was den meisten verlören. Die Mobilisierung von 1914 enthebe
nur Sehnsucht bleibt, wird meiner Figur Erfül¬ schließlich ihn, wie alle Personen des Romans, ei¬
lung», sagte Musil in einem Interview mit Oskar ner Entscheidung.
Maurus Fontana 1926, als der Roman noch «Die Der Öffentlichkeit und seinem (Vorschuß zahlen¬
Zwillingsschwester» heißen sollte. Es ist nicht von den) Verlag gegenüber war Musil also festgelegt,
ungefähr, daß Musil während des Gesprächs mit und der Nachlaß dokumentiert: zahlreiche Kapitel,
Fontana fortwährend zu seiner großen Hebbel- vor allem das Kernstück, «Die Reise ins Paradies»,
Ausgabe griff und daraus zitierte. Agathe ist näm¬ auf der der Inzest stattfindet, waren zu diesem Zeit¬
lich, vielleicht unbewußt, nach einer Heldin Heb¬ punkt bereits geschrieben. Freilich, als der Autor
bels benannt, der Agathe im Barbier Zitterlein, rund sechzehn Jahre später, am 15. April 1942,
einer Novelle über eine inzestuöse Vater-Tochter - starb, war die Romanhandlung in den veröffent¬
Konstellation. Ebenfalls signifikant ist, wenn der lichten und reinschriftlich vorliegenden Kapiteln
Bruder Agathes, nachdem er die Namen Achilles noch längst nicht zu dem Punkt gediehen, an dem
und Anders getragen hatte, schließlich den Namen die Geschwister Ernst machen und sich auf ihre
Ldrich bekommt. Buchstabiert man den Namen Reiseflucht begeben. Ein Vergleich des teilweise
Musil nach der bekannten Methode, so lautet er «M erhaltenen «Zwillingsschwester»-Manuskripts von
wie Martha, u wie Ulrich» usw. Als Musil auf dieses 1926 mit dem gedruckten Mann ohne Eigenschaf¬
eigentlich triviale Phänomen stieß, muß es ihn tief ten zeigt, wie schon die erste Begegnung des 1 leiden
berührt haben; man weiß, Namen sind stark mit mit Agathe an der Bahre des Vaters immer weiter
Gefühlen besetzt. Er fand in seinem Nachnamen hinausgeschoben wird. Rollt die Handlung bis
quasi magisch eingekapselt den Namen seiner dorthin zunächst auf ca. 50 Schreibmaschinensei¬
Frau, Vorbild Agathes, und den seines Helden. ten ab, so verbraucht der Autor im ersten Band des
Chiastisch und chiliastisch verschränkt ergaben MoE von 1930 rund 1000 Druckseiten, ehe Ulrich
sich zwei Namenspaare: Martha — Ellrich zum Wiedersehen mit der Schwester aufbricht.
Robert — Agathe
Dies ist ein genaues Abbild der Tatsache, daß in
jeder Ehe mehrere Paare miteinander verheiratet -E/s gibt gewiß viele Gründe, deretwegen Musil
sind, die realen Personen und die Bilder, die die den Roman nicht in der angekündigten Form voll¬
Partner voneinander selbst haben und die sie sich enden konnte: die finanzielle Misere, die labile Ge¬
voneinander machen. Wenn dies schon für <norma- sundheit, die bürokratischen Schikanen im
le Ehern gilt, dann erst recht für Schriftstellerehen, Schweizer Exil. Andere Autoren indes vollendeten
in denen sich die Personen bürgerlichen Rechts oft unter ähnlich schlimmen Umständen Buch um
über kurz oder lang in literarische Figuren verw an¬ Buch. Es dürften also wohl andere, psychische, Me¬
deln. chanismen am Werk gewesen sein, die die Ausfüh¬
Das literarische Problem der Zwillingsschwester rung der alten Pläne verhinderten. Während «von
Ulrichs sei eng mit seiner eigenen Ehe verquickt, vornherein» und für lange Jahre feststand, daß die
gestand der Autor dem Psychoanalytiker Rene A. Geschwister «einander gehören werden» — das
Spitz bei einem Spaziergang in Berlin 1932. Man Merkwürdige und eigentlich zu Erzählende dabei,
könnte diesen Komplex als private Marotte abtun, «daß es zunächst nicht möglich wrar»—, begann
spräche Musil nicht selbst von der geistigen Utopie Musil im Schweizer Exil Argumente gegen den In¬
der Zwillingsschwester, die w eit verbreitet sei. Und zest und damit gegen das Scheitern der Geschwister
sagte nicht Freud, wer im Liebesieben wirklich frei zu erw ägen. Er las etwra einen Artikel über I’rance-
und damit auch glücklich werden solle, der müsse Heilungen und ekstatische Tänze auf Bali und no¬
sich mit der Vorstellung des Inzests mit Mutter oder tierte dann «ad Ulrich und Agathe»: Der Coitus
Schwester befreundet haben? Die Erörterung die¬ ein Rest der Trance. Die Trance gehört den magi-
srlirn l' inwirkinui' ii «In Realwelt an. So i>t es lo- sche \iishildung schiebt. Seine geistige Ausrüstung
L'iii li daß \gathe iiidI I llricli den (ioitus nicht wol¬ für den Roman sei dichterisch, psychologisch und
len. I)n- Ki>nl<‘iii[)la(ivi‘ des linderen Zustands ist zum Teil philosophisch gewesen. Deswegen verlau¬
nlier rissn- anderes als die Irance. es ist außerdem fe er sich immer hilflos in Nebenprobleme, die aus¬
weniger ein (»esamtserlialtens-Surrogat. Ls ist ein einander-. statt zusammengingen. Eine sehr wahr¬
europäischer Versuch, ohne Bewußtseinsverlust scheinliche Vermutung ist, er hätte sich bei noch
iindsosseilri So konnte es ssolil — mit apriorischer umfangreicheren soziologischen Kenntnissen (die
I n liest mimt heit des erreich! iure n C>rades — als Ver¬ ohnehin von Max Weber bis Pareto und Sorel reich¬
such möglich erscheinen und gewollt werden.» ten) noch rettungsloser in den Irrgärten der Wis¬
So rätselhaft eine derartige Notiz wiederum ist — senschaften verlaufen, der Essayismus hätte noch
man konnte sie als Nationalisierung einer Angst weiter zugenommen, das Tempo der Erzählung
deuten. Musil scheint, (laraul deuteten schon die sich progressiv verlangsamt. Zur Dichtung gehörte
Idmlilätsverwirrungen im Tiirleß, zu jenen Men¬ für ihn wesentlich das, was man nicht weiß - ein
schen gehört zn haben, die an «Identitätshunger» hohes intellektuelles Niveau vorausgesetzt. Fata¬
leiden. Lrikson schilderte l alle, in denen jemand lerweise, gegen jede Vernunft und Arbeitsökono¬
versucht, einen Nicht-Zwilling als Zwilling zu be¬ mie, erstreckte sich diese <docta ignorantia» im Lauf
handeln1 Ls sieht so aus, als lieferten unsere Pa¬ der Zeit auch auf das Schicksal seiner Figuren, so
tienten ihre eigene Identität der ihres Bruders oder daß ihm der unbefangene Rückgriff auf Entwürfe,
ihrer Schwester aus, in der Hoffnung, durch ir¬ in denen es präformiert war, immer unmöglicher
gendeinen Akt der Verschmelzung eine größere wurde. Ende Oktober 1937 jammerte er: «Weil ich
und bessere zu erwerben. Zeitweise haben sie Lr- nicht gewußt habe, wie es kommen wird, rede ich
folg, aber die Enttäuschung, die dem Zusammen¬ um jede Bewegung zwischen Ulrich und Agathe das
bruch der künstlichen Zwillingsschaft folgen muß, gleiche herum, und das gleicht einem sehr sorgfäl¬
ist nur um so traumatischer.» tig aufgestrichenen Brei, mag er auch an jeder Stelle
Just dieses Truiuna wollte Musil anscheinend ver¬ etwas anders zusammengesetzt sein. Einzige Hofl-
meiden, obwohl es von Beginn an zum Kalkül sei¬ nung: etwas unwillkürlich Episches entstand da¬
nes Hornaus gehörte. Die Katastrophe lag in der durch auch, es gleicht vielleicht wirklich auch dem
ganzen Logik des Werks, aber Musil war von einer gesprächsweisen Vortasten im Leben. Aber wäre es
vielleicht gar nicht deutlich bewußten Angst beses¬ nur ungedruckt und noch zu schnüren und zu be¬
sen. als konnte das Schicksal Ulrichs und Agathes scheiden! »
auch Rückwirkungen auf sein eigenes und das sei¬ Für Musil wurde also nicht nur das künftige Ge¬
ner Frau haben. Das mag an Aberglauben grenzen schick seiner Figuren immer unsicherer, auch das
oder ein Atavismus sein, seiner Intelligenz unwür¬ bereits Fixierte glich einer schwankenden Moor¬
dig. Man darf aber nicht übersehen, wie hilflos decke, auf der er sich unlustig bewegte. So verglich
dieser Autor manchmal war, dem Benjamin doch er sich in einem anderen, sehr treffenden Bild ein¬
sogar nachsagte, er sei klüger als er’s notig habe; mal mit Penelope, die nachts auftrennt, was sie
wie ratlos er war gegenüber seinen Arbeitshem¬ tagsüber gewebt hat. Seine Reserve erstreckte sich
mungen. Ls ist überliefert, vor der Reinschrift des dabei nicht nur auf das, was er ursprünglich mit
ersten Randes zum Mann ahne Eigenschaften war den Zwillingsgeschwistern vorhatte, sondern auch
er total unfähigzu schreiben. Wochenlang umkrei¬ auf die Entwicklung zwischen dem Helden und
ste er, ruhelos rauchend, seinen verhängten dem Sexualmörder Moosbrugger. Anfangs war eine
Schreibtisch, und er verdankte es einigen therapeu¬ enge Verwandtschaft zwischen der Hauptfigur und
tischen Sitzungen bei dem Adler-Schüler 1 lugo I ,u- dem Prostitutiertenschlächter gegeben. Der Protest
kües. daß er das Manuskript der ersten 123 Kapitel gegen die Gesellschaft, der jene zum Spion werden
abschließen konnte. läßt, ließ sie beispielsweise auch an einem Coup
teilnehmen, bei dem Moosbrugger befreit werden
sollte — die entsprechenden Entwürfe hegen vor. Im
JVl usils Notizen deuten daraufhin, seine Gesprä¬ Lauf der Arbeit schwand Musils Interesse an Moos¬
che mit Dr. I.ukaes seien nicht tiefenpsychologi¬ brugger, die Distanz Ulrichs zu der einst geliebten
scher Natur mit ausführlicher Anamnese der Kind¬ Bestie wuchs: in den von Musil noch selbst veröf¬
heit, sondern eher verlialtenstherapeutischer Art fentlichten Teilen des zweiten Bandes wird die Be¬
gewesen. Der \rzt versuchte, ihm einige falsche treuung Moosbruggers an Clarisse delegiert, deren
Gewdlmheiten, verkehrte Vrbeitstechniken abzu- geistige Gesundheit labil ist. Ulrich zivilisiert und
gew itimen die Duldung konkurrierender Zielvor- normalisiert sich —was aus seinem «riesigen Klien¬
'Irlluu.en etwa und die mühsame Kompromiß- ten» wird, bleibt ungewiß. Fester Besitz für den
bildung Die Hemmnisse, von (lenen Musil selbst Leser sind nur jene großartigen Passagen des ersten
aigwohnic -ic koniiien in den Bereich der eigentli- Bandes, in denen die Fiktionen des Strafrechts ana¬
1 heil P-\i ho.m.dx - lallen, blieben unberührt und lysiert werden. «Es gibt für Juristen keine halbver¬
kehrten «o vielleicht immer wieder. Ls ist fast er- rückten Menschen» — an Hand solcher Kapitel er¬
::ti ilend w • Uli I I.III Ul den hii'biiehi nitragungetl läutern einem noch heutzutage manche literarisch
aus der Schweiz um 1940 h> -i w » Musil die Ar- gebildeten Rechtsanwälte, warum sie mit Strafsa¬
beitsbemmungen auf eint mangelnde soziologi¬ chen nichts zu tun haben wollen.
14
Gebärden der Verzweiflung Oder wie Sehlufei
IV* 1 il der endlosen Verzögerung der (irsrhwisler Insekten wie Menschen. Menschen wie Insekten
llondlung nickte auch das geplante Ende des Hu lieferte mit seinem Aufsatz Fnropäcrtnm, Km e
mans in immer weitere l erne Daß Krieg wurde, Deutschtum zu Beginn des Kisten Weltkriegs einen
werden mußte, isl die Summe all der widerstreben der Sundenhdle der damaligen europäischen Intel
den Strömungen und Km Iltisse und Bewegungen, ligenz. Musil, der wußte, wie hauchfem die (iren/c
die ich zeige», halte Musil 1926 formuliert, acht zwischen dem Brich des Ajiollinisehen und dem
Jahre nach dem Knde des Kisten Weltkriegs. \Is Dionysischen war (um es mit Nietzsche zu satten
Miller im September 19.J9 den /weilen Weltkrieg überschritt sie damals mit einem irre glücklichen
entfesselte, war der Autor, hei dem gegebenen Ar Kacheln Bew eis genug, w ie anfällig selbst höchste
heitstetnpo von ca. anderthalb Kapiteln per an Intelligenz lur die Versuchungen der l iefe ist. Jene
mim, immer noch Arbeitsjahre von jenem längst zwei Druckseiten Fnropäcrtnm, Krieg, Deutschtum
versunkenen August I() 14 entfernt. In radikaler sind ein faszinierendes und deprimierendes Sjiek
Verrinluelumg konnte man sagen: Inzest und Krieg takel — aktuell tut höchsten Grade, weil Musil da im
seien die beiden großen Themen des Mannen ahne Negativen ein Beispiel gab, das sich auch heute
Eigenschaften. Nur, und dies ist das Paradox, sie jederzeit wiederholen kann: die Begeisterung über
kommen darin nicht vor. Alle hinien, die privaten den Ausbruch des I ülkland Kriegs in Kngland und
seiner Melden, die der Kollektive sollten sich in Argentinien ist Beweis genug. Mil Bravour führte
einem Punkt schneiden, in der Mobilisierung, die die Vernunft ihren eigenen l Intergang vor, eine Vrt
Welt und Denken so zerriß, daß sie bis heute nicht umgekehrter Kehlcrnaeher Springprozession, drei
geflickt werden konnten». Daß es bei einem ledig¬ Schritte zurück und zwei nach vorne, bis tu den
lich imaginären Krlmili|>unkt blich, ist die Gmx Abgrund: Die Welt klaffte in Deutsch und W ider
von Musils I .eben. deutsch, und eine betäubende Zugehörigkeit riß
Sehr früh, schon im Tärleß,, hat sich Musil, Keilt uns das I lerz aus den I landen, die es vielleicht noch
nunt Musil, mit dem Phänomen des Krieges be¬ lur einen Augenblick des Nachdenkens festhallen
schäftigt. «Dann war es... möglich, daß von der wollten. Gewiß, w'ir wollen nicht vergessen, daß
hellen, täglichen Welt, die er bisher allein gekannt stets auch die andern das gleiche erleben: wahr
hatte, ein Tor zu einer anderen, dumpfen, branden¬ scheinlich sind die, welche drüben unsre Freunde
den, leidenschaftlichen, nackten, vernichtenden waren, genau so In ihr Volk hineingerissen, viel
führte. Daß zwischen jenen Menschen, deren I .eben leicht vermögen sie sogar das Unrecht ihres Volkes
sich wie in einem durchsichtigen und festen flau zu durchschaut! und es zieht sie doch mit. Unsre
von (das und Kisen geregelt zwischen flureau und Skejisis verlangt diese Vorstellungen. W ir wissen
Familie bewegt, und anderen, I Icrubgesloßenen. nicht, was es ist, das uns in diesen Augenblicken
Blutigen, ausschweifend Schmutzigen, in verwirr von ihnen trennt und das wir trotzdem lieben.
teil Gängen voll brüllender Stimmen Irrenden, Schon an diesen wenigen Zeilen läßt sich zeigen,
nicht nur ein l Ibergang besieht, sondern ihre (Gren¬ mit welchem Raffinement eine vorläufig nicht nä¬
zen heimlich und nahe und jeden Augenblick iiber- her hczeirlmele Triebschichl die Ratio in ihren
schreitbar aneinanderstoßen... Und die frage Dienst nimmt, welch fatale Synthese hier braut.
bliebe nur: wie ist es möglich? Was geschieht in Noch immer ist die Ratio zu Relativierungen in der
solchem Augenblicke? Was schießt da schreiend in I .age. Sie weiß im (Jrunde, daß die (Jegenseite sieh
die Höhe und was verlischt plötzlich?» genauso im Recht fühlt. Und entschließt sich doch,
Dies ist eines der zentralen Zitate aus dem Tärleß. sie ins Unrecht zu setzen. Die Ermordung eines
Es stellt sich die Frage nach dem Kimes zwischen ranghohen Rejiräsentanten der I lahshurger Mon
normalem Zustand und jenem ganz anderen, der arcliie genügt, tun jemanden wie Musil, der bis dato
dem weiten Bereich der Ekstase angehört, «voll alles andere als ein glühender Monarchist war. auf
Dunkelheit, Geheimnis, Blut und ungeahnter Über¬ die Barrikaden zu treiben, von einer Verschwörung
raschungen». Kaum einer der Keser von 1906 wird «von allen Rändern dieses Weltteils» zu sprechen
geahnt haben, daß in einem solchen Passus nicht und die »Todesfinsternis», die angeblich gieriger
nur die sadistischen Exzesse*, von I lalhwtichsigen mit jeder neuen Stunde aufzog», zu verklären,
thematisiert wurden. Musil tat Blicke in ein «Flie¬ heller als hundert Sonnen: Der Tod hat keine
genpapier», «in ein Zusammenleben von Alfen Schrecken mehr, die Kebensziele keine Korkung.
oder Kadetten und erkannte erst im Abstand von Die, welche sterben müssen oder ihren Besitz op
einigen Jahrzehnten, es seien Weissagungen fern, haben das I .eben und sind reich: das ist heute
«späterer Zustände» gewesen. Texte sind manch¬ keine Übertreibung, sondern ein Erlebnis, itnüber
mal klüger als ihre Urheber. blickbar aber so fest zu fühlen wie ein Ding, eine
Urmacht, von der höchstens I ,iebe ein kleines Sjilit
terchen war.»
Der Musil, der mit dem Fliegen/xipier aus dem Abenteuerlich, wie mit I lilfe von biblischen Anspie
römischen Sommer 1913 ein Schlachtfeld be¬ hingen (Matthäus-Evangelium) die Vorzeichen
schrieben hatte— «So liegen sie da. Wie gestürzte von Tod und Kelten vertauscht werden, die Gesetze
Aeroplane, die mit einem Flügel in die Kult ragen. der l.ogik ihre Kraft verlieren. Es gehl dabei nicht
Oder wie krejiierte Pferde. Oder mit unendlichen um Denunziation eines individuellen Versagens
Musils. '(uultTn um die l ntersuchung der Voraus¬ drei Begriffe als einen — bilden die Grundschicht,
VORWORT
setzungen tur eine Katastrophe mit Millionen rö¬ auf der die Sphäre der Rationalität aufruht. Er
ten Wenn derlei den Yllerklügsten widerfuhr, war umschreibt erstere im Törleß auch mit dem «dunk¬
es dann ein Wunder, wenn die Massen jubelnd len Boden des Innersten» und letztere mit dem
durch die Straßen zogen und die Gewehre mit Blu¬ «Lichtkreis des Gehirns», und die Erkenntnis ist
men geschmückt wurden? Charakteristisch also, ihm ein «Seelenzustand», auf dessen «äußerster
um das schwer Begreifbare noch einmal auf den Spitze der Gedanke nur wie eine Blüte sitzt».
Begriff zu bringen, die Rationalisierung des Irratio¬ Dieses Schichtmodell (das sich, dreigliedrig, ja
nalen oder noch eher die Emotionalisierung der auch bei Freud findet) ist offenbar nicht Fiktion,
Ratio. sondern physiologische Wirklichkeit. Das älteste
unserer Gehirne stammt aus der Reptilienphase,
das zweite haben wir von niederen Säugetieren ge¬
M usil hat einen nicht geringen Teil seiner Denk- erbt, das dritte erst ist spezifisch menschlich: das
anstrengung in den Essays der Nachkriegszeit dar¬ Großhirn.
auf gerichtet. «jenes bekannte Sommererlebnis im Diese «Denkhaube», der entwickeltste Teil unseres
Jahre 1914. den sogenannten Aufschwung zur gro¬ Gehirns, ist quasi vorsintflutlichen Strukturen im
ßen Zeit» zu ergründen, ln seinem Aufsatz Die Zentrum des Hirns übergestülpt worden, die ihrer¬
Nation als Ideal und als H irklichkeit aus dem Jahre seits Instinkte, Leidenschaften und biologische
19 21 schrieb er: «... was man anfangs stammelte Triebe steuern. Arthur Koestler, Musils kakani-
und später zur Phrase entarten ließ, daß der Krieg scher Ingenieur- und Schriftsteller-Kollege, leitet
ein seltsames, dem religiösen verwandtes Erlebnis aus dieser Schizo-Physiologie die Schizo-Phrenie
gewesen sei. kennzeichnet unzweifelhaft eine Tat¬ der menschlichen Geschichte ab: altes Gehirn und
sache; Entartung beweist nichts gegen den ur¬ neues Gehirn, Gefühl und bitellekt, Glaube und
sprünglichen Charakter. Es ist zu einer Phrase Vernunft lägen sich dauernd in den Haaren. Auf
gemacht worden, in der üblichen Weise eben da¬ der einen Seite der blasse Abdruck rationalen Den¬
durch, daß man es ein religiöses Erlebnis nannte kens, eine an einem dünnen, allzu leicht reißenden
und ihm damit eine archaistische Maske gab, statt Faden hängende Logik; auf der anderen Seite das
zu fragen, was da eigentlich an einem doch längst angeborene Ungestüm leidenschaftlich vertretener
1<>
Formulierung wie die von der fehlenden Verbin¬ ken, das indes (anders etwa als bei Ernst Gassirer
dung zwischen Höhe und Niederung kann man bei nicht an der Spitze der 1 lierarchie stehen sollte. Vis
ihm, dem ausgebildeten Experimentalpsychologen, das wahre Leben erschien ihm ein Gleichgewicht
fast im Sinne der modernen Hirnforschung verste¬ der Kräfte des Gemüts und des Verstandes. Er
hen: in vertikaler Richtung, also zwischen dem nannte es, in seiner Dauerform, Geist.
Klein- und Zwischenhirn einerseits und dem Gro߬ Koestler, ein spiritueller Bruder Musils, hofft auf
hirn andererseits gibt es sehr viel weniger Nerven- chemische Enzyme, die den homo maniacus, hilflos
verbindungen als in horizontaler Richtung, zwi¬ seinen zerstörerischen Gefühlen ausgeliefert, in ei¬
schen rechter und linker Gehirnhälfte. Vor aller nen wahren homo sapiens verwandeln könnten, so
moralischen Bewertung unserer Reaktionen möch¬ wie einst die Jodbeigabe im Speisesalz den Kretinis¬
te Musil die körperlichen Substrate untersuchen. mus in den Alpentälern beseitigte. Musil, der das
Zeitalter der Psychopharmaka nicht mehr erlebte,
DIE ENTDECKUNG
DER FAMILIE
II IIIWI M Kl -)\ IN >1(1.1 VI 11(1
20
1809 Ins 1872 war er Assistent an der
Urazer I I I. anschließend leehm-i liei
Inspektor der Dampfkessel-I ntersu
cliungs- und Versiehorimgs-Oesell
schaft in Brünn. 1873 wurde er Mit
arbeiter der Klagenfurter Maschinen
fahrik.
Wie, wann und wo er seine spätere
Frau I lennine. geh. Bergauer, ken
nenlernte, ist nicht überliefert. Seit
spätestens Sommer 187-t war das
Paar verlobt: die I loehzeil fand am
2h. Oktober 187-t in klagenlürt statt,
das bis 1881 Wohnsitz der Familie
blich. Uber die Stationen koinotau.
wo Allred Musil 1881 und 1882 l)i
rektor der Mechanischen Lehrwerk
stätte war, und Steyr, wo er von 1882
bis 1890 die Versuchsanstalt für
Stahl- und Fiscnmdustric leitete,
kam er nach achtzehn .fuhren nach
Briinn zurück: als Professor für Mn
sehinenbau. Brunn wurde ihm beruf¬
lich zum Schicksal. Trotz unbestreil
barer Reputation konnte er sich bis
zum lode nicht mehr verändern.
Hermine Musil, geh. am 18. Oktober
1853 in I .iiiz. erhielt als Tochter eines
kaiserlichen Rats und Oberinspektors
wohl die damals übliche Erziehung
einer höheren Tochter: Haushalt und
ein wenig Klavierspiel — sie soll eine
ganz passable Pianistin gewesen sein,
während Alfred Musil malte.
21
1)11. I N ll)l.< Kl v; 1)1 I! IWill I
••
23
/
2
Geboren in Steyr. Eigextuch nicht Werndl-Denkmal
ganz. Aber im Zeitalter der Verset¬ in Steyr
zungen, Geschäftsaufenthalte udgl.
werden viele anderswo geboren als sie
auf die Welt kommen [...] 3
K. k. Fachschule
für Eisenindustrie
Steyr ei\ sehr umsichtig gewählter
in Steyr, deren
Ort. IVaffenfabrik — soziale Frage und
Direktor Alfred
Wettrüsten. Aufgeklärtes Haus, in
Musil vom Septem¬
dem man nichts glaubt und nichts als ber 1882 bis
Ersatz dafür gibt. Januar 1891 war
24
_„Steqrer 3gitunfl“
tocaInai)rid)Un.
Stepr, 12. September 1880
Die natürliche Liehe iies Sohns zi \i
Vn#|et(|nanfl. <5e. Sftajeftdt ber ftaifer ^at mit
Vater ist größer als die zur Mutter.
Äßcr$ö<$fttr ttntfqlicBung oom 2. September b. 3 bem
Aber warum? Da ist noch etwas da¬
^irector ber oereinigten ^ac^fc^ute unb 33erfu<f)*anftalt für zwischen. Warum hat sie ihren Sohn
Sifert: unb Staf)I*3nbuftrie in Stepr, $errn ?üfreb flftufU, nicht mit Zärtlichkeit umgeben und
ba? iHitterfreuj be2 5rünJ;3ofef;Crben8 oerliefjcn. seine Zärtlichkeit auf sich gelenkt '
Spätestens in seinem 4. oder 5. Jahr
beginnt der Konflikt.
4 Eigensinn gegen Eigensinn. Nicht die
Spur von Erotischem.
(Die einzige Andeutung höchstens die
Ermahnung, die Hände stets über der
Bettdecke zu halten, aus nicht ganz
bestimmten Gründen. Aber die war
erfolgreich und packte das leicht zu
entflammende Gemüt, dessen Erinne¬
rung eine Farbe der Dankbarkeit und
des Vertrauens bewahrt.)
Vielleicht Eifersucht, weil die Zärt¬
lichkeit des Sohnes mehr dem Vater
gilt.
Bewußt erinnerter Ausbruch des Kon¬
flikts: Spaziergang. Stoppelfeld (Ich
erinnere mich noch an einen Bach mit
Weiden und an «Hundsveilchen».)
Der Knabe höchstens 5jährig. An¬
scheinend heftig und ungehorsam ge¬
zeigt. Mit den Schuhen ins Hasser
odgl. Mußte zur Strafe bloßfüßig wei¬
tergehen. Irgendeine Erinnerung, die
in die Sohlen sticht. Zu Hause dann
die solenelle Bestrafung. Eine Rute
wird eingeweicht. Papa außerordent¬
lich höflich und ernst; ich glaube, er
hat bei seiner Ermahnung fast ge¬
weint und das Ganze war etwas um¬
ständlich.
Die Exekution offenbar auf Betreiben
der jungen Mutter. Und deshalb setzt
der ganze Vorfall frühere Konflikte
(wahrscheinlich Ungehorsam und
Heftigkeit) voraus. Der Knabe hat
keinen Widerstand geleistet, er war
einfach überzeugt von Papa. Keine
Erinnerung an Schmerz, kein Schrei¬
4 en. Wahrscheinlich Tränen verbissen,
Nachricht in der und wahrscheinlich eine sehr gelinde
«Steyrer Zeitung» Züchtigung.
über eine Auszeich¬ Aber welches Entsetzen! Ich glaube,
nung des Vaters am es war auch die Eltern erschreckend.
12. September 1889
Beinahe fieberhaft.
Und im zehnten Jahr haben sich die
heftigen Auftritte wiederholt, sind zur
5
Hermine und Gewohnheit geworden.
Alfred Musil im Jahre Noch einmal Versuch einer Züchti¬
1887 in Steyr gung, da aber Widerstand10
1)11. KN 1 1)1 ( Kl \(. 1)1 H IWill 1!
26
Das Zimmer mar gross, hatte 2 Fes
ster gegen den Garten und lag infolge
der großen Bäume fast stets im Schat¬
ten [...] Öfters stand er lange — eine
halbe Stunde, dreiviertel Stunden —
an einem der Fenster und schaute in
den Garten. Aber auch dies war mehr
ein unerklärlicher Bann als ein Ge¬
nuß. Man konnte ohnedies nichts se¬
hen als ein Stückchen der Kieswege
und Blätter, tausende, zehntausende
von Blättern, in den verschiedensten
Farben von beschattetem Grän und in
den verwickeltsten Durcheinander¬
schiebungen. Aber auch das sah Ro¬
bert nicht. Er sah nur eine dunkle
Masse, eine langsam bewegte, atmen¬
de Masse, etwas Dunkles breitete sich
über sein Inneres, etwas ganz Gleich¬
mäßiges, ohne alle Kennzeichen er¬
3
füllte seine Seele. Und wenn er sich
Blick in den Garten
des Steyrer Wohn¬ endlich vom Fenster losriß, war er
hauses Preuenhuber- stets müde und zum IIeinen aufge¬
gasse 4 legt-13
1)11. IM 1)1 ( Kl V. 1)1 II l-WII
2«
lieh auch davon, daß er sich bis zu
seinem Tod vor der Zuckerkrankheit
fürchtete, und in seinem Zimmer
stand eine ganze Glasburg von Destil¬
lierkolben und Reagenzgläsern, mit
denen er sich allwöchentlich unter¬
suchte. Aber dann starb er an etwas
ganz ariderem; denn so war er, lau¬
nenhaft und übrigens auch jähzornig,
aber nett, trug immer Anzüge aus
braunem englischem Cheviot mit wei¬
ßen Westen, und hielt das in der Man¬
neslinie sich vererbende schöne eng¬
lische Rasierzeug Urgroßvaters viel
4
ordentlicher, als ich es heute tue.16
Alois Musil
(1868-1944),
bedeutender
Orientalist und jVIoritz Bergauer starb tatsächlich
Forschungsreisender nicht an Zuckerkrankheit, sondern
in der arabischen an einem Gehirnschlag.
Welt, Mitglied der
Royal Society of Mein Grossster ist ein Mann gehe-
London for Improv¬
sen, der seinen Kreis durchbrochen
ing Natural
und dabei Erfolg gehabt hat. Mein
Knowledge, im
Vater hat ganz innerhalb des ihm Ge¬
Beduinengewand
gebenengestrebt, durchaus in Anpas¬
sung an die Möglichkeiten, und nur
5 zuletzt (Wien, Graz) ohne Erfolg. Ich
Richard Musil, geb. bin wie mein Großvater (meinem la¬
1848, der jüngste ter eigentlich unverständlich), aber
Bruder Alfred Musils,
ohne Erfolg. Alois hat das Schicksal
Oberingenieur
meines Großvaters, seines Großon¬
bei den Staatsbah¬
kels, wiederholt.1
nen, mit seiner Frau.
Außerdem hatte
Alfred Musil die Welche gedeihende Familie, die va-
90
/
30
Ein IETTER MEINER Ml TIER IEIISTIWH
mir einmal eines seiner Reitpferde
[...] und ich weiß noch heute ganz
genau die Stelle, wo das geschah; an
einer bestimmten Straßenecke, um
die wir nach links bogen, ich neben
ihm wie ein Prellstein neben einem
wendenden Heuwagen. Da hatte ich
ohne jede Einleitung gesagt: Onkel
[...] schenk mir eines von deinen
Pferden! Und er hatte ebenso rasch,
ohne jede Überlegung geantwortet:
Gern, du mußt nur warten, bis es um¬
gestanden ist! Er hatte sich einen
Scherz mit mir erlaubt, aber ich hörte
nur die Bereitwilligkeit des Tonfalls
und verstand die Einschränkung
nicht [...] so dachte ich, daß auch
Umstehen etwas mit dem Pferde sei,
das bald kommen und abgewartet
2 werden müsse, ehe man es mir über¬
Oberst Josef Edler
geben könne [...] es entstand eine
von Bergauer,
unbeschreibliche Verwirrung von
einer jener zahlrei¬
chen Offiziere, Schlaf und Hachen, eine Vereinigung
Reiterund Jäger von Ich und Pferd, die sich bis in die
in der Familie Einge weide fraß.
31
7
1
32
I
33
DU I MDI CKI M. DM I
:u
I Iernnne Musil lernte Keiler in Kn
motau kennen, wo Alfred Musil von
September 1881 bis Wigiist 1882 1)1
rektor der Mechanischen Lehrwerk
Stätte war lind Heiter, Jahrgang 1856
und zehn Jahre jünger als Alfred Mu¬
sil, Supplent an eben dieser Anstalt.
Reiter, der auf die Jagd ging, scheint
eher dem «Typ Hormine Musils ent¬
sprochen zu haben. Der Sohn Robert
schreibt:
••
35
1)11, KM 1)1.( kl \(. Dl H IAMIl.lt
!
vor einem Buch sitzen, als ob man auf
einem kleinen Blatt über Abstürzen
durch den Raum segelte
36
Aus den Zeugnissen geht hervor,
daß Musil - ein vorzüglicher Schüler!
- im zweiten Halbjahr der dritten
Volksschulklasse, von Ende Januar
bis Juli 1898, an einer «Nerven- und
Gehirnkrankheit» litt und daß er
37
/./MM/ vtV* LH VEF HIXTER l>L\ SwÄl
ehern, an dem Holzzaun, der den
Nachbargarten abtrennte. Da be¬
treute sieh drüben gleichfalls etwas in
den dichten Gebüschen. Sein Herz
hämmerte ängstlich aber er blieb ru¬
hig sitzen. Es war ein kleines Mäd¬
chen. das Hertha hieß und das jüng¬
ste von den fünf Kindern des nebenan
wohnenden Landesgerichtsrats war.
Sie trafen sich dann öfters in aller
Heimlichkeit. I ridjedesmal, — schon
wenn er vorsichtig die Büsche teilte
um hineinzukriechen — klopfte sein
Herz so stark wie beim ersten Mal,
Besonders stark aber, wenn ihm Ber¬
tha erzählte, wie ihr later, der sehr
jähzornig war, sie schlage. I nd ein¬
mal als Bertha noch mit Thronen in
den Augen kam und die Haut ihrer
Hangen von den salzigen Tropfen er¬
weicht und aufgezogen einen eigen¬
tümlich warmen Duft ausströmte, —
schlug sein Heiz bis in den Hals hin¬
auf, so daß er sich an den hölzernen
Stäben des Gitters anhielt und an je¬
dem Horte würgen mußte, während
es in seinen Augen rijs und zitterte.
Endlich hatte er es hervorgestoßen.
♦Zeig mir, wo er dich geschlagen hat»
und war nun ganz furchtsam über
seine K ühnheit und hatte ein unklares
Gefühl etwas Schlechtes zu tun und
fürchtete daß Bertha davonlaufen
und erzählen würde, wie schlecht er
sei.
Denn er mußte Nachts immer mit den
Händen ober der Decke schlafen und
man hatte ihm immer erklärt, daß ge¬
wisse Körperteile unanständig seien
[•••]
Später hatte er noch öfters Zusam¬
menkünfte mit Bertha. Aber sie
brachten nur sein ganzes Besen in
Aufregung, verliehen ihm eine un¬
heimliche Beschleunigung—er konnte
nichts lange in der Hand halten, er
überstürzte sich beim Sprechen, wenn
er im Bett lag jagten sich die Gedan¬
ken so, daß er keinen recht festhalten
1
konnte.1'1
Der Garten am
Haus Preuenhuber-
gasse4inSteyr
• Tinter der von Musil apostro¬
phierten Bertha verbirgt sich Alberti-
ne Barber. Tochter des im Nebenhaus 2
Franziska, Maria
wohnenden jüdischen Kreisgerichts-
und Madeleine
adjunkten I)r. Isidor Barber. Alberti¬
Honsak (von links),
ne zog mit ihrer Familie 1893 nach
Spielgefährtinnen
)Xels. 192, nach Wien und würfle
Robert Musils aus
1941 nach Kowno «umgesiedelt». dem Haus Preuen-
Ein Bild von ihr liels sich nicht finden. hubergasse 4
38
TX rotz Sozialleistungen wie Invali¬
den- und Alterskasse in den Werndl-
schen Betrieben kam es im Stevr der
achtziger Jahre gelegentlich zu Arbei¬
terunruhen, unter anderem wegen
schlechter Wohnverhältnisse. Eine
dieser Unruhen fand bald nach
Werndls Tod (29. April 1889) iin Juni
1889 statt. Sie wurde durch ein Ba¬
taillon Infanterie aus Linz niederge¬
schlagen.
3
Selten ein politisches Wort im El
ternhaus [...] Die Angst des Kindes
vor den Russen und vor den Arbeitern
ist ohne Einfluß geblieben. Erwägens¬
wert aber, wie gute Leute, wie meine
Eltern, die streikenden und unruhi¬
gen Arbeiter zum voraus als bös emp¬
fanden. Welche Freude als Militär
nach Steyr dirigiert wurde [...] und
als einziges Ergebnis davon die Verlo¬
bung von Oberleutnant Graf Wimpfen
mit Gisa Ecker.30
39
i
1)11. I M Dl < kl M . Hl R !
40
Circus Hubert Cooke
um (Sari
41
IW i M 1(1
IN ) Kl I VI
MCI
42
IM 1)1 ( Kl N(. Dl K I AM 11 Ü
44
*Dieses alte Brünn ist übrigens eine
üble Stadt [...] In der Mitte liegt auf
einem Berg eine alte häßliche Fe¬
stung, deren Kasematten von der
Mitte des 18. bis zu der des 19. Jahr¬
hunderts als Staatsgefängnis gedient
haben und berüchtigt waren, und
die ganze Stadt ist stolz darauf!
45
1)11. I \ I l)l.( Kl \(. IH h ! 'All!
4<>
I M 1(1 ')\ IN )'l(I 1 VI 11(1
1
im «Mann ohne Eigen¬ die beiden plötzlich wieder Angst be¬
| jlf- -||
schaften», und seine
kamen und davonliefen. Aber diese
Schwester Fritzi
I ’ y'*~ -
Hoffnung und diese Angst, diese hei¬
ßen Lippen und eiskalten Füße, dieser
beklemmende Nebel, der von den lee¬
5
Rote Gasse und ren Bauplätzen aufstieg — schön war
Schmalgasse, Brünn es dochf2
4P
1892-1897
DIE VERWIRRUNGEN
DES ZÖGLINGS
j
/jj
6. a«b k. Militär-Mwtrrrcaird|oU ;■
1)11. \ I KW IRRl \<;i \ Dl S Z< K .1 IV
£lafTification£=j£tße
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Äörpcrgeiotdjt in Äilogramm
») Sf^j^drjt 1 „ y,
9r >/
1 mtten mü cont® [ knfrt 9u0* V" '// % öv’vA
b) Ättrjfi^tig. f rünge:
M
lVAusil besuchte die Militär-Unter¬
■I n
realschule Eisenstadt (3. und 4. Jahr¬
gang) von Herbst 1892 bis Sommer
1894. Uber die Gründe notiert er:
53
1)11 \ KHWIKRl \( l \ Dl s /<" I 'N'
Kismarton - Eisenstadt
Cs es kir. katonai föreältskola — K. u. könifl. Militär Oberrealschule
.">4
C3 bwohl Musil Militär-Oberreal
schulen wie (he von Mährisch-Wei߬
kirchen (Hranice) das «A-Loch des
Teufels» nannte — er besuchte sie vom
Herbst 1894 bis zum Sommer
1897—, schickte selbst der hohe Adel
seine Söhne in diese Anstalten.
oo
! i ><>/ S
Kl \ !' )\ null
WM
I
\
11(1
56
f^_ichard von Boyneburg-Lengsfeld
ist das Vorbild des Beineberg im
«Törleß». Er war Sohn eines Offi¬
ziers, des Generals der Kavallerie
Moritz Freiherr von Boyneburg-
Lengsfeld, eines «Freiluftmenschen»
mit Neigung für fernöstliche Philoso¬
phie, wie sie ihm Musil attestiert.
Richard von Boyneburg war einer der
Klassendiktatoren in Musils Jahrgang
— der Autor sah in ilun einen Typus
vorweggenommen, der ein paar Jahr¬
zehnte später an die Macht kam.
Richard von Boyneburg nahm als
Seekadett im Sommer 1900 an der
Bekämpfung des Boxeraufstands in
Peking teil, erhielt einen Kopfschuß
und starb siebenundzwanzigjährig,
ein Jahr vor Erscheinen des «Törleß».
4
Er HATTE SICH JETZT HALB VOM FENSTER
abgewandt und beobachtete Beine¬
berg, der sich eine Zigarette drehte.
Und er fühlte wieder jenen merkwür¬
digen Widerwillen gegen diesen, der
zuzeiten in ihm aufstieg. Diese
schmalen dunklen Hände, die eben
geschickt den Tabak in das Papier
rollten, waren doch eigentlich schön.
Magere Finger, ovale, schön gewölbte
Nägel: es lag eine gewisse Vornehm¬
heit in ihnen. Auch in den dunkel¬
braunen Augen. Auch in der gestreck¬
ten Magerkeit des ganzen Körpers lag
eine solche. Freilich, — die Ohren
standen mächtig ab, das Gesicht war
4 klein und unregelmäßig, und der Ge¬
Richard von samteindruck des Kopfes erinnerte an
Boyneburg-Lengsfeld
den einer Fledermaus. Dennoch — das
(1878-1905)
fühlte Törleß, indem er die Einzelhei¬
ten gegeneinander abwog, ganz deut¬
lich — waren es nicht die häßlichen,
5
Richard von sondern gerade die vorzüglicheren
Boyneburg (2. v. r.) derselben, die ihn so eigentümlich
mit seinen Brüdern beunruhigten.''
K. u. k. Militar-Uherrealschule.
&?/.
V I Hl'/ s 1(1 \ |!)\ 1HHI WM I \ 11(1
:»8
Mißliebige zu erregen. kaum hinter
seinem Gegner zurückstand. Aber
ihm fehlte das Liebenswürdige und
Gewinnende desselben. Seine Gelas¬
senheit und seine philosophische Sal¬
bungflößten fast allen Mißtrauen ein.
Man cermutete garstige Exzesse ir¬
gendwelcher \rt am Grunde seines
Uesens. Dennoch hatte er Reiting
große Schwierigkeiten bereitet und
dessen Sieg warfast nur ein zufälliger
gewesen. Seit der Zeit hielten sie aus
gemeinschaftlichem Interesse zu¬
sammen.'1
-V>
\ i r »o/ s ici \
Y)\
nmi \\m i \ iki
(>()
I Iugo Hoinkes, eines der beiden
Modelle für die Romanfigur Basini.
wurde wegen eines Diebstahls am
21. Februar 1896 strafweise aus der
Militärerziehung entfernt. Möglicher¬
weise wurde er wegen dieses Ver¬
gehens von Klassenkameraden eine
Zeitlang erpreßt, ehe er den Schulbe¬
hörden ausgeliefert wurde. Allerdings
gibt Musil zu bedenken, die Intrige,
die er im Roman schildert, sei in der
Wirklichkeit in einigen Punkten an¬
ders verlaufen.
61
\ I KW IRRl \(.l \ 1)1 S ZO(.I :\i
62
2
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(»4
65
189«-190:i
MONSIEUR
•v y '
LE VIVISECTEUR
I
\IO\SII l Kl I \ i\ M
70
rung von Hauptmanns «Versunkener
Glocke», aus der das nebenstehende
Szenenfoto stammt. Er verliebte sieb
in sie und nannte sie in seinem Tage¬
buch Valerie. Der Name wird fortan
für ihn zum Symbol erotisch-mysti¬
scher Entrückung, wobei er Paula-
Valerie möglicherweise nie angespro¬
chen oder gar besessen hat. Im
November 1901 heiratete sie den
Brunner Frauenarzt Dr. Scherbak.
71
\ IN I-; < i
nisse.
N
1 i ach dem seelischen Schock im
Strandbad des 1 Ictels Ulbing trennte
sich Musil von seinen Eltern und fuhr 1
für ein paar Tage in einen Wallfahrts- Badeanstalt
ort. vermutlich Maria Luschari, ca. des Hotels Ulbing
40 Kilometer vom Wörthersee ent- jo Velden am
fernt: für ihn ein Ort «ozeanischer Ge- ”**
fühle», ausgelöst durch die Liebe zu
der entfernten Valerie (Paula Ul- 2
mann I. Diese Tage bildeten für ihn Voldenam
eine Art mystischer Konversion Wörthersee
72
Eh nahm nichts als einen Ei cxsack
mit, fuhr ein kürzestes Stück mit der
Bahn und wanderte dann, mit dem
ersten Schritt schon im Neuen, durch
ein völlig einsames Tal einem hoch im
Gebirg versteckten ganz kleinen Hall¬
fahrtsort zu, der in dieser Zeit des
Jahrs von niemand besucht und kaum
von jemand bewohnt wurde. Was er
dort tat, wäre, wenn man es jeman¬
dem erzählen sollte, das reine Nichts.
Es war Herbst und die Frühherbst¬
sonne im Gebirg hat eine eigene
Macht, sie hob ihn morgens auf und
trug ihn zu irgend einem hochgelege¬
nen Baum, unter dem man weithin
sah, denn er wußte trotz der schweren
Nagelschuhe eigentlich nicht, daß er
gehe—In der gleichen selbstvergesse¬
nen Weise wechselte er einigemale im
Tag den Ort und las ein wenig in ein
paar Büchern, die er bei sich hatte. Er
dachte auch eigentlich nicht, ob¬
gleich er seinen Geist in tieferer Bewe¬
gung fühlte als sonst, denn die Ge¬
danken schütteten sich nicht auf, wie
sie es zu tun pflegen, so daß immer ein
neuer Gedanke auf die Py ramide der
frühem fällt und die zuun terst immer
fester und zuletzt eins werden mit
Fleisch, Blut, Schädelkapsel und tra¬
gendem Gebänder der Muskeln; son¬
dern die Einfälle kamen wie ein Strahl
in ein volles Gefäß, in endenlosem
Uberfließen und Erneuern oder sie zo¬
gen wie Wolken am Himmel in einer
ewigen Veränderung, in der sich
nichts ändert, die blaue Tiefe nicht,
und nicht das lautlose Schwimmen
der Perlmutterfische. Es konnte Vor¬
kommen, daß ein Tier aus dem Wald
trat. Anders betrachtete und langsam
davon sprang, ohne daß sich etwas
änderte, daß eine Kuh in der Nähe
graste, ein Mensch vorbeiging, ohne
daß damit mehr geschah als ein Puls-
schlag, zwillingsgleich allen andren
des unendlichen, leise an die Wände
des Verstehens pochenden Lebens¬
stroms.
Anders war ins Herz der Welt geraten.
Von ihm zur Geliebten war es ebenso
weit wie zu dem Grashalm bei seinen
Füßen oder zu dem fernen Baum auf
der himmelskahlen Höhe jenseits des
Tals. [...] Anders fühlte auch nicht
3 mehr, daß die Landschaft, in der er
Wallfahrtsort außen war; sie war auch nicht
Maria Luschari innen; das hatte sich aufgelöst oder
beiTarvis durchdrungen.l,H
73
•il ’ i l>l \l \
IIH llMNOK
adJoszA.
Lernte sie im Oktober 98 kennen. Ein
schlüpfriger nebliger Herbstabend -
wurde ihr auf der Gasse durch Pigi
vorgestellt. Nachher erzählte er mir
ihre Geschichte. Maitresse des Dr. S.
1
-für einen intimen Kreis zugänglich
Paula Ulmann
! ■ ■ •. Nach ca. 14 Tagen machte ich
alias Valerie Notizen
allein Besuch und wurde in den Kreis
über Anamnese. Status praesens, Verlauf (Komplikationen, Nachkrankheiten),
der Intimen aufgenommen. II ir spra¬
operative Eingriffe, Behandlung, Obduktionsbefund. __
chen über Das und Jenes furchtbar 2 tXA, tdot/ovru? cXiS/c ixA* ^ k*
74
ner Lokalen wie dem Variete Casino
und sammelte dort Eindrücke, die er
im Tagebuch, in dem Text «P. A. und
die Tänzerin» und in den «Leona
Kapiteln des «Mannes ohne Eigen¬
schaften verarbeitete.
