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Ergänzendes

Unterrichtsmaterial
für Jugendliche
FASHION TALKS
Unsere Kleidung spricht für oder Trends zu setzen? Mit welchen Strate-
aber auch gegen uns. Bevor wir über- gien locken sie uns? Wieso reicht heute
haupt etwas gesagt haben, hat sich un- eine einfache Modenschau kaum noch
ser Gegenüber schon anhand unserer aus, um ein echtes Modeevent herauf-
äußeren Erscheinung ein Bild von uns zubeschwören? Oder ist weniger doch
gemacht. Unsere Kleidung spielt da- mehr?
bei eine wesentliche Rolle. Wir senden Diesen und vielen weiteren Fragen
über sie bestimmte Informationen aus stellt sich die Ausstellung „FASHION
und lesen auch selbst Botschaften in TALKS“. Auf 450 m² zeigt sie, wie Bot-
der Kleidung unseres Gegenübers. Wir schaften durch „Style Codes“ übermit-
kommen nicht an der Mode vorbei, ob telt werden, und beleuchtet die Mode
wir ihr folgen oder nicht, wir haben sie im Spannungsfeld zwischen Wirtschaft
im Blick und entscheiden uns oft viel- und Gesellschaft.
leicht auch unbewusst für oder gegen Die Themen der Ausstellung werden
sie. im Folgenden kurz vorgestellt, um eine
Doch was ist eigentlich die Mode? Basis zur Vor- und Nachbereitung eines
Wer bestimmt was „in“ oder was „out“ „FASHION TALKS“-Besuchs zu bieten.
ist? Wie entstehen Trends? Wie hat sich Außerdem bieten die anschließenden
die Mode im Laufe der letzten Jahrhun- Materialien und möglichen Frage- und
derte entwickelt, welche gesellschaftli- Aufgabenstellungen zu den einzelnen
chen und politischen Ereignisse haben Themen Anregungen für die Unter-
sie beeinflusst bzw. welche wurden richtsgestaltung.
gar durch die Mode beeinflusst?
Nicht selten führten Trends zu Skan-
dalen. Manchmal unerwartet, manch- Intro
mal mit Absicht herbeigeführt. Mode
bietet die Möglichkeit, die eigene Mei- Im Eingangsbereich wird der Be-
nung augenfällig kund zu tun. Sie ist sucher angeregt, seinen eigenen Um-
Mittel der Abgrenzung aber auch der gang mit Mode zu hinterfragen. Vor ei-
Zugehörigkeit – mit ihr zeigen wir, zu ner Spiegelwand wird er mit seinem
welcher Gruppe wir gehören möch- Selbstbild konfrontiert, aber auch mit
ten. Doch welche Gruppen gibt es und dem der anderen Besucher – der Ver-
durch welche Modestile zeichnen sich gleich, dem wir auch tagtäglich kaum
diese aus? Welche Rolle spielen dabei entgehen, ist kalkuliert. Zugleich
Accessoires? kommt aus dem Off eine Stimme, die
Wie nutzen die Modemacher die genau die Fragen stellt, die wir uns alle
verschiedenen Jugendkulturen, um schon einmal gestellt haben. (M1)
Uniformierung
Gleichheit im Anderssein
Uniformen umgeben uns tagtäg- mehr dienen sie nun zur Bildung „Cor-
lich. Sie geben uns bestimmte Infor- porate Identity“ in Fast-Food-Restau-
mationen über ihre jeweiligen Träger. rants oder Freizeitparks.
Uniformen dienen zum Beispiel dafür, Eine besondere Rolle spielen Uni-
Servicekräfte deutlich aus der Masse formen in Vereinigungen wie Schüt-
der Kunden herausstechen zu lassen. zenvereinen, die auf eine lange Tradi-
Sie verdeutlichen den Außenstehen- tion zurückblicken können. Durch die
den, zu welcher Gruppe, Berufsrich- uniforme Bekleidung, Abzeichen und
tung etc. der Träger der Uniform ge- Flaggen kann nicht nur die Zugehörig-
hört. Uniformen grenzen die Träger keit zu dem Verband bzw. der Organi-
von anderen ab und sollen zugleich ein sation ausgedrückt, sondern auch der
Gemeinschaftsgefühl aufzeigen und Korpsgeist gefestigt werden.
nach innen stärken. Uniformen können zusätzlich Hin-
Den Ursprung haben Uniformen im weise über Funktion und Rang der Per-
Militär – außerdem sind sie häufig im son, die sie trägt, geben. Uniformspe-
religiösen Bereich und in der Berufs- zifische Zeichen wie Schulterklappen
welt zu finden. (Epauletten), Sterne und Orden spie-
geln Hierarchien und Auszeichnungen
Die zivile Uniform wider und sind meist nur für Kenner
Die große Zeit der zivilen Uniformen lesbar. (M2)
in Europa war das 19. Jahrhundert. Die Mode und die Jugendkultur
Nach dem 1. Weltkrieg jedoch wurden nutzen diese Symbole und interpretie-
in fast allen Staaten die Uniformen ren sie in vergangenen wie aktuellen
für mittlere und höhere Beamte abge- Looks, Styles und Kollektionen. Ange-
schafft. Nur noch Funktionsträger im fangen bei traditionellen repräsentati-
Außendienst wie Postzusteller, Eisen- ven Uniformen über Camouflage, Ma-
bahnschaffner oder Angestellte in den rine und religiöse Uniformen bis hin
Schalterhallen und Servicemitarbeiter zu Trachten sowie Schuluniformen. Die
trugen uniforme Bekleidungen, welche oft sehr prachtvollen Abzeichen sind
Ihre Aufgabe und ihre Funktion kennt- nun reine modische Accessoires. Ihre
lich machten. In den letzten Jahren tre- ursprüngliche Bedeutung haben sie
ten Uniformen wieder vermehrt in der verloren, doch durch die jeweiligen
Privatwirtschaft auf. Sie verkörpern je- Designer oder aber auch die Träger er-
doch nicht mehr die Würde und die halten sie eine „neue“ Bedeutung.
Ernsthaftigkeit ihrer Vorgänger, viel-
Neben den direkten Zitaten aus der übers. Die Art und Weise, wie ein Ac-
Welt der Uniformen, kann die Mode cessoire im Alltag getragen und kom-
selbst zur Uniform werden. Denn wir biniert wird, kann die Gesamtaussage
wollen „up to date“ sein, mit der Mode eines Outfits komplett verändern oder
gehen, zu bestimmten Gruppen ge- spezifizieren.
hören und orientieren uns an Mode-
trends. Markenzeichen
Derartige „Uniformierungen“ findet Als Folge der Industrialisierung und
man heute in Jugendkulturen, Medi- der damit einhergehenden Massen-
en, Sport und in der Wirtschaft. Die so produktion von standardisierter Klei-
genannte „Corporate Fashion“ boomt. dung sowie aufgrund der zunehmen-
Individualisierung und Uniformierung den Distanz zwischen Hersteller und
werden nicht als Widersprüche erlebt. Konsument gewann die Marke seit
Während die ursprüngliche Uniform den 1950er-Jahren zunehmend an Be-
„von oben“ verordnet wurde, erfolgt deutung. In den 70er- und 80er-Jah-
die Wahl des Stils freiwillig und ver- ren kam es dann zu einer verstärkten
meintlich individuell. Doch tatsächlich Herausbildung von Luxus- und Billig-
folgt auch der eigene Stil dem Prinzip marken. Als Markenartikel oder Mar-
der Uniform. Er vermittelt Abgrenzung ke werden Konsumgüter mit bestimm-
gegenüber anderen und zugleich An- ten identitätsstiftenden Eigenschaften
passung und Zugehörigkeit zu einer bezeichnet. Eine Marke beinhaltet im-
bestimmten Gruppe. Diese Gratwan- mer materielle und immaterielle Kom-
derung zwischen Uniformität und „He- ponenten. Sie steht für eine gewisse
rausstechenwollen“ ist essenziell für Qualität, für ein bestimmtes Sortiment
die Mode, denn sie hält sie in Bewe- und hat zugleich einen hohen symboli-
gung. schen Wert. Mit ihr und somit auch mit
ihren Trägern werden bestimmte As-
Symbole und Codes soziationen geknüpft. Mitunter identi-
Innerhalb der modischen Uniformi- fiziert sich der Markenträger so stark
tät gibt es ebenfalls Zeichensysteme, mit der Marke, dass er ihre Attribute
wie Markenlogos und Trageweisen. auf sich überträgt. Der Markenträger
Sie ermöglichen, oft auch nur schein- kommuniziert über das Markenzeichen
bar, die soziale und stilistische Zuord- und das Modelabel mit seinem Um-
nung. feld, ganz nach dem Motto: „Zeig mir
Modische Accessoires und Marken- deine Marke, und ich sage dir, wer du
codes dienen als Informations- und bist“. Die Marke wird somit zum Status-
Orientierungssysteme in der oft gleich- symbol und ihr öffentliches Zuschau-
förmig anmutenden Straßenmode. Wir stellen kann einerseits als Imponierge-
nutzen diese visuellen Elemente, vom habe angesehen werden, andererseits
Schnürsenkel bis zum Fingernagel- aber auch als Zeichen einer sozialen
Styling, zur stilistischen, politischen wie auch einer politischen oder gesell-
und sozialen Einordnung des Gegen- schaftlichen Gesinnung dienen.
Jugendkultur
Gestern Punk, heute Emo, morgen Nachahmer und bilden dann qua-
Visual Kei! Für viele Jugendliche ist die si gemeinsam eigene Handlungswei-
Zuordnung zu einer Szene keine Le- sen und Werte. Im Extremfall entwi-
bensentscheidung, sondern eine Fra- ckeln sie eine eigene Weltanschauung
ge des Stylings. Jugendszenen bilden und vermitteln diese aktiv weiter. Die
mit ihren stark codierten Erkennungs- Akzeptanz dieser Subkultur innerhalb
zeichen eingeschworene Gemein- der jeweiligen Generation entschei-
schaften, die sich gegenüber anderen det darüber, ob diese zu einer richti-
abgrenzen. In dem in der Ausstellung gen Jugendkultur expandiert oder als
integrierten „Amt für jugendliche Sze- Subkultur bestehen bleibt oder gar in
nen“ können diese mit all ihren Unter- Vergessenheit gerät. Der Motor der Ju-
gruppen und Codes, Symbolen und gendkulturen ist die Abgrenzung und
Haltungen als Mittel der nonverbalen die Individualisierung. Die Jugendli-
Kommunikation erkundet werden. An- chen möchten anders sein als die El-
hand der Kurzbeschreibungen, Steck- terngeneration. Sie möchten auffallen
briefe und Kategorisierungen können und zu einer bestimmten Gemein-
die Besucher Unterschiede, Gleichför- schaft zählen.
migkeit, Nachahmung und Abgren-
zung der einzelnen Szenen nachvoll- Jugendszenen
ziehen und bekommen zugleich einen Jugendszenen sind soziale Netz-
Eindruck davon, wie diese analysiert werke, in denen sich Jugendliche mit
werden – nicht zuletzt auch, um sie ähnlichen Interessen und Lebens-
marketingstrategisch zu nutzen. Au- vorstellungen überregional zusam-
ßerdem haben die Besucher die Mög- menfinden. Jede Szene ist durch eine
lichkeit, selbst wie in einer Amtsstube spezielle Lebens- beziehungsweise
zu agieren. An einer Schreibmaschine Szenephilosophie charakterisiert. In
können sie per Formular die Aufnah- ihnen herrschen eigene Regeln und
me von Jugendszenen, die ihrer Mei- Weltanschauungen, diese sind je-
nung nach im Archiv fehlen, beantra- doch auf bestimmte Lebensbereiche
gen. und Situationen beschränkt. Ein Hip-
Ausgangspunkt für eine Jugendkul- Hopper in Wien und ein Hip-Hopper
tur ist häufig ein neu einsetzendes Phä- in New York haben dementsprechend
nomen in der Musik oder der Mode, mehr gemeinsam als ein Hip-Hopper
aufgrund dessen kleinere Gruppierun- aus Wien und ein Punk aus Wien. Ju-
gen von Jugendlichen Attitüden, be- gendszenen sind geprägt vom perma-
ziehungsweise einen neuen Stil ent- nenten Austausch über gemeinsame
wickeln. Sie finden oft sehr schnell Interessen und durch den Gebrauch
von bestimmten Symbolen, Zeichen Durchschnitt fast drei) zugehörig, ohne
und Ritualen. Das „Wir-Gefühl“ und ganz und gar in einer einzigen aufzu-
der Glaube an gemeinsame Ideale der gehen. (M3)
Szene ermöglichen den Jugendlichen
eine soziale Verortung. Sehr viele Ju- Ausverkauf der Subkulturen
gendlichen testen verschiedene Sze- Auch die Kommerzialisierung trägt
nen aus, daher kommt es häufig zum einiges zur Aufweichung der Sze-
sogenannten „Szene-Hopping“. Dies nen bei. Denn oft werden die äuße-
schwächt das „Wir-Gefühl“ und kann ren Merkmale einer solchen Kultur
zur Oberflächlichkeit führen. Vergleicht nach kurzer Zeit von den Modefirmen
man Szenen seit den 1940ern bis heu- übernommen und als Massenware auf
te, so stellt man fest, dass das Szenen- den Markt gebracht. Die Jugendkultur
gefüge sich maßgeblich verändert hat. wird so zu einem Teil der Konsumge-
Gab es früher nur wenige, aber sehr sellschaft. Innere Werte und kreative
große Szenen über einen längeren Aspekte bleiben auf der Strecke. Seit
Zeitraum, so gibt es heute fast unzäh- Ende der 1980er-Jahre hat diese Ent-
lige filigrane Splitterszenen, die eine wicklung stark zugenommen. Damals
genaue und eindeutige Abgrenzung wurden Jugendliche zunehmend zum
kaum noch möglich machen. Zielpublikum der Wirtschaft. Heute ab-
Jede Jugendszene hat eine ganz un- sorbieren die interessierten Industrien
terschiedliche Reichweite. Oft geht es entstehende Jugendkulturen immer
nur um einen modischen Stil oder be- schneller und nehmen ihnen auf die-
stimmte Events, manchmal ist die Zu- se Weise Inhalt und Authentizität. Dies
gehörigkeit zu einer bestimmten Sze- geht bis hin zu Versuchen, allein durch
ne existenzieller Natur. So ist ein Punk Fernsehen und Werbung einen Kult
in allen Lebenslagen ein Punk, wäh- zu kreieren, ohne dass zuvor eine Ju-
rend der Techno-Szenegänger keinen gendbewegung existiert hat. Ein solch
permanenten Verhaltenskodex hat. künstlich erzeugter Kult dauert nur ei-
Jungendszenen bestehen meistens nen Moment an – authentische Ju-
aus der Kernszene, der Randszene und gendkulturen entstehen nur noch sehr
den Szenesurfern. Die Kernszene ist schwer. Daher stellen sich immer mehr
die treibende Kraft einer Jugendsze- Jugendkulturforscher die Frage: Ist das
ne, die Events plant und überregionale Ende der Jugendszenen erreicht?
Kontakte und Netzwerke herstellt. Die
Randszene orientiert sich an der Kern-
szene, übernimmt vor allem deren äu-
ßeres Erscheinungsbild, ohne auch
alle inneren Überzeugungen der Kern-
szene zu übernehmen. Die meisten Ju-
gendlichen sind Szenesurfer. Sie füh-
len sich gleich mehreren Szenen (im
Strategien in der Modeproduktion
Wer bestimmt, was mir gefällt? In Ähnlich verfahren die Marketing-Ex-
welcher Kleidung glaube ich, am bes- perten der Modekonzerne, um die Käu-
ten zu wirken, am meisten ich selbst zu ferschichten außerhalb der Jugend-
sein? Wie schaffen es die Werbestrate- szenen zu erreichen. Sie definieren
gen der Modelabels, mir, dem Käufer, genau, welche Käufer die Marke errei-
das Gefühl zu geben, dass ich mich ge- chen möchte. Diese Zielgruppenfestle-
nau in dem, was ich vielleicht im ers- gung beeinflusst nicht nur die aktuelle
ten Moment noch belächelt habe, wohl Produktgestaltung, sondern auch den
und schön fühle? Wie wird ein Stück Auftritt der Marke in der Öffentlichkeit.
Stoff, Leder oder Plastik zu dem „must Die Kommunikationsstrategien rei-
have“ der Saison? chen von klassischen Werbekampag-
In diesem Bereich der Ausstellung nen und Events über die Ausstattung
werden die Vermarktungsstrategien von bekannten Persönlichkeiten (Tes-
der Modeindustrie beleuchtet. Einen timonials) bis hin zu interaktiven On-
besonderen Schwerpunkt bildet die line-Plattformen. Dabei wird eine Viel-
Einflussnahme der Modeproduzenten zahl von Themen aufgegriffen. Ob
auf die Geschmacksbildung und das Kunst, Politik oder Umweltfragen, es
Konsumverhalten der allermeisten gibt kaum einen gesellschaftlichen Be-
Menschen. reich, in den die Modeindustrie noch
Die Modekonzerne wissen die Ju- nicht vorgedrungen ist. Die einzelnen
gend- und Subkulturen zu nutzen, in- Modemarken präsentieren sich mit ei-
dem sie Stile direkt von der Straße nem bestimmten Image und laden ihre
kopieren und der breiten Masse anbie- Produkte mit Themen und Botschaften
ten. Auf diese Weise wird aus innova- des Zeitgeists emotional auf, damit
tiven Ideen kleiner Szenen ein strate- sich die Konsumenten mit den vermit-
gisch vermarktetes Konsumgut. Denn telten Ideen und Stimmungen identifi-
nicht nur jugendaffine Marken wie Adi- zieren.
das, Diesel, Converse oder Puma, son- Daher werden zum Beispiel gespon-
dern auch hochpreisige Brands wie serte Musik- und Party-Events bewusst
Louis Vuitton bedienen sich der Street- szenemäßig inszeniert. Die Botschaft,
Style-Ästhetik, um ihre Waren an die nämlich „Kauf mich, denn ich entspre-
Zielgruppen zubringen und um die- che Dir“, wird nun nicht durch plakati-
se zugleich zu erweitern. Sie imitieren ve Printwerbung vermittelt, sondern
nicht nur die Kleidungstile der Jugend, durch ein Erlebnis, das die potentiel-
sondern nutzen auch deren Ausdrucks- len Käufer in ihrer eigenen Welt abholt
formen, Medien und Freizeitaktivitä- und das neue Produkt somit genau
ten, um ihre eigenen Kollektionen zu dort verankert. Und auch die traditio-
vermarkten. nellen Werbekampagnen passen sich
der Sprache der Straße an. So ließ
zum Beispiel das Label Louis Vuitton
die Eingangstüren seiner Luxusstores
mit Sprühkunst gestalten.
In der Ausstellung werden die Stra-
tegien der einzelnen Marken anhand
von Kampagnen, Vermarktungstools
und Produkten aufgezeigt, um zu er-
gründen, woher diese ihre Ideen nah-
men und welche kaufanregende Bot-
schaften sie vermitteln wollen. (M4)
T H E MENWELTEN

