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FÜR WÜRTTEMBERGISCHE
KIRCHENGESCHICHTE
HERAUSGEGEBEN
89.Jabrgang.1989
1 Vg!. GUSTAVLANG, Geschichte der wÜTttembergischen Klosterschulen von ihrer Stiftung bis zu
ihrer endgültigen Verwandlung in Evangelisch-theologische Seminare. Stuttgart 1938, S.3;
dazu vg!. auch JOHANNESWÜLK-"HANS FUNK,Die Kirchenpolitik der Grafen von Württemberg
bis zur Erhebung Württembergs zum Herzogtum (1495). Stuttgart 1912; DIETER STIEVER-
MANN,Die wÜrltembergischen KlosterreJormen des 15.lahrhunderts; in ZWLG 44 (1985),
S.65-103; DIETER STIEVERMANN,Das Haw Württemberg und die Klöster vor der Reforma-
tion; in 900 IahreHaus Wlirttemberg. Hg. von ROBERTUHLAND.Stuttgart ~1985, S. 459-481.
2 Urkundenregesten des PränwnstratenserklostersAdelberg(1178-15J6). Bearb. von KARLOTTO
MÜLLER. (Veröffentlichungen der württemberg. Archivverwaltung 4) Stuttgart 1949; WALTER
ZIEGLER, Der Gründer Adelbergs. Volknand von Staufen- Toggenburg, ein Vetter Barbarossas;
in Hohenstaufen. Staufer-Forschungen im Stauferkreis Göppingen 10 (1977), S.45-93; Jo-
SEPH ZELLER, Das Pränwnstratenserstift Adelberg, das letzte schwäbische Doppelkloster 1178
(1188)-1476; in Württembg. Vl£rteljahrsheJteJür Landesgeschichte 25 (1916), S.107-162.
3 KLAusSCHREINER,Alpirsbach; in Die Benediktinerklöster in Baden- Württemberg. Germania
Benedictina, Bd.5. Hg. von FRANZQUARTHAL.Augsburg 1975, S.117-124.
4 HEINZ BÜHLER,Anhausen; in Germania Benedictina (wie Anm. 3), S.125-132.
5 JÜRGENSYDOW,Die Zisterzienserabtei Bebenhausen. (Germania Sacra NF 16: Bistum Kon-
stanz 2) Berlin 1984.
6 OTTO-GÜNTER LONHARD,Das Kloster Blaubeuren im Mittelalter. Rechts- und Wirtschaftsge-
schichte einer schwäbischen Benediktinerabtei. (Veröffentlichungen der KommissionJür ge-
schichtliche Landeskunde in Baden-Wiuttemberg, Reihe B Bd.25) Stuttgart 1963; IMMo
EBERL, Blaubeuren; in Germania Benedictina (wie Anm. 3), S.160-174; Kloster Blaubeuren
1085-1985, Benediktinisches Erbe und Evangelische Seminartradition. Hg. von IMMo EBERL.
Sigmaringen 1985.
7 KASPARELM, St.Pelagiw in Denkendorf. Die älteste deutsche Propstei des Kapitels zum
Hi Grab in Geschichte und Geschichtsschreibung; in Landesgeschichte und Geistesgeschichte.
Festschriftfür Otto Herding zum 65. Geburtstag. (Veröffentlichungen der KommissionJür ge-
schichtliche Landeskunde in Baden-Wiirttemberg; Reihe B Bd. 92) Stuttgart 1977, S. 80-130.
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ster bis zur Säkularisierung 1803 bewahrte. Württemberg hat jedoch erst 1750
unter HERZOG WL EUGEN nach der Abtretung von drei Dörfern, einigen
Rechten und Gefanen des Klosters in 30 württembergischen Dörfern und ei-
ner Bezahlungvon 170000 fl in barem Geld auf seine Rechte über Zwiefalten
verzichtet und dessen Reichsunmittelbarkeit anerkannt." Das 1095 gegrün-
dete Kloster Alpirsbach erhielt seinen Gründungskonvent aus dem Kloster
St. Blasien, dem zweiten Reformzentrum Südwestdeutschlands.P Doch bereits
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mit der Wahl des zweiten Abtes 1117, der aus Hirsau gerufen wurde, trat Al-
pirsbach in enge Beziehungen zu dem benachbarten Hirsau und schloß sich
seiner Observanz an. Die Schutzvogtei über Alpirsbach wurde im frühen
15.Jahrhundert von Württemberg erworben.