76
!< H HOHNE l,\ DER POLARGEGENÜ, DEW
wenn ich an mein Fenster trete so sehe
ich nichts als weiße ruhige Flächen,
die der Nacht als Piedestal dienen. Es
ist um mich eine organische Isolation,
tV7i ruhe wie unter einer 100 m tiefen
Decke von Eis. Eine solche Decke,
giebt dem Auge eines solchen Wohlig-
Begrabenen jene gewisse Perspective,
die nur der kennt, der 100 m Eis über
sein Auge gelegt hat [...]
Zn dieser Stunde stehe ich sehr gerne
am Fenster. Weit drüben ein schwar¬
zer mächtiger Schatten, von dem ich
weiß, daß er eine Häuserreihe jenseits
der Gärten ist. Hie und da ein verein¬
zeltes gelbes Quadrat — das Fenster
einer Wohnung! Es ist die Zeit zu der
(j^) \JlA-nri<AA>o> lc
die Leute aus den Theatern oder Re¬
C*> . staurants zurückkehren. Ich sehe ihre
sTuJ! -rSt 'rmwnt«'w' Silhouetten als schwarze Flächen in
den gelben Quadraten, ich sehe ihnen
<WWw ^ w»*^ zu wie sie die unbequemen Theater¬
kleider ablegen, wie sie sich gleich¬
v. 'vn ) sam verinnerlichen. Das Leben ver¬
i / ^ / y 7 ( a// doppelt sich ihnen durch all die inti¬
^>H men Beziehungen die jetzt zu Recht
gelangen. 4
An l-ollii
•< In m'Ii < i uni I <) Mm 100 I
( 1
V ^olIii 1*11111«• nli. «her um h <Iii- lile
iuiim heu Mentorrn den jungen Mund
wie I llllln I lugl willen nkejilinrh I .ru
S|e/lik Ii( l111111ilcl I Ingl nei ein «eillei
Imnurligd mii I .eklnlmlie und Xu
11 (Igel eien flllgehellllei Illi llnUl llll
get I >i1111111U • >| 11 ge weiten, der eine gm
, Ue Miirlil Imile und diene m lininluN
gehl um Ille- 11 Mliml lllll/le er.
80
Kl
h u merke mir Kt:t\E Melodie \ 1 her
ich weiß genau, wann mir cm Gefühl
auffiel. Damals na! siebzehn Jahren
ttrrrtn „flnitfdjrs t)aus“ in Örftrtn
als Paderewski spielte. war es mit der im grefeett ^cftföölc
lorstellung einer Iran verbunden. »ontflg. h<n 18. Notterafrer t 3.:
Diese I rau sollte alter sein als ich: ich
/
/
sah sie aber nicht vor mir; ich hatte
nur ein Gefühl meiner Xeigung zu ihr.
\ufdie Hinkelminute genau; das gibt
es. I ntl dann hatte ich eine Vorstel¬
Concert 6c* €lat>i*r«ZHrtttofen
lung von eigentlich sinnlosen Gesprä¬
chen ohne Dankt und Beistrich mit
Herrn J. Paderewski.
dir. Sur so: me wenn man in der Son¬ -
ne steht und fröstelnd vom II ind be¬ Vortrags-Folge:
1. Schuman«: Etüde» S;n)phouic|aea.
strichen wird/'1 2. Beethoven: Sonst« op. 57.
3. Scbubert-Llezt: •) Serenade, b) Erlkönig.
4. Chopin: a) Ballade As-dor. b) Etüden Nr. 8. 9, op. 25
e) Noctnrne op 62 H-dur, d) Sonate b-moll.
Ignaz Paderewski war seil 1887 Pia¬ 5. Paderewski: Noctnrne B-dor.
nist von Weltruf. 6. Strause-Tausig: „Man lebt nur einmal*, (Walter).
7. Hart: Rhapsodie.
Sein Klavierkonzert vom 18. Novem¬
Concertfliigel: Böeendorfer.
ber 1901 war wohl das einzige große
prriit her plä%«: (Irrcleftp 10 K, ?arqurtft|}f K u. 4 K,
Musik-Erlebnis des jungen Musil. Er «aalfintrut 2 K, tSlalrrtetanrn 6 K. 4 K unb 2 K
schrieb darüber auch eines seiner sen¬
fiiliS I ll)r iknks. — Sr;iu 1» fiitrrls 7 Ihr ikuR
timentalen Jugendgedichte, die einen
3ugang oom Saifcr 3old«plag.
merkwürdigen Kontrast zu seinem Drn SDIitglirbrrn br« Crrrinr« „®rut14f8 §aul" toitb ba«
Studium des Maschinenbaus bilden. tn brr «rttraltungsfantln (SiSfraflraBf 2 auSjuübrnbe flatutm
gtmä&r 8orfauf«rrd)t bi« i. ilootmbtr grroabrt.
Es trägt den 1 itel Paderewski-Phan-
tfom 4. 'Jlopfmbtr an ftnb bie Cmtnttefattfn nur in I
tasie»: « ®u*6anblung («uguft «artel) »tnner-
9a“f. Ibonrtbof unb am Soncmabrnbr an brr ®atfa (Auqana
pom Heiler 3ofrf«plag) für 3ebmnann rrfcSltU*. 6929
Da nur i \ ter i xs der Ma \ x mit i>i:\
träumenden Händen /1 nd wies uns¬
ren Seelen Pfade die sie nimmer sonst 2
fänden / l nd seine Finger träumten /
II le Beter auf wolkenumsäumten /
Sachte besonnten Geländer/1
82
/ Ergebnis, der.o/digatori-,tun /•'in :,/prnfnngeii i tu/ t.rnud di - Ergetnns-C* der mit . In.--,h/n-- der 1 hffenth,hin/ ergeuonnn,«. ..
Hernllinng und . tb-hininnng der 1 oninitssion ;.;,r,bn ,/■ ;i t andi-lnt, 0 an - t. n . ,1, . /,. „
Gegenstand Siadleojtbr Hocbicbale I Jatui
H lt. tvnhoi'fhc //.« tu Itrunu. / ’rn/nngsgegenst,inden na, h-t, tu ud I r/,dg-not, n n, rkannt
tJU
Gegenstand ü f f o • g Anmerkung
t lunniissioii für die ?ir/fr Staatsprüfung
'r 1 ZuJm+U. O*
aas dein tun he Praktische Prüfung
£ Xyi/ijniilii j~r
ei} 'u* <f~*~ .*.
7<y(i.v
CitUrt^rz
Prüfungsprotokoll. 1 ■ i£tz Ctr+A*cA'to~f}u, p~Zy _
j/ , j. .
Theoretische Prüfung
r . j /te^u^Lr „ ,//// M‘/^/
« /. er<.
Marne des Candidati n
L'
Ort. !j*"d geboren zn
2'mrmckgetegte
Hachschu/stndie u
A * A-E'O- ~
//. Ergebnisse von lünzelprifnligen, welche nach 8 44 bei der Staatsprüfung
zu berücksichtigen sind
Schtusscalcul y
Erfolg der
jjJJ1 Gegenstand Stodieojibr Hocbscbal« Datum
ersten Staat sfrufn Hg ditto gfO • J/$ *Umsi**r /ÄfJ
J Juiy / M£~-
dt<- 2- 'fP
/ ’argr sch neben, r
danh da- Me/dnngshmh erbracht l - £
EreynenzuaekvctS Der Landn/at wurde sohin mit Stimmen 4- ft-’-i, it/
^ dS*c.**A*—.. —
/«r £ ---befähigt erklärt
j. U iCa uC. J.f
Militärischer
v»oL v /Uu.~AzrI .
Eräscnedieüst
f dtmdt*t~euAj
/ 'rnfnngsta.xc *- vr K-: /i°f Brunn, an, ff- /&&’ Sp / ^
JT* >
l - * ./-£ /f»y^
Anmerkung
7 ... ^ < «.''ff?
Eiir die /Dichtigkeit der /löschrift <8 /y n Ministerin/-/irt ;• >/ . Ingn-f /yon / i//j</
II
»4
iHäljnfdHrtilfltfdjcr Daß Brünn das mährisch e Man¬
» er OMumut viora
chester war, erfuhr Musil durch Her¬
jlr. r>. ffrnmi, :i*. April II Kolironiiji. «Das »ahrf. Brünn ist natürlich der
Ring der Fabrikviertel, die Tuch- und
Garnstadt/» fuhr Ulrich fort und
wandte sich an Agathe. «H äs sind das
doch große, schmale, schmutzige
Häuserschachteln mit unzähligen
Wer mit uns bas Herlaugcii Ijrg!,
Dir Hrübtr’jn brlt^rrn, Fensterlöchern, Gäßchen, die nur aus
Hit ruhig nodj uub unbewegt
Htm tidjt brn Höchen kehren, Hofmauern und Eisentoren bestehn.
Htr mufs mit freiem kühnem itlutb
Hon unfrei 3e*t ©ebredjeu,
Unb mit brr Ueberjeugung <X)luit)
Straßen, die sich breit, ausgefahren
io rtd)t uom flfrirn fpredjen.
Hodj wirltuugsuoller nodj, fürwahr, und trostlos krümmen!» Ein paarmal
AU, alles Herlaraieren
381 es,. bie lüahrlitit hur; uub klar, hatte er nach dem Tod seines Vaters
Nnb alter Hialektik. bar,
$<jatfädj(id) Dcuionjlrkrm! dieses Viertel durchstreift. Er sah die
ds lebt uom flrote nidjt allein . hohen Schornsteine wieder, an denen
Htr illcnfch; in Druck unb Hauben
flleibl ewig ihm baß (glück ein idjtin
Sein UUftn- uiioerftanbcul die schmutzigen Fahnen des Rauches
Uloltt* ihr, ^fß'enerHHorJ im Halb
Htß Üanbes ©ellung finbe** * ' ijj hingen, und die ölüberzogenen Stra¬
Itnb eiitr UliUe in bec ©hat {,
Hie fiiiedjlfdjaft iibenoiiibe?& ßen (Fahrbahnen). Dann verlor sich
Wollt ihr bie Freiheit? Wollt lljr nidjt
3m Slaubt (tumui uertljieren? seine Erinnerung unvermittelt ins
Wohlan beim, kommt h^aus ans fidjt
drljebet euer Angefidjt Bauernland, das auch wirklich un¬
Hub helft uus Dcmoiiftrirren!
8fi
!
\ l\ l'l •
<3t*
mmm
/\.nfang Mai 1899 traten die 12 000
Weber und Spinner Brünns für rund
zwei Monate in Streik, um zu errei¬
chen, daß für ein Jahr probeweise der
zehnstündige Arbeitstag eingeführt
werde. Sie wollten, wie Karl Kraus
schreibt, «also weder an der capitali-
stischen Ordnung überhaupt, noch an
der Gewinnrate der Herren Stra-
kosch, Löw-Beer, Schoeller riit-
teln»,0a. Aus Entwürfen zum «Mann
ohne Eigenschaften» geht hervor,
daß Musil die Brünner Sozialdemo¬
kratie zu wenig revolutionär war:
\4 ,
1 ▼ Ausil genoß zwar die tierische Le-
Textil-Arbeiter:
Demonstration im
benswürme des Brünner Proletariats Garten des Arbei¬
in Gestalt von Hermine Dietz/Tonka, terheims am 2. Mai
1899
aber er befand sich bei ihr nicht in
ästhetisch gleichwertiger l mgebung.
Das Ethische, das Menschliche in
2
Tonka betrügt ihn um das Ästheti¬
Brünner Arbeiter¬
sche, kunst-voll Persönliche'**. wohnung 2
88
Die- wurde ihrn vor allem an der
Geliebten meines Freunde- Gustav
Donath, an der Wiener Maleritoehter
Alice Charlemont. klar.
-:ie ist dar Vorbild der 01an--e irn
«Mann ohne Eigenschaften •. -o wie
ihr Mann das Vorbild Walters ist.
Gustav Donath verkehrte von ca.
1900 an im Hanse Charlemont und
führte w ohl auch Musil dort ein.
«9
/
/
I
J3t:im Infanterie-Regiment Nr. 49
Freiherr von I leß diente Musil vom 1.
Oktober 1901 bis 30. November
1902 sein Einjährig-Freiwilligen-
Jahr ab. Die Eindrücke, die er in Ent¬
würfen zum Mann ohne Eigenschaf¬
ten der Figur Hans Sepp zuschreibt,
dürften seine eigenen gewesen sein —
in der Brünner Jesuiten-Kaserne.
9()
W», y V ^4/t^r.y y/>
k ^f- ^>»"- ^
, w*-*" '* •
JS=—
Ut
I-
um \ l\
MONSII
92
26. V. [1902] Mach's populär-
wissenschaftliche Vorlesungen fielen
mir heute zur rechten Zeit in die
Hand, um mir das Vorhandensein ei¬
ner vorwiegend verständlichen Exi¬
stenz von trotzdem hoher Bedeutung
zu erweisen. Schließlich habe ich ja
daran nie gezweifelt — aber ich erlau¬
be mir, mich hiermit nochmal zur Vor¬
sicht zu erinnern!''
93
1 II TM \l \
I I 11 I l|s\()|\
dermaßen:
•M
4
Warum tragen [Ingenieure] bf.i-
spielsweise so oft eine Uhrkette, die in
einseitigem, steilem Bogen von der
Westentasche zu einem hochgelege¬
nen Knopf führt, oder lassen sie über
dem Bauch eine Hebung und zwei
Senkungen bilden, als befände sie
sich in einem Gedicht? Warum gefällt
es ihnen, Busennadeln mit Hirsch¬
zähnen oder kleinen Hufeisen in ihre
Halsbinden zu stecken? Harum sind
ihre Anzüge so konstruiert wie die An¬
fänge des Automobils? Harum end¬
lich sprechen sie selten von etwas an¬
derem als ihrem Beruf; und wenn sie
es doch tun, warum haben sie dann
eine besondere, steife, beziehungslo¬
se, äußere Art zu sprechen, die nach
3
Festveranstaltung innen nicht tiefer als bis zum Kehl¬
der Technischen deckel reicht? [...] Sie zeigten sich als
Hochschule Stutt¬ Männer, die mit ihren Reißbrettern
gart mit Professor fest verbunden waren, ihren Beruf
Carl Bach liebten und in ihm eine bewunderns¬
(1. Reihe, 4. v. r.) werte Tüchtigkeit besaßen; aber den
Vorschlag, die Kühnheit ihrer Gedan¬
ken statt auf ihre Maschinen auf sich
4
selbst anzuwenden, würden sie ähn¬
Urbanstraße 46,
lich empfunden haben wie die Zumu¬
Stuttgart. Woh¬
nung Musils vom tung, von einem Hammer den wider¬
Oktober 1902 bis natürlichen Gebrauch eines Mörders
April 1903 zu machen.'02
MONSIEl |{ I ! \ IMSI.Cl I
r
VXelegentlich machte Musil von
Stuttgart aus Ausfluge in die nähere
Umgebung, zum Beispiel nach Eßlin¬
gen. Daran erinnert sich sein Held in
einem Entwurf zu dem Roman, der
spater den I itel «Der Mann ohne Ei- 1
genschaften» trägt: Weinsteige, Stutt¬
gart, die Straße
Irgendra.w Eriweri xg an' Essun nach Degerloch
gen. Museum 1. Stock. Er sitzt am
Fenster, spiegelndes Nichts, Abglanz «
des Zimmers. Henri man sich aber - _
nah hinbeugt, taucht erst von allen S,utt9art-Degerloch
Seiten das Schwarz herein und dann
die Kirche, die gezackten schwarzen 3
Häuser mit den Schneehauben.104 Eßlingen, Marktplatz
'Xi
q , .,
LJtefanie Iyrka-Gebell war die I- rau
eines Regierungsbeaniten. lebte von
1890 bis 1898 und von 1905 an auf
Dauer in Graz. Sie spielte auf Liebha¬
berbühnen Theater, interessierte sich
für Literatur und Musik und unter¬
hielt einen kleinen Salon, in dem jun¬
ge Autoren und Musiker verkehrten.
Zu ihnen zählte auch Musil. Der Kon¬
takt erstreckte sich von ca. 1902 bis
1909.
Am 1. August 1903 schrieb Musil aus
Degerloch an Stefanie Tyrka-Gebell:
97
/
/
<)<>
1903-1907
WURZEL AUS
MINUS EINS-
WISSENSCHAFT
UND DICHTUNG
I
Wl'RZKI. \l S MIM S KINS - W ISSI \S( 11\l I l \|) |)|< 11
1
Der Philosoph und
Psychologe Carl Stumpf
(1848-1936)
c
V^arl Stumpf, Ordinarius für Philo¬ 4
sophie und Psychologie an der Berli¬ Der Mathematiker
ner Universität, war Musils wichtig¬ H. A. Schwarz
ster akademischer Lehrer. Kr war
Mitbegründer der Cestaltpsycho-
r
logie. D
Humboldt-Univer¬
sität Berlin
Diese m'i hteuxe i.xdh jssexsi mm.i
ehe Atmosphäre war doch ein ler-
dienst dieses Lehrers, der wohl nicht 6
bloß durch Zufall die bedeutendsten
Aula der Hum¬
Schaler hatte.10,1
boldt-Universität
102
103
\l S MIM S I.IN'' - \\ l»| \SG1IAI I ! \|> | >|< |!
104
Die Tapete des Zimmers har grün
und grau. Die Türen waren rötlich
braun und voll still spiegelnder Lich¬
ter. Die Angeln der Türen waren dun¬
kel und aus Kupfer. Ein weinroter
Samtstuhl stand irn Zimmer und hat¬
te eine braune Mahagonirahmung.
Aber alle diese Dinge hatten etwas
Schiefes, Vornübergeneigtes, fast Fal¬
lendes in ihrer Aufrechtheit, sie er¬
schienen ihm unendlich und sinnlos
[...]
Er brauchte nur zum Fenster hinaus¬
zusehen, so schob sich plötzlich in die
Welt eines unten wartenden Drosch¬
kenkutschers die eines vorübergehen¬
den Beamten und es entstand etwas
Aufgeschnittenes, ein ekelhaftes
Durcheinander, Ineinander und Ne¬
beneinander auf der Straße, ein Wirr¬
3
warr von bahnziehenden Mittelpunk¬
Hohenstaufenstraße,
ten, um deren jeden ein Kreis von
Berlin-Schöneberg.
Weltgefallen und Selbstvertrauen lag,
Im Haus Nr. 50
wohnte Musil von und das alles waren Hilfen, um auf¬
Oktober 1906 bis recht durch eine Welt zu gehen, der
April 1908 das Oben und Unten fehlte.111
105
WTRZ.I.I. VI S MIM - I l\> — V l^>l \S< II \l I I M) I
\TAtisil...irrte insofern, als die «Ver¬ Von den genannten öffentlichen Schillern waren 22 durch 8, 10 durch 9, 2 durch
10 Jahre Gymnasialschüler.
wirrungen des Zöglings Törleß» zur 2 Mit d*ni Externisten Robert Musil wurde die mündliche Prüfung am 16. Juni 1904
Auszug aus dem abgehalten, die übrigen Prüfungen werden am 4. Juli 1904 beginnen. Das Ergebnis wird
Zeit seines Vbiturs zwar schon weit mi Jahresberichte des nächsten Schuljahres mitgeteilt werden.
Jahresbericht des
gediehen, aber noch nicht abge¬
Deutschen Gymna¬
schlossen. geschweige denn veröf¬
siums Brünn mit
fentlicht waren. Dies geschah erst den Abituraufgaben
zweieinhalb Jahre später. des Jahres 1904 2
E Js gibt Indizien, daß an Musil nach
dem Abitur «nervöse Herzerschei¬
nungen in Folge von Überanstren¬
gung» konstatiert wurden und daß
ihm der Arzt deswegen «H Monate ab¬
solute Ruhe» verordnete. Er fuhr
nach Südtirol und an den Gardasee
(Salö, Torbole, Trient, Brixen . wo er
mit Gustav Donath und mit Berliner
Bekannten (Oskar Pfungst. Johannes
von Allesch, Emma Rudolf) zusam¬
mentraf.
107
WURZEL \l S \ll\l S I.INS — \\|s->| NS( l|\| | l M) |)|( ||| ; \i
!
diese Erfahrung seinen Helden An¬
ders machen:
10«
Schnee. Anders nahm seine Sinne zu¬
sammen, und das Gespräch wurde
deutlicher. - Ich halluziniere - sagte
ersieh. Dennoch rief er abermals; oh¬
ne Erfolg. Er begann sich vor sich
selbst zu fürchten und prüfte sich auf
jede Weise, die ihm einfallen mochte,
sprach laut und zusammenhängend,
rechnete im Kopf kleine Aufgaben aus
und machte mit Armen und Fingern
schwierige Bewegungen, deren Aus¬
führung volle Herrschaft über sich er¬
forderte. Das alles gelang, ohne daß
die Erscheinung wich. Er härte ganze
Gespräche, voll überraschenden
Sinns und in klangvoller Mehrstim¬
migkeit. Da lachte er, fand das Erleb¬
nis interessant und begann, es zu be¬
obachten. Aber auch das machte die
Erscheinung nicht verschwinden, die
erst abklang, als er umgekehrt und
schon etliche hundert Meter abgestie¬
gen war, während seine Freunde
überhaupt nicht diesen Ruckweg ge¬
nommen hatten und keine menschli¬
che Seele in der Nähe war. So unsi¬
cher und sich ausdehnend ist die
Grenze zwischen Wahn und Gesund¬
heitm
10«
DIE
. I I IMI >-\ ISS1 \\
IT
2
A w-err erkannte Musils Begabung
Kerrs Studie über
sofort und stellte wahrscheinlich den
Schauspielkunst,
Kontakt zum Wiener Verlag her. der Eleonora Düse ge¬
den • I örleß > Ende 1906 publizierte. widmet
110
D er Psychologe Oskar Pfungst war
eine Berliner Studienbekanntschaft
Musils. Am bekanntesten wurde er
durch sein Buch über den «klugen
Hans», das angebliche Wunderpferd
eines Herrn von Osten, das um 1904
durch scheinbar bedeutende intellek¬
tuelle Leistungen von sich reden
machte. Viele Zeitgenossen glaubten,
der «kluge Hans» könne rechnen, le¬
sen, Farben erkennen u. v. a. in. Allen
Ernstes war vom Genie des Pferdes
die Rede, bis Pfungst nachwies, es
reagiere nur auf unwillkürliche Bewe¬
gungen des Menschen.
Musils Satire auf das «geniale Renn¬
pferd» im «Mann ohne Eigenschaf¬
ten» knüpft wahrscheinlich an die
Diskussionen um den «klugen Hans»
an.
Der h all lehrt, daß Musil immer wie¬
der psychologische Forschung in Li¬
teratur verwandelte, zum I eil auch in
3 Form von Knittelversen. Anne von
Der Psychologe Hornbostel berichtete von einem
Oskar Pfungst scherzhaften Epitaph, das Musil aus
(1874-1932) ste„reif auf Pfungst dichtete:
111
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Tageslicht kommen, haben wir nur
falsche Steine und Glasscherben mit¬
gebracht; und trotzdem schimmert
der Schatz irn Finstern unverändert.»
Wer die Wahrheit dieser Worte an sich
erlebt hat, wird dieses Buch verste¬
hen. Und selbst, wenn er darin nur
einen mißglückten Versuch erblicken
sollte, wird er ihn verzeihen.
Fiir Andere sei es gestattet, folgenden
Ausspruch Wilde's hieherzusetzen:
Die Abneigung des neunzehnten 1
Jahrhunderts gegen den Realismus ist Entwurf des Vorworts
die Wut Calibans, der sein Gesicht im zum «Törleß».
Spiegel sieht. Darunter Skizzen zu
Die A bneigung des neunzehnten Jahr¬ «Tonka»
112
113
/
X
X
1 14
\\ ISSI \S( II \l I I M) |)|( INI \
Abb. 2.
\\ l RZKI. US MIM S I .INS -
Abb. 4.
haften Crabverse:
3
Hier ruht Hornbostel Susanne,
Kippfiguren aus
gestorben in der Badewanne,
Hornbostels Auf¬
aus der sie nie herausgekrochen, satz «Über opti¬
seit sie an einem Hund gerochen sche Inversion»
I lt»
_/\un psychologischen Seminar der
Humboldt-Universität wurden u. a.
die Gesetze der Farbwahmehmung
erforscht, auch von Musils Freund Al-
lesch. Nicht zuletzt für ihn entwickel¬
te er ein verbessertes Modell des Farb¬
kreiseis. Das 1906/07 von Musil ent¬
worfene experimentalpsychologische
Gerät wurde von 1908 an durch die
Göttinger Firma Spindler und Hoyer
vertrieben. Der Preis betrug vor dein
Ersten Weltkrieg 225 Mark.
117
\ IUI )l(l(l\ I I l\11 )^\ ISSIW-SM IS 1\II\S 1\ TI/M )\\
11»
Er spielte jetzt mit Tonka in der
Pferdelotterie. Die Ziehungsliste er¬
schien, er hatte Tonka erwartet [...]
Es handelte sich um eine elende Pfer¬
delotterie mit einem Haupttreffer von
wenigen tausend Mark; aber das
machte nichts, er hätte für die näch¬
ste Zukunft sorgen können. Und wenn
es nur ein paar hundert Mark gewe¬
sen wären, so hätte er Tonka das Nö¬
tigste an Kleidern und Hasche kaufen
oder sie aus ihrer ungesunden Man¬
sarde befreien können. Und wären es
nur zwanzig Mark gewesen, so würde
das eine Ermunterung sein, und er
/ hätte neue Lose gekauft. Ja selbst
wenn sie nur fünf Mark gewonnen
hätten, so wäre dies ein Zeichen ge¬
wesen, daß der Versuch, wieder An¬
schluß an das Leben zu gewinnen, in
unbekannten Gegenden wohlgelitten
war. Aber alle drei Lose waren
Nieten.12'
1U>
' V
\l " MIM - I l\- - W I—I \'i UM
VllRZKI
120
WURZEI. \l S MIM S EINS- V ISSI \S< l|\l I I M) DK IIII V
122
Snpalt bc5 £>aufc3 unb bie geitioeiligru Säfte barin.
53a§ ifjt öcr erblictt. Enb tämmernbe gwifdjcn«
eine Sirne Cot na. bie Scpüter einc-5 mäpnflen
Hofrcvt hilfst. grabe: bom Slug* eine» Untcifcpciber» umriffen. mit
ilonbicts in iprrr Uniform, bie niebtidjen Segen au ber
Cea ben Sterben eine» SUcteiligtcrt empfunten, in ber §ant*
Seite, bie ßerätfepeften bc3 gimmcrS. unb_ba3 Gdijcu
iUfrib 1v«rr. firift einc3 SiditerS nadiergäptt. 3d) erinnere midi
Geroölt. ba» bon oben perecnüept. — tag aEc» ll,:c
be» gricbrid)Sd)tegeIfd)en Sapc§: „S3cnn man ciiiinal
L ein Scftanbteit ber Seele bc3 gägl'Utj» Scrlejj Wirft...
cu» if)it)d)oIcgie Stamane fdjieibt ober lieft, fo ift c3
unb bämmerig fi-htbar bleibt, grei bon Gi.-pfiub*
oO-rt SRuiir ifl in Sütö'terreid) geboren, fünf« fepr intanfrqitent unb Eiein. aud) bie tangfapifte unb
famfeit. Gatiad)cnbar[teCung. Seidt „gemalt* i;t bie
’.inSj'vcnjig 5cpr ctt, unb pat e'n Qc* auSfüprlicpfte gergliebcrung unnatürlidjcr Säfte,
Stimmung, fonbern ba-3 SargeiteEte laitit fie ab.
fcjricten, ba3 bleiben wirb. gräßlicher Wärter, empörer.ber gnfamie . . . fdjeuen
2iae5 wirb nad) längerer g.it im GebäcptniS bleiben
Gr nennt c«: „Sie SerWiri ungen bc3 853linS8 ju looEen." öunbert gib,re bergingen, feit er ba5
mit ber Jönung ber Umroett, mit ber Seleudifutig
JörlcB". Ser SSieitcr Ccrlag bringt e5 percu?. jd)ticb. gnbeffen War SoftojcwSfi ba. .. Slber ipt
bon Stufjenbingen unb. nidit gulept, mit ben 53eroufjt-
5n bie|cm jungen unb wopl ibalb berrufenen. ber- merbet tropbem getern, ir.cdetn unb fd;üumcn.
ieiuSgnftänben cine3 SJtcnfdien: be» göglingS ^örleß.
gctciten, beipieneu 23er?. tc5 cuf ben gntej ornat« II.
SlEe3 baS Wirft real unb. beim Griuncrn. bifionar —,
lojir «piajjeu gefegt Wirb. Wehr. ein palbcS Supcnb WufilS Grgäplung ift otjnc ©eicplicpfeit. G3 iteett
ein iöorgang. wie ipn Sörlcfe apnlicp felber ait feiner
Wenfcpen es nur cift geleirn pat. fin& Weiftcrftrccfen. barin feine, fogufagen, Sprit. Gr ift ein Wenicp. ber
Slrt gu fepen beobachtet- Ober man nehme gu*
'So5' Starre leine5 QerteS liest 'in ber rupigen, in 2atiad)en fiept, — nur au3 iprft Saspgeftattung
bor einen inneren 3uftar.b am Soiintagnad;mittag
bcrinnerlicptcn ©efraltung a&ieiligcr Singe bieleS erwädjit itjm baSjenige SDtafj bon „Sprit“, ba» in ben
in ber Sonbitorei enter fleinen. Statt; ober auf
Sefcer.3, ' bie eben boq in bie;em Seben [inb. Sie Singen etroa ftecft. üttan bemerft Sidjtcr unb SuntleS.
einem Gang bei ben elften fleinen £nuiern ^ °rl5-
‘üüf7r~£~jchprögrßbcrfä pren peule ft: oft. „SRatt- ',-^yäy 53ud)"'gibf;''Iba3' 'mir WcrtPoE erfdjeint,- bie borübet an tfinbern, Scpmup. §öfen, fiaWifcpen
feiten" fügt ber geuiGctonift; clfo SJachtfeiten. gür ! Suftftimniung_ gwtfcpcn bem Stäumlidien unb benr SSäbern-
jeben finD fie nicht borpanbtn: infofern fein 2eib ' SeeUfdien... '-Bet ber Grinneruug an bnS 23ud) bat 55i[iouäc unb real luiifsn bann Qblotibcrltaj'iurd]!-
ober bie fTonfunftur feine» Sxicfial» c5 m:t fiep matt bic Grir.nerung att Singe, bie biiionär aufleben
bäte Gefcpepniffe gur S?ad)tgeit in einem 33_obcnraum
feraiten, baß er in feine biefe: TJcbenmetten je geriet; unb bod) Sirftidjfcit finb. Gingelbeiten paiten im
be» StonbittS. 3n einem £>cEbnnfel finb Tic gemalt,
biiueEcn- GcbäcptniS. (SaS ift PieEcicpt ber l'riifftein
aber borpanben finb fie. ba& neben ben Wirflicpcn Singen etwa5 Unioägbarcä,
für bie GcftaltungSart eine» S.diriftftcEerS: ob feine
Unb al» Gpifoben im 6e?cmtfeau:piel ber Wenicuen« GntgtcitenbeS burep fie pinburd)fdiWingt, auh übet
SgcnerTIn" bifueEem 6ebäd)tni3 wiebcrfcpren ober
rjifti’nj baten fie bargefteCt ju luerbcn ein Stecht, ipneit wegtönt,, man fühlt aber aGen Scprueln
in einer abftratteren Gebäd)tui?ericpcinung.)
ia5 jlinber ober Sarient butd) Stimmteaft unigauft« unb Satbareien, bie Ed) bott gutcagcn, rt.wa» 5>cr-
G-.n Meiner SSalb etroa, mit einem §au3 barin;
gemalt nici)t eriifttjaft erfd)üttern fönnen. Wögen fie ftömenbc3._wie ben JäAtigjwr gciJL_ 2ie Seieuditung
ba5 Sltmofpparifdje barum; aüe3 fccrflodjtcn mit einer
beim Steten bcS SucpeS umfaßen (ist) Ijörc bereits briidt fid) Wieber bem Gebäd)tni3 ein. gibt ben
Scetenftimn-.nng ... nein: fo gemalt, ba& bie Sor-
ir,r Geniester). — eS geigt neue Stufungen im Greueln unb 2icrpeit3auitcitten etwa? UnWirtlidjcS,
gänoe, bie SJäume, ba3 Selter. bic iOelcucptuug, ber
S*eliid;cu.
WISSENS! 11\l i I M) |)|( ||
WUR/.KI. USMINl Sl l\>
124
W ie verwirrend der «Törleß* auf
Hotten Musils Angehörige und ihren
Kren wirkte, laßt -\< h auf Grund der
spärlichen L berlieferurig nur ari-
deuten.
125
VEREINIGUNGEN
\ ERI i\k;i \( I N
128
M artha war. im Gegensatz
Robert Musil, nicht sehr sportlich. Ih¬
zu
130
Hjdmunrl Alexander, Jurist und
Privatier, fungierte als Modell des
animalisch-ungebrochenen Demeter
im «Verzauberten Haus» und in der
«Versuchung der stillen Veronika».
Fritz Alexander, der Künstler, wurde
transformiert in das Gegenbild des
«weichen, entselbsteten fast priester -
lichen Menschen» namens Johannes.
181
\erlinici \<:i \
132
H ans Alexander war promovierter
Ingenieur und bis zu seiner Emigra¬
tion Direktor der Lokomotivenfabrik
der AEG.
In dem Manuskript «Rabe» schreibt
Musil über Martha und ihn:
133
vn\ niM ui i \
134
ttrrjridtntß brr in brr
im 3«br< itA ^//-flcrtoutfn «prrfuiic».
äidigUia
Soft uert. Form t) t t C t I 1 H | 1 n 1 ^
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Ur •affr unt £mnl- fcet 3n«int, grborni me u>» Ham, ttborcftfT D« UI um 'Xtmt, Jmami not
curmti Ä1*T
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»rtftorbroot (Hvgdtiii. 94^iltnu Difpfnira t* I
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136
137
\ EREIMCt N( ;KN
hert sitzt stumm aul dem zerrissenen -S- i - -er A—J— KmCr ~ -- trnS
roten Sammtsoja sie — er sieht fort — -*—/ trmM. —e ■'»-'**. kmm.'imS —
sie die wachsgelben ineinander ge¬
steckten linder an. Plötzlich fällt dun
n/\Am A., *■—- 4w /A—S——**— et, ~Zyi , n mm A*
ein: sie hiengja an den (Icbrauchcn
ihrer Heligion und er schickt Trau A A'A— -y-—
Prawdzik um Kerzen und Blumen.
Iber es ist Herbst und keine Blumen
H*t~~i****' *■ ^^ y
ui der\ähe zu bekommen. Xur \stern
A^/>>
und kümmerliche Hosen mit braunen ’ 4A ■ jmm st«^. ■
Bändern an den Blättern. Xur die As.'t iyt X.yAs/ --— —yi yi. —
Kerzen brennen wie es sein sott. mit
(fjm, J^ _- A «wy- A. >r.
einem feinen wehmütigen Duft.
Dadurch gewinnt die Leiche etwas
f eierliches und Schönes. Pin l.'edan-
i.' SS— ^ >W t{> t
ke laft Hubert keine Hohe. Seme In l-'*S' /ksw.» ««•}> fimmmm. »—7^1 <-y —f— -AmA— *-*«•
gen cerschärfen sich, sie zeichnen jede ^ -—> y-i A-: —V A- A*-*-
Linie der harten starren Maske nach,
die der Tod über llemuis (lestcht ge¬
/^4s «s/- S. /. -« »»*>
zogen hat. I nd immer wieder cer¬
sucht er es und will Jene unmerkliehen 7*
Zutaten linden, die das lnthtz wtetler A-a-y* u s—rv i,
beleben konnten. I ber es gelingt *+»*—*/ — -
nicht. Da steht er auf und tritt neben
das Bett. I nd lost die Verschlingung
—vVv
der Finger und hebt die kalte Hand
mit der seinen. Ihtbei neigte sieh der
1
Körper ein wenig zur Seite, aber die
Hand ist so kalt und schwer und das
Zittern der seinen findet keine Int
wort. - so als ob er gerufen hätte urul
alles schwiege. Da labt er - cor dieser
Leblosigkeit erschrocken - die Hand
los und sie schlagt dumpt gegen das
Bett und schlägt eine \lulde ms La¬
ken und bleibt liegen.
Du bekam der (ledarike, dab Herma
tut sei, einen neuen \usdruck. So als
oh Hobert ihn erst /eczt erf; s v. I n-
1
ter der Decke standen du f \ >-> starr
Musiis Entwurf für
m die Höhe. I nd H rv*t imsjit* di« Sdtl«6u*fl«
diesen Kur:irr tienkc . • er .»,■« der
13»
beweglich war und wie erzittert* und
sich anxchmiegte. und nicht ruht*, hu
er in dem Bett. ein ur.herex Sest fee
wühlt hatte und tutete mein fiub.
mein lieber lieber fiub. jetzt ent bin
w,h glücklich. jetzt erst hab uh dich
tanz... f nd die Thronen rannen ihm
rujjt den Kutten. Aber ue ertönten ihn
nicht, tun hartnäckiger zchmerz naß.
tief, den ne rächt In ien kennten - und
er trieb Bahert durch den Zimmer und
ließ ihn mit den Zahnen m die Kleider
heißen- die Herma nc,rh an der Hand
hatte hangen gelaxxen.
bann kam. bu-itl und tafart nahen der
schmerz etjreu fiexchäfumaßigex an
— etjc.a wie. man. bei einem. TdeifalJ m
der frambe Kr,ndctle.nze.n entgegen-
njcnmt, fdxxtl hatte emen Strauß wei¬
ßer Baien mitgebrnc.ht. und legte ihn
auf; Bett, [jahei blje.b er etur.ru langer
gehen rill ruitjg und ;ah in die müden
herben Zuge der Taten- Kber Baben
rief ihn rruch weg. ■'<eh. ue nicht an —
ne ixt häßlich-heute. ■ L nd weil
Baken rannt nichts tagte, frag fdutl
nach einer Hede: <nag geht ex dir
ihemaupt nahe. ba bemerkte er ent.
da» Robert weinte, und w.hwieg Itie
Kerzen brnnnJen oh. [Jann kam trau
Prruwizik und brachte die. lamp*
bau Bett lag jetzt, im Itunkein nur die.
Hand war nre.h beleuchtet — faxt
bernsteingelb und tiefe bleue ■'.chat¬
ten ...
tlu
\ FRKIMGl NU N
HO
Liebeskalendfm Ein kalter Ne-
bei hat sich wie ein Vorhang gesenkt
und der neue Akt beginnt Ich liebe
auch ihn. Dieses winterliche an die
Stube gebannt sein. Auf der Straße ist
man von der Kälte, wie von einer eisi¬
gen Kugel umgeben. Sie schützt gegen
fremde Einflüße. In der Stube löst sie
sich langsam. Und läßt eine Stim¬
mung wie Tciuwetter im Vorfrühling
zurück, so frisch und doch müde und
zärtlich. Eür Liebende ist es als ob sie
sich jedesmal von neuem gewännen,
in einer Reinheit wie vom Tode Aufer¬
standene. Denn nichts Fremdes ist in
solchen Augenblicken. Die Seele
bricht auf und der Körper duftet nach
sich lösender Kälte.
Oft wenn ich um eine Straßenecke
biege, ist mir jetzt, als müßte ich Dich
sehen, in Pelzwerk und Kälte gehüllt.
Mir ist dann so mild und still zumute,
wie wenn ich die Hand in weiches
Schneewasser getaucht hätte.
Solche Bilder sind es, mit denen ich
mich jetzt trage und ihretwegen —
Deinetwegen — liebe ich diese Zeit, die
mich sonst immer mit Schrecken er¬
füllt hat — und so jede f39
Das Atelier
Das dunkle Zimmer mit den verhäng¬
ten Wänden und der kleinen Luke.
Wie liegen gelassen ein Blatt von
Rembrandt. Der biedere Evangelist
Matthaeus. Der Engel aber, der sich
über seine Schulter beugt, hat eines
jener Gesichter, die heute erst leben
4
und die gleichermaßen zu den Ge¬
Martha
schlechtsteilen eines Mannes oder ei¬
ner Frau sich finden.
5 Und dann stieg auf der engen Holz¬
Rembrandt, treppe langsam eine Frau hinan. Ihre
Der Evangelist Füße bewegten sich wie hinter einem
Matthäus Vorhang.140
141
\ l.m INK.l M l \
/V
11. .ktinituifieti-Buch No. f V 0 •JiMinml-No.
142
Der Coreferent Riehl schloß sich
dem Urteil Stumpfs an.
hi einem ausführlichen Brief an Jo¬
hannes von Allesch berichtet Musil,
daß er mit Riehl in der mündlichen
Prüfung die meisten Probleme hatte,
weil er kein Wort von dem verstanden
habe, was Riehl wollte. So habe er
sich im wesentlichen auf das «Aufrei¬
ßen von Augen und Ohren» be¬
schränkt. Weiter heißt es:
143
\ l )\ l >l\l IM I \
144
Q .
kJteinach. oftmals Ferienort der Fa¬
milie Musil, sollte Schauplatz des
Textes «Der Schutzengel» bzw. Der
Dämon» sein. Die Heldin, von Musil
Mathilde Emminger genannt, sollte
Umgang mit transzendenten Wesen
haben und in turbulente Ereignisse
verwickelt werden:
Sonntag-Vormittag in Steinach.
Kirchgang. Blauer Kugelhimmel. Ein
unbewegliches Wölkchen über den
Innsbrucker Bergen. Sie mehlspeisig
anmutig und pastös weichlich. Der
Gendarm will schießen, etwas bläst
ihn um, er behauptet nachher, es war
wie ein Feueratem. Sie muß sich allem
unterwerfen, darf aber Steinach be¬
suchen. Mit diesem Bewußtsein. Die
Eltern und die anderen reden, — sie
weiß,144
3
_A_m Ende sollte eine Verführung
Steinach am
durch den männlichen Gegenpart des
Brenner
Priesters stehen:
145
IJtu Inxcn^ut Ihm Steyr ist ein
10KI3M3A
I
mul nienachenahnheh gesungen, und
zii'iachcn den Wiesen atand jeder
Uanni grols und iineernickhar and
run seinem Platz getragen [...]
So feat und scharf in die Heit gegra
heil ine mit der Stichel, I mm, jeder
lullt, jede I inte, jctlca Leuchten an
luge einea cuniherlatifenden Tiers.
Xur mich ein iiemg anders als sonst,
trotzdem ein jetlea an ganz hei sich
UHir, schien jetles doch ein wenig cci
ändert, icie abgestimmt aufeinander,
eine \hnlichkeit. nein, keine 1hnlich
keil, aber eticaa nie eine ihnlichkeit
ztcischen allem, ja. trenn Sie mich
noch i'erstehen, mochte ich sagen, ei
ne ihnlichkeit u'ic mit nach aufu'arts
geu'andtein Intlitz; als ob jedes nur
so klar dastunde, damit man erfaßt,
dtiß es nicht Idols so da ist. wie man
geglaubt hat. sondern daß es ein
Clietl ist. mit dem ein ganz andrer
Sinn gemeint ist als der, zu dem man
sonst fluchtig und halbcerstamlen die
Dinge zusammensetzte. - ein über¬
menschlicher Sinn - Sein Sinn. Ich
fühlte plötzlich, wie er sachte alles
; l>eliegt. Tr nimmt das l'iahlensche,
das in allem Ci\ßen ist, und das l teb
' liehe, das hinter jetlem W idngen ist,
nie ein bittendes Lächeln m einem
j häßlichen [ntlitz, er macht das Crv
tse stiller unil das Widrige trauriger,
er fangt die Stimmen der Tegel tm
WaliL damit das Knarren eines Tors,
durch ilas einer zum letztenmal ikt
t•vnsihntt, steh tiefer ut die Welt
grabt, er glättet die Kalten im (-esicht
einer Toten wegen der l ichter in den
Augen eines Tiers, er gualt einen
J Maitn, wett ein H,tum Vc uber der 1
0«S FvJOMSvJWt
Knie ragt, lunxsam cerruckt er erst
bw« Sa»yr
die Si'hntten der Ihnge. auf daß ste
I sich zuetsc: / (• _• c
I gregt er am Tnde nach jedem« und
2
I packt es uw N/i v • Vi aer S»9m<#we Frwad
I Lauen, aw e. lAs . 1JS*-1
140
M usil war 1908 schon intensiv er
mit der Psychoanalyse in Berührung
gekommen. Die Texte des Komplexe-
«Der Schutzengel». «Der Dämon».
«Das verzauberte Haas» und «Die
Versuchung der stiJJen Veronika»
verraten. da£s sich .Musil vor allem
von Freuds und Breuers «Studien
über Hysterie» anregen ließ. Musils
Überlegung. der Dämon miLire u ie et¬
was Selhstcerständlirhes erscheinen:
wie man im Mittelalter schlechtweg
eine Handlung aus Besessenheit er¬
klärte'*’. entspricht exakt der These
Breuers, die abgespaltene Psvche sei
jener Dämon, von dem die naive Be¬
3 obachtung alter, abergläubischer
Hypnose-Behand¬
Zeiten die kranken besessen glaub¬
lung der Hysterie
te.1 v' Durch Einbeziehung der Ce-
staltpsycbologie und der Transzen-
4 dentalphilosophie »ersuchte Mast]
Josef Breuer gegenüber der PsychoanaJy se seine
(1842-1925 Selbständigkeit zu wahren.
14
YI.HI.INICI \ci \
C
Ocit den «Verwirrungen des Zög¬
lings Törleß» war Franz Blei Bewun¬
derer Musils und rund drei Jahrzehn¬
te mit ihm befreundet. Als Mitheraus¬
geber der Zeitschrift «Hyperion» gab
er Musil den Auftrag für einen Prosa¬
text und setzte damit die Arbeit an
dessen zweitem Buch, den «Vereini¬
gungen». in Gang.
148
IIYPERIÖN
ROBERT MUSIL: DAS VERZAUBERTE HAUS
»Sie hätte mich damals ja beinahe vergiftet«, beteuerte der Oberleutnant Demeter
Nag>', so oft er später von seinem Abenteuer in dem verzauberten Hause er¬
zählte. Es ereignete sich, als er während einer winterlichen Truppenkonzentrierung
durch mehrere Wochen auf dem alten Stadtbesife der gräflichen Familie einquartiert
EINE ZWErMÖNATSSCHRIFT war, und begann damit, dal) er am Tage vor einer kurzdauernden Abkomman¬
dierung, — kopfschüttelnd, weil er ihn nicht verstand, — den Schluß eines Ge¬
HERAUSGEGEBEN VON FRANZ spräches mit anhören mußte, der vom Nebenzimmer mit den fühlbar durch eine
BLEI <0 CARL «UERNHEIM Erregung verstärkten Stimmen zweier Menschen zu ihm herübergetragen wurde.