Jeans, Camouflage und Tartan


Welche Strategien und Prozesse Arbeiterhose zu dem Kleidungsstück
führen zur Kreation neuer Modeide- wurde, das heute in kaum einem Klei-
en? Wer hat die Ideen, woher kommt derschrank fehlt? Diesen und weiteren
die Inspiration? Wer setzt den Trend? Fragen geht die Ausstellung anhand
Wer sorgt dafür, dass ein vermeintli- bestimmter in der Mode immer wie-
cher Trend tatsächlich ein Trend wird? derkehrender Muster und Stoffe nach.
Wie kann ein und dasselbe Kleidungs- An den Beispielen Jeans, Camouflage
stück, sowohl das Markenzeichen ei- und Tartan wird die Entwicklung von
nes Rockers wie der „High Society“ Modeerscheinungen von ihrem Ent-
sein? Wie kam es, dass eine reißfeste stehen bis heute hinterfragt.

© Kristian Schuller, Styling/Produktion: Peggy Schuller


JEANS

Die globale Alltagsuniform


Ob Schüler oder Banker, kaum je- zess imitieren sie derartige Verschleiß-
mand, der nicht mindestens eine Jeans erscheinungen und vermarkten die mit
besitzt. Ursprünglich als robuste Ar- künstlichen Gebrauchsspuren ange-
beitskleidung für Goldgräber gefertigt, reicherten Jeans als „Authentic Wear“,
prägen Jeans seit den 1950er-Jahren „Used“ oder „Vintage Look“. (M6)
jugendkulturelle Stile vieler Nationen. Ausgeklügelte Waschungen und Fi-
Sie sind Symbol für Nonkonformität, nishings (Nachbearbeitungen) von
Mittel der Gleichberechtigung und ihr Haute Couture bis zu klassischen
Tragen wurde zeitweise politisch ge- Jeansmarken lassen die industriel-
ächtet. Die Jeans polarisierten lan- len Kleidungsstücke in immer neuem
ge Zeit die Generationen. Heute sind Glanz erscheinen. Authentizität und
sie eine globale Alltagsuniform. Doch Einzigartigkeit stehen im Mittelpunkt.
Jeans ist nicht gleich Jeans. Zahlreiche Inzwischen entscheiden sich immer
Farb-, Schnitt- und Veredelungsvariati- mehr Konsumenten für das Selberma-
onen ermöglichen genauste Differen- chen. In zahlreichen Anleitungen und
zierungen. Persönliche Gebrauchsspu- Foren wird gezeigt, wie Einschusslö-
ren geben der Jeans eine besondere, cher („Bullet Hole Effect“), Sitzfalten
individuelle Note. Sie zeugen von be- („Whiskers“) oder Kniefalten („Honey-
stimmten Momenten im Leben des combs“) mit Schere, Bimsstein und
Trägers, von unwiederbringlichen Er- Schleifpapier erzeugt werden können.
lebnissen und sind somit ein Zeichen In der Ausstellung können die Besu-
von Authentizität. Die Unternehmen cher dies an einer Mitmachstation aus-
haben den Marktwert solcher Markie- probieren.
rungen erkannt. Im Produktionspro-
Jeansproduktion
Ob Schüler oder Banker, kaum je- rungen erkannt. Im Produktionspro-
mand, der nicht mindestens eine Jeans zess imitieren sie derartige Verschleiß-
besitzt. Ursprünglich als robuste Ar- erscheinungen und vermarkten die mit
beitskleidung für Goldgräber gefertigt, künstlichen Gebrauchsspuren ange-
prägen Jeans seit den 1950er-Jahren reicherten Jeans als „Authentic Wear“,
jugendkulturelle Stile vieler Nationen. „Used“ oder „Vintage Look“. (M6)
Sie sind Symbol für Nonkonformität, Ausgeklügelte Waschungen und Fi-
Mittel der Gleichberechtigung und ihr nishings (Nachbearbeitungen) von
Tragen wurde zeitweise politisch ge- Haute Couture bis zu klassischen Jeans-
ächtet. Die Jeans polarisierten lan- marken lassen die industriellen Klei-
ge Zeit die Generationen. Heute sind dungsstücke in immer neuem Glanz
sie eine globale Alltagsuniform. Doch erscheinen. Authentizität und Einzig-
Jeans ist nicht gleich Jeans. Zahlreiche artigkeit stehen im Mittelpunkt. Inzwi-
Farb-, Schnitt- und Veredelungsvariati- schen entscheiden sich immer mehr
onen ermöglichen genauste Differen- Konsumenten für das Selbermachen.
zierungen. Persönliche Gebrauchsspu- In zahlreichen Anleitungen und Foren
ren geben der Jeans eine besondere, wird gezeigt, wie Einschusslöcher („Bul-
individuelle Note. Sie zeugen von be- let Hole Effect“), Sitzfalten („Whiskers“)
stimmten Momenten im Leben des oder Kniefalten („Honeycombs“) mit
Trägers, von unwiederbringlichen Er- Schere, Bimsstein und Schleifpapier er-
lebnissen und sind somit ein Zeichen zeugt werden können. In der Ausstel-
von Authentizität. Die Unternehmen lung können die Besucher dies an einer
haben den Marktwert solcher Markie- Mitmachstation ausprobieren.

Film-Tipp:
In der Ausstellung wird die 55-minütige filmische Dokumentation "Planet Jeans
- Ganz in Blau" (Dokumentation Frankreich 2009) gezeigt. Der Regisseur Thierry
Aguila erzählt die nunmehr fast 150 Jahre andauernde Geschichte und Geschichten
dieser legendären Hose.
E in ku rz er Abr iss de r G eschichte der Jeans

1853 – 1860 ab 1918
Levi Strauss verkauft die ersten Jeans Nach dem 1. Weltkrieg tragen Künstler
aus braunem Zeltplanen-Stoff an Gold- an der Ostküste Amerikas Jeans erst-
gräber und Goldwäscher für den Preis mals als „Anti Fashion Statement“. Sie
von einem Dollar. 1860 importiert er wenden sich damit gegen den Indust-
aus Frankreich das mit Indigoblau ge- riekapitalismus und Privateigentum.
färbte Gewebe „Serge de Nimes“, heu-
te als Denim bekannt, und verarbeitet 1930 – 1935
es als Hosenstoff. Wohlhabende Amerikaner entdecken
Jeans als modisches Statement und
1873 machen sie als Freizeithose in den
Gemeinsam mit dem Schneider Jacob Städten populär. In diesem Zusam-
Davis patentiert Strauss die Hosenta- menhang veröffentlicht 1935 die Vogue
schenverstärkung durch Kupfernieten den Artikel „What! Overalls in Vogue?“
unter dem Markenlabel „Levi Strauss – die Jeans erreichen die Oberschicht.
& Co“. Er nennt die Hose“ Waist High
Overall“ oder „Rivited Pants“. Erst Mit- 1945 – 1949
te der 1930er-Jahre erhält sie den Na- US-Streitkräften bringen Jeans, Kau-
men „Jeans“. Die Bezeichnung leitet gummi und Coca-Cola nach Deutsch-
sich von der Gewebeart ab: „Jean“ land. Die Jeans wird zum begehrtesten
nennt man geköperten Baumwollstoff. amerikanischen Produkt im Europa der
Nachkriegszeit. 1949 kopiert der Fran-
1886 – 1889 ke Albert Sefranek ihren Schnitt und
Levis Strauss ergänzt die Jeans durch fertigt unter der Marke „Mustang“ die
die vordere „Watch Pocket“. Die Denim- erste deutsche Jeans aus Baumwolle
Hose wird zur „Five Pocket Jeans“. Die an.
Jeansmarke Lee bringt die erste Jeans
mit Reißverschluss auf den Markt. ab 1950
Die Jeans etabliert sich bei beiden Ge-
1914 –1918 schlechtern in der Jugendkultur. Es
Im 1. Weltkrieg tragen Frauen in US- umgibt sie eine Aura von Sex, Rebel-
amerikanischen Fabriken Jeansover- lion und Rock‘n’Roll. Die Hollywood
alls und sind damit zumindest äußer- Stars Marlon Brando und James Dean
lich den Männern gleichgestellt. Nach tragen sie in Filmen wie „The Wild One“
Kriegsende verschwindet der Overall, oder „East of Eden“. Die Jeans wird zu
doch Hosen und Hosenanzüge werden einem wichtigen Marktsegment.
Teil der Frauenmode. Zu dieser Zeit
werden Jeans auch zum Ausdrucks-
mittel nationaler Identität.
ab 1968 ab 1990
Jeans werden zum Symbol der sozi- Werte wie hoher Lebensstandard
alen und sexuellen Revolution. Der und Konsum, die das Lebensgefühl
Wunsch der Hippiegeneration nach ei- der 1980er-Jahre beherrschen, wer-
ner klassenlosen Gesellschaft wird an den nun von vielen kritisch gesehen.
den Schnitten und individuell gestal- Das Bewusstsein für Umwelt und Ur-
teten Variationen der Hosen sichtbar. sprünglichkeit steigt. Zeitgleich wird
Die Jeans bekommen einen breiten das historische Original der Jeans, die
Schlag, werden bestickt oder mit Nie- 501 von Levis Strauss, wiederentdeckt
ten und Flicken versehen.
Ab 2000
1969 Auch Führungskräfte tragen Jeans.
Yves Saint Laurent zeigt mit seiner „Dressing down“ ist in Europa an-
„Rive-Gauche-Kollektion“ erstmals gekommen. Der Anfang des neuen
Denim auf dem Laufsteg. Highlight ist Jahrzehnts steht für wiedererwach-
ein Mantel mit passenden Stiefeln und te Konsum- und Lebensfreude. Die
eng anliegendem Blazer komplett aus Jeansmode der 1970er- und -80er-Jah-
Jeansstoff. Mitte der 1970er-Jahre ist re wird neu aufgelegt. Der Röhren-
Denim aus seinen Kollektionen nicht schnitt ist wieder im Angebot und Hüft-
mehr wegzudenken. jeans mit Schlag überrollen den Markt.

