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Triumph des Herzens

JE MEHR IHR MICH VEREHRT,


UMSO MEHR WERDE ICH EUCH
SEGNEN!

PDF - Familie Mariens


15. Jg. (VI) 2007
Nr. 86
Die Geburt Jesu Christi, des Erlösers der Menschen, erfülle Euer Leben mit tiefer
Freude und reicher Gnade; Sein Friede möge in Euren Herzen wohnen.
Papst Benedikt XVI.

Das Prager Jesulein


Als berühmtester Wallfahrtsort der „Goldenen Stadt“ Prag und als bekanntester
Wallfahrtsort ganz Böhmens gilt die herrliche Barockkirche „Unsere Liebe Frau
vom Sieg“ in der Karmelitenstraße auf der „Prager Kleinseite“. Dort befindet
sich nämlich das Prager Jesulein, das tatsächlich über die tschechische Grenze
hinaus Weltberühmtheit erlangte. Heute ist es auf allen Kontinenten anzutreffen,
ob auf Madagaskar oder in einer Flughafenkapelle New Yorks, einer bayrischen
Landpfarrkirche, in einem vietnamesischen Dschungelkloster oder in einem der
zahlreichen vielbesuchten Jesuskindheiligtümer wie z. B. in Bogota/Kolumbien,
Quebec/Kanada, Benin-City/Afrika oder Kalkutta/Indien. Und auch unter uns gibt es
wohl kaum jemanden, der nicht schon ein Bildchen, eine Medaille, Novene oder Statue
des „Kleinen Prager“ in Händen hielt. Der große französische Dichter Paul Claudel
schrieb darüber, und die hl. Karmelitin und Patronin Europas, Edith Stein, betonte
1942 in einem ihrer letzten Briefe vor der Deportation nach Auschwitz: „Gestern kam
mir vor dem Bildchen des Prager Jesuleins auf einmal der Gedanke: … Ist es nicht
der ‚heimliche Kaiser‘, der einmal aller Not ein Ende machen soll? Er hat ja doch die
Zügel in der Hand, wenn auch die Menschen zu regieren meinen.“ Bis herauf in die
Gegenwart reißen die außergewöhnlichen Gebetserhörungen, Heilungen und Wunder
des Prager Jesuskindes nicht ab, und viele, die erst die Not kindlich beten und bitten
lehrte, wurden dankbar Zeugen dafür, wie wahr es ist, was der „heimliche Kaiser“
verspricht: „Je mehr ihr Mich verehrt, umso mehr werde Ich euch segnen!“

Ursprung in Spanien
Die Geschichte des Prager Jesuskindes beginnt seiner tiefen Liebe zum Geheimnis der Kindheit
Ende des 11. Jahrhunderts mit den Kämpfen Jesu bekannt.
zwischen Christen und Mauren in Spanien, in Eines Tages, der fromme Mönch war gerade am
einem halbzerstörten Karmel zwischen Cordoba Kehren, stand plötzlich ein anmutiger Knabe
und Sevilla. Nur vier Mönche hatten überlebt. bei ihm, schaute eine Weile aufmerksam zu und
Einer von ihnen, Br. Josef, war weithin wegen sagte dann: „Du kannst gut kehren, Br. Josef,

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aber kannst du auch ein ‚Gegrüßt seist du, Wachsstatue wurde in Prozession in die Kirche
Maria‘ beten?“ „Ja.“ „So bete es doch!“ gebracht. Da erschien Br. Josef seinem Prior im
Als der Karmelit den „Engel des Herrn“ zu Traum und prophezeite: „Diese Statue ist nicht
beten begann, unterbrach ihn das Kind bei den für euch bestimmt … Sie wird von Völkern
Worten „... und gebenedeit ist die Frucht und Nationen angerufen werden.“ Und genau
deines Leibes“ und sagte: „Das bin ich!“, so sollte es kommen! Vom Karmel gelangte das
dann verschwand es. Unvergesslich blieben ihm Jesulein in den Familienbesitz der Adelsfamilien
die himmlischen Züge des Knaben eingeprägt, Lara und Mendoza. Als Maria Manriquez de
und wie gerne hätte er ihn wiedergesehen! Jahre Lara den böhmischen Adeligen Vratislav von
vergingen, ehe eine leise Stimme Br. Josef Pernstein heiratete, brachte sie das kostbare
innerlich aufforderte, eine Figur des geschauten Familienerbstück als Brautgeschenk mit in
Jesuleins anzufertigen. ihre neue Heimat Prag. Ihre Tochter Polyxena
von Lobkowitz vermachte das Jesulein dann
Doch leider blieben all seine Versuche, eine 1628 dem Karmelkloster bei der Kirche „Maria
Wachsstatue zu formen, erfolglos, bis ihm vom Sieg“, das erst vier Jahre zuvor, nach der
im hohen Alter wieder das Kind erschien und Vertreibung aller Lutheraner aus Tschechien, auf
sagte: „Ich bin gekommen, damit du mich Wunsch des Kaisers gegründet worden war. Als
anschauen kannst und deine Figur mir sie dem Prior das wertvolle Kleinod übergab,
ganz gleich werde!“ Nun konnte er sein Werk sagte sie: „Mein Vater, ich schenke Ihnen, was
vollenden. Kurz darauf starb der heiligmäßige mir das Teuerste ist. Ehrt dieses Jesuskind,
Jesuskindverehrer, und seine zierliche und es wird euch nie an etwas mangeln!“

P. Cyrill von der Gottesmutter


Sofort erhielt das Jesulein einen Ehrenplatz jedoch andere Sorgen als die Reparatur der
im Oratorium, wo es besonders von den kaputten Statue. Da betete der enttäuschte P.
Novizen hochverehrt wurde. Doch als die Cyrill, und tatsächlich erhielt er von einem
protestantischen Sachsen nur drei Jahre später reichen Beichtkind ansehnliche 100 Gulden.
in Prag einfielen, mussten die Karmeliten Doch nachdem die Vorgesetzten die Spende
1631 nach München fliehen. Ihr Kloster wurde anderweitig verwendet hatten, musste P. Cyrill
geplündert und die Statue achtlos hinter den den kleinen König sogar aus dem Oratorium
Hochaltar geworfen. Erst sechs Jahre später, wegtragen. Umso mehr betete er in seiner Zelle
1637, kehrte der luxemburgische P. Cyrill von stundenlang zu dessen Füßen um Verzeihung
der Gottesmutter zurück, der schon als Novize für das Unverständnis seiner Mitbrüder. Erst
eine innige Beziehung zum Gnadenkind gehabt nach mehreren Jahren war ein neuer Hausoberer
hatte. Nach langem Suchen fand er es unter den offen für die Verehrung des göttlichen
Trümmern der zerstörten Kirche und brachte es Kindes und sagte, mit der Hand auf die leere
ins Oratorium zurück. Klosterkasse weisend: „Wenn das Jesulein uns
Als er eines Tages davor betete, hörte er eine Seinen Segen gibt, so will ich Seine Statue
feine Stimme: „Erbarmt euch Meiner, und reparieren lassen.“ P. Cyrill betete erneut zum
Ich werde Mich eurer erbarmen! Gebt Mir Jesuskind und wurde wenig später in die Kirche
Meine Händchen zurück, die Mir von den gerufen: Am Marienaltar erwartete ihn eine
Häretikern abgebrochen wurden! Je mehr Dame, die ihm lächelnd wortlos ein Almosen
ihr Mich verehrt, umso mehr werde Ich übergab. Keiner kannte sie, und P. Cyrill blieb
euch segnen!“ Die mittellosen Patres hatten zeitlebens überzeugt, dass es die Gottesmutter