Es kam erSt ein Nein, ganz leise und trotzdem sich merkwürdig aus dem Vor¬
Zu sprechen ist aber von einem Phä¬
nomen, das sich an diesem langsam
herigen herauslösend und durch das Haus gehoben, dann sprach ein Mann etwas,
das er nicht recht hören konnte, und von da ab vernahm er mit voller Deutlichkeit
jedes Wort“
zurückbleibenden Dichter mit wach¬
Eine tiefe, von der Leidenschaft in die Höhe getriebene und oben zerfallende Frauen¬ sender Deutlichkeit zeigt: in dem Ma¬
stimme rief: »Lassen Sie mich, ich kann nicht! ich kann nicht!!« und die Worte
brachen zackig wie mürbes Mauerwerk von ihr ab. Dann hörte Demeter wieder ße als er uns entschwindet, unnuari-
den Mann sprechen: »Trofedem, Sie lieben mich! denn Ihr ganzes Wesen i^f von
ciert. bilderbogenhaft wird, in dem
dem meinen ergriffen, es hat keinen Gedanken, hinter dem nicht ich wäre, Ihr Leben
begann erSt mit dem meinen wieder. Täuschen Sie Sich nicht selbst.. Das i^t Liebe,- Maße schließt sich sein Umriß und
sagen Sie.. Sie heben mich..?« Und die Stimme der Frau antwortete stiller, aber
sie stieg wieder während der Worte an und zerriß: »Ich? oh .. vielleicht, das heißt gewinnt einen hellen Saum wie Men¬
DRITTER- nein,, .nein ich weiß nicht.« Und Demeter hörte noch einmal den Mann sprechen:
»So hören Sie, Viktoria, wenn Sie Sich weigern, reise ich heute ab, morgen habe ich
schen vor einem Abendhimmel. Henri
BAND mein Leben weggeworfen, wenn Sie Sich weigern. Sie wissen, wrie dies in dem letzten wir uns umwenden, sehen wir ihn so
Jahr nur mehr an Ihnen hing. Ich weiß, daß Sie mich lieben, morgen werden vielleicht
auch Sie es wissen: ich frage Sie noch einmal, können Sie?« — Darauf trat eine auf einer uns fernen Hügelkette auf
kleine Stille ein und dann hörte Demeter »nein!« sagen und »nein!!« — zweimal und ab gehn, immer das gleiche Stück
wie mit der Peitsche oder wie ein besinnungsloses Sichfe^fklammern — und dann
noch einmal nein, — leiser, zusammengesunken und wie ein Schmerz über Wehtun. hin und wieder zurück, mit einer fast
Demeter Nagy pfiff, als er nichts mehr horte, halblaut durch die Zähne, wie er dies
in schwierigen Situationen seit seiner Knabenzeit zu tun pflegte, in deren Geschichten unverständlichen Unermüdlichkeit,
zwischen Indianern und Pfadfindern ihm dieses Zeichen tapferer Kaltblütigkeit zum aber mit jenem hellen, hellen Saum
erstenmal erstrebenswert erschienen war, dann klappte er mit den Absäfeen zu¬
sammen, zog seinen Schnurbart in die Höhe, schüttelte abermals den Kopf und gezeichnet. Seine Höhen heißen die
lächelte. Es ging ihm, wie es auch andern geht, wenn sie plöfelich zwei Seelen mit
blutigen Eingeweiden ineinander verschlungen sehen. Denn mag es sich um ein
Hügel der Güte und liegen uns immer¬
lefetes Auseinanderreißen handeln oder um ein erstes Sichineinanderstürzen, um ein hin neunzehnhundertundacht Jahre
MÜNCHEN igo 8 belauschtes Liebespaar oder um eines sterbenden Menschen schamlos vergessenes
sich Stemmen und Klemmen, keiner weiß warum, aber man liebt nicht, daran er¬ näher als die letzten des gleichen Na¬
HANS VON WEBERWERLAG innert zu werden, daß die äußersten Heimlichkeiten des Leides und der Lu^f, die
man als die tiefsten Erregungen des eigenen Wesens ahnt, den einen ohne Unter¬
mens. Er verläßt sie niemals mehr und
schied gegen den anderen treffen,- man fühlt das wie einen Eingriff, w ie ein Zunahe- betreibt dort eine kleine Apotheke:
14 105 Tamar-Grillon um einen linden, be¬
schwingenden Stuhl zu erzeugen, Ab¬
sud vom Lebensbaum für kleine Mäd¬
4 chen, die in Verlegenheit geraten sind,
Blumen für Melancholiker, kleine,
primitive Stundengläser für allzu Lu¬
stige; er heilt die Seele mit hundert
Kniebeugen und den Körper durch
Zuspruch; er nennt das Lebensener¬
gien wecken. Am gröjsten ist er, wenn
er ausgelacht wird. Wenn ein Mädel
zu ihm sagt: «Sei lieb, Peter, der Ba¬
ron will heut nacht zu der Paula kom¬
men. leg dich für das einemal ins
Dienstbotenzimmer», dann geht Peter
wie der weise, gütige Elefant, wie der
ernste, nachdenkliche Tapir zu der
wunderschönen, edlen Magd und legt
sich ins Gesindebett. < Herrn es dir nur
genützt hat,» sagt er am nächsten
Mittag zu Paula. Sagt aber eine:
«Fahr ab, Peter! ein Waschlappen
bist und kein Mann!» — so rafft er still
seine Weichteile zusammen, erhebt
noch einmal den Blick und geht. Geht
und stolfjert bald wieder über sein
Seelengekröse, schleift es, hört ein Ge¬
lächter, faßt mit einer geduldigen Be¬
wegung wieder an sich und schreitet
4
weiter. Schreitet erhaben, traurig
Erstdruck der No¬
velle «Das ver¬ und lächerlich, legendenhaft und mit
zauberte Haus» in einem Gesicht ganz ähnlich dem uns-
der Zeitschrift rigen, ... ein Christus mit einem
«Hyperion» Hornkneifer.1,1
\ I.KI INK .1 MGEN
150
^^Z^CrjUc'A ^
Die Uerwirrungen
des Zöglings törlejj
t-L-l i A-Zt^C / iXc Ä-v 'fct/t^<)X
t££\+n —y/j ),
151
\ i:>\ )')|\i IM'I \
152
j p0) I Fa rte Loferer gfcintorge.
D ie Niederschrift der Vereinigun¬
gen» nannte Musil ein zweieinhalb¬
* CcLniMt-Ss^ieyev' r<l”-«•
t2050 “•> twij. d. L' & 0. a. y,'"<
jähriges verzweifeltes Arbeiten, wäh¬
renddessen er sich -u nichts anderem
I /-/. Zeit gönnte. Das heißt, er nahm seine
i v Manuskripte wohl auch mit in den
Urlaub — so nach Lofer im Sommer
1909. «Die Vollendung der Liebe»
\ jr*1* . und «Die Versuchung der stillen Ve¬
^oc^>y^ is o-v-v.^&77t/\oL
ronika» absorbierten ihn so, daß er
kein Tagebuch führte, nichts an äu¬
W~ra- ßeren Eindrücken festhielt. Aller¬
1£ A* . /»^U^jn < ■
dings:
Noch an seinem letzten Geburtstag,
tSlsirfrtEcrf //*-
am 6. November 1941, erinnerte sich
1~CC4sC4 tflti
Musil an eine Szene mit Martha aus
jenem Sommer:
153
\ KRKIMU N<.1 \
154
»
155
\ I RKINICl \(.l \
bj» A, ?
C£ . tu‘4^w A. lunf+UA J
i>v-T^
K^.'lC.'W >44 } |C> y /«^4. ^?» ZZ h%m^ 4/ A.V oW
> /* ~ //' •v *■ fh? ^ -fy ^Vyl-*0 A^.'Z404f**-* H..V ^*4^» /tZ V 40^4^44. *’**'] ~
«7- / (T'
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'UA. tf , ^ ^11,
- ****//*'/U Al
***/'/Ua
. 4 . 1+-++ ^ J,' 4
c- <
rV1”*' • fUL*'Yf*ßtyh ** • ■s'crrf'Jtß'
1* i* *j ***-*/ \ » ^v"
J^jä 4v-z tZ. y^y f -u~rÄ+Y’ ■ H4. fß+tr
ili nde Januar/Anfang Februar 1910 hy >ß{ fr-rfr^l N ftfi., ¥*. u fv^oj,
hielten sich Robert und Martha wegen Ouß fuk/fij,444 ^ fr"'.
Scheidungsangelegenheiten wieder in L*. A,' ‘ /h-i^Xh-
Roin auf. Nachdem eine gütliche I4-4« C)Lf 04 K/it+i f **-« y^~ *4,/A*»"'
156
uns seine Tücke vielleicht überrum¬
pelt. - (Dazu müssen Sie aber erst die
näheren Umstände wissen)
Immerhin ist die Situation recht
schwierig, der Prozeß durch Neben¬
umstände unglaublich verwickelt;
wir haben in der kurzen Zeit furcht¬
bar viel zu tun. Wir reisen sobald wir
fertig sind, vermutlich in 3 bis 4 Ta¬
gen direkt nach Berlin, es tut uns sehr
leid dadurch um das Vergnügen zu
kommen, Frl. G. zu sehen.
Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn
Sie mir dann ein wenig helfen wür¬
den. denn E. dürfte nicht so rasch von
Berlin fortgehen; vielleicht könnten
Sie jetzt schon durch einen Zufall er¬
fahren, wo er wohnt; aber bitte größte
Vorsicht, er ist, nach allem was ich
hier gehört habe, ungeheuer mißtrau¬
isch und gefährlich. Auch ist die Si¬
tuation noch nicht so geklärt, daß wir
für das Heitere bestimmte Beschlüsse
fassen konnten. Der seinerzeitige Ver¬
führungsplan ist gegenstandslos, wir
arbeiten hier mit Dedektiv und hoffen
auf Resultat.
Erinnern Sie sich seiner Photogra¬
phie? Er trägt jetzt einen kleinen
Spitzbart. Hauptsächliche ( harakte-
ristika: 1,75 groß, sehr stark,
schwarz stark meliert, kleiner Ihriter-
kopf und im Verhältnis grojses Ge¬
sicht, Tenorgang.
Auf Wiedersehen, allzu fröhlich
scheint es nicht zu werden.
2 Mit herzlichen Grüßen Ihr
Enrico Marcovaldi Musil1
\ I RI INKil VI N
15«
Berliner Leitung
JAK-Mittaas
u»«t 100 Raufet gcrgfM«|l; bie Xireftrr C*m ren bet S1 e b c e b e u 11 4 e» ©iimncit 104.fi >100« ^arpentt 199,00 199.67 toe-um l'uir. wo et am iiebenlen Tage noA
feinet llebertuhtung oon ©toftfict 3A">bl«
Robert Musil unumgänglich. Der Vä¬
Ganata 101.25,191.7* «L’g. G.-0. 2*412 2*4.25
Job! bet C 111 n u f e n e n iU f 181 fl t« 5. ©on* in wie uni ci« ©iioafletegiamm «leitet, et- ©»nn'olo. —I —,- SAu.tert 166.25 18*, <i opecieii luiitbe. M fo*®»*- *'n«
?» abet ta» Ga**et »egi «u »allen b.-.' twi.
b c flt.'Bie Ocfa.it alt betätigt,
franft Cr labt fub rnUu'-g mdt mehr eeciirbmc«
»ot bar ton tlntrt'ud .iug»rt>irr «rllarl rt In brr-
Rlilleimrer —|
Wtilficnal 133.37 —
S.u (’a!*fe
J.Uehtriei
258.12 259,25
l*5.5u l*5.5u
roliuaiibige ©cfeinguug bet ttftanfien Xatm- ter dachte an eine Stellung in Wien —
jieUen ni.t'l ungluh fet. eifonnle auA ben b6»-
«.! .-r-ir'ojnni laft r. fen ©e nehmnn-jeu ;ut<cil ♦«Ui 147.50. liIiflt.Ur.t 1T0.5U 176 62
m#l mehr (rlaen l.-nne — Ta# Bufftdl.MltinilginO bi4t|^.S 19?. 75 189,87 CruihSi'i", 182.50 1*2,87 artigen 0 waHer Ni fltanfheit. tnifAlofi UA
j,-bo.ii \u eines Cpctaiwu. um ffaing »emgffeng
der Sohn wollte lieber in Berlin blei¬
Der KorruptlonstwnD rn wieJecbrutideB thi»f. Rai »eg in Tetlmuub.
not: te*‘<>i Bttinfgen ta< ffoafnitrcrtahieii tW'iut fut eniii. 8c" ßrlciAietuiig gu oetfAafftij.
ber IDalbrenrüfler. 9t*.
i**. t:i!t etnen S*«*3**trl,f|* fl,; T‘e Uilruilm" » m m ©o»f reu l? Seltuv.-irtär.. ft Wrtibt ÄBtnj fuwehl n!» auA ben und erwog die Gründung einer
(eigene t Stobfbtti Al.l «eie reu einn ji t.mi.rvi-uju dbirhrn <-11: x ben wahren Cfhntafiet br»
; EeMmai • . *'«:»>. 1 .,-.11« U AI unten »lei. llnb ba fein fub-
Oeieetbnrg. ff. arpttmbt:.
©«■bare. ■ !» <©crunmclbtiI4t.l *offe#
v.v'0-'Aihm ;.fci‘fii» v. .. -aa*i-
I».'lu|ji:,tl •" 1«*.« al. A. I • i-., f • rjtn Iid' tfltfuAliift Ul bet eigenen Zeitschrift «Das Pasquill»
»ft ti jeM le*u Tag. *K»r ><••; fü un.
4«r» 5mui Cnuel xi Een «4.1. hi legt R in IM Mül v RpffR .. - SW . ! m.‘»!c ci ji^fli ©tajelle
g.'Kenen>#->ea T;t»«t»K Migf.vti «r»r-
b.« f-re* tt Vr eleu ■« T 1TI • r n r n
II.“ trtl »fl. »IV. M »ci 4C.I&. t'fl C
e.4«rtr«, • '• um liil'UhC f.ef’tmatti .
1 I .* •«-: 1 :.r.
wmti rc.-:-r. Atensj Sf->r. :
: .lufurft. in bei Oeüfn lieber-
j I.m; ; >15 poUfmnbifl ornrft« gu ft-n.
oder einen Kritiker-Posten beüu
M-Oubij: »nb. ben Xitviintunern «»•äs«#»tftt KuVni • fltttui.i I. ViiCuti »all! tliilfr« <.!«<• -• t- - -• r.-.
."Hl rtroJiiie«’ cm ll'anci. rtel an Bor» firtuta en • .1 ■ efTti'f« Sr: ■ -m) C'i X i •* '«»ritfa.fl lurtt tflOliO flüujlig;
> c-iei-M ge*':e* tot «Sem 1
i beknice ti.lla atu biaAnp.m alten
etil-
;.-e e.nerit«' 1 •» m C«»«r ll.Ct Ki I«e«-.:»i Reu-- . !•••».
"
1 i.rnijeu B'.iftcn bete-li fcnnle «ning bn» Feuilleton der «Berliner Zeitung am
in 'lanaf!• Bl»i| ll/ji. per Jfc« II*”* .. P»t
ir> St |ini •«» te bet ti» itf S »ug U.K . flau i.f-ie- . im 1 rli-ii.u . ai.f ber Semmtt'"g
lalatibnlcni.il »ut bc Pein*» ra«-*r. Tort tw'aiib flA Ht Sunhlrt geil- Mittag», deren Chefredakteur Georg
Bernhard war.
3
8. September [1910] [...] bei
Bernhard gewesen. Nichts; liebens¬
würdige Ausreden.
Ich glaube das — Lustrum heißt es
wohl—1905-1910 schließt mit einem
Defizit an erreichten Zielen ab. 1905
noch der Törless, 1910 nichts, Hien
Beamtenkarriere. Welche Hoffnun¬
gen haben sich mir als nicht realisier¬
bar erwiesen! (Martha gehört nicht in
diese Rechnung, sie ist nichts, das ich
3 gewonnen, erreicht habe, sie ist etwas
«Berliner Zeitung das ich geworden bin und das ich ge-
am Mittag» vom worden ist., davon spreche ich
8. September 1910 nicht)160
159
vi:>\ m\i m i \
i
gleichen Abend schrieb sie ihm einen
Brief. Ungefähr so: Ich bin die einzige
Frau, die Sie lieben werden. Am näch¬
sten Tag brachte er ihr den Brief zu¬
rück. Ich glaube, sie machte ihm so-
fort einen Antrag und wurde aggres¬
siv. Sie hatte von ihm das Gefühl einer
ungeheuren Reinheit. Auch bei allen
Unanständigkeiten, die sie tat, hatte
sie das Gefühl sehr reiner Hand¬
lungen,lbl
160
Dann will sie nach Griechenland.
via Venedig—Triest. In Venedig führt
sie das gleiche Leben wie in München.
Nur bemalt sie die Heinde ihres Zim¬
mers; hat dabei das Gefühl: in hun¬
dert Jahren werden die Menschen vor
diesen Zeichnungen und Aufschriften
4 stehn. Verteilt Geld usw. Löst sich ein
Casa Petrarca, Schiffsbillet. Nimmt ihre Bettdecke
Venedig, veneziani¬
und ein zu einem Turban gedrehtes
sches Domizil Alice
Tuch mit an Bord, als ihre kaiserliche
Donaths während
Ausstattung. Ihre Zimmerwirtin lockt
ihrer Psychose
sie mit der Fiktion eines Telegramms
zurück. Sie hat schon nicht mehr die
5 Kraft zu der Reise. Dann kommt die
Blick auf den Mar¬ Gondelfahrt. Im Spital wird sie sofort
kusplatz, Venedig angeschnallt....163
161
\ ERKIMCl \(.l \
162
163
\ i m iMi.i m.i \
D
x rofessor Emil Kraepelin galt zu
' seiner Zeit als einer der führenden
Psychiater Deutschlands.
Er war Schüler Wilhelm Wundts und
Begründer der Pharmakopsycholo-
gie. Er unterschied bei Psvchosen De¬
mentia praecox (Schizophrenie) und
manisch-depressives Irresein.
lf>4
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K. Psychiatrische Klinik München.
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St .i d ledig, verheiratet, verwindet, iteechieden. Kinder (davon *
A u « ajj m e E n t Ia h »u n k /«ach
Aufnahme Entlassung
i twlcr V Vhi A *> >>*-<
Das Krankenblatt der Psychiatri-
schen Klinik München für Alice Do¬
K r ii 11 c h k 911 /fa'Ju. iofa+t<A4it C/ßso/Zti, fZn* /■■+
> */ nath vom 20. Mai bis •+. August 1910
\ n il e r e Ursachen enthält die Diagnose: Manisch-de¬
pressives Irresein.
Unter der Rubrik «Vorgeschichte. Be¬
fund bei Aufnahme und Verlauf» ist
festgehalten:
«Als Kind von 10 Jahren von einem
Schulknaben manuell mißbraucht.
Darauf führt P. [atientin ] die Entste¬
hung ihrer nervösen Symptome zu¬
rück. Unverträglichkeit mit Mutter
Abneigung gegen Fleischnahrung.
Mit 19 Jahren: Tendenz zum Fortlau¬
fen, Fügenhaftigkeit, Nahrungsver¬
weigerung mit kleinlicher Nahrungs¬
Anatomteche Diagnose Foremiecb
aufnahme. Mit 22 Jahren Heirat:
Keine sexuelle Befriedigung bei sinn¬
licher Veranlagung infolge Vaginis¬
mus, Zuneigung zu fremden Män¬
3
nern.
Abneigung gegen Ehemann. In den
letzten 2 Jahren musikalische] Stu¬
dien (Staatsprüfung). Aß nicht viel
um denken zu können. Entwicklung
allgemeiner Nervosität (schlechter
Schlaf, Reizbarkeit, vertrug keinen
Widerspruch mehr) glaubte homo¬
sexuell zu sein, ihre ganze Umgebung
sei homosexuell. Geld sei Ursprung
alles Bösen, verteilte unsinnige Trink¬
gelder. Behauptete, sie könne den
Teufel austreiben. Religiöse abenteu¬
erliche Vorstellungen. Weinkrämpfe.
Sehr empfindsam, geistig sehr rege.
Ausgesprochener Rededrang, geho¬
bene Stimmung. Produktion aben¬
teuerlich-phantastischer Vorstellun¬
gen über Homosexualität und deren
Beziehung zu Christus und Maria.
Teufelsbesessenheit, Vegetarismus.
Erhöhte Ablenkbarkeit, übertrieben
ausdrucksvolle Mimik. Mangel des
Gefühls für Dezenz. Neigung zu idea¬
listisch) = «mystisch) = «symboli¬
schen) Tendenzen. Stimmung leicht
erotisch gefärbt.
3
Krankenblatt der Rachenreflex fehlt. Tachykardie. Im
Psychiatrischen Bad sehr erregt, spricht nackt über
Klinik München für die Schönheit des Leibes.
Alice Donath 2. VI. ruhiger.»
165
\ I REINlGl NCI N
106
C^a. Oktober—November 1910 hiel¬
ten sich Robert und Martha wegen der
Scheidung noch einmal in Budapest
auf. Anschließend fuhren sie per
Bahn nach Fiume und von dort per
Dampfer nach Ancona.
167
\ n\ m\rm i \
168
I^obert und Martha Musil blieben
bis zum 21. Dezember 1910 in Rom.
waren am 22. und 23. Dezember in
Florenz, trafen dort mit Familie Blei
zusammen, waren den 24. Dezember
auf der Eisenbahn und trafen am 25.
Dezember 1910 in Wien ein, wo sie in
der Pension Seleschan abstiegen.
Wahrscheinlich sah Musil bei seinem
Florenzer Aufenthalt Michelangelos
Mediceer-Grab. Er spielte später in
seiner Novelle «Grigia» darauf an:
169
\ ERKINICl NGLN
170
'
171
\ i:>\ i )i\i im i \
172
3
173
\ KRKINICl N(.l \
174
In einer Anzeige im Anhang der
zweiten Auflage des «Törleß». deren
Text wahrscheinlich von Musil selbst
stammt, heißt es über die «Vereini¬
gungen»:
«Mit den beiden Novellen: <Die Voll¬
endung der Liebe> und <Die Versu¬
chung der stillen Veronika> tritt
der Dichter der Verwirrungen des
Zöglings Törleß> [...] mit seinem
zweiten Werk vor das Publikum.
Die Eigenart dieses neuen Erzählers,
sein erstaunliches Eindringen in die
Dämmerung der Seele, kommt in der
knappen Form der Novellen noch
schlagender zur Geltung als in seinem
ersten Werk. [...]
In der (Vollendung der Liebe> wird
erzählt, wie eine Frau ihrem Manne
untreu wird. Es ereignet sich nichts,
die Untreue ist von allem Anfang an
dagewesen. Die Erzählung beginnt
mit einer Liebesszene von überreicher
Schönheit und endet, ohne daß sich
etwas ändert, mit der Untreue — als
mit einer — Steigerung der Liebe. Es
wird nur die Untreue entfaltet, die in
dieser Liebe liegt, als ihre letzte, am
spätesten erblühende Frucht. — Nicht
das Ereignis — obgleich es mit einer
2 3
minutiösen Psychologie aufgebaut ist
— ist es, was Sinn und Wert des Er¬
zählten bestimmt, sondern die Ein¬
heit scheinbar getrennter Gefühlsbe¬
zirke, die hier zum erstenmal erwie¬
sen wird.
In der zweiten Novelle <Die Ver¬
suchung der stillen Veronika» ist das
Wagnis unternommen, den Zusam¬
menhang zwischen der Liebe zu ei¬
nem weichen, entselbsteten, fast prie-
sterlichen Menschen und der seltsam
atavistischen, aus der Kindheit her¬
stammenden und ängstlich abscheu¬
vollen Neigung zu einem Tier zu ge¬
stalten. Man sieht drei Menschen, ein
Mädchen und seine zwei Vettern, in
einem einsamen alten Hause neben¬
einander leben. Das Ganze wie aus
einem Nebel in größere Klarheit
2 rückend und wieder verschwimmend.
Erstausgabe der Dazwischen ein Sichnühern dem ei¬
«Vereinigungen» nen, ein Loslassen und Wiederver-
bei Georg Müller, sinken. Dahinter das eigentliche
München 1911 Schicksal, die Angst vor einem
Tier [...]
Das Ganze jenseits alles Krankhaften
3
und fast an jener Grenze, wo Gefühl,
Zweite Ausgabe
des «Törleß» bei Instinkt und Erlebnis zu einer nur
Georg Müller, ahnungsweise zu empfindenden Ur-
München 1911 einheit sich wiederfinden. —»
17!
c
Opatesten- im Juni 1911 werden
Mu-il- Vereinigungen erschienen
sein. Schon die ersten brieflichen Äu¬
ßerungen des Freundeskrei-c- -igna-
h-ierten \brbehalte gegen ilire kom¬
plizierte Metaphorik.
4
Friedrich Hölderlin
(1770-1843)
5
Friedrich Hebbel
(1813-63)
6
Hendrik Antoon
Lorentz (1853-1928)
erforschte die elektri¬
schen und optischen
Erscheinungen in
bewegten Körpern.
Nobelpreis
für Physik 1902
7
Die Reaktion der Kritik auf die
Hermann Minkowski
«Vereinigungen» enttäuschte Musil.
(1864-1909) schuf
Vor allem sein Mentor Kerr schwieg
die mathemati¬
schen Grundlagen und kommentierte später: «Musils
derspeziellen <Mittelstück> (nach dem <Törleß>) war
Relativitätstheorie nicht sein Bestes.»18
An der literarischen Tradition gemes¬
sen und auf sie festgelegt zu werden,
8 dieses Verfahren der Kritik beant¬
Albert Einstein
wortete Musil mit einer Trotzhand-
(1879-1955) be¬
lung:
gründete mit seiner
Abhandlung «Zur
Nicht vom Goethe, Hebbel. Höldeh
Elektrodynamik
bewegter Körper» Hn werden wir lernen. sondern ron
die spezielle Mach. Lorentz. Einstein. Minkowski
Relativitätstheorie [...]183
177
VEREINIG! NCKN
» ttrrrSra tzr~x, sc= frse rataa Ln^e- *r r*-r ir..: f..v T.r^r. .
ri£ Trf _ ; crüiir^r. m =r.; f>± \rr rcc Er L-" •vi'faa.ya -ei *>. - -r-~r. ii.'.r-r.
;-- licr-in; .. xzt iz<± U| Ka£ ic ilcr, Mit "Vn WvmizfiR naa Ludea
3» '! Irr, ta cIbkcc irr sei rrer Anne zirL. :-\ >r i. __ rr_
matri^E Ir er Frauen a»i VLi-i r^n
.-: — :■<— tumfH*, ■'—-^r-*r- Hel, :ö I-
vii- L>" — r_ '■!. --
;e:r- :■> :>trrr, ;.—rrrr es @te*. nr-ir
Lrfat an <i*n < ^-» Farhr m Vr r iat
:r ::-- : ■ :-- Ir* I:-. - ~ : - -•-• ’i na r."- laria tmiKL cu±n
~.:rrrr.!- r ;r mmt rar-* ~A^t, ra^fc i.t" .rtrr. oi t* ^ >r-c r- rm t-
=cse ® frrgr-gr: nr ildtr täte, ann h» rr M-i-r-- xs "■>• ams-r-n j.±r*-
2
■d «rriir nur fr> -h m dm le&M.
*~v»
f_ . nmitteibar na< h \eröffenlli-
2 3 chung der <Vwmi(!un)ien> begann
Musil di<- Arbeit an einem Drama. das
zunächst «Die Anarchisten» heißt
und spater den fite! «Die Schwär¬
mer» trägt. Schon iri den ersten Ent¬
würfen sind die spateren Figuren zu
erkennen: I hotnas. Anseirn. Regine.
Maria. Josef. I>i«- Namen wechseln zu
Beginn noch häufiger, auch sind den
Vornamen noch Nachnamen beigege¬
ben ä la I hornas Gentebrück, Anseirn
Mornas. Josef Greil.
Thomas Centebrück und Anselm
Mornas scheinen Spiegelungen Musils
seihst, wobei an Anselm Mornas auch
Züge des «Poseurs» Johannes von Al¬
leseh kaum zu übersehen sind.
Die weibliche Hauptfigur, die ab¬
wechselnd l.isa oder Fanny heißt, bis
sich der Name Begine stabilisiert, ver¬
eint Zuge Martha Musils und Alice
Donaths. So heißt es in einem Ent¬
wurf für die 1. Szene gleichzeitig:
Lisa hat Art gut. Hus für eine Angst:''
Angst vor dem Irrenhaust'.
Und in Anspielung auf Fritz Alexan¬
der. Marthas ersten Gatten:
Sie erzählt [... J von ihrem ersten
Murin usw.IK'’
I KO
M r .Ii• ••
m -KV- •fravv
I •. ;-
i V- /’.ir n ’iv
.1 • • • . »- • f, f. . WI,.--
nii>-
ixnrjr-wlML-A -n •ri.T'r.
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■Jf'ffV—-A- UWHkTK^IW'- ?
V' < ' ’,»/ Utrt'U 'u^.on
‘■vlt utuUir’.’t U>rn <u r /r. »y/x« -
jPHiW uu' Uu- tir nrurt a h
r,*ztvr. vir .j/> u:i ■*rrsnu<2*n ■>-■
nacxtei. .»** mftm jhjiu^ u,:rz-
foelt. JWfuatuin .! rir:n . j.
oV*s»* ’j/y/»T7y»r//f»
uü. D*r ivrruu. urr mm mutt » xa-
Uziii. mnitvm *s xf --- »?//._
mr me*st teiuet ’ tzr au *"■
unsstmiarm nnntuuir. 1k sm^n-
o*sr meleuen oprnxspr jptuioU. tu.
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zäun* uurt immun -rt
ÜHt u<ewr uunirrn. um
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trrjt; iw'» .'i'»T-nrtmv-l pr***l, >4»
M V>«*iÄmv » w->»
IM GLASHAUS
e
^ ly r. Otto Pötzl vertrat als Schüler
Prof. Vi agner-Jaureggs die klassische
_ Wiener Psychiatrie, war aber auch an
der experimentellen Überprüfung der
— Freudschen Theorien interessiert.
Er wurde von Musil wohl ab Ende
Januar 1913 konsultiert. Pötzl stellte
i «Erscheinungen einer schweren
Merzneurose» fest:
! »Anfälle von Herzklopfen mit jagen¬
dem Puls, Palpitationen beim Ein¬
schlafen, Verdauungsstörungen ver¬
bunden mit den entsprechenden
psychischen Erscheinungen: De-
pressionszuständen und hochgradige
körperliche und psychische Ermüd¬
barkeit. »1<,J
Pötzl beantragte deshalb am 3. April
1913 einen sechswöchigen Erho¬
lungsurlaub und am 28. Juli gar eine
sechsmonatige Sistierung der Berufs¬
tätigkeit, die gewährt wurden.
1
D ie vom Arzt diagnostizierten
Vorlesung Prof.
Symptome Musils legen nahe, daß Wagner-Jaureggs
ihm seine Wiener Bibliothekarsexi¬ in der psychiatri¬
stenz <im Magen lag». Er versuchte schen Klinik Wien
sich deshalb wieder stärker auf Berlin
zu orientieren, wo Franz Blei für ihn
die Mitarbeit an S. Fischers «Neuer 2
Rundschau» und Aufführungsmög¬ Dr. Otto Pötzl
(1877-1962), Schü¬
lichkeiten für die entstehenden
ler Prof. Wagner-
«Schwärmer» sondierte. Im Mai 1913
Jaureggs und Assi¬
fuhr Musil deshalb nach Berlin, traf
stent an der psych¬
Blei und lernte durch ihn Max S. 1. \,-r iatrischen Klinik
kennen. Wien
184
Max Scheler: Feuriger Katheder
hengst, die sonderbarsten Gefühle
sprühen ihm aus den Küstern. Aber
doch ein großer Reichtum des (mit
verschiedener Intensität) Durchdach-
185
IM GIASHAl
l«t)
M usils Entwurf «Der Mann ohne
Gefühl» liefert Indizien, die Bezie¬
hung zu Ida Roland sei im Juni 1913
nicht bloß platonisch gewesen:
187
s,
IM CLXSHAl
------
nung mit den alten Kollegen Hornbo¬ EINE MONATSCHRIFT
stel und Wertheimer, er habe «ein
No. 7.
bißchen I leim weh ■ nach der Psycho¬
logie bekommen.
1B»
Ganglion semilunare
189
/Viilan" April 1913 schrieb Franz
Blei an den Verleger Kurt Wolff:
— «Vielleicht interessiert Sie. daß Mu¬
sils Contract mit Georg Müller dem-
— nächst abläuft und Musil ihn nicht
mehr erneuern will. Fischer will ihn
haben, aber M.[usil] will seine ilm
ruinierende Stellung als Bibliothekar
der Technik aufgeben und verlangt
für seine Arbeiten deshalb ein monat¬
liches Fixum [...] Fr arbeitet an ei¬
nem famosen Roman und an einem
Stück, das Barnowsky sehr im Auge
hat als zweites Stück nach seiner
Eröffnung mit Feer Gynt.
M. usili bat erst den ersten Akt fertig
und braucht dafür den bibliothekslo¬
sen Sommer.»202
Auf Grund des Krankenurlaubs hatte
Musil den bibliothekslosen Sommer
und hielt sich ab ca. 10. August in
Zermatt (vermutlich Hotel Seiler)
auf. Die Zermatter Eindrücke tau¬
chen auf in einem nachgelassenen
Prosatext «Lieber Pan —!».
190
moderne Seele zu ihrem Behagen
rechnet {...] Eine Hall, in deren Ka¬
min Holzscheite zündeln, eine II iener
Kapelle, Münchner Bierhalle und
American Bar, draußen den Tennis¬
platz, das Kegelspiel und eine ( hurch
für die Amerikaner, wo sie ihren lie¬
ben Gott wie zum Tee empfangen.1" '
23. August[1913].
Lavarone: Der Herbst kommt durch
die Luft, bleibt etwas an den Bäumen
hängen. Fahrt Caldonazzo—Lavaro¬
ne: Baumgruppen m der Sonne:
dunkle zusammenhängende Schatten
hingetuscht, darüber und weitergrei¬
fend hellere wie lasiert. Das Ganze
unregelmäßig gefleckt wie man einen
Pinsel auf dem Papier ausdrückt.
Großer, alter, unbequemer Hagen;
hochrädrig, bräunlichweiße Polste¬
rung. Die Straße führt durch ein aus-
getrocknetes schottriges Flußbett als
Furt hindurch. Dann in sehr engen
Windungen an sehr steilem Abhang
hinan.20*
191
pUJ! «i *■-- -
CVjfflnX r Piazza J)ante. vv v K'
192
In Porto cTAnzio am Tyrrhenischen
Meer, etwa 60 Kilometer von Rom,
hielten sich Robert und Martha Musil
von ca. Ende August bis etwa 20. Sep¬
tember 1913 auf. Eindrücke dieses
Aufenthalts in der kleinen Hafenstadt
verarbeitete Musil in dem Kapitel-
Entwurf «Die Reise ins Paradies>, auf
der die Geschwister Anders und Aga¬
the Inzest begehen.
v 'on
TOB Porto d’Anzio besuchte Musil
den Monte Circeo, der nur ca. 10 Ki¬
lometer entfernt ist. Der Name des
Berges leitet sich von der mythischen
Zauberin Kirke ab, die einst Odysseus
beherbergt haben soll.
193
Ix i>f:k Hfjde bei Rom. Sie hatti. \ die
I\IIS\T)
und Fanatiker.
Ihre Lippen, wenn sie über dem kur¬
zen. spärlichen Gras suchten, zitter¬
ten nervös und stäubten den Ton ei¬
ner erregten Metallsaite in die Erde.
Schlossen sich ihre Stimmen zum
Chor, so klang es wie das klagende
Gebet der Prälaten im Dom. Sangen
aber ihrer viele, so bildeten sie einen
Männer-, Frauen- und Kinderchor. In
sanften Rundungen hoben und senk¬
ten sie die Stimmen; wie ein Wander-
zug im Dunkel war es, den in jeder
zweiten Sekunde das Licht traf, und
es standen dann die Stimmen der Kin¬
der auf einem immer wiederkehren¬
den Hügel, während die Männer das
Tal durchschritten. Tausendmal
schneller rollten Tag und Nacht
durch ihren Gesang und trieben die
Erde dem Ende entgegen. Manchmal
warf sich eine einzelne Stimme empor
oder stürzte hinab in die Angst der
Verdammnis. In den weißen Ringeln
ihrer Haare wiederholten sich die
Holken des Himmels. Es sind uralte
katholische Tiere, religiöse Begleiter
des Menschen.
Noch einmal im Süden: Der Mensch
ist zwischen ihnen doppelt so groß als
sonst und ragt wie der spitze Turm
einer Kirche gegen Himmel. Unter un¬
seren Füßen war die Erde braun, und
das Gras wie eingekratzte graugrüne
Striche. [...]
Überall: Schafe sind ängstlich und
blöd, wenn der Mensch naht; sie ha¬
ben Schläge und Steinwürfe des
Übermuts kennengelernt. Aber wenn
er ruhig stehenbleibt und in die Weite
starrt, vergessen sie ihn. Sie stecken
dann die Köpfe zusammen und bil¬
den, zehn oder fünfzehn, einen Strah¬
lenkreis, mit dem großen, lastenden
Mittelpunkt der Köpfe und den an¬
dersfarbigen Strahlen der Rücken.
Die Schädeldecken pressen sie fest ge¬
geneinander. So stehen sie, und das
Rad, das sie bilden, regt sich stunden¬
lang nicht. Sie scheinen nichts fühlen
zu wollen als den Wind und die Son¬
ne, und zwischen ihren Stirnen den
Sekundenschlag der Unendlichkeit,
der im Blut pocht und sich von einem
Kopf zum andern mitteilt wie das ]
Klopfen von Gefangenen an Gefäng- Schafe in der
• 210
nismauern. Campagna
l‘H
195
- 1MIS\ I!) I\l
196
Irgendwo hinten am Pincio, oder
schon in Villa Borghese, ruhen zwei
Sarkophagdeckel aus unedlem Stein
zwischen den Büschen im Freien. Sie
stellen keine Kostbarkeit dar, sie lie¬
gen umher. Lang hingestreckt lagert
auf ihnen das Ehepaar, das sich einst
zum letzten Andenken hat abbilden
lassen. Man sieht viele solcher Sarko¬
phagdeckel in Rom; aber in keinem
Museum und in keiner Kirche machen
sie solchen Eindruck wie hier unter
den Bäumen, wo sich die Figuren wie
auf einer Landpartie ausgestreckt
haben und eben aus einem kleinen
Schlaf erwacht zu sein scheinen, der
zweitausend Jahre gewährt hat.
Sie haben sich auf den Ellbogen ge¬
stützt und sehen einander an. Es fehlt
nur der Korb mit Käse, Früchten und
Wein zwischen ihnen.
Die Frau trägt eine Frisur mit kleinen
Locken, — gleich wird sie sie ordnen,
nach der letzten Mode vor dem Ein¬
schlafen. Und sie lächeln einander
an; lang, sehr lang. Du siehst weg:
und noch immer tun sie es ohne Ende.
Dieser treue, brave, bürgerliche, ver¬
liebte Blick hat die Jahrhunderte
überstanden; er ist im alten Rom aus¬
gesandt worden und kreuzt heute
dein Auge.
Wundere dich nicht darüber, daß er
vor dir andauert; daß sie nicht wegse¬
2 hen oder die Augen senken: sie wer¬
Römischer Sarkophag den nicht steinern dadurch, sondern
auf dem Pincio, Rom menschlich,2U
197
I\l CLASIIM
198
Rand entlang und schiebt die Woge
von Entsetzen vor sich her. Da erhe¬
ben sich die kleinen schwarzen Ge¬
sichter und werfen die Arme in die
Höhe und strecken die Handflächen
abwehrend vor den bösen fremden
Blick, der vom Rande herabsieht. Und
allmählich heftet dieser Blick sich an
einem fest [...] Dann nagelt der lange
gleichgültige Blick den zufälligen ei¬
nen an; und nun wird es ganz unmög¬
lich., sich so zu beherrschen, daß man
weder zuviel noch zuwenig Angst
zeigt: und von Augenblick zu Augen¬
blick wächst die Verfehlung an, wäh¬
rend sich ruhig eine Seele in eine an¬
dere bohrt, bis der Haß da ist, und der
Sprung losschnellen kann, und ein
Geschöpf ohne Halt und Scham unter
Peinigungen wimmert. Mit befreitem
Geschrei rasen da die anderen aus¬
einander, den Graben entlang; sie
flackern lichtlos durcheinander wie
die besessenen Seelen im Fegefeuer,
und sammeln sich freudig schnat¬
ternd an der entferntesten Stelle.2' ’
199
IM (.I.\—l I VI
200
M usils Besuch im Irrenhaus fand
Anfang Oktober 1913 statt. Seine
umfangreichen Tagebuch-Notizen
dienten dun als Material für die Irren¬
haus-Kapitel bzw. -Kapitelentwürfe
im «Mann ohne Eigenschaften :
201
vierzig-fünf zig Typhuskranke in ei-
T nein Kaum zu sehn. Gut genährt !man
— gibt ihnen viel zu essen. Gries, Huhn:
keine Medikamente, nur Kompressen,
— wenn Temperatur 38°, kühle Bäder,
wenn 39*) nur so ein bischen fieber-
glänzende Ilaut. /labet wird der F uß-
boden alle Stunden mit Karbol aufge¬
wischt. wir reinigen unsre Schuhe auf
einem Karbolteppich und geben vor¬
sichtig acht, nirgends anzustreifen.
Stärkster Eindruck: Tuberkulöse in
den letzten Lebensnächten. Sie schla¬
fen aufgerichtet mit fünf sechs Kis¬
sen, die langen Hände ausgestreckt
auf der Decke. Die langen, dünnen
Hälse wie gereckt. Der untere Teil des
Gesichts ganz eingegangen, so daß
die Köpfe wie ein Dreieck aussehri, in
dem die Augen glänzen, wenn sie auf-
sehn, und mit griinweißer oder gelb-
weißer Haut. Sie sterben entweder,
indem sie ganz rasch und klein zu
atmen beginnen (verflackerndes
Licht) oder sie fallen nach einem be¬
sonders starken Bluterbrechen vor
Erschöpfung in Agonie, oder sie ster¬
ben an einem Blutaustritt ins Gehirn
udgL Sie sehn eigentlich aus wie
Träumer. Hie Fanatiker einer un¬
kenntlichen Angelegenheit.219
202
die bühne
){$>***
25
2
203
November [1913].- Die Farben der
Dinge sind blaß ohne schwach zu
sein. Sie sind anders, ohne daß ich
mir Rechenschaft geben kann, wie.
Bloß vorn Himmel weiß ich. daß er oft
hell blaugrau ist.
Entsetzlich: Daß du hier schwanger
warst. Deinen Leib durch diese Stra¬
ßen getragen hast. Anerkennend, daß
du mit diesem Volk lebst.
Entsetzlich auch, daß du dich nicht
geschämt hast, deinen Leib wie eine
Tafel zu tragen mit der Inschrift: ich
habe mit diesem Menschen Ge¬
schlechtsverkehr.
Von überall ist es nur ein Schritt in die
Metaphysik: ln acht Tagen wirst du
hier mir gegenübersitzen. Ich sehe
schon den Raum, den du einnehmen
wirst. Die Polsterung wird sich etwas
unter dir einsenken. Es wird alles ge¬
nau so sein, wie es jetzt schon wäre,
nur Zeit wird vergangen sein. Wir
werden im Wagen von der Bahn kom¬
men, du wirst mir die Hand drücken,
das alles wird ganz gewiß sein, ist
schon; nur die Zeit fehlt daran. Was
ist das Zeit? 221
r
VJJaetano Marcovaldi kehrte 1914
zu seinem Vater nach Rom zurück
und lebte fortan bei ihm, während
Annina, die Tochter, bei ihrer Mutter
Martha blieb. In einem nicht datier¬
ten Briefentwurf von ca. 1911 schrieb
Musil an Enrico Marcovaldi:
204
Die Rückkehr Marthas aus Wien
oder Berlin erwartend, notierte Musil
gegen Ende November 1913 im Tage¬
buch:
205
r
I j iner der wichtigsten Texte Musils,
die im Herbst 1(H3 in Hum entstan¬
den. ist sein «Politisches Bekenntnis
eines jungen Mannes», das die »Wei¬
ßen Blatter» im November 1913
druckten. Die Ahnung der kommen¬
den Katastrophe ist darin unüberseh¬
bar — Glashausgefühle.
20()
auf stillem Boden angehäuft hat, sie
werden falsch gestellte Fragen sein,
auf die es kein Ja und Nein mehr ge¬
ben soll, sobald eine Sehnsucht durch
die Welt fährt. Ich habe keinen Beweis
dafür, aber ich weiß, so wie ich war¬
ten viele.
Noch aber ist es still und wir sitzen
wie in einem Glaskäfig und traun uns
keinen Schlag zu tun, weil dabei
gleich das Ganze zersplittern könn¬
te.225
Q . . ,
kJchon im Frühjahr 1913 war Musil
aus unbekannten Gründen entschlos¬
sen, seinen Vertrag mit dem Verlag
Georg Müller nicht mehr zu verlän¬
gern. Franz Blei fühlte deshalb für
Musil bei Kurt Wolff wegen eines
monatlichen Fixums vor und winkte
mit einem Drama, den späteren
«Schwärmern», und einem «famosen
Roman». Wolff erkundigte sich dar¬
aufhin bei Franz Werfel, ob er Musil
verpflichten solle. Werfel antwor¬
tete darauf in einem undatierten
Schreiben von ca. Ende April, Anfang
Mai 1913:
«[...] natürlich sollen Sie Musil ver¬
pflichten. Aber so, daß er nicht, wie
jetzt Walser bei Fischer, einen großen
Roman wo anders erscheinen läßt
und Ihnen kleinere Bücher gibt.»220
Bei seiner Rückkehr aus Italien ver¬
handelte Musil ca. Ende Dezember
1913, Anfang Januar 1914 mit Kurt
Wolff in Leipzig. Eine Einigung kam
aber nicht zustande.
207
I\l CI \SM\l
208
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210
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Rechtsnachfolger einerseits and Herrn pr. Robert Musil in 3erlin Mitarbeit an der Redaktion der Neuen Rundschau,ein Pauschalhonorar
andererseits wurde heute folgender '-'ertrag abgeschlossen: von Fünftausend Mark p~o Jahr, zahlbar vor. 1. Februar d. J. ab,
ftp’ Pr. Robert Mus 7 tritt am 1. Februar -.ieses Jahres in von zwei Jahren.
Hauptsache die Heranziehung der jungen Rchriftsteiler-Gen»ratton, Rollte sich die Begründung einer selbständigen Zeitschrift
die Finholung und redaktionelle Richtung der Produktion Z"/t Ver¬ zur Erfüllung des hier genannten progran-s während der Dauer
öffentlichung in der Neuen Rundschau, eaentl. auch zu~ 3u"hausgabe dieses Vertrages als notwendig erweisen, ’O gilt dieser Vertrag
für den Verlag. Zu diesem Zweck wird er sich mit d»n in Frage in allen Punkten eventl. auch für die neue Zeitschrift, unter
kommenden Rchriftste11ern persönlich und schriftlich in Verbindung der Redaktion des Herrn Pr. Robert Musil.
setzen und mit der Gruppe dieser Rchriftstel7er, sowie mit dem
f 2.
**• besprechen. Während der Dauer dieses Vertrages darf Herr Pr.
( 3.
Herr Pr. Robert yUsll erh-lt für die hier genannten redaktio¬
11-1
211
IM (.1 \SH\l
M,
IVJLusil lernte Rathenau bald nach
seinem Eintreffen in Berlin kennen,
am Sonntag, den 11. Januar 1914.
Schon bei der ersten Begegnung ent¬
schloß er sich, Rathenau als Figur in
einem Roman zu verwenden:
212
sehr. Musil kritisierte in Rathenaus
Werk die Verflüchtigung des Erleb¬
nisses und die Ersetzung der Gefühls¬
mystik durch eine rationale Interpo¬
lation.
213
IM (.1 \SI I \l
214
angeboten habe, dann hätte man
gleich eine Kürzung um Vs oder aber
man druckt die ganze Geschichte,
aber noch später, als man ursprüng¬
lich wollte, also vielleicht einmal im
nächsten Jahrgang. Mit beiden Mög¬
lichkeiten bin ich vollständig und
sehr gerne einverstanden.
Ihr herzlich ergebener
[Franz Kafka]236
215
IM CI.VSIIM
21(>
/'VXA
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3 nt) a [ t
35«m<Hb Starr, Sin OMäbeptr für bi« @l«id>b«it
•&«nnan Qkng, (£ommerfriub«n. s«man
£uri« ®era greft, gicu een @t«in
^«rthclb Q?i«rt«(, Sin grp<r.mcnt. SctxOt
SJlertxrt 3iicqu««. ®übf«t
-£><rmann -£)*<Tf, 3n einer gommlung ägpptifd’er ©fulpturtn
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SbtrKn /&.JPtTc5«r/cVtrraj
217
1914-1918
DIE FLUCHT
VOR DEM FRIEDEN
1)11. III (III NOR 1)1 AI I RI 1.1)1 \
220
I J instein gehörte mit seinem Ro¬
man «Bebuquin» (1912) zu den füh¬
renden Autoren des deutschen Ex¬
pressionismus. Aber auch er wurde
wie viele andere Literaten in den
Bann des Krieges gezogen.
221
I 1.1 ( III \( )R DI AI FRIEDEN
1)11
222
\v
\
223
mi ni \
DIE II.HI II YOK 1)1 M I
224
W'IR FAHREN \ ACH PrAI) l IU IW.I I.IK. I
die Sonne; die Wälder scheinen zu
bliihri. Der Herbst glüht.
Vielleicht dreihundert Schritte über
der Straße gehen die Platzermädchen
mit der Mutter aus der Kirche.
Schwarze Gestältchen. Ich kenne sie
nicht, der andre erzählt mir; wir se¬
hen hinauf. Plötzlich winkt die eine
mit dem Arm übermütig, übermütig
zu uns herüber.
Sonderbarer Eindruck; ich weiß, die
Mädchen sind hier etwas berüchtigt,
uneheliche Kinder sind da; aber et¬
was quillt in einem Menschen auf und
herüber. eine Sympathie bricht aus.
wenn auch leichtsinnig, und Mensch¬
liches berührt dich.
Wir begegnen einer Bäuerin. Viel¬
leicht Ende dreißig, gealtert wie diese
Weiber sind. Wir sehen sie, sie uns an.
mit einemmalgrüßt sie verlegen. Es ist
sehr ergreifend in dieser leblosen,
steifen Erscheinung, so neutral wie
Großmütter, dieses Evazüglein sich
rühren zu sehn.14<>
das Landsturm-Marschbatail¬
lon um die Jahreswende 1914/15
nach Rußland abgezogen wurde,
blieb Musil als Abschnittskomman¬
dant im Grenzabschnitt Sulden-Tra-
foi zurück. Gegen Mitte Januar 1915
wurde er wegen Differenzen mit ei¬
nem pedantischen Vorgesetzten und
unter dem Vorwurf organisatorischer
Unzulänglichkeiten von seinem Po¬
sten abgelöst. Anfang Februar 1915
wurde er Adjutant von Franz Graf
Alberti de Poja, dem Kommandanten
des Landsturm-Infanteriebataillons
169 in Levico, Südtirol.