Die Hälfte der im Laufe des 16.Jahrhunderts reformierten großen Manns-
klöster Württembergs waren Benediktinerabteien. Ihnen sehr nahe verwandt
waren die Zisterzienserklöster, da auch diese ihre Regel auf die regula Bene-
dicti zurückführten. Zu ihnen gehörten die Klöster Maulbronn, Herrenalb,
Bebenhausen und Königsbronn. Maulbronn entstand 1147 an seiner heutigen
Stelle als Kloster. Es wurde von HERZOGULRICH im Bayerischen Erbfolgekrieg
1504 erobert und seiner Schutzvogtei unterstellt. Die Schutzvogtei über das
um 1150 gegründete Kloster Herrenalb erwarb Württemberg schon 1338 und
die über das reiche Kloster Bebenhausen im Zusammenhang mit dem Kauf
von Stadt und Herrschaft Tübingen 1343. Kloster Königsbronn war als jüng-
stes Zisterzienserkloster \Vürttembergs erst 1303 entstanden und 1448 zusam-
men mit Anhausen und Herbrechtingen unter die württembergische Schirm-
herrschaft gelangt.
An dieser Stelle ist nochmals zu betonen, daß also elf der großen Manns-
klöster Altwürttembergs ihre Lebensweise in klösterlicher Zeit nach den Re-
geln des HL.BENEDIKT ausgerichtet haben. Diese Tradition innerhalb der Klö-
ster Altwürttembergs ist besonders zu beachten. Die drei weiteren großen
Mannsklöster des Landes gehörten zu drei verschiedenen Orden. Herbrech-
tingen war 1171 durch Augustinerchorherren besiedelt worden und stand seit
1448 unter württembergischer Schutzvogtei. Das Stift Adelberg war 1178 für
Prämonstratenserchorherren gestiftet worden und bereits 1291 unter die
Schutzvogtei Württembergs gekommen. Das dem Orden vom HI. Grab in J e-
rusalem zugehörige Denkendorf unterstand seit 1424 dem Schutze Württem-
bergs. .
Die Verteilung der großen Mannsklöster Altwürttembergs auf die einzelnen
Diözesen vor der Refonnation gibt ein anschauliches Bild der Zersplitterung
des vorreformatorischen \Vürttemberg. Adelberg, Alpirsbach, Bebenhausen,
Blaubeuren, Denkendorf und St. Georgen im Schwarzwald gehörten zur Diö-
zese Konstanz": Anhausen, Herbrechtingen, Königsbronn und Lorch dage-
KORS, Der Adel in der Klosterreform von St.Blasien. (Kölner Hist. Abhandlungen 16) Köln!
Graz 1968; DAS TAUSENDJÄHRIGE 5T.BLASIEN. 200JÄHRIGES DOMJUBILÄuM. Bd.1-2, St.Bla-
sien 1983.
19 Regesta Episcoporum Constantiensium. Regesten zur Geschichte der Bischöfe von Konstanz
vonBubulcus bis Thomas Berloioer 517-1496. Hg. von der Bad. Hist. Kommission. Bd.1-5,
Innsbruck 1895-1941.