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persönlich war. Endlich durfte er das Kind und war, obwohl fast mittellos, gleich bereit,
zu einem Kunsttischler bringen, aber weil für die Reparatur aufzukommen. So erhielt das
die Mitbrüder ihm für die Reparatur zu wenig Jesulein „neue“ Hände und konnte erneut seinen
Geld genehmigt hatten, musste er sein kaputtes Ehrenplatz einnehmen. Seinen Verehrer Daniel
Jesulein wieder traurig mitnehmen. Da hörte er Wolf belohnte es, indem dieser unerwartet von
im Gebet abermals die Stimme: „Stelle Mich der kaiserlichen Kammer für geleistete Dienste
in die Sakristei neben die Tür, und es wird 3000 Gulden erhielt. P. Cyrill seinerseits konnte
jemand kommen, der sich Meiner erbarmt.“ bis zum 85. Lebensjahr auf die Fürbitte seines
Nur eine Stunde später kam der ehemalige lieben Jesuskindes viele Bekehrungen wirken,
kaiserliche Generalkommissar Daniel Wolf, Kranke heilen und Besessene befreien, so dass
blickte mitleidig auf das kaputte Wachskind es auch dadurch weithin bekannt wurde.

Reicher Segen durch ein kleines Kind


Doch das sollte nur ein Auftakt zahlreicher Wundertäter, um Dankesnovenen zu halten.
Wunder jeder Art, aufsehenerregender Die Adelsfamilie Martinic veranlasste, dass die
Heilungen und militärischer Siege sein, die durch reich geschmückte Statue in Prozession durch
das Gnadenkind geschahen. Die Kunde vom alle Kirchen Prags pilgerte, und „Maria vom
wundertätigen Prager Jesulein verbreitete sich Sieg“ wurde bald zum Nationalheiligtum. Durch
wie ein Lauffeuer in der Stadt, und bald sprach zwei österreichische Karmeliten begann das
ganz Böhmen davon. Die Karmeliten stellten es heilige Kind dann seinen Triumphzug durch die
zur öffentlichen Verehrung in der Kirche auf, europäischen Länder und hielt Einzug in allen
da Tausende Hilfesuchende herbeiströmten. Karmelklöstern. P. Emmerich vom hl. Stephan
Adel und Volk, auch Könige und selbst Kaiserin machte nämlich die zahlreichen Wunder und
Maria Theresia brachten ihre Nöte und Anliegen Gnadenerweise durch sein berühmtes Buch
in die „Stadt der hundert Türme“. Und wie „Pragerisches Groß und Klein“ weithin bekannt,
versprochen, wurden alle vom „kleinen König“ und der Ordensgeneral P. Ildefons von der
erhört. Als man z. B. der taubstummen Baronin Aufopferung Mariens suchte das Vertrauen
Elisabeth Kolovrat das Jesulein zum Kuss in das Jesuskind von Prag überall durch das
reichte, war sie augenblicklich geheilt. Auch der Verbreiten von Statuen und Bildchen zu fördern.
kaiserliche Feldmarschall Mannsfeld, den man Bis heute thront der nur 45 cm große „heimliche
todkrank zum „Kleinen Prager“ brachte, wurde Kaiser“ hinter einem kostbaren Kristallschrein,
zum Erstaunen seiner Ärzte sofort gesund. eingehüllt in eines seiner 70 (!) prächtigen
Schiffbrüchige wurden wundersam gerettet, Gewänder, geschmückt mit Reichsapfel und
und als das Volk von der Pest verschont blieb, Goldkrone, die besetzt ist mit wertvollen
eilte sogar die Königin von Polen zum kleinen Edelsteinen und Perlen.

Trauriges Ende und neues Aufblühen


Obwohl Kaiser Josef II. 1784 in seiner Jesulein anzutasten. Innerhalb von 20 Jahren
antiklerikalen Einstellung die Karmeliten aus verfiel die Kirche immer mehr, und die einst so
Prag vertrieb, wagte keiner das beliebte Prager begeisterten Prager schienen ihr Gnadenkind

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ganz zu vergessen. Erst 1878, gut 70 Jahre später, deshalb dankbar „Kardinal des Prager Kindes“.
wurde die Karmelkirche renoviert. Als sein Nachfolger, Erzbischof Josef Beran,
Schließlich gelang es dem Prager Erzbischof, 1945 vom KZ Dachau heimkehrte, führte ihn
Kardinal Karl Kašpar, die Verehrung des sein allererster Weg zum „Kleinen Prager“, wo
Prager Gnadenkindes wieder überall neu er eine Dankesmesse feierte. Leider wurde es
zu fördern, nachdem er als Seminarist in mit dem Beginn des kommunistischen Regimes
Rom persönlich die schmerzliche Erfahrung ab 1948 in Prag recht still um das Jesuskind,
gemacht hatte, dass man den „Kleinen Prager“ doch hatte dessen Verehrung damals schon
überall mehr als in seiner böhmischen Heimat lange die Grenzen Tschechiens überschritten!
kannte. 1936, beim Ausbruch des Spanischen Der „heimliche Kaiser“ war bereits weltweit
Bürgerkrieges, ermutigte er dann als Kardinal bei den Gläubigen bekannt und geliebt: auf den
seine böhmischen Landsleute, beim Prager Philippinen ebenso wie in Frankreich, Belgien
Jesulein Novenen zu beten, damit die spanische und Ungarn, in Mexiko, Ecuador und Brasilien
Heimat des Jesuskindes vom Kommunismus bis hin nach China, Burma und Indien.
befreit werde. Später nannten ihn die Spanier