225
DU. Hi CHI Voll 1)1 M I RIKm N
226
v„, om Mai bis November 1915 bil¬
deten Pergine und seine Umgebung
das Zentrum für Musils militärische
Aktivitäten. Von Pergine aus rückte
er bei Ausbruch des Kriegs mit Italien
als Adjutant des Grenzunterab¬
schnitts Palai in das Fersental ein. Die
Eindrücke, die er in seinem Tagebuch
notierte, verarbeitete er in der Novelle
«Grigia».
99 '
Kl IUl i IVKl ll<)\ III ) TI I 11(1
2‘2<>
1)11. I 11 < III VOR 1)1 M I-RIEDEN
230
.^lun 24. August 1915 schrieb Mar¬
tha Musil (in einem nicht publizierten
Brief) an ihren Mann:
«[...] es wurde von guten Reitern er¬
zählt, daß man nie seines Pferdes si¬
cher sein kann, und deshalb — beson¬
ders wenn man allein reitet — seine
Gedanken immer beim Pferd und
Weg haben soll. Bitte Acht geben!»
231
VKIMUI.I l\ Kl HU\ I.IIWl.l
2A2
]\/[agdalene Lenzi war Musils Ge¬
liebte während seiner Stationierung
im Fersental in den Sommermonaten
1915.
233
1)11. KU ( III \<>l< 1)1 M I KlI 1)1 \
234
Dieses Schwein hatte schon ge-
schrien, als es ein einzelner bloß am
Strick führte und ihm gut zusprach,
doch weiter zu kommen. Dann schrie
es lauter, als es zwei andre Männer
erfreut auf sich zurennen sah. Er¬
bärmlich, als es bei den Ohren ge¬
packt und ohne Federlesens vor¬
wärtsgezerrt wurde. Es stemmte sich
mit den vier Beinen dagegen, aber der
Schmerz in den Ohren zog es in kur¬
zen Sprüngen vorwärts. Am andern
Ende der Brücke hatte schon einer
nach der Hacke gegriffen und schlug
es mit der Schneide gegen die Stirn.
Von diesem Augenblick an ging alles
viel mehr in Ruhe. Beide Vorderbeine
brachen gleichzeitig ein, und das
Schweinchen schrie erst wieder, als
ihm das Messer schon in der Kehle
stak; das war zwar ein gellendes, zuk-
kerides Trompeten, aber es sank
gleich zu einem Röcheln zusammen,
das nur noch wie ein pathetisches
Schnarchen war.1'*
235
1)1 K I 1.1 CIIT VOR 1)1 \l I Rll DIA
236
Es HAR DIE ÜBERALL GLEICHE ElXHE/TS
masse von Seele: Europa. Ein so un¬
bestimmtes Unbeschäftigtsein, wie es
sonst die Beschäftigung war. Sehn¬
sucht nach Heib. Kind. Behaglich¬
keit. Und zwischendurch immer von
neuem das Grammophon. Rosa, wir
fahr’n nach Lodz. Lodz. Lodz... und
Komm in meine Liebeslaube... Ein
astraler Geruch von Puder. Gaze, ein
Nebel von fernem Variete und euro¬
päischer Sexualität. Unanständige
Witze zerknallten zu Gelächter und
fingen alle immer wieder mit den Hor¬
ten an: Da ist einmal ein Jud auf der
Eisenbahn gefahren...; nur einmal
fragte einer: Wieviel Rattenschwänze
braucht man von der Erde zum
Mond? Da wurde es sogar still, und
der Major ließ Tosca spielen und sag¬
te. während das Grammophon zum
Loslegen ausholte, melancholisch:
dch habe einmal die Geraldine Far¬
rar heiraten wollen.» Dann kam ihre
Stimme aus dem Trichter in das Zim¬
mer und stieg in einen Lift. diese von
den betrunkenen Männern ange¬
staunte Frauenstimme, und schon
fuhr der Lift mit ihr wie rasend in die
Höhe, kam an kein Ziel, senkte sich
wieder, federte in der Luft, Ihre Röcke
blähten sich vor Bewegung, dieses Auf
und Nieder, dieses eine Weile lang an ¬
gepreßt Stilliegen an einen Ton, und
wieder sich Heben und Sinken, und
bei alldem dieses Verströmen, und im¬
mer doch noch von einer neuen
Zuckung Gefaßtwerden, und wieder
Ausströmen: war Wollust. Homo fühl¬
te, es war nackt jene auf alle Dinge in
2 den Städten verteilte Hollust, die sich
Grammophon- von Totschlag, Eifersucht, Geschäf¬
Konzert im Felde
ten, Automobilrennen nicht mehr un¬
terscheiden kann, — ah, es war gar
nicht mehr Hollust, es war Abenteu¬
3
Geraldine Farrar ersucht, — nein, es war nicht Abenteu¬
(1882-1967), ersucht, sondern ein aus dem Himmel
amerikanische niederfahrendes Messer, ein Würg-
Sängerin engek Engelswahnsinn, der Krieg?200
23'
I 1.1 ( II I \<>l< DIA! FRIEDEN
1)11
22/IX. [1915]
Das Schrapnellstück oder der Elieger-
pfeil auf Tenna: Man hört es schon
lange. Ein windhaft pfeifendes oder
windhaft rauschendes Geräusch. Im¬
mer stärker werdend. Die Zeit er¬
scheint einem sehr lange. Plötzlich
fuhr es unmittelbar neben mir in die
Erde. Als würde das Geräusch ver¬
schluckt. Von einer Luftwelle nichts
erinnerlich. Von plötzlich anschwel¬
lender Nähe nichts erinnerlich. Muß
aber so gewesen sein, denn instinktiv
riß ich meinen Oberleib zur Seite und
machte bei feststehenden Füßen eine
ziemlich tiefe Verbeugung. Dabei von
Erschrecken keine Spur, auch nicht
von dem rein nervösen wie Herzklop¬
fen, das sonst bei plötzlichem Choc
auch ohne Angst eintritt. — Nachher
sehr angenehmes Gefühl. Befriedi¬
gung, es erlebt zu haben. Beinahe
Stolz; aufgenommen in eine Gemein¬
schaft Taufe.-2,il
2.18
gewühlt hat [... ] jedesmal wenn wir
durch die Torrente streiften, war es
ein wüster Eindruck, der sich unserm
eignen Verhalten mitteilte. Wir ver¬
mieden den lieg, der srhottrig. als ob
auch er ein ausgetrockneter Bach wä¬
re, das Dreieck durchquerte; über¬
sprangen mit Gepolter die steinigen
Furchen, in welche der Bach während
der wasserarmen Zeit aufgelöst war;
hielten uns an den Handgelenken, um
bei einem umfassenden Angriff gegen
ein Gebüsch nicht zurückgeschleu¬
dert zu werden, und purzelten alle
hinein; brüllten, als ob in dieser zehn
Minuten breiten ft äste meilenweit
kein Mensch wäre, und scheuchten
polternd die Schafe auf welche die
kleinen Grasinseln abweideten [...]
Jenseits [der Stadt Pergine] lagen die
übermannshohen Kukuruzfelder.
Wenn man hindurchstreift und etwas
am Gewissen hat, wispern sie ganz
erstaunlich. Und dann kam der See;
der Weg, die Bergflanke hinauf.
Durch den Wald von Edelkastanien.
Und Ahorn. Der See sinkt immer tie¬
fer. Aber keiner von uns war je über
das Wirtshaus am Weg hinausgekom¬
men, wo es Brotwecken gab und
Wein. Die Hitze des Tags verglühte
auf unsern Gesichtern, und die Hitze
des Weins ging langsam in ihnen auf
wie der Mond in Wolken. Unter den
Bäumen dunkelte es; ein Windlicht
wurde auf den Steintisch gestellt.
Man sagte, der Weg führe später in
wilde Steinhänge, dann über das Ge¬
birge in das große Tal hinüber. Agne-
se sagte es, die Wirtstochter, deren
Geliebten wir nicht kannten, aber als
einen stattlichen Mann ahnten, der
für uns nichts übrig ließ/62
Feigenbaum am CaldonazzoSee:
Wie ich unter den Baum trete: Wie ein
grüner seidener Unterrock, durch den
die Sonne scheint.
Und die Feigen aufgesprungen,
fleischfarben und rot geöffnet...: oh
so lange keine Frau...!
Wie von Honig oder Goldstaub glit¬
zernde Bienen summen mit mir. [...]
Zuvor: Rudern im blauen See. Die
Weitgänger von Cima Vezzena fällen
2 in die schmale Ebene zwischen Fels¬
Bett des Fersenbaches
wand und Wasser. Ein wenig weiter
mit abgeschossenem
und es kann einer voll ins Boot fallen
österreichischem Flugzeug
und es in Splitter zerstäuben. So
könnte es uns auch beim Schwimmen
3 erwischen, — wie man mit Dynamit¬
Caldonazzo-See patronen Fische fängt. '
239
du Mi ( in \<m di \i miii ni.N
240
V on Mitte November 1915 bis zum
14. März 1916 war Musil Adjutant
des 169. Landsturm-Infanterie-Ba-
taillons, u. a. bei der 5. Isonzo-
Schlacht, im Abschnitt Descla-Pra-
potno. Anschließend war er bei Aus¬
bau und Sicherung der Linie Cima
Vezzena-Barco-Selva im Yälsugana
eingesetzt. Vom 27. Februar 1916 an
war er im Kampfabschnitt Arabba
und erlebte dort in der ersten Hälfte
März eine schwere Lawinenkatastro¬
phe. Während er sich am «Bettungs¬
werke unter persönlicher Gefahr her¬
vorragend beteiligte», erkrankte er an
ulceröser Stomatitis, Gingivitis und
Pharyngitis, verbunden mit hohem
Fieber und starker Abmagerung.
Am 14. März 1916 wurde Musil ins
Garnisonsspital Bruneck, am 24.
März ins Reservespital Innsbruck ge¬
bracht. Am 6. April wurde er ins Re¬
servespital Prag-Karolinenthal trans¬
portiert. Über seine Erfahrungen mit
Lawinen schrieb er später:
241
M
DIE 11.1 (III \(>K l)l.\l I 1(11 IH
I
Infanterie, krank und doch recht gut
in Ordnung.»267
In der zweiten Aprilhälfte erhielt Mu¬
sil Besuch von seiner Stieftochter An-
nina:
242
ber, 39°, 4(P: immer steiler mit jeder
Stunde. Dann bist du getragen wur¬
den und sacht geschaukelt auf 40
Graden Fiebern wie auf einem geho¬
benen Wasserspiegel. den du zugleich
von unten, von der matten Seite, von
der das Licht weggebrochen ist, ge-
sehn hast. Tagelang. Hachen. Sun
steht deine Frau zwischen den massig
grünen Bäumen der Allee, die vom
Bahnhof in Bozen zum Halt herplatz
führt, hat dich erwartet und sagt:
Gott, dein Kopf ist ja kleiner ge¬
worden. 209
243
OIE FLI CHT VOR DEM FRIEDEN
S
des 12. Korps zu belassen oder fortzu¬
schicken sei? [...]
Jawolll! Davon hängen mehr als 320
Tote ab [...] 230 Tote mehr, das ist
nur eine kleine Manometerschwan¬
kung. Ja ich sage dir, dieser Brief hier,
den ich eben an einen Bischof schrei-
be, in dessen Diözese nicht genug von
den Kanzeln herab zum Patriotismus
gemahnt wird, ist wichtiger! Jedes
Hort darin, das nicht zu scharf und
nicht zu lind sein darf, ist wichtiger!!
Das sind die Grundlagen, auf denen
eine Schlacht ruht, die Bürzeln [...]
die sich durch das ganze Reich span¬
nen und aus denen der Sieg
wächst!1
2-H
Scftausgabc
6oldatcn-3^t«n0
^tfrCdtcint jeden 6onntag ————„—b
Pejugöpreis He.2.50 (JHP. 2.50)füc (JadDicrtcljabr + Prctp öcr£injclnummcr206cUcr
(20 Pfg.) + «PerAoiftsonjeigen 30 (Seiler (30 Pfg.) für die 4gcfpaltcnc rionparciUneik.
flöccfTc für alle Jufenöungcn: R. u. f. Jeldpoftamt He. 23« ——————
floibdrutf (amtlicher Artifcl, <Pcdi<htc uftr. nur mit genauer «pucUcnangabc gcflattct.
M
Redakteur
usil war vom
der
8. Juli 1916 an
«Soldaten-Zeitung»
und vom 8. Oktober an im Impressum
als verantwortlicher Redakteur aus¬
gewiesen. Aufgabe des Blattes war.
den Leser zum Verständnis der Le¬
bensfragen des Staates und der Ar¬
mee zu erziehen, den Irredentismus
zu bekämpfen und die Reichseinheit
zu betonen. Musil schrieb eine ganze
Reihe von nicht gezeichneten Artikeln
für die «Soldaten-Zeitung», die bis
zum 15. April 1917 erschien.
In der Festausgabe für Kaiser Franz
Joseph vom 18. August 1916 druckte
Musil einen Artikel des k. u. k. Gehei¬
men Rats, des Landsturmoberleut¬
nants Franz Graf Harrach, der eines
der Modelle für den Grafen Leinsdorf
im «Mann ohne Eigenschaften» dar¬
stellt.
«Unser Kaiser! Welche Fülle von Lie¬
be und Verehrung, von Erinnerung
und Hoffnung lösen die zwei Worte
aus. Vier Generationen haben ihm
schon den Falmeneid geleistet. Er war
immer unser aller Führer und Len¬
ker, unser aller Ansporn und Trost.
Jetzt, m diesen zwei Jahren furchtba-
3 ren Ringens, füllt sein Name und das
Erinnern an ihn das ganze Herz seiner
Soldaten aus. Für ihn ziehen sie stolz
auf die Walstatt, für ihn kämpfen sie
und für ihn sterben sie, ihr brechen¬
des Auge sieht im Geiste nach ihm,
dem Heißgeliebten, dem Schmerzer¬
probten [...] wenn von Sterbenden
und Verwundeten die Rede war, lag
ein so tiefer wehmutsvoller Ausdruck
in seinem Antlitz, daß mir bei diesem
Anblick die Augen feucht wurden in
der Erkenntnis, wie er, der hebende
3 Vater seiner Untertanen, der selbst so
Festausgabe der viel geduldet und gelitten, von den
von Musil redigierten unausweichlichen Greueln des Krie-
«Soldaten-Zeitung» ges tief in das Herz gelroffen ist.»
DU . I LJL'CIII VOR Dl AI I Hl EDI \
24b
247
1)11. 111 cm VOR 1)1 \l I Hli.DI \
I
Jäger, die hatten am ersten Tag — in
einer der Pausen, wo alle sich verhält¬
nismäßig wohl fühlen — einander zu
necken begonnen und kamen davon
nicht wieder los. Erst hatte der Wiener
den Tiroler freundlich angesprochen
und einen Witz über die Russen ge¬
macht, dann hatte der Tiroler grin¬
send geantwortet, daß die Wiener da¬
vongelaufen seien, dort, wo er ver¬
wundet worden sei, und dann hatte
der Wiener natürlich auf die Lang¬
samkeit der Tiroler geschimpft. Sie
meinten es nicht ernst, die beiden,
aber sie vertrieben sich die Zeit und
konnten nicht damit aufhären, denn
der ganze Wagen horchte auf lachte
mit und wartete darauf, wer der Stär¬
kere bliebe. Nach den Regimentern
und ihren Fehlern kamen Klugheit
und Dummheit, Pfaffen- und Juden¬ 1
herrschaft, Wiener und Tiroler Fraß, Artillerie-Volltreffer
24«
endlich die Jungfräulichkeit und die
körperlichen Nachteile der Mädchen
in Tirol und Wien daran, aber da dies
für eine achttägige Reise nicht reich¬
te, wurde auch oft der gleiche Vorwurf
in einer neuen Bearbeitung wieder
aufgenommen. Wie zwei Hähne flat¬
terten sie, einer nachdem der andre
zu Ende war, aus ihrem Stroh auf
waren gleich stark und vertrugen sich
nur, wenn sie schliefen oder im Chor
der Schmerzen brüllten. Als der Zug
sich schon der Endstation näherte —
es war manches darüber gemutmaßt
worden, aber niemand wußte, daß es
Prag war — hob sich der Wiener auf,
als fiele es ihm schwer zu atmen,
schnüffelte in der Luft und sagte,
denn schon war auch der Kopf des
Tirolers neben ihm in der Höh:
«Hörst? S’ stinkt. Mir san do nach
Tirol kemma.», worauf der Tiroler
nichts mehr erwiderte. Beide sanken
friedlich zurück und als man die Ver¬
wundeten heraushob, waren die zwei
still verschieden.1 4
24<>
1)11. III (III VOR 1)1 M I Kl1.1)1 \
250
]^^ach Einstellung der «Soldaten-
Zeitung» wurde Musil im April 1917
zum Kommando der Isonzo-Front
versetzt. Zwischen Mai und Dezem¬
ber 1917 hielt er sich häufig in Adels¬
berg auf und wohnte zusammen mit
Martha und der Lehrerin Alma De-
reani im Haus Reichsstr. 34. An
Weihnachten 1917 entstanden die
Notizen für das «Slowenische Dorfbe¬
gräbnis».
251
1)11. I U cm \OH 1)1 M I Kil l>1 \
252
,/^Lm 22. Oktober 1917 wurde Prof.
Alfred Musil geadelt und durfte fort¬
an das Wappen seines bereits geadel¬
ten Bruders Rudolf sowie das Prädi¬
kat «Edler von» führen. Der Titel war
erblich, konnte also auch vorn Sohn
geführt werden. Am 1. November
1917 wurde Robert Musil überdies
zum Landsturmhauptmann beför¬
dert.
Beförderungen und Auszeichnungen
scheinen Musil nicht sonderlich be¬
eindruckt zu haben. Nach der Verlei¬
hung des Ritterkreuzes des Franz-Jo¬
sephs-Ordens mit Kriegsdekoration
schrieb er am 30. April 1917 an
Martha.
253
Dil. I IA ( III \<>H Dl M I Hl EDEN
254
ÄLS E1NF.H HER STÄRKSTEN ALTEN
SckrtfllelluntuVe»
waJhing:W)än llj Bezugspreis!
Lorbeergaflac 9 vlcrleliähriq k7^
Fernruf: uw ganzjährig K.4-J
256
gesteckten, nach Hause und kramen
die Eindrücke, die sie sich in dem
Wirrwarr, der heute in Rußland
herrscht, geholt haben, wieder heraus
und versuchen, sie unseren Verhält¬
nissen anzupassen. Trotzdem es nur
einige wenige sind, diese Infizierten —
vielleicht unter Zehntausenden einer
— ist ihr Treiben schädlich und ver¬
werflich. Sind es Verbrecher oder sind
es Narren? Gleichviel, auch mit einem
Narren schläft man nicht gern unter
einem Dach. Es ist daher Pflicht aller
Anständigen unter den Heimkehrern
selbst, ständig Obacht zu geben und
so einen Mann, der uns die russischen
Verhältnisse bescheren möchte, sofort
dingfest zu machen. Noch bevor er
Schaden angestiftet hat [.. .]282
••
9A7
IMF. I UCHT YOK Dl M I Hll IM N
258
1n
A
259
1919-1924
SYMPTOMEN-
THEATER
SYMPTOMEN Illl.Vn H
I J
H gon Erwin Kisch, der rasende Re-
porter, war Gründer und Führer der
Roten Garden in Wien. Kisch gehörte
vom Frühjahr 1917 an zum Kriegs -
pressequartier in Wien. Schon im No¬
vember 1917 beschloß ein «Aktions¬
komitee der Linksradikalen»
Gründung eines illegalen Arbeiter¬
und Soldatenrats. Damit beauftragt
die
262
Rf.VULI TIONSTAGEBL'CH.
2. 11. 18: Bisher nicht ärger als die
chronischen nationalpolitischen De¬
monstrationen waren. \...
Hätten nicht Dynastie and Behänden
förmlich freiwillig demissioniert, so
hätte es beinahe keine Revolution ge¬
geben. Die Vertreter der Volkssouve¬
ränität sind nur zögernd in die ge¬
räumten Positionen nachgerückt.
Zu anfanggab einem die Arbeiterzei¬
tung das Gefühl, daß sie weiß, was sie
will; seit zwei Tagen ist ihre Haltung
matt geworden, sie hat kein rechtes
Thema. Die Partei scheint sich durch
die Zusammenarbeit mit den Natio¬
nalen und Christlich Sozialen zu
kompromittieren. Auch hat man das
Gefühl, daß nirgends Plan und Wille
herrscht. Es rächt sich bitter, daß die
Deutsch Österreicher immer das Re¬
gierungsvolk waren; sie sind politisch
nicht organisiert und ohne nationa¬
len Willen.
Kisch bemüht sich, da hinein Bol¬
schewikismus zu tragen. «Kommen
Sie hin, mich sehen?» fragt er vor der
Versammlung der Roten Garde am
Deutschmeisterplatz heute meine
Frau. «Heute abend habe ich -tOOO
Gewehre zur Verfügung Es wird noch
viel Blut kosten>, sagt er mit der Mie¬
ne ernsten Bedauerns. (Vor vier Hö¬
chen hat er den Tod jeden weiteren
Mannes an der Front für ein Verbre¬
chen erklärt!)
Seit 48 Stunden glaubt er nicht geges¬
sen und geschlafen zu haben (wurde
aber im Cafe bei einer Mahlzeit gese¬
hen) Er ist ganz heiser, fahrig und
man kann nicht zwei zusammenhän¬
gende Sätze aus ihm herausbringen.
Mit ihm zieht Werfel, in diesen zwei
Tagen blaß mager und ganz heiser
geworden. Hat anscheinend keine
Ahnung, was er tut, glaubt auf die
Leute im Sinne friedlichen Umsturzes
zu wirken. Es ist enorm komisch.
Kisch dagegen wirkt hysterisch. Um
jeden Preis bemüht, sich in den Mit¬
telpunkt einer Staatsaktion zu brin¬
gen. Geist vom Geiste des Expressio¬
nismus. (Vielleicht gehört solche Lust
am Theaterspiel aber zu den Vorbe¬
dingungen einer historischen Rolle)
II as man zu ihm sagen wird, ist ihm
jedenfalls wichtig; dem KPQ eine
2 Gänsehaut einzujagen ist jedenfalls
Ausrufung der p>n uneingestandener Ehrgeiz. Ihn
österreichischen und Werfel schieben zwei richtige \n
Republik archisten vor sich her."K'
263
S1 MPTOMI.N I II! VI I H
D -1
2-J
ERSTER HALBBAND
iituiiiiuiiiiiiiiiiiHtimniuimuimmiiiUiiiiiiiHiiuiuiiiiuiiiimimiiiimiiiiiiiiimiiiiiuumiiiiiiinmiiuuuuiiuiittiiii
war Hiller ein großer Bewunderer der Rudolf LEONHARD * Leo MATTHIAS
Rob. MÜLLER (Wien) * Heinr. NIENKAMP
«Verwirrungen des Zöglings Törleß».
Walther RILLA * Hermann SCHÜLLER
Es hat gewiß auch mit diesen persön¬
Hugo SINZHEIMER * Helene STÖCKER
lichen Beziehungen zu tun, daß Musil
Frank THIESS * Johannes M. VERWEYEN
Ende 1918 das Programm des «Poli¬ Carl M. WEBER * Armin T. WEGNER
tischen Rates geistiger Arbeiter» un¬ Gustav WYNEKEN
terschrieb, zusammen mit Kasimir
BRUCHSTÜCKE AUS
Edschmid, Otto Flake, Magnus Ferdinand Lassalle * Oscar Wilde
Hirschfeld, .Annette Kolb, Alexander
DOKUMENTE
Moissi, Kurt Pinthus, Heinrich Mann,
...
Walther Rilla, Rene Schickele, Bruno
Taut, Fritz von Unruh, Armin Weg- t91 9
ner, Kurt Wolff, Gustav Wyneken, KURT WOLFF VERLAG / LEIPZIG
264
fvobert Müller war wie Musil Mit¬
unterzeichner des Programms des
«Rates geistiger Arbeiter». Er gehörte
zu den führenden Aktivisten der
Nachkriegszeit. Müller, Autor zahl¬
reicher Essays imd Romane, beging
Ende August 1924, politisch des-
dlusioniert und finanziell ruiniert,
Selbstmord.
In seinem Nachruf auf ihn schrieb
Musil:
265
*1 1 I\ 11I I VII\OTdl\ kS
M
Ivxusil verkehrte während der
zwanziger Jalire viel in den Kreisen
der linken ungarischen Emigranten 1
Einzug
in Wien. Näher bekannt war er mit
Admiral Horthys und
dem Schriftsteller, Filmkritiker und
der Weißen Truppen
Film-Theoretiker Bela Baläzs. dessen
in Budapest nach
Bucb «Der sichtbare Mensch» er ei¬ der Niederlage der
nen ausführlichen Essav widmete: Räteregierung
«Ansätze zu neuer Ästhetik. Bemer¬ Bela Kuns am
kungen über eine Dramaturgie des 16. November 1919
2 <><>
|
Films». Durch Baläzs kam Musil in
Kontakt mit Georg Lukäcs. ( her ihre
Begegnung Berichtet Soma Morgen¬
stern:
267
SYMPTOMEN I III VI l li
2(>8
T-Jber Pflanzer-Baltin notierte Mu¬
sil im Tagebuch:
269
M iiv-llll \ IWOLdWAS
270
7 u der Galerie austromarxistischer
t
Journalisten und Schriftsteller, die
Musil in die Figur seines Schmeißer
projizierte, gehörte neben Josef Luit¬
pold Stern auch Richard Robert
Wagner.
Wagner war promovierter Germanist,
im Ersten Weltkrieg Oberleutnant
der Reserve, danach Sekretär des
Staatssekretärs Julius Deutsch im
Heeresministerium. Von 1920 bis
1923 war er «Gruppenleiter für Gei¬
stespflichtschulen und allgemeine
pädagogische Fragen». In dieser
Funktion wurde er mit Musil be¬
kannt. Dieser notierte über ihn im Ta¬
gebuch:
271
D a ein naturwissenschaftlicher Be¬
ruf und politische Orthodoxie sich für
Musil ausschlossen, war der marxi¬
stische Physiker Fritz Zerner für ihn
eine paradoxe Gestalt — paradox ge¬
nug, um in die Sammlung von Zeit-
Figuren aufgenommen zu werden.
979
Der tragischste Fall unter den lin¬
ken Intellektuellen, mit denen Musil
nach dem Ersten Weltkrieg umging,
war Hugo Sonnenschein alias Sonka.
Eine Zeitlang soll Sonka täglich mit
Musil verkehrt, lange Spaziergänge
mit ihm gemacht und sogar eine Art
Eckermann gespielt haben. Basis des
Umgangs war eine gemeinsame sozia¬
listische Position, ln den «Unterhal¬
tungen mit Schmeißer» bekennt Mu¬
sils Romanheld Ulrich:
273
S1MPTOMI \ III! \ 11 II
274
regierungsoffiziöseil Prager Presse,
und mit Musil seil Frühjahr 1918. >rii
der gemeinsamen Arbeit an der Sol
datenzeitung Heimat . bekannt,
sicherte seinem ehemaligen Vorge-
setzten mehrere Jahre lang durch den
Abdruck zahlreicher Artikel ein Ein¬
kommen in harten tschechischen
Kronen. Allerdings brachte die Mitar¬
beit bei der Prager Presse» Musil in
politische Schwierigkeiten, da er als
österreichischer Staatsangestellter in
einem Blatt publizierte, das die öster¬
reichische Politik konterkarierte.
Am 23. April 1921 schrieb Musil an
Laurin:
276
rechts oder links nehmen, den zweiten
Ball damit voll treffen oder nur eben
streifen. Ich kann stark oder schwach
stoßen. Die Fälsche stärker oder
schwächer wählen. I ’nd wahrschein¬
lich gibt es noch mehrere solcher
Möglichkeiten, die auf verschiedenen
Wegen das gleiche Ergebnis oder ver¬
schiedene Nuancen des gleichen Er¬
gebnisses herbeiführen. Vielleicht gibt
es sogar, da jedes dieser Elemente des
Stoßes beliebig abgestuft gedacht
werden kann, unendlich viele Kombi¬
nationsmöglichkeiten, die eben noch
zum Ziel führen.
Wollte ich sie theoretisch ermitteln, so
müßte ich außer den Gesetzen der
Mechanik auch die der Elastizitäts¬
lehre berücksichtigen, ich müßte die
Koeffizienten des Materials kennen,
ich müßte die feinsten Maßmet hoden
für die Koordination und Abstufung
meiner motorischen Impulse besitzen,
meine Distanzschätzung müßte ge¬
nau wie ein Nonius sein, mein kombi¬
natorisches Vermögen von Blitzes¬
helle und -Schnelligkeit. [...]
Der Verstand gibt hier eine unend¬
liche Aufgabe auf und läßt uns im
Stich.
Dennoch trete ich an das Billard her¬
an, die Zigarette im Munde, betrachte
nachlässig die Situation, gebe mir
kaum die Mühe, eine richtige Stellung
anzunehmen, stoße zu und löse die
Aufgabe. Das Gleiche, vielleicht noch
mehr beim TennisspieL Florettfechten
und in tausend Fällen.
Spielt also meine Seele Billard, mein
Dämonion?308
I A/f
IVlarthas fürsorgliche All-Gegen¬
wart wurde von kurzsichtigen und
oberflächlichen Zeitgenossen leicht
verkannt, wirkte auf Uneingeweihte
abschreckend. Gina Kaus hielt eine
bösartige Anekdote fest:
«Da ich eine große Verehrerin des Ro¬
mans <Die Verwirrungen des Zöglings
Törleß> war, achtete ich auf jede Be¬
merkung Robert Musils, der, immer
von seiner häßlichen Frau begleitet,
ein sehr treuer Besucher und ein sehr
schweigsamer Mann war [...] Broch,
der [...] damals noch in der Fabrik
seines Vaters arbeitete und bisher
noch keine Zeile veröffentlicht hatte,
wurde von seinem Bruder gefragt,
warum er täglich ins <Cafe Herrenhof»
gehe. Er antwortete, weil die Leute
dort so gescheit seien. Einmal kam
der Bruder mit; er trat ein, gerade als
Frau Musil ihr Gesicht zur Tür wand¬
te. Der Bruder sagte: <So gescheit
kann man gar nicht sein», machte ]
kehrt und kam nie wieder. Mm Cafe Herrenhof, Wien
278
279
SYMPIOMI \ IIII M l i;
280
ladene Sprache deckt vollkommen dir
Gebiet der satirischen Prosa, für das
sie geschaffen wurde, verliert ihre
persönliche Ausdruckskraft aber in
der dichterischen Prosa und im fers.
Seine unbiegsame Moral, als Rück¬
halt der Angriffe auf dubiose Zeiter¬
scheinungen von höchstem Wert, ist
ohne deren Gegendruck ein wenig
spießbürgerlich. Sein Rille, Mut und
Fanatismus, seine ungeheuer scharfe
Witterung für das Unreinliche, die
unnachahmliche Art seines Polizei¬
griffs, seine Fähigkeit, die Zeit als sa¬
tirische Halbfertigware der Zeitung
zu entnehmen und zu vollenden, alle
diese Eigenschaften, die in seiner Pu¬
blizistik zum Gebilde werden, wirken
ui seiner Dichtung um viele Grade
schwächer.a12
281
SYMPTOM! N I III \l I R
282
Es HAR EIX AI.TES PALAIS, MIT pRI CHT
gewinden am kapital der Steinpfeiler
und schöner Gliederung nach der Hö¬
he und Breite, und während der Spä¬
her noch die Beamten gesucht hatte,
war ihm schon aufgefallen, wie deut¬
lich sich dieses Pfeilerwerk, diese
Fenster und Gesimse ins Fernglas hin¬
einstellten; nun, da er sie mit einem
gesammelten Blick erfaßte, erschrak
er beinahe vor der steinernen per¬
spektivischen Korrektheit, mit der sie
zu ihm herüberblickten. Er wurde
plötzlich inne, daß er bisher diese zu
einem Punkt irn Hintergrund zusam¬
menlaufenden Haagrechten, diese, je
weiter seitlich, umso trapezförmiger,
zusammengezogenen Fenster, ja die¬
sen ganzen Absturz vernünftiger, ge¬
wohnter Begrenzungen in einen ir¬
gendwo seitlich und hinten gelegenen
Trichter der Verkürzung nur für einen
Alp der Renaissance gehalten hatte:
eigentlich für eine grauenvolle Maler¬
sage vom Verschwinden der Linien,
die gerüchtweise übertrieben werde,
wenn auch etwas Richtiges an ihr sein
möge. Nun sah er sie aber überlebens¬
groß, und weit schlimmer als das
unwahrscheinlichste Gerücht, vor
seinen eigenen Augen.
Wer es nicht glaubt, daß die Welt so
ist, der triedere die Straßenbahn. Vor
dem Palais machte sie einen S-förmi¬
gen Doppelbogen. Ungezähltemal
hatte sie unser Beobachter von sei¬
nem zweiten Stockwerk aus daher¬
kommen, eben diesen S-förmigen
Doppelbogen machen und wieder da¬
vonfahren gesehen: sie, die Straßen¬
bahn, in jedem Augenblick dieser
Entwicklung der gleiche längliche ro¬
te Wagen. Als er sie nun durch das
Trieder betrachtete, bemerkte er aber
etwas völlig Anderes: Eine unerklärli¬
che Gewalt drückte plötzlich diesen
Kasten zusammen wie eine Papp¬
schachtel, seine Wände stießen immer
schräger aneinander, gleich sollte er
platt sein; da ließ die Kraft nach, er
fing hinten an breit zu werden, durch
alle seine Flüchen lief wieder eine Be¬
wegung, und während der verdutzte
3 Augenzeuge noch den angehaltenen
Rasumofsky-Palais, Wien, Atem aus der Brust Wißt, ist die alte.
Sitz der Geologischen vertraute rote Schachtel wieder in
Bundesanstalt Ordnung.'n<>
283
SWIPTOMI \ lillMI H
I
Ungarn. deren Budget nur das dau¬
ernde Deßzit kennt, vergeuden mit ih¬
ren Armeen eine Menge Geld, das sie
gar nicht haben. Daß diese Armeen
nicht zum Angriff auf die Nachbarn
gehalten werden, das braucht man
weder in Wien noch in Pest mit gro¬ 1
ßem Ehrenwort zu versichern. Aber Soldaten des
auch zu irgendeiner Verteidigung des österreichischen
Bundesheers
Landes gegen einen feindlichen Ein¬
fall sind diese Armeen zu schwach. Ihr
Dasein würde nur jeden Einfall mili¬
2
tärisch immer rechtfertigen. Schaffte
Generale des
Österreich seine Armee ab, wäre es österreichischen
vor dem Einfall eines Einfalls feind¬ Bundesheers
licher Truppen sicherer als wenn es
dagegen eine Hehr parat hält. Denn
dadurch wird es ein <militärischer 3
Gegner». Mit guten Gründen, und nur österreichisches
solche gibt es, könnte es seine militä¬ Bundesministerium
für Heereswesen.
rische und kriegerische Kompetenz
Musils Zimmer (Nr. 89)
durch die Auflösung seiner Armee ab¬
befand sich auf
lehnen und damit ein vortreffliches
der Rückseite des Ge¬
Beispiel der Abrüstung geben, von der bäudes mit Blick
man immer nur redet. *1 überden Wienfluß
284
]^^ach der Ermordung des deut¬
schen Außenministers Walther Ra¬
thenau durch Rechtsextremisten
fragte Musil am 1. Juli 1922 Efraim
Frisch, den Herausgeber des «Neuen
Merkur»:
285
MITOMI \ I III Ml i;
I
Die Männer, die das tun. hocken auf
knien und Fersen zu zweien im
Sande, mit mächtigen, knochigen
Rücken, langen, gütigen Gesichtern,
und einer Pfeife im Mund, und sie
wechseln unverständliche Horte, die
ebenso sacht aus ihnen hervorkom¬
men wie die Bewegungen ihrer Hän¬
de. Der eine nimmt einen fetten Re¬
genwurm mit zwei Fingern, holt die
gleichen zwei Finger der anderen
Hand hinzu und reißt ihn in drei
Stücke, so gemächlich und genau, wie
ein Schuster das Papierband ab¬
knipst. nachdem er Miß genommen;
der andere stülpt dann diese sich
bäumenden Stücke sanft und acht¬
1
sam über die Angel. Ist das den Wür-
Fischer am Strand
mern widerfahren, so werden sie mit von Koserow auf
Hasser gelabt und in der Lade mit Usedom. Musil
weichem Sand in kleine, zierliche, ne¬ machte im August
beneinander liegende Betten ge¬ 1922 in Koserow
bracht. wo sie sterben können, ohne Urlaub
gleich ihre Frische zu verlieren.
Es ist ein stilles, feines Tun, wobei die
groben Fischerfinger leise wie auf
2
Koserow auf Usedom.
Fußspitzen gehn. Man muj< sehr auf
Währenddes
die Sache achten. Bei schönem Hefter
Koserower Urlaubs
wölbt sich der dunkelblaue Himmel sammelte Musil
darüber, und die \löwcn kreisen hoch auch die Eindrücke für
über Land wie weife Schwalben. 'I den Text «Inflation»
28<>
Inflation
Es gab einstmals eine bessere Zeit, ivo
man auf einem holzsteifen Pferdchen
pedantisch wiederkehrend im Kreise
ritt [...] Diese Zeit ist vorbei. Heute
[...] hängen an dreißigmal-vier ei¬
sernen Kettchen kleine Schaukel¬
brettchen im Kreis, ein Kreis innen
und einer außen, so daß man sich,
wenn man nebeneinander fliegt, an
Hand oder Rein oder an den Schür¬
zen fassen kann [... ] Dieses Ringel¬
spiel steht auf dem kleinen Platz mit
dem Ehrenstein für die gefallenen
Krieger; neben der alten Linde, wo
sonst die Gänse sind. Es hat einen
Motor, der es zeitgemäß antreibt, und
kalkweiße Scheinwerfer über vielen
kleinen warmen Lichtern. Der Rind
wirft einem, wenn man ui der Dunkel¬
heit nähertappt, Fetzen von Musik,
Leuchten, Mädchenstimmen und Lu¬
chen entgegen. Das Orchestrion
brüllt schluchzend. Die Eisenketten
kreischen. Man fliegt im Kreis, aber
außerdem, wenn man will, aufwärts
oder hinab, auswärts und einwärts,
einander in den Rücken oder zwi¬
schen die Beine. Die Burschen peit¬
schen ihre Schaukeln an und kneifen
die Mädel, an denen sie vorbeifliegen,
ins Fleisch oder reißen die Aufschrei-
enden mit sich; auch die Mädel ha¬
schen einander im Flug, und dann
schreien sie zu zweit erst recht so, als
ob eine von ihnen ein Marin wäre. So
schwingen sie alle durch die Kegel der
Helle ins Dunkle und werden plötz¬
lich wieder in die Helligkeit gestürzt;
anders gepaart, mit verkürzten Lei¬
bern und schwarzen Mündern, ra¬
send bestrahlte Kleiderbündel, flie¬
gen sie auf dem Rücken oder auf dem
Bauch oder schräg gegen Himmel
und Hölle. Nach einer ganz kleinen
Weile des wildesten Galopps fällt aber
das Orchestrion rasch wieder in
Trab, dann in Schritt zurück, wie ein
altes Manegepferd, und steht bald
still. Der Mann mit dem Zinnteller
geht im Kreis, aber man bleibt sitzen
3 oder wechselt höchstens die Mäd¬
Johannes R. Becher chen. Und es kommen nicht wie in der
und Eva Hermann Stadt ein paar Tage lang zu dem Rin¬
in Kölpinsee, Urlaubs¬ gelspiel wechselnde Menschen; denn
nachbarn Musils
es fliegen hier immer die gleichen, vom
auf Usedom. Becher
Einbruch der Dunkelheit an, zwei bis
versuchte damals
drei Stunden, durch alle acht oder
vergeblich, Musil
bei einem Wechsel vierzehn Tage hindurch, so lange bis
vom S. Fischer Verlag der Mann mit dem Zinnteller ein
zum Insel-Verlag Nachlassen der Lust spürt und eines
i. . 322
behilflich zu sein Morgens weitergezogen ist.' “
287
S\MPTOMEN IIII VTER
Q .
kJeit dem Brand von Wenningstedt
hatten Robert und Martha Musil Be¬
fürchtungen, sie könnten durch ein
ähnliches Ereignis der Manuskripte
verlustig gehen. Noch achtzehn Jahre
später bekannte Martha ihrer Tochter 1
Annina: Sturmflut auf Sylt
288
Achilles eriswert sich in dieses Ta-
gen an einen alten friesischen Bau¬
ern. Er hatte ihn in dem kleinen Insel¬
bad schon oft beobachtet. Er war so
komisch. Gut an die achtzig. Mit einer
schwarzen Schirmmütze. Obeinig.
Abends holte er das Kalb vom Gras¬
platz. An der Kette riß es ihn hin und
her; aber mit Geduld steuerte er es
doch in den Stall. Einmal sah er ihn
die Leiter am Strohschober hinauf¬
kriechen. Unbehilflich aber ent¬
schlossen. Oben richtete er die Lei-
nenplache. Und dann kam Achilles
einmal durch Zufall ins Gespräch mit
ihm. Schnupftabak zog sich über die¬
ses Gesicht mit den weißen Bartstrei¬
fen. Der typische Stoffel hatte Achilles
gedacht. Ein hinkendes Schweinchen
hüpfte vergnügt am Dunghaufen.
Steif ist es sagte der Bauer und nann¬
te eine Krankheit, die Achilles nicht
verstand. Vier Monate haben wirs
aufgezogen und es wird nicht besser.
Der Bauer sprach wie man von einem
mißratenen Kinde spricht. Wie merk¬
würdig diese Liebe, empfand Achilles,
trotzdem man es nur zum Abstechen
aufzieht. — Dann sprachen sie über
die Weltlage und Achilles war er¬
staunt, wie fein und zart der alte Bau¬
er sprach, wie er all das sagte, was
jeder Gebildete sagt. [...] Wo hat er
es her? Wird das mit jedem ge¬
3
boren?325
Der Bauer Christian
Ludwig Nielsen
aus Wenningstedt Eine Erinnerung aus der Geogra-
28‘»
S\MPTOMI \ I III M I R
200
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W ie aus Hofmannsthals «Ad me
2
«Der Reinschrift ipsum» hervorgeht, las er «Die Ver¬
zugrunde liegendes wirrungen des Zöglings Törleß» be¬
Manuskript der reits 1907 in der Erstausgabe. Die
Novelle Grigia», persönliche Bekanntschaft zwischen
vom Autor signiert ihm und Musil scheint um 1921 zu¬
und an einen Auto¬
stande gekommen zu sein, vielleicht
graphensammler
dadurch, daß Musil Hofmannsthal
veräußert
als Mitarbeiter für die «Prager Pres¬
se» anwarb. Ein Gespräch in Sachen
des Stückes «Die Schwärmer» fand
3
Hugo von im Aprd 1923 statt. Bei dieser Gele¬
Hofmannsthal genheit kann sich Hofmannsthal
(1874-1929) auch über «Grigia» geäußert haben.
291
S1! MPTOMEN I III ATI K
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(Tte- - _ AX/r-riA
/•/?*■**'* J ^ >>u_
Die Novelle «Die Portugiesin» ist
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ein sehr kompliziertes Textgewebe.
Musil verknüpfte autobiographisches / /uL W«.
292
293
M l I\ INI VIIMHdKAS
294
Göthe. Ein solches Beispiel des guten
Menschen ohne Größe ist sehr lehr¬
reich."2
295
SYMPTOM! \ Uli \ 111
296
-Bis zum Jahre 1929 schlugen alle
Bemühungen Musils und seiner
Freunde fehl, die «Schwärmer» an ei¬
ner großen Bühne, von einem promi¬
nenten Regisseur mit hervorragender
Besetzung spielen zu lassen — Max
Reinhardt und seine Häuser einge¬
schlossen. Selbst wenn alles auf be¬
stem Wege schien, scheiterten die Ab¬
sichten einer Inszenierung. So schrieb
Otto Nebelthau vom Münchener
Schauspielhaus (Leitung: Hermine
Körner) am 14. Februar 1923 an
Franz Blei, der damals im Theater am
Kurfürstendamm beschäftigt war:
«Ich habe mich neuerdings mit dem
auch von Ihnen sosehr geschätzten
Stück <Die Schwärmer) v. Musil be¬
schäftigt und habe mich entschlossen,
das Stück noch in dieser Spielzeit zur
Aufführung zu bringen.
Nun las ich vor einiger Zeit, daß Di¬
rektor Robert das Stück für die Tri¬
büne angenommen hat. Wollen Sie
mir bitte mitteilen, ob Direktor Ro¬
bert die Aufführung dieses Stückes
noch in dieser Spielzeit beabsichtigt;
wenn nicht, ob er bereit ist, uns die
Uraufführung zu überlassen. Es dürf¬
te ja wohl im Interesse Musils sein,
daß dieses außerordentlich schöne
Stück möglichst bald an die Öffent¬
lichkeit gelangt. Wir können hervor¬
ragend besetzen, sodaß sicher ein Er¬
folg zustande kommt. Haben Sie sich
mit dem Stück schon soweit beschäf¬
tigt, daß Sie Striche gemacht haben?
Ich denke mir, daß von den 164
Schreibmaschinenseiten [...] 60 her¬
4 ausgestrichen werden müssen.»340
Felix Hollaender Warum weder Direktor Robert in
(1867-1931)
Berlin noch Hermine Körner in Mün¬
chen das Stück auf den Spielplan
29?
M I IN
Wien,III.Rp.sumoT'etcy«~'9*a '’G.
111.1
l-J.J9#iner 1^?4.
\ 11\()I <11\ NS
g^ht-tar n<-rr .
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IcU komm* erst Vute 9azu.Ihnen für Jhr Buch ^rkllch^«F halss* a.eA h
«He .Grenzen zwischen reeller una imaginärer Welt verwi scVAi. reM *
.a » A " A . . I
x-.
mir habe iwai ifengohe* in spiner Art-do?h al«, Indl- ' *
\
▼lduen sehr verncfiieden vor^ ihm-in den "Schwärm-"™" be»**riei«h;Uh *
die sieh auf den «Törleß» bezog, ge¬ ob nur ich m: ch ln Ihrer Figur oder auch Sie c'ch in meinen (/•em'-lnt
schickt. ln seiner Antwort versuchte
sind Anselm und Regine Verkennen .Be die freund 11 eher. Worte Ihrer Wtd-
Musil Thomas Mann für die «Schwär¬ J,
.^jnuog dem Törleas gelten,lat mir eingefallen.wie seltsam es r-^re.renn
mer» zu interessieren, zumal an des¬
sen Wohnort, in München am Schau¬ Sie das soviel näher liegende andere Buch kennten.aber ablehnten.
spielhaus, ja Pläne bestanden, das Ba ich also naturgeH*ss von dieser Seite her Ihren Krull sehe.hat
Stück zu realisieren.
mich am stärksten berührt,daes 81« die Absicht nndeuten ln der Fort¬
Ob und in welcher Weise sich Mann
setzung
über die «Schwärmer» äußerte, ist
nicht bekannt, da der Briefwechsel ^ i /^1« — 1*. *e ««. , ■ , «_ ; X/ ’*» 4t .
der beiden Autoren bis auf ein paar ^ tx , < fy-r. *4 »»V> rJ • — 'X ■/» M, /d w
7 4Cwrf4, •***- aw
Konzepte Musils verlorengegangen
ist. />v a ., * .4, ^ . -- Si*
' /
,<4, *4,r --A«- ^ - t 1
5W*v. ** //■—^
M usils Verhältnis zu Thomas Mann
war von Beginn an ambivalent. Im
7^
X./ 7.« r. *«ft« m. * * 4.
-/* £»-*< -'X -■«-.*y4^U<— 4-^.
A^— k «v«
« «
29«
«Der Verfasser isi ein feines, etwas
dünnes Seelchen, dessen W urzel ihre
stille Wohnung im Sitzfleisch hat.
Was zu ersitzen war, hat er hier erses¬
sen. Es gibt ja zwei Gattungen von
Schriftstellern: die erste gleicht in ir¬
gend etwas dem raschen Siegfried:
heiter; unverwundbar kraft einer
hörnernen Haut; schier blitzend. Die
andere Gattung (zu ihr zählt 1 lerrTh.