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gen zur Diözese Augsburg20; Herrenalb, Hirsau und Maulbronn zur Diözese
Speyer" und Murrhardt zur Diözese Würzburg.22
Die württembergische Landeshoheit über die großen Mannsklöster, der
sich im Laufe des 16.Jahrhunderts nur Kloster Zwiefalten entziehen konnte,
hatte sich aus der Schutzvogtei herausgebildet. Bereits bei der Landesteilung
1442 unter die beiden gräflichen Brüder Ltmwtc I. und ULRICHV. waren insge-
samt zehn der großen Mannsklöster unter württembergischer Vogtei und wur-
den von den Brüdern unter sich aufgeteilt. 2~ Die Versuche einzelner Klöster
und Stifte, sich in den folgenden Jahrzehnten der württembergischen Vogtei zu
entziehen, scheiterten. Die Prälaten der Klöster unter württembergischem
Schutz nahmen bei der Landesteilungvon '1442 noch keine politisch herausra-
gende Stellung innerhalb der Grafschaft ein. Das sollte sich im Zuge der Ent-
wicklung der württembergischen Landstände in den folgenden Jahrzehnten
ändern. Die Prälaten waren auf den ersten Sitzungen der württembergischen
Landstände, die seit 1457 nachzuweisen sind, noch kein eigener Stand.f" Die
Landstände setzten sich in dieser Zeit nur aus der Ritterschaft und der Land-
schaft, d.h. den Vertretern der Amtsstädte zusammen. Nachdem jedoch die
Äbte von Bebenhausen, Herrenalb, Hirsau, Blaubeuren, Alpirsbach, St. Geor-
gen, Adelberg, Lorch und Murrhardt sowie der Propst von Denkendorf 1481
das Schutzbündnis der beiden württembergischen Landesteile Stuttgart und
Urach unterzeichnet hatterr", wurden sie im folgenden Jahr 1482 zu den Ga-
ranten des Müusinger Vertrags, der die beiden Landesteile wieder vereinigte."
Durch den Stuttgarter Vertrag von 1485 wurden die Prälaten der Klöster unter
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schlossen, der forderte, daß )in die Klöster des Herzogtums < in erster Linie nur
\Vürttemberger aufgenommen werden sollten.P" Damit sollte eine räumliche
Einengung der Konvente in der Zukunft auf das Herzogtum erreicht werden.
Die Klöster werden hier bereits deutlich als eine Versorgungsinstitution der
Landeskinder betrachtet. Die Beteiligung der Prälaten der großen Mannsklö-
ster am Tübinger Vertrag, die Forderung des Landtagsabschiedes vom glei-
chen Tag und auch die Beteiligung der Prälaten am Blaubeurer Vertrag von
1516, in dem sich die Landschaft bereit erklärte, die Buße HERZOGULRICHSfür
dessen Mord an HANsVONHUTTENaufzubringen, lassen die enge Einbindung
der großen Mannsklöster in das Herzogtum und dessen Politik erkennen." Es
ist besonders darauf aufmerksam zu machen, daß alle diese Vorgänge vor Be-
ginn der Reformation Württembergs geschehen sind. Die besondere Stellung
der großen Mannsklöster Altwürttembergs nach der Reformation ist aber ohne
Kenntnis dieser vorreformatorischen Vorgänge nicht zu verstehen.
In der Zeit der österreichischen Verwaltung Württembergs 1519-1534 wa-
ren die Klöster von der beginnenden Reformation nicht gefährdet. Dennoch
hat ERZHERZOG FERDINAND, der Bruder KARLSV. und Verwalter Württembergs,
nicht gezögert, den Prälaten hohe Summen abzufordern, um diese für die
Schuldentilgung des Landes einzusetzen. Als sich die Prälaten über ihren je-
weiligen Anteil an der geforderten Gesamtsumme nicht einigen konnten, ließ
die österreichische Regierung den Besitz der Klöster aufzeichnen und ihr Ein-
kommen veranschlagen. Aufgrund dieser Maßnahme setzte sie dann die
Summe fest, die jedes Kloster zu bezahlen hatte.36 In diesem Vorgehen gegen
die Klöster zeichnet sich deutlich die Säkularisierungsstimmung der Zeit oder
vielleicht besser bereits der Gedanke einer Umwidmung des Klosterbesitzes
für andere Aufgaben der Öffentlichkeit ab. Die Vertreter der Ämter und Städte
stellten imJahr 1525 den Antrag in der Landschaft, daß alle Stifter und Klöster
gründlich reformiert werden sollten. Sie sollten künftig keine Mönche oder
Nonnen mehr aufnehmen dürfen und die derzeitigen Mitglieder der einzelnen
Konvente sollten mit einem Leibgeding pensioniert werden. Die Einkünfte
aller Klöster und deren Verwaltung sollten jedoch an die herzogliche Rent-
kammer übergehen und dazu dienen, die Schulden und anderen Ausgaben
des Landes zu decken.V Der Antrag zeigte den Einfluß, den die Reformation
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38 Vg!. insbesondere die Angaben über das Schicksal der Prälaten bei einem neuerlichen
Einfall des vertriebenen Herzogs Ulrich, dazu bei GRUBE (wie Anm.24), S.149.