ab 1972 2005
Spezielle Denim-Webereien nehmen Am 15. Juni 2005 verkauft Randy
in Europa den Betrieb auf und erste Knight aus den USA ein 115 Jahre al-
Jeansboutiquen eröffnen, um die gro- tes Paar original 501er-Jeans von Levi
ße Nachfrage nach den Hosen zu be- Strauss & Co für umgerechnet 49.600
friedigen. Fachzeitschriften wie „Jeans Euro. Versteigert wird die Hose bei
Intern“ erscheinen und Jeansanbieter eBay. Käufer ist ein anonymer Samm-
bekommen eigene Hallen auf den Mo- ler aus Japan.
demessen.
2011
ab 1980 Heute besitzen jede Frau und je-
Die Überproduktion und das Überan- der Mann zwischen 18–59 Jahren in
gebot von Jeans führen zum Preisver- Deutschland durchschnittlich elf Klei-
fall und schaden dem Image der Jeans. dungsstücke aus Denim. Das sind 511
Viele Käufer wenden sich ab. Neue Millionen Jeans. Der „Raw Denim“
Schnitte wie die Röhren- und Karot- und der Wert des echten und persön-
tenjeans und Waschungen wie „Moon lichen Gebrauchs werden von Her-
Wash“ und „Acid Wash“ verhelfen den stellern wieder entdeckt. Sie sollen
Jeans zu neuem Aufschwung. Authentizität, Individualität und Nach-
haltigkeit vermitteln.
Tartan
Karierte Stoffe nennt man im Engli- burgh veranstaltet. Zur Vorbereitung
schen „Tartan“. Wer Tartan trägt, möchte erstellte die Weberei „William Wilson
auffallen. Die bunten Muster verbrei- & Son“ einen Katalog mit 240 Stoff-
ten ganz unterschiedliche Botschaften: mustern. Familien verschuldeten sich
Ob Punk, Schulmädchen oder Ober- für eine neue Tartan-Garderobe, und
schicht – je nach Farbspektrum entfal- die ganze Stadt präsentierte sich ka-
ten sie eine ganz unterschiedliche Wir- riert.
kung. Mit Anbruch der viktorianischen
Tartans können rebellisch, exzent- Zeit Mitte des 19. Jahrhunderts erleb-
risch oder konservativ anmuten. Das ten Tartans ihren modischen Durch-
liegt nicht nur an ihrer ästhetischen Er- bruch. Die regierende Königin Viktoria
scheinung, sondern vor allem an der liebte die karierten Stoffe. Ihr Gemahl
damit verbundenen kulturellen Erfah- Prinz Albert, die neun Kinder und ihre
rung. Die meisten der bekannten Tar- Dienerschaft zeigten sich oft im Tartan
tans wurden schon vor mehr als 250 Dress. Die feine Gesellschaft Großbri-
Jahren in Schottland getragen. Als die tanniens folgte ihrer Königin, und so
Engländer nach der Niederschlagung wurden Tartans zu einem festen Be-
des schottischen Aufstands im Verei- standteil der aristokratischen Damen-
nigten Königreich den Schotten das und Herrenmode.
Tragen von Tartans untersagten, wur- Doch auch in der urbanen Gesell-
den die Muster zum Symbol des po- schaft setzten sich Tartans mehr und
litischen Widerstandes. Nach der Auf- mehr durch. Modebewusste Frauen
hebung des Verbots entstand eine und Männer folgten dem extravagan-
Vielzahl modischer Stile. Dabei überla- ten Stil, und in der Welt des Varietés
gerten sich die Bedeutungen der Mus- wurden Tartans als Bühnenkleidung
ter, und es kam zu neuen modischen häufig getragen.
Codes. Heute gibt es karierte Kleidung in
Um 1800 expandierten die Geschäf- nahezu jedem Stil – ob adrett, lässig
te der schottischen Tartan-Webereien. oder provokant. Viele Hersteller ver-
Beliebt waren „Royal-Stewart-Mus- wenden historische schottische Tartan-
ter“, sogenannte Clan-Muster einfluss- Muster für ihre Mode. Die Geschich-
reicher Familien und Muster, die nach te des Musters spielt dabei oft keine
Helden benannt sind. Auch der militä- Rolle. Die einzelnen Muster sind je-
rische „Black Watch Tartan“ wurde in doch mit einer kulturellen Erfahrung
großen Mengen produziert. Für den verknüpft, die die ästhetische Wirkung
Besuch König Georgs IV. wurde 1822 durchaus beeinflussen kann. So tau-
ein großes Tartan-Spektakel in Edin- chen die ehemals militärischen Muster
heute in der eher konservativen Mode Tartan-Viefalt
auf. Muster mit einem hellen Grund- Die Musterwand in der Ausstellung
ton wie „Nova Check“ von Burberry beweist: Ständig werden neue Tartan-
und „Victoria Stewart“ gelten als mo- Muster entworfen, zum Beispiel in der
disch. Rote und kontrastreiche Muster Weberei „Lochcarron of Scotland“. Ob
hingegen wirken eher provozierend. für Modedesignerinnen wie Vivienne
(M6) Häufig kommt es auch zu Vermi- Westwood, die Figur „Hello Kitty“ oder
schungen und zu Zitaten. An der Mit- die Familie der Hohenzollern – die Auf-
machstation in der Ausstellung kann träge kommen aus der ganzen Welt.
jeder Besucher sein ganz eigenes Tar- In Schottland werden zwei Register
tanmuster kreieren und mit nach Hau- geführt, um die Muster zu archivieren:
se nehmen. ein privat geführtes der „Tartans Au-
thority“ und das staatliche „Scottish
Register of Tartans“. In den Rubriken
„Clan/Familie“, „Gedenken“, „Corpo-
rate Identity“, „Region“, „Mode“, „Mili-
tär“, „Porträtmalerei“ und „Königlich“
sind über 7.000 Muster gespeichert.
K u r ze r Abr iss de r Entwicklunggeschichte
des Tartans