Mann) ist weniger im Blitzen als im
Sitzen stark. Bei dieser Gattung bildet
sich die Siegfried-Hornhaut nur an
einer Stelle.»344
Musil ließ sich von den Verdikten
Kerns über Mann — «vorzeitige Rück¬
bildung nebst (immer noch feinen)
Verkümmerungen und etwas Ge¬
klemmtem, Untergekrochenem»345 —
allerdings nicht abhalten, nach dem
Ersten Weltkrieg Kontakt mit ihm
aufzunehmen, und versuchte 1919,
ihn für ein Zeitschriften-Projekt als
Mitarbeiter zu gewinnen. Damals
kam es, anläßlich eines Besuchs in
Wien, wohl zum ersten persönlichen
Kontakt (6. Dezember 1919). Musil
überreichte ihm den Novellenband
«Vereinigungen» mit einer Wid¬
mung, die aus Manns «Tod in Vene¬
dig» stammte. Mann goutierte die
Musilschen Novellen nicht — «Zuviel
weibliches Geschlecht»346, revan¬
chierte sich aber v ier Jahre später mit
dem «Krull». Die Kontakte verdichte¬
ten sich in der ersten Hälfte der zwan¬
ziger Jahre. Musil versuchte z. B.
Mann für einen Vorabdruck des
«Zauberbergs» in der «Prager Pres¬
se» zu gewinnen (März 1921), griff
ihn wenige Wochen zuvor allerdings
öffentlich an, weil er «sein Urteil nicht
selten mit großer Ordnungsliebe»
entzweispalte.347
Genau dies praktizierte Musil im Hin¬
blick auf Thomas Mann selbst: jah¬
relang übte er öffentliches Lob und
private Schmähung, wobei die Kapi¬
tel über den Großschriftsteller im
«Mann ohne Eigenschaften» neben
Rathenau auch Thomas Mann galten,
also einen verkappten Angriff dar¬
stellten.
Thomas Mann hat sich Musil gegen¬
über immer generös verhalten, er un¬
terstützte ihn publizistisch und gele¬
gentlich auch praktisch und finan¬
ziell. Die Bilanz der Beziehung
schließt in menschlicher Hinsicht ein¬
2 deutig mit einem Debet Musils und
Thomas Mann bekräftigt sein eigenes Urteil:
(1875-1955) Ich bin undankbar'l48
299
SYMPTOM KN-Illi \ I *
300
Sind nun die Schwärmer ein Bühnen
stiick? Ich behaupte noch heute, daß
die richtigen Schwärmer es sein müs¬
sen. Sie sind außerordentlich schwer
zu kürzen — richtiger gesagt, zu bear¬
beiten, oberes ist nicht unmöglich, sie
sozusagen proportional zu vermin¬
dern. ohne daß Verzerrungen eintre-
ten, wenn auch natürliche Substanz¬
verluste nicht zu vermeiden sind. Ich
bin überzeugt, daß dann, wenn man
sie richtig auf die Bühne bringt, zu
den Horten und Gedanken jenes Le¬
ben wieder hinzutritt, aus dem sie ge¬
boren sind, und daß sie dann auch
gar nicht so sehr schwer zu verstehen
sein werden, wie ich vorläufig nach
den bedauerlichen Eindrücken ein¬
ofichnuRg tton Gtg$t!
zelner Kritiker feststellen mußte. Ich
£*rt«, €PfinfI>cr, 272üücr, SRetoe*, ?l«);)Ku^r ^«Ik«
habe hier manches über Kritik ge¬
sagt: ich möchte darüber nicht ver¬
säumen, auch für die Hilfe zu danken!
2 Man kann den Halt wahrhaftig brau¬
chen, in solcher schweren Stunde, wo
ein anderer für einen kreißt. Und ich
glaube mich nicht zu überheben,
wenn ich sage, daß die Schwärmer
noch etwas warten können; das Gen¬
re wird ja nicht überlaufen. Ich habe
auch keine Angst vor dem Veralten,
obgleich mir schon viele versichert
haben, daß sie darüber hinaus sind.
Denn meine Überzeugung ist, daß
man über nichts, das einmal Geist
war, hinaus, sondern nur daneben
geraten kann. Ich würde aber gerne
sehen, daß das Experiment richtig
2 noch zu meinen Lebzeiten wiederholt
Die Darstellerder
werde, denn eigens deshalb auf die
«Schwärmer»-
Erde zurückkehren, würde mir nach
Premiere im Theater
an der Kommandan¬ dem Gesamteindruck, den ich hier
tenstraße, Berlin, empfangen habe, etwas schwer
am 3. April 1929 fallen™
301
MI’IOMI \ Uli \| !
ROBERT MUSIL:
«DIE SCHWÄRMER
Theater in der Stadt.
.102
p
X.
Lherman wirkt künstlerisch. Den
Aufstieg dieses Rampensüchtlings zu
bestreiten, wäre für mein Gefühl jetzt
unanständig.
Sehr wohlfeil, über eine Fehlbeset¬
zung zu ulken. (Über den Exzellenz¬
professor: über den Diener-Detektiv.
Von der Schmiere.)
Doch es gibt keine Stadt in der Welt,
wo in einer schmucklosen Nebenbüh¬
ne so Innerstes mit solcher Hinge¬
bung, mit solchem Ernst, mit solcher
dem Ldk wehrenden Wirkung zwei-
einhalb Stunden lang (es ist ein im¬
merhin irdischer Vorgang) so tragiert
würde.
Das gibt es in keiner Kommandanten¬
straße des Planeten.
303
JVxanches spricht dafür, daß Musil
seine Posse «Vinzenz und die Freun¬
S\ MPTOMEN 11
I
erst niemand spielen wollte, mit ei¬
nem Publikumserfolg den Weg auf
die Bühne bahnen.
«Vinzenz» ist in vielen Hinsichten ei¬
ne Schlüsselkomödie. Die Figuren
entstammen alle dem Bekanntenkreis
Musils, auch wenn er z. T. stark typi¬
siert hat und einigen gar keine Namen
mehr gab.
Alpha ist, wie so manche Figur Mu¬
sils, synthetisch. Neben Gina Kaus
dachte er vor allem an Ea von Allesch.
Beiden Frauen war gemeinsam, daß
sie mit einer Reihe bedeutender oder
bekannter Männer liiert waren.
Gina Kaus war während des Ersten
Weltkriegs gleichzeitig die Mätresse
von Dr. Josef Kranz, der als Präsident
des Spirituskartells Pate stand für
Musils Großkaufmann Bärli. und die
Geliebte von Franz Blei, der seine Ge¬
stalt — lang und mager352 — der Figur
des Vinzenz lieh. Auch mit Hermann
Broch war sie befreundet (den Musil
in seiner Posse als «jungen Mann» ka¬
rikierte) und nicht zuletzt mit Musil
selbst. Sie lernte ihn gewiß im Früh¬
jahr 1918 kennen, als er in Wien die
Herausgeberschaft der «Heimat»
übernahm. Gina Kaus sah Musil häu¬
fig im Kaffeehaus oder auch in ihrer
Wohnung, die als Redaktionsbüro der
Zeitschrift «Summa» diente: er pu¬
blizierte darin seine «Skizze der Er¬
kenntnis des Dichters».
Über ihren späteren Mann stand Gina
Kaus übrigens auch in Kontakt mit
Gräfin May Török, die eine Zeitlang
mit dem Vizekönig von Ägypten ver¬
heiratet war. Aus ihrer Biographie
stammt Alphas Bekenntnis:
r.
vJräfin Iörök alias Prinzessin Dja-
deutender Männer»
304
Die nymphomanischen Neigungen
Bonadeas im «Mann ohne Eigen¬
schaften» sind in dieser Figur deut¬
lich vorgezeichnet.
303
A
-TTlm Gelehrten, die in einer Schlüs-
selkomödie hätten figurieren können,
war Wien nicht arm. Als Modell für
den «Gelehrten» im «Vinzenz» kam
wohl nur einer in Frage, weil er mit Ea
lange befreundet und mit Musil gut
bekannt war: Egon Friedell.
306
VV egen seiner Ideen im Hinblick
auf Ernährung und Kleidung (und
wegen seiner Beziehungen zu Ea von
Allesch) porträtierte Musil Peter Al¬
tenberg als den Reformer. Er besaß
26 Photographien von Ea. die er mit
Epigrammen versehen hatte. Zusam¬
men erschienen sie ihm wie ein «wun¬
derbarer Essay» über die «tiefsten
Leiden», die er je zu erdulden hat¬
te.359 Ein Porträt Eas versah er mit
der Aufschrift:
Schaffst Du Symphonien,
Beethoven-An tlitz?! ?
Du bist ein Weib, kannst
Dich nicht austönenl
Nicht Dich erlösen! Ein
Spiegelbild der Welt
kannst Du nicht sein!
Zur Tages-Th&t zu groß, zur
ewigen zu klein!
So bleibst Du Weib und
kannst’s dennoch nicht sein!!
PA»
M
jüngeren
usil karikierte den sechs Jahre
Hermann Broch als den
«jungen Mann». Durch sein Geschenk
für Alpha, einen hinterindischen
Schal, deutet er an. daß er in der
Textilbranche tätig sei. Tatsächlich
arbeitete Broch zu Beginn der zwanzi¬
4 ger Jahre als Textilingenieur in den
Peter Altenberg Teesdorfer Fabriken seines Vaters.
Ea war der äußere Anlaß für das
Scheitern seiner Ehe. Bis ca. 1627
5 lebte er mit ihr in der Wiener Pere-
«Beethoven-Antlitz» gringasse.
Ea von Allesch
307
II 1 IA III I \ ll\OI,II\ VS
308
Wnpituti.u) */ 4-»v ; ty
>1*0 i » t j ■).
• S:, tl 1 ,;
*; J { & l y. .
•■‘«fcWci.j#
; 1.5
i'} -k‘ (.
—-I ■ .r »TTT~
TjösTkP
NORSeRfFERlBeRöe«
ipjwig’-ggux
310
V on Anfang August 1924 bis ca. 20.
des Monats machte Musil in Mariazell
Urlaub. Er traf dort den Schauspieler
Rudolf Förster, an dem er die Verbin¬
dung von Bodenständigkeit und Raf¬
finement schätzte und der bei der
Berliner Premiere des «Vinzenz»
neun Monate zuvor die Titelrolle ge¬
spielt hatte. Danach kehrte er nach
Wien zurück, weil am 23. August
«Vinzenz und die Freundin bedeu¬
tender Männer» am Deutschen
Volkstheater österreichische Premie¬
re hatte.
Maria Zell:
Die Kirche steht erhöht auf abfallen¬
dem Platz. Vorplatz von Bäumen und
Mauern gesäumt. In der Fallrichtung
eine Treppe, zwei Engel auf Pfeilern.
An den übrigen Einlässen der Mauer
Heilige auf Pfeilern. Unten an die
Mauer gebaut die Wallfahrergeschäf¬
te. Fast alle Gold- und Silberwaren.
Christus hat die Händler aus dem
Tempel gejagt, aber an der Mauer
haben sie Halt gemacht. Neben den
Füßen der Heiligen steht in großen
Buchstaben: cGold und Silber». Der
Katholizismus sagt: Wenn das Herz
sich läutert, macht man gern seinen
Lieben ein Geschenk.
Das andre fühlen die Dickhäuter
nicht. Nach der Prozession in die Kir¬
che folgt eine Versammlung mit politi¬
scher Rede, dann Völlerei. Habsucht,
2 Ereßsucht feiern Triumphe in Maria
Wallfahrtskirche
Zell.
Mariazell
Die Kirche ist eine Basilika mit Re¬
naissancefassade zwischen deren
3 Türme mit Kuppeldach ein höherer
Rudolf Förster gotischer Turm eingesetzt ist: ler-
(1884-1968) dichtung. u>4
311
:: i i.\ UIJ \>ll\«XLdl\AS
jmssmammamauBm
ROBERT MUSIL:
«VINZENZ ODER DIE EREUNDIN
BEDEUTENDER MÄNNER».
Lustspielhaus (Die Truppe).
1.
Dies Stück (das kein «Stück» ist —
vielmehr ein Bündel oft spaßiger Vor¬
gänge) bedeutet eine Parodierung
nicht nur des Expressionismus; son¬
dern des Zeitalters, wo er Mode zu
werden schien. [...]
- "
Der Untertitel könnte sein: «Verkehr¬
te Welt» — Alles ist umgedreht. In der
Nacht um Drei beginnt’s.
Alpha (die Heldin heißt so; die Frau
als Anfang aller Dinge: Symbol) ...
Alpha kommt in ihre Wohnung mit
i einem machtvollen Unternehmer und
Croßkaufmann — verwandt mit We-
dekinds Dr. Schön. Sie verschmäht
ihn; er droht; ein Revolverschuß...
Da taucht hinter dem Wedekindschen
Wandschirm der Jugendfreund auf:
der Erste. Der vor elf Jahren. Er 1
bringt gefällig und ruhig-feig (weil er Berthold Viertel
nicht liebt), alles in Ordnung. Auch (1885-1953)
als fünf Stück zu so ungewohnter Zeit
bestellte Freier nah'n.
2
Da Alpha verheiratet ist. besucht so¬
Rudolf Beer, der
gar ihr Mann sie nachts. «Wie kom¬
Regisseur der Wie¬
men Sie grade auf den?», ließe sich ner Inszenierung
fragen. des «Vinzenz»
312
III.
Nachher sieht man den Jugend¬
freund, wie er mit ihr. . lebt? Nein,
bloß wohnt. Der Großkaufmann
schießt nochmals; scheint sich getötet
zu haben; steht wieder auf. Der Ju¬
gendfreund plant ein System für
a m : 11E111:11 !■ M 811E11111111111111111111111111111111111111111111111111!
V28
IJhr
Zametag Den 23. ttuguft 1924
7 8
thr
z Hernach erkennt sie ihn als Schwind¬
ler. Sie soll schlimmstenfalls ihren
3>tm fijtcn Wale: .Mann heiraten (der als Kunstkritiker
Lobartikel über seine eigenen Ankäu¬
fe schreibt und Alpha bestens veräu¬
Sine leidjte SfomSbie in btei Wien »on Diobert Wiijil ßern will.)
. 3n Sjtnt fld«! Don $r. 91 ub elf Beet
"'Pn'1.. ®ufd). Der Jugendfreund wird zuletzt ir¬
®atli, OltoBlaufmann.SBilitj @d)miebet
gendwo Bedienter. Sie vielleicht Ähn¬
~er öelefjrte..Cubtoig ©ibifet
Xet «fühlet.§ugo «tabt, liches? ... In dieser Art.
acv polttilet.Star! (Sämann
Tot SRefornti-r.D«far SBeraun IV.
Gm junger «faim.- SBolf Seiften
Xie ftreunbin.Gli(abelf) «farfuä Also: Wedekindscher Tanz um die
®t. Slpulcju« ©alm.jmu« 3iegict
Frau. Welt voll abgebrühter Lumpen.
*»<«<:''».Statt Gtüntfjer
®üf)nenbilbet Don jjtanj Sdjaltub Sexualtrottel. Hochstapler. Gründer.
«fad, Dem Ituriten 21 ft eine nröftere 'baufc
Zuhälter. Feiglinge. Cocain. Entgöt¬
SH'mftltrittbe« loilftknnrrannemcnt «nele ealimonn, 6. Sei;rt. SumDtnborfrrflrafse 139
Xie So'jellen Der Xamen !9uld) unD «taifu« Dom UfoDehau« Der Iblener «.'erlfiäiie, I. SSejirf terung.
ffarntaerfltobe 41
SfeDerroefle unD öul De« fftöulein «iarlu« Don ber Thema «oaue, l., Snntlaubcn 12
«eljmanlel Don Der Sirtno Uenleje» * Diainer, 1. »ejirf, Sinoerftrofie 8
Heiraten, die keine Ehen sind. Ver¬
iirauiifeDertärtjer. SMuutenbou« van8 eummerer, 7. »ijirf. 'Jfeubmiaoffe 4
Sebubt Der Stamm iSuIct. »failu« um Dt« öttru Sieglet oon Der 3itma JM>r»e», 1. »ejirf Särnlner» hältnisse, die keine Liebschaften
fltotie i
54rnu(f unD SoDfDue b<« Sri. a?nf<* Don ber „Vfrltdntjt«", *. Steifdicr, 6. »«., «fariabilfeiftr. 81 sind. Schüsse, die fauler Zauber sind.
Selbstmorde, die Komödien sind.
Mafien-Gröffnung y47 Ubr Hafang i/28 M)t ttnbc Kor 10 übt
Freundinnen, die Raubtiere sind.
Sonntan Den 24. 0u«utt. önfana y,8 Ubr: Slnjenj nnt Die ^reanbln betentenber Waancr
«lontoa Dm 25. Sluouft. Jlnfona H8 llbr: eed>« «erloneu fmben einen ttuior Liebe ist Quatsch. Die Möglichkeit
$ifn8tafl brn 26. Äufluft. SÄrtfartQ 7*8 Ubr-' SM«*«* unt> Mc $reaabin bebrntenber TOäanrr
des Zusammenstimmens zweier Leu¬
»rERROWATT ‘GLÜHLAMPEN te beginnt erst, wenn sie einander ero¬
tisch satt haben...
Aber J*MrbIi<t>e fcanrtn«na (lab Obcrfleibrt, 6d>lna< anb 6t8dt au bca Oarberatxa «biagttxiL 9tad)
feaetalgt« tyatxn £>«a«a
^«uwrbaung aab $m«n Tai 8a{d>«uci> Das ist «unsre» Welt, sagt Musil ver¬
*) We tüU ab^untlMBCB. Sclefta bo 6tto»tt|c ftfl bebirtllt* aamiegt «JJ
erj stehend. Das ist «ihre» Welt, sagt er
• (Srti« 4000 «rotten -m oJ
ui ia
humoristisch. [...]
imiiiiiiimiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiimiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiini VII.
,.<810(0)0(1 CB wo U.
Berthold Viertel, Spielwart, ist nicht
nur glücklich im Ausknipsen des
3 Lichts, ehe der Vorhang fällt — was
recht gut einen abrupten, ausschnitt¬
haften Eindruck macht. Sondern
auch glücklich in parodistisch-tän-
zerhaften Bewegungen seiner Künst¬
ler. In wohlangebrachten Spitzgeber¬
den, in Huschtempi. [...]
VIII.
Nicht nur das Alpha, sondern das
Omega des Werks ist Sybille Binder.
Mit geschwungenen Brauen. Mit
3 wohlgezirkt halbtiefem Sprechton.
Theaterzettel zur Mit Darlegungen, die Einfälle sind.
Wiener Inszenierung Mit einem Gefühl, das gleitet und
des «Vinzenz» weht. Mit einer Flut von Sekunden¬
bildern. Bald kauert sie. Bald liegt sie.
Bald schrumpft sie. Bald in goldgel¬
4
ben Pyjamas. Bald in was Erdbeeri-
Szenenphoto der
Berliner Auffüh¬ gem. Bald knabenschwarz.
rung: die «bedeu¬ ... Schönheit und Klugheit. Höchst
tenden Männer» fesselnd.
umringen Alpha Alfred Kerr.
dl 3
Hl I \ IIII \ IKOI.IIUS
314
315
MI'IOMI A IHK Al ! (•;
317
1924-1933
An Isis-Us/ris-Gedicht erinnert.
Es enthält in nucleo den Roman. Man
hat dem Roman Perversität vorge¬
worfen: Entgegnung: Das Archaische
und das Schizophrene äußern sich
künstlerisch übereinstimmend, trotz¬
dem sind sie total-verschieden.
Ebenso kann das Geschwistergefühl
pervers und es kann Mythos sein.370 1
320
tels deutet auch auf eine Ynderuns
der Konzeption. Viele der Motive des
jeweils überholten Plans werden aber
in den folgenden integriert. Das Erlö¬
ser-Motiv z. B. ist un < Mann ohne Ei¬
genschaften» in den Reflexionen des
Generals Stumm von Bordwehr über
die Wortgruppe Erlösen aufgehoben:
321
etritbtsfüiiL
Set Giifel eines ßciiHöls als 6pion.
■ II NVIDI I IM IO \\\ IV M Kl
X
F iir das Projekt seines Spion-Ro-
mans hatte Musil in seinem Zeitungs¬
ausschnitt-Archiv Artikel über den
für Rußland arbeitenden Alexander
Murmann aus dem Jahre 1912 ge¬
speichert — Beweis, daß er sich schon
vor dem Ersten Weltkrieg für das Mo¬
tiv der Spionage interessierte.
Die Begegnung mit Egon Erwin
Kisch, in den Jahren 1918 und später,
dürfte sein Interesse noch weiter ver¬
stärkt haben, da Kisch 1913 den Fall
des Generalstabs-Obersten Redl, ei¬
nes hochrangigen russischen Agen¬
ten, publik gemacht hatte. Die Motive
für Redls Agententätigkeit — großer
Geldbedarf wegen seiner homo¬
sexuellen Neigungen — waren gewiß
ganz andere als die für den Musil-
' sehen Helden, aber allein das Stich¬
wort Spion konnte in der österreichi¬
schen Nachkriegsöffentlichkeit große
Aufmerksamkeit sichern.
In seinem Interview mit Oskar Mau¬ Bon Vt a r dj f e I b — limfo flröfjcre tßcraddunfl. lueil i^nt
uon feinem öflereeidjiidien Catcvlanb oicle SSobltaten er-
rus Fontana für die «Literarische mieieii morben fmb Gielen ftui)re Inim Umrbe IPoruu Dl u r.
mann auf St o it e n bei StaiferB in Sfübcttcujdmlcii
Welt» vom 30. April 1926 (folgende criofleu. bann biente er eine fteitlaiiß in ber üiteeveidiiidien
Stroter, StSeil man tim bann tranlliciut)nptber entlief), luurbe !
Seite) hielt Musil auch für sein Pro¬ er ein tu ii t c n b c r £> n i f c r C e it c r r e i di e. beu tiefer
jekt «Die Zwillingsschwester» an der Ictbcnfdjaftlidje vafo 4nut »eiiififplen tunkte.1
D as Zusammentreffen
und allgemeiner Katastrophe löste
privater 3
Interview mit Ro¬
bert Musil über sei¬
beim Autor trotz aller rationalen Ab¬
nen Roman «Die
sichten unter Umständen gar nicht
Zwillingsschwe¬
klar bewußte atavistische Ängste aus
ster» in der «Litera¬
und verhinderte so vielleicht die Fer¬ rischen Welt» vom
tigstellung des Buches. 30. April 1926
322
OIE LITERARISCHE WELT
XT D
N R.
t0
18
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e™, r
HERAUSGEBER WILLY ||au
v„Uf, s„
BERLIN \ru ctjrofwo»* in RocWurk
'. S. Sx RM, ln S. 415 RM, S. *25 RM, •„ S. 125 RM,
PREIS
2-JA,,R- FREITAG, 50. APRII. ' M -V 75 RM. Keüx Verbindlichkeit (ur die Aufnahme La bc-
20
GANG l,o,Wi,n >&4 549 (Otiu Erich Dtutttb)
1926 »timmtr Nummer. Anirurnirrmiolun* nur durch den Ern»t
PFENNIG
Rowohlt Verlas, Berlin W 35, Pondxmcr Str. tajB
Robert iRuftf: Brudjftütf der Geist in vielem der Bevormundung 6rwas wie ein fachliches Gewissen, das daraus, daß Sc. Erlaucht mit Recht über
durch die Kirche entzogen habe. Er war unter Umständen dem religiösen wider¬ demagogische Angriffe entrüstet sein durfte,
(Ein Kapitel aus seinem neuen Roman)
jederzeit bereit, diese in öffentlicher Herren¬ spricht. Wenn dann gesagt wurde, daß hohe denn seine Ansichten entsprachen so ziem¬
Diotima war die Freundin Sr. Erlaucht haussitzung zu bedauern, aber wenn er Herrn nicht selten für ihre Person das täten, lich dem wirklichen Zustand der Weit
des Grafen Leinsdorf. nicht davon sprechen mußte, war er über¬ was sic in der Öffentlichkeit bekämpften, und den Ansichten aller andren arbeit¬
Von den Körperteilen, nach welchen zeugt, daß man aus irgendwelchen Grün¬ so war das nach Graf Lcinsdorfs heiligster samen Menschen.
323
i. i\ 11 >svi:)i i Ivi io \\\ i\
•124
• - r ,r r
32.r
DKR M.WN Ol I\I. I 1( .1 \S( I i \l II
326
Die Arbeit Musils an seinem um¬
fangreichen Roman wurde seit ca.
1924 durch seinen neuen Verleger
Ernst Rowohlt finanziert, und zwar
durch monatliche Vorschüsse, die
wohl ca. 250 RM betrugen. Seinem
Freund Allesch gestand Musil Ende
1925:
327
DEB \l WNOIIM EIGENS« MM I I \
828
329
! W11TSN T)l ! I\II() \\\|\ H Kl
330
Dublin war wie Musil Mitglied der
Gruppe 1925. Ihre Bekanntschaft
reichte aber vermutlich schon in das
Jahr 19 H zurück, als Musil Redak
teur der «Neuen Rundschau - im
Hause S. Fischer war.
1919 wurde Doblin für etwa ein hal¬
bes Jahr Nachfolger Musils bei der
«Neuert Rundschau», da die Hinigung
zwischen Musil und S. Fischer an ein
paar tausend Inflationsmark schei¬
terte.381
331
I)KR MANN ()ll\l I K.lASt !, ■ i ■;
332
Der Tadel Musils an die Öffent¬
lichkeit, der Rilkes Tod kaum so
schwer gewogen habe wie eine Film-
Premiere, ließe vermuten, daß ihm
Film-Premieren und ihre Begleitum¬
stände wenig bedeutet hätten. Sein
Tagebuch lehrt anderes:
333
DKK M \\\ OIIM i;k;i \S(.H\! I I N
Wirklichkeitserinnerungen zu lesen
[...] Ihrer Wirkung kommt deshalb
2
etwas von der Stärke des Erlebten zu.
Rochus-Kino in der
Später hat aber das Theater stärker Landstraßer
auf meine Gesamteinstellung ge¬ Hauptstraße,
wirkt™ Wien, Musils Lieb¬
lingskino, das er
Gestern [17. Febriar 1930] vor beinahe täglich
dem Abendbrot waren wir oben auf besuchte
334
In einem Tonfilm nach einer dummen
alten Posse spielt Vlasta Bunan einen
Briefträgervereinsobmann, der eine
Ansprache an den Postminister hält.
In Worten: er verliert den Faden,
druckst komisch herum, rutscht
plötzlich auf einem falschen Geleis
weiter. Tausendmal vorher gestaltet
worden. Ist dieses 1000 lte Mal, das
er gibt, nun eine neue Gestalt? Wahr¬
scheinlich; aber wie gleichgültig ist
diese Feststellung. Hat seine Gestal¬
tung einen Mitteilungswert? Sicher,
sie ließe sich transponieren: Aber dem
gilt gar nicht unser Interesse, sondern
es ist mit dem Augenblicksgebilde, mit
der Augenblicklichkeit des Gebildes
verbunden. Nicht die bleibende Ver¬
änderung in uns, sondern das durch
uns Hindurchgehende (und Ver¬
schwindende) ist das, was wir suchen
und lieben. Solches Ephemere ist in
aller Kunst [...]
Dasselbe: Chaplin in City Lights, er
hängt sich in den Armkorb der Blin¬
den ein, aus Versehen, aus Scheu — er
fährt mit dem Rolls Royce des Millio¬
närs Tschicksammeln: reizende Ein¬
fälle, aber ihre Bedeutung ist rasch
erfaßt. Die Ausführung gibt dem
nichts Besonderes hinzu. Aber das
Denkbare seiend zu machen, viel¬
te leicht eine Art Hünschzauber. das ist
Charlie Chaplin in das Erlebnis! I brigens ist das ähnlich
«City Lights» dem naiven Zauber des Märchens/ m
I G
/
-Gelegentlich nutzte Musil Ein¬
/ drücke aus Filmen für seine Prosa,
zum Beispiel die Szenerie von Fritz
Längs 'Metropolis» für die Beschrei¬
hung der Zukunftsstadt im 8. Kapitel
7
des * Mannes ohne Eigenschaften»;
337
DI R MAWOIINI EIGENS« II \l 1
338
Henri du weißt, was du willst, so
kannst du.
Du kannst immer wissen, was du
willst.
[•••]
nichtigstes Erfordernis: eine Leitvor¬
stellung (sowohl fürs Schreiben wie
fürs Verstehen nötig). Und zwar im
Ganzen wie im Einzelnen.
«Was ist denn eigentlich der Inhalt?» -
Diese Frage drückt eigentlich das
ganz berechtigte Bedürfnis danach
aus.
Eine Leit Vorstellung muß einfach
und drastisch sein, sonst taugt sie
nichts. 393a
339
1)1.1? M \\\ ()l I\I I K.I NSCIIAI
T
JL rotz der durch die Therapie neu
2
Kurhaus Tarasp in
gewonnenen Arbeitsfähigkeit ver¬
Graubünden. Musil
schätzte sich Musil erneut, was die
kurte hiervon Ende
Fertigstellung des Buchs betraf: sie August bis ca.
dauerte nicht sieben oder acht Mona¬ 20. September
te, sondern zweieinhalb Jahre. 1928
840
Q.
LJpatestens seit den frühen zwanzi¬
ger Jahren litt Musil an Gallensteinen.
In einer medizinischen Notiz spricht
er von namenlosen Qualen, tobend,
bohrend, krampfartig und versteigt
sich sogar zu der Behauptung, durch
derartige Krankheiten werde mehr
Leid verursacht als durch roten und
weißen Terror.395®
Auch nach der Entfernung der Gal¬
lenblase im Sommer 1926 war er auf
regelmäßige Kuraufenthalte ange¬
wiesen, die er meist in Karlsbad, 1928
in Tarasp-Yülpera absolvierte, um
die Graubündener Säuerlinge zu
trinken.
Die Landschaft ging mehr als zwei
Jahre später in einen Traum ein, der
auch im Kap. 115 des «Mannes ohne
Eigenschaften» verarbeitet wurde:
341
Dl.II M \\\ ()||\l i K.I.Nm.I ! '■! : :
M2
Nach einem schweren Zerwürfnis mit
Rowohlt im Sommer und Versöhnung
im I lerbst 1 ()29 spielte Musil mit dem
Gedanken einer Rückkehr zu S. I i-
scher. von dem er sich getrennt hatte,
weil nach dem Ersten Weltkrieg we¬
der eine Erneuerung des Redakteurs¬
vertrags bei der «Neuen Rundschau
zustande gekommen noch S. b ischer
bereit war. die «Schwärmer* zu ver¬
legen.
343
I)FR \l \\\ OHNE I K.l \S< II \! ! I
!
1 schäften»:
344
■
i ; ya
Ijär.-
oi
(‘V
•((
1 BUCHES
345
\ !
I\ll >S\ Di l IVI10 \\\l\ M Kl
.‘H6
[. •.] har ethas aus der Reihe ge
Sprüngen, eine quer schlagende Be¬
wegung; etwas hatte sich gedreht,
war seitwärts gerutscht, ein schwerer,
jäh gebremster Lastwagen war es,
wie sich jetzt zeigte, wo er, mit einem
Rad auf der Bordschwelle, gestrandet
dastand. Hie die Bienen um das Flug¬
loch hatten sich im Nu .Menschen um
einen kleinen Fleck angesetzt, den sie
in ihrer Mitte freiließen,402
••
347
i \
1)1.1! MWNOIINI. I.U;i.\S( II
348
349
Dl K \l \\\ OHM I.K.I AM 11 \, 1 i
.150
Sie hau die Tochter eixes Malers
dessen Bühnenentwürfe in der weiten
Heit berühmt waren. Sie hatte ihre
Kindheit in einem Reich von Kulissen¬
luft und Farbengeruch verbracht,
zwischen drei verschiedenen Kunst¬
jargons. denen des Schauspiels, der
Oper und des Malerateliers, umgeben
von Samt, Teppichen, Genie, Pan¬
therfellen, Bibelots, Pfauenwedeln,
Truhen und Lauten. Sie verabscheute
darum aus ihrer ganzen Seele alle
Hollust der Kunst und fühlte sich zu
allem Mager-Strengen hingezogen,
ob es nun die Metageometrie der ato¬
nalen neuen Tondichtung war oder
der enthäutete, wie ein Muskelpräpa¬
rat klar gewordene H ille klassischer
Formen. In ihre jungfräuliche Gefan¬
genschaft hatte Halter die erste Bot¬
schaft davon gebracht. «Lichtprinz*
hatte sie ihn genannt, und schon als
sie ein Kind war, hatten Halter und
sie einander zugeschworen, nicht zu
heiraten, ehe er ein König geworden
sei. Die Geschichte seiner Verände¬
rungen und Unternehmungen war
zugleich eine Geschichte unermeßli¬
cher Leiden und Entzückungen, de¬
ren Kampfpreis sie gebildet hatte
351
* Wofür würdest du ihn halten?
Sieht er aus wie ein Arzt, wie ein
Kaufmann, ein Maler oder ein Diplo¬
mat? [...] vielleicht wie ein Mathe¬
matiker Du kannst keinen
Beruf aus seiner Erscheinung erraten,
und doch sieht er auch nicht wie ein
Mann aus, der keinen Beruf hat. [...]
Er weiß immer, was er zu tun hat; er
kann einer Erau in die Augen schaun;
er kann in jedem Augenblick tüchtig
über alles nachdenken; er kann bo¬
xen. Er ist begabt, willens kräftig, vor¬
urteilslos, mutig, ausdauernd, drauf¬
gängerisch, besonnen - ich will das
gar nicht im einzelnen prüfen, er mag
alle diese Eigenschaften haben. Denn
er hat sie doch nicht! Sie haben das
aus ihm gemacht, was er ist, und sei¬
nen Heg bestimmt, und sie gehören
doch nicht zu ihm. Wenn er zornig ist,
lacht etwas in ihm. Wenn er traurig
ist, bereitet er etwas vor. Wenn er von
etwas gerührt wird, lehnt er es ab.
Jede schlechte Handlung wird ihm in
irgendeiner Beziehung gut erschei¬
nen. Immer wirdfür ihn erst ein mög¬
licher Zusammenhang entscheiden,
wofür er eine Sache hält. Nichts ist für
ihn fest. Alles ist verwandlungsfähig,
Teil in einem Ganzen, in unzähligen
Ganzen, die vermutlich zu einem
Lberganzeri gehören, das er aber
1-2
Robert Musil! 931
nicht im geringsten kennt. So ist jede
seiner Antworten eine Teilantwort,
jedes seiner Gefühle nur eine An¬ 3
sicht [.. .]>‘*08 Der Autor 1932
352
353
I : l' l I >S\ i:t| I l\H() \\\ |\ }| Kl
354
Bonadea hak die D ime, die l Jlkicii i.\
seiner unglücklichen Boxnacht geret¬
tet und am folgenden Morgen tiefver¬
schleiert besucht hatte. Er hatte sie
Bonadea getauft, die gute Göttin,
weil sie so in sein Leben getreten war
und auch nach einer Göttin der
Keuschheit, die im alten Rom einen
Tempel besessen hat, der durch eine
seltsame Umkehrung zum Mittel¬
punkt aller Ausschweifungen gewor¬
den ist. Sie wußte das nicht. Der
klangvolle Name, den ihr Ulrich bei¬
gelegt hatte, gefiel ihr, und sie trug
ihn bei ihren Besuchen wie ein präch¬
tig gesticktes I lauskleid. « Ich bin also
deine gute Göttin?* fragte sie — «deine
Bona Den?» — und die richtige Aus¬
sprache dieser beiden llorte eiforder¬
te es, daß sie ihm dabei die Arme um
den Hals legte und ihn mit leicht zu¬
rückgeneigtem Kopf gefühlvoll an¬
blickte f10
;r>:>
OKR MANN OHM I .IU \S ! i \, : '
356
35:
fflormtfith H3 ärone
DER \l \\\ OHM KIGI NS< II \i
n
_L/ as Modell für Christian Moos-
brugger ist der Zimmermann Chri¬
stian Voigt aus Tettau in Ober-
franken.
Voigt hatte schon eine längere krimi¬
nelle und psychiatrische Karriere hin¬
ter sich, ehe es in Wien zu der ent¬
scheidenden Tat kam. Er hatte 1897
einen Kollegen niedergestochen und
1902 ein Mädchen ermordet. Deswe¬
gen war er bis 1906 in der Irrenan¬
stalt Bayreuth interniert. Für vier Mo¬
nate konnte er nach Wien fliehen,
wurde zurückgebracht und 1909 als
angeblich geheilt entlassen. In der
Nacht vom 13. auf den 14. August
1910 tötete er im Prater eine Gelegen¬
heitsprostituierte — die Tat, die Musil
schildert.
Alle Einzelheiten des Prozesses gegen
(Srmorbctc
Voigt, der im Oktober 1911 statt¬ Jln* Juftmart» in Bev* ginfcn*mn ogucitjicrt.
fand, entnahm Musil den WienerZei-
4I4
tungen.
1
Während der Arbeit am Roman ak¬
tualisierte sich für den Autor der Fall
Voigt durch den Sensationsprozeß
gegen Fritz Haarmann.413
Der Fall dieses Massenmörders hatte
1924 eine große Öffentlichkeit. Über 1
Haarmanns Taten und über den Pro¬ Bericht der «Illu¬
zeß mit seiner Diskussion über die strierten Kronen-
Zurechnungsfähigkeit des Täters er¬ Zeitung», Wien,
über den Mordfall
schienen Hunderte von Artikeln und
des Zimmermanns
von Theodor Lessing ein ganzes
Christian Voigt
Buch. Musil verfolgte diese Berichte
(1878-1938), das
zur Ergänzung seines Materials über Modell des Sexual¬
Voigt - so wie er 1930/31 auch den mörders Moos-
Fall Kürten nicht unbeachtet ließ. brugger
338
Mnn 21. Cftober 1911. JtHuflrierte Sronen.jleiiunR.
*r. 4*<2. Sri)» 5.
veRT ^iOHÖNBRUMN
;
[...}Ulrich [...] malte ihr kräftig
das Schicksal aus, das Moosbrugger
bevorstand. <Zwei Männer werden
ihm die Schlinge um den Hals legen,
ohne daß sie im geringsten böse Ge¬
fühle gegen ihn hegen, sondern bloß
weil sie dafür bezahlt sind. Vielleicht
hundert Menschen werden Zusehen,
teils weil es ihr Dienst verlangt, teils
weil ein jeder gern einmal im Leben
eine Hinrichtung gesehen haben will.
Ein feierlicher Herr in Zylinder, Frack
und schwarzen Handschuhen zieht
die Schlinge an, und im gleichen Au¬
genblick hängen sich seine zwei Ge¬
hilfen an die zwei Beine Moosbrug-
gers, damit das Genick bricht. Dann
legt der Herr mit dem schwarzen
Handschuh die Hand auf Moosbrug¬
gers Herz und prüft mit der sorgenden
Miene eines Arztes, ob es noch lebt
r
VJ hristian Voigt wurde im Oktober
1911 zum Tod durch den Strang ver¬
urteilt. Im Februar 1912 begnadigte
ihn der Kaiser zu lebenslangem
schwerem Kerker.
Voigt wurde in das Zuchthaus Gar¬
sten bei Steyr gebracht und verbüßte
dort eine fast zwanzigjährige Haft. Im
1
Dezember 1930 wurde er mit fünf-
Hinrichtung in
riger Bewährungsfrist begnadigt,
Österreich-Ungarn
kehrte nach Deutschland zurück und während des Ersten
starb am 18. Mai 1938 in Nürnberg. Weltkriegs
360
2
Die Parallelaktion:
Huldigung der
deutschen Bundes¬
fürsten am 7. Mai 1908
an Kaiser Franz
Joseph I. in Schön¬
In Deutschland soll im Jahre 1918,
brunn aus Anlaß
u. zw. in den Tagen um den 15. FI.
des 60. Regie¬
herum, eine große, der Hielt die Größe
rungsjubiläums.
und Macht Deutschlands ins Ge¬
6. v. r. Kaiser
Wilhelm II. dächtnis prägende Feier des dann
eingetretenen 30jährigen Regie-
rungsjubiläums Kaiser Wilhelms 11.
3 stattfinden [...] Nun weißt Du wohl
Fünfundzwanzig¬ auch, daß in dem gleichen Jahre un¬
jähriges Regie¬ ser verehrungswärdiger Kaiser das
rungsjubiläum 70jährige Jubiläum Seiner Thronbe¬
Kaiser Wilhelms II. steigung feiert und daß dieses Datum
1913: Einzug des
auf den 2. Dezember fällt [...] ich
Zaren in Berlin
kann Dir verraten, dajs in Wien eine
Aktion im Gange ist, um [...] das vol¬
361
DLR MAW <>ll\l I K.I.Nm IIU'II \
362
Der MITTELGROSSE, ETUI SECHZIGJÄH
rige Mann saß reglos vor seinem
Schreibtisch, die Hände im Schoß
verschränkt; und wußte nicht, daß er
lächelte. Er trug einen niederen Kra¬
gen, wed er Anlage zu einem Blähhals
hatte, und einen Knebelbart entwe¬
der aus dem gleichen Grund oder weil
er damit ein wenig an die Bilder böh¬
mischer Aristokraten aus der Zeit
Wallensteins erinnerte. Ein hohes
Zimmer stand um ihn, und dieses war
wieder von den großen, leeren Bäu¬
men des Vorzimmers und der Biblio¬
thek umgeben, um welche, Schale
über Schale, weitere Bäume, Stille,
Devotion, Feierlichkeit und der Kranz
zweier geschwungenen Steintreppen
sich legten; wo diese in die Einfahrt
mündeten, stand in schwerem, tres¬
senbeladenem Mantel, seinen Stab in
der Hand, der große Türhüter, ersah
durch das Loch des Torbogens in die
helle Flüssigkeit des Tags, und die
Fußgänger schwammen vorbei n ie in
einem Goldfischglas. An der Grenze
dieser beiden Helten zogen sich die
spielerischen Banken einer Bokoko-
fassade hoch, die unter den Kunstge¬
lehrten nicht nur wegen ihrer Schön¬
heit berühmt war, sondern auch weil
sie höher war als breit; sie gilt heute
als der erste Versuch, die Haut eines
breit bequemen Landschlößchens
3 über das auf bürgerlich beengtem
Palais Daun-Kinsky Grundriß hochgeratene Gerüst des
auf der Freyung in
Stadthauses zu spannen, und damit
Wien, Vorbild für das
als einer der wichtigsten l bergänge
Palais Leinsdorf
von der feudalen Grundherrlichkeit
zum Stil der bürgerlichen Demokra¬
4 tie. Hier ging die Existenz der Leins¬
Treppenhaus im dorfs kunstbücherlich beglaubigt in
Palais Daun-Kinsky den Weltgeist überf 1
363
DI R M \\N OHM I ICI.NSt 11 M i
364
«Hier ist das Buch, in dem die sich
widersprechenden Irrungen und Wir¬
rungen unserer Zeit als tiefgefaßte
Probleme neu geschaut sind.»
«Das Sehnen der Seele vom Leben er¬
löst und vom Sein verschlungen zu
werden, was sie doch nicht erreichen
kann, ohne sich dem Leben hinzuge¬
ben und von ihm durchpulsen zu las¬
sen. Hier werden Probleme aufge¬
deckt. die an die letzten Geheimnisse
der Seelen reichen.» \...] «Wir haben
im heutigen Leben nichts, das ein
Äquivalent bilden könnte zu der vol¬
len, realen Hingabe von Leib und
365
1)1 U \l \\\ (IHM I K.l \M !
M .
1 ▼ JLusil verkehrte vom Ende des Er¬
sten Weltkriegs an bis zur Emigration
1938 in Hause von Eugenie
Schwarzwald, das als Vorbild für den
Salon Ermelinda Tuzzis alias Dioti-
mas diente. Bei ihr war —wie bei Alma
Mahler-Werfel und Bertha Szeps-
Zuckerkandl — das geistige Wien zu
Gast: Adolf Loos. Oskar Kokoschka,
1
Die Wiener Philan¬
Arnold Schönberg, Egon Friedeil. Ja¬
thropin und
kob Wassermann sind ein paar bei¬
Reform-Pädagogin
spielhafte Namen aus ihrem Umkreis.
Dr. Eugenie
Ein Kontakt mit Kathenau alias \rn- Schwarzwald
heim ist nicht überliefert. (1872-1940) 1
366
Gegen diesen Snmoxsi hie Ti //im
saß Ulrich kein geringeres Vorurteil
wie gegen seine Gattin. Er war in ei¬
nem Ministerium [...] der einzige
bürgerliche Beamte m maßgebender
Stellung, leitete darin die einflu߬
reichste Sektion, galt als die rechte
Hand, gerüchtweise sogar als der
Eopf seiner Minister und gehörte zu
den wenigen Männern, die auf die Ge¬
schicke Europas Einfluß hatten.
Wenn aber in so stolzer Umgebung ein
Bürgerlicher zu solcher Stellung auf¬
steigt, darf man füglich einen Schluß
auf Eigenschaften ziehen, die in einer
vorteilhaften Heise persönliche Un¬
entbehrlichkeit mit bescheidenem Zu-
rücktretenkönnen vereinen müssen,
und Ulrich war nicht weit davon ent¬
fernt, sich den einflußreichen Sek¬
I tionschef als eine Art properen Kaval¬
'• /£//
SuftrAZl-ßbpAjh/ •■/ • -jt-, C-t leriewachtmeister vorzustellen, der
hochadelige Einjährige kornmandie-
O 424
ren m uß.
367
I |(.| NS< I'
1)1.» \l \\\ OMNI
368
Dr. Paul Arnheim har nicht nur ein
reicher Mann, sondern er war auch
ein bedeutender Geist. Sein Ruhm
ging darüber hinaus, daß er der Erbe
weltumspannender Geschäfte war,
und er hatte in seinen Mußestunden
Bücher geschrieben, die in vorge¬
schrittenen Kreisen als außerordent¬
lich galten. Die Menschen, die solche
rein geistigen Kreise bilden, sind über
Geld und bürgerliche Auszeichnung
erhaben; aber man darf nicht verges¬
sen, daß es gerade darum für sie et¬
was besonders Hinreißendes hat,
wenn ein reicher Mann sich zu ihres¬
gleichen macht, und Arnheim verkün¬
dete in seinen Programmen und Bü¬
chern noch dazu nichts Geringeres als
gerade die Vereinigung von Seele und
Wirtschaft oder von Idee und Macht.
Die empfindsamen, mit der feinsten
Witterung für das Kommende begab¬
ten Geister verbreiteten die Meldung,
daß er diese beiden, in der Welt ge¬
wöhnlich getrennten Pole in sich ver¬
eine, und begünstigten das Gerücht,
2
daß eine moderne Kraft auf dem Hege
Walther Rathenau
(1867-1922), wich¬ und berufen sei, einstmals noch die
tigstes Modell des Geschicke des Reichs und wer weiß
«Großschrift¬ vielleicht der Welt zum Bessern zu
stellers» Arnheim lenken.42
DI .K MANN OHM I .ICI .NM 11 \ •
VON
kommenden dingen
VON
WALTHER RATHENAU
i
higkeit ist selten von eigenen Leistun-
' gen begleitet; aber auch darin mach-
2
; te Arnheim eine Ausnahme. Er zog
sich ein- oder zweimal im Jahr auf
sein Landgut zurück und schrieb dort
die Erfahrungen seines geistigen Le¬
bens nieder. Diese Bücher und Ab¬
handlungen, deren er nun schon eine
| stattliche Reihe verfaßt hatte, waren
, sehr gesucht, erreichten hohe Aufla- 1
t
3 gen und wurden in viele Sprachen
j übersetzt; denn zu einem kranken
* Arzt hat man kein Vertrauen, was
aber einer zu sagen hat, der es ver¬
standen hat, für sich selbst zu sorgen,
daran muß doch wohl mancherlei
Wahres sein. Dies war die erste Quelle
Rathenaus Schrift
«Von kommenden
Dingen» (1916)
2
Schloß Freien¬
waide, Landsitz
seiner Berühmtheit.*2* Rathenaus
Er besass in seinem Berliner Wohn-
haus einen Saal, der ganz voll mit
barocken und gotischen Skulpturen
war. Nun bddet aber die katholische
Kirche (und Arnheim hatte große Lie¬
be zu ihr) ihre Heiligen und die Ban¬
nerträger des Guten meistens in sehr
beglückten, ja verzückten Stellungen
ab. Da starben Heilige in allen La¬
gen, und die Seele rang die Körper wie
ein Stück Wäsche, aus dem man das
Wasser preßt. Die wie Säbel gekreuz¬
ten Gebärden der Arme und der ver¬
wundenen Hälse, losgelöst aus ihrer
ursprünglichen Umgebung und in
einem fremden Zimmer vereinigt,
machten den Eindruck einer Katato-
3 nikerversammlung in einem Irren¬
Wohnhaus Walther haus. Diese Sammlung wurde sehr
Rathenaus im Gru-
geschätzt und führte viele Kunstge¬
newald
lehrte zu Arnheim, mit denen er sich
gebildet unterhielt, aber er setzte sich
4 auch oft allein und einsam in seinen
Sammlung von Saal, und dann war ihm ganz anders
Plastiken in Rathenaus zumute; ein schreckartiges Staunen
Wohnzimmer war in ihm wie vor einer halb irrsinni¬
(postumer Zustand) gen Weltf 29
371
DKR \l WMIIIM I ICI NS( 11 \I : I \
372
erst als er sich auf der Straße befand,
fühlte er, daß nach Diotimas Gegen¬
wart der Anblick dieser kleinen Per¬
son etwas ungemein Lebendiges und
Erfrischendes gewesen warf32
F
-L iir die Figur des jüdischen Bank-
direktors Leo Fischei stand der jüdi¬
sche Sektionsrat Wolfgang Reichle
Pate. Musd lernte ihn und seine Frau
(das Modell für Klementine Fischei)
nach dem Ersten Weltkrieg wohl in
der Helmstreitmühle kennen. In sei¬
nem Tagebuch schilderte er die eheli¬
chen Auseinandersetzungen und die
<Abschreckungsstrategien> im Schlaf¬
zimmer des Ehepaars Reichle.433
F
-L ür Hans Sepp, den arisch-antise¬
mitischen Freund von Leo Fischeis
Tochter Gerda, ließ sich kein Vorbild
ermitteln. Musil hat diese Figur mög¬
licherweise aus rassistischen Flug¬
3
Wolfgang Reichte schriften, aus entsprechenden Strö¬
(1873-1922), mungen des Zeitgeistes synthetisiert.