39 Dazu noch immer umfassend CHRlSTOPH FRIEDRICH VON STÄLIN, Wirtembergische Ge-
schichte. Bd.4, Stuttgart 1873, S.358ff.
40 STÄLIN (wie Anm.39), S.390£.; ferner vg!. auch GERHARDSCHÄFER, Zu erbauen und zu
erhalten das rechte Heil de, Kirche. Eine Geschichte der Evangelischen Landeskirche in Würt-
temberg. Stuttgart 1984, S. 15; MARTINBRECHT- HERMANNEHMER, Südwestdeutsche Refor-
mationsgeschichte. Stuttgart 1984; vg!. ebenfalls VOLKERPRESS, 15 J4 - ein Epochenjahr der
württembergischen Geschichte. Herzog Ulrich wul die Reformation; in Beiträge zur Landes-
kunde. Regelmäßige Beilage zum Staatsanzeiger für Baden-Württemberg, Nr.5, Okto-
ber 1984, S.2£.; heranzuziehen ist auch VOLKERPRESS, Herzog Ulrich (1498-1550); in
900Jahre Haus Württemberg. Hg. von ROBERTUHLAND.Stuttgart 11985, S.115£.
41 GRUBE (wie Anm.24), S.176; LANG (wieAnm.l), S.27.
42 LANG(wie Anm.1), S. 27. Vg!. dazu auch den Befehl Herzog Ulrichs vom 9. November 1534
(HStA Stuttgart A 63 Bü 4); dazu Kloster Blaubeuren 1085-1985 (wie Anm.6), S.76
Nr.3.28 mitAbb.
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seiner Befehle Kommissionen in die einzelnen Klöster, die in der Regel aus
einem oder mehreren herzoglichen Räten und dem Vogt des jeweiligen Amtes,
in dem das betreffende Kloster lag, bestanden.P Er ernannte 1535 den Stadt-
schreiber von Bietigheim, SEBASTIAN HORNMOLD,zum Vogt in Bietigheim und
gleichzeitig zum Beauftragten der kirchlichen Landesvisitation, insbesondere
mit der finanziellen Regelung der Verhältnisse bei der Inventarisierung der
Klöster und der Registrierung des Kirchenguts."
Der Zugriff des Herzogs auf die Klosterfinanzen war durch die Schirmvogtei
über die Klöster rechtlich abgedeckt. Wie oben gezeigt, hatten die Prälaten der
großen Mannsklöster seit Jahren und Jahrzehnten die finanziellen Lasten des
Landes mitgetragen. Auch die österreichische und überzeugt katholische Re-
gierung unter ERZHERZOGFERDINAND hatten im Laufe der 20er Jahre keinen
Augenblick gezögert, ihre vermeintlichen finanziellen Ansprüche an die Klö-
ster durchzusetzen. HERZOGULRICHging aber aufgrund des ihm im Vertrag
von Kaaden durch ERZHERZOG FERDINAND für \Vürttemberg zugestandenen ius
reformandi weiter. Es wurde noch 1534 sichtbar, daß der Herzog auch die
Klöster und ihr - rund ein Drittel des Herzogtums - umfassendes Territorium
mit in die Reformation einbeziehen wollte. Schon zu Weihnachten 1534 er-
hielten die Prälaten einen Befehl des Herzogs, der ihnen auferlegte, in allen
Patronatspfarreien ihrer Klöster evangelische Geistliche einzusetzen, gleich-
zeitig die bisherigen katholischen Gebräuche abzuschaffen und Gottesdienst
und Abendmahl in Zukunft allein nach der evangelischen Kirchenordnung
abzuhalten. In die Klöster wurden gleichzeitig Leserneister entsandt, die die
Konvente im evangelischen Glauben unterweisen und die einzelnen Mitglie-
der in den Konventen zur neuen Lehre bekehren sollten.t?