1371–1714 „den Schwarzhandel beobachten“, was


Royal House of Stewart einer der Aufgaben dieses Regiments
entsprach. Die Kompanien rekrutieren
Die Stewarts sind ein Adelsgeschlecht, sich vor allem aus Schotten, die mit
das ab 1371 die schottischen Monar- England sympathisieren.
chen stellt. Als Katholiken stehen sie
in den Religionskriegen im Konflikt mit 1745/46
den protestantischen Familien Eng- Niederlage
lands. Die bekannteste Vertreterin der
Stewarts ist die schottische Königin Ma- Der letzte Jakobiten-Aufstand wird an-
ria, die die französische Schreibweise geführt von demThronanwärter Charles
des Familiennamens Stuart einführte. Edward Stewart alias „Bonnie Prince
Ihr Sohn Jacob wird 1603 auch König Charlie“. Seine Truppen tragen vorzugs-
von England. 1714 stirbt mit Königin weise rote Tartans. In der Schlacht bei
Anne die letzte Stewart auf dem briti- Culloden unterliegen sie den engli-
schen Thron. schen Truppen. Bonnie Prince Charlie
flieht und wird dennoch als Held ver-
1715–1745 ehrt.
Unruhen in Schottland
1746/47
Die sogenannten schottischen Jako- Tartan-Verbot
biten, Anhänger Jakobs des II. von
Schottland, wehren sich gegen die Vor- Durch den „Act of Proscription“, ein Ge-
machtstellung der protestantischen setz des britischen Parlaments, auch
Engländer, die keine katholischen „Dress Act“ genannt, wird das Tragen
Thronfolger aus Schottland mehr dul- von Tartans für Männer in ganz Schott-
den. Einige schottische Familienclans land ab 1747 verboten. Sie müssen ihre
unterstützen die Jakobiten, andere traditionelle Kleidung ablegen und sich
schlagen sich auf die Seite Englands. auf die englische Art der Bekleidung
umstellen. Soldaten sind von diesem
1739 Verbot ausgenommen.
Militär-Tartan
1782
Der dunkelgrüne Tartan „Black Watch“
wird 1739 erstmals für die Kilts des Offizielle Aufhebung des
43. Highland-Infanterie-Regiments ver- Tartan-Verbots.
wendet und bis zum 2. Weltkrieg beibe-
halten. „Black Watch“ bedeutet wörtlich
Camouflage
Camouflage war zunächst nicht als mo- ckeln. Das erste Camouflage-Muster,
disches Muster gedacht, sondern als das in Massenproduktion ging, war der
eine militärische Tarnstrategie, welche Entwurf für die Waffen-SS von Johann
sich an der Tierwelt orientiert. Ziel einer Schick und Wim Brant. Noch heute tra-
Tarnung ist es, derart mit dem Umfeld gen viele Armeen weltweit ähnliche
zu verschmelzen, dass Objekt und Hin- Flecktarnmuster. Bis heute sind ver-
tergrund kaum voneinander zu unter- schiedene Künstler an der Weiterent-
scheiden sind. Tarnkleidung ermöglicht wicklung der Tarnmuster beteiligt. Je
die Tarnung von Personen und Gegen- nach Umgebung und Jahreszeit wer-
ständen. Eine der frühesten Formen den spezifische Farben, Materialien
nutzten die nordamerikanischen India- und Muster eingesetzt.
ner, sie hüllten sich bei der Büffeljagd Die Musterwand in der Ausstellung
in Felle und schlichen sich an die Her- zeigt einen kleinen Ausschnitt der un-
den heran. zähligen Varianten. Denn jede Kampf-
Bis ins 19. Jahrhundert zogen Soldaten region, ob Natur oder Stadt, sowie die
in auffällig bunten Uniformen in den Weiterentwicklung der Kriegstechnolo-
Krieg. Im unübersichtlichen Schlacht- gien erfordern neue spezifische Muster
getümmel konnten sich die Gegner an und Tarnsysteme.
den unterschiedlichen Farben der Uni- In Jugendkulturen und in der Kunst wer-
formen erkennen. Die kolonialen Kon- den Tarnmuster als Sinnbild für das Mi-
flikte in tropischen Regionen sowie der litär kritisch zitiert und in der Mode als
Einsatz raucharmen Pulvers, das das schmückendes Element benutzt. Über
Schlachtfeld weniger stark vernebelt, die Jahrzehnte hinweg sind Camouf-
führen zum Wechsel in der Uniformge- lage-Hosen und -Jacken, ausgehend
staltung. von Punk, New Wave und anderen Ju-
Als „Vater der Camouflage“ gilt der gendszenen, in die Mode eingezogen.
Amerikaner Abbott Thayer. Der Maler Der Wunsch aufzufallen hat zumindest
entwickelt die erste Theorie zur Tarnfär- in der Mode den Effekt der Tarnung ab-
bung und erkannte deren militärischen gelöst. Heute ist Camouflage etablier-
Nutzen. Ende des 1. Weltkrieges wurde ter Teil der Mode. Spätestens seitdem
dann eine erste amerikanische Camou- hochpreisige Labels ihre Abendroben
flage-Einheit gegründet. und Handtaschen mit den Tarnmus-
In Frankreich entstand zeitnah die „Sec- tern versehen und Streetwear Labels
tion de Camouflage“. Vom Kampf abge- Camouflage als Markenzeichen einset-
zogene Künstler wie der Avantgardist zen, ist das ursprünglich rein militäri-
Georges Braque sollten unter stren- sche Tarnmuster fester Bestandteil der
ger Geheimhaltung Tarnungen entwi- Mode geworden. Dabei verschwimmen
die Grenzen zwischen militärischem und erschuf ein Camouflage-Kunst-Mo-
Original und Designermode. de-Crossover, das später von vielen De-
Die Modedesigner wurden nicht nur signern weitergeführt wurde. Auch die
durch das Militär inspiriert. Insbesonde- Tarnkleidung für den städtischen Raum
re die Kunst von Andy Warhol, wie die hat ihren Ursprung in der Kunst. Aus-
1986 produzierten „Self Portraits“, die gehend von militärischen Einsätzen ist
seinen Kopf in Camouflage aufgelöst die sogenannte „Urban Camouflage“,
zeigen, beeinflussten die Modewelt. die verstärkt geometrische Formen ver-
Der Modedesigner und Künstler Ste- wendet, zum Thema in der Kunst ge-
phen Sprouse, ein Freund von Warhol, worden und etabliert sich nun auch in
nahm 1987 das Camouflage-Muster auf der Mode.
Das Neue in der Mode
Ein noch nie dagewesenes Klei- lektionen Teil einer inszenierten Ge-
dungsstück zu kreieren ist heutzuta- schichte, so dass sie von Anfang eine
ge gar nicht einfach – kaum etwas hat thematische Verankerung erfahren, an
es noch nicht gegeben. Scheinbar mo- der sich der Kunde andocken und in
dische Innovationen beziehen sich der er sich wiederfinden kann. Durch
oft auf bereits schon einmal Dagewe- extravagante Kleidung wird das gän-
senes, aktuelle Kollektionen zitieren gige Körperbild deformiert und dekon-
Mode vergangener Zeit und beschwö- struiert und ästhetische Normen hin-
ren dabei auch oft das damalige Zeit- terfragt. Die Kleider werden mehr und
gefühl oder setzen die Stile in ganz mehr zum Kunstwerk. Auch der ein-
neue Zusammenhänge, interpretie- kalkulierte Skandal ist eine Strategie,
ren sie also neu. Die Zitate nähren sich die in der Mode immer wieder erprobt
auch aus anderen Kulturkreisen, histo- wird. So fordern die Modemacher das
rischen Kostümen und Trachten sowie Moral- oder Schamempfinden des Pu-
Spielfilme. blikums heraus, wenn sie zum Beispiel
Gerade das Spannungsverhält- Nacktheit in extremer Weise themati-
nis von Alt und Neu macht den Reiz sieren und religiöse oder gesellschaft-
der Modeinnovationen aus, die somit liche Tabus brechen. Provokationen
Trends setzen, denen eben nicht mit dieser Art begeistern und irritieren zu-
den alten Klamotten aus dem Klei- gleich. Ein Aspekt ganz anderer Art, der
derschrank gefolgt werden können. in vielen Kollektionen zu finden ist, ist
Kreativität und strategisches Mar- die technische Innovation. Dieser fließt
keting gehen in der Mode nebeneinan- auf mehrere Weisen in neue Modeli-
der her. Neue Kollektionen werden auf nien. Themen der modernen Technik
die unterschiedlichste Art und Weise werden aufgegriffen und zitiert, bei-
bekannt gemacht. Mit verschiedenen spielsweise indem sich die Gestaltung
Stilmitteln und Aktionen versuchen die an PC-Spielen orientiert. Außerdem
Modedesigner und Modeindustrien werden neue hochtechnisierte Mate-
auf sich aufmerksam zu machen. We- rialien, die sogenannte „intelligente
der die Haute Couture, also jene Mode, Mode“ erschaffen. Auch die Präsenta-
die fast ausschließlich für den Laufsteg tion der Mode spiegelt die neuesten
geschaffen wird, noch die Kollektionen Errungenschaften der Medientechnik
der Prêt-à-porter-Linien, in größeren wie Hologrammprojektionen und La-
Mengen für den Ladenverkauf produ- sershows wider. Auch die Ausstellung
ziert, werden heute nicht mehr einfach spiegelt den ständigen Wandel, dem
nur in Form von traditionellen Mode- die Mode unterworfen ist, wider; je-
schauen vorgeführt. An deren Stel- den Monat stellt ein anderer Berliner
le treten verstärkt Performances und Jungdesigner in diesem Bereich seine
Flashmops. Oft werden die neuen Kol- neusten Kreationen vor.
Zum Ende der Ausstellung zeigt einzelne Modestücke wie zum Beispiel
die 21 qm große Handzeichnung „Sty- die Hose für die Frau oder die Jeans
le Stones“ verschiedene Meilensteine die Gesellschaftsgeschichte maßgeb-
der Modegeschichte auf. Anhand die- lich beeinflusst haben. Am Anfang
ser wird deutlich, wie sich modische steht die Erfindung der Nähmaschi-
Stile und der Modemarkt in den ver- ne. Denn mit ihr kam ein schnellerer
gangenen 150 Jahren entwickelt ha- Takt in die Mode: Konfektionskleidung
ben und wie eng Zeitgeschehen und konnte nun in großen Mengen herge-
Mode miteinander verwoben sind. So stellt und Mode so einer breiten Mas-
verdeutlicht die Wandzeichnung wie se zugänglich gemacht werden. (M7)