Sektionsrat im Sozial¬ Die Kritik am Antisemitismus der Na¬
ministerium, tionalsozialisten war mit ihr vorweg¬
in jungen Jahren genommen.
373
EIGI NM I! M
374
[. . .] DER KLEINE STUMM [. . .] HAT-
te angefangen, wissenschaftlich Ta¬
schenmesser zu sammeln; zu einer
Waffensammlung reichte sein Ein¬
kommen nicht, aber Messer, nach ih¬
3 rer Bauart, mit und ohne Korkzieher
Die Petermandl-
und Nagelfeile geordnet, und nach
sche Messer¬
den Stählen, der Herkunft, dem Ma¬
sammlung aus
terial der Schale und so weiter, besaß
Steyr, die Musil aus
er bald eine Menge, und hohe Kasten
seiner Kindheit
kannte und die er mit vielen flachen Schubfächern und
dem General beschriebenen Zetteln standen in sei¬
Stumm von Bord¬ nem Zimmer, was ihn in den Ruf der
wehrunterschob Gelehrsamkeit brachte.**
375
I i \ 11
i: )l I l\ll<) \\\ \\ H 1(1
:r<)
Der 1. Band des MoE erschien im
Winter 1930. In einem Curriculum
Vitae kennzeichnet Musil Struktur
und Resonanz des Werkes:
377
T\
IJ ,-T Mann ohne I^tgenschaften»
halt«.- ein überwältigendes Presse-
11
sich
3?«
tisch zu nennen. Sie schildern etwas
Aufgelöstes, aber sie schildern eigent¬
lich gerade so wie früher, wo man an
die festen Konturen der Dinge ge¬
glaubt hatf*x
JOYCE
Ein Profil: der spirituaeisierte Na-
turalismus. — Ein Schritt, der schon
1900 fällig war. Seine Interpunktion
ist naturalistisch.
Dazu gehört auch die tUnanständig-
keit». Anziehung: Wie lebe der
Mensch im Durchschnitt? Verglichen
damit praktiziere ich eine heroische
Kunstauffassung.
Frage: Wie denkt man?Seine Abkür¬
zungen sind: Kurzformeln der
sprachlich orthodoxen Formeln. Sie
kopieren den sich auf Jahre er¬
streckenden Sprachprozeß. Nicht den
Denkprozeß.
Eine andere Kennzeichnung Joyce's
und der ganzen Richtung der Ent¬
wicklung ist: Auflösung. Er gibt dem
heutigen aufgelösten Zustand nach
und reproduziert ihn durch eine Art
freien Assoziierens. Das hat etwas
2 Dichterisches oder den Schein davon;
James Joyce etwas Unlehrhaftes und Wiederan-
(1882-1941) stimmen eines Urgesangsf*x“
379
M j wischen April 1930 und Sc.ptem-
! :
i kennen.
Schmitt, der seit 1926 an der Berliner
I Jandelshochschule unterrichtete,
war schon seit 1917 mit Franz Blei in
engerem Kontakt. Auf Grund seiner
Bücher über «Politische Romantik»
(1919), «Politische Theologie»
1922), «Die geistesgeschichtliche
Lage des heutigen Parlamentaris¬
mus» (1926) zählte er zu Beginn der
dreißiger Jahre zu den führenden
Staatsrechtlern Deutschlands. Über
seine Begegnung mit Musil zeichnete
er Folgendes auf:
«[...! meine persönliche und literari¬
sche Bekanntschaft mit Robert Musil
ist mir durch Franz Blei vermittelt.
Persönlich habe ich Musil nur einmal
gesehen und gesprochen. Das war al¬
lerdings ein intensives Gespräch, das
in einem für mich besonders patho-
gnomischen Moment stattfand (nach
einer aufregenden Tagung der Fried-
rieh-List-Gesellschaft über die Beur¬
teilung des damaligen Nationalsozia¬
lismus), am Sonntag, den 14. Dezem¬
ber 1930. abends 8 bis Vi 12 [...]
Franz Blei kam abends 8 Uhr pünkt¬
lich zum Abendessen: ich trank zuviel
Saarwein, er zuviel Slivovitz. Dann
kam Musil mit seiner Frau. Jeder
sprach zuviel (außer den Frauen);
Thema: sein Roman und die Wiener
Juden. Begleitete die Gäste noch zum
Bahnhof Zoo. Traurig zurück.»442
.380
im Rückblick gab Musil noch einen
anderen Grund lur seine l bersied-
lung von Wien nach Berlin an - aller¬
dings mit tendenziöser Gedächtnis¬
täuschung:
381
r 'I
I
l\ll<) \\\ l\
a
ICI
382
Verhandelt in der Freusa»3Chen Akademie der Kün^t«-, Sitzung
Hoerke Stehrs Stim¬ sind/ Ferner wird festgerteilt, dass keine von
me musste
Mann, H. leider aus- den anwesenden Mitgliedern mehr eis 2 Stimmen
falien, da
Mann, Th. ^ die beiden neben der eigenen vertritt. Die Sitzung ist also
Mitglieder,
von Molo denen er nach § 5 der Satzung beschlassberechtigt
seine Stimme
Frank übertragen (■nicht- beaclnliissberenht.igt .l-r>*rr+jrsH c o e ofi -ird
hatte, nicht Da der «Mann ohne Eigenschaf¬
Kaiser erscheinen 3 ie gesch l ossan—and—li Uhr wnn-nB;iP Sit sang ten» 1930/31 das literarische Ereig¬
konnten.
Kellermann nis des deutschen Sprachrauins war,
p.nhermrit,—die nach dam-gl-ei-ehen raragrai>faen
erhoben sich Stimmen, die forderten,
ohrip Häaje&lehL auf die nahl'"cler An'”e^iIS7n^bp>~ Musil solle in die Preußische Akade¬
383
\Jtn Sommer 1932, von Ende Juni
bis Mitte September, verbrachte Mu¬
11 \
0. M. Fontana:
DI R M \\\ < )l l\l
384
ten im Gespräche stellte er mir die
Frage: was ich denn wohl meine, wo¬
mit der zweite Band anfangen wurde.
Keine leichte Frage... Ich hatte an
jenem Abend ihm meine Einwände
gegen seine Darstellung des Helden
im ersten Bande gesagt. Ich meinte,
daß selbst ein Mann ohne Eigenschaf¬
ten einen Anfang haben muß. aus
welchem sich sein So-Sein versteht.
Musil antwortete, daß er dies aus
Gründen der Struktur des Romanes
nicht habe darstellen wollen; daß je¬
doch im zweiten Bande manches dar¬
über zu finden sein würde. Und dann
kam die Frage, die ich oben zitierte.
Ich antwortete ihm, daß ich einen
Menschen immer nur als ein Ganzes
zu sehen vermag. Daß für mich als
Psychoanalytiker gewisse Indizien,
Obertöne in der Darstellung, mir ei¬
nen ganz bestimmten Eindruck über
die Persönlichkeit dieses Menschen
nahegelegt hatten — Eindrücke frei¬
lich, die der Durchschnittsleser kaum
erfaßt haben w'urde. Wir waren, nach
einem Abendessen in einem nahen
Restaurant, nunmehr schon auf der
Straße, und als ich in weiteren Sätzen
Musil darlegte, wie ich diese Person
sähe, blieb er wie vom Donner gerührt
stehen, und fuhr mich an: <Wer hat
Ihnen das gesagt? Woher wissen Sie
das?> Sie wissen wahrscheinlich, daß
Musil ein verletzlicher, verschlossener
und mißtrauischer Mensch war. Er
hatte den Verdacht gefaßt, daß ir¬
gend jemand eine Indiskretion began¬
gen habe, und ich mußte ihm im Ein¬
zelnen darstellen [...] was mir meine
Ansicht aufgedrängt hatte. Musil w ar
von den Gedankengängen, die ich
ihm darlegte, sehr betroffen, und er¬
klärte sich überzeugt; er gab mir
Recht, er sagte mir sogar, daß genau
das, was ich vorausgesagt hatte, in
den ersten Kapiteln des zweiten Ban¬
des sich abspielen würde [...] meine
Rekonstruktion der Jugend seines
Helden und meme Voraussage, wie
der zweite Band beginnen dürfte und
die dabei angewendete Methodik hat¬
te ihn tief beeindruckt. Wir gingen
noch eine Stunde und länger zwi¬
schen seiner und meiner Wohnung
hin und her, diese Frage diskutierend,
endeten bei einer Flasche Wein in
meiner Wohnung, und er erzählte mir
manches darüber, in welcher Bezie-
3 hung das, was ihn in meinen Ideen
Rene Spitz beeindruckt hatte, zu seinem Erleben
(1887-1974) stünde. »4jI
385
;
io-
DER \l\\\ OIIM
3»<>
Aber her das, was zwischen diesen
Geschwistern vorging, nicht schon an
Spuren erkannt hat, lege den Bericht
fort, denn es wird darin ein Abenteuer
beschrieben, das er niemals wird bil¬
ligen können: eine Heise an den Rand
des Möglichen, die an den Gefahren
des L nmöglichen und Unnatürlichen,
ja des Abstoßenden vorbei, und viel¬
leicht nicht immer vorbei führte; ein
iGrenzfall», wie das Ulrich später
nannte, von eingeschränkter und be¬
sonderer Gültigkeit, an die Freiheit
erinnernd, mit der sich die Mathema¬
tik zuweilen des Absurden bedient,
um zur Wahrheit zu gelangend
387
DIR MANN Ol IM KIGl NS< !i\K|
i
!
v.-~<
nennt Musil i lagauer. Da Enrico Mar-
covaldi intellektuell zu unergiebig
1)1.K MWNOHM I M.l NM
340
i
daß er vor dieser Vorzugsart Men¬
schen eigentlich eine geheime Scheu
habe, denn ihre gedankliche Genau¬
igkeit ließ seine eigene Schwärmerei
für Genauigkeit ein wenig windig er¬
scheinen.^
391
23. XI. 19. 7-3 .XI . I<J.
0' Klages! -
Dl B M\\\ OHM I li.l \-( I ■ o
0 Klages! —
Wie oft sprech" ich Deinen Namen
des Nachts, wenn kein Schlummer
tfcfcM OV '•wW, ■
392
l
393
/Vus den beiden Gesellschaftslö¬
i
394
Der Dichter lieht i yter hem Balm
cles Lebens und sieht das Halten eines
Jcr MAß! Scöurlslflfl Eines ffiiener Geheimnisses; es schaltet, es tigert die
Soumnliften. Gesichter, es bricht aus, es zischt wie
lumjtfn, btt $enau#gcbcr bet .florrcfponbcn» gBiHieJtn”, loifet. Dampf aus Kesselfugen,
Iii^ec Wat 9gn<>d SB i l $ e I m, feiert % morgen feipen
Tf
-L-Jin kleiner Zeitungsausschnitt in
Musils Nachlaß belegt, auch der
Agent des «Man», der journalistische
Hofberichterstatter Meseritscher, ist
nicht erfunden. Er hieß Ignaz W il¬
helm.
395
I ) as < Man, die überwachende Neu -
DI-.M \l\\\OMNI I K.i \-' I!\!
396
PREUSSISCHE AKADEMIE DER KÜNSTE
An
gen Sie den Antrag doch beschleunigt vor das zuständige Gremium!
! 1JAN. ly 33
Mit kollegialem Gruss
M usil veröffentlichte im Vinter
1932 die fragmentarische, aus 38 Ka¬
piteln bestehende Fortsetzung nur
Werkhilfenausschuss
auf Drängen des Rowohlt Verlags,
Jm Aufträge
a V5
o der sich in großen wirtschaftlichen
Schwierigkeiten befand, an den rela¬
tiven Erfolg des 1. Bandes anknüpfen
wollte und sich außerstande sah, den
2. Band ähnlich lange vorzufinanzie¬
ren wie den 1., nämlich rund ein hal¬
bes Dutzend Jahre. Auf Initiative
Thomas Manns schaltete sich die
Preußische Akademie der Künste,
Sektion für Dichtkunst, ein. In der
Ecke des Briefs von Oskar Loerke an
die Mitglieder des Werkhilfenaus¬
schußes notierte Walter von Molo:
«Ich bin dafür, Musil zu geben, was
wir frei machen können.»
Oskar Loerke, Lektor bei S. Fischer.
Lyriker, schätzte Musil hoch.
Im Juli 1922 notierte er über .Musil:
3
Antrag Thomas «Angenehm, klug, warm. Freude,
Mannsaufeine daß es Menschen ab und zu gibt,
Werkhilfe für die die Welt in der Gerechtigkeit
Robert Musil halten.»461
13 ie Voten der Mitglieder des
Werkhilfenausschußes fielen zugun¬
sten Musils aus. wenngleich die Nu¬
ancen bemerkenswert sind. Heinrich
Mann stimmte zu mit der Bemer¬
kung:
«Es ist wohl die Frage, ob ein Autor
ohne Kapital sich heute auf eine viel¬
jährige .Arbeit einlassen darf [...]
Wenn nun ein Schriftsteller, der seine
Berufung schon früher bewiesen hat¬
te. inmitten seines Unternehmens ge¬
fährdet ist. müssen wir offenbar einen
anderen Maßstab anlegen als
sonst.»-"’“
r
V Jottfried Benn antwortete Loerke,
«daß man sich wohl einem derartigen
.Antrag von Herrn Thomas Mann
nicht entziehn kann, auch wenn man
über den in Frage stehenden Roman
und seinen Autor anderer Meinung
39«
wenn von ihnen die Rede ist, und
nicht etwa zu glauben, dadurch, daß
ich eine Meinung über sie abgebe,
hätte ich sie schon verdaut.»465
••
399
1933-1938
INS TAUSEND¬
JÄHRIGE REICH
I\s | U >| ND.IMIIC
fi e rkhi lf enausschuss
Jm Aufträge
Herrn
402
3
Siegfried von Kar-
dorff, Vizepräsi¬
dent des Deutschen Die schöne Erscheinung des Abc
Reichstags. Kardorff irn undeutlichen Licht von
Musil verkehrte in
Stehlampen, der verzweifelt das Ge¬
seiner Familie
sicht in den Händen vergräbt. Alle
Vorstellungen brachen ihm zusam¬
4 men. Er schämt sich der Nation. Er ist
Robert Musil in den sehr groß, kräftig-schlank, hat dich¬
frühen dreißiger tes gescheiteltes meliertes Haar und
Jahren ein adeliges Gesicht.46?
403
-lüiiyrnv'is i\ i sm
404
i
V
405
: IM I >mil\ l'(l\ IS l\ I s\l
-MX)
D ie meisten Mitglieder der Berliner
Musil-Gesellschaft hatten nach Ent¬
stehung des Dritten Reiches, selbst
emigriert, keine Gelegenheit mehr,
Musil finanziell unter die Arme zu
greifen. Eine Ausnahme bildete Klaus
Pinkus, in heikler Gleichzeitigkeit
Heinrich Mann wie Musil freund-
5 schaftlich verbunden.
Der Schriftsteller Am 21. Oktober 1933 schrieb ihm
Max Tau Musil:
407
IM l< II
I\s |Al s| M).|\HI!|U
40H
w
409
politische Entwicklung in
Hl l
410
411
>1 m imm\kivis
n.i km
412
Euer Hochwohlgeboren!
Der Freundeskreis hat sich darum die Aufgabe gesetzt, die Vollendung
Wir erlauben uns, Ihnen mitzuteilen, daß sich ein Kreis kunstverständiger
des großen Romanwerkes «Der Mann ohne Eigenschaften- zu sichern, indem
Wir dürfen vonusseuen, daß Ihnen nicht nur die ungewöhnliche des gewidmeten Betrages zusammenschließt.
Bedeutung Robert Musils bekannt ist, sondern auch die öffentliche Aner¬
Über diese unmittelbar drängenden Erfordernisse hinaus ist es unser
kennung und das kritische Urteil, das ihn zu den größten Erscheinungen
sehr begreiflicher Wunsch, dem Dichter in seinem Schaffen als Freunde
rechnet, die die deutsche Uteratur unseres Zeitalters hervorgebraeht hat. seines Werkes auch in Zukunft zur Seite zu stehen.
Dennoch sind die großen Schwierigkeiten, unter denen das Werk dieses
Die einlaufenden Beträge werden im Einvernehmen mit Robert Musil
nach dem Verlust seines Privatvermögens nur unter den größten materiellen Herrengasse 5, angchören.
aus dem Ertrag seiner Bücher seit einem Jahr erschöpft sind, in einer völlig
Dr. Bruno Fürst, Wien L Minoritenplatz 3, Einzahlungen auf das Postspar¬
ausweglosen Lage. Wir berufen uns auf die der Sähe Musils gewidmeten
kassenkonto des Genannten, Nr. B 194.084 (Robert Musil-Fonds).
»Man muß die Öffentlichkeit aufrufen und sie ermahnen, daß sie sich
wir uns wenden, die Verpflichtung gegenüber diesem österreichischen Dichter
Man wird verstehen können, daß eine solche Leistung nur durch eine
DIE FREUNDE DES DICHTERS
die den Dichter der Möglichkeiten des leichten Erwerbs beraubt haben. Wien, im Mai 1934
413
~ ;
j f
f VJafe Parsifal, Wien. Wallfischgas-
'l? . . ^
— se. hieß der Treffpunkt Musils mit
seinen Förderern aus der Wiener Mu-
j sil-Gesellschaft. wie Bruno Fürst und
Otto Pacht. Gelegentlich machte er
Äußerungen über seine Lektüre, wie
414
1
Da Musil nach Berichten Bruno
Hirsts Mitte der dreißiger Jahre schon
sehr empfindlich auf Höhenunter¬
schiede reagierte, mußten die Orte für
sommerliche Vakanzen sorgfältig ge¬
wählt werden. Gasthof zur Rose,
Mayrhofen im Zillertal, lautete Musils
Urlaubsadresse von ca. 20. Juli bis
Anfang September 1934.
Am 18. Juli schrieb er an Klaus
Pinkus:
415
Nr 11313
1 )IHII\KI\ IS IV1SM
41h
;:l
i )I>111\ f(l\ IS l\ I SM
2
Die tech.xischex RituE der Rmag
[...] schwarz-glänzende Maschinen,
geharnischtes Geheimnis. hohe
Athergeschützbatterien u. ä. [...]
Dann eine dünne Rand, und dahinter
sitzt Herr Professor Nüchtern.
i Schmale Stirn (Affenstirn?), kleiner
stark behaarter Schädel, daran hän¬
gend ein großes, länglich-volles Ge¬
sicht. Dieses Gesicht zeichnet sich
durch eine auffallende Leere aus wie
die Fläche eines Sees und wie diese 1
kann es von innen und unten nach Studio der RAVAG,
allen Seiten bewegt werden. Man hat Wien
, den Eindruck. daß es ebenso leicht in
Demut wie in Hochmut übergeht, in
Behagen wie in Ernst [... ] Sehr viel
2
Ankündigung von
Unsicherheit ist darin und viel gutes
Musils Festvortrag
, Gewissen.
«Der Dichter in
An der Hand hängt ein großes Porträt dieser Zeit» für
des Quasi-Dichters.48S 16. Dezember 1934
-t 18
In einer wenn schon nicht gewalti¬
gen, so doch gewalttätigen Zeit, in der
der Geist oft genug mißhandelt wur¬
de, hatte das zwanzigjährige Bestehen
eines «Schutzverbandes Deutscher
Schriftsteller» eine symbolische Be¬
deutung. Musil, als ehemaliger zwei¬
ter Vorsitzender zum Festvortrag ein¬
geladen, versuchte die Rolle des Gei¬
stes im anbrechenden Zeitalter des
Kollektivismus zu bestimmen:
419
Ul
INS TU Sl M).l M IKK .!
420
Musil tadelte in Paris provinzielle
Tendenzen der österreichischen Kul¬
turpolitik, sagte dann aber, im Blick
das Deutsche Reich und die Sowjet¬
union :
421
Zl h Physiologie des dichterisches
Schaffen s. Ein Fragebogen 1928’
IN:- I \l SI ND! \IIHH.I I,' i
422
ilis a£5# #■•» X \ j&Njjtig||!^’'%J
r 'r. ..;■•» > £*• Sfe1 i -v
i J. - •- • 1 *■ ® ‘i* iICt f ^K* J f£pp| ‘
I
I
I
423
ins I \i skmxi mmii .1
C
kjelbst im Jahre 1935 gab es im
Deutschen Reich noch Versuche, Mu¬
sils Werk zu diskutieren. In seinem
Aufsatz für die «Tat» schrieb Adolf
Frise im April 1935:
I «<Der Mann ohne Eigenschaften) ist
mehr als ein Roman und etwas Ande¬
res. und Musil mehr als ein Dichter
oder besser gleichfalls etwas völlig
.Anderes. Die Grenzen stoßen hart an¬
einander und zuweilen durchschnei-
den sie sich. Wb das Gefühl die Kon¬
trolle über die Wirrungen verliert und
systematische Analyse die Waffen
schärft. Wo die Dogmen zu erstarren
drohen und der Traum die allzu aus- Die „Tat" reichlich schwach
■ geklärte Sicherheit wieder in sich
schlingt. Wo die Wirklichkeit die Brachte fdjon bas $lpril*#eft 1935 eine wahre
Wahrheit Lügen straft und das Wah¬ Betle Itterarifcher Cathtroächterei, inbem es
re über den Dingen schwebt. Wo die &etrn 2R u f i I mit feinem ameibänbigen übet*
Geister wachgerufen werden und der inteüeftuellen SBäljer „Der SJtann ohne (Eigen*
Geist nichts von ihnen wissen will. Wo fdjaften »on neuem auf ein für bas 3aht 1935
das Unentschiedene die Entscheidun¬
etwas unerwartetes Biebeftal hoh. fo fteigert
gen durchkreuzt [...] und den Über¬
legungen der Boden ausgeschlagen
fidj unfere überrafthung noch beim Cefen bes
wird. Der Mann ohne Eigenschaften)
meloerfprcchenben Beitrages „Com 83 e f e n
ist ein gefährliches Buch und Musil in fchöpferifdjer Cudjfritif“ im ©loffen»
einer unerhörten Kühnheit der Spra¬ teil bes 3uli*£>eftes. £crt Campe, ber ihn oer»
che mächtig [.. .]»490 fafote, fcheint feine Campe ju $jaufe gelaffen ju
1
Solche Thesen empörten die Kultur¬
Musil bei einem Land¬
haben, unb jmar fchon aiemlich lange, fonft
wächter des Dritten Reichs, zumal ih¬ dürfte ihm nämlich aufgegangen fein, bafi es
aufenthalt am Semme¬
nen der Auftritt Musils auf dem ring, August 1935. feit einiger 3eit in Deutidjlanb eine febr rege,
(kommunistisch dominierten) Pari- Auf der Rückseite des
| ser Kongreß nicht entgangen sein
unverblümte, mit forgfältigen Cegrünbungen
Fotos die Aufschrift:
wird. Die Antwort auf Musils Pariser «Inmitten der Weltun¬
nid)t fparenbe unb immer mehr auf bas gegen*
Rede und Frises Aufsatz erfolgte in geheuerlichkeit!» ftänbliche Ceiipiel als auf ben ungegenftänb»
der SS-Zeitschrift »Das Schwarze lühen Schmus gerichtete Buchfritif gibt. Über
Korps» vom 7. August 1935; es sei leiber ftnb $errn Campe unb allen übrigen
2
«eine wahre Perle literarischer Nacht¬
Angriff des SS-Organs
„Dätern“ bie Urheber jener für unteren Stanb»
wächterei», Herrn Musil «mit seinem punft fchöpferifchen Äritif wohl ju berb
«Das Schwarze Korps»
Intellektuellen älzer «Der Mann oh¬
auf Musil und auf unb baher mufj bie „lat" nunmehr ein ihr ge*
ne Eigenschaften» von neuem auf ein
für das Jahr 1935 etwas unerwartetes
den Kritiker (den mäfjes Sbeal für berartige Äultnrfiage* auf»
Piedestab zu heben.
späteren Herausgeber rieten.
Musils) Adolf Frise
42-4
A. an 4. Juni 1935 schrieb Musil an
den nach Mallorca emigrierten Franz
Blei:
3
Robert Musil, 1935
M usil schenkte den Städtischen
Sammlungen Wien verschiedene Fas¬
sungen eines Textes mit dem bezie¬
4 hungsreichen Titel «Slowenisches
Adolf Frise Dorfbegräbnis».
425
>! : I i:>IMIIVIll\ IS IM SM
42t>
heiligsten Güterder deutschen Nation
einer «unfreundlichen Betrachtung
D
aus unter dem I itel «Wer hat dich, du
schöner Wald .Darin zeigte er die
Denaturierung des Waldes durch die
Eingriffe des Menschen. Anspielend
auf den göttlichen «Meister in Ei¬
chendorffs Lied spottete er:
427
I\> l \l SIMM VIIRIGI lil K I i
r
VJFerade erst knapp dem Tod ent¬
ronnen, schuf Musil die Vorausset-
zungen, um eine Handfeuerwaffe
32 «
beigetreten war. Daß dies Taktik und
nicht Sympathie war. geht aus dem
Kommentar hervor, mit dem Musil
eine Hede des österreichischen Bun¬
deskanzlers Schuschnigg in Steinach
vom Sommer 1936 versah: Philister
über I)irwtm
429
JL rot/ der Schmeicheleien gegen¬
über Bundeskanzler Schuschnigg
hatte Musil keine Illusionen über die
INS I \l Sl ND.IAIimt.
Y
X\_onfrontiert mit der mächtigen
Dummheit überall entschloß sich der
Autor, einer heiklen Einladung zu fol¬
gen. Er entwarf seine Rede «Über die
Dummheit», gehalten im Österreichi¬
schen Werkbund, \\ ien, am 11. März
1937 und wiederholt am 17. des Mo¬
nats. Das Bedeutsame an dieser Rede,
das allen Einsichtigen schlagartig
klar wurde, war ihre politische Sto߬
richtung:
1
430
JJjiner der Augen- und Ohrenzeu¬
gen jener Rede war der junge Palko
Lukäcs:
«Ich sah Musil zum ersten Mal im Ca¬
fe Herrenhof. Er war mittelgroß, un¬
tersetzt, hatte ein rotes Gesicht und
eine ziemlich entwickelte Glatze. Er
war elegant, wenn auch konservativ
gekleidet und schien mir eher ein ho¬
her Beamter oder erfolgreicher Ge¬
schäftsmann zu sein, als ein Dichter.
[...] Ein anderes Mal fragte er mich,
wie, meiner Meinung nach, meine Ge¬
neration sein Buch aufnehmen wür¬
de. Ich muß hier vorausschicken, daß
ich 17 Jahre alt war und mir in Wien
einen Namen gemacht hatte als Her¬
ausgeber einer Monatsschrift, die den
eigenartigen Titel «Der Neuen Jugend«
(im Dativ) trug. [...] Die Zeitschrift
war sehr polemisch. Eine Nummer
z. B. erschien unter dem Titel «Angst
vor dem Leben« und rief einen Sturm
der Entrüstung unter den älteren Le¬
sern und Mitarbeitern hervor.
Von meiner neu errungenen Höhe
setzte ich Musil auseinander, daß die
Probleme der Jugend denen des
Buches diametral entgegengesetzt
wären. Unsere Ziele und Befürchtun¬
gen gehörten einer ganz anderen Welt
an. Die kakanische Vergangenheit
wäre durch die Ereignisse der Nach¬
kriegszeit überholt — die Existenz
der Sowjetunion, der Aufstieg des Fa¬
schismus, die Wirtschaftskrise, die
besonders für die akademische Ju¬
gend Österreichs katastrophal war,
da wenig Hoffnung bestand, nach be¬
endigtem Studium eine Anstellung zu
finden. Meine Generation hatte kein
Heimweh nach der verschollenen
Welt der österreichisch-ungarischen
Monarchie. So z. B. tanzten wir lei¬
denschaftlich gerne Volkstänze, Tan¬
go, Foxtrott, doch nie Walzer. [...]
3 Einige Monate vor dem Anschluß gab
Ernst Schönwiese, einer Musil eine Vorlesung mit dem Titel
der jungen Wiener «Über die Dummheit«. Der Saal war
Literaten, die Musil gestopft voll — alles, was in Wien Rang
bewunderten. Erdrückte und Namen hatte — und kein Nazi
Lyrik und Prosa von ihm war —, war anwesend, auch eine be¬
trächtliche Anzahl von jungen Leu¬
ten. Da saß Musil allein hinter seinem
4
Tischlein und las mit einem leichten
Palko Lukäcs, Sohn
von Musils Psycho¬ Lächeln, mit vernichtender Ironie sei¬
therapeuten ne erbarmungslose Anklage gegen
Dr. Hugo Lukäcs, das Nazituin und dessen Schergen.
mit Maria Antonia Ich war tief ergriffen und bewunderte
Vazquez seine Courage.»500
431
i\> i \i si \m\nmu i:i
D ie I .ebensmöglichkeiten schrank¬
ten sich für Musil in der zweiten 1 liilf-
t te der dreißiger Jalire immer weiter
? ein - auf Grund der gesundheitlichen
Labilität und der finanziellen Misere.
An Arthur Rosin meldete Musil am
24. Juni 1937 die «negativen Bedin¬
gungen» seines Sommeraufenthalts:
432
LJ nier drin Druck der politischen
Verhältnisse im nationalsozialisti-
i
434
nisse, daß er dann auf Betreiben sei¬
ner
••
freunde den berühmten Vortra"
O
435
INS TAI SK.NDJÄHRIGI Hi l( I •
436
l
icht minder ironisch waren Pläne
der Parallelaktion für das imaginäre
Regierungsjubiläum Kaiser Franz Jo¬
sephs im Jahre 1918. Musil nutzte für
die entsprechenden Passagen die hi¬
storischen Vorlagen vom sechzigjähri-
gen Regierungsjubiläutn 1908. zum
Beispiel den von Oskar Kokoschka
entworfenen Festwagen «Zeit Jo¬
seph II. Ländliches Fest. Ernte und
Weinbau».
437
Am Jahre 1919 hatte Musil wie alle
I\> I \l >1 NDIAMHK I !il l
438
4.*‘>
fahrend Mu.sil bereits seine Emi¬
f f
1
Eugen Claassen
Die Tatsache, selber «Auswurf der (1895-1955)
Demokratie» zu sein, nalun Musil
nicht die Neigung zur Invektive:
2
Der Aushire der Demokratie Mas
Lion Feuchtwanger
(1884-1958) im Exil
kann nicht gegen Emil Ludwig, Ste¬
an der Cöte d'Azur
fan Zweig und Feuchtwanger einzeln
polemisieren, es wird Tagesgezänk,
aber alle drei zusammen, diese Nutz¬ 3
nießer der Emigration, die erst recht Stefan Zweig
WeltUeblinge geworden sind, wäh¬ (1881-1942) in
rend sich gute Schriftsteller kaum vor Brasilien
dem Untergang bewahren können,
alle drei zusammen sind sie ein unge¬
heures Symbol der Zeit, Präsident
4
Emil Ludwig
Roosevelt, der Mann des Intelligenz¬
(1881-1948) im
trust, der Emil Ludwig in der Maske
Wagen des ameri¬
eines Porträtisten beim Regieren zu¬
kanischen Präsi¬
hören läßt! 509 denten Roosevelt
44(1
441
1938-1942
DAS EXIL
1 homas Mann und Gottfried Ber-
f mann Fischer versuchten, Musil bei
I)\s
444
sehen Mädchen. Schließlich aber fan¬
den wir uns doch ein wenig zu abseits
vom Weltgeschehen, (bekamen auch
sonderbarer- und noch unaufgeklär¬
ter Weise keine Post nach gesandt
und fuhren hierher, um wieder die
Verbindung mit dem Leben aufzu¬
nehmen. Auch Zürich gefällt uns sehr
[•■•]» 511
445
il\ ! SVCI
44<>
Thomas Mann ist sehr hilfsbereit, hat
die bisherige Hilfe vermittelt [...]
Und doch, glaube ich. wäre ihm nicht
recht, wenn Robert auch hinüber gin¬
ge. Er ist wirklich auf der Höhe des
Ruhms und trifft es drüben wun¬
derbar; ich hörte, daß er nur -t Vorle¬
sungen zu halten braucht, auch ist
ihm eine \ dla in Pnnceton zur Verfü¬
gung gestellt worden. Man kann nicht
umhin, Robert’s Schicksal damit zu
vergleichen. —»51T
■+47
PF. KSIIM \ H F.S( II R RI Bl N C
Vf
IVXusil blieb bis zu seinem Tod
deutscher Staatsbürger, weil er die
Fiktion aufrechterhielt, er habe eine
d * un i Fhi frru
Reise krankheitshalber in der
Schweiz unterbrochen. Die Stempel
der Fremdenpolizei in Zürich und
|-> irinl hiermit hisrheinißt, d,ib der Inhaber dir durch
Genf zeigen, daß die Aufenthaltsver¬ das nbciMlehntde Lichtbild duyestrllte Person ist und
die darunter befindliche Unterschrift eifenhtndif- voll¬
längerung jeweils nur für ca. zwei Mo¬ zogen bat.
448
Da die Schweiz voller Emigranten
steckte, traf Musil viele alte Bekannte,
und durch sie gewann er neue, zum
Beispiel Ignazio Silone.
Silone, Mitbegründer der kommuni¬
stischen Partei Italiens, aus der er
1930 austrat, lebte von 1930 bis
1944 als Emigrant in der Schweiz.
1934 erschien seine Studie Der Fas-
cismus. Seine Entstehung und seine
Entwicklung». 1938 «Die Schule der
Diktatoren», 1939 sein Roman «Fon¬
tamara».
Silone berichtet:
«In Zürich traf Musil einige Leute
wieder, die ihn von früher kannten
und sehr schätzten. Zwei dieser alten
Freunde bemühten sich auch, gleich
nach Musils Ankunft unsere erste Be¬
gegnung zustande zu bringen, und
zwar der Dramaturg Kurt Hirschfeld
und der Schriftsteller Efraim Frisch,
der über den <Mann ohne Eigenschaf¬
ten» in der «Frankfurter Zeitung» eine
fundamentale Kritik veröffentlicht
hatte, die volles Verständnis offen¬
barte. Auf Frisch deutend, sagte Mu¬
sil zu mir: <Er und seinesgleichen sind
schuld daran, daß ich nun Emigrant
bin. [...] meine Leser und Kritiker
waren fast durchwegs Juden. In den
letzten Jahren sind sie nach und nach
alle abgereist. Hätte ich allein Zu¬
rückbleiben sollen, und wozu?»
[...] Einen Ausspruch Hegels para-
phrasierend und wiederum auf Frisch
deutend, sagte er [...]: <Er ist der ein¬
zige, der mich verstanden hat.» Nach
einigem Zögern fügte er hinzu: «Aber
4 auch er hat mich nicht verstanden.»
Und flüsternd, als spräche er zu sich,
schloß er: «Leider verstehe ich mich ja
selber nicht.»»520
440
D, rcr kunstverständige
Pfarrer Robert Leieune war der treue¬
Zürcher
•450
v/
CRfiDIT SUISSE, GENfiVE P.
X larrer Lejeune gegenüber äußerte
Qulttance
Musil den unchristlichen, taktlosen
Hecu du Credit Suisae, ä Gentve
vurrV Lcurt
Weihnachtswunsch, ihm. der immer
•neve, le 1 1 JUIL 1939 • . Cf T. solche Freundesop fer bringe, ein paar
tx/ ic»*ü ijr.CfT Il( • :*i c der selbstgefälligen, von Gunst be¬
d ordre <le pour compte de sonnten, landesbekannten Mäzene an
Monlant
r
OS , c •v V?jt: r . 266.2c fest, daß er auch mit den Reinhart-
Brüdern keine positiven Erfahrungen
Francs tCiX CCVT *w*a*i*-*** t? 10/ machte, obgleich er Respekt vor ihrer
dont quitlunce double valable pour une seule. sonstigen Leistung hatte. Hans Rein¬
hart ließ ihm durch Pfarrer Lejeune
100 Franken zukommen. Musils Ant¬
wort an Lejeune vom 10. April 1940:
4öl
Das Zusammengehen Hitlers und
I Stalins, den deutsch-sowjetischen
Nichtangriffspakt, kommentierte
. Musil so:
452
An den Schweizer Jahren beschäftig¬
te sich Musil intensiv mit der Frage
der Genialität — nicht verwunderlich,
da der Mann, der ihn aus Österreich
vertrieben hatte, allenthalben als Ge¬
nie gefeiert wurde. So hieß es etwa in
Rauschnings (mittlerweile als Fäl¬
schung entlarvten) «Gesprächen mit
Hitler», die Musil las:
«Er ist das Universalgenie. Er regt
alle Welt an: Baumeister und Generä¬
le, Gelehrte und Dichter, Staatsmän¬
ner und Wirtschafter, alle empfangen
von ihm den entscheidenden Gedan¬
ken, der ihre Arbeit glücken läßt.»529
In dem Kapitel «Eine auf das Bedeu¬
tende gerichtete Gesinnung und be¬
ginnendes Gespräch darüber» brach¬
te Musil das Problem auf die Formel:
4.>4
kamen, und er hat seither nicht auf¬
gehört, uns in Atem zu halten, auf die
formvollste und geistigste Weise. An¬
dere Oesterreicher wurden bekannter
und weiterhin übersetzt als er. Aber
für Preußen, wie Sie und ich, war Mu¬
sil die Essenz des Besten, was die
oesterreichische Literatur zu geben
hatte: feinnervig und kräftig zu sein,
geschmeidig, weise und heiter. Als wir
alle Welt zu Lesern fanden, Musil
aber für sich blieb, war mir das <ein
neuer Pall Hardy>; denn es gelang uns
nicht, Thomas Hardy dem deutschen
Leser nahe zu bringen.
Sie wissen, wie sehr meine Augen
mich am Lesen hindern, und wieviel
Zeit das Vorlesen verschlingt. Aber
wenn ich 5 Bücher der deutschen Li¬
teratur seit 1929 auszuzählen hätte,
die ich selber zu lesen begierig bin.
wäre Robert Musils <Mann ohne Ei¬
genschaften» bestimmt dabei.
Mit den herzlichsten Wünschen fürs
Gelingen Ihrer schönen und noblen
Anstrengung
Ihr
Arnold Zweig
weiland Vorsitzender des Schutzver¬
bandes Deutscher Schriftsteller.
Berlin.533
Aon
-Alu Pfarrer Robert Lejeune schrieb
er arn 11. November 1940:
7
i—l u den wenigen Schweizer Patrizi¬
ern. zu denen Musil gelegentlich Kon¬
takt hatte, gehörte Carl Jacob Burck-
hardt. Seine physiognomischen
Eindrücke von Musil umriß er so:
«Er hatte ein merkwürdiges, nach in¬
nen gewandtes Bauerngesicht, mit
kleinen, leicht mißtrauischen, äu¬
ßerst klugen Augen - Kassner würde
sagen, seine Seele war so spürbar in j
jedem seiner Worte, daß er den Blick Robert Musil
ganz aufs Reale einstellen konnte, in seinem Arbeits¬
nichts Seelenhaftes im Blick zu haften zimmer in der
brauchte, und mit diesen scharfen Genfer Pouponniere
Tagesaugen, diesem messenden,
überlegenden, äußerst Wachen seines
Sehens betrachtete er große und ferne ^
innere Vorgänge als betrachte er Porträtphoto aus
Stempel und Staubfäden, oder als derSchweizer Zeit
schaue er durch das Mikroskop
auf präzise und äußerste Wachheit 3
und Verstandesraschheit erfordernde Dos Arbeitszimmer
• Vorgänge. i536 in der Pouponniere
456
457
I_)ie Leiterin des Kinderheims, in
dem Robert und Martha Musil bis En¬
de März 19-tl wohnten, hieß Barbara
von Borsinger. Die Notizen über sie,
die freundlich beginnen, werden im
Laufe der Monate gereizter, nicht zu¬
letzt deshalb, weil die schön gelegene
Wohnung in der Pouponniere durch
Kinderlarm von anderen Mietern
nicht die Ruhe bot. die sie versprach.
Am 19. August 1940 notierte Musil
im Tagebuch:
4ö8
Schweiz: s. die Zwangsarbeits-Lager
für Emigranten, die nicht reich sind.
Es ist nichts Spezifisch-Schweizeri¬
sches: daß solche Lager Wohltaten
sind und dem Insassen moralisch nut¬
zen, hat schon Minister Friclc oder
Rust gesagt. Schweizerisch aber ist,
daß der Initiator dieser Lager (Roth-
mund?) von der Presse gepriesen wird
als besonderer Freund der Künstler
und Intellektuellen, dessen hoher
Sinn sich auch in der bitteren Wohltat
äußert,540
459
bäne ffjcaltterthelt fterta $eger butd) ihre geroinnenbe ten rourbe, aber aud) nldjt lebet Würbet für ein ©ente.
©rtdjelnung, heitern ©barme unb julefot burd) faft müt¬ Bcrroaltet rourbe ba» Canb oon btt beften Bürokratie
terliche ©aite In ftjmpatbtfcher ©elfe mllberte. (Eine ber Belt. Die Berfaffung root liberal, regiert rourbe e»
reife Celftung bot nud) Blabelalne Roebel nie Stlfa- hlerlhal, aber man lebte frelftnnlg. Brie Bürger roaren
bett), bte felbftficbere unb fcharfjüngtge ffreunbln oot bem fflefefje gleld), aber i,lrf)t alle roaren Burger. Bon
©orba». 0ud) bte Certreter ber Meinen tRoIIcn hoben ben nationalen ©egenfäfjen unb ben fle nu»l8ftnS*n
Ihren reblldten Hntetl on bet burdi „lauter Cügen" Rümpfen fagte Wufil. bah He ouher Canbe* eine unrich¬
erroldenen SBahrbelt, baft ba» St. ©oller Stabttheoter tig« Deutung erfahren hätten; fle bllbeten eher fo etrao»,
eine ganj ausgejeldjneie truppe beflfct. Huf Iffiiebet- role ein „(ubllmlerte» Zeremonien". (E» fei nld)t ein
fehnt
elgentlldjer gab bet oer|d)lebenen Nationalitäten gerne-
fen, forrbern nur eine geroiffe Bbnelgung gegenelnanbet,
eine foldje allerbtng», ble ntdjt galt pemaajt höbe not
5Dr. Stöbert SJlafll In ber ßilerarlfdjen bet eigenen Serfon. So fei blefer alte öfterr»lchi|d)-un.
S)ereiniguno SDtntertbnr. i9.+.,rvB garlfdre Ralferftaot ein Canb für ©ente» geroefen unb fei
roohrfdjeinlld) baran jugrunbe gegangen.
3n Dt. fRobert IFtufll, ber am »ergangenen TOorttag ©Int roeltere Roftprobe behonbelte In trtfffldtet Sa¬
bet bet Ctterarlfd)tn Bereinigung ju (Botte roor un* (Be. tire ba« Dhema Btbllolheken-Bibtlothekare unb gipfelte In
bruchte» unb Ungebrudrte» aus feinen 6d)tl|ten ootla» bem Mejept: Da» ©ehelmnl» aller guten Bibliothekare
I_Jher seine Lesung im Zürcher Ly- lernte man einen au» Rlopenfurt (Rärnten) [tammenben Ift, bah fie ble Bürfter nldjt lefen. ©er fld) auf ben Zn-
unb nun tn bet Sdjroelj febenben Schrlftfteller kennen halt ber Büdjer einläfjt, Ift al» Bibliothekar oerloren; et
ceumclub berichtete Musil am 27. Fe¬ ber fld) mit Wenfchen unb menfd)lld)tn Berhättnlffen un- rolrb niemals einen Ueberblldr gewinnen.
feret 3elt tn eigenartiger, gelftpotler ©elfe oueelnanber- ©Int mehr phllofophlfdi» Betrod|tung übet ben Be¬
bruar 1939 an Dr. Nellie Kreis: fe^t unb fte mtt häftftd)em gumor unb feiner jronle ju griff „Ctebe , ble jelgte, role feljr ber Dldjter Denker IR
jeidjnen roeife. (Er rourjelt feft Im felber bal)lngdd)roun- unb ben Dingen nach Urgrünben nadjfpürt, leitete über
benen Oeftetrelrb, ba» un» Schroeijern fo fgmpatbtfd) jur koftlldjen Satlre\.Rtelne ®e|d)ld)le über Denkmüler".
root.
[. . .] DER LyCEUM-KlUB HAT ZU MEINER Denkmale ober Denkmälert Schon ble jroelfelbafte
,(E» log nab«, ba& ber Sortragenbe [eine Darbietungen OTehrjahlbllbung beute auf ©ertfragllebhelt hin. ffloju
mit einem ba» alte öftetr«id)tfd)-ungorltd)« Ratferreld) Denkmäler? Sie rounben hlngeftelll, um nicht gefehen tu
Vorlesung eine hektographierte Ein¬ diorohterlflereitben Rapltel begann. Rontrapunhtlfd) bo» roerben. Sdiuhlnfel, Rompah. fRld)tung»jelg»t nennt et
ruhefofc Ceben einer amerthantfdjcn SBeltftabt jelchnenb, fl». ÜBen fle barftellen? Der Beruf ber meTften fei, ba«
leitung verschickt, worin — scheinbar roo ber Bientet) gehest, gefahren, gehoben, gefdjoben rolrb ©ebenken ju roechen. Dlefen Beruf oerfehlten bl» Denk-
unb gelmroeb bekommt nodi „aufgehalten werben, nadi mäler Immer, Wan bemerke fte nldjt, nein, fte t n t mer¬
in <twerbender» Absicht — zu lesen fteehenblelben", lieh er ba» alte Oeflerreld) erltehen, über kten fld) [ogat un*. Da» gleiche fet übrigen« oon Silbern
ba» fo oft gerolfceft rourbe. ba» atro etn Canb mar roo an ben ©änben ju lagen, freute müffe man oon einem
war, daß ich meinen Hohnsitz zwar fld) leben lieh, roo ber fütenfd) SJlenfd) fein konnte.'Rein Denkmal mehr oerlangen. fRüchftänblg fei unfert Denk-
ffieltrolrtfdtafleehrgelj roar ba, man härte nld)t» oon Ro- mol9hunft Im 3eftalter be» Cärme unb ber Bewegung.
verlegt hätte, aber trotzdem tArier» lonlen, non Ueberfee. Utan hotte a u d) tempo bod) nldjt 5» [el eine au»gefud)te Bosheit, groben männern Denk-
ju olel. Wan trieb Sport, bod) nld)t fo närrlfd) role ble mäler ju fehen. ©Bell man Ihnen Im Ceben nldjt mtbt
sei, oder daß ich ihn verlegt hätte, Bngelfad)fen. Det Cujue roor nlcf)t überfeinert. IE» roor [droben könne, fenke man fle mit einem Wühlfleln be-
ein Canb, roo nldjt jebe« ©ente für einen Cümmel gehol¬ fdjroerl In» Weer bet Bergeffenhelt. m.
obzwar ich es sei. Gestern habe ich
von einem guten Bekannten, der des¬
halb nicht in die Vorlesung gekommen
2
ist, obwohl er mich nicht eine Sekun¬
de lang der Mitwisserschaft verdäch¬
tigt hat, diese odiose Geschichte er¬
1
fahren. [...] Eine paradoxe Welt, die
Lyceumclub Zürich
auf dem Kopf steht, weil sie keinen
hat!™*
2
Bericht des «Land¬
Im Vortragssaal des Kirchgemein¬ boten» über Musils
dehauses fand die Winterthurer Le¬ Lesung in Winter¬
sung Musils vom 22. Januar 1940 thur
400
interessierte in der Schweiz nur noch
ein kleines Publikum. In Winterthur
scheinen es ca. 20 Menschen gewesen
zu sein. Es war offenbar sein letzter
öffentlicher Auftritt auf Schweizer
Boden. Am 11. Februar 1940 berich¬
tete Musil an Fritz Wotruba:
4
Dr. Doris Gäumann- Ich habe keinen faden Nachge-
Wild, Organisatorin schtnack von der Winterthurer Unter¬
der Lesung Musils im nehmung, aber daß sie mißglückt ist,
Zürcher Lyceumclub steht außer Zweifel; ich sehe es auch
am 22. Februar 1939
an dem Nachfrost, von dem der fröhli¬
che Professor Hunziker befallen wor¬
den zu sein scheint, der nichts mehr
5
Rudolf Hunziker, hat hören lassen, obwohl ich ihm
Vorsitzenderder noch dazu — von so vielen Jahren ge¬
Literarischen Vereini¬ rührt — zu seinem 70sten Geburtstag
gung Winterthur gratuliert habe. ’*1
461
Y\ ährend ringsum das alte Europa
in Trümmern fiel, meditierte Musil im
Schweizer Exil noch immer darüber,
ob der «Mann ohne Eigenschaften»
nun mit seiner Schwester schlafen
solle oder nicht. Ein beliebiger Zei¬
tungsbericht konnte das Problem
akut machen. So ein Artikel über
Trance-Tänzer auf Bali in der «Neuen
Zürcher Zeitung» vom 10. Dezember
1939. Musil nahm ihn zum Anlaß,
um über den geplanten Inzest der Ge¬
schwister Ulrich und Agathe zu re¬
flektieren.