Nachdem die Konvente auf diese \Veise schon aufWeiterungen vorbereitet
worden waren, erließ der Herzog am 4.Juni 1535 eine Clausterordnung für
sein Land, die nach Sprache und Inhalt von AMBROSIUS BLARERverfaßt sein
dürfte.t" Die Klosterordnung schaffte Messen und Beichte ab, ebenso auch das
bisherige strenge Schweigegebot. Der Austritt aus dem Konvent wurde er-
laubt, jedoch wurden noch immer für die im Kloster und Konvent verbleiben-
den Mönche gewisse Tagzeiten festgeschrieben. Die Aufnahme von Novizen
wurde den Klöstern untersagt und der Austritt aus den Konventen mit einem
43 Vg!. dazu beispielhaft CHRISTIAN ThBINGIUS, Burrensis Coenobii Annales. Die Chronik des
Klosters Blaubeuren: Hg. von GERTRUD BRÖSAMLE. (Schriften zur südwestdeutschen Landes-
kunde 1) Stuttgart 1966, S.XXVI.
44 HERMANN RÖMER, Sebastian Hommold, der Vogt von Bietigheim. Festschrift des württem-
bergischen Gustau-Adolf-Vereins. Bietigheim 1927, S.33-39.
45 LANG (wie Anm.l), S.28; dazu vg!. TUBINGIUS (wie Anm.43), S.XXVI.
46 Vg!. Abdruck bei CHRISTIAN FRIEDRICH SCHNURRER, Erläuterungen der württembergischen
Kirchen-, Reformations- und Gelehrtengeschichte. Tübingen 1798, S. 547 ff.
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47 Vg!. dazu neben SCHNURRER (wie Anm.46) auch LANG(wie Anm.1), S.28ff.
48 Für BIaubeuren vgl, ThBINGIUS (wieAnm.43), S..XXXVI.NachLANG(wie Anm.1), S.31 ff.
blieben neben dem Propst in Denkendorf die Abte von Hirsau, Herrenalb, Alpirsbach,
Lorch, Blaubeuren und Murrhardt allein in ihren Klöstern zurück.
49 Als Beispiel sei dafürdie Glocke vom Turm der Klosterkirche in BIaubeuren genannt, die in
dieser Zeit auf den Turm der Nürtinger Stadtkirche gelangte.
50 Hier sind zu nennen die Festungen Urach, Tübingen, Hohenneuffen und Hohenasperg,
aber auch die Arbeiten am Hohentwie!.
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56 Vg!. LANG (wie Anm. 1), 5.37 cr.; die voraufgehende Epoche für die Klöster vg!. grundsätz-
lich auch bei WERHR ULRICH DEETIEN, Studien zur Württembergischen Kirchenordnung
Herzog Ulrichs 1534-1550. Das Herzogtum Württemberg im Zeitalter Herzog Ulrichs
(1498-1550), die Neuordnung des Kirchengutes und der Klöster (1534-1547). (Quellen und
Forschungen zur württembergischen Kirchengeschichte 7) Stuttgart 1981.
57 Beispielhafthierfür Kloster Blaubeuren KlosterBlaubeuren 1085-1985 (wie Anm.6), 5.57;
ferner ebendort 5.59, Nr.73.
58 50 %.B.Abt Christian Tubingius von Blaubeuren; vg!. Kloster Blaubeuren 1085-1985 (wie
Anm.6),5.58.