Arenzano, das „Neue Prag“


Eines der größten Zentren der Verehrung des genähert hatte, der sich als Štepán Trochta,
Prager Jesuskindes entstand Anfang des 20. Bischof von Leitmeritz, zu erkennen gab.
Jahrhunderts in Italien bei den Karmeliten in der Jahre hatte er in KZs gelitten, und fast 20
Stadt Arenzano, 25 km westlich von Genua in Jahre lang war dem späteren Kardinal Trochta
einer herrlichen Bucht. Alles begann mit einem von den kommunistischen Machthabern jede
kleinen Ölbild des Jesuleins, durch das derart priesterliche Handlung untersagt.
auffallende Gebetserhörungen geschahen, dass Erst 1993 gab die tschechische Regierung der
der Pilgerstrom nicht mehr abriss. 1908 wurde Kirche das Heiligtum „Maria vom Sieg“ mit
das neu erbaute große Heiligtum eingeweiht, in dem berühmten Prager Jesulein zurück, und aus
dem seither eine wunderschön geschnitzte Kopie Arenzano kamen die ersten Karmeliten, um das
des Prager Kindes beherbergt wird. Erzbischof Kloster und die Verehrung des Jesuskindes neu
Josef Beran, der unter den Kommunisten ab 1949 zu beleben. Seither pilgern wieder Gläubige
jahrelange Isolationshaft erduldete, kam 1965 von nah und fern bittend und dankend zum
ins Exil nach Rom. Dort lernte er als Kardinal Gnadenkind. 1994 kam z. B. eine 70-jährige
einen Karmeliten aus Arenzano kennen, der ihm Inderin mit Ehemann und Enkel, um dem „Prager
begeistert vom „Neuen Prag“ erzählte. Wundertäter“ für ihre Heilung zu danken. In ihrer
Seither nahm der schon betagte Kardinal regen Jugend war sie nach einem Unfall vollständig
Anteil an allem, was sich in Arenzano zutrug. gelähmt ans Bett gefesselt, als ihr eines Nachts
Er besuchte das Jesuskind dort sogar mehrmals im Traume das Prager Kind erschien und
persönlich. Bei den Wallfahrten hinter den Heilung versprach. Sie betete daraufhin die
Eisernen Vorhang nach Prag, organisiert von den Novene zum gnadenreichen Jesulein, und noch
Karmeliten aus Arenzano, konnte er nur geistig während der neun Tage kehrte wieder langsam
teilnehmen, denn er selbst durfte nie mehr in Gefühl in ihre Beine und dann in den ganzen
seine Heimat zurückkehren. Körper zurück. Nach einigen Wochen war sie
Umso mehr freute er sich, als er hörte, dass vollständig gesund. Das ganze Leben hatte die
sich den italienischen Pilger beim Gnadenkind indische Familie gespart, um diese Dankesreise
in Prag einmal heimlich ein einfacher Arbeiter nach Europa machen zu können.

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Auch im „Messaggero di Gesù Bambino“, dem war kaum Erdöl ausgelaufen, und die erwartete
„Boten des Jesuskindes“ aus dem Heiligtum in Ölpest blieb somit aus; die reiche Meeresfauna
Arenzano, das heute zu den größten Pilgerorten und - flora der beliebten Tauchergewässer wurde
Italiens zählt, stehen monatlich zahlreiche nicht zerstört. Arenzano selbst blieb von der
Gebetserhörungen aus dem „Alten und Neuen klebrigen Masse der Ölschwaden und von einer
Prag“ zu lesen. Nur das spektakuläre Entstehen der Grundwasserverseuchung verschont. Dankbar
„Unterwasserkathedrale des Prager Jesuleins“ sei ließ sich die Stadt zehn Jahre später etwas
herausgegriffen: Die Medien berichteten 1991 alle Einzigartiges einfallen:
vom größten Schiffsunglück des Mittelmeeres. Am 28. Juli 2001 brachten Taucher eine gesegnete
Direkt vor Arenzano war der riesige Öltanker Kunststoffstatue des Prager Kindes in das größte
„Haven“ explodiert, fünf Besatzungsmitglieder Schiffswrack des Mittelmeeres, das in 42 m Tiefe
hatten dabei den Tod gefunden, und man horizontal auf einem Korallenriff liegt.
befürchtete eine ungeheure Umweltkatastrophe.
Drei Tage und Nächte brannte der Tanker, und Wie in einem „Meeresheiligtum“ thront der
eine gigantische Rauch- und Feuersäule stieg „himmlische Kapitän“ nun im Inneren der
auf, ehe das ausgebrannte Erdölschiff sank. Kommandobrücke als Regent über die Meere.
Aber auch drei Tage und Nächte flehte ganz Umgeben von bunten Korallen und Fischen, ist
Arenzano und Umgebung innig zum Prager das Jesulein unter Wasser zu einem beliebten
Jesulein. Und etwas Unglaubliches geschah: Es Ziel für Sporttaucher geworden.

Durch Maria zu Jesus


„Mutter, dein bin ich für Zeit und Ewigkeit. Durch dich und mit dir will ich für immer
ganz Jesus gehören.“ Diese Worte der Weihe sprachen am 10. Juli 2007
sechs Mädchen aus vier verschiedenen Ländern als Ausdruck ihrer Ganzhingabe an
Gott bei ihrer feierlichen Einkleidung im neu renovierten
slowakischen Nationalheiligtum Šaštín. Viele Verwandte und Freunde
waren aus dem Ausland gekommen, um diesen großen Tag mit den zukünftigen
Missionarinnen zu feiern. Die „neuen“ Schwestern werden uns nun ein wenig über
ihre so verschiedenen Berufungsgeschichten erzählen.

Sr. Hanna Wibmer, Österreich


Meine Heimat ist das Virgental in Osttirol, Klosterfrau!“ Das war mir dann doch ein wenig
und eigentlich habe ich schon als Kind und als zu viel. Es hatte sogar eher eine gegenteilige
Mädchen öfter daran gedacht, Schwester zu Wirkung auf mich, denn eigentlich wollte ich
werden. Da ich von klein auf fast jeden Tag mit auch immer gerne eine eigene Familie mit vielen
meiner Mutter in die Hl. Messe ging und immer Kindern haben.
ministrierte, meinten auch die Dorfleute nicht Als ich 2004 zum ersten Mal zum Internationalen
nur einmal: „Aus dir wird gewiss einmal eine Gebetstag der Mutter aller Völker nach

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Amsterdam fuhr, schwänzte ich dafür das Rückseite der Wundertätigen Medaille zeigt, auf
erste Mal im Leben die Schule. Aber es zahlte der das durchbohrte Herz Mariens abgebildet
sich aus! Denn als ich die Festhalle betrat, ist. Als ich meiner Mama den Ring zeigte, sagte
beeindruckte mich die gesamte Atmosphäre sie ganz erstaunt: „Na, das gibt’s ja nicht!“
derart, dass ich spontan dachte: „Ich glaube, Sie hatte mich nämlich schon als Ungeborenes
da ist mein Platz.“ Ich möchte jedoch nicht während der sehr schwierigen Schwangerschaft
verschweigen, dass es mich noch manch inneren in ihrer Not der Gottesmutter anvertraut und mit
Kampf und einiges Ringen kostete, ehe ich großem Vertrauen die Wundertätige Medaille
dann im Herbst mit Freude ins Mutterhaus der getragen. Als ich dann einen Monat zu früh mit
Familie Mariens in die Slowakei kam. Aber als offener Bauchdecke zur Welt kam, bereitete die
ich dort die Hausschwelle erstmals überschritt, Hebamme meine Mutter schon darauf vor, mich
war ich mir ganz sicher: „Ja, das ist wirklich Gott zurückzuschenken. „So viel Rosenkranz
mein Platz!“ wie damals habe ich mein ganzes Leben nicht
Mein neuer Name, Hanna, den ich bei der gebetet, und ich versprach, dich ‚Maria‘ zu
Einkleidung bekam, gefällt mir sehr. So heißt nennen, falls du überlebst“, erzählte sie mir
meine mir so liebgewordene hl. Beschützerin, später. Dreimal wurde ich nach der Nottaufe
die Prophetin Hanna, die zu Maria Lichtmess in der ersten Lebenswoche operiert. Die Ärzte
im Tempel dabei war, als der greise Simeon der hatten mich aufgegeben, aber offensichtlich
Gottesmutter voraussagte: „Ein Schwert wird hatte die Gottesmutter noch ihre Pläne mit mir!
deine Seele durchdringen.“ Gleich wurde ich In Zukunft möchte ich es ihr als Sr. Hanna von
an diese Worte erinnert, als mein Blick auf meinen Herzen danken – in meiner Berufung für die
neuen Berufungsring fiel, der ganz schlicht die Priester.