Lehrerinformation für die Praxis:
Mögliche weiterführende Fragestellungen und
Aufgabenvorschläge zu den Arbeitsblättern (M1– M7)
Einführung
Wie finde ich meinen Style? Zeigt mei- ches Aussehen Teil einer Firmenstrate-
ne Kleidung mein wahres Ich? Mache gie? Schaffen Uniformen tatsächlich ein
ich jemanden nach? Darf man mehre- Gemeinschaftsgefühl? Brauchen wir
re Styles haben? Gefällt mir nur, was wirklich Berufskleidung?
ich schon kenne? Bin ich originell? Zie-
he ich Klamotten an, weil sie mir ste- zu M2: Anhand der Fotografien
hen oder weil sie „in“ sind? Ist mein können die verschiedenen Gruppen
persönlicher Geschmack universell?
beschrieben werden, um zu überle-
Sollte ich mehr wagen? Bin ich süch-
gen, welche Funktion sie haben und
tig nach Mode? Gebe ich zu viel Geld
für Kleidung aus? Kleide ich mich mei- inwiefern ihre Uniformen dabei eine
nem Geschlecht entsprechend? Bin ich Rolle spielen: Welche Uniformen sind
eine Litfaß-Säule? Wer spricht – meine traditionell, welche ändern sich? In-
Kleidung oder ich? Können mich ande- wieweit können ihre Träger auf die
re einordnen und sollen sie das über- Gestaltung der Uniformen einwir-
haupt? ken? Inwieweit spiegeln die Unifor-
men die Gesinnung der Vereinigung
zu M1: Lassen Sie die Schüler ihre wieder? Wie wirken sie sich auf ihre
eigene Situation morgens vorm offe-
Träger aus? Sind diese in Uniform an-
nen Kleiderschrank in einem inneren
dere Menschen als in zivil?
Monolog beschreiben. Das Arbeits-
blatt kann als Vorlage oder aber auch Kenne ich die Codes meiner Genera-
im Nachhinein zum Vergleich dienen. tion? Verlieren Codes mit der Zeit ihre
Bedeutung? Hat jede Subkultur ihre ei-
Uniformierung gene Kleidersprache? Mit wem kom-
Woran erkennt man Würdenträger? Wie muniziere ich durch meine Kleidung?
liest man Uniformen? Wieso wird mili- Geben Bekleidungskonzerne Botschaf-
tärische Kleidung zur Mode? Kann man ten vor? Schmücke ich mich mit Status-
mit Kleidung Macht demonstrieren? symbolen? Welche Marken drücken für
Schafft Uniformierung soziale Gleich- mich Luxus aus? Leide ich unter mei-
heit? Warum will ich anders und doch nem sozialen Status?
gleich sein? Wie kommen globale Stil- Seit wann gibt es Mode-Labels? Be-
richtungen zustande? Wieso ist glei- stimmen die Marken, was Mode ist?
Was drücke ich über die Marken aus, euch neugierig oder verunsichert sie
die ich trage? Warum fühle ich mich ei- Euch? Würdet Ihr es gut finden, wenn
ner Marke zugehörig? Wie entstehen
sie den Platz neben Euch bekommen
Marken-Hypes? Wie funktionieren Mo-
würde? Oder aber: Ihr seid Türsteher:
demarken global? Bin ich markentreu
oder markenfixiert? Kaufe ich die Klei-
Wer kommt in den Club, wer nicht?
dung, weil sie mir gefällt, oder kaufe Eine Variante wäre auch die Fotogra-
ich die Marke? Ist ein markenloses Klei- fien und Statements zu trennen und
dungsstück weniger wert? Bin ich ohne den Schülern die Zuordnung zu über-
die richtige Marke weniger wert? lassen! Oder sie formulieren selbst
ein eigenes kurzes Statement zu ih-
Jugendszenen rem Stil, Stilvorbildern und Marken.
Warum möchte ich nicht aussehen wie
alle anderen? Möchte ich besonders
Werbestrategien
auffallen? Von wem will ich mich ab-
Welche Strategien verfolgen die Mo-
grenzen? Habe ich wirklich einen an-
dekonzerne? Ist Mode nur Kleidung
deren Geschmack als meine Eltern?
oder wird mein ganzes Leben durch
Warum will ich aussehen wie ande-
die Mode bestimmt? Warum will ich
re? Bestimmt etwa mein Umfeld, wie
mein Kleidungsstück selbst herstel-
ich auszusehen habe? Gehöre ich ei-
len und am Ende dennoch einen Mar-
ner Szene an und wenn ja, welcher?
kenprodukt besitzen? Warum gebe
Erkennt man meinen sozialen Status
ich Geld für bereits abgewetzte, aber
durch meine Kleidung?
dennoch neue Kleidung aus? Wie und
durch welche Medien erreicht mich die
zu M3: Verteilen Sie zum Beispiel Werbung der Modemarken? Erkenne
die Bilder der Jugendlichen. Folgen- ich die Werbung noch oder schleicht
de Fragen können entweder per Ta- sie sich in mein Leben ein? Treibt mich
belle beantwortet werden oder zur die Werbung zu dem Kauf eines Klei-
Diskussionsgrundlage zum Thema dungsstückes? Bin ich ein typischer
Käufer meiner Lieblingsmarke? Habe
„Mode als Ausdruck der Persönlich-
ich eine Stil-Ikone? Suche ich mir Vor-
keit“ dienen: Welche Musik hören
bilder für meine Looks? Wo suche und
sie wohl? Wo kaufen die Personen finde ich meine Vorbilder – in der Mu-
ihre Klamotten und Accessoires? Ha- sikszene, unter Promis oder unter De-
ben die Abgebildeten ein Vorbild in signern? Will ich aussehen wie ein Star
Sachen Stil? Wenn ja, wen? Wer in- und wenn ja warum? Wie entsteht das
spiriert sie wohl zu ihrem Stil? Kennt Neue in der Mode? Wie arbeiten Mode-
ihr Personen mit ähnlichem Stil? designer und wie kommen sie auf Ide-
en? Wie viel Einfluss haben Modedesi-
Stellt Euch vor, eine der abgebildeten
gner auf den Massenmarkt? Kommen
Personen kommt neu in Eure Klas-
die Trends von der Straße oder aus der
se. Was denkt Ihr spontan? Macht sie Haute Couture?
zu M4: Besprechen Sie die Werbe- für eine Jeans jemand trägt? Ist die
strategien der Modekonzerne in der Marke wichtiger als die Passform?
Klasse! Mögliche Fragen und Auf- Nachdem die Geschichten hinter den
gaben: Welche der Werbestrategien Labels bekannt sind: Könnt Ihr Euch
kennt Ihr, welche spricht Euch an? damit identifizieren? Entwerft Eurer
Welche spricht Euch gar nicht an? eigenes Leathertag/Eure eigene Ho-
Findet in Eurem Bekanntenkreis je- sentasche, wer soll eine Jeans die-
weils ein Beispiel für die verschie- ser Marke kaufen, wie spiegelt sich
denen Kampagnen, was sind das für das in Eurem Entwurf wider?
Personen, warum glaubt Ihr, dass sie
auf die Kampagnen reagieren wür- Tartan
den? Mit welcher Werbestrategie Wieso sind Karos rebellisch? Wieso
kann man die Menschen ansprechen, ist die königliche Familie Trendsetter
in Sachen Tartan? Wieso ist in der Aus-
die sich nur anziehen, weil sie sonst
stellung die Unterhose eines königli-
frieren würden? Denkt Euch eine
chen Dieners ausgestellt? Wann und
ganz andere innovative Werbestrate- wieso wurde den Schotten das Tragen
gie aus! von Tartan verboten? Wie viele karier-
te Kleidungstücke besitze ich und wel-
Jeans che Tartan-Muster haben diese? Was
Wer erfand die Jeans? Wie kam eine haben Punker und Golfer gemeinsam?
ehemalige Arbeiterhose auf den Lauf- Ist kariert überhaupt gleich kariert?
steg? Bin ich der typische Träger mei-
ner Jeans? Kann ich mir eine Welt zu M6: Zeigen Sie zunächst nur
ohne Jeans vorstellen? Kenne ich je-
das Muster! Mögliche Fragen und
manden, der keine Jeans besitzt? Wie-
Aufgaben: Welche Stichworte fallen
so hat eine typische Jeans immer fünf
Taschen und wozu ist die fünfte eigent-
den Schülern dazu ein? Welche Trä-
lich gut? ger verbinden Sie damit? Diskutieren
Sie anschließend die Geschichte des
zu M5: Zeigen Sie zunächst nur Musters mit den Schülern. Wie kam
die Abbildungen der Jeanstaschen, es zu der Entwicklung? Ist den heu-
die meisten werden bekannt sein! tigen Trägern die Tradition der Mar-
Mögliche Fragen und Aufgaben: Für ke wohl bewusst und vielleicht auch
welche Träger/Käuferschicht ste- wichtig? Lassen Sie die Geschich-
hen sie? Was für eine Entstehungs- te verschiedener Tartans recherchie-
geschichte könnte hinter den Lea- ren! Welche Familien stecken dahin-
thertags stehen? Ist es wichtig, was ter, welche Eigenschaften wurden
einst mit dem jeweiligen Tartan ver- greens in der Mode, die niemals out
bunden, welche heute? Finden sich sind? Arbeiten die Trendscouts für uns
oder für die Industrie? Wie wird man
die Muster in Jugendzeitschriften
ein Trendscout? Sind Zeitschriften und
wieder? Wer in der Klasse trägt Tar-
Fashion-Blogs gleich wichtig?
tan, was möchte er damit aussagen?
Wie setzen zeitgenössische Mode- Stylestones
designer das Muster ein? Mögliche
Variante: Lassen Sie die Schüler Ihr zu M7: Diskutieren Sie in der Klas-
eigenes Tartan kreieren: Von wem se einen oder alle der vorgeschlage-
und wie soll es getragen werden? Al- nen Modeskandale. Folgende Fragen
ternativ lassen sich auch Collagen lassen den Vergleich der einzelnen
mit Abbildungen aus Modezeitschrif- Skandale untereinander und vor allem
ten nutzen, um neue Kombinationen auch im Verhältnis zur heutigen Zeit
zu erstellen. zu: Worin genau bestand der Skan-
dal? Welche Folgen hatte das Tragen
Camouflage des skandalösen Kleidungsstücks für
Warum tarnt man sich? Wer hat die
die Trägerinnen und den Träger? Sind
Tarnkleidung erfunden? Wieso tarnen
sich Tiere? Bedeutet, sich zu tarnen,
die genannten Kleidungsstücke heu-
gleich dem Militär gegenüber positiv te noch in bestimmten Situationen
eingestellt zu sein? Was hat der Pop- unpassend und problematisch? Mit
Art-Künstler mit Tarnkleidung zu tun? welchen Kleidungsstücken in wel-
Besitze ich auch ein Kleidungsstück im chen Situationen könnte man ähnli-
Camouflage-Look? Kenne ich jeman- che Skandale auslösen?
den, der „Urban Camouflage“ trägt?
Was sagt Tarnkleidung über mich aus?