59 Vg!. dazu PFLÜGER (wie Anm.9), 5.160.
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seiner Gegenwart verlesen zu Iassen.P Unter den Prälaten hat sich gegen die
herzoglichen Absichten kein sichtbarer 'Widerstand erhoben. Es hat den An-
schein, als hätten sie sich alle mit der Zukunft ihrer Klöster abgefunden ge-
habt. Die neue Klosterordnung erwähnte unter ausdrücklicher Berufung auf
den Augsburger Religionsfrieden die ehemalige Absicht der Klosterstifter, die
durch das unordentliche Leben der Mönche und der jungen Konventualen in
ihrer Ausführung gestört worden sei. Nach dieser Einleitung folgte die eigent-
liche Klosterordnung unter der Überschrift »Ordnung der Gottesdienste und
Lektionen in den Klöstern der Prälaten«. In der längeren Einleitung verwies
der Herzog auf die Geschichte und wahre Bestimmung der Klöster. Seit alters-
her wäre in den Klöstern das Studium der Heiligen Schrift das vornehmste
Mittel gewesen, einen wahrhaftigen und gottgefälligen Gottesdienst einzu-
richten und zu erhalten. Daher wurde in den Klöstern auch bislang bei den
Stundengebeten, den sog. horae canonicae, in der Kirche jährlich das gesamte
Alte und Neue Testament durchgenommen. Die Klöster sollten sich deshalb in
Zukunft vornehmlich auf das Studium der Heiligen Schrift ausrichten. Nach
dem Beispiel von Samuel, Elisa und den Kirchenvätern sollte eigentlich der
Abt seinen Konvent selbst in der Heiligen Schrift unterweisen. Da er jedoch
mit der weltlichen Haushaltung der Klöster betraut blieb und man das Lehr-
amt in den geplanten Klosterschulen für die künftigen evangelischen Geistli-
chen den bisherigen katholischen Äbten nicht anvertrauen konnte und wollte,
sollten jedem Kloster zwei Präzeptoren zum Unterricht der Novizen und Kon-
ventualen zugeordnet werden. Einer der Präzeptoren sollte ein praeceptor
theologiae und der andere ein praeceptor bonarum artium sein.64
In der sich aus diesen Anweisungen ergebenden Gottesdienst- und Lek-
tionsordnung nahm die Bibel entsprechend ihrer Wertschätzung in der evan-
gelischen Kirche die zentrale Stellung ein. Das Psalterium Davidis sollte »als
die kurze Summa der Heiligen Schrift« täglich neben den anderen Büchern
der Bibel in der üblichen lateinischen Übersetzung gelesen und gesungen wer-
den. Daneben sollte außerdem nach und nach die gesamte Heilige Schrift ge-
lesen und erklärt werden. Dieses sollte in den fünf Gottesdiensten am Tag
geschehen, die nach dem Muster der Horen der katholischen Gottesdienstord-
nung mit lateinischen Gesängen und Lesung lateinischer Bibelabschnitte
eingerichtet worden waren. Im Predigtgottesdienst am Sonntag trat das evan-
gelische Abendmahl an die Stelle der katholischen Messe, von der die wesent-
lichen Bestandteile der lateinischen Liturgie jedoch übernommen wurden.
63 LANG(wie Anm.l l, S. 50; Wortlaut der Klosterordnungvgl. bei CHRISTIAN FRIED RICH SATT-
Geschichte des Herzogtums Württemberg. 2. Unter der Regierung der Herzoge. Bd.4,
LER,
Ulm 1773, Beil. 35.
64 Vg!. dazu LANG (wie Anm.L), S.51ff.
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65 FRIEDRICH I-lEYER, Aus der Geschichte der Landesschule zu Pforte. Leipzig 1941.