Sr. Lioba Jendrušáková, Slowakei


Meine Freunde und Bekannten kennen mich meines Lebens. Es begann, kurz gesagt, mein
als Katka aus dem kleinen slowakischen Dorf Berufungsweg, und somit hatte auch der gute
Bobrov vom Betrieb her, in dem ich nach einer Sakristan Jozef seinen kleinen „Triumph“!
elektrotechnischen Ausbildung arbeitete. Sofort fühlte ich mich in der Familie Mariens
Mit 22 Jahren war ich mit meiner Mutter in am richtigen Platz, und nur einen Monat später
Medjugorje, wo ich innerlich verstand: „Katka, durfte ich für vier Wochen kommen, um das
du musst in deinem Leben etwas ändern.“ gottgeweihte Leben und die Spiritualität der
Nach Hause zurückgekehrt, begann ich dann Gemeinschaft besser kennenzulernen. Nach
öfter die Hl. Kommunion zu empfangen, damit dieser Zeit konnte ich mich ohne Zögern
mir Gott den richtigen Weg zeigt. Dazu bediente entscheiden, ganz für Jesus zu leben und
Er Sich eines sehr guten Freundes aus meinem Missionarin zu werden. Selbstverständlich war
Dorf, Jozef Jagelák. Denn eines Tages, es war nicht alles leicht für mein lebhaftes, starkes
am ersten Oktobersamstag, lud er mich ein, Temperament, und es hieß, vieles zu lernen.
mit ihm im Lastwagen zu den Schwestern nach Auch waren da noch meine Eltern, die mich
Stará Halic zu fahren. Nach der Kartoffelernte endgültig ziehen lassen mussten. Doch sie
brachte er immer Kartoffeln ins Mutterhaus, und brachten das Opfer großherzig wie schon einmal,
insgeheim hatte er gedacht, diese Gemeinschaft als mein kleiner Bruder auf tragische Weise ums
wäre etwas für mich. Nichtsahnend sagte ich Leben kam. Mama sagte mir zum Abschied:
zu. Zweifellos wurde dieser erste Besuch im „Katka, Gott hat eines unserer Kinder zu
Mutterhaus dann zum entscheidenden Besuch Sich genommen, ohne uns zu fragen, und

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jetzt schenken wir Ihm auch dich, damit du komme, ich komme aus Liebe!“, und meine
Ihm dienst.“ Familie, Bekannte, ehemalige Mitschüler und
So ist es nun gut vier Jahre her, seit ich mein Lehrer, etwa 150, waren gekommen, um für
schönes Elternhaus verlassen habe. Am meine Berufung zu danken.
Einkleidungstag sprach ich mein: „Jesus, ich

Sr. Rosalia Osterspey, Deutschland


Neun Jahre ist es her, seit ich 1998 im Dein dankbares Kind Veronica Maria.“
Jugendbus zum 2. Internationalen Gebetstag Von da an hatte ich diese Karte immer auf dem
nach Amsterdam fuhr. Es war, als hätte mich die Nachtkästchen unter der Statue der Gottesmutter
Mutter aller Völker dort vorbereitet, denn ich liegen. Obwohl ich jeden Tag die Marienweihe
kann mich noch genau erinnern, wie ich, eine betete, erneuerte ich mein Weiheversprechen in
13- jährige Gymnasiastin, auf der Heimfahrt im feierlicher Form jedes Jahr am 22. August - ganz
Bus einfach ganz klar und sicher wusste: Ich für mich allein. Es folgten lange neun Jahre, die
möchte ganz für Jesus leben und Missionarin für meine Berufung aber eine gute Vorbereitung
werden. Um diesen Entschluss zu besiegeln, waren, ob als Volontär in einem Kinderdorf in
nahm ich daheim eine einfache Karte der Mutter Bolivien, im Missionseinsatz unserer geistigen
aller Völker - es war am Fest Maria Königin, am Familie in Uruguay oder dann während drei
22. August 1998. Ich gab der Gottesmutter das schöner Jahre im Mutterhaus. So bin ich dankbar
schriftliche Versprechen: „Meine Mutter, heute überzeugt, dass es wirklich die Gottesmutter
möchte ich dir versprechen, mein Leben war, die mich all die Jahre führte, so dass ich am
für immer ganz dir zu schenken, um ganz 9. Juli 2007 bei meiner Einkleidung Jesus mein
für Jesus in der Familie Mariens zu leben. endgültiges Jawort geben konnte.

Sr. Edel Maria Andrich, Österreich


Seit meiner Volksschulzeit war es immer schon das Tourismuskolleg in Innsbruck. Neue Stadt,
mein Wunsch, eine gute Familie zu gründen. Als neue Schule, neue Leute! Das gefiel mir. Zudem
1995 in unserer Nachbarpfarrei eine Pfarrmission dachte ich: „Nach kurzer Ausbildungszeit
stattfand, war das für mich als 14-jährige findest du dann bestimmt gleich einen
Gymnasiastin etwas ganz Neues! Besonders gutbezahlten Job im Ausland.“ Damals
beeindruckten mich dabei Jugendliche, die schlich sich zum ersten Mal der Gedanke bei mir
davon sprachen, wie sie zum Glauben gefunden ein: „Und wenn ich Schwester werde?“ Aber
hatten. Von da an besuchte ich einen Gebetskreis, so schnell der Gedanke kam, so schnell schob
und Jesus bekam einen festen Platz in meinem ich ihn auch wieder beiseite. 2004 hieß es für
Leben. uns Absolventen, sich nach Arbeit umzuschauen.
Nach dem Abitur wusste ich nicht recht, was Sollte ich nach Irland gehen oder besser nach
ich mit meinem Leben anfangen sollte. Ein Amerika? Fieberhaft suchte ich im Internet und
halbes Jahr Au-pair-Zeit in Kanada verging, fand tatsächlich interessante Angebote, aber
und das anschließende Englischstudium an der eigenartigerweise verwarf ich alles wieder.
Uni brach ich wieder ab. So kam ich 2002 an Nichts gab mir Frieden, und immer öfter betete