Das Neue in der Mode


Wer sagt mir eigentlich, was jetzt ge-
rade „in“ ist? Wie entsteht ein Trend?
Weiß ich, was gerade angesagt ist?
Warum interessiere ich mich für Mo-
de-Trends? Kann ich sagen, was mor-
gen kommt? Ist heute in, was morgen
out ist? Ist morgen in, was gestern out
war? Bin ich angesagt oder war ich es
nur gestern? Gibt es einen ewigen Zy-
klus von „in“ & „out“? Gibt es Ever-
M1

Ein allmorgendlicher Monolog?


Was soll ich anziehen?
Jeden Tag aufs Neue diese Frage.

Ich will mich passend anziehen. Ich will mich schön anziehen. Und praktisch.
Ich will mich so anziehen, dass ich RICHTIG angezogen bin.

Wozu anziehen?
Meine Kleidung zeigt, wer ich bin. Was ich kann. Ich zeige, wie ich ticke. Ich kann ir-
ritieren und provozieren. Ich kann auffallen oder in der Masse untergehen. Ich kann
anecken oder meine Ruhe haben. Meine Kleidung schützt mich und zeigt mich.
Ich bin das, was ich Preis gebe.

Andere wollen mich lesen können. Einordnen, entschlüsseln.


Noch bevor ich etwas sage, hat meine Kleidung schon gesprochen.
Jedes Stück, das ich trage, ist ein Wort. Jedes Outfit ein Satz.
Ich muss viele Sätze bilden können, wenn ich etwas sagen will.

Hab ich was zu sagen?


Meine Kleidung zeigt meinen Weg.

Ohne große Worte, sag ich alles über mich.


Ich kann glänzen, Eindruck machen. Enttäuschen und Abschmieren.

Ist mein Style nur eine Farce?


Ich mache nach, ich mache vor.

Trendsetter, Stilikone. Oder Randfigur?


Ich setz mich ab, ich setz mich durch.
Ich bin die, ich bin der, ich bin ich!
Mann oder Frau – beides! Alt oder jung – zeitlos!
Ich bin anders, als Du glaubst, dass ich bin.
M1

Weiß ich überhaupt, wer ich sein will?

Wie soll ich wissen, was zu mir passt, wenn ich nicht weiß, wer ich bin!
Wie soll ich wissen, wer ich bin, wenn ich nicht weiß, was mir steht!
Wie soll ich wissen, was man trägt, wenn ich nicht weiß, was mir gefällt!

Sind Jeans lässig oder langweilig?

Haben Turnschuhe eine Altersbegrenzung?

Sind drei Streifen auf der Hose eine Lebenseinstellung?

Kann ein Krokodil auf der Brust einen Orden ersetzen?

Sind Markenlabels ein Garant für Akzeptanz?

Darf man in Tarnhosen zur Arbeit gehen?

Wissen nur die Anderen, was angesagt ist?

Ist mein Geschmack individuell?

Ist gelb das neue Schwarz?

Gibt es für die Sprache der Mode ein Lexikon?


M2

Menschen in Uniform

Gruppen
Cheerleader, Religiöse Orden, Freiwillige Feuerwehr, Burschenschaft,
Rollenspieler Reenacting (korrektes Nachstellen von historischen
Ereignissen und Epochen), Fußballfans

Motivationen

Sportliche Erfolge als Mannschaft, die zugehörige Footballmannschaft


und deren Publikum durch sportliche Darbietung in Stimmung zu bringen.
Das eigene Leben

Jesus Christus zu widmen, nach Eintritt ein Leben lang Armut, Keuschheit
und Gehorsam.