66 Vgl. LANG (wie Anm.l), S.68££.
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und Maulbronn standen die Klosterschulen unter der Leitung der in der her-
zoglichen Klosterordnung genannten zwei Präzeptoren, in den übrigen Klo-
sterschulen dagegen genügte vorerst ein Präzeptor. Alle 13 Klosterschulen wa-
ren ursprünglich gleichgeordnet und bereiteten bis 1559 unmittelbar auf das
Studium der evangelischen Theologie im Tübinger Stift vor. HERZOG eHRI-
STOPH hatte die dort bereits von seinem Vater eingerichteten Stipendien 1556
auf insgesamt 100 erhöht und dem Stift 1557 eine Ordnung gegeben'", die
1559 in die Große Kirchenordnung aufgenommen und damit bis ins 19.Jahr-
hundert festgelegt wurde.
Die Äbte und Pröpste der großen Mannsklöster hatten als Prälaten des Lan-
des bereits in katholischer Zeit einen eigenen Stand innerhalb der Landschaft
gebildet. Wie die Geschichte der einzelnen Klöster beweist, waren diese aus
meist reichsunmittelbarer Stellung durch die Schirmvogtei 'Vürttembergs im
Laufe des späten 14. und des 15.Jahrhunderts in das Territorium Württem-
berg hineingewachsen und mehr und mehr zum Untertanen des württem-
bergischen Grafen, seit 1495 Herzogs, geworden. Die Reformation hat diese
Entwicklung, die bereits weit fortgeschritten war, zum endgültigen Abschluß
gebracht. Mit dem Einschnitt der Reformation änderte sich die Stellung der
Äbte, da diese nicht mehr vom Konvent des Klosters gewählt, sondern vom
Herzog ernannt wurden. Sie mußten auch dem Herzog den Beamteneid
schwören und einen Revers unterzeichnen. Das gesamte Kloster mit Verwal-
tung, Klosterschule und Kirche unterstand der Visitation durch den herzogli-
chen Kirchenrat. Obwohl sich also der in katholischer Zeit als Vertreter des
Konvents erscheinende Abt oder Propst nach der Reformation mehr oder we-
niger zum württembergischen Beamten gewandelt hatte, blieb durch die alte
Tradition der Klöster dennoch eine Sonderstellung im Verhältnis zu Herrschaft
und Land bestehen. Diese Sonderstellung verlieh den Klostervorständen nicht
nur ein hohes Ansehen im Lande, sondern beließ sie auch im Besitz alter Her-
renrechte der Klostervorstände in der katholischen Zeit. Die Präzeptoren,
Schüler und das Klostergesinde versprachen noch längere Zeit dem Prälaten
Gehorsam und erst durch ihn auch dem Herzog. Die Klosteruntertanen hul-
digten dem Prälaten bei seinem Regierungsantritt, da die bisherige Klosterver-
waltung beibehalten wurde. Der Prälat ernannte und entließ die Klosterbeam-
ten und -diener, Er bestätigte die Schultheißen in den Klosterdörfern, und die
niedere Gerichtsbarkeit wurde in seinem Namen ausgeübt. Aus dieser Stel-
lung der Prälaten heraus wird verständlich, daß die Klosterstatuten den Schü-
lern vorschrieben, den Prälaten als ordentliches Haupt des jeweiligen Klosters
und als ihren Herrn die gebührende Reverenz zu erweisen. In dem täglich
67 JOACHIM HAHN -I-IANS MAYE", Das Evangelische Stift in Tübingen. Geschichte und Gegen-
wart - Zwischen ffiltgeist und Frömmigkeit Stuttgart 1985, S.20££.
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zweimal für die Obrigkeit gesprochenen Gebet wurde unmittelbar hinter Kai-
ser, Kurfürsten und Herzog der Reverendus Dominus Praelatus Monasterii
erwähnt. An die ehemals selbständige Stellung der Klöster erinnerte auch das
Versprechen der Äbte, keinen anderen Schirmherrn zu suchen, nicht eigen-
mächtig zugunsten eines anderen Abtes abzudanken oder etwas gegen das
Haus \Vürttemberg zu unternehmen.P
Die Klosterordnung von 155669 hatte den Prälaten noch einen relativweiten
Spielraum belassen, um dadurch die katholischen Prälaten zum baldigen
Übertritt zum neuen Bekenntnis oder zumindest zur loyalen Zusammenarbeit
zu bewegen. Obwohl ihnen der Herzog entgegengekommen war, waren die
Prälaten über die Gründung der Klosterschulen nicht sehr begeistert und ha-
ben diese in den ersten Monaten ihres Bestehens sehr zurückhaltend behan-
delt. Aus diesem Grunde wurde bereits 1557 den einzelnen Abteien von Stutt-
gart aus mitgeteilt, daß die Prälaten keine freien Reichsstände, sondern nur
einverleibte Landstände seien. Der Erlaß führte aus, daß die Prälaten »nicht
proprietarii, nicht einmal usufructuarii [Nutznießer], sondern nur usuarii
seien und vom Kloster nur victum et amictum fordern könnten, sonst aber
nichts-s.P Diese Bestimmung galt aber keineswegs nur für die bisherigen ka-
tholischen Äbte und Pröpste, sondern auch für die neuen evangelischen Klo-
stervorstände. Ihnen mußte diese Bestimmung sogar ganz besonders einge-
schärft werden, da sie sehr gerne in die volle Verfügungsgewalt über die Klo-
stervermögen eintraten." Bereits 1556 wurde anläßlich der Eheschließung
des Propstes von Denkendorf von Stuttgart aus angeordnet, daß bei der Heirat
eines Prälaten sofort ein Schaffner für das Kloster angestellt werden müsse,
der nicht nur auf den Prälaten und das Kloster, sondern auch auf den Herzog
verpflichtet werden mußte. Der Prälat erhielt ein festes Deputat an Geld,
Frucht und 'Vein.71 Mit dieser Bestimmung begann die Scheidung zwischen
Privateinkommen der Prälaten und dem Klostergut. Die Prälaten behielten
zwar einen Anteil an der Verwaltung der Klöster, aber nicht mehr am Eigen-
tum derselben.
Bereits 1557 wurde J OHANNES BRENzzum Generalvisitator aller Klosterschu-
len ernannt. Er hatte diese zweimal jährlich zu visitieren und hatte dabei die
Einführung und Beachtung der Klosterordnung von 1556 in den einzelnen
Klöstern zu überwachen. Diese erste Klosterordnung war aber bereits nach
wenigen Jahren revisionsbedürftig. Sie wurde 1559 im Rahmen der Großen
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72 LANG(wie Anm.1), S.347ff.; vg!. dazu auch die Faksimileausgabe der Württembergischen
Großen Kirchenordnung. Tübingen 1559, fol. CXLIIvff.
73 Vg!. LANG(wie Anm.1), S.315.
74 Vgl. dazu LANG(wie Anm.1), S. 77; ferner Sammlung der württembergischen Schulgesetze.
2.Abt. Beam. von CARLHIRZEL. Tübingen 1847, S.128-136.
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einen guten Teil ihrer Begründung in dieser Stellung der Prälaten. Die Her-
zöge von Wiirttemberg haben zu keinem Zeitpunkt durch die starke Beteili-
gung der evangelischen Geistlichkeit an den Landtagen die Möglichkeit er-
halten, eine anderen deutschen Territorien vergleichbare absolute Herrschaft
aufzubauen.
4. Die besondere Ausprägung der württembergischen Landtage bis 1806
hat noch ins 19.Jahrhundert nachgewirkt und die Forderungen nach einer
liberalen Verfassung für das Königreich Wiirttemberg gefordert, die KÖNIG
WILHELMI. 1819 gewährte.
5. Die nach der Aufhebung der Klöster bestehenbleibende Eigenständigkeit
derselben hat die Überlieferung von Kulturschätzen unermeßlicher Werte ge-
fördert. Hier ist nur an den Blaubeurer Hochaltar zu erinnern, den HERZOG
CHRlSTOPH zerstört sehen wollte, den aber der erste evangelische Abt von Blau-
beuren, MArrHÄus ALBER, durch seine unabhängigere Stellung gegenüber
dem Herzog und vor allem wohl auch seiner Verwaltung bewahren konnte.
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