4<>2
D urcli die politische Entwicklung
sah Musil in der Schweiz, dem Land
Bachofens, die Frauenfrage neu ge¬
stellt: Agathe zwischen den Theorien
der sowjetischen Frauenbataillone
und den Vamps des amerikanischen
Films.
463
_jmr. Art Mae West hatte Musil in
der ‘vhweiz unter seinen Bekannten.
Nur besaß sie, Susanne Langnese,
den Vorzug, mit einem begüterten
Mann (Rolf Langnese) verheiratet zu
sein und Musil hin und wieder mit
Geld zu bedenken.
Am 3. Dezember 1941 dankte Musil
ihr für ein solches Geschenk:
464
dern der Neuen Schauspiel AG Zü¬
rich, die das von Schließung bedrohte
Zürcher Theater rettete, und er un¬
terstützte auch Musil gelegentlich.
Q
LJo verkehrte er auch in Genf mit
ihm.
4bo
Stellen Sie sich einen BCffel ior.
dem an der Stelle seiner gewaltigen
Hörner ein anderes Hautgebdde,
nämlich zwei lächerlich empfindliche
• Hühneraugen», entstanden ist. Die¬
ses Uesen mit der gewaltigen Stirn,
die einst Haffen getragen hat und
jetzt Hühneraugen trägt, ist der
Mann im Exil. Har er ein König, so
redet er von der Krone, die er einst
besessen hat, undfühlt, daß die Men¬
schen schon zweifeln, ob es auch nur
ein Hut war, ja er selbst zweifelt am
Ende, ob überhaupt noch ein Kopf auf
seinen Schultern sitzt. Es ist eine
traurige, aber fast ebensosehr eine lä¬
cherliche, und darum doch doppelt
traurige Situation.5*9
4<>(>
4
■i67
\ j\f Bekanntschaft aus W ien mit
dem Bildhauer Fntz Wotruba setzte
sich un gemeinsamen Schweizer Exil
fort und wurde zu einer Art — wenn
auch von Musils Seite nicht ungebro¬
chenen — Freundschaft. Wotruba
über die Besuche Robert und Martha
Musils in seinem Genfer Atelier:
«Jeden zweiten Tag holten sie mich
vom Arbeitsplatz, manchmal kam er
allein. Er saß dann oft stundenlang
und schaute mir bei der Steinarbeit
zu. Der Rückweg führte zwischen den
halbhohen Gartenmauern, die die
aristokratischen Parks und Besitzun¬
gen der Genfer Patrizier umschlossen.
Diese Mauern waren von einer selt¬
samen Eindringlichkeit. Durchaus
nicht monoton, sondern eher voll von
versteckten Überraschungen. Es wa¬
ren Mauern, die schöpferische Eigen¬
schaften entwickelten: das Gehen
zwischen ihnen, gemeinsam mit Mu¬
sil, war von großem Gewinn. Auf die¬
sen Wegen lernte ich Musil kennen;
hier ging er aus sich heraus .
Musils Beurteilungen waren frei von
Bewunderung oder Verachtung, sie
waren sachlich, beinahe wissen¬
schaftlich nüchtern und dadurch
manchmal auszeichnend, manchmal
vernichtend, hn Gegensatz zu seinem
sehr komplizierten Stil war er im Ge¬
spräch einfach, klar und leicht ver¬
ständlich, das Fremdwort vermei¬
dend, wo es möglich war. Die Antwor¬
ten waren immer überlegt; er brauch¬
te Zeit, kein Satz wurde wegen seiner
Brillanz gesagt, kein Einfall wegen
seiner Einzigartigkeit ausgespro¬
chen.»552
In seinem Tagebuch notiert Musil
über Wbtrubas plastische Antriebe
und Prinzipien:
4h8
schenk Wotrubas zu Weihnachten
1940, eine Graphik, die ein junges
Paar, möglicherweise - in Anspielung
auf Ulrich und Agathe - ein Geschwi¬
sterpaar, wiedergibt.
469
r jjiffntlirli war Musil der Meinung,
nur das Geniale sei erträglich und die
| Durchschnittsmenschen müßten ge¬
preßt werden, tun es hervorzubringen
oder gelten zu lassen. Die Frage, die er
I
dabei nicht beantwortete, war. was
geschah, wenn sich die Sphären zwei¬
er Genies berührten: die seine und die
Wotrubas zum Beispiel.
I
Eine Formel: der geniale Künstler
muß und darf den Banausen ausbeu-
ten; er übt ein höheres Recht mit gro¬
ßer Rücksichtslosigkeit aus. Befremd¬
lich an dieser Gewalttechnik ist aber,
daß sie auf längere oder kürzere Beile
mit Freundschaft verbunden wird.
Dabei spielt Marian auf den weißen
Klaviertasten und Fritz streicht den
Baß.
Aber er trinkt und lacht gern mit den
Leuten und ist wirklich ebenso nett,
!
wie er sich auch selbst in ihrer Gesell¬
schaft wohl fühlt.555
470
Die junge Frau: Entschuldige, lieber
Säulenheiliger, ich bin jetzt in Eile;
übermorgen komme ich nochmals
vorbei!
(Nach acht statt zwei Tagen:)
Die junge Frau: Fiier, lieber Alter!
Halte mich nicht für schlecht oder
vergeßlich. Ich weiß ja alles! Aber ich
kann manchmal nicht anders!
Der Säulenheilige: Gewiß, gewiß! Ich
vermag ja auch nicht zu sagen, daß
du eine Verpflichtung hättest!
(Nach sechs statt vier Wochen:)
Die junge Frau: Oh, ich weiß es sehr
gut! Ich suche dich diesmal in weni¬
gen Tagen wieder auf! Laß mich ge¬
nau sein, höchstens in drei Tagen! Tu
mir nicht weh und erwidere nichts!
(Diesmal ist viel Zeit vergangen:)
Der Säulenheilige: Was soll ich ihr
sagen? Die Tage sind schon wieder in
die Wochen gekommen, und die Wo¬
chen werden noch eine Endlosigkeit
gebären. Der junge Herr macht sich
nichts wissen, und die junge Frau
macht sich alles vergessen. Dabei
muß mein irdisches Postament von
Zeit zu Zeit neu gekalkt werden, und
dergleichen mehr. (Überlegt.) Was
soll ich tun? Religiosität in der Brust
dieser Menschen wecken, die Zer¬
streuungen im Kopf haben, und
nichts weniger als meine Höhe?Klap¬
pern und Schaumschlagen, oder das
lächerliche Schauspiel eines steiner¬
nen Heiligen darbieten, der herab¬
steigt und einem nachläuft? (Ärger¬
lich:) Es ist wenig zartfühlend, mich
vor eine solche Entscheidung zu
stellen!
(Der Säulenheilige schreibt schlie߬
lich einen Brief Es ist ein etwas be¬
schämendes Schauspiel. Der Schöp¬
fer im Himmel lacht über seine vor¬
zügliche Welt.)
Gott: Schämst du dich nicht, alter
Säulenheiliger!
Der Säulenheilige: Doch, doch! Aber
2 warum ernährst du deinen Heiligen
Musil-Büste von
eigentlich nicht selbst!
Fritz Wotruba.
Sie fand beim (Gott zuckt die Achseln und lacht;
Porträtierten und und der Säulenheilige möchte über
seiner Frau nicht ihn lachen, wenn ersieh nicht vor ihm
allzuviel Beifall fürchteteJ556
471
W~ \
I
lor, ein wenig stolz gewesen ist, und
aus dieser Zeit hat sich ein etwas alt¬
modisch gekleideter Kaufherrengeist
bis auf unsere Tage erhalten. So gibt
es hier einen kleinen Villenbezirk, wo
— die Hähne nicht krähen dürfen. Es
ist polizeilich verboten. Wird einer ]—2
angezeigt, so muß sein Besitzer Strafe chemin des
zahlen. Sie werden, damit sie ihren Clochettes 1
Zweck als Hahn trotzdem erfüllen Genf-Champel
472
können, irgendwie beizeiten an den
Stimmbändern operiert. Ich habe von
keinem zweiten Ort der Heit gehört,
wo ein solches grausam-vornehmes,
und nicht etwa ein Spital und derglei¬
chen, sondern die Ruhe der Noblesse
schützendes Gesetz existiert. Und
Nietzsche sagt, daß alles Vornehme
grausam sei; aber ich liebe Genf für
diesen Ausnahmezustand, den sein
Gesetz in der Hielt der Lautsprecher
und Denkstörungen hinterlassen
hat [.. ,]557
7
/ j u den obligaten Übungen gehörte
in Genf auch der nachmittägliche
Spaziergang, der sich folgenderma¬
ßen abspielte: Robert und Martha
gingen zuerst einmal gemeinsam vom
2 Hause fort; mit der Entfernung vom
Robert und Martha Haus vergrößerte sich der Abstand
Musil beim Aufbruch eschen Musil und seiner 1 rau. und
zum Spazier- bei der Rückkehr marschierte Musil,
gang, Chemin des mit Stock, mehrere Meter weit vor sei-
Clochettes 1 ner Frau.»558
473
H ans W. Schwerin, Enkel des Sal-
varsan-Erfinders Paul Ehrlich, lebte
von 1937 bis 1941 in der Schweiz. Er
lernte Musil durch Vermittlung des
Schweizer Autors Otto Wirz kennen.
Schwerin, selbst Lyriker, erinnert
sich:
«Musils hatten ein Haus im Genfer
Vorort Champel bezogen, das wir Vo¬
gelbauer nannten, da es aus mehreren
kleinen Zimmern bestand, von denen
jedes ein Stockwerk bildete. [...] Es
war in einem dieser kleinen Zimmer,
seiner Arbeitsstätte, daß Musil mich
fragte, ob er mir ein Kapitel des »Man¬
nes ohne Eigenschaften) vorlesen
dürfe, das er gerade beendet habe — er
sagte <dürfe>, es klang eher wie ein
Ansinnen. Wir waren allein, d. h. er,
Frau von Musil und ich. Sie ließ ihn
niemals für mehr als wenige Minuten
allein. Nachdem er vor einigen Jahren
einen leichten Schlaganfall erlitten
hatte, war sie stets um ihn besorgt
und ängstigte sich, wenn er wenige
Minuten auf sich warten ließ. »Nun
fehlt nur noch einen, sagte er, indem
er seine Brille aufsetzte, »dein ich das
gern vorgelesen hätte: Ihr Vetter.>
Das w ar mein Großvetter Klaus Pin-
kus, mit dem ihn eine lebenslange
Freundschaft verband. Es war ein
großes Erlebnis, einen Schriftsteller,
der für mich seit meiner Jugend ein
Klassiker geworden war, mir ganz
persönlich etwas vorlesen zu SEHEN.
Ehrlich gesagt, war das Erlebnis des
t Sehens so stark, daß ich dem Gelese¬
1
nen selbst nur w enig Aufmerksamkeit
Hans W. Schwerin
I schenkte. Musil w»ar sichtlich erregt. (*1916)
4?4
2 seine hohe gefurchte Stirn war gerö¬
tet, die Stimme bebte, manchmal
stockte er, als gefiele ihm eine Formu¬
lierung noch nicht recht, und ein-
oder zweimal trug er eine Korrektur
ein — es war, als sähe ich den Dichter
bei seiner Arbeit. Plötzlich legte er
seine Brille ab und sah mich an. <Wie
gefällt es Ihnen?> Pause. <Was sagen
Sie dazu?>
[...] <Ich finde es ausgezeichnet. Sehr
eindrucksvoll.) Ich werde nie verges¬
sen, wie er sich zurücklehnte, seine
hohe gerötete Stirn mit dem Taschen¬
tuch wischte und mit einem tiefen
Aufatmen der Erleichterung sagte:
<Gott-sei-Dank. Sonst wär’s ja auch
furchtbar gewesen.) Es w ar der Aus-
2 druck eines großen Geistes in seinem
Musil im tödlichen Kampf mit seinem
März 1941 Zweifel...»559
475
DAS
476
gleicherweiU, / Und wenn mit eins
durch Eros'goldnen Pfeil /Das Innre
beider Busen wird versengt, /
Wenn keins sich selbst liebt, jedes so
dem andern / In gleicher Lust und
Neigung zugewandt, / Daß beide auf
ein einz ’ges Ziel sich richten, /
Wenn unerreichbar bleibt viel tau¬
send andern / So feste Treue, solcher
Liebe Band, / Könnt 's bloßer Mißmut
lösen und vernichten?>
2 3
j^^eben Michelangelo war Dante ei¬
ne der Identifikationsfiguren Musils
in der späten Schweizer Zeit. Auf ei¬
nem seiner letzten Korrektur-Blätter
schreibt er:
478
479
I)\"
480
^ jr^_' ^r-)
t
A>
Ovu 7^* ■fuui-A > prtv^'l^ 1 |
^ ~ .UJJIXI**,
•«■M, Vf\)ty.£ D -w
w; CD
LMXtf <2^-t
481
M artha Musil au Klaus Pinkus:
«Genf. 3. V. 1942.
Lieber Herr Pinkus!
Mein Mann ist beim Auskleiden zum
Bad vom Tod getroffen worden, ohne
Vorahnung, ohne Schmerz. Ich fand
ihn. als ich ihn rufen wollte und ah¬
nungslos die Tür des Badezimmers
öffnete, leblos liegend, mit heiterem,
spöttischem Ausdruck. Es war un¬
möglich zu glauben, daß er tot sei;
einige Minuten vorher hatte er gesagt:
ich will noch schnell vor Tisch ein Bad
nehmen, — den ganzen Vormittag war
er wie immer im .Arbeitszimmer und
zwischendurch in unserem hübschen
Garten, den er selir liebte; in ruhiger,
guter Stimmung. Er muß beim Aus¬
kleiden eine heftige Bewegung ge¬
macht, sich zu plötzlich gebückt ha¬
ben, w-as er nicht sollte. .Anders ist es
nicht zu erklären. Es war nicht ein
Herzschlag, sondern ein Blutaustritt
im Gehirn. Er litt schon lange an ho¬
hem Blutdruck, hatte aber so wenig
Beschwerden davon, daß er nicht im¬
mer vorsichtig genug war.
Ich will von mir gar nichts sagen.
Aber es ist unfaßbar und furchtbar
traurig, daß er nicht sein Werk und
sein Leben vollenden konnte. Trotz
vieler Bitterkeit lebte er gern und
fühlte sich mindestens bis zum
80. Jahr sicher; er dachte noch vieles
zu schreiben, wenn endlich der Mann
o. E., der ihn überaus angestrengt
hat, beendet w äre. Das nächste Buch
sollte etwas Aktuelles werden, Apho¬
rismen und kleinere Essays. Er hat
unendlich viele Konvolute mit kleinst
beschriebenen Folioblättern hinter¬
lassen: Notizen, Entwürfe, ältere Fas¬
sungen. — Aber er hätte nie etwas Un¬
fertiges veröffentlicht, und niemand
als er könnte das Begonnene voll¬
enden.»564
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NACIIWORI
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L. nd er nah mit einemmal viele solcher Bilder Fi in Schreibender, der wohl zu Zeiten von Bil-
. .1 Der Anblick einer Wiese am frühen Morgen. i\ ird. sic aber nicht zu komman¬
— Das von der Eisenbahn gesehene, von dicken dieren vermag, der seinen Erinnerungen wohl im
/ Abendnebeln erfüllte Bild eines langen, gewunde¬ allgemeinen trauen kann, im einzelnen nicht immer
nen Flußtals. Am anderen Ende Europas ein Ort. - er ist auf Hilfsmittel angewiesen, die ihm die
wo er sich von einer Geliebten getrennt hatte; das Eindrücke liefern, die ihm sein Kopl momentan
Bild der Geliebten war vergessen, jenes der erdigen verweigert. Seit Daguerres Erfindung sind dies für
j Straßen und schilfgedeckten 1 läuser frisch wie ge- nicht wenige Autoren - so auch für Musil - Photo¬
i steril. Das Achselhaar einer anderen Geliebten, ein¬ graphien.
zig und allein übriggeblieben von ihr. [...] Ein
Mensch auf verschiedenen Wegen, beinahe peinlich
anzusehen: er: wie eine Reihe Puppen übrig geblie¬ j\ I usil sammelte - das geht aus dem poetischen
ben. in denen die Federn längst gebrochen sind. Werk wie aus den begleitenden Schriften herv or -
Man sollte meinen, solche Bilder seien das Flüchtig¬ Photos. Er hielt sich zum Beispiel an die zeitgenös¬
ste von der Welt, aber eines Augenblicks ist das sischen Journale:
ganze Leben in solche Bilder aufgelöst, nur sie ste¬ «Ich liebe nämlich illustrierte Zeitschriften. Als
hen auf dem Lebensweg, nur von ihnen zu ihnen drastische Archive. Man sieht da Bewegungen. Aus¬
scheint er gelaufen zu sein, und das Schicksal hat drücke, die besser sind als eine seitenlange Sitten¬
nicht Beschlüssen und Ideen gehorcht, sondern die¬ schilderung. Nur liest sie das Publikum nicht rich¬
sen geheimnisvollen, halb unsinnigen Bildern.» tig, sieht, was sie intendieren, nicht w as sie sind. Mit
Ein Mann, der als intellektueller Schriftsteller par dem Bildermaterial, das bei Ullstein einläuft, und
excellence gilt, im Bann der Bilder. Bilder, mächti¬ einigen Unterschriften ließe sich da wohl etwas sein'
ger als Verstand und Wille. Bilder, jäh vor dem Amüsantes machen.» So in einem Brief an Franz
inneren Auge aufspringend, unabweisbar und be¬ Blei vom 4. Februar 1925, mitten während der Ar¬
zwingend. Eidetiker nennt man Menschen, die von beit am großen Roman, der später «Der Mann ohne
solchen, direkt physisch wahrgenommenen Bildern Eigenschaften» heißt. Musil selbst, der nur wäh¬
heimgesucht werden, oft spontan, ohne entspre¬ rend seiner Tätigkeit als Redakteur einer Soldaten-
chende reale Reizgrundlage, wie es für die frühe zeitung professionellen (und recht konventionel¬
Kindheit typisch ist. Einmal Gesehenes steht mit len) Umgang mit Photos gehabt hatte, begriff, daß
geradezu photographischer Treue vor ihnen. War das Bild den Zeitcharakter unter Umständen ra¬
Musil ein Eidetiker? Dafür spricht manches. Zu oft scher und leichter festhielt als das Wort, ja, daß die
taucht dieses Phänomen der unwillkürlich-ban- Kamera manches fixierte — Walter Benjamin nann¬
nenden Bilder in seinem Werk auf, als daß man es, te es das «optisch Unbewußte»—, was dem Auge
quasi mit einem Lidschlag, fortw ischen dürfte: und der Sprache zunächst verborgen blieb. Die Ka¬
«Erinnerungen quälten Anders; er sali plötzlich je¬ mera mit ihren kurzen Verschlußzeiten machte Ge¬
de Statue und jede architektonische Einzelheit ir¬ biete betretbar, die dem unbewaffneten Auge ver¬
gendeiner daran überreichen Stadt vor sich, die er schlossen waren, sie hielt Momente fest, die den
vor Jahren besucht hatte; Nürnberg stand vor ihm Sinnen rasch entglitten — die Streckung einer Ten¬
und Amiens, obgleich sie ihn niemals gefesselt hat¬ nisspielerin, die Gebärde eines Masseurs: das Ull¬
ten; irgendein großes rotes Buch, das er vor Jahren stein-Bildarchiv, auf das Musil sich bezog, gibt sie
in einer Auslage gesehen haben mußte, ging vor noch heute wieder (s. S. 357). Wobei man in diesem
seinen Augen nicht weg.» Falle studieren kann, wie Musil sich nicht sklavisch
So zu lesen in dem berühmten Entwurf aus den an die photographische W irklichkeit hielt, sondern
frühen zwanziger Jahren mit dem Titel «Die Reise retuschierte oder entblößte. Er zog der Schwimme¬
ins Paradies». Aufenthalte in Städten, die zunächst rin, ohne das in der Stellung der Hingabe hochgezo¬
so gleichgültig waren, daß sie nirgends dokumen¬ gene Knie zu touchieren, den Badeanzug vom Lei¬
tiert sind, w eder in den Tagebüchern noch in den be. um die Sachlichkeit des Masseurs in seinem
Briefen, dann gegenwärtig in einem Moment, der Arztekittel ins Menschenfresserische-Sexualmör-
über das weitere Schicksal des 1 leiden entscheidet. derische zu steigern.
Vi ährend des Ersten Weltkriegs erinnert sich Musil,
daß er sich in Berlin zur Zeit seines Studiums Tests
unterzog, bei dem sein Gedächtnis-Typus festge- -/^uich Musil blätterte gelegentlich in den «dicken,
> stellt werden sollte. Man unterschied damals drei alten Alben mit Lichtbildern seiner Familie». Trotz
Typen: visuell, auditiv oder motorisch, wobei er in der Vernichtung seines W iener Nachlasses gegen
keine der genannten Rubriken exakt paßte. Er Kriegsende 1945 haben sich manche jener Aufnah¬
j selbst charakterisierte sein Gedächtnis - «erstes men erhalten mit den Felsblöcken aus Karton, «die
Kapitel einer Autobiographie» — und seine Phanta¬
von Efeu aus Papier umsponnen waren», mit den
sievorstellungen so: er stelle unanschaulich vor, in
Offizieren, die die Beine auseinander stellen und
«Sachverhalten»; er merke sich auch selten Einzel¬
den Sabel dazwischen, mit den Mädchen, die die
heiten. ondern nur irgendeinen Sinn der Sache.
Hände in den Schoß legten und die Augen weit
Darum schreibe er auch so schwer.
öffneten; mit den Männern, deren Hosen «in kiih-
4B(.
ner Romantik, ohne Bügelfalte, gleich gekräusel¬ selbst mit dem Vergrößerungsglas nicht zu entneh¬
tem Rauch von der Erde» aufstiegen und deren men sind, und er bietet zudem akustische Informa¬
Röcke einen «runden Schwung» hatten, «etwas tionen, die in ein dichterisches Bild transformiert
Stürmisches, das die steife Wurde des bürgerlichen werden:
Gehrocks verdrängt hatte». Musil entwickelt aus «Diese Stimme von Tante Jane war wie mit Mehl
dem Material der Kami lienalben eine Physiognomie bestaubt [...] geradezu wie wenn man den nackten
der Zeit, die vor seiner Geburt lag: Arm in ganz feines Mehl getaucht hätte. Fine beleg¬
«Das mag so zwischen achtzehnhundertsechzig te, eine mild panierte Stimme; es kam davon, daß
und -siebzig gewesen sein, nachdem die Anfänge sie sehr viel schwarzen Kaffee trank und dazu lan¬
des [photographischen] Verfahrens uberwunden ge, dünne, schwere Virginiazigarren rauchte, die
waren. Die Revolution der Vierzigerjahre lag als zusammen mit dem Alter ihre Zähne schwarz und
wüste Zeit längst zurück, und es gab neue Lebens¬ klein gemacht hatten. Sah man ihr ins Gesicht, so
inhalte, man weiß heute nicht mehr recht, welche; konnte man übrigens auch glauben, daß der Klang
auch die Tränen, Umarmungen und Geständnisse, ihrer Stimme mit den unzählbaren kleinen, feinen
in denen das neue Bürgertum zu Beginn seiner Zeit Strichen Zusammenhängen müsse, von denen ihre
seine Seele gesucht hatte, gab es nicht mehr; aber Haut wie eine Radierung überzogen war.»
wie eine Welle auf Sand ausläuft, war dieser Edel¬ So eindrucksvoll ein Photo sein kann — es bleibt
mut nun bei den Kleidern angelangt und einer ge¬ zweidimensional. Ein Schriftsteller wie Musil be¬
wissen privaten Schwunghaftigkeit, wofür es wohl gnügte sich nur hin und wieder damit. Fr stellte — a
ein besseres Wort geben mag, von dem aber vorläu¬ second maker under Jove - erst die Plastizität eines
fig nur die Photographien da sind. Das war die Zeit, Menschen, seiner Figur her und wies auf die Analo¬
wo die Photographen Samtjoppen und Knebelbärte gien zwischen der akustischen und der optischen
trugen und wie die Maler aussahen, und die Maler oder haptischen Physiognomie hin.
große Kartons entwarfen, auf denen sie kompa¬ Photographen konnten für Musil offenbar nur un¬
gnieweise mit bedeutsamen Figuren exerzierten; ter ganz besonderen Umständen (oder gar nicht) zu
und den Privatmenschen schien es zu dieser Zeit Genies werden - diese Rolle war seiner Meinung
gerade an der Zeit zu sein, daß auch für sie ein nach den Dichtern Vorbehalten. Sie waren, wenn
Verewigungsverfahren erfunden wurde.» nicht die Erzeuger, so doch die Deuter der Zeiten,
Gewiß ist es sozialgeschichtlich bedeutsam, wie und die Photographen lieferten lediglich Hilfs¬
sich das aufstrebende Bürgertum nach der Revolu¬ mittel.
tion von 1848 in der Photographie ein demokrati¬
sches «Verewigungsverfahren» schuf, das
Individuum zu vertretbaren Kosten Dauer garan¬
dem
c
LJo ist es nur logisch, wenn Musil selbst — anders
tierte, und wie umgekehrt die <Verewiger>, die Pho¬ als etwa Zola — nicht selbst photographierte. Wäh¬
tographen, die das Leben auf ihre Platten bannten, rend des Ersten Weltkriegs entwickelte seine Frau
aus ihrem Beruf ein enormes Sozialprestige bezo¬ Martha die Vorstellung eines Postkartenverlags.
gen: die Männer unter ihren schwarzen Tüchern, «Ich glaube ein Photographenapparat in richtiger
denen alles zu gehorchen hatte, halb Alchimisten, Größe wäre dazu eine große Hilfe; man sieht so oft
halb Zauberer - auf jeden Fall Künstler—, Musil etwas Hübsches, wenn man es dann festgehalten
ironisierte den Berufsstand in der Figur von Tante hat, muß man mit irgendeinem tric Stil hineinbrin¬
Janes Gatten im «Mann ohne Eigenschaften» (s. gen», schrieb sie als gelernte Malerin und Zeichne¬
S. 28). «Er sah wie ein Genie aus, mit mächtigem rin, ohne daß der Plan weiterverfolgt wurde.
Mund und stolzem Haar, und wenn Tante Jane die Immerhin hat Musil als angehender Ingenieur wie
Fähigkeit besessen hätte, die Leidenschaft ihrer als Student der Experimentalpsychologie die Ge¬
Verzweiflung auf ihn zu übertragen, so wäre er mit setze der Optik, des Sehens und den Wert entspre¬
dem Unglück seiner Laster groß wie Lord Byron chender Hilfsmittel kennengelernt. In den populär¬
gewesen.» wissenschaftlichen Vorlesungen Ernst Machs (u. a.
Gegenstand seiner Dissertation) wurde er auf die
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• !i -ionirrte Postkassier Josef I larlaß von dem
k_/eine optischen Hilfsmittel für das Bcobaeh len wagen des Barons Leo Chi umeck y überfah-
und Schreiben sei einen eher bescheiden gewesen l)em Verunglückten war ein Had über den
zu sein: Er besaß eine Lupe und ein Fernglas. In¬ ■ hds gegangen und hatte den Kehlkopf einge¬
/ strumente. die beide den Blickwmkel vergrößern. druckt. Die Illustration des Journals zeigte einen
Er nutzte sie. um Dingen wie Menschen auf den schweren Kraftwagen, an dessen Volant einen rat¬
Leib zu rücken, und in Glücksfällen gelang ihm los zur Seite blickenden Chauffeur, und zwischen
dieser vergrößernde, quasi mikroskopische Blick, Vorder- und Hinterrad den Körper des Toten, der
wie das zu Hecht berühmte «Fliegenpapier» im Kopf verdeckt, Stock und Hut neben dem
«Nachlaß zu Lebzeiten» beweist, auch ohne techni¬ Leichnam.
sches Gerät. Indes wies die Strichzeichnung in Musils damaliger
In seinem Text « Friedere» — ein Inq leraliv: Benutze Leib- und Magen-Gazette einige Defizite gegen¬
das Fernglas! — zeigt Musil ein zweites Prinzip, das über der Schilderung im Roman auf. Da war es
bei derartigen Geraten neben der Vergrößerung des angezeigt, sich einer anderen Unfall-Szene in Mu¬
Blickwinkels wirksam wird: Es ist die Isolation. sils Werk zu erinnern und nach deren Vorlage zu
«Man sieht Dinge immer mitsamt ihrer Umgebung suchen. «Er wurde zufällig Zeuge, wie ein riesen¬
an und hält sie gewohnheitsmäßig für das. was sie hafter Omnibus einen athletisch gebauten jungen
darin bedeuten. Treten sie aber einmal heraus, so Mann überfuhr, und dieser Unfall, so tragisch für
sind sie unverständlich und schrecklich, wie es der das Opfer, gestaltete sich für ihn zum Ausgangs¬
erste lag nach der Weltschöpfung gewesen sein punkt eines neuen Lebens. Der Athlet w urde sozu¬
mag, ehe sich die Erscheinungen aneinander und sagen vom Dasein abgeschält wie ein Span oder
an uns gewöhnt hatten.» eine Apfelschale, wogegen der Omnibus bloß pein¬
Das Trieder enthüllt die Dämonie und Lächerlich¬ lich berührt zur Seite w'ich, stehenblieb und aus
keit der Welt. Oder gar das tödliche Geheimnis vielen Augen zurückglotzte», heißt es in Musils
einer Krankheit, die ein junger Mann mit sich um¬ Feuilleton «Der Riese AGOAG». Sobald klar war,
herschleppt. Das Trieder zeigt, wie seltsam ein Pas¬ daß AGOAG, die Musilsche Allgemein Geschätzte
sant die Beine wirft: Indiz einer Paralyse. (Insofern Omnibus Athleten Gesellschaft, eine Mystifikation
eignet sich ein solches Glas nicht nur vorzüglich zur der Berliner ABOAG, der Allgemeinen Berliner
Diagnose, sondern-bei einem Luetiker wie Musil — Omnibus Aktien Gesellschaft sei, ließ sich im Ull¬
auch zur Projektion eigener Ängste!) stein-Archiv nach einem Unfall-Bild der ABOAG
Musil vergleicht den Blick durch das Fernrohr auch suchen. Es fand sich, und es scheint, als hätte Musil
mit Zeitlupenaufnahmen beim Film. Sie «tauchen gemäß seiner Maxime «Wer heute noch Märchen
unter die bewegte Oberfläche, und es ist dir Zauber, erleben will, darf mit der Klugheit nicht ängstlich
daß sich der Zuschauer zw ischen den Dingen des umgehn» die Berliner Szenerie nach W ien transpo¬
Lebens gleichsam mit offenen Augen unter Wasser niert und den Vorfall zugleich um ein rundes Dut¬
umherschwimmen sieht». Zeitlupenstudien durch¬ zend Jahre vorverlegt.
leuchten die Mechanik von Bewegungen. Sie luden
jemanden wie Musil, der die Gabe hatte. Gesehenes
sofort in eigene Tätigkeit umzusetzen, nicht nur zu JVtusil kontaminierte häufig Landschaften, Zei¬
sportlicher Nachahmung ein. ten, Personen. Für die berühmte Reise seiner Zwil¬
Das bewegte Bild, der F ilm. wie das stehende waren lingsgeschwister Anders und Agathe synthetisierte
für Musil dauernde Quellen der Anregung. Er, der er aus dalmatinisch-istrischen und thyrrenischen
beinahe täglich ins Kino ging, entnahm ganze Sze¬ Landschaften bei Porto d'Anzio und am Monte Cir-
narien Filmen seiner Zeit - etwa die Vision einer ceo eine ideale südliche Landschaft, die «würdig
Zukunftsstadt Fritz Längs «Metropolis» (s. war des Lebens und Sterbens» seiner Figuren; das
S. 336). Eben weil er häufig unanschaulich vor¬ Hotel mit dem Glockenturm aber, in dem die Ge¬
stellte. sich nur den Sinn einer Sache merkte, w ar er schwister wohnen, bleibt bis zum Beweis des Ge¬
dankbar fiir optische Stimuli. Schlüsselszenen sei¬ genteils jenes Waldhotel in Graal an der Ostsee, in
ner Bücher rekurrieren darum nicht selten auf Bil¬ dem Robert und Martha Musil einander kennen¬
der, auf «Photos als Wirklichkeitserinnerungen». lernten. Der Autor versetzte es von dem nördlichen
Nehmen w ir beispielshalber das 1. Kapitel des Meer ans Mittelmeer. Vor allem deshalb war es
«Mannes ohne Eigenschaften», aus dem angeblich realiter dort nicht zu finden — ungeachtet der Tat¬
«bemerkenswerterweise nichts hervorgeht» (s. sache, daß Porto d Anzio 1944 bei der Invasion
S. 347). Musil schildert darin bekanntlich den Un¬ Italiens durch die Alliierten fast vollständig zerstört
fall eines schweren Wagens auf einer Wiener Stra¬ wurde.
ße. Bei seinem poetischen Verfahren lag es nahe, in
Nicht anders, wie gesagt, sprang Musil mit den
Wiener Archiven nach dem Bild eines derartigen
Vorbildern seiner Figuren um. Da das Leben nicht
Unfalls zu fahnden. Tatsächlich meldete die «Illu¬
dicht genug war. um unkomprimiert Literatur zu
strierte Kronen-Zeitung» einen tödlichen Auto-Un¬
werden, da sich die Eigenschaften einer dramatur¬
fall. der sich am 17. Oktober 1611 kurz nach sieben
gisch notwendigen Figur in der Realität nicht bei
l lir abends an der Ecke 1 lonanigasse/Landesge-
einem Menschen fanden, spiegelte Musil nicht sel¬
richtsstraße ereignete. Dabei wurde der 70 Jahre
ten mehrere ineinander, überblendete er sie gewis-
serinaßen, riskierte er mehrfache Belichtung des- mit einer gewissen Vieldeutigkeit aus. die sich in
selben Negativs. Er kannte dieses photographische ihrem Gesicht sozusagen kristallisiert. Nehmen wir
\erfahren. das etwa Man Ray verwendete, durch¬ das Beispiel Moosbrugger. Über diesen Sexualmör-
aus und schilderte mit seiner I lilfe «Haus und Woh¬ der heißt es:
nung des Mannes ohne Eigenschaften», jenes kurz- «Moosbrugger war ein Zimmermann, ein großer,
flügelige Schlößchen, «ein Jagd- oder Liebes- breitschultriger Mensch ohne überflüssiges f ett,
schlößchen vergangener Zeiten», in dem Ulrich mit einem Kopfhaar wie braunes Lammsfell und
wohnt (s. S. 348): «[...] das Ganze hatte also einen gutmütig starken Pranken. Gutmütige Kraft und
etwas verwackelten Sinn, so wie übereinander pho¬ der Wille zum Rechten sprachen auch aus seinem
tographierte Bilder.» Gesicht, und hätte man sie nicht gesehn. so hätte
Genau nach dieser Technik zeichnete Musil seine man sie doch gerochen, an dem derben, biederen,
Diotuna, seinen Grafen Leinsdorf, seinen Schmei- trockenen Werktagsgeruch, der zu dem Vierund-
ßer, ja selbst Agathe, die nicht einfach ein Ab¬ dreißigjährigen gehörte und vom Umgang mit 1 lolz
klatsch Marthas ist — eine Technik übrigens, die und einer Arbeit kam. die ebensoviel Bedachtsam-
Musil nachgewiesenermaßen (und völlig unabhän¬ keit wie Anstrengung fordert.
gig von ihm) mit Marcel Proust teilt. Man blieb wie eingewurzelt stehn, wenn man die¬
sem von Gott mit allen Zeichen der Güte gesegneten
Gesicht zum erstenmal begegnete, denn Moosbrug¬
-El inerseits, das ist unbestreitbar, war Musils ger war gewöhnlich von zwei bewaffneten Justizsol¬
Weltbild physiognomisch; das heißt er schloß, wie daten begleitet und hatte die eng aneinandergebun-
das die Autoren vor und nach Lavater taten, vom denen Hände vor dem Leib, an einem starken
Äußeren aufs Innere. Anders wäre die Versenkung stählernen Kettchen, dessen Knebel einer seiner
in die Oberfläche, etwa bei der Beschreibung von Begleiter hielt.
Gesichtern, unerklärlich und sinnlos. Wenn er bemerkte, daß man ihn ansah, zog über
Man vergegenwärtige sich in diesem Zusammen¬ sein breites, gutmütiges Gesicht mit dem unge¬
hang noch einmal die ungewöhnlich subtile Be¬ pflegten Haar und dem Schnurrbart samt dazuge¬
schreibung des Gesichts von Professor Lindner (s. höriger Fliege ein Lächeln; er hatte einen kurzen
S. 391). Auch in diesem Fall scheint mir übrigens schwarzen Rock mit hellgrauen Beinkleidern an,
unabweisbar, daß Musil ein photographisches Por¬ seine Haltung war breitbeinig und militärisch, aber
trät des Vorbilds, des Professors Friedrich Wilhelm dieses Lächeln war es, was die Berichterstatter des
Foerster benutzte. Weit entfernt von Lavaterscher Gerichtssaals am meisten beschäftigt hatte. Es
Sicherheit und Eindimensionalität, verweist Musil mochte ein verlegenes Lächeln sein oder ein ver¬
auf die Schwierigkeiten physiognomischer Deu¬ schlagenes, ein ironisches, heimtückisches,
tung - «Überhaupt war dieses Gesicht nicht ganz schmerzliches, irres, blutrünstiges, unheimliches -
einfach zu entziffern» - und auf die W idersprüche sie tasteten ersichtlich nach widersprechenden
des Materials: nebeneinander Junges und Altes, Ausdrücken und schienen in diesem Lächeln ver¬
Hartes und Weiches. Und während sich die Frage zweifelt nach etwas zu suchen, das sie offenbar in
jung-alt noch relativ leicht entscheiden läßt - die der ganzen redlichen Erscheinung sonst nirgends
grauen Haare zeigen das wirkliche Lebensalter, die fanden.»
jugendlich vollen Lippen sind ein Anachronis¬
mus—, ist das Problem der Priorität von Hartem
oder Weichem schon schwieriger. Der Text ent¬ P
X eter von Matt hat diesen Passus in seiner Studie
scheidet sich für ein ursprünglich weiches Material, «... fertig ist das Angesicht. Zur Literaturgeschich¬
das sich «unter täglichem kleinen Ärger verhärtet te des menschlichen Gesichts» einer sehr einleuch¬
hatte». Da dies aber nur ein passiver, reaktiver tenden Analyse unterzogen. Musil liefert das abso¬
Prozeß gewesen wäre, folgt eine Revision, die die lute Gegenteil einer Galgenvogelphysiognomie,
formende und härtende Kraft des «unablässig täti¬ einer Verbrechervisage, die Moosbrugger von vorn¬
gen W lllens» betont, nicht ohne einen denunzieren¬ herein für den Henker prädestiniert hätte. Was von
den Anwurf, demzufolge Lindner gar kein richtiger Matt noch nicht wußte, war, daß Musil Moosbrug¬
Mann sei, sondern weiche, weibische Anlagen auf¬ ger nach dem Modell Christian Voigts entwarf, daß
weise, denen der Bart nur zur Tarnung diene. Auch er sozusagen die Zeichnungen aus der «Illustrierten
die «leicht aufgeworfenen, weichen Lippen» sind Kronen-Zeitung» oder Photos aus dem «Interes¬
also offenbar eine Abweichung vom biologischen santen Blatt» durchpauste. Vielleicht kamen dabei
Programm der Männlichkeit. die Zeichnungen aus dem Gerichtssaal Musils Ab¬
Agathe, so fährt der Text fort, «wurde aus dem sichten (die auf eine abgründige Zweideutigkeit
Anblick nicht klug, auch Anziehung und Absto¬ zielten) sogar stärker entgegen als die Photogra¬
ßung hielten sich in ihr die Waage». Positives und phien, die eher einen pathologischen Blick als ein
Negatives sind in der physiognomischen Beschrei¬ derartig changierendes Lächeln zeigen.
bung so ponderiert, daß die Waagschalen umein¬
ander spielen, mit einem winzigen Überhang des
Negativen.
Selbst die Figuren an der Peripherie stattet Musil
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ren Zeit o «larstellen, oder sich gern erinnern, was
,| e näher die Figuren dem Zentrum des Homans sie da und dann getan haben, dieses Ich-Sparkas-
stehen desto vielsagender werden die Gesichter, sen-System ist mir völlig unbegreiflich.»
desto schwerer sind sie festzulegcn. Machen wir die Wäre dies auch so gewesen, wenn ihm der Unter¬
Probe bei Agathe. Die Quintessenz ihres Signale¬ schied zwischen seinem Habitus, seinen zufälligen
ments, eigentlich eines Nicht-Signalements, lautet: Entstellungen - kleiner Wuchs, 1,64m , rötlicher,
«Es war ein inhaltsvolles Gesicht, aber nirgends später apoplektischer Teint, Glatze, abnorme
war darin etwas unterstrichen und in der geläufigen Transpiration, eine gequetschte «gelbe» Stimme —
Weise zu Charakterzügen zusammengefaßt.» und seinem Ich-Ideal nicht ständig schmerzlich be¬
1 lier wird alle Physiognomik ä la Lavater zuschan¬ wußt gewesen w äre? Vieles an Ulrich, darüber muß
den. Man könnte sagen: ein inhaltsvolles, aber ei¬ man sich klar sein, sind Projektionen von Wün¬
genschaftsloses Gesicht. Damit das sichtbare Echo schen, die seinem Autor versagt blieben: die Größe,
von Ulrichs Gesicht. Es entspricht der Logik von sein blondes Haar, die «duftige Trockenheit der
Musils Roman, wenn der «Mann ohne Eigenschal¬ Haut, die er als das einzige an seinem eigenen Kör¬
ten» auch ein Gesicht ohne Eigenschaften hat. Er, per liebte». Dies quasi mit schwitzender Hand ge¬
der drei Berufe gelernt hat — Militär, Ingenieur, schrieben. So ist es höchst bezeichnend, daß Musil
Mathematiker—, trägt seinen Berufscharakter nicht am meisten mit Röntgenaufnahmen seines Schä¬
auf dem Präsentierteller vor sich her. Und kann dels anfangen konnte. .41s 1930 ein altes Zahnübel
Ulrich auch seinen männlichen Geschlechtscharak¬ virulent wurde, durchleuchtete man ihn und über¬
ter nicht leugnen, so weiß man doch, daß eine tiefe reichte ihm anschließend «he Aufnahmen. Sie bil¬
Sehnsucht in ihm lebt, eine Frau zu sein. Abgesehen deten ein ganzes Album. Darunter sein Schädel im
vom Berufs- und Geschlechtscharakter bleibt Ul¬ Profil, «ziemlich groß»: «sehr slawisch, vom langen
rich noch ein gutes halbes Dutzend anderer Cha¬ Typus». Sein Kommentar: «Ich habe für mein Ge¬
raktere, von denen Musil spricht — der National-, sicht w enig übrig, aber auf diesen Schädel empfin¬
der Staats-, der Klassencharakter, der geographi¬ de ich merkwürdigerweise eine gewisse Eitelkeit.»
sche, der bewußte, der unbewußte, der private Nicht das Porträt also, sondern das Röntgenbild,
Charakter—, der Mensch «vereinigt sie in sich, aber oder zumindest beides in einem sinnvoll komple¬
sie lösen ihn auf». So war Musils Welt-Anschauung mentären Verhältnis zueinander. Die Physiogno¬
und Menschenbild, wie vorhin schon angedeutet, mie und der Knochenbau darunter...
einerseits unzweifelhaft physiognomisch im klassi¬
schen Sinne. Andererseits vertrat er eine ausdrück¬
liche Philosophie der Nicht-Identität von Außen
und Innen. Er hielt es, wrie in den «Schwärmern»
w,s ernst Ernst Mach im Scherz befürchtete,
daß nämlich demnächst ein Photograph «seine arg¬
nachzulesen, für geradezu lebensgefährlich, wenn lose Kundschaft in der Durchsicht mit allem, was
Außeres und Inneres identisch wurden, wenn man das Herz birgt, und mit den geheimsten Gedanken
nicht mehr die Kraft hatte, das, w as man außen tat auf nimmt» — dies dürfte ziemlich exakt Musils lite¬
oder war, in ein anderes Innen zu verwandeln. In rarischem Ideal entsprochen haben.
der physiognomischen Beschreibung seiner Prot¬
agonisten wird deshalb häufig der Widerspruch so¬
fort <mitgeliefert>, die Vorzeichen werden, kaum
gesetzt, jäh vertauscht, die Antriebsrichtung umge¬
kehrt. In der psychoanalytischen Terminologie (der
Musil in diesem Fall ausdrücklich mißtraute)
könnte man von einer umfassenden Ambivalenz,
besser noch von einer Multivalenz sprechen.
Noch angebrachter als eine psychologische Rede¬
weise wäre aller vielleicht eine transzendental¬
philosophische: die von empirischem und transzen¬
dentalem oder intelligiblem Ich. Das Gesicht des
«Mannes ohne Eigenschaften» ist ein Gesicht, in
dem das empirische Ich fortwährend vom intelligi-
blen dementiert wird.
Natürlich ist die Psychologie damit noch nicht aus
dem Spiel. Denn man kann nach den Grunden einer
solchen Spaltung fragen. Es liegt nahe, an eine
l Inzufriedenheit des Autors mit seinem empiri¬
schen Ich zu denken, die philosophisch überbaut
wurde. Gewiß hangt das Problem mit dem man¬
gelnder Selbstliebe zusammen. Musil bekannte:
«Denn ich kann wohl sagen, ich verweile nicht gern
bei mir. und was so viele Menschen tun. daß sie sich
behaglich Photographien ansehen, die sie in frühe¬
400
DANKSAGUNG
Karl Corino
491
NGEN
Zitiert wird nach folgenden Ausga¬ 31 PS 1461 88 MoE 1443 f. 136 Unveröffentlichtes Manuskript
ben: 32 T 1006 89 T 915 im Musil-Archiv, übersetzt von
Robert Musil: Gesammelte Werke. 33 PS 712 90 Karl Kraus. Die Fackel, W ien, Sibylle Mulot
Herausgegeben von Adolf Frise. 34 MoE 689 Nr. 6, Ende Mai 1899, S.7f. 137 T 181 f.
1 Der Mann ohne Eigenschaften. 35 MoE 671 f. 90a Ebd., S. 6 137a PS 306
Reinbek bei Hamburg 1978 (ab¬ 36 MoE 1443 90b MoE 1446 f. 138 Manuskript «A72», Katalog-
gekürzt: MoE) 37 PS 948 90c T II 882 Nr. IV/3, 107
11 Prosa und Stücke, Kleine Prosa, 38 T 42 f. 91 T 88 f. 139 T 179 f.
Aphorismen, Autobiographisches, 39 T 43 f. 92 MoE 1597 ff. 140 T 179
Essays und Reden, Kritik. Rein¬ 40 T 916 93 T 19 141 Robert Musil. Beitrag zur Beur¬
bek bei Hamburg 1978 (abge¬ 41 T 42 94 Ebd. teilung der Lehren Machs. Rein¬
kürzt: PS) 42 T 44 95 T 903 bek 1980. S. 136. Dort, auf
Robert Musil: Briefe 1901—1942. 43 T 916 96 B 368 S. 138, auch die Transscription
Herausgegeben von Adolf Frise. 44 T 935 f. 97 T 20 des Protokolls des Rigorosums
Unter Mithilfe von Murray G. Hall. 45 T 936 98 T 156 142 B 52 f.
Reinbek bei Hamburg 1981 (abge¬ 46 PS 8 99 T 170 143 B 53
kürzt: B) 47 PS 10 f. 100 T 316 144 Corino, Robert Musils «Vereini¬
Robert Musil: Tagebücher. Heraus¬ 48 PS 94 f. 101 PS 954 gungen», S. 53
gegeben von Adolf Frise. Reinbek bei 49 PS 7 102 MoE 38 145 Ebd., S. 52
Hamburg 1983 (abgekürzt: T und 50 PS 15 ff. 103 PS 766 146 Ebd.
TU) 51 PS 20 104 MoE 1827 147 Ebd., S. 54
Robert Musil. Leben, Werk, W irkung. 52 PS 40 f. 105 B 8 148 Ebd., S. 95 f.
Im Aufträge des Landes Kärnten und 53 PS 41 106 T 218 149 Ebd., S. 51 f.
der Stadt Klagenfurt herausgegeben 54 Ein General im Zwielicht. Die Er¬ 107 T 80 f. 150 Sigmund Freud, Josef Breuer.
von Karl Dinklage. Zürich-Leipzig - innerungen Edmund Glaises von 108 RMS 12 f. Studien über Hysterie. Frank¬
W ien 1960 (abgekürzt: LWW) Horstenau. Band 1. K. u. k. Ge¬ 109 T 925 furt a. M. 1981. S. 203
Robert Musil. Studien zu seinem neralstabsoffizier und Histori¬ 110 T 153 151 PS 711 ff.
Werk. Im Aufträge der Vereinigung ker. Eingeleitet und herausgege¬ 111 PS 297 f. 152 B 63 f.
Robert-Musil-Archiv Klagenfurt her¬ ben von Peter Broucek. Wien- 112 PS 943 153 T II 1094
ausgegeben von Karl Dinklage zu¬ Köln—Graz 1980. S. 105 113 T 83 154 PS 156
sammen mit Elisabeth Albertsen und 55 PS 27 ff. 114 Wilhelm Bausinger, Studien zu 155 T 1026
Karl Corino. Reinbek bei Hamburg 56 PS 36 f. einer historisch-kritischen Aus¬ 156 LWW 221
1970 (abgekürzt: RMS) 57 PS 50 f. gabe von Robert Musils Roman 157 Nachlaß, AN 299
58 PS 107 f. «Der Mann ohne Eigenschaf¬ 158 B 67 f.
59 T 947 ten». Reinbek 1964. S. 173 a f. 159 PS 738
1 LWW S. 265 60 T 936 115 T 150 f. 160 T 226
2 T 958 f. 61 MoE 37 f. 116 T 912 f. 161 T 228
3 T 914 62 T 952 f. 117 T II 841 162 T 228 f.
4 Ebd. 63 T 949 f. 118 T 108 163 T 229
5 LWW 192 64 T 48 119 PS 944 164 Ebd.
6 T 935 65 MoE 1443 120 PS 296 165 Ebd.
7 T 936 66 T 315 121 PS 294 166 T 227
8 T 963 67 T 773 122 PS 293 167 MoE 1740
9 T 316 68 MoE 1637 f. 123 PS 890 f. 168 MoE 1827
10 T 962 69 T 49 124 RMS 276 f. 169 Ebd.
11 T 952 f. 70 T 4 f. 125 LWW 215 170 Ebd.
12 T 612 f. 71 T 46 f. 126 Hugo von Hofmannsthal, Harry 171 MoE 1625
13 T 39 72 T 9 f. Graf Kessler: Briefwechsel 172 MoE 1373 f.
14 MoE 2025 73 T 6 f. 1898—1929. Frankfurt a. M. 173 PS 249
15 MoE 2026 74 T 1, 3 1968. S. 155 174 T 234
16 MoE 2025 75 LWW 210 127 B 44 f. 175 PS 160
17 T 941 75a B 1 f. 128 Corino, Robert Musils «Vereini¬ 176 PS 158
18 T 954 76 Leo Slezak, Mein Lebensmär¬ gungen». Studien zu einer histo¬ 177 T II 944
19 MoE 648 chen. München 1978. S. 47 risch-kritischen Ausgabe. Mün¬ 178 T 236
20 MoE 2023 f. 77 T 316 chen-Salzburg 1974. S. 171 f. 179 T 237
21 T 936 f. 78 T 69 f. 129 PS 974 180 B 74 f.
22 PS 200 79 T 945 130 T II 956 181 B 85 f.
23 PS 300 f. 80 PS 954 131 Corino, Robert Musils «Vereini¬ 182 RMS 277
24 T 935 81 T II 827 gungen», S. 170f. 183 PS 1316
25 T 96 82 T II 828 132 Robert Musil. Die Verw irrungen 184 T 237
26 PS 282 f. 83 T 948 f. des Zöglings Törleß. München 185 T 238
27 PS 561 84 T 11 1911 (Anhang) 186 T 239
28 T 39 85 PS 286 133 T II 957 187 Ebd.
29 T 40 f. 86 PS 273 134 T II 959 f. 188 LWW 223
30 T 915 und 1006 87 PS 272 f. 135 MoE 758 189 T 251
492
190 Das Stück erschien 1921 Frankfurt a.M. 1967. S. 259 282a B 472. 542 337 T 153
191 s. die Erwähnung in Freuds 236 Zitiert nach: Hartmut Binder, 283 PS 1342 f. 338 B 201 ff.
«Traumdeutung» Kafka und «Die Neue Rund¬ 284 PS 1348 339 B 232
192 T II 987 f. schau». In: Jahrbuch der Deut¬ 285 T 342 f. 340 Nachlaß
193 T 265 schen Schiller-Gesellschaft 12, 286 PS 1131 ff. 341 T 782
194 T 267 1968. Stuttgart 1968. S. 103 287 PS 1030 ff. 342 T 151 f.
195 T 904 237 PS 1468 288 TU 1132 f. 343 T 87
196 T 267 238 PS 548 ff. 289 Unveröffentlichtes Manuskript 344 Alfred Kerr, Die Suche r und die
197 PS 984 239 T 297 f. 290 LWW 351 f. Seligen. Die Veit im Drama 111.
198 T 269 240 T 956 291 T 369 Berlin 1917. S. 96
199 TU 854 f. 241 T 298 292 T 371 345 Ebd., S. 97
199a T 270 f. 242 T 299 293 T 404 346 s. Thomas Mann, Ta gebücher
200 T 918 f. 243 PS 1022 294 T 527 1918-1921. Hg. von Peter de
201 PS 995 f. 244 Zitiert nach: Karl Corino, Der 295 LWW 345 f. Mendelssohn. Frankfurt a. M.
202 Kurt Vtolff. Briefwechsel eines Zaubervogel küßt die Füße. Zu 296 T 416 1979. S.334E, 337. 341. 343,
Verlegers 1911—1963. Hg. von Robert Musils Leben und Werk 297 T 420 376
Bernhard Zeller und Ellen Otten. in den Jahren 1914—1916. In: 298 MoE 1518 347 Vgl. zu dem ganzen Komplex
Frankfurt a. M. 1966. S. 75 f. Robert Musil — Literatur, Philo¬ 299 T 427 f. Karl Corino, Robert Musil -
203 PS 748 sophie und Psychologie. Hg. von 300 MoE 1454 f. Thomas Mann. Ein Dialog.
204 T 276 Josef und Johann Strutz. Mün¬ 300a MoE 1455 f. Pfullingen 1971
205 PS 1709 chen-Salzburg 1984. S. 152 f. 301 PS 1057 f. 348 T 928
206 Unveröffentlicht 245 B 107 302 B 226 f. 349 Unveröffentlichtes Manuskript
207 T 276 246 T 425 303 Briefliche Mitteilung an den 350 PS 1192 f.
208 MoE 1654 247 T 857 Herausgeber 351 RMS 258 ff.
209 PS 485 248 B 108 f. 304 B 217 352 PS 413
210 PS 484 f. 249 PS 235 305 B 238 353 PS 425
211 MoE 1742 250 T 305 f. 306 B 216 354 PS 426
212 B 99 251 T 306 f. 307 LWW 361 355 PS 417
213 PS 485 f. 251a MoE 175 f. 308 TU 1167 f. 356 PS 423
214 PS 474 252 T 307 309 LWW 361 f. 357 Ebd.
215 PS 478 f. 253 T 345 f. 309a B 441 358 T 266
216 T 276 f. 254 PS 245 f. 309b Gina Kaus, Und was für ein 359 Sammlung Elisabeth Albertsen.
217 T 276 255 PS 245 Leben. Hamburg 1979. S. 46 aus dem Besitz von Hermine
218 T 278 ff. 256 T 308 310 PS 1569 Pötzl, Wien
219 PS 474 257 Ebd. 311 Karl Kraus, Die Fackel, Juli 360 PS 424
220 T 284 258 PS 243 1922, S. 53 f. 361 PS 450
221 T 283 259 T 311 312 PS 1660 362 PS 410 f.
222 B 79 260 PS 244 313 PS 1158 363 PS 420 f.
223 T 286 261 T 312 314 LWW 143 364 T 635
224 T 287 262 PS 642 ff. 315 LWW 353 365 B 319 f.
225 PS 1013 f. 263 T 344 316 PS 519 f. 366 T 911
226 Wolff. Briefwechsel eines Verle¬ 264 T 323 317 Zitiert nach dem Wiederab¬ 367 MoE 671
gers 1911—1963, S. 102 265 B 640 druck in der Frankfurter Rund¬ 368 T 629 f.
227 T 293 266 T 326 schau, Samstag, 30. Januar 369 PS 465
228 Die Neue Rundschau, Dezember 267 T 328 1971, Nr. 25 370 T 847
1911, S. 1771 —Die Kritiken Ja¬ 268 Franz Kafka, Briefe an Felice 318 B 263 371 MoE 519 f.
kob Schaffners über den «Tör- und andere Korrespondenz aus 319 PS 1722 f. 372 MoE 1982
leß» und die «Vereinigungen» der Verlobungszeit. Hg. von 320 Mündliche Mitteilung Ernst von 372a MoE 1981
bildeten den Anlaß für die Erich Heller und Jürgen Born. Salomons an den Herausgeber 373 T II 804
Selbst-Rezension «Über Robert Frankfurt a.M. 1967. S. 652 321 PS 480 374 B 403
Musils Bücher» im «Losen Vo¬ 269 PS 762 322 Becher und die Insel. Briefe und 375 B 389 f.
gel», der ja bei Kurt Wolff er¬ 270 TU 1058 Dichtungen 1916—1954. Hg. 375a Briefliche Mitteilung von Dr.
schien (PS 995-1001) 271 T II 1021 f. von Rolf Harder und Ilse Sic¬ Otto Rosenthal an den Hg.
229 T 293 272 T 358 hert. Leipzig 1981. S. 280 376 s. Karl Corino, Ödipus oder
230 Peter de Mendelssohn, S. Fi¬ 273 »Tiroler Soldaten-Zeitung« Nr. 323 PS 481 Orest? Robert Musil und die
scher und sein Verlag. Frank¬ 194-196, 26. Juli 1916, Litera¬ 324 PS 625 Psychoanalyse. In: Vom Törleß
furt a.M. 1970. S. 669 rische Beilage, S. 2 f. 325 MoE 1814 zum Mann ohne Eigenschaften.
231 Ebd. 274 PS 759 ff. 326 PS 487 Hg. von Uwe Baur und Dietmar
232 T 295 275 T 327 327 T 938 Goltschnigg. München-Salz¬
233 PS 1019 276 PS 252 f. 328 T 306 burg 1973. S. 210 f.
234 Rainer Maria Rilke. 1875 1975. 277 T 337 329 PS 950 377 PS 525
Eine Ausstellung des Deutschen 278 PS 565 330 PS 309 378 s. dazu Klaus Petersen. Die
Literaturarchivs im Schiller- 278a B 118 331 T 574 «Gruppe 1925». Geschichte und
Nationalmuseum Marbach a. N. 279 T 835 332 T 572 Soziologie einer Schriftsteller¬
Katalog Nr. 26. München 1975. 280 T 945 333 PS 309 vereinigung. Heidelberg 1981,
S. 223f. 281 LWW232 334 PS 466 passim
235 Franz Kafka, Tagebücher 282 «Heimat», Nr. 13, vom 30. Mai 335 PS 309 379 Carl Zuckmayer. Als w ar s ein
1910-1923. Hg. von Max Brod. 1918. S. 2 336 Ebd. Stück von mir. Horen der
Freundschaft. Werkausgabe in 421 MoE 90 f. 464 Nach dem Original in der Aka¬ 507a LWW 355
zehn Bänden 1920—1975. 422 Nachlaß-Manuskript VII/3, 1 demie der Künste, Berlin 507b Unveröffentlichtes Manuskript
Frankfurt a.M. 1976. Bd.2, 423 MoE 91 f. 465 Kurt Tucholsky, Gesammelte 508 LWW 343
S. 405 424 MoE 92 Werke in 10 Bänden. Hg. von 509 T 903
380 Zitiert nach: Elisabeth Albert- 425 Robert Scheu. Hermann und Mary Gerold-Tucholsky und 510 Thomas Mann, Briefwechsel
sen. Batio und «Mystik» im Werk Genia. In: Arbeiter-Zeitung, Nr. Fritz .1. Raddatz. Reinbek 1975. mit seinem Verleger Gottfried
Robert Musils. München 1968. 234. 8. Oktober 1947. S.2 Bd. 9, S. 113 Bermann Fischer 1932—1955.
S. 164. Anm. 134 426 MoE 100 466 Soma Morgenstern, Dichten, Frankfurt a.M. 1973. Bd. 1,
381 T 705 427 MoE 108 denken, berichten. Gespräche S. 172
382 Alfred Dublin: Robert Musil: 428 MoE 190 f. zwischen Roth und Musil. In: 511 B 841 f.
Erzählendes. In: Berliner Tage¬ 429 MoE 187 frankfurter Allgemeine Zei¬ 512 LW W 183
blatt. 3. Februar ll>24 430 Wilhelm A. Bauer. Angelo Soli - tung. 5. April 1975 513 B 839 f.
383 PS 1680 man, der hochfürstliche Mohr. 467 T 726 514 Thomas Mann, Tagebücher
384 PS 1722 Eiin exotisches Kapitel Alt- 468 T 725 1935—1936. Hg. von Peter de
385 Petersen, Die «Gruppe 1925», Wien. Wien 1922 469 PS 1058 Mendelssohn. Frankfurt a. M.
S. 79 431 MoE 222 470 T 723 1978. S. 203
386 PS 1229, 1237 432 MoE 95 471 T 726 515 Thomas Mann, Tagebücher
387 T 704 433 T 413 f. 472 T 725 1937—1939. Hg. von Peter de
388 PS 909 434 MoE 203 f. 473 T 722 f. Mendelssohn. Frainkfurt a. M.
389 T 704 435 MoE 267 474 Wolfdietrich Rasch, Über Ro¬ 1980. S. 280
390 Nachlaß, IV, 3 436 Unveröffentlichtes Manuskript bert Musils Roman «Der Mann 516 B 883
391 MoE 31 437 MoE 342 ohne Eigenschaften». Göttingen 517 B 840 f.
392 Zitiert nach Franz Endler, Wien 438 MoE 459 ff. 1967. S. 10 518 T 970 f.
zwischen den Kriegen. Wien 439 PS 950 f. 475 B 589 519 Übersetzt von Schiii Scheng
1983. S. 70 440 B 463 476 Joseph Wulf, Literatur und Ilang
392 a PS 1177 441 B 504 Dichtung im Dritten Reich. Ei¬ 520 RMS 349 f.
393 LWW336 441a PS 858 ne Dokumentation. Frankfurt 521 Rudolf Jakob Humni, Bei uns
393a TU 1182 f. 441b Ebd. a. M — Berlin—Wien 1983. S. 104 im Rabenhaus. Zürich 1982.
394 PS 1683 442 Briefliche Mitteilung Carl 476a B 573 f. S. 116
395 Deutsche Zeitung Bohemia, Schmitts an den Herausgeber 477 Franz Theodor Csokor 522 B 1117
26. August 1928 442 a PS 950 478 B 586 523 B 975
395a T 383 f. 443 Zitiert nach: F.franz] B.[lei]: 479 LWW 377 ff. 524 B 1258
396 Zitiert nach Corino, Ödipus Der Fall Carl Schmitt. Von ei¬ 480 Mündliche Mitteilung von Otto 525 B 1179
oder Orest? S. 204 f. nem, der ihn kannte. In: Der Pächt 526 B 1078
396a Nach einem Gespräch zwi¬ christliche Ständestaat, 25. De¬ 481 LWW 143 f. 527 T 986
schen Adolf Frise und Ernst zember 1936, S. 1217 482 B 616 f. 528 LWW' 184
Rowohlt im Hessischen Rund¬ 444 T 924 483 B 620 529 Hermann Rauschning, Gesprä-
funk vom 19. Dezember 1952 445 LWW 359 484 T 917 che mit Hitler. Wien 1973.
397 T 705 446 Mündliche Informationen von 485 T 890 S. 247
398 T 691 f. Josefine Rumpf 486 PS 1249 f. 530 MoE 1255
399 T 715 447 T 958 486a PS 1256f. 531 T 780
400 T 681 448 T 921 487 PS 1257 532 B 1131 f.
401 MoE9 449 T 677 488 PS 1267 533 Nach dem Original im Besitz des
402 MoE 10 450 B 539 489 PS 945 f. Herausgebers (s. a. T II 1277)
403 PS 531 ff. 451 Zitiert nach Corino, Ödipus 490 Die Tat, Jena, April 1935. W ie¬ 534 T 1003
404 MoE 11 f. oder Orest?, S. 211 f. der abgedruckt in RMS 316 535 B 1244
405 MoE 12 452 MoE 676 f. 491 B 647 536 Carl Jacob Burckhardt, Max
406 MoE 50 f. 453 MoE 761 491a B 650 Rychner: Briefe 1926-1965.
407 MoE 52 f. 453a MoE 736 f. 492 LWW 386 f. Frankfurt a. M. 1970. S. 74 f.
408 MoE 64 f. 454 MoE 679 493 PS 473 537 T 1024
409 MoE 21 f. 455 MoE 966 f. 494 PS 527 538 B 1239
410 MoE 41 456 MoE 919 495 Briefliche Mitteilung an den 539 T 1025
411 MoE 59 457 MoE 931 f. I lerausgeber 540 T 803
412 B 384 458 PS 1558 496 PS 952 541 B 1149 f.
413 MoE 68 459 MoE 997 f. 496 a T 865 541ai B 947
414 s. zu diesem Komplex: Karl 460 Zitiert nach Corino, Robert Mu¬ 497 B 747 542 B 1149 f.
Corino, Zerstückt und durch¬ sil - Thomas Mann, S. 28 498 PS 1274 543 T 786
dunkelt. Der Sexuahnörder 461 Oskar Loerke, Tagebücher 499 T 863 544 T 995
Moosbrugger im «Mann ohne 1903—1939. Hg. von Hermann 500 Unveröffentlichtes Manuskript 545 T 811
Eigenschaften» und sein Modell. Kasack. Heidelberg—Darmstadt 501 B 776 f. 546 B 1369 f.
In: Musil-Forum 10, 1984, 1-2, 1956. S. 93 501a T 917 f. 547 B 88
S. 105 ff. 462 Nach dem Original in der Aka¬ 502 LWW 400 f. 548 TU 1218
415 MoE 1817 f. demie der Künste, Berlin 503 Elias Canetti, Das Augenspiel. 549 B 1388
416 MoE 75 f.
463 Walter Benjamin, Briefe 2. Hg. München-W ien 1985. S. 149
417 MoE 119 f. 550 B 1380
und mit Anmerkungen versehen 504 MoE 1117 ff.
418 MoE 78 f. 551 Carl Jacob Burckhardt, Max
von Gershom Scholem und 505 MoE 1119 f.
419 MoE 88 ff. Rychner: Briefe 1926-1965.
Theodor W. Adorno. Frankfurt 506 PS 1042
420 T 366 S. 74 f.
a.M. 1978. S.575 507 T 736 552 B 403 f.
553 T 765 557 B 1283 in Italien: Ein Itinerar. ln: Bo- 561 Nachlaß-Manuskript
554 T 1026 558 LW 403 bert Musil nel primo centenario 562 MoE 1232 f
555 B 1015 559 Unveröffentlichtes Manuskript della nascita. Innsbruck—Vien- 563 B 1418
556 Nachlaß-Manuskript 111/3, 75 560 Zitiert nach: Karl Corino, M usil na 1980. S. 89 f. 564 B 1429
j i S1 EH
Die kursiv gesetzten Zahlen bezeich¬ Bettauer. Hugo 326. 326 Chlumecky, Baron Leo 487 Erikson. Erik H. 10. 14
nen che Abbildungen Beutler. Ernst 382 Church, Barbara 421,472 Eugen. Erzherzog 374
Bie. Oskar 210 Church, Henry 421,480, 480 Euripides 414
Adler, Alfred 14, 344 Bierbaum, Otto Julius 97 Ciano, Galeazzo Graf 447
Adorno, Theodor \\. 382; Anrn. 464 Binder. Hartmut Anm. 236 Claassen, Eugen 12 f.. 440, 440 Fabini, Franz 62, 62
d"Albert, Eugen 11, 306 f.. 306 Binder, Sybille 312,313 Claudel, Paul 399 Fallada, Hans 396
Alberti de Poja. Franz Graf 225 Binding. Rudolf Georg 383, 408, Clemenceau, Georges 258 Farrar, Geraldine 237,237
Albertsen, Elisabeth 491: Anm. 380 409 Cohn, Emil 132 Feilchenfeldt, Walter 466
Alcoforado. Mariana 292 Blaß, Ernst 178, 330,378,178 Cohn. Martin 132,732 Feuchtwanger, Lion 420. 440. 446
Alexander, Edmund 128.131, 145, Blei. Franz 10. 140, 144. 148. 169, Colonna, Vittoria 476 Fischer. Hedwig 224. 226. 212/213
131 174. 176, 185, 186, 190.196, Condorcet, Antoine Marquis de 414 Fischer, Ernst 378
Alexander, Fritz 128. 131. 132 f., 207, 230. 278. 284. 290, 297, Corino, Carsten 491 Fischer, Samuel 190. 208. 210,
145. 180. 292. 294 f.. 131 304,308. 356. 378. 380. 381, Corino, Eva 491 213,296, 331.343,397, 434.
Alexander, Guthilde Henriette 131 425, 435, 485; Anm. 443: 148, Corino, Karl Anm. 128.131,144. 208, 212/213, 343
Alexander. Hans 128. 133, 133 169. 185, 308 244. 376, 396, 414, 451, 460, Flake, Otto 264
Alexander, Julius 128.73/ Blei, Maria 169,769 560 Flaubert, Gustave 382
Alexander, Karl 128 Blei, Sibylle Marie 769 Corinth, Lovis 141 Flögl. Hans 78, 78
Allesch. Ea von 11.107. 304 f., Bloch, Ernst 202, 330, 399, 420 Coudenhove-Kalergi. Richard Graf Foerster, Friedrich Wilhelm 391,
408. 107; 305, 307, 30S Bodmer, Martin 451,451 186, 275,275 408, 488, 391
Allesch. Johannes von 104, 107. Bogs, Sonja 303, 301, 302/303 Csokor, Franz Theodor 268. 282, Fontana, Oskar Maurus 13, 322,
117,120, 135, 143, 156. 180, Born, Jürgen Anm. 268 378, 410. 438; Anm. 477; 476 330,338,378.384,410, 440,
295, 296,305,327,378.381, Boroevic von Bojna, Svetozar 254, Cusanus (Nikolaus von Kues) 292 476
104, 310 254 Czech, Ludwig 85 Förster. Rudolf 311,312,412.377,
Altenberg. Peter 78. 148 f., 307, Borsinger de Baden, Barbara von Czuber. Berta 70, 76 472
354,148, 307 458, 458 Cztiber, Emanuel 70 Frank, Leonhard 330
Amon. Bibiana 354, 148 Boyneburg-Lengsfeld, Moritz Frei¬ Franz Joseph I., Kaiser von Öster¬
d Annunzio, Gabriele 438. 438 herr von 57 Daladier, Edouard 447 reich 12,245,361 f., 437, 361
Aristoteles 11 Boyneburg-Lengsfeld, Richard Dante Alighieri 451,477, 4 77 Frege, Gottlob 414
Askonas, Carl 412,412 von 57, 57 Däubler, Theodor 383 Freud, Sigmund 10, 13, 16, 74,
Astaire. Fred 463 Brantome, Pierre de Bourdeille, Sei¬ Dereani, Alma 251 147, 344, 408; Anm. 150; 746
Axer, Ervin 11 gneur de 129 Deutsch, Julius 271 Friedeil, Egon 11,306, 366, 306
Brecht, Bertolt 11. 330. 331, 420, Dietz. Hermine 10, 12. 84 f., 94. Friedländer, Martha 268, 420.268
Bach, Carl 94, 94, 95 330 118, 136, 84 Friedländer, Paul 420
Bachofen, Johann Jakob 463 Brehm. Bruno 410,476 Dinklage. Karl 153, 181, 491 Frisch, Efraim 274, 285, 290, 378,
Baläzs. Bela 266 f., 338.267 Breuer, Josef 10, 147; Anm. 150; Döblin, Alfred 330, 331. 383; Anm. 449, 448
Barber, Albertine 38 747 382; 331, 382
Barber. Isidor 38 Frischauer, Paul 410, 476
Broch, Hermann 11. 278. 304 f., Dobrzensky, Gräfin Mary 408, 469 Frise, Adolf 424, 491; .Anm. 396a;
Barnowsky, Viktor 190 307, 388, 455,307, 455 Dollfuß, Engelbert 410, 415,475 425
Baruschke, Harald 480. 480 Brod, Max 176,300,330,420; Donath, Alice 89, 135, 160 f., Fulda, Ludwig 383, 382
Bauer, Felice 214,242,274 Anm. 235 168,170,180,350 f., 392, 89, Fürst, Bruno 412,414,415.420,
Bauer, Wilhelm A. Anm. 430 Broucek, Peter Anm. 54 160, 351
Baur, Uwe Anm. 376 428, 438,472
Bruckner, Ferdinand 410 Donath, Fritzi 49 Fürst, Erna 434, 472
Bausinger, Wilhelm Anm. 14 Brunngraber, Rudolf 440 Donath, Gustav 48 f., 78, 89. 107,
Becher, Johannes Robert 330, 420, Burckhardt, Carl Jacob 456, 466; 135.160, 164, 170, 350,49, 89, Gaspero, Mattia di 125, 725
287 Anm. 536, 551; 466 350, 393 Gäumann-Wild, Doris 467
Becher, Marietta von 244.244 Burian, Vlasta 335 Donath, Ludwig 351 Gaus, Friedrich Wilhelm Otto 452
Becher. Maximilian von 242, 244, Byron, George Gordon Noel Lord Dostojewski, Fjodor M. 97, 97 Gebsattel, Emil von 176
254,374, 90, 244, 374 486 Drachmann, Holger Hendrik Her- Gerold-Tucholsky, Man- Anm. 465
Beer. Rudolf 312
holdt 97 Gide, Andre 399, 426
Beethoven. Ludwig van 306 Canetti, Elias 434 f: Anm. 503: Dubrovic, Milan 472 Gintskay, Hermine 89
Benjamin. Walter 14,399,485; 435 Duncan, Isadora 364, 364 Giongo, Alessandro 174,192,777
Anm. 464; 398 Carlyle. Thomas 93 Düse, Eleonora 110 Glaise von Horstenau, Edmund 60
Benn, Gottfried 383, 398. 398 Casper, Johanna 140,185, 294,
Berg. Alban 276,276 Glaser, Curt 466
140 Ecker, Gisa 39, 40, 46
Bergauer. Emil 22 Goebbels, Joseph 405
Cassirer, Emst 17 Edschmid, Kasimir 264
Bergauer. Emmeline 22, 22 Goethe, Johann Wolfgang von 177,
Cassirer, Paul 133, 133 Eggebrecht, Axel 378
Bergauer. Franz 22 294 f., 382, 451, 777
Cassirer, Toni 444 Ehrenfeld, Alfred 472
Bergauer, Franz Xaver 22.22 Goltschnigg, Dietmar Anm. 376
Cavalieri, Tommaso 476 f., 476 Ehrenfeld, Stella 472
Bergauer. Hermine s. u. Hermine Gordon, Paul 11, 300, 302, 300
Chamberlain, Neville 447, 447 Ehrenstein. Albert 330
Musil Goyert, Georg 379
Channing, William Ellen- 93 Ehrlich, Paul 474,777
Bergauer. Josef Edler von 31 Guillemin, Bernard 378, 396
Chaplin, Charlie 334 f., 334, 335 Eichendorff, Joseph von 427
Bergauer, Moritz 29,28 Günther, Paul 303, 301, 302/303
Charlemont, Alice s. u. Alice Donath Einstein, Albert 177,777
Bermann Fischer, Gottfried 434, Charlemont. Faustinus 164,764
438, 440, 444, 434 Einstein, Carl 221.227 Haarmann. Fritz 358
Charlemont, Hugo 89 Emerson, Ralph Waldo 92, 93, 93
Bernhard. Georg 159. 408. 75$ I laas, Willy 330
Charlemont, Lilly 160, 393 Endler, Franz Anm. 392 I labermann. Hugo von 131
49t)
Halbe. Max 382 Josef Ferdinand, Erzherzog 55 Lorentz, Hendrik Antoon 177. 777 Musil. Alois 412,29
Hall. Murrav G. 491 Joyce, James 379, 445. 379 Lorenz, Anita 26 Musil. Aloisia 23. 23
Haller. Margrit 491 Julie 316 Lorenz, Hermine 26 Musil, Elsa 70,26
Haller. Stephan 262 Jünger, Ernst 246 Lorenz, Oskar 26 Musil. Franz 23
Hamerling, Robert 97 Lothar, Ernst 337 Musil, I lermine 21. 22,35. 53. 114.
Hamsun, Knut 97 Kafka, Franz 214 f.. 242; Anm. Löwenstein. Hubertus Prinz zu 450. 153,314,316 f.. 388,486,21,25,
Harder, Agnes 364. 365 235. 268; 274 456 35, 53, 115, NO, 153, 316
Harder, Rolf Anm. 322 Kahane, Arthur 296, 296 Ludendorff, Erich 258 Musil, Martha 10. 13,128 f.. 132 f..
Hardv, Thomas 455 Kant, Immanuel 10 Ludwig, Emil 440, 44/ 140 f., 145,153,154 f., 158,159,
Harlaß. Josef 487 Kantorowicz, Alfred 420 Lukacs, Georg 267, 267 167 f.. 180. 181. 187. 191,192,
Harrach, Franz Graf 245, 362, 362 Kardorff, Konrad von 407 Lukacs, Hugo 14,338 f., 344,339 196. 200. 204 f.. 220. 220. 220.
Hartwich, Alexander 412 Kardorff. Siegfried von 403, 463 Lukacs, Palko 431, 43 7 230 f„ 244. 251, 268,278. 288.
Hata, Sahatschiro 7 74 Karl I., Kaiser von Österreich 244, 292, 294 f., 327, 344,380. 420,
Hasenclever, Walter 330 374 Mach, Ernst 10, 93. 142. 177, 486, 421, 434, 438, 444 £., 450,458,
Hausenstein, Wilhelm 274 Kasack, Hermann 330; Anm. 461 489, 93 464, 468, 469. 473, 474. 480.
Hebbel, Friedrich 13, 177, 777 Kassner, Rudolf 451,456 Maeterlinck. Maurice 92, 112, 7/3 482. 486,487f., 12s. 130, NI.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich Kaus, Gina 278, 304, 308: Anm. Mahler-Werfel, Alma 366, 394, 394 152, 187, 204, 229, 295, 308,
414. 449 309b; 304 Mann, Heinrich 264. 300, 383, 398, 386, 432, 445, 462, 467, 473
Heimann, Benno 128 Kavser, Rudolf 378 407, 408, 420, 382, 398 Musil, Matthias 23. 23
Heimann, Franziska Friederike Keiler, Gottfried 97 Mann, Katja 446,446 Musil, Richard 29
128 Kellermann, Bernhard 382 Mann, Klaus 420 Musil, Rudolf von 253, 96
Heimann, Moritz 210,270 Kerr, Alfred 10,11, 110,122 f., Mann, Thomas 276, 298 f., 379, Mussolini, Benito 10.447
Heinrich, Erzherzog 55 177,178, 298 f., 302 f., 312 f., 383, 388, 396 f.. 444, 446 f., 455;
Heller. Erich Anm. 268 408,420, 776, 722 Anm. 510, 514, 515; 299, 382, Nebelthau. Otto 297
Hermann, Eva 287 Kerschensteiner, Georg 294, 390, 446 Nestroy, Johann Nepomuk 280
Herzog, Wilhelm 124,724 295, 396 Marcovaldi, Annina s. u. Annina Neumann, Robert 410, 455,4/6
Hesse. Otto Ernst 378 Kesser, Armin 445, 449, 452 Rosenthal Newes. Martha Maria 303. 367.
Hexner. Erwin 4l4. 454, 474, 479 Kessler, Harry Graf 124, 724 Marcovaldi, Enrico 128,133 f., 154, 302/303
Hexner, Gertrud 454,474 Key, Ellen 364, 365 156 f„ 200, 204, 294,390, 734, Nielsen, Christian Ludwig 289
Hiller, Kurt 264. 264 Kippenberg, Anton 213 757, 264 Nietzsche. Friedrich 10. 15. 74. 77,
Hirsch, Leopold 225 Kisch, Egon Erwin 262 f., 268, 322, Marcovaldi, Gaetano 128, 170,204, 92,172, 92
Hirschfeld, Kurt 449, 449 330, 420,262, 268 444, 491,170,204 Novalis 92
Hirschfeld, Magnus 264 Klabund 330 Marcovaldi, Martha s. u. Martha Nüchtern, Hans 418
Hitler, Adolf 10, 15, 402, 404, 406, Klages, Ludwig 392, 393 Musil
410, 420, 434, 436, 438, 446, Klee, Paul 435 Marcuse, Ludwig 330,378,420
447, 452, 463,404, 438, 447 Koestler, Arthur 16, 17 Marx, Karl 414 Olden. Rudolf 454 f.. 455
Hock, Stefan 296, 296 Kokoschka, Oskar 366, 437 Masaryk, Tomäs Garrigue 275 Osten, Herr von 111. 777
Hofer, Carl 135 Kolb, Annette 176,264 Matt, Peter von 488 Otten, Ellen Anm. 202
Hoffingott, Armin von 240, 240 Körner, Hermine 297 Matthias, Leo 330 Otten, Karl 277,378,381.380
Hofmannsthal. Hugo von 124, 291, Kraepelin, Emil 164, 351, 765 Mayrisch de St. Hubert, Aline 444
326. 406: Anm. 126; 297 Kranz. Josef 304, 308, 369 Mehring, Walter 330 Pacht, Otto 414,420,426; Anm.
Hofmannsthal. Raimund von 412, Kraus, Karl 86, 88, 289 f.: Anm. 90, Meinong, Alexius 150, 756 480;473
473 311; 280 Mell, Max 383 Paderewski, Ignaz 82, 82
Hoinkes, Hugo 61, 67 Kreis, Nellie 460, 463 Mendelssohn, Peter de Anm. 230. Pannwitz, Rudolf 383
Hölderlin, Friedrich 177, 777 Kun, Bela 267 514,515 Paquet, Adolf 383
Holitscher, Arthur 330, 465, 465 Kürten, Peter 358 Menzel, Simon 426 Pareto, Vilfredo 14
Hollaender, Felix 296, 297 Menzel, Sophie 426 Pernter, Hans 430,436
Holt, Evelyn 333,333 Lang, Fritz 336, 487 Michaelis, Karin 192 Peter, Erzherzog 55
Homer 451 Langnese, Rolf 464, 464 Michelangelo Buonarroti 169, 468, Petermandl, Albert 28
Honsak, Franziska 38 Langnese, Susanne 464,464 476 f„ 477 Petermandl. Mary 28
Honsak, Madeleine 38 Laurin, Arne 274 f., 274 Minkowski, Hermann 177; 777 Petersen, Jan 420
Honsak, Maria 38 Lavater, Johann Kaspar 488, 489 Mises, Richard von 406, 466 Petersen, Klaus Anm. 378, 385
Hornbostel, Anne von 111, 116 Le Corbusier 421 Moissi, Alexander 264 Pflanzer-Baltin. Karl von 268. 268
Hornbostel, Erich Moritz von 116, Leibniz, Gottfried Wilhelm Freiherr Molo, Walter von 397, 382 Pfungst, Oskar 107,111,777
188, 776 von 465 Molotow, Wjatscheslaw M. 452 Pinkus, Klaus 407,410,415.416,
Hornbostel, Suse von 116 Lejeune, Robert 450 f., 456, 482, Mombert, Alfred 451,332 421,474, 482.467
Horthv von Nagybanva, Nikolaus 450 Morgenstern, Soma 267, 399; Anm. Pinthus, Kurt 264
266.266 Lenglen, Suzanne 356, 356 466;399 Piscator, Erwin 330
llunun, Rudolf Jakob 449: Anm. Lenzi, Magdalene 233, 290, 233 Mühsam, Erich 300 Platon 364
521; 449 Leonhardt, Rudolf 330 Müller, Georg 174, 190, 174 Platzer, Elisabeth 225
Hunziker, Rudolf 460 f., 467 Lessing, Theodor 358 Müller, Robert 265,265 Platzer, Hermine 225
Lherman, Jo 11, 300, 303 Mulot, Sibylle 491; Anm. 136 Platzer, Marianne 225
Ibsen. Henrik 192 Lichtenberg, Georg Christoph 16 Murmann, Alexander 322, 322 Polak, Ernst 413
Innozenz X.. Papst 168, 168 Liechtenstein, Aloys Prinz 362, 362 Musil, Alfred Edler von 20 f., 24. Polgar, Alfred 281, 306,281
Lion, Ferdinand 330 35,45, 64, 68. 82,94. 125, 153, Popper, Sir Karl 414
Jacob, Heinrich Eduard 410, 410 Loerke. Oskar 383, 397 f„ 402; 159.160. 181.222. 253,314, Pötzl. Otto 184, 184
Jessner. Leopold 296,296 Anm. 461; 382, 396 316 f„ 382,388,21, 25. 35, 153, Prawdzik, Emilie 136
Jesus 274,311 Loos, Adolf 366 316 Proust. Marcel 379. 488. 378
Raddatz, Fritz J. Anin. 465 Ruskin, John 93 Sonka (Hugo Sonnenschein) 273, Wagner. Richard Robert 271.27/
Rappard, Gilles Willem van 303, Russell, Lilian 354 410.273,410 Wagner von Jauregg, Julius
301, 302/303 Rychner, Max Anm. 536,551 Sorel, Georges 14 Ritter 184
Rasch. Wolfdietrich 406; Amn. 4?4 Spengler, Oswald 274. 414,274 Walser, Robert 176, 207, 215
Rathenau, Vialiher 12, 272 f., 285, Salomon, Ernst von 285; Anm. 320; Spielhagen, Friedrich 97 Wassermann, Jakob 366, 383
2'<l<. 366,212, 369 285 Spitz. Rene A. 13. 384 f., 385 Weber, Max 14
Rauschning, 1 lermann 453; Anm. Salten, Felix 333 Stalin, Josef W. 10. 273. 421.452. Wedekind, Frank 313
520 Santayana, George 414 452 Wegner, Armin 264
Rav. Man 488 Schaffner, Jacob 179; Anm. 228; Stanek, Frau 344 Weinert, Erich 420
Redl, Alfred 322, 322 179 Stanislawski, Konstantins. 297.297 Weininger, Otto 10
Reemtsma, Jan Philipp 491 Schamann, Franz 80, 80 Stehr, Hermann 382 Weiss, Ernst 300
Regler. Gustav 420 Schaukal, Richard 78 Stern, Josef Luitpold 270 f., 270 Werfel, Franz 176. 207, 263, 394 f.,
Reichle, Wolfgang 373, 373 Scheffer, Paul 176, / 76 Stolzenberg, Hertha 120, 120 395
Reinhardt, Max 11, 297, 300, 330, Scheler, Max 176, 185, 185 Strindberg, August 97 Werndl, Josef 24, 39
297 Scherbak. Adolf Leopold 71 Strobl. Karl Hans 80, 80 Wertheimer, Max 188, 188
Reinhart, Hans 451,451 Scherchen, Hermann 435, 435 Strutz, Johann Anm. 244 West, Mae 463, 464, 463
Reinhart, Oskar 451 Scheu, Robert Anm. 425 Strutz, Josef 491; Anm. 244 Weyrauch, Wolfgang 427, 427
Reinhart, Werner 451 Schick. Eugen 80. SO Stucken, Eduard 382 Wilczek, Karl Graf 4/3
Reising von Reisinger, Jarto 58 Schickele, Rene 264 Stumpf, Carl 102, 115, 142 f., 102 Wilde, Oscar 112
Reising von Reisinger, Victor 58 Schmitt, Carl 380; Anm. 442; 380 Sudermann, Hermann 97 Wildgans, Anton 381,330
Reiter. 1 leinrich 35, 316 f., 35, Schmitz, Richard 337, 337 Suhrkamp, Peter 378 Wilhelm II., Deutscher Kaiser 12,
317 Schneider, Maria 372, 372 Siiskind. Wilhelm Emauuel 378 361,36/
Ribbentrop, Joachim von 452 Schnitzler, Arthur 276, 337 Susman, Margarete 364, 364 Wilhelm, Ignaz 395, 395
Riehl, Alois 102, 143, 103 Scholem, Gerhard (Gershom) 398; Suttner, Bertha von 436,436 Wimpfen, Simon Graf 39
Rilke, Rainer Maria 213, 292. Anm. 464 Szeps-Zuckerkandl, Bertha 366, Winder, Ludwig 378
331 f„ 406, 408, 451, 212, 332 Scholz, Wilhelm von 382 394, 394 Wirz, Otto 474
Rilla, Paul 378 Schönberg, Arnold 366 Wittgenstein, Ludwig 4l4
Rilla. Walther 264 Schön wiese, Ernst 431 Tagore, Rabindranath 192 Wolfenstein, Alfred 178, 213, 2/2
Robert. Eugen 297, 300 Schopenhauer, Arthur 10 Tau, Max 407 Wolff, Kurt 190,207,208,264.
Roda Roda 465, 465 Schreier, Maximilian 265,265 Taut, Bruno 264 394; Anm. 202,226, 228; 207
Roland, Ida 186 f., 186 Schü Scheng Hang Anm. 519 Thienhaus, Regine 491 Wotruba, Fritz 434, 450, 458, 461,
Rolland, Romain 476 Schuckert, Johann Siegmund 24 Thoreau, Henry David 93 466, 468, 470, 435, 468, 470
Roosevelt, Franklin Delano 440, Schuschnigg, Kurt von 429 f., 429 Toller, Ernst 420 Wotruba, Marian 434, 450, 458,
441 Schwarz, Hermann Amandus 102, Tolstoj, Leo N. 414 468, 470,470
Rosati, Mario 171 103 Török, Gräfin May 304, 304, 355 Wulf, Joseph Anm. 476
Rosegger, Peter 97 Schwarzwald, Eugenie 268, 366, Trotzki, Leo D. 273 Wundt, Wilhelm 164,200
Rosenow, Bettina 491 366 Tucholsky, Kurt 398, 408; Anm. WVneken, Gustav 264
Rosenthal, Annina 128. 170,204, Schwarzwald, Hermann 367, 367 465;399
226, 242, 288,327, 445, 446, Schwerin, Hans W. 474, 474 Tyrka-Gebell, Stefanie 97, 97 Zangerl, Alfred 290
463, 170, 327 Seelig, Carl 378, 449 Zech, Paul 264
Rosenthal, Edgar 491 Seghers, Anna 420 Uhse, Bodo 420,421 Zeis, Franz 434
Rosenthal. Otto 327,428,491; Seidel, Ina 383, 408 Ulmann, Paula 70 f., 72, 140, 71, Zeis, Valerie 434
Anm. 375a; 327 Seidl-Kreis, Nellie s. u. Nellie Kreis 74, 140 Zeller, Bernhard Anm. 202
Rosin, Arthur 416.432,406,4/7 Seipel, Ignaz 337, 337 Unruh, Fritz von 264 Zerner, Fritz 272, 272
Roth, Joseph 330, 399, 399 Sergi, Giuseppe 200, 200
Zettl, Walter 491
Roth, Marie-Louise 491 Sergi, Quirino 200,200 Valery, Paul 451 Zola, Emile 486
Rothmund, 1 leinrich 458. 459,458 Sergi, Sergio 201,200 Vazquez, Maria Antonia 431 Zollna, Jann Simone 491
Rothziegel, Leo 262,262 Shakespeare, William 192,451 Veläzquez, Diego Rodriguez de Zollna, Peter 491
Rowohlt, Ernst 285, 292,327, Siebert, Ilse .Anm. 322 Silva y 168 Zuckerkandl, Victor 434, 434
342 f„ 377,380,381, 384,396, Silone, Ignazio 449, 449 Vergil 477 Zuckmayer, Carl 330; .Anm. 379
434; Anm. 396a; 342 Skeene, Henry James 305 f., 306 Viertel, Berthold 312 f., 312 Zweig, Arnold 454 f., 455
Rubens, Heinrich 102, 103 Slezak, Leo 78; Anm. 76 Vogelsang, Karl von 362 Zweig, Stefan 440, 441
Rudolf, Emma s. u. Ea von Allesch Sokrates 277 Voigt, Christian 358,360, 488,
Rumpf, Josefine Anm. 446 Soliman, Angelo 372, 372 358, 359
BILDNACI IW EISE
Musil-Archiv, Klagenfurt: 9,20,20/ 38 lo„ 398o„ 405,406o„ 406/2. v.o., Jiri Grusa, Bonn: 601. Klaus Wagenbach. Berlin: 169r..
21.211.21 r„ 22u.. 22M.. 23o.. 23u„ 4()7o., 407M., 408,412u.r.. 452u.. Herbert Fabini, Burgwedel: 62 207,214o.
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425o„ 428u., 429o., 429M., 432o., 215,264u„ 331,332o„ 380M., 392 327o. schlechtskunde Bd. 4. Stuttgart
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167M., 173.180,1811., 186,191M., DDR: 287 269u., 351 Trento 1978: 192o., 192u.
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410., 41u., 42/43,52,56M., 58,60/ 105r., 121,139 Anne Hornbostel. Washington: 1161., 1900-1930: 229u.,243u.
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2. v. u.. 272,281,286o., 286u., 55u. Berlin: 119o. Florian Pichler, Bolzano: 243o.
2931., 294,300.305,306M., 307M., Archiv der TH Stuttgart: 94M., 941., KamillaSzej: 199M. Frasnelli-Keitsch, Bolzano: 250u.
307u.. 308.309,310,317u.,322o., 94/95 Archiv Deutsche Oper. Berlin: 120 Gemeindearchiv Postojna: 251o.,
328/329,336u., 339,347o„ 3501., Deutsches Museum München: 93o., O. Joachim Alexander, Korntal: 132/ 251u.
354,358,359,364u., 365M., 370o., 177r. M., 1771. u., 177r. u. 133 Gemeinde Enneberg, Commune di
371u„ 372r., 374o.. 374u„ 375.377, Stadtarchiv München: 295o. Much Heiss’ Nachf., Alpiner Kunst¬ Marebbe: 252o.
385,386,395r., 396o., 407u., 409r., Münchener Stadtmuseum: 174 verlag, Innsbruck: 145o. Prof. Dr. Axel von Boroevic, Mün¬
4120.1., 4l2o.r., 412/2.v.o.r., Lamilie Bergauer, Linz: 28o., 28M., Bürgermeisteramt/Stadtarchiv Stein¬ chen: 254
412u.l., 413o.r., 4l3/2.v.o., 414M., 28u.,29u.,31 ach: 145u. UPI, New York: 257
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4590., 460M., 460u., 461u., 462u., 464o. 4480., 448M., 485 lUkäcs-Archiv, Budapest: 267r.
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Ullstein Bilderdienst. Berlin: 102, 85u„ 90/91,106o.,106u.,3l4o., 216u.,381u. C. II. Beck’sche Verlagsbuchhand¬
103r. o.. 1321.. 133r„ 136/137, 3l4u„ 315,388/389 Interfoto MTI, Ungarn: 154/155, lung, München: 274o., 306o.
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297o„ 297u.. 3041., 311,312o.,319,
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Illustrationen von Alfred Zangerl. Peter Hunter-Salomon, Den Haag Archiv Alois Brandstätter, Wien: Heli Langnese, Zürich: 464u.
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ner Säuerlinge. Zürich 1927: 340u., Hans Hruschka, Mayrhofen: 415o. Ambrosius Humm, Wädenswil: der zurückgelegt haben, ist denkbar,
341u. Aus: Timothy J. Benton, Le Corbu¬ 449u. daß Informationen über das LTheber-
Rowohlt Verlag, Reinbek: 342,393, siers Pariser Villen, Stuttgart 1984: Deutsche Bibliothek, Frankfurt a. M., recht verloren gingen. Der Verlag bit¬
399o., 443 421u. Exil-Sammlung: 451o. tet in solchen Fällen um Nachricht.
f PT 2625 -US Z618 1988
Corino, V--.arl.
und
Musil s
Leben
Robert
in Bildern und
Werk
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