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Humboldt-Universität zu Berlin
Bis zum Jahr 2020 wurden insgesamt 56 Nobelpreisträger mit der Humboldt-Universität
zu Berlin assoziiert. Darunter sind Absolventen der Universität sowie langjährige
akademische Mitglieder der Fakultäten oder von mit der HU Berlin verbundenen
Forschungsorganisationen.[8]
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte
1.1 Gründung als Friedrich-Wilhelms-Universität 1809
1.2 Erweiterungen 1821
1.3 Frauen an der Universität 1908
1.4 Zeit des Nationalsozialismus 1933
1.5 Neugründung und Spaltung 1945
1.6 Humboldt-Universität 1949
1.7 Erneuerung und Elitestatus 1990
2 Organisation
2.1 Präsidium
2.2 Fakultäten
2.3 Interdisziplinäre Zentren und Einrichtungen
2.4 Zentraleinrichtungen
2.5 Zentralinstitute
2.6 Gute Wissenschaftliche Praxis
3 Standorte
3.1 Campus Mitte
3.2 Campus Adlershof
3.3 Campus Nord
3.4 Campus Dahlem
3.5 Arboretum im Baumschulenweg
3.6 Sammlungen
4 Forschung
5 Studium
5.1 Studiengänge
5.2 Studierendenvertretungen
5.3 Bibliothek
6 Reputation
6.1 Olympiastützpunkt
6.2 Globale Partnerschaften
7 Persönlichkeiten
7.1 Nobelpreisträger
7.2 Alumni
7.3 Rektoren
7.4 Professoren
8 Kontroversen
9 Siehe auch
10 Literatur
11 Film
12 Weblinks
13 Einzelnachweise
Geschichte
Unter dem Eindruck der Reformideen Schleiermachers entwickelte der Diplomat und
Sprachwissenschaftler Wilhelm von Humboldt seine Universitätskonzeption
(Humboldtsches Bildungsideal). Humboldt war seit Februar 1809 für ein Jahr
Sektionschef für Kultus und Unterricht im Ministerium des Innern. Sein oberstes
Ziel war es, ein neues Bildungssystem in Preußen einzuführen. Die Hauptsäulen
seines Konzepts waren die enge Verbindung von Forschung und Lehre, freie
Wissenschaft um ihrer selbst willen und Persönlichkeitsformung. Bereits am 16.
August 1809 wurde die Stiftungsurkunde in Königsberg feierlich aufgesetzt.
Zu den ersten Professoren, deren Berufung auf Wilhelm von Humboldt zurückging,
gehörten August Boeckh (Philologie), Albrecht Thaer (Landwirtschaft), Friedrich
Carl von Savigny (Jura), Christoph Wilhelm Hufeland (Medizin) und Carl Ritter
(Geographie). Sie trugen Humboldts Konzept mit. Der Betrieb der Wissenschaften
verlange, so der Gelehrte und Staatsmann, dass Akademien, Universitäten und relativ
selbstständige Forschungseinrichtungen zusammengeführt werden. Humboldts Konzepte,
wie die erst später berühmt gewordene Denkschrift „Über die innere und äußere
Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin“, beeinflussten die
Idee der modernen Universität.[11]
Wilhelm von Humboldt, Begründer des Humboldtschen Bildungsideals
Die Universität verfügte damals über kein eigenes Gebäude, viele Wissenschaftler
kamen von der aufgelösten Universität Halle oder standen erst am Anfang ihrer
Karriere. Das moderne Bildungsideal habe seine Wirkkraft anfangs noch nicht voll
entfalten können. „Sie war vor allem kein Bruch mit Traditionen anderer
Universitäten“.[12]
Alles, was für die Ausbildung der Studenten geeignet war, wurde der Universität
angegliedert oder konnte von den Studenten genutzt werden. So bekam sie das von
1748 bis 1766 in der Dorotheenstadt erbaute und seit dem Tod der Prinzessin
Heinrich im Vorjahr (1808) ungenutzte Palais des Prinzen Heinrich übereignet.
Mehrfach umgebaut und in den Jahren 1913 bis 1920 durch Anbauten erweitert, ist es
das Hauptgebäude der Universität, seit 1937 amtlich zur Straße Unter den Linden
gehörig. Der König bewilligte der neuen Hochschule außerdem einen jährlichen
Zuschuss von 57 000 Talern.
Johann Gottlieb Fichte, 1811/1812 erster Rektor der neuen Universität zu Berlin
Nachdem am 28. September 1810 Theodor von Schmalz zum ersten Rektor berufen worden
war und sich am 6. Oktober die ersten Studenten immatrikuliert hatten,[13] konnte
am 10. Oktober 1810 der offizielle Lehrbetrieb aufgenommen werden.[14] In das
Wintersemester 1810/11 trat die Alma Mater Berolinensis mit einem Lehrkörper von 54
Dozenten, fünf Sprachlehrern und 458 Immatrikulierten. Die Fächer wurden in die
Fakultäten Jura, Medizin, Philosophie und Theologie gegliedert. Die
Naturwissenschaften waren damals Teil der Philosophischen Fakultät, so dass die
Doktoranden zum Dr. phil. (nicht zum Dr. rer. nat.) promoviert wurden. Dass die
Universität ihre Wirksamkeit so schnell entfalten konnte, lag auch daran, dass das
wissenschaftliche Leben in Berlin nicht erst aus dem Boden gestampft werden musste.