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ich still für mich oder bei der Hl. Messe: „Jesus, hätte, Schwester zu werden. Das war deutlich!
ich möchte einfach machen, was Du willst.“ Im Sommer konnte ich dann endlich zu Jesus
Manchmal wieder dachte ich verzagt: „Kann sagen: „Wenn Du mich wirklich rufst, dann
nicht einfach irgendwo ein ‚Schildl‘ stehen, bin ich bereit.“ Mein jetziger geistiger Vater,
wo draufsteht, was ich tun soll!?“ P. Paul Maria, riet mir damals, das gottgeweihte
Ja, ich war damals auf intensiver Suche, ohne es Leben erst näher kennenzulernen, bevor ich eine
recht zu wissen. Ein „Schildl“ stand dann zwar Entscheidung treffe. So kam ich im Herbst 2004
nirgends, aber Jesus ließ mich nicht im Stich. ins Mutterhaus der „Familie Mariens“, und zu
Ein neugeweihter Priester der Familie Mariens, Weihnachten stand für mich fest: „Wenn ich
P. Maximilian aus meiner steirischen Heimat, bleiben darf, so bleibe ich und werde hier
dem ich mich damals anvertraute, riet mir: Schwester.“ Heute bin ich davon überzeugt,
„Barbara, du darfst Jesus um ein Zeichen dass letztlich „mein Schildl“ die Gottesmutter
bitten, damit du klar erkennen kannst, was war, die mir den rechten Weg zu meiner
Er von dir will. Falls du an eine Berufung Berufung wies. Hatte ich doch immer schon eine
denkst, darfst du z. B. darum bitten, dass dich gute Beziehung zu ihr! Sie erflehte mir bestimmt
jemand darauf anspricht, mit dem du noch auch meine hl. Beschützerin, Edeltraud, jene
nie darüber gesprochen hast.“ Und so kam große hl. Königin Englands, deren Namen ich
es! Am Barmherzigkeitssonntag 2004 sprachen nun als ihre Edel Maria tragen darf.
mich drei Personen, mit denen ich zuvor noch
nie geredet hatte, darauf an, ob ich nie überlegt

Sr. Priscilla Abfalter, Deutschland


Wenn ich so zurückblicke, stand ich im Alter hatte, an starkem Heimweh. Aus all dem heraus
zwischen 15 und 20 Jahren immer mit einem begann ich täglich zur Hl. Messe zu gehen, was
Fuß bei Gott und mit einem in der Welt. mir bald in der Kirche das tröstliche Empfinden
Aufgewachsen in einer gläubigen Familie, von Heimat und Geborgenheit gab. Diese Zeit
praktizierte ich meinen Glauben zwar, machte war für mich innerlich sehr wichtig. Als ich dann
als Gymnasiastin Wallfahrten und betete die meinen Bruder in Rom in der Gemeinschaft
Marienweihe, lebte aber gleichzeitig nur auf das besuchte, lernte ich erstmals ganz still diese
Wochenende hin, um auszugehen und Jungen andere Art der Liebe kennen: eine sanfte und
kennenzulernen. Aber mehrere Freundschaften unaufdringliche Liebe, die von Gott kommt.
zeigten mir, dass das eben doch „nicht alles“ Erstmals stieg in mir leise der Wunsch auf, mich
ist, und immer weiter ging es mit meiner Suche Gott ganz zu schenken. Nicht im Traum hätte
nach Liebe. „Ich dachte, du seiest ein ganz ich mir das früher vorstellen können! Noch vor
normales Mädchen!“, sagte schließlich auch dem Jahr 2000 begann dann ein eigenartiges
„meine große Liebe“ ganz enttäuscht, als wir uns Kämpfen und Ringen: Ich hatte das Studium
wegen meiner Glaubensgrundsätze voneinander abgebrochen und eine Erzieherinnenausbildung
trennten. begonnen und spürte immer stärker auf der einen
Unerwartet traf es mich, als mein Bruder Hubert Seite: Jesus will mich für Sich, auf der anderen
1999 in die Gemeinschaft „Familie Mariens“ Seite war in mir eine für mich selbst unerklärlich
eintrat, und es war mir, als würde man mir große Angst, mich Ihm ganz zu geben: „Was
meinen einzigen Bruder einfach wegnehmen. wird auf mich zukommen? Kann Er mich
Zudem litt ich damals in München, wo ich das wirklich ganz glücklich machen?“
Studium der Religionspädagogik begonnen Entscheidend war dann der Sommer 2003, als

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ich mit einer Freundin im Mutterhaus war. Als schenken!“ Am liebsten hätte ich mein Ja laut
ich einmal in der Kapelle kniete, hörte ich zum hinausgerufen, und endlich traute ich mich „aus
ersten Mal das Lied: „Gott ist nur Liebe, wagt dem Boot hinaus“. Nur Hubert deutete ich an:
für die Liebe alles zu geben, gebt euch ohne „Jetzt hat es endlich bei mir ‚gefunkt‘!“
Furcht!“ Und in dem Moment konnte ich diese So fuhr ich mit dem Wissen heim: „Nächstes
Worte für mich ganz tief verstehen: „Was, Jesus, Jahr, wenn ich mit der Ausbildung fertig bin,
Du bist nur Liebe?! Ja, dann brauche ich ja komme ich wieder, und dann für immer!“
gar keine Angst zu haben, mich Dir ganz zu

Sr. Euthymia Knyazeva, Russland


Von St. Petersburg zogen meine Eltern, ein meinem neuen Rosenkranz, den ich jeden Tag
Mikrobiologe und eine Biochemikerin, auf gerne auf dem Weg zur Uni betete. So besuchte
die Krim, wo mein älterer Bruder und ich ich gleichzeitig die katholische Kirche und
in atheistisch kommunistischer Umgebung „Solibor“, betete den Rosenkranz und machte
aufwuchsen. Von Südrussland flogen wir Kinder dennoch meine esoterischen Jogaübungen. Am
im Sommer manchmal zu unserer Großmutter in 18. März beichtete ich das erste Mal, und eine
die drei Flugstunden entfernte Stadt Ufa am Ural. Woche später, am Fest Maria Verkündigung, war
Obwohl wir den Glauben nicht kannten oder mein Erstkommuniontag. Tags darauf betete ich
praktizierten, ließ sie uns 1989 in der orthodoxen als 17-Jährige erstmals die Marienweihe, zwar
Kirche heimlich taufen. „Warum müssen wir ohne großes Verständnis, aber ich denke, die
uns denn taufen lassen, wenn Gott nicht Gottesmutter führte mich durch alles Suchen
existiert?“, fragte ich Oma, und weiterhin blieb und Irren zu meiner Berufung. Langsam lernte
die Kirche für uns „ein Museum“. Ich erinnere ich zwar den katholischen Glauben immer tiefer
mich nicht, in der Kindheit je gebetet zu haben. kennen, doch war ich noch nicht frei von der
Nur in der Schule küsste ich vor Prüfungen mein Sekte. Als meine Mutter dann aus der Sekte
Taufkreuz und bat Jesus, mir zu helfen. austrat, strich man mich automatisch auch von der
Als ich elf Jahre alt war, zog unsere Familie nach Mitgliedsliste. Doch erst in der Fastenzeit 2002,
Ufa. Mama war oft auf Dienstreisen in Moskau nach einer aufrichtigen Beichte bei P. Johannes
oder St. Petersburg, wo sie die esoterische Nepomuk, war ich ganz von der Anhänglichkeit
Sekte „Solibor“ kennenlernte. Ich war damals an „Solibor“ befreit. Im Frühsommer stieg in
14 und ziemlich schwierig, als mich Mama mir plötzlich beim Lesen der Selbstbiographie
zum Einführungskurs von „Solibor“ einlud. der Kleinen hl. Theresia die Frage auf: „Aber
Seither glaubte auch ich an Gott und praktizierte was ist, wenn auch ich berufen bin?“ Erst als
eifrig jeden Tag Joga- und Atemübungen und ich mich durchringen konnte und sagte: „Wie
meditierte treu die esoterische Philosophie der Gott will!“, fand ich Frieden. In den Ferien
Sekte, einer Mischung aller Religionen. verstand ich dann immer deutlicher: „Gott ruft
Durch drei Sektenmitglieder kam ich schließlich mich. Er will mich für Sich!“ Doch erst als ich
aus Neugierde am Fest der Taufe Jesu 2001 zum von einer Medjugorjewallfahrt zurückkehrte, wo
ersten Mal zur katholischen Kirche nach Ufa. ich die „Gospa“ in einem Brief gebeten hatte:
Von da an ging ich mit meiner Mutter jeden „Sorge du für meine Berufung!“, vertraute
Sonntag hin, obwohl ich nichts verstand, weder ich schließlich im August 2002 den Missionaren
die Hl. Messe noch die Anbetung oder den in Alexejevka meine Entscheidung an. Von da
Rosenkranz. Ich wiederholte einfach: „Radujsja an nutzte ich jede Gelegenheit, um neben dem
Maria - Gegrüßt seist du, Maria …“ mit Studium möglichst oft die eineinhalb Stunden

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nach Alexejevka zu fahren. des Meeres saßen, sagte ich einfach: „Weißt
Im Sommer 2003 durfte ich dann erstmals zu den du, Papa, ich möchte Schwester werden.“
Einkehrtagen der „Familie Mariens“, und damit Lange blieb er still und sagte schlussendlich nur:
stand für mich fest: „Hier will ich eintreten „Mir ist das Wichtigste, dass du glücklich
und Schwester werden, oder gar nicht!“ Als bist!“ Als ich mich dann beim Dekan nach drei
ich das meiner Mutter anvertraute, lachte sie Studienjahren an der Medizinischen Fakultät
zuerst: „Du machst einen Scherz.“ Doch dann abgemeldet hatte, lief ich mit einem weinenden
nahm sie meinen Entschluss gut an. Auf der und einem lachenden Auge die Treppe hinunter,
Krim ergab sich später auch ein Gespräch mit einem neuen Leben entgegen, das 2003 im
meinem atheistischen Vater, für den ich zuvor Mutterhaus für mich begann und mit meiner
eine Novene gebetet und jeden Tag die Hl. Messe Einkleidung, vier Jahre später, einen freudigen
aufgeopfert hatte. Als wir dann einmal am Ufer Höhepunkt erreichte.

Auserwählt, um zu dienen
Das Hochfest der hll. Petrus und Paulus am 29. Juni
war für das Barmherzigkeitskloster in Gratzen nicht nur das
alljährliche Patrozinium, sondern in diesem Jahr ein ganz besonderer Tag.
Bei strahlendem Sonnenschein fand nämlich erstmals in der Geschichte
der Klosterkirche eine Priesterweihe statt, die zu einer freudvollen Begegnung
zweier Kontinente und Kulturen wurde. Fünfhundert Gäste aus Österreich,
Deutschland, Italien, Frankreich, Luxemburg, Tschechien, aus der Schweiz und der
Slowakei, und natürlich auch aus Afrika waren angereist,
um die Priesterweihe der beiden Diakone
Alain Pierre Marie Djakou aus Abidjan/Elfenbeinküste und
Florian Maria Kerschbaumer aus Gries am Brenner/Österreich mitzufeiern.
Aus Südtirol war Stefan Stoll, der Heimatpfarrer von Florian, mit Freunden in einem
Kleinbus gekommen, zudem Verwandte der Großfamilie von Florian - er ist der
Jüngste von 16 Kindern. Aus Afrika waren Alain Maries Vater und nahe Verwandte in
ihren farbenprächtigen Kleidern angereist.

Der größte Tag unseres Lebens


Nach den neun Formungs- und Studienjahren an Stille des Barmherzigkeitsklosters Exerzitien.
der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom „Unser letzter Blick, bevor wir am Morgen
und nach der Diakonatsweihe am 8. Dezember der Weihe die Klausur verließen, war auf
2006 in der Slowakei war es für die beiden nun eine Statue der Gottesmutter gerichtet, die
endlich so weit: Als letzte Vorbereitung auf am Ende des Korridors steht. Ganz bewusst
die Priesterweihe machten die Diakone in der vertrauten wir Maria unser Priestertum an,

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denn wir wollten geistig geborgen in ihr, der „Wir besuchten die schwerkranke Mutter
Mutter des Göttlichen Hohen Priesters, die unserer österreichischen Gastfamilie, die
Weihe empfangen.“ seit einem Schlaganfall vor 15 Jahren nicht
Da in der Kirche nicht für alle Besucher Platz mehr spricht und sich seit etwa sieben Jahren
war, konnten die Gäste auch im Kreuzgang in einem schlafähnlichen Zustand befindet.
des Klosters auf einem großen Bildschirm die Sie sitzt unbeweglich mit geschlossenen
Feierlichkeiten aus der Nähe mitverfolgen. Augen in ihrem Rollstuhl und zeigt nur mehr
Bischof Eduard Kojnok aus der Diözese ganz selten eine Reaktion. Wir erzählten
Ro•nava/ Slowakei zelebrierte zur Freude der ihr von der Priesterweihe, und obwohl
vielen deutschsprachigen Freunde das Hl. sie nicht reagierte, fragten wir sie, ob sie
Messopfer und die Weihe in deutscher Sprache. nicht ihr Leiden für die beiden Neupriester
„Als besonders gnadenvoll erlebten wir jene aufopfern wolle. Da machte sie plötzlich die
Augenblicke“, erzählten die Neupriester Augen weit auf und begann - zum Erstaunen
anschließend, „als die mehr als 40 aller Anwesenden - minutenlang bejahend
konzelebrierenden Priester uns nach dem zu nicken. Auf meine Frage, ob die gute
Weiheakt die Hände auflegten und für jeden Großmutter denn verstanden hätte, was ich
von uns persönlich beteten.“ sie gefragt hatte, nickte sie entschieden. Man
merkte ihr an, dass sie so gerne etwas gesagt
In der Festpredigt sprach dann P. Paul Maria hätte, doch ihre Stimme versagte. Wir waren
vor allem über das Geheimnis der geistigen tief ergriffen. Wie viel hat diese leidgeprüfte
Mutterschaft für die Priester. Gerade deshalb Frau in ihrem Leben schon gelitten und Gott
war es ganz besonders schön, was zwei unserer dargebracht! Zweifellos ist dies wohl der
angereisten Missionarinnen in ihrer Gastfamilie letzte und wichtigste Auftrag Gottes an sie.“
erleben durften. Sr. Teresa aus Talmenka erzählt:

Berufen aus Barmherzigkeit


Alain Marie erzählt uns, wie die Gnade Gottes ihn P. Benoît Marie nach Afrika gekommen war,
berufen und schließlich zum Priestertum geführt lernte ich dann meinen geistigen Vater kennen.
hat: „Es ist so wahr, was Theresia von Lisieux Er half mir, den Willen Gottes für mein Leben
sagt: ‚Gott lässt uns nichts ersehnen, was Er im Gebet tiefer zu verstehen, und so konnte
uns nicht geben möchte.‘ So möchte ich Gott ich mich mit Freude entscheiden, in unserer
und in besonderer Weise der Gottesmutter danken, Missionsgemeinschaft Priester zu werden. Tief
dass sie mir meinen Wunsch, Priester werden zu wie nie zuvor wurde mir am Tag meiner Weihe
dürfen, erfüllt haben. Schon als kleiner Junge im bewusst, dass das Priestertum kein Beruf ist, den
Alter von neun Jahren hatte ich große Ehrfurcht man sich selbst aussucht, weil er einem gefällt.
vor jener Person, die am Altar stand und segnete. Es ist vielmehr einzig und allein Auserwählung
Als ich dann über die Jahre die Treue sah, mit der Gottes. Ich verstand auch, dass Gott nicht im
mein Heimatpfarrer sein Priestertum lebte, wuchs Blick auf menschliche Größe erwählt, sondern
auch in mir immer mehr die Sehnsucht, Priester nach Seiner barmherzigen Liebe, die so ganz
zu werden. Besonders wenn mich meine Oma anders ist als die Liebe der Welt. Obwohl mich
zu einer Primizmesse mitnahm, wurde dieser Gott in meiner Jugend vor vielem bewahrt hat,
Wunsch in mir wieder lebendig. empfinde ich meine Berufung trotzdem als ein
Durch Sr. Louise Marie, einer Missionarin Geschenk Seiner unendlichen Barmherzigkeit,
der Familie Mariens, die zur Primizfeier von der wir ja alle ständig bedürfen. Deshalb habe

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ich als Motto für mein Priestertum den Vers aus er die Welt richtet, sondern damit die Welt
dem Johannesevangelium gewählt: ‚Gott hat durch ihn gerettet wird‘ (Joh 3,17).“
seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit

Auf der Suche nach dem wahren Glück


Florian, der selbst in seinem Leben die Diskotheken ganz Österreichs. Verständlicher-
Barmherzigkeit Gottes tief erfahren durfte, weise blieb dabei auch die eine oder andere
wählte für sein Priestertum das Motto: „Selig die nähere Bekanntschaft mit Mädchen nicht
Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen aus. Doch gleichzeitig wuchs eine innere Un-
finden“ (Mt 5,7). zufriedenheit in mir: Sollte dieses Leben meine
Lassen wir ihn nun selbst über seinen Erfüllung sein? War das alles? Erst als ich mich
Berufungsweg erzählen: „Der Wunsch, Priester von meinen Freunden trennte und wieder zu
zu werden, war sehr früh in mir wach geworden beten begann, erkannte ich, dass das Glück eines
und blieb es insgeheim eigentlich bis gegen erfüllten Lebens eigentlich nur im christlichen
Ende meiner Schulzeit, was sicher den meisten Glauben zu finden ist. Ich verstand: Wenn ich
verborgen blieb, denn ich war ein ziemlicher glücklich sein will und andere glücklich machen
Lausbub. Vorbereitend für diesen kühnen Wunsch möchte, muss ich mein Leben vor allem mit Gott
waren die tief religiöse Erziehung in meinem leben. Als ich dann nach Jahren beichtete, fiel es
Elternhaus und der oftmalige Kirchenbesuch mir interessanterweise gar nicht mehr so schwer,
als Ministrant. Natürlich gab es neben diesem harte Musik, Diskos, Autos und schließlich
Lebensziel im Laufe der Jahre so manch andere. sogar meinen Beruf aufzugeben. Nach und nach
Nach meinem Schulabschluss machte ich eine konnte ich meinem Kindheitswunsch, Priester
Lehre als Kfz-Mechaniker und übte diesen zu werden, wieder Raum in meinem Leben
Beruf auch drei Jahre lang aus. Ab meinem 16. geben. Es war eine im Gebet reiflich überlegte
Lebensjahr aber entfernte ich mich von Gott und Entscheidung, den Anruf der Liebe Gottes
der Kirche. Nicht aus Protest, ich wollte einfach auch mit Liebe zu beantworten. So trat ich im
die Welt kennenlernen und genießen. Herbst 1998 in die Familie Mariens ein, in der
Aufgewachsen im kleinen Venntal, dem letzten meine leibliche Schwester, Mutter Agnes, schon
Gebirgstal vor dem Brennerpass, zog es mich jahrelang still für meine Bekehrung gebetet
jahrelang in die verschiedensten Lokale und hatte.“

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Unser erstesWeihnachtsspiel
Im vergangenen Jahr führten wir in der Klosterkirche von Gratzen erstmals ein
kleines Theaterstück auf, das so viele gute Früchte hervorgebracht hat, dass wir Euch
gern daran teilhaben lassen möchten.

Seit wir im August 2005 unsere Mission hier im Augen nicht. Sie war bis zum letzten Platz
böhmischen Gratzen begonnen haben, liegen gefüllt! Es waren nämlich nicht nur Gläubige
uns natürlich die Kinder und Jugendlichen unserer Pfarrei gekommen, sondern auch viele
besonders am Herzen. Jede Woche laden wir dem Glauben Fernstehende, die von den Kindern
sie eigens zu einer Kindermesse ein, und da selbst eingeladen worden waren. Erstmals
wir anschließend mit ihnen spielen und basteln, sahen wir auch Eltern und Verwandte, die noch
kommen regelmäßig sehr viele aus der ganzen nie bei einem Gottesdienst bei uns waren. Am
Umgebung. Auf einer Pilgerfahrt nach Prag kam Ende des Spiels bekam jeder Zuschauer eine
uns Missionarinnen die Idee, mit den Kindern Kerze, und mit brennenden Lichtern in den
ein Weihnachtsspiel über die Geschichte des Händen knieten wir alle nieder und beteten
Prager Jesuskindes einzuüben. Eine unserer gemeinsam mit den Kindern die Weihe an das
Schwestern schrieb das „Drehbuch“, eine Jesuskind, so wie sie P. Cyrill im 17. Jahrhundert
andere nähte die Kostüme. Das war gar nicht so geschrieben hatte: „O Jesulein, zu Dir fliehe
einfach, denn die Geschichte spielt in Spanien ich, durch Deine Mutter bitte ich Dich …“
im 11. und 17. Jahrhundert. Anfangs kamen die Dann trat völlige Stille ein - eine unglaubliche
kleinen „Schauspieler“ mehr aus Neugierde, Gnadenatmosphäre! Niemand wollte nach Hause
doch bald waren sie so begeistert, dass sie gehen. Viele Zuschauer haben an diesem Abend
kaum die nächste Probe erwarten konnten. Im erkannt, welchen Schatz ihre Heimat Tschechien
Mittelpunkt stand selbstverständlich die Statue mit dem Prager Jesuskind besitzt, und so
des Prager Jesuleins. Vor jeder Probe beteten wir mancher entschied sich, so bald als möglich eine
zu Ihm und vertrauten Ihm unser Bemühen an. Pilgerfahrt zum Jesulein zu machen. Vor allem
Štepán, der das Jesuskind darstellen sollte, war aber hat dieses Weihnachtsspiel unsere Kinder
erst sieben Jahre alt. Anfangs gefiel ihm seine zusammengeschweißt. Viele sind Freunde ge-
Rolle gar nicht, denn die Mitspieler hänselten worden, und alle kommen nun viel lieber zur
ihn vor und nach den Proben oft mit den Hl. Messe. Auch unsere Jugendlichen haben
Worten: „Jesuskind, komm!“ So wollte er bald mit großer Bereitschaft und Freude geholfen,
nicht mehr mitspielen. Erst als wir gemeinsam die Kinder anzukleiden, Kulissen aufzubauen,
darüber gesprochen hatten, welch ein Privileg Requisiten zu basteln und zu fotografieren.
es ist, diese Rolle zu spielen, konnte er sich Schlussendlich unterstützten sie uns noch
entschließen weiterzumachen. musikalisch mit ihren Stimmen. Die freiwilligen
Es gab viele Hindernisse zu überwinden, bis Helfer sind - auch wenn sie bisher kaum in die
es dann am Vorabend des 24. Dezember zur Kirche gekommen waren - sogar unsere Freunde
Aufführung kam. Als wir Missionare die geworden.
Klosterkirche betraten, trauten wir unseren

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Das südböhmische Lourdes
Ein Gnadenort, der zu unserer Missionsstation Seitenwunde des toten Leichnams Jesu, der auf
gehört und von dem wir in der letzten Ausgabe des dem Schoß der Schmerzensmutter ruht, fließt
Triumph des Herzens nur ganz kurz berichtet frisches, reines Wasser, die Gnadenquelle von
haben, ist die Wallfahrtskirche „Maria Trost“ Brünnl. Seit 1702 gibt es zahlreiche, gerichtlich
in Brünnl. Weithin sichtbar liegt sie auf einem beglaubigte Heilungen bei Pilgern, die
der bewaldeten Hügel der Gratzener Berge. Sie vertrauensvoll vom Wasser der Quelle tranken
verdankt ihren Ursprung einer Quelle, die schon oder damit ihre kranken Glieder benetzten.
seit mehr als 300 Jahren wegen ihrer heilenden So bezeugen Pilger wie z. B. Urban Hartl aus
Wirkung aufgesucht wird. Anfangs stand hier Langstrobnitz, von Taubheit geheilt worden
nur eine Mariensäule, bis der fromme Bauer zu sein, oder ein zehnjähriges Mädchen aus
Mathias Egidi 1701 nach einem übernatürlichen Schlagles, sein Augenlicht wiedererhalten zu
Erlebnis eine kleine Kapelle baute. Immer haben. Von der Tochter des Gregor Radbauer von
wieder machten außergewöhnliche Ereignisse der Haid ist urkundlich erwähnt, dass sie am 23.
wie z. B. Lichterscheinungen auf diesen Ort Januar 1702 von einem unheilbaren Fußleiden
aufmerksam, und so begannen Gläubige aus der auf wunderbare Weise befreit wurde. Bis heute
Umgebung, zur Kapelle zu pilgern. Bald war bezeugen Kranke und Hilfesuchende, wie sie
das Kirchlein viel zu klein, und so baute man neben seelischem Trost auch körperliche Heilung
mit Spendengeldern eine sehr schöne barocke erfahren haben. Zu Recht nennt man deshalb
Wallfahrtskirche, die 1715 eingeweiht wurde. diesen Gnadenort auch das „südböhmische
Unter dem mächtigen Treppenaufgang fasste Lourdes“.
man die Heilquelle auf originelle Weise: Aus der

Neues Leben in Maria Trost


Bis zur Zeit der kommunistischen Regierungs- Kernkraftwerk. Dabei sagte er: „Dort steht ein
übernahme in Tschechien im Jahr 1945 war Maria Atomkraftwerk, aber hier steht ein geistiges
Trost ein allseits bekannter und vielbesuchter Kraftwerk! Wir sind uns viel zu wenig der
Wallfahrtsort. Nach alten Aufzeichnungen Gnadenkraft dieses Ortes bewusst. So viele
wurden beispielsweise im Jahr 1762 über 62 Heilungen geschahen schon durch das
500 Hl. Kommunionen ausgeteilt, und um 1913 Gnadenwasser. Alles, was wir brauchen,
kamen jährlich mehr als 50 000 Pilger in 400 sind Glaube und Vertrauen!“
Prozessionen. In den letzten Jahren begannen Mittlerweile kommen im Sommer täglich
die Wallfahrer wieder, diese alte Tradition Pilger und Kunstfreunde aus Deutschland und
aufzunehmen. Einer der ersten war natürlich P. Österreich und natürlich aus Tschechien, um
Bonfilius, der sich seit 1991 dafür einsetzte, dass das Barockjuwel zu besichtigen oder um ihre
die Wallfahrten zur Mutter des Trostes wieder Nöte zur Mutter des Trostes zu bringen. Sehr
belebt werden. Oft wenn er hier predigte, zeigte bald haben wir verstanden, wie wichtig es ist,
er in die Richtung der Stadt Temelin. Denn in dass an diesem Wallfahrtsort unsere Priester und
dieser Stadt, 60 km von Brünnl entfernt, steht ein Schwestern anwesend sind. Dadurch wäre die

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Kirche immer geöffnet, und alle, die als Pilger, Ordensfrauen zu verstecken. Sie hatten es nicht
Wanderer und Kunstliebhaber hierherkommen, leicht, so eng zusammengedrängt in einem fast
könnten spirituell betreut werden. Deshalb verfallenen Haus ihr Gemeinschaftsleben unter
möchten wir das alte Pfarrhaus, das direkt kommunistischer Aufsicht weiterzuführen.
gegenüber der Wallfahrtskirche steht, als Es gab weder fließendes Wasser noch Strom.
Wohnhaus für unsere Missionarinnen renovieren Die Vorsehung fügte es, dass P. Breier, ein
lassen. spätberufener Priester, ebenfalls in diese
Umgebung verbannt wurde. Er half den
Im Jahr 1975 wurden von den Kommunisten Schwestern, das alte Pfarrhaus für ihre Zwecke
35 Schwestern der Englischen Fräulein, der notdürftig bewohnbar zu machen. Als dann der
heutigen Kongregation Jesu, im ehemaligen Servitenpriester P. Bonfilius 1991 von Innsbruck
Pfarrhaus von Maria Trost zwangsinterniert. Da nach Tschechien kam, fand er bei den Schwestern
das Gebäude in der scharf bewachten Grenzzone sein erstes Zuhause. Von hier aus koordinierte er
zu Österreich lag und der Zivilbevölkerung nicht sowohl die Renovierung des Klosters in Gratzen
zugänglich war, eignete es sich bestens, um die als auch die der Wallfahrtskirche „Maria Trost“.

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