Soziale Motive, Ehrenamt, Traditionspflege.

Gemeinsame (konservative) gesellschaftliche und politische Ideale, Pflege


einer Tradition, starke Sehnsucht nach studentischer Gemeinschaft

Interesse an Geschichte, gemeinsamer Spieltrieb, Lust an Kostümen


aus dem Mittelalter, an Fabel- und Zauberwesen oder Sience Fiction o.ä.

Lokalpatriotismus, Interesse an Fußball

Anzahl der Treffen & Aktivitäten

wöchentlich stattfindendes Training, Auftritte bei den Spielenihrer


Footballmannschaft

nach Eintritt ein Leben lang Armut, Keuschheit und Gehorsam

wöchentliche Treffen, Trainings, Bereitschaftsdienste, oft Freizeitgestaltung


am Wochenende

nach dem Eintritt ist man Rest seines Lebens Mitglied; feste Rituale wie
Fechtkämpfe, gesellige Abende

unregelmäßig stattfindende Wochenendfreizeiten zum gemeinsamen Rollenspiel,


rege Tätigkeit in entsprechenden Internetcommunities

gemeinsames Ansehen und kommentieren der Spiele im Stadion oder


vor dem Fernseher zu Hause bzw. in einer Kneipe
M2
M3

Styles aus den Straßen Finnlands


Julia, 21 (26 January 2010)
"Mein Stil kommt hat mit der Musik zu
tun, die ich höre. In letzter Zeit höre ich
am liebsten Oxymoron, The Devotch-
kas, die finnischen Punk-Bands Psyyke
und Pohjasakka. Ich mag den schwar-
zen 80er Jahre Gothic-Stil und den vik-
torianischen Stil."

Jari, 30 (8. Oktober 2009)


„Ich mag zeitlose, schlichte und pas-
sende Kleidung. Am liebsten mag ich-
einfarbige Klamotten. Für mich ist die
Band Velvet Underground das Non-
plusultra aller Stile“
M3

Viivi, 16 (9 Dezember 2007)


Mein Stil nennt sich „sweet lolita“. Ich
habe ihn vor zwei Jahren entdeckt. Ich
kaufe meine Kleidung immer Second
hand und online. Meine Lieblingsmar-
ke ist Angelic Pretty. Die Sachen von de-
nen sind total süß und haben was Mär-
chenhaftes.

Rosa, 16 (9 Dezember 2007)


"Ich mische „cyber punk“mit japani-
schem Mangastil. Ich liebe farbenfrohe
Styles. Dj SiSeN find ich total stylisch.
Er sieht gut aus und trägt immer geile
Klamotten. Ich trage zum Teil selbstge-
machte, zum Teil gekaufte Sachen. Die-
se Brille hat mein Freund in Holland ge-
kauft."
M3

Max, 12 (22 Dezember 2006)


"Ich mag diese Klamotten, weil sie an-
ders und einfach was ganz Besonde-
res sind. Ich trage nicht gerne die glei-
chen Sachen wie jeder andere. Ich mag
Schwarze und Rot und den Punk-Stil.
In Sachen Stil habe ich keine Vorbil-
der. Die HEL LOOKS-Website inspiriert
mich. Ich möchte gerne ein professio-
neller Slalomskiläufer wie Kalle Palan-
der werden."

Tuomas, 18 (11 November 2006)


"Diese Jacke hat meine Freundin bei
H&M gefunden. Die Lederhose gehör-
te meiner Oma. Ich habe sie nur kleiner
gemacht. Die Stiefel sind die ehemali-
gen Armeestiefel meines Vaters. Diesen
Stil habe ich jetzt seit einem Jahr. Mei-
ne Mitschüler tuscheln oft über meine
Kleidung, aber ich werfe Ihnen einfach
nur Küsse zu. Nikki Sixx [Gründer und
Bassist der Glam-Rock- und Glam-Me-
tal-Band Mötley Crüe] ist für mich der
König des Stils.“
M4

Die Werbestrategien der Modekonzerne

DIY – Do it yourself!
„Produzieren statt Konsumieren“ lautet das Motto der Do-it-yourself-Bewegung,
die sich gerade in unserer hochtechnisierten Welt immer größerer Beliebtheit er-
freut. Mit nur ein paar Klicks lassen sich unzählige Anregungen aus den Weiten des
Internets holen. Doch nicht jeder ist wirklich kreativ. Für jene, die nur ein wenig mit-
bestimmen möchten, um dann ein Produkt ihre eigene Kreation nennen zu können,
bieten verschiedene Labels zahlreiche Möglichkeiten an. Unter Slogans wie „Co-
create now“ (gestalte jetzt mit) dürfen Konsumenten in genau abgestecktem Um-
fang sticken, kleben, malen, Farben auswählen und Formen mitbestimmen.

Lass Dich inspirieren!


Die Emotionen, die Kunst und Musik wecken, wissen die Werbestrategen der Mode-
konzerne ebenso zu nutzen wie die Vorbildfunktion von Künstlern und Musikern. Die
Modemarken kooperieren mit Kunst- und Musikschaffenden und eignen sich de-
ren Image an. Derartige Kooperationen finden sowohl auf der Produkt- als auch auf
der Kommunikationsebene statt: Modekonzerne lassen ihre Produkte von Künstlern
oder Sängern gestalten, oder aber sie kleiden Musiker ein und treten als Sponso-
ren von Tourneen auf.

Erinnere Dich!
Entgegen der heutigen Tendenz, eine Kollektion nach der anderen auf den Markt
zu bringen und dabei möglichst jeden Trend mitzunehmen, setzen einige Modela-
bels auf die Strategie der „Heritage“ (Erbe). Sie vermarkten ihre Historie und beto-
nen ihre Tradition, indem sie Jubiläen feiern und alte Designs neu herausbringen.
Mit dem Heraufbeschwören der Vergangenheit knüpfen diese Marken an Werte wie
Qualität, Originalität und Ehrlichkeit an und stilisieren ihre Produkte zu Kultobjek-
ten.

Sei du selbst!
Kaum ein Mensch hat Modelmaße. Die sozialen Rollenbilder Mann und Frau wei-
chen mehr und mehr auf und die Zielgruppe der jung gebliebenen Alten wächst.
Dies schlägt sich in der Werbung nieder. So wird nicht mehr ausschließlich mit ma-
kellosen Models, die dem vermeintlichen Schönheitsideal entsprechen, geworben,
sondern auch mit denen, die vom vermeintlichen Ideal abweichen. Diese sogenann-
ten „New Beauties“ leiten die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf die Marke und
regen an, das eigene Schönheitsbild zu überdenken.
M4

Sag Deine Meinung!


Mit Kleidung lassen sich auch gesellschaftliche Positionen und politische Stand-
punkte zum Ausdruck bringen. Jugendkulturen und politische Gruppen machen
oft bestimmte Kleidungsstücke zum Symbol ihrer Gesinnung. Modeunternehmen
und Designer imitieren dieses Vorgehen und machen ebenfalls mit ihren Produkten
und Kampagnen auf politische Ereignisse aufmerksam und ihre Mode somit zum
Sprachrohr.

Rette die Welt!


Gutes Handeln ist gleichfalls ein Trend, den die Modekonzerne aufgegriffen haben,
um umweltbewusste und sozial eingestellte Konsumenten zu erreichen und um das
Image der Marke aufzuwerten. Denn die Kunden, die sie mit dieser Strategie gewin-
nen, setzen auf Nachhaltigkeit und bevorzugen fair gehandelte Produkte.
M5

Das Markenzeichen einer Jeans:


Die Gesäßtasche
Fast alle Bluejeans lehnen sich an der ersten Levi’s Jeans an. Sie haben fünf Taschen,
hinten zwei und vorne drei. Weitere typische Elemente sind die Münztasche oder
„Watchpocket“, die ursprünglich für die Taschenuhr entworfen wurde, fünf Gürtel-
schlaufen und ein Reißverschluss bzw. Knopfleiste („Zip-Fly“; „Button-Fly“). Sechs
Nieten und farbige Steppnähte demonstrieren Haltbarkeit. Der Hauptunterschied
aber wird erst auf der Rückseite sichtbar: Die Taschen sind mit Ziernähten („Pocket-
Stitching“), einer Flagge („Flag&Fly“-Label ) und einem Lederaufnäher („Leather-
Tag“) verziert. Diese Elemente machen die Identität der jeweiligen Marke aus. Be-
sonders markant und einzigartig sind die Hosentaschen, sie sind das Marlkenzeichen
einer Jeans.