So bestand bereits die 1661 vom Großen Kurfürsten gestiftete und zu großer
Bedeutung gelangte Königliche Bibliothek und die 1710 von Friedrich I. begründete
und 1785 erweiterte Charité. Die Königliche Akademie der Wissenschaften zu Berlin
hatte, obwohl keine Universität, bereits die unbestrittene Führerschaft des
geistigen Lebens im preußischen Staate inne.[15]
Die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 wirkten sich auch auf die Universität aus.
Humboldt hatte sie bei ihrer Gründung bereits zu einer „Burg und Bollwerk und einem
Waffenplatz zum Widerstand gegen Napoleon“ bestimmt. Noch unter französischer
Besatzung Berlins lagen 1813 bereits Freiwilligenlisten im Senatszimmer aus und
Lehrer wie Studenten strömten zu den Waffen, insbesondere zum Lützower Freikorps.
Die zurückgebliebenen Professoren ließen sich daheim im Landsturm ausbilden. So
wurden im Jahr 1813 nur 15 Vorlesungen vor 28 Studenten gehalten. Ähnliches
wiederholte sich 1815 während der Siebten Koalition. 1818 entstand der
Burschenverein, später Berliner Burschenschaft genannt. Seit 1821 waren an der
Berliner Hochschule sämtliche studentischen Korporationen verboten.
1838 war das Corps Marchia Berlin rekonstituiert worden, im selben Jahr erfolgte
die Gründung der Neoborussia, 1842 die der Normannia und 1845 die der Guestphalia.
Gleichwohl kam in Berlin stärker als anderen deutschen Hochschulen die
Freistudentenschaft, die sich eine „zeitgemäße“ Reform des studentischen Lebens und
eine Abschaffung der korporativen Formen wünschte, zu besonderer Blüte.[17]
Erweiterungen 1821
Neben der starken Verankerung traditioneller Fächer wie Altertumswissenschaft,
Rechtswissenschaft, Philologie und Geschichte, Medizin und Theologie, entwickelte
sich die Berliner Universität zum Wegbereiter für zahlreiche neue
naturwissenschaftliche Disziplinen. Das verdankte sie besonders der Förderung des
Naturwissenschaftlers Alexander von Humboldt, Bruder des Gründers Wilhelm. So
richtete Georg Ludwig Hartig 1821 an der Universität einen Lehrstuhl für
Forstwirtschaft ein, aus dem später die Forstliche Hochschule Eberswalde wurde. Mit
dem Bau modernster Forschungs- und Lehreinrichtungen für die Naturwissenschaften
wurde um 1850 begonnen. Berühmte Forscher, wie der Chemiker August Wilhelm von
Hofmann, der Physiker Hermann von Helmholtz, die Mathematiker Ernst Eduard Kummer,
Leopold Kronecker, Karl Weierstraß, die Mediziner Johannes Peter Müller, Albrecht
von Graefe, Rudolf Virchow und Robert Koch, trugen den wissenschaftlichen Ruhm der
Berliner Universität über die nationalen Grenzen.
Im Zuge der Erweiterung der Universität wurden andere in der Stadt bereits
vorhandene Einrichtungen schrittweise eingegliedert. Beispiele hierfür sind die
Charité, die Pépinière und das Collegium medico-chirurgicum. Das Collegium medico-
chirurgicum wurde 1809 aufgelöst, die Bücherei von der Pépinière übernommen, und
das medizinische und chirurgische Universitätsklinikum entstand 1810 zuerst in zwei
Wohnungen der Friedrichstraße 101, bis nach mehreren Umzügen 1818 ein als
Bleizucker- und Stärkefabrik gebauter Gebäudekomplex in der Ziegelstraße 5/6
erworben wurde. Die Entbindungsanstalt entstand 1816 in der Oranienburger Straße
und war der Vorläufer der 1882 eröffneten I. Universitäts-Frauenklinik in der
Artilleriestraße (seit 1951 Tucholskystraße). 1829 bezog die Medizinische Fakultät
der Universität diesen Standort, und erst 1927 wurde die chirurgische
Universitätsklinik als letzte Klinik in die Charité verlagert.