Label: 7 for all mankind Story:


Der Name 7 for all mankind ergab sich
Leathertag: aus einer statistischen Untersuchung,
kleines schmales rotes Cotton-Tag auf wonach US-Bürger durchschnittlich sie-
Hosenbund mit goldgelber „7“, gestickt ben Paar Jeans besitzen. Prominente
wie Angelina Jolie, Cameron Diaz oder
Flag & Fly Label:
Ben Affleck schwören auf die Passform,
rote Flagge mit goldgelber „7 for all
die den Körper angeblich besonders
mankind“ Aufschrift am rechten oberen
gut aussehen lassen.
Taschennahtrand

Label: Wrangler Jeans


Pocket-Stitching:
„M-Stitching“, rundes geschwungenes
Leather-Tag:
„M“, anfänglich mit engem Zickzack-
Schriftzug „Wrangler“ füllt das gesam-
Stich, am Ende auslaufender gerader
te Label, geprägtes Leather-Tag befin-
Stich oder „7“, gestickt, abhängig vom
det sich auf dem rechten Hosenbund
Modell
oder auf der rechten Gesäßtasche
Rivets:
Flag & Fly Label:
jeweils ein Niete an der rechten obe-
schwarze Flagge mit weißer „Wrang-
ren Ecke der Gesäßtaschen, mit „7“ ge-
ler“- Aufschrift ist auf die Sattelnaht ge-
prägt
näht
Buttons:
Pocket-Stitching:
„7 for all mankind “ ist kreisförmig in
„W-Stitch“,„W“ in Großbuchstaben,
die Knöpfe geprägt
doppelte Ziernaht
M5

Rivets: pazierfähigkeit der Hose. Das „Double


jeweils zwei Nieten an der Gesäßta- Arcuate Stitching“ zeigt die Schwingen
schen, abgerundeten, ohne Beschrif- des Rocky-Mountain-Adlers.1936 wird
tung das „Red Tab“ eingeführt, um zu ge-
Buttons: währleisten, dass man eine echte Levi’s
„Wrangler“ ist in die goldgelb schim- schon von Weitem erkennt.
mernden Knöpfe geprägt Label: Mustang Jeans
Story: Leather-Tag:
Wrangler versucht die Marke mit ei- galoppierendes Pferd mit Mustang-
nem „Wild-West-Image“ zu verbinden. Logo, geprägt
So heißt die erste Kollektion „Wrang- Flag & Fly Label:
ler Authentic Western Jeans“. Wrangler rote Flagge weißem galoppierenden
lässt sie von populären Rodeo Stars, Pferd oder Leder-Flagge mit gepräg-
wie Jim Shoulders oder Bill Linderman ten Pferd am rechten oberen Rand der
testen. Bis heute ist die Wrangler Jeans rechten Gesäßtasche, abhängig vom
die bevorzugte Marke der Rodeo-Sze- Modell
ne. Pocket-Stitching:
Label: Levi Strauss & Co „M-Stitching“, langgezogenes M, dop-
Leathertag: pelte Ziernaht
„Two Horse Label“, Patenthinweis, Mo- Rivets:
delltyp und Größe, rot gedruckt Jeweils zwei Nieten an vorderen Ta-
Flag & Fly Label: schen, geprägt mit Markenzeichen
„Red Tab“, rote Flagge mit weißer „Mustang Jeans“ und jeweils zwei Nie-
„Levi’s“ Aufschrift an rechter Gesäßta- ten an hinteren Taschen verdeckt ange-
sche bracht
Pocket-Stitching: Buttons:
„Double Arcuate“, doppelte Ziernaht „Mustang Jeans“ in die Knöpfe geprägt
Rivets: Story:
jeweils zwei Nieten an allen Taschen, Albert Sefranek, der Gründer von „Mus-
geprägt mit Markenzeichen „ L.S & Co. tang Jeans“, lernt kurz nach Ende des
S.F“,der Nietenkopf steht auf der Vor- Zweiten Weltkrieges die Jeanshosen
derseite ca. 3 mm vor. der GI's im Laden eines Freundes ken-
Buttons: nen. Er will die als ordinär verpönten
„Levi Strauss & Co S.F.CAL“ ist in die Hosen produzieren, doch seine Schwie-
Knöpfe geprägt germutter verbietet es. In Frankfurt
Story: am Main tauscht Albert eine Flasche
Das „Two Horse Label“ zeigt zwei Pfer- Schnaps gegen sechs Levi’s Jeans als
de, die versuchen, in entgegengesetz- Muster für die eigene Produktion. Ein
ter Richtung eine Levi’s Jeans zu zer- Auftrag zur Herstellung von 300 Hosen
reißen. Es symbolisiert, wie auch die überzeugt auch seine Schwiegermutter
Steppnähte in Aktzentfarben, die Stra- von diesem Kleidungsstück.
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Zum Beispiel Burberry:


Die Geschichten hinter dem Muster

Burberry
Die Geschichte eines der bekanntesten Muster der Welt geht zurück bis in die vikto-
rianische Zeit. Thomas Burberry begründet 1856 seine Bekleidungsproduktion und
eröffnet ein Geschäft für Freizeit- und Outdoor-Mode. In 1901wird er für das „War Of-
fice“ tätig und produziert Uniformen für die englischen Truppen. In diesem Kontext
entwickelt er 1914 den Trenchcoat für den Feldzug in Frankreich, der später zum Mar-
kenzeichen der Firma wird. Das klassische Burberry-Muster mit den Farben Camel,
Weiß, Schwarz und Rot wird 1920 entworfen und dient als Innenfutter des Mantels.
Die Marke etabliert sich in dem Segment für gehobene Freizeitkleidung und prägt
den Stil der Upperclass. Auch Schuluniformen gehören zum Angebot der Firma. In
den 1980er-Jahren adressiert die Marke Burberry vor allem drei Konsumentengrup-
pen: eine kleine Gruppe alteingesessener englischer Aristokraten, die aufstrebende
Middle- und Upperclass, sowie ostasiatische Kunden, die einen Faible für „British-
ness“ pflegen.
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Alle drei Gruppen gelten nicht gerade als up to date, und das Ansehen der Marke
leidet. Ab 1997 arbeitet die Amerikanerin Rose Marie Bravo für das Unternehmen,
um das Markenimage neu zu definieren. Mit der Hilfe von Designern und Marke-
ting-Experten lanciert sie die neue Untermarke „Prorsum“. Im Jahr 2000 wird das
Muster „Nova Check“ als Markenzeichen eingetragen. 2001 stößt der renommier-
te Designer Christopher Bailey zu Bravos Team und verhilft der Marke nachhaltig zu
Welterfolg. Das Muster „Nova Check“ tritt aus seinem schattigen Dasein als Innen-
futter heraus und wird als sichtbares Muster zum Zeichen für „wohlhabend“ durch
die Welt getragen. Die junge Kate Moss ist das Gesicht vieler Kampagnen. Wie viele
der angesagten und erfolgreichen Marken fällt auch Burberry Fälschern zum Opfer
und ist heute nicht nur ein Symbol für „Upperclass Fashion Victims“, sondern auch
zum Markenzeichen der sogenannten „Chav-Kultur“ geworden, in der Imitate teu-
rer Marken hemmungslos getragen werden.

Auszug aus dem Ausstellungskatalog: Vera Franke „Tartan. Von den schottischen
Highlands in die Subkultur“ in Fashion Talks, hrsg. v. Lieselotte Kugler und Gregor
Isenbort, Berlin 2011.
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Skandale der Modegeschichte

Die Geschichte der Mode ist von kleine- Eine Frau in Hosen:
ren und größeren Skandalen gekenn- Ein Grund, Paris verlassen zu müssen
zeichnet, manche trafen die jeweiligen Die Hose für die Frau setzte sich erst
Urheber der skandalösen Kleidungs- im 20. Jahrhundert langsam durch. Ob-
stücke ganz überraschend, andere wa- gleich das Tragen von Hosen bei Frau-
ren erwartet beziehungsweise sogar en bei der Arbeit akzeptiert ist, wird
provoziert worden. Einige der Mode- es in der Öffentlichkeit bis nach dem
stücke waren sogar Ausgangspunkt für Zweiten Weltkrieg abgelehnt. Doch ge-
weitreichende gesellschaftliche Verän- rade unter den Künstlerinnen gibt es
derungen. viele Frauen, die die Hose schon viel
früher als Modetrend entdecken. Eine
Der Badeanzug: der Pionierinnen unter den hosentra-
Ein öffentliches Ärgernis genden Frauen ist die Sängerin und
1907 wird die australische Wett- Schauspielerin Marlene Dietrich. Sie
kampfschwimmerin Annette Kellerman macht die Hose sogar zu ihrem Mar-
wegen des Tragens eines einteiligen kenzeichen, noch heute werden Hosen
Badeanzugs als öffentliches Ärger- mit weiten Hosenbeinen nach ihr be-
nis verhaftet. da sie in einem freizü- nannt. Daher sorgt ihr Auftritt in einem
gigen Einteiler für den damaligen Ge- Herrenanzug 1931 in Paris für einen
schmack zu viel Bein zeigt. Kellerman Skandal mit sofortigen Folgen für Diet-
ist nicht nur als Schwimmerin, son- rich. Der Bürgermeister fordert sie auf,
dern für ihre Auftritte als Meerjungfrau unverzüglich die Stadt zu verlassen.
bekannt. Diese Verhaftung macht sie
nun noch berühmter, und führt zu eini-
gen Engagements in der noch jungen
Filmindustrie. In Neptune’s Daughter
(1914), A Daughter of the Gods (1916)
und Queen of the Sea (1918) spielt sie
die Hauptrolle.
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Ein Minister in Turnschuhen: Die Turnschuhe waren für Fischer


Zeichen des Widerstand ein Zeichen des Widerstands und der
Die Vereidigung von Joschka Fi- Provokation. 1985 waren Turnschuhe
scher zum Staatsminister für Um- noch lange nicht so gesellschaftsfähig
welt und Energie am 12.12.1985 sorgt wie heute, sie hatten einen ganz ande-
für großes Aufsehen. Fischer ist nicht ren Status und verliehen ihren Trägern
nur der erste grüne Minister in Hes- eine ganz andere Aussage. Sie stan-
sen, er ist auch der erste Politiker, der den noch in engem Zusammenhang
sich in Turnschuhen vereidigen lässt. mit der Studenten- und Protestbewe-
Er trägt ein graues, altmodisch gemus- gung der 68er.
tertes Hemd, darüber ein ausgebeul- Fischer trug die weißen Turnschu-
tes Tweed-Sakko, eine etwas zu kurze he nie wieder, sie sind heute im Deut-
Jeans und weiße Turnschuhe der Fir- schen Ledermuseum in Offenbach zu
ma Nike. besichtigen. Der Ministerauftritt in
So zusammengewürfelt diese Kom- Turnschuhen jedoch geriet so schnell
bination aus heutiger Sicht auch an- nicht in Vergessenheit, alle Medien be-
muten mag, der ehemalige Außen- richteten ausführlich davon und präg-
minister wählte die Kleidungsstücke ten den Begriff des „Turnschuh-Minis-
sorgfältig aus. Die Schuhe hat er sich ters“.
eigens für den Anlass besorgt. In sein
politisches Tagebuch schreibt er: "Ich
nehme die Umwelt kaum noch wahr,
jetzt nicht stolpern, jetzt bloß keinen
Versprecher oder Aussetzer! Also auf-
stehen, gemessenen Schrittes die we-
nigen Stufen hoch, dann der Eid, ohne
Versprecher."

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