Die Zahl der Studenten war im Wintersemester 1870/71 auf 2155, die der Dozenten auf
168 gestiegen. Zur Zeit der Jahrhundertwende war eine Dozentenzahl von 350 und eine
Studentenzahl von knapp 4500 erreicht, wozu sich noch etwa 300 Angehörige der
Kaiser Wilhelms-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen gesellten.[19]
Die erste Frau, die in Berlin zur Professorin ernannt wurde, war die Mikrobiologin
Lydia Rabinowitsch-Kempner, die 1912 den Titel verliehen bekam. Allerdings erhielt
sie keine Anstellung an der Universität. 1926 wurde Lise Meitner als erste
Physikerin an einer preußischen Universität zur außerordentlichen Professorin
ernannt. Bei anderen begabten Wissenschaftlerinnen, wie der jüdischen Historikerin
Hedwig Hintze, endete nach 1933 der akademische Weg mit dem Entzug der Lehrbefugnis
und Emigration. Im Jahr 1947 ging dann Liselotte Richter als erste deutsche
Professorin für Philosophie und Theologie in die Annalen der Universität ein. Die
Berliner Universität war zwischen 1919 und 1945 die deutsche Universität mit den
meisten Dozentinnen.
Die Vertreibung und Ermordung jüdischer Gelehrter und Studenten sowie politischer
Gegner des Nationalsozialismus haben der Universität und dem geistigen Leben in
Deutschland schweren Schaden zugefügt. Widerstand aus der Universität heraus blieb
eher selten.
Ein besonderer Kritikpunkt an der Berliner Universität war spätestens seit 1946 das
Zulassungsverfahren zum Studium: In den Bewerbungsgesprächen wurde nach politischer
Einstellung gefragt, Bewerber aus der Arbeiterklasse sowie Mitglieder
kommunistischer Organisationen wurden offenbar bevorzugt, bürgerliche und SED-
kritische Studenten ausgeschlossen. Der Universität wurde vorgeworfen, zur „SED-
Parteiuniversität“ zu werden.[26]:33–39 1948 forderten oppositionelle Studenten
eine Freie Universität, die mit Unterstützung vor allem der USA, der Zeitung Der
Tagesspiegel und des Regierenden Bürgermeisters Ernst Reuter im amerikanischen
Sektor in Dahlem gegründet wurde. Damit bewahrten die Studenten nach ihrem
Verständnis das Humboldtsche Ideal der Freiheit von Lehre und Forschung.[27] Die
jahrzehntelange Teilung der Stadt in Ost-Berlin und West-Berlin zementierte die
Spaltung in zwei eigenständige Universitäten.
Humboldt-Universität 1949
Mit der beginnenden Entspannung in Europa Mitte der siebziger Jahre konnte die
Humboldt-Universität auf einigen Wissenschaftsgebieten den internationalen
Anschluss wiederherstellen und durch weltweite Kooperationen festigen.
Hervorzuheben sind die langjährigen und intensiven Forschungs- und
Austauschbeziehungen zu Hochschulen in Mittel- und Osteuropa, insbesondere mit
Einrichtungen in der Sowjetunion. Es gab in dieser Zeit intensive Kooperationen mit
Universitäten in Japan und den USA, sowie mit Entwicklungsländern in Asien, Afrika
und Lateinamerika.
An der Humboldt-Universität, der größten Universität der DDR, wurden bis 1990 fast
150.000 Studierende ausgebildet. International anerkannte Forscher lehrten an der
Universität. Viele konnten nach der Wiedervereinigung ihren Platz in der
akademischen Welt behaupten.
Seit der deutschen Wiedervereinigung hat Berlin vier Universitäten, die versuchen,
ihre Studienpläne zu koordinieren. Traditionelle Studiengänge wurden im Rahmen der
Studienreform umstrukturiert und das Lehrangebot auf eine moderne und international
vergleichbare Grundlage gestellt und die Forschung neu ausgerichtet und gestärkt.
Seit 1994 verfügt die Universität über elf Fakultäten und mehrere interdisziplinäre
Zentren und Zentralinstitute. Mit über 300 Liegenschaften in Berlin und Brandenburg
zählt sie zu den bedeutendsten Standortfaktoren der Region. 1992/1993 studierten
20.425 Personen an der Universität. 2004/2005 waren es 40.828 Studierende
(einschließlich Charité). Seitdem unterliegen fast alle Studiengänge einer
Zulassungsbeschränkung. Auch wegen der für junge Menschen attraktiven Lage in der
Kulturmetropole Berlin bewarben sich im Jahr 2007 insgesamt 25.750 Abiturienten für
nur 3.455 Studienplätze.[34] 5791 (14,1 Prozent) ausländische Studierende aus mehr
als 100 Ländern lernten und forschten an der Humboldt-Universität.
Organisation
Präsidium
Das Präsidium der Humboldt-Universität setzt sich zusammen aus der Präsidentin
Julia von Blumenthal, die dieses Amt am 1. Oktober 2022 übernommen hat, dem
Vizepräsidenten für Lehre und Studium (VPL) Niels Pinkwart, dem Vizepräsidenten für
Forschung (VPF) Christoph Schneider sowie dem Vizepräsidenten für Haushalt,
Personal und Technik (VPH) Niels Helle-Meyer.[35]
Fakultäten
Die Humboldt-Universität gliedert sich seit April 2014 in neun Fakultäten, die
jeweils mehrere Institute umfassen. Daneben bestehen verschiedene zentrale und
interdisziplinäre Einrichtungen.[36]
Altes Palais Unter den Linden, Gebäude der Juristischen Fakultät
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät